Protokoll:
16172

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 172

  • date_rangeDatum: 26. Juni 2008

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:39 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/172 b) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Mechthild Dyckmans, Birgit Homburger, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: GmbH-Gründungen beschleu- nigen und entbürokratisieren (Drucksachen 16/671, 16/9737) . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Königshaus, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Die Regierungsverhandlun- gen mit China zur Neuorientierung der Entwicklungszusammenarbeit und zur Förderung der chinesischen Zivilgesell- schaft nutzen (Drucksache 16/9745) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Walter Kolbow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 18189 D 18190 A 18191 B 18193 C 18196 A 18198 A 18205 D 18206 A 18207 D 18209 C 18211 B 18212 C 18214 A Deutscher B Stenografisch 172. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Wahl von Herrn Professor Manfred Wilke als Mitglied des Beirats bei der Bundesbe- auftragten für die Unterlagen des Staats- sicherheitsdienstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 21 und 46 e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) (Drucksachen 16/6140, 16/9737) . . . . . . . G D T G T B F C ( i Z A 18187 B 18187 B 18189 C 18189 C Klaus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 18199 D 18201 D undestag er Bericht ung en 26. Juni 2008 t : arrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: roße Anfrage der Abgeordneten Jürgen rittin, Marieluise Beck (Bremen), Volker eck (Köln), weiterer Abgeordneter und der raktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zur hina-Politik der Bundesregierung Drucksachen 16/7212, 16/9513) . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 4: ntrag der Abgeordneten Hellmut 18203 A 18204 B 18205 D Dr. h. c. Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18215 C II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Johannes Pflug (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 46: a) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen Gleichbehandlung der Auf- tragsforschung öffentlich-rechtlicher Forschungseinrichtungen (Hochschul- forschungsförderungsgesetz – HFFördG) (Drucksache 16/5726) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Zusammen- führung der Regelungen über befrie- dete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes (Drucksache 16/9741) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Forschung für den ökologischen Landbau ausbauen (Drucksache 16/9345) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Verlängerung der Hauptunter- suchungsintervalle für Oldtimer mit H-Kennzeichen (Drucksache 16/9480) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Bericht des Ausschusses für Bildung, For- schung und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung (TA) Mediennutzung und eLearning in Schulen Sachstandsbericht zum Monitoring „eLearning“ (Drucksache 16/9527) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Bericht des Ausschusses für Bildung, For- schung und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung (TA) Zielgruppenorientiertes eLearning für Kinder und ältere Menschen Sachstandsbericht zum Monitoring „eLearning“ (Drucksache 16/9528) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 47: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- b c d e f 18216 C 18217 B 18218 B 18219 D 18221 A 18221 B 18221 B 18221 C 18221 C 18221 C ten Entwurfs eines … Gesetzes zur Ände- rung des Europaabgeordnetengesetzes und eines … Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (Drucksachen 16/9300, 16/9570) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Claudia Roth (Augs- burg), Winfried Nachtwei, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 20 Jahre nach Halabja – Un- terstützung für die Opfer der Giftgas- angriffe (Drucksachen 16/8197, 16/9150) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: NATO-Gipfel für Kurswechsel in Afghanistan nutzen (Drucksachen 16/8501, 16/9431) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Hofbauer, Dirk Fischer (Ham- burg), Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Heinz Paula, Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Zwölf-Tage-Regelung in Europa wieder einführen – zu dem Antrag der Abgeordneten Patrick Döring, Horst Friedrich (Bay- reuth), Ernst Burgbacher, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Wiedereinführung der Zwölf-Tage- Regelung in Europa unterstützen (Drucksachen 16/9076, 16/7861, 16/9739) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung zum Schutz des Klimas vor Veränderungen durch den Eintrag bestimmter fluorier- ter Treibhausgase (Chemikalien-Klima- schutzverordnung – ChemKlimaschutzV) (Drucksachen 16/9446, 16/9517 Nr. 2, 16/9731) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . )–p) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 431, 432, 433, 434, 435, 436, 437, 438, 439, 440 und 441 zu Petitionen 18221 D 18222 B 18222 C 18222 D 18223 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 III (Drucksachen 16/9616, 16/9617, 16/9618, 16/9619, 16/9620, 16/9621, 16/9622, 16/9623, 16/9624, 16/9625, 16/9626) . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu der Verordnung der Bundesregie- rung: Einhundertsiebte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste – Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung – (Drucksachen 16/9211, 16/9391 Nr. 2.1, 16/9698) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 11 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfas- sungsgericht (Drucksache 16/9782) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: zu den Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 2/08 und 2 BvR 1010/08 (Drucksache 16/9783) . . . . . . . . . . . . . . . . d)–m) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 442, 443, 444, 445, 446, 447, 448, 449, 450 und 451 zu Petitionen (Drucksachen 16/9767, 16/9768, 16/9769, 16/9770, 16/9771, 16/9772, 16/9773, 16/9774, 16/9775, 16/9776) . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haltung der Bundesregierung zur unrechtmäßigen Ein- leitung radioaktiver Lauge in das ehema- lige Salzbergwerk Asse II Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Heinrich Sander, Minister (Niedersachsen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . . Klaus Hagemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . S C D T a b c I I W J I 18223 B 18224 C 18224 C 18224 D 18225 A 18226 A 18227 A 18228 A 18229 B 18230 B 18231 B 18232 C 18233 D 18234 D 18236 B igmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ieter Grasedieck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundes- kindergeldgesetzes (Drucksachen 16/8867, 16/9792) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes (Drucksachen 16/9615, 16/9792) . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/9793) . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Kinderzuschlag weiterent- wickeln – Fürsorgebedürftigkeit und verdeckte Armut von Erwerbs- tätigen mit Kindern verhindern und bekämpfen – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Bericht über die Aus- wirkungen des § 6 a des Bundeskin- dergeldgesetzes (Kinderzuschlag) sowie über die gegebenenfalls not- wendige Weiterentwicklung dieser Vorschrift (Drucksachen 16/8883, 16/4670, 16/9792) ) Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Jörn Wunderlich, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Armut trotz Arbeit vermeiden – Benachteiligung Alleinerziehender beim Kinderzuschlag beenden (Drucksache 16/9746) . . . . . . . . . . . . . . . ngrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . na Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ngrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 18237 C 18240 A 18241 A 18241 D 18242 A 18242 A 18242 A 18242 B 18242 C 18244 A 18245 B 18246 D 18248 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch, Dr. Lukrezia Jochimsen und weiteren Abge- ordneten eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Betreu- ungsrechts (Drucksache 16/8442) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU) . . . . . . . . T a b D D V A I T a b 18248 C 18248 D 18249 B 18250 B 18250 D 18252 A 18252 D 18253 C 18254 C 18255 A 18255 C 18256 D 18257 B 18258 D 18259 C 18259 D 18260 C 18260 C 18262 A 18263 B 18264 D 18265 D 18266 B 18267 B 18268 C 18269 B 18270 C 18271 B 18272 B 18273 D agesordnungspunkt 9: ) Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Flexibler Eintritt in die Rente bei Wegfall der Zuverdienst- grenzen (Drucksache 16/8542) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kurs halten bei der Erwerbsintegration von älteren Beschäftigten – Teilrenten erleichtern (Drucksache 16/9748) . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . r. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . olker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungs- gesetz – UVMG) (Drucksachen 16/9154, 16/9788) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die gesetzliche Unfallver- sicherung fit für die Dienstleistungs- gesellschaft machen – zu dem Antrag der Abgeordneten Heinz-Peter Haustein, Dr. Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Mehr Wettbewerb und Kapitalde- ckung in der Unfallversicherung – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Leistungskürzungen bei der gesetzlichen Unfallversiche- rung (Drucksachen 16/9312, 16/6645, 16/5616, 16/9788) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18275 A 18275 A 18275 B 18276 B 18279 C 18280 C 18282 B 18283 C 18283 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 V Klaus Brandner, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU) . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Klaus Ernst, Hüseyin- Kenan Aydin, Dr. Lothar Bisky, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit fortführen (Drucksachen 16/9067, 16/9730) . . . . . . . . . . Gregor Amann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des vom Bundes- rat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung von Werkunternehmeran- sprüchen und zur verbesserten Durchset- zung von Forderungen (Forderungssiche- rungsgesetz – FoSiG) (Drucksachen 16/511, 16/9787) . . . . . . . . . . . Dirk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dirk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T A B A N J s k ( B K J K K T – – T A D A M s I ( E E W W T a 18284 A 18285 D 18287 A 18288 C 18290 C 18291 A 18292 B 18293 D 18295 D 18297 D 18298 A 18298 D 18300 A 18301 D 18302 D 18303 D 18304 B 18305 A 18305 D 18306 A 18307 C 18308 B 18310 A 18310 B 18311 B agesordnungspunkt 13: ntrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, ritta Haßelmann, Markus Kurth, weiterer bgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Statt Kooperative obcenter – Grundsicherung für Arbeits- uchende aus einer Hand mit gestärkten ommunalen Kompetenzen organisieren Drucksache 16/9441) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . örg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Brandner, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesministergesetzes (Drucksachen 16/5052, 16/9759) . . . . . . . Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/9781) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 15: ntrag der Abgeordneten Elke Hoff, r. Werner Hoyer, Jens Ackermann, weiterer bgeordneter und der Fraktion der FDP: ehr deutsche und internationale Unter- tützung für den Wiederaufbauprozess im rak Drucksache 16/9605) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeord- neten Michaela Noll, Antje Blumenthal, Thomas Bareiß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Angelika Graf (Rosen- heim), Renate Gradistanac, Kerstin Griese, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Wirksame Bekämp- 18312 B 18312 B 18313 B 18314 D 18316 B 18318 C 18319 C 18316 D 18320 A 18320 B 18321 B 18322 D 18324 A VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 fung der Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen (Drucksachen 16/9420, 16/9694) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Marieluise Beck (Bremen), Birgitt Bender, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mäd- chen und Frauen vor Genitalver- stümmelung schützen – zu dem Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Dr. Karl Addicks, Burkhardt Müller-Sönksen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen ächten und bekämpfen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Monika Knoche, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Weibliche Genitalverstüm- melung verhindern _ Menschen- rechte durchsetzen (Drucksachen 16/3542, 16/3842, 16/4152, 16/8657) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Michaela Noll, Antje Blumenthal, Thomas Bareiß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Renate Gradistanac, Clemens Bollen, Angelika Graf (Ro- senheim), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Häusliche Ge- walt gegen Frauen konsequent wei- ter bekämpfen – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Aktionsplan II der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (Drucksachen 16/6429, 16/6584, 16/9367) Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . T B w g H n k d g ( i Z A ( A N m P f ( G M A H B T B h – – ( N S B D D A 18324 D 18325 A 18325 B 18325 C 18326 C 18327 B 18328 C 18329 B 18330 B 18331 A agesordnungspunkt 17: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- ärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- eordneten Hüseyin-Kenan Aydin, Heike änsel, Monika Knoche, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion DIE LINKE: Aner- ennung und Wiedergutmachung der eutschen Kolonialverbrechen im ehemali- en Deutsch-Südwestafrika Drucksachen 16/4649, 16/8418) . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 7: ntrag der Abgeordneten Kerstin Müller Köln), Dr. Uschi Eid, Ute Koczy, weiterer bgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Angebot an die na- ibische Nationalversammlung für einen arlamentarierdialog zur Versöhnungs- rage Drucksache 16/9708) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ünter Gloser, Staatsminister für Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . nke Eymer (Lübeck) (CDU/CSU) . . . . . . . . üseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . runhilde Irber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: eschlussempfehlung und Bericht des Haus- altsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundesre- gierung für das Haushaltsjahr 2006 – Vorlage der Haushalts- und Vermö- gensrechnung des Bundes (Jahres- rechnung 2006) – zu der Unterrichtung durch den Bundes- rechnungshof: Bemerkungen des Bun- desrechnungshofes 2007 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes (einschließlich der Feststellungen zur Jahresrechnung 2006) Drucksachen 16/4995, 16/7100, 16/7376 r. 3, 16/9640) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . teffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Claudia Winterstein (FDP) . . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . lexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18332 B 18332 B 18332 C 18333 B 18334 B 18335 C 18336 B 18337 C 18337 D 18338 D 18340 B 18341 A 18341 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 VII Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk, Priska Hinz (Her- born), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sorge- rechtsregelung für Nichtverheiratete reformieren (Drucksache 16/9361) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: a) Antrag der Abgeordneten Anette Hübinger, Ilse Aigner, Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Ab- geordneten Gesine Multhaupt, Jörg Tauss, Willi Brase, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Qualitätssiche- rung im Wissenschaftssystem durch eine differenzierte Gleichstellungspoli- tik vorantreiben (Drucksache 16/9756) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Frauen auf dem Sprung in die Wissen- schaftselite (Drucksache 16/9604) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gesine Multhaupt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Menschenrechtslage in Tibet verbes- sern (Drucksache 16/9747) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Festnahme des chinesischen Dis- sidenten Hu Jia Entschließung des Europäischen Parla- ments vom 17. Januar 2008 zur Inhaftie- rung des chinesischen Bürgerrechtlers Hu Jia EuB-EP 1652; P6_TA-PROV (2008) 0021 ( F E C V T A ( R F n T t f n b ( A A C D S T A D S b b ( M D S D M D T A A A u G t 18342 B 18342 C 18342 D 18342 D 18344 B 18345 D 18347 A 18347 D 18349 B Drucksachen 16/8609 A.9, 16/9822) . . . . . . lorian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: ntrag der Abgeordneten Axel E. Fischer Karlsruhe-Land), Ilse Aigner, Katherina eiche (Potsdam), weiterer Abgeordneter und raktion der CDU/CSU sowie der Abgeord- eten Andrea Wicklein, René Röspel, Jörg auss, weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der SPD: Forschung und Entwicklung ür die industrielle stoffliche Nutzung achwachsender Rohstoffe in Deutschland ündeln und stärken Drucksache 16/9757) . . . . . . . . . . . . . . . . . . xel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: ntrag der Abgeordneten Monika Knoche, r. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert, Frank pieth und der Fraktion DIE LINKE: Canna- is zur medizinischen Behandlung freige- en Drucksache 16/9749) . . . . . . . . . . . . . . . . . . aria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . abine Bätzing (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . etlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . onika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 24: ntrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, nette Hübinger, Dr. Wolf Bauer, weiterer bgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU nd der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, regor Amann, Elvira Drobinski-Weiß, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion der SPD 18349 B 18349 D 18351 B 18351 D 18352 D 18353 D 18355 A 18355 B 18356 C 18357 D 18360 A 18360 D 18361 C 18361 D 18362 C 18363 A 18363 D 18364 C 18365 B VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 sowie der Abgeordneten Ute Koczy, Undine Kurth (Quedlinburg), Thilo Hoppe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Vorschlag Ecuadors für den globalen Klima- und Biodiversi- tätsschutz prüfen und weiterentwickeln – Schutz des Yasuní-Nationalparks durch Kompensationszahlungen für entgangene Einnahmen erreichen (Drucksache 16/9758) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Jürgen Trittin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: G-8-Gipfel in Japan für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung nutzen (Drucksache 16/9751) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Dr. Karl Addicks, Hellmut Königshaus, Dr. Christel Happach- Kasan, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Glaubwürdigkeit von G-8 nicht verspielen – Maßnahmen zur Be- kämpfung der Nahrungsmittelkrise auf dem Gipfeltreffen in Hokkaido beschließen (Drucksache 16/9750) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die euro- päische Integration der Republik Moldau unterstützen (Drucksache 16/9755) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Markus Meckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . M D R T A B o f ( i Z A K m B P b f ( D T Z v w v d k m V S S g ( M L C D D T A N n s ( 18366 B 18366 B 18367 C 18369 B 18369 D 18370 B 18371 B 18371 C 18371 C 18373 A 18374 A 18375 A 18376 A 18377 A 18377 B 18379 A ichael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . r. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: ntrag der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, irgit Homburger, Elke Hoff, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der FDP: Bekämp- ung von Piraterie Drucksache 16/9609) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, erstin Müller (Köln), Marieluise Beck (Bre- en), weiterer Abgeordneter und der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ursachen der iraterie vor der somalischen Küste bear- eiten – Politische Konfliktlösungsschritte ür Somalia vorantreiben Drucksache 16/9761) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 28: weite Beratung und Schlussabstimmung des on der Bundesregierung eingebrachten Ent- urfs eines Gesetzes zu dem Abkommen om 12. November 2007 zwischen der Bun- esrepublik Deutschland und der Demo- ratischen Volksrepublik Algerien zur Ver- eidung der Doppelbesteuerung und zur erhinderung der Steuervermeidung und teuerhinterziehung auf dem Gebiet der teuern vom Einkommen und vom Vermö- en Drucksachen 16/9561, 16/9786) . . . . . . . . . . anfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . othar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . arl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 29: ntrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang ešković, Monika Knoche, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Ab- chiebungen in das Kosovo Drucksache 16/9143) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18380 A 18380 C 18382 A 18383 A 18383 A 18383 A 18383 C 18384 D 18385 C 18386 D 18387 A 18387 D 18388 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 IX Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Britta Haßelmann, Ekin Deligöz, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aktives Wahlalter bei Bundes- tagswahlen auf 16 Jahre absenken (Drucksache 16/6647) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Kucharczyk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Müns- ter), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Vertragsärzte und -zahnärzte nicht mit 68 Jahren zwangsweise in den Ruhe- stand schicken (Drucksache 16/9445) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Peter Friedrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konrad Schily (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Karin Binder, Dr. Barbara Höll, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Effektiven Diskriminierungsschutz ver- wirklichen (Drucksache 16/9637) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . M S V G T A D B t b t M c ( A D R U K T B R o D t E t ( D K D K B T A K o e c h g ( i 18388 D 18389 D 18390 B 18390 D 18391 C 18392 A 18392 B 18394 A 18394 C 18395 B 18396 A 18397 B 18397 B 18398 A 18398 D 18399 A 18399 D 18400 C 18401 B 18401 B 18401 D echthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . evim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 33: ntrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, r. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Alexander onde, weiterer Abgeordneter und der Frak- ion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rahmen- edingungen für eine nachhaltige interna- ionale Investitionspolitik schaffen – ultilaterale Regeln für Staatsfonds entwi- keln Drucksache 16/9612) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Ditmar Staffelt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 34: eschlussempfehlung und Bericht des echtsausschusses zu dem Antrag der Abge- rdneten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Patrick öring, weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der FDP: Gegen Geheimniskrämerei – ntscheidungen kommunaler Gesellschaf- en transparent gestalten Drucksachen 16/395, 16/9732) . . . . . . . . . . . r. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . laus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ritta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 35: ntrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, laus Ernst, Dr. Lothar Bisky, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion DIE LINKE: Für ine qualitätsgesicherte und flächende- kende Arzneimittelversorgung – Versand- andel auf rezeptfreie Arzneimittel be- renzen Drucksache 16/9754) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit 18402 B 18403 C 18405 A 18406 A 18406 D 18406 D 18407 C 18408 C 18409 B 18410 A 18411 A 18411 B 18412 A 18412 D 18413 C 18414 C 18415 C X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 Zusatztagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Müns- ter), Martin Zeil, Heinz Lanfermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Aus- wüchse des Versandhandels mit Arzneimit- teln unterbinden (Drucksache 16/9752) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: a) Antrag der Abgeordneten Jörg Rohde, Dr. Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wettbewerb in der Eingliede- rungshilfe stärken – Wahlfreiheit und Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderung erhöhen (Drucksache 16/9451) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe- Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Persönliche Budgets für berufliche Teil- habe jetzt ermöglichen (Drucksache 16/9753) . . . . . . . . . . . . . . . . Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfall- versicherung (Unfallversicherungsmoderni- s p A Z d d o R S D V S A Z A U i N A Z – – ( n K A Z d v p U C S J E B 18415 D 18415 D 18417 A 18418 A 18419 A 18419 C 18420 B 18421 A 18421 A 18421 B 18422 B 18423 A 18424 A 18425 B 18426 D 18427 A ierungsgesetz – UVMG) (Tagesordnungs- unkt 10 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- erung des Bundesministergesetzes (Tages- rdnungspunkt 14) alf Göbel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . iegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . olker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntrags: Mehr deutsche und internationale nterstützung für den Wiederaufbauprozess m Irak (Tagesordnungspunkt 15) iels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung: Anerkennung und Wiedergutmachung der deuschen Kolonialverbrechen im ehemali- gen Deutsch-Südwestafrika Angebot an die namibische Nationalver- sammlung für einen Parlamentarierdialog zur Versöhnungsfrage Tagesordnungspunkt 17 und Zusatztagesord- ungspunkt 7) erstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Sorgerechtsregelung für Nicht- erheiratete reformieren (Tagesordnungs- unkt 19) te Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . hristine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . kin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18427 D 18428 B 18429 B 18430 B 18431 B 18432 A 18432 C 18434 D 18435 D 18437 B 18438 B 18439 A 18440 A 18441 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 XI Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Antrag: Menschenrechtslage in Tibet ver- bessern – Beschlussempfehlung und Bericht: Fest- nahme des chinesischen Dissidenten Hu Jia Entschließung des Europäischen Parla- ments vom 17. Januar 2008 zur Inhaftierung des chinesischen Bürgerrechtlers Hu Jia (Zusatztagesordnungspunkte 8 und 9) Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Bekämpfung von Piraterie – Ursachen der Piraterie vor der somali- schen Küste bearbeiten – Politische Kon- fliktlösungsschritte für Somalia vorantrei- ben (Tagesordnungspunkt 27 und Zusatztagesord- nungspunkt 11) Anke Eymer (Lübeck) (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Kramer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norman Paech (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Mündliche Fragen 34 und 35 Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) Entwicklung der Gehälter der Vorstände der zehn größten Unternehmen mit unmittelbarer Beteiligung des Bundes in den letzten fünf Jahren; Entwicklung der Bonuszahlungen der Vorstände der zehn größten Unternehmen mit unmittelbarer Beteiligung des Bundes in den letzten fünf Jahren Antwort Nicolette Kressl, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (171. Sitzung, Tagesordnungspunkt 3) 18441 D 18442 B 18443 B 18444 A 18444 C 18445 B 18446 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18187 (A) ) (B) ) 172. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18427 (A) ) (B) ) nen, die nicht hinnehmbar sind. Nitzsche, Henry fraktionslos 26.06.2008 der besonders vom Strukturwandel betroffenen Bran- chen verständlich, belastet aber über Gebühr andere Branchen. Auch lassen Berechnungen der Wirkungs- weise dieses Verteilungsschlüssels Verwerfungen erken- Lips, Patricia CDU/CSU 26.06.2008 Müntefering, Franz SPD 26.06.2008 Anlage 1 Liste der entschuldigt * A g t N g s b d z R g w a t Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 26.06.2008 Andres, Gerd SPD 26.06.2008 Barnett, Doris SPD 26.06.2008* Bellmann, Veronika CDU/CSU 26.06.2008 Bodewig, Kurt SPD 26.06.2008 Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 26.06.2008* Deittert, Hubert CDU/CSU 26.06.2008* Dörmann, Martin SPD 26.06.2008 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 26.06.2008* Gerster, Martin SPD 26.06.2008 Goldmann, Hans- Michael FDP 26.06.2008 Golze, Diana DIE LINKE 26.06.2008 Hänsel, Heike DIE LINKE 26.06.2008 Haibach, Holger CDU/CSU 26.06.2008* Hintze, Peter CDU/CSU 26.06.2008 Hörster, Joachim CDU/CSU 26.06.2008* Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.06.2008 Ibrügger, Lothar SPD 26.06.2008 Dr. Keskin, Hakki DIE LINKE 26.06.2008* Koczy, Ute BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.06.2008 Korte, Jan DIE LINKE 26.06.2008 Lafontaine, Oskar DIE LINKE 26.06.2008 P R R D S D S S A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates nlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzli- chen Unfallversicherung (Unfallversicherungs- modernisierungsgesetz – UVMG) (Tagesord- nungspunkt 10 a) Ich kann dem Unfallversicherungsmodernisierungs- esetz nicht zustimmen. Die mit dem UVMG beabsich- igte Organisationsreform einschließlich der völligen eustrukturierung des bestehenden Lastenausgleichs eht zwar grundsätzlich in die richtige Richtung, berück- ichtigt aber letztlich nicht in ausreichendem Maße die erechtigten Interessen der gewerblichen Wirtschaft, die ieses System allein und ausschließlich finanziert. Es ist war zu begrüßen, dass auf Initiative der CDU/CSU im ahmen der Beratungen noch zahlreiche Verbesserun- en zugunsten der betroffenen Unternehmen erreicht erden konnten, gleichwohl reichen diese allein nicht us, die bestehenden Bedenken auszuräumen. Die Wirkungsweise und Zielgenauigkeit des geplan- en Verteilungsschlüssels von 70 : 30 ist zwar aus Sicht ronold, Florian SPD 26.06.2008 aidel, Hans CDU/CSU 26.06.2008 amelow, Bodo DIE LINKE 26.06.2008 r. Scheer, Hermann SPD 26.06.2008 chily, Otto SPD 26.06.2008 r. Schui, Herbert DIE LINKE 26.06.2008 eib, Marion CDU/CSU 26.06.2008 töckel, Rolf SPD 26.06.2008 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 18428 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 (A) ) (B) ) Ebenso ist die geplante Freibetragsregelung für Klein- unternehmen unzureichend. Es ist zutreffend, dass eine Vielzahl von Kleinunternehmen der bisher ausgleichsbe- rechtigten Berufsgenossenschaften eine Entlastung er- fahren, Kleinunternehmen der bisher ausgleichspflichti- gen Berufsgenossenschaften werden aber wegen der einschränkenden Regelung des Freibeträges belastet wer- den. Umfang und Auswirkungen dazu sind nur unzurei- chend geprüft worden. Es fehlt zudem die klare politische Absichtserklärung, auch die Unternehmen in den Lasten- ausgleich einzubeziehen, an denen die öffentliche Hand zum überwiegenden Teil beteiligt ist und die sich am Markt auch dem Wettbewerb stellen, aber bisher, durch die Zugehörigkeit zu den Unfallkassen des Bundes oder der Unfallkassen der öffentlichen Hand, an diesem soli- darischen Lastenausgleich der gewerblichen Wirtschaft nicht beteiligt sind. Konsequent abzulehnen ist die künftige Durchfüh- rung des neuen Überaltlastenausgleichs durch das Bun- desversicherungsamt auf Kosten der Unternehmen. Wie auch in der Vergangenheit hätte die Selbstverwaltung, die zudem die Grundstruktur des neuen Lastenausgleichs entwickelt hat, wegen der Sachnähe diese Aufgabe auch weiter erledigen können. Die Hereinnahme zusätzlicher Belastungen aus dem Bereich Bergbau in den neuen Überaltlastenausgleich ist zwar aus Sicht der betroffenen Berufsgenossenschaft und der ihr angehörenden Unter- nehmen verständlich, hier hätten aber politische Lösun- gen gefunden werden müssen, die zu keiner einseitigen Belastung der gewerblichen Wirtschaft führen. Nicht hinnehmbar ist die geplante Ausgestaltung der unternehmerischen Meldepflichten zur künftigen UV-Be- triebsprüfung. Neben der Erweiterung der künftigen DEÜV-Meldungen ist insbesondere die individualisierte Angabe der geleisteten Arbeitsstunden praxisfern und bedeutet neue bürokratische Belastungen. Hier hätte im Sinne der Zielsetzung des Zweiten Mittelstandsentlas- tungsgesetzes ein Verfahren gefunden werden müssen, das für die Unternehmen zu einer bürokratischen Entlas- tung führt und nicht die Gefahr des Gegenteils bewirkt. Aufgrund der Komplexität der Probleme im Rahmen der Umstellung des Meldeverfahrens hätte hier im Zweifel eine Zurückstellung der Umstellung bis zur Klärung der damit verbundenen offenen Fragen – wie vom Bundesrat gefordert – erfolgen müssen. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Dritten Geset- zes zur Änderung des Bundesministergesetzes (Tagesordnungspunkt 14) Ralf Göbel (CDU/CSU): Die Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes wird bis zum Jahr 2050 die Bevölkerung in Deutschland um rund sieben Millionen Menschen auf dann insgesamt 75 Millionen schrumpfen. Die demogra- fische Entwicklung und der fortschreitende Strukturwan- d z d r m a d d l f z u t t D i s L m d w a h s Z i d o s d n g s g z i a s m z L D B d k r v d M (C (D el werden unsere Gesellschaft daher in nicht allzu kur- er Zeit spürbar verändern. Zugleich geht mit dem Bevölkerungsrückgang auch ie bisherige bewährte Alterssicherungsstruktur verlo- en. Infolge der demografischen Entwicklung steht im- er weniger Beitragszahlern eine stetig steigende Zahl n Beziehern von Altersversorgung gegenüber. Dass iese wenigen die zu zahlenden Beiträge, insbesondere ie der Alterssicherung, nicht mehr allein tragen können, euchtet mittlerweile jedem ein. Deshalb erfordert diese ür alle Gruppen schwierige Situation Einschnitte in ahlreichen Bereichen. So hat im Bereich der Alterssicherung jede Gruppe nd damit auch jedes Mitglied dieser Gruppe einen sys- emgerechten Beitrag zur Sicherung und Aufrechterhal- ung des jeweiligen Alterssicherungssystems zu leisten. ies gilt zunächst für alle Bürgerinnen und Bürger, die n der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ind. Sie haben in der Vergangenheit bereits spürbare eistungseinschränkungen und Belastungen hinnehmen üssen. Gleiches gilt auch für die Beamtinnen und Beamten es Bundes, der Länder und Gemeinden, die durch die irkungsgleiche Übertragung der Kürzungen auf die Be- mtenversorgung ebenso finanzielle Einbußen erfahren aben. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zu- ammenhang darauf hingewiesen, dass die Grenze des umutbaren bei den Beamtenpensionen nahezu erreicht st. Den zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes erfor- erlichen Sparmaßnahmen will sich aber auch die berste politische Leitungsebene des Bundes nicht ver- chließen. Dass auch sie zu Einsparungen bereit ist, zeigt er dem Deutschen Bundestag vorliegende Entwurf ei- es Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesminister- esetzes, über den wir heute in zweiter und dritter Le- ung beraten. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die Bundesre- ierung nicht erst mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ur Stabilisierung des Haushaltes beiträgt, sondern bereits n der Vergangenheit mehrfach Sparbeiträge erbracht und uf allgemeine Einkommenserhöhungen verzichtet hat, o zuletzt im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 it der vollständigen Abschaffung der jährlichen Sonder- ahlung, des Weihnachtsgeldes. Weitere finanzielle Sparbeiträge erbringt die oberste eitungsebene nun mit dem uns vorliegenden Entwurf. ieser sieht Einschnitte in die Versorgung sowohl der undesminister als auch, durch entsprechende Verweise, er Parlamentarischen Staatssekretärinnen und Staatsse- retäre vor. Im Wesentlichen sieht der Entwurf folgende Ände- ungen vor: Erstens. Anhebung der Altersgrenze für den Bezug on Ruhegehalt von derzeit 55 Jahren bzw. 60 Jahren auf ie für Beamte geltende Regelaltersgrenze sowie die öglichkeit, ab Vollendung des 55. Lebensjahres vor- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18429 (A) ) (B) ) zeitig Ruhegehalt, allerdings unter Hinnahme von Ab- schlägen, in Anspruch zu nehmen. Zweitens. Heraufsetzung der Mindestamtszeit für den Bezug von Ruhegehalt von zwei auf vier Jahre. Drittens. Nachversicherung in der gesetzlichen Ren- tenversicherung bei einem Ausscheiden ohne Anspruch auf Ruhegehalt. Viertens. Reduzierung der Bezugsdauer von Über- gangsgeld von maximal drei Jahren auf dann maximal zwei Jahre. Fünftens. Erweiterung der Ruhensregelung für die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzkommen sowie Rentenzahlungen entsprechend den Regelungen im Beamtenversorgungsrecht. Die Regelungen sollen dabei auch schon für die Mit- glieder der jetzigen Bundesregierung gelten. Allerdings sieht eine Übergangsregelung vor, dass durch zurücklie- gende Amtszeiten bereits erworbene Anwartschaften auf Ruhegehalt ungemindert fortbestehen. Private Erwerbs- einkommen und Renten werden aber auch für die jetzi- gen Mitglieder der Bundesregierung, die bereits einer früheren Bundesregierung angehörten, angerechnet. Daneben enthält der Gesetzentwurf auch Regelungen, die die Mitglieder des letzten Ministerrates der ehemali- gen Deutschen Demokratischen Republik, die aufgrund der ersten und gleichzeitig letzten freien Wahlen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in ihr Amt kamen, betreffen. Diese haben die demokratische Umgestaltung der Gesellschaft gestaltet und zur Herstel- lung der Einheit Deutschlands maßgeblich beigetragen. Sie hatten Anteil an der historischen Leistung, die für die politische, wirtschaftliche und soziale Vorbereitung des 3. Oktober 1990 notwendig waren. Diese historisch ein- malige Aufgabe wurde bis heute in keiner Weise ange- messen berücksichtigt. So besitzen sie auch nach fast 18 Jahren Deutscher Einheit keine ihrem Amt und ihrer historischen Rolle entsprechenden Altersversorgungsan- sprüche. Und dies, obwohl nur wenige im Anschluss an ihr Amt eine Zukunft in der Politik oder im öffentlichen Dienst fanden und nun auf eine Mindestversorgung an- gewiesen sind. Dem soll nun abgeholfen werden. Nach dem Entwurf werden die Mitglieder der Übergangsregierung erstmals in das System der Ministerversorgung einbezogen. Nach Art. 1 Abs. 3 des Gesetzentwurfes erhalten die Mitglie- der des Ministerrates der ehemaligen Deutschen Demo- kratischen Republik unter Ministerpräsident a. D., Dr. Lothar de Maizière, die diesem ab dem 12. April 1990 angehört haben, ab dem 55. Lebensjahr 5 Prozent der Amtsbezüge eines Bundesministers. Im Ergebnis stellt das Gesetz einen weiteren Beitrag zur Konsolidierung der staatlichen Finanzen dar, an der sich das Kabinett als oberste Leitungsebene der Bundes- republik Deutschland ebenso beteiligt wie die Bürgerin- nen und Bürger unseres Landes. Siegmund Ehrmann (SPD): Im November 2007 ins Plenum eingebracht, beraten wir heute in zweiter und d t I r N o f M R a s r V B d s z a a e 1 c w e B g e a L k f v u d c d s d l w g E u c g l l i R s k t D W R (C (D ritter Lesung nach intensiven koalitionsinternen Bera- ungen abschließend Änderungen des Ministergesetzes. m Kern setzen wir auch für die Mitglieder der Bundes- egierung ein höheres Pensionsalter, Element des im ovember letzten Jahres veränderten Rechtes der Abge- rdnetenentschädigung, um. Schließlich ist es nach sorg- ältiger Abwägung unser Anliegen, die Versorgung der itglieder der demokratisch legitimierten letzten DDR- egierung in das Ministergesetz einzubeziehen. Mit dem Gesetzentwurf soll grundsätzlich die Regel- ltersgrenze für Beamte – künftig 67 Jahre – auf die Ver- orgung der Bundesminister übertragen werden. Wäh- end bei Beamten der vorzeitige Ruhestand mit ollendung des 63. Lebensjahres möglich ist, sollen die undesminister die Versorgung bereits mit Vollendung es 60. Lebensjahres, also sieben Jahre früher, in An- pruch nehmen können. Da für jedes Jahr vorzeitigen Be- ugs ein Abschlag von 3,6 Prozent von der Versorgung bgezogen wird, würde sich ein maximaler Versorgungs- bschlag von sieben mal 3,6 Prozent, also 25,2 Prozent rgeben. Um dies zu vermeiden, wird die Minderung auf 4,4 Prozent begrenzt. Das entspricht dem höchstmögli- hen Abschlag in der Beamtenversorgung. Die Mindestamtszeit für den Bezug von Ruhegehalt ird von zwei auf vier Jahre heraufgesetzt, umfasst somit ine ganze Wahlperiode. Sollte das Amtsverhältnis der undeskanzlerin enden oder der Bundestag vorzeitig auf- elöst werden, gilt dies wiederum nicht. Allerdings soll rgänzend geregelt werden, dass bei der Mindestamtszeit uch Zeiten vorangegangener Mitgliedschaften in einer andesregierung berücksichtigt werden, wenn diese zu einem Anspruch auf Versorgung nach Landesrecht ge- ührt haben. Doch bleibt der geltende Ruhegehaltssatz on 27,74 Prozent nach einer Amtszeit von vier Jahren nverändert. Konsequenterweise muss im Ministergesetz ie Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversi- herung für den Fall geregelt werden, dass ein Mitglied er Bundesregierung ohne Ruhegehaltsanspruch aus- cheidet. Die maximale Bezugsdauer des Übergangsgel- es wird von drei auf zwei Jahre verkürzt. Zu guter Letzt werden die sogenannten Ruhensrege- ungen erweitert. Das bedeutet, dass Erwerbs- und Er- erbsersatzeinkommen nicht nur auf das Übergangs- eld, sondern auch auf das Ruhegehalt angerechnet wird. benso werden Rentenzahlungen auf das Übergangsgeld nd das Ruhegehalt angerechnet.Soweit zu den wesentli- hen Änderungen der bereits heute im Bundesminister- esetz normierten strukturellen Elemente. Nun zum Thema der versorgungsrechtlichen Behand- ung der letzten und einzigen durch demokratische Wah- en legitimierten Regierung der ehemaligen DDR. Ist es m Ergebnis recht und billig, dass ihren Mitgliedern ein uhegehaltsanspruch verwehrt, den Mitgliedern des Deut- chen Bundestages hingegen, die zuvor der ersten demo- ratisch gewählten ehemaligen Volkskammer angehör- en, diese Mitgliedszeit wie eine Mitgliedszeit im eutschen Bundestag angerechnet wird? Unstreitig waren die ersten, aber auch letzten freien ahlen zur Volkskammer der Höhepunkt der friedlichen evolution durch die Menschen der ehemaligen DDR. 18430 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 (A) ) (B) ) Es ist mehr als angemessen, auch die besondere Stellung der dabei gewählten Abgeordneten als Mitglieder eines demokratisch legitimierten Verfassungsorganes, dem überdies die herausragende und historisch außergewöhn- liche Aufgabe oblag, den eigenen Staat abzuwickeln und damit die Voraussetzung für ein geeintes Deutschland zu schaffen, durch eine Mindestabsicherung zu würdigen. Verglichen damit ist es nicht angemessen, dass die Mit- glieder der von dieser frei gewählten Volkskammer beru- fenen DDR-Regierung keine dem Amt angemessene Mindestversorgung erwerben. Der Gesetzentwurf trägt dieser Bewertung Rechnung. Abweichend hierzu beantragen die Koalitionsfraktionen mit dem vorliegenden Änderungsantrag, den bisher vor- gesehenen Ruhegehaltssatz von 7 Prozent der Bezüge auf 5 Prozent zu senken. Die zugrunde liegenden Bezüge der Bundesminister sind ihrerseits – auch das darf ich hier einmal bemerken – mehrfach von der allgemeinen Ein- kommensentwicklung der Beamtinnen und Beamten ab- gekoppelt worden. Das bedeutet, dass dem Ministerpräsi- denten circa 800 Euro und den Ministern circa 650 Euro im Monat zustehen. Die Anrechnungsregelungen des Mi- nistergesetzes, abgesehen von privaten Erwerbseinkom- men, gelten auch für die Mitglieder des letzten Minister- rates. Bei einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst ruhen die Ruhegehaltsansprüche nach den allgemeinen Regeln des Bundesministergesetzes gegebenenfalls vollständig. Bei Abgeordneten des Deutschen Bundestages richtet sich die Anrechnung nach § 29 des Abgeordnetengesetzes Intensiv haben wir uns damit auseinandergesetzt, ob und in welchem Umfange ebenfalls die Staatssekretäre der letzten DDR-Regierung in diese Modifikation einbe- zogen werden können, was der Regierungsentwurf nicht vorsieht. Hierzu ist anzumerken, dass die Staatssekretäre in Deutschland seit jeher ihr Amt im Regelfall im Beam- tenstatus wahrnehmen und damit dem Beamtenversor- gungsrecht unterfallen. In seltenen Ausnahmefällen wer- den sie außertariflich als Angestellte beschäftigt. In beiden Fällen stehen sie aber nicht in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis wie Minister. Dies gilt lediglich für die 1966 auf Bundesebene eingeführten Parlamentarischen Staatssekretäre, die grundsätzlich Bundestagsabgeordnete sind und Mitgliedern der Bundesregierung beigegeben werden können, aber nicht müssen. Ein derartiges Amt sah das Recht der ehemaligen DDR nicht vor, obwohl die Funktion von Staatssekretären auch von Volkskammerab- geordneten wahrgenommen wurde. Ich persönlich bin der Auffassung, dass wir dieses Thema weiterhin intensiv un- tersuchen sollten, wobei hier in besonderer Weise aber eventuelle Folgerungen für die Angehörigen der ehema- ligen DDR-Sonderversorgungssysteme zu bedenken sind und die Grundentscheidungen des Einigungsvertrags nicht ohne Not infrage gestellt werden dürfen. Für meine Fraktion empfehle ich, dem Gesetzentwurf und dem vorliegenden Änderungsantrag zuzustimmen, wie vom Innenausschuss mehrheitlich empfohlen. Dr. Max Stadler (FDP): Der Gesetzgeber tut sich be- kanntlich schwer, wenn er in eigener Sache zu entschei- den hat. Erst vor wenigen Wochen hat der Deutsche B b p t p A f n s B b t s s ih d i f u i a b t a s v n d s g z V m b l w r M k e W E l ü s p n j d 6 s d D E N r d i d (C (D undestag über die Erhöhung der Abgeordnetendiäten eraten. Die massive Kritik der parlamentarischen Op- osition sowie der Öffentlichkeit hat die Koalitionsfrak- ionen schließlich dazu bewogen, von ihren Ursprungs- länen Abstand zu nehmen. Immer dann, wenn sich die bgeordneten mit ihren eigenen Rechtsverhältnissen be- assen, steht automatisch der Vorwurf der Selbstbedie- ung im Raum. Dieser Umstand ist jedoch zentraler Be- tandteil des Systems. Aus diesem Grund wirbt die FDP- undestagsfraktion seit Jahren für einen Systemwechsel ei der Entschädigung von Politkern. In der Regel befassen wir uns im Deutschen Bundes- ag mit einer Erhöhung oder einer Anpassung der Ver- orgungsleistungen für Abgeordnete. Es ist daher grund- ätzlich anzuerkennen, dass die Bundesregierung mit rem Gesetzentwurf für ein Drittes Gesetz zur Änderung es Bundesministergesetzes Regelungen vorschlägt, die m Ergebnis zu Kürzungen bei der Ministerversorgung ühren. Der Gesetzentwurf bemüht sich, die Einschnitte nd Änderungen, die Arbeiter, Angestellte und Beamte n jüngster Zeit bei der Altersversorgung erfahren haben, uch für Bundesminister nachzuvollziehen. Dazu gehört eispielsweise die schrittweise Anhebung der Regelal- ersgrenze auf 67 Jahre, die Heraufsetzung der Mindest- mtszeit für den Bezug von Ruhegehalt auf vier Jahre owie die Kürzung der maximalen Dauer des Bezuges on Übergangsgeld auf zwei Jahre – soweit so gut. Ein äherer Blick auf den Gesetzentwurf zeigt jedoch, dass er Gesetzeszweck durch zahlreiche Ausnahmetatbe- tände in vielen Fällen vereitelt wird. So bleiben die Mit- lieder der derzeitigen Bundesregierung von den Kür- ungen in dem Gesetzentwurf weitgehend verschont. on der Neuregelung werden alle Minister ausgenom- en, die bereits vor dem Regierungswechsel im Novem- er 2005 im Amt waren. Darüber hinaus werden ehema- ige Mitglieder einer Landesregierung so behandelt, als ären sie die gesamte Zeit Mitglied der Bundesregie- ung gewesen. Damit ist auch an die Bundesminister de aiziere, Schavan und von der Leyen gedacht. Ich will eineswegs bestreiten, dass Regelungen zum Vertrau- nsschutz notwendig und rechtlich geboten sein können. enn der Bundesregierung aber daran gelegen ist, die inschnitte, die den Bürgerinnen und Bürgern in den etzten Jahren zugemutet wurden, auf sich selbst zu bertragen, hätte ich mir durchaus mutigere Schritte vor- tellen können. Auch bei der Regelung über die Früh- ensionierung gelingt die Gleichstellung an Beamte icht. Während Bundesbeamte erst ab dem 63. Lebens- ahr die Möglichkeit der Frühpensionierung haben, soll ies für Mitglieder der Bundesregierung bereits ab dem 0. Lebensjahr gelten. Im Zentrum der Diskussion der vergangenen Monate tand die sogenannte Ehrenpension für die Mitglieder er letzten frei gewählten DDR-Regierung de Maizière. as Ruhegehalt ist gedacht als Anerkennung für den insatz der Regierung de Maizière beim demokratischen euanfang nach der Wende 1989. Mit der Bundesregie- ung ist die FDP-Bundestagsfraktion der Auffassung, ass die Arbeit der letzten DDR-Regierung zu würdigen st und ihr Beitrag für die parlamentarische Demokratie auerhaft Bestand haben wird. Dennoch ist es den Bür- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18431 (A) ) (B) ) gerinnen und Bürgern nur schwer vermittelbar, wenn der ehemalige Ministerpräsident und seine Minister auf- grund einer Amtszeit von nur wenigen Monaten nach dem 55. Lebensjahr Anspruch auf eine Pension in Höhe von rund 800 Euro bzw. 650 Euro haben. In welchem Verhältnis steht dies zu der Rente, die Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmern zusteht, nachdem sie mehrere Jahrzehnte in die gesetzliche Rentenkasse einbezahlt ha- ben? Hier liegt es allein in der Verantwortung der Bun- desregierung, den Bürgerinnen und Bürgern diese Rege- lung zu vermitteln. Ein gutes Gefühl scheint die Bundesregierung bei dieser Regelung wohl auch nicht gehabt zu haben. Schließlich haben die Koalitionsfrak- tionen kurz vor der Abstimmung noch einen Änderungs- antrag präsentiert, mit dem der Ruhegehaltssatz von ur- sprünglich 7 Prozent auf 5 Prozent der Bezüge abgesenkt wird. So begrüßenswert der Ansatz des Gesetzentwurfes insgesamt auch ist, so bedauerlich ist, dass die Bundesre- gierung nicht den Mut zu einer grundlegenden Reform des Bundesministergesetzes gefunden hat. Elf Jahre nach der letzten Änderung des Gesetzes wäre die Zeit dafür reif gewesen. Gerade bei den Anrechnungsvorschriften von Versorgungsbezügen gibt es, gerade auch aus jüngs- ter Zeit, Fälle, die einer intensiveren Diskussion bedurft hätten. Nicht in allen Fällen kann eine Doppelversor- gung tatsächlich vermieden werden. So hat zum Beispiel das Verwaltungsgericht Kassel in einer Entscheidung vom April diesen Jahres darauf hingewiesen, dass das geltende Recht keine Vorschriften für die Anrechnung von Ruhegehältern kennt, wenn jemand erst in der Kom- mune und dann im Bundestag tätig gewesen ist. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Bundesregierung auch solche Fälle bei der Ausgestaltung ihres Entwurfs im Blick gehabt hätte. Trotz einiger positiver Ansätze bei der Reform der Ministerversorgung wird sich die FDP-Bundestagsfrak- tion bei der Abstimmung enthalten. Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE): An- gesichts der in diesem Hause beschlossenen Heraufset- zung des Rentenalters für Angestellte und Beamte ist der Schritt, die Alterssicherungssysteme der Minister denen der Beamten dem Grunde nach anzugleichen, folgerich- tig. Aber folgerichtig muss nicht immer folglich richtig bedeuten. Für eine grundlegende Reform mit dem Ziel einer nachhaltigen Stärkung der Alterssicherungssys- teme, durch Einbeziehung der Bundesminister wie auch aller Beamter in die gesetzliche Rentenversicherung, fehlt es leider in diesem Haus an den notwendigen Mehr- heiten. Insoweit stimmen wir notgedrungen den einzel- nen Regelungen, die eine Besserstellung der Bundesmi- nister gegenüber den Beamten und Beamtinnen beseitigen wollen, zu. Damit enden aber die Überein- stimmungen. Die Art und Weise, wie sie die Mitglieder des letzten Ministerrats der ehemaligen DDR in die Mi- nisterversorgung einbeziehen wollen, stößt nur noch auf unser Unverständnis und wird in weiten Teilen der Be- völkerung nur das Vorurteil der Selbstbedienungsmenta- lität bedienen. Für maximal 174 Tage Amtszeit werden die Anspruchsberechtigten eine dynamische, an den Be- z e i d S s b „ O s g d l F f g W H w d s h t F k W n b d l g B w u d s d E d § s M i V i g s n R d t m i b W G g d g (C (D ügen der Bundesminister angelehnte Pension von aktu- ll 650 bis 800 Euro erhalten. Diese Großzügigkeit steht n keinem Verhältnis zu der Knauserigkeit, die sie bei er Gestaltung der Opferrente an den Tag gelegt haben. o äußert sich die Gemeinschaft der ehemaligen politi- chen Häftlinge für uns nachvollziehbar in einem Schrei- en, das den meisten Abgeordneten vorliegen dürfte: Nicht nur uns als älteste und größte Vereinigung der pfer kommunistischer Gewaltherrschaft fällt es chwer, Verständnis für eine solche Ehrung aufzubrin- en. Unsere Mitglieder können beim besten Willen nicht ie großen Verdienste sehen, die hier geehrt werden sol- en. … Das ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die ihre reiheit, Gesundheit – und manchmal auch das Leben – ür die Durchsetzung der Demokratie in unserem Land eopfert haben. Soweit sie diese Versorgungsleistung als ürdigung für die historisch einmalige Aufgabe der erstellung der deutschen Einheit verstanden wissen ollen, gebietet die historische Wahrheit den Hinweis, ass nicht nur die Mitglieder letzten DDR-Regierung ich diesbezüglich Verdienste erworben haben. Vielmehr at den Grundstein dafür – und dies ist zu anderen Zei- en von führenden Politikern aus Parteien aller anderen raktionen dieses Hauses durch Zitate belegbar aner- annt worden – die Regierung von Hans Modrow gelegt. enn also die Herstellung der Einheit Deutschlands ei- en Anspruch auf Altersversorgung nach diesem Gesetz egründen soll, dann müsste dies auch für die Mitglieder ieser Modrow-Regierung gelten. Weiter halten wir auch die Art und Weise für bedenk- ich, wie die Einbeziehung der – ich zitiere – „einzig frei ewählten Regierung“ der DDR erfolgen soll, der die undesregierung immerhin bescheinigt, zügig und verant- ortungsvoll gehandelt zu haben: Nur Ministerpräsident nd Minister erhalten ein Ruhegehalt. Staatssekretäre wer- en nicht berücksichtigt. Hinter dieser Diskriminierung teht nicht Respekt vor einer historischen Leistung, son- ern eine kleinliche Siegermentalität, die den deutschen inigungsprozess von Anfang an in vielen Bereichen ver- orben hat und zum Anschluss verkommen ließ. Einen besonders üblen Nachgeschmack hinterlässt 21 Abs. 3, letzter Satz. Die Linke hält es für selbstver- tändlich, dass Berechtigte, die gegen die Grundsätze der enschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder n schwerwiegendem Maße die Stellung zum eigenen orteil oder Nachteil anderer missbraucht haben, nicht n den Genuss einer so gut ausgestatteten Ruhegehaltsre- elung kommen sollen. Aber wieso unterstellt der Ge- etzentwurf ein solches Verhalten eigentlich ausgerech- et den Ministern und Ministerinnen der letzten DDR- egierung? Doch wohl kaum weil Günter Krause, nach- em er Minister der Bundesregierung wurde, wegen Un- reue, Betrug und Steuerhinterziehung zurücktreten usste? So viel Arroganz steht uns Westlern, zu denen ch mich ja zählen darf, nicht an. Oder meinen wir, dies- ezüglich eine blütenweiße Weste vorweisen zu können? ollen wir etwa vergessen, dass es ein Mann wie Hans lobke, immerhin Kommentator der Nürnberger Rasse- esetze, bis in Adenauers Kanzleramt geschafft hat? Und as ist nur ein Beispiel für eine alles andere als ge- lückte Aufarbeitung einer Vergangenheit, in der gegen 18432 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 (A) ) (B) ) Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit in einem bis dahin unvorstellbaren Ausmaß verstoßen wurde. Auch hier hat den Verfassern des Textes offen- sichtlich jedes Fingerspitzengefühl gefehlt. In der Kon- sequenz bleibt mir daher nur die abschließende Feststel- lung: Die Fraktion die Linke lehnt den vorliegenden Gesetzentwurf ab. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Große Koalition hat über ein Jahr gebraucht, das immer wieder öffentlich angekündigte Ministerge- setz auch tatsächlich vorzulegen. Erst durch unseren An- trag, einen Bericht über den Stand der Beratungen nach § 62 Abs. 2 zum Bundesministergesetz im Plenum auf- zusetzen, haben Sie das vergessene Gesetz aus den Schub- laden geholt. Nach Ihrem peinlichen Versuch, die Abge- ordnetendiäten im Doppelpack zu erhöhen, erklärte die Bundeskanzlerin, dass auch die Regierungsmitglieder keine Übertragung des Tarifabschlusses auf ihre Minis- ter- und Staatssekretärsbezüge wollen. Der Verzicht auf Gehaltserhöhung war angesichts der berechtigten öffent- lichen Empörung unumgänglich. Sie haben mit dem jetzt zur Abstimmung stehenden Dritten Gesetz zur Änderung des Bundesministergeset- zes einige Punkte aufgegriffen, die wir Grünen immer wieder gefordert, aber bislang – auch nicht unter Rot- Grün – durchsetzen konnten. Die Volksparteien waren sich in den vergangenen Jahren in einem Punkt immer einig: An den eigenen Privilegien wird nicht gerüttelt. Die Minister- und Staatssekretäre blieben verschont von den Reformen und Nullrunden, die es im Bereich der Abgeordneten durchaus immer wieder gab. Die nachfolgenden von Ihnen vorgeschlagenen Ände- rungen begrüßen wir durchaus und wir tragen sie mit: Die Kürzung der Bezugsdauer des Übergangsgeldes von bislang maximal drei Jahren auf zwei Jahre. Die Anhe- bung der Altersgrenze für den Bezugsbeginn des Ruhe- gehalts. Die Heraufsetzung der Mindestamtszeit für den Bezug von Ruhegehalt von bislang zwei Jahren auf vier Jahre. Wir sind einverstanden mit der Entscheidung, dass die Mitglieder des letzten Ministerrats der ehemaligen DDR, die aufgrund der ersten und gleichzeitig letzten freien Wahlen in der ehemaligen Deutschen Demokrati- schen Republik in ihr Amt kamen, eine „Ehrenpension“ erhalten. Wir haben allerdings kein Verständnis dafür, dass die Regierungsfraktionen nicht an die Regelungen zur Al- tersversorgung der Regierungsmitglieder insgesamt he- rangehen. Nach wie vor besteht eine Doppelversorgung dort, wo ein Ruhegehalt als Kabinettsmitglied und eine Altersentschädigung als Abgeordneter bezogen wird. Im Zusammenhang mit dem Ministergesetz hätten Sie die überfällige Reform des § 29 Abs. 4 des Abgeordnetenge- setzes in Angriff nehmen müssen. Es bleibt dabei, dass Regierungsmitglieder zeitgleich Versorgungsansprüche als Bundestagsabgeordnete und als Regierungsmitglieder erwerben. Es ist gerade diese Kumulierung von Versor- gungsansprüchen, die der Öffentlichkeit nicht zu vermit- teln ist. Niemand kann gleichzeitig Vollzeit Abgeordne- t g t d w A l t m F Z 2 s d k P r n d R d S r l H s d M s s d t t W u D b n w d s w n m d l n r (C (D er und Vollzeit Regierungsmitglied sein. Die derzeit ültigen Anrechnungen sind viel zu niedrig. Wir werden uns enthalten, weil Sie zwar einiges rich- ig machen, aber insgesamt nicht den Mut haben, die oppelte Altersversorgung von Regierungsmitgliedern irklich zu reformieren. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Mehr deutsche und internationale Unterstützung für den Wieder- aufbauprozess im Irak (Tagesordnungspunkt 15) Niels Annen (SPD) Der uns hier zur Beratung vor- iegende FDP-Antrag analysiert eingangs durchaus rich- ig, dass die Lage im Irak auch fünf Jahre nach dem Ein- arsch der sogenannten Koalitionstruppen unter der ührung der USA weiterhin hochgradig instabil ist. Die ahl der Terrorangriffe ist von monatlich 1 200 auf etwa 00 gesunken. Der britische Economist titelte deshalb ogar, der Irak „repariere sich selbst“. Die Frage ist je- och, wie dauerhaft dieser Erfolg ist. Denn die Situation ann jederzeit kippen. Selbst die US-Streitkräfte und das entagon zweifeln an der Nachhaltigkeit des bisher Er- eichten. Der US-Kongress forderte daher jüngst „eine eue Strategie“. Dies sollte uns aufhorchen lassen. Denn die Konzepte, ie in Washington spätestens seit Ende 2001 für einen egimewechsel im Irak entwickelt worden waren, haben ie momentane Lage dort mitzuverantworten. Verstehen ie mich nicht falsch: Ich rede die Verbrechen der Regie- ung Saddam Husseins damit alles andere als klein. Al- ein bei dem Giftgasangriff auf die nordirakische Stadt alabja kamen 1988 etwa 5 000 überwiegend kurdisch- tämmige Menschen ums Leben. Auch die Verfolgung er politischen Opposition unter Saddam und massive enschenrechtsverletzungen sind uns noch allzu prä- ent. Die dafür Verantwortlichen sollten daher mit rechts- taatlichen Mitteln zur Rechenschaft gezogen werden. Doch führt kaum ein Weg an der Erkenntnis vorbei, ass die US-Regierung vor der militärischen Interven- ion im Irak wichtige Hinweise und Warnungen vonsei- en ihrer eigenen Nahost- und Militärexperten in den ind geschlagen hat. Sie haben nicht nur die ethnischen nd religiösen Spannungen im Land falsch eingeschätzt. ie USA haben auch die Bedeutung des Irak für die Sta- ilität in der Region unterschätzt. Der Iran würde heute icht mit derartigem Selbstbewusstsein agieren können, enn nicht der Irak als sein größter Widersacher am Bo- en läge. Viele Nachbarstaaten in der Golfregion zeigen ich darüber mit Recht ausgesprochen besorgt. Ihre Ant- ort darauf liegt zum einen in eigenen Aufrüstungsplä- en. Zum anderen bemühen sich die Golfstaaten zuneh- end um eine Integration des Iran. Dies drückte auch ie Einladung des Golfkooperationsrates an den Iran an- ässlich seines letzten Gipfeltreffens aus. Die USA kön- en aber weder an einer regionalen Aufrüstung ein Inte- esse haben noch heißen sie die Einbindung des Iran in Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18433 (A) ) (B) ) politische Gespräche am Golf gut. Ja, wie hätten sie es denn dann gern? Wie es also um die Konzepte und Stra- tegien der scheidenden US-Administration in Bezug auf den Irak und auf die weitere Region steht, erfüllt mich angesichts dessen doch mit Sorge und Zweifel. Apropos Konzepte: Die oberste Forderung der FDP in ihrem Antrag ist ja die Entwicklung eines „Konzepts, das definiert, welchen Beitrag Deutschland für den Wi- deraufbau des Iraks leisten kann“. Meine Damen und Herren Kollegen von der FDP, wenn Sie sich bei der Vorbereitung Ihres Antrags mit den zuständigen Ministerien und allen voran dem Aus- wärtigen Amt und dem BMZ in Verbindung gesetzt hät- ten, dann wäre Ihrem Antrag vielleicht der Boden entzo- gen worden. Es grenzt ja schon beinahe an ein Ärgernis, dass Sie der Bundesregierung unterstellen, dass keine Konzepte für eine derartig wichtige Region entwickelt würden. Wie ich ja eingangs dargelegt habe, waren es gerade die Strategien und Konzepte der rot-grünen Bun- desregierung, auf deren Grundlage wir eine militärische Intervention abgelehnt haben. Diese Konzepte wurden selbstverständlich weiterent- wickelt und angepasst. Aber ich vermute, dass Ihnen das ohnehin bekannt ist, sodass ich diesen Teil Ihrer Forde- rung als rhetorische Stilblüte betrachten werde. Umso problematischer finde ich jedoch, dass Sie so tun, als wäre die Bundesregierung nicht bereits umfas- send am Wiederaufbau des Irak beteiligt, und das auch in den meisten der Bereiche, die Sie in Ihrem Antrag expli- zit ansprechen. Eine solche Verdrehung der Tatsachen kann doch aber weder in Ihrem noch in unserem Inte- resse liegen. Warum sollten wir unseren westlichen Part- nern und den Irakern vermitteln wollen, wir täten weni- ger als wir tun? Lassen Sie mich daher im Folgenden ein paar Bei- spiele für unseren Beitrag zum Wiederaufbau des Irak in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht nennen. So leis- tet das Auswärtige Amt direkt und über die politischen Stiftungen einen umfangreichen Beitrag zum Aufbau der demokratischen Institutionen des Irak. Vieles davon muss leider in den Nachbarländern stattfinden, sodass es manchmal weniger sichtbar ist, als man sich vielleicht wünschen würde. Aber allein die Friedrich-Ebert-Stif- tung hat innerhalb von sechs Wochen zu Beginn dieses Jahres 10 000 Wahlbeobachter ausgebildet. Diese sollen ab dem Sommer – ebenfalls mit deutschen Mitteln finan- ziert – eingesetzt werden, um den gesamten Prozess hin zu Regionalwahlen im Herbst zu beobachten. Und – wenn ich meine Kolleginnen und Kollegen von der FDP darüber informieren darf – auch die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung hat sich in den letzten Jah- ren umfassend im und für den Irak engagiert. Denn sie hat das irakische Parlament im Prozess der Verfassungsge- bung unterstützt. Parallel dazu hat übrigens die Ebert- Stiftung die zivilgesellschaftliche Beteiligung an diesem Prozess sichergestellt. Als Fortführung dieses Prozesses wird die Ebert-Stiftung in Zukunft den Irakern beratend bei der Erarbeitung der Ausführungsgesetze zur iraki- schen Verfassung zur Seite stehen. Denn ohne diese Aus- f n t I r W i s B m s l d S d S h u h w S C R l w s z d w h s W n d d D u i s s p z L I f t D I s d J s b (C (D ührungsgesetze ist ein zentraler Teil der Verfassung – ich enne hier nur die Medien und den Ölsektor – im wahrs- en Sinne des Wortes auf Sand gebaut. Die Naumann-Stiftung hat – auch dies noch zu Ihrer nformation – sich außerdem kürzlich auf einer Konfe- enz mit der sehr komplexen Kirkuk-Frage beschäftigt. elche Bedeutung auch die Bundesregierung dem Nord- rak zumisst, zeigt die geplante Eröffnung eines deut- chen Generalkonsulats in Erbil. Auch im Bereich der Flüchtlingsproblematik ist die undesregierung ausgesprochen aktiv gewesen. Bundes- inisterin Wieczorek-Zeul hat sich dafür eingesetzt, chnelle Hilfe für die irakischen Flüchtlinge in Syrien zu iefern. Darüber hinaus hat sie hohe Summen in den Wi- eraufbaufonds für den Irak eingezahlt. Damit soll das chicksal der Binnenflüchtlinge im Irak gelindert wer- en. Das BMZ hat darüber hinaus Studien finanziert, wie yrien und Jordanien mit dem Flüchtlingsstrom umge- en können und wie sie bei dieser schweren Aufgabe zu nterstützen sind. Als wenig zielführend fand ich in diesem Zusammen- ang allerdings – und auch dies muss an dieser Stelle er- ähnt sein – den Vorstoß von Bundesinnenminister chäuble und einigen Koalitionskollegen, irakische hristen privilegiert in Deutschland aufzunehmen. Mit echt haben Nichtregierungsorganisationen und Flücht- ingshilfswerke dagegen protestiert. Ich möchte betonen, dass ich die innerreligiöse Ge- alt im Irak aufs Schärfste verurteile. Es tut mir weh zu ehen, wie die religiöse und kulturelle Vielfalt im Irak ugrunde gerichtet wird. Es ist eine traurige Wahrheit, ass es heute im Irak auch deshalb ruhiger geworden ist, eil die religiös-ethnischen Säuberungen wohl weitge- end abgeschlossen sind. Viele Stadtteile sind inzwi- chen rein sunnitisch oder schiitisch. Gemischtreligiöse ohnviertel gibt es kaum noch. Und die Minderheit der ichtmuslimischen Bevölkerung gerät hierbei zwischen ie Fronten. Doch müssen wir uns davor hüten, unter en Flüchtlingen positiv oder negativ zu diskriminieren. as Schicksal eines Flüchtlings ist grausam. Lassen Sie ns deshalb auf die Ursachen dafür konzentrieren. Das ntellektuelle und kulturelle Ausbluten des Irak muss ge- toppt werden. Dazu gehört auch, dass wir uns dafür ein- etzen, dass irakische Flüchtlinge zum geeigneten Zeit- unkt wieder in einen friedlicheren und stabileren Irak urückkehren können. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, meine iste mit deutschen Initiativen zum Wiederaufbau des rak ist damit jedoch noch lange nicht zu Ende! Die FDP ordert auch einen umfangreicheren Studierendenaus- ausch. Nach meinen Informationen werden derzeit vom AAD jährlich 100 Postgraduiertenstipendien für den rak finanziert. Dies ist im Vergleich mit anderen arabi- chen Ländern nicht nur eine hohe Anzahl von Stipen- ien, sondern entspricht auch in etwa der Nachfrage. Sicherheitstrainings in Deutschland für irakische ournalisten finde ich jedoch – mit Verlaub – keine be- onders sinnvolle Idee. Experten aus diesem Bereich ha- en mich darin bestätigt. Zum einen gibt es bereits zahl- 18434 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 (A) ) (B) ) reiche solcher Trainings, die von einschlägigen NGOs wie „Reporter ohne Grenzen“ durchgeführt werden. Zum anderen – und dies wiegt schwerer – verfügen Ak- teure, die selbst militärisch im Irak engagiert sind, über wesentlich mehr Wissen über die konkreten Sicherheits- bedingungen als deutsche Institutionen. Ihnen sollten da- her auch die Trainings überlassen werden. Dies bedeutet aber mitnichten, dass ich die Unterstüt- zung irakischer Journalisten nicht für einen ganz wichti- gen Punkt halte. Nur auch hier ist festzustellen, dass die Bundesregierung und deutsche Stiftungen schon seit Jahren aktiv sind. So hat Deutschland einen zentralen Anteil daran, dass die Internetseite www.niqash.org zu der zentralen Informationsbörse von Journalisten über die Lage im Irak geworden ist. Sogar die UNO nutzt die- ses Onlineradio, um sich zu informieren. Durch die deut- sche Initiative in diesem Bereich konnten irakische Jour- nalisten aus verschiedenen Landesteilen wieder miteinander in Verbindung treten und so ihr Wissen tei- len. Grundsätzlich aber ist Deutschland durchaus im Be- reich der Sicherheitstrainings weiterhin aktiv und inves- tiert unter anderem in die Ausbildung von Bombenent- schärfern. Die von der FDP geforderte Unterstützung der NATO-Trainingsmission im Irak sollten wir aber viel- leicht doch lieber denjenigen NATO-Mitgliedern über- lassen, die auch tatsächlich im Irak militärisch aktiv sind. Wir sollten uns lieber weiterhin auf die zivilen Berei- che konzentrieren. Ich möchte an dieser Stelle auf die 400 Richter, Staatsanwälte und Polizisten hinweisen, die jährlich vom BKA im Rahmen der EU-Rechtsstaatsiniti- ative in Deutschland ausgebildet werden. Eine Auswei- tung dieses Projekts unter anderem auf Gefängnisperso- nal, die derzeit in der EU diskutiert wird, unterstütze ich ausdrücklich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, Sie stim- men mir zu, dass diese Auswahl von Projekten bereits eine mehr als beeindruckende Liste darstellt. Sie de- monstriert, welche Bedeutung die Bundesrepublik dem Irak zumisst. Mehr ist ohne deutsches Personal – jenseits der Botschaft – auch kaum leistbar. Ich mache hier die FDP noch einmal auf die Reisewarnungen des Auswärti- gen Amtes aufmerksam. Denn derzeit wird von solchen Reisen – mit Ausnahme des kurdischen Autonomiege- biets im Norden – massiv abgeraten. Projekte, die aus öf- fentlichen Geldern finanziert werden, untersagen sogar explizit den Einsatz von deutschem Personal. Solange aber deutsche Organisationen nicht mitsamt ihrer Mitarbeiter im Zentral- und Südirak arbeiten dür- fen, ist konkrete Projektarbeit innerhalb des Irak etwas erschwert. Dies gilt übrigens nicht nur für deutsche Insti- tutionen, sondern für viele der großen internationalen NGOs. Solange all diese Experten jedoch nicht im Irak arbeiten können, ist auch die Stärkung des Engagements eine nicht ganz einfach umzusetzende Forderung. Für Trainings und Austausch mit irakischen Politi- kern werden aber Nachbarländer und auch Deutschland bereits eifrig genutzt. Demnächst besucht uns die iraki- s d t e v g W d K w v i a l n a b d i g s a s e z V e D n n b i a a v v e l s A N (C (D che Ministerin für Menschenrechte, auch Ministerpräsi- ent Maliki wird Ende Juli wieder in Deutschland erwar- et. Der irakische Industrieminister hat sein Kommen benfalls angekündigt. Liebe Kolleginnen und Kollegen on der FDP, auch diese Anregung wäre also nicht nötig ewesen! Lassen Sie mich aber abschließend noch ein ernstes ort zum Nachbarstaatenprozess sagen. Die FDP for- ert, diesen Prozess konstruktiv zu unterstützen. Liebe olleginnen und Kollegen, ich muss nicht betonen, wie ichtig wir die regionale Komponente der Krisenprä- ention und Krisenbeilegung in der Region nehmen. Es st nicht zuletzt Bundesaußenminister Steinmeier, der uf einen Dialog mit dem Iran drängt. Und der die G-8- nitiative für die Einbindung Pakistans für weitere regio- ale Stabilität ergriffen hat. Deutschland hat deshalb uch die Finanzierung eines Sekretariats für den Nach- arschaftsprozess angeboten, in der Hoffnung, dass es en Prozess effizienter gestaltet und beschleunigt. Doch st dies nur möglich, wenn alle regionalen und überre- ionalen Kräfte das Interesse an einem solchen Prozes- es teilen. Dies ist momentan nicht gegeben und kann uch nicht von uns erzwungen werden. Wir können uns chon zufrieden zeigen, dass die Akteure bereit sind, an inem Tisch zu sitzen und über gemeinsame Interessen u diskutieren. Ich möchte daher gegen den implizierten orwurf protestieren, dass die Bundesrepublik sich hier iner konstruktiven Unterstützung verschließen würde. as Gegenteil ist der Fall! Ich will zum Ende kommen, denn das zweite Halbfi- ale steht kurz bevor, und es wird heute noch über Geg- er ganz anderer Art entschieden. Aber erkennen Sie itte an, dass Deutschlands Agieren gegenüber dem Irak n der Vergangenheit gut durchdacht war und hoffentlich uch in der Zukunft gut durchdacht bleibt. Deshalb sind llein für 2009 rund 20 Millionen Euro für Krisenprä- ention in Bezug auf den Irak vorgesehen! Die zentrale Bedeutung des Irak hat die Entscheidung on Bundeskanzler Schröder geleitet, als er sich gegen ine militärische Intervention im Irak aussprach, und sie eitet unser heutiges politisches, humanitäres und wirt- chaftliches Engagement in der Region. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Anträge: – Anerkennung und Wiedergutmachung der deuschen Kolonialverbrechen im ehemali- gen Deutsch-Südwestafrika – Angebot an die namibische Nationalver- sammlung für einen Parlamentarierdialog zur Versöhnungsfrage (Tagesordnungspunkt 17 und Zusatztagesord- nungspunkt 7) Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Der Völkermord an den Herero, Nama und ande- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18435 (A) ) (B) ) ren Volksgruppen Namibias ist eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Kolonialgeschichte, dessen Aufar- beitungszeit mehr als 100 Jahren überfällig ist. Der systematische Vernichtungskrieg, der zwischen 1904 bis 1907 auf Befehl der deutschen Reichsregierung von der sogenannten deutschen Schutztruppe geführt wurde, kostete Zehntausende Herero, Nama und Ange- hörige anderer Volksgruppen das Leben. Erstmals wur- den sogenannte Konzentrationslager eingerichtet, in de- nen viele Menschen zu Tode gequält wurden. Viel zu lange hat es gedauert, bis sich die Bundesre- publik zur Verantwortung zu dem Völkermord deutscher Kolonialtruppen bekannt hat. Erst die rot-grüne Bundesregierung hat 2004, vertre- ten durch die damalige Entwicklungshilfeministerin, Frau Wieczorek-Zeul, offiziell um Vergebung gebeten. Auch ich möchte an dieser Stelle noch einmal aus- drücklich sagen: Wir Grüne bekennen uns zur deutschen Verantwortung für den Völkermord an Hereros, Namas und Angehörigen anderer Volksgruppen. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber betonen, dass eine nur symbolische Übernahme von Verantwor- tung ohne konkrete und vor allem der historischen Son- derbeziehung angemessene Versöhnungsschritte wenig wert ist. Ich frage deshalb die Bundesregierung heute: Was ist dieser Geste der Entwicklungsministerin im Jahr 2004 gefolgt? Wo sind ihre konkreten Schritte für eine ange- messene Aussöhnung zwischen Namibia und Deutsch- land? Bemühungen der namibischen Regierung, die bereits 2006 von der namibischen Nationalversammlung den Auftrag erhielt, mit der Bundesregierung in Verhandlun- gen über Entschädigungen zu treten, sind bislang weit- gehend ins Leere gelaufen. Zwar haben sie im November 2007 eine sogenannte Versöhnungsinitiative mit der namibischen Regierung verabschiedet. Doch umfasst diese Initiative bislang nur Zusagen über weitere Entwicklungsgelder in Höhe von 20 Millionen Euro für die Regionen, in denen die betrof- fenen Volksgruppen leben. Sie sagen damit vorweg ohne Dialog, was ihnen „die Versöhnung“ wert ist. Das stößt zurecht auf Widerspruch auf der namibischen Seite der Hereros und andere. Und das sieht fast so aus, als wollte die Bundesregierung sich von ihrer – wie Frau Wieczorek-Zeul es 2004 nannte – „historisch-politischen“ und „moralisch-ethischen“ Ver- antwortung freikaufen. Ich meine: Das ist eher ein unmoralisches und völlig unzureichendes Angebot für eine Aussöhnung. Notwendig ist endlich ein umfassender und ergebnis- offener Dialog zur gemeinsamen Aufarbeitung der Ver- gangenheit, aus dem dann gemeinsame Initiativen zur Versöhnung erwachsen können. Wir können doch nicht mit einer großen Rede Erwartungen auf der namibischen Seite schüren und dann 20 Millionen Euro anbieten. So ist keine Versöhnung möglich. So verstärken wir nur die E h g r u D z u V s g s s w s s B v P r d d – u b m f f a w d m G A a L R A t l f s (C (D nttäuschung und überbrücken gerade nicht die beste- enden Gräben. Im Gegenteil: Wir laufen Gefahr, sie so- ar noch zu vertiefen. Nicht dass sie mich falsch verstehen: Es geht mir ge- ade nicht um Geld – oder um mehr Geld. Es geht uns in nserem Antrag darum: Endlich einen breit angelegten ialog auf Ebene des Parlamentes – nicht der Regierung – u beginnen. Einen Dialog, der erst mal ergebnisoffen ist nd der versucht, viele Ebenen der gesellschaftlichen ersöhnung einzubeziehen. Bei dem es aber eben nicht ofort und unmittelbar um materielle Wiedergutmachung ehen soll, wie sie es vorschlagen. Auch ihr Antrag widerspricht einer wirklich partner- chaftlich entwickelten Agenda, weil er schon jetzt ein- eitig konkrete Vorgaben nennt – sich festlegt auf das, as vor allem eine Seite, nämlich Chief Riruako und eine Anhänger wollen. Wir greifen mit unserem Antrag die Initiative des Prä- identen der namibischen Nationalversammlung, Theo- en-Gurirab, auf und wollen der namibischen National- ersammlung einen unfassenden deutsch-namibischen arlamentarier-Dialog anbieten, auf unserer Seite hoch- angig geführt durch das Präsidium des Deutschen Bun- estages. Deshalb hätte ich mir auch sehr gewünscht, dass wir iesen Antrag hier interfraktionell verabschiedet hätten Leider waren sie dazu nicht bereit. Sie – meine Damen nd Herren – von der Koalition nicht, weil sie Angst ha- en, es könnten mehr als 20 Millionen dabei herauskom- en. Und sie von der Linken, weil sie sich schon jetzt estgelegt haben, dass es mehr sein muss. Auch wenn ich esthalten will, dass sie immerhin über ihren Antrag hin- us zu solch einem Dialog bereit gewesen wären. Ich finde das alles beschämend. Die namibische Seite artet auf einen ehrlichen und ernstgemeinten Dialog, er nicht nur die Chance bietet, den begangenen Völker- ord in das geschichtliches Bewusstsein der deutschen esellschaft zu bringen, sondern vielleicht auch zur ussöhnung zwischen den verschiedenen Volksgruppen uf der namibischen Seite beitragen kann. Noch ist es für einen solchen Dialog nicht zu spät. assen sie uns auf diesem Wege unserer Verantwortung echnung tragen. nlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Sorgerechtsregelung für Nichtverheiratete reformieren (Tagesord- nungspunkt 19) Ute Granold (CDU/CSU): Wir beraten heute in ers- er Lesung den Antrag der Grünen, der sich mit der elter- ichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern be- asst. Lassen Sie mich zunächst die heutige Rechtslage kizzieren: 18436 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 (A) ) (B) ) Bis zur Kindschaftsrechtsreform 1998 stand dem Va- ter nur dann das gemeinsame Sorgerecht zu, wenn er zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet war oder beide nach der Geburt heirateten. Mit dem Inkraft- treten der Kindschaftsrechtsreform wurden die bis dahin geltenden Unterschiede zwischen ehelichen und nicht- ehelichen Kindern weitestgehend aufgehoben. Dies hatte zur Folge, dass sich auch im Bereich der elterlichen Sorge deutliche Verbesserungen ergaben. Nicht mitei- nander verheiratete Eltern haben seitdem die Möglich- keit, die gemeinsame elterliche Sorge auszuüben, wenn sie übereinstimmende Sorgeerklärungen abgeben. Lehnt die Mutter die gemeinsame Sorge allerdings ab, hat sie weiterhin die Alleinsorge. Der Gesetzgeber hatte damals bewusst die gemein- same elterliche Sorge von der Zustimmung der Mutter abhängig gemacht, da er die Lebenssituationen, in die nichteheliche Kinder hineingeboren werden, als weniger stabil eingeschätzt hat als die ehelicher Kinder. Wir kön- nen nicht in jedem Fall davon ausgehen, dass die Eltern bereit und in der Lage sind, zum Wohl des Kindes zu ko- operieren. Die gemeinsame Sorge wird daher davon ab- hängig gemacht, dass die Eltern ihre Übereinstimmung und Kooperationsbereitschaft durch die Abgabe von Sorgeerklärungen dokumentieren. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil vom 29. Januar 2003 dem Gesetzgeber aufgegeben, bis Ende 2003 eine Übergangsregelung für Eltern zu schaf- fen, die mit ihrem nichtehelichen Kind zusammengelebt, sich aber noch vor Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsre- formgesetzes getrennt hatten. Der Gesetzgeber hat da- raufhin die vom Bundesverfassungsgericht monierte Ge- setzeslücke durch eine Übergangsregelung geschlossen. Nichtsorgeberechtigte Väter, die sich vor dem 1. Juli 1998 getrennt und mit ihren Kindern ein Familienleben im Sinne einer tatsächlichen gemeinsamen elterlichen Sorge geführt haben, ohne jedoch Letztere wegen der damals geltenden Gesetzeslage durch Sorgeerklärungen rechtlich absichern zu können, konnten in der Folge die Sorgeerklärung der verweigernden Mutter beim Fami- liengericht ersetzen lassen, wenn dies dem Kindeswohl diente. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht die geltende gesetzliche Regelung zum Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern für verfassungskonform erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ange- führt, dass die gesetzgeberischen Annahmen mangels empirischer Daten im Zeitpunkt des Urteils nicht in Zweifel gezogen werden könnten. Das Bundesverfas- sungsgericht hat in seiner Entscheidung jedoch zugleich festgestellt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, die tat- sächliche Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob die gesetzlichen Annahmen auch vor der Wirklichkeit Bestand haben. Das geltende Recht geht davon aus, dass sich eine Mutter nur ausnahmsweise dem Wunsch des Vaters nach einer gemeinsamen Sorge verweigert, das heißt wenn sie dafür schwerwiegende Gründe hat und das Wohl ihres Kindes schützen will. In diesem Sinne hat auch die 75. Justizministerkonferenz im Juni 2004 das Bundes- j k c n d r f m d d B s m i w i e s p b h w a l s s d g M g 2 b S r d F v K l g G g s d k m d k d D v c S Z t b (C (D ustizministerium aufgefordert, zu prüfen, ob es nach In- rafttreten des Gesetzes zur Umsetzung familienrechtli- her Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts otwendig sei, für nicht miteinander verheiratete Eltern, ie sich nach dem 1. Juli 1998 getrennt haben, ein ge- ichtlich begründetes gemeinsames Sorgerecht zu schaf- en, wenn sie längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft it dem Kind gelebt haben und dies dem Kindeswohl ient. Die gesellschaftliche Realität von Familie hat sich in en vergangenen Jahren, vor allem im großstädtischen ereich, durchaus weiter verändert. Neben der „klassi- chen“ Familienstruktur haben sich zunehmend neue Fa- ilienformen herausgebildet. Immer mehr Kinder leben n nichtehelichen Lebensgemeinschaften. In Deutschland ird heute ein Drittel aller Kinder nichtehelich geboren, n den neuen Bundesländern und vielen Großstädten sind s sogar mehr als die Hälfte. Vor dem Hintergrund der ge- ellschaftlichen Veränderungen ergeben sich neue rechts- olitische Herausforderungen. Aus Sicht der Union muss ei allen Fragen stets das Kindeswohl an erster Stelle ste- en. Dieses stellt den entscheidenden Maßstab für et- aige gesetzgeberische Initiativen dar. Auch mit Blick uf das elterliche Sorgerecht stellen sich daher die zentra- en Fragen: Worin besteht das Kindeswohl, und was ent- pricht ihm? Das Grundgesetz enthält hierzu eine wichtige Wertent- cheidung: Mit dem Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG hat er Verfassungsgeber zum Ausdruck gebracht, dass es rundsätzlich im Interesse des Kindes ist, mit Vater und utter aufzuwachsen. Dies hat das Bundesverfassungs- ericht mit seiner jüngsten Entscheidung vom 1. April 008 zur Durchsetzung des Umgangsrechts noch einmal estätigt. Darüber hinaus benötigt das Kind jedoch auch tabilität und Kontinuität. Vater und Mutter müssen be- eit und auch dazu in der Lage sein, zum Wohle des Kin- es zusammenzuwirken. Andernfalls, das heißt in den ällen, in denen die Eltern nicht zusammen-, sondern ielmehr gegeneinander wirken, ist es in der Regel für das ind besser, dass das Sorgerecht alleine bei der Mutter iegt. Von einer solchen, auf Vertrauen und Kooperation an- elegten Beziehung zwischen Vater und Mutter geht das esetz grundsätzlich nur bei der Ehe aus; denn hier zei- en Eltern, dass sie auf Dauer zusammenleben, gemein- am Kinder erziehen und in jeder Lebenslage füreinan- er einstehen wollen. Bei nichtehelichen Beziehungen ann danach hingegen nicht von vornherein angenom- en werden, dass die Eltemteile dauerhaft bereit und in er Lage sind, zum Wohle des Kindes zusammenzuwir- en. Dies gilt erst recht für solche Lebenssituationen, in enen Vater und Mutter nicht einmal zusammenleben. ie gemeinsame Sorge wird daher in diesen Fällen da- on abhängig gemacht, dass die Eltern ihre entspre- hende Kooperationsbereitschaft durch die Abgabe von orgeerklärungen dokumentieren. Mit der Herausbildung neuer Formen des familiären usammenlebens hat sich gleichzeitig die Rolle der Vä- er ganz erheblich verändert. Entgegen eines lange ver- reiteten Vorurteils wollen auch nichteheliche Väter Ver- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18437 (A) ) (B) ) antwortung für ihre Kinder übernehmen und sich an der Erziehung ihres Kindes engagiert beteiligen. Insofern stimme ich dem Antrag der Grünen grundsätzlich zu: Auch diese Väter haben ein natürliches Elternrecht, das ihnen nur bei schwerwiegenden Einwänden und aus Gründen des Kindeswohls verweigert werden sollte. Der heute zur Beratung stehende Antrag schlägt deshalb vor, dass die gemeinsame Sorge bei nicht miteinander verhei- rateten Eltern künftig unter bestimmten Bedingungen auch durch gerichtliche Entscheidung begründet werden kann. Dies ist aus unserer Sicht ein moderater Vorschlag, der durchaus diskussionswürdig ist. Allerdings ist zu be- rücksichtigen, dass es sich hier um eine gravierende Neuregelung handeln würde. Deshalb darf eine solche erst und nur aufgrund einer umfangreichen Datenbasis erfolgen. Leider wissen wir derzeit immer noch zu wenig über die Lebenssituation der betroffenen Väter, Mütter und Kinder. Daran hat auch eine Umfrage des Bundesjustiz- ministeriums bei Rechtsanwälten und Jugendämtern im Herbst 2006 nichts geändert. Statistisch belegt ist ledig- lich seit 2004, dass etwa 45 Prozent aller nicht miteinan- der verheirateten Paare gemeinsame Sorgeerklärungen abgegeben haben. Die Gründe, warum 55 Prozent dies nicht getan haben, waren hingegen vielfältig. Im Übri- gen handelte es sich hierbei auch nicht um eine Untersu- chung, die wissenschaftlichen Anforderungen genügt. Deshalb plädiere ich dafür, jetzt keine vorschnelle Ent- scheidung zu treffen. Stattdessen wollen wir ergänzend zu den bisherigen Erhebungen eine wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag geben. Das Bundesministerium der Justiz erarbeitet bereits ein Forschungsdesign und wird auf dieser Grundlage tätig werden. Da uns als Union dieses Thema – vor allem auch im Interesse der Kinder – sehr wichtig ist, drängen wir da- rauf, dass dieser Auftrag zeitnah ausgeschrieben und vergeben wird. Ich bin zuversichtlich, dass wir in dieser Frage schon in Kürze Konkretes vorweisen können. Zu- mindest zum derzeitigen Zeitpunkt lehnen wir jedoch aus genannten Gründen eine Gesetzesänderung ab. Christine Lambrecht (SPD): In ihrem Antrag „Sor- gerechtsregelung für Nichtverheiratete reformieren“ for- dert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Bundesre- gierung dazu auf, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 1626 a BGB, der das Sorgerecht nicht verheirateter Eltern betrifft, vorzulegen. Seit der Kind- schaftsrechtsreform im Jahr 1998 sieht das Gesetz vor, dass nichtverheiratete Eltern das gemeinsame Sorgerecht nur dann erhalten können, wenn die Eltern erklären, dass sie entweder die Sorge gemeinsam übernehmen wollen oder einander heiraten. Ansonsten bleibt es aber immer bei der Regelung, dass die Mutter das Sorgerecht behält. Es betrifft die wesentlichen Entscheidungen im Leben des Kindes, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Vor- namensgebung, Festlegung der Religion, Einwilligung in die ärztliche Behandlung, Anmeldung zur Kinderta- gesstätte, Schule usw. Nur in den seltenen Fällen, dass der Mutter das Sorgerecht entzogen wurde oder sie aus praktischen oder rechtlichen Gründen selbst nicht in der L n n h s S c S M w n b d d d h v D n d m K z f h T D c U u d s w e i c g v V s g s U g U m S o m d e e h n d w (C (D age ist, die Sorge auszuüben, kann der Vater sein eige- es Sorgerecht erwirken. Gleichzeitig fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grü- en eine Öffnung der bisherigen Regelung dahin ge- end, dass ein Anspruch auf gerichtliche Einzelfallent- cheidung zum gemeinsamen Sorgerecht möglich wird. ie fordern eine neue Regelung, wonach eine gerichtli- he Einzelfallentscheidung zugunsten des gemeinsamen orgerechts auch gegen den ausdrücklichen Willen der utter möglich ist. Einigen sich also die Elternteile aus elchen Gründen auch immer nicht darauf, eine einver- ehmliche Sorgeerklärung abzugeben, bleibt es bislang eim alleinigen Sorgerecht für die Mutter. Dem lag bei er Reform 1998 die Annahme zugrunde, dass ein gegen en Willen der Mutter erzwungenes Sorgerecht nicht em Wohl des Kindes entsprechen kann. Diese Regelung at das Bundesverfassungsgericht auch in seinem Urteil om 29. Januar 2003 als verfassungskonform bestätigt. er Gesetzgeber kommt aber seiner Verantwortung ach, zu prüfen, ob es Gründe gibt, die für die Änderung er Regelung sprechen und in wie vielen Fällen ein ge- einsames Sorgerecht der unverheirateten Eltern dem indeswohl entspricht. Die Gründe, aus denen es nicht u einem gemeinsamen Sorgerecht kommt, mögen viel- ältig sein, sowohl bei Eltern, die niemals eine Bezie- ung hatten, als auch bei solchen, die zusammenleben. atsächlich kann man sagen, dass die Familienformen in eutschland vielfältiger werden, die Zahl der nichteheli- hen Lebensgemeinschaften mit Kindern steigt und die nterschiede in der Lebensweise zwischen verheirateten nd nichtverheirateten Paaren insgesamt geringer wer- en. Und in der Tat gibt es ein gewandeltes Selbstver- tändnis von Vätern, die sich zu ihrer Erziehungsverant- ortung bekennen, Umgangs- und Unterhaltspflichten rfüllen und bereit sind, alltägliche Verantwortung für hre Kinder zu übernehmen, also auch für die wesentli- hen Entscheidungen im Leben des Kindes, die das Sor- erecht betreffen. In seinem Urteil vom 29. Januar 2003 hat das Bundes- erfassungsgericht dem Gesetzgeber allerdings keine orgaben gemacht, wie er den Prüfauftrag erfüllt. Insbe- ondere hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetz- eber nicht aufgegeben, bereits im Jahr 2003 eine wissen- chaftliche Untersuchung in Auftrag zu geben. In seinen rteilsgründen hat es festgestellt, dass angesichts der neu eschaffenen Rechtsform zum damaligen Zeitpunkt des rteils noch keine tragfähigen empirischen Aussagen öglich waren; vergleiche BVerfGE 107, 150 ff., 179 f. o fehlten insbesondere gesicherte Erkenntnisse darüber, b es trotz der neu geschaffenen Möglichkeit gemeinsa- er Sorgetragung von Eltern eines nichtehelichen Kindes auerhaft eine beachtliche Zahl von Fällen gibt, in denen s bei Zusammenleben der Eltern mit dem Kind nicht zu iner gemeinsamen Sorge kommt, und welche Gründe ierfür maßgeblich sind. Die bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen ähern sich diesen beiden Fragen durch eine Befragung, ie mittels Fragebögen bei Jugendämtern durchgeführt urde; zum Beispiel Fink, „Die Verwirklichung des Kin- 18438 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 (A) ) (B) ) deswohls im Sorgerecht für nichtverheiratete Eltern“, Seite 136 ff. Hierdurch kann man sicherlich einen gewis- sen Einblick in die Häufigkeit dieser Fälle und die Motiv- lage der Mütter bekommen. Die Befragung im Rahmen dieser Untersuchungsmethode bezog sich nicht auf be- lastbare statistische Daten, sondern beruhte auf Eindrü- cken, Erinnerungen und Schätzungen dritter Personen. Es handelt sich nicht um eine ausreichend gesicherte empi- rische Untersuchung. Um belastbare Erkenntnisse zur wahren Motivlage der Mütter zu erhalten, müssten die be- troffenen Mütter und Väter vielmehr durch geschulte In- terviewer gezielt und direkt befragt werden. Aus diesem Grund beabsichtigt das Bundesministerium der Justiz, nunmehr eine entsprechende wissenschaftliche Untersu- chung in Auftrag zu geben. Bei der Klage des Vaters soll nach Meinung der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen die gerichtliche Prüfung für alle Fälle gelten, in denen der Vater seinen Anteil an el- terlicher Fürsorge erfüllt oder dies tun will, aber bislang nur daran gehindert wurde. Eine solche Klage des Vaters soll nach dem Antrag im Wesentlichen voraussetzen, dass der Vater seinen Anteil an elterlicher Fürsorge er- füllt, die Mutter sich jedoch aus kindeswohlfremden Gründen weigert, eine gemeinsame Sorgeerklärung ab- zugeben. Bevor es jedoch zu einer so weitreichenden, unter Umständen gegen die Interessen alleinerziehender Mütter gerichteten Regelung kommt, sollte auf jeden Fall zuerst die vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebene wissenschaftliche Untersuchung sorgfältig ausgewertet werden. Es muss selbstverständlich sein, zu- nächst mehr über die Motivlagen der Mütter zu erfahren, warum diese nicht mit einem gemeinsamen Sorgerecht einverstanden sind. Dies entspricht auch dem Kindes- wohl. Es ist davon auszugehen, dass die Mütter sich nicht ohne Grund weigern werden, eine gemeinsame Sorgeerklärung abzugeben. Nicht klar in dem Antrag ist, warum der Gesetzgeber diesen Müttern von vorneherein misstrauen sollte. Daher lehnen wir den Antrag ab. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): Unter dem Stichwort „Sorgerechtserklärung für Nicht- verheiratete reformieren“ verbirgt sich ein seit langem bekanntes und hoch sensibles Thema. Eine Behandlung dieses Themas um diese späte Uhrzeit wird der schwieri- gen Materie kaum gerecht. Mit dem Kindschaftsrechtsreformgesetz aus dem Jahr 1998 wurde unter anderem das Sorgerecht in Deutsch- land neu geregelt. Die Vorbereitungen dieses Gesetzent- wurfes habe ich als damalige Bundesjustizministerin in- tensiv und leidenschaftlich begleitet. Vor der Reform stand die elterliche Sorge bei einem nichtehelichen Kind allein der Mutter zu. Eine gemeinsame Sorgetragung für das nichteheliche Kind war gar nicht vorgesehen. Erst durch die Kindschaftsrechtsreform wurde die Eigenver- antwortung der nichtehelichen Lebenspartner gestärkt. Seit diesem Zeitpunkt haben nicht miteinander verheira- tete Eltern eines Kindes dann die gemeinsame elterliche Sorge, wenn die beiden Elternteile übereinstimmende Sorgeerklärungen abgegeben haben oder wenn sie einan- der heiraten. Fehlen solche übereinstimmenden Sorgeer- klärungen, hat die Mutter die alleinige elterliche Sorge. D t d v b g d h M v E f M d S i r a t d u S b g s E s d S w m v E M t f G w l k H s B S e R s P H K u s t r l s (C (D iese Neuregelung war damals ein wichtiger und bedeu- ender Schritt hin zur gemeinsamen Sorge, um dem Kin- eswohl gerecht zu werden. Der Gesetzgeber hat die gemeinsame Sorge bei un- erheirateten Elternteilen zum damaligen Zeitpunkt ganz ewusst von der Zustimmung beider Elternteile abhän- ig gemacht. In den meisten Fällen, in denen der Vater ie elterliche Sorge mitbeansprucht, zum Beispiel inner- alb nichtehelicher Lebensgemeinschaften, dürfte die utter auch mit der Abgabe einer Sorgeerklärung ein- erstanden sein. Daneben gibt es auch Fälle, in denen die ltern zusammenleben und der Vater die elterliche Sorge aktisch wahrnimmt, ohne die rechtliche Alleinsorge der utter zu beanstanden. Hinsichtlich dieser Fälle wirft ie aktuelle Rechtslage keine praktischen Probleme auf. chwierigkeiten bietet die aktuelle Rechtslage höchstens n Fällen, in denen der Vater ein gemeinsames Sorge- echt wünscht, die Mutter jedoch keine Sorgeerklärung bgibt. Nichteheliche Kinder werden aber nicht nur in intak- en nichtehelichen Lebensgemeinschaften geboren, son- ern sind eben oftmals auch das Ergebnis sporadischer nd instabiler Beziehungen. Eine gemeinsame elterliche orge setzt jedoch Übereinstimmung und Kooperations- ereitschaft der Eltern voraus. Das Bundesverfassungs- ericht hat insoweit bereits klargestellt, dass ein gemein- ames Sorgerecht eine „tragfähige soziale Beziehung der ltern zueinander“ und „ein Mindestmaß an Überein- timmung“ voraussetzt; BVerfG, NJW 1995, 2155. Sind iese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist ein gemeinsames orgerecht gerade vor dem Hintergrund des Kindes- ohls zumindest fraglich. Wenn eine Mutter eine ge- einsame Sorgeerklärung verweigert, ist zunächst da- on auszugehen, dass schwerwiegende Gründe für diese ntscheidung vorliegen und es kein Missbrauch der achtposition gegenüber dem Vater ist. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Ur- eil im Jahre 2003 – BVerfG, NJW 2003, 955 – diese ge- undene Regelung für verfassungskonform erklärt. Der esetzgeber sei jedoch verpflichtet, die tatsächliche Ent- icklung zu beobachten und zu prüfen, ob die der Rege- ung zugrunde liegenden Annahmen auch der Wirklich- eit entsprechen. Die Bundesregierung hat vor diesem intergrund eine Rechtsvergleichung der EU-Mitglied- taaten untereinander durchgeführt. Das Statistische undesamt erfasst seit 2004 die Zahl der gemeinsamen orgeerklärungen, und das Bundesjustizministerium hat ine nicht repräsentative Umfrage bei Jugendämtern und echtsanwälten durchgeführt. Alle diese Maßnahmen ind jedoch letztendlich nicht geeignet, abschließend den rüfauftrag des Bundesverfassungsgerichtes zu erfüllen. ier besteht noch dringender Nachholbedarf. Vor der lärung dieser Grundlagen wird es jedoch schwer zu be- rteilen sein, inwieweit überhaupt Reformbedarf besteht. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, tellt diese selbstständige Entscheidung der Mütter, ob ragfähige Gründe gegen die gemeinsame Sorgeerklä- ung sprechen, nun infrage. Dem Vater soll eine gericht- iche Einzelfallentscheidung zur Erlangung der gemein- amen Sorge gegen den Willen der Mutter eingeräumt Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18439 (A) ) (B) ) werden. An diesem Punkt stellen sich die Fragen: Inwie- weit wird die Sorgeerklärung tatsächlich als Machtposi- tion gegenüber dem Vater missbraucht? Was bringt eine gemeinsame Sorge, wenn keine Übereinstimmung und Kooperationsbereitschaft der Eltern besteht? Was bringt das gemeinsame Sorgerecht insbesondere dem betroffe- nen Kind? Ist dem Kindeswohl, das im Mittelpunkt der Überlegungen stehen muss, damit wirklich gedient? – Eine Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses, die zu diesem Antrag dringend geboten erscheint, wird sich mit diesen offenen Problemstellungen auseinander- setzen müssen. Auch die von dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht umfassten, aber in der Rechtswissenschaft diskutierten Modelle einer pauscha- len gesetzlichen Zuweisung der gemeinsamen Sorge an beide rechtlichen Elternteile oder die gemeinsame Sorge kraft Gesetzes bei zusammenlebenden Elternteilen ge- hört in diese Diskussion mit einbezogen, auch wenn die FDP-Fraktion sie nicht präferiert. Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Die Grünen fordern in ihrem Antrag die Einführung der Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Weigerung der Mutter, eine gemeinsame Sorgeerklärung mit dem Vater des Kindes abzugeben. Die gemeinsame elterliche Sorge bei unverheirateten Eltern wurde mit der Kindschaftsrechts- reform 1998 eingeführt. Sie kann durch gemeinsame Sorgeerklärung begründet werden. Wenn die unverheira- tete Mutter der gemeinsamen Sorgeerklärung nicht zu- stimmt, behält sie das alleinige Sorgerecht, § 1626 a BGB. In einer intakten Paarbeziehung bzw. Einvernehm- lichkeit der unverheirateten Eltern wird in der Regel die gemeinsame Sorge erklärt. Wir wissen doch viel zu we- nig über die Gründe, warum Eltern die gemeinsame Sorge nicht erklären. Zu diesem Ergebnis kam auch eine Umfrage des Bundesministeriums der Justiz unter 400 Jugendämtern und Rechtsanwälten. Zwar erklären über 50 Prozent der unverheirateten Eltern die gemein- same Sorge, aus dieser Zahl lässt sich aber nicht schlie- ßen, dass die übrigen Eltern wegen einer Weigerung der Mütter auf die Abgabe einer gemeinsamen Sorgeerklä- rung verzichten. Wir brauchen belastbare Ergebnisse, bevor gesetzliche Neuregelungen angestrebt werden. Natürlich ist der Wunsch, Kindern zu ermöglichen, Kontakt zu beiden Eltern zu haben und von beiden El- tern sowohl finanziell als auch tatsächlich versorgt und erzogen zu werden, ein frommer Wunsch. Gerade in den strittigen Fällen ist die Frage, wie weit der Gesetzgeber wirklich eingreifen kann. Nicht nur die Durchsetzung der gemeinsamen elterlichen Sorge stößt an ihre Gren- zen, sondern auch die Durchsetzung der tatsächlichen Übernahme von Verantwortung für ein Kind gegen den Willen eines Elternteiles. Darauf hat auch das Bundesverfassungsgericht vor kurzem hingewiesen, als es um die Pflicht eines Vaters zum Umgang mit seinem Kind ging. Ein erzwungener Umgang, dem ein Vater nur widerwillig nachkommt, kann für ein Kind traumatisierend sein, argumentierte das Gericht. Eine erzwungene gemeinsame Sorge kann e d ü c w P s 2 w s E m m K M g S o F w G k k V l i s d d E r V M t ü s z s E d (C (D ventuell ähnliche Wirkungen haben. Außerdem muss arüber diskutiert werden, ob der Vorschlag des Antrags berhaupt praktikabel ist. Eine Regelung über die elterli- he Sorge, die nicht im Einvernehmen der Eltern erreicht erden kann, entspricht nach den Erfahrungen in der raxis gerade nicht dem Kindeswohl. Auch Argumente des Bundesverfassungsgerichts prechen für diese Auffassung, Entscheidung vom 9. Januar 2003, ich zitiere: Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass eine gegen den Willen eines Elternteils erzwungene ge- meinsame Sorge regelmäßig mit mehr Nachteilen als Vorteilen für das Kind verbunden ist. Die ge- meinsame Sorge setzt im Interesse des Kindes ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den El- tern voraus. Dass hierdurch der Zugang des Vaters eines nichtehelichen Kindes zur elterlichen Sorge auch von der Bereitschaft der Mutter abhängt, mit ihm gemeinsam Sorge zu tragen, ist verfassungs- rechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Mutter kann ohne Bereitschaft des Vaters nicht mit ihm die Sorge für das Kind teilen. Beide Eltern erhalten da- mit gleichermaßen Zugang zur gemeinsamen Sorge nur, wenn sie dies übereinstimmend wollen. Hierin liegt allein keine unberechtigte Einschränkung des väterlichen Elternrechts. Durch die Einführung eines Überprüfungsverfahrens, ie es die Grünen vorschlagen, wird das Kindeswohl in- trumentalisiert und zum Spielball der Elterninteressen. in enttäuschter Vater, der sich vielleicht eine Beziehung it der Mutter gewünscht hat, bekommt so ein Druck- ittel über das Kind in die Hand. Oder gar wenn das ind aus einer Vergewaltigung entstanden ist; soll die utter wirklich befürchten müssen, dass der Vergewalti- er das Sorgerechtsüberprüfungsverfahren einleitet? ollen die Jugendämter und Familiengerichte abwägen, b die gemeinsame elterliche Sorge in einem solchen all dem Kindeswohl entspricht, wenn zum Beispiel Ge- alt gegen das Kind nicht zu erwarten ist? Welche ründe der Mutter, keine gemeinsame Sorge zu wollen, önnen überhaupt als Gründe des Kindeswohles aner- annt werden? Das alles muss diskutiert werden, der orschlag der Grünen kann auf keinen Fall der Weisheit etzter Schluss sein. Wenn das Kindeswohl prinzipiell über Erwachsenen- nteressen gestellt wird, kann es eben auch für Erwach- eneninteressen missbraucht werden. Eine Untersuchung es Bundesministeriums der Justiz führt als einen Grund er fehlenden gemeinsamen Sorgeerklärung an, dass die ltern über die rechtlichen Folgen sehr häufig nicht aus- eichend informiert seien. Hier muss angesetzt werden. or nicht allzu vielen Jahren standen Kinder lediger ütter noch unter Amtsvormundschaft des Jugendam- es, weil man ihnen nicht zutraute, eigenständig und berlegt im Sinne des Kindes zu entscheiden. Darüber ind wir inzwischen hinaus. Deshalb gilt es, Lösungen u finden, die Kindeswohl und Elterninteressen berück- ichtigen, umfassende Beratung und Unterstützung von ltern und geschultes Fachpersonal vor Ort anzubieten, ie bei Konflikten auch vermitteln und Lösungen aufzei- 18440 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 (A) ) (B) ) gen können. Und nicht gerichtlich erzwungenes Sorge- recht. Über weitere Schritte kann man nachdenken, wenn das Ergebnis der vom Justizministerium beabsich- tigten wissenschaftlichen Untersuchung vorliegt. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seit der Kindschaftsrechtsreform 1998, aber auch seit 2003, als das Bundesverfassungsgericht über den § 1626 a zu befinden hatte, haben sich unsere Gesellschaft und mit ihr auch die familiären Realitäten augenscheinlich ver- ändert. Zumindest eine politische Debatte über die Frage, ob die derzeitige Regelung zum gemeinsamen Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern noch zeitgemäß ist, wäre längst angebracht gewesen. Die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern ist binnen sieben Jahren von 550 000 auf 770 000 im Jahr 2005 angewachsen. Inzwischen werden gut 200 000 Kinder jährlich nichtehelich geboren. Das ist fast ein Drittel aller in einem Jahr geborenen Kinder! Auch wenn immer mehr Eltern nach der Geburt des Kin- des heiraten oder eine Sorgeerklärung abgeben, wächst von Jahr zu Jahr die Zahl der Kinder, für die nur die Mutter das Sorgerecht hat bzw. bei denen es zu keiner gemeinsamen Sorgeerklärung gekommen ist, aus wel- chen Gründen auch immer. Diese Entwicklungen ver- weisen allerdings auch auf eine Gerechtigkeitslücke. Es ist an der Zeit, sie zu schließen. Es zeichnet sich doch ab, dass eine wesentliche An- nahme des Bundesverfassungsgerichts in dieser Pau- schalität offensichtlich nicht Bestand haben kann: Wenn die Mutter die Abgabe der Sorgeerklärung verweigert, mag dies oftmals daran liegen, dass sie denkt, dass dies das Beste für das Kind ist. In vielen Fällen mag dies auch richtig sein. Aber eben nicht immer! Die Gründe, aus denen es nicht zu einer gemeinsamen Sorgeerklä- rung kommt, sind vielfältig. Wir können nicht davon ausgehen, dass das Kindeswohl bei der mütterlichen Entscheidung immer im Vordergrund steht. Zahlreiche Experten bestätigen, dass sich aus der Annahme, das Kindeswohl würde von den Müttern immer vorrangig berücksichtigt, kein gesetzlich vertretbarer Regelmecha- nismus ableiten lässt. Eine immer größer werdende Zahl an Vätern und Kindern ist betroffen von dieser Gerech- tigkeitslücke. Sie wird auch nicht beseitigt werden, so- lange wir als Gesetzgeber nicht handeln. Auch wenn es immer noch an einer umfassenden Da- tengrundlage mangelt, sprechen die meisten Gründe da- für, dass das gemeinsame elterliche Sorgerecht dem Kin- deswohl am ehesten entspricht. Auch deswegen haben wir die gemeinsame elterliche Verantwortung bei den Geschiedenen schon 1998 zum Regelfall erklärt. Es ist nicht angemessen, dass bei nichtverheirateten Eltern der Vater nicht einmal mehr eine Möglichkeit hat, das Veto der Mutter von einer neutralen Instanz überprüfen zu las- sen. Väter, die Verantwortung für ihr Kind übernehmen wollen und sich bisher engagiert an der Erziehung betei- ligt haben, dürfen nicht länger aufgrund einer pauscha- lierenden Regelung ausgegrenzt werden. In unserem Antrag fordern wir daher, dass die Fami- liengerichte unter speziellen Voraussetzungen über den k s r V m u ß r s R z s s g d s w k i B d r p t Z r n d s G r u d g n n d p s l s D P r t v k z h n d B r d m (C (D onkreten Einzelfall entscheiden sollen. Ziel muss es ein, eine neue Balance zwischen dem Wohl und Inte- esse des Kindes und beiden Eltern zu finden. Unser orschlag würde dem Recht des Kindes auf beide Eltern ehr Geltung verschaffen. Es würde die Rechtsschutz- nd damit die Gerechtigkeitslücke für die Väter schlie- en, und es würde dem Grundgedanken der UN-Kinder- echtskonvention gerecht. Eine moderne und zeitgemäße Familienpolitik kann ich dem Problem nicht verschließen, dass die derzeitige egelung in speziellen Fallkonstellationen die Ausgren- ung von verantwortungsbewussten Vätern fördert. Dies teht aktuellen Entwicklungen wie der wachsenden Inan- pruchnahme des Elterngeldes von Vätern diametral ent- egen. Die öffentliche Aufmerksamkeit und Sensibilität für ie Rahmenbedingungen, unter denen Kinder aufwach- en und unter denen Eltern ihrer Verantwortung gerecht erden, war selten so groß wie derzeit. Die Vereinbar- eit von Familie und Beruf ist als Schlüsselproblem dentifiziert worden. Das Elterngeld und der Ausbau der etreuungsangebote sind logische Konsequenzen. Mit er Reform des Unterhaltsrechts wurde das Familien- echt den aktuellen Gegebenheiten jüngst weiter ange- asst. Die Reform des Sorgerechts für die Nichtverheira- eten ist ein wesentlicher weiterer Schritt. Es ist an der eit, diesen Schritt zu gehen. Schon Anfang 2003 hat das Bundesverfassungsge- icht dem Gesetzgeber klar und unmissverständlich ei- en Auftrag erteilt. Es kam zu dem Ergebnis, dass die erzeitige Regelung zwar verfassungsgemäß ist, der Ge- etzgeber aber zu beobachten und zu prüfen hat, ob die ründe, die zu dieser Entscheidung geführt haben, den ealen Gegebenheiten auch weiterhin entsprechen. Für ns ist nicht erkennbar, dass die Bundesregierung bzw. ie Große Koalition ihre Hausaufgaben gemacht hat. Im Juni letzten Jahres haben wir die Bundesregierung efragt, was aus dem Prüfauftrag geworden ist. Sie kön- en dies unter der Drucksachennummer 16/5852 gerne achlesen. Die Antwort der Bundesregierung lautet auf en Punkt gebracht: Das Bundesministerium der Justiz rüft, ob und wie Väter, die mit der Mutter des gemein- amen Kindes nicht verheiratet sind, stärker an der elter- ichen Sorge beteiligt werden können. Bei dieser vielver- prechenden Antwort ist es dann aber auch geblieben. ie sichtbaren Aktivitäten, mit denen das BMJ dem rüfauftrag bisher nachgekommen ist, zeugen nicht ge- ade von einer engagierten und verantwortungsbewuss- en Wahrnehmung dieser Aufgabe. Auf die meisten der on uns gestellten Fragen konnte die Bundesregierung eine Antwort geben. Forschungsergebnisse: Fehlan- eige! Im April dieses Jahres hat der Europäische Gerichts- of für Menschenrechte eine Klage zum § 1626 a ange- ommen. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Bun- esregierung dort zu verteidigen gedenkt. Die grüne undestagsfraktion ist den Anliegen des Verfassungsge- ichts gerecht geworden. Mit unserem Antrag legen wir as vor, was sich als zwingende Konsequenz ergibt: eine oderate Öffnung der jetzigen Regelung für die Väter. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18441 (A) ) (B) ) Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz: Kin- der haben ein Recht auf beide Eltern – unabhängig da- von, ob ihre Eltern miteinander verheiratet sind oder nicht. Ich bin überzeugt davon, dass es für ein Kind am allerbesten ist, wenn beide Eltern präsent sind und wich- tige Angelegenheiten des Kindes gemeinsam entschei- den. Allerdings dürfen wir nicht die Augen davor ver- schließen, dass nicht alle Eltern in der Lage sind, in dem dafür notwendigen Umfang zu kooperieren. Mit der Kindschaftsrechtsreform von 1998 hat der Gesetzgeber nicht miteinander verheirateten Paaren erst- mals die Möglichkeit gegeben, die elterliche Sorge ge- meinsam auszuüben. Der Gesetzgeber hat damit aner- kannt, dass inzwischen viele Paare ohne Trauschein zusammenleben und sich gemeinsam um ihre Kinder kümmern. Allerdings musste der Gesetzgeber dabei auch eine Tatsache berücksichtigen, die ich für sehr wichtig halte: Viele der nichtverheirateten Paare leben nicht oder nicht auf Dauer in einer stabilen Beziehung, sondern auch in flüchtigen oder instabilen Beziehungen. Nach einer Studie zur Lebenslage nichtehelicher Kinder, die zur Vorbereitung der Kindschaftsrechtsreform in Auftrag gegeben worden war, führen nichtverheiratete Eltern zu Beginn der Schwangerschaft zu 81 Prozent eine Partnerschaft; ist das Kind sechs Jahre alt, so sind es noch 17 Prozent. Wir können daher nicht davon ausge- hen, dass nicht miteinander verheiratete Eltern in jedem Fall bereit und in der Lage sind, zum Wohl des Kindes zu kooperieren. Würden wir einen Elternteil zur gemein- samen Sorge zwingen, entstünde die Gefahr, dass für das Kind wichtige Entscheidungen durch Streitigkeiten der Eltern verzögert oder überhaupt nicht getroffen werden. Dies ginge zulasten des Kindes, dessen Schutz das Sor- gerecht als „Pflichtrecht“ der Eltern in erster Linie dient. Aus diesem Grund verlangt die gesetzliche Regelung, dass die Eltern übereinstimmende Sorgeerklärungen ab- geben und dadurch ihre Bereitschaft dokumentieren, in Angelegenheiten des Kindes zu kooperieren. Ich weiß, dass die bestehende gesetzliche Regelung vor allem vonseiten betroffener Väter vielfach kritisiert wird. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2003 den Zeitraum seit dem Inkrafttreten der Regelung noch für zu kurz gehalten, um das Regelungskonzept infrage zu stellen. Ich finde, das Bundesverfassungsgericht hat hier eine sehr überlegte Entscheidung getroffen, indem es die Regelung des § 1626 a BGB für verfassungskon- form erklärte und gleichzeitig den Gesetzgeber ver- pflichtet, die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und die gesetzlichen Annahmen zu überprüfen. Wir haben seit der Entscheidung des Bundesverfas- sungsgerichts verschiedene Maßnahmen ergriffen, um diesem Prüfauftrag nachzukommen, von denen ich Ih- nen folgende kurz vorstellen möchte: Durch eine Ände- rung des Achten Buchs Sozialgesetzbuch wird seit dem Jahr 2004 die Begründung der gemeinsamen Sorge durch Sorgeerklärung statistisch erfasst. Die erhobenen Statistiken zeigen, dass etwa 45 Prozent der nicht mit- einander verheirateten Eltern die gemeinsame Sorge durch Sorgeerklärungen begründen. Dies bedeutet, dass das Rechtsinstitut der Sorgeerklärung zu einem großen Teil gut angenommen wird. Andererseits geben immer- h k b f b d B R B z g d J s p w G d d s r A r i d a v l u d d I b k h S w D K l k g (C (D in mehr als die Hälfte der nichtverheirateten Eltern eine Sorgeerklärungen ab. Diese Zahlen sind aber nur edingt aussagekräftig. Wir kennen nicht die Gründe da- ür, warum viele Eltern keine Sorgeerklärungen abge- en. Einige dieser Eltern dürften geheiratet, andere wie- erum nie zusammengelebt haben. Um die Hintergründe näher zu beleuchten, hat das undesministerium der Justiz eine Praxisbefragung bei echtsanwälten und Jugendämtern durchgeführt. Diese efragung hat ein vielschichtiges Bild ergeben und ge- eigt, dass hierzu eine wissenschaftlichen Ansprüchen enügende empirische Untersuchung erforderlich ist. Ich enke, dass die Regelung des § 1626 a BGB nun – zehn ahre nach Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformge- etzes – hinreichend gesellschaftlich verankert und er- robt ist, um sie auf den Prüfstand einer umfassenden issenschaftlichen Untersuchung zu stellen. Auf der rundlage ihrer Ergebnisse kann dann entschieden wer- en, ob und gegebenenfalls wie Väter künftig stärker an er gemeinsamen Sorge beteiligt werden sollen. Vor Ab- chluss dieser Untersuchung sehe ich keinen gesetzgebe- ischen Handlungsbedarf. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Antrag: Menschenrechtslage in Tibet ver- bessern – Beschlussempfehlung und Bericht: Fest- nahme des chinesischen Dissidenten Hu Jia Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Januar 2008 zur Inhaftierung des chinesischen Bürgerrechtlers Hu Jia (Zusatztagesordnungspunkte 8 und 9) Michael Leutert (DIE LINKE): Die Menschen- echtslage in der Volksrepublik China im Allgemeinen, n Tibet im Besonderen, ist völlig zu Recht immer wie- er Thema in der politischen Öffentlichkeit und daher uch im Bundestag. In China finden Modernisierungen on Staat und Gesellschaft statt, die immer mehr deut- ich machen, dass menschenrechtliche Mindestnormen nzureichend erfüllt sind. Die Bindung staatlichen Han- elns an Menschenrechtsnormen ist eine notwendige Be- ingung für eine humane Praxis. Sicher, der Bundestag ist kein wissenschaftliches nstitut, in dem an der Erörterung einer sehr überschau- aren Themen- und Problempalette mit viel Zeit und Er- enntnisorientierung gearbeitet werden kann. Aber das eißt für uns nicht, dass wir uns unbeeindruckt von achkenntnis auf schwierige Probleme werfen dürfen, as ja auch Folgen haben soll für politisches Handeln. ie FDP erfüllt in ihrem hier vorliegenden Antrag die enntnisanforderungen nicht. Woher wissen Sie eigent- ich, dass das Vorgehen der chinesischen Sicherheits- räfte in Tibet nach dem Gewaltausbruch in Tibet unan- emessen war? Als es noch eine Presseöffentlichkeit 18442 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 (A) ) (B) ) gab, konnte man von deutschen Beobachtern wie Georg Blume hören, dass die Reaktionen auf die Gewaltausbrü- che eher zurückhaltend waren. Selbst die tibetische Exil- regierung hat ihre Angaben über die Anzahl der Todes- opfer ebenso massiv wie kleinlaut heruntergeschraubt. Ebenso abenteuerlich ist es, von Protesten und Demonst- rationen dort zu reden, wo es sich um xenophobe Gewalt- exzesse handelt. Wir sind alle hier im Plenum durch Herrn Staatsmi- nister Erler informiert worden. Erklären Sie mir doch bitte, was Xenophobie mit kulturellen und religiösen Rechten zu tun haben könnte! Nein, derartige Anträge muss meine Fraktion ablehnen. Nun liegt noch ein An- trag vor: ein Antrag zu einer „Entschließung des Euro- päischen Parlaments vom 17. Januar 2008 zur Inhaftie- rung des chinesischen Bürgerrechtlers Hu Jia“. Meine Fraktion wird sich enthalten. Zunächst: Wie so häufig ist unsere Fraktion nicht in die Erarbeitung einbezogen worden, alle anderen Fraktionen dieses Parlaments schon. Sie haben das nicht aus alter Ge- wohnheit heraus vergessen, sondern im Menschenrechts- ausschuss sogar ausdrücklich abgelehnt. Wenn der vorlie- gende Antrag richtig und sinnvoll sein sollte, kann er nicht plötzlich dadurch falsch oder sinnlos werden, wenn ein Antragsteller mehr dabei ist. Genau das behaupten Sie aber durch Ihr Verhalten. Das sollte eigentlich schon für eine Enthaltung reichen. Nun steckt da aber tatsächlich etwas, was meine Frak- tion so nicht teilen kann. Wenn Sie die Entschließung des Europäischen Parlaments genau lesen, so müsste Ih- nen eigentlich auffallen, dass neben einer Reihe richtiger Forderungen eine sehr problematische aufgestellt wird: Das Europäische Parlament fordert darin vom Rat, ge- eignete Schritte gegenüber der VR China zu unterneh- men, ohne auch nur ansatzweise zu konditionieren, was eigentlich „geeignet“ sein soll. Damit wird politische Legitimation überanstrengt. Sie mögen darin kein Pro- blem sehen, wir schon. Aus diesen Gründen ist es uns nicht möglich, die Entschließung des Europäischen Par- laments uneingeschränkt zu begrüßen, sondern wir wer- den uns enthalten. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Bekämpfung von Piraterie – Ursachen der Piraterie vor der somalischen Küste bearbeiten – Politische Konfliktlö- sungsschritte für Somalia vorantreiben (Tagesordnungspunkt 27 und Zusatztagesord- nungspunkt 11) Anke Eymer (Lübeck) (CDU/CSU): Die Nachrichten über Piraterie und Entführungen in den Gewässern um das Horn von Afrika sind bedrückend ernst und fordern uns zum schnellen Handeln auf. Nach dem Lübecker Frachter „Lehman Timber“ schockiert nun – wenn sich d f t e w s R v A r G g e g g d S d R d v g h h n V t u d k h r r k 1 a k d d b S i b m m k m r E s g m k g s h (C (D ie Angaben bestätigen; danach sieht es aus – die Ent- ührung und Verschleppung von deutschen Segeltouris- en. Dies sind nur zwei Fälle, die exemplarisch für einen rnormen Anstieg von Piraterie stehen. Dies gilt welt- eit, aber besonders in den Gewässern vor der somali- chen Küste. Im vergangenen Jahr meldeten deutsche eederein fast vier Dutzend Piraterievorfälle weltweit on insgesamt 263 gemeldeten Fällen. 80 Prozent der ngriffe finden in Küstennähe statt. In diesem Jahr wa- en es bereits 20 Angriffe vor den Küsten Somalias. Der olf von Aden, die Gewässer um das Horn von Afrika, ehören zu den meist befahrenen der Welt. Hier verläuft ine Hauptader des internationalen Seehandelsverkehrs. Deutschland als Exportnation Nummer eins, mit der rößten und modernsten Containerflotte und der dritt- rößten Handelsflotte weltweit, hat ein vitales Interesse, ass Piraterie bekämpft wird. Dies kann als Nothilfe auf ee auf der Grundlage des Seerechtsübereinkommens, as wir 1994 ratifiziert haben, bereits geschehen. Im ahmen der Antiterrormission Enduring Freedom ist die eutsche Marine im Bereich der Gewässer um das Horn on Afrika präsent. Zurzeit leistet die Besatzung der Fre- atte „Emden“ hervorragenden Dienst. Auch das muss ier einmal erwähnt werden. Die besondere Lage in den Gewässern vor Somalia at die internationale Staatengemeinschaft aber vor ein eues Problem gestellt. Somalia ist ein Land, dessen erantwortliche nicht in der Lage sind und nicht die Mit- el haben, die Staatshoheit in den eigenen Gewässern nd an den eigenen Küsten auszuüben. Ein Ende dieser esolaten und instabilen Situation in Somalia wird nicht urzfristig möglich sein. Daher war der Bereich der Ho- eitsgewässer bisher ein Schutzraum für operierende Pi- aten, die teilweise in kleinen Schiffsverbänden operie- en, bestens ausgerüstet und schwer bewaffnet sind. Sie onnten von fremden Kriegsschiffen bisher nicht in der 2-Meilen-Zone aufgebracht werden. Somalia selbst ber fehlen dazu die Mittel. Durch die Resolution 1816 der Vereinten Nationen önnen Piraten nun für zunächst sechs Monate auch in en Hoheitsgewässern Somalias von Kriegsschiffen an- erer Staaten verfolgt werden. Diese Resolution ist der esonderen politischen Situation Somalias geschuldet. ie ist in Übereinstimmung mit der Übergangsregierung n Somalia verabschiedet. Es ist sicherlich richtig, diese esonders schwierige politische Übergangssituation So- alias auch als einen wesentlichen Faktor für die ver- ehrte Piraterie in diesen Gewässern zu benennen. Es ist eine Frage, dass eine stabile, politische Situation in So- alia so schnell als möglich mit internationaler Hilfe er- eicht werden muss. Dazu hat es hier im Haus entsprechende Debatten und ntschließungen gegeben. Es ist aber sicherlich nicht innvoll, in dieser Situation, in der schnelles Handeln an- ezeigt ist, den ganzen, sehr komplexen Themenbereich it auf den Tisch zu heben. Deshalb halte ich den noch urzfristig von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein- ebrachten Antrag in dieser Situation für nicht hilfreich, ondern eher bremsend und ablenkend. Wir müssen uns eute um die Lösung eines deutschen Dilemmas bemü- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18443 (A) ) (B) ) hen. Wie kann die deutsche Marine befähigt werden, au- ßerhalb eines Verteidigungsfalles und außerhalb der Not- hilfe gegen Piraterie vorzugehen? Das ist die Frage. Die Antwort liegt in der Schaffung einer verlässlichen, ein- deutigen Rechtsgrundlage. Dazu müssen Veränderun- gen, ja, Erweiterungen der grundgesetzlichen Vorausset- zungen geschaffen werden. Akte der Piraterie sind grundsätzlich kein Terroris- mus. Es sind kriminelle Verbrechen. Die Verbrechensbe- kämpfung übernimmt bei uns die Polizei, nicht das Mili- tär. Das Mandat im Rahmen der Operation Enduring Freedom sieht Maßnahmen zur Bekämpfung des interna- tionalen Terrorismus vor, nicht die Bekämpfung der Pi- raterie. Nach dem internationalen Seerechtsübereinkom- men, das Deutschland 1994 ratifiziert hat, hat aber jedes Kriegsschiff das Recht, ein Piratenschiff aufzubringen und die Personen des Schiffes festzunehmen. Dieses ist aber auf den Fall der Nothilfe, also die Zeit des tatsächli- chen Angriffs beschränkt. Die weitere Verfolgung der Kriminellen auf See ist nach unseren Gesetzen Polizei- aufgabe. Eine Veränderung und Erweiterung unseres Grundge- setzes könnte eine klare Grundlage für bewaffnete Ein- sätze der Bundesmarine schaffen. Diese Notwendigkeit wird im Antrag der Liberalen leider so nicht deutlich hervorgehoben. Dabei ist es auch nicht das Ziel, eine Vermischung von Einsätzen der Bundeswehr im Innern und Äußeren zu schaffen. Vielmehr brauchen wir Klar- heit in den deutschen Gesetzesgrundlagen, damit wir den Verpflichtungen aus dem Seerechtsübereinkommen und den Notwendigkeiten der Bekämpfung moderner Pirate- rie entsprechen können. Es ist wichtig, hier entspre- chende Grundlagen zu schaffen, um unserer Marine die nötige Handlungssicherheit zu geben. Daher ist es rich- tig, dass die Bundesregierung die Möglichkeiten einer Verfassungsänderung prüft. Wir müssen schnell zu einem Ergebnis kommen, damit die deutsche Marine an der Absicherung der Gewässer vor Somalia effektiv mit- wirken kann. Die Gefahr durch Piraterie muss schnellst- möglich eingedämmt werden. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Die heutige Debatte hat einen traurigen aktuellen Anlass. Vor zwei Tagen haben somalische Piraten bei einem Überfall auf eine Jacht eine dreiköpfige deutsch-französische Familie und den Kapitän des Schiffes gekidnappt. Die Gewässer vor So- malia gehören für die internationale Schifffahrt zu den gefährlichsten der Welt, weil Piraten dort immer wieder Schiffe und Boote überfallen. Insgesamt ist die Piraterie auf nahezu allen Weltmeeren auf dem Vormarsch. Die moderne Piraterie ist gewalttätiger, blutiger und brutaler geworden. Am gefährlichsten sind die Gewässer vor In- donesien und Sri Lanka. Als riskant gelten auch die Malakkastraße – vor allem bei Singapur und Kuala Lum- pur –, das Rote Meer und neuerdings die Küste Soma- lias. Doch nicht nur der Indische Ozean ist Jagdgebiet von Seeräubern. Auch der Ostpazifik – hier vor allem die Philippinen und die chinesischen Küstengewässer – und der Südatlantik und die Küste vor Nigeria sind Pira- tengebiet. Allein 2007 sind 43 deutsche Schiffe von Pi- raten überfallen worden. ü m w h k P d r z n d s s D z k h d t a f S S v n Z v a N n R t h Z n m s F B D R s P M d d e k s a s D w m f d v u (C (D Es ist also in der Tat an der Zeit – und ich denke hier- ber sind sich alle einig –, dass die internationale Ge- einschaft das Piratenunwesen auf den Weltmeeren irksamer und effektiver bekämpfen muss! Ich möchte ier aber auch betonen, dass meines Erachtens die völ- errechtlichen Voraussetzungen zur Bekämpfung der iraterie bereits gegeben sind. Hierfür ist eine Änderung es Grundgesetzes nicht notwendig. Die Deutsche Ma- ine hat bereits heute alle rechtlichen Befugnisse, die sie ur Bekämpfung von Piraterie braucht. So ist Nothilfe atürlich auch auf Hoher See jederzeit möglich und be- arf keiner weiteren rechtlichen Klärung: Wenn deut- che oder Schiffe anderer Länder in unmittelbarer Not ind, kann die Bundeswehr gegebenenfalls eingreifen. ie Befugnis von Kriegsschiffen, Seeräuberschiffe auf- ubringen, gehört zu den allgemeinen Regeln des Völ- ergewohnheitsrechtes. Den völkerrechtlichen Rahmen ierfür bietet seit 1982 das 3. Seerechtsübereinkommen er Vereinten Nationen, welches der Deutsche Bundes- ag am 2. September 1994 ratifiziert hat und in dem sich uch Deutschland in Art. 100 ausdrücklich zur Bekämp- ung der Piraterie verpflichtet. Des Weiteren hat der UN- icherheitsrat, angesichts der Situation vor der Küste omalias, am 2. Juni 2008 per UN-Resolution 1816 die or Ort operierenden Seestreitkräfte ermächtigt, auch in- erhalb der somalischen Hoheitsgewässer (12-Meilen- one) gemäß Seerechtsübereinkommen gegen Piraten orzugehen. Das heißt, die somalische Regierung hat usdrücklich die Vereinten Nationen um Hilfe gebeten. ach Art. 24 des Grundgesetzes wäre das eine Maß- ahme der kollektiven Sicherheit und durch eine UN- esolution abgedeckt. Bei der Frage, ob eine Erweiterung des OEF-Manda- es ein geeigneter Weg zur Bekämpfung der Piraterie ist, abe ich jedoch meine Zweifel. OEF verfolgt andere iele, eine Erweiterung des Mandats wäre deshalb mei- es Erachtens der falsche Weg. Es ist in diesem Zusam- enhang auch durchaus lohnenswert über den franzö- isch-spanischen Vorschlag nachzudenken. Spanien und rankreich haben eine eigenständige ESVP-Mission zur ekämpfung der Piraterie in die Diskussion eingebracht. ies wird unter anderem auch Thema beim Allgemeinen at Ende Juni in Brüssel sein. Eine solche ESVP-Mis- ion scheint mir ein gangbarer Weg zur Bekämpfung der iraterie zu sein und würde natürlich ebenfalls eine andatierung durch den Deutschen Bundestag erfor- ern. Die Ansicht des Verteidigungsministeriums, dass ie deutsche Verfassung es der Marine bisher verbiete inzugreifen und dies Aufgabe der Bundespolizei sei, ann ich nicht teilen. Die Gegebenheiten vor der deut- chen Küste und die Kompetenzstreitigkeiten, die sich us dem deutschen Föderalismus ergeben, können und ollten auch nicht auf die Hohe See übertragen werden. ie Forderung, Art. 87 zu ergänzen, damit die Bundes- ehr ausdrücklich bisherige Polizeibefugnisse überneh- en dürfte, macht im Zusammenhang mit der Bekämp- ung der Piraterie jedenfalls wenig Sinn. Hier stellt sich ie Frage, ob dies nicht vielmehr ein weiterer Versuch on Teilen der Union ist, die Grenzen zwischen innerer nd äußerer Sicherheit zu verwischen. 18444 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 (A) ) (B) ) Rolf Kramer (SPD): Die Piraterieüberfälle am Horn von Afrika und in den Küstengewässern Somalias häu- fen sich in den letzten Wochen und Monaten. Sie gefähr- den zum Teil massiv die internationale und lokale zivile Seeschifffahrt in diesem Bereich. Erst am Wochenende ist wieder die Entführung eines deutschen Ehepaares von einer Jacht nach Somalia bekannt geworden. Neben den Fällen sogenannter Gelegenheitspiraterie mehren sich am Horn von Afrika Fälle von organisierter Piraterie. Davon betroffen sind auch humanitäre Hilfslieferungen, die für die notleidende Bevölkerung in Somalia be- stimmt sind. Die Übergangsregierung von Somalia ist zur Pirateriebekämpfung in ihren Küstengewässern nicht in der Lage und hat sich deshalb an die Staatengemein- schaft mit der Bitte um Unterstützung gewandt. Der UN-Sicherheitsrat hat am 8. Juni 2008 einstim- mig die Resolution 1816 (2008) zu „Maßnahmen gegen Piraterie und bewaffneten Raub vor Somalias Küste“ verabschiedet. Der Kern dieser unter Kapitel VII der VN-Charta verabschiedeten Resolution ist, dass die im allgemeinen Völkerrecht – und dem Seerechtsüberein- kommen – für den Bereich der hohen See vorgesehenen Befugnisse zur Piratenbekämpfung auf die Küstenge- wässer Somalias ausgedehnt werden. Damit sind auch dort Kriegsschiffe aller Staaten befugt, Piratenschiffe aufzubringen, ihre Besatzung festzunehmen und an Bord befindliche Vermögensgegenstände zu beschlagnahmen. Die Resolution 1816 schafft damit quasi einen einheit- lichen „Pirateriebekämpfungsraum“ vor der somalischen Küste. Diese Befugnis gilt für Schiffe jener Staaten, die mit der Übergangsregierung in Somalia zusammenarbei- ten und die von Somalia dem Generalsekretär der Verein- ten Nationen vorab notifiziert werden. Diese Autorisie- rung gilt für zunächst sechs Monate und ist auf den Einzelfall Somalia beschränkt. Soweit ist hier völker- rechtlich alles klar. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Dürfen sich deutsche Marineverbände, die im Rahmen der OEF in der Region tätig sind, an dieser Pirateriebekämpfung beteiligen? Auch wenn völkerrechtlich alles klar ist, ver- fassungsrechtlich gibt es noch einigen Klärungsbedarf. Für den Einsatz der deutschen Streitkräfte bedarf es ei- ner verfassungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage, dass heißt, das Grundgesetz muss den Einsatz der Streitkräfte ausdrücklich genehmigen. Dies ergibt sich aus Art. 87 a Abs. 2 GG. Nun stellt sich die Frage, ob über die Art. 24 und Art. 25 des Grundgesetzes nicht eine solche Er- mächtigungsgrundlage hergestellt werden kann. Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion ist dies mög- lich, da das Völkergewohnheitsrecht ebenso wie Art. 105 des VN-Seerechtsübereinkommens von 1982 den Kriegsschiffen und besonders damit beauftragten Staats- schiffen aller Staaten erlauben, auf hoher See gegen Pi- ratenschiffe vorzugehen. Diese Vorschriften finden ins- besondere über Art. 25 direkt Eingang in das nationale Recht. Einer Verfassungsänderung hinsichtlich des Art. 87 a Grundgesetz bedarf es daher aus unserer Sicht nicht. Der Parlamentsvorbehalt bleibt im Übrigen davon unberührt. s S w H k G g i d K b u K i w t f s s t E t d r h f t 2 S w g e f b M B f s g g d a t V s v w g g s F d e e (C (D Wie sieht es nun mit dem Einsatz deutscher Kriegs- chiffe in fremden Hoheitsgewässern aus. Nach § 16 eeaufgabengesetz ist dort die Bundespolizei zuständig, enn Deutschland von dem jeweiligen Küstenland um ilfe gebeten wird. Um nun die Marine einsetzen zu önnen, bedarf es aus unserer Sicht aber auch hier keiner rundgesetzänderung. Auch die Änderung des Seeauf- abengesetzes und anderer einschlägiger Verordnungen st nicht erforderlich. Es besteht kein plausibler Grund, as Seeaufgabengesetz auf hoher See und in fremden üstengewässern anders auszulegen. Die dort beschrie- ene Kompetenzzuweisung an die Bundespolizei ist aus nserer Sicht nicht abschließend zu verstehen, sodass die riegschiffe der Marine zur Pirateriebekämpfung, wie m Seerechtsübereinkommen vorgesehen, eingesetzt erden können. International stehen damit aus unserer Sicht der Pira- eriebekämpfung durch die deutsche Marine keine ver- assungsrechtlichen Probleme entgegen. Diese stellen ich nur im nationalen Küstenmeer. Aber dieses Thema tellt sich heute ja noch nicht. Dr. Norman Paech (DIE LINKE): Seit der Entmach- ung der Union Islamischer Gerichte, UIC, durch den inmarsch des äthiopischen Militärs in Somalia beschäf- igen wir uns mit einer Kette von Piratenüberfällen vor er Küste Somalias. Die somalische Übergangsregie- ung, die im Land wie auf ihren Gewässern weitgehend andlungsunfähig ist, hat den UN-Sicherheitsrat mehr- ach um Hilfe bei der Bekämpfung von Piraterie gebe- en. Als Konsequenz hat der UN-Sicherheitsrat am . Juni 2008 Resolution 1816 verabschiedet, die es den taaten erlaubt, Piraten auch in somalischen Küstenge- ässern zu verfolgen und zu bekämpfen. Die Bundesre- ierung hat schnell signalisiert, dass sie nur zu bereit ist, inen aktiven militärischen Part bei der Piratenbekämp- ung zu übernehmen. Seither ist in Deutschland eine De- atte darüber entbrannt, welche verfassungsrechtlichen öglichkeiten und Grenzen für eine Beteiligung der undeswehr an der aktiven, also militärischen, Bekämp- ung von Piraterie bestehen. Die Bundesregierung spricht von einer Rechtsun- icherheit, die sich aus Art. 87 a des Grundgesetzes er- ibt, der den Einsatz der Bundeswehr auf den Verteidi- ungsfall beschränkt. Diese Rechtunsicherheit möchte ie Bundesregierung mit einer Verfassungsänderung usräumen. Die FDP argumentiert in ihrem knapp gehal- enen Antrag in die entgegengesetzte Richtung: Eine erfassungsänderung sei nicht nötig, da die Grundge- etzartikel 24 und 25 auf den Vorrang des Völkerrechts or dem Bundesrecht verweisen und damit die Bundes- ehr der Ermunterung des UN-Sicherheitsrates, aktiv egen Piraten vorzugehen, nachkommen könne bzw. so- ar müsse. Am Ende steht hinter dieser juristischen Debatte das- elbe politische Ziel: Deutsche Soldaten sollen einen reibrief erhalten, über die im Seerechtsübereinkommen er Vereinten Nationen vorgesehene Nothilfe hinaus ine aktive, militärische Rolle in der Piratenbekämpfung inzunehmen. Sie sollen dafür auch präventiv und ohne Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 18445 (A) ) (B) ) parlamentarische Debatte stationiert werden können. Die Linke lehnt einen Einsatz der deutschen Marine gegen Piraten ab. Die Bekämpfung von Piraterie ist und bleibt eine Polizei- nicht eine Militäraufgabe. Wir lehnen des- halb den Antrag der FDP ab. Ganz im Gegensatz zu dem Antrag der FDP befasst sich der vorliegende Antrag der Grünen mit den Ursa- chen der Piraterie in Somalia: dem vollständigen Fehlen jeder Staatlichkeit und dem seit Jahren andauernden Ge- waltkonflikt. Wir teilen die Position der Grünen, dass Somalia politische Lösungen braucht. Ebenso teilen wir die Hoffnung auf einen Friedensprozess und die Forde- rung nach einem Abzug des äthiopischen Militärs aus dem Land. Allerdings können wir uns in der Frage des internationalen militärischen Engagements dem Antrag nicht anschließen. Die von der Afrikanischen Union ge- führte Militärmission AMISOM ist gescheitert, eine Überführung in eine UN-geführte Mission nach demsel- ben Muster würde ebenfalls scheitern. Somalia braucht einen Friedensprozess. In diesen müssen jedoch alle Konfliktparteien und die Zivilbevölkerung eingebunden sein. Das ist bei dem aktuellen Übereinkommen zwi- schen der somalischen Übergangsregierung und der „Al- lianz für die Befreiung Somalias“ leider nicht der Fall und daher ist das Übereinkommen in der Tat fragil. Um es zu stabilisieren, braucht man keine internationalen Truppen mit robustem Mandat, sondern einen von allen Seiten akzeptierten und beauftragten echten Blauhelm- einsatz, um den vereinbarten Waffenstillstand zu über- wachen. Wenn die Grünen sich dazu entschließen könn- ten, ihren Antrag an dieser Stelle präziser zu formulieren und sich von der Forderung nach einer UN-geführten Kampftruppe zu trennen, würde es meiner Fraktion leichter fallen, diesem Antrag zuzustimmen. So werden wir uns enthalten. Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Frage der Pirateriebekämpfung ist kein neues Thema. Neu ist jedoch, dass die FDP heute den Antrag vorlegt, dass die Bundeswehr unter Berufung auf Art. 25 Grundgesetz – und damit ohne Verfassungsänderung – weltweit Jagd auf Piraten machen soll. Das heißt, es geht um die hochbrisante Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Einsätzen der Marine im In- und Aus- land. Nicht mehr und nicht weniger verbirgt sich hinter diesem Antrag. Dies ist ein klarer Kurswechsel und eine völlige Neu- interpretation des Grundgesetzes. Wir hatten beantragt, darüber in den Ausschüssen zu debattieren. Das hat die FDP abgelehnt. Die FDP weiß sehr gut, dass sie mit ih- rer gewagten Interpretation die Büchse der Pandora öff- net. Das ist alles nicht durchdacht. Ich habe doch den Eindruck: Ihnen geht es nicht um die Sache, sondern um zweifelhafte politische Stimmungsmache. Daran werden wir uns nicht beteiligen. Es fällt schon auf, dass die FDP mit ihrem Ruf nach robusterem und offensiverem militärischen Vorgehen in Afghanistan und am Horn von Afrika inzwischen zu den militärischen Scharfmachern im Deutschen Bundestag m ü e e F m m F p s F d r d I d g t t w r c g r t d r r A d f d e v m r e l „ m ü J g a O D Z d s p m d i (C (D utiert ist. Hier wollen die Liberalen die Union rechts berholen. Die FDP distanziert sich mit diesem Antrag von ihrer igenen Regierungspolitik. Als 1994 das Seerechtsüber- inkommen in deutsches Recht überführt wurde, lag die ederführung bei der FDP. Sie stellte damals den Außen- inister und die Justizministerin. Wir sind bislang im- er davon ausgegangen, dass es ein Kernanliegen der DP war und ist, dass die Bekämpfung der Piraterie eine olizeiliche Aufgabe und keine militärische Aufgabe ein darf. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf eine rage des Kollegen Stinner bekräftigt, dass es sich bei en Pirateriebekämpfungsbestimmungen des VN-See- echtsübereinkommens um Völkergewohnheitsrecht han- elt. Das wurde bislang auch von niemandem bestritten. n einer Antwort auf eine FDP-Anfrage hat sie im Mai ieses Jahres aber ebenfalls klargestellt: „Die allgemeine, efahrunabhängige Befugnis zum Aufbringen von Pira- enschiffen ist eine Befugnis, keine unbedingte Verpflich- ung.“ Und sie fügte hinzu: „Ob und gegebenenfalls unter elchen Voraussetzungen ein Schiff der Deutschen Ma- ine von dieser völkerrechtlichen Befugnis Gebrauch ma- hen kann, ist verfassungsrechtlich nicht abschließend eklärt.“ Dies ist der entscheidende Punkt. Alle Bundesregie- ungen und die Mehrzahl der Völkerrechtsexperten hat- en sich bisher darauf verständigt, dass eine Beteiligung eutscher Kriegsschiffe und Flugzeuge verfassungs- echtlich nicht zulässig ist. Auch deshalb fordert die Ma- ine und insbesondere die Union eine Änderung des rt. 87 a. Wir können die FDP nur davor warnen, mit em Grundgesetz Schindluder zu treiben. Dies gilt auch ür die Arbeitsgruppe der Regierungskoalition. Wenn Sie er Auffassung sind, die Bekämpfung von Piraterie sei ine Daueraufgabe, die mit militärischen Mitteln und on der Bundeswehr wahrgenommen werden soll, dann üssen Sie das Grundgesetz ändern. Hinter dem ganzen Hin und Her, ob Grundgesetzände- ung oder keine Grundgesetzänderung, steckt eigentlich ine ganz andere Frage, nämlich: Soll sich Deutschland änger mit Marineeinheiten an der Antiterror-Operation Enduring Freedom“ am Horn von Afrika beteiligen. Wir einen, ganz klar nein. Nicht nur die Rechtfertigung ber das Selbstverteidigungsrecht ist nach mehr als sechs ahren äußerst brüchig geworden. Es gab in den vergan- enen Jahren auch keine terroristischen Bewegungen, die uf diesem Wege aufgeklärt werden konnten. Wir wissen, dass viele Abgeordnete der Koalition den EF-Einsatz lieber heute als morgen beenden möchten. ass dies nicht geschieht, liegt daran, dass die einen den orn Washingtons fürchten und die anderen mit der eutschen Marine sowieso Größeres vorhaben. Manche ähen sie gerne als weltweit operierende maritime Welt- olizei zur Sicherung deutscher Rohstoffwege, Absatz- ärkte und sonstiger Interessen. In dieser Gemengelage kommen einigen von Ihnen ie Piraten am Horn von Afrika gerade recht. Sie sehen n der UN-Resolution 1816 über Maßnahmen gegen Pi- (A) (C) (B) ) raterie und bewaffneten Raub vor der Küste eine neue Rechtsgrundlage für eine Bundeswehrbeteiligung. Sie plädieren dafür, die Pirateriebekämpfung zum Auftrag von OEF zu machen. Wir lehnen das entschieden ab. Antiterrorkampf und Bekämpfung der Piraterie sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Wenn sich die Bun- desregierung mit bewaffneten Streitkräften an der Um- setzung der Resolution 1816 im Küstenmeer Somalias beteiligen will, dann muss die dem Bundestag auf jeden Fall ein neues Mandat vorlegen und darlegen, warum der Einsatz bewaffneter Streitkräfte gegen Piraten nun ver- fassungsrechtlich konform sein soll. Allerdings haben wir erhebliche Zweifel, ob diese taktischen juristischen Manöver auf stürmischer politi- scher See die angemessene und die vordringlichste Art und Weise sind, dem Problem der Piraterie an der soma- lischen Küste Herr zu werden. Wer die Ursachen der Pi- raterie vor der somalischen Küste beseitigen will, muss sich an die Ursachen machen, und die liegen an Land, nämlich in einer weiter zunehmenden Destabilisierung Somalias. Meine Fraktion hatte hierzu bereits einen An- trag vorgelegt, dem der Bundestag im Juni 2007 mehr- kooperative Zukunftsperspektive gibt. Das ist wichtiger als die von der FDP heute angestoßene Geisterschiffde- batte. Anlage 9 Neuabdruck der Antwort der Parl. Staatssekretärin Nicolette Kressl auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) 171. Sitzung (Drucksache 16/9683, Fragen 34 und 35): Wie haben sich die Gehälter der Vorstände der zehn größ- ten Unternehmen (bezogen auf die Höhe des Nennkapitals), an denen der Bund unmittelbar beteiligt ist, in den letzten fünf Jahren entwickelt (bitte Angaben in absoluten Zahlen)? Wie haben sich die Bonuszahlungen für die Vorstände der zehn größten Unternehmen (bezogen auf die Höhe des Nenn- kapitals), an denen der Bund unmittelbar beteiligt ist, in den letzten fünf Jahren entwickelt (bitte Angaben in absoluten Zahlen)? Die zehn größten Unternehmen, an denen der Bund unmittelbar beteiligt ist, sind – bezogen auf das Nenn- kapital zum 31. Dezember 2006 – die Deutsche Telekom heitlich zugestimmt hat. Gefolgt ist daraus leider seitens der Bundesregierung nichts. Die Bundesregierung muss dem Somalia-Konflikt endlich mehr Aufmerksamkeit widmen und sich aktiver an Initiativen zur Beilegung des Konflikts zwischen Äthiopien und Eritrea beteiligen. Dazu legen wir Ihnen heute erneut einen Antrag vor. Die äthiopische Armee muss sich schnellstmöglich aus Somalia zurückziehen, und eine Stabilisierungstruppe der Vereinten Nation – übergangsweise AMISOM – muss entsandt werden. Der Sondergesandte des VN-Generalsekretärs muss zur Um- setzung des Übereinkommens vom 9. Juni zwischen Übergangsregierung und ARS aktiv unterstützt werden. Und wir müssen Somalia in Aussicht stellen, dass es für eine von allen maßgeblichen politischen Kräften ein- schließlich der UIC getragene Übergangsregierung eine A B D B m s u d b s r d A t (D G, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Deutsche ahn AG, die Flughafen München GmbH, die DFS eutsche Flugsicherung GmbH, die TLG IMMO- ILIEN GmbH, die Internationale Mosel-Gesellschaft bH, die Duisburger Hafen AG, die Deutsche Gesell- chaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH nd die BWI Informationstechnik GmbH. Die Entwicklung der Gehälter und Bonuszahlungen er Mitglieder des Vorstandes der Aktiengesellschaften zw. der Geschäftsführer der Gesellschaften mit be- chränkter Haftung kann überwiegend den Geschäftsbe- ichten bzw. dem Beteiligungsbericht entnommen wer- en. In einzelnen Fällen wird unter Bezugnahme auf § 286 bs. 4 HGB auf die Angabe der Gesamtbezüge verzich- et, so aktuell bei der Duisburger Hafen AG. 18446 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 172. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 91, 1 0, T 172. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617200000

Die Sitzung ist eröffnet. Guten Morgen, liebe Kolle-

ginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle herzlich.

Vor Eintritt in unsere Tagesordnung möchte ich – si-
cherlich im Namen des ganzen Hauses – der deutschen
Fußballnationalmannschaft herzlich zum Einzug ins
Finale der Europameisterschaft gratulieren.


(Beifall)


– Ich sehe stehende Ovationen bei einzelnen Mitgliedern
des Hauses.

Ich beziehe in diese Gratulation ausdrücklich die tür-
kische Mannschaft ein, die mit bewundernswertem Ein-
satz, großem Kampfgeist und stetiger Fairness dieses
Spiel ganz wesentlich mitbestimmt hat.


(Beifall)


Sowohl Kampfgeist als auch Fairness hat auch die
überwiegende Mehrheit der deutschen wie der türki-
schen Fans gezeigt, die sich im Stadion sowie auf den
Straßen und Plätzen dementsprechend bewegt und dar-
gestellt haben. Ich glaube, der gestrige Abend hat zur
Gemeinschaft der Türken und Deutschen in Deutschland

Z

Z

Redet
erheblich beigetragen.


(Beifall)


Nun müssen wir nach den außerordentlichen Ereig-
nissen zu den normalen Geschäften zurückkehren, was
nicht ganz leicht fällt. Wir beginnen mit der Wahl eines
Mitglieds des Beirats bei der Bundesbeauftragten für
die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes. Die
Fraktion der CDU/CSU schlägt erneut Professor
Manfred Wilke vor. Sind Sie damit einverstanden? –
Das ist der Fall. Damit ist Professor Wilke für eine wei-
tere Amtszeit gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die v
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste
ten Punkte zu erweitern:

(C (D ung en 26. Juni 2008 1 Uhr P 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Haltung der Bundesregierung zu dem Bericht der US-Luftwaffe über Sicherheitslücken bei den US-Atomwaffenlagern in Deutschland und Europa P 2 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Marieluise Beck weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Entwicklung in Afghanistan – Strategien für eine wirkungsvolle Aufbauarbeit kohärent umsetzen – Drucksachen 16/8887, 16/9685 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Christian Ruck Christel Riemann-Hanewinckel Hellmut Königshaus Hüseyin-Kenan Aydin ext Ute Koczy ZP 3 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)


(siehe 171. Sitzung)


(siehe 171. Sitzung)

Trittin, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Staatsaufbau in Afghanistan – Pariser Konfe-
renz zur kritischen Überprüfung und Kurs-
korrektur des Afghanistan Compacts nutzen

– Drucksachen 16/9428, 16/9711 –

rstattung:
nete Eckart von Klaeden
zembritzki
erbundene
aufgeführ-

Berichte
Abgeord
Detlef D






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Dr. Werner Hoyer
Dr. Norman Paech
Kerstin Müller (Köln)



(siehe 171. Sitzung)


ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hellmut
Königshaus, Dr. Karl Addicks, Christian
Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Die Regierungsverhandlungen mit China zur
Neuorientierung der Entwicklungszusammen-
arbeit und zur Förderung der chinesischen
Zivilgesellschaft nutzen

– Drucksache 16/9745 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Finanzausschuss

ZP 5 Weitere abschließende Beratungen ohne Aus-
sprache


(Ergänzung zu TOP 47)


a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu der Verordnung der
Bundesregierung

Einhundertsiebte Verordnung zur Änderung
der Ausfuhrliste
– Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung –

– Drucksachen 16/9211, 16/9391 Nr. 2.1, 16/9698 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ulla Lötzer

b) Beratung der Beschlussempfehlung des Rechts-
ausschusses (6. Ausschuss)


Übersicht 11

über die dem Deutschen Bundestag zugeleite-
ten Streitsachen vor dem Bundesverfassungs-
gericht

– Drucksache 16/9782 –

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


zu den Streitsachen vor dem Bundesverfas-
sungsgericht
2 BvE 2/08 und 2 BvR 1010/08

– Drucksache 16/9783 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Andreas Schmidt (Mülheim)


d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 442 zu Petitionen

– Drucksache 16/9767 –

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(C (D e)

ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 443 zu Petitionen

– Drucksache 16/9768 –

f) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 444 zu Petitionen

– Drucksache 16/9769 –

g) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 445 zu Petitionen

– Drucksache 16/9770 –

h) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 446 zu Petitionen

– Drucksache 16/9771 –

i) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 447 zu Petitionen

– Drucksache 16/9772 –

j) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 448 zu Petitionen

– Drucksache 16/9773 –

k) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 449 zu Petitionen

– Drucksache 16/9774 –

l) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 450 zu Petitionen

– Drucksache 16/9775 –

m) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 451 zu Petitionen

– Drucksache 16/9776 –

P 6 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Haltung der Bundesregierung zur unrecht-
mäßigen Einleitung radioaktiver Lauge in das
ehemalige Salzbergwerk Asse II

P 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin
Müller (Köln), Dr. Uschi Eid, Ute Koczy, weite-






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Angebot an die namibische Nationalversamm-
lung für einen Parlamentarierdialog zur Ver-
söhnungsfrage

– Drucksache 16/9708 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian
Toncar, Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Menschenrechtslage in Tibet verbessern

– Drucksache 16/9747 –

ZP 9 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu der Unter-
richtung durch die Bundesregierung

Festnahme des chinesischen Dissidenten Hu
Jia
Entschließung des Europäischen Parlaments
vom 17. Januar 2008 zur Inhaftierung des chi-
nesischen Bürgerrechtlers Hu Jia
EuB-EP 1652; P6_TA-PROV (2008) 0021

– Drucksachen 16/8609 A.9, 16/9822 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Steinbach
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Florian Toncar
Michael Leutert
Volker Beck (Köln)


ZP 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Karl
Addicks, Hellmut Königshaus, Dr. Christel
Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Glaubwürdigkeit von G8 nicht verspielen –
Maßnahmen zur Bekämpfung der Nahrungs-
mittelkrise auf dem Gipfeltreffen in Hokkaido
beschließen

– Drucksache 16/9750 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Finanzausschuss

ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Uschi Eid, Kerstin Müller (Köln), Marieluise
Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ursachen der Piraterie vor der somalischen
Küste bearbeiten – Politische Konfliktlösungs-
schritte für Somalia vorantreiben

– Drucksache 16/9761 –

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(C (D P 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Daniel Bahr weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Auswüchse des Versandhandels mit Arzneimitteln unterbinden – Drucksache 16/9752 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, soeit erforderlich, abgewichen werden. Die Tagesordnungspunkte 21 und 46 e werden abgeetzt. Sind Sie auch mit diesen Vereinbarungen einverstanen? – Das ist offenkundig der Fall. Dann ist das so bechlossen. Ich rufe unsere Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b auf: a)

regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Modernisierung des GmbH-Rechts und
zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)


– Drucksache 16/6140 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/9737 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Jürgen Gehb
Klaus Uwe Benneter
Mechthild Dyckmans
Ulrich Maurer
Jerzy Montag

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Mechthild
Dyckmans, Birgit Homburger, Hartfrid Wolff

(Rems-Murr), weiterer Abgeordneter und der

Fraktion der FDP

GmbH-Gründungen beschleunigen und ent-
bürokratisieren

– Drucksachen 16/671, 16/9737 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Jürgen Gehb
Klaus Uwe Benneter
Mechthild Dyckmans
Ulrich Maurer
Jerzy Montag

Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt je
in Entschließungsantrag der FDP-Fraktion und der
raktion Bündnis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre dazu
einen Widerspruch. Dann ist auch das so beschlossen.






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1617200100

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Die Re-
form des GmbH-Rechts, die wir heute verabschieden,
ist, wie Herr Gehb – ich glaube, gegenüber der FAZ –
schon gesagt hat, eine historische Reform.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Schon wieder eine!)


Es ist in der Tat eine Überarbeitung des GmbH-
Rechts, wie wir sie seit 1892 noch nicht gehabt haben.
Es ist eine ganz massive Entrümpelung und eine Anpas-
sung dieses Rechts an die veränderten gesellschaftlichen
Verhältnisse. Insofern bedanke ich mich dafür, dass wir
so weit gekommen sind. Ich glaube, mit mir danken ganz
viele Bürgerinnen und Bürger, auch junge Menschen, die
Unternehmen gründen wollen. Unser Haus verzeichnet
zwar zu vielen Themen Eingänge, aber es war auffällig,
dass gerade zur Reform des GmbH-Rechts viele Briefe
und E-Mails kamen. Die Menschen haben uns gefragt:
Wann seid ihr denn endlich so weit? – Die Reform ist
schließlich sehr umfangreich beraten worden. Die meis-
ten wollen keine Limited, sondern eine vereinfachte
GmbH, und dass sie keine Limited wollen, ist eine rich-
tige und gute Entscheidung.

Dankenswerterweise ist im Zusammenhang mit der
Reform unseres GmbH-Rechts in den Zeitungen häufig
verbreitet worden, welche Nachteile es bringt, wenn man
zwar zunächst die Limited wählt, dann aber nach einem
Jahr feststellt, dass man seine Geschäftsabschlüsse leider
in Englisch und in London vorlegen muss. Das ist dann
für viele Menschen eine Überraschung. Insofern ist es
richtig und gut, dass wir mit diesem Gesetzentwurf eine
konkurrenzfähige Gesellschaftsform zur Verfügung stel-
len.

Meine Damen und Herren, wir haben hinsichtlich der
Gründung einer GmbH einen Aspekt sehr lange und sehr
sorgfältig diskutiert, und dieser betrifft die Änderungen
beim Mindeststammkapital. Wie Sie wissen, hat es
eine vollständige Änderung gegenüber dem Regierungs-
entwurf gegeben. Wir haben seinerzeit eine Absenkung
des Mindeststammkapitals auf 10 000 Euro vorgeschla-
gen, weil man ein gewisses Kapital braucht, um eine Ge-
sellschaft zu gründen. Denn ohne Kapital kann man
nicht einmal ein Telefon anmelden oder einen Schreib-
tisch kaufen.

Hierzu gab es andere Auffassungen, und wir haben
gute Diskussionen geführt. Darüber hinaus fand eine
sehr gute Sachverständigenanhörung statt, die uns gehol-
fen hat, den richtigen Weg zu finden. Deswegen gibt es
jetzt neben der Form der alten GmbH – so will ich es
einmal sagen – mit 25 000 Euro Mindeststammkapital
die neue Variante der GmbH, die sogenannte Unterneh-
mergesellschaft (haftungsbeschränkt), die insbesondere
durch den Einsatz eines einzelnen Abgeordneten dieses
Hauses in das Gesetz aufgenommen wurde. Vielen

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(C (D ank, Herr Dr. Gehb, für diese weitreichenden Vorchläge, die wir aufgegriffen haben! (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hätte gern mehr gewollt! – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Wir haben es ins GmbH-Gesetz gepackt! Er wollte es extra!)


Na gut, so nickelich sind wir nicht.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Nicht mal beim Lob seid ihr euch einig! Nicht einmal ein Lob gönnt ihr euch!)


Wir schaffen damit für die Existenzgründer in diesem
ande genau das, was sie erwarten, nämlich eine Kapi-

algesellschaft ohne festes Mindeststammkapital. Das
ird Unternehmungsgründungen erheblich erleichtern
nd damit auch die Innovationskraft in Deutschland stär-
en. Wichtig ist doch, dass neue Ideen auch schnell in
ie Tat umgesetzt werden können. Das ist es, was wir
ollen, um den Wissensstandort Deutschland voranzu-
ringen.

Es ist nicht so, als ob wir nur die Unternehmensgrün-
ung erleichtern würden, indem wir das Kapital absenken
nd kleinere Änderungen vornehmen. Vielmehr – ich
abe es schon am Anfang gesagt – reformieren wir das
mbH-Recht umfassend, und zwar zum ersten Mal.
ine Vielzahl von Reformen kennen wir aus dem Ak-

ienrecht. Man spricht beim Aktienrecht bereits von der
Aktienrechtsreform in Permanenz“.

Beim GmbH-Recht ist genau das Gegenteil der Fall:
s ist eher eine Geschichte gescheiterter Reformvorha-
en. Der erste Anlauf erfolgte bereits 1937, im An-
chluss an die Aktienrechtsreform, und blieb im Zweiten
eltkrieg stecken. Der zweite Reformanlauf Anfang der

0er-Jahre schaffte es nicht bis in den Rechtsausschuss.
ückblickend muss man wohl sagen: Das war eine ganz
ute Entscheidung. Denn man wollte damals das GmbH-
echt mit rund 300 Paragrafen im Grunde dem Aktien-

echt anpassen und der Aktiengesellschaft, die damals
rste Siegeszüge antrat, eine vergleichbare Rechtsform
n die Seite stellen.

Ich meine, es war gut, dass man es so nicht gemacht
at. Denn wir brauchen keine zweite Aktiengesellschaft.
ielmehr brauchen wir die GmbH als eine Rechtsform

ür den Mittelstand, also für die vielen Hunderttausen-
en von kleinen Unternehmungen, die das Rückgrat der
eutschen Wirtschaft bilden sollen. Diese Gesellschafts-
orm muss flexibel sein. Sie muss anpassungsfähig sein,
nd sie muss vor allen Dingen einfach zu verstehen und
u handhaben sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Genau dieses stellen wir jetzt mit dem überarbeiteten
mbH-Recht sicher. Wir verfolgen ein Konzept der

tarken Deregulierung. Das heißt, wir wollen die Grün-
ung der GmbH sehr viel einfacher und vor allen Dingen
ehr viel schneller machen. Das ist unser Ziel. Vieles,
as vor 100 Jahren im Verwaltungsablauf noch selbst-
erständlich war, ist heute nicht mehr notwendig. Ich






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries
nenne als Beispiel die nachgeschalteten Verwaltungsge-
nehmigungen. Es ist heute beispielsweise noch üblich,
dass man, wenn man eine Gaststätte aufmachen will, zu-
nächst ein Gesundheitszeugnis braucht und sich erst da-
nach die GmbH eintragen lassen kann. Künftig kann dies
parallel laufen, was zu einer Beschleunigung führt. Das
mag zwar nur ein kleines Beispiel sein, aber es ist eines
von vielen Beispielen, die zeigen, dass wir die Geschwin-
digkeit bei der GmbH-Eintragung deutlich erhöhen.

Gleichzeitig bekämpfen wir quasi als Gegengewicht
die Missbräuche am „Lebensende“ einer GmbH sehr
nachdrücklich. Insbesondere die sogenannten Bestat-
tungsfälle von GmbHs, denen sich schon ein eigener
Gewerbezweig widmet, sollen härter verfolgt werden.
Gescheiterte Unternehmer werden sich in Zukunft also
nicht mehr ihrer Verantwortung entziehen können. Das
MoMiG verlagert die Gewichte weg von einer vorbeu-
genden Formstrenge hin zu einer nachsorgenden Kon-
trolle, die erst im Krisenfall eingreift, dann aber mit grö-
ßerer Schärfe als in der Vergangenheit. Die Reform
knüpft also an das an, was wir gemeinhin mit dem mün-
digen Verbraucher oder mit dem aufgeklärten Bürger
und der aufgeklärten Bürgerin meinen. Die Idee ist, dass
sie sich informieren und möglichst vernünftige Entschei-
dungen treffen sollen. Nur im Versagensfall soll einge-
griffen werden.

Ein weiteres grundlegendes Ziel des Entwurfs ist die
Rückkehr zum bilanziellen Denken im Haftungskapi-
talsystem der GmbH. Das betrifft sowohl die Kapital-
aufbringung als auch die Kapitalerhaltung. Das Stich-
wort ist hier Cash-Pooling, ein Begriff, den insbesondere
die Töchter von größeren Unternehmen kennen und der
deshalb für die Großkonzerne unserer Wirtschaft von
Bedeutung ist.

Auch wenn viele Bürgerinnen und Bürger gewollt
hätten, dass die Reform etwas eher in Kraft tritt, meine
ich: Es war gut, dass wir diese große Reform nicht übers
Knie gebrochen haben. Dass sie jetzt ein Jahr später als
ursprünglich geplant vollendet wird, ist meines Erach-
tens kein Schaden. Denn wir können heute sagen: Wir
werden ein Gesetz verabschieden, das im Hause intensiv
unter Zuhilfenahme des Sachverstandes der Abgeordne-
ten beraten worden ist und in das die Meinung vieler
Sachverständiger eingeflossen ist.

Ich möchte mich bei Ihnen allen recht herzlich dafür
bedanken, dass am Ende eine Reform dabei herausge-
kommen ist, von der wir sagen können: Sie wird uns hel-
fen, die Rechtsform für den Mittelstand zukunftsfest für
die nächsten Jahre zu gestalten. Das ist ein wichtiges Si-
gnal für den Wirtschaftsstandort Deutschland.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617200200

Das Wort erhält nun die Kollegin Mechthild

Dyckmans, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1617200300

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Um es gleich vorweg zu sagen, lieber Kollege

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(C (D ehb: Der ganz große Wurf ist diese Reform nach Meiung der FDP nicht. rau Ministerin, die Ziele, die Sie sich mit dieser Reorm gesetzt haben, begrüßen wir. Die Umsetzung ist alerdings gerade in dem von dem Kollegen Gehb so beonders herausgestellten Teil nicht gelungen. Wirtschaftsund Mittelstandspolitik heißt für die FDP um einen, strukturelle Probleme abzubauen. Unsere nternehmen müssen von überflüssiger Bürokratie be reit werden. Deshalb unterstützen wir auch die mit der eform angestrebte Deregulierung. Dass Sie den FDPorschlag aufgenommen haben, die Eintragung ins Hanelsregister von der Vorlage behördlicher Genehmigunen zu lösen, begrüßen wir ausdrücklich. Beschleuniung bei der Handelsregistereintragung haben wir aber uch schon durch das gemeinsam in dieser Legislatureriode verabschiedete EHUG erreicht. So ist die ründung einer GmbH nach neuesten Zahlen bei uns in eutschland heute schon in durchschnittlich sechs erktagen möglich. Der EU-weite Durchschnitt liegt bei em Doppelten. Wir sind also bisher gar nicht so chlecht. Wichtig ist für uns Liberale auch eine Vereinfachung es GmbH-Rechts. Gesetze müssen verständlich und in er Praxis handhabbar sein. Gerade das GmbH-Gesetz ar jedoch sehr kompliziert, und die dazu entwickelte echtsprechung des BGH war kaum noch nachvollziehar. Eigenkapitalersetzende Darlehen, Cash-Pooling, erdeckte Sacheinlage – dies alles sind Begriffe, bei deen sich Unternehmer und Rechtsanwälte die Haare auften. Es wurde Zeit für eine Vereinfachung und für ie Schaffung von Rechtssicherheit. Es wird sich aber rst in Zukunft herausstellen, ob die gefundenen Regeln atsächlich die richtigen Lösungen sind; die Sachverstänigen hatten hier doch noch einige Bedenken. Das dritte Ziel des Gesetzentwurfes, das Sie angeprochen haben, die Missbrauchsbekämpfung, haben ie für die Voll-GmbH, wie wir meinen, im Großen und anzen nicht schlecht umgesetzt. Leider zerstören Sie ögliche Erfolge durch die Einführung der Mini-GmbH. In den letzten Tagen ist mir gerade aus dem Bundesustizministerium immer wieder vorgehalten worden, an habe mit der GmbH-Reform einen sehr liberalen esetzentwurf vorgelegt und verstehe daher überhaupt icht, warum die FDP diesem Gesetzentwurf nicht zutimme. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das verstehen wir auch nicht! – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Versuchen Sie, das mal zu erklären!)


(Beifall bei der FDP)


Ich werde es Ihnen erklären. – Wir tragen den Gesetz-
ntwurf nicht mit, weil Sie mit der Mini-GmbH einen
ystembruch begehen, der nicht notwendig ist und der
im Gegenteil – dem Wirtschaftsstandort schaden wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)







(A) )



(B) )


Mechthild Dyckmans
Liberale Politik heißt für uns nicht Beliebigkeit, heißt
nicht Rosinenpickerei, heißt nicht, ohne ordnungspoliti-
schen Rahmen jeden gerade so agieren zu lassen, wie es
für ihn am einfachsten ist. Liberale Politik bedeutet
Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Übernahme von
Verantwortung für wirtschaftliches Handeln. All dies ha-
ben Sie bei der Mini-GmbH nicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie verlassen den ordnungspolitischen Rahmen, indem
Sie eine Kapitalgesellschaft ohne Kapital zulassen, und
das, obwohl Sie – wenn auch spät – wieder zu der Ein-
sicht gekommen sind, dass die Absenkung des Mindest-
stammkapitals für die GmbH gerade nicht der richtige
Weg ist.

Auch wenn Kollege Gehb immer wieder glaubt, mich
darüber belehren zu müssen, dass das Stammkapital
keine Voraussetzung für Gläubigerschutz ist, so kann ich
nur sagen: Jawohl, lieber Jürgen, das weiß ich.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist auch so!)


Aber das Stammkapital ist ein wichtiges Signal


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das stimmt!)


für Wirtschaftskraft, für Seriosität und damit letztendlich
auch für Gläubigerschutz.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch Unsinn! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Darum lassen wir es bei der GmbH auch bei den 25 000 Euro!)


Wer nicht einmal bereit ist, einen bestimmten Betrag für
seine unternehmerische Idee einzusetzen, um damit die
Ernsthaftigkeit seines Unternehmens zu unterstreichen,
wird scheitern.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich so etwas! – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das ist die rosa Welt der FDP!)


Wie begründen Sie denn die Beibehaltung des Min-
deststammkapitals? Da spricht man davon, das Ansehen
der GmbH als verlässlicher Rechtsform des Mittelstan-
des nicht beschädigen zu wollen und dass das Stammka-
pital als Seriositätsschwelle notwendig sei. Das alles
liest sich doch wie die Argumentation der FDP. Warum
aber gelten diese Argumente nicht für die Mini-GmbH?
Sie nehmen sehenden Auges in Kauf, dass unseriöse Ge-
sellschaften am Wirtschaftsleben teilnehmen. Ihnen ist
es egal, welcher wirtschaftliche Schaden da entsteht.


(Beifall bei der FDP – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)


Mit der Einführung der Mini-GmbH – Frau Ministe-
rin hat es gesagt – wollen Sie auf die britische Limited
eingehen, obwohl Sie wissen, dass eine solche Gesell-
schaftsform nicht notwendig ist. Waren Sie, Frau Minis-

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(C (D erin, es nicht, die ausdrücklich vor dem Gehb-Modell ewarnt hat? (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das kann nicht sein!)


aben Sie nicht noch kurz vor Verabschiedung des Re-
ierungsentwurfs in der FAZ erklärt – ich zitiere Sie –:

Die Mini-GmbH ist ein Zugeständnis an den Koali-
tionspartner...

nd – das haben Sie heute noch einmal gesagt –:

Ganz ohne Kapital kann man kein Unternehmen
gründen, auch nicht im Dienstleistungssektor.

Was hat Sie nun eigentlich vom Gegenteil überzeugt?
as haben Sie heute nicht erklärt. Die Sachverständigen-

nhörung im Rechtsausschuss kann es nicht gewesen
ein. Die Mehrheit der Sachverständigen war weder von
er Notwendigkeit noch gar von der Seriosität der Mini-
mbH überzeugt.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer braucht die FDP?)


Es ist richtig: Wir hatten in den letzten Jahren einen
urzfristigen Boom von Limiteds in Deutschland, kurz-
ristig deshalb, weil nur ungefähr die Hälfte der Limiteds
tatistisch das erste Geschäftsjahr überlebt und nur
Prozent – ich wiederhole: 3 Prozent – die ersten beiden

ahre. Demgegenüber sind die GmbHs viel stabiler. Nur
,5 Prozent der GmbHs geraten im ersten Jahr in finan-
ielle Schwierigkeiten.

Es ist also richtig, dass ein Großteil der Limiteds wirt-
chaftlich keinen Erfolg hatte. Warum? Diese Limiteds
ind schlicht überschuldet. Das liegt nicht am britischen
echt, sondern an der fehlenden Finanzstärke dieser Li-
iteds. So wurde das Insolvenzverfahren bei 70 Prozent

er Limited-Insolvenzen im Jahr 2006 mangels Masse
icht einmal eröffnet. Von diesen Insolvenzen – das bitte
ch zu beachten – waren knapp 1 500 Arbeitnehmer in
eutschland betroffen, und die ausstehenden Forderun-
en beliefen sich auf rund 130 Millionen Euro. So viel
um gesamtwirtschaftlichen Schaden.


(Beifall bei der FDP)


Mini-GmbHs werden dasselbe Schicksal erleiden wie
ie Limiteds. Sie werden bei Lieferanten, bei Banken
nd bei Behörden auf Vorbehalte treffen. Sie sind hoch
nsolvenzanfällig. Man kann natürlich sagen: Das ist das
isiko des einzelnen Geschäftsmannes. Es wird auch die
einung vertreten, man könne die Mini-GmbH doch

rst einmal ausprobieren. Wir Liberale fragen aber auch
ach dem potenziellen wirtschaftlichen Schaden.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


ir fragen: Wer sind denn die Verlierer dieser Reform?
ine ganz klare Antwort hat der Sachverständige Profes-
or Goette bei der Anhörung gegeben: Verlierer ist die
llgemeinheit. Der Fiskus, die Sozialkassen und die
leinen Gläubiger sind die Gelackmeierten. – Das sind
icht meine Worte, sondern die Worte von Professor
oette. Bei jedem insolventen Unternehmen gibt es
läubiger, die ihr Geld nie sehen. Steuern und Sozialab-






(A) )



(B) )


Mechthild Dyckmans
gaben – das wissen wir – sind das erste, was eine Firma
nicht mehr zahlt, wenn sie wirtschaftliche Schwierigkei-
ten hat. Arbeitnehmer und deren Familien sind von dem
wirtschaftlichen Fiasko besonders betroffen.

Es wird versucht, die Mini-GmbH als „Einstiegsva-
riante“ zur GmbH hinzustellen, so in der FAZ, nach ei-
ner Pressemitteilung von Herrn Gehb. Wenn sie das denn
wenigstens wäre, wenn man wirklich die Möglichkeit
geschaffen hätte, zunächst mit einem geringen Mindest-
kapital zu beginnen, dann aber die GmbH mit einer fes-
ten Frist zu einer Voll-GmbH zwingend aufschließen zu
lassen und umzufirmieren, dann wäre das noch ein gang-
barer Weg gewesen. Eine solche Verpflichtung sieht der
Gesetzentwurf aber nicht vor. Man hält bewusst an den
zwei eigenständigen Formen fest, und das ist falsch. Das
ganze Konzept der Mini-GmbH wird nicht gebraucht. Es
nutzt niemandem.

Zum Abschluss möchte ich auf eine ganz besondere
Variante des Gesetzes eingehen. Das GmbH-Gesetz wird
ein gesetzliches Musterprotokoll für Notare enthalten.
Ausgerechnet der Notar, der am besten ausgebildete Ju-
rist,


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Danke schön! Vielen Dank!)


der zu Recht weiterhin alle Gründungen vornehmen soll,
bekommt gesetzliche Beratung. Diesen Unsinn kann
man einfach nicht mitmachen.


(Beifall bei der FDP)


Es ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers, Musterverträge,
Mustersatzungen und Musterprotokolle vorzugeben.
Glauben Sie wirklich, man kann unseren Alltag in ge-
setzliche Muster pressen? Wollen wir demnächst darüber
nachdenken und darüber diskutieren, welche Formular-
handbücher für Notare und Rechtsanwälte künftig Ge-
setzesrang erhalten sollen? Nein, diesen Unsinn machen
wir von der FDP nicht mit.


(Beifall bei der FDP)


Lassen Sie mich noch einen kurzen Satz zu dem Ent-
schließungsantrag der Grünen sagen: Das ist Rosinenpi-
ckerei pur. Sie wollen zum einen eine Haftungsbeschrän-
kung bei Kapitalgesellschaften und zum anderen die
steuerliche Behandlung als Personengesellschaft.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Das wollen wir! Und Gläubigerschutz!)


– Das ist genau der Punkt. Dazu sagen Sie so gut wie gar
nichts.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber natürlich!)


Wie der Gläubigerschutz aussehen soll, sagen Sie nicht.
Das ist genau der Punkt. Sie wollen zwar, dass die Un-
ternehmen Gewinne machen, aber die Risiken und die
Schäden wollen Sie sozialisieren und auf die Allgemein-
heit verlagern. Da machen wir nicht mit.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Zur vorliegenden Reform kann ich nur sagen: Ja, wir rauchen eine Kultur der Selbstständigkeit. Ja, wir brauhen Existenzgründer, also Menschen, die bereit sind, irtschaftliche Verantwortung für sich und andere zu bernehmen. Ja, wir brauchen eine starke, seriöse, chnell und unbürokratisch zu gründende GmbH. Aber ein, wir brauchen weder eine Mini-GmbH noch ein geetzliches Musterprotokoll. Manchmal ist weniger chlicht mehr. Danke schön. Dr. Jürgen Gehb ist der nächste Redner für die CDU/ SU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manche esetzesvorhaben kommen völlig unspektakulär daher nd entpuppen sich erst bei näherer Betrachtung als poliische Schwergewichte. In diese Kategorie fällt auch die mbH-Reform. Sie ist nicht nur die umfassendste Re orm des GmbH-Rechts seit dem Bestehen der GmbH im ahre 1892, sondern sie wird auch von manch einem in er Fachliteratur, aber auch in der gängigen Literatur, die edermann zugänglich ist, als kleine Revolution bezeichet. Frau Ministerin und Kollegin Dyckmans, der Herrott verzeihe Ihnen Ihre Übertreibungen, die Sie mir bei er Urheberschaft zugebilligt haben, und mir, dass ich ie ganz gerne gehört habe. In den verschiedensten Zirkeln, zum Beispiel auf dem eutschen Juristentag und bei Podiumsdiskussionen, ird schon sehr lange über die GmbH, über Defizite und ber mögliche Veränderungen diskutiert. Nun ist das iskutieren das eine, das Umsetzen ist das andere. Dazu raucht man nämlich Gestaltungskraft. Die Große Koaliion ist auf dem Gebiet der Rechtspolitik handlungswilig und vor allen Dingen handlungsfähig. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617200400

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1617200500

ie Große Koalition wird hier und heute den Entwurf ei-
es Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und
ur Bekämpfung von Missbräuchen verabschieden.
etztlich kommt es nicht darauf an, ob man Zeitungsarti-
el schreibt, ob man Interviews gibt oder ob man Fach-
ufsätze verfasst, es kommt nur darauf an, was schwarz
uf weiß im Bundesgesetzblatt steht. In einigen Wochen
ird dies im Gesetzblatt stehen. Das ist die Leistung der
roßen Koalition.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich möchte ohne Anspruch auf Vollständigkeit – und
chon gar nicht wie in einer Rechtsvorlesung – wenigs-
ens stakkatohaft auf einige Gesichtspunkte eingehen
nd sie aufzählen. Es gibt – das ist schon genannt wor-
en – die berüchtigten Beerdigungsfälle, also Firmenbe-
tattungen am Ende einer Gesellschaft. Es gibt die ver-
wickten verdeckten Sacheinlagen. Es gibt die großen






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb
verdrussbereitenden eigenkapitalersetzenden Darlehen
und sonstige Leistungen, Nutzungsüberlassungen und
Vorratsgesellschaften. Schließlich geht es um das ganz
kontrovers diskutierte Cash-Pooling-System und vieles
mehr. All diese damit verbundenen Ärgernisse schaffen
wir ab. Die geplante Modernisierung werden wir errei-
chen. All den Missbrauch, den es bisher gegeben hat,
werden wir verhindern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Mechthild Dyckmans [FDP]: Wir sprechen uns wieder!)


Lassen Sie uns einen kurzen Augenblick Zeit nehmen
und bei der Frage verweilen: Warum ist eine Reform
des GmbH-Rechts notwendig? Die GmbH wird ja als
das Erfolgsmodell seit ihrer Geburtsstunde 1892 be-
zeichnet, und 1 Million Gesellschaften mit beschränkter
Haftung ist ein schlagender Beweis dafür.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Aber alle Erfolgsmodelle, ob es sich um Autos oder
sonstige Waren und Güter handelt, kommen natürlich ir-
gendwann in die Jahre und behalten ihren Erfolgsmo-
dellcharakter nur, wenn sie den Zeiten angepasst wer-
den. Das haben wir getan.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Neues Design!)


– „Neues Design“ sagt Herr Benneter.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Aber mehr auch nicht! Auf das Design kommt es nicht an!)


Zu diesen bisher nur nationalen Gesichtspunkten ei-
ner Veränderung des GmbH-Rechts und einer Reform an
Haupt und Gliedern gesellt sich eine europäische Vari-
ante, nämlich – die Kenner von Ihnen wissen es – die eu-
ropäische Rechtsprechung des EuGH. Ich nenne nur
die Verfahren Centros, Daily Mail, Überseering oder In-
spire Art. Sie haben dazu geführt, dass wir aus unseren
geradezu paradiesischen Verhältnissen – jedenfalls hin-
sichtlich der Exklusivität der deutschen Rechtsordnung –
jäh auf den Boden der Wirklichkeit zurückgeworfen
worden sind. Plötzlich stellen wir fest, dass sich deut-
sche Firmengründer auch anderer europäischer Rechts-
formen bedienen können, zum Beispiel einer französi-
schen oder einer spanischen. Beispielhaft bzw. pars pro
toto sei die englische Limited erwähnt, die in quantitati-
ver Hinsicht – das ist schon gesagt worden – noch immer
eine große Bedeutung hat.

Diese europäischen Herausforderungen kann man
nicht bewältigen, wenn man nur eine Änderung der
GmbH-Konfiguration, wie wir sie kennen, vornimmt. Es
ist nun einmal nicht möglich, eine Allzweckwaffe bzw.
eine – ich formuliere es einmal volkstümlich – eierle-
gende Wollmilchsau zu schaffen. Man kann nicht einen
Sportwagenfahrer, der gerne Porsche fährt, einen sechs-
fachen Familienvater, der einen Caravan braucht, und
eine biedere Familie, die gerne ein Mittelklasseauto
fährt, oder den Single mit einem Smart gleichzeitig be-
dienen.

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(C (D Daher haben wir gesagt: Neben der Änderung bei der mbH, die wir alle für notwendig halten und die wir ja orgenommen haben, müssen wir auch eine spezifische ntwort auf die Herausforderungen der englischen imited geben. Das haben wir mit der sogenannten haf ungsbeschränkten Unternehmergesellschaft, kurz „UG“ enannt, getan. Sie wird ihren Platz in § 5 a des Gesetzes ur Modernisierung des GmbH-Rechts finden, und das ird auch so bleiben. Meine Damen und Herren, was zeichnet eine hafungsbeschränkte Unternehmergesellschaft aus? Der eweggrund, der uns zu dieser Regelung veranlasst hat, ar, dass wir eine preiswerte, schnelle und unkompli ierte Gründung ermöglichen und auch die GmbH von em Ballast, den sie mit sich bringt, entschlacken wollen. Unser Angebot ist die Gründung einer Gesellschaft it einem Stammkapital von 1 Euro. Allerdings besteht ie Pflicht zur Thesaurierung eines Viertels des jährichen Gewinns, bis man das Stammkapital der GmbH ingezahlt hat. Liebe Mechthild Dyckmans, aus diesem Grunde haen wir die Höhe des Stammkapitals der GmbH bei 5 000 Euro belassen. Denn aufgrund des Angebots eier Einstiegsvariante war ein „Herumfummeln“ an der tellschraube Stammkapital – nach dem Motto: 5 000 Euro, 10 000 Euro, 5 000 Euro; wer bietet mehr, er bietet weniger? – gar nicht mehr nötig. Wir konnten iese zugegebenermaßen bedeutungsvolle Seriositätschwelle beibehalten. Weil Sie eben von Konkursen geredet haben, möchte ch Sie fragen: Wissen Sie eigentlich, wie hoch die Insolenzsumme im Falle des Konkurses einer klassischen mbH ist? Im Schnitt beträgt diese Insolvenzsumme 00 000 Euro. 25 000 Euro Haftungskapital, mit dem an das abfangen will, ist auch nur eine Quantité egligable. Daher haben wir die Hürde für die Gründung ei einem Stammkapital von 1 Euro eingebaut. Im Gegensatz zu den erfolglosen Versuchen in der ergangenheit, allerdings bei politisch anders gearteten onstellationen – ich erinnere nur an das Mindestkapi algesetz oder an das MiKaTraG –, haben wir es nun gechafft, der klassischen GmbH unter Beibehaltung ihrer ttraktivität für diejenigen, die sich ihrer schon bedieen, eine kleine Schwester zur Seite zu stellen. Meine Damen und Herren, es ging uns nicht nur daum, eine Regelung zu schaffen, die ein geringes tammkapital vorsieht, sondern auch darum, die Grünungskosten zu verringern. Wer mit einer EinmannmbH vorliebnehmen will und zum Notar geht, der ahlt 20 Euro Notargebühren und 100 Euro Registergeühren. Das Ganze geht auch noch ziemlich schnell, und ie Gründungskosten bleiben mit ungefähr 150 Euro eutlich unter den Kosten für die Gründung einer Liited. Nun wird kritisiert, das Gründungsprotokoll sei uatsch, und man brauche es nicht. Ich sage Ihnen: enn Sie heute zum Arzt gehen und sagen, dass Sie ein estimmtes Rezept brauchen, dann greift der Arzt in eine chublade, holt seinen 08/15-Rezeptblock heraus und Dr. Jürgen Gehb schreibt es auf. Das kostet Privatpatienten wie mich, die den 2,3-fachen Satz zahlen müssen, 20,11 Euro. Wer mehr will, wem dieses Basismodell, dieser Smart Standard, nicht reicht, wer lieber einen Smart mit Schiebedach, parfümierten Haftreifen und Ledersitzen will, der muss natürlich mehr zahlen. Wer mehr will, muss abhängig vom Geschäftswert von mindestens 25 000 Euro – da lacht das Herz, Herr Benneter, nicht wahr? – mit nach oben offenen Grenzen, freilich degressiv, mehr zahlen. Das wollen wir auch. Mehr Leistung – mehr Gegenleistung; das ist auch auf anderen Gebieten so, das ist ein ganz einfaches Prinzip. Wenn ich schon für die Urheberschaft der Unternehmergesellschaft verantwortlich gemacht werde, will ich sagen: Solange etwas Erfolg hat, wollen alle der Urheber gewesen sein. So ist es auch diesmal: Es ist kurios, wer sich jetzt alles als Erfinder der UG geriert. Bei Misserfolg steht man allerdings als Waisenknabe da. Aber abwarten! Es ist nicht nur der rechtspolitische Sprecher der Union, der sich für die UG ausgesprochen hat, auch aus der Wirtschaft kamen Rufe nach einer solchen Rechtsform. Ich erinnere daran, dass der Chefjustiziar des DIHK, Herr Dr. Möllering, gesagt hat: Wir brauchen noch eine zusätzliche Rechtsform für die ganz Kleinen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])





(A) )


(B) )


(Heiterkeit)


Auch aus der Wissenschaft kamen entsprechende Stim-
men. So gehen Teile dieser Idee auf den Nestor, auf den
Doyen der deutschen Gesellschaftsrechtslehre, Herrn
Professor Dr. Lutter, zurück; die UG hat ihm viel zu ver-
danken. Auch Professor Heribert Hirte hat uns mit zahl-
reichen Vorschlägen flankierend zur Seite gestanden.
Ihm ist ebenso zu danken wie den Mitarbeitern des Jus-
tizministeriums, die, was die UG angeht, zwar zum Ja-
gen getragen werden mussten – freilich, Herr Seibert –,
aber das dann wunderbar begleitet haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben nicht nur national Rückenwind: Der Präsi-
dent der Wirtschaftskammer Österreichs hat erklärt, dass
er auf ein ähnliches Gesetz wie für die GmbH-Reform in
Deutschland nebst der UG warte. Wir brauchen uns nicht
zu wundern, wenn die Österreicher demnächst mit einer
ähnlichen Gesellschaftsrechtsform aufwarten.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Die müssen aber Lizenzgebühren zahlen!)


Last, but not least: Wer gelegentlich liest – dieses
„liest“ wird zugegebenermaßen anders geschrieben –,
konnte gestern im Handelsblatt lesen, dass die Europäi-
sche Kommission, so Binnenmarktkommissar McCreevy,
eine Europäische Privatgesellschaft einführen will: die
sogenannte Societas Privata Europaea – in keiner meiner
Reden darf ein lateinischer Ausdruck fehlen.

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(C (D Herr Kollege, nach der Geschäftsordnung des Bun estages wäre es zulässig, auf lateinische Begriffe zu erzichten. (Joachim Stünker [SPD]: Die Amtssprache ist Deutsch!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617200600


Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1617200700

Ich mache nur das, was zulässig ist – obwohl manche

ier, was die freie Rede angeht, eigentlich gänzlich ge-
en die Geschäftsordnung verstoßen.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Ja, leider!)


Die Europäische Kommission schlägt vor, dass es für
ie Gründung einer Societas Privata Europaea genügen
oll, 1 Euro einzubringen. Ich möchte einmal wissen,
ie Sie dagegen angehen wollen, Frau Dyckmans! Aber
ollen wir warten, bis die Europäische Kommission

ndlich zu Potte kommt? Nein. Hic et nunc, hier und
etzt, heute machen wir das!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ganz zum Schluss: Verehrte Frau Dyckmans, liebe
echthild,


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Lieber Jürgen!)


ei der ganzen Kritik, die du vorgelesen hast, hättest du
ir an deinem parlamentarischen Urahnen, dem national-
iberalen Abgeordneten Dr. Bamberger ein Beispiel neh-
en sollen, der sich schon am 21. März 1892 in der

99. Sitzung des Reichstages bei der Einführung der
mbH neben der Aktiengesellschaft – die übrigens ge-
auso bekämpft worden ist wie jetzt die UG, die neben
er GmbH eingeführt werden soll – wahrscheinlich – ich
ar nicht Zeitzeuge, auch wenn ich manchmal fast so

ussehe –


(Heiterkeit)


anz lässig hingestellt und erklärt hat: Allen Verzagten
nd allen Kritikern sei gesagt, dass sie sich erst einmal
nschauen sollen, wie sich das Neue in der Praxis be-
ährt. – Das empfehle ich auch. Wir sollten nicht aus
ngst vor dem Tode Selbstmord begehen! Wir sollten
ns anstecken lassen von dem Optimismus der Pioniere
es Gesellschaftsrechts!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ir sollten nicht kleinkariert und kleinmütig an einer
esellschaftsrechtsreform herummäkeln, die – davon
in ich überzeugt – sowohl den Gründungswilligen als
uch den Investoren als auch den großen Konzernen ei-
en Rechtsrahmen bietet, innerhalb dessen die Leute
hre unternehmerische Findigkeit, ihren Ideenreichtum
msetzen können. Ich bin der Meinung, mit der Reform,
ie wir heute verabschieden, wird die GmbH, wird das
esellschaftsrecht fit für das 21. Jahrhundert.

Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617200800

Das Wort erhält nun die Kollegin Sabine

Zimmermann, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Die erzählt jetzt wohl was von anderen Pionieren!)



Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617200900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Herr Dr. Gehb, Sie sprachen
eben von einem neuen Design für das Gesetz. Ich denke,
es geht nicht um die Fassade, sondern um den Inhalt.
Deswegen muss ich Ihnen hier wirklich widersprechen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir beraten heute einen Gesetzentwurf in zweiter und
dritter Lesung, der den Namen, den er trägt, aus unserer
Sicht nicht verdient.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Aha!)


Wir haben diesen Gesetzentwurf im Ausschuss – ich
muss sagen: in seltener Einmütigkeit mit der FDP – ab-
gelehnt.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss der FDP zu denken geben!)


Dies werden wir auch heute tun. Aus unserer Sicht gibt
es keinen Anlass, die bewährte Rechtsform der GmbH
durch eine neue Unterform zu ergänzen. Diese soge-
nannte Unternehmergesellschaft ist missbrauchsanfäl-
lig, bietet keinen hinreichenden Gläubigerschutz und ist
deshalb aus unserer Sicht völlig überflüssig.


(Beifall bei der LINKEN)


Als Grund für diese Gesellschaftsform hat Dr. Gehb
– ich muss ihn wieder zitieren – in der ersten Lesung am
20. September 2007 Folgendes gesagt:

Wir stehen in einem europäischen Wettbewerb
nicht nur hinsichtlich der Erzeugung von Gütern
und Dienstleistungen, sondern auch hinsichtlich der
Rechtsordnungen und der Rechtsformen. Diesen
Wettbewerb nehmen wir an. Wir wollen und müs-
sen ihn gewinnen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Gehb, ja!)


Für mich stellt sich die Frage, ob dieser von Ihnen
ausgerufene Wettbewerb zwangsläufig so aussehen
muss, dass die niedrigsten Standards anzusetzen sind.
Wenn überhaupt ein Vergleich zwischen Rechtsordnun-
gen gezogen werden kann, dann sollte dies aus der Sicht
meiner Fraktion nach dem Maßstab der Verwirklichung
sozialstaatlicher und demokratischer Grundsätze erfol-
gen. Dies scheint mir hier nicht der Motor und der Maß-
stab der Veränderung gewesen zu sein.

Sie unterstellen, dass viele Gründer darauf angewie-
sen sind, möglichst viel Kapital mit einem möglichst ge-
ringen Risiko zu erwirtschaften. Warum dies das Beste
ist, kann uns allerdings niemand begründen. Warum
muss ein Unternehmer, der als Marktteilnehmer Ge-

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(C (D inne erzielt, von den Risiken seines Tuns möglichst reigestellt werden? Ich frage Sie: Wie wollen Sie das en Millionen Arbeitslosen erklären, denen in den verangenen Jahren immer mehr Risiken der Lebenssicheung aufgebürdet worden sind? Ja, ich frage auch Herrn Benneter zum Beispiel. Sie ind ja in einer sozialen, demokratischen Partei, deren itglied ich auch einmal war. (Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Sie wollen wahrscheinlich eh nur einen VEB! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sollen wir die GmbH ganz auflösen?)


(Zuruf des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


Die Gründer, die Sie mit 1 Euro mal eben eine Gesell-
chaft gründen lassen wollen, werden am Markt tätig
ein. Die Unternehmergesellschaft wird also Arbeitneh-
erinnen und Arbeitnehmer beschäftigen und darüber

inaus viele weitere Gläubiger haben.

Was macht dieser Unternehmer denn, wenn er statt
er erwarteten Gewinne ganz im Gegenteil Verluste ein-
ährt?


(Joachim Stünker [SPD]: Was macht er heute denn?)


r wird früher oder später logischerweise in die Insol-
enz gehen. Meine Kollegin von der FDP hat es gesagt:
er dann die Kosten trägt, scheint Ihnen gleichgültig zu

ein.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das, was Sie machen wollen, wäre ein wirtschaftspolitischer Niedergang!)


Dass Sie nicht unserer Meinung sind, ist ja allgemein
ekannt.


(Joachim Stünker [SPD]: Sie reden doch schwach!)


Ebenso gehen Sie darüber hinweg, dass die neuen Un-
ernehmen, die mit einer weitestgehenden Haftungsbe-
chränkung entstehen sollen, sehr viel häufiger pleitege-
en. Gerade das lehrt ja die Erfahrung mit den britischen
imiteds. Von den Unternehmern, die sich in Deutsch-

and für diese britische Rechtsform entschieden haben,
st ein hoher Prozentsatz längst insolvent. Mit ihrer gran-
iosen Innovation, mit ihren Unternehmergesellschaften,
rganisieren Sie einen Wettbewerb der Pleiterekorde.

Wenn es um Arbeitslose und Rentner geht, dann dre-
en Sie jeden Cent dreimal um. Wenn es aber um Grün-
er geht, dann soll es egal sein, wie viel Geld für Rechts-
treitigkeiten und sonstige Folgekosten verloren geht.

öglichst schnell und möglichst einfach sollen Unter-
ehmen gegründet werden. Viel mehr als ein Dogma ha-
en Sie hier nicht zu bieten.

Sie alle haben sicherlich schon von Fällen gehört, in
enen die Zahlung der Arbeitslöhne angefochten wurde
nd die Löhne an den Insolvenzverwalter zurückgezahlt
erden mussten. Versetzen Sie sich jetzt doch bitte ein-
al in die Lage eines Arbeiters oder eines Angestellten.
ollen sie, wenn sie bei einem solchen Unternehmen be-






(A) )



(B) )


Sabine Zimmermann
schäftigt sind, ihren Lohn etwa gleich beim Insolvenz-
verwalter abgeben, weil sie ja schließlich wussten, dass
sie bei einer GmbH light arbeiten, die eben immer ein
bisschen mehr Risiko in sich birgt? Ich habe dies be-
wusst zugespitzt


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das hat doch mit diesen Fällen überhaupt nichts zu tun!)


– es hat garantiert etwas damit zu tun –, weil die Koali-
tion, wie uns scheint, anders an eine GmbH-Reform he-
rangeht, als wir das tun würden. Während sich die Koali-
tion fragt, mit welchen Rechtsordnungen sie um die
Wette eifern kann, richten wir unseren Blick auch auf die
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und fragen uns,
wie wir deren Situation in solchen GmbHs verbessern
können. Hierzu gibt es allerhand Anknüpfungspunkte im
Bereich der Demokratisierung der Entscheidungspro-
zesse in den Unternehmen.

Auch der Gläubigerschutz muss gestärkt werden.
Denn dadurch werden Arbeitsplätze erhalten und andere
Unternehmen – vor allem im Mittelstand – davor ge-
schützt, bei einer Krise des Vertragspartners selbst in
eine Krise zu geraten.

Es gäbe also viel zu tun. Mit der Unternehmergesell-
schaft marschiert die Koalition in die entgegengesetzte
Richtung und vermindert den Gläubigerschutz. In der
Begründung zur Einführung dieser Unternehmergesell-
schaft wird lapidar auf die Vielzahl von Gründungen in
der Form der Limited hingewiesen. Wie viele Gründun-
gen aber gibt es genau? Wie viele sind schon wieder ge-
löscht worden? Warum ist das geschehen, und wie ergeht
es den Gläubigern solcher Limiteds? Welche Probleme
ergeben sich für die Gründer selbst?

All diese Fragen sind nicht seriös beantwortet wor-
den, sonst hätten Sie diesen Gesetzentwurf nicht in die-
ser Form vorgelegt. Zum Teil sind die von mir genannten
Fragen in der Anhörung des Rechtsausschusses beant-
wortet worden. Die Antworten fielen deutlich gegen die
Unternehmergesellschaft aus. Es wurde klar herausge-
stellt, dass der faktische Verzicht auf das Stammkapital
ein Risiko für die Gläubiger darstellt. Es wurde auf die
französischen GmbHs mit weniger als 7 500 Euro
Stammkapital hingewiesen. Ebenso wurde deutlich da-
rauf hingewiesen, dass die englischen Limiteds viel insol-
venzanfälliger sind als Unternehmen nach dem bislang
geltenden deutschen Recht. Ähnliches droht nun mit der
Einführung der unterkapitalisierten Unternehmergesell-
schaft.

Gegen diese von uns und vielen Sachverständigen ge-
äußerten Warnungen führen Sie merkwürdige Argu-
mente an. Über das Argument, selbst die 25 000 Euro
der GmbH, die als Stammkapital aufzubringen sind,
seien nichts im Vergleich zu den gewöhnlich auftreten-
den Schulden, kann man sich nur wundern. Man fragt
sich, ob es sich dabei um Zynismus oder Gedankenlosig-
keit handelt.

Sie vergessen auch die Seriositätsschwelle, die vom
Stammkapital ausgeht. Die Ansparpflicht für das
Stammkapital, die für die neue Unternehmergesellschaft

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(C (D elten soll, mag für Sie eine kleine Beruhigungspille ein. Aus unserer Sicht ist das aber keine Lösung. Es ist auch nicht gesagt, dass der Gesetzentwurf den ründern selbst wirklich hilft. Denn sie kommen damit her zu dem Trugschluss, dass nichts leichter ist, als ein nternehmen zu gründen. Im Zweifel sind die Gründer esser beraten, wenn sie durch entsprechende Hürden avon abgehalten werden, unwirtschaftliche Unternehungen zu gründen. Wegen mangelnder Kreditwürdig eit werden sie von den Banken sowieso nur dann Geld ekommen, wenn sie persönlich haften. (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Ja! Das hat doch nichts mit Stammkapital zu tun! Man muss immer selber haften!)


(Beifall bei der LINKEN)


Ja, aber auch das kann durch Ihren Gesetzentwurf zu
inem Problem werden; denn Sie fördern die Leichtfer-
igkeit im Umgang mit unternehmerischen Entscheidun-
en.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wirklich Blödsinn!)


Sie haben gleich die Möglichkeit, darauf einzugehen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werde ich auch!)


in zu schnelles und leichtfertiges Eingehen persönli-
her Haftungsrisiken wird durch Ihr Gesetz indirekt ge-
ördert. Wenn die Gründer mit ihrer Geschäftsidee falsch
iegen, sind sie doppelt hart getroffen: als Unternehmer
escheitert und in persönlichen Schulden versunken.

Sie haben an keiner Stelle den Bedarf für die Einfüh-
ung der Unternehmergesellschaft nachgewiesen. Wenn
ie den Vergleich der Rechtsordnungen sozial verant-
ortlich und ernsthaft durchführen würden, dann wären
anz andere Schlussfolgerungen zwingend notwendig.
ann gäbe es längst den Mindestlohn. Da Sie aber die-

en Vergleich nicht sozial verantwortlich durchführen,
ann man nur mit Schrecken abwarten, welche Neuerun-
en uns beim großen Wettbewerb der Rechtsordnungen
rwarten.

Alles in allem kann man zur Einführung der Unter-
nehmergesellschaft nur festzustellen: Wie Sie hier
auf den Namen „Gesetzentwurf … zur Bekämpfung
von Missbräuchen“ kommen, ist schleierhaft und
vollkommen unverständlich. Sie öffnen dem Miss-
brauch Tür und Tor.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Manchen wird das Recht immer verborgen und schleierhaft bleiben!)


ir werden dem nicht zustimmen.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Das gehört mit zu dem größten Unfug, den ich hier je gehört habe!)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617201000

Nun hat der Kollege Jerzy Montag das Wort für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617201100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich

vorgestern die FAZ gelesen habe, war ich fast geneigt,
den Einstieg meiner heutigen Rede zu verändern; denn
dort steht, von 2006 bis 2008 sei die Zahl der Neugrün-
dungen erschreckend zurückgegangen. Ich dachte: Oh
Gott! Was ist passiert? Ich habe ein ganz anderes Bild. –
Aber am Ende des gleichen Zeitungsartikels steht der
Satz, verantwortlich für den Rückgang seien vor allem
die gute Konjunktur in den vergangenen Jahren und die
damit einhergehende Entspannung auf dem Arbeits-
markt. Die höhere Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt er-
klärt also die gesunkene Zahl der Gründungen. Danach
war ich ein bisschen beruhigt. Ich habe mich dann den
Zahlen des Statistischen Bundesamtes zugewandt. Da-
nach gab es im Jahr 2006 in Deutschland 53 000 GmbH-
Neugründungen, 12 500 sogenannte Neuzuzüge und
8 000 Übernahmen – dabei handelt es sich um die Er-
richtung einer GmbH durch Kauf, Erbe oder Rechtsform-
änderung –, insgesamt 77 500 GmbHs.

Das GmbH-Recht ist seit fast 30 Jahren unverändert.
Die angestrebte Reform ist die größte und strukturell
entscheidendste seit der Gründung dieser Rechtsform.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Unternehmer haben ein Interesse, sich bei überschau-
barem Risiko wirtschaftlich zu betätigen, einem Risiko,
das auf die wirtschaftliche Betätigung begrenzt ist und
nicht ihr Privatvermögen betrifft.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Dies ist seit über 100 Jahren ein Erfolgsmodell in
Deutschland. Insbesondere der Linken sage ich: Der
Mittelstand bildet den Kern dieses Modells mit über-
schaubarem wirtschaftlichen Risiko. Das ist auch der
Kern dessen, mit dem in Deutschland die Arbeitslosig-
keit bekämpft werden kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie wollen dieses Modell mit Ihren populistischen Äuße-
rungen grundsätzlich schleifen. Damit greifen Sie unmit-
telbar in die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ein und
erhöhen die Arbeitslosigkeit, statt mitzuhelfen, sie zu
mindern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Über die Jahrzehnte haben sich Schwächen beim
GmbH-Recht herausgebildet. Wir haben Lücken er-
kannt, genauso wie die Rechtsprechung. Es haben sich
neue Entwicklungen ergeben, die neue Regelungen er-
fordern. Mit dem Gesetz werden alle Probleme ange-
packt, von der Geburt bis zur Insolvenz und zur soge-

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(C (D annten Bestattung. Das ist der Kern des GmbH-Rechts. ir unterstützen dieses Reformwerk und werden ihm ustimmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie suhen krampfhaft nach zwei, drei Punkten – und seien sie och so unbedeutend –, um Ihre Ablehnung zu begrünen. Das ist angesichts des Reformwerks überhaupt icht angemessen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


unkt eins ist das beurkundungspflichtige Musterproto-
oll, liebe Kollegin Dyckmans. Fakt ist – die Kollegen
otare werden mir das bestätigen –: Die Notare haben
as längst und brauchen kein Musterprotokoll. Sie haben
ich längst auf das Gesetz vorbereitet und haben in ihrer
igenen Mustersammlung, die sie bei ihrem Verband
aufen, bereits ein entsprechendes Musterprotokoll, das
ie per Knopfdruck abrufen können. Es stimmt, dieses
eurkundungspflichtige Musterprotokoll wird nicht ge-
raucht. Aber das ist kein Grund, den Gesetzentwurf ab-
ulehnen. Man muss wirklich mit der Lupe suchen, um
o etwas zu finden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Punkt zwei ist die Debatte über das sogenannte Grün-
ungskapital. Ich sehe, dass man bei der Argumentation
in und her laviert. Die Bundesjustizministerin Zypries
at einmal gesagt: Es ist vernünftig, die Höhe des Min-
eststammkapitals auf 10 000 Euro abzusenken, alles
ndere bringt nichts. Jetzt ist genau das Gegenteil einge-
reten. Es ist etwas Neues hinzugekommen, nämlich die
G. Die Höhe des Mindestkapitals ist nicht auf 10 000

bgesenkt worden; sie ist bei 25 000 Euro geblieben, so
ie wir es immer hatten.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das Bessere ist immer der Feind des Guten!)


Hören Sie mir bis zum Ende zu. Die andere Argumen-
ation ist: Diese Summe hat die Funktion einer Seriosi-
ätsschwelle. Ich halte das alles für Argumente neben der
ache. Wir haben von den Sachverständigen gehört
das wissen wir doch –, dass dies keine Seriositäts-

chwelle ist.


(Beifall des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


Ob man 10 000 Euro, davon 50 Prozent als Bar-
inlage, oder 25 000 Euro, davon 50 Prozent als Barein-
ge, braucht, ist, je nachdem, wie man sich betätigen will,

ntweder viel oder gar nichts. Wenn man ein Darlehen
raucht und dafür Schulden machen muss, gilt sowieso
ie persönliche Haftung. Sie sagen selber: Bei einer
urchschnittlichen Insolvenzsumme von 800 000 Euro
pielen 10 000 oder 25 000 Euro überhaupt keine Rolle.

Die Frage über die Höhe des Gründungskapitals mag
m 19. Jahrhundert eine Rolle gespielt haben. Heute ist
as unerheblich. Deswegen ist die Frage, ob die Große
oalition und das Bundesjustizministerium bei dieser
osition mal so und mal anders argumentiert haben, un-
ichtig, wenn es darum geht, wie man diesen Gesetzent-






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
wurf bewertet. Das ist der zweite Punkt, bei dem ich Ih-
nen vorwerfe, dass Sie ein Haar in der Suppe suchen.


(Beifall des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


Punkt drei. Viele junge Leute haben eine Idee und
wollen Unternehmer werden und suchen daher nach ei-
ner neuen und modernen Form, in der sie sich betätigen
können. Diesem Bedürfnis muss man Rechnung tragen.
Wenn man das nicht tut, dann verschließt man viele
Möglichkeiten und verbaut den jungen Menschen Zu-
kunftschancen. Man muss ihnen vielmehr ein Angebot
machen, damit sie mit einer Beschränkung in Höhe des
finanziellen Risikos, das sie in ihrem Gewerbe oder in
ihrem Unternehmen tragen können, anfangen können,
sodass sie nicht auf ihr persönliches Vermögen zurück-
greifen müssen.

Aufgrund der europäischen Rechtsprechung können
diese neuen Unternehmer ausländische Rechtsformen
wählen. Wir waren uns fast alle einig, dass dies durch
ein deutsches Angebot insbesondere deswegen verbes-
sert werden muss, weil diese Rückgriffe auf englisches,
spanisches oder französisches Recht für die Betroffenen
ab dem zweiten Jahr zu erheblichen Nachteilen führen.
Insofern haben wir hier auch eine Schutzfunktion.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die von Ihnen vorgeschlagene UG ist nicht so
schlecht, wie ihre Feinde und Gegner sie machen wollen.
Aber wir Grünen sagen: Sie hat genau für diese Personen
einen strukturellen Nachteil. Weil dieses Angebot als
Kapitalgesellschaft ausgestaltet ist, führt dies notwendi-
gerweise dazu, dass die Steuer von den ersten 3 Euro
Gewinn, die dieses Unternehmen macht, 1 Euro einbe-
hält.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Na, na, na! Weniger! Ein Viertel! Was ist ein Viertel von 3 Euro?)


30 Prozent gehen für die Körperschaftsteuer und weitere
Steuern ab. Von den ersten 4 Euro, Herr Benneter, die
ein solcher Jungunternehmer aus dem Unternehmen als
Gewinn entnimmt, nimmt sich die Steuer wiederum
1 Euro, also 25 Prozent. Das ist kontraproduktiv.

Wir sagen: Die UG, wie Sie sie gemacht haben, hat
nicht so viele Fehler, dass man deswegen das ganze Ge-
setz ablehnen muss, Frau Dyckmans.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Das müssen Sie schon uns überlassen!)


Das ist nicht glaubwürdig. Wir Grünen haben ein besse-
res Angebot, nämlich die Personengesellschaft mit be-
schränkter Haftung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mit unserem Entschließungsantrag sagen wir: Verbinden
wir doch die Vorzüge der UG


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Mit den Nachteilen!)


mit einer steuerrechtlichen Lösung in Form einer Privat-
gesellschaft.

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(C (D Damit komme ich zu Ihnen, Frau Kollegin yckmans. Sie werfen uns vor, Rosinenpickerei zu be reiben und uns um Gläubiger und um Dritte nicht zu ümmern. Ich darf Ihnen dazu aus unserem Entschlieungsantrag vorlesen, weil Sie offensichtlich nicht in der age waren, bis zum Schluss zu lesen, sonst hätten Sie ns keine solchen Vorwürfe gemacht: Besonderes Augenmerk ist bei der Gestaltung einer solchen neuen Gesellschaftsform auf verbesserten … Gläubigerschutz durch strenge Rechnungslegungsund Publizitätspflichten, erhöhte Verantwortung der … Gesellschafter für die ausreichende Kapitalisierung der von ihnen betriebenen Gesellschaft und andere Maßnahmen zum Schutz von Gesellschaft, … Gesellschafter und … Gläubiger zu richten. er Vorwurf gegen uns, wir würden uns diesem Problem icht widmen, ist also falsch, widerlegt durch dieses itat. Der Gesetzentwurf, den die Koalition vorgelegt hat, st gut und richtig. Wir werden ihm zustimmen. Die paar chönheitsfehler haben wir benannt und zu Protokoll geeben. Das ist aber kein Grund, den Gesetzentwurf abzuehnen. Ich komme zum Schluss. Herr Präsident, meine Daen und Herren, es ist für mich eine einmalige Situa ion: Erstmals, seitdem ich im Hohen Hause Abgeordneer bin, habe ich meine Redezeit nicht vollständig usgeschöpft. Das wird sich nicht wiederholen. (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Sehr gut!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617201200

Herr Kollege, diese Drohung wird ohnehin im Proto-

oll vermerkt. Ich werde sie aber den Kollegen im Präsi-
ium gewissermaßen als Vorwarnung mit auf den Weg
eben.


(Heiterkeit – Dr. Norbert Röttgen [CDU/ CSU]: War aber nicht seine schlechteste Rede!)


Als nächster Redner erhält der Kollege Klaus Uwe
enneter für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1617201300

Herr Kollege Montag, in der Kürze liegt die Würze.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das lässt hoffen!)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die
echtsform der GmbH ist ein Erfolgsmodell. Das ist,
rau Dyckmans, gelebter Mittelstand. GmbH bedeutet
eute Wertschätzung und Anerkennung.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Das meine ich auch!)







(A) )



(B) )


Klaus Uwe Benneter
Die GmbH ist seit mehr als 100 Jahren ein gesellschafts-
rechtliches und wirtschaftspolitisches Erfolgsmodell.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Da stimmen wir Ihnen voll zu!)


– Dann sagen Sie das hier auch und machen Sie es nicht
schlechter, als es ist.

Bei 82 Millionen Einwohnern 1 Million GmbHs, das
zeigt, dass viele Menschen ihr Können, ihre Arbeits-
kraft, ihre ganze Kreativität in solche erfolgreiche Unter-
nehmungen oft über Generationen hinweg investieren.


(Beifall bei der SPD – Mechthild Dyckmans [FDP]: Wir wollen, dass es so bleibt!)


Dennoch – das ist nicht zu verkennen – haben sich et-
liche Mängel über ein Jahrhundert – 1892 liegt ja doch
schon so weit zurück – eingestellt. Kreativ sind ja nicht
nur die Unternehmer gewesen, sondern kreativ waren
auch die Rechtsanwender, beispielsweise die professio-
nellen GmbH-Bestatter, die das bestehende Recht dazu
genutzt haben, sich der Insolvenz und der Liquidation zu
entziehen. Ihr probates Mittel war, marode GmbHs be-
wusst in Führungsverantwortungslosigkeit und vor allen
Dingen Nichterreichbarkeit zu steuern. Diesen Firmen-
bestattern legen wir jetzt das Handwerk,


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


und zwar durch klare Zustellungsregelungen, durch eine
verschärfte Haftung der Geschäftsführer bei unverant-
wortlichen Auszahlungen an Gesellschafter in der Krise
der Gesellschaft und durch erweiterte Gesellschafter-
pflichten bei Führungslosigkeit der GmbH. Das alles
sind Antworten auf Ihre Behauptung, wir würden eine
leichtsinnige Reform machen.

Kreativ war ja auch die Rechtsprechung. Das ist bei
Hunderttausenden GmbHs kein Wunder. Sie hat in man-
chen Bereichen dazu geführt, dass das Recht für die An-
wender überhaupt nicht mehr nachvollziehbar war. Das
betraf die Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen ver-
deckter Sacheinlagen, die im Insolvenzfall wertmäßig
nochmals und dann doppelt erbracht werden mussten.
Die meisten GmbH-Gesellschafter, wenn man einmal
von Konzerntöchtern absieht, haben ja keine großen
Rechtsabteilungen im Rücken. Diese wurden bisher mit
weit übertriebenen Rechtsfolgen überrumpelt. Das
konnte niemand mehr nachvollziehen.

Wir gestalten jetzt die Rechtsfolgen verdeckter Sach-
einlagen besser und einfacher. Die gefundene Anrech-
nungslösung, wonach die Sacheinlage nach Eintragung
der Gesellschaft auf die an sich vereinbarte Geldeinlage
angerechnet wird, ist korrekt. Sie verleitet den Ge-
schäftsführer nicht zum Lügen. In der Sachverständigen-
anhörung wurde die noch im Regierungsentwurf vorge-
sehene Lösung zu Recht moniert. Wir stellen jetzt klar,
dass der Gesellschafter für die Werthaltigkeit seiner Ein-
lage beweispflichtig ist und bleibt.

Meine Damen und Herren, kreativ waren auch die Re-
gisterrichter. Bisher war vorgegeben, dass die GmbH-
Gründer alle erforderlichen verwaltungsrechtlichen
Genehmigungen für das Unternehmen beizubringen

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(C (D atten. Daraus wurde auch noch die Forderung, Negativtteste vorzulegen, also dass eine Behörde bescheinigt, ass eine Erlaubnis gerade nicht erforderlich ist. Welche Blüten das treibt, habe ich selbst erlebt. An ich hat sich ein junger Mann gewandt, der die Idee atte, Autorückscheiben mit Abtönfolien gegen zu viel onne und vielleicht auch gegen zu viele neugierige Blike anderer Autofahrer zu bekleben. Er sollte ein Negaivattest beibringen, das besagt, dass es sich bei seinem orhaben nicht um ein Kfz-Handwerk handelt. Als er ann bei der Kfz-Innung war, wurde ihm gesagt, er solle rst einmal ein Negativattest beibringen, welches beage, dass es kein Glaserhandwerk sei. Da er beide Neativatteste nicht beibringen konnte, hat auch das Regisergericht die Eintragung verweigert. Solcher Art sind ie Blüten, die Unternehmensgründer zum Wahnsinn reiben konnten. Wir machen damit grundsätzlich Schluss. Wir trennen esellschaftsrecht und Verwaltungsrecht. Verwaltungs echtliche Fragen gehören in den Bereich der Verwalung und nicht in den des Registergerichts. Die GmbH ann sich gründen und erst dann die erforderlichen Geehmigungen für das Unternehmen einholen. Die zutändigen Behörden können sich darum kümmern, ob ine gegründete GmbH Genehmigungen braucht und ofür diese erforderlich sind. In vielen unkomplizierten Standardfällen ermöglichen ir künftig rasche, kostengünstige GmbH-Gründungen it einem notariellen Musterprotokoll. Für 126 Euro önnen Sie jetzt eine GmbH mit einem normalen tammkapital von 25 000 Euro gründen. Die Gründung iner Unternehmergesellschaft mit 1 Euro Stammkapital darauf hat der Kollege Gehb schon hingewiesen – koset jetzt 20 Euro. Jetzt bemängeln Sie, Frau Dyckmans, ass wir als Gesetzgeber uns als Gouvernante für Notare ufspielen und für diese ein Protokoll entworfen haben. ichtig, das können die auch alleine; das weiß ich aus eienem Erleben. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Vielleicht nicht jeder! Sie schon, Sie haben bei uns hier eine gute Schulung!)


Ich schon, gut. – Das Musterprotokoll, Frau
yckmans, ist keine Hilfestellung für Notare, sondern

ür die potenziellen Gründer, für die Laien.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


in Blick ins Gesetz – also heute ins Internet –, und die
ründer wissen, dass das kein bürokratisches Monstrum,

ondern ein kurzes, verständliches, lesbares Musterpro-
okoll ist. Ich denke, das ist das, worauf es ankommt.
as macht Unternehmensgründern Mut und die entspre-

hende Laune. Dagegen können Sie eigentlich nichts ha-
en, auch Sie, Frau Dyckmans, nicht.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Also, für die Laune machen wir doch kein Gesetz!)


Der EuGH hat 2002 eine in Deutschland eigentlich
ut eingeübte, funktionierende Rechtspraxis ausgehe-
elt. Gründungs- und Verwaltungssitz durften danach
icht auseinanderfallen. Das ist aufgehoben worden und






(A) )



(B) )


Klaus Uwe Benneter
mit der Niederlassungsfreiheit in Europa begründet wor-
den. In der Folge hatten wir zunehmend die Rechtsform
der britischen Limited, das heißt, es konnten nach engli-
schem Recht Gesellschaften mit beschränkter Haftung
ohne irgendein Mindestkapital gegründet werden. Von
den sehr üblen Folgen wurden wir erst viel später über-
rascht.

Wir reagieren auf diese Rechtsprechung. Jetzt sind
einmal wir kreativ. Wir erlauben künftig deutschen
GmbHs, ihren Betrieb ins Ausland zu legen und zu ver-
legen. Das war bisher für eine deutsche GmbH nicht
möglich. Jetzt besteht die Möglichkeit, dass deutsche
Unternehmen ihre europäischen Auslandstöchter in der
ihnen bekannten Rechtsform der GmbH gründen und
führen. Das ist für deutsche exportorientierte Unterneh-
men eine große Verbesserung. Bisher mussten deutsche
Unternehmen in jedem Mitgliedstaat eine nach dortigem
Recht geregelte Gesellschaft gründen. Das war logi-
scherweise mit vielen Gesellschafts-, Rechts- und Form-
fragen und erst recht mit hohen Kosten verbunden. Jetzt
wird unsere deutsche GmbH exportfähig.

Weiterhin wurde ein für uns Sozialdemokraten wich-
tiges Anliegen geregelt, nämlich in der Insolvenz die
Sanierungschancen und damit die Arbeitsplätze nach
Möglichkeit zu erhalten. Anders als von der Linken hier
behauptet, haben wir die für die Insolvenzpraxis wich-
tige Nutzungsüberlassung in der Insolvenz klarer gere-
gelt. Es geht dabei um die Gegenstände, die man
braucht, die der Gesellschaft von den Gesellschaftern
überlassen worden waren, die aber für die Betriebsfort-
führung und zur Sanierung von erheblicher Bedeutung
sind und bei denen immer die Gefahr bestand, dass sie
sofort ausgesondert wurden und damit die Chancen auf
Sanierung zunichte gemacht wurden. Die Herausgabe
dieser Gegenstände können die Gesellschafter jetzt ein
Jahr lang nicht verlangen. Das ist ein klarer Zeitraum. In
diesem Zeitraum ist eine Sanierung möglich, sie kann in
dieser Zeit gelingen.


(haftungsbeschränkt)

die eben kein Mindeststammkapital von 25 000 Euro
brauchen und mit weniger auskommen können. Interes-
santerweise behauptet jetzt die Linke Arm in Arm mit
der FDP, die Limiteds in Deutschland hätten gezeigt,
dass unseriöse Unternehmensgründer es darauf anlegen
würden, Mitarbeiter, Sozialversicherungen und den Fis-
kus zu schröpfen. Diese seien die Leidtragenden, wenn
von Anfang an unsolide und zahlungsunfähige Unter-
nehmergesellschaften (haftungsbeschränkt) in Deutsch-
land agieren würden. Die Unternehmergesellschaft ist
nicht in erster Linie eine Antwort auf die Limited, son-
dern auf die weitverbreiteten und wohlbegründeten
Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines gesetzlich vorgege-
benen Mindeststammkapitals. Es gibt viele Praktiker, die
behaupten, das Stammkapital habe allenfalls in der In-
solvenz eine Funktion, nämlich dann, wenn es in ir-
gendeiner Art und Weise nicht ordentlich eingezahlt
wurde und deshalb nachgezahlt werden müsse. Das
Stammkapital soll ein Ausweis von Solidität und Serio-
sität sein, Frau Dyckmans. Das ist doch ein Witz!


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Das haben Sie doch selber gesagt!)



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(C (D Gehen Sie einmal auf die Hamburger Reeperbahn. ort können Sie immer etliche Herren treffen, die locker 5 000 Euro in bar in der Tasche haben. Bei diesen Heren ist das sicherlich kein Ausweis von Seriosität. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist aber nicht die klassische Gründerklientel!)


Sie meinen, dass derjenige, der weniger als 25 000 Euro
insetzen will oder kann, nicht in den Genuss der be-
chränkten Haftung kommen soll. Damit fallen Sie
r. Bamberger doch in den Rücken und in der über ein-
undertjährigen Geschichte der GmbH weit zurück. Die-
es Misstrauen war 1892 angebracht. Damals mussten
mbH-Gründer 20 000 Goldmark aufbringen; das war zu
er Zeit ein Vermögen. Deshalb gab es Skepsis und Arg-
ohn gegenüber Kapitalgesellschaften. Frau Dyckmans,
ie als Neoliberale machen sich diese heute zu eigen.
as ist nicht nachzuvollziehen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617201400

Herr Kollege Benneter, denken Sie bitte an Ihre Rede-

eit.


Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1617201500

Herr Präsident, ich komme zum Fazit: Wir behalten

nser Erfolgsmodell, die klassische GmbH, die wir
undum erneuert haben. Nach dem gleichen Erfolgsre-
ept bekommen wir eine ansehnliche Unternehmerge-
ellschaft, der wir mit einiger Berechtigung eine gute
ukunft voraussagen können.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617201600

Kollege Benneter hat nun die Redezeit verbraucht, die

ollege Montag freundlicherweise nicht genutzt hat.
amit sind wir wieder im Limit, womit keine neue
echtsform für unsere Debatten gemeint ist.

Der nächste Redner ist der Kollege Andreas Lämmel
ür die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1617201700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! MoMiG – das ist ein schöner Name für ein Gesetz,
erglichen mit den Bezeichnungen manch anderer Ge-
etze, die wir im Deutschen Bundestag verabschieden.

Das MoMiG ist insgesamt ein außerordentlich gut ge-
ungenes Gesetzeswerk. Gestern hat eine große Tages-
eitung, das Handelsblatt, Folgendes dazu geschrieben:

„Mo“ steht für Modernisierung und Benutzer-
freundlichkeit. Der Wortbestandteil „Mi“ drückt
aus, dass sich die Geschäftsführer bei Missbrauch
wärmer anziehen müssen.

Diese große Wirtschaftszeitung hat noch einmal deut-
ich gemacht, dass es sich bei dieser Reform um die
rößte seit 100 Jahren handelt. Wir sehen es also nicht
ur selber so, sondern es wird auch von außen bestätigt,






(A) )


)

Andreas G. Lämmel
dass diese GmbH-Reform sehr wichtig für unser Land
ist.

Die drei Teile des Gesetzes betreffen erstens die Er-
leichterung und Beschleunigung von Unternehmens-
gründungen – dazu ist schon viel gesagt worden –, zwei-
tens die Erhöhung der Attraktivität der GmbH als
Rechtsform – auch dazu ist schon einiges gesagt worden –
und drittens die Bekämpfung von Missbräuchen.

Ich will mich mit den Argumenten auseinandersetzen,
welche die FDP und die Linke vorgebracht haben. Es ist
schon erstaunlich, dass die Wirtschaftskompetenz heut-
zutage von der FDP offensichtlich langsam zu den Grü-
nen wandert; denn die Unterstützung, die das MoMiG
bei den Grünen findet, ist bemerkenswert.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)


Frau Dyckmans, es ist schon erstaunlich, dass keiner
der FDP-Wirtschaftspolitiker heute hier vertreten ist. Sie
sind offenbar nicht gekommen, weil sie Ihre Auffassung
möglicherweise nicht ganz teilen.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sie haben sich mit Grausen abgewandt! – Garrelt Duin [SPD]: Sie haben geahnt, was sie hören müssen!)


Ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen die FDP und
erst recht die Linken Erleichterungen für Unternehmens-
gründer, eine zweite Chance für Unternehmer, die schon
einmal gescheitert sind, und die Entbürokratisierung von
Unternehmensgründungen gefordert haben. Insofern
kann ich Ihre Argumentation, die Sie heute von diesem
Pult aus geführt haben, nicht nachvollziehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Mechthild Dyckmans [FDP]: Dann haben Sie nicht zugehört! Für eine Entbürokratisierung sind wir auch!)


Wenn wir uns das Gründungsgeschehen ansehen,
stellen wir fest, dass in guten Zeiten von deutschen
Gründern in einem Monat 3 000 GmbHs und 1 000 Li-
miteds gegründet werden. Man muss also zur Kenntnis
nehmen, dass das Gründungsgeschehen in Deutschland
sich absolut verändert hat.

Mit dem Einzug des Internets in unser tägliches Le-
ben haben sich Geschäftsmodelle entwickelt, die nicht
erst 25 000 Euro Grundkapital brauchen, um eine Ge-
sellschaft zu gründen; dieses Geld kann schon genutzt
werden, um ein paar Computer oder andere Gerätschaf-
ten zu kaufen und das Geschäft aufzubauen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Hätten wir diese Unternehmergesellschaft nach 1990
in Ostdeutschland schon gehabt, hätte sich manches
menschliche Drama vermeiden lassen. Viele haben sich
in eine Rechtsform begeben, bei der im Falle der Insol-
venz bis ins Privatvermögen durchgegriffen wird, und
die Betroffenen sind heute Sozialhilfeempfänger. Das
wollen wir verhindern. Wir wollen jungen Gründern mit
der beschränkten Haftung eine Möglichkeit geben, ihr

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(C (D eschäftsmodell abzusichern, ohne ihr gesamtes Privatermögen in das Geschäft einbringen zu müssen. (Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


Zum Thema Musterprotokolle. Auch an dieser Stelle
ann ich nur staunen. Die FDP begibt sich hier auf den
fad, eine einzelne Berufsgruppe – vermeintlich – zu
chützen.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Schützen?)


ir hätten natürlich sehr gern die Mustersatzung ermög-
icht – das muss ich ganz deutlich sagen –, aber die

ehrheit hat sich letztendlich für das Musterprotokoll
ntschieden. Die Mustersatzung wäre noch etwas weiter
ehend gewesen und hätte, wirtschaftspolitisch gesehen,
ür einfache Unternehmensgründungen viele Vorteile ge-
oten, viele Kosten, auch Beratungskosten, gespart.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Noch billiger hätte es kaum sein können!)


as wäre eine starke Entbürokratisierung gewesen.

Aber auch das Musterprotokoll ist ein großer Schritt
oran. Herr Montag, ich glaube, Sie haben es gesagt:
an muss das vom Unternehmen und nicht vom Notar

er sehen. Die Frage ist: Wie viele Gänge muss der Un-
ernehmer machen? Wie viel Beratungsleistung muss er
inkaufen, um überhaupt zur Unternehmensgründung zu
ommen?

Allein diese Punkte des Gesetzentwurfs sind ganz
ntscheidend.

Das dritte Thema ist der Missbrauch. Wir haben
ach der deutschen Einheit in Ostdeutschland einige Er-
ahrungen mit dem Missbrauch von GmbHs sammeln
üssen. Der Schaden, der dadurch verursacht worden

nd letztlich bei der Gesellschaft verblieben ist, ist er-
eblich gewesen.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Genau!)


as hat das Modell der sozialen Marktwirtschaft in den
ugen vieler in Misskredit gebracht.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Eben!)


m ihr Vermögen geprellte Unternehmer fragen sich na-
ürlich, wieso es möglich ist, mit einer GmbH solchen

issbrauch zu betreiben.

Insofern ist es sehr wichtig, dass solchen Missbräu-
hen ein Ende gesetzt wird. Damit wird auch die Rechts-
icherheit erhöht, und es kann der gute Ruf Deutschlands
n Bezug auf Rechtssicherheit, wenig Korruption und
enig Missbrauch erhalten werden.

Frau Zimmermann, sich mit Ihren Argumenten aus-
inanderzusetzen, lohnt nicht. Sie würden am liebsten
ieder VEBs gründen – das wissen wir –,


(Zurufe von der LINKEN: Oh! – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Lassen Sie sich was Neues einfallen!)


ber Ihr Modell ist pleitegegangen. Ohne beschränkte
aftung ist es absolut pleitegegangen.

(B)







(A) )



(B) )


Andreas G. Lämmel
Zusammenfassend lässt sich sagen: Bedenkenträger
gab es damals, als das GmbH-Recht eingeführt wurde.
Bedenkenträger gibt es heute. Bedenkenträger wird es
auch morgen noch geben. Bedenkenträger wird es im-
mer geben. Aber uns liegt ein Gesetzeswerk vor, auf das
wir stolz sein können. Herzlichen Dank allen Beteilig-
ten, die mit dafür gekämpft haben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617201800

Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Garrelt Duin,

SPD-Fraktion.


Garrelt Duin (SPD):
Rede ID: ID1617201900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

will mir ein Beispiel an dem Kollegen Montag nehmen. –
Als Jurist stimme ich dem zu, was die Vorredner aus den
verschiedenen Fraktionen, zumindest aus den Koali-
tionsfraktionen und eben auch Herr Montag von den
Grünen, deutlich gemacht haben, nämlich dass wir hier
auf einem juristisch wertvollen und richtigen Weg sind.
Als Wirtschaftspolitiker, als der ich hier spreche, möchte
ich das ebenso unterstreichen. Ich bin nämlich der festen
Überzeugung, dass mit dieser Reform des GmbH-
Rechts etwas getan wird, was in Deutschland nach den
vielen Jahren, wo wir das Gesetz unangetastet gelassen
haben, wirklich notwendig ist. Ich möchte nicht von
„überfällig“ sprechen, aber jetzt ist wirklich der richtige
Zeitpunkt, um das auf den Weg zu bringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, die
deutsche Wirtschaft lebt von den kleinen und mittleren
Unternehmen. 3,4 Millionen kleine und mittlere Unter-
nehmen sowie Selbstständige prägen die Wirtschaft in
unserem Land. 99,7 Prozent aller Unternehmen in
Deutschland sind solche kleinen und mittleren Unterneh-
men. Neben der Sicherung des Bestandes dieser Unter-
nehmen müssen wir uns besonders um die Gründung
von neuen Unternehmen bemühen. Wir müssen Men-
schen ermuntern, dass sie den Mut aufbringen, ein Un-
ternehmen zu gründen.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Aber Gründung reicht nicht aus! Sie müssen auch bestehen!)


Eine entsprechende Dynamik brauchen wir in Deutsch-
land in den nächsten Jahren. Ich bin sicher, mit diesem
Gesetz und anderen Maßnahmen, auf die ich gleich zu
sprechen komme, gehen wir den richtigen Weg, um für
eine solche Dynamik zu sorgen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Montag, Sie haben recht mit dem, was Sie aus
einem Zeitungsartikel von dieser Woche zitiert haben.
Aus dem in der letzten Woche veröffentlichten „KfW-
Gründungsmonitor 2008“ geht hervor, dass die Zahl der
Neugründungen 2007 im Vergleich zum Jahr 2006
deutlich zurückgegangen ist. Im Vergleich zum Jahr
2006 beträgt der Rückgang 21 Prozent. Damit liegt die
Zahl der Neugründungen auf dem niedrigsten Stand seit

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(C (D er Jahrtausendwende. Sie, Herr Montag, haben schon uf die Gründe dafür hingewiesen: Aufgrund des wirtchaftlichen Aufschwungs haben sich viele wieder in abängige Beschäftigungsverhältnisse begeben. Unter anerem dadurch ist dieser Rückgang zu erklären. Es ist jetzt aber die Aufgabe der Politik, Anreize zu etzen, um zu Existenzgründungen zu ermutigen. Wir aben ja in dieser Woche auch weitere entsprechende aßnahmen auf den Weg gebracht. Denken Sie an das orderungssicherungsgesetz und die Förderung von agniskapital. Damit und mit der GmbH-Reform sind ichtige Schritte getan, um die Attraktivität der GmbH m internationalen Wettbewerb zu steigern, ihre Neuründung unbürokratischer zu gestalten und – das ist von en Justizpolitikern hier eben ausreichend deutlich geacht worden – wirkungsvoll Missbräuche bei Insolven en zu bekämpfen. Es wäre möglich gewesen, grundsätzlich ein Mindesttammkapital von 10 000 Euro vorzusehen. Wir haben arüber in den Ausschüssen diskutiert. Aber die jetzt geundene Lösung – einmal die klassische GmbH mit eiem Stammkapital von 25 000 Euro und die GmbHariante mit geringeren Kapitalanforderungen – entpricht absolut den Anforderungen, die zu Beginn unseer Beratungen als ursprüngliche Maßgabe galten. Ich in davon überzeugt, dass wir mit dieser Reform verhinern, dass die Zahl von mittleren und kleinen Unternehen zurückgeht. Vielmehr setzen wir notwendige An eize, damit das nicht eintritt. Insgesamt müssen wir aber darauf achten, dass wir as Gründungsklima in Deutschland weiter verbessern. a reichen solche Gesetze wie das heute zu verabschieende allein nicht aus. Es muss vielmehr einen noch eneren Schulterschluss bzw. einen noch engeren Dialog wischen Wirtschaft und Politik geben. Wer heute Unernehmer ist, muss Politik verstehen; daran führt kein eg vorbei. Wir als Politiker müssen aber auch veruchen, zu verstehen, was einen Unternehmer antreibt. ir müssen nicht als Lobbyist seiner Interessen auftreen; aber wir müssen ein Verständnis dafür entwickeln, elche Nöte und Sorgen er hat, damit er seine unterneherische Tätigkeit voll ausfüllen kann. Dazu gehört, ass wir Dinge wie Wettbewerbsfähigkeit, Innovation nd Mut zum Risiko im Blick haben. Wir müssen den Menschen sagen, dass wir ihren Mut um Risiko, ein Unternehmen zu gründen, auch belohen wollen. Wir dürfen ihnen nicht – das klang bei Ihen, Frau Zimmermann, eben so durch – Angst machen, ass das alles wieder schiefgehen könnte und große Geahren drohten. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ielmehr müssen wir ihnen den Rücken stärken, wenn
ie ein Unternehmen gründen wollen.


(Sabine Zimmermann [DIE LINKE]: Es kann aber auch etwas schiefgehen!)


Wir wollen die Selbstständigkeit neben dem GmbH-
esetz auch durch Bürokratieabbau fördern. Den
usführungen der Vorredner zum Bürokratieabbau
öchte ich mich ausdrücklich anschließen. Wir haben






(A) )



(B) )


Garrelt Duin
im Rahmen der GmbH-Reform nicht die Interessen der
Notare zu vertreten, sondern wir sind dafür da, die Inte-
ressen von Existenzgründern zu vertreten. Ich glaube,
dass wir das hier auch deutlich gemacht haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ CSU]: Beide!)


Wir tun auch mit dem Meister-BAföG etwas zur För-
derung der Selbstständigkeit. Wir wollen die Schulungs-
und Beratungsmöglichkeiten für Gründerinnen und
Gründer ausbauen. Wir werden sicherlich auch im Be-
reich der Bildung – wie können wir das Thema Wirt-
schaft in die Schulen hineinbringen? – noch das eine
oder andere auf den Weg bringen müssen.

Damit ich meinem Versprechen gerecht werde, die
Redezeit nicht ganz auszuschöpfen, will ich mit Folgen-
dem schließen: Wir als Große Koalition wollen den
Unternehmergeist in Deutschland wecken – hoffentlich
mit der Unterstützung von vielen. Die hier eingeleiteten
Maßnahmen im GmbH-Gesetz weisen in die richtige
Richtung. Lassen Sie uns den Menschen Mut machen,
ein Unternehmen zu gründen und dadurch Arbeitsplätze
in Deutschland zu schaffen! Wenn die Politik sagt: „Es
droht zu viel; lass es lieber sein; schau, dass du irgend-
wie anders durchs Leben kommst“, dann werden die
Menschen diesen Mut nicht finden. Lassen Sie uns mit
einem klaren Beispiel und auch deutlichen Worten vo-
rangehen! Heute ist jedenfalls dafür ein guter Tag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617202000

Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist

die Kollegin Daniela Raab, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1617202100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Es ist die Krux eines jeden letzten Redners, dass
im Prinzip alles Richtige und – rechts und links von mir –
bedauerlicherweise auch alles Falsche schon gesagt
wurde. Volker Beck hat vorhin gerufen: Offensichtlich
hat die Große Koalition keine wirklich wichtigen Tages-
ordnungspunkte mehr. Warum sonst sollten wir die
GmbH-Reform in der Kernzeit debattieren? – Ich
glaube, lieber Kollege Beck, Sie haben auch an den Aus-
führungen Ihres Kollegen Montag gemerkt


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So habe ich es nicht gesagt! Aber früher hätten Sie vor 18 Uhr keine Chance gehabt!)


– sehen Sie, wir haben daraus gelernt –:

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind ja schon erleichtert, dass es diesmal nicht wieder der Sportbericht ist!)


Die GmbH-Reform ist ein wichtiges Werk.
Liebe Kollegen, insbesondere der Regierungskoali-

tion und der Grünen, die Rechtspolitiker haben bewie-
sen, dass sie etwas sehr Gutes zu Ende bringen können,

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(C (D or allem, dass sie nicht nur Rechtspolitik können, sonern auch Wirtschaftspolitik. Auch diese Debatte zeigt: ns liegt ein Gesetzentwurf vor, der sowohl vom klassi chen Mittelstand als auch von potenziellen kleinen xistenzgründern sehnsüchtig erwartet wurde. Alles, was wir für die klassische GmbH tun – wo wir ie aufmöbeln, wo wir sie modernisieren, wo wir sie uch den Zeiten, in denen wir leben, anpassen –, ist chon aufgeführt worden. Lieber Kollege Gehb, ich bin ir wirklich ausgesprochen dankbar, dass du hier der orreiter warst und wir dich dabei unterstützen durften. atürlich mussten wir uns überlegen, wie wir damit umehen, dass die Limited auch in Deutschland immer ehr Anhänger findet und dass die Limited ganz offen ichtlich eine Gesellschaftsform ist, die in unser Rechtsystem nicht passt und vor der wir die Menschen vieleicht ein Stück weit bewahren müssen. Wenn wir uns ie Daten aus Deutschland, aus Großbritannien und den iederlanden – dort wird die Limited vorwiegend verendet –, die uns vorliegen, anschauen, dann müssen ir feststellen: Sie weist eine hohe Frühsterblichkeit auf, nd sie ist damit am Markt de facto schon gescheitert. Nachdem wir das gesehen hatten, war die Entscheiung klar: Wir wollen keine verwässerte GmbH, wir ollen keine nur abgespeckte Mini-GmbH. Liebe Frau ollegin Dyckmans, eine Mini-GmbH ist das nicht. Die er Ausdruck ist nicht nur despektierlich, sondern auch alsch. (Mechthild Dyckmans [FDP]: Komisch, dass sich dieser Begriff aber ganz schnell eingebürgert hat!)


Der Kollege Jürgen Gehb hat sich auf den Weg ge-
acht und überlegt, was wir tun können. Es gab einige
iderstände, auch aus den eigenen Reihen. Lieber

ürgen, wir können uns gut erinnern: Wir konnten nicht
ofort alle auf unsere Seite ziehen, als wir für dein


(haftungsbechränkt)

as geschafft. Wir mussten einige Kompromisse schlie-
en, die aber absolut akzeptabel sind.

Wir haben jetzt eine Unternehmergesellschaft ohne
tammkapital. Wir haben dennoch eine Haftungsbe-
chränkung. Wir haben unglaublich leichte Gründungs-
echanismen, die wir im Prinzip auch auf die GmbH an-
enden können. Wir ermöglichen gleichzeitig das
ufwachsen dieser Unternehmergesellschaft zur GmbH,
enn die Voraussetzungen letztendlich erfüllt sind. Da-
it, liebe Kollegen von der FDP, ist die UG nicht nur

ine bessere Limited – das wäre eine Beleidigung für
iese wirklich schöne Rechtsform –, sondern die einzig
ichtige und funktionierende Gesellschaftsform für
leine Existenzgründer.

Wir beweisen nämlich, dass beides geht: Rechts-
icherheit, und zwar in einem sehr ausgeprägten Maße,
nd dennoch überschaubare Gründungsmodalitäten. Ich
laube, gerade an dieser Stelle ist es durchaus ange-
racht, dass wir uns selber einmal auf die Schulter
lopfen; wir tun dies ja nicht oft. Denn genau diese
ombination, wenig Vorschriften und dennoch Rechts-

icherheit zu schaffen, gelingt uns in diesem Hohen
aus leider viel zu selten. Wir können hier beispielhaft






(A) )



(B) )


Daniela Raab
voranschreiten; denn wir beweisen: Wir schaffen auch
mit wenigen, aber guten und überschaubaren Vorschrif-
ten eine ganz sichere Rechtslage für alle Beteiligten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Es ist schon viel auf die FDP repliziert worden. Ich

möchte nicht alles wiederholen, aber es erstaunt mich,
und ich bin auch ein bisschen enttäuscht; das sage ich Ih-
nen ganz ehrlich. Ich war gestern im Ausschuss ent-
täuscht, und ich bin es auch heute wieder

Wir hören immer so viel von: Ihr müsst mutig voran-
schreiten. Ihr müsst etwas für den Wirtschaftsstandort
tun. Nutzt die Chancen, die wir euch geben. – Dann
schaffen wir in fast ganz großer Übereinstimmung hier
im Hause ein Instrument, aber dann wird haarklein rum-
gezuppelt und rumgezupft und geguckt, wo vielleicht
noch irgendwo etwas stecken könnte, was zu kritisieren
wäre. Vielleicht haben Sie einfach ein Problem damit,
dass wir schneller waren und vor Ihnen darauf gekom-
men sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich meine, wir werden in den nächsten Jahren sicher-

lich erfolgreich evaluieren können, dass gerade diese
haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft auf dem
Markt ankommt und genutzt wird. Die Justizministerin
hat völlig zu Recht gesagt: Diese Rechtsform ist vor Ort
sehnsüchtig erwartet worden.

Wir alle haben zahlreiche E-Mails von potenziellen
Existenzgründern bekommen, die schlicht und ergrei-
fend auf den gesetzgeberischen Startschuss warten, da-
mit sie sich selbst in die Startlöcher bewegen und etwas
vorwärts bringen können.

Ich sage Ihnen eines: Wir haben die GmbH-Reform
geschafft. Wir werden heute noch das Forderungssiche-
rungsgesetz schaffen, und wir machen die FGG-Reform.
Es ist insofern eine gute Woche für die Rechtspolitik.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Eine Woche der Rechtspolitik!)


Ich richte einen Dank an diejenigen, die organisieren,
wann wir debattieren dürfen. Denn wir haben endlich
schöne Debattenzeiten und können beweisen, dass
Rechtspolitik mitten im Leben steht


(Joachim Stünker [SPD]: Und alles ohne Streit! – Zuruf von der CDU/CSU: Rechtspolitik läuft am besten in der Großen Koalition!)


und wichtige Gesetzesvorhaben voranbringt, die die
Menschen persönlich betreffen. In diesem Sinne: Ma-
chen wir weiter so! Es kann fast noch besser werden.
Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617202200

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung
von Missbräuchen. Der Rechtsausschuss empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 16/9737, den Gesetzentwurf der Bundesregierung

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(C (D uf der Drucksache 16/6140 in der Ausschussfassung nzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzenturf in dieser Ausschussfassung zustimmen wollen, um as Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält ich der Stimme? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweier Beratung mit großer Mehrheit angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er möchte dagegen stimmen? – Möchte sich jemand er Stimme enthalten? – Damit ist der Gesetzentwurf mit en Stimmen der CDU/CSU-Fraktion, der SPD-Fraktion nd der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die timmen der FDP-Fraktion und der Fraktion Die Linken ngenommen. Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlieungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag er Fraktion der FDP auf Drucksache 16/9796? – Wer ist agegen? – Wer enthält sich der Stimme? Der Entschlieungsantrag ist mehrheitlich abgelehnt. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frakion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9795? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – amit ist auch dieser Entschließungsantrag mit großer ehrheit abgelehnt. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 5 b und set en die Abstimmungen über die Beschlussempfehlung es Rechtsausschusses auf der Drucksache 16/9737 fort. er Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be chlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Frakion der FDP auf Drucksache 16/671 mit dem Titel GmbH-Gründungen beschleunigen und entbürokratiieren“. Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Auch diese eschlussempfehlung ist mit Mehrheit angenommen. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 6 sowie den usatzpunkt 4 auf: 6 Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Jürgen Trittin, Marieluise Beck Beck Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zur China-Politik der Bundesregierung – Drucksachen 16/7212, 16/9513 – ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Die Regierungsverhandlungen mit China zur Neuorientierung der Entwicklungszusammenarbeit und zur Förderung der chinesischen Zivilgesellschaft nutzen – Drucksache 16/9745 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Finanzausschuss Präsident Dr. Norbert Lammert Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für diese Aussprache 75 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist auch das so vereinbart. Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem Kollegen Jürgen Trittin für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will an dieser Stelle vorab noch einmal die Anteilnahme und das Mitgefühl meiner Fraktion – ich denke, aller Mitglieder des Hauses – anlässlich der vielen Opfer des Erdbebens in Sichuan ausdrücken. Ich wünsche den Chinesinnen und Chinesen alles Gute bei der weiteren Bewältigung dieser Katastrophe und beim Wiederaufbau. In der Bewältigung dieser Katastrophe hat sich auch ein Stück des neuen China gezeigt, nicht nur im Vergleich zum schlechten Beispiel in Birma. Offenheit und Öffentlichkeit und die Annahme internationaler Hilfe begleiteten eine große solidarische Kraftanstrengung. Ich sage Ihnen: Wir wünschen, dass diese Offenheit in China zur Regel wird, übrigens auch bei der Aufarbeitung der Versäumnisse, die die Folgen des Erdbebens in so mancher Schule so verschlimmerten. Als wir im letzten Herbst unsere Große Anfrage zu China formulierten, hatten wir die unübersehbare Bedeutung im Kopf, die China heute für das globale Geschehen hat. Kaum ein anderes Land zieht so widersprüchliche Fantasien und Bilder auf sich wie China. Von der „gelben Gefahr“ über den „erwachenden Drachen“ bis zum jetzt ausgerufenen „Weltkrieg um Wohlstand“ reichen die Bilder und Ängste, die China in vielen Gesellschaften des Westens hervorruft. Es ist interessant: Dieser Diskurs hat eine ganz andere Sicht auf China abgelöst, die vor wenigen Jahren noch dominierte. Das war die Sicht der China-Bewunderer, jener Wirtschaftseliten, die in China vor allen Dingen einen Riesenmarkt sahen. Dazu gehörte auch die Sicht eines damaligen Wirtschaftsministers, der es ganz vorbildlich fand, wie China in zwei Jahren eine Transrapidstrecke plante und baute. Dabei hatte er aber einfach vergessen, dass dafür Menschen entschädigungslos enteignet und aus ihren Häusern vertrieben worden sind und dass die Pfeiler im Schlamm der Jangtse-Mündung so schlecht gegründet wurden, dass sie heute repariert werden müssen. Wir suchen also nach Antworten zwischen falscher Verdammnis und blinder Apologetik: Wie sieht die Bundesregierung den Akteur China auf der ökonomischen und politischen Bühne der Welt? Wie ist seine Rolle in einer multipolar gewordenen Welt, in der Länder wie Brasilien, China und Indien eine immer wichtigere Rolle spielen? Sieht die Bundesregierung China als Konkurrenz und Bedrohung oder als strategischen Partner? Eines wissen wir: Es gibt heute kein Problem auf diesem Globus, das man ohne oder sogar gegen China lösen könnte. Denken Sie an den Klimawandel, an die wach s d w l E l e d A z w D t n K i g V a d r s e d e C l t r w t R p 1 s r H a n z h O H m s d w w Z m (C (D ende Konkurrenz um die sehr endlichen Ressourcen, an ie Debatte um die Nahrungsmittelpreise. Heute wissen ir: Selbst der Dollarkurs hängt sehr viel mehr vom An ageverhalten der Nationalbank Chinas ab als von den ntscheidungen der US-amerikanischen Fed. Schon ange investieren Unternehmen in China nicht mehr in rster Linie wegen niedrigerer Löhne, sondern weil sie iesen Markt einfach nicht mehr ignorieren können. Wir hatten gedacht, dass wir auf diese Fragen eine ntwort von der Bundesregierung bekommen. Sie hat war umfassend geantwortet; aber die Vielzahl der Antorten bezeugt eines: Es gibt keine einheitliche Politik eutschlands gegenüber China. Es gibt eine Reihe klein eiliger Einzelantworten; aber eine Konzeption gibt es icht. (Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Das liegt natürlich auch am Fragesteller!)





(A) )


(B) )

Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617202300

(Beifall im ganzen Hause)


Interessant ist, dass die Bundesregierung auf diese
onzeptionslosigkeit, lieber Kollege, auch noch stolz

st. Auf unsere Frage, ob es ein Chinakonzept gibt, wird
eantwortet, das lohne nicht, weil man angesichts der
eränderungen in China flexibel sein müsse; es gebe
ber Konzepte von einzelnen Ressorts. Das heißt also,
ie Ressorts sind nicht so flexibel wie die Bundesregie-
ung, deren Auswärtiges Amt für die Koordinierung zu-
tändig ist.

Wir haben nach Projekten in China gefragt. Was sind
igentlich die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit? Auch
a ist die Antwort bezeichnend: Es gibt keine Übersicht;
s gibt auch keine Evaluierung der Zusammenarbeit mit
hina. Das gilt auch für die sehr verstreute Entwick-

ungszusammenarbeit mit China, die sich auf Klimapoli-
ik sowie Wirtschafts- und Strukturreformen konzentrie-
en soll, was wir begrüßen.

Dazu haben wir aber natürlich eine Frage: Wenn es,
ie es in der Antwort heißt, ein besonderes deutsches In-

eresse für die Bereiche Klimapolitik, Wirtschaft und
echtsstaatlichkeit gibt, wie konnte es dann eigentlich
assieren, dass das BMZ nach den Unruhen am
4. März mal eben die Verhandlungen über die Ausge-
taltung der EZ ausgesetzt hat? Man kann so oder so da-
über denken. Mich würde einmal interessieren, lieber
err Erler: Ist das eigentlich mit dem Auswärtigen Amt

bgestimmt worden? Ist es im deutschen Interesse, ge-
au diejenigen Felder der deutschen Kooperation fallen
u lassen, an denen Deutschland ein virulentes Interesse
at?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


der war das einfach nur die Pressepolitik des BMZ der
WZ? Es hätte ja elegant sein können, wenn der Außen-
inister in der Frage des Empfangs des Dalai-Lama ge-

agt hätte: Das ist jetzt vielleicht nicht ganz angemessen;
a schicke ich die Entwicklungsministerin vor. – Es
äre vielleicht auch eine gelungene Intrige gewesen,
enn es die Kanzlerin geschafft hätte, Frau Wieczorek-
eul gegen den Kanzlerkandidaten Steinmeier zu instru-
entalisieren.






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin

(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Das kann nur Herr Trittin im Kopf haben!)


Ich glaube, wir in diesem Hause sind uns alle darin ei-
nig, dass keine dieser Vermutungen zutrifft. Wissen Sie,
warum nicht? Weil das voraussetzen würde, dass sie mit-
einander reden. Genau das findet aber nicht statt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Da hat er recht! – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Sieht so die Welt bei den Grünen aus?)


Ich glaube, dass es bei dem gesamten Vorgang im
Hinblick auf den Dalai-Lama-Besuch gar nicht um die
Menschenrechte in China und in Tibet gegangen ist,
sondern ausschließlich um Innenpolitik und Wahlkampf-
aufstellung in Deutschland. Ich finde, die Menschen-
rechte in China sind nicht geeignet, in dieser Weise für
innenpolitische Auseinandersetzungen in Deutschland
benutzt, um nicht zu sagen: missbraucht zu werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn Sie es beispielsweise mit den Menschenrechten
ernst meinen würden, dann würden Sie jetzt die Bereit-
schaft Deutschlands erklären, jene Uiguren, die seit Jah-
ren in Guantánamo einsitzen, die die US-Armee selber
als unschuldig und ungefährlich betrachtet und denen ein
Gericht bescheinigt, dass sie keine feindlichen Kombat-
tanten sind, endlich hier aufzunehmen, weil man sie
nicht nach China abschieben kann; denn dort wären sie
der Verfolgung ausgesetzt. Ich denke, das wäre eine ver-
nünftige Menschenrechtspolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es gibt noch einen anderen Ansatz, sich China zu nä-
hern. Das ist der Ansatz, den ich in der Asien-Strategie
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gefunden habe.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Sehr gute Lektüre!)


Darin sagt man, man solle sich mehr auf Indien statt auf
China konzentrieren.


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: „Statt“ steht dort gar nicht!)


Denn Indien sei gut und China sei böse, weil Indien eine
Demokratie sei, China aber ohne Zweifel nicht.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das haben Sie aber falsch gelesen, lieber Herr Trittin!)


Das ist, lieber Herr Ramsauer, der gleiche Ungeist, der
gerade in den USA abgewählt wird,


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das stimmt ja auch nicht! Den Ungeist haben Sie im Kopf! Der steht aber nicht in unserem Papier!)


nämlich die Aufteilung der Welt in Gut und Böse, in
Schwarz und Weiß.

Genauso wenig wie in Indien heute alles gut ist, weil
es demokratisch ist, ist in China heute alles schlecht und

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(C (D utoritär. Nichts würde den Menschen in China heute eniger nutzen und zur Lösung der globalen Probleme eniger beitragen als eine neue Frontstellung gegenüber hina. China ist eine autoritäre, aber fragmentierte Ge ellschaft. Wir brauchen eine auf Kooperation ausgeichtete Politik gegenüber China, die aber jenseits von esserwisserei und jenseits von Leisetreterei funktioiert, die die Fortschritte, die es im Bereich der Menchenrechte gibt, thematisiert, die aber auch thematisiert, ass es im Vorfeld der Olympiade Rückschritte in der enschenrechtspolitik gegeben hat, die klarmacht, dass ir zwar auf Chinas Kooperation angewiesen sind, aber uch bestimmte Erwartungen haben. Wer ein neuer Akeur in der Weltpolitik ist, muss sich auch der Verantworung für die Lösung der Probleme dieser Welt stellen, (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das steht in der Asien-Strategie!)


ei es in Darfur oder sei es im Umgang mit dem Atom-
rogramm des Iran. Das ist die richtige Herangehens-
eise. Wir brauchen eine China-Politik, die auf den Auf-
au einer strategischen Kooperation setzt, und zwar
enseits von Besserwisserei und jenseits von opportunis-
ischer Leisetreterei. Wir hätten uns gewünscht, das in
er Antwort der Bundesregierung zu lesen. Was wir vor-
efunden haben, war viel Richtiges und manch Fragwür-
iges, aber alles nicht sortiert.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617202400

Herr Kollege Trittin, in Ergänzung Ihrer Ausführun-

en zur Menschenrechtsfrage möchte ich darauf hinwei-
en, dass es gerade im Kontext des Rechtsstaatsdialogs
wischen der Bundesrepublik Deutschland und der
olksrepublik China ganz sicher erwünscht wäre, wenn
ie seit langem geplante Reise des Menschenrechtsaus-
chusses des Deutschen Bundestages, die erst vor Kur-
em bedauerlicherweise zum wiederholten Male an Vor-
ehalten und Einwänden auf chinesischer Seite
escheitert ist, nun endlich zustande kommen könnte.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dem schließen wir uns an!)


Nun erteilte ich das Wort dem Kollegen Eckart von
laeden für die CDU/CSU-Fraktion.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1617202500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!

err Kollege Trittin, bei aller Wertschätzung muss ich
hnen leider sagen: Ihre Rede zu China hat nicht zu den
tärksten Reden gehört, die Sie in diesem Haus gehalten
aben.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Die fand ich sehr gut!)


as Sie über die fehlende Konzeption der Bundesregie-
ung und unser Asien-Papier gesagt haben, war eher






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden
Ausdruck freien Assoziierens als Ausdruck der Tatsa-
che, dass Sie sich mit dem Konzept der Bundesregierung
oder unserer Asien-Strategie beschäftigt haben.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann muss die Rede doch gut gewesen sein, wenn Sie so darauf reagieren!)


Das, was unsere Asien-Strategie zum Ausdruck
bringt, aber auch der Politik der Bundesregierung zu-
grunde liegt, ist unser Interesse an einer nachhaltigen
Stabilität in der Entwicklung Chinas. „Nachhaltige Sta-
bilität“ setzt einen qualitativen Stabilitätsbegriff voraus.
Neben der wirtschaftlichen Entwicklung geht es um die
politische Öffnung, um demokratische, vor allem rechts-
staatliche Reformen im Innern, um ein gutes Verhältnis
zu den Nachbarn und eine verantwortungsvolle Teil-
nahme an internationalen Entscheidungsprozessen im
globalen Rahmen, insbesondere als Mitglied des Weltsi-
cherheitsrates.

China ist dank seines ökonomischen und politischen
Aufstiegs zu einem bedeutenden Akteur geworden, und
zwar nicht nur auf den internationalen Märkten, sondern
auch in der internationalen Politik. Seit 2005 ist China
nach den USA, Japan und Deutschland die viertgrößte
Volkswirtschaft. 2007 hat es mit über 11 Prozent erneut
die höchste Wachstumsrate unter den großen Volkswirt-
schaften erzielt. Sein Anteil am Welthandel ist von unter
1 Prozent vor 20 Jahren auf heute 5 Prozent angestiegen,
und die Exportrate steigt weiter an. Ausländische Direkt-
investitionen strömen weiterhin in das Land, und chine-
sische Unternehmen treten im Ausland zunehmend
selbst als Investoren auf.

Dieser ökonomische Aufstieg hat zwangsläufig zu ei-
nem politischen Aufstieg Chinas geführt. China ist heute
eine Macht mit nicht nur regionalen, sondern auch glo-
balen Ambitionen. China ist ohne Zweifel eine Welt-
macht im Werden. Deswegen werden unsere Beziehun-
gen, aber auch die Beziehungen Europas zu China
immer wichtiger. Daher ist es gut, dass wir heute an so
prominenter Stelle eine grundsätzliche Debatte über un-
sere China-Politik führen.

China ist für uns zu einem der weltweit wichtigsten
Wirtschaftspartner geworden. Die deutsch-chinesischen
Wirtschaftsbeziehungen sind in der Tat eine beeindru-
ckende Erfolgsgeschichte. Der Außenhandel Deutsch-
lands mit China hat sich in den Jahren 2000 bis 2007 fast
verdreifacht. Da die Importe aus China seit einiger Zeit
die deutschen Exporte dorthin übersteigen, erzielt China
gegenüber Deutschland – auch gegenüber Europa – ei-
nen wachsenden Handelsüberschuss. China hat sich zu-
dem zu einem wichtigen Produktionsstandort für deut-
sche Firmen entwickelt. Es gibt kaum ein großes
deutsches Unternehmen, das nicht in China produziert.
Das ist gut so; denn wir haben zur Sicherung unseres ei-
genen Wohlstandes ein Interesse daran, dass sich unsere
Unternehmen an die Wachstumsdynamik in China an-
koppeln.

Chinas Einfluss wächst aber nicht nur in wirtschaftli-
cher, sondern auch in politischer, diplomatischer, kulturel-
ler und militärstrategischer Hinsicht. Durch seine wach-

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(C (D ende wirtschaftliche Kraft, zunehmende Softpower, seine tellung als ständiges Mitglied im VN-Sicherheitsrat nd sein aktiveres Engagement in regionalen und multiateralen Strukturen ist ein chinesischer Beitrag zur Löung vieler regionaler und globaler Fragen heute nicht ehr wegzudenken. Die deutsch-chinesischen Beziehungen sind eng, subtanzreich und robust. China ist für uns ein wichtiger artner in Asien, und wir sind für Peking ein ebenso ichtiger Partner in Europa. Es gibt zwischen beiden eiten eine breite Palette von Dialogen in den Bereichen irtschaft, Wissenschaft, Umwelt und Politik. Dazu ge ört auch der Menschenrechtsund Rechtsstaatsdialog, er auszubauen und zu fördern ist, wie es der Präsident erade angesprochen hat. In der Außenpolitik ist inzwichen auch der notwendige Dialog über für beide Seiten elevante außenund sicherheitspolitische Themen wie ran, Sudan und Afrika aufgenommen worden. China ist lso ein wichtiger Partner für uns. China wird insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht ber auch zu einem immer stärkeren und direkten Wettewerber. Deutsche und europäische Unternehmen konurrieren bereits heute in verschiedenen Weltregionen it chinesischen Firmen, zum Beispiel um Infrastruktur rojekte im Nahen Osten oder in Afrika, aber auch zuehmend bei der Lieferung von Investitionsgütern und aschinen. Hierbei kommen der chinesischen Seite ins esondere ihre erheblichen Kostenvorteile zugute. China ist auch der größte Produktimitator der Welt. estliche Unternehmen verlieren in China und in zunehendem Maße auch auf Drittmärkten und selbst auf dem eimatmarkt jedes Jahr Milliardenbeträge durch Prouktpiraterie. Durch die erheblichen Investitionen euroäischer Unternehmen in China, die überwiegend in oint Ventures erfolgen, wächst das Risiko, dass zu viel now-how zugunsten chinesischer Firmen auf die be chriebene Weise abfließt. Auch im Energieund Rohstoffbereich ist die Konurrenz Chinas weltweit zu spüren und hat zu den Preisrhöhungen beigetragen, die wir seit einiger Zeit bei Öl nd Gas erleben. Mit China – das ist Bestandteil unserer Asien-Strateie und ein Umstand, Herr Trittin, der nicht geleugnet erden sollte – steigt ein nicht demokratischer und nicht iberaler Staat in der weltwirtschaftlichen und weltpolitichen Hierarchie auf. China hat in den vergangenen 0 Jahren ein Entwicklungsund Modernisierungsodell geschaffen, das bisher außerordentlich erfolg eich ist. Moderne autoritäre politische Führung wird ombiniert mit staatlich beaufsichtigtem Kapitalismus. Meines Erachtens steht der Beweis noch aus, ob das hinesische Modell langfristig eine nachhaltige Entwickng ermöglichen kann. Daran sind insbesondere deswe en Zweifel angebracht, da nach unserer Auffassung – das etrifft den nachhaltigen Stabilitätsbegriff, der unserer sien-Strategie zugrunde liegt und von Ihnen gerade in rage gestellt wurde – eine nachhaltige Entwicklung nur ann möglich ist, wenn sich China zu einem System eiterentwickelt, das auf Partizipation ausgerichtet ist Eckart von Klaeden und die Menschenrechte schützt. Das hat nichts mit der Auffassung zu tun, dass China böse und Indien gut sei; das steht nicht in unserer Strategie und ist auch sonst nirgendwo in unseren Reden oder Stellungnahmen zu finden. Ich glaube, das gehört zu einer differenzierten Wahrnehmung der Realität Chinas. Dazu gehört auch, dass das chinesische Modell sich in einigen Entwicklungsländern ganz offensichtlich erheblicher Attraktion erfreut und damit die Anziehungskraft westlich liberaler Ordnungsprinzipien mindert. Auch wenn die Veränderungen in China in den letzten drei Jahrzehnten ohne Zweifel bemerkenswert sind, müssen wir feststellen, dass sich das westliche Entwicklungsmodell nicht unmittelbar auf China übertragen lässt. Zwar ruht heute die Herrschaft der KP Chinas nicht mehr auf dem Kommunistischen Manifest, doch sind weder Demokratie noch Rechtsstaatlichkeit noch Bürgergesellschaft an seine Stelle getreten. Ihre Herrschaftslegitimation zieht die chinesische KP aus dem wirtschaftlichen Erfolg und – als Surrogat für die Partizipation – aus zunehmendem Nationalismus. Bei uns wird immer wieder angenommen, dass sich aus den verstärkten wirtschaftlichen Beziehungen automatisch eine Weiterentwicklung des politischen Systems in unserem Sinne ergeben muss. Vor dem Glauben an einen solchen Automatismus, denke ich, gilt es zu warnen. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Da hat er recht!)





(A) )


(B) )


Denn es ist eine falsche Annahme, die chinesische Füh-
rung betreibe freiwillig oder unfreiwillig eine Politik, an
deren Ende zwangsläufig die eigene Selbstentmachtung
in einer Mehrparteiendemokratie und einem Rechtsstaat
mit Gewaltenteilung und unabhängiger Rechtsprechung
stehen müsse. Gerade hier stößt das von vielen propa-
gierte Konzept „Wandel durch Handel“ an seine Gren-
zen. Es muss von der Politik begleitet werden. Ich lehne
das Konzept „Wandel durch Handel“ nicht ab, glaube
aber, dass es weder absolut gilt, wie das manchmal dar-
gestellt wird, noch automatisch zum Erfolg führt.

Wir müssen uns auch mit der Frage beschäftigen,
welche Risiken für Chinas Entwicklung in Zukunft ent-
stehen könnten, zum Beispiel aufgrund der inneren Ent-
wicklung, der wirtschaftlichen Entwicklung, des großen
Armutsgefälles und des Verhältnisses von Nationalstaat
zu Provinzen.

Um sich auf Schwierigkeiten einzustellen, sollte man
aus unserer Sicht nicht nur mit China selbst über die
weitere Entwicklung sprechen, sondern auch die Nach-
barn Chinas und die gesamte Region stärker in den
Dialog einbeziehen. Das gilt für unsere traditionellen
Verbündeten wie Japan und Südkorea, aber auch für die
ASEAN-Staaten.

Je mehr wir ein Umfeld schaffen, in dem wir die Ent-
wicklung Chinas positiv begleiten, und je mehr sich die
Deutschen und die Europäische Union bei der Gestal-
tung dieses Umfeldes engagieren – allerdings als Ergän-
zung und nicht als Alternative zum Ausbau unserer bila-
teralen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen –,
desto besser ist die Aussicht darauf, dass sich die posi-

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(C (D ive Entwicklung Chinas zum Nutzen unserer beiden änder und zum Nutzen Asiens und Europas fortsetzt. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617202600

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Werner Hoyer,

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1617202700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

st gut, dass Kollege Trittin diese Debatte mit Bemerkun-
en zu den Opfern der Erdbebenkatastrophe in China
röffnet hat. Es ist immer wieder erforderlich, dass wir
nser Mitgefühl mit den Opfern zeigen, unsere Hilfsbe-
eitschaft anbieten und vor allen Dingen die Dimension
ieser Katastrophe begreifen, die wahrscheinlich alles
bertrifft, was wir in den letzten Jahrzehnten erlebt ha-
en. Das wird eine dauerhafte Aufgabe sein, auch dann,
enn die Medien nicht mehr unmittelbar vor Ort sind.
enn der nächste Winter kommt bestimmt. Auch dann
erden dort noch zig Millionen Menschen betroffen

ein, die unsere Hilfe und Solidarität brauchen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Es wäre auch nicht schlecht, wenn wir einmal, zum
eispiel beim Katastrophenschutz, von den Chinesen

ernen würden. Von China lernen, das ist ohnehin etwas,
as wir uns auf die Fahne schreiben sollten, anstatt stän-
ig nur oberlehrerhaft gegenüber China aufzutreten.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Selten gab es im Bundestag und in Deutschland eine
o intensive Auseinandersetzung mit China wie in die-
em Jahr. Das ist gut und richtig. Trotzdem fällt auf, dass
ir uns eigentlich immer nur mit Einzelfacetten befas-

en.

Mein Eindruck ist: Das Tempo der Veränderung, nicht
ur in der ökonomischen Sphäre, wird bei uns weder
nalytisch noch konzeptionell nachvollzogen. Stattdes-
en dominieren verschiedene Facetten das Bild: Facetten
er Geschichte einer großen und Tausende Jahre alten
ulturnation, Facetten der Geschichte des Kommunis-
us, Facetten der Vielfalt der Völker und Regionen Chi-

as, die zusammenzuhalten für jede chinesische Regie-
ung eine gigantische Herausforderung ist, Facetten wie

enschenrechte, Umwelt, Klima, Wahrnehmung inter-
ationaler Verantwortung, Religionsfreiheit, Medienfrei-
eit und vieles mehr.

In der Antwort der Bundesregierung auf die Große
nfrage sind viele gute Informationen enthalten. Man

indet Aussagen über Stärken und Schwächen. Aber wie
ewerten wir das? Offenbar gibt es ja, wie wir heute






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer
Morgen festgestellt haben, zwei China-Politiken der
Bundesregierung, wenn nicht mehr.

Wenn man genauer hinsieht, stellt man fest, dass hier
der klassische Konflikt zwischen Gesinnungsethik und
Verantwortungsethik besteht. Für die Glaubwürdigkeit
in Wertefragen und die Bedienung eigener taktischer
oder innenpolitischer Zwecke ist immer angesagt, sich
auf die Gesinnungsethik zu berufen. Wer aber auch und
gerade in Wertefragen, zum Beispiel bei der Verbesse-
rung der Menschenrechtslage, etwas erreichen und seine
eigenen Interessen strategisch wahren will, der kommt
allein mit der Berufung auf die Gesinnungsethik nicht
aus. Wir sollten uns nicht dem Vorwurf aussetzen, mehr
am Beifall zu Hause interessiert zu sein, wenn wir Fehl-
entwicklungen anprangern, als an der Lösung der Pro-
bleme, unter denen die Menschen vor Ort leiden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Nur das Gesamtbild kann die Grundlage eines strategi-
schen Ansatzes sein.

Bei der Analyse kommt man zu völlig unterschiedli-
chen Ergebnissen, je nachdem, ob man diesen Ansatz
statisch oder dynamisch auslegt. Der Status Chinas und
der Status unserer Beziehungen geben an vielen Stellen
Anlass zu Kritik. Man muss aber sehen, woher China
kommt und wohin es sich in den letzten 20 Jahren entwi-
ckelt hat. Man muss den gewaltigen Fortschritten Rech-
nung tragen und zumindest einmal feststellen, dass die
Entwicklung im Großen und Ganzen in die richtige
Richtung geht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es kommt auf die Basis an, auf der man Kritik äußert.
Niemand wird von uns erwarten – von uns Liberalen
schon gar nicht –, dass wir unsere Grundüberzeugungen
in Menschenrechtsfragen über Bord werfen oder sie ver-
stecken. Aber für eurozentrische Besserwisserei, für
Überheblichkeit sollte kein Platz sein. Ehrlichkeit und
die Vermeidung doppelter Standards sind angesagt.


(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)


Als Freund Chinas, auf der Basis von Respekt und
Sympathie kann man heutzutage chinesischen Ge-
sprächspartnern gegenüber die heikelsten Themen an-
sprechen.


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Jawohl!)


Denn die Veränderungsdynamik Chinas geht weit über
die ökonomische Sphäre hinaus. Im Grunde beobachten
wir einen faszinierenden Prozess der Verwestlichung.
Wir sollten das nicht als Bedrohung empfinden, sondern
als Chance.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Warum sind manche Fragen in der Diskussion mit den
chinesischen Partnern so heikel? Weil das Riesenreich

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(C (D eine Traumata hat. Stabilität und harmonische Enticklung sind ein Stichwort, Zusammenhalt der Nation so viele Ethnien leben in China – ist ein anderes. Und ann ist da dieses Relikt des Altkommunismus, nämlich ie Haltung zu Religion und Religionsfreiheit: Religion ls Opium für das Volk. Es ist höchste Zeit, dass auch nsere chinesischen Partner Marx in die Mottenkiste acken. Bisweilen fragt man sich, warum unsere chinesischen artner es uns so schwer machen, warum sie nicht mehr elassenheit, warum sie nicht mehr Selbstbewusstsein n den Tag legen, wie es ihrer Kultur und Tradition eientlich entspricht. Warum zum Beispiel greifen sie, wie ürzlich geschehen, auf die Sprache der Kulturrevoluion zurück und lösen damit bei uns so viele Irritationen us? Wir sollten unsere chinesischen Partner ermutigen, elassener zu sein, souveräner zu sein und nicht jede kriische Anmerkung als Anschlag auf die nationale Einheit der auf die stabile und harmonische Entwicklung zu mpfinden. Weder eine Abkehr von der Ein-China-Poliik noch eine Destabilisierung Chinas kann Ziel oder otiv deutscher Politik sein. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt große Probleme, es gibt aber auch Fort-
chritte. Es gibt eine Riesenarmut, und die Schere zwi-
chen Arm und Reich öffnet sich weiter. Aber man muss
uch sehen: Zwischen 1959 und 1961 sind 30 Millionen
enschen durch Hunger umgekommen. So etwas wäre

m heutigen China nicht mehr möglich. Das muss man
nerkennen.

Im Bereich der Rechtsstaatlichkeit gibt es über die
rage der Menschenrechte weit hinaus viele Dinge, die
an sich noch wünschen würde. Aber die Chinesen ar-

eiten daran, und das, was erreicht worden ist, ist enorm.
s ist auch ein Ergebnis kleiner Beiträge deutscher Poli-

ik; das sollten wir nicht verstecken.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


och vieles ist umzusetzen. Wir sollten uns als Partner
nbieten.

Ab nächster Woche ist Tibet wieder für Ausländer
eöffnet. Das ist eine gute Nachricht. Ich danke dem
räsidenten dafür, dass er eine Anmerkung zur Reise des
enschenrechtsausschusses gemacht hat.

Auch in der Tibet-Frage sind Ehrlichkeit und Realis-
us angesagt, sowohl was die Historie angeht als auch
as die Gegenwart und die Zukunft angeht. Unser Rat

n die chinesischen Freunde lautet: Ihr seid gut beraten,
en direkten Dialog mit dem Dalai-Lama zu suchen und
en Dialog ernsthaft zu führen.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


er weiß, was nach ihm kommt.






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer
Wir erwarten, dass unsere chinesischen Partner die
Gesetze zum Schutz der Tibeter tatsächlich umsetzen.
Wir müssen allerdings unseren tibetischen Gesprächs-
partnern gegenüber klarmachen, dass auch Gewalt von
ihrer Seite nicht nur nicht zielführend, sondern inakzep-
tabel ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Das heißt, dass wir in den Gesprächen mit dem religiö-
sen Führer der Tibeter – die wir selbstverständlich füh-
ren dürfen – sagen müssen, dass wir um eine präzise De-
finition von Autonomie nicht herumkommen


(Zustimmung von der LINKEN)


und dass wir keine Forderung unterstützen – die wird
nicht von ihm kommen, aber möglicherweise von ande-
ren –, die auf eine Destabilisierung Chinas hinauslaufen
würde.

Unter dem Strich: Sehen wir China als Partner oder
als Gegner? Meine Damen und Herren, der Westen hat
keine China-Strategie. Partnerschaft oder Eindäm-
mung? Eindämmung ist das Thema neokonservativer
Think Tanks in den Vereinigten Staaten und woanders.
Eines müssen wir in der Tat eindämmen, nämlich den
Nationalismus, der auch in China droht,


(Zurufe von der FDP: Sehr richtig!)


wenn wir die Empfindungen der Menschen in China in
unsere Überlegungen nicht hinreichend einbeziehen.

Wer China ständig nur als Bedrohung und strategi-
schen Widersacher sieht, wird China als strategischen
Gegner bekommen und – noch wichtiger – nichts von
den Dingen erreichen, die uns hinsichtlich der inneren
Probleme Chinas besonders am Herzen liegen. Bei kei-
nem dieser Probleme werden wir dann etwas zum Besse-
ren wenden können.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617202800

Nächster Redner ist der Kollege Walter Kolbow für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1617202900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wie der Kollege Trittin und der Kollege Hoyer, so will
auch ich für die SPD-Bundestagsfraktion noch einmal
das Mitgefühl für die Erdbebenopfer zum Ausdruck
bringen und in diesem Zusammenhang deutlich machen,
dass die Hilfen, die von der Bundeswehr und den vielen
Spenderinnen und Spendern öffentlich und privat geleis-
tet worden sind, geholfen haben und sicherlich auch wei-
ter helfen werden.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Ich denke, es ist gut, dass der Bundestagspräsident ngesprochen hat, dass der Menschenrechtsausschuss icht nur nach China möchte, sondern in unserem Naen auch soll, und dass das Argument – wir nehmen das atürlich ernst –, dass man dort im Moment wegen der rdbebenkatastrophe nicht zur Verfügung stehen kann, och einmal überdacht werden sollte, damit diese Reise öglich wird. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Kollege Hoyer, ich stehe nicht an, deutlich zu sa-
en, dass vieles von dem, was Sie hier vorgetragen ha-
en, auch den Intentionen der sozialdemokratischen
hina-Politik entspricht. Herr Kollege Trittin, ich weiß,
ass das kräftige Sowohl-als-Auch, das bei der Beant-
ortung kompliziertester Fragen häufig auch eine
rundposition von Willy Brandt gewesen ist, auch auf
as Problem hier zutrifft.

Ich sage an dieser Stelle: Natürlich sind wir alle im
espekt vor Papieren, Auffassungen, Reiseergebnissen
nd Diskussionen in unserem Lande daran interessiert
nd von unserem Anspruch her auch dazu verpflichtet,
ine China-Strategie zu entwikkeln. Zu einer Strategie
edarf es aber natürlich auch des Sich-Einlassens auf
trategische Positionen. Hier ist gesagt worden, dass
em natürlich nicht nur der chinesische Pragmatismus
elegentlich entgegensteht, der diese Dinge für uns kom-
liziert, weswegen auch die Aufforderung an die chine-
ischen Partner ergeht – wie meine Vorredner das schon
esagt haben –, sich auf diese ehrliche Debatte so einzu-
assen, wie sie sich im eigenen Land auch auf die Über-
indung ihrer schrecklichen Vergangenheit und Trau-
ata – denken Sie nur an die Kulturrevolution und an

as Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens
m Jahre 1989 zurück – eingelassen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich denke, dass wir dadurch herausgefordert werden,
ositionen zu überwinden, die 1966 bis 1969 während
er ersten Großen Koalition zum Ausdruck kamen – sie
ind heute nicht angeklungen –, als Kurt Georg
iesinger den Deutschen zurief: „Ich sage nur China,
hina, China“. Auch wegen der offenen und ehrlichen
ussprache – an dieser werden wir uns messen lassen;
as gilt aber auch für unsere chinesischen Partnerinnen
nd Partner – sind die Ängstlichkeit in diesem Zusam-
enhang und die Mystifizierung des chinesischen Part-

ers ebenfalls bei weitem überwunden.


(Beifall bei der SPD)


Ich denke, dass durch das EU-Projekt zur Durchfüh-
ung von Dorfwahlen in China – um eines herauszugrei-
en, von dem ich glaube, dass dadurch Optimismus ge-
eckt werden kann –, das von 2001 bis 2006
urchgeführt worden ist – inzwischen sind Dorfwahlen
nerkannter Bestandteil der administrativen Strukturen
n der Volksrepublik China –, deutlich gemacht wird,
ass eine solche Kooperation möglich ist, dass es über
inzelne Inhalte dieser Kooperation hinausgehen kann
nd dass sie Basis für Strategien werden kann; denn auf
em 17. Parteitag im Oktober 2007 hat sich der General-






(A) )



(B) )


Walter Kolbow
sekretär Hu Jintao immerhin zu dem Ziel der Partizipa-
tion und zur Basisdemokratie in der Bevölkerung be-
kannt. Daneben hat er auch unter der Überschrift
„Harmonisierung der Gesellschaft“ den Anspruch ver-
kündet, dies weiterzuentwickeln. Wir haben diesen Weg
eingeschlagen und führen Diskussionen, auch mit den
Verantwortlichen in der Kommunistischen Partei Chi-
nas. Dort ist ein Diskussionsprozess eingeleitet worden,
zu dem auch die Auseinandersetzung mit dem Alleinver-
tretungsanspruch gehört. Die Diskussion verläuft zwar
zögerlich, aber immerhin hat sie begonnen. Dabei wird
der Blick auch auf Parteiendemokratien in anderen Län-
dern gerichtet.

Aber was die Strategie, mit der dieses Land mit sei-
nen 1,3 Milliarden Einwohnern den Herausforderungen
begegnet, und die bereits angesprochene Gefahr des Na-
tionalismus angeht, müssen wir Geduld aufbringen und
auch mit Rückschlägen fertig werden. Wir müssen aber
auch dazu beitragen, solche Rückschläge zu vermeiden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Es ist deutlich geworden, dass die Chinesen welt-
politische Spieler sind, ohne die in Bereichen wie
Entspannung, Abrüstung, Rüstungskontrolle und frie-
densschaffende Maßnahmen auch in Hotspots der Welt-
gemeinschaft keine Erfolge mehr erzielt werden können.
Gerade das Beispiel Nordkorea zeigt, dass China mittler-
weile gewillt und fähig ist, seiner politischen Verant-
wortung in den internationalen Beziehungen nachzu-
kommen und damit auch eine konstruktive Rolle in
brennenden Situationen wie einem Atomkonflikt einzu-
nehmen bereit ist. Auch daran muss man den chinesi-
schen Partner messen und dieses positive Engagement
auch auf andere Krisenregionen wie den Iran oder den
Sudan übertragen.

Ich denke, dass es intellektuell durchaus redlich ist,
wenn wir uns – auch vor dem Hintergrund unserer Ent-
schließungen zu den Laogai-Lagern und zur Verfolgung
der Falun Gong – auch mit dem Thema Tibet befassen.
Wir wollen das nicht überheblich mit erhobenem Zeige-
finger tun – das wurde bereits angesprochen –, sondern
wir gehen auch dieses Thema mit Respekt vor einem
Dialog, der zum Ziel führen soll, an und laden die chine-
sischen Partner ein, die Verhandlungen mit den Exiltibe-
tern wieder aufzunehmen. Wir machen deutlich, dass wir
auf Ergebnisse setzen und dass die Aufnahme von Ver-
handlungen vor dem Beginn der Olympischen Spiele ein
sinnvolles Zeichen des Friedens wäre, der diese Spiele
begleiten soll.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich danke Ihnen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617203000

Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege

Wolfgang Gehrcke das Wort.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! uch ich möchte für die Fraktion Die Linke meine Überegungen damit beginnen, Beileid und Mitgefühl für die urchtbare Naturkatastrophe auszusprechen. Es liegt war kein Antrag vor, aber vielleicht kann man das ähnlich wie es der Auswärtige Ausschuss bereits getan at – im Namen aller Fraktionen des Deutschen Bundesages den chinesischen Partnerinnen und Partnern überitteln. Ich würde das sehr begrüßen; denn es erleichtert ieles, wenn man die eigenen Überlegungen aus einer olchen Position heraus vertritt. Ich sehe in diesem unkt auch keine Differenzen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617203100

Wenn man versucht, den Stellenwert unserer Bezie-
ungen zu China strategisch einzuordnen – aus meiner
icht ist das Verhältnis Deutschlands bzw. der Europäi-
chen Union zu China, um das es heute geht, eine der
ichtigsten Fragen der deutschen Außenpolitik –, dann

st es zu bedauern, wenn in der Antwort der Bundesre-
ierung auf die Große Anfrage der Grünen nur auf Ein-
elprojekte und einzelne Ressorts verwiesen wird.

Grundsätzlich stellt sich die einfache Frage, ob es so
twas wie eine deutsche China-Politik gibt, welches ihre
rundzüge sind und ob die Beziehungen zu China ei-
en strategischen Stellenwert für Deutschland haben.
err Staatsminister, ich habe mich schon mehrfach da-

über beschwert, dass die Bundesregierung alle mögli-
hen Politikfelder mit dem Etikett „strategisch“ versieht.
s gibt zwar strategische Partnerschaft und strategische
usammenarbeit, aber in den meisten Fällen ist damit
ein großer strategischer Inhalt verbunden. Die Zusam-
enarbeit zwischen Deutschland und China hätte tat-

ächlich einen strategischen Stellenwert. Es muss doch
er Bundesregierung möglich sein, diesen strategischen
tellenwert nicht auf einzelne Bereiche beschränkt – das

st Verschwendung –, sondern zusammenfassend zu for-
ulieren. Ich finde, das ist ein Mindestanspruch, den
an erheben muss.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


China ist eine Weltmacht oder auf dem Weg zu einer
eltmacht. Ich will gleich hinzufügen, damit das nicht

alsch ausgelegt wird: Ich war immer und bin ein Gegner
iner unipolaren Welt und von Ansprüchen auf eine sol-
he Welt. Die Alternative zu einer unipolaren Welt ist
icht eine bipolare Welt. Die Alternative dazu ist viel-
ehr eine Gemeinschaft unterschiedlicher Akteure, Völ-

er und Vereinigungen. Das macht einen großen Unter-
chied in der Betrachtung unseres Verhältnisses zu China
us.


(Beifall bei der LINKEN)


Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, hört
ich banal an, obwohl er fast die Grundlage für alles ist.
ch finde es herausragend, dass heute keine Menschen
ehr in China verhungern. Die einfache Überlebens-

rage nach einer Schale Reis ist beantwortet. Es gibt in
hina sicherlich Armut, Ungerechtigkeit und viele unge-






(A) )



(B) )


Wolfgang Gehrcke
löste Probleme. Aber dass dieses Land mit einer Milliar-
denbevölkerung es schafft, seine Menschen zu ernähren,
ist ein gewaltiger Schritt, den man nicht mit kleiner
Münze beantworten darf. Aus meiner Sicht ist das tief
beeindruckend.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir sollten versuchen, zu ermessen, was es bedeutet,
wenn Menschen nicht mehr verhungern müssen.

Drittens müssen wir uns darüber klar sein, dass kein
Weltproblem ohne die Hilfe oder – genauer gesagt –
ohne aktive Mitarbeit Chinas zu lösen ist. Wir sollten
uns wünschen, dass China in noch stärkerem Maß Ver-
antwortung in der Weltpolitik übernimmt. Ich will ei-
nige Bereiche nennen. Die Bewältigung von Klimaent-
wicklung und Klimakatastrophen, die Beantwortung der
Fragen nach dem ökologischen Überleben der Welt und
die Bekämpfung des Hungers in allen Teilen der Welt
sind ohne China nicht möglich.

Ich will auch ansprechen, warum es uns so schwer-
fällt, die Stärke und den Einfluss Chinas bei einer friedli-
chen Lösung in Afghanistan zu nutzen – das ist eine ein-
fache Überlegung –, und zwar in Kooperation mit den
Nachbarn Afghanistans, dem Iran und anderen, und eine
entsprechende Politik zu betreiben.


(Beifall bei der LINKEN)


Das hieße, Militär endlich mit Politik zu beantworten.

Ich glaube zudem, dass wir keine Lösung in den Fra-
gen betreffend das Atomprogramm Nordkoreas und das
mögliche Atomprogramm des Irans erreichen, wenn wir
China nicht als fairen Mittler – China hat das Recht, die
westliche Politik nicht ständig zu unterstützen und ihr zu
widersprechen – in Anspruch nehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Außerdem wird es eine Reform der UNO ohne China
nicht geben – das ist klar –, nicht nur weil China Mit-
glied des UN-Weltsicherheitsrates ist. Hat es nicht auch
für die deutsche Politik eine hohe Bedeutung, dass wir
über China einen besseren Draht zu den sogenannten
Blockfreien – obwohl es keine Blöcke mehr geben soll –
entwickeln könnten?

China kann in mehrfacher Hinsicht für eine koopera-
tive Welt nutzbringend sein. Die Grundlage dazu ist – ich
finde es spannend, Herr Kollege von Klaeden, dass das
in Ihrer Rede überhaupt nicht auftauchte; aber das müs-
sen Sie selber wissen – eine Ein-China-Politik. Gerade
von einer Partei wie der CDU/CSU, die sich zu einem
Zeitpunkt, als ich eine gegensätzliche Position vertrat, so
sehr für eine Ein-Deutschland-Politik eingesetzt hat,
hätte ich, was eine Ein-China-Politik betrifft, mehr Auf-
merksamkeit und Klarheit erwartet.


(Beifall bei der LINKEN)


Vor diesem Hintergrund müssen wir gemeinsam über
eine Lösung des Tibet-Problems nachdenken. China
wäre gut beraten, sich an die eigene Verfassung exakt zu
halten, die autonome Regionen sowie die Gleichheit der

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(C (D ationen, der Sprachen, der Sitten und der Gebräuche orsieht. as ist Gegenstand der chinesischen Verfassung. Es liegt n der Auseinandersetzung der Kooperation zwischen ibetern und Chinesen, dies in die politische Praxis umusetzen. Ich sage Ihnen aber auch: Die Definition des Dalaiama – er war Gast bei uns im Auswärtigen Ausschuss – on Autonomie – nicht auf das Gebiet Tibet, sondern auf ie Abstammung bezogen; er sprach wörtlich von Reliion und Blut – lässt sich schwer in Rechte fassen. ber auch eine solch offene Sprache gegenüber unseren artnern kann man sich doch nicht gegenseitig untersaen. Überlegen Sie sich einmal: Wenn in China Ähnlihes wie in der damaligen Sowjetunion passiert wäre, ine Auflösung des Staatengebildes in Einzelstaaten, ann hätte dies die Welt nicht ausgehalten. eswegen muss man vorsichtig sein und den Anfängen it einer vernünftigen Politik wehren. Ich möchte uns, mich selbst immer eingeschlossen, emeinsam mahnen, in Stil und Gestus einen anderen mgang zu pflegen. Allzu oft klingt in unseren Reden urch: Wir sind die Belehrenden, und ihr seid die Lerenden. Dieser Gestus kann gerade vor dem Hintergrund er Kolonialgeschichte Europas in China nicht akzepiert werden. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


as Land legt großen Wert auf Würde, Stolz und Selbst-
ewusstsein. Wir müssen eine Sprache finden, in der
icht immer der Eurozentrismus in Erscheinung tritt. Ich
enke, es ist wichtig, dass der belehrende Ton weg muss.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: War das vielleicht eine Kritik an Herrn Lafontaine?)


Ich erinnere daran, dass ich vorhin von kleiner Münze
esprochen habe, Herr Kollege.

Ich will eine letzte Bemerkung zur chinesischen Au-
enpolitik machen. Ich finde die chinesische Außen-
olitik durchaus berechenbar. Sie bewegt sich sehr hart
m Text der Charta der Vereinten Nationen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Auch hinsichtlich der Waffen?)


ch finde – damit will ich abschließen, Frau Präsidentin,
bwohl noch vieles zu sagen wäre –, dass die Bundes-
egierung in ihrer Antwort auf die entsprechende Frage
twas sehr Vernünftiges geschrieben hat. Ich zitiere:

Da der Erhalt eines friedlichen Umfeldes für die
Entwicklung des Landes höchste Priorität besitzt,
ist Chinas Militärpolitik und -doktrin defensiv






(A) )



(B) )


Wolfgang Gehrcke
ausgerichtet; der Ersteinsatz von Nuklearwaffen
wird ausgeschlossen.

Wenn ich das Gleiche von den USA behaupten könnte,
dann wäre ich sehr glücklich und dann wäre der Welt
wirklich gedient.


(Beifall bei der LINKEN)


In diesem Sinne möchte ich gerne, dass wir zusam-
men eine vernünftige Politik entwickeln.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617203200

Nächster Redner ist der Kollege Erich Georg Fritz für

die CDU/CSU-Fraktion.


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1617203300

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Antwort der Bundesregierung auf die
Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,
Herr Trittin, ist tatsächlich zu einem Kompendium über
China geworden. Wenn Sie die Struktur bemängeln,
Herr Kollege Trittin, dann muss ich Ihnen sagen, dass
sie, wie Sie bei der Lektüre feststellen können, aus-
schließlich an Ihrer Frageweise liegt. Von daher dürfen
Sie sich nicht beklagen, wenn die Bundesregierung so
antwortet, wie Sie gefragt haben.

Ich glaube, dass die Antwort der Bundesregierung auf
die Anfrage ziemlich genau das ganze Feld der inneren
Entwicklung Chinas mit seinen Erfolgen und Widersprü-
chen darlegt. Sie zeigt die unendlichen Bedürfnisse und
Möglichkeiten, die in einer Zusammenarbeit Europas
und insbesondere Deutschlands mit China liegen. Ich
habe den Eindruck, dass die Antwort weder politisch ge-
schönt noch zu drastisch ist. Sie nennt einfach die Dinge
beim Namen. Insofern halte ich die Antwort im Sinne ei-
nes vernünftigen Umgangs mit unserem Partner für an-
gemessen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Bei der Zusammenfassung kommt man zu einigen
Einschätzungen, die für die weitere Diskussion vielleicht
nicht unwesentlich sind. 30 Jahre wirtschaftliche Refor-
men und Entwicklungen in China haben nicht nur dieses
Land, sondern auch die Welt verändert. Das heißt für
China und für die Welt, dass ein altes Kulturvolk auf die
weltpolitische Bühne zurückgekommen ist.

Wenn man sich klarmacht – Herr Gehrcke, vielleicht
mit Ihrer begeisternden Zustimmung früher –, was die-
ses Volk auf diesem Weg mitgemacht hat, ist die Kraft,
ist der Elan, sind die sich entwickelnden Fähigkeiten ge-
radezu bewundernswert, die China an den Tag legt.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sagen Sie das mal Ihren Kollegen!)


Dass nicht nur wir Deutsche, sondern dass die Welt
Probleme hat, den kulturellen Hintergrund dieser Ent-
wicklung zu lesen – das gilt nicht nur für Unternehmer,
sondern auch für Politiker, für alle, die mit China zusam-

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(C (D enarbeiten. Dieses Land hat sich selbst zurückgezogen nd den Austausch nicht gepflegt. Jetzt ist es zurück. eide Seiten lernen, nicht nur, weil wir dazu genötigt ind, sondern auch, weil wir Freude daran haben, mit ieser neuen Herausforderung umzugehen. Es ist ein Land mit einer ungewöhnlichen wirtschaftichen Dynamik. Die Welt nimmt das erstaunt zur Kenntis, häufig genug voller Angst. Es gibt eine Verringeung von Armut im großen Stil. Ist das denn gar nichts ert? Warum reden wir nicht darüber, (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


ass dieser Weg der wirtschaftlichen Liberalisierung
hinas zu einer Verringerung von Armut führt wie in In-
ien und Brasilien auch? Ich habe manchmal das Gefühl,
lle, die früher vom Teilen geredet haben, haben damit
ichts mehr im Sinn, wenn etwas plötzlich über den
ettbewerb erworben und nicht mehr gnädig gegeben
ird. China ist nun einmal in der Rolle dessen, der sich

einen Anteil über den Wettbewerb nehmen kann. Frei-
ich gibt es auch an dieser Form des Wettbewerbs das
ine oder andere zu kritisieren.

Der politische Bedeutungszuwachs Chinas ist noch
icht immer in Peking und in der Welt mit den richtigen
essourcen hinterlegt. Aber das ist doch kein Wunder.
enn Sie sich einmal anschauen, wie schnell der Gene-

ationenwechsel in der Führungsschicht und bei den in-
ernational Aktiven gelungen ist, dann ist es schon er-
taunlich, welche Qualität man vorfindet.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr wahr!)


arauf müssen wir uns einstellen. Da gibt es neue He-
ausforderungen, die wir erst einmal bestehen müssen.
ber noch ist und fühlt sich China nicht in der Lage, in

eder Weise, zu jeder Zeit und an jeder Stelle Verantwor-
ung zu übernehmen. Diese Ansprüche an die Über-
ahme von Verantwortung in internationalen Angele-
enheiten, an Chinas Mitgestaltung werden aber gestellt.
eshalb muss sich China von vielen, allein auf nationa-

es Interesse konzentrierten Vorstellungen lösen.

Diese positive Entwicklung Chinas bedeutet aber
uch, dass China es jetzt mit Ängsten und Widerständen
uf der Welt zu tun hat, mit denen umzugehen es bisher
berhaupt nicht gewohnt war. Deshalb sind manche Re-
ktionen, die wir in den letzten Monaten erlebt haben,
atürlich vor diesem Hintergrund zu sehen.

China muss soziale und regionale Disparitäten aus-
leichen. Dagegen ist der Ausgleich in den Beitrittslän-
ern der Europäischen Union geradezu eine Bagatelle,
bwohl wir wissen, wie schwierig solche Prozesse sind.
ie Rohstoffsicherung für eine so dynamisch wachsende
irtschaft zu betreiben, ist natürlich eine Herausforde-

ung. Für die gab es auch in China kein Drehbuch. Wir
eklagen uns zu Recht, dass wir da einem Prozess zu-
chauen, den wir in seinen Auswirkungen wenig beein-
lussen können und den wir an vielen Stellen in der Art
es Vorgehens nicht gutheißen.

Mit internationalen Ansprüchen auf Standards für
enschenrechte, Ressourcenschonung, Klimaverantwor-






(A) )



(B) )


Erich G. Fritz
tung, soziale Entwicklung und den Ausbau des Rechts-
staats wird China von allen Seiten konfrontiert. Wir sind
an diesem Prozess beteiligt. Jeder, der diese Gespräche
führt, weiß, dass die Möglichkeit eines Dialogs, das Ver-
ständnis für diesen Dialog und die Bereitschaft, sich ein-
zulassen, in China zugenommen haben, auch wenn die
Ergebnisse nach wie vor nicht so sind, wie wir sie gerne
hätten.

Die Vorteile aus der Öffnung der Märkte für chine-
sische Produkte sind natürlich mit dem Anspruch hinter-
legt, die Regeln, die man unterschrieben hat, konsequent
einzuhalten und alles dafür zu tun, dass in Peking nicht
nur ein Gesetz gemacht wird, sondern dass man sich
auch vor Ort in den Unternehmen, in den Handelsströ-
men an die akzeptierten Regeln hält.

Die vielfältigen Umweltprobleme und deren Folgen
für die Bevölkerung dürfen nicht länger verdrängt wer-
den. Dies bietet eine ganz neue Form der Zusammen-
arbeit. Der Bericht der Bundesregierung zeigt, was darin
steckt und was wir auf diesem Feld zum Vorteil beider
Seiten leisten können.

Einzusehen, dass auf Dauer ein modernes, weltoffe-
nes China, wirtschaftlich erfolgreich und international
angesehen, den Bürgern nicht die wesentlichen Partizi-
pationsmöglichkeiten vorenthalten kann, zu akzeptieren,
dass Menschenrechte nicht nach Gutdünken verweigert
werden können, dass Meinungs- und Religionsfreiheit
nicht unterdrückt werden können, wenn man diesen Pro-
zess nicht innerhalb des eigenen Landes gefährden will,
und dass man Pluralismus in Gesellschaft und Politik auf
Dauer braucht, weil anders die kreativen Kräfte dieses
Volkes nicht zu erhalten sein werden – auf dieser Basis
ist es möglich, den Dialog mit China zu führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich glaube, dass der gerade vorhin angeklungene Ge-
gensatz zwischen Gesinnungsethik oder werteorientier-
ter Außenpolitik und pragmatischer Außenpolitik eine
Konstruktion ist, die eigentlich gar nichts taugt. Es kann
doch nur darum gehen, dass wir die Interessen, die auf
beiden Seiten vorhanden sind, die auch gemeinsame sein
können – ich hoffe, in Afrika wird es in Zukunft besser
gemeinsam gehen –, natürlich vor dem Hintergrund der
eigenen Wertvorstellungen diskutieren. Ich denke, dass
man dem Anspruch der Chinesen auf Vertrauen und ge-
rechten und fairen Umgang miteinander und Respekt
voreinander umso besser gerecht werden kann, je mehr
sich Wertvorstellungen durch einen dauerhaften Dialog
einander annähern, und dass daraus ein umso größeres
Verständnis und damit erst die Möglichkeit des gegen-
seitigen Respekts erwachsen.

Es gibt viele Dinge im Zusammenhang mit unserer
China-Politik, die diskussionswürdig sind. Aber diese
Politik ist so, weil die Wirklichkeit so ist. Deshalb sollte
man sich davor hüten, zunächst einmal eine Schablone
zu basteln und dieser die China-Politik anzupassen. Las-
sen Sie uns vielmehr an den Stellen, wo Menschen aktiv
miteinander umgehen, in der Wirtschaft, in der Politik,
zunehmend in der Kultur, alle Chancen für den Dialog

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(C (D utzen. Dann wird es eine Entwicklung zum gegenseitien Vorteil geben. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617203400

Für die Bundesregierung spricht nun Herr Staats-

inister Gernot Erler.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1617203500


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
uch ich möchte diese Debatte nutzen, um noch einmal
nser tiefes Mitgefühl für die Opfer der Erdbeben-
atastrophe vom 12. Mai zum Ausdruck zu bringen.
as Ausmaß dieser Katastrophe, bei der über 5 Millio-
en Wohnhäuser zerstört wurden, ist schwer vorstellbar.
ie chinesische Regierung hat schnell reagiert, die chi-
esische Gesellschaft hat große Solidarität mit den Be-
roffenen gezeigt. Die Offenheit, mit der die chinesische
ührung auf die internationalen Hilfsangebote, auch auf
nsere, reagiert hat, hat Eindruck gemacht und dazu bei-
etragen, dass diese Hilfe schnell bei den Betroffenen
nkam. Dass dies nicht selbstverständlich ist, wissen wir
on anderen aktuellen Katastrophenfällen. Wir werden
hina auch bei den jetzt anstehenden Aufgaben der Si-
herung und des Wiederaufbaus nach Kräften unterstüt-
en.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn man über unsere China-Politik redet, sollte man
ich zunächst vergewissern, mit welchem Partner man es
ier zu tun hat. China ist ein riesiges Land mit 1 300 Mil-
onen Menschen, mit einer jahrtausendealten, reichen
ultur, das in den letzten beiden Jahrzehnten ein gera-
ezu atemberaubendes Entwicklungstempo vorgelegt
at, mit zweistelligen Wachstumsraten in den letzten
ünf Jahren und einer äußerst konkurrenzfähigen Außen-
irtschaft, die über den Außenhandel inzwischen eine
evisenreserve von 1,6 Billionen US-Dollar angesam-
elt hat. Aber China ist eben auch eine Gesellschaft, die

or enorm großen Herausforderungen steht. Wie dieses
and mit seinen vielen Völkern und Religionen zusam-
enhalten? Wie eine Identität und ein Zusammengehö-

igkeitsgefühl für 1,3 Milliarden Menschen schaffen und
ufrechterhalten? Wie die Dynamik des Wirtschafts-
achstums so steuern, dass möglichst viele Menschen

m Wohlstandsgewinn teilhaben und dass die Unter-
chiede zwischen Arm und Reich nicht zu groß werden?

ie eine Balance finden zwischen der notwendigen
andlungsfähigkeit der Regierung und der ebenso not-
endigen Transformation und Modernisierung von Staat
nd Gesellschaft?

Dazu kommt ein unvermeidbarer Lernprozess. Chi-
as Rolle als Global Player wächst. Damit schwindet
ber auch Chinas Chance, sich allein auf die eigenen
robleme zu konzentrieren. Vielmehr muss China inter-






(A) )



(B) )


Dr. h. c. Staatsminister Gernot Erler
nationale, globale Verantwortung übernehmen, und
zwar in Bezug auf Frieden und Konfliktlösung auf ver-
schiedenen Kontinenten, die Zivilisierung des Wettbe-
werbs um Rohstoffe und Energieressourcen sowie ge-
meinsame Antworten auf die globalen Umwelt- und
Klimawandelprobleme.

Liebe Kollegen Trittin, Hoyer und Gehrcke, die Bun-
desregierung hat sich, was ihre China-Politik angeht, ent-
schieden. Sie verfolgt eine Grundlinie, die jede Isolie-
rung und Ausgrenzung vermeiden will, die auf
Einbindung, eine Verantwortungsgemeinschaft und vor
allem auf Dialog setzt.


(Beifall bei der SPD)


Dabei sind wir schon ein Stück vorangekommen. Wir
haben seit Jahren einen ernsthaften Strategiedialog – das
Wort „Strategie“ wurde also aufgegriffen –, einen durch-
aus nicht immer einfachen Menschenrechts- und Rechts-
staatsdialog und einen Umweltdialog. Insgesamt wurden
über 30 verschiedene Dialogmechanismen entwickelt.
Das sind hochrangig besetzte, echte Dialoge, die auf
gleicher Augenhöhe stattfinden und bei denen wir uns
auch den kritischen Fragen der chinesischen Seite stel-
len.

Das ist eine Politik, die auf konkrete Ergebnisse setzt,
die auf eine langfristige und nachhaltige Entwicklung
hinarbeitet, die aber – wie wir mehrfach erfahren haben –
manchmal auch von tagespolitischen Ereignissen nicht
unberührt bleibt. Das war zum Beispiel der Fall bei der
hochrangigen Begegnung mit dem Dalai-Lama, die zu
einer Unterbrechung der bilateralen deutsch-chinesi-
schen Dialogforen führte. Diese Unterbrechung gehört
mittlerweile zum Glück der Vergangenheit an. Es waren
vor allen Dingen die Bemühungen des deutschen Außen-
ministers Frank-Walter Steinmeier – zuletzt bei seiner
China-Reise vom 13. bis 15. Juni –, die den Weg für eine
Fortsetzung dieser Dialoge freigemacht haben.


(Beifall bei der SPD)


Übrigens sparen diese Dialoge kein Thema aus, auch
nicht die Punkte, bei denen wir uns nachdrücklich eine
Änderung der chinesischen Politik wünschen, ob das die
massive Anwendung der Todesstrafe, die Administrativ-
haft oder den Umgang mit Dissidenten und mit Minder-
heiten angeht. Unsere Erfahrung ist, dass nur auf partner-
schaftlicher Basis geführte Gespräche etwas bewirken
können; nur damit kann man Einfluss nehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Nach den jüngsten Ereignissen in Tibet haben wir
mehrfach zu direkten Gesprächen zwischen der chinesi-
schen Führung und dem Dalai-Lama geraten. Am 4. Mai
hat es eine erste Begegnung zwischen Pekinger Offi-
ziellen und Vertretern des Teams des Dalai-Lama in
Shenzhen gegeben. Eine zweite war für den 11. Juni vor-
gesehen, wurde aber wegen der Erdbebenereignisse ver-
schoben. Wir ermutigen dazu, auf diesem Weg weiterzu-
gehen.

Die Welt braucht China als verantwortungsbewussten
Teilhaber der Weltgesellschaft. In jedem Schritt unserer

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(C (D hina-Politik – das ist unser Anspruch – muss dieses iel erkennbar bleiben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617203600

Nächster Redner ist der Kollege Hellmut Königshaus

ür die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1617203700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind

em Präsidenten sehr dankbar dafür, dass er eingangs
er Debatte darauf hingewiesen hat, dass noch einige
enschenrechtsfragen, die im Zusammenhang mit der

eise des Menschenrechtsausschusses zu sehen sind, mit
er chinesischen Seite zu diskutieren sind. Dieser Hin-
eis war sehr wichtig. Deshalb ist es sehr zu bedauern,
ass wir ausgerechnet die Menschenrechts- und die Ti-
et-Fragen heute leider voraussichtlich erst gegen
2 Uhr unter fast vollständigem Ausschluss der Öffent-
ichkeit besprechen werden.

Der Eindruck des Kollegen Trittin, dass es der Bun-
esregierung bei der China-Politik an einer kohärenten
altung fehlt, ist nicht falsch. Wenn man zur Regie-

ungsbank schaut, wird auch optisch erkennbar, woran
as liegen könnte. Kein einziger Bundesminister hat sich
u dieser Kernzeitdebatte hierher bewegt, übrigens auch
icht Frau Ministerin Wieczorek-Zeul, obwohl wir sie
ur Belohnung mit unserer Auffassung zur Entwick-
ungshilfe für China vertraut gemacht hätten. Das ist mir
nverständlich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Die Frau Staatssekretärin sitzt doch da!)


Ja, die Staatssekretärin sitzt dort. Ihr sind unsere Auf-
assungen bestens vertraut – das weiß ich –; sie nimmt
iese Belohnung immer gern entgegen.

Wir sind uns beiderseits in dieser Frage schon in vie-
en Punkten entgegengekommen. Ich denke, wir sind uns
inig darüber, dass China – das räumt auch die Bundes-
egierung ein – kein Entwicklungsland im klassischen
inne mehr ist; viele der Ausführungen hier haben das
eutlich gemacht. China ist eine Großmacht: über 1 Bil-
ion Euro Devisenreserven, Wachstumsraten, von denen
ir hier nur träumen können, Exportweltmeister, wenn
an die EU-Binnenlieferungen der Deutschen einmal

ußen vor lässt. China ist übrigens inzwischen selbst Ge-
er. Allein nach Afrika fließen 7,5 Milliarden Euro.

Da stellt sich doch die Frage, warum dieses Land ei-
entlich nach wie vor der größte Nehmer deutscher Ent-
icklungshilfe ist.


(Beifall bei der FDP)


twa 200 Millionen Euro beträgt die ODA-Leistung in-
wischen. Wir haben uns gestern über Afghanistan und






(A) )



(B)


Hellmut Königshaus
über die Frage unterhalten, wo dort die strategischen In-
teressen liegen. Angesichts dessen ist dieser Fakt wei-
testgehend unverständlich. Ich frage insbesondere Sie,
meine Damen und Herren von der Koalition: Warum
machen Sie das weiter mit? Dazu sollten Sie hier eigent-
lich Stellung nehmen.

Wir von der FDP wollen nicht die Einstellung der
Entwicklungszusammenarbeit mit China, wie immer be-
hauptet wird; wir wollen eine Umstellung, die den ver-
änderten Voraussetzungen Rechnung trägt.


(Jörg Tauss [SPD]: Nicht diese Polemik die ganze Zeit!)


– Herr Tauss, herzlich willkommen! – Dazu gehört ins-
besondere, dass wir die Zivilgesellschaft stärken. Die
bisherige EZ beschränkt sich im Wesentlichen auf die
Zusammenarbeit mit staatlichen Organisationen – dafür
ist vielleicht noch Stamokap-Denken ein bisschen ver-
antwortlich –, aber die richtigen Partner für eine nach-
haltige Entwicklung sind auf Dauer die privaten Unter-
nehmen und die zivilen Organisationen. Dahin müssen
wir kommen.


(Zuruf von der SPD: Zum Klimaschutz braucht man auch den Staat!)


Wir müssen darauf achten, dass China, das selbst
überall als großer Investor und auch als großer Geber
auftritt, eingebunden wird und koordiniert auftritt mit
den traditionellen Gebern, zu denen wir gehören; denn
wir haben gemeinsam die Verpflichtung, die MDGs zu
erreichen. Wir brauchen die Chinesen, damit sie das
nicht konterkarieren.

China müssen wir also als Partner betrachten. Des-
halb – Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss – müs-
sen wir bereit sein, in unseren Beziehungen, in unserer
Entwicklungszusammenarbeit diese neuen Realitäten
zur Kenntnis zu nehmen und daraus Konsequenzen zu
ziehen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617203800

Nächster Redner ist der Kollege Manfred Grund für

die CDU/CSU-Fraktion.


Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1617203900

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

ginnen und Kollegen! Ich glaube, es sind die Bilder des
schrecklichen Erdbebens, die sich bei uns so tief einge-
prägt haben – Bilder von Eltern und Lehrern, die unter
den Trümmern von Schulgebäuden und Wohnhäusern
mit bloßen Händen nach ihren Kindern bzw. Schülern
suchen, Bilder auch von erschöpften Helfern. Ich denke
ebenfalls an das Bild des chinesischen Ministerpräsiden-
ten, der sich angesichts dieses Leids seiner Tränen nicht
geschämt hat. Damit einhergehend zeigt sich eine große
Offenheit im Umgang mit dem Ausmaß dieser Katastro-
phe und in der Annahme von Hilfeleistungen.

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(C (D Insbesondere die deutsche Erdbebenhilfe war vorildlich. Neben einem mobilen Krankenhaus wurden ehrere Wasseraufbereitungsanlagen und Unterkünfte ur Verfügung gestellt. Herr Staatsminister, es war gut, eute Ihre Aussage zu hören, dass diese Hilfe weitereht, weil angesichts des Ausmaßes der Katastrophe, der erstörten Ortschaften, die in dieser Form wahrscheinich nie wieder aufgebaut werden können, eine länger ndauernde Hilfe notwendig ist. Wir leisten sie gern, eil wir dazu in der Lage sind und weil sie angenommen ird. Vielen Dank auch an die Bundesregierung! (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Unsere Hilfe und unser Mitgefühl gelten natürlich
en Menschen in Sichuan, der betroffenen Provinz. Aber
ir sollten auch die politische Dimension dieser geleis-

eten und entgegengenommenen Hilfe nicht unterschät-
en. Damit ergibt sich ein positiver Effekt für die
eutsch-chinesischen Beziehungen.

Jetzt nehme ich das Thema von Herrn Königshaus
uf: Entwicklungszusammenarbeit. Genau diesen po-
itiven Effekt erwarten wir auch von der Entwicklungs-
usammenarbeit mit China, wie sie auch ausgestaltet
ein mag.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich könnte China aufgrund der Devisenreser-
en – sie sind schon mehrfach genannt worden – infolge
es Handelsüberschusses unsere Unterstützung vom fi-
anziellen Umfang her allein kompensieren. Unsere Zu-
ammenarbeit erschöpft sich aber nicht in finanzieller
nterstützung, sondern wir wollen wirtschaftliche und

inanzielle Hilfen geben. Insbesondere die technische
usammenarbeit stellt nicht eine Einbahnstraße dar, son-
ern wir bekommen auch etwas zurück, was uns im ge-
enseitigen Verhältnis guttut. Ich glaube, zwei Punkte
prechen dafür, warum wir an der wirtschaftlichen und
er Entwicklungszusammenarbeit festhalten sollten:

Erstens. Natürlich ist China kein Entwicklungsland
ehr. Es ist ein Schwellenland, in dem Erste und Dritte
elt manchmal ganz unvermittelt aufeinanderprallen.

ergleiche von China mit anderen Partnerländern der
ntwicklungshilfe gehen häufig fehl. Wenn schon, dann
üsste man China mit Afrika vergleichen: So groß sind

ie Gegensätze, aber auch die Dimensionen unserer
ilfe.

Zweitens. Der Zweck unserer Entwicklungszusam-
enarbeit ist letztlich nicht allein am Volumen der finan-

iellen Hilfe zu bemessen, sondern auch an den Einfluss-
öglichkeiten, die wir in positivem Sinne dadurch

ewinnen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


abei spielt der Wissenstransfer eine große Rolle, ins-
esondere geförderte Projekte im Bereich von Umwelt-
nd Energietechnologien. Deutsche Firmen sind mit
mwelttechnologie in China auf dem Markt und setzen
ort einen ganz erheblichen Anteil ihres Volumens um.
mgekehrt vermittelt diese Entwicklungszusammenarbeit
)






(A) )



(B) )


Manfred Grund
aber auch ein besseres Verständnis der Probleme und der
Entwicklungsprozesse in China. Die Entwicklungszu-
sammenarbeit ist somit eigentlich ein Entwicklungsdia-
log. Ich glaube, allein das ist es wert, daran festzuhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir sollten bei allem Kritischen, was hier und heute
von Vertretern aller Fraktionen angesprochen worden ist,
eines nicht aus dem Auge verlieren: China ist ein Land
mit 1 300 Millionen Menschen, in dem vor 30, 40 Jahren
noch Millionen Menschen verhungert sind. Die Regie-
rung hat den Menschen dieses Landes erstmals, auch
wenn es nur schrittweise vorangeht, gesicherte Perspek-
tiven eröffnet. Das ist eine Riesenverantwortung, die die
Regierenden da auf ihre Schultern geladen haben und die
sie nach meinem Dafürhalten auch nach bestem Wissen
und Gewissen umzusetzen versuchen.

Natürlich wird auf Dauer nur ein pluralistisches Sys-
tem den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fort-
schritt in China gewährleisten können. Auf Dauer
braucht China ein Regierungssystem, welches auf dem
Wettbewerb unterschiedlicher politischer Kräfte beruht.
Aber wenn wir von einem Wettbewerb der Systeme
sprechen, dann haben wir zugleich auch eine Perspektive
vor Augen. Auf längere Sicht wird es zu diesem Wettbe-
werb der Systeme kommen. Im Moment ist es China,
das versucht, sich diesem Wettbewerb zu stellen, und
auch erst einmal in diesem strategischen Wettbewerb be-
stehen muss. Keiner von uns hat versucht, das jetzige po-
litische System der Volksrepublik zu verteidigen. Ich
glaube aber, wir alle setzen darauf, dass es eine evolutio-
näre Entwicklung gibt. Es gibt ja in den letzten 20 Jahren
erkennbare Fortschritte. Der letzte Tiefpunkt waren die
Geschehnisse auf dem Tiananmen-Platz. Danach gab es
in weiten Teilen eine sehr verantwortungsvolle Entwick-
lung.

Was wir brauchen, ist keine unkritische Haltung, son-
dern eine Politik des Verständnisses und des Engage-
ments mit China. Was wir brauchen, ist ein konstruktiv-
kritischer Dialog. Das kam heute eigentlich in fast allen
Reden zum Ausdruck. Ich glaube, wir sind in der Zu-
sammenarbeit mit der Volksrepublik China auf einem
guten Weg. Wir sollten so fortfahren.

Herzlichen Dank für diese Gemeinsamkeit in der Sa-
che.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617204000

Nun hat für die SPD-Fraktion der Kollege Johannes

Pflug das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Johannes Pflug (SPD):
Rede ID: ID1617204100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Lassen Sie mich zunächst sagen: Ich bin sehr
froh über diese Debatte am heutigen Vormittag, weil sie
sicherlich dazu beitragen kann, dass das in der Vergan-
genheit in der Öffentlichkeit, aber auch bei Veranstaltun-

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(C (D en und in der Medienberichterstattung entstandene errbild der Volksrepublik China wieder einigermaßen n den richtigen Rahmen gerückt wird. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich selbst bin in diesem Jahr dreimal in China gewe-
en, zum ersten Mal während der Ereignisse in Tibet.
ch war zu der Zeit in Schanghai. Ich konnte am Abend
es 14. März noch die Berichterstattung von CNN se-
en. Am nächsten Tag wurde die Berichterstattung von
NN wie auch die anderer Fernsehsender zensiert. Ich
abe das für einen Fehler gehalten: CNN zeigte auch
rennende Autos und geplünderte Läden, keineswegs
ur demonstrierende Menschenrechtler oder Mönch. Es
ar ein schwerer Fehler der chinesischen Politik, die Be-

ichterstattung zu zensieren.

Zur Zeit des Erdbebens war ich zum zweiten Mal in
hina und in Nordkorea. Ich konnte mich davon über-
eugen, mit welcher Hilfsbereitschaft junge Menschen
or öffentlichen Gebäuden auf der Straße spontan für die
pfer des Erdbebens sammelten. In Chongqing ließ man
rennende Kerzen auf kleinen Teppichen über den
angtse schwimmen – natürlich gegen ein entsprechen-
es Entgelt –, ebenfalls für die Opfer des Erdbebens. Die
elle von Hilfsbereitschaft war unglaublich.

Ich konnte mich in Schanghai von dem unglaublichen
nthusiasmus überzeugen, den man vor Beginn der
lympischen Spiele aufbrachte, als die Fackelläufer

urch die Stadt liefen. Tausende von jungen Menschen
tanden mit Fähnchen und Bändern am Straßenrand und
inkten. Wir als Europäer wurden freundlich und herz-

ich aufgenommen. Da war nichts von Abkommandieren
der Ähnlichem zu spüren, sondern nur von Enthusias-
us. Vor allen Dingen nach den Erdbeben herrschte das
efühl vor, von der Führung endlich ernst genommen
orden zu sein und eine offene Berichterstattung zu be-
ommen.

Herr Hoyer, ich gebe Ihnen recht: Da bildet sich Na-
ionalgefühl heraus, nicht Nationalismus. Wer gestern
as Fußballspiel gesehen hat und die Straßen hier bei uns
or und nach diesem Spiel beobachtet hat, der wird nicht
uf die Idee kommen, dass das, was man gesehen hat,
ationalismus war. Ich würde das einmal als völlig nor-
alen Umgang mit dem Nationalbewusstsein bezeich-

en. Dennoch muss man diese Entwicklung durchaus im
uge behalten.

Vor kurzem bin ich zum dritten Mal in China gewe-
en, und zwar mit unserem Außenminister und Kollegin-
en und Kollegen. Diese Reise war sehr erfolgreich, vor
llen Dingen deshalb, weil Außenminister Steinmeier
icht nur sehr hochrangige Gesprächspartner hatte und
ute Gespräche geführt hat, an denen wir teilweise teil-
ehmen konnten, sondern auch, weil er darauf bestanden
at, dass er und wir Abgeordneten mit Regimekritikern
prechen durften,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])







(A) )



(B) )


Johannes Pflug
was von bestimmten Richtungen in der chinesischen Re-
gierung, die es natürlich auch gibt, so nicht vorgesehen
war. Steinmeier hat sich da durchgesetzt. Diese Gesprä-
che sind für uns sehr nützlich gewesen.

In der Großen Anfrage steht, dass die Entwicklung in
China bei den Menschen häufig Angst, Besorgnis und
ungeheuere Hoffnungen erweckt. Ich denke, das ist zu
Recht so formuliert. Es wird auch auf die mangelhafte
Lage von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten ver-
wiesen und die Rolle Chinas in der Zukunft hinterfragt.

Niemand hat bisher verschwiegen, dass dieses große
Land natürlich auch große Probleme hat. Es gibt in
China große Umweltprobleme, Korruption – vor allem
auf den lokalen Ebenen –, Fehlallokation von Ressour-
cen, vermutlich im Wesentlichen durch die zentrale
Steuerung. Es gibt soziale Disparitäten in der Einkom-
mensverteilung, in den sozialen Sicherungssystemen
und in der Bildung. Es gibt auch regionale Disparitäten
zwischen den Küstenstädten, den Großstädten im Landes-
innern, den ländlichen Regionen und vor allem in der In-
frastruktur. Aber all diese Probleme werden von der chi-
nesischen Führung gar nicht geleugnet; vielmehr werden
sie nach meinen Erkenntnissen durchaus sehr gut ange-
gangen. Man versucht, diese Probleme zu lösen.

Was wir sehen müssen, ist, dass China zur Lösung
dieser Probleme weiterhin auf hohes Wachstum setzt.
Hohes Wachstum erfordert Energie und Rohstoffe. Das
wiederum führt dazu, dass die Welt Chinas Aktivitäten
auf den internationalen Energie- und Rohstoffmärkten
sehr intensiv beobachtet und dass China dabei an die In-
teressensgrenzen anderer Staaten stößt. Hier stellt sich in
der Tat die Frage: Wie geht China mit den Interessen an-
derer Staaten um, und wie werden diese Konflikte ge-
löst?

Ohne dies hier in der Kürze der Zeit diskutieren zu
können, darf ich eines sagen: Wer die chinesische Politik
der letzten 20 Jahre beobachtet hat, der wird bestätigen
müssen, dass Chinas Außen- und Innenpolitik sehr prag-
matisch auf Ausgleich und Konfliktvermeidung angelegt
ist. Dieser Pragmatismus führt zugleich zu stetigen Ver-
änderungen der innerstaatlichen Strukturen, und zwar in
Richtung mehr Rechtsstaatlichkeit und Demokratisie-
rung, sowie zur Verbesserung des Lebensstandards der
Bevölkerung; Kollege Gehrcke hat darauf hingewiesen.


(Beifall bei der SPD)


Lassen Sie mich zum Abschluss etwas machen, was
in einem deutschen Parlament nicht unbedingt üblich ist.
Ich möchte gerne Ministerpräsidenten Wen Jiabao aus
seiner Rede zitieren, die er am 13. März zur Begrüßung
von Herrn Steinmeier und seiner Delegation gehalten
hat. Wen Jiabao sagte: Erstens. China wird auf jeden Fall
seine Öffnungspolitik fortsetzen. Zweitens. China wird
ein transparentes Rechtssystem aufbauen. Drittens.
China wird die Urheberrechte schützen. Viertens. China
wird den Bürokratieabbau fortsetzen. Die bilateralen Be-
ziehungen zwischen China und Deutschland, der Euro-
päischen Union und anderen Staaten müssen langfristig
und strategisch angelegt sein. Die Zusammenarbeit im
internationalen Bereich, insbesondere in den Vereinten

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(C (D ationen, im EU-China-Dialog, in der ASEM und in aneren Organisationen, muss gestärkt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich stimme em chinesischen Ministerpräsidenten voll und ganz zu. leichzeitig betone ich aber, dass wir auch weiterhin un ere deutschen, europäischen und westlichen Werte ofen vertreten werden. Dazu gehört selbstverständlich uch, dass wir empfangen und reden werden, wann, wo nd mit wem wir es für richtig halten. Herr Kollege, denken Sie bitte an die Redezeit. Man sollte allerdings beachten, dass die Resultate von reffen und Gesprächen – mit wem auch immer – in eiem vernünftigen Verhältnis zu den mittelbis langfrisig verfolgten politischen Zielen stehen müssen. Das ird auch in Zukunft zu Meinungsunterschieden führen. ichtig ist jedoch, dass wir darüber offen und ehrlich prechen. Nur dann kann sich Vertrauen bilden, und nur ann wird aus Kooperation eine konzeptionelle strategiche Partnerschaft und schließlich gute Freundschaft wischen den Menschen. Das ist wichtig. Herr Kollege, Sie müssen wirklich zum Schluss kom en. Wir alle tragen gemeinsam Verantwortung – nicht nur ür unsere Völker, sondern für alle Menschen auf der elt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617204200
Johannes Pflug (SPD):
Rede ID: ID1617204300
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617204400
Johannes Pflug (SPD):
Rede ID: ID1617204500


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617204600

Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege

hristoph Strässer für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1617204700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ehr geehrter Herr Königshaus, Sie tun so, als würden
ir die menschenrechtliche Komponente bei der China-
ebatte vernachlässigen. Wir hatten aber in den letzten
rei Monaten wohl vier Debatten zu den Themen China,
enschenrechte und Tibet sowie Große Anfragen und
ktuelle Stunden. Wenn uns also jemand vorwirft, wir
ürden die Thematik der Menschenrechte in China
icht problematisieren, dann ist dies eine Konterkarie-
ung der Realität im Deutschen Bundestag, meine Da-
en und Herren.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Wohl wahr! Jede Woche einmal mindestens!)


Lassen Sie mich diese menschenrechtliche Thematik
n einigen Punkten ansprechen. Das Erste, was Johannes






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(B) )


Christoph Strässer
Pflug erwähnt hat, ist mir ganz wichtig. Ich möchte näm-
lich an einem Beispiel aufzeigen, wie und in welchen
Dimensionen auch unterschiedliche Facetten der chine-
sischen Wirklichkeit deutlich werden. Er hat unseren
Versuch angesprochen, mit Bürgerrechtlerinnen und
Bürgerrechtlern in Peking ein Gespräch zu führen. Das
hat die Deutsche Botschaft mit fünf prominenten Men-
schen vorbereitet. Allerdings erreichte uns am Vormittag
jenes Tages die Nachricht, dass das Gespräch abgesagt
wurde. Wir haben natürlich gefragt, warum dieses Ge-
spräch abgesagt wurde und ob es seitens der Chinesen
gecancelt wurde. Aber nein, die Antwort lautete: Diese
Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler hatten Angst. –
Sie hatten Angst, weil vor ihren Häusern die Staatssi-
cherheit positioniert war. Sie hatten Angst, weil sie in
Anrufen bedroht worden sind und um ihre persönliche
Sicherheit fürchten mussten.

Nun ist etwas passiert, was ich hervorheben möchte,
wenn es um Werte in der Außenpolitik geht. In diesem
Zusammenhang möchte ich das Agieren unseres Außen-
ministers ganz hoch einsortieren. Er hat nämlich seinen
Besuch an dieser Stelle genutzt und in Gesprächen mit
dem Vizeaußenminister der Volksrepublik China gefor-
dert: Unser Gespräch mit der chinesischen Führung wer-
den wir nur dann ordentlich weiterführen können, wenn
es ein Gespräch mit Bürgerrechtlerinnen und Bür-
gerrechtlern in Peking geben wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, dieses Gespräch hat dann
letztendlich stattgefunden. Ich kann Ihnen auch über die
Wirkung dieses Gesprächs berichten, die es nicht nur bei
uns entfaltet hat; wir sagen nämlich immer, dass es uns
gut tut. Die Frau – sie ist die Sprecherin der Toten vom
Tiananmen-Platz –, mit der wir gesprochen haben, hat
uns in einer sehr bewegenden Rede Folgendes gesagt:
Das heutige Gespräch mit dem deutschen Außenminister
ist für mich so etwas wie ein Durchbruch in meiner poli-
tischen Arbeit. Das wünschen wir uns. – Sie ist uns un-
endlich dankbar dafür gewesen, dass wir es möglich ge-
macht haben, dieses Gespräch zu führen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich will an diesem Punkt noch etwas anderes deutlich
machen; das betrifft das, was wir heute diskutieren. An
diesem Ereignis wird deutlich, welch unterschiedliche
Perspektiven die chinesische Innenpolitik aufweist. Auf
der einen Seite gibt es – das ist uns auch sehr deutlich
gesagt worden – Probleme mit einem stark beharrenden
Apparat, der zum Beispiel für das Aufstellen von Staats-
sicherheitseinheiten vor den Häusern der Bürgerrechtler
verantwortlich ist. Aber es gibt eben auch die andere
Seite dieser chinesischen Politik,


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: So ist es!)


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(C (D ür die die Reformer stehen, die sich in der Konfrontaion, die wir vor Ort erlebt haben, durchgesetzt haben, ndem sie dieses Gespräch ermöglicht haben. Für mich ist eine der Erkenntnisse aus dieser Reise nserer Delegation, dass wir uns fragen müssen: Wen nterstützen wir eigentlich? Wen unterstützt die deutche Außenpolitik und mit welchen Mitteln? Ich kann ur sagen: Unser klarer Anspruch muss sein, diejenigen olitischen Kräfte in China zu unterstützen, die an dieser eformpolitik, so langsam sie auch vorangeht und so chwer sie durchzusetzen ist, festhalten. Denn mit diesen enschen werden wir einen Dialog führen können, der etztendlich die Volksrepublik China, was den Aspekt enschenrechte betrifft, voranbringt. Das ist die klare otschaft. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte noch an zwei anderen Stellen deutlich ma-
hen, wo wir die Diskussion über Probleme im Zusam-
enhang mit den Menschenrechten fortführen müssen.
er Präsident hat die abgesagte Reise des Menschen-

echtsausschusses schon angesprochen. Ich füge hinzu:
ir wenden uns hier in dieser Angelegenheit zwar an

nsere chinesischen Partner und an den chinesischen
otschafter. Aber der Menschenrechtsausschuss hat auf

eine Bitte, dass auch andere Ausschüsse auf die Absage
er Reise reagieren mögen, keine Reaktion erfahren.
enn man gegenüber den Chinesen den Mund spitzt,

ber intern nicht pfeift, dann wird unsere Kritik nicht
rnst genommen werden. Diesen Punkt sollten wir in un-
eren Beratungen einmal ansprechen.

Aus unseren Gesprächen ergibt sich folgende Bot-
chaft: Wenn wir einen Dialog wollen – Dialog ist kein
elbstzweck, aber er ist wichtig; wir haben gesehen, dass
s an vielen Stellen vorangeht –, dann brauchen wir da-
ür einen Partner. Ich sage es jetzt einmal etwas salopp:

ir können uns als Deutsche, als Europäer oder als in-
ernationale Gemeinschaft unsere Partner auf der ande-
en Seite nicht backen. Sie sind so, wie sie sind. Deshalb
inde ich es ausgesprochen gut und richtig, wenn wir von
ier aus signalisieren, dass wir darin übereinstimmen,
ass wir sie akzeptieren müssen.

Eine Botschaft von Helmut Schmidt, die schon
0 Jahre alt ist und die sich heute bewahrheitet, lautet:
ie westliche Besserwisserei, die in Peking an den Tag
elegt wird, ist von Übel. – Ich kann mich dieser Fest-
tellung nur anschließen und sagen: Wir wollen und
üssen diesen Dialog weiterführen. Denn er wird dazu

ühren, dass die von China betriebene Öffnungspolitik
uch unter menschenrechtlichen Aspekten unumkehrbar
st. Dafür sollten wir gemeinsam arbeiten und andere
issonanzen im Zusammenhang mit der Frage, wer eine
ertegebundene und ethisch verantwortungsvolle Au-
enpolitik macht, zurückdrängen. Menschenrechtspoli-
ik soll den Menschen nutzen; daran sollten wir sie mes-
en.






(A) )



(B) )


Christoph Strässer
Auch ich sage der Bundesregierung herzlichen Dank
für die Antworten, aber auch für ihre konstruktive Men-
schenrechtspolitik gegenüber China, die in den letzten
Wochen und Monaten betrieben worden ist.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617204800

Ich schließe die Aussprache zu diesem Punkt.

Bezüglich des Zusatzpunktes 4 wird interfraktionell
die Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/9745
an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich
sehe, das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 46 a bis 46 d
sowie 46 f und 46 g auf:

a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen
Gleichbehandlung der Auftragsforschung
öffentlich-rechtlicher Forschungseinrichtun-

(Hochschulforschungsförderungsgesetz – HFFördG)


– Drucksache 16/5726 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Zusammenführung der Regelun-
gen über befriedete Bezirke für Verfassungs-
organe des Bundes

– Drucksache 16/9741 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Behm, Ulrike Höfken, Nicole Maisch, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Forschung für den ökologischen Landbau aus-
bauen

– Drucksache 16/9345 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

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(C (D d)

Friedrich (Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Verlängerung der Hauptuntersuchungsinter-
valle für Oldtimer mit H-Kennzeichen

– Drucksache 16/9480 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

f) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(18. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsord-

nung

Technikfolgenabschätzung (TA)


Mediennutzung und eLearning in Schulen

Sachstandsbericht zum Monitoring „eLear-
ning“

– Drucksache 16/9527 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Kultur und Medien

g) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(18. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsord-

nung

Technikfolgenabschätzung (TA)


Zielgruppenorientiertes eLearning für Kinder
und ältere Menschen

Sachstandsbericht zum Monitoring „eLear-
ning“

– Drucksache 16/9528 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe,
as ist der Fall. Dann sind auch diese Überweisungen so
eschlossen.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 47 a bis
7 p sowie den Zusatzpunkten 5 a bis 5 m. Dabei handelt
s sich um Beschlussfassungen zu Vorlagen, zu denen
eine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 47 a:

47 a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
… Gesetzes zur Änderung des Europaabge-
ordnetengesetzes und eines … Gesetzes zur
Änderung des Abgeordnetengesetzes
– Drucksache 16/9300 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
ordnung (1. Ausschuss)


– Drucksache 16/9570 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernhard Kaster
Christian Lange (Backnang)

Jörg van Essen
Dr. Dagmar Enkelmann
Volker Beck (Köln)


Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/9570, den Gesetzentwurf auf
Drucksache 16/9300 anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit der gleichen Mehrheit, das heißt einstimmig, an-
genommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion der FDP auf Druck-
sache 16/9811. Wer stimmt für diesen Entschließungs-
antrag? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der
Entschließungsantrag ist damit mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tionsfraktionen abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 47 b:

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Roth (Augsburg), Winfried Nachtwei, Marieluise
Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

20 Jahre nach Halabja – Unterstützung für die
Opfer der Giftgasangriffe

– Drucksachen 16/8197, 16/9150 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Holger Haibach
Uta Zapf
Harald Leibrecht
Wolfgang Gehrcke
Kerstin Müller (Köln)


Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/9150, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/8197 abzu-

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(C (D ehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – egenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh ung ist damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ei Enthaltung der FDP-Fraktion und Gegenstimmen der raktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke angeommen. Tagesordnungspunkt 47 c: c)

richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus-
schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen
Trittin, Winfried Nachtwei, Alexander Bonde,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

NATO-Gipfel für Kurswechsel in Afghanistan
nutzen

– Drucksachen 16/8501, 16/9431 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernd Schmidbauer
Uta Zapf
Dr. Werner Hoyer
Monika Knoche
Jürgen Trittin

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
ung auf Drucksache 16/9431, den Antrag der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/8501 abzu-

ehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
er ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-

ehlung ist damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
en und der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der
raktion Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der
DP-Fraktion angenommen.

Tagesordnungspunkt 47 d:

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus
Hofbauer, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Hans-
Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Ab-
geordneten Heinz Paula, Uwe Beckmeyer,
Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Zwölf-Tage-Regelung in Europa wieder ein-
führen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Patrick
Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Ernst
Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Wiedereinführung der Zwölf-Tage-Regelung
in Europa unterstützen

– Drucksachen 16/9076, 16/7861, 16/9739 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Klaus Hofbauer
Patrick Döring






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/9739, den Antrag
der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf Druck-
sache 16/9076 anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist damit mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der FDP-Frak-
tion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Ent-
haltung der Fraktion Die Linke angenommen.

Wir sind noch beim Tagesordnungspunkt 47 d. Der
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/9739
den Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Wieder-
einführung der Zwölf-Tage-Regelung in Europa unter-
stützen“ auf Drucksache 16/7861 mit einbezogen. Über
diese Vorlage soll jetzt ebenfalls abschließend beraten
werden. – Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Dann
können wir so verfahren.

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Be-
schlussempfehlung die Ablehnung des eben genannten
Antrags der Fraktion der FDP. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist damit mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen, der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen und der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der
Fraktion der FDP angenommen.

Tagesordnungspunkt 47 e:

e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu der
Verordnung der Bundesregierung

Verordnung zum Schutz des Klimas vor Ver-
änderungen durch den Eintrag bestimmter

(Chemikalien-Klimaschutzverordnung – ChemKlimaschutzV)


– Drucksachen 16/9446, 16/9517 Nr. 2, 16/9731 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingbert Liebing
Frank Schwabe
Michael Kauch
Lutz Heilmann
Sylvia Kotting-Uhl

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/9731, der Verordnung auf
Drucksache 16/9446 zuzustimmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist damit mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei
Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der
Fraktion Die Linke angenommen.

Tagesordnungspunkte 47 f bis 47 p: Wir kommen zu
den Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 47 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 431 zu Petitionen

– Drucksache 16/9616 –

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(C (D Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 431 ist mit den Stimmen es ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 47 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 432 zu Petitionen – Drucksache 16/9617 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Dann ist auch die Sammelübersicht 432 mit en Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 47 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 433 zu Petitionen – Drucksache 16/9618 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 433 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Geenstimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung der raktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 47 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 434 zu Petitionen – Drucksache 16/9619 – Wer stimmt dafür? – Ist jemand dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 434 ist einstimmig anenommen. Tagesordnungspunkt 47 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 435 zu Petitionen – Drucksache 16/9620 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 435 ist damit mit den Stimen der Koalitionsfraktionen, der FDP-Fraktion und der raktion Bündnis 90/Die Grünen bei Gegenstimmen der raktion Die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 47 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 436 zu Petitionen – Drucksache 16/9621 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 436 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen, der Fraktion Bündnis 90/Die rünen und der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen er Fraktion der FDP angenommen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt Tagesordnungspunkt 47 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 437 zu Petitionen – Drucksache 16/9622 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 437 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der Fraktion der FDP und Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 47 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 438 zu Petitionen – Drucksache 16/9623 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 438 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 47 n: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 439 zu Petitionen – Drucksache 16/9624 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 439 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der Fraktionen der FDP und Bündnis 90/ Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 47 o: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 440 zu Petitionen – Drucksache 16/9625 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 440 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen bei Gegenstimmen der Fraktion der FDP und der Fraktion Die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 47 p: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 441 zu Petitionen – Drucksache 16/9626 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 441 ist damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. l o W d i F E m f e d s a d s f n L m s (C (D Zusatzpunkt 5 a: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie Bundesregierung Einhundertsiebte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste – Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung – – Drucksachen 16/9211, 16/9391 Nr. 2.1, 16/9698 – Berichterstattung: Abgeordnete Ulla Lötzer Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 16/9698, die Aufhebung der Verrdnung auf Drucksache 16/9211 nicht zu verlangen. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der FDPraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei nthaltung der Fraktion der Linken angenommen. Zusatzpunkt 5 b: Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses Übersicht 11 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht – Drucksache 16/9782 – Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ist jeand dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp ehlung ist damit einstimmig angenommen. Zusatzpunkt 5 c: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu den Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 2/08 und 2 BvR 1010/08 – Drucksache 16/9783 – Berichterstattung: Abgeordneter Andreas Schmidt Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung, eine Stellungnahme zu den Streitsachen vor em Bundesverfassungsgericht abzugeben und den Präidenten zu bitten, Professor Dr. Dr. h. c. Ingolf Pernice ls Prozessbevollmächtigten zu bestellen. Wer stimmt afür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsraktionen, der Fraktion der FDP und der Fraktion Bündis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die inke angenommen. Zusatzpunkte 5 d bis 5 m. Es handelt sich noch einal um Beschlussempfehlungen des Petitionsausschus es. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt Zusatzpunkt 5 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 442 zu Petitionen – Drucksache 16/9767 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 442 ist einstimmig angenommen. Zusatzpunkt 5 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 443 zu Petitionen – Drucksache 16/9768 – Wer stimmt dafür? – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Auch die Sammelübersicht 443 ist einstimmig angenommen. Zusatzpunkt 5 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 444 zu Petitionen – Drucksache 16/9769 – Wer stimmt dafür? – Dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 444 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Zusatzpunkt 5 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 445 zu Petitionen – Drucksache 16/9770 – Wer stimmt dafür? – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 445 ist einstimmig angenommen. Zusatzpunkt 5 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 446 zu Petitionen – Drucksache 16/9771 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 446 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der FDP-Fraktion und der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Zusatzpunkt 5 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 447 zu Petitionen – Drucksache 16/9772 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 447 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Fraktion der FDP und der F F g d G d g d g E g d g d g m O h h s (C (D raktion Bündnis 90/Die Grünen bei Gegenstimmen der raktion Die Linke angenommen. Zusatzpunkt 5 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 448 zu Petitionen – Drucksache 16/9773 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 448 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen, der Fraktion Bündnis 90/Die rünen und der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen er FDP-Fraktion angenommen. Zusatzpunkt 5 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 449 zu Petitionen – Drucksache 16/9774 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 449 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Geenstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und nthaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Zusatzpunkt 5 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 450 zu Petitionen – Drucksache 16/9775 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 450 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Geenstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und er Fraktion Die Linke angenommen. Zusatzpunkt 5 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 451 zu Petitionen – Drucksache 16/9776 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 451 ist damit mit den Stimen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der ppositionsfraktionen angenommen. Ich rufe den Zusatzpunkt 6 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haltung der Bundesregierung zur unrechtmäßigen Einleitung radioaktiver Lauge in das ehemalige Salzbergwerk Asse II Bevor ich die Aussprache eröffne, will ich Sie darauf inweisen, dass mir eine Rednerliste vorliegt, deren Reienfolge aufgrund grundsätzlicher Vereinbarungen zwichen den Fraktionen erstellt wurde. Nachdem sie Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt erstellt worden war, äußerte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Wunsch nach Änderung der Reihenfolge. Diesem Änderungswunsch haben einige der anderen Fraktionen widersprochen. Deshalb liegt die Entscheidung über die Reihenfolge der Redner bei mir. Ich möchte es so handhaben, dass die Redner in der Reihenfolge sprechen, die zunächst vereinbart war; davon möchte ich Sie in Kenntnis setzen. Nun können wir mit der Aktuellen Stunde beginnen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Mi nisterin Schavan! Sehr verehrter Herr Minister Gabriel – von dem ich erwartet hätte, dass er der Fraktion, die diese Aktuelle Stunde beantragt hat, die Möglichkeit gibt, mit ihrem zweiten Redebeitrag auf ihn zu reagieren! (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Alles Schaulaufen!)





(A) )


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(A) )


(B) )

Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617204900

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum zweiten Mal,
seit ich Mitglied des Bundestages bin, debattieren wir
die Problematik Asse II, wieder auf Antrag der Grünen.
Schon beim ersten Mal haben wir Sie, Minister Gabriel,
aufgefordert, die Zuständigkeit für die Asse an sich zu
nehmen – nicht um Sie zu ärgern oder um Ihnen ir-
gendein Versäumnis vorzuwerfen, sondern weil sich
schon damals abzeichnete, dass die nach bergrechtli-
chem Verfahren agierenden Betreiber mit der Einschät-
zung der Gefahrensituation heillos überfordert waren.
Schon damals war der Skandal groß genug.

Tausende von Jahren dauere es, bis die zufließende
Lauge, von der niemand weiß, woher sie kommt, in die
Kammern mit Atommüll eindringen könne. Diese Aus-
sage traf die betreibende Helmholtz-Gemeinschaft im
letzten Jahr, wohl wissend, dass es seit Jahren verstrahlte
Lauge und Überschreitungen des Grenzwertes um das
bis zu Elffache gibt. So große Lockerheit bei einem
Standort, dessen Gebirgsschichten grundwasserführend
sind!

Die Vorstellung, dass Caesium-137 ins Trinkwasser
gelangt – das ist nach der Studie des BfS nach spätestens
150 Jahren nicht mehr auszuschließen –, ist der reine
Horror.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Angeblich ohne sich bewusst zu sein, dass sie dafür eine
strahlenschutzrechtliche Genehmigung bräuchten, ver-
brachten die Betreiber das Caesium-137 kurzerhand
200 Meter tiefer, frei nach der beliebten Methode „Aus
den Augen, aus dem Sinn“.

Frau Ministerin Schavan greift in diese Debatte nicht
ein. Ich will ganz klar sagen: Frau Ministerin, für mich
als Grüne sind Sie in dieser Frage auch nicht die richtige
Ansprechpartnerin. Denn was soll ich von jemandem
fordern, der trotz dieser illegalen Machenschaften kei-
nerlei Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers hat?

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(C (D o darf man mit Atommüll nicht umgehen. Genau desalb gibt es das Atomrecht. Bisher mag Ihre Argumentation, Herr Gabriel, dass ir das Fachwissen derer, die die Asse kennen, brau hen, noch gut genug gewesen sein. Aufgrund Ihrer gesrigen Äußerung im Umweltausschuss – Sie sagten, das ichtigste seien Fachkompetenz und Zuverlässigkeit – tellt sich aber die Frage: Was muss noch passieren, bis uch Sie öffentlich sagen: „Die können es nicht!“? Fordern Sie den Statusbericht, Herr Gabriel! Das ist icht verkehrt. Schicken Sie eine Taskforce nach Niederachsen; aber lassen Sie diese Taskforce auch eigene essungen vornehmen und nicht nur nachfragen! Auf ussagen und Messungen der Helmholtz-Gemeinschaft ürde ich mich an Ihrer Stelle nicht verlassen. Bringen ie Ihre niedersächsischen Genossen dazu, gemeinsam it den Grünen und den Linken die Einsetzung eines ntersuchungsausschusses zu fordern! Wann, wenn icht hier, ist er nötig? Handeln Sie endlich! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Kurt Hill [DIE LINKE])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ihre Zusicherung aus dem Jahre 2007, beim geplanten
usammenwirken mit dem BMBF die Beachtung aller
tomrechtlichen und strahlenschutzrechtlichen Aspekte
u gewährleisten, konnten Sie nicht einlösen. Aus all
em – aus Ihrer Forderung nach Fachkompetenz und Zu-
erlässigkeit, aus dem Umstand, dass der Betreiber da-
on ausgeht, für den Transport radioaktiv verseuchter
auge keine strahlenschutzrechtliche Genehmigung zu
enötigen, und in Anbetracht des unglaublichen Infor-
ations- und Kommunikations-GAUs – ergibt sich nur

ine logische Konsequenz: Nehmen Sie die Asse II in
hre Verantwortung und stellen Sie sie unter Atomrecht!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ch kenne Ihre Argumentation und weiß, dass Sie darauf
icht wirklich Lust haben. Das kann ich gut verstehen.
ber Sie können nicht länger die Taube auf dem Dach

pielen, Herr Minister; Sie müssen die Rolle des Spatzen
bernehmen.

Es ist nicht mehr an der Zeit, weiterhin, wie gestern
m Umweltausschuss Frau Flachsbarth für die Union
usführte, konstruktiv mit allen Beteiligten zusammen-
uarbeiten. Es ist an der Zeit, klare und transparente Ver-
ältnisse zu schaffen.

Noch etwas, Herr Gabriel: Auch wenn Sie immer
ieder betonen, dass Asse II einerseits und Morsleben,
chacht Konrad und Gorleben andererseits nichts mit-
inander zu tun hätten – durch die räumliche Nähe haben
ie das natürlich doch. Wie wollen Sie bei einer Bevöl-
erung, die diesen Endlager-GAU miterleben muss, je-
als wieder Akzeptanz für irgendein Lager für Atom-
üll gewinnen? Das, Herr Minister Gabriel, ist

atsächlich nicht das Problem von Frau Schavan, son-
ern Ihres.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617205000

Nächster Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der

Kollege Axel Fischer.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die
Verantwortung dafür, was heute bei Asse II passiert,
liegt doch nicht bei Herrn Gabriel. Umweltminister
Trittin war als Niedersachse damals sicherlich gut über
Asse II informiert.


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Grünen hatten sieben Jahre Zeit – von 1998 bis
2005, als sie an der Bundesregierung beteiligt waren –,
die von Ihnen heute beschriebenen Gefahren abzuweh-
ren und das vermeintlich Gute, was Sie heute gefordert
haben, zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn das, was Sie, Frau Kollegin Kotting-Uhl, heute
fordern, so sinnvoll wäre, hätten Sie es doch in diesen
sieben Jahren machen können. Dass das Bergwerk voll-
läuft, dass Salz nachrutscht, dass die Stabilität nachlässt
und der Abfall irgendwann nicht mehr herauszuholen
sein wird, war schon lange absehbar, auch zu Ihrer Re-
gierungszeit. Wenn Sie das damals schon wussten, muss
man sich fragen, warum Sie sieben Jahre lang nichts ge-
tan haben. Das müssen Sie sich heute vorwerfen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es stellt sich die Frage, warum wir heute im Rahmen
einer Aktuellen Stunde diese Debatte führen. Die Grü-
nen haben auf ihrer Bundesdelegiertenversammlung
vom 8. März 1998 beschlossen, dass der Liter Benzin in
zehn Jahren 5 DM kosten soll.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie sich den Benzinpreis doch einmal an!)


Mit dieser Forderung sind Sie, Herr Fell, in den Wahl-
kampf gezogen. Jetzt sind die zehn Jahre um; der Liter
Benzin kostet heute umgerechnet etwa 3 DM. Das hat ei-
nen handfesten Grund: Sie wurden vor drei Jahren – zum
Glück! – abgewählt.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? – Ja, stimmt! Deshalb ist es jetzt so teuer!)


Dafür knackt es jetzt an anderer Stelle: beim Strom-
preis. Knapp einen halben Euro muss der Verbraucher
für die Einspeisung einer Kilowattstunde Solarstrom
zahlen. Rechnet man die Durchleitungskosten hinzu,
sieht man, dass der Bezug einer Kilowattstunde Solar-
strom mehr als 50 Cent kostet. Die hohen Energiepreise
machen uns alle ärmer.

Strom aus Kernkraftwerken kann für 2 Cent die Kilo-
wattstunde eingespeist werden. Das wissen die Bürgerin-
nen und Bürger.


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(C (D (Dirk Niebel [FDP]: In Asse liegt übrigens gar kein Müll aus Kernkraftwerken!)


Das ist vollkommen richtig. Wir reden aber natürlich
uch darüber, warum wir heute über dieses Thema dis-
utieren.


(Ulrich Kelber [SPD]: Zehn Sekunden zum Thema und jetzt die Standardrede von Herrn Fischer!)


Meine Damen und Herren, Sie wissen genau, dass die
kzeptanz der Kernenergie insgesamt zunimmt.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch bei Caesium im Trinkwasser?)


s hat doch seinen Grund, warum Frankreich, England
nd die Schweiz neue Kernkraftwerke bauen wollen.
ine Weiternutzung bestehender deutscher Kernkraft-
erke liegt in unser aller Interesse. Es macht nämlich
enig Sinn, eine kostengünstige und CO2-freie Stromer-

eugung


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und eine sichere; das haben Sie zu sagen vergessen!)


infach aufzugeben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


as spüren auch die Menschen.

Den Grünen geht es bei dieser Diskussion – wie bei
ielen anderen Tagesordnungspunkten – darum, die
ernenergie in Deutschland auch aus ideologischen
ründen insgesamt schlechtzureden. Wir müssen aber,
enn Sie diesen Tagesordnungspunkt schon beantragen,
ber die berechtigten Sorgen und Ängste der Bürger re-
en.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich würde Ihnen, Herr Fischer, empfehlen, selbst einmal mit den Menschen zu reden!)


afür ist eine Aktuelle Stunde weniger geeignet als die
erantwortungsvolle Diskussion in den Ausschusssit-
ungen.


(Jörg Tauss [SPD]: Klappe zu, Affe tot!)


Ich bin mir sehr sicher, dass dieses Thema bei Bun-
esumweltminister Gabriel und Bundesforschungs-
inisterin Schavan, bei der Bundesregierung, sehr gut

ufgehoben ist und dass wir auch im Ausschuss eine wei-
re verantwortungsvolle Diskussion zu diesem Thema

ühren werden; natürlich haben wir sie auch schon ge-
ührt.


(Jörg Tauss [SPD]: Da waren Sie gestern nicht da, Kollege Fischer!)


Es macht wenig Sinn, dass Sie hier versuchen, dieses
hema zu instrumentalisieren, um Ihre Positionen nach
ußen zu tragen. Wir müssen dafür sorgen, dass die






(A) )



(B) )


Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)

berechtigten Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und
Bürger ernst genommen werden. Das liegt in unserer
Verantwortung.

Mir wäre es sehr recht, wenn Sie sich hier ein biss-
chen mehr mit einbringen könnten; denn ich sage es
noch einmal, Herr Trittin: Sie hatten sieben Jahre lang
Zeit und haben gar nichts getan. Wenn ich mich recht er-
innere, haben Sie sogar die Forschungsmittel für Asse II
reduziert.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit gutem Grund! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sonst wäre es heute noch schlimmer!)


Das zeigt, mit welcher Verantwortung Sie da herange-
gangen sind, nämlich mit gar keiner. Heute versuchen
Sie mit dieser Debatte, das zu verschleiern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617205100

Für den Bundesrat spricht nun der Minister für Um-

welt und Klimaschutz des Landes Niedersachsen, Hans-
Heinrich Sander.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1617205200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren Abgeordnete! Das Salzbergwerk Asse II ist eine
radioaktive Altlast. Im Rahmen von Forschungsarbeiten
wurden in den Jahren 1967 bis 1978 rund 130 000 Fässer
mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen in diesem
Salzbergwerk eingelagert. Sie stammten größtenteils aus
der öffentlichen Hand. Dort wurden also Abfälle aus
Forschungsreaktoren und medizinische Abfälle zwi-
schengelagert. In den 90er-Jahren ist ein Schließungs-
konzept entwickelt worden, um die Menschen in der Re-
gion vor diesen Abfällen zu schützen bzw. diese Abfälle
von der Biosphäre fernzuhalten.

Meine Damen und Herren, auch zur Zeit der rot-grü-
nen Regierung ab 1998 ist dieses Bergwerk weiter be-
trieben worden. Herr Kollege Trittin, auch während Ihrer
Zeit als Bundesratsminister – 1990 hatten Sie noch die
Aufsicht über Asse II – und später als Bundesumwelt-
minister haben wir im Lande nur wenig Unterstützung
von Ihnen erhalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sehr geehrte Frau Kollegin Schavan und Herr Kol-
lege Gabriel, seitdem Sie die Verantwortung übernom-
men haben – ich kann davon sprechen, weil ich auch
Ihre Vorgängerin in dieser Sache angeschrieben habe,


(Patrick Döring [FDP]: Wo ist sie denn eigentlich?)


und zwar insbesondere hinsichtlich der für die Bevölke-
rung nicht ausreichenden Informationspolitik –, ist Be-
wegung in die Sache gekommen. Herr Gabriel, bei Ihnen
bedanke ich mich besonders, weil Sie auch als Wahl-
kreisabgeordneter Ihre Verantwortung wahrgenommen

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(C (D aben und nicht mit Schuldzuweisungen auf die Landesegierung zugegangen sind, ondern gemeinsam mit Ihrer Kollegin konstruktiv an er Sache gearbeitet haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Um hier der Wahrheit Genüge zu tun, muss ich sagen:
bwohl auch in den 90er-Jahren erhöhte Strahlenbelas-

ungen festzustellen waren – wobei der Betreiber und
as Landesbergamt allerdings unterschiedlicher Ansicht
arüber waren, wo die Ursachen dafür lagen –, haben
ir als Umweltministerium erst am 12. dieses Monats

rfahren, dass es an zwei Stellen zusätzliche Strahlenbe-
astungen gab. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Auf-
ichtsbehörde das erst so spät vom Landesbergamt er-
ährt,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


eil das natürlich – das wissen alle hier in diesem
ause, die Verantwortung tragen – zur Verunsicherung

n der Öffentlichkeit führt.

Von daher müssen wir ein Konzept entwickeln, mit
em die Informationspolitik in Zukunft verbessert wird.
err Kollege Gabriel und Frau Kollegin Schavan, wir
üssen aber auch den Statusbericht möglichst bis Mitte
ugust fertigstellen.

Wir werden alle Beteiligten – sowohl Ihre Experten
us dem Bundesumweltministerium als auch diejenigen
us dem Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter,
ber auch den Betreiber und das Landesbergamt – mit
inbinden, um ein Konzept zu entwickeln, wie wir wei-
er verfahren können. Wenn der Statusbericht vorliegt,
ann können wir – ich hoffe, dass alle Kräfte in diesem
aus das unterstützen – das weitere Vorgehen festlegen
nd klären, ob wir das vorhandene Schließungskonzept
eiterverfolgen oder ob zeitlich die Möglichkeit besteht,
lternativen ins Auge zu fassen.

Über eines müssen sich alle – auch die Kolleginnen
nd Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen – klar sein:
b 2014 – das wird von keinem Wissenschaftler bestrit-

en – ist die Standsicherheit des Bergwerks Asse nicht
ehr gegeben. Insofern geht es nicht um Schuldzuwei-

ung, sondern darum, ein Konzept zu erarbeiten. Seit
ienstag bin ich fest davon überzeugt, dass es uns ge-
einsam mit dem Betreiber gelingen wird, noch in die-

em Jahr ein Schließungskonzept zu erarbeiten. Das ist
otwendig, um mit der verbleibenden Zeit bis 2014 aus-
ukommen.

Von wesentlicher Bedeutung dafür ist – das ist mir
ehr wichtig –, dass die Berichtsgruppe morgen ihre Ar-
eit aufnimmt. Wir haben alle Verantwortlichen – auch
hre Experten – schon morgen ins Ministerium eingela-
en, um sofort damit zu beginnen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von 1996 bis morgen! – Gegenruf des Minister Hans-Heinrich Sander Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Anders als Herr Trittin seinerzeit!)





(A) )


(B) )


Dabei werden wir auch den Landrat des Landkreises
Wolfenbüttel mit einbeziehen. Denn die Menschen vor
Ort müssen wissen, dass die Politiker handeln und sich
für sie einsetzen, statt zu dramatisieren, um irgendwel-
che politische Ziele zu verfolgen, wie es leider bei Ihnen
der Fall ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daher appelliere ich an Sie, die Beteiligung der Öf-
fentlichkeit mit zu unterstützen und Ihren Beitrag dazu
zu leisten. Herr Kollege Trittin, Sie haben seinerzeit den
schönen Arbeitskreis „AK End“ eingerichtet. Er ist zwar
in der Versenkung verschwunden, aber vielleicht besteht
jetzt die Chance, ein anderes Verfahren unter stärkerer
Beteiligung der Öffentlichkeit zu vollziehen.

In dem Sinne gehe ich davon aus, dass Sie unser Vor-
haben unterstützen werden. Wir werden das Problem
Asse mit der Mehrheit in diesem Hause und mit der nie-
dersächsischen Landesregierung lösen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617205300

Nächster Redner ist der Kollege Jörg Tauss für die

SPD-Fraktion.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1617205400

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich glaube in der

Tat, dass wir uns vor billigen Schuldzuweisungen hüten
sollten. Klar ist, Herr Minister, dass hinsichtlich des
bergrechtlichen Verfahrens und der Frage, inwiefern Be-
richte unterblieben sind – Frau Kollegin Griefahn hatte
damals schon als Umweltministerin gehandelt und ent-
sprechende Informationen eingefordert –, eine Reihe
von Punkten diskutiert werden müssen. Darüber haben
wir gestern im Ausschuss beraten und mit dem Umwelt-
ministerium und dem Forschungsministerium eine Über-
einkunft herbeigeführt. Herr Kollege Fischer, Sie
konnten gestern leider nicht an der Ausschusssitzung
teilnehmen. Wir haben eine Reihe interessanter Punkte
diskutiert, die alle in eine Richtung gehen.

Lustigerweise wird diese Debatte von Meldungen
überlagert – das ging schon heute Morgen im Früh-
stücksfernsehen los –, dass jetzt in Deutschland ein
Kernkraftwahlkampf geführt werden solle. Ich glaube,
gerade das Beispiel Asse II zeigt, dass wir als Sozialde-
mokraten guten Grund hätten, uns auf einen solchen
Kernkraftwahlkampf zu freuen. Das sage ich in aller
Deutlichkeit.


(Beifall bei der SPD)


Klar ist: Kernkraft ist nicht billig; sie ist vielmehr die
teuerste Energie. In Baden-Württemberg hat die Kern-
kraft den größten Anteil an der Stromerzeugung. Diese
Situation ist unverantwortlich, was unter anderem das

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(C (D eispiel Tschernobyl zeigt. Kernkraft ist kein Ökostrom, ondern sie ist dreckig. Dies beweist das Beispiel Asse. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir müssen Millionen, wenn nicht sogar Milliarden
uro dafür aufwenden, den Abfall, der in früheren Jah-

en entstanden ist, zu entsorgen. Wie man damit umge-
en kann, Herr Kollege Fischer, folgt nicht der Devise
Klappe zu, Affe tot“, wie Sie es in der letzten Debatte
usgedrückt haben. Leider ist es nicht so einfach.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sind denn in Asse überhaupt Brennstäbe eingelagert?)


Ich rede nicht von den Brennstäben, sondern von dem
aterial, das beispielsweise von der Wiederaufberei-

ungsanlage in Karlsruhe stammt und dort eingelagert
urde. Das sind Urlasten der Kernenergie, die der Steu-

rzahler bezahlt und die beim Strompreis nicht berück-
ichtigt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as müsste man aber tun, wenn man eine ehrliche
ilanz der Kernkraft ziehen wollte.

Ich nenne ein Beispiel. Bei uns in Karlsruhe wird ge-
ade die Wiederaufbereitungsanlage abgebaut. Das sollte
rsprünglich 2 Milliarden DM kosten. Die Kosten liegen
un bei 4 Milliarden Euro. Die endgültige Zahl steht
ber noch aus. Asse kostet uns pro Jahr 100 Millionen
uro; das ist die aktuelle Zahl. Rechneten wir dies in den
trompreis ein, wäre die Behauptung von der billigen
ernenergie in diesem Land für jeden als Lüge erkenn-
ar. Stünde uns dieses Geld zur Verfügung, könnten wir
ieles andere tun.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zurück zu Asse. Es ist völlig klar, dass wir hier
chnellstmöglich vollständige Transparenz brauchen und
lären müssen, ob das, was wir in den letzten Jahren im
ertrauen auf die bergrechtliche Situation toleriert ha-
en, noch tolerabel ist. Ich halte es für richtig, dass wir
ber ein atomrechtliches Verfahren oder zumindest über
in dem Atomrecht vergleichbares Verfahren diskutie-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


ie Prüfmaßstäbe müssen in vollem Umfang den atom-
echtlichen Genehmigungsverfahren entsprechen. Das
aben die Anwohner, die Menschen in Niedersachsen,
elbstverständlich verdient. Ein Bergamt, das nicht in-
ormiert, ist nicht geeignet, diese Aufgabe zu erfüllen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Angriffe auf die Helmholtz-Gemeinschaft ver-
tehe ich allerdings nicht. Dort sitzen Expertinnen und
xperten. Wir sind froh – darüber haben wir gestern im






(A) )



(B) )


Jörg Tauss
Ausschuss diskutiert –, dass diese Fachleute uns in die-
sem aus wissenschafts- und forschungspolitischer Sicht
komplexen Bereich zur Verfügung stehen. Wen hätten
wir denn sonst? Ich halte es für richtig, dass die
Helmholtz-Gemeinschaft mit ihrer Kompetenz beteiligt
ist. Wir sollten uns an dieser Stelle vor Schuldzuweisun-
gen hüten. Nicht die Helmholtz-Gemeinschaft, sondern
diejenigen haben die Verhältnisse verursacht, die irgend-
wann vor uns Atommüllfässer in Asse gelagert haben
nach dem Motto „Was weg ist, ist nicht mehr da; wir se-
hen es jedenfalls nicht mehr“. Heute müssen wir Hun-
derte Millionen Euro aufbringen, um die Folgen zu be-
seitigen.


(Beifall bei der SPD)


Den berechtigten Sorgen der Bürgerinnen und Bürger
ist selbstverständlich Rechnung zu tragen. Dieses Thema
eignet sich nicht, um auf billige Art und Weise partei-
politische Vorteile zu erzielen. Dafür ist das Thema zu
ernst. Aber es ist gut, um einen Atomwahlkampf zu füh-
ren, wenn Sie es wünschen. Dann hätten wir zusätzliche
gute Argumente.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617205500

Für die Fraktion Die Linke hat nun das Wort der Kol-

lege Hans-Kurt Hill.


(Beifall bei der LINKEN)



Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617205600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im Atommülllager Asse II geht es offenbar zu wie bei
Hempels unterm Sofa. Für mich ist es unfassbar, was da
abgeht. Nicht nur, dass der Betreiber des alten Salzberg-
werks illegal Strahlenmüll eingelagert hat. Nein, der
Vorfall wird auch vom verantwortlichen CDU-For-
schungsministerium und dem vor Ort verantwortlichen
Helmholtz-Zentrum München gezielt heruntergespielt.

Was ist geschehen? Erstens. Radioaktive Stoffe und
Abfälle wurden unter Missbrauch des Atomrechts einge-
lagert. Zweitens. Die Bevölkerung wurde ahnungslos ge-
lassen. Drittens. Nun sollen die Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler den Schaden bezahlen. All das lässt die
Bundesregierung offenbar kalt; denn sie zieht nicht die
richtigen Konsequenzen. Fest steht: Ohne die Menschen
vor Ort, die sogenannte Asse-Begleitgruppe, wäre das
Chaos nicht ans Tageslicht gekommen.


(Beifall bei der LINKEN – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wer hat die denn eingesetzt?)


Dass diese Öffentlichkeit hergestellt wurde, ist zweifels-
frei dem jetzigen Bundesumweltminister zu verdanken,
der jetzt auch handelt. Allerdings könnte ich auch fra-
gen, was Herr Gabriel als Ministerpräsident von Nieder-
sachsen unternahm, als der Betrug in vollem Gange war,
oder was den grünen Umweltminister, Herrn Trittin, um-
trieb, als er den Informationsfluss des Bundesumwelt-
ministeriums zu Asse II einfach abschnitt.

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(C (D Klar ist: Hier geht es wieder einmal um das Verschleirn und Herunterspielen von radioaktiven Gefahren. Das elmholtz-Zentrum München hat den Salzstock Asse 0 Jahre lang mit öffentlichen Fördergeldern zur atomaen Endlagerforschung genutzt. Heute weiß man: Der etreiber wusste zu jeder Zeit, dass die Schachtanlage insturzgefährdet ist und dass es massive Wassereinbrühe gibt. Trotzdem hat er Teile des Atommülls wahrcheinlich unrückholbar verbuddelt. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unglaublich!)


s wurden 77 Kubikmeter radioaktiv verstrahlter Lauge
nd andere verstrahlte Betriebsabfälle in 925 Metern
iefe verklappt. Das war vorsätzlich und falsch.

Ich halte aber die Rolle des Landesbergamtes für ent-
cheidend. Ich glaube nicht, dass diese als Genehmi-
ungsbehörde weniger Informationen als der Betreiber
u Asse II hatte. Über mindestens fünf Jahre hinweg
timmte es der Umlagerung der verseuchten Lauge zu,
nd zwar ohne weitere Prüfverfahren. Das ist Miss-
rauch von Rechtsvorschriften. Mit Gefahrenabwehr
ach Atomrecht hat das überhaupt nichts zu tun.


(Beifall bei der LINKEN)


Aufzudecken ist, inwieweit sich das Landesbergamt
nd das Helmholtz-Zentrum zum Zwecke der Verschlei-
rung abgesprochen haben.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist ein heftiger Vorwurf!)


s gibt hinreichende Erfahrungen aus der Atomwirt-
chaft, Herr Tauss, Gefahren herunterzuspielen und zu
erheimlichen. Warum sollte es hier anders sein? Ich er-
nnere an die Informationspolitik der Betreiber der
tomkraftwerke von Brunsbüttel und Krümmel anläss-

ich der Zwischenfälle vor fast einem Jahr. Teile der
undesregierung – das ist schon angesprochen worden –
nd auch die Atomlobby führen gerade eine verlogene
erbekampagne zugunsten der Atomkraft auf allen Ka-

älen. Atomstrom ist und wird kein Ökostrom.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was wir brauchen, ist Aufklärung über die Risiken
nd Gefahren. Deshalb müssen jetzt die richtigen Kon-
equenzen gezogen werden: Dem Helmholtz-Zentrum

ünchen ist die Betriebsgenehmigung zu entziehen.


(Beifall bei der LINKEN)


abei muss der Betreiber aber in die Pflicht genommen
erden und den Schaden auf eigene Kosten beheben. Es
äre ein weiterer Skandal, wenn wieder einmal die Bür-
erinnen und Bürger die Zeche zahlen, während sich
inzelne mit öffentlichen Fördergeldern die Taschen fül-
en.


(Jörg Tauss [SPD]: Helmholtz ist nicht Verursacher!)


Ich habe gestern mit Bürgerinnen und Bürgern aus der
egion telefoniert, Herr Tauss.


(Lachen bei der CDU/CSU)







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(B) )


Hans-Kurt Hill
Die Angst ist groß. Dabei sind zwei Dinge deutlich ge-
worden. Da die Bundesregierung nicht gegen den Betrei-
ber vorgeht, werden wieder einmal die Leute vor Ort die
Arbeit machen müssen und Anzeige erstatten.

Was die Strahlenbelastung betrifft, ist die Stimmung
wirklich auf dem Tiefpunkt. Das Bundesamt für Strah-
lenschutz hat deutlich gemacht, dass spätestens nach
150 Jahren mit dem Austritt von Radioaktivität über den
schon heute erlaubten Grenzwerten zu rechnen ist. Die
Menschen fragen sich daher: Warum sollten die Aussa-
gen stimmen, dass zu keiner Zeit eine Gefährdung für
die Bevölkerung besteht? Die Linke fordert deshalb ein
Messprogramm für die Umgebungsluft und das Trink-
wasser und eine unabhängige Überprüfung aller vorge-
nommenen Strahlenmessungen im Bergwerk.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Fazit ist und bleibt nach den Erkenntnissen von
Asse II: So schnell wie möglich raus aus der gefährli-
chen Atomenergie!

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617205700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Maria

Flachsbarth für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1617205800

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Seit einigen Tagen ist bekannt, dass es im Versuchsend-
lager Asse II in der Nähe von Wolfenbüttel Laugenzu-
flüsse gibt, die mit Caesium-137 kontaminiert sind. So-
wohl die Laugenzuflüsse als auch die mangelnde
Standsicherheit – in Gutachten wird davon ausgegangen,
dass das Bergwerk vermutlich nur noch bis Mitte des
kommenden Jahrzehnts ausreichend standsicher sei, um
Bergleute unter Tage arbeiten zu lassen – resultieren da-
raus, dass Asse II von 1909 bis 1964 als Salzbergwerk
genutzt wurde und durchlöchert ist wie ein Schweizer
Käse. Nach heutigen Maßstäben wäre es inakzeptabel,
einen solchen Salzstock als Endlager zu nutzen.

1965 aber kaufte das GSF-Forschungszentrum für
Umwelt und Gesundheit, heute das Helmholtz-Zentrum
München, im Auftrag des Bundes die Asse und führte
bis 1995 Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die
Endlagerung durch. Von 1967 bis 1978, bis Ministerprä-
sident Albrecht dem ein Ende setzte, fand die Einlage-
rung von mehr als 125 000 Fässern mit schwachradioak-
tivem Abfall und 1 300 Fässern mit mittelradioaktivem
Abfall statt.

Nach Beendigung der Forschungsarbeiten bereitet der
Betreiber die Schließung der Anlage vor. Das ist deshalb
ein höchst schwieriges Unterfangen, da der radioaktive
Abfall vermutlich zumindest zum Teil im Berg bleiben
muss. Man hatte ihn bei der Einlagerung nicht geordnet
abgestellt, sondern teilweise einfach in die Schächte ge-
kippt und mit Salzabraum abgedeckt, was jetzt einen

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(C (D ergmännischen Abbau mit Hacke und Spaten erforderich machen würde. Dabei würde man die Bergleute normen Belastungen mit Radioaktivität insbesondere in er Luft bei harter körperlicher Arbeit in Schutzanzügen ussetzen. Wahrscheinlich hat man aber wegen der nachassenden Standfestigkeit vermutlich gar nicht mehr die eit, das Bergwerk zu räumen. Doch das wird derzeit on der AG Optionsvergleich geprüft. Eine geordnete Schließung ist aber ungemein wichtig ür Menschen und Umwelt, da seit 1988 Salzlauge ins ergwerk fließt, derzeit cirka 12 Kubikmeter am Tag. as Schließungskonzept muss verhindern, dass durch as Wasser Radioaktivität aus dem Bergwerk in die Biophäre gelangt. Diese Situation ist für die Bürgerinnen und Bürger der tandortgemeinden ungemein belastend. Um neues Ver rauen aufzubauen, haben das niedersächsische Umweltinisterium als Kontrollbehörde vor Ort, das Bundesfor chungsministerium, dem der Betreiber zugeordnet ist, nd das Bundesumweltministerium als oberste Überwahungsbehörde für den Umgang mit Radioaktivität im erbst 2007 im Zuge erweiterter Öffentlichkeitsbeteiliung vereinbart, Vertreter der regionalen Bevölkerung ng in die Prüfung der unterschiedlichen Schließungsonzepte mit einzubeziehen. Nicht zuletzt durch diese rweiterte Öffentlichkeitsbeteiligung wurde in den verangenen Tagen die Kontamination von Teilen der Salzauge bekannt. Zwar wusste der Betreiber bereits seit inigen Jahren davon und hat dies auch dem niedersächischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie itgeteilt. Doch von dort gelangte die Nachricht nicht, ie eigentlich vorgeschrieben, zum niedersächsischen mweltministerium. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Darüber hinaus hat der Betreiber ohne strahlenschutz-
echtliche Genehmigung die kontaminierte Lauge zu-
ammen mit weiterem radioaktiven Abfall in die unterste
ohle des Bergwerks, den sogenannten Tiefenauf-
chluss, verbracht. Laut Fachleuten besteht zwar keine
efahr für Mensch und Umwelt, allerdings wissen die
xperten noch nicht konkret, woher dieses Caesium-137
tammt. Das niedersächsische Umweltministerium als
berwachungsbehörde hat daraufhin sofort eine weitere
erbringung radioaktiven Materials in den Berg unter-
agt und bis auf Weiteres die Abstimmung aller Ent-
cheidungen des LBEG bezüglich der Asse angeordnet.

Weiterhin haben der niedersächsische Umweltminis-
er Sander, Bundesumweltminister Gabriel und die Bun-
esforschungsministerin Schavan am Dienstag in Berlin
ereinbart, bis August einen Statusbericht zur Situation
er Asse zu erarbeiten. Dabei helfen soll die Taskforce
us Fachleuten von Bund und Land. Darüber hinaus sol-
en die Arbeiten zur Schließung der Asse – das ist insbe-
ondere ein Optionsvergleich – sowie die Erstellung


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie jetzt zur Sache reden?)







(A) )



(B) )


Dr. Maria Flachsbarth
der Langzeitsicherheits- und Störfallanalyse – darum
geht es eigentlich, Frau Künast – zügig vorangetrieben
werden.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Märchenstunde!)


Ich begrüße dieses Vorgehen der drei Minister ausdrück-
lich. Es geht darum, Frau Künast, keinen politischen
Profit aus dieser Sache zu schlagen,


(Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


sondern die Sorgen und Nöte der Anwohner ernst zu
nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ziel aller Bemühungen muss es sein, die Bevölkerung
vor Ort und das Betriebspersonal jetzt und in Zukunft zu
schützen und Vertrauen in die Verantwortlichen zurück-
zugewinnen. Das Thema ist zu ernst für politische Spiel-
chen und Schuldzuweisungen. Die Zeit ist zu knapp, um
akademisch über Vor- und Nachteile der Anwendung un-
terschiedlicher Rechtssysteme zu debattieren. Deshalb
begrüßt die Union, dass die drei Minister an der im
Herbst 2007 vereinbarten Zusammenarbeit festhalten. Es
geht jetzt darum, zügig ein Konzept für eine geordnete
und sichere Schließung der Asse zu erarbeiten, das die
Sorgen der Menschen aufnimmt und die offenen Fragen
der Bürger und Fachleute beantwortet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Für die Unionsfraktion bitte ich deshalb die zuständi-
gen Bundesministerien, den Ausschuss für Bildung und
Forschung sowie den Umweltausschuss regelmäßig über
den Fortgang der Arbeiten zu unterrichten.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Schavan könnte hier zum Beispiel reden! Dann könnte sie uns unterrichten! Aber die kneift!)


Ich bitte sicherzustellen, dass trotz aller professionellen
Routine das Bewusstsein für die Notwendigkeit der be-
sonderen Sorgfalt bei allen Beteiligten gewahrt bleibt.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Gewahrt bleibt“?)


Die Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems bei
der LBEG ist dazu ein guter Schritt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: War ja unterirdisch!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1617205900

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der

Kollege Jürgen Trittin das Wort.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber err Sander, Sie haben natürlich recht, wenn Sie mich ritisieren. n der Tat kann man mir vorwerfen, dass ich einen Miister, der sich mit einem T-Shirt, auf dem „Kernenergie st kerngesund“ steht, in Endlagern abbilden lässt, nicht aran gehindert habe, Atomaufsicht in diesem Land zu etreiben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617206000

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ch kann Ihnen allerdings sagen: Wir hatten dazu einen
orschlag in die Föderalismuskommission eingebracht,
essen Richtigkeit durch die Ausführungen von Frau
lachsbarth unterstrichen worden ist. In der Tat ist es ab-
olut notwendig, die Nuklearaufsicht, die Aufsicht über
ie Atomkraftwerke und den Strahlenschutz, den Län-
ern wegzunehmen, damit sie nicht weiter in solchen
ach- und fachunkundigen Händen liegt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – JochenKonrad Fromme [CDU/CSU]: Sieben Jahre hatten Sie Verantwortung!)


Lieber Herr Kollege, ich bin gerne bereit, über Verant-
ortung und über alle Fehler zu reden. Wir brauchen uns
icht zu scheuen


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Über die eigenen Fehler!)


auch über die eigenen, Herr Eisel –, darüber zu reden.
ber wenn das so ist, dann frage ich mich, warum die
DU, die FDP und noch – ich vermute, das wird anders
erden – die SPD die Einsetzung des dafür notwendigen

nstruments, nämlich eines Parlamentarischen Untersu-
hungsausschusses, scheuen wie der Teufel das Weih-
asser.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


ehen Sie doch voran! Machen Sie doch! Klagen Sie
och Trittin an, und sagen Sie: Der ist verantwortlich!
lären Sie das doch im Untersuchungsausschuss auf!
ber setzen Sie sich dafür ein, anstatt auf Arbeitskreise
nd weiteres Vertuschen zu setzen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das wird doch eine Quälerei!)


Zweite Bemerkung: Wir haben doch einen ganz einfa-
hen Vorgang. Der Bundesumweltminister als Verant-
ortlicher hat eines festgestellt, nämlich dass er Zweifel

n der Zuverlässigkeit der Asse-Betreiber hat.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


er Bundesumweltminister hat recht, der Täter ist ge-
tändig. Die Bundesregierung antwortete auf meine






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
Kleine Anfrage: Nach den Erkenntnissen der Bundesre-
gierung hat es das LBEG versäumt, das niedersächsische
Umweltministerium als Aufsichtsbehörde rechtzeitig zu
informieren und eine ausreichende strahlenschutzrechtli-
che Genehmigungsgrundlage für das Verbringen der
Lauge in den Tiefenaufschluss sicherzustellen. – Das ist
der Kern, da stellt sich die Frage der Verantwortung.
Wenn Sie, Herr Gabriel, sagen, der Betreiber ist unzu-
verlässig, dann schauen Sie auf Ihre rechte Seite. Da sitzt
der Betreiber, er heißt Annette Schavan. Das ist der
Punkt, an dem Handeln angesagt ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Der Brandstifter ruft nach der Feuerwehr!)


Ich will Ihnen eine ganz einfache Prophezeiung ma-
chen. Es wird noch Verschiedenes – auch die Rolle von
Frau Bulmahn – in dem Untersuchungsausschuss, den
Sie in Niedersachsen sicherlich mittragen werden, auf-
geklärt werden. Es wird noch eine Weile diskutiert, und
es werden Statusberichte geschrieben. Am Ende – da
sind wir beide sicher – ist das Ergebnis eindeutig: Es
wird nicht mehr die Helmholtz-Gemeinschaft sein, und
es wird nicht mehr das Bergrecht sein, die die Schlie-
ßung dieses Bergwerks organisieren, sondern es wird die
Institution sein, die das fachkundig zum Beispiel schon
in Morsleben und anderswo gemacht hat, nämlich das
Bundesamt für Strahlenschutz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie einen kollegialen Rat hören wollen, dann sage
ich Ihnen: Entscheiden Sie das schnell! Entscheiden Sie
es selber, anstatt dazu gedrängt zu werden! Noch ist dazu
Zeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Letzte Bemerkung: Asse ist nicht irgendein Salzstock.
Asse war das Vorbild für Gorleben. Asse ist von Herrn
Professor Kühn, dem Hauptgutachter für Gorleben, be-
gutachtet worden. Ich rufe gerne in Erinnerung, was
Herr Professor Kühn im Jahr 1967 über die Asse ge-
schrieben hat:

Es lässt sich aus allen Gegebenheiten schließen,
dass die Gefährdung der Schachtanlage Asse II
durch Wasser oder Laugeneinbrüche als minimal
anzusehen ist bzw. mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit sogar auszuschließen ist. Viel-
mehr lässt sich die diesbezügliche Situation gerade
auch im Vergleich mit anderen Salzvorkommen als
durchaus günstig bezeichnen.

Wenn die Asse in ihren Grundvoraussetzungen gegen
Laugeneinbruch im Vergleich zu anderen Salzstöcken
geologisch eine günstige Situation aufweist, dann spä-
testens ist es an der Zeit, die Frage eines Auswahlverfah-
rens mit Blick auf Gorleben, die Orientierung auch auf
andere Wirtsgesteine statt auf Salz endlich auf die Tages-
ordnung zu setzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das ist doch der Punkt!)


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(C (D Wer jetzt so tut, als seien die Vorkommnisse in der sse nur ein peinlicher Zwischenfall gewesen, der verennt, dass genau diese die Fragen zur Eignung von orleben als Endlager neu aufwerfen. Hören Sie, die ollegen von der CDU/CSU und der FDP, endlich auf, ei dem Auswahlverfahren für ein Endlager einen Verleich unterschiedlicher Wirtsgesteine, wie der Bunesumweltminister ihn durchführen möchte, zu blockieen! Nur dann werden Sie Ihrer Verantwortung für die ukunft gerecht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Erlauben Sie mir eine letzte Bemerkung. Ich habe
estern von Herrn Pofalla, dem Nachfolger von Herrn
intze,


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Guter Mann!)


ehört, Atomenergie sei Ökoenergie.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Recht hat er!)


as wäre die erste Ökoenergie, bei der man damit rech-
en muss, dass sie Caesium, Plutonium und andere
toffe an die Biosphäre und an das Trinkwasser abgibt.
enn das Öko ist, dann bin ich kein Öko mehr!

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617206100

Christoph Pries hat jetzt das Wort für die SPD-Frak-

ion.


(Beifall bei der SPD)



Christoph Pries (SPD):
Rede ID: ID1617206200

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

egen! Meine Damen und Herren! Das Versuchsendlager
sse II ist der GAU der deutschen Atomindustrie.
26 000 Fässer schwach- und mittelradioaktiven Atom-
ülls lagern in einem Salzbergwerk, das feucht und ein-

turzgefährdet ist. Was lernen wir daraus?

Erstens. Die Halbwertzeit wissenschaftlicher Vorher-
agen ist deutlich kürzer als die Halbwertzeit radioakti-
er Stoffe.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Bei der Suche nach einem atomaren Endla-
er müssen Sorgfalt und Sicherheit immer höchste Prio-
ität haben.

Drittens. Atomenergie ist keine Ökoenergie.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)







(A) )



(B) )


Christoph Pries
Sie ist eine Hochrisikotechnologie und produziert radio-
aktiven Abfall, der für Jahrtausende sicher gelagert wer-
den muss. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Union, Sie wollen der Atomenergie ein Ökolabel aufkle-
ben. Dann müssen Sie den Menschen ehrlich sagen:


(Zuruf von der CDU/CSU: Tun wir ja!)


Eine Laufzeitverlängerung der deutschen Atom-
kraftwerke um zehn Jahre bedeutet 3 500 Tonnen
hochradioaktiven und 8 000 Kubikmeter schwach- und
mittelradioaktiven Abfalls zusätzlich. Die SPD-Bundes-
tagsfraktion will das nicht. Wir stehen auch deshalb wei-
terhin zum Atomausstieg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Geschichte des Versuchsendlagers Asse ist ein
einziges Sammelsurium von Fehlprognosen und Intrans-
parenz. Das neueste Kapitel dieser Geschichte ist die
Entsorgung von 77 000 Litern radioaktiver Lauge. Seit
2004 tritt auf der 750-Meter-Sohle Lauge auf, die mit
Caesium-137 kontaminiert ist. Die Caesium-Konzentra-
tion in der Flüssigkeit überschreitet den zulässigen
Grenzwert zum Teil um das Achtfache. Es ist nicht aus-
zuschließen, dass die Lauge durch Kontakt mit dem ein-
gelagerten Atommüll kontaminiert wurde.

Die Betreibergesellschaft hat diese Lauge aufgefan-
gen und zwischen Februar 2005 und Januar 2008 auf der
975-Meter-Sohle nicht rückholbar entsorgt. Diese Ent-
sorgung geschah ohne eine ausreichende strahlenschutz-
rechtliche Genehmigung, ohne Kenntnis der atomrecht-
lichen Aufsichtsbehörden und selbstverständlich ohne
Information der Öffentlichkeit.

Die Verantwortlichen haben die kontaminierte Lauge
nach eigenen Angaben aus Gründen des betrieblichen
Strahlenschutzes entsorgt. Wie kommt es dann, dass wir
in den jährlichen Strahlenschutzberichten nicht ein Wort
darüber finden? Wie kommt es darüber hinaus, dass wir
aus dem zusammenfassenden Laugenbericht vom
29. Februar 2008 alles Mögliche erfahren, nur nichts
über die vor der Einlagerungskammer 12 genommenen
Proben? Wie kommt es schließlich, dass die Wahrheit
erst auf kritische Nachfragen von Kommunalpolitikern
und Journalisten hin scheibchenweise ans Licht gekom-
men ist?

Informationen wurden der Öffentlichkeit ganz be-
wusst vorenthalten. Aus diesem Grund hat die SPD-
Bundestagsfraktion erhebliche Zweifel an der Zuverläs-
sigkeit der Betreibergesellschaft. Wir begrüßen daher,
dass Bundesumweltminister Gabriel diese Zuverlässig-
keit nun überprüfen lässt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt zugleich die
Einsetzung einer Taskforce zu Asse II. Wir erwarten,
dass dadurch endlich alle Fakten zur und alle Missstände
in der Asse auf den Tisch kommen. Sehr geehrter Herr
Bundesumweltminister, unsere Unterstützung haben Sie.
Wie Sie nehmen auch wir die Sorgen der Bevölkerung
im Landkreis Wolfenbüttel sehr ernst. Für uns gilt:

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(C (D Erstens. Es dürfen keine Maßnahmen vorgenommen erden, die ein alternatives Schließungskonzept oder ine vollständige bzw. teilweise Rückholung der eingeagerten Abfälle unmöglich machen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])


Zweitens. Vor einer Entscheidung über den Ab-
chlussbetriebsplan müssen alle Optionen eingehend ge-
rüft werden. Die sicherste, nicht die einfachste Lösung
uss den Zuschlag erhalten.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Drittens. Auch eine Schließung der Asse nach Berg-
echt muss den Prüfungsmaßstäben bei einem atom-
echtlichen Genehmigungsverfahren in vollem Umfang
enügen.

Viertens. Die umfassende Information und Einbin-
ung der Bevölkerung muss während des gesamten Ver-
ahrens gewährleistet sein.

In diesem Zusammenhang möchte ich an alle Betei-
igten appellieren: Arbeiten Sie konstruktiv zusammen!
sse II ist ein Problem, für das wir alle verantwortlich

ind. Nicht formale Ressortzuständigkeit, sondern Kom-
etenz muss den Ausschlag geben. Das sind wir den
enschen im Landkreis Wolfenbüttel schuldig.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wird das BMBF ausscheiden!)


Ich möchte meine Ausführungen mit einem Dank be-
nden. Mein Dank gilt Umweltminister Gabriel für sein
chnelles und konsequentes Handeln.


(Beifall bei der SPD)


ein Dank gilt aber auch den Kommunalpolitikern im
andkreis Wolfenbüttel. Nur deshalb, weil im Umwelt-
usschuss des Kreistages beharrlich Fragen gestellt wer-
en, diskutieren wir heute über die Missstände im Ver-
uchsendlager Asse II. Dieses Engagement sollte man
uch von dieser Stelle aus einmal würdigen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617206300

Jochen-Konrad Fromme hat jetzt das Wort für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1617206400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Der Beitrag des Kollegen Trittin war ein Beweis
afür, dass hier ein Stellvertreterkrieg geführt werden
oll.


(Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])







(A) )



(B) )


Jochen-Konrad Fromme
Ich empfinde es als zynisch, dass mit den Ängsten der
Menschen Politik betrieben wird. Unsere Aufgabe ist,
uns um die Sicherheit der Menschen vor Ort zu küm-
mern. Es ist eine Erblast, mit der wir es zu tun haben.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


Unser erstes Ziel muss sein, alles zu tun, was den Men-
schen dient.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden über Ihren Atommüll!)


– Herr Kollege Trittin, ich will Ihnen einmal Folgendes
sagen: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, der zeigt
mit zwei Fingern auf sich selbst.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie waren von 1990 bis 1994 in Niedersachsen verant-
wortlich, Sie waren von 1998 bis 2005 im Bund verant-
wortlich, und da ist nichts passiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


2005 hat es einen Kulturwechsel in der Frage des
Umgangs mit der Asse gegeben; denn seitdem herrscht
Offenheit, und wir kümmern uns um die Menschen. Die
Kollegin Schavan war die erste verantwortliche For-
schungsministerin, die vor Ort war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Bundesumweltminister Gabriel war als zuständiger Mi-
nister vor Ort. Sie, Herr Trittin, habe ich da noch nie ge-
sehen, obwohl Sie lange für diese Fragen zuständig wa-
ren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Dass die Informationen heute öffentlich sind, ist ein
Zeichen der neuen Kultur.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Verdienst der Bürgerinitiative!)


Erst die Tatsache, dass wir alles auf den Tisch gelegt ha-
ben, hat den Landkreis in die Lage versetzt, die Fragen
zu stellen.

Nun sage ich ganz offen: Transparenz hat für mich
auch etwas mit aktivem Handeln zu tun. Das bedeutet:
nicht nur auf Anfrage auf den Tisch legen, sondern selbst
Hinweise geben. Das ist hier nicht geschehen. Insofern
müssen wir besser werden.

Seit 2007 gibt es die Vereinbarung darüber, wie wir mit
diesen Dingen umgehen. Seitdem – das ist der Punkt – hat
sich vieles geändert. Wir haben die Menschen dort ernst
genommen und ihnen gesagt: Wir müssen uns um die
Sache kümmern. – Übrigens war ich schon viel öfter und
viel früher da als andere, selbst in der Zeit, als wir noch
in der Opposition waren. Ich glaube, es gibt kaum je-
manden hier im Raum, der sich so oft um die Angele-
genheiten dort gekümmert hat.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir haben die Asse-Begleitgruppe eingesetzt. Wir haen den Optionenvergleich eingeleitet. Ich sage es noch inmal: Die Tatsache, dass wir heute darüber diskutieen, hat ihre Wurzel (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Bürgerinitiative!)


n unserem veränderten Verhalten.

Entscheidend ist nicht die Frage, nach welchem Recht
an vorgeht. Im Hinblick auf Technik und Sicherheit

ommt es auf den richtigen Lösungsweg an, und es ist
öllig egal, ob wir den nach Bergrecht oder nach Atom-
echt beschreiten.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


enn wir aber noch lange Symposien darüber durchfüh-
en, dann verlieren wir Zeit, die die Menschen vor Ort
icht haben. Darum geht es doch.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen: Wir haben die positiven Elemente des
tomrechts, nämlich die Öffentlichkeit, und die positi-
en Elemente des Bergrechts, nämlich die vermehrten
lagemöglichkeiten der Bürger, im Verfahren freiwillig
erbunden. Wir haben sozusagen das Optimum aus bei-
en Rechtsgebieten gebildet. Etwas Besseres kann es
och nicht geben.

Jedem, der heute Kritik daran übt, stelle ich immer
ieder die Frage, was er gemacht hat, als er die Mög-

ichkeit hatte, zu handeln.


(Beifall bei der CDU/CSU)


hnen, die Sie die heutige Aktuelle Stunde beantragt ha-
en, kann ich nur sagen: Sie sollten sich schämen und
it einem roten Kopf hier herauslaufen, weil Sie in den

ahren, in den Sie Regierungsverantwortung trugen
immerhin sieben Jahre Berlin und vier Jahre Hannover –,
ichts gemacht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ie sind doch die Letzten; denn – ich sage es noch ein-
al – Sie wollen sich gar nicht um Asse kümmern, son-

ern hier einen Stellvertreterkrieg führen. Das finde ich
icht in Ordnung.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach Gott!)


Zu dem Vorschlag, einen Untersuchungsausschuss
inzusetzen, sage ich: Das bringt uns, so reizvoll das
äre, weil man da gerade Ihre Rolle, Herr Trittin, ganz
esonders gut beleuchten könnte, nichts.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Machen Sie doch!)


ündeln wir doch die Kräfte, um die Probleme anzupa-
ken und technisch nach dem besten Weg zu suchen.

Egal, wie man zu den einzelnen Fragen steht, eines
teht doch fest: Wir haben verstrahlte Abfälle aus der

edizin, aus der Forschung.






(A) )



(B) )


Jochen-Konrad Fromme

(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Ich habe noch nie gehört, dass Sie Nuklearmedizin ab-
lehnen. Ich für mich persönlich lehne sie auch nicht ab.
Aber wenn man sie nicht ablehnt, dann muss man sich
auch um die Reste kümmern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deswegen brauchen wir Endlagerung, unabhängig von
der Energiefrage, bei der ich natürlich eine andere Auf-
fassung habe als Sie. Das ist selbstverständlich, weil Sie
ja in den letzten Jahren nichts dazugelernt haben.

Meine Damen und Herren, deswegen sage ich: Es ist
verlogen, wenn man sich hier hinstellt und so tut, als
wenn man etwas für die Menschen tun wollte, aber in
Wahrheit nur Klamauk macht, um eine ganz andere
Frage zu diskutieren.


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie uns doch die Sorgen der Menschen vor Ort
ernst nehmen und uns darum kümmern.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihnen steht doch das radioaktive Wasser bis zum Hals! Wo wollen Sie es denn einlagern?)


Ich sage Ihnen: Anders als Sie tun wir das.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617206500

Jetzt spricht der Kollege Klaus Hagemann für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst die Menschen radioaktiv vergiften, sich dann aber hier hinstellen und den dicken Maxe machen! – Gegenruf des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Da in der ersten Reihe ein bisschen herumzupupen, hilft ja auch nicht! – Weiterer Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch gar nichts zum Lager gesagt! Wo ist denn das sichere Endlager? – Gegenruf des Abg. Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Schacht Konrad zum Beispiel! – Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo? Gorleben – Salz, bitte! – Gegenruf des Abg. JochenKonrad Fromme [CDU/CSU]: Ja, ja, ja! Stellen Sie sich doch einmal hin und nennen Sie Ihre Alternative!)



Klaus Hagemann (SPD):
Rede ID: ID1617206600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem ich
die aufgeheizte Debatte verfolgt habe, stellt sich mir nun
die Frage: Wie wirken sich diese Entwicklungen finan-
ziell aus? Das ist die Hauptfrage; denn es geht ja darum,
eine Antwort auf die Frage zu finden, ob die Nutzung

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(C (D on Atomenergie umweltfreundlich und preiswert ist. ls Erstes frage ich mich: Für wen ist sie preiswert? (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


st sie für die Atomwirtschaft oder für den Steuerzahler
nd die öffentliche Hand preiswert?

Wir diskutieren über Asse, aber das Thema ist noch
esentlich komplexer; der Kollege Tauss hat das eben

chon angerissen. Ich möchte das nun aus finanzieller
nd haushalterischer Sicht noch einmal etwas beleuch-
en. Es geht ja nicht nur um diese Einrichtung, sondern
s gibt noch 10 bis 15 weitere Einrichtungen, wo atoma-
er Abfall entsorgt wird. Hier fallen auch entsprechende
osten an, die bei keinem Preisvergleich zwischen ato-
arer und nichtatomarer Energie berücksichtigt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ielmehr werden sie vom Steuerzahler bezahlt. Diesen
spekt müssen wir auch mit einbeziehen.

Lassen Sie mich zunächst noch einiges zu Asse aus fi-
anzieller Sicht hinzufügen: Im Finanzplan sind bis zum
ahr 2017 insgesamt 775 Millionen Euro vorgesehen;
iese Zahl sollte man sich einmal auf der Zunge zerge-
en lassen. Es handelt sich um Barmittel, aber logischer-
eise auch um Verpflichtungsermächtigungen, weil man

a so weit in die Zukunft plant. Im Plan ist vorgesehen,
ieses Jahr 57 Millionen Euro auszugeben. Frau Minis-
erin Schavan hat gestern, so ist mir berichtet worden, im
ildungsausschuss gesagt, dass die 57 Millionen Euro
icht reichen und wir wahrscheinlich 100 Millionen
uro brauchen, zu 100 Prozent vom Bund finanziert.
an sieht also, dass die Schätzungen nicht mit der
ealität übereinstimmen und dass wir mehr brauchen
erden.


(Jörg Tauss [SPD]: 100 Millionen Euro im Jahr ist die BAföG-Erhöhung!)


Ja.

Dem Haushaltsausschuss ist ein Bericht vorgelegt
orden. Darin wird die Frage der Rückstellungen beant-
ortet. Ich darf daraus zitieren:

Die als Rückstellungen in den Passiva der Bilanzen
der Helmholtz-Gemeinschaftszentren ausgewiese-
nen Kostenschätzungen sind vielfach mit Unsicher-
heiten behaftet.

ir sehen also, dass all diese Zahlen mit großen, dicken
ragezeichen zu versehen sind. Wenn ich die Entwick-

ung in den letzten Jahren beobachte, dann stelle ich fest:
ie sind nicht gleichmäßig leicht gestiegen, sondern
eutlich nach oben gegangen; das sei noch einmal he-
ausgestellt. Die Helmholtz-Gemeinschaft wird zu
0 Prozent durch den Bund finanziert; auch das sollten
ir hier noch einmal deutlich machen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Schavan!)


Selbstverständlich muss gehandelt werden. Ich
laube, da sind wir uns alle einig. Das oberste Prinzip






(A) )



(B) )


Klaus Hagemann
muss natürlich sein: Sicherheit der Menschen und der
Umwelt bedingt die Sicherheit der atomaren Anlagen.
Deswegen müssen sowohl alle technischen als auch alle
finanziellen Anstrengungen unternommen werden.

Wir haben uns schon im Herbst bemüht; das ist nicht
erst jetzt auf die Tagesordnung gekommen. Herr Bun-
desumweltminister, bei den Haushaltsberatungen haben
wir durchgesetzt, dass zwei Stellen aus dem Stellenplan
des Forschungshaushalts in Ihr Haus überwiesen wer-
den, damit die Kontrolle dieser Maßnahmen im Bereich
Asse vorgenommen werden kann. Das ist nicht so leicht
gewesen. Beispielsweise die FDP hatte dagegenge-
stimmt, Frau Flach.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist ja immer gegen Kontrolle!)


Mit dem Koalitionspartner haben wir längere Diskussio-
nen dazu gehabt.

Wir haben schon im Herbst im Haushaltsausschuss
beschlossen, dass jetzt, zum 30. Juni, ein Bericht über
Asse vorzulegen ist. Auch darauf möchte ich noch ein-
mal hinweisen.


(Beifall bei der SPD)


Die Finanzprobleme gelten nicht nur für Asse, son-
dern auch – Herr Tauss hat darauf hingewiesen – für die
Wiederaufbereitungsanlage in Karlsruhe. Da geht es um
– man höre und staune – 60 Kubikmeter atomar ver-
seuchten Müll. Dieser Müll soll schon seit 20 Jahren ent-
sorgt werden, und geschehen ist bisher nichts; man muss
es leider sagen. Man hat 1991 geschätzt: 2 Milliarden
DM sind zu bezahlen. Wir sehen heute, welche Summen
auf uns zukommen: Bis zum Jahr 2035 ist nach heutiger
Schätzung mit etwa 5 Milliarden Euro zu rechnen, und
zwar für die WAK und die anderen Forschungsreakto-
ren.


(Jörg Tauss [SPD]: Euro!)


Ich sage noch einmal: 5 Milliarden Euro, die nirgendwo
eingestellt sind, müssen aufgebracht werden.


(Ulrich Kelber [SPD]: Für einen einzigen Reaktor?)


– Nicht für einen einzigen Reaktor, sondern für alle For-
schungsreaktoren, in denen Atommüll eingelagert wird. –
Dieses Geld fehlt uns im Forschungshaushalt, um bei-
spielsweise die Exzellenzinitiative zu finanzieren


(Beifall bei der SPD)


oder das 3-Prozent-Ziel zu erreichen. Diese Kosten müs-
sen in die Atomstrompreise einberechnet und gesamtge-
sellschaftlich gedeckt werden.

Ich verweise auf die Fixkosten, die in Karlsruhe zur-
zeit anfallen, und zwar für den Nullbetrieb. Obwohl
noch nichts geschieht, fallen dort Fixkosten an: Das sind
3 Millionen Euro im Monat, also 36 Millionen Euro im
Jahr. Noch kann dort nicht gehandelt werden, weil Ge-
nehmigungen nicht erteilt worden sind, weil Nachrüs-
tungen vorgenommen werden müssen.

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(C (D Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Man hat in arlsruhe jetzt plötzlich ein bisher unentdecktes Fass ge unden. Man weiß noch nicht, was darin enthalten ist. uch hierdurch werden Mehrkosten entstehen. Hinzu ommt: Ein verrückter Mensch hat atomaren Müll aus arlsruhe mit nach Hause nach Landau genommen. Da aufhin mussten neue Sicherheitsmaßnahmen ergriffen erden. Dafür mussten zig Millionen Euro aufgebracht erden. All diese Kosten müssen beim Atomstrom einerechnet werden; leider geschieht das nicht. Deswegen ollten wir nicht weiterhin über neue Atomkraftwerke eden. Die Zahlen machen das deutlich. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617206700

Das Wort hat der Bundesminister Sigmar Gabriel.

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe
ei einer Reihe von Wortbeiträgen gedacht: Was werden
ohl die Menschen im Landkreis Wolfenbüttel, in Rem-

ingen und in den umliegenden Ortschaften denken an-
esichts der begrenzten Bereitschaft einer Reihe von
ednern, etwas dazu zu sagen, wie den Menschen vor
rt geholfen werden kann?

Frau Kotting-Uhl, was haben Sie in Ihrem Redebei-
rag eigentlich zum Problem und zur Lösung des Pro-
lems gesagt?


(Beifall bei der FDP)


einem Eindruck nach gar nichts! Sie haben gesagt, wir
ollten das Verfahren wechseln, und es solle Atomrecht
elten. Ihnen ist gar nicht aufgefallen, dass bei dem vor-
iegenden Problem das Atomgesetz die Grundlage der
ntscheidung des Bergamtes in Niedersachsen gewesen

st. Und sie haben es falsch gemacht.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nicht Atomgesetz gesagt!)


Das heißt, es scheint doch nicht um die Frage zu ge-
en, auf welchem Verfahrensweg man etwas betreibt,
ondern es scheint um die Frage zu gehen, ob ausrei-
hend Kompetenz da ist und ob wir sie aufrüsten und
ehr tun müssen. Ich glaube nicht, dass es Sinn macht,

ich über die Frage zu unterhalten, welche Verfahrens-
chritte wir unternehmen. Ich glaube vielmehr, dass die
eute einen Anspruch darauf haben, dass alle, die an die-
em Thema beteiligt sind – das niedersächsische Landes-
ergamt, die Fachaufsicht in Niedersachsen, der Betrei-
er, die Leute im Forschungsministerium, die etwas
avon verstehen, und unsere Experten aus dem Bundes-
mt für Strahlenschutz und dem Bundesumweltministe-
ium –, gemeinsam zusammenarbeiten, um das Problem
u lösen. Es geht nicht darum, hier vor Ort Verfahrens-
pielereien zu betreiben.






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Zuruf der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich glaube übrigens, dass man über Gorleben lange
debattieren kann. Aber dass man, Frau Kotting-Uhl,
wirklich nichts anderes im Sinn hat, als anhand der Sor-
gen, die dort real existieren, sozusagen eine politische
Verantwortungsdebatte zu führen, um am Ende auf Gor-
leben zu sprechen zu kommen, wird der Problemlage vor
Ort in keiner Weise gerecht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – CarlLudwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Deswegen sage ich Ihnen, was wir gemacht haben.
Wir haben 2007 zum ersten Mal ein gemeinsames Ver-
fahren mit den eben beschriebenen Beteiligten vor Ort
organisiert. Wir, Frau Kotting-Uhl, haben uns dafür ent-
schieden, die Vorschläge zur Stilllegung und zur Schlie-
ßung des Bergwerks in der Asse ergebnisoffen zu über-
prüfen,


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach unserem Antrag! Ja!)


und zwar bis hin zu der Frage, ob wir dort nicht eine
Teilrückholung oder vollständige Rückholung einleiten
müssen; allerdings habe ich große Zweifel daran, dass
das jemals möglich sein wird.

Wir haben den Interessen der Bürgerinnen und Bürger
vor Ort Rechnung getragen. Wir haben gesagt: Wir wer-
den erstmals dafür sorgen, das, was im Bergrecht nicht,
aber im Atomrecht verfahrensrechtlich geht, nämlich
eine Öffentlichkeitsbeteiligung, herzustellen. Und hier
hat Kollege Fromme absolut recht: Es ist doch erst durch
die Einrichtung dieser Begleitgruppe der Asse vor Ort
mit dem Landrat Jörg Röhmann, mit den Kritikern und
unter Einbeziehung externer unabhängiger Wissen-
schaftler gelungen, die Öffentlichkeit so zu beteiligen,
dass durch die Fragen, die jetzt gestellt wurden, die Pro-
bleme auf den Tisch des Hauses gekommen sind.

Ich habe nicht zu kritisieren, was in der Amtszeit mei-
ner Vorgänger oder auch der Vorgängerinnen von Frau
Schavan passiert ist. Was ich allerdings nicht will, ist,
dass ausgerechnet Sie diejenigen kritisieren, die das end-
lich geändert haben. Das geht nicht.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Wir fordern den Langzeitsicherheitsnachweis. Das
Bundesamt für Strahlenschutz, von dem Sie sagen, dass
es zuständig sein soll, prüft den Langzeitsicherheits-
nachweis. Wir haben große Zweifel daran, dass alle Fra-
gen beantwortet worden sind. Wir haben gesagt: Ihr
müsst eine Störfallanalyse erstellen. – Die ist bis dahin
überhaupt nicht Gegenstand der Beratung gewesen.
Also, all das, was Sie einfordern – die Fachkompetenz
des Bundesamtes für Strahlenschutz und die des Bun-
desumweltministeriums –, ist in das Verfahren einge-
bracht worden, und es macht nicht viel Sinn, den Streit
darüber zu führen, ob es verfahrensrechtlich besser unter
Bergrecht oder unter Atomrecht fällt.

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(C (D Ich sage Ihnen – das wissen Sie auch von mir –: Ich in natürlich der Überzeugung, dass eine Menge dafür pricht, dass wir ein Bundesendlager nach § 9 a des tomgesetzes einrichten. Das wird auch weiter beraten erden. Dazu gibt es – übrigens ausgehend von Ihrem anknachbarn – eine andere Rechtsauffassung. Denn as Bundesumweltministerium hat früher die Auffasung vertreten, dass hier nach Bergrecht verfahren weren muss. Ich erspare es mir, Ihnen all das vorzulesen. s gab vorher unter dem Kollegen Trittin eine völlig anere Rechtsauffassung als die, die ich heute vertrete. Es acht allerdings keinen Sinn, dass wir uns heute über ie Frage des rechtlichen Rahmens streiten. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich macht es Sinn!)


ind wir in der Praxis in der Lage, die Schritte einzulei-
en, die gewährleisten, dass wir das richtige Schlie-
ungskonzept verfolgen? Ja oder nein? Hier sind der
ollege Sander, die Kollegin Schavan und ich absolut

iner Meinung, dass wir es gemeinsam zu bewältigen
aben.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind Sie in guter Gesellschaft!)


aran gibt es keinen Zweifel, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


In dem laufenden Verfahren ist es nach unserer Auf-
assung offensichtlich zu Rechtsverstößen gegen das
trahlenschutzrecht gekommen. Wir werden jetzt über-
rüfen, was noch alles passiert ist. Wir wollen die Doku-
entationen einsehen. Wir reden noch nicht über die
chließungskonzepte; sie werden derzeit erst überprüft.
ir wollen aber wissen, ob die Aussage des Kollegen

ander zutrifft, dass die Standsicherheit des Grubenge-
äudes nur bis zum Jahre 2014 gewährleistet werden
ann. Die entscheidende Frage ist, ob wir überhaupt die
hance haben, unterschiedliche Optionen zu verfolgen.
iemand – auch Sie nicht – wird Bergleute mit einem

nderen Schließungskonzept als der Flutung dort hinein-
chicken können, wenn die Sicherheit des Grubengebäu-
es über 2014 hinaus nicht gewährleistet werden kann.

Wir wollen sicherstellen, dass auch geprüft wird, ob
urch technische Baumaßnahmen die Sicherheit des
rubengebäudes nicht längerfristig aufrechterhalten
erden kann, zum Beispiel durch den Einsatz von Salz-
eton. Bisher ist dort Salzgrus eingebaut worden und
icht wie in Morsleben Salzbeton. Deswegen ist die Sta-
ilität des Grubengebäudes dort nicht so hoch wie in
orsleben. Wir wissen daher nicht, mit welchem Schlie-

ungskonzept wir am Ende vernünftigerweise arbeiten
üssen. Herr Kollege Sander hat recht, dass dies bis

um Ende des Jahres geklärt sein muss.

Herr Kollege Hill, da Sie uns vorhin angegriffen ha-
en, sage ich Ihnen: Beim Thema Morsleben können Sie
iel Kompetenz in Ihren Reihen finden. Wir bewältigen
a eine Altlast aus der DDR.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: So ist es! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Genau!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
Machen Sie uns nicht zum Vorwurf, dass wir damit nicht
korrekt umgehen würden. Wir sind die richtige Behörde,
die vernünftig handelt.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Ich bin mir nicht ganz sicher, wie Sie vorhin Ihre Hin-
weise gemeint haben.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Schon verstanden!)


Gestatten Sie mir deshalb diese Bemerkung.

In der Sache selber wollen wir natürlich auch über-
prüfen, was eigentlich der Grund dafür ist, dass die
Helmholtz-Gemeinschaft bei der Anwendung des gel-
tenden Strahlenschutzrechtes Vorschläge gemacht hat,
die zu Fehlentscheidungen führen, und warum die nie-
dersächsische Bergbehörde dementsprechend falsch
reagiert hat. Natürlich gehört das auf den Tisch des Hau-
ses. Wir haben Zweifel an der Fachkunde und Zuverläs-
sigkeit des derzeitigen Betreibers.

Aber der nächste Schritt muss doch sein, zu klären,
wie man diese Zweifel ausräumen kann. Was immer wir
aufseiten der Betreiber verändern, so ist doch klar, dass
wir die, die dort arbeiten, auch in Zukunft auf Dauer
brauchen. Niemand kann doch auf die Idee kommen, die
jetzt dort arbeitenden Bergleute und Ingenieure auszu-
tauschen.


(Patrick Döring [FDP]: So ist es!)


Niemand hat mehr Kompetenz, was die Asse angeht,
als diejenigen, die dort arbeiten. Wir können ihnen nicht
vorwerfen, sie würden ihren Job nicht vernünftig ma-
chen. Es stellen sich vielmehr die Fragen: Ist die Pro-
zesssteuerung sinnvoll? Ist das Management vernünftig
organisiert oder müssen wir da aufrüsten? Welche Leit-
fragen müssen die Basis für die Arbeit sein? Ich werfe
den Bergleuten und Ingenieuren doch nicht vor, sie wür-
den falsch handeln. Die Prozesssteuerung läuft offen-
sichtlich nicht korrekt.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Genau!)


Frau Kotting-Uhl, diese Leute und ihr Wissen brauchen
wir heute, morgen und leider auch noch übermorgen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich will darauf hinweisen, dass das Problem nicht auf
triviale Art gelöst werden kann, indem wir das Verfahren
wechseln. Damit haben wir nichts gewonnen. Wir wer-
den die Menschen auch weiterhin brauchen.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen die Verantwortlichen wechseln und nicht das Verfahren!)


– Ich sage Ihnen einmal etwas zum Thema Verantwor-
tung. Es gibt einen einzigen Vorfall, bei dem sich das
Bundesumweltministerium aufsichtsrechtlich einge-
schaltet hat. Das war in der letzten Woche. Wir haben die
Verantwortung erstmals wahrgenommen. Davor hat sich

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(C (D m Bundesumweltministerium niemand jemals rechtlich ingeschaltet. (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: So ist es!)


achen Sie uns jetzt doch nicht den Vorwurf, wir wür-
en unsere Verantwortung nicht wahrnehmen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Der Kollege Jürgen Trittin ist der Letzte, dem man
orwerfen könnte, er würde mit atomrechtlichen Fragen
icht sorgfältig umgehen. Wir beide kennen uns ein paar
age länger aus unterschiedlichen Zusammenhängen.
ir standen mal näher und waren mal etwas weiter von-

inander entfernt. Ich werfe ihm nicht vor, dass er sich
amals bei der Entscheidung der Bundesregierung gegen
en Wechsel zum Atomrecht entschieden hat. Er wirft
ir meine Rolle heute ebenfalls nicht vor.

Ich bitte Sie, Frau Kotting-Uhl, Folgendes zu beach-
en: Wir wollen – das ist doch das, was Sie fordern – un-
erer Zuständigkeit als Bundesaufsicht gerecht werden.

ir sind die oberste Strahlenschutzbehörde; deswegen
aben wir uns eingeschaltet. Wir sind die oberste Atom-
ufsichtsbehörde; deswegen haben wir uns eingeschal-
et. Werfen Sie uns daher nicht das vor, was wir jetzt tun.
enau das machen Sie aber heute.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich werfe Ihnen gar nichts vor!)


as werden wir uns von Ihnen nicht gefallen lassen. Da
önnen Sie sicher sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Letzte Bemerkung, was den Gesamtzusammenhang
it der Region angeht. Frau Kotting-Uhl, Sie dürfen sich

ei der Debatte um die Endlagerung nicht wie Bieder-
ann und die Brandstifter verhalten. Sie fragen uns

eute, wie wir vor Ort angesichts von Asse II Akzeptanz
ür Schacht Konrad finden wollen. Um das zu erreichen,
ürfen Sie erstens nicht permanent Schacht Konrad in
er Öffentlichkeit infrage stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as ist unter anderem ein Projekt, für das Sie mitverant-
ortlich zeichnen. Zweitens müssen Sie den Menschen
ie volle Wahrheit sagen, und die lautet, dass bei Konrad
er Langzeitsicherheitsnachweis, die Störfallanalysen,
lso all das, was bei Asse II aufgrund der historischen
imension dieses Versuchsbergwerks nicht geschehen

st, vorher stattgefunden hat. Das heißt, all die Probleme,
ie wir heute haben, gibt es bei Konrad deshalb nicht,
eil vorher eine Prüfung stattgefunden hat und weil die
itarbeiter im Bundesamt für Strahlenschutz, die Sie für

ompetent gehalten haben, dafür geradegestanden haben
nd der Auffassung sind: Konrad ist ein sicheres Endla-
er. Wenn Sie das den Menschen sagen und keine
cheinheiligen Fragen zu Schacht Konrad stellen, dann
erden Sie dazu beitragen, dass die Menschen vor Ort
ertrauen in unsere Endlagerpolitik haben.






(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617206800

Herr Minister!

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Wenn Sie aber immer wieder versuchen, Asse II in
Verbindung zu Konrad zu bringen, obwohl es keine Ver-
bindung gibt, dann machen Sie das Gegenteil von dem,
was Sie hier einigermaßen scheinheilig vorgetragen ha-
ben. Darum geht es mir.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617206900

Das Wort hat jetzt Carsten Müller für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Carsten Müller (CDU):
Rede ID: ID1617207000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Die heutige Debatte hat einiges gezeigt, vor al-
len Dingen aber eines – gestatten Sie mir diese Bemer-
kung als jemandem, der sowohl vom Schacht Konrad als
auch vom Schacht Asse II nicht weit entfernt wohnt –:
Die niedersächsische Landesregierung und die Bundes-
regierung nehmen die Sorgen der Menschen vor Ort
ernst.

Wichtig scheint mir allerdings die Feststellung zu sein
– das ist in der Diskussion etwas zu kurz gekommen –,
dass nach den Bekundungen der Bundesministerien
durch den heute an sich zu diskutierenden Vorgang,
nämlich das Umpumpen von radioaktiver Salzlauge,
nach heutigen Erkenntnissen ganz offensichtlich keine
Gefährdung für die Öffentlichkeit und die Belegschaft
im Schacht entstanden ist. Das ist eine wichtige Feststel-
lung. Noch wichtiger ist, dass wir gemeinsam umgehend
dafür sorgen müssen, dass auch in Zukunft keine Ge-
fährdung von der Schachtanlage Asse ausgeht, dass die
berechtigten Sorgen der Bevölkerung vor Ort Berück-
sichtigung finden und ihnen Rechnung getragen wird.
Darauf haben sich unsere gemeinsamen Anstrengungen
zu konzentrieren. Weil das so ist – auch das ist mehrfach
bekundet worden; leider ist es nicht von jedem Redner
beherzigt worden –, eignet sich das Thema dieser Aktu-
ellen Stunde denkbar schlecht für parteipolitischen
Streit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Aufgrund der vorangegangenen Redebeiträge möchte
ich Ihnen allerdings zwei Gesichtspunkte nicht erspa-
ren, zum einen die Feststellung – Kollegin Flachsbarth
hat darauf richtigerweise hingewiesen –, dass es der
CDU-Ministerpräsident des Landes Niedersachsen,
Ernst Albrecht, war, der im Jahre 1977, also unmittelbar
nach seinem Amtsantritt, die Einlagerung insbesondere
des mittelradioaktiven Abfalls umgehend gestoppt hat.
Ich fand es zum anderen außergewöhnlich bemerkens-

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(C (D ert – Kollege Gabriel ist eben darauf eingegangen –, ass sich ein vorgeblicher Feuerwehrmann, der sich an er Diskussion beteiligt hat, bei genauerem Hinschauen her als mitverantwortlicher Brandstifter entpuppt hat. eim Entpuppen – Frau Kotting-Uhl, Sie schauen etwas ngläubig – versucht er, sozusagen durch lautes Gechrei Tumult auszulösen, um dann entwischen zu könen. Das werden wir allerdings nicht zulassen. Es ist eine Taskforce eingerichtet worden. Fachleute us dem Landesumweltministerium in Niedersachsen, em Bundesumweltministerium und dem Bundesforchungsministerium setzen sich zusammen und beraten ie Lage, das weitere Vorgehen – und das in großer ransparenz. Das halte ich für außerordentlich wichtig; as ist das berechtigte Anliegen der Menschen vor Ort, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


es Landkreises, der interessierten Öffentlichkeit.

Ich möchte Bundesumweltminister Gabriel ganz aus-
rücklich dafür danken, dass er in seinem Redebeitrag
ine außergewöhnlich differenzierte Betrachtung von
sse II auf der einen Seite und anderen in Aussicht ge-
ommenen Endlagern auf der anderen Seite – beispiels-
eise Schacht Konrad und Gorleben – vorgenommen
at. Nur so wird man den Schwierigkeiten und den Sor-
en der Menschen vor Ort gerecht. Frau Kotting-Uhl, es
utzt Ihnen nichts, weder kurz- noch mittel- noch lang-
ristig, die Menschen weiter in Aufruhr und Angst zu
ersetzen.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben von alleine Angst!)


ir müssen Lösungen finden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: So ist es! Wir brauchen Lösungen!)


enn Sie das abstreiten, empfehle ich Ihnen die Lektüre
hres eigenen Redebeitrages zu diesem Thema.

Ich möchte ausdrücklich der Bundesforschungsminis-
erin Annette Schavan danken. Mit ihrem Besuch der
chachtanlage am 9. Januar 2008 hat sie dieses Thema
anz oben auf die bundespolitische Tagesordnung ge-
etzt. Das haben die Menschen in der Region – Sie kön-
en mir das glauben – wohltuend zur Kenntnis genom-
en. Ebenso nehmen sie wahrscheinlich die sachlichen
edebeiträge von heute wohltuend zur Kenntnis. Ich un-

erstütze die Anstrengungen von Frau Schavan sehr. Ich
nterstütze auch die Forderung des niedersächsischen

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1617207100
Nun

chonungslose Offenheit und transparentes Vorgehen all-
nthalben,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen ist er auch gegen einen Untersuchungsausschuss!)







(A) )



(B) )


Carsten Müller (Braunschweig)

damit wir die Bevölkerung, die berechtigterweise etwas
irritiert ist – der Bevölkerung geht es nicht anders als
uns –, informiert und unterrichtet halten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Zeitachse ist dargestellt worden. Weil das ein
drängendes Problem ist, kann die Forderung von uns al-
len, die wir guten Willens sind, nur lauten: Das Problem
Asse II muss mit Sorgfalt, Sicherheit, Umsicht und vor
allen Dingen zügig gelöst werden. Ich hoffe, in dieser
Angelegenheit möglichst viele Mitstreiter zu finden.
Frau Kotting-Uhl, ich habe auch Sie noch nicht verloren
gegeben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617207200

Dieter Grasedieck spricht jetzt für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dieter Grasedieck (SPD):
Rede ID: ID1617207300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Bürgerinnen und Bürger brauchen mehr
Transparenz. Die Bürgerinnen und Bürger brauchen Zu-
kunftslösungen. Das ist das Entscheidende. Darum müs-
sen wir uns bemühen. Wir müssen die Sorgen der Men-
schen in diesem Gebiet ernst nehmen, und wir müssen
das Ganze aufarbeiten. Schuldzuweisungen und Vor-
würfe sind manchmal unterhaltsam, wie diese Plenarsit-
zung zeigt, aber eigentlich sind Lösungen gefragt. Ich
muss Ihnen sagen: Unsere Bundesregierung ist diesbe-
züglich auf dem richtigen Weg,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


und auch die Betreibergesellschaft bemüht sich, Hilfen
anzubieten.

Natürlich sind das echte Probleme. Asse macht deut-
lich, wie ohnmächtig wir manchmal sind und wie hilflos
wir auf solche Entsorgungsprobleme reagieren. Das Ver-
sagen der Behörden ist ein Thema; darüber haben Sie
ausführlich gesprochen. Wichtig sind die Lösungen, und
dafür brauchen wir belastbare Langzeitanalysen, die
vom Minister gerade angesprochen worden sind. Das ist
entscheidend; denn Atomkraft kostet uns schließlich viel
Geld; Klaus Hagemann hat vorhin schon darauf hinge-
wiesen. Allein für die Stilllegung der Atomkraftwerke
sind im Langzeitprogramm der Bundesregierung 3 Mil-
liarden Euro vorgesehen, für die Endlagerung fast 4 Mil-
liarden Euro und für Morsleben – es ist vorhin schon ge-
sagt worden, dass der Bund diese Kosten allein trägt –
2 Milliarden Euro. Nein, Kernkraft ist kein billiger Öko-
strom. Diese Aussage kann man nur unterstreichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Gestern waren Krümmel, Brunsbüttel und die schwedi-
schen Atomkraftwerke unser Thema. Morgen wird viel-
leicht über andere Störfälle diskutiert werden. Heute dis-
kutieren wir ausführlich über Asse II. In der Salzlauge

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(C (D st der Grenzwert um deutlich mehr als das Achtfache berschritten worden. Das ist nicht zu vertreten. Wir üssen die Gefahren sehen und die Probleme der Bürge innen und Bürger ansprechen. Wir müssen überlegen, elche Lehren wir langfristig aus diesen Diskussionen iehen. Zur Sicherheitsproblematik hat der Minister vieles usführlich dargestellt. Das muss fortgesetzt werden. ir haben keine Alternative. Wir müssen das Problem ösen. Es ist eine überkommene Last, um die wir uns etzt kümmern müssen. Wenn wir die Planung langfristig durchführen, sind ir auf dem richtigen Wege. Die Bundesregierung beüht sich schon seit Jahren darum, den Ökostrom – und icht den Atomstrom – an erster Stelle zu forcieren und u fördern. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: Blödsinn! Das ist Quatsch!)


amit sind viele Arbeitsplätze verbunden. Unsere För-
erung umfasst die unterschiedlichsten Bereiche, unter
nderem Windenergie. Da sind wir, die Bundesregierung
nd die Koalition, erfolgreich. Wir gehen in eine neue,
ichere Zukunft ohne Atomkraft. Das ist entscheidend
nd wichtig. Da vorhergesagt wird, dass wir auch im
ahre 2030 unseren Bedarf noch nicht allein mit erneuer-
aren Energien decken können, müssen wir uns die
rage stellen: Muss die Förderung der Steinkohle nicht
ber 2018 hinaus weiterlaufen? Das ist im Zusammen-
ang mit Asse eine entscheidende Frage; denn es ist di-
ekt damit verbunden. Diese Lehre müssen wir daraus
iehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb sage ich: Das Auftreten solcher Vorfälle kann
eduziert werden, wenn wir unsere eigenen Ressourcen,
um Beispiel die Kohle, berücksichtigen. Sie ist ent-
cheidend und wichtig. Asse zeigt deutlich, wie schwie-
ig es ist, die gefährlichen Abfallprodukte zu entsorgen.
eshalb brauchen wir Transparenz, Langzeitanalysen
nd endlich Lösungen. Darum bemüht sich unsere Bun-
esregierung. Die Bürgerinnen und Bürger stehen dabei
m Mittelpunkt.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617207400

Ich schließe die Aussprache. Damit ist die Aktuelle

tunde beendet.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 7 a bis 7 c auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Bundeskindergeldgesetzes

– Drucksache 16/8867 –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes
– Drucksache 16/9615 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

(13. Ausschuss)


– Drucksache 16/9792 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Fischbach
Wolfgang Spanier
Ina Lenke
Jörn Wunderlich
Ekin Deligöz

– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 16/9793 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Ole Schröder
Petra Hinz (Essen)

Otto Fricke
Roland Claus
Alexander Bonde

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin
Deligöz, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kinderzuschlag weiterentwickeln – Fürsor-
gebedürftigkeit und verdeckte Armut von
Erwerbstätigen mit Kindern verhindern
und bekämpfen

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung

Bericht über die Auswirkungen des § 6 a des

(Kinderzuschlag)

wendige Weiterentwicklung dieser Vor-
schrift

– Drucksachen 16/8883, 16/4670, 16/9792 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Fischbach
Wolfgang Spanier
Ina Lenke
Jörn Wunderlich
Ekin Deligöz

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Diana
Golze, Jörn Wunderlich, Klaus Ernst, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Armut trotz Arbeit vermeiden – Benachteili-
gung Alleinerziehender beim Kinderzuschlag
beenden
– Drucksache 16/9746 –

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(C (D Zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des undeskindergeldgesetzes der Fraktionen der CDU/ SU und SPD liegt ein Entschließungsantrag der Frak ion der FDP vor. Es ist zwischen den Fraktionen verabredet, eine tunde zu debattieren. – Dazu höre ich keinen Widerpruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der ollegin Ingrid Fischbach für die CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol egen! Wir sind heute mit der zweiten und dritten Lesung es Entwurfs zur Änderung des Bundeskindergeldgesetes an einer – wie ich glaube, mit Fug und Recht sagen u können – guten Stelle für die Familien, für diejenigen, ie in unserem Lande Kinder erziehen, angelangt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1617207500

enn wir alle wissen, dass das Problem der Kinderarmut
igentlich ein Problem der Elternarmut ist. Wenn Eltern
icht in Arbeit sind und nicht für den Lebensunterhalt
orgen können, leiden die Kinder. Die Folge ist Kinder-
rmut. Deshalb ist es richtig, wichtig und, ich glaube, der
ichtigste Punkt überhaupt, den Eltern Arbeitsmöglich-
eiten zu verschaffen, den Arbeitsmarkt zu öffnen, damit
ltern arbeiten können, um den Lebensunterhalt für sich
nd ihre Kinder zu verdienen.

Es gibt aber den Fall – das ist leider eine Entwicklung
n unserer Gesellschaft –, dass Eltern in Arbeit sind und
en eigenen Lebensunterhalt finanziell bestreiten kön-
en, aber nicht genug Geld verdienen, um die Kinder gut
u ernähren und ihre Entwicklung zu unterstützen. Um
iesen Familien zu helfen, hat die letzte Bundesregie-
ung den Kinderzuschlag entwickelt; dies war vom An-
atz her richtig und nötig. Das heißt, dass wir in den Fäl-
en, in denen das Einkommen der Eltern nicht für die
inder ausreicht, einen Zuschlag zahlen, damit die El-

ern, die in Arbeit sind, nicht in Hartz IV rutschen, son-
ern weiterhin arbeiten und ihre Kinder ernähren kön-
en.

Allerdings – das hat die Entwicklung gezeigt – war
as Konzept, das auf den Tisch gelegt wurde, leider noch
icht so ausgegoren, dass die meisten Eltern davon pro-
itieren konnten, im Gegenteil: Die Ablehnungsquote lag
ei weit über 80 Prozent. Deshalb haben wir bei der
eiterentwicklung des Kinderzuschlags an genau dieser

telle angesetzt und uns gefragt: Warum wurden die An-
räge abgelehnt?

Die erste Änderung, die wir vorgenommen haben, be-
ebt das Problem, dass die Mindesteinkommensgrenzen
icht klar definiert waren. Die Eltern hatten individuelle
nsprüche, wussten aber nicht, ob sie generell einen An-

pruch auf den Kinderzuschlag haben oder nicht. Des-
alb haben wir ganz klare Mindesteinkommensgrenzen
ingeführt: für Alleinerziehende bei 600 Euro, für Paare
ei 900 Euro. Nun können die Eltern erkennen, ob sie ei-






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach
nen Anspruch auf den Kinderzuschlag haben oder nicht.
Dadurch wird sich die Ablehnungsquote sicherlich ver-
ringern, und die Eltern, die auf den Kinderzuschlag an-
gewiesen sind, können ihn auch bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ein weiterer wichtiger Punkt ist – das haben wir auch
in der Anhörung erfahren –, dass gerade Alleinerzie-
hende, deren Armutsrisiko größer als das von Familien
ist, kaum vom Kinderzuschlag profitieren konnten. Um
das zu ändern, werden wir jetzt in einem ersten Schritt
ein kleines Wahlrecht einführen. Da die Redner der Op-
position mit Sicherheit wieder kritisieren werden, dass
das nicht ausreicht, dass das viel zu wenig ist und dass
wir viel mehr tun müssten, möchte ich sagen: Das ist
richtig, aber wir müssen die Haushaltsvorgaben beach-
ten.

Alleinerziehende und all die Personengruppen, die ei-
nen Mehrbedarf haben, zum Beispiel Alleinerziehende,
Behinderte oder Personen, die einer kostenaufwendige-
ren Ernährung bedürfen, können sich entweder für den
Mehrbedarfszuschlag entscheiden – in diesem Fall ha-
ben sie keinen Anspruch auf den Kinderzuschlag –, oder
sie können sich für den Kinderzuschlag entscheiden, um
nicht auf Sozialtransfers angewiesen zu sein. Ich glaube,
es ist vernünftig, diese Entscheidung den Eltern zu über-
lassen. Wir begrüßen sehr, dass es uns gelungen ist, hier-
für auch im Nachhinein noch Mittel „lockermachen“ zu
können, wie wir im Ruhrgebiet sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das ist ein Stück mehr Wahlfreiheit!)


Es liegen einige Anträge der Oppositionsfraktionen
auf dem Tisch, die uns deutlich machen sollen, wo die
Knackpunkte sind und was alles noch verbessert bzw.
wesentlich verändert werden müsste, damit noch mehr
Kinder und Familien einen Anspruch auf den Kinderzu-
schlag haben.

Ich weise an dieser Stelle allerdings darauf hin: Die
Änderungen, die wir jetzt vornehmen, werden dazu füh-
ren, dass sich die Zahl der Kinder und Familien, die ei-
nen Anspruch auf den Kinderzuschlag haben, mehr als
verdoppelt; statt knapp 100 000 werden es bald
250 000 Kinder und Eltern sein. Es ist richtig und wich-
tig, dieses Signal zu setzen.

Natürlich wird Herr Wunderlich gleich wieder sagen,
dass einmal davon die Rede war, 500 000 Kinder und
Familien würden einen Anspruch auf Kindergeld haben;


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Haben Sie meine Rede schon gelesen?)


das haben wir auch gesagt. Dieser Kritikpunkt wird
wahrscheinlich nicht nur von Herrn Wunderlich, sondern
von allen Oppositionsfraktionen angesprochen.


(Ina Lenke [FDP]: Was? Nein, nein, nein!)


– Nein? Frau Lenke sagt gleich also etwas anderes.

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(C (D (Ina Lenke [FDP]: Ja! – Gegenruf des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Oh! Jetzt bin ich aber gespannt! Was wird da wohl kommen?)


a bin ich aber gespannt. Ich kann mich nämlich daran
rinnern, dass auch Sie, Frau Lenke, im Ausschuss kri-
isch angemerkt haben, dass wir eigentlich noch mehr
un könnten.


(Uwe Barth [FDP]: Das hat sie doch zu Recht angemerkt!)


Ja. Deswegen sollten Sie jetzt einmal zuhören, wie ich
as begründe. Dann wissen Sie, warum ich das kritisch
ngemerkt habe. – Das ist natürlich richtig. Man kann
mmer noch mehr tun, wenn man den Finanzrahmen er-
öht. Für uns bedeuten Nachhaltigkeit und gute politi-
che Entscheidungen aber auch, den Haushalt im Blick
u behalten.


(Ina Lenke [FDP]: Ja, genau!)

Für die Zukunft unserer Kinder ist es sehr wichtig,

ass unsere politischen Entscheidungen nachhaltig und
ukunftsfest sind und dass wir den Haushalt so gestalten,
ass wir den Familien, die darauf angewiesen sind, auch
n Zukunft noch einen Kinderzuschlag zahlen können.
as können wir aber nur dann tun, wenn wir den Haus-
alt konsolidieren und uns an unsere Vorgaben halten.
ir dürfen uns nicht auf blauen Dunst hin immer weiter

erschulden. Das ist nicht nachhaltig und nicht im Sinne
er Zukunft der Kinder und Familien.

Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass wir
it diesen Veränderungen einen Riesenwurf gelandet

aben; da bin ich ganz ehrlich. Sie sind aber ein erster
ichtiger und wichtiger Schritt. Wie Sie wissen, haben
uch wir in der Anhörung und bei der ersten Lesung die-
es Gesetzentwurfs im Bundestag deutlich gemacht, dass
ir eigentlich ein großes Wahlrecht, also eine Wahlfrei-
eit für alle Eltern, einführen wollten; das ist aber nicht
u finanzieren. Wir haben außerdem darüber nachge-
acht, die Einkommensgrenzen anders zu gestalten; aber
uch das ist eine Kostenfrage. Deshalb fordere ich die
olleginnen und Kollegen, die nach mir ans Rednerpult

reten, auf – das richtet sich auch an die Grünen, Frau
aßelmann –, deutlich zu machen, woher das Geld für
ie Dinge, die sie fordern, kommen soll. Sie haben uns
uf Ihrer Seite, wenn Sie deutlich machen, woher das
eld dafür kommen soll. An die Linken gerichtet sage

ch: Ihre Forderungen, Leistungen zu erhöhen und aus-
uweiten, nehme ich sehr wohl wahr, Herr Wunderlich.
ch habe aber selten – um nicht zu sagen: gar nicht – er-
ebt, dass Sie gesagt haben, woher das Geld dafür kom-

en soll. Doch das wäre wichtig.
Meine Damen und Herren, mit der ersten Weiterent-

icklung des Kinderzuschlags sind wir auf einem guten
eg. Wir haben es möglich gemacht, dass doppelt so

iele Menschen Leistungen beziehen können. Ich sage
anz ehrlich: Mir wäre es am liebsten, der Arbeitsmarkt
ürde sich so weiterentwickeln, dass wir über den Kin-
erzuschlag gar nicht reden müssten, weil die Eltern ge-
ug verdienen, um sich und ihre Kinder zu ernähren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617207600

Die Kollegin Ina Lenke spricht jetzt für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1617207700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schon

bei der Einführung des Kinderzuschlages durch SPD und
Grüne bestand ein eklatantes Missverhältnis zwischen
der Zahl der Anträge, die gestellt worden sind, und der
Zahl der Anträge, die tatsächlich bewilligt wurden.
88 Prozent der Anträge ist nicht zugestimmt worden; sie
wurden nach einem aufwendigen Berechnungsverfahren
abgelehnt. Das fördert die Verdrossenheit der Bürgerin-
nen und Bürger. So etwas sollte ein Parlament nicht ma-
chen.

Die vorgesehene Gesetzesänderung wird den Zustand
nicht heilen. Der politische Wille ist zwar da – von Ihnen
wie von uns –; aber dies blieb ohne durchschlagenden
Erfolg.

Anfang Juni hat eine Expertenanhörung stattgefun-
den. Diese Expertenanhörung hat viele Schwachpunkte
der Gesetzgebung in diesem Bereich aufgezeigt. Die
überwiegende Mehrheit der Experten und Expertinnen
war sehr kritisch, und das zu Recht. Ich zitiere aus dem
Protokoll – die Expertenanhörung hat ja öffentlich statt-
gefunden –, was Frau Becker gesagt hat:

Die … Evaluation des derzeitigen Kinderzuschla-
ges ergibt … sechs kritische Punkte. … Der vorlie-
gende Gesetzentwurf … greift nur zwei dieser
Punkte auf …

Der Vertreter der Prognos AG hat erklärt:

Die bestehende Regelung erfüllt diese Ziele zum
Teil, gleichwohl besteht erheblicher Verbesserungs-
bedarf …

Der Vertreter des Deutschen Vereins für öffentliche und
private Fürsorge hat ausgeführt:

Betrachtet man den Kinderzuschlag aus der Per-
spektive, ob die Hilfebedürftigkeit von Kindern im
SGB II im größtmöglichen Umfang vermieden
wurde, so ist festzustellen, dass dies nicht der Fall
ist.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aha!)


Die Vertreterin des Verbands Alleinerziehender Mütter
und Väter – wir alle schätzen diesen Verband – hat ge-
sagt:

Der Verband … hat die Einführung des Kinderzu-
schlags abgelehnt und akzeptiert ihn seither ledig-
lich als Interimsmaßnahme.

Ich könnte noch weit mehr Experten und Expertinnen zi-
tieren; leider fehlt mir dazu die Zeit.

Dass die Experten das Gesetz nicht rundheraus abge-
lehnt haben, liegt, liebe Frau Fischbach, einfach daran,


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Dass es gut ist!)


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(C (D ass eine Sozialleistung ausgeweitet wird und es Geld om Staat gibt. (Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das ist die Lenke’sche Interpretation! – Caren Marks [SPD]: Dagegen haben Sie was, oder?)


Meine Damen und Herren, die FDP-Bundestagsfrak-
ion wird der Erweiterung dieses gut gemeinten, aber
chlecht gemachten Gesetzes nicht zustimmen. Ohne
ine grundsätzliche Neustrukturierung der Sozial- und
teuerpolitik werden wir das große Problem der Armut
on Kindern und Familien nicht lösen. Der Kollege von
er SPD hat im Ausschuss richtigerweise gesagt: Es ist
in Baustein. – Dem stimme ich zu; aber der Baustein ist
u minimal.

Bei dieser Gelegenheit will ich der Bundesregierung
n Erinnerung rufen, dass sie – dazu gehören natürlich
DU/CSU und SPD – mit der Erhöhung der Mehrwert-

teuer von 16 auf 19 Prozent den Familien geschadet hat,
nsbesondere denjenigen Familien, die ihr gesamtes mo-
atliches Einkommen für das tägliche Leben ausgeben
üssen.


(Beifall bei der FDP – Manfred Grund [CDU/CSU]: Für Nahrungsmittel gilt nach wie vor der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent! – Caren Marks [SPD]: Für Lebensmittel sind es 7 Prozent!)


Der Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel beträgt
Prozent; aber Kinder brauchen auch Schuhe, einen
chulranzen usw., und der Mehrwertsteuersatz darauf
eträgt 19 Prozent. Wir wissen das beide, Frau
ischbach.


(Antje Blumenthal [CDU/CSU]: Sie haben gesagt: „für das tägliche Leben“!)


In der Süddeutschen Zeitung las ich eine interessante
ussage von der SPD:

Familien sollen mehr Geld bekommen …

äre es nicht besser, liebe Kollegen von der SPD, den
amilien von ihrem Verdienst mehr in der Tasche zu las-
en?


(Beifall bei der FDP)


Die FDP-Bundestagsfraktion hat Ihnen, dem Parla-
ent, heute einen Antrag vorgelegt, mit dem die Bun-

esregierung aufgefordert wird, zuerst – das ist mir und
uch der FDP wirklich wichtig – eine Analyse der
53 ehe- und familienbezogenen Leistungen vorzulegen.
abei geht es nämlich um 189 Milliarden Euro jährlich.
err Kues, bisher ist viel Papier vorgelegt worden – me-

erweise –, jedoch keine Wirkungsanalyse. Diese brau-
hen wir aber. Welche Leistungen bauen aufeinander
uf? Welche Leistungen sind historisch gewachsen? Wie
ollen wir Leistungen reformieren?

Wenn wir die Wechselwirkungen dieser 153 Leistun-
en kennen, dann können das Parlament und die Regie-
ung auf dieser Grundlage Familien helfen, die staatli-
her Hilfe bedürfen. Das Familienministerium drückt






(A) )



(B) )


Ina Lenke
sich um diese Analyse. Ich habe im Ausschuss eine ne-
gative Antwort bekommen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Worauf?)


Deshalb will ich hier noch einmal sehr deutlich sagen,
dass die Gesamtanalyse fehlt.

Ich komme jetzt zum Schluss. Die FDP will die Mo-
dernisierung des gesamten Sozialsystems durch die Ein-
führung eines liberalen Bürgergeldes. Wir wollen mög-
lichst alle steuerfinanzierten sozialen Hilfen des Staates
auf die Bedürftigkeit von Bürgern und Bürgerinnen – na-
türlich auch den kleinen – ausrichten. Wir wollen das
pauschaliert durch einen Universaltransfer erreichen.
Das soll in einem Bürgergeld zusammengeführt werden.

Durch den Armuts- und Reichtumsbericht wurde es
an den Tag gebracht: Die Armut steigt. Sowohl die fi-
nanzielle als auch die Bildungsarmut greifen weiter um
sich. Jeder sechste Mensch verlässt die Schule ohne Ab-
schluss. Frau Fischbach, Sie sagten, dass die Zahl der
Familien, die Anspruch auf den Kinderzuschlag haben,
verdoppelt wird, und zwar auf 250 000, und dass das die
Familien aus der Armut bringt.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Von 100 000 auf 250 000!)


2,4 Millionen Kinder leben an der Armutsgrenze oder
sind arm. Deshalb sage ich Ihnen: Der Kinderzuschlag
ist auch als Baustein keine Lösung.

Lassen Sie uns doch gemeinsam nicht Bausteine, son-
dern ein Gesamtkonzept entwickeln! Dann sind wir bei
Ihnen. Wir werden jedenfalls eines vorlegen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Ingrid Fischbach [CDU/ CSU]: Wann denn, Frau Kollegin? Wenn Sie an der Regierung sind?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617207800

Jetzt spricht Wolfgang Spanier für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Johannes Singhammer [CDU/CSU])



Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1617207900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn die FDP, wie das Frau Lenke hier gerade getan
hat, von einer Neuorientierung in der Sozialpolitik
spricht und dabei der Begriff „Steuersenkung“ auftaucht,
dann kann ich nur hoffen, dass sie wenigstens auf Bun-
desebene auch weiterhin politisch keinen Einfluss auf
die Sozialpolitik nehmen kann. Es wird einem angst und
bange, weil man ahnt, was dahintersteckt.


(Beifall bei der SPD)


Ich war vier Jahre lang in der Opposition und weiß,
wie man reagiert, wenn man ein Gesetz eigentlich ganz
vernünftig findet, was man aber, weil man nun einmal in
der Opposition ist, so nicht aussprechen kann.


(Ina Lenke [FDP]: Wir reagieren anders!)


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(C (D an sagt immer: Es ist viel zu wenig und müsste mehr ein. (Ina Lenke [FDP]: Das haben wir ja gar nicht gesagt! Das kann die SPD sein, die mehr Geld verspricht! Wir aber nicht! – Gegenruf der Abg. Caren Marks [SPD]: Es gibt auch noch mehr! So wichtig sind Sie nicht!)


Ich spreche doch nicht immer nur von Ihnen, Frau
enke. Ich habe rundum geschaut.


(Ina Lenke [FDP]: Sie haben eben die FDP angegriffen! Das lassen wir uns nicht bieten!)


erner sagt man: Die Wirksamkeit dieses Gesetzes ist ja
ur beschränkt. Mit diesem Gesetz werden Sie die Ar-
ut in unserem Land nicht beseitigen.
Niemand erwartet, dass das mit diesem Gesetz ge-

chieht. Niemand erhebt diesen Anspruch. Es gibt hier
in ganz konkretes Ziel: Wir wollen den Eltern helfen,
ie arbeiten, ein Erwerbseinkommen haben und zwar
ich selbst, aber nicht ihre Kinder anständig mit diesem
rwerbseinkommen unterhalten können. Sie bekommen
eben dem Kindergeld und dem Wohngeld sozusagen
in zweites Kindergeld, mit dem wir sie aus der Bedürf-
igkeit herausholen wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich habe in einem Zeitungsartikel gelesen, dass es da-
ei um die Beschönigung der Armutsstatistik gehe. Wer
o etwas unterstellt, der müsste ja verlangen, dass wir
berhaupt nichts gegen Armut und zur Armutspräven-
ion tun, weil dadurch natürlich möglicherweise die Sta-
istik verändert würde. Das kann kein Argument sein.

Dieses Instrument wirkt auch – vor allen Dingen für
ie Eltern, die mehr als drei Kinder haben. Bei
4 Prozent der bewilligten Anträge geht es um solche
amilien. Das ist ein weitaus größerer Anteil – etwa
reimal so hoch –, als es der Zahl dieser Familien in der
ealität entspricht. Die Kehrseite ist, dass es bei Allein-
rziehenden wenig wirkt. Es ist richtig, dass lediglich
Prozent der bewilligten Anträge von Alleinerziehen-

en stammen. Deswegen haben wir an dieser Stelle noch
inmal angesetzt und die 7 Prozent auf immerhin 14 Pro-
ent erhöht. Man muss aber dazusagen, dass nicht jedes
er verschiedenen Instrumente zur Prävention von Ar-
ut und zur Armutsbekämpfung alle Zielgruppen

leichzeitig erreichen kann.
Wir müssen – darauf wurde heute noch nicht einge-

angen – den Zusammenhang zwischen dem Kinderzu-
chlag und seiner Verbesserung und dem Wohngeld se-
en. Der Bedarf an Wohngeld steigt automatisch, wenn
an nicht mehr die Unterkunftskosten nach SGB II er-

tattet bekommt.
Wir sind noch weitergegangen. Wir haben nicht nur

en Mehrbedarf an Wohngeld berücksichtigt, der durch
iese Veränderungen entsteht, sondern auch das Wohn-
eld deutlich erhöht. Im Durchschnitt waren es bisher
0 Euro pro Monat; künftig werden es 140 Euro pro Mo-
at sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Wolfgang Spanier
Davon profitieren zwar nicht nur Familien, sondern
auch 300 000 Rentnerinnen und Rentner. Es ist aber ein
weiterer Baustein, um Armutsprävention und Armutsbe-
kämpfung in unserem Land durchzusetzen. Beides zu-
sammen entspricht einem Aufwand von immerhin rund
500 Millionen Euro, die wir ausgeben, um deutliche Ver-
besserungen zu erzielen.

Ich wiederhole: Was wir heute beschließen, ist nur ein
Baustein, aber es ist ein wichtiger Baustein. Es geht
nicht nur um materielle Armut, sondern auch – das ist
besonders wichtig – um die Chance auf Teilhabe an Bil-
dung. Dafür haben wir mit dem demnächst im Bundes-
tag zu verabschiedenden Kinderförderungsgesetz bereits
einen weiteren Baustein im finanziellen Bereich vorge-
sehen, nämlich den deutlichen Ausbau der Krippen-
plätze für die unter Dreijährigen.


(Beifall bei der SPD)


Damit verfolgen wir zwei Ziele: die deutliche Verbes-
serung der Förderung aller Kinder und gleichzeitig die
Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Beides sind Instrumente zur Prävention und Bekämp-
fung von Armut. Von diesen neuen Möglichkeiten wer-
den sicherlich besonders viele Alleinerziehende profitie-
ren können. Zumindest ist das in meiner Heimatregion
der Fall.

Ein weiterer Punkt: Wir dürfen die Armutsbekämp-
fung nicht auf Familienpolitik und auch nicht auf Bil-
dungspolitik reduzieren. Die Arbeitsmarktpolitik gehört
ebenfalls dazu. In diesem Bereich haben wir gemeinsam
Förderprogramme auf den Weg gebracht, die ebenfalls
dazu beitragen werden, Menschen aus der Bedürftigkeit
herauszuholen, weil Arbeit mit einem auskömmlichen
Erwerbseinkommen der beste Schutz vor Armut ist und
bleibt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Eine Frage ist noch offen – Frau Fischbach, wir haben
in diesem Gesetzgebungsverfahren sehr vertrauensvoll
und gut zusammengearbeitet; das wünsche ich mir auch
von den Arbeits- und Sozialpolitikern –, nämlich dass
wir endlich den Mindestlohn im Rahmen des Entsende-
gesetzes in den kommenden Wochen wie verabredet un-
ter Dach und Fach bringen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Denn nicht nur die Arbeitslosigkeit, sondern auch die ra-
sante Ausweitung im Niedriglohnsektor fördert Armut in
unserem Land. Mindestlöhne sind ein Instrument, um et-
was dagegen zu tun.

Ich gebe den Freien Demokraten recht: Wir brauchen
ein Gesamtkonzept.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Das ist richtig. Wir Sozialdemokraten haben zehn Maß-
nahmen vorgelegt. Dabei ist Folgendes wichtig: Erstens
gibt es keinen Königsweg oder etwas wie einen Schalter,
den man nur umlegen muss, und schon gibt es keine Ar-
mut mehr in unserem Land.

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(C (D (Ina Lenke [FDP]: Wir brauchen eine Wirkanalyse! Die bekommen wir von Ihnen nicht!)


Zweitens ist es wichtig, dass wir auf allen drei staatli-
hen Ebenen – in den Kommunen, im Land und im Bund –
usammenarbeiten. Mir geht es nicht darum, Zuständig-
eiten zuzuweisen und damit Verantwortung – vor allem
inanzielle Verantwortung – auf andere abzuschieben. Es
st nun einmal so: Bildung ist zwar ein ganz entscheiden-
er Schlüssel, um gerechte Chancen für alle Kinder zu
chaffen, aber sie liegt in erster Linie in der Zuständig-
eit der Länder. Wir können das also nur gemeinsam er-
eichen.

Vor Ort entscheidet sich, wie den Kindern beispiels-
eise im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe über das
aterielle hinaus geholfen werden kann. Der Bund ist in

rster Linie für die materiellen Leistungen zuständig.
eim Wohngeld und beim Kinderzuschlag haben wir ei-
en deutlichen Schritt nach vorn getan. Das reicht aber
icht aus. Im kommenden Herbst wird der nächste Exis-
enzminimumbericht vorliegen. Dann werden wir über
as Kindergeld – auch ein wichtiges Instrument zur Ar-
utsprävention –, Steuerfreibeträge und das Sozialgeld,

lso den Regelsatz für Kinder, sprechen müssen. Wir So-
ialdemokraten wünschen uns, dass wir in der Großen
oalition im Herbst die Kraft aufbringen, den Baustei-
en, die wir bereits beschlossen haben, diese weiteren
ichtigen Bausteine hinzuzufügen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617208000

Jörn Wunderlich hat jetzt das Wort für die Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617208100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen!

Wir wollen materielle Kinderarmut reduzieren und
hierzu den Kinderzuschlag mit Wirkung ab dem
Jahr 2006 weiterentwickeln.

ieser Satz ist zweieinhalb Jahre alt und entstammt Ihrer
oalitionsvereinbarung. Dass Sie Ihre selbst gesteckten
iele derart verfehlen, kann Ihnen nicht entgangen sein;
enn wir haben Sie oft genug daran erinnert. Ich gebe
u: Ich hatte die Hoffnung, dass diese nicht geringe
ristüberschreitung von Ihnen dazu genutzt wird, einen
esetzentwurf vorzulegen, der die Versprechen einhält,
ie Sie in Ihrem Koalitionsvertrag geben. Der vorlie-
ende Entwurf enttäuscht aber in den meisten Punkten.
ie Aufgaben, die der Koalitionsvertrag dem Kinderzu-

chlag zurechnet, sind in zentralen Punkten nicht erfüllt,
öchstens ansatzweise. Sie haben die zeitliche Begren-
ung abgeschafft. Aufgrund der Änderungen werden Sie
inige Familien mehr als bisher erreichen, wird die Ab-
chmelzrate auf 50 Prozent reduziert und die Min-
esteinkommensgrenze – das wurde bereits angespro-
hen – gesenkt.






(A) )



(B) )


Jörn Wunderlich
In der öffentlichen Anhörung wurde dem Gesetzent-
wurf aber das Zeugnis ausgestellt, das er verdient hat.
Alle neun Sachverständigen haben in ihren Statements
klargestellt, dass der Kinderzuschlag auch in der jetzt
vorgelegten Form kein effektives Mittel gegen Kinderar-
mut ist. Viele der dort genannten Kritikpunkte teilen wir
als Fraktion Die Linke. Ich will mich auf die für uns
wichtigsten beschränken.

Zentral ist für uns die Höhe des Kinderzuschlags. Den
Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung ist seit
langem bekannt, dass die Höhe von 140 Euro viel zu ge-
ring ist. Dennoch halten sie an dieser Höhe fest, wohl
wissend, dass sie den realen Problemen der Familie nicht
gerecht wird. Eine Gruppe trifft die Regelung – das
wurde bereits angesprochen – besonders hart: die Allein-
erziehenden. Sie waren schon nach dem alten Modell
des Kinderzuschlags die Verlierer. Dass die Gruppe der
Alleinerziehenden größer wird und gleichzeitig das
höchste Armutsrisiko hat, kann man in den Untersu-
chungen von Prognos nachlesen.

Auch die letzten Änderungen in dieser Woche entpup-
pen sich schnell als Mogelpackung. Wer Alleinerzie-
hende ernsthaft vor die Wahl zwischen Kinderzuschlag
und Mehrbedarf stellt, hat die Notwendigkeit des Mehr-
bedarfs nicht begriffen.


(Beifall bei der LINKEN – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Hat denn die Sachverständigenanhörung ergeben, dass die das Wahlrecht wollen?)


– Frau Fischbach, manchmal sollte man den eigenen
Kopf anstrengen. – Die festgestellten Mindesteinkom-
mensgrenzen machen deutlich, dass Sie aus der Ableh-
nungsquote von 87 Prozent beim bisherigen Kinderzu-
schlag nichts gelernt haben. Wenn Sie die ALG-II-
Bedürftigkeit überwinden wollen, müssen Sie an diesen
Stellschrauben arbeiten.

Der Kinderzuschlag wurde unter Rot-Grün eingeführt
– ich zitiere –, „dass ein wesentlicher Teil der Familien
nicht wegen ihrer Kinder auf Sozialhilfe oder zukünftig
auf das Arbeitslosengeld II angewiesen sein soll“. Be-
kanntermaßen sind die – zuerst 150 000 – Kinder nicht
erreicht worden. Wie gesagt, wurden 87 Prozent der An-
träge abgelehnt. Aber Sie wollen das alles als Erfolg ver-
kaufen. In der Sendung Hart, aber fair am 28. Mai 2008
spricht die CSU-Generalsekretärin ernsthaft von den
– angeblichen – Verdiensten der Großen Koalition und
sagt: Wir haben den Kinderzuschlag erhöht.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das haben wir auch!)


Diese Aussage ist nachweislich falsch, um nicht zu sa-
gen: gelogen.

Der Kinderzuschlag wird doch auch nach der Reform
bei 140 Euro liegen, Herr Singhammer. Den Kinderzu-
schlag von 140 Euro auf 140 Euro zu erhöhen, das ist
Ihre Erhöhung. Das ist genauso, als wenn Sie sagen wür-
den: Wir erhöhen die Renten, weil die Zahl der Rentner
steigt.

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(C (D (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sie erhöhen die Steuern!)


ie Regierung kann sich nicht damit herausreden, dass
ehr Kinder in den Genuss des Zuschlages kommen
erden. Wie gesagt: Nur weil die Zahl der Rentner

teigt, wird doch die Rente nicht erhöht.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal, wie Sie Ihre ganzen Wunschvorstellungen finanzieren wollen!)


Dazu komme ich noch.

Dass sich die Bundeskanzlerin, das Familienministe-
ium und das Ministerium für Arbeit und Soziales stän-
ig in den Angaben widersprechen „Erhöhen“, „Nicht
rhöhen“, „Doch erhöhen“, „Von Erhöhung war nie die
ede“, habe ich schon gesagt und möchte ich hier nicht

m Detail wiederholen.

Das formulierte Vorhaben, den Kreis der Berechtigten
uszuweiten, um mehr Kinder zu erreichen, wurde mit
er Zahl von etwa 500 000 zu erreichenden Kindern um-
chrieben und dann auf 250 000 herunterkorrigiert. Dass
nsere Bundesfamilienministerin – leider ist sie nicht da –


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Der Staatssekretär ist da und spricht auch!)


as damit begründet, dass mehr Familien vom wirt-
chaftlichen Aufschwung profitieren und deshalb das
eld nicht brauchen, war für viele Familien wie eine
hrfeige. Der wirtschaftliche Aufschwung, von dem un-

ere Ministerin redet, endet für etliche Familien in Ar-
ut, weil er mit Minijobs und unwürdiger Arbeit einher-

eht. Die Folgen sind allen bekannt. 2,6 Millionen
inder leben in dieser reichen Bundesrepublik in Armut.
ir leisten uns einen Kinderzuschlag mit enormem Ver-
altungsaufwand, der völlig am Ziel vorbeigeht. Ich
enke, bei Frau von der Leyen ist die Inkubationszeit für
ealitätsverluste überschritten.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das ist eine merkwürdige Formulierung! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Wir wollen materielle Kinderarmut reduzieren – das
ar Ihre Zielsetzung im Koalitionsvertrag.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Vielleicht sollten Sie Ihren Kopf auch einmal benutzen!)


ieses Ziel wird mit unserem Antrag eher erreicht; denn
llen hier im Haus – das klang durch – ist klar, dass der
inderzuschlag allein nicht die Lösung sein kann. Er ist

in Baustein, der aber viel zu klein ist.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617208200

Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Fischbach zulassen?


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617208300

Nein, ich möchte zum Ende kommen. Ich bin gleich

ertig, Frau Fischbach.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Feige ist er auch noch! – Antje Blumenthal [CDU/CSU]: Jörn Wunderlich Dann muss er ja seinen Kopf anstrengen! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sagen Sie doch, wie viele Steuererhöhungen Sie wollen! Sagen Sie es doch einfach!)





(A) )


(B) )


Deshalb fordern wir: Der Kinderzuschlag wird deut-
lich erhöht, die Mindesteinkommensgrenze und die
Höchsteinkommensgrenze entfallen, die Kinderzu-
schlagsberechtigung endet im Zuge der Einkommensan-
rechnung durch Abschmelzung.


(Zuruf des Abg. Johannes Singhammer [CDU/ CSU])


– Herr Singhammer, wenn Sie immer dazwischenquat-
schen und nicht zuhören, dann können Sie es nicht be-
greifen.


(Beifall der Abg. Elke Reinke [DIE LINKE] – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Lassen Sie doch die Frage zu!)


Der Mehrbedarfszuschlag für Alleinerziehende wird im
Anrechnungsverfahren nicht berücksichtigt, aber im
Falle der Kinderzuschlagsberechtigung als Erhöhungs-
betrag zum Kinderzuschlag gewährt. Darüber hinaus
wird ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt. Man kann
nämlich die Armut der Kinder nicht von der Armut der
Eltern abkoppeln.

Hören Sie doch einmal auf die Sozialverbände. Stim-
men Sie unserem Antrag zu und gehen Sie die Kinderar-
mut nicht nur halbherzig, sondern wirklich an. Dem Ar-
gument der Haushaltskonsolidierung kann ich nur
entgegnen: Bauen Sie drei Kriegsschiffe weniger und in-
vestieren Sie das Geld in Familien. Dann sind sie besser
bedient. Familien brauchen, bezogen auf die Zukunfts-
perspektiven, Frau Fischbach, keinen Kinderzuschlag,
wenn die Eltern ordentlich verdienen und davon sich und
ihre Kinder ernähren können. Das ist zukunftsweisend.


(Beifall bei der LINKEN)


Frau Fischbach, es mutet schon komisch an, wenn es
immer heißt, die Anträge der Linken seien nicht bezahl-
bar und würden deshalb abgelehnt, aber wenige Monate
später kommen praktisch wortgleiche Anträge von der
Koalition und sind dann plötzlich bezahlbar.


(Christel Humme [SPD]: Ist das so?)


Das ist schon merkwürdig.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617208400

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Kollegin

Fischbach das Wort.


Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1617208500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Da Herr Wunderlich so feige war, keine Zwischenfrage
zuzulassen, nutze ich die Form der Kurzintervention.

Herr Wunderlich, ich habe meinen Kopf angestrengt,
Sie Ihren sicherlich auch. Aber was ich bei aller An-

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(C (D trengung nicht erfahren habe, war, wie Sie denn nun, uch wenn Sie dreimal angekündigt haben, dass das nun ommt – ich habe sehr genau zugehört –, all das, was Sie erade vorgeschlagen haben, finanzieren wollen, nämich die Ausweitung des Berechtigtenkreises und die Eröhung des Betrages des Kinderzuschlages. Ich glaube, icht nur wir Kolleginnen und Kollegen wären sehr daan interessiert, das zu hören, sondern sicherlich auch die uschauer auf den Tribünen. Vielleicht können Sie die ine Möglichkeit, die Sie im Kopf haben, wie Sie das ales bezahlen wollen, darlegen. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Und auch das, was Frau Christa Müller fordert!)


Im Übrigen würde ich mich freuen, wenn wir zukünf-
ig in einem vernünftigen Ton miteinander und auch über
ersonen reden, die nicht anwesend sind. Ich fand das
ehr daneben, wie Sie sich gerade geäußert haben.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617208600

Herr Wunderlich hat das Wort zur Antwort.


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617208700

Frau Kollegin Fischbach, Sie haben offensichtlich

ben nicht zugehört, als ich mich dazu geäußert habe.
ch will nur ein Beispiel anführen:


(Antje Blumenthal [CDU/CSU]: Keine Beispiele, sondern konkret!)


enn der politische Wille da ist, ist auch das Geld da.


(Lachen bei der CDU/CSU – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Die wunderliche Geldvermehrung!)


Einen Moment. Durch Umschichtungen im Haushalt
st vieles möglich.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Wo wollen Sie denn umschichten?)


Frau Fischbach, wenn Sie nicht zuhören, dann ist das
hr höchstpersönliches Problem. Ich habe gerade am Pult
esagt: Bauen Sie drei Kriegsschiffe in Form von Fre-
atten weniger und geben Sie das Geld den Familien.
amit ist vielen Familien geholfen.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das ist die Rechenart der SED! – Ingrid Fischbach [CDU/ CSU]: Zum Ton wollen Sie nichts sagen, Herr Wunderlich?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617208800

Die nächste Rednerin ist Britta Haßelmann für Bünd-

is 90/Die Grünen.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617208900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

erren Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und
erren auf der Zuschauertribüne! Wir reden heute über
as Thema Kinderzuschlag im Bundeskindergeldgesetz,
lso über ein Instrument innerhalb einer ganzen Palette
on Instrumenten. Bei den Rednerinnen und Rednern
er Großen Koalition ist schon deutlich geworden, dass






(A) )



(B) )


Britta Haßelmann
wir auch über Kinderarmut insgesamt reden. Das sollten
wir auch tun.

Meine Damen und Herren, ich verstehe nicht, warum
Sie sich in Reden auf Parteitagen in Programmen über-
schlagen: 10-Punkte-Plan der SPD, Kindergelderhö-
hung, Kinderfreibetragserhöhung der CDU/CSU.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Betreuungsgeld!)


So schaukeln Sie sich Woche um Woche hoch. Das alles
kostet viel Geld. Getan wird jedoch seit 2005 in dieser
Hinsicht nichts, aber auch gar nichts. Ich finde, das muss
die Öffentlichkeit einmal wissen. Sie beklagen in Sonn-
tagsreden und Interviews, wie dramatisch die Kinderar-
mut gestiegen ist. Das ist sie in der Tat. Wir haben ja vor
kurzem den Armuts- und Reichtumsbericht vorgelegt
bekommen. Von Ihnen kommen Modelle und Vor-
schläge, aber es wird so getan, als würden Sie nicht re-
gieren. Das kann man an dieser Stelle nicht durchgehen
lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617209000

Frau Kollegin Haßelmann, möchten Sie eine Zwi-

schenfrage von Herrn Spanier zulassen?


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617209100

Ja, bitte.


Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1617209200

Liebe Frau Haßelmann, da wir uns einig sind, dass es

bei Armutsprävention und Bekämpfung von Armut nicht
nur um materielle Leistungen geht, sondern dass wir das
umfassend angehen müssen und dass dabei chancenge-
rechte Bildung ein ganz entscheidender Schlüssel ist,


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Föderalismusreform I!)


frage ich Sie: Würden Sie sich gemeinsam mit mir daran
erinnern, dass die rot-grüne Koalition ein Ganztags-
schulprogramm aufgelegt hat, sodass in Deutschland
6 500 Grundschulen den offenen Ganztagsunterricht mit
zusätzlichen Förderchancen gerade für sozial Benachtei-
ligte haben?

Würden Sie sich ferner gemeinsam mit mir daran
erinnern, dass wir die Leistungen nach dem TAG ausge-
weitet haben, dass wir ab 2013 sogar einen Rechts-
anspruch haben werden, dass wir den Kommunen finan-
ziell unter die Arme greifen und dass der Ausbau der
frühen Förderung ebenfalls ein ganz wichtiges Instru-
ment zur Armutsbekämpfung ist?

Würden Sie mir zuletzt darin zustimmen, dass die
deutliche Verbesserung des Wohngeldes, die Sie ja in der
damaligen Anhörung auch gefordert haben, und der Kin-
derzuschlag sehr wohl Maßnahmen sind, mit denen
wirksam Armut bekämpft werden kann?

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(C (D Herr Spanier, ich kann mir viele Maßnahmen vorstel en, mit denen Armut bekämpft werden kann. Dazu geört sicherlich auch Ihre zuletzt angesprochene Wohnelderhöhung, die aus meiner und Ihrer persönlichen icht überfällig war. Wir haben beide auf unsere Art seit ahren dafür geworben, dass es zu einer Wohngelderhöung kommt. Mich müssen Sie nicht überzeugen, wie ichtig beim Thema Kinderarmut Zugangsgerechtigeit, Teilhabegerechtigkeit, gleiche Chancen auf Bildung ür Kinder und Jugendliche sowie Frühförderung sind nd wie groß die Ungerechtigkeit für Kinder ist. Ich habe versucht, Sie davon zu überzeugen – nicht ur ich, sondern meine Fraktion –, genau aus den Grünen, die Sie genannt haben, was die Programme zur anztagsbetreuung in der letzten Legislaturperiode aneht, die Bildungspolitik im Rahmen der Föderalismuseform eben nicht an die Länder zu geben, sodass wir eute keine Chance mehr haben, einzugreifen und vom und aus steuernd Dinge anzustoßen im Sinne von Teilabegerechtigkeit und Investitionen in frühe Förderung, n Bildung und Infrastruktur. Da hatten wir vor andertalb Jahren eine harte Auseinandersetzung. Ich bedauere ehr, dass Sie den Argumenten nicht gefolgt sind, nicht ur denen aus unserer Fraktion nicht, sondern auch deen von vielen externen Bildungsexperten sowie Experen der Kinderund Jugendhilfe nicht, die gesagt haben: asst die Bildungspolitik beim Bund; wir brauchen die teuerungselemente. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christel Humme [SPD]: Sie war immer bei den Ländern! – Weitere Zurufe von der SPD)

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617209300

Sie wissen ganz genau, was ich meine, Frau Humme.

(Christel Humme [SPD]: Sagen Sie doch, was Sie meinen!)

ir könnten heute kein einziges Programm mehr aufle-

en, das wir unter Rot-Grün aufgelegt haben, weil der
und keine direkte Beziehung mehr zu den Kommunen
ufnehmen kann. Das haben Sie mitverbockt. Sie wuss-
en, welche verheerenden Folgen das hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christel Humme [SPD]: Das war auch damals nicht möglich! – Weitere Zurufe von der SPD)


Ich sehe, wie Sie sich aufregen. Sie haben nachher
och Redezeit, gehen Sie doch darauf ein, und erklären
ie uns, warum es gut ist, dass die Länder das jetzt al-

eine machen und wir in puncto Teilhabe und Infrastruk-
ur fast nichts mehr machen können.

Meine Damen und Herren, ich appelliere an Sie. Auf
er Tribüne sitzen viele Leute, die sich fragen, was Sie
egen Kinderarmut tun. Auch sie stellen fest, dass Sie in
er Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung oder in
nderen Zeitungen sagen, Kinderarmut sei etwas ganz
chreckliches und da müsse etwas passieren, auf der an-
eren Seite aber nichts geschieht. Dann stellt sich Frau
ischbach hier hin und sagt, es tue ihr leid, dafür sei lei-
er kein Geld vorhanden, man müsse die Haushaltslage
n Rechnung stellen.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört, oder?)







(A) )



(B) )


Britta Haßelmann
Natürlich hat ein nachhaltiger Haushalt etwas mit
Kindern und Generationengerechtigkeit zu tun. Sie ha-
ben gerade einmal vor zwei Monaten, ohne mit der
Wimper zu zucken, 2 Milliarden Euro für eine Aufsto-
ckung auf eine 1,1-prozentige Rentenerhöhung ausgege-
ben, was Sie bis zum Jahr 2011 10 Milliarden Euro kos-
tet. Wie wollen Sie das eigentlich erklären? Wie wollen
Sie diese Prioritätensetzung erklären? Sie stellen sich
hier hin und sagen, für den Kinderzuschlag habe es nicht
gereicht, sie könnten leider nicht mehr Familien einbe-
ziehen und auch den Kinderzuschlag nicht erhöhen, ob-
wohl die Ministerin beides angekündigt hat. In der Rede
der Ministerin hieß es, dass 500 000 Kinder in den neuen
Kinderzuschlag einbezogen werden und dass der Kin-
derzuschlag erhöht wird. Von beidem ist nicht mehr die
Rede. Es bleibt ungefähr der gleiche Berechtigtenkreis.
Sie haben bestimmte Dinge verändert, die wir gemein-
sam in der Anhörung besprochen haben. Ich hätte mir
andere Sachen gewünscht, auf die ich gleich noch einge-
hen werde.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617209400

Vielleicht nach den Zwischenfragen?


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617209500

Ja. – Aber Sie können sich doch nicht hinstellen und

sagen, Sie hätten leider nicht mehr Geld und gern ein
bisschen mehr gewollt, aber gleichzeitig geben Sie an
anderer Stelle, ohne über Argumente nachzudenken, in
einem ganz kurzen Verfahren viel mehr Geld aus, nur im
Bereich der Kinder nicht.


(Christel Humme [SPD]: Das ist doch falsch!)


Das finde ich nicht in Ordnung, und das müssen Sie den
Leuten draußen erklären.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617209600

Jetzt gibt es zwei Wünsche nach Zwischenfragen.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617209700

Sie haben doch alle noch Redezeit. Ich will nicht un-

höflich sein. Stellen Sie mir ruhig Fragen, aber Sie sind
doch alle auf der Rednerliste.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617209800

Das vergrößert Ihre Argumentationsmöglichkeit. –

Bitte schön, Herr Kollege Singhammer.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1617209900

Frau Kollegin, Sie haben auf die Kinderarmut hinge-

wiesen. Stimmen Sie mir zu, dass eine der entschei-
denden Ursachen der Armut der Kinder die Elternarmut
ist? Können Sie meiner Argumentation folgen, dass
1 600 000 neue Arbeitsplätze in den vergangenen zwei
Jahren, davon der größte Teil sozialversicherungspflich-
tig, ein entscheidendes Instrument zur Verringerung der
Elternarmut und damit auch zur Verringerung der Kin-
derarmut sind?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Herr Singhammer, Sie wissen genauso gut wie ich, ass Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern, die Kiner haben, ein ganz entscheidendes Instrument dafür ist, amit Kinder nicht in Armut leben. Was die Frauenererbstätigkeit angeht, muss ich Sie noch überzeugen; enn Sie sind derjenige, der meint, es solle ein Betreungsgeld gezahlt werden, damit die Frauen zu Hause leiben und die Welt so bleibt, wie sie vor 25 Jahren war. ch sage Ihnen – Sie müssen die Grünen nicht überzeuen –: Wir waren diejenigen, die gemeinsam mit der PD an dem Instrument Kinderzuschlag gearbeitet und ieses vorgeschlagen haben, weil wir wollten, dass Menchen, die keine Mittel nach SGB II beziehen und die eine ausreichenden Einnahmen aus Erwerbstätigkeit aben, in den Genuss eines Kinderzuschlages kommen önnen. Wir haben damals auch um Ihre Zustimmung eworben. Die haben wir allerdings nicht erhalten. eute sind Sie dafür; das finde ich in Ordnung. Die Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern ist anz wichtig, wenn es darum geht, Armut wirksam zu ekämpfen. Das ist aber nicht die einzige Frage, die wir u beantworten haben. Deshalb habe ich vorhin gesagt, ass Sie sich vor einer Antwort auf die Frage drücken, ie wir mit 2,6 Millionen Kindern, die in Armut leben, mgehen. Das darf nicht erst 2009 geschehen, wenn wieer Wahlkampf ist, sondern das muss heute, hier und etzt, geschehen. Das betrifft die Regelsatzerhöhung, die nfrastruktur und den Kinderzuschlag. Ich könnte Ihnen och fünf weitere Maßnahmen nennen, von denen Sie eit zwei Jahren sagen, dass Sie sie prüfen, erörtern, Exertengespräche dazu durchführen und zu denen angebich noch Anhörungen nötig sind. Letztlich passiert aber ichts. Die letzte Anhörung fand zu den Kinderregelsätzen, nsbesondere zu der Tatsache statt, dass der Eckregelsatz on Kindern nicht mehr von dem eines Erwachsenen abeleitet werden darf. Auch aus dieser Anhörung haben ie noch keine Schlussfolgerungen gezogen, obwohl alle utachterinnen und Gutachter unisono sagen, dass diesezüglich ganz dringend etwas getan werden muss. Ich laube, ich bin nicht die Einzige, die das registriert und ich noch darüber aufregen kann, und zwar obwohl ich chon seit einigen Jahren Politik mache. Da Herr Singhammer Platz genommen hat und seine rage damit offensichtlich als beantwortet ansieht, frage ch Sie jetzt, ob Sie eine Zwischenfrage von Frau ischbach zulassen. Frau Fischbach, bitte. Ich habe in meiner Einführung gesagt, dass der Kin erzuschlag unter Ihrer Regierungsverantwortung eingeührt wurde. Sie haben gerade kritisch angemerkt, seine Ingrid Fischbach Höhe sei zu niedrig und die Zahl der damit erreichten Familien zu gering. Welche Beweggründe haben Sie damals veranlasst, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen, wohl wissend, dass sowohl die Höhe des Kinderzuschlags zu niedrig als auch die Zahl der damit erreichbaren Familien zu gering ist? (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war der Vermittlungsausschuss, Frau Fischbach!)

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617210000

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617210100
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617210200
Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1617210300




(A) )


(B) )



Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617210400

Frau Fischbach, es gibt zwei Gründe. Zum einen

wollte Rot-Grün den Kinderzuschlag einführen, um
Menschen zu erreichen, die knapp oberhalb des damali-
gen Sozialhilfeniveaus – des heutigen SGB – II-Niveaus –
leben. Zum anderen können Sie sich, glaube ich, noch
sehr gut an die Rolle der CDU im Vermittlungsausschuss
erinnern. Wie viele Dinge damals aufgrund von Inter-
ventionen CDU-regierter Länder im Bundesrat in der ei-
nen oder anderen Art im Vermittlungsausschuss ent-
schieden worden sind, wissen Sie. Deshalb tragen auch
Sie Ihren Teil der Verantwortung.

Ich finde es gut, dass Sie mir diese Frage gestellt ha-
ben. Wenn man ein Instrument einführt, dann muss man
es auch überprüfen. Ich finde es richtig, dass man über-
prüft, ob es möglicherweise zu kompliziert war und ob
es genügend Leute erreicht. Wenn man nicht genug
Leute erreicht, muss man das Instrument ändern.


(Ina Lenke [FDP]: Deshalb müssen wir das ablehnen!)


Genau das ist das Argument, das ich anführe, um zu
sagen, dass die von Ihnen vorgeschlagenen Änderungen
jetzt aber nicht ausreichend sind.


(Ina Lenke [FDP]: Ja, genau!)


Es ist bei der Anhörung festgestellt worden, dass ver-
deckte Armut im Hinblick auf die Unterschreitung von
Mindesteinkommensgrenzen, Höchsteinkommensgren-
zen, Beantragungsprobleme und das Fehlen eines Wahl-
rechts zwischen Arbeitslosengeld II und Kinderzu-
schlag ein großes Problem ist. Meine Fraktion ist doch
die letzte, die sich damit herausredet, dass wir vor drei
Jahren einmal etwas dazu beschlossen haben. Das ist
doch völlig absurd. Es geht darum, dass ein neu einge-
führtes Instrument überprüft werden muss. Das ist jetzt
geschehen. Mein Vorwurf an Sie ist, dass Sie es zwar
überprüfen, aber alles so – insbesondere so kompliziert –
lassen, wie es ist, und nichts gegen verdeckte Armut tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr! Das wird doch verdoppelt! Sie sagen wissentlich die Unwahrheit!)


– Nein, Sie belassen es bei der alten Mindesteinkom-
mensgrenze und bei der alten Höchsteinkommensgrenze
und führen keine Wahlfreiheit ein. Das sind doch Dinge,
die ganz klar als Probleme benannt wurden.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Sagen Sie: Es reicht nicht! Aber sagen Sie doch nicht: Es – g – t D F f A t d g d z d g E v t k e d l e s n k S e s g r A B n u w (C (D passiert nichts! – Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Sie verschweigen die Hälfte!)


Regen Sie sich doch nicht so auf. Ich versuche doch
erade, es zu erklären.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das ist gelogen, was Sie sagen!)


Sie können sich ja noch einmal zu Wort melden.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617210500

Die Äußerungen von Frau Fischbach haben die Quali-

ät eines Zwischenrufs, und die Redezeit läuft weiter.
ass Menschen sich hier aufregen, gehört dazu.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wer sich aufregt, muss sich auch wieder abregen!)



Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617210600

Dann mache ich jetzt einfach weiter. – Frau

ischbach, der Kinderzuschlag ist von Rot-Grün einge-
ührt worden, weil wir ihn als Instrument zur gezielten
rmutsbekämpfung in einem bestimmten Bereich be-

rachtet haben. Nach ein paar Jahren ist festgestellt wor-
en, dass dieses Instrument zu kompliziert ist und nicht
enügend Leute erreicht. Daran muss man etwas verän-
ern, und man muss entsprechende Schlussfolgerungen
iehen,


(Ina Lenke [FDP]: Ja!)


ie Sie mit dem Hinweis auf die Finanzlage nicht gezo-
en haben.

Sie haben nicht gesagt, die von den Expertinnen und
xperten gelieferten Argumente seien falsch. Sie haben
ielmehr gesagt, dass Sie gerne ein bisschen mehr hät-
en, dies aber aufgrund der Haushaltslage nicht umsetzen
önnten. Dann muss ich Sie aber fragen, was aus Ihrem
ntschiedenen Engagement gegen Kinderarmut gewor-
en ist.

Sie können an dieser Stelle doch nicht sagen: Tut mir
eid. Wir würden gern 500 000 Kinder erreichen, so wie
s die Ministerin wollte. Wir hätten gern den Kinderzu-
chlag erhöht. Aber jetzt haben wir festgestellt, dass wir
icht mehr in der Kasse haben. Also machen wir eine
leine bescheidene Reform. – Das war mein Vorwurf an
ie.

Die Debatte heute zeigt: Der Kinderzuschlag ist das
ine, aber wir brauchen dringender denn je eine Diskus-
ion darüber, wie wir durch Infrastruktur und Teilhabe-
erechtigkeit auch in der Bildung, bei der frühen Förde-
ung, von Anfang an, sowie durch eine materiell bessere
bsicherung von Kindern einen wirklich nachhaltigen
eitrag zur Bekämpfung von Kinderarmut leisten kön-
en –


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig! Wahres ist Wahres!)


nd das nicht erst 2010, wenn die nächsten Wahlen ge-
esen sein werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Ingrid Britta Haßelmann Fischbach [CDU/CSU]: Dann können Sie sich weiter aufregen! Wir lassen Sie in der Opposition! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich rege mich gern auf! Das ist besser, als eine Rede abzulesen! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Die Ingrid Fischbach hat überhaupt nicht abgelesen! – Antje Blumenthal [CDU/CSU]: Sie hat überhaupt nicht abgelesen! Jetzt lügen Sie schon wieder! – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Was hat sie gesagt? Ich habe etwas abgelesen? Ich war ohne Zettel vorn! Ich kann gar nichts abgelesen haben!)





(A) )


(B) )



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617210700

Jetzt würde ich gern das Wort dem Kollegen Parla-

mentarischen Staatssekretär Hermann Kues geben.

Dr
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1617210800


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Frau Haßelmann, Sie haben versucht, zur Fami-
lien- und Kinderpolitik einen ganz großen Bogen zu
schlagen.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber jetzt keine Noten vergeben!)


Sie haben dabei – wenn ich das einmal so sagen darf –
einiges durcheinandergebracht.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Sie war ein bisschen aufgeregt!)


Ich kann jetzt nicht alles richtigstellen, sondern will nur
ein Beispiel nennen.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt bin ich gespannt auf Ihre Einlassung!)


Sie sagen, die Ministerin habe eine Erhöhung des Kin-
derzuschlags angekündigt. Tatsächlich hat sie eine Erhö-
hung des Budgets angekündigt, und die ist längst ge-
schehen.

Kritik zu üben, ist Ihr gutes Recht als Opposition. Ich
muss Ihnen aber sagen: Bildungspolitik war nie Aufgabe
des Bundes, sondern ist Aufgabe der Länder.

In einem sind sich alle in Deutschland – auch die, die
uns jetzt zuhören – einig, nämlich darin, dass wir in die-
ser Legislaturperiode in der Familienpolitik einen gewal-
tigen Schritt nach vorn gemacht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das muss einmal festgehalten werden: Wir haben einen
gewaltigen Schritt nach vorn gemacht. Wenn Sie sich auf
Landesebene, auf kommunaler Ebene, bei privaten Trä-
gern oder auch bei Wohlfahrtsverbänden umhören, wer-
den Sie feststellen, dass das in keiner Weise bestritten
wird.

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(C (D Wir haben also einen gewaltigen Schritt nach vorn geacht, und zwar mit einem in sich stimmigen Konzept. ir sollten in Deutschland endlich dazu kommen, dass ir hinsichtlich der Rahmenbedingungen für Familien nd für das Leben mit Kindern eine gemeinsame Linie erfolgen, damit Eltern wissen, auf was sie sich wirklich erlassen können. Eine solche gemeinsame Linie haben ir häufig gefunden, auch im Ausschuss. Es ist ein in ich stimmiges Konzept, das wir Schritt für Schritt umetzen. (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie lösen Ihre Versprechungen nicht ein!)


Ein wichtiger Schritt ist jetzt die Veränderung des
inderzuschlags. Das ist heute Nachmittag ein großer
ugenblick für die Familienpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Abg. Ina Lenke [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Ich sage auch etwas zu Ihnen, Frau Lenke, weil Sie
mmer wieder erwähnen, auch im Ausschuss, dass wir
eine echte Wirkungsanalyse vorgestellt haben. Gleich-
eitig sagen Sie, wir hätten Ihnen Massen an Papier zur
erfügung gestellt. Alles, was es an Analysen gibt, etwa
ur Wirkung der Zahlung von Kindergeld, zum Beispiel
ei Mehrkinderfamilien, liegt Ihnen vor. Die Konse-
uenzen daraus muss das Parlament ziehen. Es ist nicht
ufgabe der Regierung, sondern es ist letztlich Aufgabe
es Parlaments, zu entscheiden, welche Konsequenzen
us diesen Zahlen gezogen werden.

Darüber, wie Kindergeld wirkt, werden wir im Herbst
u reden haben, wenn der Existenzminimumbericht vor-
iegt. Wenn wir feststellen, dass das Existenzminimum
estiegen ist – davon gehen, glaube ich, wir alle mitein-
nder aus –, wird man sich zu überlegen haben, was
eim Kindergeld zu tun ist. Die Ministerin hat bereits
ngedeutet, dass wir für Mehrkinderfamilien mehr tun
üssen, weil solche Familien in Deutschland fast ver-

chwunden sind und weil Kinderarmut gerade dort zu
ause ist, wo mehrere Kinder sind oder wo Vater und
utter keine Möglichkeit haben, den Lebensunterhalt

ür ihre Kinder zu verdienen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617210900

Herr Staatssekretär, ich hätte Ihnen eine Zwischen-

rage der Kollegin Lenke anzubieten.


(Heiterkeit)


Dr
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1617211000


Ja.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617211100

Bitte schön.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1617211200

Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, dass Ihr
inisterium alle 153 Leistungen evaluiert habe, wir uns






(A) )



(B) )


Ina Lenke
nur die Gutachten durchlesen müssten und sich für uns
daraus die Wirkungsanalyse ergeben würde. Es ist ein-
fach zu wenig, wenn das Ministerium nur Gutachten
sammelt. Das ist keine ausreichende Leistung. Meine
Frage lautet nun: Bekommen wir in dieser Legislaturpe-
riode eine Wirkungsanalyse auf Basis der Evaluierung
der 153 familienbezogenen Leistungen?

Dr
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1617211300


Frau Kollegin Lenke, sicherlich haben auch Sie schon
einen Teil des riesigen Stapels, den wir auch Ihnen per-
sönlich zur Verfügung gestellt haben, durchgelesen. Ich
gebe zu, man kann das nicht alles auf einmal schaffen,
aber man kann sich immer wieder ein Päckchen vorneh-
men. Lesen Sie zum Beispiel einmal, wie Kindergeld
wirkt, welche Bedeutung es etwa bei Alleinerziehenden
hat – da hat es eine große Bedeutung; das haben wir mit
Zahlen belegt – und welche Bedeutung es etwa bei
Mehrkindfamilien hat. Wenn Sie das getan haben, dann
müssen Sie politisch überlegen, welche Schlussfolgerun-
gen Sie daraus ziehen wollen. Das ist der Punkt.

Viele der Schlussfolgerungen, die wir auf diese Weise
nach und nach ziehen – das haben wir uns natürlich für
diese Legislaturperiode insgesamt vorgenommen, und
das macht nach meiner festen Überzeugung letztlich den
Erfolg der Familienpolitik aus –, werden in dieser Wir-
kungsanalyse grundgelegt. Wir werden weiter daran ar-
beiten müssen. Familienpolitik – das gilt auch für andere
Politikfelder – ist nie zu Ende. Eben sagte Herr Spanier
zum Thema Kinderarmut, es gibt nicht die Möglichkeit,
irgendwo einen Knopf zu drücken und damit dieses Pro-
blem zu erledigen. Vielmehr wird man immer wieder
neu ansetzen und überlegen müssen, ob die Maßnahmen
wirklich zielgerichtet sind.

Deshalb sage ich noch einmal: Der Kinderzuschlag ist
in der Form, wie wir ihn heute beschließen werden, ab-
solut zielgerichtet, weil er sich an die Eltern richtet, die
ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen können, aber
die es nicht schaffen, auch den Lebensunterhalt für ihre
Kinder zu verdienen. Das ist der entscheidende Punkt.
Da setzt der Kinderzuschlag an.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ina Lenke [FDP]: Die Experten sagen etwas anderes! Hören Sie sich die einmal an!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617211400

Herr Staatssekretär, es gibt auch noch eine Zwischen-

frage des Kollegen Roland Claus. Möchten Sie die zu-
lassen?

Dr
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1617211500


Ja, natürlich.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617211600

Bitte schön.

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(C (D Herr Staatssekretär, hat denn nun die Bundesfamilien inisterin am 13. September des vergangenen Jahres vor em Deutschen Bundestag davon gesprochen, dass 00 000 Kinder von diesem Gesetz profitieren, oder hat ie es nicht? Jetzt profitieren davon ja nur noch die älfte. Hat denn die Bundeskanzlerin am 28. November or diesem Bundestag von einer Erhöhung des Kinderuschlages, also von „140 plus“, gesprochen, oder hat ie das nicht getan? Sind Sie nicht vor diesem Hinterrund bereit, einzuräumen, dass beide Versprechen gerochen wurden? (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617211700

Dr
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1617211800


Ich bin dazu natürlich nicht bereit, weil das, was Sie
agen, falsch ist. Ich sage noch einmal ausdrücklich – ich
abe das eingangs schon gesagt –: Die Kanzlerin hat da-
on gesprochen, dass das Budget für den Haushaltspos-
en Kinderzuschlag erhöht wird. Das ist gesagt worden.
as haben wir auch umgesetzt.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Nebelkerzenwerferei! Stehen Sie dazu, dass Sie mehr versprochen als gehalten haben!)


Was die Gesamtzahl angeht, bestreite ich überhaupt
ar nicht – das gilt für fast alle Felder der Familienpoli-
ik –, dass wir, wenn wir beliebig viel Geld zur Verfü-
ung hätten, auch beim Kinderzuschlag noch eine ganze
enge tun könnten. So läuft ja das, was von Ihnen und

hren Kolleginnen und Kollegen kommt, in der Regel
ast immer darauf hinaus, die Ansätze zu erhöhen. Sie
agen aber an keiner Stelle, wie Sie sich die Finanzie-
ung vorstellen. Wenn man regiert, hat man ein kleines
roblem: Die guten Ideen und Konzepte, die man entwi-
kelt hat, muss man zu den finanziellen Möglichkeiten
n Beziehung setzen. Das geht immer nur über Kompro-

isse. Deswegen sage ich: Das, was wir jetzt machen,
st eine ganz wichtige Maßnahme gegen Kinderarmut.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Ina Lenke [FDP]: Das ist ja wohl etwas übertrieben, sonst würden die Experten „Hurra!“ schreien! Das haben sie nicht gemacht!)


Ich möchte ausdrücklich noch einmal das betonen,
as eben Herr Singhammer in seiner Zwischenfrage an-
emerkt hat: Wir machen nicht nur eine ausgesprochen
rfolgreiche Familienpolitik, sondern auch unsere Wirt-
chafts- und Arbeitsmarktpolitik ist außerordentlich er-
olgreich. Es ist in der Tat so: 1,6 Millionen neue Ar-
eitsplätze bringen es mit sich, dass viele Väter und
ütter jetzt in der Lage sind, den Lebensunterhalt für

ich und ihre Kinder selbst zu verdienen. Das ist eine
anz tolle Entwicklung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Hermann Kues
Wir setzen zum Beispiel dabei an, dass wir Menschen
zur Selbstständigkeit ermuntern und ermutigen und ih-
nen zugleich auch Möglichkeiten aufzeigen, was sie ma-
chen können. Wir setzen nicht in erster Linie darauf,
dass man beliebig hohe Summen aus dem Staatshaushalt
entsprechend einsetzt. Sie wissen aus den Bereichen, wo
Sie politische Verantwortung tragen, ja auch, dass das
nicht so ohne Weiteres geht.

Der Kinderzuschlag bringt nicht nur finanzielle Ent-
lastungen für Familien im Niedrigeinkommensbereich,
sondern von ihm gehen auch zwei ganz wichtige gesell-
schaftspolitische Signale aus.

Das erste Signal: Arbeit lohnt sich. Wer in unserem
Land arbeitet, wer hier erwerbstätig wird, der hat einen
Vorteil.

Das zweite Signal: Die Entscheidung für Kinder ist
– das will ich ausdrücklich sagen – kein Grund für Ar-
mut. Mit diesem Ansatz leisten wir einen Beitrag dazu,
dass man wegen Kindern nicht in Armut versinkt. Wenn
wir in unserem Land sagen müssten: „Wer sich zu Kin-
dern bekennt, wer sich für Kinder entscheidet, wer sich
womöglich für mehr Kinder entscheidet, der endet in Ar-
mut“, dann wäre das eine fürchterliche Feststellung. Ar-
mut durch Kinder, dagegen wollen wir politisch vorge-
hen, und das leistet dieser Kinderzuschlag.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies
nur ein Element ist, und dass es viele andere Punkte gibt,
die in unserem Gesamtkonzept angesprochen worden
sind. Dazu gehört das Elterngeld. Das ist eine Erfolgsge-
schichte. Wir haben auch das entsprechend weiterentwi-
ckelt. Dazu gehört auch der Ausbau der Kinderbetreu-
ung. Sie können heute in jeder Gemeinde feststellen,
dass sich dort in den letzten zwei, drei Jahren ungeheuer
viel bewegt hat. Wir brauchen das nicht zu propagieren.
Das kann jeder feststellen, der es möchte.

Wir werden uns jetzt ganz gezielt einer weiteren Sa-
che zuwenden, nämlich dem Kindergeld. Es ist wichtig,
dass wir den Blick nicht nur auf diejenigen Kinder rich-
ten, die sich, leider, im SGB-II-Bezug – früher haben wir
von Sozialhilfe gesprochen – befinden, und auf diejeni-
gen, die von einem Freibetrag profitieren, weil deren El-
tern gut verdienen, sondern auch auf diejenigen, die we-
der von dem einen noch von dem anderen profitieren.
Genau dort setzt das Kindergeld an. Insofern ist das eine
ganz wichtige sozialpolitische Entscheidung, gerade für
Mehrkinderfamilien.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617211900

Für die Fraktion der FDP hat jetzt Miriam Gruß das

Wort.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Schon in der letzten Sitzungswoche haben wir uf Antrag der FDP über das Thema Kinderarmut geprochen. Ich freue mich, dass wir dieses Thema in dieer Sitzungswoche wieder – zu relativ prominenter Zeit – uf der Tagesordnung haben. Die Große Koalition hat ittlerweile also tatsächlich erkannt: Da gibt es ein hema, das bearbeitet werden muss. Allerdings gibt es uch hier die schlechte Nachricht: Es geht leider wieder n die falsche Richtung. Es mag dahingestellt sein, wie viele vom verbesserten inderzuschlag tatsächlich profitieren werden. Sie spre hen von 250 000 Kindern. Hier regieren drei Parteien. n dieser Stelle will ich ansprechen, dass die CSU auf undesebene mitregiert, Herr Singhammer. Es gibt in ayern leider keinen Armutsbericht. Die Ministerin ist hn uns seit vielen Jahren schuldig. Trotzdem gibt es ahlen von Verbänden. Wenn die Bundesregierung hier ehauptet, 250 000 Kinder profitierten vom verbesserten inderzuschlag, verweise ich darauf, dass allein in Bay rn 150 000 Kinder unter 15 Jahren auf Sozialhilfenieau leben. Deswegen muss man sich noch sehr viel rundsätzlichere Gedanken über die Kinderarmut mahen. Das Instrument, das Sie uns heute hier vorgestellt aben, reicht bei weitem nicht aus. Herr Spanier hat gesagt: Keiner erwartet jetzt, dass ir mit diesem Instrument die Kinderarmut wirklich be eitigen. Da stellt sich natürlich die Frage: Warum hat an es überhaupt entwickelt? (Beifall bei der FDP – Caren Marks [SPD]: Verringern werden wir sie!)

Miriam Gruß (FDP):
Rede ID: ID1617212000

(Beifall bei der FDP)


Sie sprechen hier das Kinderfördergesetz an und sa-
en, damit seien die Probleme gelöst. Ich erinnere mich
mmer noch an den von Ihnen letztendlich mitgetragenen
usatzparagrafen, durch den die Einführung des Betreu-
ngsgeldes geregelt wird. Das wird wieder dazu führen,
ass gerade die Kinder, die es brauchten, keine Teilhabe-
hancen haben.


(Beifall bei der FDP)


Ganz grundsätzlich: Sie sprechen hier von Verteilen;
ir sprechen von Lassen. Warum lassen wir den Fami-

ien nicht einfach das Geld, das sie verdienen? Die Fami-
ien wissen schon selber, wofür sie es ausgeben würden.


(Beifall bei der FDP)


An dieser Stelle möchte ich sagen: Das ist wieder ein
inke-Tasche-rechte-Tasche-Spiel. Auf der einen Seite
ollen Sie den Familien etwas geben, auf der anderen
eite ziehen Sie ihnen mit allen möglichen Maßnahmen
as Geld wieder aus der Tasche. 1 600 Euro hat eine
urchschnittliche vierköpfige Familie im letzten Jahr
ufgrund von Maßnahmen, die Sie, CDU/CSU und SPD,
ier beschlossen haben, mehr ausgeben müssen.

Zwischen dem 15. Dezember 2005 und dem
. November 2007 sind 19 Maßnahmen beschlossen
orden, die zu Steuererhöhungen geführt haben. Gravie-






(A) )



(B) )


Miriam Gruß
rend war natürlich die Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Hinzukommen viele andere von Ihnen hier beschlossene
Maßnahmen. Dieses Linke-Tasche-rechte-Tasche-Spiel
wird nicht aufgehen. Die Familien haben davon jeden-
falls nichts.


(Beifall bei der FDP)


Und weil mein lieber Herr Kollege, der Haushaltsaus-
schussvorsitzende, hier sitzt, möchte ich an dieser Stelle
noch einmal darauf hinweisen: Auch das ist wieder eine
Maßnahme, deren Wirkung zu wünschen übrig lässt
bzw. möglicherweise fraglich ist. Wir haben keine Wir-
kungsanalyse über die Maßnahmen, aber auf diesen
Schuldenbergen, die wir bereits haben und auf die wir
die neuen Schulden, die wir jetzt aufbauen, draufsatteln,
können unsere Kinder nicht spielen und erst recht nicht
lernen.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617212100

Jetzt spricht Christel Humme für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1617212200

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen!

Liebe Frau Haßelmann, leider hat Ihre erregte Rede
letztlich nicht aufgezeigt, dass wir in der rot-grünen Re-
gierungszeit mit dem Kinderzuschlag ein sehr gutes In-
strument auf den Weg gebracht haben.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür haben Sie jetzt Gelegenheit! – Ina Lenke [FDP]: Aber alle Experten kritisieren das!)


Jetzt geht es darum, dieses Instrument weiterzuentwi-
ckeln, und wir werden heute beschließen, dass mehr Fa-
milien diesen Kinderzuschlag erhalten – zusätzlich zum
Kindergeld. Das sind 300 Euro monatlich pro Kind. Das
sollte man nicht so runterspielen, sondern als gutes In-
strument feiern.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Frau Haßelmann, wir haben uns bereits damals große
Sorgen über Kinderarmut gemacht; das ist gar keine
Frage. Wir wissen ganz genau, dass materielle Armut
letztlich zu gesellschaftlicher Ausgrenzung führt. Auch
das wollten wir durch den Kinderzuschlag verhindern.
Wir wollten einem Grundproblem, dem wir heute leider
immer noch gegenüberstehen, begegnen. Es ist das
Grundproblem, dass es Frauen und Männer gibt, die
zwar – auch in Vollzeit – beschäftigt sind, aber trotzdem
ein Armutsrisiko tragen. Ich denke, das ist die eigentli-
che Debatte, die wir langfristig führen müssen. Wir kön-
nen uns zwar über den Kinderzuschlag streiten, aber es
geht im Wesentlichen um eine gute Beschäftigung und
eine gute Entlohnung. Denn vor allen Dingen davon
würden auch Alleinerziehende profitieren.

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(C (D Frau Humme, Frau Lenke möchte Ihnen gerne eine wischenfrage stellen. Ich habe schon darauf gewartet, Frau Lenke. Es ist also ausgemacht, also ein abgekartetes Spiel. Wir spielen uns die Bälle nur so zu. Frau Präsidentin, das ist sicherlich kein Spiel. Denn s geht hier um Steuergelder. Frau Kollegin Humme, Sie haben gesagt, dass es ein rfolgreiches Gesetz ist. Allerdings haben nur 12 Proent der Antragsteller seit 2004, als SPD und Grüne diees Gesetz eingeführt haben, davon profitiert. Alle Exerten haben dieses Gesetz unisono nicht gelobt, und sie ritisieren auch diese gesetzliche Änderung. Ich habe Ihen die Zitate dazu gezeigt, und ich glaube, dass Sie uch bei der Anhörung anwesend waren. Ich kann den usführungen aller Expertinnen und Experten – auch enen der Experten von der SPD – nicht entnehmen, ass das eine Erfolgsstory ist. Sagen Sie mir doch einal, wo wir beide unterschiedlich denken. Schwarz auf eiß sind Ihre Aussagen nicht belegt. Welchen Grund aben Sie, es als Erfolg zu werten? Also, Frau Lenke, Sie verwechseln da etwas. Das In trument des Kinderzuschlags ist hervorragend, aber wir lle wussten ganz genau, dass wir dieses Instrument uch weiterentwickeln müssen. Genau das tun wir, und as werden wir heute für viele Familien, die davon profiieren werden, beschließen. Darum geht es. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617212300
Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1617212400
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617212500
Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1617212600

(Heiterkeit)

Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1617212700
Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1617212800

ir wissen natürlich auch, liebe Kollegen und Kollegin-
en, dass dieser Kinderzuschlag das gesellschaftliche
roblem der mangelnden Beschäftigung lediglich korri-
iert, und daher kann dieser Kinderzuschlag – das hat
uch Herr Spanier zutreffend gesagt – nur ein kleiner
austein sein.


(Ina Lenke [FDP]: Jetzt ist er schon klein! Eben war es ein großer Erfolg!)


Herr Wunderlich und Frau Gruß, es ist natürlich rich-
ig, dass wir nicht nur Bausteine brauchen. Wir brauchen
ur Bekämpfung der Kinderarmut und der Familien-
rmut eigentlich ein Haus bzw. ganz viele Bausteine,
nd dazu gehören – wie schon gesagt – Beschäftigung
nd existenzsichernde Löhne. Darüber hinaus ist in die-
em Zusammenhang gleicher Lohn für die gleiche Ar-
eit von Männern und Frauen ein wichtiges Thema, und






(A) )



(B) )


Christel Humme
ich denke, auch das Thema gesetzlicher Mindestlohn ge-
hört hier hin. Das wollen wir unbedingt.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Dazu gehören allerdings auch – das wurde schon gesagt –
mehr Betreuungsplätze, damit Frauen und Männer und
vor allen Dingen Alleinerziehende die Chance haben,
eine Beschäftigung aufzunehmen. Schließlich sagt uns
der Armuts- und Reichtumsbericht ganz deutlich: Das
Armutsrisiko sinkt von 48 auf 4 Prozent, wenn beide El-
ternteile tatsächlich beschäftigt sind. Darum ist es für
uns ganz besonders wichtig, die Frauenerwerbsquote zu
erhöhen. Wir wollen gute Arbeit, gut bezahlte Arbeit
und mehr Betreuungsplätze; denn das sind die soliden
Fundamente für ein Haus, das vor Armut – vor allen
Dingen vor Kinderarmut – schützen soll.

In diesem Jahr gab es zwei parallele Debatten. Die
eine Debatte, die uns auch sehr stark beschäftigt und die
wir heute führen, setzt sich mit der Frage auseinander,
wie wir mit dem Thema Kinderarmut umgehen. Die an-
dere Debatte befasst sich mit Steuersenkungen.


(Ina Lenke [FDP]: Aber erst einmal Steuern erhöhen! Ich glaube es nicht!)


– Die Steuersenkungsspirale ist in der öffentlichen De-
batte sehr häufig angesprochen worden. – Beide Debat-
ten passen nicht zueinander; es sei denn, dass diejenigen,
die über Steuersenkungen diskutieren, wollen, dass die
Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinan-
dergeht. Das wollen wir eindeutig nicht.

Uns ist es ernst mit der Armutsbekämpfung und mit
der Armutsprävention. Dazu brauchen wir einen finan-
ziell gut ausgestatteten Sozialstaat. Alles andere funktio-
niert nicht.


(Beifall bei der SPD)


Kinderzuschlag jetzt und Wohngelderhöhung ab dem
1. Januar 2009 kosten 650 Millionen Euro. Diesen Bau-
steinen zur Bekämpfung von Armut wollen wir noch an-
dere Bausteine hinzufügen: zielgenaue Hilfen zu den
Schulmitteln, Anpassung der Kinderregelsätze und auch
die Erhöhung des Kindergeldes. Eine Steuersenkungsde-
batte können wir an dieser Stelle überhaupt nicht gebrau-
chen.

Darüber hinaus gilt: Der finanzielle Ausgleich über
Transferleistungen allein reicht nicht. Wir sind im euro-
päischen Vergleich nach wie vor im Zugzwang, mehr in
Bildung und Betreuung zu investieren. In keinem ande-
ren europäischen Land – Frau Lenke, da gebe ich Ihnen
recht – gibt es einen so starken Effekt wie in Deutsch-
land. Bei uns gilt seit 30 Jahren, dass Armut vererbbar
ist; denn immer noch werden Kinder aufgrund ihrer fi-
nanziellen Lage und aufgrund ihrer Herkunft in unserem
Bildungssystem abgehängt. Das hat uns der aktuelle Na-
tionale Bildungsbericht bedauerlicherweise wieder vor
Augen geführt. Wir wollen diesen Kreislauf unbedingt
durchbrechen. Auch dafür brauchen wir einen starken
und finanziell gut ausgestatteten Sozialstaat.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Mit dem Ganztagsschulprogramm haben wir den Proess eingeleitet; mit dem Rechtsanspruch auf frühkindlihe Bildung setzen wir diese Politik fort. Allein der echtsanspruch auf frühkindliche Bildung wird uns 2 Milliarden Euro kosten. Steuersenkungen helfen an ieser Stelle überhaupt nicht weiter. Allein der quantitaive und qualitative Ausbau der Bildung und Betreuung st ein massives Beschäftigungsprogramm. Wir brauchen 0 000 Erzieherinnen und Erzieher mehr in diesem Beeich. Wir müssen diejenigen, die jetzt schon als Erzieerinnen und Erzieher arbeiten, besser qualifizieren, eiterbilden und in Zukunft besser bezahlen. Dafür rauchen wir mehr Geld: im Bund, in den Ländern und n den Kommunen. Gerade hier sind Steuersenkungen as falsche Signal. Wir wollen ein stabiles Haus bauen, das Familien und hren Kindern langfristig das Armutsrisiko nimmt und ie vor Armut schützt. Wir haben das Baumaterial vom undament bis zum Dach. Ein wirksames Gesamtkonept ist wichtig. Neben dem Kinderzuschlag – er ist nur in Baustein von vielen – sind zielgenaue finanzielle ilfen, bildungsund beschäftigungspolitische Proramme wichtige Bausteine. Zu einem langlebigen Haus gehört auch eine solide inanzierung; da gebe ich Ihnen, Frau Lenke, vollkomen recht. Auch ich würde natürlich gerne auf die 84 Milliarden Euro schauen, die wir an Familienleisungen zur Verfügung stellen, und überprüfen, ob es icht Möglichkeiten gibt, mehr umzuschichten. Denn eies ist auch richtig: Immer draufzusatteln und sich imer höher zu verschulden, hilft auch der nachfolgenden eneration nicht und schützt sie nicht vor Armut. Danke schön. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Ina Lenke [FDP])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617212900

Der Kollege Paul Lehrieder hat jetzt das Wort für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1617213000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

iebe Kollegen! Werte Zuschauer! Frau Lenke, Sie ha-
en in Ihrer Rede mehrfach die zu kleinen Bausteine mo-
iert. Ich möchte Ihnen ein anderes Beispiel nennen. Es
ibt einen guten Spruch, der lautet: Jeder Weg beginnt
it dem ersten Schritt. Den ersten Schritt in puncto Kin-

erzuschlag hat zugegebenermaßen die rot-grüne Bun-
esregierung vor unserer Zeit gemacht. Wir machen jetzt
en zweiten Schritt in diese richtige Richtung. Liebe
rau Lenke, mit vielen kleinen Schritten kommen wir
uch zum Ziel. Wenn man natürlich überhitzt oder über-
türzt vorprescht, kann man auch ins Stolpern geraten.


(Otto Fricke [FDP]: Trippelschritte!)


Trippelschritte, Herr Fricke, sind es nicht. Wie gesagt,
ir müssen ein bisschen auf den Haushalt aufpassen.






(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
Frau Haßelmann, Sie haben moniert, es sei zu wenig
in der Kasse, um noch mehr zu erreichen. Ihr Programm
ist offensichtlich dem Erbe ähnlich, das Rot-Grün hinter-
lassen hat: 37 Milliarden Euro neue Schulden.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich erkläre Ihnen das gern!)


Frau Kollegin Humme hat zu Recht darauf hingewiesen:
Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.
Wir können doch der nächsten Generation um Himmels
willen nicht einen noch größeren Berg an Schulden hin-
terlassen.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt der, der für die Rentenpunkte gestimmt hat!)


Die Gegenfinanzierungsvorschläge des Kollegen
Wunderlich, zum Beispiel jenen zu den drei Fregatten,
erspare ich mir zu kommentieren. Wir können nicht die
äußere Sicherheit mit sozialen Leistungen aufrechnen,
Herr Kollege Wunderlich. Das wäre schlichtweg zu ein-
fach.

Ich kann mir auch ein kritisches Wort zu unserem Ko-
alitionspartner nicht ganz verkneifen, lieber Kollege
Spanier, liebe Kollegin Humme. Auf der Regierungs-
bank sitzt der Herr Staatssekretär Brandner. Er kann Ih-
nen gern erklären, was es mit dem Mindestlohn auf sich
hat. Wir reden heute über Mehrkinderfamilien, die durch
den Kinderzuschlag vor Hartz IV bewahrt werden sol-
len. Wenn Sie über die Einführung eines Mindestlohns
von 7,50 oder 8,50 Euro diskutieren wollen, dann lassen
Sie sich doch bitte schön einmal vom Kollegen Brandner
erklären, dass ein Mindestlohn von 8 Euro einer vierköp-
figen Familie gar nichts bringt, weil diese schon nach
den Regelsätzen einer Bedarfsgemeinschaft bei circa
12 bzw. 12,50 Euro liegen würde. Streuen wir also unse-
ren Zuhörern keinen Sand in die Augen


(Ina Lenke [FDP]: Es wird aber mit der CDU/ CSU einen Mindestlohn in dieser Legislaturperiode geben!)


und tun wir nicht so, als würde ein Mindestlohn genau
die Schicht erreichen, die wir mit dem Kinderzuschlag
erreichen wollen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617213100

Herr Kollege, Herr Spanier würde Ihnen gerne eine

Zwischenfrage stellen.


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1617213200

Selbstverständlich. Wenn ich ihn angreife, muss er

doch antworten dürfen.


(Otto Fricke [FDP]: Das könnt ihr doch in der Koalitionsrunde klären!)



Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1617213300

Wenn Sie möchten, dass wir uns jetzt im Plenum mit-

einander unterhalten, mache ich das natürlich gerne.

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(C (D Sie wollen doch eine Frage stellen. Ich will nur eines klarstellen: Ich habe vorhin in mei em kurzen Redebeitrag ganz vergessen, den gesetzlihen Mindestlohn anzusprechen. (Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das fand ich gerade so sympathisch, Herr Spanier!)

Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1617213400
Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1617213500

err Lehrieder, ich habe vielmehr die Union daran erin-
ert, dass wir beschlossen haben, im Rahmen des Ent-
endegesetzes zwischen Tarifparteien vereinbarte Min-
estlöhne für allgemeinverbindlich zu erklären. Man
ntschuldige die etwas bürokratische Sprache; aber der
larheit wegen muss ich dies so sagen. Ich habe mir ge-
ünscht, dass wir in dieser Frage so zusammenarbeiten,
ie wir das auch beim Kinderzuschlag getan haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ina Lenke [FDP]: Wenn das so ist, dann ist das eine Katastrophe!)


abei bleibe ich. Sie auch? Ich muss ja eine Frage stel-
en.


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1617213600

Lieber Kollege Spanier, ich muss gestehen: Die Zu-

ammenarbeit zwischen den Koalitionsfraktionen ist
icht in allen Bereichen gleich intensiv und gleich gut.
as ist nicht völlig neu; das wissen Sie so gut wie ich.

m Protokoll werden Sie nachlesen können, was Sie zum
indestlohn gesagt haben. Wir arbeiten daran; ich bin
itglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Aber da

aben wir noch einen langen Weg vor uns. Auch da müs-
en wir einen Schritt nach dem anderen machen und dür-
en nichts überstürzen.


(Zuruf von der SPD: Aber Schritte machen!)


Wir machen schon Schritte.

Bei der Diskussion über den Bereich der Kinderarmut
ällt natürlich auf, dass gerade Familien im niedrigen
inkommensbereich – darauf wurde bereits hingewiesen –
ie auch alleinerziehende Mütter und Väter derzeit
berdurchschnittlich oft im ergänzenden ALG-II-Bezug
ertreten sind. Besonders Eltern mit mehreren Kindern
önnen zum Teil trotz Vollzeiterwerbs nur mit großen
nstrengungen ein Einkommen erzielen, das oberhalb
es existenzsichernden ALG-II-Bedarfs der gesamten
amilie liegt.

Mit dem heute vorliegenden Entwurf eines Gesetzes
ur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes wollen wir
rreichen, dass durch eine Verbesserung und Weiterent-
icklung des Kinderzuschlags weniger Kinder und ihre
amilien auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen
ein werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ntsprechend den Koalitionsvereinbarungen vom
1. November 2005 soll unter anderem der Kreis der Be-
echtigten ausgeweitet werden, um die Zielsetzung des
inderzuschlags besser als bisher zu realisieren. Zwar






(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
gibt es den Kinderzuschlag bereits seit Beginn des Jahres
2005; ich habe darauf hingewiesen. Allerdings haben
Probleme in der Umsetzung gezeigt, dass eine Weiter-
entwicklung vonnöten ist.

Das Antragsverfahren soll künftig vereinfacht wer-
den.


(Ina Lenke [FDP]: Die Expertenanhörung hat ergeben, dass das nicht vereinfacht wird! Das stimmt einfach nicht!)


– Bitte eine Frage. – Bisher musste die Mindesteinkom-
mensgrenze mit hohem bürokratischem Aufwand indivi-
duell bestimmt werden. Die von uns gesetzte klare und
zugleich deutlich gesenkte Einkommensgrenze von ein-
heitlich 600 Euro für Alleinerziehende und 900 Euro für
Paarhaushalte lässt Eltern nun leichter, schneller und
einfacher erkennen, ob sie für den Kinderzuschlag in-
frage kommen oder nicht. Der Kreis der Berechtigten
wird erheblich ausgeweitet; vielleicht nicht so sehr, wie
man ursprünglich gedacht hat, aber zumindest wird er
ausgeweitet. In Kombination mit der Wohngeldreform
kann so dazu beigetragen werden, dass Familien mit
Kindern unabhängig von Leistungen der Grundsiche-
rung für Arbeitsuchende werden.

Zusätzlich zur fixen Mindesteinkommensgrenze von
600 bzw. 900 Euro wird – auch das ist wichtig – die Ab-
schmelzrate für Einkommen aus Erwerbstätigkeit von
derzeit 70 Prozent auf nunmehr nur noch 50 Prozent ab-
gesenkt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das ist ganz wichtig! Arbeiten lohnt sich wieder!)


Das bedeutet, dass der Kinderzuschlag bei steigendem
Einkommen maßvoller abnimmt. Eltern haben von ih-
rem selbst erwirtschafteten Einkommen künftig mehr für
sich. Durch die gesenkte Abschmelzrate wird ein durch-
gehender Erwerbsanreiz gesetzt. Zugleich wird der An-
reiz zum Ausstieg aus der Arbeitslosigkeit deutlich er-
höht. Beschäftigung muss für alle Erwerbsfähigen in
diesem Land attraktiv bleiben, insbesondere für Eltern.
Arbeiten für die eigene Familie soll sich auszahlen.

Mit der Weiterentwicklung des Kinderzuschlags und
der unbefristeten Bezugsdauer können Familien, vor al-
lem Mehrkinderfamilien, spürbar entlastet werden. Über
den Kinderzuschlag werden die Leistungen weiterhin
auf Familien im Niedriglohnbereich konzentriert. Diese
wichtige Unterstützung von Eltern und Kindern war
trotz schwieriger Haushaltslage möglich. Von dieser
Weiterentwicklung und der Ausweitung des Kreises der
Berechtigten profitieren künftig 120 000 Kinder und
50 000 Familien mehr als bisher.


(Ina Lenke [FDP]: 2,4 Millionen Kinder in Armut! Das ist unverhältnismäßig!)


Die Armutsgefährdungsquote von Kindern wird durch
den erweiterten Kinderzuschlag deutlich verringert.


(Ina Lenke [FDP]: Deutlich?)


Kinder dürfen kein Grund für Familienarmut sein.
Genauso wenig darf die finanzielle Lage der Menschen

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(C (D n unserem Land ein Grund sein, sich gegen die Grünung einer Familie zu entscheiden. Mit unserem Maßahmenpaket, der Einführung des Elterngeldes, dem usbau der Kinderbetreuungseinrichtungen für unter reijährige – zugegebenermaßen in harmonischer Zu ammenarbeit mit unserem Koalitionspartner, Herr panier – und der Weiterentwicklung des Kinderzuchlags, haben wir in den letzten Jahren viel erreicht. ir sind mit den genannten zielgenauen und wirkungsollen Instrumenten auf dem richtigen Weg, um mateieller Armut gerade bei den jüngsten Mitgliedern der esellschaft und deren Familien entgegenzuwirken. Wir werden diesen Weg weitergehen. Es ehrt die Opositionsparteien, dass sie uns regelmäßig mit pawlowchem Reflex kritisieren (Ina Lenke [FDP]: Das ist eine Dreistigkeit von Ihnen!)


(Ina Lenke [FDP]: Ich fasse es nicht!)


nd sagen: Ihr macht es zwar richtig, aber zu langsam,
nd das ist zu wenig. Wir bitten Sie, uns weiterhin kri-
isch zu begleiten, aber auch anzuerkennen, was gut ist
nd was richtig läuft.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617213700

Für die SPD-Fraktion gebe ich das Wort der Kollegin

aren Marks.


(Beifall bei der SPD)



Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1617213800

Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen und Kolle-

innen! Sehr geehrte Herren und Damen! Zuerst möchte
ch ein paar Sätze an die Kolleginnen und Kollegen der
DP richten: Von Ihrem Steuersenkungsprogramm pro-
itieren von Armut betroffene Familien nicht wirklich.
ch möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass es die
ot-grüne Bundesregierung war, die den Grundfreibetrag
erdoppelt hat und den Eingangssteuersatz von 25 auf
5 Prozent gesenkt hat. Das hat Familien mit geringem
inkommen wirklich entlastet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617213900

Frau Kollegin, Frau Lenke würde gerne eine Zwi-

chenfrage stellen.


Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1617214000

Ach nein, das ist immer die gleiche. Ich habe sonst

ichts gegen Zwischenfragen, aber die Fragen von Frau
enke tragen selten zur Klärung bei.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Armut – das haben wir heute schon mehrfach gehört –
st ein Mangel an Teilhabe, an Bildung, an materiellen
ütern, an sozialen Kontakten und an einer guten ge-

undheitlichen Entwicklung. Die Ausprägung von Ar-
ut – das muss uns bewusst sein – ist vielschichtig. Der
inderzuschlag ist ein Baustein zur Bekämpfung von






(A) )



(B) )


Caren Marks
Armut, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir Sozial-
demokratinnen und Sozialdemokraten haben ihn zusam-
men mit den Grünen erfolgreich eingeführt. Da
Stillstand Rückschritt wäre, entwickeln wir den Kinder-
zuschlag in der Großen Koalition weiter.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


160 000 Kinder in 75 000 Familien werden mit dem
weiterentwickelten Kinderzuschlag zusätzlich erreicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Paul Lehrieder Diese Kinder und Familien werden ab dem nächsten Jahr von der bereits beschlossenen Wohngelderhöhung und der geplanten Kindergelderhöhung profitieren. Der Dritte Armutsund Reichtumsbericht zeigt einmal mehr: Die Kombination aus Kinderzuschlag, Wohngeld und Kindergeld ist ein Beitrag zur Bekämpfung von Armut. Hauptprofiteure vom Kinderzuschlag sind die Mehrkinderfamilien. Durch den Kinderzuschlag wird deren Einkommen um durchschnittlich 250 Euro im Monat aufgestockt. Das sind bis zu 15 Prozent mehr monatliches Haushaltsnettoeinkommen. Weniger zufrieden sind wir dagegen mit der Wirkung des Kinderzuschlags für Alleinerziehende. Sie haben das höchste Armutsrisiko, profitieren bisher aber kaum vom Kinderzuschlag. Um das zu ändern, führen wir jetzt das bereits erwähnte kleine Wahlrecht ein. Insgesamt erhöhen wir den Anteil der Alleinerziehenden, die Anspruch auf Kinderzuschlag haben, von 7 auf 14 Prozent. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Alleinerziehende brauchen allerdings mehr als finanzielle Hilfen. Sie brauchen vor allem fair bezahlte Arbeit; denn sie müssen das Familieneinkommen allein erwirtschaften. Deshalb machen wir uns für Mindestlöhne stark. Das Nein der Familienministerin und der Union ist für mich nicht nachvollziehbar. (Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das entscheidet doch nicht die Familienministerin!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Alleinerziehende brauchen gute Betreuungs- und Bil-
dungsangebote für Kinder. Deshalb lautet unser fami-
lienpolitischer Schwerpunkt nicht erst seit dieser Legis-
laturperiode: mehr und bessere Kita-Angebote und
Ganztagsschulen.


(Beifall bei der SPD)

Mit dem gegenseitigen Abschieben von Verantwort-

lichkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen
muss endlich Schluss sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dafür haben die Familien in diesem Land zu Recht kein
Verständnis.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ha-
ben einen Aktionsplan für gleiche Lebenschancen vorge-
stellt, in dem wir die Verantwortlichkeiten deutlich be-
nennen. Die Kommunen sind vor allem für das gesunde
Aufwachsen von Kindern und den Ausbau der Kitas zu

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(C (D ltern-Kind-Zentren verantwortlich. Die Sicherstellung on gleichen Bildungschancen für alle und die Qualität er Bildungseinrichtungen sind Sache der Länder. Wir ls Bund müssen für eine gerechte Besteuerung, für eine ezielte finanzielle Förderung von Familien und für anemessene Regelsätze in der Grundsicherung sorgen. uf der Ebene der Zuständigkeiten gilt Paragraf ins: Jeder macht seins. Es kann nicht sein, dass wir im und zusätzliche Leistungen für Familien beschließen nd die Länder und Kommunen dies über höhere Kitaeiträge, Abschaffung von Lernmittelfreiheit und Es ensgebühren sozusagen wieder einkassieren. Wir brauchen ein gemeinsames Vorgehen zur Schafung gleicher Lebenschancen aller Kinder. Wir brauchen ine Gesamtstrategie, die alle politischen Bereiche in die erantwortung nimmt. Wir brauchen eine nationale Kinerkonferenz. Ich werbe um breite Unterstützung dafür. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617214100

Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich der Kol-

egin Ina Lenke.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1617214200

Sehr geehrte Frau Kollegin Marks, ich muss mich ge-

en Ihre Angriffe verwahren. Sie haben sich über die
DP sehr diskriminierend geäußert. Stichwort Steuerer-
öhungen: Ich habe die Tatsache genannt, dass SPD und
DU/CSU die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent er-
öht haben. Das belastet gerade Familien mit wenig
eld. Das sind zusätzliche Kosten.
Außerdem stelle ich fest, Frau Kollegin Marks, dass

ie unseren Antrag, den wir hier heute vorgelegt haben,
icht gelesen haben. Sonst hätten Sie dem Parlament und
en Besuchern nicht so viel Falsches erzählt.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617214300

Frau Kollegin Marks.


Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1617214400

Ich glaube, mit dieser Kurzintervention haben Sie

ich selbst ins Abseits gestellt.

(Beifall bei der SPD)


arum will ich dazu gar nicht mehr viel anmerken. Die
DP – es ist schon lange her – war ja einmal in Regie-
ungsverantwortung. Sie sprechen davon, dass Sie Steu-
rsenkungsprogramme für Familien mit kleinen Ein-
ommen aufgelegt haben. Dazu finde ich nichts.
ielleicht suchen Sie einmal; aber ich glaube, auch Sie
erden nichts finden.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Birgit Homburger [FDP]: Steuerreform 1988! Danke, setzen!)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617214500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den
Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeskin-
dergeldgesetzes. Der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/9792, den Ge-
setzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD
auf Drucksache 16/8867 in Kenntnis der Unterrichtung
durch die Bundesregierung auf Drucksache 16/4670 in
der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
men wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition bei Ge-
genstimmen der Opposition angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen der
Koalition bei Gegenstimmen der Opposition angenom-
men.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungs-
antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/9812. Wer
stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag
ist bei Gegenstimmen der FDP mit den Stimmen des
restlichen Hauses abgelehnt.

Wir setzen die Abstimmungen über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend auf Drucksache 16/9792 fort.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss, den Gesetzent-
wurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/9615 zur
Änderung des Bundeskindergeldgesetzes für erledigt zu
erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen des ganzen Hauses an-
genommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner
Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/8883
mit dem Titel „Kinderzuschlag weiterentwickeln – Für-
sorgebedürftigkeit und verdeckte Armut von Erwerbstä-
tigen mit Kindern verhindern und bekämpfen“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der SPD, der CDU/CSU und der
FDP bei Gegenstimmen des Bündnisses 90/Die Grünen
und bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenom-
men.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/9746 mit dem Ti-
tel „Armut trotz Arbeit vermeiden – Benachteiligung Al-
leinerziehender beim Kinderzuschlag beenden“. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Der Antrag ist bei Gegenstimmen der Frak-

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(C (D ion Die Linke mit den Stimmen des restlichen Hauses bgelehnt. Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch, Dr. Lukrezia Jochimsen und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts – Drucksache 16/8442 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege oachim Stünker, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen eute Nachmittag – ich möchte sagen: endlich – den Geetzentwurf einer Gruppe von 209 Kolleginnen und Kolegen aus vier Fraktionen dieses Hauses vorstellen, mit em wir den Umgang mit Patientenverfügungen im Bereuungsrecht verbindlich regeln wollen. Man kann die getroffene Regelung in einem Satz wie olgt zusammenfassen: Falls ein Patient entscheidungsnfähig ist, hat der behandelnde Arzt eine vorgelegte Paientenverfügung zu respektieren, sofern diese aktuell nd auf die gegebene Situation anwendbar ist. Ich wieerhole: sofern sie aktuell und auf die gegebene Situaion anwendbar ist. Viele sagen: Es ist doch alles klar, wir brauchen diese egelung nicht. Der Präsident der Bundesärztekammer at erst vor wenigen Tagen in einem Zeitungsinterview esagt: Wir haben Klarheit – und diese wird durch ein Gesetz nicht noch klarer werden. ch denke, in dieser Frage ist gar nichts klar. Gerade das eilweise babylonische Stimmengewirr, das wir im Voreld der heutigen Debatte in den Medien erlebt haben, acht mit Nachdruck deutlich: Vieles ist nicht klar. Lassen Sie mich einige Beispiele nennen. Immer wieer heißt es, wir wollen die aktive Sterbehilfe nicht beördern. Dazu kann ich nur sagen: Unser Gesetzentwurf at mit aktiver Sterbehilfe überhaupt nichts zu tun. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1617214600

ötung auf Verlangen bleibt nach § 216 des Strafgesetz-
uches strafbar, und kein Mensch will diese Grenze
berschreiten. Wenn ein Mensch eine bestimmte medizi-
ische Behandlung für sich ausschließt, nicht möchte,
ass sie an ihm vorgenommen wird, und sie seinem Wil-






(A) )



(B) )


Joachim Stünker
len entsprechend unterlassen wird, ist das keine aktive
Sterbehilfe.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es wird immer gesagt – so war es auch heute Morgen
im Fernsehen zu verfolgen –, die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes verlange für die Rechtsverbindlich-
keit einer Patientenverfügung, dass eine sogenannte in-
fauste Prognose vorliegt, das heißt, dass der Sterbepro-
zess bereits begonnen hat. Viele Ärzte und viele andere
Menschen, die das heute Morgen gehört haben, werden
da erschrocken gewesen sein. Denn die Praxis ist eine
ganz andere, und die Rechtsprechung des Bundesge-
richtshofes – das ist in der Rechtswissenschaft einhellige
Meinung – besagt das eben nicht.

Es wird behauptet, wir wollten mit diesem Gesetzent-
wurf das Sterben regeln. Meine Damen und Herren, wir
wollen nicht das Sterben regeln, wir wollen lediglich
Rechtssicherheit schaffen, wie mit Patientenverfügungen
umzugehen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Denn rechtstatsächlich betrachtet haben wir Unklarheit.
Unklarheit bedeutet Rechtsunsicherheit. Ich meine, die
Menschen verlangen in einem Rechtsstaat, dass der Ge-
setzgeber Rechtssicherheit schafft – übrigens nicht nur
für die Patientinnen und Patienten, sondern auch für die
Ärzte, die ja Tag für Tag mit Patientenverfügungen um-
gehen müssen.

9 bis 10 Millionen Menschen in unserem Land haben
bereits eine Patientenverfügung verfasst. Diese Men-
schen wollen, dass ihr Wille im Hinblick auf ihr Lebens-
ende bindend beachtet wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Menschen haben ein verfassungsrechtlich verbrief-
tes Recht darauf, dass ihr Wille beachtet wird:

Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Un-
versehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletz-
lich.

So steht es in Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes. Diese
Garantie der Selbstbestimmung vermag auch die wie
auch immer geartete Lebensschutzpflicht des Staates
nicht zu relativieren, geschweige denn zu negieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Über seine leiblich-seelische Integrität bestimmen zu
können, gehört zum ureigenen Bereich der Personalität
des Menschen. In diesem Bereich ist man aus der Sicht
des Grundgesetzes frei, seine Maßstäbe zu wählen, nach
ihnen zu leben, nach ihnen zu entscheiden. Der Einzelne
hat ein Recht auf Leben, aber nicht die Pflicht zu leben.
Die Menschen, die ihren Willen in einer Patientenverfü-

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(C (D ung niedergelegt haben, haben sich ganz individuell in iesem verfassungsrechtlichen Rahmen bewegt. Diese ntscheidung hat der Staat zu respektieren. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wie kann das Grundrecht auf Selbstbestimmung ge-
ährleistet werden, wenn sich der Bürger infolge einer

chweren Krankheit nicht mehr äußern kann? Da eine
atientenverfügung vor Zeiten niedergelegt worden ist,
tellt sich die – entscheidende – Frage: Will der Patient
och, dass gemacht wird, was er einmal aufgeschrieben
at? Im Grunde ist das – entschuldigen Sie den Aus-
ruck – ein Sonderfall von Kommunikation. Wodurch
ässt sich das direkte Gespräch zwischen Arzt und Pa-
ient, das ja nicht mehr stattfinden kann, ersetzen?

Für die Umsetzung und die Überprüfung der schriftli-
hen Verfügung haben wir in dem Ihnen vorliegenden
esetzentwurf klare Regeln definiert. Lassen Sie mich
iese Regeln kurz erläutern. Für eine Patientenverfü-
ung soll die Schriftform erforderlich sein. Die Patien-
enverfügung ist vom Arzt und vom Betreuer oder
evollmächtigten gemeinsam auszulegen. Jede Patien-

enverfügung ist zu interpretieren; es gibt keinen Auto-
atismus, dass das, was in der Patientenverfügung steht,

ins zu eins umgesetzt wird. Der in der Patientenverfü-
ung niedergelegte Wille ist nur dann umzusetzen, wenn
r auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu-
rifft – was zu prüfen ist. Arzt und Betreuer oder Bevoll-
ächtigter müssen dies einvernehmlich feststellen.
enn sie es nicht einvernehmlich feststellen können,
enn Uneinigkeit bleibt, muss letzten Endes das Vor-
undschaftsgericht entscheiden. Aktuelle Lebensäuße-

ungen des Patienten sind zu beachten; sie müssen Vor-
ang haben vor dem, was in der Patientenverfügung
iedergelegt ist. Eine Patientenverfügung soll jederzeit
ormlos widerrufbar sein. Gibt es keine Patientenverfü-
ung oder trifft der niedergelegte Wille nicht die aktuelle
ebens- oder Behandlungssituation, müssen Arzt und
evollmächtigter den mutmaßlichen Patientenwillen er-
itteln. Das ist das, was in der Praxis täglich geschieht.

Anhand dieser Fragen, die zu regeln sind, eine Grund-
atzdebatte über Leben oder Tod zu beginnen, ist in mei-
en Augen unangemessen. Das sollte der Gesetzgeber
m Ergebnis nicht mitmachen.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir werden die-
en Gesetzentwurf in der parlamentarischen Beratung
it Sachverständigenanhörungen nach der Sommer-

ause sicherlich sehr gründlich beraten können. Es ist
ns ja teilweise vorgeworfen worden, wir würden nun
oreilig und zu schnell handeln.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht!)


ch darf Ihnen nur sagen: Diesen Gesetzentwurf gibt es
ereits seit einem Jahr. Im Koalitionsvertrag aus dem
ahre 2005 steht, dass wir in dieser Legislaturperiode
ntsprechend vorangehen wollen. Ich glaube, wenn wir
n dieser Legislaturperiode noch eine Entscheidung






(A) )



(B) )


Joachim Stünker
herbeiführen wollen, dann müssen wir uns in der Tat be-
eilen.

Schönen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617214700

Ich gebe dem Kollegen Michael Kauch, FDP-Frak-

tion, das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1617214800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das

Sterben ist Teil des Lebens. Wir sprechen heute über die
Selbstbestimmung von Patientinnen und Patienten und
müssen erkennen, dass das ein Baustein für ein men-
schenwürdiges Leben bis zuletzt ist, aber eben nur ein
Baustein. Deshalb haben wir in der vergangenen Woche
beispielsweise auch sehr intensiv über die palliativmedi-
zinische Versorgung von Patientinnen und Patienten ge-
sprochen. Wir brauchen mehr Qualität in der Pflege, wir
brauchen ein Gesundheitssystem, mit dem wir nicht se-
henden Auges rationieren, wir brauchen mehr Zuwen-
dung für Sterbende, und wir brauchen gerade auch für
die Menschen, die zu Hause sterben wollen, eine profes-
sionelle und leidmindernde Palliativmedizin, und zwar
nicht nur in den Großstädten, sondern auch in der Flä-
che.


(Beifall im ganzen Hause)


All diese Maßnahmen sind aber keine Gegensätze zu
einer Politik für mehr Patientenautonomie. Beides ge-
hört zusammen: das Angebot der Gesellschaft für eine
optimale Versorgung und die Freiheit des Einzelnen, be-
stimmte Behandlungen auch ablehnen zu können. Für-
sorge in Fremdbestimmung ist so schlecht wie Selbstbe-
stimmung ohne Fürsorge; denn durch die moderne
Medizin wurden viele Möglichkeiten geschaffen, die
man sich vor 50 Jahren nicht vorstellen konnte. Für viele
Menschen ist das ein großes Geschenk, für manche ist
das aber eben auch eine Qual. Ob es eine Qual oder ein
Geschenk ist, kann niemand anderer als der Einzelne
selbst entscheiden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Niemand muss Patientenverfügungen abfassen. Es ist
völlig in Ordnung, wenn man sagt: Ich habe einen Be-
vollmächtigten, der das im Falle des Falles für mich ent-
scheiden soll. Wer aber klar weiß, was er will und was er
nicht will, dessen Patientenverfügung muss geachtet
werden. Das darf vom Staat nicht in Abrede gestellt wer-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Einen Gegensatz zwischen der Vorsorgevollmacht nd der Debatte über Patientenverfügungen aufzumahen, wie das die Kollegin Künast gestern leider getan at, grenzt schon an Verdummung der Leute; denn auch er Bevollmächtigte kann heute nicht jede Behandlungseschränkung verfügen. Er ist an die gleiche Reichweienbeschränkung gebunden, die es auch bei der Patienenverfügung gibt. Meine Damen und Herren, bereits 2004 und 2006 haen die Liberalen als einzige Fraktion einen Antrag zur tärkung von Patientenverfügungen in den Deutschen undestag eingebracht. Bereits in der vergangen Wahleriode hat die Enquete-Kommission „Ethik und Recht er modernen Medizin“ die Pros und Kontras genau abewogen und eine Empfehlung abgegeben. Bereits vor inem Jahr haben wir in diesem Parlament eine Orientieungsdebatte geführt. Deshalb ist es völlig abwegig, enn nun von der Fraktionsführung der CDU/CSU in erson von Herrn Röttgen gesagt wird, alles gehe zu chnell. Nein, die Menschen im Land warten seit vier ahren darauf, dass dieses Parlament endlich eine Entcheidung trifft. (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Leitbild der Liberalen ist das Bild eines Menschen,
er auch in existenziellen Fragen so frei wie möglich
ber sein Leben entscheiden kann. Wir geben der Selbst-
estimmung im Zweifel Vorrang vor anderen Überle-
ungen, seien sie auch noch so fürsorglich motiviert.
as ist die eigentliche Trennlinie in der Debatte über Pa-

ientenverfügungen: Die eine Seite nimmt fürsorglichen
aternalismus auch mit Zwangsbehandlungen in Kauf,
ie andere Seite vertraut auf die Kraft und die Urteilsfä-
igkeit des Menschen.

Um es klar zu sagen: Wir haben keine naive Vorstel-
ung von Selbstbestimmung. Beim Verfassen einer Pa-
ientenverfügung besteht eine gewisse Unsicherheit.

an weiß nicht genau, was in Zukunft sein wird. Der
oraus verfügte Wille ist immer schwächer als der aktu-
ll verfügte. Was aber ist die Alternative? Die Alterna-
ive zum voraus verfügten Willen der eigenen Person ist
ie Entscheidung eines Dritten. Die Alternative ist im
weifel eine Fremdbestimmung auch unter Inkaufnahme
iner Zwangsbehandlung. Das ist aus meiner Sicht nicht
kzeptabel; auch für die große Mehrheit meiner Fraktion
st das keine Lösung.

Eine Begrenzung der Reichweite auf irreversibel zum
ode führende Erkrankungen liefert den Patienten einer
öglicherweise fehlerhaften ärztlichen Prognose aus.
b beim Wachkoma, in der Notfallmedizin oder bei reli-
iösen Behandlungsbeschränkungen: In all diesen Fällen
ührt eine Reichweitenbegrenzung dazu, dass Menschen
ntgegen ihrem explizit geäußerten Willen zwangsbe-
andelt werden. Eine Reichweitenbegrenzung bedeutet
um sich das in der Praxis vorzustellen –, dass gegen

en Willen des Patienten Magensonden gelegt, Sehnen
erschnitten und Antibiotika verabreicht werden. Das
at mit Selbstbestimmung nichts zu tun.






(A) )



(B) )


Michael Kauch

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was haben wir Liberalen in den Gesetzentwurf einge-
bracht? Erstens haben wir durchgesetzt, dass eine Pa-
tientenverfügung nur dann Gültigkeit hat, wenn der ge-
setzliche Vertreter des Patienten genau geprüft hat, ob
sie noch dem aktuellen Willen des Patienten entspricht.
Zweitens haben wir durchgesetzt, dass auch nonverbale
Äußerungen, etwa von Demenzkranken, berücksichtigt
werden und im Zweifel pro vita entschieden wird. Drit-
tens haben wir durchgesetzt, dass Angehörige und Pfle-
gekräfte in den Prozess einbezogen werden, damit sie
gegebenenfalls das Vormundschaftsgericht anrufen kön-
nen.

Die Sicherungen, die dieser Gesetzentwurf bringt,
sind sehr stark.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617214900

Herr Kollege Kauch.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1617215000

Deshalb bitte ich Sie, diesem Gesetzentwurf, gegebe-

nenfalls in geänderter Fassung, zuzustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617215100

Ich gebe dem Kollegen Markus Grübel, CDU/CSU-

Fraktion, das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1617215200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben letzte Woche an dieser Stelle über bessere
Rahmenbedingungen für Schwerstkranke und Sterbende
gesprochen.


(Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Einige waren nicht da!)


Wir waren uns einig, dass aktive Sterbehilfe oder Ähnli-
ches keine Antwort einer menschlichen Gesellschaft auf
die Frage von Leiden und Krankheit sein kann. Die Ant-
wort darauf liegt vielmehr in der Palliativmedizin und
Hospizarbeit, wobei eine gute Versorgung in der Fläche,
sowohl ambulant als auch stationär, notwendig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Palliativmedizin und Hospizarbeit sind noch junge Teile
des Gesundheitswesens. In diesen Bereichen hat sich in
Deutschland in den letzten Jahren sehr viel getan. Inso-
fern war es richtig, die Diskussion über das Thema Pa-
tientenverfügung nicht zu früh zu führen. Wir hatten ver-
einbart, das Thema erst nach der Sommerpause zu disku-
tieren. Ihr Gesetzentwurf, Herr Stünker, wurde nach der
ersten Debatte, die der Orientierung diente, nicht in der

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(C (D rsprünglichen Fassung eingebracht. Sie hatten Zeit ereten, um Ihren Gesetzentwurf zu überarbeiten. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es lag aber ein Jahr dazwischen!)


uch meine Gruppe hatte sich noch Zeit erbeten. Die
bsprache wurde leider nicht eingehalten. Viel Zeit ge-
innen wir aber nicht, weil die Sommerpause bevor-

teht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Bei der Bewertung einer Patientenverfügung geht es
m Wesentlichen darum, ob der voraus verfügte Wille ei-
es Patienten und der aktuelle Wille gleich sind. Im Nor-
alfall kommt dem Gespräch zwischen Arzt und Patient

ine große Bedeutung zu. Der Arzt oder die Ärztin stellt
ie Diagnose und erläutert dem Kranken die Krankheit.
er Patient hat die Möglichkeit, Rückfragen an den Arzt

u richten. Der Arzt merkt schnell, ob der Patient ver-
tanden hat, welches Krankheitsbild er aufweist und wie
ie Krankheit möglicherweise verläuft.

Wenn sich der Patient über seinen Gesundheitszustand
Klaren ist, dann zeigt ihm der Arzt Behandlungsmög-

chkeiten, verbunden mit möglichen Konsequenzen,
hancen und Risiken, auf. Danach – möglicherweise
ach einer Bedenkzeit, in der der Patient Rücksprache
it Angehörigen oder einem weiteren Arzt halten kann –

ntscheidet sich der Patient für oder gegen die Behand-
ung. Dann kann der Arzt noch einmal nachfragen, wenn
r den Eindruck hat, dass dem Patienten möglicherweise
oderne oder zeitgemäße Behandlungsmethoden, zum
eispiel eine gute Schmerztherapie, nicht bekannt wa-

en. Die Entscheidung des Patienten, sein aktueller Wille
st selbstverständlich bindend.

Bei der Patientenverfügung sieht das anders aus: Dem
rzt liegt ein Schriftstück mit einer Unterschrift vor. Er
ann nicht nachfragen. Der Patient kann seine Ausfüh-
ungen auch nicht mehr erläutern und interpretieren. Es
ibt in Deutschland rund 200 gängige Musterformulare
ür Patientenverfügungen. Kein Arzt kann wirklich wis-
en, ob der Patient das richtige Formular beispielsweise
us dem Internet heruntergeladen hat oder eher zufällig
nter www.patientenverfuegung.de eine Patientenverfü-
ung erhalten und unterschrieben hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Ein dünnes Argument!)


Meine kurze Darstellung zeigt – das ist unstreitig –,
ass der aktuelle und der voraus verfügte Wille eben
icht gleich sein müssen. Das, was ich vor einem Jahr,
or fünf Jahren, vor zehn Jahren oder vor fünfzehn Jah-
en festgelegt habe, ist möglicherweise etwas anderes als
as, was ich aktuell will.


(Jörg Tauss [SPD]: Mit dem Argument dürfte ja nie ein Testament gelten!)


err Stünker, in dem von Ihnen unterstützten Gesetzent-
urf wird von einem sehr elitären Ansatz, von sehr gut

nformierten Menschen ausgegangen. Aber nur wenige
enschen verfügen über hervorragende medizinische

nd rechtliche Kenntnisse und können so eine mögli-






(A) )



(B) )


Markus Grübel
cherweise eintretende Sterbesituation umfassend vorbe-
reiten.


(Zuruf von der SPD: Sind sie zu dumm?)


– Sie sind nicht zu dumm. Aber viele Menschen trauen
sich nicht zu, eine Entscheidung zu treffen.


(Joachim Stünker [SPD]: Dann lassen sie es! Dann machen sie keine! Es zwingt sie doch keiner!)


Ich sehe ein weiteres Problem in Ihrem Gesetzent-
wurf. Der Lebensschutz ist nicht ausreichend berück-
sichtigt. In der Verfassung gibt es das Gebot, für einen
schonenden Ausgleich zwischen den Werten Selbstbe-
stimmung und Lebensschutz zu sorgen. Das ist Aufgabe
des Gesetzgebers.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir bekommen einen solchen Ausgleich entweder über
eine Reichweitenbegrenzung – ich verweise auf die En-
quete-Kommission und den Bosbach-Entwurf – oder
über starke Sicherungsmittel hin, dass Menschen nicht
irrtümlich oder deshalb, weil sie nicht einwilligungsfä-
hig waren, eine Patientenverfügung unterschreiben, die
ihnen schadet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Stünker, ich sehe bei Ihrem Entwurf die Gefahr,
dass ein Mensch irrtümlich eine Patientenverfügung un-
terschreibt und dass dann die Behandlung einer heilba-
ren Krankheit eingestellt wird. Ein falsches Kreuz bei ei-
ner Multiple-Choice-Patientenverfügung, und schon ist
es geschehen. Ein falscher Baustein aus einer Gruppe
von Bausteinen, und schon ist es geschehen. Das falsche
Formular am Schriftenstand mitgenommen und unter-
schrieben, und schon ist es geschehen. Ich selber habe
als Notar viele Beratungen, in denen es um Patientenver-
fügungen ging, durchgeführt und war jedes Mal erstaunt,
wie unterschiedlich der gleiche Satz von verschiedenen
Menschen interpretiert wird. Daher sind Patientenverfü-
gungen ohne Reichweitenbegrenzung eine ganz scharfe
Waffe, die der Mensch gegen sich selber richtet. Weiß
der Arzt, der Betreuer oder der Bevollmächtigte wirk-
lich, ob der Wille geändert ist, ob der Betreffende einwil-
ligungsfähig war oder ob er die Sätze richtig verstanden
hat? Wer nicht mehr einwilligungsfähig ist, mit dem
kann man keine Gespräche mehr führen und dem kann
man auch keine Rückfragen stellen. Das ist die Kritik an
Ihrem Entwurf.

Ich kann mir vorstellen, dass wir möglicherweise ei-
nen Kompromiss finden müssen, weil weder Ihr Gesetz-
entwurf noch andere Gesetzentwürfe eine Mehrheit ha-
ben, weder hier im Haus noch in der Gesellschaft. Ich
kann mir folgenden Kompromiss vorstellen: Es gibt eine
einfache Patientenverfügung mit einer Reichweitenbe-
schränkung, die ethisch weitgehend unproblematisch ist.
Hier müssen wir keine hohen Hürden aufbauen, was Be-
ratung, Aktualisierung sowie Überprüfung der Urheber-
schaft und der Einwilligungsfähigkeit betrifft. Das ist
quasi eine Volkspatientenverfügung. Des Weiteren gibt

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(C (D s eine qualifizierte Patientenverfügung für diejenigen, ie sich sehr intensiv mit der Sache befasst haben, die ich medizinisch und rechtlich haben beraten lassen, deen Urheberschaft und Einwilligungsfähigkeit festgetellt wurde und deren Patientenverfügung nachweisbar egelmäßig aktualisiert wurde, sodass man weiß, dass sie eitgehend dem aktuellen Willen entspricht. Diese qua ifizierte Patientenverfügung wird für einen kleineren eil der Menschen sein, für diejenigen, die sich mit der ache intensiv befassen und die Hürden überwinden ollen. In dem vorliegenden Gesetzentwurf und in den nderen Gesetzentwürfen, die wir alle kennen, manifesieren sich Grundüberzeugungen. Ich selber trage den osbach-Entwurf mit, weil eine Reichweitenbegrenzung einer Grundüberzeugung entspricht. Aber genauso wie n vielen anderen ethischen Fragen müssen wir manchal Kompromisse eingehen und die eigenen Grundüber eugungen mit denen der anderen in einen Ausgleich ringen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das bechriebene zweistufige Verfahren eine Mehrheit sowohl n der Gesellschaft als auch hier im Hause findet, weil s beide Interessen abbildet und das Risiko minimiert, ass Menschen versehentlich aufgrund einer radikalen atientenverfügung, die sie gar nicht wollten, nicht beandelt werden und sterben, weil sie die Konsequenzen icht abgesehen haben. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617215300

Das Wort hat die Kollegin Dr. Lukrezia Jochimsen,

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617215400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

s geht in unserem Gesetzentwurf nicht um eine radikale
atientenverfügung. Die große Mehrheit der Bevölke-
ung – alle Umfragen, die wir kennen, deuten darauf
in – wünscht sich ein Rechtsinstitut der Patientenverfü-
ung, wie wir es jetzt diskutieren, schon seit langer Zeit.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Welche Umfragen?)


Über ein Jahr ist es her, dass wir hier zum ersten Mal
ber die Patientenverfügung debattiert haben. Damals
abe ich gesagt: Es geht um eine Kernfrage der durch
as Grundgesetz geschützten Würde und Freiheit des In-
ividuums und um das Recht auf Selbstbestimmung über
en eigenen Körper. Deswegen ist es eine Aufgabe für
ns alle, in unserem Land endlich die rechtliche Mög-
ichkeit dafür zu schaffen, selbstbestimmt sterben zu
önnen. Ich habe versprochen, dass sich die Linksfrak-
ion aktiv an dieser zu leistenden gesetzgeberischen An-
trengung beteiligen wird.






(A) )



(B) )


Dr. Lukrezia Jochimsen
Heute spreche ich hier für 24 Abgeordnete meiner
Fraktion, die den Gruppenantrag nach ausführlicher Dis-
kussion des Für und Widers namentlich mit eingebracht
haben. 24 Abgeordnete entsprechen fast der Hälfte unse-
rer Fraktion. Das macht deutlich, dass es auch in unseren
Reihen andere Positionen gibt, auch noch die der Unent-
schlossenheit. Es ist heute ja auch die erste Lesung zu
diesem Gesetz.

Wir 24 aber sind uns einig, dass es höchste Zeit wird,
das Rechtsinstitut Patientenverfügung rechtlich zu ver-
ankern und zum Schutz der Betroffenen verfahrensrecht-
liche Regelungen zu treffen. Patientenverfügungen sind
nichts Neues. Seit Jahren gibt es sie als grundsätzlich
verbindliche Dokumente, in denen schriftlich festgelegt
ist, welche Therapie sich der Verfügende wünscht und
welche er ausschließt.

Es wird geschätzt, dass mehr als 8 Millionen Bürger
und Bürgerinnen – das wurde schon gesagt – diese Wil-
lenserklärung bereits verfasst haben. Wie viele davon
tatsächlich geachtet und wie viele missachtet werden,
wissen wir nicht. Ein Blick in Zeitungen oder Fernseh-
dokumentationen lässt Schreckliches vermuten, und
zwar weit über Einzelfälle hinaus.

So wies die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
am 15. Juni dieses Jahres unter der Überschrift „Sterben
verboten“ in einem Dossier auf den massenhaften Ein-
satz von Magensonden hierzulande hin. Ich zitiere:

Die Zwangsernährung Sterbender wird in Deutsch-
land schleichend zum medizinischen Standard …
Etwa 140 000 Ernährungssonden werden jedes Jahr
in Deutschland gelegt, zwei Drittel davon bei Be-
wohnern von Pflegeheimen.

Es geht also um fast 100 000 Fälle künstlicher Ernäh-
rung in Pflegeheimen jedes Jahr.


(Zuruf von der LINKEN: Ein Skandal!)

Wenn das so ist – niemand hat diese Angaben bisher de-
mentiert oder auch nur berichtigt –, dann wäre es allein
schon wegen dieses Zustandes aus meiner Sicht wichtig,
dass sich Menschen per Patientenverfügung wehren kön-
nen und der Gesetzgeber sie endlich schützt.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Von welchem Grundsatz lassen wir uns bei diesem
Gesetzentwurf leiten? Vom Grundsatz, dass der Mensch
während seines gesamten Lebens Anspruch auf Achtung
seines Selbstbestimmungsrechts hat und dass dieses
Selbstbestimmungsrecht nicht mit dem Verlust der Ein-
willigungsfähigkeit endet, dass also Entscheidungen, die
im Zustand der Einwilligungsfähigkeit getroffen werden,
auch später für diejenigen bindend sind, die dann die
Entscheidungen treffen müssen: Ärzte, Betreuer, Ange-
hörige. Das ist eine schwere Aufgabe und eine schwie-
rige Gratwanderung. Aber schwerste Krankheit, Sterben
und Tod stellen uns vor schwere Aufgaben und nötigen
uns schwierige Gratwanderungen ab. Darüber können
wir uns hier nicht einfach hinwegsetzen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Leichte Lösungen lassen sich in dieser Situation nicht inden. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonfeenz und der Vorsitzende des Rates der Evangelischen irche haben uns in einem Brief auf Folgendes hingeiesen: In der Ausübung seines Selbstbestimmungsrechtes ist der Mensch darauf angewiesen, dass andere Menschen sich seiner annehmen; das gilt gerade in Zeiten der Krankheit und Hinfälligkeit. Genau dies stellen wir in den Mittelpunkt unserer berlegungen, wenn wir unter Punkt 2 der Begründung rklären: Da sich der nicht mehr einwilligungsfähige Patient in der Regel nicht mehr äußern kann, ist ein Dialog hören Sie doch einmal zu – (Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ich höre die ganze Zeit zu! Das ist ja das Schlimme!)


(Zuruf von der CDU/CSU)


zwischen den an der Behandlung Beteiligten erfor-
derlich, in dem über die Vornahme ärztlicher Maß-
nahmen entschieden wird. Dieser Prozess hat so
weit wie möglich die Durchsetzung des zu einem
früheren Zeitpunkt geäußerten Patientenwillens zu
sichern. Gleichzeitig muss er die sich aus Artikel 2
Abs. 2 des Grundgesetzes ergebende Pflicht des
Staates umsetzen, das Leben und die körperliche
Unversehrtheit des Menschen zu schützen. Dies be-
deutet keinen Widerspruch. Die staatlichen Ver-
pflichtungen richten sich nicht gegen den Men-
schen und seine selbstbestimmte Entscheidung,
auch wenn diese sich gegen lebensverlängernde
oder gesundheitserhaltende Maßnahmen richtet.
Vielmehr gewährleisten der Dialog zwischen den
an der Behandlung Beteiligten und im Konfliktfall
das vormundschaftsgerichtliche Verfahren, dass der
Patientenwille sorgfältig ermittelt wird.

ieser abwägende Dialog, an dem der Patient durch
eine Verfügung mitbeteiligt ist, soll durch das neue
echt ermöglicht werden. Das ist im ureigensten Inte-

esse der Kranken, aber auch der Ärzte, Betreuer und
ngehörigen. Viel wird ihnen in den Situationen zwi-

chen Leben und Tod abverlangt. Da haben sie ihrerseits
as Recht, sicher zu wissen, was ihre Patienten, ihre An-
ehörigen wollen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617215500

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Eichhorn?


Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617215600

Ja, bitte.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1617215700

Frau Kollegin, Sie haben gerade den Brief der Bi-

chöfe zitiert. Ich habe den Brief als Kritik an Ihrem Ge-
etzentwurf verstanden.






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn

(Zuruf von der CDU/CSU: So habe ich ihn auch gelesen! – Zuruf von der SPD: Ja, ist er auch!)


Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie den Brief als
Unterstützung Ihrer Position verstehen?


Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617215800

Überhaupt nicht! Ich habe zitiert,


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Auszugsweise!)


dass die Bischöfe uns gesagt haben: Menschen sind auf
die Fürsorge anderer angewiesen. Anschließend habe ich
unsere Begründung zitiert, die genau dieses bis in den
Kern beschreibt. Es geht um einen Dialog.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es zählt aber nicht die Begründung, sondern der andere Teil eines Gesetzes!)


Es geht um andere. Genau dieses habe ich beschrieben
und aufgenommen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Über eine Tatsache wollen wir nicht hinwegtäuschen:
Mit der rechtlichen Anerkennung von Patientenverfü-
gungen allein schaffen wir nicht humanere Bedingungen
für Sterben und Tod. Wir haben hierüber in der vergan-
genen Wochen diskutiert; darauf ist mehrfach hingewie-
sen worden. Dafür ist eine neue Medizin und vor allem
ein anderes gesellschaftliches Bewusstsein notwendig,
das Verantwortung und Fürsorge für Kranke und Ster-
bende nicht ausblendet. Aber: Abbau von Ängsten und
Unsicherheit – das kann dieses neue Recht schaffen, und
das ist nicht wenig.

Kürzlich hat der Vorstand der Deutsche-Hospiz-Stif-
tung Eugen Brysch das so formuliert:

Wir erleben in der Praxis täglich, dass die Men-
schen, die bei uns Rat einholen, künstliche Ernäh-
rung kategorisch ablehnen. Dahinter steht die Angst
vor einem jahrelangen Dahinvegetieren, vor einem
Leben ohne Lebensqualität, das nur durch die Ma-
gensonde aufrechterhalten wird. Dieser Angst gilt
es zu begegnen.

Wohl wahr! Darum votieren wir 24 Abgeordnete der
Linksfraktion für diese Gesetzesänderung.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617215900

Ich gebe das Wort der Kollegin Birgitt Bender, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617216000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Kollege Grübel, bei Ihren Ausführungen habe ich mich
gefragt, ob Sie Ihre Idee, man müsse den Menschen im-
mer vor sich selber schützen, zu Ende gedacht haben. Ich
frage Sie ganz ohne polemische Absicht, was Sie denn
wohl tun würden, wenn Sie feststellen, dass eine schwer

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(C (D erzkranke Frau ihre Medikamente nicht nimmt. Sie ürden doch nicht ernsthaft an eine Zwangsbehandlung enken. (Markus Grübel [CDU/CSU]: Habe ich auch nicht gesagt!)


In einer modernen Gesellschaft muss man es tolerie-
en, dass sich Menschen in einer Weise verhalten, die
anz viele von uns als absolut unverantwortlich erach-
en. Aber das ist so. Alles andere ist entweder eine sehr
raditionelle Gesellschaft mit sehr festgefügten Normen,
ie gnadenlos durchgesetzt werden, oder letztendlich ein
olizeistaat.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)


Meine Damen und Herren, ein Arzt hat einmal zu mir
esagt: Wo früher das Wohl des Patienten galt, gilt heute
ur noch der Wille. Er sagte das, lieber Josef Winkler,
it dem Ausdruck resignativer Traurigkeit, weil er die
rientierung am Patientenwillen als Absage an die Ver-

ntwortung des Arztes und an die Möglichkeiten der mo-
ernen Medizin begriff.

Tatsächlich hat sich die Kultur der medizinischen Be-
andlung in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren
nd Jahrzehnten verändert. Hatten unsere Eltern viel-
eicht noch zum Arzt gesagt: „Ja, wenn Sie meinen, Herr
oktor“, so sagt der Mensch heutzutage: „Ich will wis-

en, welche Alternativen es gibt, Herr bzw. Frau Doktor,
nd ich will mich für die Alternative entscheiden, die für
ich richtig ist.“ Das ist mitnichten eine Absage an die
ompetenzen des Mediziners; im Gegenteil: Es macht
ie Rolle des Arztes anspruchsvoller. Denn er oder sie
ollte Alternativen beschreiben können, und er oder sie
ollte gesprächsfähig sein. In einer Situation, in der sich
er Betroffene nicht mehr äußern kann, spielen diese
nforderungen an die ärztliche Kunst eine wichtige
olle; denn auch dann muss der Arzt Alternativen be-

chreiben können, zum Beispiel ob Akutmedizin oder
ine palliative Behandlung die Wahl ist, wie wichtig Le-
ensverlängerung sein könnte, was Lebensqualität heißt
nd wo ein möglicher Zielkonflikt zwischen den beiden
iegt. So schwierige Fragen können und sollen zwei le-
endige Menschen erörtern.

Das kann der Arzt und die Ärztin und zum Beispiel
ie mit einer Vorsorgevollmacht ausgestattete Ehefrau
ein. Die Entscheidung, die der Patient nicht mehr tref-
en kann, liegt dann bei ihr. Es ist eine eigene Entschei-
ung von ihr, es ist nicht die des Betroffenen. Ich glaube,
iese Möglichkeit will hier niemand abschaffen. Aber
ie andere Möglichkeit ist die eines Gesprächs zwischen
rzt und Betreuerin, die gemeinsam versuchen, eine Pa-

ientenverfügung auf die gegebene Situation anzuwen-
en. Ich muss sagen: Ich verstehe die Kolleginnen und
ollegen nicht, die eine solche Vorabfestlegung und das
espräch darüber als etwas Obszönes zu brandmarken
ersuchen.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wer tut das denn?)







(A) )



(B) )


Birgitt Bender
Das Argument, man könne nicht wissen, ob man in einer
existenziellen Krise oder in der Situation des Sterbens
noch so denke wie zuvor, mag zutreffen. Ich habe zwar
einiges für die These übrig, dass der Mensch so stirbt,
wie er gelebt hat, das heißt, dass Grundhaltungen, die
das Leben bestimmt haben, auch dann noch gelten,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


aber ich gestehe ihnen zu: Es ist ein Risiko. Wir haben
aber Verfahrensweisen in dieser Gesellschaft, wie wir
Menschen beistehen, denen wir eine eigene Entschei-
dung nicht zutrauen. Ich meine etwa Entscheidungen im
Namen des Kindeswohls. Wenn Eltern überfordert sind,
dann tritt das Gericht ein. Einem unmündigen Kind mu-
ten wir keine existenzielle Entscheidung zu. Aber ein er-
wachsener sterbender Mensch ist kein Kind, und Patien-
tenwohl kann nicht heißen, dass andere sagen, was für
diesen Menschen gut ist.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Vielmehr kann immer nur der eigene Wille maßgebend
sein, soweit er zuvor geäußert wurde. Alles andere
würde bedeuten, dass die Begegnung auf Augenhöhe,
die sich in der modernen Medizin herausgebildet hat,
wieder durch die überlegene Autorität des Halbgottes in
Weiß oder eventuell in Schwarz, wenn es um die Rich-
terrobe geht, ersetzt wird.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617216100

Frau Kollegin Bender, ich muss Sie an Ihre Zeit erin-

nern.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617216200

Ein abschließender Satz, Frau Präsidentin. – Wer eine

Patientenverfügung aufsetzt, geht auch ein Risiko ein.
Aber wir sollten der Anmaßung widerstehen, den Men-
schen vor solchen Risiken bewahren zu wollen. Ich
finde, diese Entscheidnungsmöglichkeit gehört zu einer
freiheitlichen Gesellschaft.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617216300

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Carola

Reimann, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1617216400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Ich freue mich, dass wir heute über die Patien-
tenverfügung diskutieren. Das Thema bewegt viele
Menschen. In Gesprächen und in den durchweg gut be-
suchten Veranstaltungen zu diesem Thema ist das sehr
deutlich zu spüren. So groß das Interesse ist, so groß ist
aber auch die Verunsicherung vieler. Viele Menschen
fragen sich, ob ihre Ärzte ihre Patientenverfügung im
Krankheitsfall wirklich befolgen werden. Auf der ande-

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(C (D en Seite haben viele Ärzte Angst vor rechtlichen Konseuenzen, wenn sie auf bestimmte lebenserhaltende Maßahmen verzichten. Hier muss endlich Rechtssicherheit eschaffen werden. Die Debatte um Patientenverfügungen ist nicht einach irgendeine politische Debatte. Es ist ein hoch emoionales Thema, das grundlegende Fragen nach dem mgang mit Krankheit und Sterben aufwirft. Das sind ragen, die jeder hier im Hause auch für sich selbst nach einem eigenen Gewissen entscheiden muss. Ich finde, ass Parteipolitik bei diesem Thema nichts verloren hat. eshalb wird der vorgelegte Entwurf auch von Parlaentariern aus verschiedenen politischen Lagern getra en. Die Ernsthaftigkeit der Stammzelldebatte hat geeigt, dass es der Sache durchaus dienlich ist, wenn arteipolitik in diesem Hause für kurze Zeit einmal eine Rolle spielt. (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sabine LeutheusserSchnarrenberger [FDP] – Zuruf von der SPD: Das könnte auch mal längere Zeit sein!)


Ich unterstütze den Stünker-Entwurf, weil er das
elbstbestimmungsrecht des Menschen ins Zentrum
tellt. Kann ein Patient sich nicht mehr äußern, muss der
n der Patientenverfügung festgelegte Wille gelten, und
war unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung.
enn ich mich bei vollem Bewusstsein gegen eine Be-

andlung entschließe – sei es medizinisch auch noch so
nsinnig; die Kollegin Bender hat ein entsprechendes
eispiel gebracht –, darf mich auch heute niemand ge-
en meinen Willen behandeln. Dieses Recht auf Selbst-
estimmung darf meiner Überzeugung nach nicht mit
em Verlust der Äußerungsfähigkeit enden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP sowie der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Patientenverfügungen sind Vorausverfügungen; das
st bereits angeklungen. Natürlich ist eine Vorausverfü-
ung nicht mit einer aktuellen, bei vollem Bewusstsein
n der Arztpraxis oder im Krankenhaus getroffenen Ent-
cheidung gleichzusetzen. Dieser Problematik trägt der
orliegende Entwurf jedoch ausreichend Rechnung.

Denn entgegen vielfachen Behauptungen soll nicht
infach das, was in der Patientenverfügung steht, ohne
rüfung übernommen werden. In der konkreten Erkran-
ungssituation des Patienten müssen Arzt und Betreuer
zw. Bevollmächtigter feststellen, ob die Patientenverfü-
ung, erstens, auf die aktuelle Lebenssituation und Be-
andlungssituation zutrifft, ob sie, zweitens, für diese
ituation eine Entscheidung über die anstehende ärztli-
he Maßnahme enthält und ob sie, drittens, noch dem ak-
uellen Willen des Patienten entspricht.

Diese Hürden sind für mich entscheidend, denn sie
erlangen von den Verfassern von Patientenverfügun-
en, dass sie sich präzise schriftlich äußern und ihre Ver-
ügung regelmäßig aktualisieren, wenn sie sicherstellen






(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann
wollen, dass ihre Verfügung von Arzt und Betreuer oder
Bevollmächtigtem als auf die aktuelle Situation zutref-
fend gewertet werden kann.

Dies setzt meiner Meinung nach auch voraus, dass der
Verfasser sich vorab umfassend informiert. Denn nur
dann ist er in der Lage, eine solche Verfügung überhaupt
entsprechend zu verfassen. Mir ist wichtig, dass diese
Vorausverfügung eine informierte und reflektierte Ent-
scheidung ist. Es ist eine sehr persönliche Entscheidung,
die mit Multiple Choice nichts zu tun hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei einer Vorausverfügung stellt sich natürlich immer
die Frage, inwiefern man jetzt über eine Extremsituation
in der Zukunft entscheiden kann, die man noch nie erlebt
hat. Wer kann garantieren, dass man in dieser Situation
nicht doch eine andere Einstellung zu lebenserhaltenden
Maßnahmen hat? – Das kann natürlich keiner. Aber soll
man daraus schlussfolgern, dass es besser ist, andere
über das eigene Schicksal entscheiden zu lassen? –
Nein!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Natürlich kann ich mich vorab nur schwer in mögli-
che Extremsituationen hineinversetzen. Man löst dieses
Dilemma aber nicht auf, indem man diese Entscheidung
einer zweiten Person, zum Beispiel dem Arzt, allein
überlässt. Auch mein Arzt kennt die Situation nicht,
denn auch er oder sie hat sie nicht erlebt oder durchlebt.
Aber im Gegensatz zu meinem Arzt kenne ich beim Ver-
fassen der Verfügung, die freiwillig ist, mich und meine
Einstellung zu Krankheitsbehandlung, Lebensverlänge-
rung und Lebenserhaltung sehr genau, und zwar besser
als jeder andere.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Aus diesem Grund ist es richtig, dass Patientenverfügun-
gen als Ausdruck des freien Willens ohne Reichweiten-
beschränkungen, aber mit genauer individueller Prüfung
verbindlich sein sollen.

Wir diskutieren bereits seit Jahren über eine gesetzli-
che Regelung für Patientenverfügungen. Ich halte dies
angesichts des sensiblen Themas auch für gerechtfertigt.
Allerdings sollten wir nun, nach erneuter monatelanger
Verschiebung, langsam zum Ziel kommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Es gab genügend Zeit zur Positionierung. Neben dem
Stünker-Entwurf stehen noch einige andere Vorschläge
im Raum. Ich hoffe sehr, dass die heutige Debatte Start-
punkt für eine zügige und abschließende Diskussion ist,

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(C (D ie dann möglichst bald zu der dringend erforderlichen esetzlichen Regelung führen soll. Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617216500

Das Wort hat die Kollegin Sabine Leutheusser-

chnarrenberger, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1617216600

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

egen! Professor Borasio, Inhaber eines Stiftungslehr-
tuhls für Palliativmedizin am Klinikum Großhadern in

ünchen, gehört zu den Ärzten, die sich ausdrücklich
ür eine Regelung zur Verbindlichkeit einer Patienten-
erfügung aussprechen. Im Kreise seiner Kolleginnen
nd Kollegen, sowohl in der Ärzteschaft als auch unter
en Pflegekräften, wirbt er dafür, weil er in seiner Arbeit
uf der Palliativstation am Klinikum Großhadern täglich
rlebt, dass es ganz schwierige Situationen eines viel-
eicht würdelosen Siechtums geben kann, wenn zu ei-
em Zeitpunkt, zu dem man sich noch damit befassen
ann, für die Situation der Entscheidungsunfähigkeit
icht Vorkehrungen getroffen worden sind und die ei-
ene Vorstellung zu diesem schwierigen Prozess eines
eitlich nicht vorhersehbaren Siechtums nicht näher be-
timmt worden ist.

Professor Borasio sagt zu Recht: Im Moment, ohne
in Gesetz, ist die Rechtsunsicherheit riesengroß, vor al-
em bei den Menschen, die durch öffentliche Berichter-
tattung, etwa in Form von Zeitungsberichten, aber auch
m eigenen Umfeld immer stärker erleben, mit welch
roßen Schwierigkeiten es verbunden sein kann, den
illen eines Menschen, der sich nicht mehr äußern

ann, in dieser schwierigen Phase durchzusetzen.

Professor Borasio weiß, dass auch Ärzte in einer
chwierigen und unsicheren Lage sind. Sie können nicht
ie gesamte BGH-Rechtsprechung in ihren Verästelun-
en kennen, was die Frage angeht, wie sich Ärzte zu ent-
cheiden haben.

Von daher ist es in meinen Augen notwendig, dass wir
ach guter Orientierungsdebatte vor einiger Zeit jetzt in
esetzesberatungen eintreten. Dazu liegt ein Entwurf
or, der ganz konkrete Formulierungen zum Betreuungs-
echt im Bürgerlichen Gesetzbuch enthält.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Alle, die sagen, wir machten es uns zu einfach, sollten
ur Kenntnis nehmen: Unser Gesetzentwurf baut auf der
öchstrichterlichen Rechtsprechung der letzten Jahre
uf. Das war unser Maßstab.






(A) )



(B) )


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir alle haben aber nicht jeden Tag das Grundgesetz
oder diese Rechtsprechung unter dem Arm. Wir können
auch nicht erwarten, dass alle anderen diese Vorschriften
kennen. Deshalb müssen wir Regelungen schaffen.

In § 1901 a BGB – das steht in Art. 1 des Gesetzent-
wurfs – regeln wir in sorgfältiger Form, dass die Patien-
tenverfügung eine sicherere Grundlage – im Hinblick
auf Verbindlichkeit und Durchsetzbarkeit bekommt.

Wir haben es uns nicht leicht gemacht und nicht mal
eben so eine einfache Regelung hingeschrieben, sondern
wir machen ganz deutlich, welche Aufgabe der Betreuer
oder der Bevollmächtigte – wir nennen beide – hat.
Denn wir wissen: Eine Patientenverfügung kann noch so
sorgfältig überlegt sein – es können Situationen eintre-
ten, die davon nicht erfasst sind; es ist auch möglich,
dass man keine klare Meinung herauslesen kann. Genau
da liegt die Aufgabe des Betreuers. Er sieht, wo die Ver-
fügung nicht greift. Wir legen hiermit fest: Wenn die Vo-
raussetzungen, die wir benennen, nicht vorliegen, muss
der Wille durch den Betreuer oder durch andere ermittelt
werden.

Das ist ein ganz großer, ein ganz wichtiger Schritt. Er
wird erwartet. Große Teile der Bevölkerung hoffen da-
rauf, dass wir uns dieser Erwartungshaltung mutig stel-
len. Deshalb unterstützen wir, die große Mehrheit der
FDP-Fraktion, den Entwurf und freuen uns auf konstruk-
tive Beratungen nach der Sommerpause.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617216700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Julia Klöckner,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1617216800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Was ist der Grund der heutigen Auseinandersetzung?
Dass wir alle sterben müssen? Wohl kaum; denn keiner
von uns wird so vermessen sein, zu meinen, das verhin-
dern zu können. Es geht aber darum, wie wir sterben
werden.

Vorab: Eines ist ganz klar, nämlich dass wir nicht alle
möglichen Eventualitäten des Lebens und Sterbens in
ein Gesetz fassen können. Machen wir uns auch nichts
vor: Den Tod können wir überhaupt nicht regeln. Das
den Bürgerinnen und Bürgern zu versprechen, wäre si-
cherlich nicht lauter.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht auch keiner!)


Klar ist: Leiden will keiner am Lebensende und auch
nicht Opfer einer nicht enden wollenden Apparatemedi-

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(C (D in sein. Es ist auch verständlich, warum zum Beispiel ine Frau in ihre Patientenverfügung schrieb – ich zitiere –: Ich möchte nie an Schläuchen liegen und nie eine PEGonde bekommen.“ Ich hielt diese Patientenverfügung iner 70-jährigen Frau in meiner Sprechstunde in den änden. Sie sagte noch einmal zu mir: „Ich will nicht uf einer Intensivstation an diesen piependen Apparaten it diesen ganzen Schläuchen liegen. Ich möchte auch icht künstlich durch eine PEG-Sonde ernährt werden üssen, sondern sterben können.“ Man kann mitfühlen, ovor sich diese Dame fürchtete, welche Angst und elche Sorgen sie hatte. Sie betonte in diesem Gespräch auch noch einmal: Frau Klöckner, ich lege Wert darauf, dass mein Wille mgesetzt wird, der dort drinsteht.“ Das war, liebe Koleginnen und Kollegen, bevor sie erfuhr, dass man auch ei einer einfachen Blinddarmoperation an Schläuchen iegt. Das war, bevor sie erfuhr, dass eine PEG-Sonde uch vorübergehend gelegt werden kann, um notwenige Arzneien besser verabreichen zu können. Die Dame hat diese Patientenverfügung zerrissen, eil, wie sie selber sagte, sie fürchtete, dass ihr eigenes chriftliches Wort lebensbedrohlich sein könnte. Sollte der Stünker-Entwurf Gesetz werden, sollte der chriftliche Wille des Patienten grundsätzlich unter allen mständen gelten, sollte dieser niedergeschriebene ille unabhängig von Art, Umfang und Stadium der Er rankung Wirkung erhalten, dann wäre diese Dame, ätte sie an Schläuchen liegen müssen, hätte sie eine EG-Sonde erhalten müssen (Dirk Manzewski [SPD]: Ist doch Quatsch! Sie hat das Ding doch zerrissen!)


(Joachim Stünker [SPD]: Sehr gut!)


nd wäre sie nicht mehr ansprechbar gewesen, vielleicht
chon tot.


(Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE]: Das ist doch eine Karikatur, was Sie da darstellen!)


olche Irrtümer möchten wir verhindern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617216900

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Jochimsen?


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1617217000

Nein, sie war ja eben dran, und ich möchte gerne wei-

ermachen.


(Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE]: Zur zerrissenen Patientenverfügung hätte ich schon gern eine Frage gestellt!)


Ich gehe aber gerne auf den Zwischenruf ein: Sie hat
ie deshalb zerrissen, weil wir darüber gesprochen hatten
nd sie auch mit ihrem Hausarzt darüber gesprochen
atte.


(Joachim Stünker [SPD]: Das ist es doch!)







(A) )



(B) )


Julia Klöckner
Hätte diese Dame aber nicht den Weg in die Sprech-
stunde gefunden und nicht daraufhin mit einem Arzt ge-
sprochen, sondern diese Patientenverfügung als solche
bei sich gehabt, dann wäre ihr genau dieser gerade be-
schriebene Irrtum unterlaufen. Das ist kein Irrtum, den
man einfach vom Tisch wischen kann, sondern ein sol-
cher Irrtum kann tödlich sein.


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bedenke das Ende und auch, was ein Gesetz im
schlimmsten Falle anrichten kann. Allein was im Gesetz
steht, ist nämlich entscheidend, und nicht, was darüber
Schönes gesagt worden ist.

Zurück zu meiner eben erwähnten Dame: Wenn sie
bei Bewusstsein ist, kann sie mit dem Arzt reden und
sich beraten und auch aufklären lassen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617217100

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Schieder?


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1617217200

Nein, ich würde jetzt gerne meine Rede zu Ende brin-

gen.


(Dirk Manzewski [SPD]: Sie hat aber noch nicht geredet!)


Deshalb halte ich es für ziemlich haarig, unberaten ei-
nen vermeintlichen Willen zum Lebensabbruch durchzu-
setzen – den Willen eines Patienten, der gar nicht
wusste, was in einer bestimmten Krankheitssituation
wirklich Sache ist.

Herr Stünker sagte einmal – ich habe das dem Presse-
spiegel entnommen –, wenn das so ist, dann habe der Pa-
tient eben Pech gehabt.


(Joachim Stünker [SPD]: Nein!)


Pech zu haben – –


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch unglaublich, was Sie da erzählen!)


– Ich zitiere ja nur das, was im Internet gestanden hat.
Wenn er es nicht so gesagt hat – –


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher zitieren Sie denn?)


– Ich habe es aus dem Internet herausgeholt. Wenn Sie
nach den Begriffen „Stünker“ und „Pech“ googeln, dann
finden Sie das.


(Joachim Stünker [SPD]: Woher haben Sie das wirklich?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617217300

Frau Kollegin Klöckner, jetzt würde der Herr Kollege

Stünker gerne eine Zwischenfrage stellen.

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(C (D Lieber Herr Stünker, Sie dürfen. Liebe Frau Kollegin Klöckner, ich glaube, wir sollten ieses Thema weiter sachlich behandeln. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1617217400
Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1617217500

ind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich eine
olche Äußerung, wo immer sie gestanden haben mag
nd wer das auch geschrieben haben mag, nie gemacht
abe? Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1617217600

Wenn Sie das so sagen, dann wird das wohl stimmen.


Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1617217700

Allein der Wortgebrauch, Frau Kollegin, wäre nicht

ein Niveau.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1617217800

Lieber Herr Stünker, eine Vertreterin Ihres Gesetzent-

urfs hat eben gesagt: Es ist ein Lebensrisiko, es kann
assieren, und dann soll man das auch hinnehmen. Das
eht etwa in die gleiche Richtung.


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


enn Sie behaupten, Sie hätten das nicht gesagt, dann
ehme ich das zurück. Ich verweise nur darauf, dass es
m Internet so steht. Wir können uns nachher gern noch
inmal darüber unterhalten.

Herr Stünker, ein zentraler Konstruktionsfehler und
einer Meinung nach der ethische Schwachpunkt in die-

em Gesetzentwurf ist, dass eine Patientenverfügung, die
uf Behandlungsabbruch zielt, unabhängig von Art und
tadium der Erkrankung verbindlich sein soll. Damit
ird der Bereich erlaubter Sterbehilfe überschritten.
enn es auf die Art und das Stadium einer Erkrankung

ar nicht mehr ankommt, dann ist das meiner Meinung
ach der Grund, warum wir einen anderen Gesetzent-
urf und einen neuen Kompromiss brauchen.

Wir möchten die Sterbehilfe auf Sterbende beschrän-
en. Die meisten von uns denken bei Sterbehilfe eigent-
ich an unheilbar Krebskranke, an hochbetagte Men-
chen, denen unnötige Operationen erspart werden
ollen. Wenn die Patientenverfügung über Sterbehilfe-
ituationen hinaus dazu dienen soll, jederzeit den eige-
en Tod anordnen zu können,


(Widerspruch bei der SPD)


ann kommt das der verbotenen aktiven Sterbehilfe und
uch dem Töten auf Verlangen bedenklich nahe.

Vertreter dieses Gesetzentwurfes haben gesagt, dass
atürlich kein dummes Zeug, das in einer solchen Pa-






(A) )



(B) )


Julia Klöckner
tientenverfügung steht, umgesetzt werden soll. Aber wer
bestimmt denn, was dummes Zeug ist und was nicht?

Wir schulden meiner Meinung nach den Betroffenen,
den Betreuern, den Angehörigen und den Ärzten – auch
Sie sagen dies – Rechtsklarheit über die Wirkung einer
gültigen Patientenverfügung. Eine gesetzliche Regelung
sollte sicherstellen, dass das Selbstbestimmungsrecht der
Patienten gestärkt wird, aber ohne dass bei der Umset-
zung einer Verfügung das Wohl der Patienten völlig be-
langlos wird. Insofern halten wir es auch für unverständ-
lich oder nicht nachvollziehbar, dass zum Beispiel im
Stünker-Entwurf die Angehörigen keine Rolle spielen,
dass sie nicht automatisch gehört werden sollen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt überhaupt nicht! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gegenteil steht im Gesetzentwurf!)


Das Problem beim Stünker-Entwurf ist: Im Begrün-
dungsteil ist vieles sehr sensibel formuliert; aber letztlich
gilt das, was im Gesetz steht. Das Gesetz ist das Ent-
scheidende und nicht das, was in der Begründung steht
oder was Sie über Ihr Gesetz sagen.


(Dirk Manzewski [SPD]: Gesetze haben ausgelegt zu werden! Der Wille ist entscheidend!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617217900

Frau Kollegin Klöckner, ich muss Sie an Ihre Rede-

zeit erinnern. Ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1617218000

Wir sind der Meinung, dass wir beides im Blick ha-

ben sollten: Selbstbestimmung, aber auch die Schutz-
funktion des Staates. Das sind Mindeststandards einer
humanen Gesellschaft. Leben braucht Liebe, und auch
Sterben braucht Liebe und deshalb eine menschenwür-
dige Begleitung. Dazu kann es keine Alternative geben.

Besten Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617218100

Ich gebe das Wort der Kollegin Katrin Göring-

Eckardt, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
„Verurteilt zum Leben“ und „Sterben verboten“ sind die
Überschriften dieser Tage. Wahrscheinlich sind es nicht
umsonst zwei juristische Begriffe. Man hat in Deutsch-
land heute keine Angst vor dem Tod. Man hat Angst vor
dem Sterben – es ist darüber gesprochen worden –; man
hat Angst vor würdelosem Sterben, vor Schläuchen,
Neonlicht, Beatmungsmaschinen und ganz besonders
vor künstlicher Ernährung. Es ist die Angst, ohne eine
Hand zu sein, ohne den Blick, der den Menschen wirk-
lich meint, der fragt: Was will er oder sie tatsächlich?
Die zusammengekniffenen Lippen sind wahrscheinlich
das allerbeste Zeichen für das, was jemand möchte,

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(C (D enn er nicht künstlich ernährt werden will. Dafür raucht es in erster Linie den Blick, das Hinsehen, in weiter Linie vielleicht eine Patientenverfügung. Können wir wirklich sagen, dass all das, wovor diese enschen Angst haben, mit dem Gesetzentwurf über die atientenverfügung, der heute hier vorliegt, anders wird? (Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE]: Sagen wir doch gar nicht!)


elfen Paragrafen, einige Blätter Papier, das zu definie-
en, was hier Selbstbestimmung genannt wird? Nach un-
erer letzten Debatte hier im Plenum haben viele Kolle-
innen und Kollegen sehr zweifelnd gefragt: Was
önnen wir an dieser Stelle eigentlich überhaupt regeln?
uch mich hat diese Frage sehr umgetrieben. Sterben ist

ben kein Wenn-dann-Schema. Irgendetwas ankreuzen,
as dann Sicherheit, ja Rechtssicherheit versprechen

oll, Planbarkeit suggeriert, die niemals zu erlangen ist –
ird das dem Sterben gerecht?

Nein, es geht nicht darum, Menschen vor sich selbst
u schützen. Das würde meinem Begriff, meiner Vorstel-
ung von Freiheit völlig widersprechen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na endlich sagt das mal einer!)


s geht darum, zu Selbstbestimmung zu verhelfen, auch
enn man dieser Selbstbestimmung in diesem Augen-
lick selbst keinen Ausdruck geben kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Selbstbestimmung bedeutet immer auch Selbstver-
ügbarkeit. Ehrlich gesagt: Die Vorstellung, ich müsste
ich im Leben immer an das halten, was ich einmal für
ich beschlossen habe, erschreckt mich schon morgens

eim Aufstehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss doch auch niemand!)


Etwas Neues, etwas anderes zu denken, ein unge-
anntes Gefühl plötzlich und ganz ohne Erwartung – all
as sind doch Dinge, die wir im Alltag normal, sogar
pannend und wünschenswert finden. Und trotzdem: Es
leibt die sehr verständliche Angst, ausgeliefert zu sein.

Wie entsteht die Sicherheit, dass mit mir nicht ge-
chieht, was ich ganz bestimmt nicht wollte und auch
icht wollen würde? Ich bin überzeugt, diese Sicherheit
ntsteht auch mit Patientenverfügungen, aber vor allem
it dem Gespräch, mit dem Eingebettetsein in die Men-

chen und in die Vorgänge, die im Leben eine Rolle ge-
pielt haben. Dieses sollten wir nicht ausschließen, liebe
olleginnen und Kollegen,


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tun wir auch nicht! – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das will doch auch niemand!)







(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt
sondern fördern, indem wir die Vertrauensperson stär-
ken. Dieser Vertrag, um den es hier geht, ist kein Vertrag,
der widerrufbar ist.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich ist er das! Aber selbstverständlich!)


Genau deswegen geht es eben nicht um Paternalismus.
Dieser Vertrag ist einer, bei dem das Kleingedruckte erst
danach entsteht.


(Joachim Stünker [SPD]: Es gibt kein Kleingedrucktes!)


Die Frage danach, ob man jemandem zur Last fällt,
wird viele Menschen, die Patientenverfügungen schrei-
ben, umtreiben und treibt sie schon heute um. Nein, es
muss niemand eine Patientenverfügung unterschreiben;


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


aber auch wenn dies niemand muss, fühlen sich heute
viele dazu getrieben, gezwungen oder zumindest impli-
zit aufgefordert.


(Widerspruch bei der SPD)


Ich finde, das sollten wir berücksichtigen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617218200

Frau Kollegin, auch Sie muss ich an die Zeit erinnern.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Ich will
an dieser Stelle sagen: Nein, es geht nicht darum, jeman-
den vor sich selbst zu bewahren. Es geht nicht darum,
liebe Birgitt Bender, die Freiheit einzuschränken, son-
dern es geht darum, die Freiheit auch in dem Augenblick
zu bewahren, in dem ich ihr nicht mehr selber mit den ei-
genen und normalen Mitteln zum Ausdruck verhelfen
kann. Um diese Freiheit und um diese Art von Empathie
in unserer Gesellschaft geht es.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617218300

Ich gebe das Wort dem Kollegen Christoph Strässer,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1617218400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich glaube, wir sind nach drei, vier, fünf Jahren sehr in-
tensiver Diskussion zu diesem Thema in einem Stadium
der Gesetzesberatung, das viele Beiträge, die ich heute
hier gehört habe, nicht angemessen erscheinen lässt. Das
möchte ich vorab sagen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Göring-Eckardt, ich meine, Sie haben eine sehr
utreffende Definition des Begriffes „Selbstbestim-
ung“ vorgenommen. Allerdings glaube ich, dass Sie

iese mit Ihrer letzten Bemerkung gleich wieder zerstört
aben. Denn es geht hier nicht darum, dass irgendje-
and gezwungen werden soll, irgendetwas anzukreuzen,

ass irgendjemand getrieben wird, irgendetwas zu ma-
hen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as ist absolut nicht der Fall.

Ich definiere allerdings Selbstbestimmung so – ich
laube, das ist die zutreffende Definition –: Für denjeni-
en, der, ohne von irgendjemandem dazu gezwungen
orden zu sein, beschreiben will, wie er sich sein Leben

m Lebensende vorstellt, muss ich gesicherte Rahmen-
edingungen schaffen, damit er dies kann, und ich muss
ewährleisten, dass dieser Wille auch eingehalten wird.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as ist Selbstbestimmung, und dafür treten wir in dieser
useinandersetzung ein.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber nur Ihre Definition!)


Lesen Sie einmal alle Entscheidungen des Bundesver-
assungsgerichts zu Art. 2 nach! Lesen Sie einmal alle
rteile des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in
iesem Zusammenhang nach! Dann bekommen Sie viel-
eicht einen anderen Eindruck.

Ich will auch zur Frage der Notwendigkeit einer Re-
elung etwas sagen. Nach meiner Wahrnehmung gibt es
einen anderen Bereich oder nur sehr wenige Bereiche,
n denen aus der Mitte der Gesellschaft Ansprüche an
en Gesetzgeber so gestellt worden sind wie zur Rege-
ung dieses Sachverhalts. Wir tun gut daran, dies zur
enntnis zu nehmen und hier eine Regelung zu schaffen,
ie transparent und nachvollziehbar ist und die letztend-
ich die Rechtssicherheit schafft, die wir in diesen Fra-
en brauchen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich wehre mich ganz massiv dagegen, dass hier so ge-
an wird, als bestehe ein Gegensatz zwischen der gesetz-
ichen Regelung einer Verfügung eines einzelnen Men-
chen einerseits und der Betreuung sowie der
erbesserung der Palliativmedizin andererseits. Das ist
enau nicht der Fall.






(A) )



(B) )


Christoph Strässer

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP])


Wir wollen Klarheit schaffen. Deutschland – das war in
den letzten Jahren immer wieder ein Thema – liegt an
letzter Stelle, was den Bereich Palliativmedizin angeht.
Wir haben Nachholbedarf bei den Hospizbewegungen.
Für die Ärzte, für die Pflegerinnen und Pfleger und für
all die Menschen, die tagtäglich mit dem Sterben zu tun
haben und die Angst haben, zu handeln, weil sie nach ih-
rer Meinung mit einem Bein im Gefängnis stehen, wol-
len wir Rechtssicherheit schaffen. Sie sollen keine Sorge
um ihre persönliche Integrität haben und nicht Handlun-
gen durchführen müssen, die ihnen zum Nachteil gerei-
chen. Genau das wollen wir.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP])


Die zentrale Frage, um die es geht, ist: Was darf und
muss in einer Patientenverfügung verbindlich für den
Fall geregelt werden, dass ein Patient entscheidungsun-
fähig wird? Wir haben hier schon Beispiele gehört, die
aus meiner Sicht sehr klar sind. Wenn jemand, der ent-
scheidungsfähig ist, formuliert, dass er keine lebenser-
haltenden Maßnahmen will, dann ist jeder Eingriff, den
der Arzt vornimmt, eine Körperverletzung. Ich kann
nicht akzeptieren – damit komme ich auf mein Verständ-
nis des Begriffes „Selbstbestimmung“ zurück; ich
glaube, das ist das vorherrschende Verständnis –, dass
diesem Patienten gesagt wird, dass der in einer bestimm-
ten Situation von ihm geäußerte und schriftlich niederge-
legte Wille in dem Augenblick endet, in dem er nicht
mehr entscheidungsfähig ist. Das ist nach meiner Mei-
nung das Ende der Selbstbestimmung eines Patienten,
was die Regelung eines ganz konkreten Sachverhaltes
angeht.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP])


Ich will noch auf einen Punkt eingehen, den man
rechtlich vielleicht schärfer formulieren müsste. Es ist
der mutmaßliche Wille angesprochen worden, der zu er-
mitteln ist. Es ist zum Teil gesagt worden – das halte ich
auch rechtlich für falsch –, wir können es deshalb nicht
schärfer formulieren, weil der Wille des Betreuers im
Zentrum steht. Nein, es geht darum – das gilt schon seit
mehr als 120 Jahren; überall wird es praktiziert –, den
Willen des Betreuten zu ermitteln.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])


Es geht nicht um den Willen des Betreuers oder des Be-
vollmächtigten, sondern um den Willen desjenigen, der
sich nicht mehr äußern kann.

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(C (D Das Betreuungsrecht ist das maßgebliche Recht, enn es um die Regelung geht, was ein Betreuer oder in Bevollmächtigter in einer solchen Situation tun darf zw. tun muss. Damit komme ich noch einmal auf das elbstbestimmungsrecht zurück. (Abg. Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu. – Was
on den beiden großen Kirchen formuliert worden ist, ist
us meiner Sicht eine Fehlinterpretation. Wir sagen
icht, dass es nur um das Selbstbestimmungsrecht geht.
ir sind allerdings der Meinung, dass das Selbstbestim-
ungsrecht die zentrale Auslegungsrichtlinie für die Er-

orschung des Willens eines Patienten ist. Es ist nicht das
inzige, aber das wesentliche Instrument, mit dem der
ille des Patienten erforscht werden kann, damit der
rzt oder der Betreuer zu einer entsprechenden Ent-

cheidung kommen kann. Ich glaube, das ist eine zumut-
are Entscheidung – auch unter ethischen Aspekten.

Ich hoffe – ich wäre sehr froh darüber –, dass wir in
ieser Diskussion in Zusammenarbeit mit Sachverstän-
igen zu einer verantwortbaren Entscheidung kommen,
ie letztendlich das Leben des Menschen in den Mittel-
unkt stellt. Denn in Deutschland ist Folgendes noch un-
erentwickelt: Der Tod und das Sterben sind Bestandteile
es Lebens. Jeder Mensch hat letztendlich darüber zu
ntscheiden, wie er dies gestalten will. Dafür sollten wir
ine vernünftige Regelung finden, und das ist im Mo-
ent der Stünker-Entwurf.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617218500

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

r. Hans Georg Faust, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hans Georg Faust (CDU):
Rede ID: ID1617218600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ie Diskussion über eine Patientenverfügung macht
eutlich, dass wir uns an der Grenze dessen befinden,
as gesetzlich normierbar ist. Deshalb muss man in ei-
er gesetzlichen Regelung behutsam vorgehen. Sie muss
er Vielfalt der Situationen am Ende des Lebens Rech-
ung tragen, und man muss sich in ihr klar zu dem
rundsatz bekennen, dass jedes Leben seinen Wert hat.
ie Förderung der Hospizbewegungen und der Palliativ-
edizin ist Ausdruck dieser Erkenntnis.

Im Ringen um eine gesetzliche Regelung müssen wir
en Patientenwillen, Fürsorge und Schutz sorgsam aus-
arieren. Für die Vielfalt der Lebens- und Sterbensfor-
en – das ist ungleich schwieriger – müssen wir dann

in verantwortungsvolles Vorgehen zulassen. Sterben ist
ben, wie der Präsident der Bundesärztekammer, Profes-
or Hoppe, sagt, nicht normierbar.






(A) )



(B) )


Dr. Hans Georg Faust
Ich bin dem Kollegen Stünker und den anderen Auto-
ren des vorgelegten Gesetzentwurfes dankbar – dankbar
dafür, dass sie Stellung bezogen haben. Ich begegne die-
ser Position mit Respekt und begrüße ausdrücklich, dass
sie, wie dies auch in allen anderen Entwürfen aus diesem
Hause, die ich kenne, der Fall ist, die aktive Sterbehilfe
ablehnen.

Dennoch scheint mir der Ansatz dieses Gesetzent-
wurfs nicht tragfähig zu sein; denn er berücksichtigt
nicht die Vielfalt der individuellen Situationen am Le-
bensende. Jedes Leben ist einzigartig – vom Anfang bis
zum Ende. Das bedeutet, dass auch jeder Krankheitsver-
lauf individuell ist ebenso wie die persönliche Einstel-
lung und das persönliche Empfinden.

Gerade für den nichteinwilligungsfähigen Patienten
muss eine Lösung geschaffen werden, die das Arzt-Pa-
tienten-Verhältnis in seinem Wert belässt, eine Lösung,
die die Vertrauensperson des Patienten und, wenn es
nicht anders geht, auch das Vormundschaftsgericht mit
einbezieht.


(Beifall der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])


Dieser Individualität wird der heute debattierte Entwurf
nicht gerecht. Die einseitige Konzentration auf das vorab
Verfügte lässt keinen ausreichenden Raum für alle Betei-
ligten, individuell, sorgfältig und fürsorglich den aktuel-
len Willen des einwilligungsunfähigen Patienten zu er-
mitteln und entsprechend zu handeln.

Ich betone: Wichtig ist in diesem Zusammenhang,
dass durch eine Patientenverfügung kein Automatismus
in Gang gesetzt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christoph Strässer [SPD]: Das sagen wir auch!)


Jeder Einzelfall muss individuell und gründlich bewertet
und auch der Stand des medizinisch-technischen Fort-
schritts muss berücksichtigt werden. Ärzte, Betreuer
oder Bevollmächtigte müssen sich mit jeder einzelnen
Patientenverfügung intensiv auseinandersetzen. Sie alle
haben die Pflicht, beim Entscheidungsunfähigen sorgfäl-
tig zu ermitteln, ob der in der Patientenverfügung geäu-
ßerte Wille mit der aktuellen Gesamtsituation überein-
stimmt.

Nehmen wir einen Patienten auf der Intensivstation,
der nach einem Unfall bewusstlos ist und aufgrund eines
Schockzustandes sowohl ein Lungen- wie auch ein Nie-
renversagen hat. Er wird beatmet und mit der künstli-
chen Niere behandelt. Dies ist eine lebensbedrohliche,
aber nicht unumkehrbar zum Tode führende Situation.
Jede weitere hinzutretende Komplikation, wie zum Bei-
spiel ein Versagen des Gerinnungssystems, mindert die
Überlebenschancen dieses Patienten.

Wie konkret muss die Situation beschrieben sein, da-
mit der Wille des Patienten zum Abbruch der Intensivbe-
handlung umgesetzt wird? Die kurze Formulierung „Ich

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(C (D öchte nie an Schläuchen hängen“ wird hier sicher nicht enügen können. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


ennoch scheint der Wille des Patienten, bei zunehmend
eringeren Überlebenschancen diese Behandlung nicht
ehr erfahren zu müssen, so verständlich zu sein, dass
an auch als Arzt an eine Umsetzung denken muss.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden diese
ragen lösen müssen. Wir werden auch tagtäglich auftre-

ende Fragen, wie zum Beispiel die Entscheidung, ob
ine PEG-Sonde bei einem nichteinwilligungsfähigen,
ementen Patienten gelegt wird oder nicht, regeln müs-
en; denn mit dem Legen einer PEG-Sonde nimmt die
rankheit eines Menschen schlagartig einen ganz ande-

en, verlängerten und manchmal sehr unwürdigen Ver-
auf.

Ich gehe davon aus, dass wir im Verlauf des Gesetz-
ebungsverfahrens zu einer von der Gesellschaft akzep-
ierten Lösung kommen werden. Eine Frage, die in je-
em Fall geklärt werden muss, ist die nach der Rolle des
ormundschaftsgerichtes und den Voraussetzungen, un-

er denen es angerufen werden kann. Ich bin der Auffas-
ung, dass das Vormundschaftsgericht nur dann, wenn
rzt und Betreuer oder Bevollmächtigter unterschiedli-

her Auffassung sind, den Inhalt der Patientenverfügung
lären und festlegen sollte, ob eine Behandlung durchzu-
ühren oder abzubrechen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist das bei uns geregelt!)


Erst die moderne Medizin hat uns die Möglichkeit ge-
eben, auch im hohen Alter oder bei schweren Erkran-
ungen Leben zu erhalten. Diese Fähigkeit kann dazu
ühren, dass das Sterben nicht mehr als ein natürlicher
rozess, sondern als eine Kette von Entscheidungen über
ie Beendigung von lebensverlängernden medizinischen
aßnahmen bis hin zum Verzicht auf solche Maßnah-
en empfunden wird. Es ist uns aber gegeben, durch ei-

en klugen gesetzlichen Rahmen und individuelle, von
itmenschlicher Verantwortung geprägter Sorge einem

orab verfügten Willen am Lebensende die Geltung und
msetzung zu verschaffen, die sich der Verfasser ge-
ünscht hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617218700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 16/8442 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
ann ist die Überweisung so beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a und 9 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Karl Addicks, Christian
Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Flexibler Eintritt in die Rente bei Wegfall der
Zuverdienstgrenzen

– Drucksache 16/8542 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth,
Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kurs halten bei der Erwerbsintegration von
älteren Beschäftigten – Teilrenten erleichtern

– Drucksache 16/9748 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem
Kollegen Dr. Heinrich Kolb, FDP-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1617218800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Spätestens seit der Erhöhung der starren Regelalters-
grenze für den Renteneintritt auf 67 Jahre gibt es eine
Diskussion darüber, wie der Übergang vom Erwerbsle-
ben in den Ruhestand flexibler gestaltet werden kann,
um den Interessen der Menschen besser gerecht zu wer-
den. Die einen setzen auf mehr Altersteilzeit – darüber
werden wir später unter einem anderen Tagesordnungs-
punkt diskutieren –, die anderen – das gilt für die FDP
von Beginn an – setzen auf die Möglichkeit eines flexi-
blen Renteneintritts ab dem 60. Lebensjahr.

Mit dem heute in erster Lesung zu beratenden Antrag
auf Drucksache 16/8542, den die FDP inhaltlich weitge-
hend deckungsgleich bereits am 7. März 2007 – damals
unter der Drucksache 16/4618 – eingebracht hatte, wie-
derholen wir unser Angebot an die Fraktionen des Deut-
schen Bundestages, mit breiter Zustimmung eine Lösung
für das Problem der angemessenen Beschäftigungsteil-
habe im Alter zu finden.

Grundgedanke des FDP-Konzepts ist ein Paradig-
menwechsel, also ein grundlegend neuer Ansatz bei der
Gestaltung der politisch gesetzten Rahmenbedingungen
hinsichtlich des Übergangs von der Arbeit zur Rente.
Nicht mehr ein möglichst frühes Ausscheiden aus dem
Arbeitsprozess, sondern eine möglichst lange Teilhabe
am Erwerbsleben muss zum neuen Leitbild werden. Wer

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(C (D ber lange Teilhabe will, muss auch Flexibilität bieten. as Anheben des Rentenzugangsalters auf 67 Jahre ent pricht zwar der steigenden Lebenserwartung; es entpricht aber nicht der Realität, dass viele Menschen im lter nur noch eingeschränkt arbeiten können oder wol en, aus Gesundheitsgründen, aufgrund der Arbeitsarktlage oder einfach aufgrund eigener Präferenzen. Wir kommen den Wünschen der Menschen entgegen. ach den Ergebnissen einer Bertelsmann-Studie wün chen sich zwei Drittel der Befragten, den Übergang om Erwerbsleben in die Rente flexibel gestalten zu önnen. Letztlich geht es darum, das Rentenrecht von em bevormundenden Denken zu befreien und den ünschen der Menschen Vorrang vor willkürlichen estlegungen, wann und wie sie ihre eigenen Rentenanartschaften abrufen können, zu geben. Hier unser Vorschlag im Einzelnen: Erstens. Nach unserem Konzept soll für alle Versiherten der Rentenzugang ab 60 Jahren möglich sein, obei die Versicherten wählen können, ob sie eine Voll ente oder eine Teilrente aus den bis zu diesem Zeitpunkt rworbenen Entgeltpunkten beziehen wollen. (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Ist die Höhe auch wählbar?)


Aus den Entgeltpunkten ergibt sich die Höhe.

Voraussetzung für diesen flexiblen Rentenzugang ist
llein die Grundsicherungsfreiheit, also der Umstand, dass
ie Summe der gesetzlichen, betrieblichen und privaten
ltersversorgungsansprüche des Versicherten – unter Be-

ücksichtigung von Abschlägen für einen vorzeitigen Ver-
orgungsbezug – ab dem Zeitpunkt des Renteneintritts
ber dem Niveau der Grundsicherung liegt.


(Anton Schaaf [SPD]: Zusätzliche Bürokratie! – Zuruf des Abg. Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE])


ie Prüfung erfolgt für die Bedarfsgemeinschaft, Herr
ollege Schneider, sodass beispielsweise ebenfalls für
rauen regelmäßig der flexible Rentenzugang möglich
ird. Wir gehen davon aus, dass 90 Prozent der Versi-

herten diese Möglichkeit werden nutzen können. Wir
ehen auch davon aus, dass die Entscheidung für eine
eilrente der Normalfall sein wird. Aber es gibt keinen
rund, nicht auch die Möglichkeit zur Entscheidung für

ine Vollrente zu eröffnen.

Zweitens. Die Grenzen für den Zuverdienst neben
em Rentenbezug werden aufgehoben. Es gibt für solche
renzen keine stichhaltige Begründung mehr. Die Versi-

herten können selbst entscheiden, ob und in welchem
mfang sie neben einem Rentenbezug noch erwerbstätig

ein wollen. Dadurch wird es möglich, den Lebensstan-
ard auch bei einem vorzeitigen Rentenbezug zu halten.
ichtig ist: Für den Zuverdienst sind Sozialversiche-

ungsbeiträge – mit Ausnahme der Arbeitslosenver-
icherung – zu zahlen. Die durch die Rentenversiche-
ungsbeiträge aus dem Zuverdienst neu erworbenen
ntgeltpunkte können vom versicherten Arbeitnehmer
u einem von ihm wählbaren späteren Zeitpunkt zur Er-
öhung der eigenen Rente und damit auch zur teilweisen






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
Schließung von aus Abschlägen entstehenden Versor-
gungslücken eingesetzt werden.

Drittens. Mit einem individuellen Zugangsfaktor wird
der Zeitpunkt des Rentenzugangs ab dem 60. Lebensjahr
berücksichtigt. Wichtig ist: Je länger der Versicherte ar-
beitet, desto höher ist der Zugangsfaktor. So werden
– von Jahr zu Jahr – Menschen ermutigt, erwerbstätig zu
bleiben. Im aktuellen Rentenwert wird zudem für jede
Alterskohorte die zu erwartende durchschnittliche Ren-
tenbezugsdauer berücksichtigt. Dadurch wird eine ge-
rechte Verteilung der Lasten der Alterung auf die einzel-
nen Jahrgänge erreicht.

Es erscheint mir als ganz wichtig, Herr Schaaf, zu be-
tonen, dass dieser Ansatz der FDP sehr gut kombiniert
werden kann mit Branchentarifvereinbarungen für eine
ergänzende Altersvorsorge, die durch Abschläge entste-
hende Lücken schließen helfen. Gerade in Branchen, in
denen es eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Wunsch
nach einem frühen Renteneintritt gibt, zum Beispiel bei
körperlich stark belastender Tätigkeit, sind die Tarifpart-
ner aufgerufen, flankierende Regelungen zu treffen.


(Anton Schaaf [SPD]: Das hat mit Wunsch nichts zu tun! Das ist Notwendigkeit!)


Unser Modell lässt sich auch mit der Nutzung von Gut-
haben auf Lebensarbeitszeitkonten sehr gut kombinie-
ren. Branchentarifvereinbarungen und die Nutzung von
Lebensarbeitszeitkonten stellen sicher, dass der flexible
Übergang für breite Teile der Versicherten attraktiv ist
und bleibt.

Soweit der FDP-Vorschlag. Ich freue mich, dass ich
ihn heute einmal ausführlich vorstellen konnte und dass
ich feststellen kann, dass über den FDP-Vorschlag, der
bei der ersten Vorlage am 9. März 2007


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Durchgefallen ist!)


von Ihnen noch ablehnend kommentiert wurde, mittler-
weile ein Stück weit Konsens hier im Hause besteht.


(Zuruf von der SPD: Was?)


Nur die Linke und Teile der CDU/CSU sind noch kri-
tisch. Die SPD, Herr Schaaf, zeigte sich nach erster
scharfer Kritik frühzeitig offen. Sie haben den Kern un-
seres Vorschlages in Ihrem Bundesvorstandsbeschluss
„Chancen auf gute Arbeit verbessern – Leistungsgerech-
tigkeit sichern“ übernommen. Das können Sie nicht be-
streiten.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das ist jetzt ungerecht gegenüber der SPD! Das Lob ist ungerecht!)


Dort heißt es unter Punkt 3, dass nach Auslaufen der Al-
tersteilzeitförderung – ich zitiere das hier gern – „ein fle-
xibler Übergang ab dem 60. Lebensjahr in die Rente er-
möglicht werden kann.“ Unter Punkt 5 heißt es, dass die
Sozialpartner und Tarifparteien zusätzliche Leistungen
vereinbaren können, die helfen sollen, Abschläge auszu-
gleichen oder zu vermindern. Herr Schaaf, auf dieser Ba-
sis müsste bei den kommenden Beratungen doch eigent-
lich eine Einigung möglich sein.

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(C (D Herr Kollege Kolb. Frau Präsidentin, ich hätte gern noch mehr gesagt, um Beispiel zu dem Verhalten der Grünen, der Linken der der CDU/CSU. Nein, Herr Kollege Kolb, Sie müssen zum Ende kom en. Die Zeit lässt es nicht mehr zu. Ich freue mich da über, dass mittlerweile Offenheit gegenüber unserem orschlag besteht, und auf die Beratungen im Auschuss. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Gern geschehen!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617218900
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1617219000
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617219100
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1617219200


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617219300

Ich gebe das Wort dem Kollegen Dr. Ralf Brauksiepe,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1617219400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ie Große Koalition hat in dieser Legislaturperiode eine
ute Rentenpolitik gemacht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt!)


ute Rentenpolitik ist nicht immer populär. Deswegen
ind alle Oppositionsfraktionen in die Populismusfalle
etappt und haben die Rente mit 67 abgelehnt. Die An-
räge, über die wir hier heute diskutieren, sind Ausdruck
es schlechten Gewissens, das die Opposition hat. Das
st der untaugliche Versuch, dem Populismus mit diesen
nträgen einen seriösen Anstrich zu geben. Diese Taktik
eht nicht auf.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Lassen Sie mich bei der FDP anfangen. Herr Kollege
olb, Sie haben von den Wünschen der Menschen und
on Flexibilität gesprochen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja!)


ie hätten eigentlich nur noch behaupten müssen, dass
ich jeder, wenn es nach Ihnen ginge, die Höhe seiner
ente selbst aussuchen dürfte. Das, was Sie betreiben,

st Scharlatanerie.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was sagen Sie? Das ist ja von vorgestern! Da sind die Kollegen Veit und Weiß aber schon viel weiter als Sie!)


as, was Sie vorschlagen, liefe, sofern es überhaupt von
elevanz wäre, auf einen Teilrückzug der Besserverdie-






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
nenden aus der Solidargemeinschaft hinaus, auf nichts
anderes.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie sagen: Jeder, dessen Rente über dem Grundsiche-
rungsniveau liegt, soll mit 60 in Rente gehen können.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja! Jeder soll können, aber nicht müssen!)


Auf wen trifft das denn heute zu, und auf wen wird das
in Zukunft zutreffen? Sind das die Kollegen von der
Fahrbereitschaft des Bundestages? Ist das der Friseur, zu
dem Sie gehen?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der berühmte Eckrentner zum Beispiel!)


Sind das die Briefträger, die Ihnen Ihre Post bringen?
Sind das diejenigen, die schon mit 60 so hohe Rentenan-
sprüche haben?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ist der Eckrentner etwa ein Besserverdienender?)


Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn sich das
überhaupt rechnet, dann für die Besserverdienenden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Noch einmal, Herr Brauksiepe: Gehört der Eckrentner dazu?)


Sie wollen, dass sich die Besserverdienenden von der
Zahlung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags verab-
schieden. Die Begründung, die Sie hierfür liefern, lautet,
dass auch auf Hinzuverdienste dann keine Arbeitslosen-
versicherungsbeiträge mehr gezahlt werden müssten.
Das ist wirklich interessant. In Ihrem Antrag heißt es:

Der Wegfall des Arbeitslosenversicherungsbeitra-
ges bedeutet aus Sicht der Unternehmen einen
Kostenvorteil. … Aus Sicht der Arbeitnehmer er-
höht sich das verfügbare Einkommen.

Wunderbar! Ich frage mich nur: Wieso sollen die Leute
dann noch gesetzlich krankenversichert sein? Mit dieser
Begründung könnten Sie nämlich genauso gut argumen-
tieren, dass es für die Unternehmen billiger ist und das
aktuelle Einkommen erhöht, wenn jemand nicht gesetz-
lich krankenversichert ist. Das ist aber der falsche Weg.
Wir wollen nicht, dass Menschen mit 60 Jahren zum al-
ten Eisen gezählt werden. Wir wollen nicht, dass 60-Jäh-
rige Vollzeitbeschäftigte ihre Arbeit ohne den Schutz der
Arbeitslosenversicherung verrichten müssen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was erzählen Sie denn da?)


Das ist mit uns nicht zu machen, liebe Kolleginnen und
Kollegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben es wirklich nicht verstanden, Herr Kollege Brauksiepe!)


Der entscheidende Punkt ist: Sie drücken sich nach
wie vor vor der Antwort auf die Frage, wo Ihrer Mei-
nung nach das gesetzliche Renteneintrittsalter liegen soll

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(C (D nd welcher Maßstab zur Berechnung der Höhe der Abchläge und der Entgeltpunkte herangezogen werden oll. Wir hingegen sind da ehrlich. Jeder weiß: Wer heute it 63 Jahren in Rente geht, muss Abschläge von ,2 Prozent hinnehmen. Wer im Jahr 2029 mit 63 Jahren n Rente geht, wird Abschläge von 14,4 Prozent zu vereichnen haben. Wir haben klipp und klar gesagt: Wer ieben Jahre früher, also mit 60 Jahren, in Rente gehen ill, muss Abschläge von 25,2 Prozent hinnehmen. Das ann sich kein normaler Arbeitnehmer leisten. eswegen reden wir gar nicht mehr davon. Sie reden von der durchschnittlichen Lebenserwarung und vom Renteneintrittsalter, drücken sich aber um ie Antwort auf die Frage, was für Sie der Maßstab ist. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Wir sagen: Die Logik muss verändert werden! Wir brauchen keine Abschläge, sondern Zuschläge! Sie haben es nicht verstanden, Herr Brauksiepe!)


(Anton Schaaf [SPD]: So ist es!)


ollen Sie die Rente mit 67? Akzeptieren Sie, dass die
enschen angesichts der steigenden Lebenserwartung

uch länger arbeiten müssen? Sie drücken sich vor den
ntworten auf diese Fragen. Das lassen wir Ihnen nicht
urchgehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Unverantwortlich, diese FDP!)


Im Übrigen haben Sie manchmal offenbar den glei-
hen Textschreiber wie der Deutsche Gewerkschafts-
und.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


er DGB hat nämlich ebenfalls ein Papier zur Rentenpo-
itik vorgelegt, in dem es heißt, dass immer mehr Men-
chen von längeren Phasen der Arbeitslosigkeit betrof-
en sind. Auch Sie haben in der Begründung Ihres
ntrags geschrieben:

Aktuell sind überhaupt nur noch 45 Prozent der
über 55-Jährigen … erwerbstätig.

ie Realität sieht aber anders aus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum spielen Sie
igentlich mit falschen Zahlen? Ausweislich amtlicher
tatistiken waren im zweiten Quartal des letzten Jahres
2 Prozent der über 55-Jährigen in Beschäftigung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das sind doch alte Zahlen!)


ch wiederhole: 52 Prozent, Tendenz steigend. Sie be-
aupten, es seien 45 Prozent, Tendenz sinkend.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie bitte? Wie kommen Sie denn jetzt auf „Tendenz sinkend“? Das haben wir überhaupt nicht behauptet! Dass diese Zahl steigt, ist klar! Das alleine reicht aber nicht!)







(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
Wer mit falschen Zahlen operiert, kann nur zu falschen
Lösungen kommen. Diese Trickserei lassen wir Ihnen
nicht durchgehen. So einfach ist das.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das, was Sie da sagen, ist doch Unsinn! Wenn Sie mehr Menschen motivieren wollen, dann müssen Sie ihnen auch mehr Flexibilität anbieten! Das hat übrigens auch der Kollege Weiß gesagt!)


Jetzt komme ich zu dem Antrag, den das Bündnis 90/
Die Grünen vorgelegt hat. Er fängt eigentlich ganz gut
an,


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nicht nur das! Er endet auch gut!)


nämlich mit der Überschrift „Kurs halten bei der Er-
werbsintegration von älteren Beschäftigten – Teilrenten
erleichtern“. Sie haben schließlich allen Grund, Ihr
schlechtes Gewissen zu erleichtern. Denn Sie haben den
Gesetzentwurf zur Rente mit 67 wegen einer Erleichte-
rung für langjährige Beitragszahler abgelehnt.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bitte?)


Sie haben damals gesagt, es sei nicht in Ordnung, wenn
Menschen, die 45 Versicherungsjahre vorzuweisen ha-
ben, mit 65 weiterhin abschlagsfrei in Rente gehen kön-
nen. Sie haben behauptet, das sei verfassungswidrig.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Warten wir es ab!)


Als Sie an diesem Pult standen, haben Sie prognosti-
ziert, der Herr Bundespräsident werde dieses Gesetz
nicht unterzeichnen, weil es verfassungswidrig sei.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das muss ja noch geprüft werden!)


Dabei ist aber nichts herausgekommen. Wir haben ein
gutes, richtiges und selbstverständlich verfassungskon-
formes Gesetz auf den Weg gebracht.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Na ja! Das wird erst einmal geprüft!)


Insofern haben Sie durchaus Nachholbedarf, wenn es da-
rum geht, einen vernünftigen Antrag vorzulegen.

Ihr Antrag fängt aber gut an, und zwar mit einem Hin-
weis – ich zitiere –:

Die Altersteilzeit dient dabei als Vorruhestandsmo-
dell und steht dem Ziel der besseren Erwerbsbeteili-
gung Älterer und der Verlängerung der Lebensar-
beitszeit entgegen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja!)


Sehr richtig.

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(C (D Im weiteren Verlauf nimmt das Leistungsniveau Ihres ntrags jedoch katastrophal ab. So heißt es an anderer telle in Ihrem Antrag: Wer seine Arbeitszeit reduzieren will, kann ab dem 60. Lebensjahr eine Teilrente beantragen. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja, aber nicht zulasten der Allgemeinheit!)


ir haben all die Anstrengungen im Hinblick auf Wei-
erbildung und Qualifizierung Älterer doch nicht unter-
ommen, um sie dann mit 60 in Rente oder Teilrente zu
ntlassen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was sagt denn Herr Rüttgers zu Ihrem Vorschlag?)


Die gleiche Frage stellt sich bei dem FDP-Antrag
Flexibler Eintritt in die Rente …“, und zwar mit 60.
arum gerade mit 60? Warum nicht schon mit 50?


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schauen Sie sich die Menschen draußen doch einmal an!)


enn man argumentiert, dass der 60-Jährige, der eine
ente über Grundsicherungsniveau bekäme, die Mög-

ichkeit erhalten soll, in Rente gehen zu können, warum
icht auch der 50-Jährige?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Eine Zeit lang muss man schon arbeiten, um eine entsprechende Anwartschaft zu erwerben!)


an kann das System der solidarisch finanzierten ge-
etzlichen Rentenversicherung immer weiter zurückfah-
en: bis keiner mehr einzahlt und keiner mehr Ansprüche
rwirbt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Darum geht es nicht! Wenn die Abschläge korrekt berechnet werden, passt das!)


as ist auch gendermäßig korrekt: Kein Mann zahlt ein,
eine Frau zahlt ein, kein Mann bekommt etwas raus,
eine Frau bekommt etwas raus. Nur, das hat mit einer
olidarischen Rentenversicherung nichts zu tun und ist
it uns nicht zu machen, liebe Kolleginnen und Kolle-

en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sind sehr wohl dafür, dass die Möglichkeiten der
eilrente, die der Gesetzgeber eingeräumt hat, verstärkt
enutzt werden. Die CDU/CSU bedauert es, dass die
öglichkeiten, vorzeitig in Rente zu gehen, fast nur in

orm des Blockmodells genutzt werden und damit zur
rühverrentung führen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na also!)


ir würden es uns wünschen, dass die Menschen, wie
orbert Blüm sich das seinerzeit vorgestellt hat, gleitend

n den Ruhestand übergehen: erst zwei Drittel arbeiten,
ann die Hälfte, dann ein Drittel. Leider ist diese grund-
ätzlich vernünftige Überlegung an den Wünschen der






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
Menschen gescheitert. Die Menschen wählen nämlich
ganz überwiegend das Blockmodell.

Ich will deutlich sagen: Wir haben bei unserem Ge-
setz zur Rente mit 67 auch die Teilrente gestärkt, und
zwar indem wir das Alter, ab dem jemand in Vollrente
oder in Teilrente gehen kann, bei 63 gelassen haben,
auch wenn das gesetzliche Renteneintrittsalter steigen
muss. Wir haben einen flexiblen Korridor von vier Jah-
ren vorgesehen. Auch haben wir die Möglichkeit ge-
schaffen, dass besonders langjährig Versicherte weiter
ohne Abschläge mit 65 in Rente gehen können.

Bei den Gesprächen, die die Koalition geführt hat, ha-
ben Überlegungen, eine eigenständige Teilrente einzu-
führen – eine Teilrente, mit der keine Vollrente korres-
pondiert –, nie eine Rolle gespielt. Wir haben uns im
Koalitionsvertrag darauf verständigt, Frühverrentungs-
anreize abzubauen und die Erwerbsbeteiligung Älterer
zu erhöhen. Ich sage deswegen ganz deutlich: Es gibt
keine Vereinbarungen und es gibt auch keine Gespräche
oder Verhandlungen mit uns über eine weitere Fortset-
zung der Förderung der Altersteilzeit durch die BA auf
Kosten der Beitragszahler. Es gibt mit uns auch keine
Gespräche oder Verhandlungen darüber, Menschen, die
mit 60 noch fit sind, die arbeiten können und die arbeiten
wollen, zum alten Eisen zu zählen. Das machen wir nicht
mit. Da halten wir Kurs.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben uns nicht verstanden!)


Jeder Koalitionspartner muss wissen, wie er die Er-
folge, die gemeinsam erzielt worden sind, herausstellt.
Wir sind stolz auf das, was wir im Hinblick auf eine hö-
here Erwerbsbeteiligung Älterer gemeinsam erreicht ha-
ben. Wir wollen diesen Weg weitergehen. Die Älteren
werden zunehmend gebraucht.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Man muss aber denen, die nicht mehr Vollzeit arbeiten können, etwas anderes anbieten!)


Wir wollen sie in Beschäftigung bringen. Wir wollen sie
qualifizieren. Wir wollen nicht, dass sie mit 60 in die
Teilrente abgeschoben werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es weiter
möglich sein soll, dass diejenigen, die nicht mehr arbei-
ten können, von der Solidargemeinschaft aufgefangen
werden – und das wollen wir –, dann müssen diejenigen,
die arbeiten können, entsprechend länger arbeiten, um
dies mitzufinanzieren.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja in Ordnung! Aber was ist mit denen, die nicht mehr arbeiten können? Denen muss man ein Angebot machen!)


Dafür stehen wir, nicht für das Herausdrängen der Älte-
ren.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Nächster Redner ist der Kollege Volker Schneider, raktion Die Linke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren auf den Tribünen! Im Antrag er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird der Bundestag ufgefordert, festzustellen, dass „im Jahr 2005 … nur und 36 Prozent der Frauen und 19 Prozent der Männer us einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung n die Regelaltersrente“ gingen. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist die Statistik!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617219500
Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617219600

nders gesagt: Zwei Drittel der Frauen und vier von fünf
ännern gingen 2005 schon vor dem 65. Lebensjahr in
ente. Ich sage von meiner Seite aus: und das in aller
egel nicht freiwillig, sondern notgedrungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, das
raucht der Bundestag aber nicht festzustellen; denn das
ind die Fakten. Es wäre schön, wenn der Bundestag die-
en unerfreulichen Sachverhalt endlich zur Kenntnis
ehmen würde.

Sie meinen auch, die Wurzel des Übels entdeckt zu
aben, und sagen: Fast jeder fünfte versicherungspflich-
ig Beschäftigte nimmt die Altersteilzeit in Anspruch.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja!)


un können Sie nicht einfach eine Teilmenge, nämlich
ie der Rentenzugänge in einem Jahr, in einen inhaltli-
hen Zusammenhang mit einer Gesamtmenge stellen,
ämlich mit der Gesamtzahl aller Rentner in Altersteil-
eit.


(Zuruf der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Frau Schewe-Gerigk, lassen wir das einfach einmal au-
en vor und addieren wir die Zahlen der Einfachheit hal-
er, auch wenn es fachlich nicht ganz korrekt ist. Dann
tellen wir nämlich fest: Fast 50 Prozent der Frauen und
ehr als 60 Prozent der Männer gehen in Rente, ohne

ie Altersgrenze erreicht zu haben und ohne durch eine
ltersteilzeit abgefedert zu werden.

Das heißt: Jede zweite Frau und mehr als jeder zweite
ann geht mit Abschlägen von bis zu 7,2 Prozent oder,

n 20 Jahren, mit Abschlägen von bis zu 14,4 Prozent in
ente – und das bei einem deutlich sinkenden Rentenni-
eau. Bei einem Wegfall der Altersteilzeit würde sich
iese Zahl weiter erhöhen. Das ist leider nicht mehr und
icht weniger als vorprogrammierte Altersarmut. Darauf
ibt es vordringlich nur eine Antwort, die in beiden An-
rägen fehlt, nämlich: Weg mit dem Unsinnsprojekt
ente mit 67.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das ist aber ungerecht von Ihnen!)


Was wir wirklich bräuchten, sind flexible Übergänge
n den Ruhestand. Dem wollen ja auch beide Fraktionen






(A) )



(B) )


Volker Schneider (Saarbrücken)

mit ihren Anträgen Rechnung tragen, allerdings auf eine
sehr einseitige und kritisierbare Weise.

Nehmen Sie als Beispiel einen 60 Jahre alten Arbeit-
nehmer aus dem Bauhauptgewerbe. Das wäre schon un-
gewöhnlich, denn sie verlassen das Arbeitsleben im
Schnitt mit 58 Jahren. Herr Kollege Kolb, welche Jobs
sollen sie bei Ihrem Modell einer Teilrente denn noch
bekommen? Sie sind körperlich am Ende und eher sehr
einseitig qualifiziert. Wie sollen sie Ihr Ziel, nämlich das
Grundsicherungsniveau, bei einer geringen Teilrente mit
zweifelhaften Verdienstmöglichkeiten überhaupt errei-
chen? Ich komme hier beim besten Willen nicht auf die
90 Prozent, die Sie eben genannt haben. Das sieht aus
meiner Sicht sehr viel schlechter aus.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau für diese Menschen ist ja die Branchenlösung erforderlich!)


– Stellen Sie eine Zwischenfrage. Dann gehe ich gerne
darauf ein.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Sie haben doch gefragt!)


Damit ist dieser Bauarbeiter nicht allein. Geringver-
dienende und prekär beschäftigte Arbeitnehmer in kör-
perlich und/oder seelisch hoch belastenden Berufen,
Frauen mit ihren klassisch niedrigen Rentenansprüchen –
sie alle werden sowohl von dem Modell der FDP als
auch dem der Grünen nicht oder kaum profitieren kön-
nen. Nur damit wir einmal wissen, um welche Mengen
es sich dabei handelt: 360 000 erwerbstätige Ältere zwi-
schen 50 und 65 Jahren üben einen geringfügigen Ne-
benjob aus. Gut 1,1 Millionen Menschen in diesem Alter
haben ausschließlich eine geringfügige Beschäftigung.
Hinzu kommen 700 000 Personen im Rentenalter ab
65 Jahren mit Minijobs. Ich kann nur sagen: Zielgruppe
verfehlt.

Als Vergleich dazu nehme ich einen 60 Jahre alten
Bankkaufmann. Er bezieht eine deutlich höhere Teil-
rente und hat bessere Chancen auf einen Nebenjob, etwa
eine Beratertätigkeit. Der Mann kann sich freuen. Nach
dem FDP-Modell darf er in der Summe sogar mehr ha-
ben, als er vorher verdient hat. Das wenigstens schließen
die Grünen in ihrem Modell aus. Letztlich wäre das ein
Privileg für Besserverdienende. Dazu sagen wir als
Linke deutlich Nein.

Auch und gerade für uns Linke gilt – das sage ich ins-
besondere in Richtung von Herrn Brauksiepe –: Arbeit
ist mehr als die Erzielung von Arbeitseinkommen. Sie
sichert auch die soziale Teilhabe und gesellschaftliche
Anerkennung. Deshalb muss die Politik die Vorausset-
zungen dafür schaffen, dass die Menschen, solange sie
dies wollen und können, im Arbeitsleben verbleiben
können. Das sagen nicht nur wir.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617219700

Herr Kollege Schneider, Ihre Redezeit ist zu Ende.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Er will noch etwas länger in Arbeit bleiben!)


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(C (D Ich komme zum Schluss. Dennoch brauchen wir Möglichkeiten des gleitenden bergangs in die Rente. Dafür bietet Ihr Modell viel eicht einen Teilaspekt. Es ist aber nicht – wie Sie es von er FDP unterstellen – das allein selig machende Allheilittel. Besten Dank. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber ein kompromissfähiges Modell ist es!)

Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617219800


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617219900

Nächster Redner ist der Kollege Anton Schaaf, SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1617220000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen

ie mich mit einem Punkt beginnen, der zwar später
och eine Rolle spielen wird, aber schon in dieser De-
atte als herausragendes Argument vorgebracht wurde.
ie Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmerinnen und
rbeitnehmer in diesem Land ist deutlich gestiegen, und

war von 37 Prozent auf 52 Prozent. Das ist uns trotz der
esetzlich geförderten Altersteilzeit gelungen.


(Beifall der Abg. Andrea Nahles [SPD])


Das Argument, dass die Beschäftigungsquote Älterer
urch die Altersteilzeit nicht steigt oder gar sinkt, ist völ-
ig falsch. Das ist anhand der Zahlen nicht belegbar.

Das ist übrigens auch die Begründung dafür, warum
ie Sozialdemokraten den in Teilen richtigen Antrag der
rünen nicht unterstützen werden. Denn die Teilrenten-

rage ist vernünftig beantwortet, aber den Ausschluss der
ltersteilzeit als Möglichkeit des flexiblen Übergangs
alten wir überwiegend für falsch.

Ich sage ausdrücklich: Die SPD-Bundestagsfraktion
teht an der Seite der IG Metall, die gerade für einen ver-
ünftigen Tarifabschluss im Zusammenhang mit der Al-
ersteilzeit kämpft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sehr geehrter Herr Kolb, es ist schon mehrfach gesagt
orden, und auch Sie haben sich eben entsprechend ge-

ußert, dass Ihr Modell gerade für diejenigen, die in ih-
em Arbeitsleben schwer belastet sind, ein vernünftiger
nsatz wäre.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Gerade für die!)


an muss dabei aber berücksichtigen, welche Ansprü-
he ein Durchschnittsverdiener mit Erreichen des
0. Lebensjahres hat und welche Risiken damit einher-
ehen, wenn er vorzeitig aus dem Berufsleben ausschei-
et. Ihre Antwort darauf lautet, dass die Einkommen in
er Zeit danach über dem Grundsicherungsniveau liegen
üssen,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch SPD-Beschlusslage!)







(A) )



(B) )


Anton Schaaf
und Sie führen in diesem Zusammenhang den Begriff
der Bedarfsgemeinschaft an.


(Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Nein, Herr Kolb, jetzt nicht.

Abgesehen von dem damit verbundenen Bürokratie-
aufwand stellt sich die Frage, wie sich die Lage darstellt,
wenn in einer solchen Lebenssituation die Bedarfsge-
meinschaft auseinanderfällt, aus welchen Gründen auch
immer. Muss dann der Betroffene Frührente beantragen,
oder erhält er vielleicht Arbeitslosengeld I oder II? Das
ist nicht geregelt. Es wird auch nirgendwo geregelt, wie
in einer solchen Situation zu verfahren ist. Es ist aber
keineswegs lebensfremd, dass eine Bedarfsgemeinschaft
auseinanderfällt, aus welchen Gründen auch immer.

Besonders spannend fand ich an Ihrem Konzept, dass
es sich auf Regelungen im Rentenrecht beruft, aus denen
hervorgeht, wie sich was aufeinander bezieht. Dabei
geht es zum Beispiel um die Frage, wie viele Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer – also Beitragszahlerinnen
und Beitragszahler – wir im Verhältnis zu Rentnerinnen
und Rentner haben. Danach berechnet sich der Renten-
wert. Das ist völlig richtig.

In Ihrem Modell gehen Sie aber von etwas völlig an-
derem aus. Das ist sehr spannend; dabei wird die Vertei-
lungswirkung deutlich. Sie gehen von Alterskohorten
aus und berechnen, wie alt sie im Durchschnitt werden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist das Gerechteste!)


Dann ermitteln Sie, wann eine Alterskohorte im Durch-
schnitt in Rente geht und setzen das ins Verhältnis zu-
einander.

Jetzt eröffnen Sie aber den Menschen die Möglich-
keit, frei zu wählen, ob sie mit 60, 63 oder 65 Jahren in
Rente gehen wollen. Es gibt gegenwärtig Korridore.
Gesetzlich vorgesehen ist der Rentenzugang mit 63
bzw. – wie angestrebt – mit 67 Jahren. Die Rentenversi-
cherung und alle anderen, die sich mit diesem Thema be-
schäftigen, können modellhaft ausrechnen, wie sich das
auf die Beiträge und das Leistungsniveau – also auf den
Rentenwert – auswirkt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das geht dann genauso!)


Das ist relativ einfach. Man nimmt einen niedrigeren
Wert – die Menschen gehen früher in Rente –, einen
mittleren und einen späteren Wert an.

Bei Ihrem Modell kann man nicht mehr absehen, wer
wann in Rente geht. Das ist nicht mehr in Durchschnitts-
werten zu berechnen. Man wird dessen erst gewahr,
wenn es so weit ist. Dann kommt es zu folgender Situa-
tion: Diejenigen, die gut verdient haben und es sich leis-
ten können, gehen massenhaft sehr früh in Rente.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das glaube ich nicht! Das wird anders sein!)


Das führt dazu, dass der Rentenwert einer Alterskohorte
sinkt.

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(C (D Diejenigen, die es sich nicht leisten können, früher us dem Erwerbsleben auszuscheiden, haben dadurch ine niedrigere Rente. Das ist unsolidarisch und trifft geau die Menschen, um die es uns geht, nämlich diejenien, die ihr Leben lang schwer gearbeitet haben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617220100

Herr Kollege Schaaf, der Kollege Kolb möchte gerne

ine Zwischenfrage stellen.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1617220200

Der Kollege Kolb hat berechtigterweise darauf hinge-

iesen, dass wir das noch ausführlich in den Ausschüs-
en diskutieren müssen. Deswegen sollten wir das nicht
ier fortsetzen, sondern dort.


(Heiterkeit bei der SPD)


Die Kohortenregelung ist besonders spannend. Sie
acht die Rentenversicherung für all diejenigen, die sich
it der zukünftigen Planung auseinandersetzen, schlicht

nplanbar. Wenn es um den Sozialstaat oder die solidari-
chen Sicherungssysteme geht, verfolgen Sie immer
enselben Ansatz: Sie wollen die Risiken der Menschen
ndividualisieren und in diesem Punkt sogar noch ein
tück weit privatisieren.

Das gilt nicht nur für die Altersvorsorge, sondern
uch für alles andere. Ich nenne Ihnen ein Beispiel, weil
ie in den letzten Wochen vor dem Hintergrund stei-
ender Preise, die die Menschen sicherlich sehr belas-
en – das ist keine Frage –, in eine Steuersenkungshyste-
ie verfallen sind. Wenn man die Steuern senkt, muss
an sehen, wer steuerpflichtig ist und die meisten Steu-

rn zahlt. Eine Familie mit zwei Kindern und einem Ein-
ommen in Höhe von bis zu 38 000 Euro zum Beispiel
st es nicht; denn diese zahlt keine Steuern, zumindest
eine Einkommensteuer. Wenn man weiß, dass Niedrig-
erdiener wenig oder gar keine Steuern zahlen, ist einem
lar, dass Steuersenkungen im Wesentlichen denjenigen
utzen, die hohe Steuern zahlen. Gleichzeitig hat der
taat dann weniger Einnahmen. Ich sage Ihnen: Nur
eiche können sich einen armen Staat leisten, Arme
önnen das nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eswegen haben wir unsere solidarischen Sicherungs-
ysteme. Dafür gibt es Solidarität und Parität in den Sys-
emen.

Sie wollen ganz andere Systeme haben. Ihr Antrag,
eine Damen und Herren von der FDP, macht das deut-

ich. Es handelt sich um eine Umverteilung im Alter von
nten nach oben, um nichts anderes.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist nicht wahr!)


ehr Freiheit für diejenigen, die es sich leisten können,
nd weniger Freiheit für diejenigen, die es sich eben
icht leisten können! Auf die Frage, was wir mit






(A) )



(B) )


Anton Schaaf
denjenigen machen sollen, die tatsächlich nicht mehr kön-
nen, geben Sie in Ihrem Konzept keine Antwort. Es gibt
aber Mechanismen des flexiblen Übergangs, die Erwerbs-
minderungsrente, die tatsächlich absichert, die Möglich-
keit, eine Teilrente in Anspruch zu nehmen – diese Re-
gelung muss sicherlich verbessert werden, ermöglicht
aber bereits einen flexiblen Übergang –, die Altersteil-
zeitregelung – nur die Regelung zur geförderten Alters-
teilzeit läuft 2009 aus – und die Möglichkeit, zwischen
63 und 67 Jahren in Rente zu gehen, mit dem Vorteil,
dass der Einzelne selber entscheiden kann, ob er Ab-
schläge hinnehmen will, und dass die Abschläge nicht
auf die Allgemeinheit oder auf diejenigen verlagert wer-
den, die es sich nicht leisten können. Die vorhandenen
Regelungen unterscheiden sich in Planbarkeit, Sicher-
heit, Solidarität und Parität ausdrücklich von dem, was
Sie vorschlagen. Deswegen werden wir Ihren Weg auf
keinen Fall mitgehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das SPD-Präsidium hat am 5. Mai genau das beschlossen, was in unserem Antrag steht!)


Herr Schneider, ich will noch ganz kurz auf die Rente
mit 67 eingehen. Man kann sicherlich über einzelne In-
strumente, die als Antwort auf den demografischen Wan-
del gedacht sind, streiten. Wenn man aber kein alternati-
ves Modell vorschlägt, aus dem hervorgeht, wie mit dem
demografischen Wandel umgegangen werden soll, sollte
man sich nicht beschweren und die Menschen verrückt
machen. Man muss klipp und klar sagen, was man alter-
nativ will, wie man Wohlstand in einer alternden Gesell-
schaft – es ist absehbar, dass es immer weniger Men-
schen in diesem Land geben wird – erhalten will. Sie
wollen permanent Wohlstand verteilen. Aber Wohlstand
muss zuerst erwirtschaftet werden, und zwar von Men-
schen, die Arbeit haben. Erste Priorität muss sein: Die
Menschen müssen gute Arbeit haben und so lange wie
möglich arbeiten können. Das ist die erste Grundvoraus-
setzung. Wenn Menschen alt werden, brauchen sie Soli-
darität und Unterstützung, also einen starken Staat und
solidarische Sicherungssysteme. Daran werden zumin-
dest wir festhalten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1617220300

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist Irmingard

Schewe-Gerigk, Bündnis 90/Die Grünen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Soll es das wirklich gewesen sein?)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Heute ist jede vierte Person im erwerbsfähigen Alter
über 50 Jahre alt. Bis zum Jahre 2020 wird der Anteil
dieser Gruppe auf ein Drittel anwachsen. Herr
Schneider, deshalb müssen wir uns fragen: Wollen wir
mit dieser Herausforderung offensiv umgehen, oder ste-
cken wir den Kopf in den Sand und kehren zu den alten
Strategien zurück – dabei schaue ich in Richtung SPD-
Fraktion –, die sich als falsch erwiesen haben? Meine

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(C (D amen und Herren von der SPD, Sie machen mit ihrem onzept zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Reelung betreffend die geförderte Altersteilzeit eine Rolle ückwärts. Sie wollen die Fortschreibung der Stillegungsprämie für ältere, gutverdienende Beschäftigte. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört! Hört! Die SPD als Wegbereiter der Gutverdienenden!)


ie Altersteilzeitregelung wird nämlich nicht in erster
inie von den Personen in Anspruch genommen, die be-

astende Berufe ausüben, sondern sehr stark von gutver-
ienenden Menschen aus dem öffentlichen Dienst.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Analyse der Deutschen Rentenversicherung
acht eindeutig klar: Andere Optionen wie die Teilrente

nd die normale Teilzeitarbeit werden kaum genutzt, so-
ange es vermeintlich attraktivere Wege gibt.

Die Vorschläge der SPD und der Linken folgen dem
ekannten Muster der Besitzstandswahrung. Liebe Kol-
eginnen und Kollegen von der SPD und von der Linken,
ie müssen sich aber schon die Frage stellen lassen, wel-
he Antwort Sie der Kellnerin, der Pflegehelferin oder
em Arbeiter am Band geben, wenn sie fragen, warum
ie mit ihren Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung den
orruhestand von gutsituierten Beschäftigten mitfinan-
ieren sollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Antwort wollen wir im Ausschuss hören!)


ie am Arbeitsmarkt benachteiligten Gruppen haben
iese Möglichkeit nämlich nicht, müssen sie aber mit-
inanzieren. Das nenne ich unsozial.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Fortsetzung der Vorruhestandspolitik ist ein Irr-
eg. Wir müssen stattdessen alles dafür tun, dass ältere
eschäftigte möglichst lange, möglichst bis zum Ren-

enalter, erwerbstätig bleiben können. Betriebe und Ge-
erkschaften müssen branchenspezifische Lösungen

ntwickeln.

Wir können es uns aber auch nicht so leicht machen
ie die Union, die glaubt, die Hände in den Schoß legen

u können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s wird auch zukünftig Beschäftigte geben, denen es
chwerfällt, bis zum Rentenalter durchzustehen. Herr
rauksiepe, was sagen Sie denen denn? Empfehlen Sie,
inen Arzt zu suchen, der ein Attest schreibt, damit Er-
erbsminderungsrente gezahlt wird, die dann aber viel

u früh eingestellt wird? Wir brauchen Zwischenlösun-
en für Beschäftigte, die nicht bis zum Rentenalter ar-
eiten können, aber noch nicht in die Erwerbsminde-
ungsrente aufgenommen werden können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Schade, dass die bisherigen Möglichkeiten kaum genutzt werden!)







(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
Wer sich für eine Vollzeitstelle nicht mehr fit genug
fühlt, muss ab 60 kürzer treten können und die Möglich-
keit erhalten, eine Teilzeittätigkeit mit einer Teilrente zu
kombinieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört! Hört!)


Jetzt zur FDP. Sie betreibt Klientelpolitik – das wis-
sen wir ja schon –, wenn sie einen flexiblen Rentenzu-
gang ab dem 60. Lebensjahr fordert.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Grünen sind davon ja vollkommen frei!)


Sie wissen genau, dass dies nur für Gutverdienende eine
Option ist; nur sie können das nutzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Anton Schaaf [SPD]: Jetzt haben Sie recht!)


– Gut, jetzt habe ich recht. – Wir Grüne sehen Hand-
lungsbedarf vor allem bei Menschen, deren Tätigkeit
körperlich oder auch mental belastend ist, die aber auf-
grund ihres Erwerbsverlaufs bis zum Rentenalter arbei-
ten müssen oder auch wollen. Sie sollen die Möglichkeit
haben, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und ab dem
60. Lebensjahr ergänzend dazu eine Teilrente zu bezie-
hen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch unser Vorschlag! Das haben Sie vor einem Jahr noch abgelehnt!)


Die Möglichkeit zum unbegrenzten Zuverdienst – Sie
fordern das – halten wir für falsch.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Warum denn? Begründung!)


Wenn die Kombination aus Teilrente und Verdienst über
dem Einkommen aus einer Vollzeittätigkeit liegt, wird es
doch attraktiv, vorzeitig in Rente zu gehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Wegen der Steuerprogression nicht unbedingt!)


Das nehmen diejenigen in Anspruch, die gut verdienen;
die machen dann zusätzlich Kasse.

Wir wollen, dass die Menschen so lange wie möglich
in der Erwerbsarbeit bleiben, aber die Chance haben, zu-
sätzlich eine Teilrente zu bekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist verräterisch, dass Sie fordern, für den Zuverdienst
keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erheben.
Herr Kolb, Ihr Konzept enthält keine Absicherung des
Risikos, erwerbslos zu werden. Sie gehen davon aus,
wenn das jemand mache, dann mache er das auf ewige
Zeit.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Menschen, die diese Rente in Anspruch nehmen, liegen schon über dem Grundsicherungsniveau!)


Die Fortsetzung der geförderten Altersteilzeit ist der
falsche Weg. Wir brauchen aber gangbare Lösungen für
Menschen, die nicht bis zum Rentenalter voll durchhal-

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(C (D en können. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzutimmen. (Andrea Nahles [SPD]: Das werden wir leider nicht machen!)


Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617220400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 16/8542 und 16/9748 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Modernisierung der gesetzlichen Unfall-

(Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz – UVMG)


– Drucksache 16/9154 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 16/9788 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Gerald Weiß (Groß-Gerau)


b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Markus
Kurth, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Die gesetzliche Unfallversicherung fit für die
Dienstleistungsgesellschaft machen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Heinz-Peter
Haustein, Dr. Heinrich L. Kolb, Jens
Ackermann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Mehr Wettbewerb und Kapitaldeckung in
der Unfallversicherung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Volker
Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst,
Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE

Keine Leistungskürzungen bei der gesetzli-
chen Unfallversicherung

– Drucksachen 16/9312, 16/6645, 16/5616,
16/9788 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Gerald Weiß (Groß-Gerau)







(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. Gibt es Wider-
spruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Parlamentarischen Staatssekretär
Klaus Brandner für die Bundesregierung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


K
Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1617220500


Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen! Im Reigen der altehrwürdigen Sozialversicherung
ist die gesetzliche Unfallversicherung die stille Versiche-
rung. Über Jahrzehnte hinweg hat sie geräuschlos, zu-
verlässig, wirkungsvoll funktioniert und sich als Garant
bei der Absicherung gesundheitlicher Risiken des Ar-
beitslebens bestens bewährt.

Wir wollen dieser Erfolgsgeschichte ein neues Kapi-
tel hinzufügen. Dafür müssen wir die organisatorischen
Strukturen der gesetzlichen Unfallversicherung dem
wirtschaftlichen Strukturwandel anpassen, Bewährtes
also modernisieren. Genau das verfolgen wir mit dem
vorliegenden Gesetzentwurf. Für seine Erarbeitung galt,
dass die Politik die Inhalte nicht diktiert, sondern ge-
meinsam mit der Selbstverwaltung nach dem Prinzip
„Vorfahrt für die Selbstverwaltung“ erarbeitet. In dem
Zusammenhang ist sehr deutlich geworden, dass wir der
Selbstverwaltung gerade in der Sozialversicherung eine
ganz hohe Verantwortung übertragen. Hierdurch wird
die Eigenverantwortung der Beteiligten gestärkt. Die
Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme wird durch
die Politik anerkannt. Es wird deutlich, dass die Prakti-
ker in die Erarbeitung einer Gesetzesvorlage rechtzeitig
einbezogen werden. Ich habe dabei ganz besonders den
Berichterstattern der Koalitionsfraktionen, Wolfgang
Grotthaus und Gerald Weiß, zu danken, die in vorbild-
licher Art und Weise in Zusammenarbeit mit dem Minis-
terium an der Erstellung dieses Gesetzentwurfs mitgear-
beitet haben. Das war ein mustergültiger Prozess. Dies
sollte an dieser Stelle erwähnt werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Kern-
punkte dieser Reform zusammenfassen:

Wir werden die Zahl der gewerblichen Berufsgenos-
senschaften von 23 auf neun reduzieren. Das ist ein we-
sentlicher Schritt zu mehr Effizienz und Wirtschaftlich-
keit im System.

Flankierend zu den Fusionen werden wir den Lasten-
ausgleich zwischen den gewerblichen Berufsgenossen-
schaften neu regeln. Mehr Solidarität als bisher – das ist
unser Ziel. Die alten Rentenlasten müssen auf breitere
Schultern verteilt werden.

Auch an der Spitze ändert sich einiges. Der Zusam-
menschluss der beiden bestehenden Spitzenverbände
wurde bereits vollzogen. Der neugegründete Spitzenver-

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(C (D and wird durch Beleihung auf eine feste rechtliche rundlage gestellt und seine Koordinierungsfunktion egenüber den einzelnen Unfallversicherungsträgern eutlich gestärkt. Das schafft, wie ich meine, mehr Verindlichkeit und reduziert den Abstimmungsaufwand er Beteiligten. Damit ist ein weiterer Schritt getan, um it Entbürokratisierung und einer besseren Organisation ie Effizienz dieses Versicherungssystems zu stärken. Drei weitere wichtige Punkte sind hinzuzufügen: Mit den Regelungen zum Betriebsprüfdienst erreihen wir einheitliche und effizientere Prüfungen und ntlasten damit die Arbeitgeber. Das war immer Anstoß er Kritik in den letzten Jahren. Durch die Neugestaltung des Vermögensrechts schafen wir mehr Transparenz bei den Betriebsmitteln, Rückagen und beim Verwaltungsvermögen. Die Verpflichtung zur Bildung von Altersrückstellunen bei den Unfallversicherungsträgern ist ein Beitrag ur Generationengerechtigkeit. Die Debatte zuvor hat ja m Kern Ähnliches deutlich gemacht, worauf wir in Zuunft stärker hinarbeiten müssen. Last, not least – diesen Punkt setze ich zur Betonung ewusst ans Ende dieser kursorischen Zusammenfasung –: Es ist ganz wichtig, dass wir zu einer gemeinsaen Arbeitsschutzstrategie kommen. Bund, Länder und nfallversicherungsträger verpflichten sich auf eine in ensive Zusammenarbeit auf Basis gemeinsam festgeleger Arbeitsschutzziele. Weitere Elemente sind eine veresserte Kooperation der Aufsichtsdienste bei der eratung und Überwachung der Betriebe sowie die Optiierung des Vorschriftenund Regelwerks. Auch dieser Gesetzgebungsprozess macht deutlich, ie wichtig wir den Präventionsgedanken nehmen. Der räventionsgedanke wird am ehesten mit einer gemeinamen effektiven Strategie zur Minimierung der zukünfigen Lasten in diesem Sicherungssystem verfolgt. Meine Damen und Herren, bei der Anhörung der achverständigen sind diese Reformmaßnahmen ganz berwiegend auf Zustimmung gestoßen. Das zeigt: Wir ind auf dem richtigen Weg. Dort, wo Änderungsbedarf rkennbar wurde, haben wir nachgesteuert. Ich will auch ier einige Punkte kurz ansprechen: Die Aufsicht über den Spitzenverband, die Deutsche esetzliche Unfallversicherung e. V., wird auf die echtsaufsicht beschränkt. Das war der eindringliche unsch der Selbstverwaltung. Es liegt nun in der Hand das will ich ganz klar sagen – der Selbstverwaltung, eienverantwortlich die notwendigen Effizienzgewinne zu rzielen. Es war einhelliger Wunsch der beiden Koaliionsfraktionen, diesen Weg zu beschreiten. Das möchte ch an dieser Stelle deutlich anmerken. In Sachen Prüfrecht durch den Bundesrechnungshof“ haben wir ugesagt, dass wir die gerichtliche Klärung abwarten. Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte, ist, ass die beratende Mitwirkung der Sozialpartner an der ationalen Arbeitsschutzkonferenz, dem Beschlussgre Parl. Staatssekretär Klaus Brandner mium der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie, auf das Aufgabenfeld des Vorschriftenund Regelwerks erweitert wird. Auch in diesem Bereich wird also die Teilhabe der Selbstverwaltung erweitert. Weiterhin wird im Zuge der Regelungen zum Prüfdienst der Lohnnachweis zur Unfallversicherung abgeschafft und in das Meldeverfahren zur Sozialversicherung integriert. Hierdurch werden Doppelmeldungen vermieden. Über die Konsequenzen, die daraus im Melderecht zu ziehen sind, wurde intensiv und kritisch, auch gestern in der Ausschusssitzung, diskutiert. Was machen wir wirklich? Wir führen keine neuen Meldungen ein, sondern wir führen bestehende Meldungen zusammen. Wir führen also keine Stechuhr für Manager ein, wie es in einigen Zeitungen heute Morgen zu lesen war. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das sehe ich anders, Herr Brandner!)


(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)





(A) )


(B) )


Ein Meldeweg, nämlich der von den Arbeitgebern zur
Unfallversicherung, wird abgeschafft. Die Arbeitgeber
werden hierdurch von Kosten in zweistelliger Millionen-
höhe entlastet und nicht – das sage ich ganz deutlich –,
wie in sicherlich interessengeleiteten Meldungen unter-
stellt worden ist, belastet. Ich will das ganz ausdrücklich
sagen, weil ein Ziel dieses Gesetzes natürlich auch die
Entbürokratisierung ist, ohne dass die Leistungsfähigkeit
der Unfallversicherung in irgendeiner Weise infrage ge-
stellt wird.

Lassen Sie mich schließlich noch vier weitere Ände-
rungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf
kurz ansprechen:

Erstens. Der Übergangszeitraum beim Lastenaus-
gleich wird von drei auf sechs Jahre verlängert. Damit
wird unter anderem auch erreicht, dass die Steinkohle-
branche zusätzlich entlastet wird.

Zweitens. Die Frist für den Aufbau von Altersrück-
stellungen bei den Unfallversicherungsträgern wird um
zehn Jahre verlängert.

Drittens. Das Moratorium zur Abgrenzung zwischen
öffentlicher und gewerblicher Unfallversicherung wird
nicht Dauerlösung, sondern um zwei Jahre verlängert. In
diesem Zeitraum muss abschließend geprüft werden, ob
die Regelung sachgerecht ist.

Viertens. Der Spitzenverband wirkt auf Einsparungen
bei den Verwaltungs- und Verfahrenskosten im gewerbli-
chen Bereich hin und hat jährlich darüber zu berichten.
Insofern ist das ein Stück Transparenz in unserer Arbeit.

All diese Punkte machen eines deutlich: Konstruktive
Kritik ist uns willkommen. Wir greifen sie auf und set-
zen Verbesserungen im Gesetzgebungsverfahren um.

Die Anträge der Opposition, die in dem Zusammen-
hang zu behandeln waren, vermögen dagegen aus unse-
rer Sicht nicht zu überzeugen. Die Linke wendet sich ge-
gen Leistungskürzungen, die hier überhaupt nicht zur
Diskussion stehen. Sie fordert etwas, was in diesem Ge-
setzentwurf überhaupt nicht thematisiert ist. Ich will an
diesem Punkt sagen, dass es in dem Verfahren durchaus
Auseinandersetzungen über Dinge gab, über die disku-

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(C (D iert und polemisiert worden ist, die aber in diesem Geetzesverfahren überhaupt keine Rolle spielten. Ich habe as sehr bedauert, weil das eine sachbezogene Diskusion stark behindert hat. Die FDP forderte die Privatisierung der Unfallversiherung, (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: In Teilen, Herr Staatssekretär!)


as wir aus bekannten Gründen ablehnen.

Den Forderungen des Bündnisses 90/Die Grünen zum
rbeitsschutz trägt der Gesetzentwurf überwiegend
echnung, insbesondere durch die gemeinsame Arbeits-

chutzstrategie.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unzulänglich!)


nsofern ist der Antrag aus unserer Sicht in weiten Teilen
rledigt. Ich will aber auch ganz klar sagen, dass wir zu
em Prinzip stehen, dass die Effizienz der Leistungser-
ringung verbessert werden muss und dass Effizienz für
ns nicht heißt, dass wir die Leistungen kürzen müssen.
ir wollen vielmehr leistungsfähige Strukturen, wir
ollen Entbürokratisierung, und wir wollen der Präven-

ion eine ganz besondere Bedeutung beimessen, weil
urch Prävention Berufskrankheiten erst gar nicht ent-
tehen und Leid und Krankheiten verhindert werden
önnen. Das muss im Fokus einer leistungsfähigen Un-
allversicherung in unserem Land stehen.

Den Wandel erkennen und aktiv gestalten – das ist es,
as verantwortungsvolle Politik auszeichnet. Mit dem
nfallversicherungsmodernisierungsgesetz leisten wir
azu einen entscheidenden Beitrag. Ich bitte um breite
ustimmung.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617220600

Das Wort hat jetzt der Kollege Heinz-Peter Haustein

on der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Heinz-Peter Haustein (FDP):
Rede ID: ID1617220700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

amen und Herren! Sicher haben auch Sie gestern das
ußballspiel gesehen und sich genauso wie ich gefreut,
ass wir gewonnen haben.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


s tut übrigens auch gut, diese vielen schwarz-rot-golde-
en Fahnen zu sehen. Auch das nur nebenbei.

Aber jetzt stellen Sie sich einmal vor, Sie würden eine
arte für ein Fußballspiel erwerben, das erst ein Drei-
ierteljahr später angepfiffen wird. Dann kommen Sie zu
iesem Spiel, und es ist kein Ball da. Was würden Sie
azu sagen?


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das hat die FDP organisiert!)







(A) )



(B) )


Heinz-Peter Haustein
Daran habe ich gedacht, als ich mir Ihr Gesetz zur Mo-
dernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung ange-
schaut habe.


(Beifall bei der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da fehlt nicht nur der Ball, da fehlt auch der Rasen! – Andrea Nahles [SPD]: Trotzdem im Finale!)


In wesentlichen Teilen hat dieses Gesetz den Namen
„Reform“ nicht verdient. Dabei fing alles so hoffnungs-
voll an. Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag, dessen Ti-
tel das Wort „Mut“ beinhaltet, Folgendes geschrieben:

Wir werden den Auftrag des Deutschen Bundestags
aus der letzten Legislaturperiode aufgreifen und in
einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein Konzept für
eine Reform der Unfallversicherung entwickeln,
um das System auf Dauer zukunftssicher zu ma-
chen. Wesentliche Ziele sind eine Straffung der
Organisation, die Schaffung leistungsfähiger Un-
fallversicherungsträger und ein zielgenaueres Leis-
tungsrecht.

Genau da liegt der Hund begraben. Denn das Leis-
tungsrecht ist in diesem Gesetzentwurf überhaupt nicht
berücksichtigt worden, obwohl es 90 Prozent der Kosten
ausmacht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)


Außerdem haben Sie bei den Verwaltungskosten, welche
die übrigen 10 Prozent ausmachen, das von Ihnen festge-
legte Einsparziel von 20 Prozent nicht erreicht. Das Ent-
scheidende ist aber, dass Sie das Leistungsrecht aus-
klammern. Deshalb ist es kein gutes Gesetz.


(Beifall bei der FDP)


Erschwerend kommt hinzu, dass Sie den Unterneh-
men zusätzliche Bürokratie aufbürden. Es sind die Un-
ternehmer, die diese Versicherungssäule allein bezahlen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aus gutem Grund!)


Herr Brandner hat recht. In der Öffentlichkeit ist das
zwar nicht so bekannt, aber die Unternehmer geben im-
merhin 9,6 Milliarden Euro für die gesetzliche Unfall-
versicherung aus.


(Zuruf von der SPD: Gut so!)


Das ist eine stattliche Summe. Wenn Sie aber die Büro-
kratiekosten erhöhen, werden die Unternehmer einen
noch dickeren Hals bekommen als bisher. Laut einer
Umfrage unter Unternehmern wollen 88 Prozent der Un-
ternehmer die Berufsgenossenschaften privatisieren oder
abschaffen. Wir haben gesagt, dass das so leicht nicht
geht. Aber man wird doch wohl fordern können, dass der
Grundsatz, dass Wettbewerb besser ist als ein Monopol,
auch einmal auf die Berufsgenossenschaften angewendet
wird. Das ist eine Forderung, die auch in unserem An-
trag enthalten ist.

Wir könnten die Versicherung von Arbeitsunfällen
ohne große Probleme dem Wettbewerb zugänglich ma-
chen; wir haben entsprechende Gespräche mit dem GDV
und der Münchner Rück geführt. Das wäre ein Punkt, an
dem man Kosten sparen könnte. Wenn es nur eine Auto-

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(C (D ersicherung gäbe, würden Sie auch auf die Barrikaden ehen. Bei der Autoversicherung wählen Sie auch den esten Anbieter aus. Trotzdem möchte ich sagen, dass Dr. Joachim Breuer nd sein Team gute Arbeit leisten. Aber auch gute Arbeit ann man noch verbessern. Das wäre möglich, indem an in diesem Bereich Wettbewerb zulässt. Außerdem haben wir uns in unserem Antrag erlaubt einige Ausschussmitglieder waren da ganz beleidigt –, ine Forderung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe aufzureifen und einmal die Wegeunfälle zu beleuchten. ie Kosten für Wegeunfälle machen bereits einen Anteil on 15 Prozent an den besagten 9,6 Milliarden Euro aus. ir wollen, dass die Wegeunfälle weiter versichert blei en, aber nicht in diesem, sondern in einem paritätisch inanzierten System, eventuell im Rahmen der Krankenersicherung. Das wäre fair. Denn der Weg zur Arbeit (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist kein Privatvergnügen!)


(Andrea Nahles [SPD]: Jetzt kommt es!)


ehört zum allgemeinen Lebensrisiko, auf das der Ar-
eitgeber kaum Einfluss hat.


(Beifall bei der FDP – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich hat er Einfluss darauf! Arbeitsbedingungen!)


uch dies sprechen wir in unserem Antrag an.

Schließlich fordern wir in unserem Antrag, dass die
ltersrente Vorrang vor der Unfallrente haben sollte und
ass das Leistungsrecht zielgenauer sein muss. Das Geld
arf nicht nach dem Gießkannenprinzip gleichmäßig
ber alle verteilt werden, sondern wir brauchen es für die
chweren Unfälle.

Wir stellen hier einen Antrag vor, der die Unterneh-
er entlastet. Das ist gut für uns alle. Denn wenn es den
nternehmen gutgeht, geht es auch den Arbeitnehmern
ut. Wir sitzen doch zusammen in einem Boot.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD und der LINKEN)


as wird immer verkannt. Insbesondere auf der linken
eite des Hauses wird immer wieder die alte Klassen-
ampfkeule herausgeholt. Begreifen Sie doch endlich,
ass der Arbeitgeber an hochmotivierten guten Arbeit-
ehmern und nicht am Ausquetschen von Arbeitskraft
nteressiert ist, was immer behauptet wird.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der weiß, wovon er redet! Er hat hundert davon!)


Das Sozialste, was es gibt, ist, Arbeitsplätze zu schaf-
en, Leute auszubilden und ordentlich zu bezahlen. Da-
ür stehen wir als FDP. Dafür wäre es gut gewesen, wenn
an bei dieser Reform ein Gesetz verabschiedet hätte,

as die Unternehmen entlastet und nicht, wie es jetzt ge-
chieht, weiter – das ist das Schlimme – mit Bürokratie
elastet.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Von jeder Weisheit verschont geblieben!)







(A) )



(B) )


Heinz-Peter Haustein
Meine sehr verehrten Damen und Herren,


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ein herzliches Glückauf aus dem Erzgebirge!)


ein herzliches Glückauf aus dem Erzgebirge!


(Beifall bei der FDP – Heiterkeit)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617220800

Das Wort hat jetzt der Kollege Gerald Weiß von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Das Struck’sche Gesetz kommt heute sozusagen
verschärft zur Anwendung:


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sehr gut!)


Die Reform der gesetzlichen Unfallversicherung hat im
parlamentarischen Prozess, gemessen am Entwurf der
Bundesregierung, in wesentlichen Punkten Verbesserun-
gen erfahren. Der Kollege Kurth von den Grünen hat
gestern im Ausschuss gesagt: Sie haben schon schlech-
tere Gesetze gemacht. – Das ist das größtmögliche Lob
aus Oppositionsmund.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich war lange genug, viel zu lange Oppositionsabgeord-
neter. Ich weiß, wo das Limit ist. Übersetzt heißt das: Ihr
habt es gut gemacht.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es ist gut gemacht, und daran haben viele Anteil; ich
komme noch darauf zu sprechen.

D
Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1617220900
Vor-
fahrt für die Selbstverwaltung. Ob dieses Prinzip im Ge-
setz durchgehalten würde, war für die Union der
entscheidende Maßstab. Wir können heute mit großer
Zufriedenheit sagen: Das Gesetz in seiner endgültigen
Form ist vor allem ein Sieg der Selbstverwaltungsidee.
In diesem Zusammenhang ist eine weichenstellende Ent-
scheidung der Großen Koalition die, dass die im Regie-
rungsentwurf vorgesehene Fachaufsicht über die gesetz-
liche Unfallversicherung entfällt. Wir begnügen uns mit
der Rechtsaufsicht. Wir wollen Freiraum und Selbstver-
antwortung in der gesetzlichen Unfallversicherung. Wir
wollen keine staatliche Gängelei.

Am Anfang hatte man vorgesehen, die neue Deutsche
Gesetzliche Unfallversicherung als öffentlich-rechtliche
Körperschaft, gespannt als gemeinsames Dach über die
gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Unfall-
kassen, der Fachaufsicht des Bundesarbeitsministeriums
zu unterstellen. Das war der Union zu staatsnah – und
nicht nur ihr. Selbstverwaltung braucht Freiraum. Fach-
aufsichtliche Weisungen passen da nicht. Aus ihrer
betrieblichen Erfahrung heraus können Arbeitnehmer,

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(C (D rbeitgeber und Versichertenvertreter in der Selbstveraltung am besten beurteilen, wo im Arbeitsschutz der chuh drückt. Es genügt, wenn im Rahmen der Rechtsufsicht überprüft wird, ob alles nach Recht und Gesetz erläuft. Fachaufsichtliche Weisungen sind nicht notendig. Nach gründlicher Prüfung haben wir die von der elbstverwaltung erarbeiteten Bausteine in den heute orliegenden Entwurf übernommen. Die Vorgaben kaen von der Politik. Das hatte heilsamen Druck ausge öst und die Bemühungen in der Selbstverwaltung – saen wir es einmal so – beflügelt. Baustein eins ist die neue Organisationsstruktur. Die nzahl der gewerblichen Berufsgenossenschaften wird on heute 23 auf 9 zurückgeführt. Durch Fusionen sollen ragfähige und zukunftsfähige Einheiten entstehen. ynergien sollen genutzt werden. Effizienz und Effektiität sollen gesteigert werden. Die Organisation der nfallversicherung – das gilt für die Berufsgenossen chaften wie für die Unfallkassen – soll die Wirtschaftstruktur von heute und von morgen abbilden. Hier hat ie Selbstverwaltung ein respektables Ergebnis vorgeegt. Jetzt geht es an die Umsetzung. Das wird nicht eichter, aber wir haben das getan, was man gemäß dem rinzip „Vorfahrt für die Selbstverwaltung“ tun muss. ir haben dieses Konzept der neuen zukunftsfähigen erufsgenossenschaften unverändert in das Gesetz hieingenommen. Baustein zwei: Wir haben die Selbstverwaltungslöung in Form des Vereins, den die Träger der Unfallvericherung gebildet haben, in das Gesetz übernommen. Baustein drei: Der neue solidarische Lastenausgleich st ein Konzept, das ebenfalls von der Selbstverwaltung ntwickelt wurde. Wir helfen den von Strukturkrisen geeutelten Branchen, zum Beispiel der Bauwirtschaft, achhaltiger als jemals zuvor. Wir versetzen sie in die age, die aus Strukturkrisen herrührenden Lasten zu traen. Einen gordischen Knoten musste die Politik durchchlagen: Hier ging es um den Verteilungsschlüssel. Anesichts extrem widerstreitender Interessen wäre die elbstverwaltung überfordert gewesen, selbst zu entcheiden, nach welchem Schlüssel die Faktoren Entgelte nd Neurenten zu gewichten gewesen wären. Wir sind ach reiflicher Überlegung dabei geblieben, den Verteiungsschlüssel bei 70 zu 30 – 70 Prozent nach Entgelten nd 30 Prozent nach Neurenten – zu belassen. Wir haben allerdings – der Staatssekretär hat es beeits gesagt – eine wesentliche Änderung im Ausschuss eschlossen, die sicherlich nachher auch hier eine Mehreit finden wird. Der stufenweise Umstieg in den neuen astenausgleich wird nicht schon bis 2010, sondern erst is 2013 erfolgen. Mit dieser längeren Umstiegsfrist, das eißt kleinere Stufen bei längerer Zeitspanne, helfen wir en Branchen, die im solidarischen Lastenausgleichssysem die Gebenden sind, deren Solidarität im solidarichen Lastenausgleich gefordert ist. Wir wollen sie forern, aber nicht überfordern. Zwischen Solidarität und Gerald Weiß Selbstverantwortung muss eine vernünftige Balance herrschen. Der Staatssekretär hat auch schon über die Altersrückstellungen gesprochen. Auch hier haben wir die Frist verlängert, um nicht unnötigen Druck auf die Beiträge zu erzeugen. Er hat auch vom Moratorium gesprochen: Dass früher rein öffentliche Unternehmen, die heute börsennotiert sind und am Wettbewerb teilnehmen, ad calendas graecas den Unfallkassen zugeordnet bleiben sollen und damit nicht am solidarischen Lastenausgleichsverfahren teilnehmen, ist für uns nicht ohne Weiteres einzusehen gewesen. Die Entfristung, die noch im Entwurf stand, wollen wir jetzt durch eine neue Frist ersetzen, bis zu der eine scharfe Evaluierung über die Frage stattgefunden haben muss, wie eine richtige Zuordnung in Zukunft auszusehen hätte. Wir wollen auch nicht, dass der Bundesrechnungshof den Dachverband der Unfallversicherung prüft. Es geht um Geld der Arbeitgeber. Es ist klar, Herr Kollege Haustein, warum das Geld alleine von den Arbeitgebern kommt. Es handelt sich hier um ein abgeleitetes, individuelles Haftungsrecht. Das ist die Begründung für dieses System. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genauso ist es!)





(A) )


(B) )


In dem Moment, wo es das nicht gäbe, müsste der Ar-
beitgeber die Versicherungsprämien privat tragen oder,
wenn er es überhaupt könnte, unmittelbar privat für Un-
fälle haften. Das jetzige Vorgehen ist schon systemge-
recht.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben sie nicht begriffen!)


Da es sich nun aber nicht um Steuergelder, sondern um
Beitragsgelder der Arbeitgeber, und zwar nur um solche
handelt, hat auch der Bundesrechnungshof nicht zu prü-
fen. Insoweit haben wir auch hier eine Änderung vorge-
schlagen.

Ich will ganz kurz auf einen Aspekt eingehen, der zu
im Grunde nicht zu akzeptierender Polemik in den letz-
ten Stunden und Tagen geführt hat. Künftig wird die
Lohn- und Arbeitszeitmeldung an die Unfallversiche-
rung wegfallen. Das spart den Unternehmen 50 Millio-
nen Euro. Ich möchte das hervorheben und daran erin-
nern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617221000

Herr Kollege Weiß, erlauben Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Heinrich Kolb?

Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Ja, bitte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617221100

Bitte schön, Herr Kolb.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wir sitzen eh schon lange hier herum!)


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(C (D Ja, Herr Kollege Müller, wir sitzen schon lange hier erum, wir werden auch noch länger hier sitzen; aber iese Frage muss wirklich gestellt werden, weil mich eute noch einmal ein Alarmruf von einem großen Wirtchaftsverband erreicht hat. Wir haben gestern im Auschuss eine Falschinformation erhalten. Das möchte ich ier sehr deutlich sagen. Zum einen hat der Kollege Brauksiepe mit dem geruckten Gesetzeswerk in der Hand gesagt, die Meldeflichten würden bei der Überführung von § 165 GB VII in § 28 a SGB IV nicht erweitert werden. Er at, wie gesagt, aus der geltenden Fassung zitiert. Das ist ber sehr wohl der Fall. Es kommt die Pflicht zur Melung folgender Daten hinzu: das in der Unfallversicheung beitragspflichtige Arbeitsentgelt – das ist etwas nderes als das in der Rentenversicherung beitragsflichtige Arbeitsentgelt –, der Zeitraum, in dem das anegebene Arbeitsentgelt erzielt werden muss, und die nzuwendende Gefahrtarifstelle. Das ist eine erhebliche aterielle Veränderung des geltenden Rechts. (Zuruf des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/ CSU])

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1617221200

Nein, das wird bisher nicht gemeldet. Ich habe extra
achgeschaut. Der Verband, der mich heute angerufen
at, hat mich in dieser Auffassung ausdrücklich bestä-
igt: Das ist eine erhebliche Ausweitung.

Zum anderen war die Information falsch, dass diese
euregelung, die Erweiterung der Meldepflichten, erst

m 1. Januar 2012 in Kraft tritt. Sie ist vielmehr schon
b 1. Januar 2009 gültig.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Aha!)


Können Sie mir bestätigen, dass meine Auffassung,
ie ich hier vorgetragen habe, richtig ist, und welche
onsequenzen ziehen die Unionsfraktion und die Regie-

ung insgesamt aus der Tatsache, dass mit dieser Ände-
ung, mit der Überführung vom SGB VII in das SGB IV,
anz offensichtlich erheblich mehr Bürokratie verbun-
en ist?

Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Dieser Meinung kann ich mich nicht anschließen.


(Anton Schaaf [SPD]: Zu Recht!)


ukünftig erfolgt nicht mehr die Meldung der Arbeits-
eit an die Unfallversicherung. Im Grunde genommen
achen wir aus zwei Vorgängen einen Vorgang.

Ich stelle es einmal ganz plastisch dar – wie schön,
ass ich darauf dank Ihrer Frage aufmerksam machen
ann –: Ein Unternehmer hat drei Mitarbeiter: Max
üller, 1 750 Stunden, Hugo Meier, 1 600 Stunden,
aximilian Huber, 1 500 Stunden. Was ist bisher pas-

iert? Der Unternehmer hat die Arbeitsstunden seiner
itarbeiter zusammengezählt und seiner Berufsgenos-

enschaft gemeldet. Künftig wird der gleiche Unterneh-
er der Rentenversicherung – das ist das Neue; wie ich

orhin gesagt habe, wird dadurch eine Ersparnis erzielt:
us zwei Vorgängen wird einer gemacht – die ihm vor-






(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)

liegenden Daten melden. Deshalb ist auch das frühe In-
krafttreten dieser Regelung gar kein Problem.

Bei dieser Gelegenheit will ich sagen: Kein Mensch
fordert oder erwartet die flächendeckende Einführung
von Stechuhren. Schon gar nicht interessiert eine minu-
tengenaue Auflistung der täglichen Arbeitszeiten der Ar-
beitnehmer. Wer diese Dinge bisher korrekt gemacht hat,
wird keinen materiellen Mehraufwand haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Man hat unter der Überschrift „Stechuhren für alle“ ei-
nen Popanz geschaffen. Wie manche Funktionäre und
Journalisten hier arbeiten, das ist ihrer Verantwortung
überlassen. Es ist auf jeden Fall übel; das muss man
schon sagen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617221300

Herr Kollege Weiß, erlauben Sie eine weitere Zwi-

schenfrage des Kollegen Kolb?

Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617221400

Bitte.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1617221500

Herr Kollege Weiß, ich bedanke mich für die Gele-

genheit zur Nachfrage. Ich bitte die Kollegen um Ver-
ständnis. Das ist wirklich ein essenzieller Punkt, der mir
heute von einem großen Wirtschaftsverband in sehr
ernster Form vorgetragen wurde. Nachdem ich das selbst
geprüft habe, teile ich diese Auffassung.

§ 165 SGB VII sieht bisher pauschale Meldungen vor.
Außerdem sieht er die Möglichkeit vor, dass der Umfang
der Meldepflicht durch die Satzung der Berufsgenossen-
schaft modifiziert wird. Das wird künftig im Rahmen der
individualisierten Meldung nach § 28 a SGB IV voll-
kommen anders sein. Man muss dann genau ermitteln,
was man für den einzelnen Arbeitnehmer meldet. Bisher
gibt es Mitarbeiter mit Vertrauensarbeitszeiten, das heißt
Mitarbeiter, deren Arbeitszeiten nicht erfasst werden.
Ich frage Sie: Wie sollen deren Arbeitszeiten denn künf-
tig erfasst und gemeldet werden?


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Man ist bisher nicht verpflichtet, für Arbeitnehmer, die
weniger als acht Stunden am Tag arbeiten, Aufzeichnun-
gen zu machen; das Arbeitszeitgesetz verpflichtet zu sol-
chen Aufzeichnungen erst bei Arbeitszeiten ab acht
Stunden. Wie soll man mit solchen Fällen künftig umge-
hen?

Die entscheidende Frage ist: Was meldet man, wenn
man eine individuelle Gefahrklasse melden muss? Seit
einem Jahr ist die Situation so, dass zum Beispiel von ei-
nem metallverarbeitenden Unternehmen eine einheitli-
che Tarifziffer über alle Entgelte gemeldet wird. In dem
künftig geltenden individualisierten Verfahren müsste
man wohl für jede Tätigkeit – für die der Sekretärin, des

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(C (D anns an der Presse oder des Staplerfahrers – unterchiedliche Gefahrklassen melden. Das schreit doch irklich nach Mehraufwand. Das können Sie doch nicht bersehen. Gerald Weiß Um aggregierte Zahlen melden zu können, müssen ie Unternehmen doch Daten zusammenzählen, die indiidualisiert vorhanden sind. Wenn sie also die Arbeitserträge von Max Müller, Hugo Meier und Maximilian uber, die 38 oder 40 Stunden pro Woche arbeiten, neeneinanderlegen, können sie die Jahresstunden berechen. Sie haben diese Daten doch in ihrem Betrieb erfasst. ukünftig gibt es nur noch einen Vorgang: Sie brauchen ie nicht mehr zusammenzuzählen. Sie geben sie nur an ie Rentenversicherung. Nun zu Ihrer Frage zu den Gefahrklassen. Die Selbsterwaltung hat hier viele Steuerungsmöglichkeiten und estaltungsraum. Auch in Zukunft; daran ändern sich gar nichts. Vieleicht kann mein lieber Freund Grotthaus nachher noch arauf eingehen. Eines muss ich dazu aber noch sagen: Wir haben in er Unfallversicherung nicht nur ein branchengegliederes System, sondern auch ein nach Risiken gegliedertes ystem, (Andrea Nahles [SPD]: Richtig! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich kenne das gut!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Bisher!)


nd zwar aus guten Gründen. Derjenige, der im Betrieb
it Stahlträgern hantiert, unterliegt anderen Risiken als

erjenige, der in der Cafeteria mit Kaffeetassen hantiert.
as abzubilden, lohnt sich schon. Wenn sich ein Unter-
ehmen in der Prävention anstrengt und den die Stahlträ-
er schleppenden Mitarbeiter besser schützt, dann lohnt
ich das im Beitrag. Diese Steuerungswirkung wollen
ir auch weiterhin haben. Dafür werden aber die Daten
ebraucht. Sie müssen doch wissen, was der Mitarbeiter
acht. Diese Grundlagen wie bisher unbürokratisch be-

eitzustellen, sollte doch möglich sein. Es ist eine Mär,
on der flächendeckenden Einführung von Stechuhren
u sprechen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Darauf wird es hinauslaufen!)


enn das das Niveau der Diskussion in Deutschland ist,
ann sage ich nur: Gute Nacht! Das ist Polemik, sonst
ichts.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das kommt auf Wiedervorlage!)


Ja, gerne. – Gewisse Daten braucht man – übertreiben
arf man es nicht –; das erfordert gerade die Steuerung
ach Risiken.






(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Ich möchte noch kurz das Leistungsrecht ansprechen.
Wenn mir persönlich der Kollege Haustein nicht so sym-
pathisch wäre – der Kollege Kolb sowieso –,


(Heiterkeit bei der FDP)


würde ich nicht darauf eingehen. – Wir haben die Re-
form doch mit gutem Recht gesplittet. Die Arbeitgeber
wenden ein, dass sie 500 Millionen Euro mehr im langen
Zeitstrahl bezahlen. Die Einwendungen der Arbeitneh-
mer sind, dass sie weniger Leistungsabsicherungen ha-
ben. Hier gibt es mindestens ein Kommunikationspro-
blem, wahrscheinlich auch ein paar Probleme in der
Sache. Ich persönlich meine, die verwaltungskonzeptio-
nellen Überlegungen waren noch nicht ausgereift. Wenn
es aber so ist, dann lässt man es eben, bevor man etwas
Schlechtes macht. Mit der Organisationsstrukturreform
machen wir etwas Notwendiges, Gutes und Ausgereif-
tes.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Im Leistungsrecht hätten wir etwas Unausgereiftes. Es
wäre zwar im Modell schön; aber auf der Straße wäre es
nicht gefahren. Das sollten wir nicht machen. – Hinsicht-
lich der Wegeunfälle ist bei der Union nichts drin. Das
will ich der guten Ordnung halber noch einmal sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie haben auch gesagt: Die 20 Prozent an Kostenein-
sparungen als Zielvorgabe habt ihr nicht geschafft. – Da
kann ich mich wirklich nur wundern, Heinz-Peter. Wenn
wir Freiraum und Selbstverantwortung möchten, dann
kontrollieren die Selbstverwalter, Arbeitgeber und Ar-
beitnehmer. Die Arbeitgeber gucken ganz scharf hin,
weil es ihr Geld ist; sie kontrollieren die Finanzflüsse
und die Kosten. Wenn wir allerdings 20 Prozent als Ziel
festschreiben, dann verlassen wir diesen Weg, Freiraum
zu geben. Dann können wir auch gleich wieder Fachauf-
sichten vorsehen. Diesen Weg wollten wir nicht gehen.
Wir haben allerdings ein allgemeines Kosteneinspa-
rungsziel und eine Berichtspflicht verankert. Das ist ein
Hinweis des Gesetzgebers nach dem Motto: Strengt euch
an, damit aus den Synergien, die wir hier erreichen wol-
len, in Zukunft auch wirklich etwas wird.

Insgesamt sind wir mit diesem Gesetzentwurf auf ei-
nem sehr guten Weg. Es ist ein großes Gemeinschafts-
werk. Ich wollte eigentlich noch einigen Damen und
Herren ein Dankeschön sagen, aber die Redezeit ist um.
Bei einem will ich mich trotzdem bedanken, nämlich bei
meinem Ko-Berichterstatter Wolfgang Grotthaus. Es
wird immer über eine Krise der Großen Koalition ge-
schrieben. Aber an dieser Stelle hat sie sehr gut funktio-
niert. Es war eine freundschaftliche und kollegiale Zu-
sammenarbeit. Herzlichen Dank, Wolfgang, für diese
gemeinsame Arbeit.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617221600

Das Wort hat jetzt der Kollege Volker Schneider von

der Fraktion Die Linke.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN – Andrea Nahles [SPD]: Wie oft reden Sie heute noch, Herr Schneider?)



Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617221700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1617221800

ir beraten heute auch einen Antrag meiner Fraktion. Er

at es angekündigt – wir wissen es schon aus dem Aus-
chuss –: Sie werden diesen Antrag ablehnen. Nichtsdes-
otrotz lassen wir uns an diesem Tag die gute Laune
icht versauen.

Was haben wir in unserem Antrag gefordert? Wir ha-
en erstens gefordert, die Reform des Leistungsrechts
on der Organisationsreform abzukoppeln. Das haben
ie gemacht. Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben zweitens perspektivisch gefordert, dass im
ahmen der Reform des Leistungsrechts, die es nun in
er nächsten Legislaturperiode geben soll, nicht reflex-
rtig Leistungen gekürzt werden, sondern dass sie opti-
iert werden. Wir sollten vor allen Dingen im Blick ha-

en, dass wir eine verbesserte Anerkennungspraxis von
erufskrankheiten brauchen. Das werden wir als Merk-
osten in die nächste Legislaturperiode mitnehmen.

Wir haben drittens gefordert, die Selbstverwaltung in
er gesetzlichen Unfallversicherung zu stärken und ins-
esondere dem Dachverband der Deutschen Gesetzli-
hen Unfallversicherung, DGUV, weitgehende Autono-
ie einzuräumen. Sie haben, wie von uns gefordert, von

er Körperschaftslösung Abstand genommen. Sie haben
en Versuch, doch noch über die Fachaufsicht zu viel
influss zu nehmen, letzten Endes aufgegeben. Auch
ier haben Sie unsere Forderungen erfüllt. Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben allerdings auch gefordert, auf eine Fest-
chreibung einer bestimmten Anzahl von gewerblichen
erufsgenossenschaften zu verzichten, nicht zuletzt des-
egen, weil sich die öffentlichen Berufsgenossenschaf-

en von dem, was die gewerblichen bis heute schon frei-
illig erbracht haben, eine dicke Scheibe abschneiden
önnten. Diese Forderung haben Sie nun nicht erfüllt.
ber die Mehrheit der Berufsgenossenschaften kann of-

ensichtlich mit den neuen Berufsgenossenschaften le-
en, sodass wir das nicht als großen Mangel betrachten.

Fazit: Sie lehnen unseren Antrag ab, aber Sie setzen
hn in wesentlichen Teilen um. Diese Schizophrenie zu
erstehen, überlassen wir Ihnen. Für die Übernahme un-
erer Vorschläge bedanken wir uns herzlich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617221900

Herr Kollege Schneider, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Meckelburg?


Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617222000

Aber sicher.





)


(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617222100

Bitte schön.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1617222200

Herr Kollege, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede den

Eindruck erweckt, als hätten wir im Gesetzgebungsver-
fahren all das, was Sie gefordert haben, umgesetzt. Sau-
gen Sie so viel Glück aus der Gesetzgebung, wie Sie
können. Aber könnte es nicht vielleicht daran liegen,
dass Sie möglicherweise in diesem einen Antrag endlich
einmal etwas aufgenommen haben, was der Realität
nahe kommt? Das wäre vielleicht auch eine Erklärung.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)



Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617222300

Lieber Kollege Meckelburg, wir haben mit Sicherheit

unterschiedliche Auffassungen darüber, was realistisch
ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich denke, das sollten wir an dieser Stelle nicht vertiefen.
Ich freue mich allerdings, dass Sie einräumen, dass wir
tatsächlich einen äußerst realistischen Antrag gestellt ha-
ben, aus dem Sie einige Punkte übernehmen konnten. Da
herrscht große Freude auf beiden Seiten. Sie lehnen zwar
unseren Antrag ab. Aber das ist uns völlig egal. Die
Hauptsache ist, dass sich die Erfüllung unserer Forde-
rungen im Gesetz letztendlich wiederfindet. Das ist der
zentrale Punkt. Diese Botschaft wollte ich herüberbrin-
gen.


(Beifall bei der LINKEN)


Es bleibt aber auch ein Rest von Kritik.


(Andrea Nahles [SPD]: Oh!)


Die Frage des Betriebsprüfungs- und Melderechts ist
schon angesprochen worden. Es ist für mich immer noch
nicht klar, ob es eine Entlastung gibt oder nicht.


(Andrea Nahles [SPD]: 40 Millionen Entlastung!)


Auch die heutige Debatte hat nicht zur Erhellung bei-
getragen.

Übrigens, Herr Brandner, es sind nicht immer nur die
interessierten Kreise, die etwas Falsches sagen. Vor ge-
rade einmal zwei Wochen hat Ihr Staatssekretärskollege
Lersch-Mense noch gesagt, die Umstellung werde etwas
mehr als 3 Millionen Euro kosten und es sei mit höheren
laufenden Kosten von 100 000 Euro zu rechnen. Das
wäre aus meiner Sicht vernachlässigbar. Aber es ist eine
eindeutig andere Aussage als die, von Einsparungen in
Höhe von 54 Millionen Euro zu sprechen. Das irritiert
mich schon. Ich frage mich, warum man diesen Punkt
trotz aller Unklarheiten so vehement durchsetzen muss.

Es fällt uns schon auf, dass Daten statt betriebsbezo-
gen künftig individualisiert bezogen auf die einzelnen
Arbeitnehmer erhoben werden. Das könnte die Voraus-
setzung dafür sein, dass künftig die Unfallversicherung
oder Teile der Unfallversicherung paritätisch finanziert
werden. Bis heute haben Sie noch nie, wenn ich diese

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(C (D utmaßung angestellt habe, energisch dazwischengeruen. Sie tun es auch jetzt wieder nicht. Das bestätigt ich darin. (Andrea Nahles [SPD]: Wir sind so sprachlos über diese Unterstellung!)


Weiter begrüßen wir die gesetzliche Fixierung der ge-
einsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie und die
inrichtung des Steuerungsgremiums „Nationale Ar-
eitsschutzkonferenz“ sehr nachhaltig. Aber wir hätten
ns an dieser Stelle auch eine stärkere Einbeziehung der
ozialpartner gewünscht, insbesondere ein Stimmrecht
ür diese beiden Gruppierungen. Nun sind auch diese
eiden Gruppierungen damit einverstanden; wir haben
achgefragt. Dann wollen wir jetzt nicht päpstlicher sein
ls der Papst; das ist dann verzeihbar.

Ein anderer Punkt ist das Prüfungsrecht des Bundes-
echungshofs bezüglich der Finanzen der Deutschen Ge-
etzlichen Unfallversicherung. Dazu muss ich sagen:

ir haben eine etwas andere Auffassung dazu, was ein
arlament leisten sollte. Wieder einmal ziehen Sie sich
uf folgende Position zurück: Wir warten ab, was ein
ericht entscheidet. – Hier ist das Parlament; hier wer-
en die Gesetze gemacht und nicht bei Gerichten. Das
umindest ist die Auffassung der Linken zu diesem Pro-
lem.


(Beifall bei der LINKEN)


Nichtsdestotrotz: Wir werden diesem Gesetzentwurf
ustimmen, auch deshalb, weil die Kollegen der Großen
oalition sich nun tatsächlich – dies ist insbesondere
on Herrn Weiß angesprochen worden – auf einen ernst-
aften Dialog mit allen Beteiligten eingelassen und auf-
rund der Hinweise, der Kritik und der Anregungen
och wirklich substanzielle Änderungen an dem ur-
prünglichen Entwurf vorgenommen haben. Wir verbin-
en mit dieser Zustimmung die Hoffnung, dass Sie
benso im Bereich der Reform des Leistungsrechts einen
olchen Dialog führen werden. Sie haben es angekündigt
nd gesagt – darin stimme ich Ihnen nachdrücklich zu –,
ass diese Reform nur im Dialog erfolgreich sein kann.
ber ein Dialog ist nicht das, was ich bisweilen auf
taatssekretärsseite erlebt habe, wenn dann etwas ober-

ehrerhaft gesagt wird: Wir müssen die Leute besser
berzeugen. – Das ist kein Dialog. So werden Sie keinen
rfolg haben.

Nun hätte ich mir gewünscht, dass Kollege Hans-
eter Bartels von der SPD heute anwesend ist, der dem
issenschaftlichen Dienst Erstaunliches entlockt hat,

ämlich die Tatsache, dass die Ablehnungsquote meiner
raktion niedriger als 50 Prozent ist, was Vorlagen der
undesregierung bzw. der Großen Koalition anbelangt.


(Andrea Nahles [SPD]: Aber nicht in unserem Ausschuss!)


r sieht sich damit in seinem Ergebnis bestärkt, dass die
ivilisatorische Kraft der parlamentarischen Praxis heil-
am sei. Er spricht davon, dass der Parlamentarismus er-
ieht. Ich muss Ihnen sagen: An dieser Stelle möchte ich
em Kollegen Bartels aus zwei Gründen nachhaltig wi-
ersprechen.

(A)







(A) )



(B) )


Volker Schneider (Saarbrücken)

Erstens. Meine Fraktion benötigt an dieser Stelle
keine Erziehung;


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Doch! Das haben wir gerade wieder gemerkt, und zwar heftig!)


denn für uns ist der höchste Souverän der Wähler. Nur
an den Interessen der Wähler orientiert werden wir ent-
scheiden, ob wir einem Gesetzentwurf zustimmen oder
nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Dann ist es uns völlig egal, ob dieser letztlich von der
Großen Koalition oder von den Kolleginnen und Kolle-
gen von den Grünen oder auch von der FDP kommt.
Auch der FDP haben wir schon des Öfteren zugestimmt.

Zweitens. Großer Optimismus ist leider für zwei Drit-
tel dieses Hauses überhaupt nicht angebracht. Wir haben
einmal die Gegenfrage gestellt, wie oft Sie Vorlagen von
uns zugestimmt haben.


(Anton Schaaf [SPD]: Kann ich Ihnen auch sagen, Herr Schneider!)


Der Wissenschaftliche Dienst wird auf Ergebnisse kom-
men, die sich – wenn überhaupt – allenfalls im Promille-
bereich bewegen werden; denn Sie lehnen ja grundsätz-
lich alles ab, nur weil es im Zweifelsfalle von uns
kommt.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Das hängt mit der Qualität zusammen! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da geht es uns aber nicht besser, Herr Schneider!)


Vor diesem Hintergrund werden Sie weiter damit le-
ben müssen, dass wir dann, wenn wir es für richtig und
für die Wähler für wichtig halten, Ihren Vorlagen zu-
stimmen werden. Herr Weiß wird es verkraften, dass
sein Wunschkoalitionspartner das diesmal nicht tut – er
hat dies im Ausschuss schon sehr bedauert – und dass
wir in diesem Fall einmal einspringen werden.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617222400

Das Wort hat der Kollege Markus Kurth vom Bünd-

nis 90/Die Grünen.


(Andrea Nahles [SPD]: Jetzt wird es spannend!)



Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617222500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! De-

mokratie lebt vom Streit. Das ist ein wichtiger Nährbo-
den. Aber manchmal ist es auch gut, dass bei wichtigen
Grundfragen der sozialen Sicherung fraktionsübergrei-
fend, was die Grundprinzipien anbelangt, ein relativer
Konsens herrscht. Den stelle ich, was die gesetzliche
Unfallversicherung anbelangt, fest, jedenfalls für fast
das gesamte Haus bis auf die FDP-Fraktion, die – ich er-
laube mir, den Kollegen Weiß zu zitieren – als Marktsek-
tierer im Bereich der Unfallversicherung allein dasteht.

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(C (D Warum das so ist, hat Herr Weiß versucht, Ihnen, Herr olb, zu erklären. Ich glaube aber, auch dem Herrn chneider muss man das noch einmal erklären. Es gibt ämlich einen Grund, warum man keine paritätische Fianzierung der Kosten bei Wegeunfällen vorsehen kann. ie gesetzliche Unfallversicherung bewirkt die Haf ungsablösung für die Unternehmer. arum zahlen sie sie alleine, Herr Schneider. Deshalb acht es überhaupt keinen Sinn, die paritätische Finan ierung hier ins Spiel zu bringen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)


arum machen Sie das? Wollen Sie irgendwen auf
umme Gedanken bringen? Wollen Sie eine gesell-
chaftliche Debatte anzetteln, an der wir alle – vielleicht
it Ausnahme von Herrn Haustein – kein Interesse ha-

en können? Das ist kurios.


(Anton Schaaf [SPD]: Ganz genau!)


o viel vorweg.

Grundsätzlich ist dieser Gesetzentwurf sinnvoll: ers-
ens weil die Verteilung der 1,3 Milliarden Euro Über-
ltlast zwingend notwendig ist. Zweitens besteht die
offnung, dass die Verringerung der Zahl der Berufsge-
ossenschaften zumindest mittelfristig Einsparungen im
erwaltungsbereich erbringt. Drittens ist es zu begrüßen,
ass mit der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstra-
egie und mit der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz
ine Plattform für die Weiterentwicklung im Bereich der
rävention geschaffen wurde.

Wir werden dem Gesetzentwurf allerdings trotzdem
icht zustimmen, sondern uns enthalten; denn wir sind
er Auffassung, dass insbesondere im Bereich der Prä-
ention wesentlich mehr hätte getan werden können und
uch mehr hätte getan werden müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn die Regierungsfraktionen es schon nicht geschafft
aben, das Leistungsrecht zu reformieren, hätten sie we-
igstens das in Angriff nehmen müssen; denn in einem
ind wir uns doch wohl einig: Die wirksamsten Möglich-
eiten zur Kostenverringerung im Bereich der Unfallver-
icherung sind ein Arbeitsunfall, zu dem es gar nicht erst
ommt, und eine Berufserkrankung, die gar nicht erst
uftritt.

In diesem Zusammenhang hätten Sie die Erkenntnisse
er Expertenkommission „Die Zukunft einer zeitgemä-
en betrieblichen Gesundheitspolitik“ zu Rate ziehen
önnen, ja müssen. Diese Kommission hat nämlich be-
eits im Jahr 2004 festgestellt, dass zunehmend nicht die

ensch-Maschine-Schnittstelle, sondern die Mensch-
ensch-Schnittstelle Ausgangspunkt für arbeitsbedingte

rkrankungen ist. Das heißt konkret: Burn-out-Syn-
rom, Stresserkrankungen, psychische Erkrankungen
nd seelische Erkrankungen gewinnen gegenüber klassi-
chen Berufskrankheiten wie Muskel- und Skelett-






(A) )



(B) )


Markus Kurth
erkrankungen an Bedeutung. Das spiegelt die schrump-
fende Bedeutung von Branchen wie der Bauindustrie
oder des verarbeitenden Gewerbes und die zunehmende
Bedeutung des Dienstleistungssektors wider.

Wenn zum Beispiel die Mitarbeiter eines Callcenters
ihre Line immer mit zehn eingehenden Anrufen voll ha-
ben und unter wahnsinnigem Stress stehen und der Inha-
ber dieser Bude die Beschäftigten unter Druck setzt, gibt
es natürlich stressbedingte Erkrankungen. Dieser beson-
deren Entwicklung schenken wir zurzeit viel zu wenig
Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will an die Zahlen erinnern, die ich bereits in der ers-
ten Lesung angeführt habe: Laut Berufsverband Deut-
scher Psychologinnen und Psychologen ist der Anteil
psychischer Erkrankungen, gemessen an allen berufsbe-
dingten Erkrankungen, im Jahr 2005 auf 10,5 Prozent
gestiegen. Die wohl auch als objektiv zu bezeichnende
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin be-
ziffert den Ausfall an Bruttowertschöpfung durch psy-
chisch bedingte Erkrankungen mit 7,0 Milliarden Euro;
das entspricht immerhin 0,3 Prozent des Bruttoinlands-
produkts. Das heißt, wenn wir in diesem Bereich in Prä-
ventionsstrategien investieren, dann ist das von volks-
wirtschaftlichem Nutzen, vom Nutzen für die Personen
mal ganz abgesehen.

Wenn wir diese Zahlen ernst nehmen würden, hätten
wir psychische Erkrankungen in die gemeinsame deut-
sche Arbeitsschutzstrategie aufnehmen müssen. Das
hätte nichts gekostet; das hätte man machen können. Au-
ßerdem hätte man im Rahmen der Arbeitsschutzstrategie
Strukturziele vorgeben müssen. Man hätte das Leitbild
„Gesundheitsfördernde Arbeitssituation“ zum Ziel erhe-
ben können. Heutzutage haben berufsbedingte Krank-
heiten nämlich meistens nicht nur eine, sondern mehrere
Ursachen.

Was geschieht stattdessen? Es gibt keine Reaktion auf
diesen Trend. Das ist wirklich bedauerlich. Die Ziele der
gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie sind nicht
innovativ; das hat uns ein Sachverständiger bestätigt. Es
gibt keine Beteiligung der gesetzlichen Krankenkassen
im Rahmen der gesetzlichen Arbeitsschutzstrategie;
das haben Sie weit zurückgewiesen. Ich meine, dass die
Kooperation zwischen den Sozialversicherungsträgern
intensiviert werden müsste; denn die Krankenkassen
haben Erfahrungen im Bereich der betrieblichen Ge-
sundheitsvorsorge. Außerdem sind die Sozialpartner in
der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz nicht stimmbe-
rechtigt – darauf hat Herr Schneider schon hingewiesen –,
obwohl das für Fortschritte im Bereich der Prävention
wichtig gewesen wäre. Das heißt, dass das Ziel der Prä-
vention, auch wenn Herr Brandner es in seiner Rede an-
gesprochen hat, bei Ihnen seinen Platz vorwiegend in
Sonntagsreden hat, was bei der Gesundheitspolitik ähn-
lich ist. Das ist bedauerlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich meine, dass wir bei der Anerkennung von Berufs-
krankheiten in einem weiteren Schritt psychische Er-
krankungen berücksichtigen müssen. Wir müssen versu-

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(C (D hen, dies in den Gefahrklassen abzubilden; denn wenn ich in den Beiträgen für die Unfallversicherung niederchlägt, welcher Stress am Arbeitsplatz herrscht, wird es ortschritte in Richtung „guter Arbeit“ geben. Dann ird es nicht mehr so schlechte Arbeitsbedingungen geen, wie ich dies am Beispiel Callcenter deutlich geacht habe, wo man unter extremem Druck steht. Vielehr wird es dann Arbeitsumgebungen geben, die die eistungsfähigkeit erhalten. Das ist übrigens im Inte esse der Arbeitgeber. Die Arbeitgeber unterschätzen iesen Bereich extrem. Das Risiko bei psychischen Errankungen ist sogar weitaus größer, weil der Arbeitsusfall – anders als zum Beispiel bei Erkrankungen des ewegungsapparats – nicht sofort eintritt. Die Krankheit ritt schleichend auf; auch die Produktivität sinkt schleihend. Schon vor dem Arbeitsausfall ist die Leistungsfäigkeit am Arbeitsplatz gemindert. Lassen Sie uns also nach Verabschiedung der Organiationsreform in einem weiteren Schritt das Thema „Areitssicherheit und Arbeitsschutz“ angehen. Für die raktion Bündnis 90/Die Grünen ist Prävention nicht nur in Wort in Sonntagsreden; wir machen durch unsere onzepte und unseren Antrag Ernst damit. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Wolfgang Grotthaus von er SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Ich möchte gleich am Anfang festhalten, dass dieser ag ein guter ist, nicht nur weil wir die gesetzliche Unallversicherung im Organisationsteil reformieren, sonern auch weil ich hier große Einstimmigkeit festgestellt abe. Das ist in den Jahren, in denen ich im Bundestag in, sehr selten vorgekommen. Es deutet aber darauf hin, ass die Zielproblematik erkannt worden ist und dass ersucht wurde, auf einen Nenner zu kommen. Dies war ur möglich, weil sich die Regierungskoalition beim Reerentenentwurf und bei den Überlegungen der Bundänder-Kommission zum Teil quergestellt und immer enau definiert hat, was sie überhaupt will. Kollege eiß hat mich gerade gelobt. Ich kann nur sagen: Herzli hen Dank! Aber das Kompliment muss ich zurückgeen, Gerald. ir gehen einmal zusammen ein Bier trinken, wenn das esetz verabschiedet ist. Wir tragen mit dieser Organisationsreform einer genderten Wirtschaftsstruktur, dem Wandel von der Inustriezur Dienstleistungsgesellschaft, Rechnung. Wir ollziehen eine Modernisierung der Verwaltungsstruktuen, und wir regeln – das ist ganz wichtig – die Altlastenroblematik. Wolfgang Grotthaus Lassen Sie mich zur Altlastenproblematik eines sagen – das ist schon deutlich geworden –: Wir haben hier keine Lösung gefunden, die alle zufriedenstellt. Es gibt Geber, die sich darüber beschweren, dass die Beträge zu hoch seien. Es gibt Nehmer, Berufsgenossenschaften, die sich darüber beschweren, dass die Beträge zu niedrig seien. Ich sage es einmal in meinem Ruhrgebietsdeutsch: Das Hinterteil ist immer hinten, und es wird sich immer einer finden, der da reintritt. – Wir müssen mit dieser Entscheidung leben. Ich glaube aber, dass diese Entscheidung richtig ist. Wir haben damit den größtmöglichen Nenner, also die größtmögliche Übereinstimmung, gefunden; das wird uns von den Betroffenen signalisiert. Auch die Streckung des Übergangszeitraumes ist auf großes Verständnis und große Zustimmung gestoßen. Ich möchte mich bedanken, als Erstes beim Dachverband der Berufsgenossenschaften und öffentlichen Unfallkassen. Ich will sehr offen sagen: Hier wurde ganz tolle Vorarbeit geleistet. Diese Vorarbeit war nur möglich, weil wir, die Regierungskoalition, von Anfang an gesagt haben: Selbstverwaltung über alles! Wir werden Kurs halten und dies durchziehen, aber ihr müsst bitte schön mitarbeiten. Macht Vorschläge und nehmt eure Mitglieder mit, so wie es bei der Selbstverwaltung üblich ist. – Deswegen konnten wir auf vieles zurückgreifen, was die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung im Vorfeld dieser Gesetzgebung erarbeitet hat. Mein Dank gilt auch dem Ministerium. Wir waren nicht immer einer Meinung; aber das war auch gut so. Denn wenn man von unterschiedlichen Standpunkten ausgeht und strittig diskutiert, führt das letztlich dazu, dass man sich auf einen Kompromiss einigt, der für alle tragbar ist. Auch wir haben uns von unterschiedlichen Standpunkten aus angenähert und eine Kompromisslösung – ich sage bewusst: eine Kompromisslösung – gefunden, mit der wir leben können und mit der das Ministerium leben kann. Das Struck’sche Gesetz ist schon angesprochen worden; Gerald, herzlichen Dank dafür! Das deutet darauf hin, dass dieses Plenum gegenüber der Ministerialbürokratie nicht so machtlos ist, wie es von der Presse oft in die Öffentlichkeit transportiert wird. Ich will einen Punkt ansprechen, der noch ein wenig kritisch ist (Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Nur Mut! Öfter so!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617222600

(Beifall bei der SPD)

Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1617222700

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


– ich weiß, dass jetzt der eine oder die andere außerhalb
des Plenarsaals sehr genau zuhören wird –: die Zahl der
Berufsgenossenschaften. Im ersten Entwurf wurden
sechs Berufsgenossenschaften genannt. Dann wurde an
uns die Bitte herangetragen, diese Zahl zu erhöhen. Da-
raufhin haben wir die Berufsgenossenschaften aufgefor-
dert, sich zu einigen, allerdings auf jeden Fall auf eine
einstellige Zahl.

Wie wir wissen, ist die höchste einstellige Zahl neun.
Man hat sich bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallver-
sicherung einstimmig – ich betone: einstimmig – auf
neun Berufsgenossenschaften geeinigt. Dann sagte eine
kleine Berufsgenossenschaft: Wir wollen nicht. – Meine

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(C (D amen und Herren, so geht es nicht. Erst fasste das Greium einen einstimmigen Beschluss, und dann wurde ersucht, in die Politik hineinzuwirken, und es wurde geagt: Ihr müsst uns folgen. – Dazu sagen wir in aller eutlichkeit: Nein, es bleibt bei neun Berufsgenossen chaften. Wenn sich die Berufsgenossenschaften nicht inigen können, dann wird zu gegebener Zeit der Geetzgeber tätig werden müssen. Diese Position haben wir uch im Hinblick auf den Ausschussbericht als Formuierungshilfe weitergetragen. Nun will ich auf die Beiträge der Kolleginnen und ollegen der Opposition eingehen. Herr Kollege austein, am besten hat mir Ihr „Glück auf!“ gefallen. ie Sie hören können, komme ich aus dem Ruhrgebiet. a Sie sehr oft „Glück auf!“ sagen, fordere ich Sie auf: etzen Sie sich weiterhin für den Erhalt der Steinkohle in! Das wäre mir am sympathischsten. Sie haben ferner das Stichwort „Fußball“ aufgegrifen. Wir sind im Finale, ob mit Ball oder ohne Ball. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das Problem ist das Luftgitarrenspiel!)


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


ch glaube, wir wären in das Finale auch ohne Ball ge-
ommen, wie Sie formuliert haben. Jetzt sind wir bei der
ndabstimmung über die gesetzliche Unfallversicherung
benfalls im Finale.


(Andrea Nahles [SPD]: Ganz genau!)


estern war das Fußballspiel gut, und heute sind die
weite und dritte Lesung dieses Gesetzentwurfes gut. Ich
äre sehr angetan, wenn Sie diesem Gesetzentwurf zu-

timmen würden.


(Beifall bei der SPD)


Zum Leistungsrecht. Lassen Sie mich deutlich ma-
hen: Wir haben das Leistungsrecht bewusst ausgeklam-
ert; denn es war nicht umsetzbar. Der Kollege Weiß

at bereits zwei Zahlen genannt, die sich widersprechen.

Da Sie die Bürokratiekosten kritisiert haben, möchte
ch Sie auf Folgendes hinweisen: Stellen Sie sich vor,
as jetzige Leistungsrecht bestünde noch 50 Jahre. Ein
8-Jähriger oder eine 18-Jährige, der bzw. die heute ver-
nfallt, würde aufgrund des jetzigen Leistungsrechts bis
um Lebensende alimentiert. Jemand, der in zwei Jahren
en gleichen Unfall hat, würde auf der Grundlage eines
nderen Leistungsrechts alimentiert. Ich frage Sie: Wel-
he Bürokratiekosten fallen dann an, und wie kann ge-
ährleistet werden, dass dann keine Mehrausgaben ent-

tehen?

Erhöhen sich die Bürokratiekosten aufgrund der
euen Meldepflicht? Nein. Der Normenkontrollrat hat
esagt – ich gehe davon aus, dass Sie diese Zahlen verin-
erlicht haben; denn sie sind in der Ausschusssitzung ge-
annt worden –, dass durch das neue Meldeverfahren
2 Millionen Euro eingespart werden, und die Bertels-
ann-Stiftung geht von 30 bis 40 Millionen Euro aus.

Wenn zwei unabhängige Institutionen sagen, dass es
ür Unternehmer günstiger wird, aber ein Unternehmer






(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus
sagt, dass es für ihn nicht günstiger wird, dann kommt
man normalerweise zu dem Schluss, dass ein anderes In-
teresse verfolgt wird als das, Kosten einzusparen. Dann
wird vermutlich versucht, den Besitzstand zu wahren,
die eine oder andere Funktion zu behalten oder Funktio-
näre zu schützen; das sage ich hier so deutlich. Das kann
nicht die Zielsetzung der Reform eines Gesetzes sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU])


Sie sagen, der Weg zur Arbeit müsse privat versichert
werden. Ich frage Sie, wie das bei wechselnden Baustel-
len sein soll. Ich sage auch für unseren Koalitionspartner
ganz deutlich: Der Weg zur Arbeit gehört zum Beruf,
und das ist deshalb der Berufsunfallversicherung ange-
gliedert. Davon werden wir nicht abgehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der LINKEN)


Die Zahlen von Herrn Lersch-Mense stimmen, Kol-
lege Schneider: Einmalige Umstellungskosten von
3 Millionen Euro, dann zunächst Mehrkosten von
130 000 Euro im Monat. Ich habe Ihnen aber gerade die
Zahlen von der Bertelsmann-Stiftung und vom Normen-
kontrollrat genannt. Von daher gehen wir davon aus,
dass diese Mehrkosten von 130 000 Euro im Monat zwar
anfallen werden, dass aber, wenn die Umstellung been-
det sein wird, Einsparungen möglich werden, die die
Mehrkosten mehr als kompensieren werden.

Kollege Schneider, Sie sagen, wir sollten Ihrem An-
trag zustimmen. Schon vor zwei Jahren haben der Kol-
lege Weiß und ich auf einer Veranstaltung von Verdi
deutlich gesagt, was wir wollen. Dies findet sich in dem
Gesetzentwurf, über den wir heute beraten, wieder. Ihr
Antrag ist ein Jahr alt. Es ist für uns nicht wichtig, uns
darüber zu streiten, wer das Erstgeburtsrecht hat. Wichti-
ger sind die Inhalte.


(Elke Reinke [DIE LINKE]: Das ist beim Mindestlohn genauso!)


Deswegen ist es mir eigentlich – ich würde einen drasti-
scheren Ausdruck wählen; aber der passt nicht in dieses
Hohe Haus – egal, wer das Erstgeburtsrecht hat. Wir
wissen, wie wir um das, was jetzt auf dem Tisch liegt,
kämpfen mussten.

Wenn Sie sagen, wir könnten Ihrem Antrag zustim-
men, muss ich Ihnen sagen: Nein, unser Gesetz geht wei-
ter. Es beinhaltet viel mehr Facetten als das, was Sie in
den vier, fünf Punkten Ihres Antrags aufgezeigt haben.
Von daher werden wir den Antrag der Linken ablehnen,
genauso wie wir den Antrag der FDP und den Antrag der
Grünen ablehnen werden.

Zur Möglichkeit einer paritätischen Finanzierung.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Da will ich jetzt aber was hören!)


Natürlich ist eine paritätische Finanzierung möglich –
genauso wie es möglich ist, dass Sie, Herr Schneider, in
zwei Jahren in die CDU eintreten.



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(C (D (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Nein! – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Nein! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Nein! – Heiterkeit – Anton Schaaf [SPD], an die CDU/ CSU gewandt: Ihr habt doch auch den Metzger! – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Diese Schärfe wäre nicht nötig gewesen! – Heiterkeit)


Nun wehrt euch nicht dagegen! Es ist möglich.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Keine Drohungen, Herr Grotthaus!)


an sollte keine Möglichkeit ausschließen! Aber wir sa-
en in aller Eindeutigkeit: Das System der gesetzlichen
nfallversicherung ist – das ist deutlich geworden – ein

nderes System als die anderen Sozialversicherungssys-
eme. Von daher sagen wir: Mit uns ist so etwas nicht zu

achen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU] – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Den Satz wollte ich hören!)


Ich freue mich, dass wir heute die breitmöglichste Zu-
timmung des Hauses bekommen werden. Wir sind auf
inem guten Weg. Wir werden auch, wenn wir uns dann
it den Leistungen beschäftigen, trefflich über den rich-

igen Weg streiten. Wenn wir dabei genauso weit kom-
en, werden wir sagen können: Wir haben toll gearbei-

et.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617222800

Das Wort hat jetzt der Kollege Max Straubinger von

er CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1617222900

Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kolle-

en! Wir sind in der Diskussion über das Unfallversiche-
ungsmodernisierungsgesetz auf der Zielgeraden: Wir
erden es heute in zweiter und dritter Lesung verab-

chieden. Ich möchte ausdrücklich betonen: Dieses Ge-
etz ist entgegen den Behauptungen der Kolleginnen und
ollegen der FDP ein gutes, ja ein wegweisendes Ge-

etz.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Andrea Nahles [SPD]: Jawohl! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das sehen viele anders!)


Wir straffen mit diesem Gesetz die Organisation der
nfallversicherung: statt 23 gewerblichen Berufsgenos-

enschaften werden es zukünftig nur noch 9 sein. Noch
icht angesprochen worden ist, dass die Zielstellung for-
uliert worden ist, dass auch die Zahl der Unfallversi-

herungsträger in unserem Lande zukünftig reduziert






(A) )



(B) )


Max Straubinger
wird, und zwar auf höchstens 16. Auch das ist ein ent-
scheidender Beitrag dieses Gesetzes.

Ein Zweites ist, dass wir die Altlastenproblematik lö-
sen, und zwar indem wir mehr Solidarität einfordern.
Mehr Solidarität – da gebe ich dem Kollegen Grotthaus
recht – bedeutet, dass manche Berufsgenossenschaft, die
bisher durch einen sehr niedrigen Beitrag glänzen
konnte, ihren Beitrag etwas wird anheben müssen, damit
die Berufsgenossenschaften, die unter dem Strukturwan-
del zu leiden haben – etwa die Berufsgenossenschaften
von Bergbau und Bauwirtschaft –, entlastet werden. Ich
glaube, das ist gelebte Solidarität und Ausdruck unseres
Sozialstaatsprinzips.

Wir wollen den Überaltlastenausgleich so reformie-
ren, dass er wirkt – gerade auch für die Bauberufsgenos-
senschaften. Meines Erachtens ist der Schlüssel dafür
richtig gewählt. Er wurde im Übrigen vom Gesamtver-
band der Unfallversicherungsträger errechnet. In diesem
Sinne ist das auch eine Lösung der Selbstverwaltung,
über die aber die Politik mit zu entscheiden hat. Ich
glaube, sie hat richtig entschieden – auch im Sinne der
vielen kleinen Unternehmer in unserem Land, weil Un-
ternehmer mit bis zu fünf Beschäftigten von diesem
Überaltlastenausgleich ja kaum betroffen sind. Dement-
sprechend konnte dies meines Erachtens sehr zielfüh-
rend gelöst werden.

Ich glaube, es ist auch wichtig, zu erwähnen, dass da-
mit Maßnahmen der Entbürokratisierung verbunden
sind. Das wurde heute ja schon vielfältig dargelegt, und
es wurden Befürchtungen geäußert, dass das mehr Büro-
kratie bedeutet.

Hinsichtlich der Meldepflichten möchte ich ausdrück-
lich verdeutlichen, dass die Neuregelung kaum eine Än-
derung gegenüber der bisherigen gesetzlichen Regelung
bedeutet. Herr Kollege Kolb, in § 165 SGB VII wird
nämlich formuliert – wohlgemerkt: das ist bisheriges
Recht –:


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Reden Sie einmal mit dem Kollegen Hinsken!)


Die Unternehmer haben zur Berechnung der Um-
lage innerhalb von sechs Wochen nach Ablauf eines
Kalenderjahres die Arbeitsentgelte der Versicherten
und die geleisteten Arbeitsstunden in der vom Un-
fallversicherungsträger geforderten Aufteilung zu
melden …

Jetzt ist in § 28 a SGB IV formuliert:

Der Arbeitgeber oder ein anderer Meldepflichtiger
hat der Einzugsstelle für jeden in der Kranken-,
Pflege-, Rentenversicherung oder nach dem Recht
der Arbeitsförderung kraft Gesetzes Versicherten
… eine Meldung durch gesicherte und verschlüs-
selte Datenübertragung aus systemgeprüften Pro-
grammen oder mittels maschinell erstellter Ausfüll-
hilfen zu erstatten.

Weiter heißt es, dass

bei der Abmeldung und bei der Jahresmeldung …
das in der Rentenversicherung oder nach dem Recht

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(C (D der Arbeitsförderung beitragspflichtige Arbeitsentgelt in Euro nd die geleisteten Arbeitsstunden zu melden sind. – ies ist vergangenes und jetzt neues Recht. Hier gibt es aum einen Unterschied. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schauen Sie sich einmal Art. 4 Ziffer 2 Buchstabe a an! Da steht das genau drin!)


Herr Kollege Kolb, deshalb kommt der Nationale
ormenkontrollrat ja auch zu seiner Einschätzung. Ich

itiere aus seiner Stellungnahme:
… auch zu Entlastungseffekten bei den Unterneh-
men. Die arbeitnehmerbezogene Meldepflicht er-
höht die Transparenz und wird künftig den Auf-
wand für Unternehmen, die von „Vor-Ort-
Prüfungen“ betroffen sind, reduzieren.

as ist hier letztendlich auch die Botschaft,

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Er konnte dazu noch gar nicht Stellung nehmen!)

ämlich die Botschaft, dass damit Bürokratie abgebaut
ird. Herr Kollege Kolb, das sollten auch Sie zur Kennt-
is nehmen.

Diese Bundesregierung hat sich ja verpflichtet, für
ntbürokratisierung zu sorgen. Erste Erfolge wurden be-

eits erzielt. Mit diesem Gesetz wird ein weiterer Schritt
azu unternommen.

Ich glaube, dass es auch entscheidend ist, darzustel-
en, dass das Moratorium – sprich: die Nichteinbezie-
ung von bisher noch öffentlichen Unfallversicherungs-
rägern, zum Beispiel der Telekom, die jetzt am Markt
eilnehmen – nicht unbegrenzt gilt. Ich glaube, das Ent-
cheidende ist, dass bis zum Jahr 2011 eine Evaluation
u erfolgen hat. Im Jahr 2011 wird dann entschieden, ob
ie weiterhin selbstständig bleiben oder in die gewerbli-
hen Berufsgenossenschaften eingegliedert werden bzw.
umindest am Überaltlastenausgleich teilzunehmen ha-
en. Wer als Unternehmen am Markt teilnimmt, sollte
etztendlich auch zur Solidarität in diesem Bereich ver-
flichtet werden.

Werte Damen und Herren, es wurde heute auch be-
eits vielfältig dargestellt, dass die FDP eine Privatisie-
ung des Unfallversicherungswesens anstrebt. Ich bin für

ettbewerb und weiß durchaus, was Private leisten kön-
en. Ich glaube, dass dort, wo es angezeigt ist, Private
uch Vorrang haben sollen. Aber in einem Sozialversi-
herungsbereich, in dem die Unternehmerhaftung abge-
olten wird und zu jedem Zeitpunkt Renten gezahlt wer-
en – unabhängig davon, wann ein Unfall eintritt –,
odurch eine unbegrenzte Haftung besteht und somit

ine unbegrenzte Zahlungsfähigkeit gewährleistet sein
uss, wird sich eine private Versicherung nicht engagie-

en können, weil sie das auch nach versicherungsmathe-
atischen Grundsätzen nicht leisten kann. Darin liegen

ie Grenzen der privaten Versicherung.
Fraglich ist auch, wer dann noch in ausreichendem

mfang Prävention betreiben würde. Bislang wird diese
ufgabe von der Berufsgenossenschaft im eigenen Inte-

esse wahrgenommen. Im Falle von Wettbewerb wäre
as sicherlich nicht mehr im selben Maße der Fall.






(A) )



(B) )


Max Straubinger
In Ihrem Antrag ist vorgesehen, dass Berufskrankhei-
ten weiterhin von der gesetzlichen Unfallversicherung
abgesichert werden sollen. Daneben soll ein privates
System bestehen. Das würde einen zusätzlichen bürokra-
tischen Aufwand erfordern. Dies geht nicht an.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ein letzter Punkt. Es wurde bereits angesprochen,
dass das Leistungsrecht leider nicht reformiert worden
ist und also noch nicht reformiert wird. Wir werden auf
diese Reform drängen. Aber die Wegeunfälle – das sage
ich deutlich – sind Bestandteil der gesetzlichen Unfall-
versicherung.

Wenn wir in der Öffentlichkeit und auch jüngst in den
Auseinandersetzungen um das Steuerrecht immer darauf
hinweisen, dass der Weg zur Arbeit nicht mit dem Weg
zum Golfplatz gleichzusetzen ist und steuerlich berück-
sichtigt werden sollte – wir plädieren schließlich dafür,
dass die Entfernungspauschale wieder ab dem ersten Ki-
lometer gelten soll –,


(Beifall des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU] – Anton Schaaf [SPD]: Das hat er gut untergebracht! – Andrea Nahles [SPD]: Das hat er gut gemacht! – Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)


dann muss das auch für das gesetzliche Unfallversiche-
rungsrecht gelten. Ich glaube, damit ist eine weitere zu-
sätzliche Komponente eingebracht worden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617223000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Moderni-
sierung der gesetzlichen Unfallversicherung. Zunächst
möchte ich bekanntgeben, dass eine Erklärung nach § 31
Geschäftsordnung der Kollegin Andrea Voßhoff vor-
liegt, die wir zu Protokoll nehmen.1)

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt un-
ter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 16/9788, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 16/9154 in der Ausschussfassung anzu-
nehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge-
setzentwurf ist in zweiter Beratung angenommen mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion
Die Linke bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion und Ent-
haltung von Bündnis 90/Die Grünen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –

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1) Anlage 2

(C (D nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem timmverhältnis angenommen. Wir setzen die Abstimmung über die Beschlussempehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales auf rucksache 16/9788 fort. Unter Nr. 2 empfiehlt der Aus chuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion Bündis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9312 mit dem Titel Die gesetzliche Unfallversicherung fit für die Dienstleisngsgesellschaft machen“. Wer diesem Wunsch auf blehnung zustimmen will, den bitte ich um das Handzei hen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der raktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die rünen angenommen. Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner eschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der raktion der FDP auf Drucksache 16/6645 mit dem Titel Mehr Wettbewerb und Kapitaldeckung in der Unfallersicherung“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist mit den Stimmen aller Fraktionen ei Gegenstimmen der FDP-Fraktion angenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss für Arbeit und oziales unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung die blehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf rucksache 16/5616 mit dem Titel „Keine Leistungskür ungen bei der gesetzlichen Unfallversicherung“. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist ei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke mit den Stimen aller übrigen Fraktionen angenommen. Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 11 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Lothar Bisky, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit fortführen – Drucksachen 16/9067, 16/9730 – Berichterstattung: Abgeordneter Wolfgang Grotthaus Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wierspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder das Wort dem Kollegen Gregor Amann von der PD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU])


(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten







(A) )



(B) )


Gregor Amann (SPD):
Rede ID: ID1617223100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Arbeit ist nicht nur Mühsal und Ausbeutung,
sondern hat auch zentrale Bedeutung für Wohlbefinden,
das Selbstwertgefühl und den Erhalt unserer geistigen
und sozialen Fähigkeiten. Sie bedeutet im positiven Fall
also soziale Teilhabe und Integration. Das ist auch ein
Grund, warum wir Menschen länger im Erwerbsleben
halten wollen, anstatt die Lebensarbeitszeit immer wei-
ter zu verkürzen. Mit dem vorliegenden Antrag wird
aber das alleinige Ziel verfolgt, möglichst viele Men-
schen möglichst früh aus dem Arbeitsleben auszuglie-
dern.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollt ihr doch auch!)


Ja, 40 Jahre körperliche Arbeit zu verrichten, giftige
Dämpfe einzuatmen, eintönige Fließbandarbeit auszu-
führen oder großen psychischen Belastungen ausgesetzt
zu sein, wie es zum Beispiel Menschen in Pflege- und
Sozialberufen oft sind, ist zweifellos ungesund und ver-
schleißt Menschen. Wenn aber heutige Arbeitsbedingun-
gen und Arbeitsbelastungen Menschen kaputtmachen,
dann kann die Antwort doch nicht sein, Menschen ein-
fach früher aus dem Arbeitsleben hinauszudrängen, als
wären die Arbeitsbedingungen sozusagen gottgegeben
und unveränderbar. Vielmehr müssen wir uns darum be-
mühen, diese Arbeitsbedingungen zu verändern oder zu
beseitigen. Dort, wo wir nicht verhindern können, dass
Menschen ganz oder teilweise arbeitsunfähig werden,
müssen wir uns selbstverständlich um diese Menschen
kümmern.

Altersteilzeit eignet sich sehr gut dazu, einen flexi-
blen Übergang in die Rente zu organisieren und zu einer
schrittweisen Arbeitsentlastung zu gelangen. Im Jahr
2006 haben über 400 000 Beschäftigte davon Gebrauch
gemacht. Übrigens wurde nur ein Viertel direkt durch
Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Mit
dem Auslaufen der BA-Förderung wird also keineswegs
die Altersteilzeit an sich abgeschafft.

Momentan verhandeln die Tarifparteien in der Elek-
tro- und Metallindustrie über tarifvertragliche Regelun-
gen zur Altersteilzeit. Ich begrüße dies ausdrücklich und
wünsche den Verhandlungen viel Erfolg.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Gerald Weiß [Groß-Gerau] [CDU/CSU])


Denn die Unternehmen, die ihren wirtschaftlichen Er-
folg in erster Linie der Arbeitskraft und der Leistung der
Arbeitnehmer verdanken, sind in der Pflicht, nicht nur
für gute Arbeit guten Lohn zu zahlen, sondern auch ih-
ren Arbeitnehmern ein Ausscheiden aus dem Arbeitsle-
ben in Würde und Gesundheit zu ermöglichen, nicht
zuletzt durch entsprechende Altersteilzeitmodelle. Mit
„ermöglichen“ meine ich vor allem auch das finanzielle
Ermöglichen der Inanspruchnahme von Altersteilzeit.
Deshalb ist die tarifvertragliche Absicherung der Alters-
teilzeit der richtige Weg.

Es ist in Ordnung, wenn der Staat solche zwischen
Arbeitgebern und Arbeitnehmern vereinbarten Alters-
teilzeitmodelle fördert, indem er die Aufstockungsbei-

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(C (D räge steuerund abgabenfrei macht. Diese staatliche örderung der Altersteilzeit läuft 2009 ebenfalls nicht us. Und jetzt möchte ich noch etwas zum Beschluss des PD-Präsidiums sagen – Frau Pothmer, Sie haben ihn chon angesprochen –: (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da bin ich sehr gespannt, Herr Amann!)


a, wir Sozialdemokraten treten für eine Verlängerung
er direkten Förderung der Altersteilzeit durch die Bun-
esagentur für Arbeit über 2009 hinaus ein, aber eben
icht – wie im vorliegenden Antrag der Linken gefordert –
nverändert. Um jungen Menschen nach der Ausbildung
en Weg ins Berufsleben zu erleichtern, wollen wir Al-
ersteilzeit dann und nur dann von der Bundesagentur
ördern lassen, wenn für einen ausscheidenden älteren
rbeitnehmer ein junger Mensch nach der Ausbildung in

in unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen wird


(Beifall bei der SPD)


zw. wenn in kleineren Betrieben ein Auszubildender
ingestellt wird. Das ist nicht einfach eine Fortführung
er alten Regelung. Wir werden den sehr fantasielosen
ntrag der Linken deshalb nicht unterstützen.


(Lachen des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])


Ich gehe davon aus, dass unser Modell zielgerichteter
ls die bisherige Förderung ist und damit weniger Kos-
en als bisher verursacht. Ich appelliere ausdrücklich an
nseren Koalitionspartner, hier gemeinsam mit uns et-
as Sinnvolles auf den Weg zu bringen, das älteren und

üngeren Arbeitnehmern zugleich hilft.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Herr Kollege, das wird nicht passieren! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das hat Herr Brauksiepe doch schon vorhin ausgeschlossen! Lesen Sie das Protokoll!)


ltersteilzeit ist wichtig, richtig und notwendig.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617223200

Das Wort hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb von der

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1617223300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieber Kollege Amann, Sie haben einen rhetorischen
iertanz vorgeführt:


(Andrea Nahles [SPD]: Das war eine Meisterleistung!)


in bisschen Nein und ein bisschen Ja zur Altersteilzeit.
ch möchte für meine Fraktion gleich am Anfang sehr
eutlich sagen: Die Altersteilzeit ist ein sozialpolitischer
rrweg; sie hat sich jedenfalls als solcher erwiesen.






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

(Anton Schaaf [SPD]: Jeder Beleg dafür fehlt! – Andrea Nahles [SPD]: Das ist eine Behauptung!)


Es ist ein Irrweg, der nicht weiter beschritten werden
darf. Deswegen ist es folgerichtig, dass die FDP dem
Antrag der Linken nicht zustimmen wird, weil er dazu
führen würde, dass ältere und erfahrene Arbeitnehmer
im Wege der Altersteilzeit aus dem Berufsleben heraus-
gedrängt würden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist in der Praxis vielfach passiert.

Herr Amann, es ist doch nicht in Ordnung, wenn sich
ältere Arbeitnehmer fast schon dafür entschuldigen müs-
sen, wenn sie mit 60 Jahren noch einer Vollbeschäfti-
gung nachgehen. Wir können es uns auch nicht leisten,
auf die Erfahrungen der älteren Mitarbeiter zu verzich-
ten; im Gegenteil – da stimme ich Ihnen zu –: Wir müs-
sen die Arbeitsbedingungen, auch die sozialpolitischen
Rahmenbedingungen, so gestalten – ich habe vorhin
schon unser Modell einer flexiblen Rente vorgestellt –,
dass die längere Lebensarbeitszeit sinnvoll und attraktiv
wird.

Wir sollten das nicht nur aus finanziellen Erwägun-
gen, sondern auch vor dem Hintergrund aktueller Stu-
dien der Altersforschung tun, die belegen, dass ein zu
frühes Ausscheiden aus dem Berufsleben der Gesundheit
der Betroffenen sogar schaden kann. Arbeit ist nämlich
nicht nur eine Last, die der Einkommenserzielung dient,
sondern sie schafft auch soziale Kontakte, gesellschaftli-
che Anerkennung, einen festen Tagesrhythmus, körperli-
che und geistige Herausforderungen. Das sind positive
Begleitumstände. Der Altersökonom Axel Börsch-
Supan hält die Fortführung der Altersteilzeit, wie sie
Linke und die SPD fordern, für „supergefährlich“. Im
Spiegel von dieser Woche wird die Leiterin des Zen-
trums für lebenslanges Lernen an der Jacobs Universität
Bremen, Ursula Staudinger, folgendermaßen zitiert:

Wer gesunde Menschen, die 90 Jahre alt werden
können, dazu verlockt, mit 60 in den Ruhestand zu
gehen, schickt sie auf einen gefährlichen Weg.


(Beifall bei der FDP – Anton Schaaf [SPD]: Was war denn das eben für ein Rentenantrag? – Andrea Nahles [SPD]: Was war denn das mit der Teilrente?)


– Herr Kollege Schaaf, ich erkläre Ihnen das gern. Stel-
len Sie eine Zwischenfrage! – Sie plädiert stattdessen da-
für, ältere Arbeitnehmer weiterzubilden und so für ver-
nünftige Alternativen zu sorgen.

Ursprünglich sollten mit der Altersteilzeit und dem
Vorruhestand ältere Arbeitnehmer dazu bewogen wer-
den, ihren Arbeitsplatz zugunsten jüngerer Arbeitneh-
mer zu räumen; Herr Kollege Amann, da wollen Sie
wieder hin. Zu dem angedachten Koppelgeschäft ist es
jedoch nur in den allerwenigsten Fällen gekommen.
Viele Beschäftigte haben die Frühverrentung bzw. die
Altersteilzeit dennoch gerne genutzt, um den sicheren
Hafen des Ruhestandes anzusteuern, insbesondere in

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(C (D eiten schwieriger Arbeitsmarktverhältnisse, allerdings hne Aussicht auf eine Rückkehr, auch nicht in Zeiten esserer Konjunktur. Angesichts des in manchen Regionen schon heute errschenden massiven Fachkräfteund Nachwuchsangels ist eine Fortführung dieser Politik anachronis isch und schädlich. Wir können uns schlichtweg nicht eisten, auf das Know-how der älteren und erfahrenen rbeitnehmer zu verzichten. Das würde mittelfristig zu iner Schwächung des Wirtschaftsstandorts Deutschland ühren, und zwar spätestens ab dem Jahr 2012, wenn die eburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben auscheiden und vergleichsweise schwache Jahrgänge nachücken. Dann hätten wir ein massives Problem. Nicht ehr die möglichst frühe Verrentung, sondern eine mög ichst lange Teilhabe am Erwerbsleben muss also das eue Leitbild unserer alternden Gesellschaft sein. Zudem ist richtig, was Professor Sinn in einer Anhöung im Ausschuss für Arbeit und Soziales im letzten ahr sagte – ich zitiere –: (Wolfgang Grotthaus [SPD]: Du ahnst es nicht! – Weitere Zurufe von der SPD)


(Beifall bei der FDP)


Ältere Arbeitnehmer verdrängen keine Jüngeren,
sondern treten mindestens additiv zu den Jobs für
die Jüngeren hinzu, wenn sie nicht sogar Komple-
mente sind.


(Andrea Nahles [SPD]: Der redet auch sonst viel Unsinn!)


Ältere Arbeitnehmer sind in der Lage, Jüngere an-
zuleiten, ihnen zu zeigen, wie man arbeitet, die Ar-
beit zu organisieren. Wenn wir diesen Bereich des
Arbeitsmarktes stärken, entstehen zugleich auch zu-
sätzliche Jobs bei den Jüngeren.


(Beifall bei der FDP)


em stimme ich zu.

Ich möchte noch in Erinnerung rufen, dass besonders
ie skandinavischen Länder Schweden und Dänemark
ier eine Vorbildfunktion haben.


(Andrea Nahles [SPD]: Die höchste Erwerbsminderungsquote überhaupt!)


n Schweden waren im zweiten Quartal 2007, Frau Kol-
egin Nahles, 69,9 Prozent der 55- bis 64-Jährigen er-
erbstätig, in Dänemark immerhin 58,7 Prozent. Es gibt
einen vernünftigen Grund, warum das, was in diesen
ändern möglich ist, nicht auch bei uns möglich sein
ollte.


(Beifall bei der FDP)


Ich habe unsere Lösung für einen flexiblen Übergang,
ie Anreize bietet, lang dabeizubleiben, dargelegt, ob-
ohl man vordergründig, Herr Kollege Schaaf – das war

hr Zwischenruf –, ein Angebot auf Frühverrentung er-
ält. Gerade der Wegfall des Zwangs, die Chance, jeder-
eit ein solches Angebot zu nutzen, wird dazu führen,
ass von Jahr zu Jahr der Anreiz ständig erhalten bleibt,






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
so lange es geht in dem möglichen Umfang dabeizublei-
ben.

Wir erwarten nicht, dass die Linken statt ihrer eigenen
Ideologie unseren vernünftigen Argumenten folgen.
Aber ich appelliere an die Große Koalition, sich den de-
mografischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Anforderungen nicht zu verschließen und der Versu-
chung zu widerstehen, einen weiteren Stein aus der
Agenda 2010 herauszubrechen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617223400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Gitta Connemann von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1617223500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jahrhun-

dertelang suchten die Alchimisten nach dem Stein der
Weisen, nach einer Substanz, die Metall in Gold verwan-
delt, nach einer Medizin, die den Menschen nicht nur
heilt, sondern auch verjüngt. Die Suche war vergeblich –
bis zum Einzug der Linken in den Deutschen Bundestag.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Sie, meine Damen und Herren von der Linken, haben
den Stein der Weisen gefunden, jedenfalls gaukeln Sie es
den Bürgern in diesem Land immer wieder vor. Ihr All-
heilmittel heißt Umverteilung.


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Das ist wahr!)


Auch in diesem Fall. Sie wollen, dass die Altersteilzeit
nach 2009 von der Bundesagentur für Arbeit weiter ge-
fördert wird. Das ist Umverteilung, aber von unten nach
oben.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es!)


28 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
sollen weiterhin mit ihren Beiträgen 100 000 Altersteil-
zeitnehmer finanzieren,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Frau Nahles, so ist das! Das wird nichts mit der CDU!)


und zwar mit enormen Summen – 1,4 Milliarden Euro
pro Jahr allein aus der Arbeitslosenkasse, Tendenz stei-
gend. Viele subventionieren die Frührenten weniger.
Meine Damen und Herren von der Linken, diese Umver-
teilung ist nicht unsere Vorstellung von sozialer Gerech-
tigkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Unsere auch nicht!)


Wir, die Union, wollen flexible Übergänge in den Ru-
hestand. Wir wollen diese für Arbeitnehmer in anstren-
genden Berufen, auch mit kleinen Gehältern. Aber genau
diese Ziele werden mit der Altersteilzeit nicht erreicht.

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(C (D Erstens. Ein gleitender Übergang findet nicht statt; enn die Altersteilzeit wird heute nicht mehr als echte eilzeit gelebt. Heute wählen 94 Prozent der Altersteileitnehmer das sogenannte Blockmodell. Bis zu einem tichtag wird voll gearbeitet, danach folgt abrupt die reizeitphase. Wer flexible Übergänge will, müsste das lockmodell abschaffen. Davon ist aber im Antrag der inken nicht die Rede, leider auch nicht bei unserem gechätzten Koalitionspartner, Herr Kollege Amann. Der eschluss des SPD-Präsidiums schweigt sich insoweit us. Im Umkehrschluss bedeutet das leider: Weiter so it der subventionierten Frühverrentung. Zweitens. Von dieser Praxis profitieren laut Deutscher entenversicherung vor allem Besserverdienende, die aum arbeitslos gewesen sind. Sie kommen aus der öfentlichen Verwaltung und aus dem Kreditgewerbe, aber us dem Baugewerbe nur 2 Prozent. Gerade diejenigen lso, die körperlich hart gearbeitet haben, aber häufig eniger verdienen – der Bauarbeiter, die Friseurin –, önnen sich dieses Modell nicht leisten, finanzieren es ber mit ihren Beitragsund Steuermitteln. Die Kleinen ahlen für die Großen. Jeder Euro für Altersteilzeit veringert den Spielraum für Beitragssenkungen. Das ist unozial. Drittens. Die Altersteilzeit hat nicht zu mehr Ausbilung geführt. Ich habe mich in der letzten Woche bei der undesagentur für Arbeit erkundigt, wie viele Ausbilungsplätze durch geförderte Altersteilzeit geschaffen erden. Die Antwort lautete: 4 800. Es sind 4 800 pro ahr in ganz Deutschland, und das bei einer Förderung on 1,4 Milliarden Euro. Jüngere haben also davon nicht rofitiert, ältere Arbeitslose übrigens auch nicht. Denn ur ein Bruchteil der freigewordenen Arbeitsplätze ist iederbesetzt worden. Eine Förderung der BA setzt eine olche Wiederbesetzung voraus. Es befinden sich – das at der Kollege Amann vollkommen zutreffend zitiert – ber dreibis fünfmal mehr Arbeitnehmer in der Alterseilzeit als im Bestand der geförderten Fälle der BA. Das eißt, auf sieben freigewordene Plätze kommt ein einzier wiederbesetzter Platz. Viertens. Diese Praxis wird insbesondere von Konzeren genutzt. Laut IAB nutzten 2006 nur 2 Prozent der leinen Betriebe mit weniger als 20 Arbeitnehmern das ltersteilzeitmodell. In Betrieben dieser Größe arbeitet ber ein Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneher in Deutschland. In den Kleinbetrieben fast Absti enz, gehört die Altersteilzeit in Großbetrieben zum tandard. Konzerne nutzen die Altersteilzeit, um sich equem und auf Kosten der Steuerzahler von älteren Areitnehmern zu verabschieden. Fünftens. Das ist das vollkommen falsche Signal: Älere raus aus den Betrieben, subventioniert von der Allemeinheit, und das bei einem schon jetzt bestehenden achkräftemangel. uch angesichts der heutigen Situation am Ausbildungsarkt muss die Politik Unternehmen nicht mehr für das Gitta Connemann belohnen, was für diese überlebensnotwendig ist, nämlich die Rekrutierung von qualifiziertem Nachwuchs. Wir brauchen die Älteren ebenso wie die Jüngeren. Es darf keine Konkurrenz erzeugt werden. Es gibt also kein einziges Argument, die Altersteilzeit auch nach 2009 noch mit Mitteln der Arbeitslosenversicherung zu fördern. Wir werden deshalb den Antrag der Linken ablehnen; denn die Altersteilzeit ist unsozial, der Nutzen zweifelhaft, und Mitnahmeeffekte sind vorprogrammiert. Allerdings ficht das die Linke nicht an. Mit Ihrer Forderung versuchen Sie, sich einzuschmeicheln. Meine Damen und Herren von der Linken, das ist ein durchsichtiges Manöver. Zu Ihrer politischen Glaubwürdigkeit trägt das in absolut keiner Weise bei, sofern Sie diese überhaupt noch haben. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ich bin beeindruckt!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


Die öffentliche Meinung ist übrigens eindeutig ableh-
nend. Ich zitiere nur einige Überschriften aus der Presse
der letzten Tage: „Wirklichkeitsfern“, „Von gestern“,
„Sackgasse“, „Falsches Signal“, „Vergiftetes Freibier“
oder „Mediziner kritisieren Altersteilzeit“.

Eine Überschrift lautete übrigens: „Hin und weg von
der Frühverrentung“. Darum geht es eigentlich: Wie
lange muss im Leben gearbeitet werden?


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Gute Frage!)


Die simple Wahrheit lautet: Glücklicherweise werden
die Menschen in diesem Land immer älter. Wenn dies
bei bester Gesundheit geschieht, können wir länger ar-
beiten. Wir müssen dies zur Sicherung der Sozialsys-
teme tun; denn – ich zitiere erneut –:

Der demografische Wandel wird unser Land verän-
dern ... Deutschland darf es sich nicht leisten, Äl-
tere frühzeitig aus dem Erwerbsleben zu drängen.

Dieses Zitat stammt aus einem Papier des Bundesminis-
teriums für Arbeit und Soziales anlässlich der Vorstel-
lung der Initiative „50 plus“. Es heißt dort weiter, es sei
wichtig, Anreize zur Frühverrentung abzubauen. Diese
Feststellung aus dem August 2006 ist auch heute noch
gültig.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deshalb ist es wichtig, dass Union und SPD diesen
Weg gemeinsam weitergehen. Unser Ziel war es damals,
die Beschäftigungsfähigkeit und die Beschäftigungs-
chancen älterer Menschen in Deutschland zu erhöhen,
und zwar durch finanzielle Leistungen, durch Förderung
der beruflichen Weiterbildung und durch Modernisie-
rung sowie altersgerechte Gestaltung von Arbeitsbedin-
gungen.

Die heutigen Erfolge sprechen für sich. Die Erwerbs-
beteiligung Älterer ist signifikant gestiegen. Wir dürfen
diesen Erfolgsweg nicht verlassen. Genau das würden
wir aber mit einem „Weiter so“ bei der Altersteilzeit tun.
Deshalb werden wir den vorliegenden Antrag ablehnen.

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(C (D Gegen ein „Weiter so“ sprechen im Übrigen nicht nur olkswirtschaftliche Gründe, sondern auch die bereits om Kollegen Dr. Kolb erwähnten persönlichen und geundheitlichen Gründe. llerdings müssen Sie, Herr Dr. Kolb, auch zur Kenntnis ehmen, dass es Menschen gibt, die nicht mehr fit sind. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das bestreite ich nicht! Da müssen wir eine Lösung finden!)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja!)


uch ihnen müssen wir Angebote machen. Sie müssen
ürzer treten können. Allerdings kann das nicht nur für
en Besserverdiener, sondern muss auch für den viel zi-
ierten Bauarbeiter und die Friseurin gelten. Wenn die

enschen nicht mehr fit sind, brauchen wir Angebote
ie Weiterbildung, Gesundheitsvorsorge, die Bereitstel-

ung von weniger belastenden Arbeitsplätzen und Lang-
eitarbeitskonten.

Dies zu organisieren und zu subventionieren ist aber
icht Aufgabe des Staates,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jawohl!)


ondern eine klassische Aufgabe von Gewerkschaften
nd Arbeitgebern. Die Tarifpartner müssen passgenaue
ösungen in den Betrieben finden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Seit Inkrafttreten des ersten Altersteilzeitgesetzes ha-
en sich die Zeiten geändert. Trotzdem ist auch heute
iemand gezwungen, bis 67 zu arbeiten. Wer früher auf-
ören möchte, obwohl er noch arbeiten könnte, muss
ich diesen Wunsch aber selbst finanzieren. Jeder nach
009 für Altersteilzeit ausgegebene Euro aus der Ar-
eitslosenkasse wäre unsozial. Es ist Subvention genug,
enn der Aufstockungsbetrag steuer- und sozialversi-

herungsfrei bleibt.

Meine Damen und Herren von der Linken, Ihr Stein
er Weisen existiert nicht. Dies erkannten übrigens ir-
endwann auch die Alchimisten. Metall lässt sich nicht
n Gold verwandeln, und es gibt keine Universalmedizin.
eden, der, wie Sie, etwas anderes behauptet, verweise
ch auf Ringelnatz:

Der Stein der Weisen sieht dem Stein der Narren
zum Verwechseln ähnlich.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617223600

Das Wort hat der Kollege Klaus Ernst von der Frak-

ion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617223700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Frau Connemann, wirklich beeindruckt hat mich
n Ihrer Rede, dass Sie sich jetzt plötzlich für Friseurin-
en interessieren, und zwar nicht nur persönlich, sondern
uch im Hinblick darauf, was sie verdienen.






(A) )



(B) )


Klaus Ernst

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ich bin selbst Verkäuferin! Das wissen Sie vielleicht auch!)


Bei den von Ihnen genannten Menschen gibt es das
Altersteilzeitproblem überhaupt nur deshalb, weil sie so
wenig verdienen, dass sie sich Altersteilzeit nicht leisten
können. Wenn Sie mit uns für den Mindestlohn eintreten
würden, würde sich das vielleicht ein wenig ändern.
Aber das lehnen Sie ja ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir reden über die Altersteilzeit und stellen fest, dass
die Koalitionsfraktionen darüber streiten wie die Kessel-
flicker, so wie sie es auch bei anderen Themen tun.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Dass eure Vorschläge Quatsch sind, darin sind wir uns aber einig!)


Es geht um einen flexiblen Ausstieg aus dem Arbeitsle-
ben. Einen flexiblen Ausstieg ermöglicht aber nicht nur
eine Teilzeitbeschäftigung, Herr Weiß, sondern auch ein
Blockmodell.

Warum ist die Altersteilzeit notwendig? Sie ist not-
wendig, weil schon jetzt ein großer Teil der Arbeitneh-
mer nicht bis zum 65. Lebensjahr durchhält. Bis zum
67. Lebensjahr, das Sie als Renteneintrittsalter einge-
führt haben, halten noch weniger durch; das wissen Sie
auch. Weil Sie von der SPD das wissen, eiern Sie hier so
herum. Auf der einen Seite wollen Sie, dass die Men-
schen länger arbeiten. Auf der anderen Seite haben Sie
im SPD-Präsidium beschlossen, dass die Altersteilzeit in
bei weitem schlechterer Form als bisher erhalten bleiben
soll. Das versteht doch kein Mensch mehr.


(Anton Schaaf [SPD]: Sie nicht!)


Das ist politische Geisterfahrerei, bei der Sie irgend-
wann von der Polizei angehalten werden.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oder vom Wähler!)


Es gibt zurzeit eine ganze Reihe von Leuten, die sich
für den Erhalt der Altersteilzeit einsetzen. 350 000 IG-
Metall-Leute haben dafür gestreikt. Sie wollen aber die
alte Altersteilzeit, nicht die neue von der SPD.

Sie sagen, aus welchen Gründen auch immer: Die
Menschen sollen länger arbeiten. Wissen Sie, was das
Problem ist? Die Arbeitswelt muss so verändert werden,
dass das auch möglich ist. Aber Sie machen keine Ge-
setze dazu, dass sich die Arbeitswelt verändert. Dann ist
zumindest die Reihenfolge falsch. Sie machen im Prin-
zip ein Gesetz, nach dem die Menschen vom 10-Meter-
Turm ins Becken springen sollen, aber machen kein Ge-
setz, das sicherstellt, dass auch Wasser drin ist. Das ist
Ihr Problem bei dieser ganzen Debatte.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie bekommen nun kalte Füße. Eigentlich wollen Sie
die Rente mit 67 zurücknehmen. Dann machen Sie es
doch! Dann haben Sie auch die Unterstützung der Men-
schen; denn eine große Mehrheit will das so.

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(C (D Nach Ihrem Präsidiumsbeschluss wollen Sie ein Alersteilzeitgesetz schaffen, das bei weitem schlechter ist ls das alte. Sie haben aber dem zugestimmt, dass die ltersteilzeit ausläuft. Sie wollen jetzt also ein Problem ösen, das Sie selbst verursacht haben. as ist ungefähr so, als wenn jemand ein Haus anzündet nd dann dafür gelobt werden will, dass er die Feuerehr holt. Ein solches Lob wird es für Sie nicht geben. ie Menschen begreifen das. (Wolfgang Grotthaus [SPD]: Der Brandstifter sind Sie und nicht wir!)


(Beifall bei der LINKEN)


Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir wollen, dass die
ltersteilzeit fortgesetzt wird. Es entzieht sich jeder Lo-
ik, dass eine Regelung nicht mehr gefördert werden
oll, mit deren Hilfe Arbeitslose eingestellt werden. Das
st doch eine sinnvolle arbeitsmarktpolitische Maß-
ahme. Es ist sinnvoll, dass Betriebe, die Auszubildende
instellen, gefördert werden. Das streichen Sie. Warum
enn? Das hat doch keine Logik.

Sie wollen die Altersteilzeit zwei Jahre später begin-
en lassen. Ich sage Ihnen, warum: weil Sie mit diesem
esetz zur Altersteilzeit eigentlich den Einstieg in die
ente um zwei Jahre vorziehen wollen. – Das merken
ie Menschen.

Im Prinzip sind Sie auf dem richtigen Weg – im Ge-
ensatz zu Ihrem Koalitionspartner –, nur müssen Sie in
ieser Frage auch konsequent sein. Wenn Sie draußen
chon vermitteln, dass Sie für eine Altersteilzeit sind,
ann machen Sie es doch einfach und ganz logisch:
timmen Sie einer Verlängerung zu! Sie haben mit unse-
em Antrag heute die Möglichkeit dazu.


(Beifall bei der LINKEN – Anton Schaaf [SPD]: Das ist so durchsichtig!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617223800

Das Wort hat die Kollegin Brigitte Pothmer von

ündnis 90/Die Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617223900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die De-

atte hat gezeigt: Im Streit um die Altersteilzeit geht es
m eines mit Sicherheit nicht: Es geht nicht um die Älte-
en.

Den Linken geht es darum, die SPD vorzuführen und
m Nasenring durch die Manege zu ziehen.


(Anton Schaaf [SPD]: So ist das! Das ist deren einziges Interesse!)


as haben Sie, Herr Ernst, gerade ganz eindrücklich un-
er Beweis gestellt. Dramatisch und tragisch daran finde
ch, Anton Schaaf, dass das auf euch wirkt, dass diese
orm des Vorführens zur Folge hat, dass ihr euren ar-
eitsmarktpolitischen Kompass über Bord werft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Andrea Nahles [SPD]: Wir können selber denken! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/ CSU]: Das ist das Programm Nahles 09!)







(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Alle Erkenntnisse über den demografischen Wandel, alle
Erkenntnisse über den Fachkräftemangel sind der Ver-
gessenheit anheimgefallen.

Auch wenn ihr immer das Gegenteil behauptet: Die
Altersteilzeit – das ist inzwischen bewiesen – ist ein
Frühverrentungsmodell in Form einer Stilllegungsprä-
mie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Frau Pothmer, da haben Sie recht!)


Sie wird – das müsst ihr euch zu Gemüte führen – von
großen Unternehmen und vom öffentlichen Dienst ge-
nutzt. Sie wird von denen genutzt, die gut verdienen.
Männliche gut verdienende Arbeitnehmer sind diejeni-
gen, die davon profitieren. 85 Prozent der Betriebe mit
über 500 Beschäftigten bieten ein Altersteilzeitmodell
an. Bei den Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten
sind es nur 4 Prozent. Wollen Sie mir jetzt erzählen, dass
in diesen Betrieben die Arbeitsbedingungen so großartig
sind, dass es nicht zu Verschleißerscheinungen kommt
und deswegen niemand Altersteilzeit in Anspruch neh-
men will? Nein, meine lieben Leute, das hat andere
Gründe. Hier profitieren die großen Betriebe, und bezah-
len müssen es die kleinen; bezahlen müssen es auch die
Geringverdiener. An dieser Stelle hat Frau Connemann
wirklich recht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Jörg Rohde [FDP])


Wenn das eure Vorstellung von Gerechtigkeit ist, kann
ich nur sagen: Gute Nacht, Marie!

Ihr von der SPD-Fraktion wisst das alles ganz genau.
Die Zahlen sind mehrfach vorgetragen worden. In Ple-
nar- und Ausschussprotokollen kann man nachlesen,
dass ihr, was den Erkenntnisgewinn angeht, schon ein
Stück weiter gewesen seid. Das alles ist leider vergessen.
Trotz all dieser Erkenntnisse habt ihr den Präsidiumsbe-
schluss gefasst, die BA-geförderte Teilzeit bis 2015 wei-
terzuführen.


(Anton Schaaf [SPD]: Aber darüber diskutieren wir doch gar nicht! Die Linken haben einen Antrag gestellt!)


Herr Amann, wenn Sie mir jetzt erklären wollen, dass
der qualitative Fortschritt darin besteht, dass das Aus-
scheiden von über 60-Jährigen subventioniert werden
muss, damit künftig junge, gut ausgebildete Leute einge-
stellt werden können, kann ich Ihnen darauf nur entgeg-
nen: Die Arbeitsmarktsituation ist in vielen Regionen
schon jetzt so, dass junge, gut ausgebildete Kräfte rar
sind. In ein paar Jahren – das kann ich Ihnen versichern –
werden diese jungen und gut ausgebildeten Leute auf
Händen in die Betriebe getragen werden. Hier ist keine
Subventionierung vonnöten.

Wer allerdings nicht profitiert, sind diejenigen, die
keine Ausbildung haben.


(Andrea Nahles [SPD]: Ausbildungsbonus!)


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(C (D ür diese müssen wir wirklich etwas tun. Für diese müsen wir die 1,38 Milliarden Euro, die im letzten Jahr innlos für Altersteilzeitregelungen herausgepulvert urden, einsetzen. (Andrea Nahles [SPD]: Wir haben doch den Ausbildungsbonus beschlossen!)


Das glaubt ihr doch selber nicht, dass durch die Ein-
ührung eines Ausbildungsbonus dieses Problem gelöst
erden kann.


(Andrea Nahles [SPD]: Das glauben wir sehr wohl! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/ CSU]: Bis jetzt war die Rede gar nicht einmal schlecht!)


Ich glaube im Übrigen auch nicht, dass ihr den älteren
enschen mit einem Frühverrentungsmodell einen Ge-

allen tut. Altersforscher kommen zunehmend zu der Er-
enntnis, dass das für die älteren Menschen überhaupt
einen Gewinn darstellt. Sie warnen vielmehr auch aus
esundheitlichen Gründen davor. Arbeit ist nämlich
anz zentral für das Wohlbefinden der Menschen. Das ist
ine Erkenntnis, die von vielen Seiten gewonnen wird,
ber man hat den Eindruck, als würde das für ältere
enschen nicht gelten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617224000

Frau Pothmer, erlauben Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Ernst?


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617224100

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617224200

Bitte schön, Herr Ernst.


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617224300

Frau Pothmer, Sie haben gerade dargestellt, dass die

lteren zwar sehr qualifiziert seien – das stimmt ja auch –,
ber aus den Betrieben gedrängt würden. Ist Ihnen be-
annt, dass das nur dann geht, wenn der einzelne Arbeit-
eber mit dem Beschäftigten einen entsprechenden Ver-
rag abschließt? Könnte es vielleicht sein, dass Sie dem
rbeitgeber nicht zutrauen, richtig einzuschätzen, ob der
ensch tatsächlich qualifiziert ist? Wenn das so ist,
ürde er ja mit ihm gar keinen Vertrag abschließen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617224400

Dass das sozusagen formal auf freiwilliger Ebene ge-

chieht, ist mir schon bekannt. Es gibt aber viele andere
eispiele. So kommt es etwa vor, dass die Betriebslei-

ung zu einem Beschäftigten sagt: Ich mache dir jetzt ein
utes Angebot. Überleg es dir ganz genau, ob du das
etzt nicht annimmst. Es gilt nur für eine bestimmte Zeit.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Die Gewerkschaften machen da mit!)


nsofern ist es in der Sache falsch, das so weiterlaufen zu
assen.






(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


Anton Schaaf und Wolfgang Grotthaus, beide ehema-
lige Gewerkschafter, haben im Ausschuss für Arbeit und
Soziales einmal sehr eindrücklich vorgetragen, dass sie
selber als ehemalige Gewerkschafter auf schlechte und
verschleißende Arbeitsbedingungen mit der Forderung
nach mehr Geld und Frühverrentung reagiert haben und
dass sie das inzwischen als einen grundlegenden Fehler
ihrer Arbeit ansehen.


(Andrea Nahles [SPD]: Was ist mit Frühverrentung? Wir reden jetzt über Altersteilzeit!)


Die Aufgabe müsse nämlich vielmehr genau darin beste-
hen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. – Herr
Schaaf, Herr Grotthaus, wo sind diese klugen Erkennt-
nisse geblieben?


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Ich sage gleich etwas dazu! Fangen Sie nicht an, mich zu ärgern!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617224500

Frau Kollegin Pothmer, Sie müssen zum Schluss

kommen.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Schade! Ausnahmsweise würde ich Ihnen länger zuhören!)



Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617224600

Ich komme sofort zum Schluss. – Lassen Sie mich

zum Abschluss nur sagen: Ich glaube, es gibt Arbeits-
plätze, die einen so fordern, dass man sie nicht bis zum
67. Lebensjahr Vollzeit ausfüllen kann. Hier brauchen
wir Regelungen. Die Gewerkschaften sind auch dabei,
hier gute Regelungen durchzusetzen. Da, wo es keine
gewerkschaftlichen Strukturen gibt, müssen wir gesetz-
lich tätig werden. Das jetzige Modell hat aber bewiesen,
dass es ungeeignet ist. Ich sage, besser wäre das Modell
der Teilrente.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617224700

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

der Kollege Wolfgang Grotthaus von der SPD-Fraktion
das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1617224800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und

Kollegen! Diese Diskussion ist von einer gewissen
Kuriosität: Die Linken legen einen Antrag vor, aber der
Kollege Ernst redet während drei Minuten seiner vier-
minütigen Redezeit auf uns ein, doch bitte schön seinem
Antrag zu folgen; denn wir hätten ja Ähnliches vor. Frau
Pothmer versucht, uns deutlich zu machen, dass wir im-

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(C (D er falsche Entscheidungen getroffen hätten, während hre Fraktion der Verlängerung der Altersteilzeitregelung ugestimmt hatte. eim vorletzten Tagesordnungspunkt warb dann sogar er Kollege Kolb ür die Rente mit 60, sagt aber nun, Altersteilzeit wolle r überhaupt nicht haben. Herr Kolb, diese Diskussion ar für jeden Menschen, der das verfolgt hat, entlarend. (Beifall bei der SPD – Widerspruch des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


(Beifall bei der SPD)


(Zuruf von der FDP: Guter Mann!)


ür die Menschen, die es sich finanziell erlauben kön-
en, in Rente zu gehen, haben Sie etwas übrig. Aber für
ie Menschen, die sich kaputt malocht haben, haben Sie
berhaupt nichts übrig.


(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der FDP)


amit haben Sie nichts zu tun. Gar nichts!

Altersteilzeit ist kein Irrweg. Altersteilzeit ist nur dann
in Irrweg, wenn sie nicht richtig ausgefüllt wird. In Ih-
em Antrag schlagen Sie ein „Weiter so“ vor. Dazu sagen
ir: Nein, nicht weiter so! Der Antrag, den wir demnächst

inbringen werden – wir befinden uns noch in Abstim-
ungsprozessen –, beinhaltet die Teilrente, lebenslanges
ernen, altersgerechte Arbeitsplätze, Schichtpläne, die
ernünftig gestaltet werden, und die Zustimmung der
arteien in den Betrieben. Das alles ist zurzeit nicht der
all. Wie sieht es denn heute aus? Heute entscheidet im
esentlichen der Arbeitgeber.


(Andrea Nahles [SPD]: Ja!)


Frau Pothmer, hören Sie genau zu! Ich habe das als
etriebsratsvorsitzender mitgemacht. Der Arbeitgeber
ollte sich personell entlasten, hat ältere Kolleginnen
nd Kollegen aus dem Berufsleben gedrängt und gesagt:
ür jeden Zweiten, den wir entlassen, kommt ein Neuer
inein.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Ernst, so läuft das!)


as haben alle Gewerkschaften mitgemacht. Von daher
üssen sich die Linken nicht hier hinstellen und so tun,

ls sei das die ideale Lösung.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du hast gesagt: Das war ein Fehler!)


Man hat gedacht, man könne mit jungen Leuten
lympiamannschaften in den Betrieben rekrutieren. Das
ar aber nicht der Fall. Deswegen ist das, was von Ihnen
efordert wird, für uns nicht akzeptabel. Daher werden
ir Ihren Antrag ablehnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Außerdem gibt es Menschen, die kaputt sind. Was
achen wir im Hinblick auf die Altersteilzeit für eine






(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus
45-jährige Krankenschwester? Beschäftigen wir sie wei-
ter in ihrem Job? Oder sagen wir: Wir wollen schon vor-
her versuchen, präventiv tätig zu werden, weil wir wis-
sen, dass diese Berufe gesundheitlich stark belastend
sind?


(Zuruf von der CDU/CSU: 45 Jahre!)


Wir wollen schon vorher versuchen, ihr durch Weiterbil-
dungsmaßnahmen – auch in dem Bereich der Gesund-
heitsfürsorge und -vorsorge – zu helfen und ihr einen
anderen Arbeitsplatz anzubieten. Das ist der richtige
Weg.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617224900

Herr Kollege Grotthaus, der Herr Kollege Ernst

würde gerne eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie sie
zu?


Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1617225000

Ach, doch!


(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617225100

Herr Ernst, bitte schön.


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617225200

Recht schönen Dank, Herr Kollege Grotthaus. – Ich

wollte bezüglich Ihres Vorschlags der Teilrente einmal
konkretisiert haben, wie Ihr Vorschlag lautet. Wenn ich
es richtig verstanden habe, bedeutet er, dass nur diejeni-
gen die Teilrente bekommen, die im Alter nicht in der
Grundsicherung landen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist genau wie bei der FDP!)


Es gibt bereits Untersuchungen, die zeigen, dass im
Jahre 2022 die Hälfte aller Menschen, die Rente bezieht,
im Alter in der Grundsicherung landet, weil die Renten-
zahlungen dann sehr gering sein werden. Wie viele Men-
schen werden diese Teilrente denn nach Ihrer Schätzung
dann noch in Anspruch nehmen können?


Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1617225300

Herr Kollege Ernst, das ist eine ähnliche Vermutung

wie die des Kollegen Schneider vorhin während der De-
batte zur gesetzlichen Unfallversicherung, ganz nach
dem Motto: Was würde passieren, wenn?

Sie sind die einzige Fraktion in diesem Hause, die ge-
nau absehen kann, was im Jahre 2020 passiert, und die
sich auf irgendwelche Zahlen beruft, die ich empirisch
nicht nachvollziehen kann. Ich muss Ihnen diese Ant-
wort schuldig bleiben, weil ich Ihre Zahlen nicht nach-
vollziehen und mich nicht auf dubiose Quellen, die mir
nicht vorliegen, verlassen kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Mehr als dubios!)


Ich möchte klarmachen, dass im Zusammenhang mit
der Altersteilzeit nicht die Frage zu stellen ist, wie man

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(C (D ie Menschen aus dem Berufsleben herausbekommt. orrangig sind folgende Fragen zu stellen: Wie können ir die Menschen möglichst lange im Berufsleben hal en? Wie können wir dafür Sorge tragen, dass die geundheitlichen Voraussetzungen eines Berufes, der körerlich oder geistig sehr anstrengend ist, so sind, dass die rbeitnehmer tatsächlich bis zum gesetzlichen Renten intrittsalter im Beruf bleiben? Das ist aus unserer Sicht er Ansatzpunkt. Trotzdem ist es Fakt – das wird so bleiben –, dass es uch in Zukunft Menschen geben wird, die aus gesundeitlichen Gründen aus dem Beruf ausscheiden müssen. iesen Menschen müssen wir eine Chance geben. Jetzt ichte ich mich an unseren Koalitionspartner. Ich muss etonen: Hier stimmen unsere Auffassungen nicht überin. Ich habe vorhin gesagt, dass wir bei der gesetzlichen nfallversicherung Kompromisse gefunden haben, die ür die Betroffenen sehr positiv sind. Insofern fordere ch Sie auf: Lassen Sie uns darüber streiten. Lehnen Sie s nicht von vornherein aus welchen Gründen auch imer ab, nur weil ein Flügel in Ihrer Fraktion meint, das ei dem Wirtschaftsleben nicht dienlich. Lassen Sie uns arüber streiten, wie wir uns um die Menschen kümern, die gesundheitsbedingt nicht mehr im Job tätig ein können, (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Erwerbsunfähigkeitsoder Berufsunfähigkeitsrente!)


amit wir ihnen die Möglichkeit geben, das dritte Drittel
hres Lebens vernünftig erleben zu können und nicht so
aputt zu sein, dass sie diesen Lebensabschnitt nicht ge-
ießen können.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1617225400

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Be-

chlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozia-
s zum Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel

Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für
rbeit fortführen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-

chlussempfehlung auf Drucksache 16/9730, den Antrag
er Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/9067 abzuleh-
en. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
ng ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der
DP-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
egen die Stimmen der Fraktion Die Linke angenom-
en.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Sicherung von Werkunternehmeransprüchen
und zur verbesserten Durchsetzung von Forde-
rungen (Forderungssicherungsgesetz – FoSiG)


– Drucksache 16/511 –






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/9787 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Peter Danckert
Dirk Manzewski
Mechthild Dyckmans
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das
so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Dirk Manzewski von der SPD-Frak-
tion das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1617225500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

zahlreich anwesenden Freunde der Rechtspolitik! Wir
debattieren hier heute in abschließender Lesung das For-
derungssicherungsgesetz des Bundesrats. Der Bundesrat
möchte mit diesem Gesetzentwurf helfen, Forderungs-
ausfälle zu minimieren und eine Verbesserung der man-
gelnden Zahlungsmoral in unserem Land zu erreichen.

Wie die Rechtspolitiker unter Ihnen wissen, habe ich
erhebliche Probleme mit der Thematik Zahlungsmoral.
Das hat nichts damit zu tun, dass ich das Problem nicht
sehe oder dass ich den Betroffenen nicht helfen will.
Mangelnde Zahlungsmoral schadet unserer Wirtschaft
und insbesondere unseren Mittelständlern, und vor allem
die kleinen und mittleren Handwerksbetriebe haben hie-
runter erheblich zu leiden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Als Richter und aus vielen Besuchen solcher Betriebe
in meinem Wahlkreis kenne ich die zum Teil fürchterli-
chen Konsequenzen, die eine schlechte Zahlungsmoral
für diese Betriebe haben kann. Ich meine allerdings, dass
wir vorsichtig damit sein sollten, eine Erwartungshal-
tung zu wecken, der wir mit gesetzgeberischen Maßnah-
men überhaupt nicht gerecht werden können.

Denn das Problem der mangelnden Zahlungsmoral ist
zunächst einmal ein gesellschaftliches Problem, und das
Ergebnis hieraus hat in der Regel nichts mit gesetzgebe-
rischen Defiziten zu tun, sondern damit, dass schon be-
stehende rechtliche Möglichkeiten nicht bekannt sind
oder – das kommt leider noch viel häufiger vor – dass
diese Möglichkeiten aus den unterschiedlichsten Grün-
den nicht angewendet werden.

All diejenigen, die sich mit der Thematik beschäfti-
gen, wissen es ganz genau: Wie oft kommt es zum Bei-
spiel vor, dass Abschlagszahlungen nicht geltend ge-
macht oder Sicherheitsleistungen nicht eingefordert
werden, weil befürchtet wird, dann den vermeintlichen

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(C (D olgeauftrag nicht zu erhalten? Mit gesetzgeberischen itteln werden wir dies nicht lösen können. Obwohl ich deshalb sehr vorsichtig damit bin, glauen zu machen, mit diesem Gesetz dem Problem der angelnden Zahlungsmoral abhelfen zu können, hindert s uns natürlich nicht, die in diesem Zusammenhang betehenden Vorschriften immer wieder einmal genau zu berprüfen und – wenn denn tatsächlich Bedarf besteht – umindest partiell auch zu verbessern, um dem Betroffeen so weiterzuhelfen. Genau das erfolgt hier. So sollen durch das Gesetz nsbesondere die Möglichkeit von Abschlagszahlungen usgeweitet, die Regelung zur Durchgriffsfälligkeit veressert, die Bauhandwerkersicherheit effektiver ausgetaltet und die Darlegung des Vergütungsanspruchs des nternehmers bei Kündigung des Bestellers vereinfacht erden. § 632 a BGB hätte ich persönlich anders gereelt – aber nun gut. Nur vernünftig ist es jedenfalls gewesen, die angeachten Veränderungen bei der ZPO zunächst einmal ntfallen zu lassen. Dies gilt insbesondere für die sogeannte vorläufige Zahlungsanordnung. Aufgrund einer undierten Prognose sollte danach das Gericht schon vor intritt der Entscheidungsreife einen Zahlungsanspruch itulieren. Angedacht war dies vor allem für die Fälle, in enen zum Beispiel durch eine noch notwendige Beeisaufnahme ein Ende des Verfahrens nicht abzusehen st. Im Gesetzgebungsverfahren hat sich dann aber ganz chnell herausgestellt, dass es solche Fälle – also Fälle, n denen noch keine Entscheidungsreife, wohl aber eine ohe Erfolgsaussicht vorliegen soll – kaum geben wird nd dass vor allem bei einer noch ausstehenden Beweisufnahme kaum ein Richter eine solche hohe Erfolgsausicht bejahen dürfte. Gerade weil sich der Richter doch nsicher fühlt, wird externer Sachverstand eines Gutachers eingeholt. Insbesondere in Bausachen sind Mängel und ihre Urachen durch Richter ohne fachlichen Beistand in der egel nur sehr schwer einzuschätzen. Feuchtigkeit an er Decke kann ihre Ursache in schlechter Belüftung, ber auch in einer fehlerhaften Dachkonstruktion haben. n einem der letzten Fälle, mit denen ich mich befasst abe, bevor ich in den Bundestag kam, ging es um ein angelhaftes Parkett. Ich habe mir gedacht, dass das arkett vielleicht laienhaft verlegt oder der Estrich nicht achmännisch gelegt sein könnte. Mein Nachfolger im ezernat hat dann herausgefunden, dass das Fundament icht winterfest und daher gebrochen war. Dementsprehend war das Haus eine Bauruine. Die Ursache der Mängel richtig einzuschätzen ist ein iesiges Problem. Die Richter werden nicht das Risiko iner Fehlentscheidung eingehen. Nicht ohne Grund hat eshalb einer der Sachverständigen aus dem Richterbeeich darauf hingewiesen: Wenn etwas entscheidungsreif st, wird entschieden. Wenn nicht entschieden wird, dann at das mit Sicherheit einen triftigen Grund. Man könnte nun argumentieren, dass die Vorschrift umindest nicht schade und es vielleicht doch in einem Dirk Manzewski von 100 000 Fällen vorkommen könnte, dass sie weiterhilft. Aber die Sachverständigen in den Anhörungen haben deutlich gemacht, dass dies nicht so ganz unproblematisch sei, da die Rechtsanwälte entweder aufgrund des Drucks ihrer Mandantschaft oder aufgrund der Tatsache, dass sie Angst haben, später gegebenenfalls in Regress genommen zu werden, die Anträge auf vorläufige Zahlungsanordnung stellen werden. Das wäre vielleicht nicht schlimm, aber die Sachverständigen haben auch darauf hingewiesen, dass dies in Massen, in einem Verfahren wiederholt und – dies ist für mich entscheidend – unabhängig davon erfolgen wird, ob die engen Voraussetzungen für einen solchen Antrag überhaupt vorliegen. Wir haben von den Fachleuten plastisch dargelegt bekommen, wie sich hierdurch die Verfahren, statt beschleunigt zu werden, verzögern würden. Die Regelung wäre also kontraproduktiv im Hinblick auf das Interesse der Gläubiger, so schnell wie möglich an ihr Geld zu gelangen. Um es deutlich zu sagen: Das haben nicht etwa zwei oder drei Sachverständige gesagt, sondern die absolut überwiegende Mehrzahl. Wir diskutieren diesen Entwurf nicht erst in dieser Legislaturperiode, sondern haben uns schon in der letzten damit befasst und verschiedene Fachgespräche geführt. In zwei der stattgefundenen Anhörungen hat sich nicht ein einziger Sachverständiger positiv zu diesem Gesetzentwurf, soweit es die vorläufige Zahlungsanordnung betrifft, geäußert. Wenn gesagt wird, man könne es doch einmal versuchen und die Regelung unter eine Evaluierung stellen, dann will ich nur den Tenor aus den Anhörungen wiedergeben, der da lautete: Die ZPO ist kein Experimentierfeld. Mehr kann man, so glaube ich, als Rechtspolitiker dazu nicht sagen. Soweit es das Teilurteil und auch das Vorbehaltsurteil betrifft, werden wir uns im Herbst noch einmal darüber unterhalten, inwieweit hier noch Änderungen Sinn machen können. Lassen Sie mich abschließend noch zwei Dinge sagen. Erstens. Wir sollten uns langsam wirklich ernsthaft Gedanken darüber machen, ob nicht doch endlich ein eigenständiges Bauvertragsrecht Sinn machen würde, (Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


schon allein deshalb, weil das Werkvertragsrecht immer
mehr mit Regeln verwässert wird, die eigentlich nur
Bausachen betreffen.

Zweitens. Ich möchte mich bei allen Berichterstattern
bedanken, die dazu beigetragen haben, dass wir heute
doch zu einem alles in allem vernünftigen Ergebnis
kommen werden.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin Mechthild yckmans das Wort. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol egen! Dem Forderungssicherungsgesetz haftet das Etiett einer Never Ending Story an; denn der Bundestag at sich schon in zwei zurückliegenden Legislaturperioen mit diesem Gesetz befasst. Nach einer ausführlichen achverständigenanhörung steht heute endlich die abchließende Lesung dieses Gesetzentwurfes, allerdings n einer stark gekürzten Fassung, an. Mit diesem Gesetz ollen vor allem Handwerksbetriebe in die Lage versetzt erden, ihre Werklohnforderungen effektiver zu sichern. ass es in diesem Bereich Handlungsbedarf gibt, darin ind wir uns, glaube ich, alle einig. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617225600

(Beifall bei der FDP)

Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1617225700

Allein im Jahr 2007 kam es im Bundesgebiet nach
uskunft des Statistischen Bundesamtes im Baugewerbe

u 3 780 Insolvenzeröffnungsverfahren. Diese hohe Zahl
n Insolvenzen vor allem kleiner und mittelständischer
auhandwerker ist zum wesentlichen Teil auf die

chlechte Zahlungsmoral der Auftraggeber zurückzufüh-
en. Man muss sagen: Dies sind im Wesentlichen öffent-
iche Auftraggeber; gerade bei ihnen ist eine sehr
chlechte Zahlungsmoral vorzufinden.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die kennen keine Moral!)


ber an der Moral der Menschen lässt sich – das hat
ollege Manzewski zu Recht gesagt – mit einem Gesetz
icht allzu viel ändern. Bei der Sicherung der Werkun-
ernehmeransprüche können allerdings durchaus Verbes-
erungen durch ein Gesetz erzielt werden. Das wollen
ir heute tun.

Die Sachverständigenanhörung hat deutlich gemacht
auch das hat Kollege Manzewski schon gesagt –, dass
or allem die Einführung einer vorläufigen Zahlungsan-
rdnung auf massive Bedenken gestoßen ist. Deshalb ist
s richtig, dass wir diesen Bereich vollständig herausge-
ommen haben. Es ist aber genauso richtig, dass wir uns
ach der Sommerpause noch einmal zusammensetzen
nd versuchen sollten, im Bereich Teilurteil und Vorbe-
altsurteil doch noch die eine oder andere Lösung zu fin-
en, um den Handwerksbetrieben helfen zu können.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Neben den heute zu beschließenden Änderungen in
ezug auf die Bauhandwerkersicherung und Abschlags-
ahlungen möchte ich den einen oder anderen Punkt he-
ausstellen, der für die Bauhandwerker sicher zu einer
erbesserung führen kann. Da ist zum einen der soge-
annte Druckzuschlag, das heißt das Leistungsverweige-
ungsrecht des Bestellers. Wenn der Unternehmer seine

ängelerfüllung noch nicht erbracht hat, so konnte der
esteller bisher mindestens den dreifachen Wert der zu






(A) )



(B) )


Mechthild Dyckmans
erbringenden Leistungen zurückbehalten. Wir werden
das jetzt reduzieren. Wir wollen zu einer flexiblen Lö-
sung kommen und sagen: Er kann in der Regel den dop-
pelten Wert einbehalten. Ich glaube, das ist eine sinn-
volle Lösung. Die Reduzierung dieses Druckzuschlags
kann die Liquidität der Bauhandwerker verbessern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist nur ein erster Schritt, den wir heute gehen. Kol-
lege Manzewski hat schon darauf hingewiesen: Wir
brauchen ein eigenständiges Bauvertragsrecht. Wir soll-
ten versuchen – dies werden wir in dieser Legislatur-
periode nicht mehr schaffen –, daran zu arbeiten; das
müssen wir angehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Neben den vorgesehenen gesetzlichen Lösungen
sollte aber auch, wie ich meine, über neue Streitschlich-
tungswege im Baurecht nachgedacht werden. Die bishe-
rigen Möglichkeiten der Streitbeilegung, nämlich die
Gerichtsverfahren, sind zeitaufwendig und kosteninten-
siv. Man könnte in einer besonderen Form der außerge-
richtlichen Streitbeilegung für die Bauindustrie, wie dies
im angloamerikanischen Raum durchaus schon durchge-
führt wird,


(Joachim Stünker [SPD]: Wenn die das machen, machen wir das nicht!)


mögliche Regelungen finden, sodass man schneller und
kostengünstiger zu Lösungen kommt.

Änderungsbedarf besteht aber noch in einem anderen
Bereich. Die Bundesländer sind aufgerufen, die Perso-
nalsituation an den Gerichten zu verbessern, damit Bau-
prozesse schneller entschieden werden können. Es muss
auch darüber nachgedacht werden, dass man spezielle
Baukammern und spezielle Bausenate einrichtet. Auf all
dies hat bereits der Baugerichtstag mehrfach hingewie-
sen und Forderungen gestellt.

Ich glaube, wir können den Bauhandwerkern sinn-
volle Regelungen anbieten, mit denen sie ihre Forderun-
gen besser eintreiben können.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617225800

Für die Unionsfraktion spricht nun die Kollegin

Andrea Voßhoff.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andrea Astrid Voßhoff (CDU):
Rede ID: ID1617225900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

gen! Die Große Koalition schließt in dieser Woche um-
fassende und richtungsweisende Gesetzesvorhaben im
Bereich der Rechtspolitik ab. Heute Morgen haben wir
beispielsweise eine große Reform des GmbH-Rechts auf
den Weg gebracht, und morgen werden wir eine ebenso
große Reform der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf den

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(C (D eg bringen. Eine so fundamentale Bedeutung hat das orderungssicherungsgesetz, das wir heute beschließen, anz sicher nicht. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Große Einigkeit!)


Völlig d’accord. – In aller Bescheidenheit sage ich
ber: Für das ständig von Forderungsausfällen bedrohte
auhandwerk ist der heutige Tag kein ganz so schlechter
ag.

Dass alle Fraktionen zustimmen, ist eine Besonder-
eit und erfreulich. Ich weiß zwar, dass das der Tatsache
eschuldet ist, dass wir den prozessualen Teil ausge-
lammert haben, aber wenn der verbliebene, nicht un-
ichtige Rest nicht gut wäre, würden Sie sicher nicht zu-

timmen, sondern Ihre Kritik anbringen.

Frau Kollegin Dyckmans, Sie sagten, dass das Pro-
lem der Forderungssicherung im Handwerk ein „Dau-
rbrenner“ ist. Es ist schon fast ein historischer Dauer-
renner. Mit diesem Thema befasse ich mich
vermutlich ebenso wie der Kollege Manzewski –, seit

ch im Bundestag bin, immer wieder und in regelmäßi-
en Abständen. Bei meinen Recherchen zu diesem Ge-
etz habe ich Folgendes herausgefunden:

In der Gesetzeskommentierung von Stammkötter zum
esetz zur Sicherung von Bauforderungen ist zu lesen,
ass der Reichstag am 22. Januar 1896 – nachzulesen
uf Seite 495 des damaligen Stenografischen Berichts –
fast einstimmig beschlossen hat, die verbündeten Re-
ierungen zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen,
urch welchen die Bauhandwerker und Bauarbeiter für
hre aus Arbeiten und Lieferungen an Neu- und Umbau-
en erwachsenen Forderungen gesichert würden.“

Aber auch außerhalb des Parlaments sind die Juristen
n dieser Frage nicht untätig gewesen. Auch dort ist das
roblem nahezu historisch. So nahm zum Beispiel der
uristentag in Posen 1898 den folgenden Antrag an:

Es empfiehlt sich, zum Schutze der Baugläubiger in
Neubaubezirken die Bauerlaubnis von der Eintra-
gung eines Bauvermerks in das Grundbuch abhän-
gig zu machen, an den die Sicherung von Bauforde-
rungen zu knüpfen ist.

Die Parlamente – Frau Kollegin Dyckmans, es waren
ehr als die von Ihnen genannten – und die Rechtspre-

hung sind seit dieser Zeit nicht untätig gewesen: So ist
it dem Werkvertragsrecht, das mit dem im Jahr 1900 in
raft getretenen BGB eingeführt wurde, ein Anfang ge-
acht worden. Das Gesetz zur Sicherung von Bauforde-

ungen, das wir heute sinnvollerweise aktualisieren und
odernisieren, stammt vom 1. Juni 1909. Mit dem Bau-

andwerkersicherungsgesetz vom 1. Mai 1993 wurde
er § 648 a ins BGB eingeführt. Das Gesetz zur Be-
chleunigung fälliger Zahlungen aus dem Jahr 2000 kor-
igieren wir mit dem Forderungssicherungsgesetz heute
eilweise.

Warum steht das Thema immer wieder auf der parla-
entarischen Tagesordnung? Lassen Sie mich auf ein
rundproblem eingehen. Der Kollege Manzewski und
ie Kollegin von der FDP, Frau Dyckmans, haben es






(A) )



(B) )


Andrea Astrid Voßhoff
dankenswerterweise schon angesprochen und in der
Konsequenz für ein eigenständiges Bauvertragsrecht ge-
worben.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Wenn das alle wollen, dann machen wir doch einmal etwas!)


– So ist es. – Wenn ich an meine ersten Reden zu diesem
Thema in den Jahren 1998 und 1999 denke, erinnere ich
mich daran, dass ich damals mit dieser Forderung allein
auf weiter Flur war. In den vergangenen zehn Jahren ha-
ben sich viele überzeugen lassen, was nicht schlecht ist.

In der Vielfalt der bestehenden Vertragsarten des
Werkvertragsrechts nimmt der Bauvertrag – das wissen
wir alle, und das ist, wie ich glaube, ein Spezifikum die-
ses Problems – eine Sonderstellung ein. Da die Erfüllung
des Vertrages von der Herstellung des Baus abhängt und
ein Bau naturgemäß ein sehr zeitaufwendiges Projekt ist
– je nach Umfang –, haben wir es immer mit einem Ver-
trag zu tun, der eine langwierige Abwicklung bedingt.
Wir wissen außerdem, dass der fertige Bau meistens an-
ders aussieht als geplant, weil im Zuge der Herstellung
des Werks vielfache Änderungen vorgenommen werden.
Insofern nimmt der Bauvertrag eine Sonderstellung im
Bereich des Werkvertrages ein. Im Rahmen der Bauher-
stellungszeit trägt der Werkunternehmer eine enorm
große Vorleistungspflicht. Das ist das nächste Problem.

Die Schutzbedürftigkeit der Vertragspartner, die wir
als Gesetzgeber im Auge behalten müssen, ist unter-
schiedlich, sogar gegenläufig. Ist der Vertragspartner des
Werkunternehmers ein Verbraucher, ein Häuslebauer,
wie es so schön heißt, muss dessen Schutzbedürftigkeit
gegenüber dem Bauhandwerker immer besondere Be-
achtung des Gesetzgebers finden. Ist aber Vertragspart-
ner des Werkunternehmers der Generalunternehmer, der
zudem seinerseits von einem Dritten als Besteller des
Bauwerks den Werklohn erhält und diesen an den Bau-
handwerker weiterzuleiten hat, dieser also als Subunter-
nehmer am Ende der Kette eines Zahlungsflusses steht,
muss das Augenmerk des Gesetzgebers in besonderer
Weise der Schutzbedürftigkeit des Bauhandwerkers gel-
ten.

Denn – damit spreche ich ein weiteres besonders Pro-
blem in diesem Zusammenhang an – zu den rechtspoliti-
schen Überlegungen, die wir immer wieder zu bestimm-
ten Themenfeldern anzustellen haben – das haben wir
heute Morgen bei der Debatte zum GmbH-Recht schon
festgestellt – kommt manches Mal die reale Welt des
Marktes hinzu, die einer der Referenten auf dem kürz-
lich stattgefundenen 2. Baugerichtstag in Hamm wie
folgt formulierte – Kollege Gehb mag es mir nachsehen;
ich kann es nicht auf Latein sagen –: Cash flow is the
lifeblood of the construction industry. So wird auf Eng-
lisch beschrieben, dass Bauunternehmen auf fristge-
rechte Zahlung existenziell angewiesen sind. Fließen
Gelder nicht zügig, können Bauunternehmen Löhne,
Material und Subunternehmen nicht bezahlen. Das
Risiko der Insolvenz ist groß und oft auch bedauerliche
Realität. Damit werden wir seit Jahren in Gesprächen
mit Verbänden und dem Handwerk selbst konfrontiert.

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(C (D Die Gründe und Ursachen für das zu späte und anchmal ausbleibende Fließen des Geldes sind uns al en hinreichend bekannt. Deshalb muss es Handlungsuftrag des Gesetzgebers sein – da schließt sich der reis zu den Forderungen, die Sie aufgestellt haben –, ei Verzögerungen, zum Beispiel durch behauptete Mänel oder sonstige Gründe, dafür zu sorgen, dass das Prolem schnell geklärt wird, damit die Zahlung schnell ließen kann. Eine solche schnelle Klärung ist bei mateiellen Fragen mit den Instrumenten des Werkvertragsechts nur begrenzt zu erreichen. Bei circa 80 000 neuen Baustreitigkeiten in jedem ahr und einer erstinstanzlichen Verfahrensdauer von eutlich über einem Jahr können Gerichte diesem Anpruch ebenfalls nicht gerecht werden. Nicht umsonst at sich – Kollegin Dyckmans hat es, glaube ich, angeprochen – der 2. Baugerichtstag in diesem Jahr in amm ebenfalls mit den Themen außergerichtliche treitschlichtung und Adjudikation beschäftigt. Ob das er richtige Weg ist, will ich offenlassen. Das Fordeungssicherungsgesetz, das wir heute beschließen, will iesem Beschleunigungsversuch auf jeden Fall hinsichtich des materiellen Teils gerecht werden. Es leistet eien, wie ich finde, sinnvollen Beitrag dazu. Ich muss auf die einzelnen Felder, die wir dort gereelt haben, nicht eingehen. Das haben meine Vorredner ereits getan. Ich denke, auch wenn oder gerade weil wir ange und intensiv beraten haben, wollen wir keine zu ohe Erwartungshaltung bei den Handwerkern schüren. as wissen sie auch. Viele von ihnen hatten ausreichend elegenheit, sich mit den Inhalten zu beschäftigen. Wir ekommen eine überwiegend positive Resonanz darauf ich denke, das ist festzuhalten –, dass wir mit vielen leinen Stellschrauben das Gesetz aus dem Jahr 2000 in innvoller Weise korrigieren, damit das Geld schneller ließen kann. Demzufolge denke ich, dass dies ein kleier, bescheidener Erfolg ist und damit ein guter Tag für as Bauhandwerk. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


ch freue mich, dass wir alle einvernehmlich – so hat es
ich jedenfalls im Rechtsausschuss angekündigt – die-
em Gesetzentwurf heute zustimmen werden.

Einleitend sagte ich, wie lange das Thema schon auf
er Tagesordnung ist. Wir, meine Damen und Herren
ollegen, die Sie Mitstreiter bei der Forderung nach ei-
em individuellen, speziellen Bauvertrag sind, wollen
offen, dass eine Weiterentwicklung nicht wieder hun-
ert Jahre dauert, sondern vielleicht etwas zügiger geht.
as Handwerk hätte es verdient.

Ich darf am Schluss allen Beteiligten, den Berichter-
tattern und insbesondere dem BMJ, ganz herzlich dafür
anken, dass sie uns sehr intensiv bei den Beratungen
nterstützt haben. Das war sicherlich nicht immer ein-
ach.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617226000

Das Wort hat der Kollege Frank Spieth für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617226100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass nach
mehr als zwei Jahren heute endlich der Gesetzentwurf
des Bundesrates mit der Empfehlung des Rechtsaus-
schusses zur Beratung und Abstimmung gebracht wird.
Folgende Anmerkung kann ich Ihnen hier nicht erspa-
ren: Hätte die Linke nicht auf Fortsetzung der Beratun-
gen im Ausschuss gedrängt,


(Zuruf von der SPD: Was? – Joachim Stünker [SPD]: Sie waren doch gar nicht dabei!)


hätte es die Anhörung mit größter Wahrscheinlichkeit
nicht so schnell gegeben


(Andrea Astrid Voßhoff [CDU/CSU]: Was hat die Linke getan?)


und würde das Anliegen der kleinen Handwerksbetriebe
weiter auf Eis liegen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)


Schauen Sie sich einmal die Obleuterunde an. In der Ob-
leuterunde ist das klar gesagt worden.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kollege, wo waren Sie denn? Das ist ja der größte Witz des heutigen Tages! Das hätten Sie sich verkneifen sollen! – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Nicht zu fassen!)


Vertreter des Handwerks und der Kammern aus mei-
nem Wahlkreis haben mir gesagt, dass 90 Prozent der In-
solvenzen im Handwerk auf Forderungsausfälle infolge
schlechter Zahlungsmoral zurückzuführen sind.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617226200

Kollege Spieth, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Manzewski?


Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617226300

Ja.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617226400

Bitte.


Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1617226500

Herr Kollege, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu neh-

men, dass es an allen möglichen Ursachen gelegen hat,
mit Sicherheit aber nicht an einer Intervention der Lin-
ken, dass dieses Gesetz zum Abschluss gebracht worden
ist, und sind Sie des Weiteren bereit, zur Kenntnis zu
nehmen, dass die Vertreter Ihrer Fraktion bis auf letzte
Woche nicht an einem einzigen Gespräch teilgenommen
haben?

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617226600

Ich kann Ihnen bestätigen, dass der Obmann meiner

raktion dieses Thema in der Obleuterunde zur Sprache
ebracht und darum gebeten hat, dass dieses Gesetz end-
ich behandelt und zum Abschluss gebracht wird.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie denn das?)


Das hat mir mein Kollege Nešković ganz eindeutig ge-
agt.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Oh, der Kollege Nešković! Das ist ja dann die unwiderlegbare Vermutung der Unrichtigkeit! – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Wo ist er denn heute? – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Er war nie dabei!)


Zweitens kann ich Ihnen bestätigen, dass viele von
enen, die jetzt hier im Plenarsaal sitzen und diesem Ar-
eitskreis angehören, bei der Anhörung am 26. Mai die-
es Jahres nicht dabei waren. Ich hingegen war anwe-
end. So viel zu Ihrer Frage.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Panoptikum!)


Tatsache ist – darauf will ich hinweisen –, dass Hand-
erker riesige Probleme mit der schlechten Zahlungs-
oral haben. Dies hat gerade in Ostdeutschland zur Ver-

ichtung Tausender Arbeitsplätze geführt und die
etroffenen Familienbetriebe in den finanziellen Ruin
etrieben.

Ein Elektromeister aus meinem Wahlkreis hat einen
uftrag ausgeführt, und er hatte Restforderungen in
öhe von damals 70 000 DM. Der Kunde zahlte nicht,
nd der Handwerksmeister klagte. Eineinhalb Jahre nach
inreichung der Klage wurde auf Anraten des Richters
in Vergleich über 50 000 DM abgeschlossen. Doch die
ahlung erfolgte nicht. Daraufhin wurde ein Zahlungs-
efehl erlassen. Dann gab der Schuldner eine eidesstatt-
iche Erklärung zu seiner Zahlungsunfähigkeit ab und
tellte einen Insolvenzantrag. So ist das abgelaufen.


(Joachim Stünker [SPD]: Kann nicht sein!)


Der Handwerker hat jetzt nicht nur einen Forderungs-
usfall von 70 000 DM zu beklagen, sondern er muss ne-
en den Kosten für seinen eigenen Rechtsanwalt die ge-
amten Gerichtskosten, auch die der Gegenseite, tragen
nd für diesen Auftrag noch zusätzlich die Mehrwert-
teuer entrichten. Den 30 Jahre gültigen Titel kann er
uch zukünftig mithilfe der Vollstreckung realisieren.
ies hat er auch versucht. Das hat ihm aber zusätzliche
osten verursacht. Mittlerweile beträgt sein Gesamt-

chaden 90 000 DM.

Die miese Zahlungsmoral – dies hat auch die Anhö-
ung gezeigt – ist kein Problem der kleinen Häuslebauer,
ondern eines der Generalunternehmen und – auch das
st hier schon gesagt worden – der öffentlichen Hand.






(A) )



(B) )


Frank Spieth
Die vorliegende Empfehlung des Ausschusses ist des-
halb ein Schritt in die richtige Richtung und wird auch
von uns unterstützt. Dieses Gesetz – auch das ist bereits
gesagt worden – weckt bei den Betrieben Hoffnungen,
die mit Sicherheit nicht erfüllt werden können. Außer-
dem kommen den Linken die Verbraucherinnen und Ver-
braucher in diesem Gesetz zu kurz. Denn der kleine
Häuslebauer ist relativ unerfahren, und bei Pfusch am
Bau – auch das ist ein Problem – ist er den Baufachleu-
ten häufig unterlegen.

Der Schutz der Verbraucher wird mit diesem Gesetz
nicht verbessert. Er bleibt im weiteren parlamentari-
schen Verfahren im wahrsten Sinne des Wortes eine of-
fene Baustelle. Wir brauchen ein umfassendes Bauver-
tragsrecht, durch das Unternehmen und Verbraucher
gleichermaßen abgesichert werden; auch darauf wurde
bereits hingewiesen. Ich verweise auf die Ausführungen
von Professor Kniffka vom Bundesgerichtshof, der dies
in der Anhörung, wie ich meine, hervorragend darge-
stellt hat.

Er hat aber auch die Länder in die Pflicht genommen
und darauf hingewiesen, dass Richter Allroundkönner
sein müssen. Er sagte, man müsse um 9.00 Uhr Miet-
sachen, um 9.05 Uhr Bausachen und um 9.30 Uhr Arzt-
haftungsrecht verhandeln.


(Joachim Stünker [SPD]: Da können Sie mal sehen, was der alles kann!)


Es sei deshalb zwingend, Spezialkammern für das Bau-
recht zu schaffen.


(Joachim Stünker [SPD]: Die gibt es!)

Dann hätte man Spezialisten zur Verfügung, und die Ver-
fahren würden beschleunigt.

Er forderte die Länder außerdem auf, die Fortbil-
dungspflicht auf Landesebene zu regeln, da das Vorha-
ben, sie im Deutschen Richtergesetz festzuschreiben, ge-
scheitert ist. Dieser Forderung schließen wir uns an. Wir
unterstützen auch seine Aussage, dass die Sicherung von
Zahlungen unter anderem über Bürgschaftsbanken, wie
es in Frankreich gehandhabt wird, eine für beide Seiten
vorteilhafte Regelung wäre. Deshalb wird sich die Linke
weiterhin für das französische Modell einsetzen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617226700

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der

Kollege Jerzy Montag das Wort.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617226800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrter Herr Kollege Spieth, wir lassen es Ihnen
nicht durchgehen, dass Sie den Leuten draußen vorspie-
geln, Sie würden hier in Rechtsangelegenheiten kon-
struktiv mitarbeiten. Das ist ein schlechter Witz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Tatsächlich ist es so, dass in den allermeisten Fällen, in
denen Sachverstand vonnöten wäre, Sie durch Abwesen-

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(C (D eit glänzen – oder durch Tiraden. Das sind die Beiträge hrer Fraktion in Debatten über rechtspolitische Themen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Frau Kollegin Voßhoff, ich bin 2002 in den Bundes-
ag gewählt worden. Damals lief gerade die Debatte da-
über, wie man die Zahlungsmoral heben kann. Auch
004 und 2006 haben wir über dieses Thema gespro-
hen. Mir war immer klar: Das wird nichts. Man kann
ie Moral der Leute nicht mit den Mitteln des Werkver-
ragsrechts heben und schon gar nicht mit den Mitteln
er ZPO. Vielleicht kann man die Zahlungsmoral der
eute heben; aber das geht nicht mit den gesetzlichen
ormen, über die wir hier diskutieren. Deswegen hatten
ir weder 2002 noch 2004 noch 2006 Erfolg.

Zum Glück klappt es jetzt, und zwar weil der unselige
302 a ZPO jetzt nicht mehr im Gesetzentwurf ist. Kol-

ege Danckert von der SPD, der bei dieser Debatte leider
icht dabei ist, hat diesen Paragrafen noch bei der letzten
iskussion, am 6. April 2006, heiß verteidigt – ich zi-

iere –:


(Dirk Manzewski [SPD]: Das ist jetzt aber gemein!)


Ob wir dies letztlich durch das Gesetz beseitigen
können, kann man bezweifeln. Aber ich finde, jeder
Versuch ist lohnenswert.

ir haben uns intensiv mit dieser Thematik beschäftigt
nd sind zu dem Ergebnis gekommen: So sollten wir
echtspolitik nicht machen. Wir haben § 302 a ZPO aus
em Gesetzentwurf gestrichen.

Wir werden nur das unterstützen, was vernünftig und
ichtig ist. Es gibt durchaus Verbesserungen, zum Bei-
piel für die Bauhandwerker. So wird die Stellung des
ubunternehmers – das ist ein wichtiger Punkt – durch
ie Durchgriffsfälligkeit verbessert. Forderungen nach
bschlagszahlungen werden erleichtert. Der Mängelein-
ehalt wird abgesenkt und flexibilisiert. Die Feststel-
ungsbescheinigung wird gestrichen; sie hat sich nicht
ewährt. Die Sicherung der Bauhandwerker wird da-
urch, dass Sicherheitsleistungen einklagbar werden,
erbessert.

Für die Gegenseite, für die Häuslebauer, verbessern
ir auch etwas: Es wird die Möglichkeit einer Besteller-

icherheit zur Sicherung rechtzeitiger Erfüllung geben.
ir haben ferner dafür gesorgt, dass die Verbraucher

icht mehr durch die VOB/B benachteiligt werden kön-
en. Das alles ist gut. Deswegen tragen wir Grünen das
it.

Ich habe die herzliche Bitte an Sie, dass wir, wenn wir
m Herbst über Änderungen der ZPO nachdenken – Vor-
ehaltsurteil, Grundurteil, was auch immer –, nicht
chon wieder zu § 302 a ZPO greifen, Herr Kollege
r. Gehb. Das wäre wieder ein Griff daneben. Ich

chließe mich den Kolleginnen und Kollegen mit Nach-
ruck an: Wir brauchen ein Bauvertragsgesetzbuch.


(Zustimmung des Abg. Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU] sowie der Abg. Mechthild Dyckmans [FDP])







(A) )



(B) )


Jerzy Montag
Wir fordern das seit vielen Jahren. Frau Kollegin
Dyckmans, nicht nur wir sollten uns an die Arbeit ma-
chen, auch das Bundesjustizministerium sollte endlich
einen Gesetzesvorschlag unterbreiten. Das wäre nicht
schlecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617226900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den vom Bundes-
rat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung
von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten
Durchsetzung von Forderungen. Der Rechtsausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 16/9787, den Gesetzentwurf des Bundesrates auf
Drucksache 16/511 in der Ausschussfassung anzuneh-
men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich enthal-
ten? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung
einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich enthalten? –
Der Gesetzentwurf ist in dritter Beratung ebenfalls ein-
stimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Britta Haßelmann, Markus Kurth, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Statt Kooperative Jobcenter – Grundsiche-
rung für Arbeitssuchende aus einer Hand mit
gestärkten kommunalen Kompetenzen organi-
sieren

– Drucksache 16/9441 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fünf Minuten erhalten
soll. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann ist so
beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen hat nun die Kollegin Brigitte Pothmer
das Wort.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617227000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wahr-

scheinlich wissen Sie alle noch genau, dass das Bundes-
verfassungsgericht in seinem Urteil vom 20. Dezember
2007 festgestellt hat, dass die Arbeitsgemeinschaften in

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(C (D er jetzigen Form nicht mit dem Grundgesetz in Einlang stehen. In der Sache hat es die Zusammenlegung er Arbeitslosenund der Sozialhilfe und das Prinzip Hilfe aus einer Hand“ allerdings ausdrücklich positiv ewertet. Trotzdem müssen wir nun bis Ende 2010 eine Neureelung finden. Ich finde, bei der Überlegung darüber, elche Neuregelung und Trägerstruktur wir künftig wol en, sollte eines im Vordergrund stehen, nämlich die rage, welche Lösung die beste Grundlage für eine erolgreiche Unterstützung der Arbeitssuchenden bietet. abei geht es bei den Langzeitarbeitslosen – das will ich n dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen – ben nicht nur um Arbeitsvermittlung und Qualifizieung, sondern es geht auch um eine umfassende und inividuelle Hilfe aus einer Hand. ir sollten alles, aber auch wirklich alles dafür tun, dass s keinen Rückfall in eine alte bürokratische Doppeltruktur geben wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jörg Rohde [FDP])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mit den von Minister Scholz vorgeschlagenen soge-
annten kooperativen Jobcentern werden diese von mir
erade formulierten Anforderungen allerdings in keiner
eise erfüllt; denn das kooperative Jobcenter ist wirk-

ich im wahrsten Sinne des Wortes rückwärtsgewandt.
s basiert nämlich auf dem Modell der getrennten Trä-
erschaft, einem Modell, das es gab, bevor wir die Ar-
eitslosenhilfe und die Sozialhilfe zusammengelegt
aben, um gerade diese Hilfe aus einer Hand zu gewähr-
eisten.


(Beifall der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das kooperative Jobcenter ist Ausdruck eines zentra-
istischen Modells. Es war mühsam, sich die regionalen
pielräume vor Ort zu erkämpfen. Wenn sich dieses Mo-
ell durchsetzt, dann werden die Kommunen an den Kat-
entisch verbannt. Das ist so klar wie Kloßbrühe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jörg Rohde [FDP])


Außerdem müssen wir uns darüber im Klaren sein,
ass dieses Modell auch keine Rechtssicherheit bieten
ird, weil es eben als untergesetzliche Regelung durch-
epaukt werden soll.


(Jörg Rohde [FDP]: Ohne uns!)


as heißt, weitere rechtliche Auseinandersetzungen mit
enjenigen, die das nicht akzeptieren – das sind viele –,
ind vorprogrammiert.

Ich prognostiziere Ihnen heute und gehe mit Ihnen
ede Wette ein, dass es das kooperative Jobcenter nicht
eben wird,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eil es die Genossen in den eigenen Ländern und in den
igenen Kommunen nicht wollen, weil es der Koali-






(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
tionspartner nicht will, weil es die Arbeits- und Sozial-
ministerkonferenz nicht will und weil es die unterschied-
lichsten Verbände und die Fachleute in diesem Bereich
mit sehr großer Mehrheit ablehnen. Ich fände es gut,
wenn der Minister auf diese wirklich massive Kritik und
auf diesen massiven Widerstand reagieren und das Mo-
dell zurückziehen würde, um so den Weg für eine sinn-
volle Regelung frei zu machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Inzwischen finden sich in den Bundesländern partei-
übergreifende Koalitionen, um das Modell zu stoppen.
In Niedersachsen haben sich CDU, FDP, Grüne und Ihre
SPD zusammengetan


(Jörg Rohde [FDP]: Ja!)


und fordern neue Rechtsgrundlagen, die sowohl den Ar-
gen als auch den Optionskommunen eine Bestandsga-
rantie geben. Dafür stehen auch wir Grünen im Bundes-
tag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])


Dabei ist allen klar, dass das nur auf dem Weg einer Ver-
fassungsänderung möglich ist. Ich betone aber, dass wir
damit nicht in die tiefen Werte der Verfassung eingrei-
fen. Es handelt sich dabei eher um eine technische Kor-
rektur.

Die Große Koalition ist seinerzeit mit dem Hinweis
darauf angetreten, für große Lösungen zu stehen. Sie ha-
ben in diesem Hause eine verfassungsändernde Mehr-
heit. Auch in den Ländern gibt es große Sympathien für
eine Verfassungsänderung in dieser Form. Ich finde, dem
Minister sollte es weniger um sich und darum gehen,
sein Gesicht zu wahren; er sollte vielmehr den Wider-
stand aufgeben und den Weg für Vielfalt und Flexibilität
im Sinne der Arbeitssuchenden frei machen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andrea Nahles [SPD]: Welchen Weg sollen wir denn frei machen?)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617227100

Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege Karl

Schiewerling.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1617227200

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine

Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat
am 20. Dezember letzten Jahres ein unerwartetes Urteil
gesprochen. Man mag dieses Urteil je nach Sichtweise
bedauern. Ich halte es für eine gute Gelegenheit, nicht
nur über die Organisation und Zuständigkeiten, sondern
auch über die Aufgaben und Ziele des SGB II nachzu-
denken.

Das BMAS hat sich weitsichtig auf mögliche Urteile
eingestellt und konnte so relativ schnell den Vorschlag

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(C (D ines kooperativen Jobcenters unterbreiten. Die Einchätzung des Ministeriums, dass dies ohne Gesetzesnderung möglich ist, war offensichtlich falsch. Wir haen diese Einschätzung nicht geteilt. Sie wird auch von en Bundesländern nicht geteilt. Ich denke, das wird uch im Ministerium mittlerweile so gesehen. Gleichwohl ist das Konzept des kooperativen Jobceners eine gute Diskussionsgrundlage, indem der Versuch nternommen wird, die Vorgaben des Verfassungsgeichtsurteils umzusetzen. Bis vor kurzem war das der inzige Diskussionsvorschlag. Derzeit ist die Bund-Läner-Arbeitsgruppe dabei, Alternativen auszuarbeiten. Es wird deutlich – das ist auch die Position unserer raktion –, dass das kooperative Jobcenter nicht in der orgesehenen Form umgesetzt werden kann, weil es zu ehr Bürokratie führt und die Vorgaben des Bundesver assungsgerichtsurteils – nämlich Hilfen aus einer Hand u gewähren – nicht ohne Weiteres umsetzbar sind. Das undesverfassungsgerichtsurteil stellt den Gesetzgeber nd uns alle vor die große Herausforderung, mit allen eteiligten zu sachgerechten Lösungen zu kommen. Es ist gut, dass die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Aufräge erteilt hat, um über die unterschiedlichen Modelle u diskutieren. Zu diesen Modellen gehört die Bunesauftragsverwaltung, wie sie von Bayern, Badenürttemberg und Sachsen diskutiert wird. Dazu gehört uch die Frage, ob es nicht doch eine Verfassungsändeung geben könnte, um die bisherige Form der Argen mzusetzen. Zur Diskussion gehört auch der Auftrag, zu rüfen, wie das kooperative Jobcenter weiterentwickelt erden kann, um das eigentliche Ziel zu erreichen, Hil en aus einer Hand zu organisieren. Weil wir uns in diesem Diskussionsprozess befinden nd dabei sind, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, ehnen wir zum jetzigen Zeitpunkt Ihren Antrag ab. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das verstehe ich nicht! Er spricht Ihnen doch aus dem Herzen!)


s führt nämlich letztlich nicht weiter, sich schon für ein
odell zu entscheiden, während es in der Politik noch

ine breite Palette von Vorschlägen gibt.

In der gesamten Diskussion geht es aber nicht nur um
ie Organisation, sondern auch um andere Fragen. Es
eht unter anderem um die Frage, was wir unternehmen
üssen, welche Strukturen wir schaffen müssen, um

enjenigen, die schon lange ohne Arbeit sind, eine Pers-
ektive auf dem Arbeitsmarkt und die Möglichkeit zu er-
ffnen, wieder in Arbeit zu kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wenn es stimmt, dass wir das Prinzip des Forderns
nd Förderns im SGB II deswegen eingeführt haben,
eil wir es hier mit einer Zielgruppe zu tun haben, die
er besonderen, liebevollen und nachhaltigen Hilfe be-
arf, um wieder in Erwerbsarbeit zu kommen, dann
rauchen wir dazu auch entsprechende Rahmenbedin-
ungen. Das verlangt nach dezentralen Lösungen und
er sachgerechten Nutzung der Kenntnisse der Kommu-
en, die Erfahrungen mit der Sozialhilfe und im Umgang






(A) )



(B) )


Karl Schiewerling
mit den Zielgruppen gesammelt haben. Deswegen hat
das Bundesverfassungsgericht recht, wenn es sagt: Wir
brauchen Hilfe aus einer Hand und nicht nur unter einem
Dach. Aber es will, dass die Verantwortung der Handeln-
den, also von Bund und Kommunen, erkennbar bleibt.

Das Neue an der Grundsicherung ist, dass Arbeitslo-
senhilfe und Sozialhilfe zusammengeführt wurden, um
Langzeitarbeitlose zu aktivieren, sie aus der Grundsiche-
rung herauszuholen. Dank der guten Konjunktur und
dank der Tatsache, dass wir viel mehr neue sozialversi-
cherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse haben,
kommen wir nun an den verhärteten Bereich der Lang-
zeitarbeitslosigkeit heran. Deswegen stehen wir vor der
Frage, was wir nun tun müssen, um hier möglichst indi-
viduelle und passgenaue Hilfen organisieren und anbie-
ten zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es geht um die Frage, wie wir das organisieren. Das
setzt Personalkapazitäten und entsprechende Integra-
tionsinstrumente voraus. Ich bin zutiefst davon über-
zeugt, dass es bei der Lösungssuche nach einer verfas-
sungsgemäßen Organisation im Rahmen des SGB II im
Kern um die Beantwortung der Frage geht, wer für die
Arbeitsmarktpolitik verantwortlich ist: der Bund, die
Länder oder die Kommunen.


(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)


Ich sage Ihnen: Es kann nur der Bund sein. Die entschei-
dende Frage ist, wie er seine Aufgabe wahrnimmt, ob
wir zentralistisch oder möglichst dezentral arbeiten, ob
wir die Menschen so mitnehmen, dass sie Mut bekom-
men, vor Ort ihre Aufgaben anzupacken und zu lösen,
oder ob wir alles im Detail vorschreiben. Ich sage Ihnen
sehr deutlich: Es kann nur der Weg sein, Freiheiten zu
gewähren und dies durch entsprechende Steuerungs-
instrumente zu organisieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Natürlich muss die Zuständigkeit klar sein. Aber es
geht um das Erreichen des Ziels, Menschen, die arbeits-
fähig sind und lange nicht mehr in Erwerbsarbeit gestan-
den sind, wieder in Erwerbsarbeit zu vermitteln. Damit
haben wir mittlerweile viele Erfahrungen gesammelt, so-
wohl in den Argen als auch in den Optionskommunen.
Meine Fraktion ist entschieden dafür, das Optionsmodell
zu entfristen, zumindest die vorhandenen Optionen zu
erhalten und Ausweitungsmöglichkeiten zu eröffnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Unabhängig davon, wie wir dies organisieren, brau-
chen wir für die Bekämpfung der verhärteten Langzeit-
arbeitslosigkeit ein eigenständiges Instrumentarium. Ich
sehe darin übrigens den entscheidenden Punkt. Es kann
nicht sein, dass wir ausschließlich das Instrumentarium
des SGB III, das gerade einmal für 30 Prozent der Ar-
beitslosen gilt, für die restlichen 70 Prozent überneh-
men, die sich im Rechtskreis des SGB II befinden. Wir
müssen sehen, dass wir Elemente aus dem SGB III er-
halten, aber im Rahmen des SGB II eine eigenständige

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(C (D rganisationsmöglichkeit und eigenständige Hilfsstrukuren schaffen. Die Antworten auf die Fragen, ob es uns gelingt, das artnerschaftlich zu organisieren, und ob wir bereit sind, arüber so zu diskutieren, dass es nicht nur um Machtnd Zuständigkeitsfragen geht, und die Lebenssituation er Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, werden daüber entscheiden, ob es uns gelingt, ein geeignetes Oranisationsmodell zu finden. Es geht nicht nur um die rmittlung der Kosten der Unterkunft und der Sätze der assiven Leistungen. Es geht um die entscheidende rage, wie wir die aktiven Leistungen organisieren. Wir erden die organisatorischen Fragen in der Koalition züig angehen. Wir haben ein Interesse daran, schnell zu ösungen zu kommen, damit den Betroffenen geholfen erden kann, aber auch daran – vergessen wir das nicht –, ass diejenigen, die zurzeit in diesem Bereich beruflich ätig sind, Klarheit über die gesetzlichen, rechtlichen ahmenbedingungen erhalten, unter denen sie tätig sind. Die Richtung ist damit klar. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Nichts ist klar! Das ist es ja gerade!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie Weisheit eines alten deutschen Sprichworts mit der
aube und dem Spatz lautet: lieber die direkte Hilfe aus
iner Hand als das Kompetenzgerangel unter einem
ach.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617227300

Das Wort hat der Kollege Jörg Rohde für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1617227400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Der heute von den Grünen vorgelegte An-
rag zum Thema „Grundsicherung für Arbeitssuchende“
eht teilweise in die richtige Richtung. Die FDP-Bun-
estagsfraktion teilt die Kritik der Grünen an den koope-
ativen Jobcentern, welche vom Bundesarbeitsminister
ns Gespräch gebracht wurden. Der Arbeitsminister will
nscheinend bei der Auflösung der als verfassungswid-
ig eingestuften Arbeitsgemeinschaften die parlamenta-
ische Gesetzgebung umgehen.


(Andrea Nahles [SPD]: Das ist ja ganz einfach! Wenn man keine Alternative bietet, dann kritisiert man einfach den Vorschlag!)


err Schiewerling, ich hoffe, Sie haben mit Ihren Äuße-
ungen recht.

Die kooperativen Jobcenter würden die Chancen für
rbeitsuchende sicher nicht verbessern. Die FDP-Bun-
estagsfraktion fordert seit Jahren für alle Arbeitsuchen-
en die Betreuung aus einer Hand in kommunaler Trä-
erschaft.






(A) )



(B) )


Jörg Rohde

(Beifall bei der FDP – Andrea Nahles [SPD]: Eine Privatisierung! Etwas anderes fällt Ihnen nicht ein!)


Das erlaubt individuelle, flexible und unbürokratische
Lösungen für die Betroffenen. Stattdessen sollen jetzt
mit Kommunen und Arbeitsagenturen wieder zwei ge-
trennte Träger tätig werden. Das führt zu doppelter Ver-
waltung und zu entsprechenden Kosten. Weder wird das
Chaos bei der Betreuung der Arbeitsuchenden beseitigt
noch ist eine höhere Effektivität zu erwarten. Arbeits-
minister Olaf Scholz hat noch immer die Chance, dop-
pelte Verwaltungsstrukturen abzuschaffen. Nutzen Sie
diese, Herr Minister!

Mit seinem bisherigen Vorschlag läutet der Minister
allerdings das Ende des Optionsmodells ein, ohne das
zum Jahresende erwartete Ergebnis der schon mehr als
zwei Jahre andauernden Evaluation abzuwarten. Die
Vorschläge werden von einem neuen Bericht der Bun-
desagentur für Arbeit flankiert, die sich selbst hervorra-
gende Arbeit bestätigt. Fachlich und methodisch ist
dieser Bericht höchst fragwürdig. Dies gilt für den Un-
tersuchungszeitraum, die herangezogenen Merkmale
und die zugrunde gelegten Hypothesen. Die angeblichen
Erkenntnisse sind als ungesichert und tendenziös anzu-
sehen.

Wir schließen uns der Kritik von Landrat Hans Jörg
Duppré, dem Präsidenten des Deutschen Landkreistages,
an:


(Andrea Nahles [SPD]: Ach, das verwundert aber wirklich!)


Der Bericht verfolgt einzig und allein den Zweck,
in der jetzigen Diskussion um die Neuorganisation
der Verwaltung für die Langzeitarbeitslosen die
Position der Bundesagentur zu stärken, indem sie
eigene Erfolge bei der Arbeitsvermittlung verkün-
det und die Arbeit der Optionskommunen herab-
würdigt.

Dem ist nichts hinzuzufügen.


(Beifall bei der FDP)


Auch einer neuen Behörde unter der Kontrolle der
zentralistisch organisierten Arbeitsagenturen wird es
nicht gelingen, die Chancen für Arbeitsuchende zu ver-
bessern. Alternativen zu den als verfassungswidrig ein-
gestuften Arbeitsgemeinschaften dürfen nicht zur Schaf-
fung eines Bundessozialamts führen. Nach dem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts besteht jetzt die histori-
sche Chance, die Bundesagentur für Arbeit aufzulösen
und die Aufgaben neu zu ordnen.

Wir fordern, dass die Betreuung und Beratung von
Arbeitsuchenden unter eigener Verantwortung in kom-
munalen Jobcentern erfolgt.


(Beifall bei der FDP)


Die finanziellen Grundlagen sind im Grundgesetz fest-
zuschreiben. Die Gewährung aller Leistungen aus einer
Hand macht langwierige Abstimmungsprozesse mit den
Arbeitsagenturen überflüssig. Sie erlaubt individuelle,
flexible und unbürokratische Lösungen für die Betroffe-

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(C (D en. Gleichzeitig können die Prinzipien der Arbeitsloenversicherung durch die Einführung von Pflichtund ahltarifen gestärkt werden. Die FDP-Bundestagsfraktion hat am 28. Mai 2008, lso eine Woche vor den Grünen, auf Drucksache 16/9339 inen eigenen Antrag zu dem Thema in die parlamentarichen Beratungen eingebracht. Wir hätten über das hema lieber zu einem späteren Zeitpunkt diskutiert; chließlich soll in wenigen Monaten die offizielle Evauation, das heißt die wissenschaftliche Untersuchung er unterschiedlichen Modelle der Wahrnehmung der ufgaben nach SGB II folgen. (Zuruf von der FDP: Das hätte wohl Sinn gemacht!)


Unsere vier Kernforderungen sind: Erstens. Die Ar-
eit der Optionskommunen und die Verantwortung der
ommunen für die Betreuung Langzeitarbeitsloser müs-

en nachdrücklich unterstützt werden. Das fordern wir
nalog zu den Grünen.

Zweitens. Die Befristung der Optionsregelung auf
en 31. Dezember 2010 muss unverzüglich aufgegeben
erden; die Regelung sollte unbefristet – nicht nur bis
013 – gelten.

Drittens. Grundsätzlich sind die Kommunen mit der
ufgabenwahrnehmung nach dem SGB II zu betrauen
nd die Finanzbeziehungen grundgesetzlich abzusi-
hern.

Viertens. Denjenigen Kommunen, die die alleinige
rägerschaft für die Grundsicherung für Arbeitsuchende
bernehmen wollen, ist dies zu ermöglichen.

Leider gehen die Grünen in ihrem Antrag nicht ganz
o weit wie wir, aber in der Zielrichtung haben wir große
bereinstimmung. Mittlerweile steigt auch der Druck

us den Ländern, bei dieser Frage den Kommunen eine
ahlfreiheit einzuräumen. Die FDP-Bundestagsfraktion

egrüßt daher ausdrücklich die fraktionsübergreifende
nitiative im Niedersächsischen Landtag, die von CDU,
PD, Grünen und FDP verabredet wurde und voraus-
ichtlich nächste Woche im Landtag verabschiedet wer-
en soll.


(Zuruf von der FDP: Sehr gut!)


rau Pothmer hat eben schon auf diese Initiative hinge-
iesen. Die vier Fraktionen stellen übereinstimmend

est, dass die Erfahrungen der Optionskommunen in
iedersachsen gezeigt haben, dass eine dezentrale Ar-
eitsmarktförderung für Langzeitarbeitslose besser auf
eren Belange eingehen kann als eine zentrale Struktur.
emeinsam fordert man in Hannover unter anderem die

ntsprechende Wahlfreiheit für die Kommunen. Die Vor-
tellungen der FDP-Bundestagsfraktion gehen zwar
och weiter, aber auch hier geht die Initiative eindeutig
n die richtige Richtung.

Der Deutsche Landkreistag erhebt diese Forderung
benfalls, und die Sozialminister der Länder haben im-
erhin eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit die-

em Thema befasst. Daher gehe ich davon aus, dass die
iedersächsische Initiative auch aus anderen Bundes-






(A) )



(B) )


Jörg Rohde
ländern Unterstützung erhält. Sicher zählen kann man
hier auf Hessen; aber auch Bayern sollte sich in dieser
Frage klar auf der Seite der Kommunen positionieren.


(Zuruf von der FDP: Richtig!)


Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. Die zu-
ständige Ministerin in der Bayerischen Staatsregierung
hat zwar vor einigen Monaten schon einmal ihre Sympa-
thie für eine Ausweitung der Anzahl der Optionskom-
munen ausgedrückt, aber hier in Berlin wurde im Bun-
desrat noch keine bayerische Initiative gestartet.


(Zuruf von der FDP: Dann müssen Sie es machen!)


Jetzt wäre ein günstiger Zeitpunkt, wenigstens auf den
fahrenden Zug aufzuspringen, werte Kollegen der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion und werte Frau Stewens.


(Zuruf von der FDP: Nicht, dass die wieder umfällt!)


Falls die Unterstützung aus Bayern vorläufig aus-
bleibt, können die Wählerinnen und Wähler im Herbst ja
noch entscheiden, ob diese zögerliche Staatsregierung
nicht doch endlich abgewählt wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der CDU/ CSU und der SPD – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Wieder zwei Prozent für Jörg Rohde!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617227500

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär

Klaus Brandner.


(Beifall bei der SPD – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Klaus, halt wieder eine gute Rede!)


K
Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1617227600


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-
gen! Wir reden über einen Teilabschnitt der größten ar-
beitsmarktpolitischen Reform, die wir in den letzten Jah-
ren durchgeführt haben. Rot-Grün hatte sich seinerzeit
zusammengefunden, um Vorschläge zu erarbeiten, wie
das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit – die größte
Herausforderung auf dem Arbeitsmarkt – gelöst werden
könnte. Bevor wir über diese Themen sprechen, möchte
ich zunächst sagen, was sich in diesem Land seit dieser
Zeit – wir haben das mit der Großen Koalition fortge-
setzt – getan hat. Wir haben in gut drei Jahren mehr als
2 Millionen Arbeitslose weniger, fast 1,3 Millionen
mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und
deutlich weniger Langzeitarbeitslose.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das, was wir in den Reden vorher gehört haben, ist
überwiegend das, was wir damals in Lagerauseinander-
setzungen erlebt haben: Wer kann es besser? Wo soll es
hin? Die einen sagen, die BA muss abgeschafft werden.

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(C (D ie Grünen haben gesagt: Um Gottes Willen, keine Opionen. Wir waren uns darüber einig, ein ganz anderes odell zu fahren. Jetzt loben viele plötzlich die Option ber alles. (Jörg Rohde [FDP]: Man lernt aus Erfahrungen, Herr Staatssekretär!)


ie CDU/CSU war damals überwiegend für die Option.

Wir haben eine Situation, wo ich nur warnen kann.
ch möchte deutlich sagen, dass man dieses so bedeu-
ende Thema angesichts der Leistung der Beschäftigten
or Ort in den Arbeitsagenturen und Arbeitsgemein-
chaften, die letztlich den Rückgang der Arbeitslosigkeit
urch ihre persönliche Arbeit entscheidend vorange-
racht haben, nicht in Misskredit ziehen sollte.


(Beifall bei der SPD)


Das ist eine wichtige Angelegenheit, weil die Men-
chen unter größten Schwierigkeiten genau diesen Er-
olg herbeigeführt haben. Alle Erfahrungen in anderen
ändern, in denen solch eine große Reform angegangen
orden ist, haben gezeigt: Man hat mindestens fünf

ahre gebraucht, bis dieses komplizierte Geflecht eini-
ermaßen so erfolgreich und effizient lief,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wir sollen dieses komplizierte Geflecht jetzt weiterführen?)


ass das Ziel, nämlich nicht nur Arbeitsmarktvermitt-
ung und Qualifizierung der Langzeitarbeitslosen, son-
ern auch das Aufgreifen individueller Problemlagen
es Einzelnen und die Unterstützung durch individuelle
ilfen, erreicht werden konnte.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Rohde [FDP]: Das kann man besser vor Ort!)


Wo denn sonst, wenn nicht vor Ort? Etwa in Berlin?
ie Menschen werden doch nicht aus den Wahlkreisen
ach Berlin bestellt, lieber Kollege Rohde, um ihnen hier
ie Hilfen zukommen zu lassen.


(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Aber hier in Berlin wäre es besonders nötig!)


Lassen Sie uns zu dem Antrag der Grünen kommen;
uf die Linke komme ich gleich zurück. Ich glaube, dass
ns allen die Organisation dieses Arbeitsfeldes am Her-
en liegt. Nun hat das Bundesverfassungsgericht, wie
on mehreren Rednern angesprochen wurde, die Ar-
eitsgemeinschaften für unvereinbar mit der Verfassung
rklärt. Es hat aber auch ausdrücklich gesagt, dass die
ntscheidung, die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe
usammenzuführen und die Leistungen aus einer Hand
nbieten zu können, richtig war und positiv zu bewerten
st.

Verfassungsgemäß ist insbesondere – das will ich be-
onen – die Verantwortung des Bundes für die Vermitt-
ung von Langzeitarbeitslosen. Das heißt im Kern: Für
ie Zusammenarbeit der Agenturen für Arbeit und der
ommunen bei der Gewährung der Grundsicherung für
rbeitsuchende müssen wir eine neue Form finden. Alle,
ie jetzt auspacken und sagen: „Hier ist diese Form!“,






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Klaus Brandner
sollten sich einmal fragen, ob sie nicht voreilig debattie-
ren; denn es sind eine Menge Aktivitäten in diesem Land
notwendig, um diese Form umzusetzen.

Bundesminister Scholz, Staatssekretär Scheele und
auch ich selbst haben dazu in den letzten Monaten un-
zählige Gespräche mit den Beteiligten im Bund, in den
Ländern und in den Kommunen sowie mit Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeitern der Arbeitsgemeinschaften ge-
führt, um genau über dieser Fragestellung zu brüten und
Vorschläge zu erarbeiten. Die Antworten auf die anste-
henden Fragen, die die Grünen zuletzt vorgetragen ha-
ben, sind – das muss ich mit Bedauern sagen – falsch.

Im Übrigen sind in dem Redebeitrag von Frau
Pothmer – ich bitte Sie, sich diesen in Erinnerung zu ru-
fen – zig Widersprüche. Sie sagt, die Kommune sitze am
Katzentisch. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wir wol-
len, dass die Kommune auf Augenhöhe an diesem Pro-
zess beteiligt ist. Von Katzentisch kann überhaupt keine
Rede sein. Wenn man ein solches Vorurteil hat und die-
ses verbreitet, dann sorgt man dafür, dass ein Teil gar
nicht mit ins Boot steigt.

Dann war von einem Rückfall in eine bürokratische
Doppelstruktur und von „rückwärtsgewandt“ die Rede.
Erstens will das keiner, und zweitens: Wie viel getrennte
Aufgabenwahrnehmung gibt es gerade in Niedersach-
sen,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also doch getrennte Aufgabenwahrnehmung!)


wobei äußerst erfolgreiche Arbeit geleistet wird? Das
heißt doch nicht, dass die Arbeit nicht gemeinsam unter
einem Dach geleistet werden kann, liebe Frau Pothmer.
Ich bitte Sie: Vermeiden Sie die voreiligen Urteile über
das, was geht, und das, was nicht geht. Damit tragen Sie
zur Verunsicherung in diesem Land bei.


(Beifall bei der SPD)


Ich will einen weiteren Widerspruch in Ihrer Aussage
deutlich machen. Auf der einen Seite sagen Sie, da solle
etwas durchgepaukt werden, auf der anderen Seite pro-
phezeien Sie, dass das sowieso nicht komme. Was ist
denn jetzt richtig? Soll etwas durchgepaukt werden?
Oder kommt es sowieso nicht?


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich sagte: Sie werden versuchen, das durchzupauken! – Jörg Rohde [FDP]: Wir hoffen, dass es nicht kommt!)


Gehen Sie sachlich an die Dinge heran, und überlegen
Sie einmal, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben.

Ich sage Ihnen, dass das Bundesverfassungsgericht
festgestellt hat, dass die Arbeitsgemeinschaften unver-
einbar mit dem Grundgesetz sind. Deshalb müssen wir
eine alternative Lösung finden. Wie Sie wissen, haben
wir dazu etwas vorgeschlagen, nämlich die Form des ko-
operativen Jobcenters. Der große Irrtum in Ihrem Antrag
besteht allein schon darin, dass sich das Bundesverfas-
sungsgericht mit den Optionskommunen überhaupt nicht

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(C (D eschäftigt. Das war zwar überhaupt kein Thema, aber hr Antrag behandelt dieses. (Zuruf der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Entschuldigung, das ist eine ganz andere Ebene, über
ie wir reden.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sagen, dass die Optionskommunen weiterbestehen sollen!)


ie wissen, dass die Optionskommunen auf der Basis ei-
er Experimentierklausel bestehen. Für diese Experi-
entierklausel haben wir eine klare gesetzliche Grund-

age, die überhaupt nicht strittig ist und die bis 2010 gilt.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen das entsprechend ändern!)


er Bundesminister hat gesagt, dass er fest davon aus-
eht – das hat er den Optionskreisen mitgeteilt –, dass
ie bis 2013 weiterbestehen werden. Dann muss die poli-
ische Entscheidung getroffen werden, nicht früher. Des-
alb ist das ein Punkt, der diese Verabredung im Koali-
ionsvertrag überhaupt nicht infrage stellt.

Ich lese in Ihrem Antrag weiter, die Anzahl der Op-
ionskommunen müsse erhöht werden. Ich habe Zweifel
das will ich hier ganz deutlich sagen –, ob dieses Vor-

aben mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist.


(Jörg Rohde [FDP]: Dann muss man die Gesetze ändern!)


Dann muss man nicht nur die Gesetze, sondern dann
uss man die Verfassung ändern, lieber Herr Rohde.
ber eine Verfassung ändert man nicht so einfach.


(Zuruf der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dazu haben Sie keinen Antrag gestellt. Ich kenne we-
er von den Grünen noch von irgendjemand anderem ei-
en Antrag zur Änderung der Verfassung. Das möchte
ch ganz deutlich sagen.

Wichtig ist zuallererst, dass man sich bewusst ist, was
as bedeutet.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen auch Ihre Genossen in Hannover!)


Wir reden hier im Bundestag, Frau Pothmer. Hören Sie
u, und wenn Sie ein Anliegen haben, dann stellen Sie
ine Zwischenfrage. Ich gehe gerne darauf ein. – Das,
as klipp und klar im Grundgesetz steht, ist der Boden,

uf dem wir unsere Arbeit hier zu leisten haben, nicht
ehr und nicht weniger. Eine solche Änderung stünde in

rassem Widerspruch zu dem, was wir vor kurzem in
iesem Hause entschieden haben, nämlich die Entflech-
ung der Verwaltungsebenen von Bund und Ländern und
ie Schaffung klarer Verantwortlichkeiten gegenüber
en Bürgerinnen und Bürgern. In der Föderalismuskom-
ission haben wir beschlossen, dass eine direkte Aufga-

enübertragung vom Bund auf die Kommunen nicht
öglich ist. Deshalb sage ich Ihnen klipp und klar: Was






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Klaus Brandner
Sie hier vorschlagen, ist schlichtweg verfassungswidrig
und deshalb so nicht machbar.

Wie ist der Sachstand bei den politischen Überlegun-
gen, die wir aufgegriffen haben? Die drei denkbaren
Modelle, die von Bund und Ländern erarbeitet worden
sind, werden geprüft und bewertet. Das erste Modell ist
das kooperative Jobcenter. Es ist zu fragen, was zu tun
ist, um eine solche Einrichtung funktionsfähig auszuge-
stalten – nicht nur untergesetzlich, sondern auch im Rah-
men gesetzlicher Regelungen. Das zweite Modell bein-
haltet die Übertragung der passiven Leistungen auf die
Kommunen in einer Form der Bundesauftragsverwal-
tung. Bei dem dritten Modell geht es um die Entwick-
lung eines Arge-Modells, wofür es allerdings einer Ver-
fassungsänderung bedürfte.

Kollege Schiewerling hat bereits gesagt, dass es unter
den Ländern derzeit keine ausreichende Mehrheit für
eine Verfassungsänderung gibt. Einige Länder beziehen
diese Möglichkeit in ihre Erwägungen ein. Aus unserer
Sicht gibt es dafür aber, wie gesagt, keine ausreichende
Mehrheit. Das, was bisher diskutiert wurde, muss daher
kritisch hinterfragt werden.

Jedenfalls aus unserer Sicht müssen Finanz- und
Durchführungsverantwortung in einer Hand bleiben.
Man kann sich kaum vorstellen, dass der Bund zwar be-
zahlt, dass aber allein auf lokaler Ebene entschieden
wird. Das ist ein Problem, über das wir nachdenken müs-
sen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die solidari-
sche Bundesfinanzierung bedingt, dass Mittel aus struk-
turschwachen und Mittel aus strukturstarken Regionen
zusammenfließen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617227700

Herr Kollege, achten Sie bitte auf Ihre Zeit.

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Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1617227800


Dieses System kann nur so lange funktionieren, wie
gewährleistet ist, dass in den strukturschwachen Regio-
nen keine besseren Standards gelten als in den struktur-
starken Regionen. Ich sage deshalb ganz deutlich: Ein
solidarisches Modell, in dem der Bund die Verantwor-
tung für die Finanzierung der Langzeitarbeitslosen be-
hält, setzt voraus, dass Bund und Länder sich darüber
verständigen müssen, wie man dem haushalterischen
Prinzip Rechnung tragen kann, dass der Bund wissen
will, wohin das Geld fließt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617227900

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

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Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1617228000


Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Für die Fraktion Die Linke spricht nun die Kollegin atja Kipping. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das undesverfassungsgericht hat uns in seinem Urteil eine rist bis Ende 2010 eingeräumt. Wir wären schlecht beaten, wenn wir diese Frist vollständig ausschöpften; enn es häufen sich Berichte, wonach die Unsicherheit ei den Beschäftigten der Argen zunimmt, einzelne Mitrbeiter abgeworben werden oder sich verstärkt nach euen Jobs umsehen. Ein solches Klima ist nicht wirkich gut für die Qualität der Beratung. (Andrea Nahles [SPD]: Das sollten Sie dem Bundesverfassungsgericht einmal mitteilen!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617228100

(Beifall bei der LINKEN)

Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617228200

nsofern wären wir wirklich gut beraten, möglichst bald
ine Lösung zu finden. Das wäre sowohl im Sinne der
eschäftigten der Argen als auch im Sinne der Erwerbs-

osen.


(Beifall bei der LINKEN – Andrea Nahles [SPD]: Richtig! Das wissen wir!)


Aktuell gibt es eine Art Tauziehen zwischen denjeni-
en, die Kommunalisierung wollen, und denjenigen, die
ie Bundesagentur für Arbeit stärken wollen. Der Antrag
er Grünen versucht, das Tauziehen eher zugunsten der
ommunalisierung zu entscheiden. Im Namen der Lin-
en kann ich dazu nur sagen, dass Erwerbslosigkeit ein
esamtgesellschaftliches Problem ist, das man nicht ein-
ach auf die Kommunen abwälzen kann. Diesbezüglich
tehen wir als Bund in der Pflicht.


(Beifall bei der LINKEN – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht genau so im Antrag!)


In Ihrem Antrag steht, dass Sie die Anzahl der Op-
ionskommunen erhöhen wollen. Das ist natürlich im
inne einer Kommunalisierung.

Wir haben die möglichen Konsequenzen aus dem
undesverfassungsgerichtsurteil mit vielen lokalen Ak-

euren diskutiert. Man hat immer wieder den Eindruck
ewonnen, dass die Entscheidung zwischen der real
xistierenden Optionskommune und der real existieren-
en Bundesagentur für viele wie eine Wahl zwischen
cylla und Charybdis war. Wenn wir eine Stärkung der
undeskompetenz wollen, dann muss sich die Bundes-
gentur zuallererst wieder darauf besinnen, dass sie vor
llem einen sozialpolitischen Auftrag hat. Diesem so-
ialpolitischen Auftrag muss sie sich wieder verstärkt
tellen.


(Beifall bei der LINKEN)


Doch ganz unabhängig davon, wer das Tauziehen ge-
innt: Entscheidend ist, dass die Qualität der Beratung
erbessert wird. Der Umgang mit Anspruchsberechtig-
en ist immer noch viel zu oft von dem Geist oder zu-
indest der unterschwelligen Einstellung geprägt, man






(A) )



(B) )


Katja Kipping
habe es mit Untertanen zu tun, die zu erziehen und zu
belehren sind.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt kein Beitrag zur Struktur, Frau Kipping!)


Eine moderne Sozialpolitik sollte stattdessen von dem
Bewusstsein geprägt sein, dass auf beiden Seiten des Ti-
sches Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind und dass
es sich auch auf der anderen Seite des Tisches um Men-
schen mit Rechten handelt.


(Beifall bei der LINKEN)


Es liegt einiges im Argen, was die Beratungsqualität
sowohl in den Argen als auch in den Optionskommunen
anbelangt.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bestreitet niemand!)


Wenn wir als Linke dieses Problem ansprechen, wird uns
immer vorgeworfen, wir seien Miesmacher. Deshalb
möchte ich an dieser Stelle einfach einmal aus dem Be-
richt des Bundesrechnungshofs zitieren. Darin heißt es:
Bei zwei Dritteln der 1-Euro-Jobs war mindestens eine
Fördervoraussetzung nicht erfüllt. – Kurzum: Es muss
da noch einiges verbessert werden. Wir als Linke haben
hier bereits vor einigen Monaten einen entsprechenden
Antrag eingebracht und ganz konkrete Maßnahmen vor-
geschlagen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben jetzt keinen Beitrag geleistet! Was wollen Sie denn?)


Wir sind aufgefordert, uns schnell darüber zu verständi-
gen, wie die zukünftige Struktur aussehen soll.

Ich möchte aber schon an dieser Stelle einen ganz
konkreten Vorschlag unterbreiten. Liebe Sozialdemokra-
ten, liebe Christdemokraten,


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Oh nein!)


geben Sie sich bitte einen Ruck


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Wir haben einen Ruck!)


und ermöglichen Sie, dass Widersprüche aufschiebende
Wirkung haben! Bereits jetzt wird jedem dritten Wider-
spruch in Gänze stattgegeben. Die Ungewissheit, die
hinsichtlich der Strukturen besteht, wird die Fehlerquote
nicht senken. Im Gegenteil: Sie wird die Fehlerquote
womöglich erhöhen. Auch wenn wir eine Zeit der Um-
stellung haben, wird es Unsicherheiten geben, die die
Fehlerquote wiederum eher erhöhen werden.

Dieses Problem, das auch durch die Unsicherheit in
den Strukturen verursacht worden ist, dürfen wir nicht
auf dem Rücken der Erwerbslosen oder der Armen aus-
tragen;


(Beifall bei der LINKEN)


schließlich reden wir hier von Menschen – damit komme
ich zum Schluss –, bei denen falsche Bescheide sehr

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(C (D chnell zu existenziellen Problemen führen. Das Mineste, was wir jetzt tun können, ist, dafür zu sorgen, dass idersprüche eine aufschiebende Wirkung haben. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/9441 an die in der Tagesordnung aufge ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesministergesetzes – Drucksache 16/5052 – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 16/9759 – Berichterstattung: Abgeordnete Ralf Göbel Siegmund Ehrmann Dr. Max Stadler Petra Pau Silke Stokar von Neuforn – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung – Drucksache 16/9781 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Michael Luther Bettina Hagedorn Otto Fricke Roland Claus Alexander Bonde Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu dieem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu nehmen. – Ich ehe, Sie sind damit einverstanden. Es handelt sich um ie Reden folgender Kolleginnen und Kollegen: Ralf öbel für die Unionsfraktion, Siegmund Ehrmann für ie SPD-Fraktion, Dr. Max Stadler für die FDP-Frakion, Volker Schneider ie Linke und Silke Stokar von Neuforn für die Fraktion ündnis 90/Die Grünen.1)


(Beifall bei der LINKEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617228300


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617228400

Wir kommen zur Abstimmung. Der Innenausschuss

mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
ache 16/9759, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
uf Drucksache 16/5052 in der Ausschussfassung anzu-
ehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in

Anlage 3






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion ge-
gen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei Enthaltung
der FDP-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich enthalten? –
Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke
bei Enthaltung der FDP-Fraktion und der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 15:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Elke
Hoff, Dr. Werner Hoyer, Jens Ackermann, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Mehr deutsche und internationale Unterstüt-
zung für den Wiederaufbauprozess im Irak

– Drucksache 16/9605 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre
dazu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Für die FDP-Fraktion hat
nun die Kollegin Elke Hoff das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1617228500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Wir haben in der vergangenen Sitzungs-
woche eine sehr intensive und umfassende Debatte zum
Thema „Hilfe für irakische Flüchtlinge in der Bundesre-
publik Deutschland“ geführt. Wir alle gemeinsam sind
im Grunde genommen der Auffassung gewesen, dass es
sehr notwendig ist, den bedrängten Menschen im Irak zu
helfen.

Wir von der FDP-Fraktion sind darüber hinaus der
Auffassung, dass wir noch einen weiteren Schritt gehen
sollten und weitere gemeinsame Anstrengungen der
Bundesregierung und des Parlamentes auf den Weg brin-
gen sollten, um die Menschen im Irak umfassend beim
Wiederaufbau ihres zerstörten Landes zu unterstützen
und ihnen vor allen Dingen auch dabei behilflich zu sein,
demokratische Strukturen im Irak nachhaltig zu veran-
kern.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist richtig!)


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(C (D Wir können vor dem Hintergrund der Spannungen wischen den verschiedenen Ethnien und Religionen, ie im Nachgang zur Intervention der US-amerikanichen Streitkräfte und der Koalitionstruppen erneut zum usbruch gekommen sind, feststellen, dass einer der ichtigsten Punkte im Irak die nationale Versöhnung ist. s handelt sich dabei um einen sehr komplexen Vorgang, er an den Grenzen des Iraks nicht haltmachen darf. Wir on der FDP-Fraktion sind zutiefst davon überzeugt, ass eine Stabilisierung des Iraks auch im nationalen Ineresse der Bundesrepublik Deutschland liegt. Der Krisenherd Irak liegt unmittelbar vor der Haustür er NATO; das NATO-Vollmitglied Türkei ist unmittelarer Nachbar. Der Konfliktherd liegt damit auch vor nserer Haustür. Wir können uns diesem nicht entziehen. ir müssen deshalb einen Weg finden, die positive Enticklung im Land zu begleiten. Wir wissen, dass es in er Vergangenheit schlimme Entwicklungen gegeben at. Wir haben über die Ursachen schon sehr umfassend nd hinreichend diskutiert. Wir sind der Meinung, dass s nun an der Zeit ist, den Blick nach vorne zu richten, tatt ihn nach hinten zu wenden. Deswegen schlagen wir n unserem Antrag eine Reihe von Maßnahmen vor, die nsbesondere auf die Stabilisierung bzw. den Aufbau der nstitutionen und der zivilgesellschaftlichen Strukturen bzielen. Wir wollen natürlich nicht, dass sich die Bundesrepulik Deutschland in irgendeiner Form an militärischen ktionen beteiligt. Wir wollen auch keine riesigen finan iellen Entwicklungsmaßnahmen auf den Weg bringen, eil die finanzielle Situation des Iraks im Vergleich zu er in Afghanistan relativ gut ist. Wir sind hierbei der uffassung, dass der jetzige Zeitpunkt richtig ist. Anders ls in Afghanistan, wo sich die internationale Gemeinchaft aufgrund des vollständigen Fehlens von staatlihen Strukturen noch sehr lange wird engagieren müsen, können im Irak noch heute gewisse Grundstrukturen on Staatlichkeit wahrgenommen werden; diese müssen ir unterstützen. Jedes Jahr, das vergeht und in dem wir icht versuchen, diese Stabilisierung herbeizuführen, ringt einen immer stärkeren Verlust dieser Strukturen it sich. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


Deswegen sind wir trotz der nach wie vor sehr
chwierigen Sicherheitslage der Auffassung, dass jetzt
er Zeitpunkt gekommen ist, Maßnahmen zu ergreifen.
ir fordern daher die Bundesregierung auf, sich durch

igene Regierungsvertreter vor Ort ein Bild zu machen
nd daraus eine Konzeption zu entwickeln – die sie dem
eutschen Bundestag vorzulegen hat –, wie ein Aufbau
er Institutionen begleitet werden kann. Es wird dabei
ehr wichtig sein, dass auch die Kontakte zwischen den
arlamenten mit Leben erfüllt und entwickelt werden,
amit wir unsere irakischen Kolleginnen und Kollegen
ei der schwierigen Arbeit unterstützen können, die
ahrnehmbarkeit des Parlamentes zu verbessern.

Wir als föderal aufgebautes Land können sicherlich
uch einen Beitrag zur sinnvollen Entwicklung von Re-
ionen leisten. Wir können einerseits dazu beitragen, die






(A) )



(B) )


Elke Hoff
Wahrnehmbarkeit der Strukturen der Zentralregierung zu
verbessern, und andererseits klarmachen, dass Autono-
mie in bestimmten Bereichen verhindert, dass den Leu-
ten Konflikte, die ihre Ursache in den Schwierigkeiten
bei der Bildung der Zentralregierung haben, aufoktroy-
iert werden, und darüber hinaus die Möglichkeit bietet,
Inseln der Entwicklung zu schaffen. Hier können wir si-
cherlich eine Reihe von wertvollen Anregungen geben.

Wir sind allerdings auch der Auffassung, dass andere
Bereiche ebenso wichtig sind. Aufgrund des Ausblutens
von Kapazitäten durch diese große Flüchtlingsbewegung
und des Fehlens von Fachleuten, Ärzten, Ingenieuren,
Lehrern und Wissenschaftlern, sollten wir irakischen
Studentinnen und Studenten die Möglichkeit geben, eine
Ausbildung in Deutschland zu machen. Sie können da-
nach nach Hause zurückkehren und dazu beitragen, ihr
Land wieder aufzubauen.

Wir sind auch der Auffassung – insbesondere nach ei-
nem Besuch einer Gruppe irakischer Journalisten, die
ihre wichtige Aufgabe unter größter Lebensgefahr erfül-
len –, dass es wichtig ist, unsere Solidarität zu bekunden,
indem wir den Kontakt zu Journalistinnen und Journalis-
ten pflegen, mit ihnen kommunizieren und ihnen behilf-
lich sind, ihre Arbeit in Sicherheit verrichten zu können.


(Zuruf von der FDP: Ganz wichtig!)


Wir müssen sie dazu ermutigen, den Prozess der Demo-
kratisierung im eigenen Land weiterhin zu begleiten.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass es
spät ist. Ich weiß auch, dass ein Fußballspiel im Rahmen
der Europameisterschaft vor der Tür steht. Das kann
aber kein Grund dafür sein, dass wir uns als Parlament,
als Vertreter einer funktionierenden Demokratie diesem
Thema nicht mit aller Ernsthaftigkeit und Hingabe zu-
wenden.


(Beifall der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das fand ich jetzt spitze! Ich hoffe, Sie bleiben bis zum Schluss heute Abend, bis 23 Uhr! Das werden wir ganz genau beobachten!)


Ich hoffe sehr, dass Sie unseren Antrag unterstützen.

Ich darf mich ganz herzlich für die Aufmerksamkeit
bedanken.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617228600

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Erich

Fritz das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1617228700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Unstrittig ist, dass die Sicherheitslage im Irak nach wie
vor sehr kritisch ist – deshalb ist der Antrag der FDP dis-
kussionswürdig –, dass der Wiederaufbau des Landes

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(C (D icht so vorankommt, wie wir alle das gerne hätten, und ass sich deshalb aller Aufwand lohnt, zur Stabilisierung es Landes beizutragen. Durch einen kurzen Blick auf die Lage im Irak wissen ir, dass wir der Realität in diesem Land nicht gerecht erden. Vielmehr müssen die innere Struktur, die inne en Machtverhältnisse, die Einflüsse von außen, die Beeutungen der nach wie vor vorhandenen alliierten Trupen und die unterschiedlichen religiösen und kulturellen inflüsse berücksichtigt werden. Das alles sind Fakto en, die zwar geradezu herausfordern, sich diesem Land u widmen und Lösungen zu finden, die gleichzeitig ber auch dazu beitragen, dass die Umstände nach wie or problematisch sind. Ich glaube, dass wir diese Debatte nutzen sollten, um u zeigen, dass die Bundesrepublik Deutschland schon mfangreich Hilfe leistet und dass wir diese Hilfe beibealten wollen. Es ist aber sehr genau zu überlegen, welhe weitere, stärkere Unterstützung wir gewähren. Unser Schwerpunkt liegt in der Ausbildung irakischer icherheitskräfte. Dieser Aufgabe müssen wir uns wei erhin widmen, weil sie von uns besonders gut erfüllt erden kann. Die Herstellung der Sicherheit, der Stabili ät staatlicher Strukturen und der Verlässlichkeit von taatlichen Einrichtungen ist eine ganz wesentliche Aufabe, unabhängig vom Bevölkerungsteil. Deutschland leistet nach wie vor Ausbildungsund usstattungshilfe für die irakischen Streitkräfte im Sani äts-, Transportund Baupionierwesen; auch da untertützen wir an der richtigen Stelle. Es gibt weitere Ausildungskurse in Führung und Logistik. Anfang 2008 ab es weitere Materiallieferungen und Ausbildungshilen durch das BMVg. Hinzu kommen Ausbildungsund usstattungshilfe für die irakische Polizei. Wir haben im ereich „Kriminalpolizei, Strafjustiz und -vollzug“ ausebildet. Die Mission ist gerade bis Juli 2009 verlängert orden. Durch Mittel des Auswärtigen Amtes wird benfalls Ausbildung im Bereich „irakische Streitund olizeikräfte“ ermöglicht. Wir wissen, dass die humanitäre Situation im Land ach wie vor nicht sehr gut ist. Deshalb tritt die CDU/ SU-Bundestagsfraktion für eine humanitäre Flücht ingspolitik ein. Wir unterstützen die Bemühungen der U-Minister, die sich erst Anfang Juni für eine europaeite Lösung ausgesprochen haben. Wir stimmen Ihnen u, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass as Merkmal für eine Aufnahme die Schwere der indiviuellen Bedrohung sein muss. Wer am schlimmsten beroht ist, bekommt als Erster Hilfe. Das sind, wie wir issen, de facto ganz überwiegend Christen, die im Irak ie mit Abstand größte nichtmuslimische Minderheit tellen. Auch alleinstehende Frauen und Kinder sind eine ichtige Gruppe. 1,2 Millionen Christen machten 2003 ine starke Gruppe aus; jetzt sind es noch 400 000, die m Land sind. Viele Familien sind nach Jordanien oder yrien geflüchtet oder vertrieben worden. Viele Fami ien dort sind nicht in der Lage, für ihren Erwerb aufzu Erich G. Fritz kommen, sodass häufig die Kinder arbeiten müssen. Nach UNHCR-Schätzungen besuchen nur 25 Prozent dieser Flüchtlingskinder Schulen. Ich glaube, das ist ein Punkt, an dem wir unsere Hilfe verstärken sollten; denn es geht unmittelbar um Menschen. Um die Interessen dieser religiösen Minderheiten – es geht auch um die Jesiden, Mandäer, Sabäer – und um die Situation der unterschiedlichen muslimischen Minderheiten müssen wir uns kümmern. Von einem zurückhaltenden Engagement Deutschlands beim Wiederaufbau des Irak, von dem im FDPAntrag die Rede ist, kann also keine Rede sein. Seit 2003 hat Deutschland den Wiederaufbau im Irak mit fast 5 Milliarden Euro unterstützt. (Gudrun Kopp [FDP]: Wie bitte? Eher 4 Milliarden Euro an Schulden erlassen!)


(Beifall des Abg. Thomas Bareiß [CDU/CSU])





(A) )


(B) )


– Ja. – Allein im Jahr 2007 hat die Bundesregierung
4,2 Millionen Euro aus Mitteln des Auswärtigen Amtes
für Hilfsmaßnahmen für Flüchtlinge zur Verfügung ge-
stellt. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten
Nationen hat 2 Millionen Euro für die Versorgung von
Binnenvertriebenen und von Irak-Flüchtlingen in Syrien
und Jordanien bekommen. 1,5 Millionen Euro gingen an
das Internationale Rote Kreuz, 205 000 Euro an das
Deutsche Rote Kreuz.

10 Millionen US-Dollar stellte die Bundesregierung
dem im August 2006 beigetretenen Internationalen Wie-
deraufbaufonds für den Irak zur Verfügung; diese Mittel
werden überwiegend für die Berufsausbildung einge-
setzt. Dieser Fonds bleibt bestehen, bis sämtliche Pro-
jekte beendet sind.

Über GTZ- und InWEnt-Projekte werden die für die
Berufsausbildung zuständigen irakischen Institutionen
und Ministerien unterstützt. In Ägypten und Deutsch-
land haben wir darüber hinaus irakische Fach- und Lehr-
kräfte aus dem Bereich der beruflichen Bildung qualifi-
ziert, die mit ihren erworbenen Kenntnissen einen
Beitrag zum zivilen Wiederaufbau im Irak leisten kön-
nen. Wir agieren also in einer Weise, die dadurch ge-
kennzeichnet ist, dass wir uns nicht exponieren, sondern
einen wirkungsvollen Beitrag zur Entwicklung innerer
Strukturen und innerer Stabilität leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In Ägypten wurden im Rahmen eines GTZ-Projekts
bis Ende April 2008 insgesamt 875 Iraker ausgebildet.
Geplant ist, dieses Projekt bis 2011 fortzusetzen; das ist
durchaus eine langfristige Perspektive. Wir unterstützen
das Land bei der wirtschaftlichen Transformation zu ei-
nem marktwirtschaftlichen System, beispielsweise im
Bereich der Investitionsförderung durch Projekte wie
„Wirtschaftspolitisches Management im Irak“. Wir un-
terstützen das Land darüber hinaus im Bereich der Uni-
versitäten und der Infrastruktur. Diese Aufzählung
könnte man fortsetzen.

Ich glaube, dass wir sehr gut daran tun, uns jetzt stär-
ker darauf zu konzentrieren, dort, wo sich die Situation
verbessert, den wirtschaftlichen Austausch zu fördern.
Noch befindet sich der Handel mit dem Irak auf einem

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(C (D ehr niedrigen Niveau; er bewegt sich so gut wie gar icht. Mittlerweile ist klar, dass die Deutsch-Irakische irtschaftskommission – sie unterbrach lange Zeit ihre rbeit – wieder tagen wird. Dass davon Impulse ausgeen, kann man nur hoffen. Die Bundesregierung hat durch die Ausweitung des ußenwirtschaftsförderungsinstrumentariums – Stichort „Hermesdeckung“ – bereits einige Schritte unterommen. Ein Doppelbesteuerungsabkommen befindet ich in der Pipeline. Ich glaube, dass das Ölund Gasahmengesetz für deutsche Investoren, die aufgrund iher traditionellen Beziehungen in den Startlöchern steen, eine wichtige Rolle spielen wird. Sobald sich die ituation verbessert, wird die Zusammenarbeit intensier werden. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Man braucht mehr Zusammenarbeit, damit die Situation besser wird! Umgekehrt wird ein Schuh draus!)


Wir alle tun gut daran, die Iraker zu ermuntern, das
eue irakische Investitionsgesetz zu verabschieden und
inen transparenten Privatisierungs- und Diversifizie-
ungsweg zu gehen. Das ist die Art von Hilfe, die zum
igenen Wiederaufbau und zur Entwicklung einer eige-
en Wirtschaftsstruktur führt.

Bundeskanzlerin Merkel wird beim Besuch des iraki-
chen Ministerpräsidenten in Berlin im Juli sowie bei al-
en weiteren Gesprächen auf internationaler Ebene
eutschlands Unterstützung für den irakischen Demo-
ratisierungsprozess zusagen und gleichzeitig deutlich
achen, wie unerlässlich die Verbesserung der Sicher-

eitslage und eine nationale Versöhnung für den nach-
altigen Wiederaufbau des Staates sind.

Ich glaube, dass die Bundesrepublik Deutschland ih-
er Verantwortung, was die Verbesserung der Situation
m Irak betrifft, mehr als gerecht wird und dass wir auf
em jetzt eingeschlagenen Weg weitermachen sollten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Elke Hoff [FDP]: Einfach mal hinfahren!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617228800

Für die Fraktion Die Linke spricht nun der Kollege

olfgang Gehrcke.


(Beifall bei der LINKEN)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617228900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
an kann seriöserweise über die Lage im Irak nicht dis-

utieren, ohne tatsächlich einen Blick zurückzuwerfen,
nd zwar nicht deswegen, weil man sich beim Rück-
ärtsgewandten aufhalten sollte, sondern weil die Ver-
angenheit eigentlich die Gegenwart im Irak ist. Um
iese Tatsache kann man nicht drum herumreden. Wenn
an zurückblickt, muss man ganz nüchtern feststellen:
er Krieg gegen den Irak war wohl die schlimmste Fehl-

ntscheidung des US-Präsidenten Bush.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Wolfgang Gehrcke
Ich will hinzufügen: Es war ein völkerrechtswidriges
Verbrechen.


(Beifall bei der LINKEN)


Das muss im Bundestag einmal ausgesprochen werden,
und das, Kollegin Hoff, muss man einmal in einen An-
trag hineinschreiben.

Die Folgen erlebt die Bevölkerung im Irak heute.
100 000 Menschen sind bislang während des Krieges
oder in der Folgezeit gestorben. Es gibt 4 Millionen
Flüchtlinge. Die Vernichtung von Kultur und Kulturgü-
tern wie Jahrtausende alte Städte und Raub von Kultur-
gütern sind Folgen des Krieges. Das ist die Bilanz.

Am meisten erschreckt hat mich aber eine Äußerung
von Bush und Condoleezza Rice, sie hätten im Irak das
Gesicht des neuen Nahen Ostens gesehen.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Gott bewahre uns davor!)


Wenn man in das Gesicht des heutigen Irak schaut, dann
sieht man Gewalt, Tod, Anarchie und Widersprüche. Wir
müssen auch hier klarmachen: Das darf nicht das Ge-
sicht des neuen Nahen Ostens werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen zumindest nicht dazu beitragen.

Man muss sich auch noch einmal in Erinnerung rufen,
wie unverschämt die USA die Weltöffentlichkeit belo-
gen haben. Ich habe die Bilder von Colin Powell vor
dem Weltsicherheitsrat noch vor Augen. Eine Welt-
macht, die die Welt in dieser dreisten Art und Weise be-
lügt, hat ihre Rolle als Weltmacht verspielt.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Wenn ich mich richtig an Ihre Vergangenheit erinnere, haben Sie als DKP-Funktionär den Schießbefehl verteidigt!)


Auch das muss man einmal klar sagen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn man ernsthaft über einen neuen Ansatz disku-
tiert, dann muss man auch ein paar Worte zur Rolle
Deutschlands sagen. Ich finde, es ist alles in allem eine
beschämende Rolle. Wenn es nach der heutigen Bundes-
kanzlerin gegangen wäre, dann hätte Deutschland Solda-
ten in den Irak geschickt.


(Beifall bei der LINKEN – Erich G. Fritz [CDU/ CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


Das ist belegbar. Sie müssen sich das einmal klarma-
chen. Ich fand es auch beschämend, dass die rot-grüne
Bundesregierung den USA Überflugrechte gewährt hat
und ihnen damit die Gelegenheit gegeben hat, diesen
Krieg zu führen.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch das gehört zur Bilanz.

Meine Schlussfolgerung ist: Wenn man wirklich Ver-
änderungen will – Kollegin Hoff, ich denke, dass man
das hier aussprechen muss –, dann muss man feststellen,

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(C (D ass es ohne einen Abzug der Truppen der USA aus dem rak keinen zivilen Wiederaufbau geben wird. as ist der entscheidende Punkt. Wir können die USA auffordern, ihre Truppen abzuiehen. Nicht nur von außen, sondern im amerikanischen räsidentschaftswahlkampf selbst wird dies als eines der entralen Themen diskutiert. Lassen Sie uns das verstären. Der Deutsche Bundestag sollte die USA auffordern, hre Truppen möglichst sofort aus dem Irak abzuziehen, amit ein ziviler Aufbau greifen kann. Da wir schon bei Ratschlägen sind, sage ich Folgenes an unsere eigene Adresse: Die Flüchtlingsfrage ist ben nicht geklärt. (Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Richtig!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


ollege Fritz hat hier dafür plädiert, Flüchtlinge religiös
rientiert aufzunehmen. Ich finde, es ist eine Katastro-
he,


(Beifall bei der LINKEN)


enn man sagt, die muslimischen Flüchtlinge sollen
ach Syrien gehen und wir sollen die Christen aufneh-
en. Was machen denn die Atheisten im Irak?


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Ja, wohin?)


Das weiß ich nicht; aber das ist ja auch nicht die
auptgruppe.


(Elke Hoff [FDP]: Machen Sie doch einmal einen konstruktiven Vorschlag, Herr Kollege! – Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Da haben Sie nicht genau zugehört!)


ch bin für die Aufnahme von Flüchtlingen unabhängig
on ihrer religiösen Zugehörigkeit.


(Beifall bei der LINKEN)


Vieles von dem, was Sie vernünftigerweise in Ihren
ntrag geschrieben haben, kann greifen, wenn von den
SA endlich das Zeichen kommt, dass man dem Irak ein
tück Selbstbestimmung gewährt. Dann können wirt-
chaftliche Maßnahmen, humanitäre Hilfe und all das,
as man leisten muss, greifen. Solange die US-Truppen

m Irak sind – fünf oder zehn Jahre oder was weiß ich –,
ird das Morden, das Töten in diesem Land kein Ende
aben. Das ist leider wahr, und das hat die Vergangenheit
elegt.


(Beifall bei der LINKEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie haben gar nicht den moralischen Anspruch mit Ihrer politischen Vergangenheit!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617229000

Den Beitrag des Kollegen Niels Annen für die SPD-

raktion nehmen wir zu Protokoll.1)

Anlage 4






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
Das Wort hat der Kollege Winfried Nachtwei für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617229100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich begrüße ausdrücklich, dass Kollegin Elke Hoff für
die FDP dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht
hat. In der Tat, die Entwicklung im Irak ist von eminen-
ter Bedeutung für die europäische Sicherheit. Wir müs-
sen uns viel stärker mit der Frage auseinandersetzen,
was wir zur Stabilisierung dieses äußerst schwierigen
Konfliktherdes beitragen können. Genau aus diesem
Grunde waren Claudia Roth und ich vor ungefähr einem
Jahr im Nordirak. Wir sind auf die Spuren des Terrors
des Saddam-Hussein-Regimes gestoßen. Wir sind aber
auch auf eine Insel relativer Stabilität in einem Umfeld
wahnsinniger Gewalt gestoßen; hierzulande werden der
Nordirak und die kurdischen Teile ja oft mit dem gesam-
ten Irak zusammengeworfen.

Im vorliegenden Antrag steht folgende Bemerkung:

Die Zeit der kritischen Betrachtung der militäri-
schen Intervention sollte heute auch angesichts des
unendlichen Leids innerhalb der irakischen Zivilbe-
völkerung der Vergangenheit angehören.

Es ist ja einerseits richtig, dass man nicht einfach nur
in die Vergangenheit schaut und darüber Gegenwart und
Zukunft vergisst. Aber andererseits hoffe ich, dass ihr es
so nicht meint. Einen Schlussstrich kann es nicht geben,
weil die Lehren aus diesem Beispiel einer ideologischen,
verantwortungslosen und verheerenden Interventionspo-
litik in der Tat noch längst nicht zureichend gezogen
sind. Deshalb Blick nach vorn, aber ohne Schlussstrich!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unumgänglich ist auch – dazu kann ich natürlich in
vier Minuten fast gar nichts sagen; ich deute es nur an –
eine kritische Auseinandersetzung mit der jetzigen US-
Politik. Zu Recht wird im Antrag betont, wie vordring-
lich die innerirakische Versöhnung ist. Dass die USA ge-
rade langfristige Stationierungsabkommen mit der iraki-
schen Regierung ausgehandelt haben und weitreichende
Verträge mit Ölfirmen abgeschlossen werden, wobei es
innerirakisch noch gar keinen Konsens dazu gibt, steht
im Gegensatz zu der notwendigen innerirakischen Ver-
söhnung.

Nun zu den konstruktiven Ansätzen. Zum einen
kommt es darauf an, die Vereinten Nationen, die nach
dem fürchterlichen Anschlag vom August 2003 prak-
tisch hinausgeflogen sind, wieder stärker darin zu unter-
stützen, eine größere Rolle zu spielen. Die Europäische
Union kann eine Rolle spielen, und sie wird das wohl
auch tun müssen, spätestens nach der Wahl in den USA.

Was zum anderen die militärische und die polizeiliche
Ausbildungshilfe angeht: Es ist zwar richtig, was da ge-
macht wird. Aber ich glaube, viel mehr ist aufgrund der
Kapazitäten nicht möglich. Dies ist allerdings wieder ein
Hinweis darauf, dass unsere Kapazitäten für die strate-
gisch wichtige Aufgabe, zur Stabilisierung im Inland
beizutragen, noch viel zu schwach sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Eine zentrale Rolle spielt einerseits natürlich insbeondere die Flüchtlingshilfe. In der Tat, bereits am . Juni haben wir hier eine Debatte über einen diesbeüglichen Antrag der Grünen geführt. Da sind unsere ositionen im Grunde deckungsgleich. Leider ist dieser ntrag abgelehnt worden. Andererseits sind jetzt auch eiträge zur Stabilisierung möglich. Gerade die bessere icherheitslage im Norden bietet mehr Spielräume, den irtschaftlichen Aufbau und die Zivilgesellschaft zu förern. Die genannten Maßnahmen wie Journalistenausildung, Studierendenaustausch und Parlamentarierausausch sind ausgesprochen sinnvoll. Wir haben mit arlamentariern gesprochen und wissen, dass es ausgeeichnete Gesprächsund Austauschmöglichkeiten gibt. m vorigen Jahr war das deutsche Engagement im Noren des Irak noch ausgesprochen gering. Mittlerweile at die Bundesregierung immerhin ein Verbindungsbüro n Erbil aufgebaut. Dazu, wie sich das Irak-Engagement er Bundesrepublik in Zukunft gestalten soll, haben wir on der Bundesregierung aber noch nichts gehört. Desalb ist es richtig, ein Konzept einzufordern. Es ist notwendig und absehbar: In Zukunft wird sich er Deutsche Bundestag verstärkt um die Stabilisierung es Irak, um Aufbauhilfen kümmern müssen. Und das ird er auch tun. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617229200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/9605 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 a bis 16 c auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu dem An-
trag der Abgeordneten Michaela Noll, Antje
Blumenthal, Thomas Bareiß, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der
Abgeordneten Angelika Graf (Rosenheim),
Renate Gradistanac, Kerstin Griese, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der SPD

Wirksame Bekämpfung der Genitalverstüm-
melung von Mädchen und Frauen

– Drucksachen 16/9420, 16/9694 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Michaela Noll
Angelika Graf (Rosenheim)

Sibylle Laurischk
Diana Golze
Irmingard Schewe-Gerigk






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard
Schewe-Gerigk, Marieluise Beck (Bremen),
Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mädchen und Frauen vor Genitalverstüm-
melung schützen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Sibylle
Laurischk, Dr. Karl Addicks, Burkhardt
Müller-Sönksen, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Genitalverstümmelung von Mädchen und
Frauen ächten und bekämpfen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten
Tackmann, Monika Knoche, Sevim Dağdelen,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Weibliche Genitalverstümmelung verhin-
dern – Menschenrechte durchsetzen

– Drucksachen 16/3542, 16/3842, 16/4152,
16/8657 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Michaela Noll
Angelika Graf (Rosenheim)

Sibylle Laurischk
Jörn Wunderlich
Irmingard Schewe-Gerigk

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Michaela
Noll, Antje Blumenthal, Thomas Bareiß, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU sowie der Abgeordneten Renate
Gradistanac, Clemens Bollen, Angelika Graf

(Rosenheim), weiterer Abgeordneter und der

Fraktion der SPD

Häusliche Gewalt gegen Frauen konsequent
weiter bekämpfen

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung

Aktionsplan II der Bundesregierung zur Be-
kämpfung von Gewalt gegen Frauen

– Drucksachen 16/6429, 16/6584, 16/9367 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Michaela Noll
Renate Gradistanac
Ina Lenke
Jörn Wunderlich
Irmingard Schewe-Gerigk

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Michaela Noll für die Unionsfraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! er gefährlichste Ort für Frauen in Deutschland ist nach ie vor ihr Zuhause. Dort werden Frauen bedroht, zum eil geschlagen, zum Teil beleidigt und im schlimmsten all sogar getötet. Genau das habe ich schon vor einem ahr an dieser Stelle gesagt. Ich muss leider feststellen: is heute hat sich wenig geändert. Da wir in Berlin sind, habe ich mir die Zahlen vom uni 2008 für Berlin angesehen. Für Berlin gilt genau das leiche: Jede vierte Frau in Berlin leidet unter häuslicher ewalt und braucht im Durchschnitt sieben Anläufe, um ich von ihrem schlagenden Ehemann zu trennen. 5 Prozent der Opfer haben Scheu, sich irgendjemandem nzuvertrauen, sich zu offenbaren. Ich hoffe, dass es uns elingt, diesen Frauen ihre Scheu zu nehmen. Sie müsen wissen, dass sie mit ihren Ängsten und Problemen icht allein sind. Es darf keine Toleranz für Gewalt in en eigenen vier Wänden geben. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1617229300

äusliche Gewalt ist keine Privatsache und muss recht-
ich verfolgt werden.

Auf das Thema Genitalverstümmelung wird gleich
eine Kollegin Sibylle Pfeiffer eingehen. Unseren An-

rag zur häuslichen Gewalt habe ich bereits beim letzten
al vorgestellt. Da die sichere Finanzierung von Frau-

nhäusern eine unserer Baustellen ist, war ich sehr froh
arüber, dass wir uns heute auf Berichterstatterebene zu-
ammengesetzt haben, um eine Lösung für dieses Pro-
lem zu finden.

Da ich Mitglied der Kinderkommission bin, möchte
ch heute ein Thema ansprechen, das mir besonders am
erzen liegt: die alarmierend hohe Zahl minderjähriger
pfer. Gewalt trifft die Mütter und damit meistens auch
ie Kinder. Viele Opfer sagen uns: Die Kinder haben die
ewaltsituation gesehen und gehört; zum Teil sind sie

uch hineingeraten. Denn nicht wenige Kinder versu-
hen, sich schützend vor ihre Mütter zu stellen. Jedes
ehnte Kind wird dabei tätlich angegriffen.

Was bedeutet es für ein Kind, wenn es so etwas miter-
eben muss? Ich glaube, für viele Kinder bricht eine Welt
usammen. Der Vater, den sie lieben, wird zum schla-
enden Vater, zum verletzenden Vater. Deshalb bin ich
ankbar dafür, dass die Bundesregierung den neuen An-
atz der verstärkten Täterarbeit in den Mittelpunkt rückt
nd diese Arbeit für wichtig und richtig hält. Welche
olgen hat diese Erfahrung für die Kinder? Es gibt eine
ute Studie vom Deutschen Jugendinstitut, die besagt,
ass diese Kinder zum Teil verhaltensauffällig, aggressiv
der ängstlich sind und zum größten Teil Lernschwierig-






(A) )



(B) )


Michaela Noll
keiten haben. Das sind sichtbare Folgen. Aber die Fol-
gen, die sich im Inneren abspielen, können wir oftmals
gar nicht richtig feststellen. Viele Kinder sind an ihrer
kindlichen Seele verletzt. Sie können zum Teil nicht da-
rüber sprechen, auch weil sie Angst um den Ruf ihrer
Familie haben. Und was noch schlimmer ist: Sie geben
sich zum Teil selbst die Schuld. Sie glauben, dass sie die
Ursache dafür sind, dass ihre Mutter geschlagen wird.

Das ist das eine. Noch viel schlimmer ist aber, dass
Kinder – das halte ich für sehr bedenklich –, die so auf-
wachsen, ein erhöhtes Risiko tragen, im Erwachsenen-
alter erneut zum Opfer zu werden. Und was noch viel
trauriger ist: Sie können sich sogar zum Täter entwi-
ckeln. Diese Erfahrung während der Kindheit prägt ein
Leben lang.

Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Gewaltspirale
relativ früh und rechtzeitig unterbrechen. Wir haben das
Nationale Zentrum Frühe Hilfen geschaffen. Wir haben
den Nationalen Aktionsplan für ein kindergerechtes
Deutschland 2005 – 2010 auf den Weg gebracht. Gerade
diesen Aspekt hat die Bundesregierung jetzt noch einmal
in ihrem Aktionsplan II der Bundesregierung zur Be-
kämpfung von Gewalt gegen Frauen aufgegriffen. Dort
heißt es: „Rechtzeitig an die Kinder denken – Prävention
so früh wie möglich“. Ich glaube, damit sind grundle-
gende Strukturen für einen besseren Schutz des Kindes-
wohls auf den Weg gebracht worden.

Ich war vor kurzem hier in Berlin auf einer Fachkon-
ferenz. Dort ging es um Prävention an den Schulen. Ich
glaube, jeder, der hier sitzt, weiß, dass die Schulen in
dem Punkt eine Schlüsselrolle haben; denn sie erreichen
alle Kinder. Dort habe ich gehört, dass die Lehrerinnen
und Lehrer sagen, sie seien verunsichert. Sie fragen: Wie
sollen wir mit dem Wissen um Gewalt in einer Familie
umgehen? – Die Lehrer brauchen Hilfestellung. Wir
müssen sie stärken. Damit helfen wir auch den Kindern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich glaube, in einigen Bundesländern sind bereits ei-
nige gute Ansätze auf den Weg gebracht worden. Der
Anfang ist gemacht. Wenn es uns wirklich gelingt, die
Maßnahmen komplett zu vernetzen, werden wir diese
Gewaltspirale rechtzeitig unterbrechen können. Die Kin-
der brauchen unsere Hilfe, damit sie im Erwachsenenal-
ter nicht erneut zum Opfer werden. Wir müssen es vor
allem schaffen, dass sie nicht zum Täter werden. Auch
hier gilt unsere Devise – ich glaube, da besteht Konsens
im ganzen Haus –: Uns darf kein Kind verloren gehen.
Daran sollten wir gemeinsam weiterarbeiten.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617229400

Nun hat die Kollegin Sibylle Laurischk das Wort für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie kann uns vielleicht w e e d t l v M d u T h d d t B a n R j m n E l R u s h s m F u r d g ü w f t w m r t S w S (C (D sagen, warum Frau Hoff jetzt einfach gegangen ist! Zum Fußball! Das lässt mir keine Ruhe! Hier angreifen und dann abhauen! So kann man nicht vorgehen!)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1617229500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch

enn jetzt vielleicht Fußball angesagt ist und damit eher
in Männerthema, befassen wir uns zu dieser Stunde mit
inem gravierenden Thema für Frauen, und zwar mit
em Thema Gewalt gegen Frauen. Wir haben einen An-
rag zum Thema Genitalverstümmelung an Frauen vor-
iegen. Darin wird eine der schwersten Menschenrechts-
erletzungen thematisiert, die weltweit an Frauen und
ädchen begangen werden. Wenn wir heute gemeinsam

arüber diskutieren, bedauere ich es, Frau Noll, dass wir
ns nicht in einem gemeinsamen Antrag zu diesem
hema zusammenfinden können.


(Beifall der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir haben uns in einer sehr eindrucksvollen An-
örung im Ausschuss im vergangenen Dezember mit
em Thema Genitalverstümmelung befasst. Wir haben
ort ein Opfer angehört. Es war eine der eindrucksvolls-
en Schilderungen, die ich im Rahmen meiner Arbeit im
undestag erlebt habe. Es ist sicherlich sinnvoll, dass
ufgrund dieser Anhörung die Thematik der Verjährung
eu angesetzt wurde und im vorliegenden Antrag der
egierungsfraktionen aufgegriffen worden ist. Die Ver-

ährungsfrist soll für Mädchen, die von Genitalverstüm-
elung betroffen sind und die zum Tatzeitpunkt noch

icht volljährig waren, verlängert werden, damit sie als
rwachsene die Möglichkeit haben, Strafanzeige zu stel-

en, sodass sie tatsächlich ihr Trauma bearbeiten und im
ahmen eines möglichen Strafprozesses ihre Erfahrung
nd ihr Leid bewältigen können.

Dazu brauchen sie flankierende Maßnahmen und un-
ere Hilfe. Deswegen ist es wichtig, dass wir auch außer-
alb des Strafrechts an diesem Thema arbeiten. Insbe-
ondere diejenigen, die mit diesen Fragen und
öglicherweise mit betroffenen jungen Mädchen und
rauen zu tun haben, müssen wir informieren, aufklären
nd schulen. Dies sind Erzieher und Erzieherinnen, Leh-
er und Lehrerinnen, Ärzte und Ärztinnen, Mitarbeiter
er Polizei und der Beratungsstellen, Mitarbeiter der Ju-
endämter und der Ausländerbehörden. Sie alle müssen
ber diese Problematik informiert werden, damit sie,
enn ihnen solche Fälle hierzulande bekannt werden,

rühzeitig eingreifen können.

Eine solche Vernetzung und Schulung ist auch auf in-
ernationaler Ebene notwendig. Ich denke, es ist eine
ichtige Aufgabe insbesondere der Entwicklungszusam-
enarbeit und der Zusammenarbeit mit Nichtregie-

ungsorganisationen, deutlich zu machen, dass die Geni-
alverstümmelung, die vor allem in afrikanischen
taaten ein Problem darstellt, auf keinen Fall toleriert
erden darf.

Wir müssen uns vor Augen führen, dass nach einer
chätzung von UNICEF weltweit circa 140 Millionen






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk
genitalverstümmelte Frauen leben und dass jedes Jahr
circa 3 Millionen hinzukommen. Für uns in Deutschland
ist das unvorstellbar. Aufgrund der Migration gewinnt
dieses Problem aber weltweit an Bedeutung. Deswegen
ist es wichtig, unter dem Stichwort „Verjährung“ tat-
sächlich einen neuen Weg zu beschreiten.

Darüber hinaus muss sich der Bundestag in den
nächsten Monaten mit allen Formen von Gewalt gegen
Frauen befassen. Ich möchte, dass im Zusammenhang
mit diesem Thema auch die Situation bzw. die Finanzie-
rung der Frauenhäuser behandelt wird. Frau Noll hat ge-
rade eindrücklich dargestellt, dass die Traumatisierung
von Kindern infolge häuslicher Gewalt ein großes Pro-
blem ist. Daher ist es wichtig, dass Kinder, die nach Ge-
walterfahrungen gemeinsam mit ihren Müttern in ein
Frauenhaus gehen, dort Hilfe bekommen und, was ihre
Traumatisierung betrifft, aufgefangen werden. Bei die-
sem sehr ernsten Thema haben wir noch sehr viel Arbeit
vor uns. Ich hoffe, dass wir in dieser Frage auch in Zu-
kunft konstruktiv und sachgerecht zusammenarbeiten.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617229600

Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Angelika

Graf das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1617229700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Kollegin Renate Gradistanac wird den zweiten
Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
vorstellen. Ich möchte mich in meiner Rede einer ganz
besonders brutalen Form der Gewalt widmen, nämlich
der Genitalverstümmelung. Ich denke, das ist eine be-
sonders schwere Menschenrechtsverletzung und, wie ge-
sagt, eine besonders brutale Form von Gewalt gegen
Frauen.

Trotz internationaler Ächtung, zahlreicher Konventio-
nen, langfristigen politischen Engagements, umfangrei-
cher Projekte in den Entwicklungsländern und einer
Fatwa in Kairo aus dem Jahre 2006 ist Genitalverstüm-
melung immer noch ein gravierendes und hochaktuelles
Problem. Die Zahl genitalverstümmelter Frauen steigt
von Tag zu Tag; Frau Laurischk hat darauf hingewiesen.

Durch Migration und Flucht bedingt wurde die Geni-
talverstümmelung weltweit zu einem Thema. Schätzun-
gen zufolge sind etwa 30 000 Frauen und Mädchen hier
bei uns von Genitalverstümmelung betroffen oder be-
droht. Unsere Strategien im Kampf gegen diese frauen-
verachtende Praxis dürfen aufgrund der weltweiten Re-
levanz dieses Themas nicht an unserer Landesgrenze
oder an den Grenzen Europas haltmachen.

Nach langen Verhandlungen innerhalb der Koalition
– sie haben ein bisschen länger gedauert als erwartet –


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Anderthalb Jahre!)


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(C (D st es uns doch noch gelungen, einen Antrag zu formulieen, der Ihnen heute vorliegt. Dabei handelt es sich um inen umfassenden Maßnahmenkatalog, der, wie ich enke, all die Maßnahmen beinhaltet, die wir im Augenlick gegen die Praxis der Genitalverstümmelung ergreien können und ergreifen müssen. s geht um Maßnahmen in den Bereichen Strafrecht, orschung, Aufklärung, Beratung, Fortbildung, Präven ion und Entwicklungszusammenarbeit. Ich denke, mit diesem Antrag begegnen wir adäquat nd zielgruppengerecht den komplexen soziokulturellen nnerdeutschen und internationalen Herausforderungen m Kampf gegen Genitalverstümmelung. Dabei wollen ir auch die für die Opferbetreuung zuständigen Stellen n den Bundesländern in die Pflicht nehmen. Zur Bekämpfung von Genitalverstümmelung brauhen wir einen integrativen Ansatz, bei dem die Eltern on Anfang an in Aufklärung, Prävention und – selbst enn es zu spät ist – in Beratung und Betreuung einbe ogen werden. Eltern lassen ihre Töchter – das hat die nhörung gezeigt – ja nicht aus Böswilligkeit verstümeln, sondern – auch wenn nichts diese Praxis in ir endeiner Form rechtfertigen kann – wegen sozialem ruck. Deshalb muss das Thema bei den Betroffenen us der Tabuecke geholt werden. Dies fordern wir mit nserem Antrag genauso wie die Sensibilisierung der erufsgruppen, die von Amts wegen – Polizei, Justiz, ehrkräfte, Ärzteschaft, Angestellte von Sozialund Juendämtern – mit Opfern von Genitalverstümmelung der mit von Genitalverstümmelung bedrohten Mädchen nd Frauen zu tun haben bzw. haben können. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Besonders wichtig war es uns von der SPD, dass wir
ie in der Anhörung von vielen Nichtregierungsorgani-
ationen und wissenschaftlichen Instituten formulierten
ffenen Forschungsfragen in unserem Antrag berück-
ichtigen. Wir benötigen noch mehr Informationen im
ereich der Prävention von Genitalverstümmelung. Wir
üssen herausfinden, wie wir die in Deutschland leben-

en Familien, in denen das potenziell praktiziert wird
der die bereits davon betroffen sind, mit unseren Ange-
oten am effektivsten erreichen.

Neben der Arbeit der NGOs ist, wie schon erwähnt,
er ressortübergreifende Ansatz sehr wichtig. Deshalb
aben wir auf die Einrichtung einer interministeriellen
und-Länder-NGO-Arbeitsgruppe unter der Federfüh-

ung und Koordination des BMZ gedrängt. Diese Ar-
eitsgruppe soll sich an der Struktur und Arbeitsweise
er beiden Bund-Länder-Arbeitsgruppen „Häusliche Ge-
alt“ und „Frauenhandel“ des Bundesministeriums für
amilie, Senioren, Frauen und Jugend orientieren. Mit
iesen Arbeitsgruppen haben wir nämlich gute Erfahrun-
en gemacht.

Einige bedauern, dass wir keinen eigenen Straftatbe-
tand fordern. Die derzeitige Rechtslage ist, denke ich,






(A) )



(B) )


Angelika Graf (Rosenheim)

dass Genitalverstümmelung als sittenwidrige und
schwere Körperverletzung


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das fällt nicht unter schwere Körperverletzung nach Strafgesetzbuch! Das stimmt doch nicht! Es wird bestraft wie eine Ohrfeige!)


in Deutschland natürlich bereits verboten ist und infolge-
dessen keine irgendwie geartete Lücke besteht. Ein eige-
ner Straftatbestand wäre meines Erachtens reine Symbo-
lik, über deren Sinn und Zweck man sicherlich streiten
kann. In der Anhörung des Ausschusses für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend haben einige dafür plädiert,
einen eigenen Straftatbestand zu formulieren,


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, alle haben dafür plädiert!)


andere haben ein höheres Strafmaß gefordert. Bis man
mir nicht das Gegenteil beweist, will ich sagen: Mit dem
Strafrecht allein kann man kein Mädchen vor Genital-
verstümmelung retten. Da hilft die Verjährung, die Frau
Laurischk angesprochen hat, eher. Sie hilft, den Opfern
den Rücken zu stärken.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es muss darum gehen, in der Community die Einsicht
zu fördern, dass es sich bei Genitalverstümmelung um
eine schwere Menschenrechtsverletzung handelt. Des-
halb fordern wir in unserem Antrag die Bundesländer
auf, die Betreuungs- und Beratungsmöglichkeiten weiter
zu erhalten. Zwangsuntersuchungen, wie sie von man-
chen Organisationen gefordert werden, lehnen wir defi-
nitiv ab.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617229800

Kollegin Graf, achten Sie bitte auf die Zeit.


Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1617229900

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Wir ha-

ben durchgesetzt, dass Länder wie Senegal und Ghana
bei der nächsten Gelegenheit bezüglich ihrer Einstufung
als sichere Herkunftsländer noch einmal überprüft wer-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen wir nicht erst überprüfen!)


Keine junge Frau darf von Deutschland aus in ein Land
abgeschoben werden, in dem Mädchen oder Frauen von
Genitalverstümmelung bedroht sind; das war uns extrem
wichtig.


(Beifall bei der SPD, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617230000

Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin

Dr. Kirsten Tackmann das Wort.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Verehrte Kolleginnen nd Kollegen! Dass heute zum Thema weibliche Genialverstümmelung Anträge von allen Fraktionen vorlieen, zeigt die Bedeutung dieses Themas. Es zeigt aber uch, dass wir uns leider nicht auf einen gemeinsamen ntrag einigen konnten. Die Anträge der anderen Fraktionen haben ein andees Grundverständnis. Auch wenn wir einzelne Fordeungen durchaus unterstützen, werden wir uns bei der bstimmung über die anderen Anträge enthalten. Der uf nach dem Strafrecht kann aus Sicht der Linken imer nur ein Teil der Lösung sein. Die Erfahrung lehrt: er Glaube an die Wirksamkeit von Abschreckung ereist sich meist als Illusion. Natürlich ist Genitalverstümmelung ein Verbrechen nd muss bestraft werden; das ist völlig unstrittig. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es wird aber nicht wie ein Verbrechen bestraft!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617230100

ns sind aber zwei weitere Ansatzpunkte wichtig:

Erstens. Der soziale Status der Frau muss nachhaltig
estärkt werden, um eine der Ursachen weiblicher Geni-
alverstümmelungen anzugehen.

Zweitens. Wir müssen einen Zugang zu den Gemein-
chaften bekommen. Das gelingt eher mit sensiblen Be-
atungsangeboten als mit Repression.

Das sind aus unserer Sicht die Voraussetzungen für
in gesellschaftliches Umfeld, in denen Genitalverstüm-
elungen nicht nur nicht toleriert, sondern auch verhin-

ert werden. Das ist ja unser gemeinsames Ziel.

Meine Fraktion Die Linke greift in ihrem Antrag in
iesem Zusammenhang noch zwei sehr konkrete Pro-
leme auf: die geschlechtsspezifische Verfolgung als
sylgrund und den Umgang mit weiblichen Asylbewer-
erinnen. Wir fordern nachdrücklich: erstens eine unab-
ängige, geschlechtssensible Beratung durch erfahrene
eratungsstellen oder Rechtsanwältinnen und Rechtsan-
älte, und zwar noch vor der Erstanhörung im Asylver-

ahren,


(Beifall bei der LINKEN)


weitens, dass bei Anhörungen von Asylbewerberinnen
us Ländern, aus denen weibliche Genitalverstümmelun-
en bekannt sind, diese Problematik besonders berück-
ichtigt wird, wozu speziell geschulte weibliche Mitar-
eiterinnen des Asyl-Bundesamtes inklusive weibliche
prachmittlerinnen notwendig sind, und drittens, dass es
icht als verspätetes und damit gesteigertes Vorbringen
ewertet werden darf, wenn der Fluchtgrund Genitalver-
tümmelung erst im Verlaufe des Asylverfahrens vorge-
racht wird, was oft der Fall ist.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])







(A) )



(B) )


Dr. Kirsten Tackmann
Hinsichtlich des Themas häusliche Gewalt lobt die
Regierungskoalition das eigene Handeln. Das ist ange-
sichts der realen Situation, zum Beispiel der finanziellen
und personellen Notlage vieler Zufluchtstätten und Bera-
tungsstellen, aber unangebracht. Statt sich auf die eigene
Schulter zu klopfen, sind wirkliche Handlungsstrategien
notwendig. Wie können diese Strukturen erhalten wer-
den, und wie kann vor allem endlich die 30 Jahre alte
Forderung erfüllt werden, allen Frauen Zuflucht zu ge-
währen, unabhängig von ihrer sozialen Lebenslage?

Im Aktionsplan II bilanziert die Bundesregierung vor
allen Dingen bestehende Projekte, statt neue Handlungs-
ansätze wenigstens zu skizzieren. Einzelne, zumeist re-
gional begrenzte Projekte werden benannt, die sich den
Migrantinnen – vor allem vor dem Hintergrund der
Zwangsheirat – und behinderten Frauen zuwenden. Na-
türlich ist das wichtig, angesichts der aktuellen Problem-
lage aber völlig unzureichend.

Folgendes fehlt aus Sicht der Linken im
Aktionsplan II völlig: der Ausbau von Beratungsstellen,
die Entwicklung von sozialen Programmen für Migran-
tinnen, die weit über die sprachliche Förderung hinaus-
gehen und auf die eigenständige Existenzsicherung ab-
zielen, und eine bundesweit einheitliche Absicherung
des Zugangs zu Frauenhäusern unabhängig vom SGB II.
Davon war heute schon einmal die Rede.


(Beifall bei der LINKEN)


Solange diese Hausaufgaben nicht gemacht und die
Opfer häuslicher Gewalt noch viel zu oft auf sich allein
gestellt sind, gibt es aus unserer Sicht eigentlich keinen
Grund dafür, dass sich die Koalition selbstgefällig auf
die Schultern klopft.

Ich denke, wir müssen dringend an diesem Thema
dranbleiben. Gerade heute haben wir eine Anhörung
zum Thema Finanzierung von Frauenhäusern vereinbart
und inhaltlich besprochen. Es ist für uns ein ganz wichti-
ges Thema, dass auch sozial benachteiligte Frauen Zu-
gang zu diesen Zufluchtsstätten erhalten. Ich denke, hier
sind wir sogar einer Meinung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617230200

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

Kollegin Irmingard Schewe-Gerigk das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Den Stellenwert von politischen Initiativen erkennt man
an der Tageszeit, zu der sie diskutiert werden. Dass die
Frauenpolitik bei der Großen Koalition keinen großen
Stellenwert hat, haben wir schon in der letzten Woche
bei der Behandlung des Themas Lohndiskriminierung
gesehen, und das zeigt sich auch heute Abend beim
Thema Frauenrechte als Menschenrechte.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Meine Kollegin hat Sie vorhin vollkommen richtig eingeschätzt!)


In Ihren Vorlagen, über die wir hier diskutieren, haben
ie zahlreiche Zeilen mit warmen Worten gefüllt. Sie ha-
en ihnen ein hübsches Make-up aufgelegt. Wenn wir
ber die Farbe abnehmen, dann bleibt nur wenig Sub-
tanz übrig.

Nach der von den Grünen initiierten Anhörung im
undestag zur Genitalverstümmelung haben Sie ein wei-

eres Jahr gebraucht, um sich auf einen Antrag zu eini-
en. Vollmundig haben Sie von der CDU/CSU und der
PD in der Presse angekündigt – ich zitiere –: Wir reden
icht nur, sondern handeln. – Na, das wäre bei Ihrer
rauenpolitik ja eine wirkliche Neuheit.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Oh je!)


Es hätte dem Ansehen dieses Hauses nicht geschadet,
erade zu diesem Thema einen fraktionsübergreifenden
ntrag zu verabschieden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


ch sehe einige gute Ansätze. Zum Beispiel sollen Bund
nd Länder Fortbildungen und eine Sensibilisierung für
olizei und Justiz anbieten. Diese Forderung haben Sie
irekt von uns übernommen. Auch die Bund-Länder-
GO-Arbeitsgruppe zur zielgruppensensiblen Aufklä-

ung sowie zur fachlichen Unterstützung von Projekten
st ein guter Ansatzpunkt. An dieser Stelle möchte ich
er Ministerin Wieczorek-Zeul ausdrücklich danken, die
roßes Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit
u diesem Thema bewiesen hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wie von uns vorgeschlagen, wollen Sie auch sicher-
tellen, dass Länder, in denen Genitalverstümmelungen
icht verboten sind und nicht verfolgt werden, nicht als
ichere Herkunftsländer eingestuft werden. Aber den
tatus von Ghana und Senegal wollen Sie deshalb noch
inmal prüfen. An dieser Stelle wird das Make-up wirk-
ich bröckelig. Sie müssen das doch nicht prüfen. Sagten
ie nicht, Sie handeln, statt nur zu reden? Wo bleibt denn
hr Antrag, zum Beispiel Ghana von der Liste der siche-
en Herkunftsländer zu streichen? Unsere Zustimmung
äre Ihnen gewiss.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Das ist nicht die Entscheidung des Deutschen Bundestages!)


Die Verlängerung der Verjährungsfrist zu fordern, ist
in richtiger Schritt. Aber Sie gehen damit den zweiten
or dem ersten. Denn zunächst muss die weibliche Geni-
lverstümmelung ausdrücklich ins Strafgesetzbuch auf-
enommen werden. Nur so würde das klare Signal an
rztinnen, Eltern und Opfern gesendet, dass eine solche
enschenrechtsverletzung vom Staat nicht geduldet wird.

ahlreiche europäische Länder haben das bereits getan,


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Ist das dort auch so?)







(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
zum Beispiel Großbritannien, Schweden, Spanien und
Italien. Die UNO empfiehlt es ihren Mitgliedstaaten.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Seitdem gibt es das nicht mehr oder was?)


Ich weise ausdrücklich darauf hin, Frau Noll, dass das
auch in der Anhörung zu diesem Thema alle Experten
und Expertinnen gefordert haben. Niemand hat gesagt,
die Aufnahme ins Strafgesetzbuch sei keine geeignete
Lösung. Wenn Sie nun plötzlich einwenden, bei einer
Verurteilung käme es zu einer Ausweisung der Eltern
und damit zu einem Auseinanderreißen der Familie,
dann ist das aus dem Munde einer CDU-Abgeordneten
wirklich Zynismus. So viel Empathie für die Familien
bei ausländerrechtlichen Bestimmungen wünschen wir
uns von der Union schon sehr lange.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehen wir der ungeschminkten Wahrheit ins Gesicht:
Das Thema ist Ihnen für eine Änderung im Strafgesetz-
buch nicht wichtig genug. Sie akzeptieren lieber, dass
diese grausame Menschenrechtsverletzung, der Verlust
eines wichtigen Körperteils, mit einer Ohrfeige gleich-
gesetzt wird. So kommen wir nicht zusammen. Die Kol-
legin Graf hat vorhin festgestellt, die Genitalverstümme-
lung gelte als schwere Körperverletzung. Das ist
mitnichten der Fall. Wir möchten es ausdrücklich als
schwere Körperverletzung ins Strafgesetzbuch aufneh-
men.

Ich resümiere: Weniger Schminke und mehr Substanz
wären die Voraussetzung für eine Zusammenarbeit ge-
wesen. Mit einer Vielzahl an schwammigen Forderun-
gen für den internationalen Bereich können Sie nicht
übertünchen, dass Sie für die Frauen hier kaum etwas
unternehmen werden.

Wegen einiger vernünftiger Ansätze werden wir uns
Ihrem Antrag enthalten. Eine Aufnahme ins Strafgesetz-
buch und ein echter Schutz vor der Abschiebung in ver-
meintlich sichere Herkunftsländer bleiben für uns die
zentralen Forderungen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617230300

Für die Unionsfraktion spricht nun die Kollegin

Sibylle Pfeiffer.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1617230400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Kollegin Schewe-Gerigk, ich möchte zu-
nächst kurz auf Ihre Rede eingehen. Unsere Sympathie
für das Thema erkennen Sie daran, wie sorgfältig wir da-
mit umgegangen sind. Dass letztendlich kein gemeinsa-
mer Antrag formuliert werden konnte, lag daran, dass
Sie keine Zeit hatten.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sollten wir noch länger als eineinhalb Jahre warten?)



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(C (D Ja; denn dabei ist etwas herausgekommen, das Sie underbar verwenden könnten, nämlich die interminis erielle Arbeitsgruppe und die Verlängerung der Verjähungsfrist. Das ist wirklich wichtig; denn damit können ir den Frauen noch im Nachhinein die Möglichkeit geen, wenigstens ein kleines bisschen Genugtuung zu ereichen. Denn die Verletzungen – das muss ich Ihnen icht näher erläutern – bleiben für die Ewigkeit. Enticklungsprojekte zu unterstützen, liebe Frau Kollegin chewe-Gerigk, ist Job der Entwicklungspolitiker. Das achen wir seit Jahren. Ich berichte Ihnen aus der Praxis für die Praxis. Ich ar vor kurzem in Äthiopien und habe dort ein Projekt esucht, das vom EED betreut wird. Dort haben sich 000 Menschen, darunter auch Männer und Dorfälteste, u einer Community zusammengeschlossen und haben eschlossen, diverse Themen anzugehen, zum Beispiel amily-Planning und Nourishing, aber auch das Thema eschneidung. Ich habe eine Frau, die dort saß und ein aby auf dem Arm hatte, gefragt: Ist das ein Mädchen? ie hat geantwortet: Jawohl, das ist ein Mädchen. Dann abe ich sie gefragt: Würden Sie jemals zulassen, dass ieses Kind beschnitten wird? Sie hat geantwortet: Nein, ie. Dann habe ich sie gefragt: Woher nehmen Sie Ihren ut? Darauf hat sie geantwortet: Die Community steht inter mir. – Genau das ist das Thema. Es gibt mittlereile in ganz vielen Entwicklungsländern Gesetze, die enitalverstümmelung verbieten. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber hier in Deutschland wird nichts getan! Das ist der Punkt!)


Wir können uns aber kaum vorstellen, was es heißt
nd welcher maximale politische Wille sich dahinter
erbergen muss – wir reden hier von Traditionen –, ge-
ellschaftliche Veränderungen vorzunehmen. Dieser
assive politische Wille ist im Übrigen im Bereich des
ood Governance anzusiedeln. Für Regierungen ist das

ehr schwierig, weil langwierig. Traditionen aufzubre-
hen, ist das Langwierigste, was wir uns vorstellen kön-
en. Wenn es uns aber gelingt, in den Entwicklungslän-
ern à la longue etwas zu erreichen wie der EED in
thiopien, hat das auch Auswirkungen bei uns. Ich bin

iemlich froh, dass ich in Deutschland geboren bin und
ier aufwachsen durfte; denn wir Frauen wissen, was es
edeutet – ich glaube, wir alle spüren das sogar –, mit
reckigen Glasscherben und stumpfen Rasierklingen ge-
ital verstümmelt zu werden, und das alles ohne Betäu-
ung. Wenn es uns gelingt, dies in den Entwicklungslän-
ern mittel- und langfristig auszumerzen, dann müssen
ir darüber hoffentlich nicht mehr reden. Maßnahmen

ind getroffen worden.

Mit unserem fraktionsübergreifenden Antrag decken
ir alles ab, was abzudecken ist. Ich denke, es ist ein gu-

er Antrag. Sie alle können ihm zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617230500

Für die SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin Renate

radistanac.






(A) )


)

Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1617230600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Zwangsverheiratung, Zwangsprostitution und
Genitalverstümmelung, jede Form von Gewalt gegen
Frauen, ob sexuell, körperlich oder seelisch, zeigen die
lange Geschichte der Diskriminierung gegen die Selbst-
bestimmung und Selbstachtung der Frauen auf. Deshalb
setzen sich die Vereinten Nationen, die europäische
Ebene, zum Beispiel der Europarat mit seinem Be-
schluss „Stoppt häusliche Gewalt gegen Frauen“, und
der Deutsche Bundestag gegen Gewalt gegen Frauen
ein.

Gewalt gegen Frauen drückt sich in allen Sprachen
der Welt aus. Aus Rumänien stammt das Sprichwort:
„Weiber sind wie Wildbret, je mehr Schläge, je besser
sind sie.“ Aus Ungarn kommt: „Einen Knochen für mei-
nen Hund, einen Stock für mein Weib.“ Ein deutsches
Sprichwort lautet: „Eine nicht geschlagene Frau ist wie
ein ungesalzener Kohl.“

Bis 1928 gab es das Züchtigungsrecht des Ehemanns.
Fast 70 Jahre später, im Jahr 1997, wurde endlich die
Vergewaltigung in der Ehe strafbar.


(Beifall bei der SPD)


Im Jahr 2002 machte das Gewaltschutzgesetz klar: Wer
schlägt, muss gehen. Wir sehen hier einen Paradigmen-
wechsel. Die Geschlagene kann bleiben, der Schläger
geht. Die Frauen haben nun die Wahl: Sie können zu
Hause bleiben oder in ein Frauen- und Kinderhaus ge-
hen.

Gewaltschutz braucht Gesetze. Gewaltschutz braucht
aber auch eine Gesellschaft, die Gewalt gegen Frauen
konsequent ächtet und bekämpft. Das zu erreichen, ist
das Ziel der beiden schwarz-roten Anträge und des zwei-
ten Aktionsprogramms.


(Beifall bei der SPD)


Das umfassende Gesamtkonzept des ersten rot-grü-
nen Aktionsplans aus dem Jahre 1999 wurde erfolgreich
umgesetzt. Der zweite Aktionsplan setzt mit seinen ehr-
geizigen Maßnahmen da an, wo noch besonderer Hand-
lungsbedarf besteht.

Präventionsarbeit muss möglichst früh ansetzen; Frau
Noll hat schon berichtet. Die erste repräsentative Studie
zur Gewalt gegen Frauen belegt, dass jedes vierte Kind
in Vorfälle häuslicher Gewalt involviert wurde und jedes
zehnte Kind selbst körperlich angegriffen wurde. Gewalt-
erfahrungen in der Kindheit prägen das Erwachsenenle-
ben. Um diesen Gewaltkreislauf zu durchbrechen, sind
die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Kinder-
schutzhäuser und Frauenhäuser von zentraler Bedeu-
tung.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten for-
dern insbesondere die Länder und Kommunen auf, die
Beratungsangebote nicht weiter abzubauen, sondern aus-
zubauen, und die Vernetzung – das geht nicht kostenneu-
tral – zu befördern. Es ist an der Zeit, Gewalt gegen äl-
tere Frauen und Frauen mit Behinderung verstärkt in den
Blick zu nehmen. Diese Frauen können sich vielfach
nicht aus eigener Kraft vor Gewalt schützen.

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(C (D Frauen mit Migrationshintergrund werden besonders ft Opfer von Gewalt. Überdurchschnittlich oft sind türische Frauen betroffen: Fast die Hälfte von ihnen – das st wirklich dramatisch – hat bereits körperliche Gewalt m häuslichen Umfeld erlebt. Wir Sozialdemokratinnen nd Sozialdemokraten fordern den Ausbau von niedrigchwelligen und mehrsprachigen Beratungsund Inforationsangeboten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Katharina Landgraf [CDU/CSU])


Die Bundesregierung hat sich mit dem zweiten Ak-
ionsplan verpflichtet, 133 Maßnahmen in zehn Hand-
ungsfeldern umzusetzen. Wir Sozialdemokratinnen und
ozialdemokraten werden die Umsetzung aktiv unter-
tützen


(Michaela Noll [CDU/CSU]: Wir auch!)


nd fordern an dieser Stelle das CDU-geführte Familien-
inisterium auf, auch im eigenen Haushalt Finanzmittel

ur Verfügung zu stellen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617230700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
es für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem An-
ag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD mit dem Titel
Wirksame Bekämpfung der Genitalverstümmelung von
ädchen und Frauen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner
eschlussempfehlung auf Drucksache 16/9694, den An-

rag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Druck-
ache 16/9420 anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
ält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion bei
nthaltung der FDP-Fraktion, der Fraktion Die Linke
nd der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf
rucksache 16/8657. Der Ausschuss empfiehlt unter
r. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des
ntrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
rucksache 16/3542 mit dem Titel „Mädchen und
rauen vor Genitalverstümmelung schützen“. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
agegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfeh-
ung ist mit den Stimmen der Unionsfraktion und der
PD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bünd-
is 90/Die Grünen bei Enthaltung der FDP-Fraktion und
er Fraktion Die Linke angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
ntrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/3842 mit
em Titel „Genitalverstümmelung von Mädchen und
rauen ächten und bekämpfen“. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer

(B)







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion ge-
gen die Stimmen der FDP-Fraktion bei Enthaltung der
Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend unter Nr. 3 seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 16/8657 die Ablehnung des
Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/4152
mit dem Titel „Weibliche Genitalverstümmelung verhin-
dern – Menschenrechte durchsetzen“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion ge-
gen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei Stimment-
haltung der FDP-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu
dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD
mit dem Titel „Häusliche Gewalt gegen Frauen konse-
quent weiter bekämpfen“. Der Ausschuss empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/9367, in
Kenntnis des Aktionsplans II der Bundesregierung zur
Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auf Druck-
sache 16/6584 den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU
und der SPD auf Drucksache 16/6429 anzunehmen. Wer
stimmt für dieses Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfrak-
tion, der SPD-Fraktion und der FDP-Fraktion gegen die
Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei
Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 sowie Zusatz-
punkt 7 auf:

17 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Hüseyin-Kenan Aydin, Heike Hänsel, Monika
Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Anerkennung und Wiedergutmachung der
deutschen Kolonialverbrechen im ehemaligen
Deutsch-Südwestafrika

– Drucksachen 16/4649, 16/8418 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Anke Eymer (Lübeck)

Brunhilde Irber
Marina Schuster
Monika Knoche
Kerstin Müller (Köln)


ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin
Müller (Köln), Dr. Uschi Eid, Ute Koczy, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

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(C (D Angebot an die namibische Nationalversammlung für einen Parlamentarierdialog zur Versöhnungsfrage – Drucksache 16/9708 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Ich höre dazu einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Staatsinister Günter Gloser. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, iebe Kollegen! Deutschland ist sich seiner historischen nd moralischen Verantwortung für Namibia bewusst. er Deutsche Bundestag hat dies in seinen wegweisenen Entschließungen im März 1989 und Juni 2004 beräftigt. Wir können das Geschehene nicht ungeschehen mahen, aber wir können Namibia auf seinem Weg in die ukunft unterstützend begleiten. Dies tun wir eingedenk er gemeinsamen Vergangenheit mehr als in jedem aneren afrikanischen Land. Bereits auf dem Weg in die Unabhängigkeit 1990 hat eutschland als Mitglied der Fünfergruppe Namibia anz wesentlich unterstützt. Wir pflegen besondere Beiehungen, die sich auf vielfältiger Ebene widerspiegeln. er bilaterale Dialog ist umfassend und dicht. Dies gilt icht nur für die Regierung und die Parlamente, die Bunesländer und die Kommunalebene. Auch auf privater nd zivilgesellschaftlicher Ebene wurde ein engmaschies Netz geflochten. Die deutschstämmige Minderheit st als integraler Bestandteil der namibischen Gesellchaft akzeptiert. Sie ist einer der namibischen Stämme, o die Wortwahl des namibischen Staatspräsidenten ohamba. Unsere Entwicklungshilfe für Namibia ist pro Kopf eutlich höher als für jedes andere afrikanische Land. ür 2007 bis 2008 haben wir 56 Millionen Euro zugeagt und damit unsere Pro-Kopf-Zahlungen für die napp unter 2 Millionen Einwohner verdoppelt. Auch as sollte unterstrichen werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1617230800

(Beifall bei der SPD)


Auch bei der Entwicklungszusammenarbeit legen wir
m Einklang mit den namibischen Partnern Wert auf eine
ukunftsgerichtete Gestaltung, die der namibischen Be-
ölkerung als Ganzem zugute kommt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Be-
chluss des namibischen Parlaments vom Oktober 2006
nterstützt die von der Herero-Partei aufgestellte Forde-
ung nach Entschädigungen. Die namibische Regierung
at sich bis heute nicht offiziell zu diesem Beschluss ge-






(A) )



(B) )


Staatsminister Günter Gloser
äußert. Sie hat lediglich mehr als ein Jahr nach dem Par-
lamentsbeschluss diesen Text kommentarlos übermittelt.
Der namibische Parlamentspräsident hat Ende 2007 ei-
nen Parlamentarierdialog angeboten, in dem auch dieser
Themenkomplex behandelt werden soll. Die Bundesre-
gierung unterstützt selbstverständlich Gespräche zwi-
schen Parlamentariern. Wir wollen aber den Eindruck
vermeiden, dass durch einen institutionalisierten Dialog
mit dem namibischen Parlament eine Anerkennung et-
waiger Entschädigungsforderungen verbunden ist.

Wir haben gegenüber der namibischen Seite deutlich
gemacht, dass unsere Zusammenarbeit zukunftsgerichtet
ist. Dabei tragen wir den speziellen Bedürfnissen vor al-
lem solcher Volksgruppen Rechnung, deren Vorfahren
unter deutscher Kolonialherrschaft in besonderem Maße
gelitten haben. So haben die Bundesregierung und die
namibische Regierung im November 2007 diese Ab-
sichtserklärung über eine Sonderinitiative in den
Siedlungsgebieten der Herero, Nama und Damara unter-
zeichnet. Diese Initiative hat einen Umfang von 20 Mil-
lionen Euro und soll die Lebensbedingungen in den be-
troffenen Gebieten verbessern. Ein Schwerpunkt liegt
dabei auf der Kommunalentwicklung. Die Projekte ver-
folgen einen regionalspezifischen Ansatz und werden al-
len Bewohnern der Region zugute kommen.


(Beifall bei der SPD)


Der namibischen Regierung liegen das sozialpoliti-
sche Gleichgewicht und die nationale Versöhnung im
Vielvölkerstaat Namibia am Herzen. Mit unserem regio-
nalspezifischen Ansatz der Sonderinitiative entsprechen
wir diesem besonderen Anliegen der namibischen Re-
gierung. Die Deutsche Botschaft Windhuk steht in regel-
mäßigem Kontakt mit den traditionellen Herero-Königs-
häusern, aber auch mit Repräsentanten und
zivilgesellschaftlichen Vertretern der Herero. Gleiches
gilt für Vertreter anderer Bevölkerungsteile. Hauptge-
sprächspartner der Bundesregierung ist aber die namibi-
sche Regierung.

Im Bewusstsein der gemeinsamen Vergangenheit und
im Kontext der Gegenwart wollen wir zur Zukunft Na-
mibias und all seiner Menschen beitragen. Ansätze, die
die Vergangenheit in den Mittelpunkt unseres Handelns
stellen wollen, verkennen die Erfolge unserer mit der na-
mibischen Regierung eng abgestimmten Politik für die
heute in Namibia lebenden Menschen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617230900

Das Wort hat nun die Kollegin Marina Schuster für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1617231000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir reden hier und heute über den Umgang mit den
Greueltaten, die in deutschem Namen vor mehr als
100 Jahren verübt wurden. Das ist kein einfaches

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(C (D hema; ganz im Gegenteil. Das liegt an dem unendlihen Leid, das deutsche Kolonialtruppen im heutigen amibia an den Volksstämmen der Herero und Nama amals angerichtet haben. Wer die Berichte von damals iest, ist auch heute noch tief erschüttert und tief betrofen über die Menschenverachtung, mit der die Kolonialruppen gegen Teile der Bevölkerung, insbesondere geen Herero und Nama, vorgingen. Es ist nicht das erste al, dass wir hier im Deutschen Bundestag darüber re en. Es ist bereits zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Herr Staatsminister hat es schon erwähnt – hier de attiert worden. Es ist richtig, dass wir uns wieder an die lutige Niederschlagung der Aufstände erinnern; denn ie Erinnerung an diese Ereignisse darf nicht verblassen. (Beifall bei der FDP und der SPD sowie der Abg. Monika Knoche [DIE LINKE])


Der Kern der Debatte zum Umgang mit der deutschen
olonialvergangenheit konzentriert sich auf folgende
rage: Wie können wir unserer historischen Verantwor-

ung am besten gerecht werden? Mehr als 100 Jahre
ach den für uns so beschämenden Vorgängen der
eutsch-kaiserlichen Kolonialherrschaft kann man diese
rage nicht so beantworten, als wäre diese Zeit erst ges-

ern gewesen. Wir müssen für uns heute die Frage beant-
orten, wie wir am besten das heutige Namibia als Gan-

es in seiner Entwicklung unterstützen. Wir wollen die
esellschaft in Namibia nicht spalten. Das ist der ganz-
eitliche Ansatz für die Zukunft, für den sich meine
raktion einsetzt, und das ist auch der geeignete Weg.
enn dass es gelungen ist, eine deutsch-namibische
reundschaft zu entwickeln, ist eine der großen kulturel-

en und auch politischen Leistungen unserer beiden Na-
ionen und auch der jeweiligen Regierungen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie FDP hat sich in diesem Sinne immer für Namibia
nd ein gutes deutsch-namibisches Verhältnis eingesetzt.
amibia ist der jüngste Staat Afrikas, 1990 gegründet,
nd Deutschland spielte – der Herr Staatsminister hat es
ngesprochen – eine entscheidende Rolle bei dem Pro-
ess der Unabhängigkeit, der fast elf Jahre gedauert hat.
ie Resolution 435, die durch die intensive Unterstüt-

ung des damaligen Außenministers Hans-Dietrich
enscher zustande kam und nach langwierigen Verhand-

ungen von den Vereinten Nationen verabschiedet wor-
en ist, hat die Grundlage hierfür gelegt.

1989 verabschiedete der Bundestag eine Erklärung,
it der die Bundesregierung aufgefordert wurde, ihrer

esonderen Verantwortung für Namibia dadurch gerecht
u werden, dass sie es zu einem Modellfall deutscher
ntwicklungszusammenarbeit macht. Wir bekräftigen
eute diese besondere Verantwortung für die Geschichte,
ber auch die besondere Verantwortung für die Gegen-
art und die zukünftige Entwicklung Namibias.

In der Tat gibt es sehr viele Probleme zu bewältigen,
it denen Namibia zu kämpfen hat. Die Ursache hierfür

inzig in der Kolonialvergangenheit zu sehen, wäre aber
icherlich zu kurz gesprungen. Eine HIV-Infektionsrate
on 20 Prozent und der Rückgang der Lebenserwartung






(A) )



(B) )


Marina Schuster
von 60 auf 38 Jahre sprechen eine deutliche Sprache.
Welche Risiken und welche Bedeutung das für die Ent-
wicklung Namibias hat, ist uns allen klar.

Noch ein Wort zu den vorliegenden Anträgen: Den
Antrag der Linken werden wir ablehnen. Der Antrag der
Grünen wird an den Auswärtigen Ausschuss überwiesen
werden. Aber auch diesen Antrag sieht die FDP-Fraktion
mit sehr großer Skepsis, weil er am Ende in eine ähnli-
che Richtung geht.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann legen Sie doch selber etwas vor! Sie können doch schreiben!)


Deutschland bekennt sich zu seiner besonderen Ver-
antwortung für Namibia. Das muss auch so bleiben. Des-
halb müssen wir bei der Bewältigung der heutigen und
der kommenden Aufgaben unsere Unterstützung anbie-
ten. Aber auch unsere historische Verantwortung entbin-
det uns nicht davon, klug abzuwägen, wie wir dieser im
Sinne eines integrativen Ansatzes am besten gerecht
werden können.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Erich G. Fritz [CDU/CSU])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617231100

Für die Unionsfraktion hat jetzt die Kollegin Anke

Eymer das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Anke Eymer (CDU):
Rede ID: ID1617231200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Der vorliegende Antrag legt wieder einmal den
Fokus auf ein Thema, das wir in diesem Hause schon öf-
ter besprochen haben. Es geht um die Frage der deut-
schen Verantwortung im heutigen Namibia. Noch kon-
kreter: Es geht um die Geschehnisse in den drei Jahren
von 1904 bis 1907. Wir reden also über das Vorgehen
des Deutschen Kaiserreiches gegen die Herero, die
Nama und die Damara vor 104 Jahren.

Seitdem hat sich doch manches bewegt und verändert.
Die kurze deutsche Kolonialzeit ging mit dem Kaiser-
reich 1918 zu Ende. Die Folgen der europäischen Kolo-
nialzeit, die bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts
reichten, sind bis heute für viele aktuelle Probleme zahl-
reicher afrikanischer Länder mitverantwortlich.

Das alles ist bekannt, und zwar nicht erst seitdem die
vorliegenden Anträge geschrieben wurden. Wir wissen
sehr wohl um unsere koloniale Vergangenheit. Aus die-
sem Wissen heraus erkennen wir die Verantwortung be-
sonders in der Zusammenarbeit mit Namibia. Denn es
geht darum, eine zukunftsgewandte bilaterale Politik mit
Namibia fortzuentwickeln. Es geht darum, an den guten
und freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutsch-
land und Namibia weiterzuarbeiten. Es kann kein Zwei-
fel daran bestehen, dass auch die Regierung in Namibia
das so sieht.

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(C (D Daher hat die Entschließung des Deutschen Bundesages von 1989 bis heute nichts an Bedeutung und Aktulität verloren. Schon zu diesem Zeitpunkt hat Deutschand die Bereitschaft zu einem besonderen Engagement eutlich gemacht. Das entsprach und entspricht der hisorischen Verbindung unserer Länder. Es entspricht auerdem der ausgezeichneten bilateralen und partnerchaftlichen Zusammenarbeit, die wir pflegen. Erinnern möchte ich an die Debatte, die wir hier im eutschen Bundestag anlässlich des 100. Gedenktages er Schlacht am Waterberg geführt haben. Wenn also der indruck erweckt werden sollte, über die deutschen Verrechen an den Herero und Nama würde offiziell nicht esprochen, so ist das absoluter Humbug. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Natürlich wurde darüber gesprochen und wird da-
über gesprochen. Es wird auch debattiert. Es wird ver-
andelt. Hier im Bundestag war das, wie schon erwähnt,
ehrfach der Fall. Öffentlicher geht es wohl kaum.

Die zuständige Bundesministerin, Frau Wieczorek-
eul, hat in Namibia im Jahr 2004 ebenfalls ganz ein-
eutig dazu Stellung bezogen. Es ist nicht bei einer Aus-
age geblieben.

Auch wenn Sie von der Linken 1989 noch nicht in
iesem Haus vertreten waren


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war schön! – Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das war schön! – Gegenruf des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Langweilig war es wahrscheinlich!)


ich beachte die Zwischenrufe: das war schön; das wa-
en noch Zeiten –, so können Sie in den Protokollen des
undestages doch nachlesen, was zwischen der Bundes-

epublik und Namibia im Besonderen schon ganz offi-
iell besprochen wurde.

Bis zu dem vorliegenden Antrag der Linken ist wohl
iemand so schnell und unkritisch bereit gewesen, sich
iner Argumentation anzuschließen, ohne den viel grö-
eren eigentlichen Zusammenhang sehen zu wollen. Es
st auffällig, dass die Verantwortlichen der Herero eine
uf ihre Bevölkerungsgruppe besonders konzentrierte Ent-
icklungszusammenarbeit ablehnen und nach 104 Jahren

uf Ausgleichszahlungen bestehen.

Die Forderung nach einseitiger Aufarbeitung deut-
cher Geschichte ist jedoch nur eine Seite der Medaille.
s geht, so möchte ich vermuten, nicht nur um die For-
erungen einzelner Bevölkerungsgruppen nach massiver
inanzieller Wiedergutmachung; es geht vor allem auch
m ein drängendes Problem der namibischen Innenpoli-
ik. Den Hintergrund bildet die gesellschaftliche Krise,
ie droht, wenn Namibia seine Landreform nicht zügig
nd erfolgreich umsetzen kann. Es ist das Interesse vie-
er Beteiligter, sich hierbei gut zu positionieren.

Es geht wohl auch um die Frage: Wem gehört das He-
ero-Land heute, und wem soll es zukünftig gehören?

er kann es sich leisten, den Grund und Boden heute zu






(A) )



(B) )


Anke Eymer (Lübeck)

kaufen, Herero, Nama, San oder Ovambo oder Weiße
oder andere?

Das ist der Hintergrund, vor dem auch die Entschei-
dung der Nationalversammlung im Oktober 2006 und
die geänderte Position der Regierung beleuchtet werden
kann. Sich für diesen Prozess der Landreform mit or-
dentlichen Finanzmitteln auszustatten, ist etwas ganz an-
deres als die geforderte moralische Aufarbeitung deut-
scher Geschichte.

Diese aktuellen Hintergründe in Namibia in einem
Antrag und einer Debatte nicht zu nennen, wäre dumm
und kurzsichtig. Die Zusammenarbeit zwischen unseren
Ländern sollte nicht so einseitig und kurzsichtig sein.
Wenn überhaupt, dann geht es um eine Entwicklungszu-
sammenarbeit mit dem Ziel, die Zukunftschancen der
namibischen Bevölkerung insgesamt zu verbessern.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Partikularinteressen zu bedienen, ist nicht verantwortbar.

Hier einen Versöhnungsdialog voranzubringen, in
dem alle Beteiligten zu Wort kommen, das arbeitet Ge-
schichte sinnvoll auf. Hier Entwicklungszusammenar-
beit auszuweiten, Berufschancen und Infrastruktur zu
fördern, gemeinsame Strategien gegen die drohende
Aidspandemie voranzutreiben, das sichert Zukunfts-
chancen. Das ist der große Rahmen, in den die heutige
Debatte eigentlich gehört. Das ist ein Feld, in dem die
Bundesrepublik Gesprächs- und Handlungsangebote ge-
macht hat und weiterhin macht.

Sich einseitig zu einem Zahlmeister für wenige ma-
chen zu lassen und deutsche Geschichte nicht in einem
größeren Zusammenhang europäischer Kolonialge-
schichte und deren Aufarbeitung zu sehen, das ist der
falsche Ansatz. Bei den afrikanischen Partnern – nicht
nur in Namibia – gibt es einen wichtigen Konsens. Für
eine gleichberechtigte Zusammenarbeit und für ein er-
starkendes afrikanisches Selbstbewusstsein ist das of-
fene Eingestehen von Fehlern wichtig und unverzicht-
bar. Dazu zählen auch die grausamen Verbrechen
deutscher Truppen in den wenigen Jahren deutscher Ko-
lonialzeit ebenso wie die der anderen europäischen Län-
der. Dabei wird von afrikanischer Seite diesem offenen
Eingestehen von Fehlern weit mehr Bedeutung beige-
messen als partiellen materiellen Forderungen.

Ich bin überzeugt, Deutschland wird sich auch wei-
terhin seiner Verantwortung gegenüber Namibia be-
wusst sein. Ich zweifle nicht daran, dass die Frage einer
gemeinsamen Geschichtsaufarbeitung auch vor dem
Hintergrund der Entscheidung der namibischen Natio-
nalversammlung vom 26. Oktober 2006 in einem part-
nerschaftlichen Dialog zu lösen sein wird.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


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(C (D Hüseyin Aydin ist der nächste Redner für die Fraktion ie Linke. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Austra ien, in Kanada und gestern in Neuseeland haben sich die egierungschefs bei den Ureinwohnern ihres Landes für rlittenes Unrecht entschuldigt. Das wurde in den deutchen Medien weithin berichtet. Nur eines bekommen ir nicht zu hören, nämlich dass sich die Bundesregie ung zu den Kolonialverbrechen bekennt, die im deutchen Namen verübt worden sind. Keine Regierung von denauer bis Merkel hat bis heute anerkannt, dass an en Völkern der Herero und Nama in den Jahren 1904 is 1908 ein Völkermord verübt wurde. Völkermord ist ein Verbrechen, das die gemeinsame ufarbeitung aller Demokraten erfordert. Deshalb haben ir im November 2006 allen anderen Fraktionen vorge chlagen, einen gemeinsamen Antrag zur Aufarbeitung er Kolonialverbrechen einzubringen. Keine Fraktion at darauf reagiert. Das zeigt Ihre Ignoranz gegenüber er deutschen Geschichte. s ist gut, dass sich nun die Grünen bewegen und einen ntrag zur Aufnahme eines deutsch-namibischen Parlaentsdialogs eingebracht haben. Das unterstützen wir. llerdings ist es schon etwas peinlich, wenn Frau Eid arin als diejenige hochstilisiert wird, die als Leiterin der ADC-Parlamentariergruppe bereits 1995 den Völkerord anerkannt habe. Tatsächlich findet sich im Proto oll ihres damaligen Namibia-Besuches kein Wort vom enozid. Stattdessen heißt es dort, Wiedergutmachungs orderungen seien – Zitat – „nicht akzeptabel“. Im April hielt sich Bundestagspräsident Lammert in amibia auf. Selbst auf Nachfrage mochte auch er das ort „Völkermord“ nicht einmal aussprechen. Warum erleugnen Bundestagspräsident, Bundesregierung und undestag die historische Wahrheit? Sie haben Angst, ass daraus rechtliche Wiedergutmachungsforderungen bgeleitet werden könnten. Das zeigt doch nur eines, ämlich dass diese Forderungen berechtigt sind. Warum ollten Sie sich sonst weigern, über etwas zu sprechen, as längst historisch bewiesen ist? Unser Antrag zwingt Sie, sich im Bundestag zu äuern. In der ersten Lesung hatten die Regierungsparteien ur die üblichen Ausreden wie heute parat. Angeblich abe sich der Bundestag 1989 und 2004 in einstimmig ngenommenen Anträgen mit dem Thema beschäftigt. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Natürlich!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617231300

(Beifall bei der LINKEN)

Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617231400

(Brunhilde Irber [SPD]: Da irren Sie sich!)


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Christoph Strässer [SPD]: Machen wir!)


as ist falsch. In beiden Anträgen wurde zwar die be-
ondere Verantwortung für Namibia bekräftigt. Nur
azu, woraus sich diese Verantwortung ableitet, sagten






(A) )


)

Hüseyin-Kenan Aydin
Sie nichts. Von einem Völkermord ist darin nicht die
Rede. Auch der Vernichtungsbefehl des Generals von
Trotha wurde verschwiegen. Ich sage: Diese Anträge
sind kein Beitrag zur Aufarbeitung der Kolonialverbre-
chen, sondern eine Beleidigung der Völker der Nama
und Herero.

Schließlich gibt es die Legende, die Herero seien in
dieser Frage selbst zerstritten und Chief Riruako sei iso-
liert. Auch das ist falsch. Die Deutsche Botschaft in
Windhuk wies die Bundesregierung im letzten Herbst
ausdrücklich darauf hin, dass sich der im Diplomaten-
deutsch als gemäßigt bezeichnete Chief Maharero offen
hinter die Forderung nach Wiedergutmachung gestellt
hat – ebenso wie die Vertreter der Nama. Seit Dezember
2007 gibt es dazu ein gemeinsames Positionspapier der
Repräsentanten beider Völker.

Kurzum: Die Taktik der Bundesregierung, die Opfer
des deutschen Kolonial- und Vernichtungskrieges gegen-
einander auszuspielen, ist am Ende. Nama-Chief
Frederick klagte im vergangenen Monat öffentlich an –
Zitat –: „Meine Großmutter wurde erschossen, als sie ihr
Baby an sich drückte. Auch das Baby wurde von den
Deutschen ermordet.“ Ich sage Ihnen: Die Nachfahren
der Opfer dieser Verbrechen werden nicht ruhen, bevor
sie aus dem Mund einer Kanzlerin oder eines Kanzlers
oder des Bundestages hören: „Ich bitte im Namen des
deutschen Volkes um Verzeihung.“


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617231500

Die Kollegin Kerstin Müller gibt ihre Rede zu Pro-

tokoll1). Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kolle-
gin Brunhilde Irber für die SPD-Fraktion.


Brunhilde Irber (SPD):
Rede ID: ID1617231600

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Mehr als 100 Jahre sind seit der bluti-
gen Niederschlagung der Aufstände im damaligen
Deutsch-Südwestafrika vergangen. Die Ereignisse von
damals bestimmen nach wie vor unsere Beziehungen zur
heutigen Republik Namibia. Dass sich die Beziehungen
zwischen Deutschland und Namibia seit der namibi-
schen Unabhängigkeit im Jahre 1990 trotzdem so
freundschaftlich und umfassend entwickelt haben, liegt
unter anderem daran, dass sich Deutschland stets zu sei-
ner historischen Verantwortung bekannt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Umso ärgerlicher ist es, dass die Linke heute ver-
sucht, aus der Vergangenheit politisches Kapital zu
schlagen. Herr Kollege, ich finde es nicht in Ordnung,
wie Sie das hier vorgetragen haben.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor allem die, die aktuelle Völkermorde nicht verhindern wollen!)


Ich möchte daher heute Abend die Gelegenheit nutzen,
um das deutsche Engagement für Namibia zu würdigen
und offensichtliche Missverständnisse auszuräumen.

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1) Anlage 5

(C (D Grundstein für die positive Entwicklung des deutschamibischen Verhältnisses ist die Namibia-Entschlieung des Deutschen Bundestages von 1989. Der Bunestag forderte die Bundesregierung also bereits vor der ominellen Unabhängigkeit Namibias auf, mit dem euen Staat eine Sonderbeziehung zu entwickeln und zu flegen. Ergänzt wurde diese Entschließung im Jahre 004 durch eine Vereinbarung, in der die besondere erantwortung Deutschlands gegenüber Namibia ausrücklich anerkannt wird. Deutschland hat somit seiner olonialen Vergangenheit im Einverständnis mit der naibischen Regierung Rechnung getragen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Dieses Einverständnis findet seinen Ausdruck in der
orm einer besonders intensiven Entwicklungszusam-
enarbeit. So hat Namibia seit seiner Unabhängigkeit

m Vergleich zu anderen afrikanischen Partnerländern
ehr hohe finanzielle Zuwendungen erhalten. Die Bun-
esrepublik ist seit der Unabhängigkeit im Jahre 1990
er größte bilaterale Geber des Landes. Pro Kopf erhält
amibia die meisten deutschen Entwicklungshilfemittel
on allen Ländern in Afrika.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Kennzeichnend für das deutsche Engagement ist aber
icht nur die staatliche Entwicklungshilfe, sondern auch
ine Vielfalt privater Initiativen und Aktivitäten von
ichtregierungsorganisationen. Das Gesamtvolumen al-

er deutschen finanziellen Zusagen an Namibia seit der
nabhängigkeit beträgt mehr als 500 Millionen Euro.
arüber hinaus leistet Deutschland als maßgeblicher
inanzier der Gemeinschaftshilfe der EU sowie den mul-

ilateralen Entwicklungsorganisationen indirekt weitere
inanzielle Unterstützung.

Deutschland hat es nicht bei der finanziellen Unter-
tützung belassen. Wohl wissend, dass Geld allein das
ährend der Kolonialzeit erlittene Unrecht nicht unge-

chehen machen kann, hat die Bundesregierung gemein-
am mit dem Deutschen Bundestag bereits vor vier Jah-
en eine Versöhnungsinitiative auf den Weg gebracht.
nlässlich der Gedenkfeiern zum 100. Jahrestag des
erero-Aufstands im Jahre 2004 bat Bundesministerin
ieczorek-Zeul im Namen der Bundesregierung die Op-

er offiziell um Vergebung:


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die damaligen Gräueltaten waren das, was heute
als Völkermord bezeichnet würde … Wir Deut-
schen bekennen uns zu unserer historisch-politi-
schen, moralisch-ethischen Verantwortung und zu
der Schuld, die Deutsche damals auf sich geladen
haben. Ich bitte Sie im Sinne des gemeinsamen
„Vater unser“ um Vergebung unserer Schuld. Ohne
bewusste Erinnerung, ohne tiefe Trauer kann es
keine Versöhnung geben.

o damals die Bundesministerin.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(B)







(A) )



(B) )


Brunhilde Irber
Dies könnte man mit dem Kniefall Willy Brandts in
Warschau vergleichen. Es war eine Verneigung vor dem
namibischen Volk.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre eine Chance für Frau Merkel, da mal hinzufahren!)


Die SPD hat diese Initiative zur Versöhnung von An-
fang an unterstützt. Bereits im Juni 2004 brachte sie in
der bereits erwähnten Entschließung ihr tiefes Bedauern
und ihre Trauer gegenüber den Nachkommen der Opfer
zum Ausdruck. Deshalb befürworten wir konsequent die
Bereitstellung von 20 Millionen Euro für die deutsche
Versöhnungsinitiative. Diese Mittel werden – wie Herr
Staatsminister Gloser bereits ausgeführt hat – allen
Volksgruppen zugutekommen, vor allem denen, die einst
in besonderem Maße von der deutschen Kolonialherr-
schaft betroffen waren. Die Fraktion Die Linke blendet
diese positiven Zeichen offensichtlich aus.

So wirft die Linke der Bundesregierung unter ande-
rem vor, dass die von den Herero vorgebrachten Klagen
gegen deutsche Unternehmen, die an der kolonialen
Ausbeutung beteiligt waren, ohne Folgen blieben. Tat-
sächlich haben im September 2001 200 Herero auf der
Grundlage des Alien Tort Claims Act vor dem Bezirks-
gericht in Columbia, USA, drei deutsche Unternehmen
verklagt. Allerdings vergisst die Linke, dass alle Klagen
entweder zurückgenommen oder rechtskräftig abgewie-
sen wurden.

Anstatt auf das uns Trennende zu verweisen, wäre es
mir ein besonderes Anliegen, unsere Verbindungen mit
Namibia zu stärken. Ich wünsche mir daher für die Zu-
kunft einen intensiven Dialog zwischen dem Deutschen
Bundestag und unseren Kollegen im namibischen Parla-
ment.

Ein solcher parlamentarischer Dialog, der auch Ver-
treter der damals betroffenen Bevölkerungsgruppen ein-
beziehen muss, wäre ein wichtiger Impuls zu einem um-
fassenden gesellschaftlichen Dialog zwischen Deutschen
und Namibiern. Wir von der SPD sind hierzu bereit.

Herzlichen Dank! Herr Präsident, auch Ihnen herzli-
chen Dank!


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617231700

Ich schließe die Aussprache.

Da der Kollege Aydin vorhin ausdrücklich auf meinen
Besuch in Namibia vor wenigen Wochen Bezug genom-
men hat, erlaube ich mir den Hinweis, dass die gerade zi-
tierten damaligen Äußerungen der Bundesministerin
Wieczorek-Zeul in Namibia auf alle führenden Reprä-
sentanten dieses Staates offenkundig mehr Eindruck hin-
terlassen haben als auf Sie, Herr Kollege Aydin.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärti-
gen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke
mit dem Titel „Anerkennung und Wiedergutmachung

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(C (D er deutschen Kolonialverbrechen im ehemaligen eutsch-Südwestafrika“. Der Ausschuss empfiehlt in einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/8418, en Antrag der Fraktion Die Linke auf der Druckache 16/4649 abzulehnen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit den timmen aller Fraktionen mit Ausnahme der Fraktion ie Linke bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die rünen angenommen. Wir kommen zu Zusatzpunkt 7. Hier wird interfraktioell die Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/9708 n die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse orgeschlagen. Sind Sie hiermit einverstanden? – Das ist ffenkundig der Fall. Dann ist die Überweisung so bechlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses – zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 2006 – Vorlage der Haushaltsund Vermögensrechnung des Bundes – zu der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2007 zur Haushaltsund Wirtschaftsführung des Bundes (einschließlich der Feststellungen zur Jahresrechnung 2006)


(Jahresrechnung 2006)


– Drucksachen 16/4995, 16/7100, 16/7376 Nr. 3,
16/9640 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Bernhard Brinkmann (Hildesheim)


Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
eden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die
olleginnen und Kollegen Steffen Kampeter, Bernhard
rinkmann, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Gesine Lötzsch
nd Alexander Bonde.


Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1617231800

Die Beratung zur Entlastung der Bundesregierung für

as Haushaltsjahr 2006, die heute auf der Tagesordnung
teht, erfolgt in einem gut eingespielten Verfahren. Der
undesrechnungshof hat wie bisher auch umfangreiche
rüfungen durchgeführt und zahlreiche Bemerkungen er-
rbeitet. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle bedan-
en. Über die Details der Prüfungsergebnisse haben wir
n den Ausschüssen intensiv beraten. Ingesamt sind wir zu
er Auffassung gelangt, dass keinerlei Bedenken beste-
en und daher die Entlastung der Bundesregierung für
006 erfolgen kann.

Auf zwei wesentliche Aspekte, die der Bundesrech-
ungshof im Rahmen seiner Prüfungen angesprochen
at, möchte ich zunächst kurz eingehen. So hat er erneut


(A) )



(B) )

die sogenannte Fifo-Methode bei der Inanspruchnahme
der Kreditermächtigung kritisiert, nach der bei der Kre-
ditaufnahme zuerst die noch nicht beanspruchten Er-
mächtigungen des Vorjahrs in Anspruch genommen wer-
den. Die Koalition hat diesen Bedenken Rechnung
getragen und mit dem Haushalt 2008 eine Neuregelung
im Sinne des Bundesrechnungshofs umgesetzt. Dies mag
auf den ersten Blick als eine rein bürokratische Frage-
stellung angesehen werden; jedoch zeigt die Neuregelung
eine neue Qualität in der Haushaltspolitik: Die Neurege-
lung lässt noch nicht in Anspruch genommene Krediter-
mächtigungen aus früheren Haushaltsjahren schneller
verfallen und stärkt daher das Budgetrecht des Parla-
ments in besonderer Weise.

Weiterhin hat uns der Bundesrechnungshof auf die un-
befriedigende Praxis bei der Anwendung des Grundsat-
zes der Wirtschaftlichkeit hingewiesen. Die von ihm auf-
gezeigten Mängel können so nicht hingenommen werden.
In allen Bereichen der Bundesverwaltung muss ein wirt-
schaftlicher Umgang mit Haushaltsmitteln durch die An-
wendung entsprechender Methoden der Wirtschaftlich-
keitsuntersuchungen sichergestellt sein. Daher müssen
Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit einge-
leitet werden. Der Bürger muss sich darauf verlassen
können, dass wir wirtschaftlich mit seinen Steuergeldern
umgehen. Die Bundesregierung ist hier gefordert, die Vo-
raussetzungen für die uneingeschränkte Beachtung des
Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit in allen Bundesbehör-
den und -einrichtungen zu verschaffen.

2006 war das Jahr, in dem Deutschland – erstmals seit
2001 – mit 1,6 Prozent Anteil des gesamtstaatlichen De-
fizits am Bruttoinlandprodukt unterhalb der 3-Prozent-
Grenze des Europäischen Stabilitäts- und Wachstums-
pakts lag. Die Schuldenstandsquote hatte sich bei 68 Pro-
zent des Bruttoinlandprodukts stabilisiert. Im Juni 2007
– also erst vor einem Jahr – hat daraufhin die EU das seit
2002 laufende Defizitverfahren gegen Deutschland ein-
gestellt. Gesamtwirtschaftlich hat Deutschland dann für
2007 eine Null als Defizit an die EU melden können. Und
auch für dieses Jahr stehen die Chancen gut, diesen Wert
zu erreichen. In dieser kurzen Zeit ist es der Regierung
gelungen, vom Defizitsünder zum Musterknaben zu wer-
den. Wir setzen hier europaweit „Benchmarks“! Das ist
die Erfolgsstory der unionsgeführten Großen Koalition.

Letztlich haben die Konsolidierungsanstrengungen
der letzten Jahre dazu geführt, dass wir endlich Licht am
Ende des Tunnels sehen: Bis spätestens 2011 wollen wir
einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen, den ers-
ten seit 1969. Dies wurde 2006 noch nicht für möglich ge-
halten. Damit legen wir auch den Grundstein für eine
tragfähige Lösung und den Erfolg der Föderalismus-
reform. Wir brauchen dringend eine wirksame Schulden-
bremse, um dauerhaft eine nachhaltige Haushalts- und
Finanzpolitik umzusetzen. Dies hat uns das Bundesver-
fassungsgericht in seinem letztjährigen Urteil zum Bun-
deshaushalt 2004 bestätigt.

Konsolidierung ist aber kein Selbstzweck. Das hat et-
was mit Generationengerechtigkeit zu tun. Schulden
heute bedeuten Belastungen morgen. Statt unsere Kinder
mit Zins- und Tilgungslasten auf einem riesigen Schul-

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Zu Protokoll ge

(C (D enberg sitzen zu lassen, müssen wir gegensteuern. Nur o schaffen wir die notwendigen Freiräume, um zukunftserichtete Investitionen zu ermöglichen und unsere Bürer bei der Abgabenund Steuerlast wirksam zu entlasen. Von den im letzten Jahr geschätzten Steuermehreinahmen für die Jahre 2007 bis 2011 in Höhe von etwa 00 Milliarden Euro haben wir rund 60 Prozent zur Konolidierung genutzt. Jedoch gehören zum politischen reiklang der Großen Koalition auch das Investieren und as Reformieren. Daher haben wir auch einen Teil der teuermehreinnahmen investiert, zum Beispiel zur Stabiisierung der Beitragssätze bei der gesetzlichen Krankenersicherung und damit zur Senkung der Lohnnebenkosen. Aber auch andere zukunftsgerichtete Investitionen aben wir angestoßen, wie in Forschung und Bildung, für ie Betreuung der unter Dreijährigen oder in entwickungsund klimapolitische Leistungen. Insgesamt haben ir so die Investitionen gegenüber dem Jahr 2006 um und 10 Prozent steigern können. Auch finanzieren wir us den genannten Steuermehreinnahmen die bereits bechlossenen Ausgaben wie BAföGoder Wehrsolderhöungen oder die Tarifanhebungen im öffentlichen Dienst. Die Unternehmensteuerreform 2008 und andere Reormvorhaben der Großen Koalition der jüngsten Zeit ragen dazu bei, die Grundlage für das insgesamt günsige Wirtschaftswachstum zu legen. Die Konjunktur hat ich überraschend robust gezeigt und bisher die Turbuenzen um Finanzmarktkrise, Energiepreiserhöhung und tarken Euro erfreulich gut gemeistert. Dank unserer Poitik ist die Wirtschaft gut aufgestellt. Insgesamt ist die ntlastung von Unternehmen und Beschäftigten seit 2006 eutlich vorangeschritten. So wurde auch der Beitragsatz zur Arbeitslosenversicherung von ursprünglich ,5 Prozent auf jetzt 3,3 Prozent nahezu halbiert. Weitere enkungen streben wir an. Dies alles trägt zur Verbesserung der Nachhaltigkeit nserer Finanzen bei. Das ist auch dringend notwendig, ollen wir unseren Kindern und Enkeln nicht einen rümmerhaufen hinterlassen. Der Nachhaltigkeitsbeicht des Bundesfinanzministers, der Anfang Juni veröfentlicht wurde, bestätigt dies. Er zeigt aber auch auf, ass wir begonnene Reformen nicht einfach zurückchrauben dürfen, wenn wir unseren Erfolg nicht gefähren wollen. Vielmehr bestätigt dies, dass Reformen greien und wir an dieser Stelle nicht stehen bleiben dürfen. Obwohl wir uns heute mit dem Jahr – genauer gesagt em Haushaltsjahr 2006 – befassen, sind die Bemerkunen des Bundesrechnungshofes und die Beratungen des echnungsprüfungsausschusses hierzu keineswegs rückärtsgewandt, geht es doch darum, Maßnahmen einzu eiten, die in der Zukunft ihre positive Wirkung entfalten ollen. Nach der entsprechenden Beschlussfassung im Auschuss wird es in einer Vielzahl von Fällen dazu kommen, ass Organisationsstrukturen verbessert, Konzepte überrüft, Verfahren gestrafft und überarbeitet, Ansatzpunkte er Fachaufsicht geschärft, finanzielle Rückforderungen Steffen Kampeter gebene Reden des Bundes eingeleitet oder Arbeitsgruppen zur Lösung komplexer Sachverhalte eingerichtet werden. Neben solchen konkreten Einzelfällen, die ein Ressort oder auch das Handeln einer bestimmten Behörde betreffen, finden sich stets übergreifende Aspekte. In seinen aktuellen Bemerkungen hat der Bundesrechnungshof erneut die Verpflichtung zu angemessenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für alle finanzwirksamen Maßnahmen hervorgehoben. Diese Verpflichtung folgt aus dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, das mit seiner Nennung in Art. 114 Abs. 2 des Grundgesetzes Verfassungsrang hat. Hier haben die Prüfungen manchen Mangel ans Licht gebracht. Die Beratung im Ausschuss hat jedoch nicht nur zu dem Ergebnis geführt, dass alle Bundesministerien aufgefordert werden, für noch sachgerechtere und nachvollziehbarere Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bezüglich jeder finanzwirksamen Maßnahme in ihrem Geschäftsbereich zu sorgen. Vielmehr wurde auch festgestellt, dass Mängel bei den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ihre Ursachen auch darin haben, dass Regelungen und Anforderungen unklar, zu kompliziert, nicht eingeübt oder schlicht nicht bekannt sind. Daher ist die Bundesregierung aufgefordert, hier ressortübergreifend Verbesserungsansätze aufzuzeigen. Dies können Eckpunkte im Verfahren, eine verbesserte Methodik oder auch Überlegungen zu einem IT-gestützten Verfahren sein. Gefordert sind in diesem Kontext betriebswirtschaftliche Qualifikationen in der Verwaltung und ein gezielter Einsatz gebündelten Wissens über Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Die Beschlüsse, die im Rechnungsprüfungsausschuss zu diesem Punkt und auch in der weit überwiegenden Zahl der übrigen Fälle gefasst wurden, erfolgten einvernehmlich. Auch wenn in Einzelfällen – insbesondere wenn es um gesetzgeberische Maßnahmen ging, die der Bundesrechnungshof angeregt hatte – politische Grundsatzpositionen der Fraktionen ein solches Einvernehmen nicht erlaubten, ist doch die vielfach erzielte Einigkeit ein Beleg dafür, dass hier tatsächlich parlamentarische Kontrolle des Regierungshandelns stattfindet. Von übergreifender Bedeutung ist stets auch die Analyse der finanzwirtschaftlichen Entwicklung, die die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes liefern. Positiv ist hier zunächst der weitere Rückgang der Nettokreditaufnahme zu verzeichnen. Im Rahmen der laufenden Finanzplanung soll – und an diesem Ziel gilt es festzuhalten – bis 2011 erstmals wieder ein ausgeglichener Bundeshaushalt ohne weitere neue Schulden erreicht werden. Auch im Hinblick auf die Europäische Wirtschaftsund Währungsunion entwickeln sich die Kennzahlen positiv. Die Quote für das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Defizit und dem Bruttoinlandsprodukt lag mit 1,6 Prozent erstmals seit 2001 wieder deutlich unter dem Referenzwert von 3 Prozent. Das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schuldenstand und dem Bruttoinlandsprodukt liegt jedoch – obwohl ebenfalls rückläufig – mit 66 Prozent immer noch über dem Referenzwert von 60 Prozent. Diese weitgehend positive Entwicklung kann allerdings über die weiterhin bestehenden strukturellen Probleme des Haushalts nicht hinwegtäuschen. Die konsumtiven Ausgaben übertreffen die Investitionen um ein M b d d 5 2 n d e B g D l B ü d k G d F W d r a e b 3 b h i a r A u B t d s d d K d N h z z V k L p l i s S s f Zu Protokoll ge (C (D ehrfaches. Sozialund Zinsausgaben sind dabei die eiden größten Ausgabenblöcke. Daher gibt es insbesonere im Bereich der konsumtiven Ausgaben zum Konsoliierungskurs der großen Koalition keine Alternative. 2006 lag die Nettokreditaufnahme immer noch um ,2 Milliarden Euro über den Investitionsausgaben von 2,7 Milliarden Euro. Dafür lassen sich gute Gründe beennen, die dies als zur Abwehr einer drohenden Störung es gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts notwendig rscheinen lassen. Das ist allerdings auch ein weiterer eleg dafür, dass die Kreditbegrenzungsregel des Grundesetzes in der Praxis weitgehend wirkungslos bleibt. ieser Umstand führt unmittelbar zur Arbeit der Födera ismuskommission, die einheitliche Schuldengrenzen für und und Länder vorschlagen wird. Nur stringente und berprüfbare Anforderungen werden eine Ausweitung er Neuverschuldung in der Zukunft wirksam eindämmen önnen. Die von Peter Struck und Ministerpräsident ünther Oettinger vorgelegten Eckpunkte weisen hier in ie richtige Richtung. Allerdings sind noch zahlreiche ragen offen, und die Zeit drängt, um in der laufenden ahlperiode zu einem Ergebnis zu gelangen. Die Arbeit es Bundesrechnungshofes allein kann eine Konsolidieung des Bundeshaushalts nicht herbeiführen. Auch wenn lle seine Vorschläge für Minderausgaben und Mehrinnahmen realisiert werden könnten, ließen sich Veresserungen in einer Größenordnung von lediglich 2 bis Milliarden Euro realisieren. Bei den strukturellen Pro lemen, die weit größer sind, kann der Bundesrechnungsof nur auf die Probleme hinweisen. Die Beratungen in der Föderalismuskommission und m Rechnungsprüfungsausschuss berühren einander uch in einem weiteren zentralen Punkt: Der Bundesechnungshof stellt bei seinen Prüfungen im Bereich der llgemeinen Finanzverwaltung immer wieder Mängel nd Herausforderungen in der Zusammenarbeit zwischen und und Ländern bei der Steuererhebung fest. Die Hin ergründe sind vielfältig. Kern der Problematik sind jeoch die ausgesprochen verflochtenen Strukturen zwichen Bund und Ländern. Die Länder vollziehen hier die entsprechenden Bunesgesetze. Sie sind auch für den Behördenaufbau und as Personal zuständig und müssen die entstehenden osten tragen. Allgemeine Verwaltungsvorschriften kann er Bund nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen. ach der ersten Stufe der Föderalismusreform ist immerin klargestellt, dass das Bundesministerium der Finanen allgemeine fachliche Anweisungen, gemeinsame Vollugsziele, einheitliche Verwaltungsgrundsätze und orgaben zum Einsatz von IT-Programmen erlassen ann. Dies gilt jedoch nur, wenn nicht die Mehrheit der änder widerspricht. Dadurch sind auch weiterhin komlizierte und langwierige Abstimmungsprozesse erforderich. Die Länder vertreten dabei – berechtigterweise – hre eigenen Interessen. Der gegenwärtige Länderfinanzausgleich veranlasst owohl Geberals auch Nehmerländer, jeweils die eigene teuerkraft zu schonen. Durch den Vollzug der Steuergeetze soll die Wirtschaft des eigenen Landes möglichst geördert werden. Sparzwänge haben unter anderem in den Bernhard Brinkmann gebene Reden Finanzämtern dazu geführt, dass der Personalbestand seit 2000 um fast 13 Prozent reduziert worden ist, obwohl Aufgaben und Anforderungen nicht gesunken sind. Vor diesem Hintergrund begrüße ich ausdrücklich, dass in den Eckpunkten zur zweiten Stufe der Föderalismusreform die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern angegangen wird. Wenn es hier gelingt, Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung klar auf die einzelnen Ebenen zu verteilen, verbindliche sowie einheitliche Standards zu etablieren und Doppelarbeit zu vermeiden, kann bereits eine Menge erreicht werden. Weitergehende Empfehlungen wie die nach der Einrichtung einer Bundessteuerverwaltung beinhalten zwar die Aussicht auf weit bedeutendere Verbesserungen und sollten daher für die weitere Diskussion im Auge bleiben. Eine – auch nur mittelfristige – Umsetzung dieser Pläne würde jedoch weitreichende Einschnitte und Umgestaltungen der etablierten Strukturen erfordern. Wir sollten daher so zeitnah wie möglich umsetzen, was machbar und sachdienlich ist. Denjenigen, die das als Stückwerk kritisieren, sei gesagt, dass große Konzepte, deren Umsetzung dann auf halbem Wege stecken bleiben, weniger bewirken, als kleinere aber in naher Zukunft zu erreichende Fortschritte. Lassen Sie mich abschließend noch festhalten, dass der Bundesrechnungshof bei seiner Prüfung der Jahresrechnung 2006 keine für die Entlastung wesentlichen Abweichungen festgestellt hat und Einnahmen und Ausgaben fast ohne Ausnahme ordnungsgemäß belegt waren. Die Bundesregierung hat zudem versichert, sie werde die gefassten Beschlüsse und die Anregungen des Bundesrechnungshofes mit allen Ressorts gemeinsam umsetzen. Der Rechnungsprüfungsausschuss wird diesen Prozess verfolgen und begleiten. Einer Entlastung der Bundesregierung steht daher nichts entgegen. Ich bitte um Ihre Zustimmung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Der Bundesetat für das Jahr 2006 ist ein Sinnbild der grundsätzlich verfehlten Haushaltspolitik der Großen Koalition. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Aufgrund steigender Steuereinnahmen lagen die Einnahmen mit 233 Milliarden Euro fast 10 Milliarden höher als in der Planung veranschlagt. Trotz dieser positiven Entwicklung nahm die Regierung immer noch fast 28 Milliarden Euro neue Schulden auf – und verstieß damit erneut gegen das Grundgesetz. Die Summe der Neuverschuldung darf nach der Verfassung nicht höher als die Ausgaben für Investition liegen. 2006 wurden 22,7 Milliarden Euro investiert – die Neuverschuldung lag also mehr als 5 Milliarden Euro über dem erlaubten Wert. 2006 war damit das fünfte Jahr in Folge, in dem diese Regelkreditgrenze des Art. 115 des Grundgesetzes überschritten wurde! Eigentlich ein Fall für das Bundesverfassungsgericht. Das Gericht hat schon in seiner Entscheidung zur Klage von FDP und Union zum Haushalt 2004 festgestellt: „An der Revisionsbedürftigkeit der geltenden verfassungsrechtlichen Regelungen ist gegenwärtig kaum noch zu z s v d H t ü k z 4 D b g i d k h n n b s w d z l G h d S N s w l s s M i S g m K e V d t d h t l B g w a c Zu Protokoll ge (C (D weifeln“: In der Tat hat sich der Art. 115 des Grundgeetzes als völlig zahnloser Tiger zur Begrenzung der Neuerschuldung erwiesen. Die Folge: Der öffentliche Schulenberg wächst und wächst. Aktuell sind die öffentlichen aushalte mit rund 1,5 Billionen verschuldet. Das bedeu et, dass jeder Bundesbürger, vom Baby bis zum Greis, mit ber 18 000 Euro in der Kreide steht. Diese Schulden, die wir heute aufbauen, müssen zuünftige Generationen über noch höhere Steuern abbeahlen. Schon jetzt werden im Bundeshaushalt über 0 Milliarden Euro nur für Zinszahlungen ausgegeben. as ist nach den Sozialausgaben der zweitgrößte Ausgaenposten. Diese ständig steigenden Lasten aus der Verangenheit nehmen uns den Spielraum für Investitionen n die Zukunft, für dringend benötigte Investitionen in Bilung, Infrastruktur oder Klimaschutz. Angesichts dieser Situation ist ein radikales Umdenen in der Schuldenpolitik nötig. Wir müssen endlich aufören, unsere Ausgaben über immer neue Schulden zu fianzieren. Die Kreditaufnahme darf nicht länger ein ormales Instrument zur Finanzierung der Staatsausgaen sein. Die FDP fordert ein striktes Verbot der Neuverchuldung – im Grundgesetz festgeschrieben. So schaffen ir eine klare und unmissverständliche Regel: Der Staat arf nur das ausgeben, was er einnimmt! Umso enttäuschender ist das, was die beiden Vorsitenden der Föderalismuskommission am Montag vorgeegt haben. Schuldenmachen soll bis zu einem bestimmten renzwert der Wirtschaftsleistung erlaubt bleiben. Das eißt: Bessere Wirtschaftsleistung gleich höhere Schulen. Ein völlig untauglicher Vorschlag. Auch für den taat gilt der alte Satz: Spare in der Zeit, so hast du in der ot. Übrigens: Der von Finanzminister Steinbrück vorgechlagene Wert von 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung ürde bedeuten, dass der Bund immer noch über 14 Mil iarden Euro neue Schulden aufnehmen dürfte – ein Fortchritt ist das also nicht. Einen endgültigen Vorschlag oll nun eine Arbeitsgruppe erarbeiten, ganz nach dem otto: „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, dann gründ’ ch einen Arbeitskreis“. Hier zeigt sich, dass Union und PD kaum mehr die Kraft haben, wichtige Entscheidunen für unser Land gemeinsam zu treffen. Noch aber kann mit Mut und Weitsicht eine Reform für ehr Generationengerechtigkeit geschaffen werden. Die ommission muss jetzt möglichst schnell einen Gesetzntwurf vorbereiten, in den das von der FDP geforderte erschuldungsverbot eingearbeitet wird. Nicht nur bei er Verschuldung brauchen wir dringend einen Mentaliätswechsel, auch in der Frage der sparsamen Verwenung von Steuergeldern gibt es noch viel zu tun. In seinen Bemerkungen nennt der Bundesrechnungsof eine Reihe von Beispielen von teilweise verantworungsloser Geldverschwendung zulasten des Steuerzahers. 85 Prozent der vom Rechnungshof geprüften ehörden haben keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchunen angestellt, bevor Gelder für Projekte ausgegeben urden. Die Folge: Überflüssige Millionenausgaben in llen Bereichen. Die Regierung muss Verfahren entwikeln, um die Wirtschaftlichkeit ihrer Ausgaben streng zu Bernhard Brinkmann gebene Reden überprüfen. Es handelt sich schließlich um das Geld der Steuerzahler. Sparsamkeit bei den Ausgaben und eine grundlegende Reform der Einnahmen – das sind die Eckpfeiler einer soliden Haushaltspolitik. Die Bundesregierung ist nicht willens, eine ordnungs gemäße Haushaltsführung zu gewährleisten. Die Bundesregierung organisiert ihre Arbeit nicht effizient und neigt zur Verschwendung von Steuermitteln. Dafür einige Beispiele: Im November 2006 hat der Bundesrechnungshof festgestellt, dass Einkunftsmillionäre in einigen Bundesländern nur alle 30 Jahre geprüft werden. Warum? Sind die Prüfungen so unergiebig? Nein, im Gegenteil. Jede Prüfung bringt im Durchschnitt 135 000 Euro in die Steuerkassen. Man sollte meinen, das wäre für den Bundesfinanzminister und die Länderfinanzminister Anlass, die Prüfungsanstrengungen zu verstärken. Doch weit gefehlt. Der Bundesfinanzminister fürchtete angeblich mehr Bürokratie und lehnte jede Veränderung der Prüfungspraxis ab. Wenn man sich vorstellt, welche bürokratischen Monster diese Regierung hervorgebracht hat, dann ist diese Position schon mehr als anrüchig. Besonders leichtfertig ist die Bundesregierung gegenüber den Wünschen der Bundeswehr. Da ist fast alles möglich, was gegen den gesunden Menschenverstand verstößt. So wurden zum Beispiel Schulungshubschrauber beschafft, die für die Schulung nicht verwendbar sind. Es wurde ein Verwundetentransportsystem gekauft, das für Lufttransporte nicht einsatzfähig ist. Verantwortliche für dieses Desaster konnte und wollte die Bundesregierung nicht ausmachen. Verschwendung blieb wieder folgenlos. Bei manchen Vorgängen kann man einfach nicht glauben, dass nur Verschwendung dahintersteckt. So wurden zum Beispiel für die Abfertigung von Lufttransporten nach Afghanistan von der Bundeswehr in den Jahren 2005 und 2006 insgesamt 2 Millionen Euro an gewerbliche Anbieter gezahlt, obwohl ihre eigene Luftumschlagskapazitäten seit Jahren nicht ausgelastet sind. Der Witz ist, dass die Bundeswehr gar nicht weiß, welchen Bedarf sie an Luftumschlagsleistungen hat. Sie hat nicht einmal ein Konzept, wie die Luftumschlagleistungen mit eigenen und gewerblichen Kapazitäten gedeckt werden können. Das ist unglaublich. Doch nicht nur die Bundeswehr ist verschwenderisch im Umgang mit Steuermitteln. Der Bund gab 29 Millionen Euro für das Kunstund Kulturprogramm zur Fußballweltmeisterschaft aus. Dafür wurden viele Vereinbarungen geschlossen. Unverständlich ist, dass für 20 nur mündlich abgeschlossene Vereinbarungen eine genaue Dokumentation fehlt. Jeder Vereinskassierer muss für jeden Bleistift, den er kauft, eine Dokumentation anlegen, doch wenn es um 29 Millionen Euro geht, da kann man schon mal ungenaue mündliche Absprachen treffen. Nichts gegen Fußball – alle hatten viel Spaß während der Fußball-WM – doch nach der Party müssen die Rechnungen trotzdem stimmen. r B c d t r a h a h n H l 2 w e r s e d b t w a t D H p s u 5 B z h b b D s i h A t i w l d h d t D H w Zu Protokoll ge (C (D Das waren nur einige kleine Beispiele, die exemplaisch zeigen, wie gleichgültig und verschwenderisch die undesregierung mit Steuermitteln umgeht. Die Liste solher Beispiele ist lang und es ist nicht das Bemühen bei er Bundesregierung zu erkennen, diese Liste abzuarbeien. Die Linke wird deshalb einer Entlastung der Bundesegierung nicht zustimmen. Der Haushaltsausschuss und der Rechnungsprüfungs usschuss haben der Bundesregierung für den Bundesaushalt 2006 die Entlastung erteilt. Formal betrachtet, lso nach Bewertung der Ordnungsmäßigkeit der Hausaltsund Wirtschaftsführung, ist die Entlastung in Ordung. Die politisch-inhaltliche Bewertung des Zahlenwerks aushalt 2006 allerdings muss deutlich kritischer ausfal en. Die Große Koalition hat mit dem Bundeshaushalt 006 eine wichtige Chance vertan. Sie hat die positive irtschaftliche Entwicklung und die steigenden Steuerinnahmen nicht für eine haushaltspolitische Konsolidieungspolitik genutzt. Vor einem Jahr kritisierte der Kollege Fuchtel an dieer Stelle: „Aus Sicht unserer Enkel dürfte das Haushaltsrgebnis 2005 später einmal als Beitrag zur Belastung er künftigen Generationen eingeordnet werden.“ Rücklickend gewinnt man den Eindruck, dass dies keine Kriik, sondern eine Ankündigung für den Haushalt 2006 ar. Denn das Ergebnis des ersten von der Großen Kolition verantworteten Haushalts schränkt den Gestalungsspielraum zukünftiger Generationen erheblich ein. ie Große Koalition ist mit großen Ankündigungen in der aushaltspolitik angetreten, doch sie hat die haushaltsolitischen Risiken in diesem Bundeshaushalt nicht entchärft. Sie verlagert die Risiken vielmehr in die Zukunft. Ausgerechnet in einem Jahr mit positiver Wirtschaftsnd Steuerentwicklung lag die Nettokreditaufnahme um Milliarden Euro über den Investitionsausgaben. Der undesrechnungshof bezeichnet dies in seinem Bericht um Haushaltsergebnis 2006 als „Beleg für eine weitgeende Unwirksamkeit der verfassungsrechtlichen Kreditegrenzungsregel“. Dieser Satz sollte uns zu denken geen. Eine ehrliche Betrachtung des Haushalts 2006 zeigt: ie 3 Prozentpunkte Erhöhung des allgemeinen Umsatz teuersatzes und des Regelsatzes der Versicherungsteuer m Haushaltsjahr 2006 sind nahezu komplett in Hausaltslöcher geflossen. Die Absenkung des Beitrags zur rbeitslosenversicherung wurde durch beschlossene Bei ragssatzsteigerungen und erhebliche Beitragssatzrisiken n der gesetzlichen Krankenund Rentenversicherung ieder aufgezehrt. Diese Politik einer fehlenden Konso idierung im Haushalt 2006, einer massiven Ausweitung er Nettokreditaufnahme, einer Mehrwertsteuererhöung, die Haushaltslöcher stopft, und eines zu erwartenen Nullsummenspiels bei den Sozialversicherungsbeirägen ist keineswegs nachhaltig und zukunftsweisend. aran ändert auch nichts, dass die Große Koalition ihre aushaltsund Finanzpolitik regelmäßig als zukunftseisend zu verkaufen versucht. Dr. Claudia Winterstein gebene Reden Alexander Bonde Durch gezielte Anstrengungen, konkrete Konsolidierung und Haushaltsdisziplin hätten sich durch verschiedene Maßnahmen in jedem Ministerium in der Summe große Etatverbesserungen realisieren lassen. Kurzfristig umsetzbar im Haushaltjahr 2006 waren Ausgabenkürzungen in einer Höhe von rund 2,3 Milliarden Euro. Durch den Abbau von Steuervergünstigungen und Subventionen wäre darüber hinaus eine kurzfristige Verbesserung des Haushaltes 2006 um weitere 2 Milliarden Euro möglich gewesen, aufwachsend auf rund 4,5 Milliarden Euro in kommenden Haushaltsjahren. Das durch die Grüne Bundestagsfraktion vorgelegte Zukunftshaushaltsgesetz unterbreitet der Haushaltspolitik klare Vorschläge, wie durch konjunkturgerechtes Wirtschaften über einen Konjunkturzyklus hinweg ein Haushaltsausgleich möglich ist. Die Lektüre dieses Gesetzentwurfs sei den Politikern der Großen Koalition noch einmal wärmstens empfohlen. Politisch bequemer für die Koalition ist es aber augenscheinlich, sich am Strohfeuer eines durch unnötig hohe Neuverschuldung positiv erscheinenden Haushalts 2006 zu wärmen. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Haus haltsausschusses auf der Drucksache 16/9640. Unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung schlägt der Haushaltsausschuss die Erteilung der Entlastung für das Haushaltsjahr 2006 vor. Sie finden sie auf den Drucksachen 16/4995 und 16/7100. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Möchte sich hier jemand der Stimme enthalten? – Dann ist das mit großer Mehrheit des Hauses so beschlossen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Haushaltsausschuss, die Bundesregierung aufzufordern, a)

Bernhard Brinkmann (SPD):
Rede ID: ID1617231900




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Dr. Claudia Winterstein (FDP):
Rede ID: ID1617232000




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Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617232100
Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617232200







(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617232300
haltspläne die Feststellung des Haushaltsausschusses zu
den Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zu befol-
gen, b) Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlich-
keit unter Berücksichtigung der Entscheidungen des
Ausschusses einzuleiten oder fortzuführen und c) die Be-
richtspflichten fristgerecht zu erfüllen, damit eine zeitnahe
Verwertung der Ergebnisse bei den Haushaltsberatungen
gewährleistet ist. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Stimmt jemand dagegen? – Möchte sich jemand
der Stimme enthalten? – Dann ist bei Stimmenthaltung
der Faktion Die Linke diese Beschlussempfehlung im
Übrigen mit den Stimmen der anwesenden Kolleginnen
und Kollegen angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Ekin
Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk, Priska Hinz

(Herborn), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sorgerechtsregelung für Nichtverheiratete
reformieren

– Drucksache 16/9361 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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(C (D Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu dieem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. – Dazu telle ich Einvernehmen fest. Hier handelt es sich um die eiträge der Kolleginnen und Kollegen Ute Granold, hristine Lambrecht, Sabine Leutheusserchnarrenberger, Jörn Wunderlich, Ekin Deligöz und undesministerin Brigitte Zypries.1)


Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/9361 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Ich vermute, Sie sind
amit einverstanden. – Das ist der Fall. Dann haben wir
o beschlossen.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 20 a
nd 20 b:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Anette
Hübinger, Ilse Aigner, Michael Kretschmer, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU sowie der Abgeordneten Gesine Multhaupt,
Jörg Tauss, Willi Brase, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD

Qualitätssicherung im Wissenschaftssystem
durch eine differenzierte Gleichstellungspoli-
tik vorantreiben

– Drucksache 16/9756 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Frauen auf dem Sprung in die Wissenschafts-
elite

– Drucksache 16/9604 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Wie die Tagesordnung bereits ausweist, werden die
eden zu Protokoll genommen, und zwar die Reden
on Anette Hübinger, Gesine Multhaupt, Cornelia
ieper, Dr. Petra Sitte und Krista Sager.


Anette Hübinger (CDU):
Rede ID: ID1617232400

Die zum Thema „Frauenförderung im deutschen Wis-

enschaftssystem“ vorliegenden Anträge von allen im
eutschen Bundestag vertretenen Fraktionen zeigen mir
olgendes: Erstens, ich nehme erfreut zur Kenntnis, dass
usnahmslos alle Fraktionen dieses Hauses die Wichtig-
eit des Themas erkannt haben und durch Ihre Anträge
ege aufzeigen, wie die Förderung von Frauen in der

Anlage 6


(A) )



(B) )

Wissenschaft zukünftig verbessert werden kann. Zwei-
tens, auf Basis des umfangreichen vorliegenden Daten-
materials ist die Bewertung des Ist-Zustandes in dieser
Frage vonseiten der verschiedenen Fraktionen des Deut-
schen Bundestages nahezu deckungsgleich. Drittens, die
Rückschlüsse in Bezug auf das bisher Erreichte und die
zukünftig notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der
Repräsentanz von Frauen im deutschen Wissenschafts-
system sind dagegen in den wichtigsten Punkten diame-
tral verschieden.

Grundsätzlich muss anerkannt werden, dass die konti-
nuierlichen Bemühungen von Bund, Ländern, Hochschu-
len sowie Wissenschaftsorganisationen zu messbaren
Erfolgen in Bezug auf die Teilhabe von Frauen in ver-
schiedenen akademischen Qualifikationsstufen geführt
haben. Besonders erfreulich ist, dass heute unter den Stu-
dierenden Frauen und Männer gleich stark vertreten
sind. Diese Erkenntnis, sehr verehrte Kolleginnen und
Kollegen, vermisse ich in allen vorliegenden Anträgen
der Oppositionsparteien.

Trotz der bisherigen Erfolge ist es aber unstrittig, dass
aus dem vorliegenden statistischen Zahlenmaterial zum
Ist-Zustand der Beteiligung von Frauen in der Wissen-
schaft eindeutig Defizite erkennbar sind. Zu Recht wird
kritisiert, dass Wissenschaftlerinnen an bestimmten Stel-
len das Wissenschaftssystem verlassen, leaky pipeline.
Des Weiteren kann es uns nicht zufriedenstellen, dass sich
zu wenige junge Frauen für einen technologisch bzw. na-
turwissenschaftlich ausgerichteten Studiengang ent-
scheiden. Allein diese beiden Befunde zeigen deutlich:
Die zu bewältigenden Herausforderungen bei der vorlie-
genden Thematik sind erstens vielfältig und zweitens nur
durch eine differenzierte, breit gefächerte Gleichstel-
lungspolitik zu meistern. Diese Auffassung spiegelt sich
im Antrag der Großen Koalition wider.

Zu kurz greift meines Erachtens in diesem Zusammen-
hang das immer wieder ins Spiel gebrachte „Allheilmit-
tel“ der Quote. Dem breiten Problemspektrum in Fragen
der Gleichstellung im Wissenschaftssystem werden sol-
che Zwangsregelungen in keinster Weise gerecht!

Nichts anderes als eine Quote ist auch die Forderung
nach der Einführung des sogenannten Kaskadenmodells.
Wenn als Bezugsgröße bei der Besetzung von Stellen je-
weils mindestens der Anteil von Frauen auf der direkt
vorhergehenden Qualifikationsstufe dient, dann ist dies
zwar eine flexiblere Quote als es vielleicht noch in den
70er-Jahren diskutiert wurde, aber es bleibt eine Quote
unter dem Deckmantel einer neuen Bezeichnung. Dass
vonseiten der Linken und des Bündnisses 90/Die Grünen
vehement das Kaskadenmodell gefordert wird, über-
rascht mich nicht; dass allerdings die FDP in die glei-
chen Denkmuster verfällt, überrascht nicht nur – es ent-
täuscht.

In ihren Anträgen nehmen alle Fraktionen Bezug auf
das Kaskadenmodell. Es kommt allerdings entscheidend
darauf an – und dies betone ich ausdrücklich – in welcher
Form dies geschieht. Die CDU/CSU-Fraktion hält die
flächendeckende Einführung des Kaskadenmodells für
den falschen Weg. Allerdings kann die Orientierung am
Grundprinzip des Kaskadenmodells, zum Beispiel bei

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Zu Protokoll ge

(C (D elbstverpflichtungen, sinnvoll sein, und dies befürworen wir. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wann immer ie an das „Allheilmittel“ Quote oder die flächendekende Einführung des Kaskadenmodells denken, erinern Sie sich bitte an die Expertenanhörung, die vom usschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabchätzung des Deutschen Bundestages zum Thema Frauen in der Wissenschaft und Gender in der Forchung“ im Februar 2008 durchgeführt wurde. Bei den tellungnahmen zum Kaskadenmodell plädierte nur eine inderheit der eingeladenen Experten für die flächende kende Einführung. Auch unter den Wissenschaftlerinnen elbst ist das Modell bzw. sind Quotenregelungen mehr ls umstritten. Sogar der Vorsitzende des Wissenschaftsates Professor Dr. Peter Strohschneider, ein Befürworter es Kaskadenmodells, merkte in der Anhörung an: Erst, enn zukünftig keine signifikanten Verbesserungen durch en Einsatz von anreizorientierten Instrumenten erreicht erden können, sollte auf das Kaskadenmodell zurückgeriffen werden. Es stehen uns noch genügend Alternatien zur Verfügung, welche sich auch in den verschiedeen Anträgen wiederfinden. Bund, Länder, Hochschulen sowie Wissenschaftseinichtungen stellen sich heute der Verantwortung, alle otenziale zu nutzen, um in Zukunft im internationalen ettbewerb zu bestehen. Frauen zählen in diesem Zusamenhang zu den wichtigsten und bisher noch nicht auseschöpften Ressourcen unseres Landes. Als potenzielle issenschaftlerinnen bzw. Forscherinnen stellen sie inen wichtigen Wettbewerbsund Standortfaktor dar. onseiten des Bundes sind viele erfolgversprechende aßnahmen zur Frauenförderung in der jüngsten Ver angenheit auf den Weg gebracht worden, um den Herausrderungen einer globalisierten Welt Rechnung zu tragen. er Bund nimmt trotz des neuen Aufgabenzuschnitts im ildungsbereich infolge der Föderalismusreform I seine erantwortung in Fragen der Frauenförderung im Wissenchaftssystem auch weiterhin verantwortungsvoll wahr nd tritt als wichtiger Impulsgeber auf. Bestes und jüngstes Beispiel dafür ist der von Bilungsministerin Dr. Annette Schavan ins Leben gerufene ationale Pakt zur vermehrten Gewinnung von Frauen ür Berufe, welche mit Mathematik, Informatik, Naturwisenschaften und Technik, die sogenannten MINT-Berufe, u tun haben. In diesen Bereichen, die für die Zukunft uneres Landes von entscheidender Bedeutung sein werden, ehlen Frauen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir düren uns nicht von den positiven Schlagzeilen aus der resse der vergangenen Woche in Bezug auf die zunehenden Habilitationen von Frauen täuschen lassen, woach 2007 fast jede vierte Habilitation von einer Frau rlangt wurde. Denn gerade im Bereich der Naturwissenchaften gibt es noch viel zu tun. In den gleichen Meldunen war nämlich auch zu vernehmen, dass beispielsweise n den Naturwissenschaften nur 16 Prozent Frauen habiitiert wurden. Die in den vergangenen Jahrzehnten implementierten leichstellungsinstrumente im deutschen Wissenschafts ystem, ergänzt durch die Maßnahmen der jetzigen Anette Hübinger gebene Reden Bundesregierung in Form des Professorinnenprogramms und der Initiative „Power für Gründerinnen“, bieten eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung der Gleichstellungsbemühungen in Wissenschaft und Forschung. Darauf kann aufgebaut werden, und an vielfältigen Ansatzpunkten mangelt es nicht. So fordern wir, zukünftig darauf hinzuwirken, die Vorbildfunktion von Frauen in Spitzenpositionen weiter zu stärken, Förderprogramme zur Steigerung des Frauenanteils zu entwickeln, Forschungsund Institutionenförderung an verbindliche Zielvereinbarungen zu binden, die Anonymisierung von Beurteilungsverfahren, Double-blind-Verfahren, verstärkt einzusetzen, auf verlässliche wissenschaftliche Karrierewege hinzuwirken, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern sowie Coachingund Mentoringprogramme zu unterstützen. Mit den angestoßenen Maßnahmen der Bundesregierung befinden wir uns auf dem richtigen Weg. Es ist vollkommen richtig, auf anreizorientierte Programme, unterstützende Maßnahmen – wie auf den Kinderbetreuungszuschlag im Rahmen der BAföG-Novelle –, den flankierenden Ausbau der Kinderbetreuung und auf Kooperationen mit den deutschen Forschungsund Wissenschaftseinrichtungen in Bezug auf konkrete Maßnahmen zur Frauenförderung zu setzen. Wir müssen uns bewusst sein, dass die Förderung von Frauen in Wissenschaft und Forschung als fortlaufender Prozess zu begreifen ist, der differenzierter Antworten bedarf. Die Ursachen der Marginalisierung von Frauen im Wissenschaftssystem sind zahlreich und komplex. Die Antworten der Großen Koalition auf diese Fragestellungen sind deswegen breit gefächert und stehen für eine differenzierte Gleichstellungspolitik, welche die Präsenz von Frauen in unterschiedlichsten Qualifikationsstufen im deutschen Wissenschaftssystem weiter steigern wird. Die wohl bekannteste Wissenschaftlerin auf dem Ge biet der Physik und Chemie könnte heute quasi Patin für viele Frauen in der Wissenschaft stehen – Marie Curie. Sie trat im Mai vor genau 100 Jahren einen Lehrstuhl für Physik an der Sorbonne an. Bis heute ist sie die einzige Frau, der ein Nobelpreis in Physik und Chemie verliehen wurde. Darüber hinaus hat sie trotz ihrer Forschungsarbeit zwei Kinder großgezogen. Bei dieser Lebensleistung lohnt es sich ganz besonders zu überlegen, wie wir heute mehr Frauen in Spitzenpositionen in Wissenschaft und Forschung bringen können. Frauen haben im deutschen Wissenschaftssystem nicht die gleichen Chancen wie Männer. Sie sind deutlich unterrepräsentiert und wir nutzen die Potenziale hochqualifizierter Frauen nicht genügend. Unser Ziel ist klar, wir brauchen mehr Frauen in der Wissenschaft und wir wollen, dass ihre Talente optimal gefördert werden und zum Tragen kommen. Damit erreichen wir Chancengleichheit und stärken die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wissenschaft durch neue Ideen, neue Methoden und Lösungsansätze. Erfreulicherweise ist das Thema Chancengleichheit für Frauen in der Wissenschaft mittlerweile im Bewusstsein der meisten V a u t W e d v K B b f d d a H n A w d F Q D n W n W D 1 n d W „ e S S P p L r s a F w e d D d U z a d c P s r Zu Protokoll ge (C (D erantwortlichen in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft ngekommen. Wir Sozialdemokraten sind stolz darauf, dass wir in nserer zehnjährigen Regierungsbeteiligung viele Initiaiven und Gesetzesänderungen, von denen Frauen in der issenschaft profitieren, auf den Weg gebracht haben. An inigen Initiativen zeigt sich, dass wir gehandelt haben: ie Exzellenzinitiative, der Pakt für Forschung und Innoation, das Professorinnenprogramm, die verbesserte inderbetreuung, das Elterngeld sowie Änderungen beim AföG und bei der Umstellung der Stipendienförderung ei Studierenden mit Kindern. Hier gibt es gute Ansätze ür mehr Chancengleichheit in der Wissenschaft. Dennoch sind die Ergebnisse eindeutig nicht zufrieenstellend: Auf der einen Seite sind wir stolz darauf, ass die Barrieren für den Zugang junger Frauen zu einer kademischen Ausbildung fast abgebaut sind. Nahezu die älfte der Erstimmatrikulierten und über die Hälfte, ämlich 52 Prozent, der Erstabsolventen sind Frauen. uf der anderen Seite nimmt der Anteil der Frauen im eiteren Qualifikationsprozess jedoch dramatisch ab. In er höchsten Besoldungsstufe der Professuren sind rauen nur noch mit 11 Prozent vertreten. Je höher die ualifikation, desto weniger Frauen sind also vertreten. ie Zahlen sind eindeutig und Deutschland ist damit eies der Schlusslichter in Fragen der Gleichstellung im issenschaftssystem in Europa. Unter den Experten – und unter den meisten Politikerinen und Politikern – ist daher völlig unstrittig, dass wir im issenschaftssystem mehr Chancengleichheit brauchen. ie Sachverständigen stellten während der Anhörung am 8. Februar eindrucksvoll dar, dass die bisherigen Maßahmen nicht ausreichen und noch sehr viel Handlungsbearf besteht. Um es mit den Worten des Vorsitzenden des issenschaftsrates, Professor Strohschneider, zu sagen: Wenn man so weitermacht, dann sind wir nicht 2040 bei inem 50 : 50-Verhältnis, sondern erst 2090.“ Wir ozialdemokraten werden dazu beitragen, dass Professor trohschneider in einigen Jahren bereits sagen wird, olitik und Wissenschaftseinrichtungen haben aufs Gasedal gedrückt und endlich genügend Frauen auf die ehrstühle gesetzt. Damit stellen wir uns den großen Heausforderungen. Wir werden unsere Anstrengungen vertärken, damit der Anteil der Frauen in der Wissenschaft uf allen Qualitätsstufen und insbesondere in den rauen-untypischen Fachbereichen deutlich wachsen ird. Die Experten weisen insbesondere darauf hin, dass es ine ganze Reihe von Hindernissen gibt, die dazu führen, ass Frauen aus dem Wissenschaftsbetrieb aussteigen. iese Leckstellen müssen wir schließen. Ich bin froh, ass es unserer Fraktion gelungen ist, gemeinsam mit der nion ein entsprechendes Maßnahmenpaket auf die Füße u stellen, um die Karrierehemmnisse für junge Frauen us dem Weg zu räumen. Es gilt, die Barrieren umfassener in den Blick zu nehmen. Die – immer noch – unzureihende Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist da nur ein roblem, welches wir angehen werden. So wollen wir beipielsweise Änderungen bei Beurteilungsund Rekrutieungsverfahren, die bisher dazu geführt haben, dass Anette Hübinger gebene Reden Männer vor allem ihre Geschlechtsgenossen auf deren Karriereweg unterstützen. Ich stimme den Gegnern einer Quotenregelung zu, wenn sie sagen, dass exzellente Wissenschaft auf Leistung und nicht auf Geschlecht beruhe. Fakt ist aber, dass bei Einstellungsund Beurteilungsverfahren genau das stattfindet, eine Auslese aufgrund des Geschlechts meist zugunsten der Männer. Notwendig ist daher ein gerechteres Verfahren, welches wirklich die Leistung bewertet. Ein weiteres Hemmnis sind die noch an vielen Stellen vorhandenen Altersgrenzen. Heute noch an Altersgrenzen festzuhalten ist nicht mehr zeitgemäß. Wenn wir in anderen Zusammenhängen von „Lebenslangem Lernen“ sprechen, dann müssen wir diese willkürlichen Grenzen beseitigen. Wissenschaftliche Karrieren müssen auf vielfältigen Wegen zum Ziel führen und nicht in einer starren Abfolge von Stationen auf dem Weg bis zur Professur. Altersgrenzen werden insbesondere zum Problem, wenn sich Lebenssituationen verändert haben. Damit sind aber nicht nur Kinder gemeint, auch Pflege von Angehörigen, eine andere Ausbildung oder sogar eine Krankheit kann zu einer Abweichung führen, die berücksichtigt werden muss. Frauen steigen auch eher als Männer aus dem Wissenschaftssystem aus, wenn die wissenschaftliche Karriere nicht verlässlich zu sein scheint. Für den hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs gibt es keine ausreichend gesicherte Perspektive für die Karriereplanung. Es muss daher in unserem Interesse sein, für junge Wissenschaftlerinnen verlässliche und stabile Beschäftigungsverhältnisse und Karrierewege aufzuzeigen. Dieses Problem beginnt übrigens schon bei der Studienfinanzierung. Wenn hohe Schulden aufgrund von Studiengebühren anfallen, besteht die Gefahr, dass sich viele Frauen in Zukunft von den Gebühren abschrecken lassen und deswegen kein Studium aufnehmen. Für die Sozialdemokraten kann ich an dieser Stelle nochmals sagen: Wir sprechen uns eindeutig gegen Studiengebühren aus. Ich freue mich darüber, dass wir gemeinsam mit der Union verbindliche Zielvereinbarungen sowie das sogenannte Kaskadenmodell in den Koalitionsantrag einbringen konnten. Wir werden mit verbindlichen Zielvereinbarungen erreichen, dass in den Wissenschaftseinrichtungen verbindlich formuliert wird, welche Maßnahmen und welche Ziele verfolgt werden, um den Anteil von Frauen zu erhöhen. Vor allen Dingen werden wir diesen Prozess mit positiven Anreizen unterstützen. Wir scheuen uns auch nicht mehr, öffentliche Fördermittel davon abhängig zu machen, ob Zielvereinbarungen verabredet und natürlich auch eingehalten werden. Wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden, sollten auch negative Sanktionsmaßnahmen in Betracht gezogen werden. Des Weiteren wollen wir den Hochschulen mit dem Kaskadenmodell eine klare Orientierung vorgeben. Das heißt: Wenn in einer unteren Qualitätsstufe ein bestimmter Anteil an Frauen erreicht wird, muss es Ziel sein, in der darüberliegenden Stufe ebenfalls diesen Anteil zu erreichen. Gerade in den Fachbereichen, in denen mit jeder Qualifikationsstufe der Frauenanteil überproportional a d d m n r E D n F e z F p j r f r t g a k P c z G E S n A s u c d F l t v v s W b s u w u d a A U Z H Zu Protokoll ge (C (D bnimmt, kann dieses Instrument sehr wirksam sein. Da er Bund hier keine Entscheidungsbefugnis hat, bleibt es en Hochschulen überlassen, inwieweit sie dieses Instruent durchsetzen können. Fest steht: Wir Sozialdemokraten nehmen zur Kenntis, dass auf freiwilliger Basis für die Frauen zu wenig ereicht wurde, wie die Stellungnahmen aus der Anhörung, U-Vergleiche und viele Studien nachhaltig belegen. eswegen werden wir dazu beitragen, dass all jene Maßahmen von der Politik fokussiert werden, die mehr rauen einen Weg in Spitzenpositionen der Wissenschaft röffnen. Zum Schluss möchte ich noch einmal auf Marie Curie urückkommen. Sie ist nicht nur Patin für erfolgreiche rauen in der Wissenschaft insgesamt. Sie war in Diszilinen erfolgreich, für die sich die meisten Mädchen und ungen Frauen noch nicht begeistern können. Mit andeen Worten: Wir brauchen deutlich mehr Frauen, die sich ür Mathe, Naturwissenschaften und Technik interessieen. Auch wenn in der letzten Woche die Bildungsminiserin den Startschuss für eine entsprechende Initiative geeben hat, müssen wir in Zukunft intensiver daran rbeiten. Damit verbessern wir nicht nur die aktuell disutierten Einkommenschancen, sondern federn auch das roblem des Fachkräftemangels etwas ab. Auch wenn wir noch eine Weile brauchen, um Chanengleichheit in der Wissenschaft herzustellen, wir Soialdemokraten wollen – ganz im Sinne des Hamburger rundsatzprogramms – gleiche Chancen für Frauen im rwerbsleben, in der Privatwirtschaft und an dieser telle insbesondere in Wissenschaft und Forschung, nicht ur auf dem Papier, sondern im täglichen Leben. Sicherlich haben Sie sich beim ersten Betrachten des ntrages der FDP-Bundestagsfraktion die Frage getellt: Was bezweckt dieser kurze Titel? Was will die FDP ns damit sagen? Bei näherer Betrachtung haben Sie siherlich die Kernaussage verstanden: Ja, wir sind auf em langen Weg zu einer wirklichen Gleichstellung von rau und Mann in Familie, Gesellschaft und Beruf in den etzten 100 Jahren und insbesondere seit dem Inkrafttreen des Grundgesetzes im Jahr 1949 einen großen Schritt orangekommen. Vor allem das fast auf den Tag genau or 50 Jahren in Kraft getretene Gleichberechtigungsgeetz hat die Stellung der Frau in Gesellschaft, Politik und irtschaft grundlegend verändert. Schritt für Schritt ha en Frauen ihren Platz im Bildungsund Wissenschaftsystem, in der Berufsbildung und im Beruf, in Verwaltung nd Politik eingenommen. Jeder Schritt musste von den Frauen hart erkämpft erden. Dr. Dorothea Christiane Erxleben war die erste nd für eineinhalb Jahrhunderte auch die einzige Ärztin, ie in Deutschland promovieren und ihren Beruf offiziell usüben durfte. Daran erinnert in diesem Sommer eine usstellung im Universitätsmuseum der Martin-Lutherniversität in meiner Heimatstadt Halle, die sich dem eitgeist der Aufklärung und dem Frauenstudium in alle zuwendet. Gesine Multhaupt gebene Reden An eine andere Frau sei erinnert. Caroline Franziska Elsbeth, genannt Elisabeth, eine Wegbereiterin der evangelischen und katholischen Frauenbewegung, Sozialwissenschaftlerin, Lehrerin, Publizistin, war die erste deutsche Frau, die 1895 eine Sondererlaubnis des preußischen Kultusministers zum Studium der Volkswirtschaftslehre und Staatswissenschaften an der Universität Berlin erhielt. Heute wissen wir: Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im deutschen Wissenschaftssystem ist eine grundlegende Voraussetzung dafür, dass Deutschland auch in Zukunft seine Exzellenz und seinen Wettbewerbsvorsprung in den konkurrierenden Wissenschaftssystemen der Welt halten bzw. ausbauen kann. Doch wie gehen wir heute mit dieser Einsicht um? Ich komme jedenfalls zu der Auffassung, dass Staat und Gesellschaft mit ihrer Verantwortung für den wissenschaftlichen Nachwuchs insgesamt eher fahrlässig umgeht. Wir wissen doch alle: Unsere Gesellschaft kann sich eine Zurückhaltung bei der Einbeziehung von Frauen im Wissenschaftssystem nicht mehr leisten. Wir haben uns im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in einer öffentlichen Anhörung mit dem Thema „Frauen in der Wissenschaft und Gender in der Forschung“ auseinandergesetzt und die Beteiligung, Aufstiegschancen und Repräsentanz sowie vorhandene Barrieren für Frauen in den einzelnen Qualifikationsund Karrierestufen betrachtet. Es hat sich gezeigt, dass trotz aller Anstrengungen es bis heute nicht gelungen ist, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an allen Stufen des Wissenschaftssystems zu gewährleisten. Auch heute noch sind Frauen in der wissenschaftlichen Forschung unterrepräsentiert. Und das nicht nur in der öffentlichen Forschung und Lehre, nein, auch in den forschenden Unternehmen. Die Wirtschaft trägt rund 70 Prozent der FuE-Ausgaben in Deutschland. Aber nur 10 Prozent der Forscher sind Frauen. Wir sind uns schnell einig darüber, dass der Anteil von Professorinnen in der deutschen Forschungslandschaft nach wie vor zu gering ist. Nur, was nutzt uns der Ruf nach festen Frauenquoten bei Berufungsverfahren? Ihre Position hierzu haben uns die Präsidenten der großen Forschungsgesellschaften, der DFG, der Wissenschaftsakademien und der Generalsekretär des Europäischen Forschungsrates jüngst dargelegt. Ich habe mir die Frage gestellt, ob eine starre Quotenregelung, die keine Abweichungen zulässt, wie sie zum Beispiel in den USA gilt, in Deutschland und Europa überhaupt zulässig ist? Ist es möglich, in unseren Rechtssystemen Verfahrensquoten ohne Öffnungsklauseln einzuführen, bei denen bei gleicher Eignung der weibliche Bewerber ohne Einzelfallbetrachtung den Zuschlag erhält? Oder brauchen wir Verfahrensquoten mit Öffnungsklauseln, durch die eine bevorzugte Einstellung von weiblichen Bewerbern im Grundsatz festgeschrieben ist, im Einzelfall aber eine leistungsund sozialorientierte Abwägungsentscheidung zugelassen wird, die auch zu ungunsten des weiblichen Bewerbers ausgehen kann? Jetzt kommen wir zurück auf das Grundgesetz und das Gleichstellungsgesetz. Generell gilt für Berufungsentscheidungen – wie für alle Besetzungsverfahren im öffentlichen Dienst –, dass die Auswahlentscheidung bei der S a L b s e S d d s b s m d B G g k z t m f G d e u G k P a v s a d A f d w g r m t p d l n d t h g P c l g b Zu Protokoll ge (C (D tellenbesetzung sich nach Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz usschließlich an Eignung, Befähigung und fachlicher eistung auszurichten hat. Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz verietet zu dem jede Diskriminierung aufgrund des Gechlechts. Der Bundesgesetzgeber hat sich entschieden, ine aktive Förderungsund Gleichstellungspolitik im inne des Gender-Mainstreaming zuzulassen, § 8 Bunesbeamtengesetz, § 8 Bundesgleichstellungsgesetz. In en §§ 5 und 24 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgeetzes werden Handlungsmöglichkeiten zum Ausgleich estehender Nachteile eingeräumt, die zum Ergreifen poitiver Maßnahmen berechtigen, wenn diese verhältnisäßig sind. Eine rechtliche Bewertung der Quotenregelungen aus eutscher Sicht kann auf keine Leitungsentscheidung des undesverfassungsgerichts verweisen. Der Europäische erichtshof hat Verfahrensquoten ohne Öffnungsklauseln enerell verworfen. Bei Verfahrensquoten mit Öffnungslauseln ist bei gleicher Qualifikation eine Frau zu bevorugen, wenn nicht im Einzelfall bei vergleichender Berachtung dienstliche Unterschiede zugunsten des ännlichen Bewerbers bestehen oder ein sozialer Härte all vorliegt. Diese Rechtsprechung wird dem § 5 des Allgemeinen leichbehandlungsgesetzes gerecht, der auf die notwenige Verhältnismäßigkeit der Maßnahme und damit auf ine Einzelfallprüfung verweist. Damit wird ein absoluter nd unbedingter Vorrang grundsätzlich benachteiligter ruppen ausgeschlossen. Insofern ist die Wahl eines Kas adenmodells in der Zukunft eine mögliche Option für olitik und Wissenschaft. Die FDP schlägt Ihnen daher us gutem Grund ein Kaskadenmodell vor. Eine Kaskade beginnt an der Spitze. Die Übertragung on Verantwortung und Leitungsaufgaben an Frauen ist omit eine Führungsaufgabe ersten Ranges. Es muss sich lso auf jeder Stufe der Kaskade die Einsicht durchsetzen, ass Frauen in dem Maße beteiligt werden, wie es ihrem nteil an der Vorstufe entspricht. In einem Wissenschafts reiheitsgesetz muss ein Kaskadensystem verankert weren. Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, dann gelangen ir sehr schnell zu der Einsicht, dass bereits im Kinderarten und in der Schule mit einer zielgerichteten Fördeung von Mädchen und jungen Frauen begonnen werden uss. Sehr früh muss ihr Interesse gerade auch auf ma hematische, naturund technikwissenschaftliche Diszilinen, den sogenannten MINT-Disziplinen, gelenkt weren. Ich unterstütze in diesem Zusammenhang den in der etzten Woche von Frau Dr. Schavan verkündeten Natioalen Pakt für mehr Frauen in MINT-Berufen. Mir gefällt ie klare Botschaft: Fachkräfte aus den Bereichen Mahematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik aben vielfältige Arbeitsmöglichkeiten und hervorraende Berufsaussichten. Leider nutzen junge Frauen das otenzial in diesen Zukunftsberufen bislang nur unzureihend. Mit „Komm, mach MINT!“ zeigen die Verantwortichen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, dass sie emeinsam ihr Engagement wesentlich stärker als bisher ündeln wollen. Cornelia Pieper gebene Reden Die Hochschulen etwa wollen ihre naturwissenschaftlichen und technischen Studiengänge attraktiver gestalten und die Studienorientierung für Frauen erleichtern. Unternehmen werden jungen Frauen verstärkt deutlich machen, dass in den MINT-Berufen attraktive Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Durch Berufsorientierungsmaßnahmen bekommen Frauen gute Chancen, in MINTBerufe vermittelt zu werden, wobei sich mir hier die Frage nach einer qualifizierten Berufsberatung der Arbeitsagentur stellt. Ich freue mich besonders, dass die von Dr. Klaus Kinkel geleitete Deutsche-Telekom-Stiftung, aber auch die Fraunhofer-Gesellschaft sich mit einem gemeinsamen Angebot aus Ingenieur-Akademien und Talent Schools an dem Pakt beteiligen. Der eingeschlagene Weg ist richtig, denn bei der Wahl des Studienplatzes entscheiden sich heute junge Frauen immer noch öfter als ihre männlichen Kommilitonen für die geistes-, kulturund sozialwissenschaftlichen Studiengänge. Es liegt es an uns, die letzten Hürden niederzureißen. Deshalb appelliere ich an Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Was lange währt, wird endlich gut, könnte man ange sichts der Tatsache, dass ich ziemlich genau vor einem Jahr bereits eine Rede zum heutigen Thema „Geschlechtergerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung“ gehalten habe, denken. Seitdem hat der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung eine öffentliche Anhörung dazu durchgeführt, die Grünen und wir haben je einen Antrag vorgelegt, und nun legt gerade noch vor der Sommerpause die Große Koalition ihre Strategie für Gleichstellung in der Wissenschaft vor. Wird also alles gut? Es gibt zunächst einmal einen Erfolg zu verzeichnen: Die Problematik der geringen Repräsentanz von Frauen in der Wissenschaft ist breit in der Politik angekommen. Und – die Koalition hat sich wichtigen Ergebnissen der Anhörung angeschlossen, die auch wir vorgebracht haben. Doch bei zentralen Aspekten hätten wir Ihnen mehr Mut gewünscht. Es freut uns, dass die Koalition verbindliche Zielvereinbarungen zur Gleichstellung mit öffentlich geförderten Forschungseinrichtungen und mit Hochschulen einfordert. Dass die Zielvereinbarungen finanziell sanktioniert werden sollen, ist ein echtes Novum – darauf drängt Die Linke seit langem. Doch da Hochschulen Ländersache sind, hätte man auch die Bund-Länder-Verhandlungen zum Hochschulpakt II zum Anlass nehmen sollen, die Länder auf die Politik geschlechterorientierter Zielvereinbarungen zu verpflichten. Dass das vonnöten ist, zeigt das sehr unterschiedliche Verständnis von Frauenförderung in den einzelnen Ländern heute. Erfreulich ist wiederum die Erkenntnis der Koalition, dass ohne angemessene Vertretung von Frauen in Berufungsund Gutachtergremien und ohne Geschlechtersensibilisierung durch Schulungen das Vorrücken von Frauen auf Spitzenpositionen nicht erfolgversprechend ist. Transparente Bewerbungsverfahren mit verstärkter weiblicher Mitbestimmung und verbindliche Quoten für L d f b l e d D D g n s H F z g v e b d k n K l t P s e F t l r V s K s W D a k v S W d w u v F a s d a „ F l l Zu Protokoll ge (C (D eitungspositionen halten wir für ganz wichtig. Warum ann aber nicht über eine institutionalisierte Nachwuchsörderung insgesamt nachdenken? In der Anhörung haen viele Experten darauf hingewiesen, dass die Ansiedung von Promotionen und Habilitationen am Lehrstuhl ine persönliche Abhängigkeit von den Betreuenden beeutet, die sich für Frauen besonders nachteilig auswirkt. eshalb fordern wir in unserem Antrag den Anstoß als ebatte eine Nachwuchsförderung, die am Fachbereich eregelt und durch Personalverantwortliche professioell betreut wird. Einen Aufschlag dazu könnte der Wisenschaftsrat machen. Der letzte und zugleich wichtigste Punkt, der mir am erzen liegt, erfordert eine andere Perspektive auf rauen. Ich finde, man muss nicht nur die aktive Ausgrenung von Frauen im Blick haben, sondern sich auch fraen, wo sie sehr rational sind und sich trotz Befähigung ielleicht bewusst gegen eine wissenschaftliche Karriere ntscheiden. Weil ihre Vorstellungen von einem guten Leen darin nicht unterzubringen sind. Ich spreche hier von er Vereinbarkeit von Karriereplanung, geregeltem Einommen, Familie und sozialen Kontakten. Damit ist eierseits die noch vielerorts mangelhafte Infrastruktur für inderbetreuung gemeint. Doch zu gleich großen persön ichen Belastungen führen auch die immer kürzer befriseten Arbeitsverträge, die keine zumindest mittelfristige lanungssicherheit über Einkommen und den Ort der Bechäftigung geben. Auch die völlige zeitliche Verfügungsrwartung ohne Regelungen für Ausgleich macht für viele rauen die wissenschaftliche Berufung als Beruf unat raktiv. Hier setzen wir auf wissenschaftsspezifische tarifiche Regelungen für Hochschulen und Forschungseinichtungen, aber auch zum Beispiel auf Tenure-Trackerfahren für Nachwuchsprofessuren. Die Koalition pricht zwar das Problem fehlender Möglichkeiten für arriereplanung an, warum aber scheut sie konkrete Lö ungsansätze? Das ist nur lediglich gut gemeint. Vom FDP-Antrag schließlich trennen uns zwar nicht elten, aber doch Grundansichten. Wir lehnen in der iskussion um Geschlechtergerechtigkeit die Fixierung uf die Elite der Wissenschaft ab. Man kann von Spitzenräften sprechen, von hervorragenden Individuen – statt on Elite als einer besonderen Schicht. Denn aus unserer icht widerspricht diese Redeweise der Anlage unseres issenschaftssystems, in dem diejenigen einen Platz fin en, die die besondere Eignung für eine weiterführende issenschaftliche Qualifikation nachweisen. Machen wir ns doch nichts vor: Ein Blick nach ganz oben gaukelt or, dass lediglich etwas Nachsteuerung notwendig ist. ür Politikerinnen und Politiker ist das immer einfacher, ls eine ganze Gruppe – Wissenschaftlerinnen auf unterchiedlichen Positionen – mit eben unterschiedlichen Beürfnissen in den Blick zu nehmen. Und so macht es sich us meiner Sicht auch die FDP recht einfach, wenn sie ein Wünsch dir was“-Konzert in ihrem Antrag einberuft. ür wen hier Politik gemacht werden soll, ist nicht wirk ich erkennbar. Die Hälfte aller Hochschulabsolvierenden hierzu ande sind Frauen. Dieser erfreuliche Befund gilt aber Cornelia Pieper gebene Reden leider noch lange nicht für die nachfolgenden Qualifizierungsund Karrierestufen des Wissenschaftssystems: Der Anteil der Professorinnen zum Beispiel dümpelt auf international niedrigem Niveau, bei mickrigen 15 Prozent. Umso besorgniserregender ist die schleppende Aufholdynamik der letzten Jahre: Wenn es weiterhin so langsam wie bisher vorangeht, dann ist ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis bei den Spitzenpositionen der Hochschulen laut Wissenschaftsrat erst 2090 erreicht. Von geschlechtergerechter Chancengleichheit im Wissenschaftssystem sind wir derzeit also noch Lichtjahre entfernt. Dies führt zu beruflichen Einbußen für hochqualifizierte Frauen. Dies führt aber auch zu Defiziten bei der Qualität von Forschung und Lehre und zu weniger Effizienz und internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Nun sind sich die meisten Akteure im Wissenschaftssystem über die Diagnose der Unterrepräsentanz von Frauen in der Wissenschaft, zumindest auf der rhetorischen Ebene, weitgehend einig. Es gibt mittlerweile kaum eine wissenschaftliche Institution, die Chancengleichheit nicht als Teil ihres Leitbilds formuliert. An den Verhältnissen ändert sich gleichwohl nicht viel. Wir haben es also vorwiegend mit einem Umsetzungsund nicht mit einem Erkenntnisproblem zu tun. Bündnis 90/Die Grünen haben diesen Missstand daher in dieser Legislaturperiode aufgegriffen und neben zwei Anträgen auch eine Fachanhörung des Forschungsund Bildungsausschusses initiiert. Die überaus große Publikumsteilnahme an der öffentlichen Anhörung im Februar gab uns darin recht, hier ein dringliches Problem aufgegriffen zu haben, bei dem trotz aller bestehender Bemühungen hoher Handlungsbedarf besteht. Dabei wurde einmal mehr deutlich: Was wir brauchen, um nachhaltige Veränderungen zu erzielen, ist endlich ein echter qualitativer Sprung, ein turning point. Dies hinzubekommen, ist gleichwohl anspruchsvoller als allgemeine politische Willensbekundungen oder die Neuauflage des einen oder anderen Einzelförderprogramms. Das Problem muss von seinen Voraussetzungen her gelöst werden. Ein System, in dem hochqualifizierte Frauen unterproportional vertreten sind, kann nicht glaubhaft machen, dass es sich durch Auswahl der Besten rekrutiert. Und genau das führt ins Zentrum des Problems: Im Wissenschaftsund Forschungsbereich regiert entgegen dem wissenschaftlichen Selbstverständnis, objektiv Leistung zu beurteilen, eben gerade keine geschlechtsneutrale Bestenauslese. Der Vergleich insbesondere mit der angloamerikanischen Wissenschaftskultur zeigt, dass in Deutschland häufig personenstatt qualitätsorientierte Bewertungskriterien wissenschaftliche Bewerbungsund Beurteilungsverfahren prägen. Ein fairer Zugang zum Wissenschaftssystem wird offenkundig verhindert, nicht nur durch schlechte Arbeitsbedingungen, sondern maßgeblich durch diskriminierende Strukturen, die den vorurteilsfreien Blick auf wissenschaftliche Leistungen verstellt. Unzureichende Genderkompetenz führt zu verzerrten Urteilen über Wissenschaftsinhalte, bei Bewerbungsverfahren und in der Personalführung. Die Folge: Unsere geschlossene, männerbündische Wissenschaftsund Förderkultur kann mit den Anforderungen einer modernen, globalisierten Wissenschaft, in der zunehmend sozial ge m P d b s f w c s Z s M n h r ü r r M s d d t r m A g b F g m „ s s p q Z v w s f n ä d H s G k z b f s b S z S B d Zu Protokoll ge (C (D ischte Forscherteams multiperspektivisch komplexe robleme bearbeiten, immer weniger mithalten. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, er zunehmenden Konkurrenz um gut qualifizierte Areitskräfte und der Altersstruktur des Wissenschaftsperonals an den Hochschulen bleibt nur ein schmales Zeitenster, um den Sprung zu deutlich mehr Frauen in issenschaftliche Positionen zu vollziehen. Was wir brauhen, sind endlich faire und vorurteilsfreie Wettbewerbstrukturen, die allen Talenten einen gleichberechtigten ugang zum Wissenschaftssystem ermöglichen. Dazu ind in Zukunft sicher auch weiterhin Coachingund entoringprogramme, Karriereberatungen und Trai ings, Stipendien und Qualifikationsstellen wichtig. Sie aben nicht zu dem von einigen befürchteten Stigmatisieungseffekten für die geförderten Frauen geführt, sondern berhaupt erst zu mehr Sichtbarkeit von Wissenschaftleinnen im System beigetragen. Um nachhaltige Verändeungen der Strukturen aber schnell und im notwendigen aße zu bewirken, müssen Politik und Leitungen der wis enschaftlichen Einrichtungen darüber hinaus vor allem en qualitativen Sprung zu mehr Verbindlichkeit schaffen, as heißt hin zu klaren und laufend überprüfbaren quanitativen Steigerungsanteilen und qualitativen Anfordeungen. Diese müssen auf die Bedingungen einer zunehend wettbewerblich organisierten und am Prinzip der utonomie orientierten Wissenschaftslandschaft hin ausestaltet werden. Die Schweden machen vor, wie über staatlich vorgegeene Zielquoten und deren fortwährende Kontrolle der rauenanteil in der Wissenschaft signifikant und schnell esteigert werden kann. Ein solches Steuerungsmodell it den Kernelementen „verbindliche Zielvorgaben“ und Erfolgskontrolle“ sollte sich auch bei uns endlich durchetzen. Grundsätzlich geht es darum, Gleichstellungsziele pürbar an finanzielle Ressourcen zu knüpfen, indem man ositive Anreizmechanismen schafft, die negative Konseuenzen nicht ausschließen für den Fall, dass vereinbarte iele nicht erreicht wurden. Jene Institutionen, die Ziele erfehlen, müssen über das Controlling dazu angehalten erden, ihre Misserfolge zu rechtfertigen und ihre Gleich tellungsinstrumente ergebnisorientiert anzupassen. Hierbei ist der Bund in der Pflicht, überall dort Einluss zu nehmen, wo er selbst Forschungsund Institutioenförderung betreibt. Bislang hat er diese Aufgabe nur ußerst zögerlich ausgeübt. Bei der Weiterentwicklung er Exzellenzinitiative, einer möglichen Neuauflage des ochschulpakts, bei der Steuerung des Pakts für For chung und Innovation, in der Ressortforschung, beim ender-Budgeting im Forschungshaushalt – überall ann und sollte der Bund entschlossen tätig werden. Nicht u vergessen: Überall dort, wo der Bund als Geldgeber zw. als Mitglied in Aufsichtsräten oder Kuratorien Einluss auf wissenschaftliche Einrichtungen und Forchungsvorhaben hat, kann er dafür sorgen, überprüfare qualitative und quantitative Vorgaben und teigerungsquoten zu implementieren, durchzusetzen und u kontrollieren. Da nun endlich auch CDU/CSU und PD in ihrem Antrag von mehr Verbindlichkeit in diesem ereich sprechen, wäre es sehr erfreulich, wenn Sie sich azu durchringen könnten, das von uns vorgeschlagene Krista Sager gebene Reden Krista Sager Kaskadenmodell nicht nur weiter mit den Ländern zu prüfen, sondern es tatsächlich anzuwenden. Die internationalen Gutachter zeigten sich im Exzellenzwettbewerb über die miserablen Karrierechancen von Frauen an deutschen Hochschulen schockiert. Und auch auf europäischem Parkett werden die Nachteile der Unterrepräsentanz von Frauen im deutschen Wissenschaftssystem offenkundig: Dort kommen bei den streng geschlechterparitätisch besetzten wissenschaftlichen Kommissionen und Entscheidungspanels zunehmend skandinavische oder niederländische Wissenschaftlerinnen zum Zuge. Andere Länder haben es sehr viel besser und vor allem sehr viel schneller geschafft, den Anteil von Frauen in der Wissenschaft zu steigern. Seit Ende der 1990er-Jahre setzt die schwedische Regierung jeder Universität kontinuierlich steigende Zielwerte über die Frauenanteile an den Professuren. Das Ergebnis: Der Frauenanteil an den Professuren stieg in den 11 größten Unis innerhalb von neun Jahren von 9 auf 17 Prozent. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum wir keinen vergleichbar dynamischen Aufholprozess hinbekommen sollten. In diesem Sinne hoffe ich, dass, nachdem die Koalition nun monatelang über ihre Erkenntnisse aus der Fachanhörung im Februar gebrütet hat, wir nach der Sommerpause endlich zu klaren Beschlüssen kommen und dann auch endlich Taten sehen. Auch hier wird interfraktionell die Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/9756 und 16/9604 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Widerspruch gibt es nicht. Dann haben wir so beschlossen. Ich rufe die Zusatzpunkte 8 und 9 auf: ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian Toncar, Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Menschenrechtslage in Tibet verbessern – Drucksache 16/9747 – ZP 9 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe richtung durch die Bundesregierung Festnahme des chinesischen Dissidenten Hu Jia Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Januar 2008 zur Inhaftierung des chinesischen Bürgerrechtlers Hu Jia EuB-EP 1652; P6_TA-PROV – Drucksachen 16/8609 A.9, 16/9822 – Berichterstattung: Abgeordnete Erika Steinbach Dr. Herta Däubler-Gmelin Florian Toncar Michael Leutert Volker Beck A F d r F b S a t d – s D g t D r K K d k D t g s d a p ö (C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahen. Bevor ich dem Kollegen Florian Toncar für die FDPraktion das Wort erteile, (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eins zu Null für Spanien!)





(A) )


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Gesine Multhaupt (SPD):
Rede ID: ID1617232500




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Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1617232600




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(B) )

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617232700
Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617232800




(A) )


(B) )








(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617232900

estätige ich den gerade durch Zwischenruf vermittelten
pielstand, der auf der einen Seite sicherlich hochgradig
ufschlussreich ist, aber noch keine abschließende Be-
rachtung über den wahrscheinlichen Endspielgegner der
eutschen Nationalmannschaft erlaubt.


(Heiterkeit – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Egal, wir schlagen beide!)


Frau Kollegin, ist das als Antrag im Sinne der Ge-
chäftsordnung zu verstehen?


(Heiterkeit – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich bitte um sofortige Abstimmung, Herr Präsident!)


ann wäre die Durchführung eines Hammelsprungs an-
esichts dieses Themas von besonderem sportlichem In-
eresse.


(Heiterkeit)


as werden die Geschäftsführer jetzt sicherlich als An-
egung aufgreifen.

Nun hat zum aufgerufenen Tagesordnungspunkt der
ollege Florian Toncar das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1617233000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

enntnis der ersten Halbzeit kann ich Ihnen versichern,
ass Sie definitiv richtig entschieden haben, hierher zu
ommen.


(Iris Gleicke [SPD]: Wir waren schon da!)


as Spiel im Stadion ist nicht das beste.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617233100

Das hätte für das gestrige Spiel übrigens auch gegol-

en, Herr Kollege Toncar.


(Heiterkeit)



Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1617233200

Das gilt grundsätzlich für diese Art von Veranstaltun-

en, Herr Präsident.

Die Probleme in Tibet bestehen seit längerem. Doch
eit den Unruhen im März mit schweren Gewalttaten,
ie wir allesamt verurteilen – ganz gleich, von wem sie
usgingen –, aber auch vor dem Hintergrund der Olym-
ischen Spiele in Peking im August ist Tibet wieder ins
ffentliche Bewusstsein gerückt. Zudem besteht






(A) )



(B) )


Florian Toncar
Hoffnung, seit die chinesische Regierung die Gespräche
mit Abgesandten des Dalai-Lama wieder aufgenommen
hat.

Wir Liberale sehen die Entwicklung Chinas mit gro-
ßem Respekt. Der enorme wirtschaftliche und soziale
Fortschritt, die Überwindung des Hungers, die Moderni-
sierung, auch Fortschritte beim Aufbau des Rechtsstaats
nehmen wir wahr und begrüßen es. Wir Liberale wollen
China einbinden und nicht eindämmen. Bei seiner Mo-
dernisierung muss dieses riesige und vielfältige Land
stabil und friedlich bleiben. Das Ein-China-Prinzip war
und bleibt deshalb Grundlage der China-Politik der FDP.

Allerdings bezweifeln wir als freiheitliche politische
Kraft, dass ein Zustand stabil genannt werden kann,
wenn Unmut und Kritik wie in Tibet nur durch die ge-
ballte Staatsmacht im Zaum zu halten sind. Diese Stabi-
lität ist trügerisch, weil sie nicht auf Überzeugung durch
reale Verbesserungen setzt, sondern auf schiere Stärke.


(Beifall bei der FDP)


Zum Schutz der tibetischen Kultur ist noch vieles zu
tun. Zwar sieht die chinesische Verfassung Autonomie
und Minderheitenrechte für die Provinz Tibet und die Ti-
beter vor. Auch die Infrastruktur wurde deutlich verbes-
sert. Trotzdem bangen viele Tibeter um ihre Kultur. Das
liegt daran, dass ihre Bildungs- und Aufstiegschancen
noch nicht gut genug sind, ihre Sprache benachteiligt
wird und dass sie durch eine gesteuerte Zuwanderung
von Han-Chinesen in Teilen der Provinz Tibet bereits
eine Minderheit sind.

Besonders besorgniserregend ist die Einschränkung
der Religionsfreiheit. Das Oberhaupt des tibetischen
Buddhismus, der Dalai-Lama, darf nicht ins Land. Wenn
er verstirbt, ist unklar, ob es einen ordnungsgemäß aus-
gewählten Nachfolger gibt.

Der vorliegende Antrag zeigt auf, wie die Bundes-
regierung auf eine Entspannung des Konflikts hinwirken
kann. Er kommt zum richtigen Zeitpunkt, weil die Chi-
nesen und die Tibeter wieder miteinander verhandeln.
Die Lebenserwartung des Dalai-Lama ist der Zeitraum,
der für eine Lösung im Dialog noch verbleibt. Das heißt,
die Zeit drängt.

Der vorliegende Antrag ist sachlich und fair. Er ist
klar, und er ist nicht polemisch.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das stimmt!)


Er ist vom ernsthaften Interesse getragen, einen Beitrag
zur Lösung der Probleme in Tibet zu leisten, und soll die
Bundesregierung dabei stärken.


(Beifall bei der FDP)


Der Ihnen vorliegende Text war seit Wochen zwischen
den Fraktionen abgestimmt. Es hätte selbstverständlich
einen gemeinsamen Antrag zu diesem Thema geben
können. Ich hätte das für ein starkes Signal gehalten.

Mittlerweile wollen die Sozialdemokraten nach der
China-Reise des Außenministers von einem gemeinsa-
men Vorgehen nichts mehr wissen. Mein Eindruck ist,
dass es dabei noch nicht einmal so sehr um die Haltung

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(C (D n der Sache selbst geht. Da hätten wir uns geeinigt. eine Analyse ergibt, dass die Ursache eher ein Kampf wischen Kanzlerin und Außenminister um die Lufthoeit in der deutschen Außenpolitik ist (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von welcher Außenpolitik reden Sie bei China? Deutschland hat keine Außenpolitik!)


nd dass Herr Steinmeier darin einen Erfolg sieht, in
hina einen besseren Ruf zu haben als die Kanzlerin.
eshalb scheut Herr Steinmeier alles, was diesem Ruf

chaden könnte, vor allem kritische Äußerungen zu be-
tehenden Problemen in China. Es ist kein Zufall, dass
ie Idee eines gemeinsamen Antrags nicht in der SPD-
raktion gestoppt wurde, sondern in der Chefetage des
uswärtigen Amtes. Sie stellen sich damit beim Um-
ang mit Tibet ins Abseits, liebe Genossinnen und Ge-
ossen.


(Beifall bei der FDP)


Ähnliches konnten wir übrigens schon in den vergan-
enen Wochen beobachten. Wenn eine Ministerin, die
hrer Partei angehört – sie ist hier im Raum –, einen Ter-
in mit dem Dalai-Lama vereinbart, um ihn zu spre-

hen, und Ihrem Parteivorsitzenden nichts anderes ein-
ällt, als dass er diesen – Zitat – „Scheiß“ am liebsten
nterbunden hätte, bleibt einem wahrlich die Spucke
eg.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das war in der Tat ein Skandal!)


ch wundere mich sehr, dass eine so drastische Sprache
ewählt wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist völlig richtig, wenn der Außenminister an-
erkt, dass öffentliche Symbolik allein nicht ausreicht

nd dass effektive Menschenrechtspolitik manchmal
uch vertrauliche Dialoge braucht. Dagegen ist über-
aupt nichts einzuwenden; da sind wir ganz beim Au-
enminister. Aber ich finde es wichtig, dass in unserem
and weiterhin unsere Gepflogenheiten gelten, und das
eißt, dass es öffentliche Diskussionen über außenpoliti-
che Fragen geben kann und geben muss. Was Minister
nd Diplomaten vertraulich tun, kann effektiv sein und
ann auch Erfolg haben. Aber es ist der öffentlichen
ontrolle entzogen und darf deshalb nicht alles sein, was
ir in diesem Themenbereich tun.

Wenn es dann vom Bundesaußenminister heißt, öf-
entliche Symbolik wie beispielsweise der Empfang des
alai-Lama durch die Kanzlerin schade anderen Instru-
enten wie dem erfolgreichen Rechtsstaatsdialog mit
hina, dann ist das in dieser pauschalen Aussage nicht

ichtig. Das Problem an diesem Treffen war doch nicht,
ass das Treffen stattgefunden hat. Es ist völlig selbst-
erständlich, dass deutsche Politiker sprechen können,
it wem sie wollen. Das werden wir nicht preisgeben.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Genauso ist es!)







(A) )



(B) )


Florian Toncar
Warum war die Reaktion der chinesischen Seite gerade
im Falle von Frau Merkel so heftig? Warum gab es ei-
gentlich keine Krise, nachdem etwa Alfred Gusenbauer
oder Gordon Brown den Dalai-Lama getroffen hatten?
Weil Frau Merkel kurz vorher in China war und dieses
Treffen dort nicht angekündigt hat, ein Fehler im Übri-
gen, der dem Auswärtigen Amt in dieser Form nicht pas-
siert wäre, was Anlass sein sollte, zu überprüfen, wie es
möglich ist, die Außenpolitik künftig wieder federfüh-
rend im Auswärtigen Amt und nicht im Kanzleramt an-
zusiedeln.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Haben Sie heute Morgen die Rede von Herrn Hoyer gehört?)


– Selbstverständlich, Herr Kollege.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Dann halten Sie diese Rede jetzt? – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist die Kanzlerin?)


Diesen Vertrauensbruch muss man kritisieren. Aber
wenn es doch eher die Umstände eines solchen Treffens
waren, die die Verstimmung erzeugt haben, dann darf
man nicht allgemein davon ausgehen, dass öffentliche
Gesten als solche die wichtigen Dialoge, die nötig sind
und die wir auch weiterhin wollen, gefährden. Diesen
Antrag heute zu beschließen, wäre keine Beeinträchti-
gung anderer Instrumente wie etwa des Rechtsstaatsdia-
logs. Dies wäre kein Nachteil für die Dinge, die uns
selbstverständlich auch sonst in der Zusammenarbeit mit
diesem wichtigen Partner von Bedeutung sind.

Ich wünsche mir, dass wir, der Bundestag, es schaf-
fen, auch zukünftig – bei allen Schwierigkeiten, die sich
durch die Zustände in der Bundesregierung manchmal
ergeben – bei solchen wichtigen Fragen zu gemeinsamen
Textgrundlagen und gemeinsamen Entschließungen zu
kommen; denn ich glaube, dass öffentliche Signale, Herr
Kollege Weisskirchen, in einem völlig einwandfrei,
sachlich, objektiv und fair formulierten Antrag, der hier
vorliegt und an dem es textlich nichts zu beanstanden
gibt, weiterhin möglich sind.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617233300

Erika Steinbach ist die nächste Rednerin für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1617233400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Ich habe zwar neun Minuten Redezeit; die benötige
ich aber nicht.

Herr Toncar, zunächst einmal: Die deutsche Bundes-
kanzlerin muss nicht in China um Erlaubnis bitten, ehe
sie sich mit jemandem trifft. Sie muss auch nicht vorher
ankündigen, wenn sie sich mit dem Dalai-Lama trifft.
Das ist ihr originäres Recht.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es stellt sich nur die Frage, was politisch klug ist! Das können Sie zwar nicht beurteilen; das ist aber trotzdem eine gute Frage!)


Im Übrigen muss ich sagen: Der Antrag der Freien
emokraten ist Wort für Wort richtig. Ich bedauere auf-

ichtig, dass es nicht zu einem gemeinsamen Antrag des
auses gekommen ist.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie doch zu! Sie sind frei gewählte Abgeordnete!)


ie CDU/CSU hat einen Koalitionsvertrag mit den So-
ialdemokraten geschlossen. Wir sind vertragstreu. Da-
er werde ich diesen Antrag der Freien Demokraten mit
usammengebissenen Zähnen ablehnen – lieber Kollege
trässer, ich bedauere Sie; Sie würden ja auch gerne zu-
timmen –;


(Christoph Strässer [SPD]: Dazu können Sie gleich etwas hören!)


ber es fällt mir sehr schwer.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617233500

Michael Leutert von der Fraktion Die Linke gibt seine

ede zu Protokoll1), sodass jetzt der Kollege Christoph
trässer für die SPD-Fraktion der nächste Redner ist.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1617233600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Herr Toncar, ich finde die
inführung in Ihre Rede sehr spannend. Von dem, was
ie gesagt haben, steht aber nicht ein Satz in Ihrem An-

rag.


(Widerspruch des Abg. Florian Toncar [FDP])


Doch. – Sie haben Ihren Antrag nicht in das eingeord-
et, worüber wir heute Morgen, wie ich finde, andert-
alb Stunden lang auf allerhöchstem Niveau diskutiert
aben. Aus Ihrer Fraktion stammt doch die Anmerkung:
enn man in diesen Tagen über China debattiert, geht es

icht nur darum, Einzelprobleme herauszugreifen,


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das ist kein Einzelproblem!)


ondern dann geht es schlicht und ergreifend darum, das
and in seiner Entwicklung zu betrachten und an dieser
telle klare Position zu beziehen. Das tun wir in diesem
ohen Hause seit sehr vielen Monaten, lieber Kollege
oncar.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das ist kein Einzelproblem, sondern ein Grundproblem!)


Ich komme gleich auf Tibet zu sprechen. Da brauchen
ie keine Sorge zu haben.

Anlage 7






(A) )



(B) )


Christoph Strässer
Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie mich beför-
dert haben. Es ist ungewöhnlich, dass ein Abgeordneter
der Opposition einen Abgeordneten der Koalition in die
Spitzenetage des Auswärtigen Amtes befördert. Das
finde ich bemerkenswert. Ich wäre froh darüber, wenn es
so gelaufen wäre. Leider ist es aber nicht so.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seitdem dort keine Politik mehr gemacht wird, ist das keine Beförderung! – Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Wieso ist das eine Beförderung?)


Dem Journalisten, dem Sie etwas erzählt haben, habe ich
an anderer Stelle gesagt: Gehen Sie einfach einmal da-
von aus, dass in dieser Fraktion Leute sitzen, die einen
eigenen Kopf haben, die selbst denken können und die
Positionen vertreten, die sie für richtig halten.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)


Gestatten Sie mir an dieser Stelle bitte, noch einmal
auf das zurückzukommen, worüber heute Morgen nicht
zum ersten Mal diskutiert worden ist. Frau Kollegin
Steinbach, ich darf daran erinnern, dass wir in der letzten
Sitzungswoche in diesem Hohen Hause in einer ganz
konkreten Menschenrechtsfrage keine Einigkeit erzielt
haben und das an Ihnen gescheitert ist. Deshalb sage ich
in aller Deutlichkeit: Hier Krokodilstränen zu vergießen,
ist kein angemessener Stil.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was war denn an der Freilassung der politischen Gefangenen falsch? – Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Was ist denn an dem Antrag falsch?)


– Das sage ich Ihnen gleich. Warten Sie doch einfach
einmal ab! Wir stehen doch erst am Anfang der Diskus-
sion.

Herr Hoyer, Ihre Rede hat mich stark beeindruckt. Ich
fand, das war eine der besten Reden, die zum Thema
China in diesem Hohen Hause gehalten worden sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir gestatten würden,
aus dem Protokoll des Deutschen Bundestages vom heu-
tigen Tag eine Passage aus Ihrer Rede zu zitieren:

Ab nächster Woche ist Tibet wieder für Ausländer
geöffnet. Das ist eine gute Nachricht. Ich danke
dem Präsidenten dafür, dass er eine Anmerkung zur
Reise des Menschenrechtsausschusses gemacht hat.

Auch in der Tibet-Frage sind Ehrlichkeit und Rea-
lismus angesagt, sowohl was die Historie angeht als
auch was die Gegenwart und die Zukunft angeht.
Unser Rat an die chinesischen Freunde lautet: Ihr
seid gut beraten, den direkten Dialog mit dem Da-
lai-Lama zu suchen und den Dialog ernsthaft zu
führen.

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(C (D n dieser Stelle steht: Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Florian Toncar [FDP])


ann geht es weiter:

Wer weiß, was nach ihm kommt.

Wir erwarten, dass unsere chinesischen Partner die
Gesetze zum Schutz der Tibeter tatsächlich umset-
zen. Wir müssen allerdings unseren tibetischen Ge-
sprächspartnern gegenüber klarmachen, dass auch
Gewalt von ihrer Seite nicht nur nicht zielführend,
sondern inakzeptabel ist.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das ist doch völlig klar!)


Das heißt, dass wir in den Gesprächen mit dem reli-
giösen Führer der Tibeter – die wir selbstverständ-
lich führen dürfen – sagen müssen, dass wir um
eine präzise Definition von Autonomie nicht he-
rumkommen und dass wir keine Forderung unter-
stützen – die wird nicht von ihm kommen, aber
möglicherweise von anderen –, die auf eine Desta-
bilisierung Chinas hinauslaufen würde.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Kommt da noch die eigene Rede?)


amit ist die Kernposition, die der Deutsche Bundestag
ertreten sollte, benannt. All das findet sich leider Gottes
n Ihrem Antrag nicht wieder. Nichts davon steht darin.
eshalb dürften Sie eigentlich nicht verwundert sein,
ass wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Ich will Ihnen an dieser Stelle die Punkte Ihres An-
rags nennen, die aus meiner Sicht überflüssig sind. Sie
ind ja Jurist. Sie wissen aus früheren Klausuren: Was
berflüssig ist, ist falsch. Sie sollten einmal – ich finde
chade, dass Sie das nicht getan haben – genau nachle-
en, was die Bundesregierung, was der Außenminister
uf all die Punkte in der Großen Anfrage der Grünen, die
ie zitiert haben, geantwortet hat. Alle Ihre Fragen sind
eantwortet; alle Ihre Forderungen sind erfüllt. Ich weiß
berhaupt nicht, warum Sie fordern, was die Bundesre-
ierung schon erklärt hat.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617233700

Möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Toncar

ulassen?


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1617233800

Natürlich.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617233900

Bitte schön.


Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1617234000

Herr Kollege Strässer, ich habe am Freitag in der

rankfurter Allgemeinen Zeitung lesen dürfen, dass Sie






(A) )



(B) )


Florian Toncar
sich in der letzten Woche noch nicht darüber im Klaren
waren, ob die SPD-Fraktion dem Antrag zustimmt oder
nicht, dass Sie sich lediglich darüber im Klaren waren,
dass Sie nicht als Antragsteller auftreten. Wenn Sie letzte
Woche noch der Meinung waren, dass eine Zustimmung
zu diesem Antrag nicht ausgeschlossen ist, warum kom-
men Sie dann heute zu einer so eindeutigen und drastisch
negativen Bewertung des Inhalts des Antrags? Können
Sie mir das erklären?


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1617234100

Sie wissen, wie das mit den Zeitungen ist. Den Satz,

mit dem ich dort zitiert werde, habe ich definitiv nicht
gesagt. Das habe ich dem Journalisten, der mich angeru-
fen hat und dem Sie bestimmte Dinge erzählt haben,
auch so deutlich gesagt.

Ich sage es noch einmal, Herr Kollege Toncar: Sie
machen mit diesem Antrag etwas, was wir übereinstim-
mend an dieser Stelle nicht praktizieren wollten. Sie
spielen zum Schein Attaché. An diesem Punkt sagen wir
alle – jedenfalls unsere Fraktion; soweit ich weiß, auch
aus Überzeugung –: Das ist der falsche Weg. Ich sage Ih-
nen auch, warum. Sie ignorieren all das, was heute ange-
sprochen worden ist, zum Beispiel zur Rücksichtnahme
auf die Entwicklung in China. Sie schreiben in Ihrem
Antrag nicht einen einzigen Satz über das, was in den
letzten 30 Jahren in dieser Volksrepublik passiert ist.
Deshalb ist dieser Antrag aus meiner Sicht kontrapro-
duktiv; er wird Ihrem Anliegen nicht gerecht. Im Gegen-
teil: Ich befürchte, dass er Ihrem Anliegen sogar schadet.
Das ist genau der Punkt, um den es uns heute geht.


(Beifall bei der SPD)


Ich finde es auch sehr schade, dass wir diese Diskussion
nicht heute Morgen vor etwas besser gefülltem Haus
führen konnten; denn dahin hätte es als ein Teilbereich
der China-Politik dieser Bundesregierung gehört.

Ich will zum Schluss noch etwas dazu sagen, wer wen
besuchen und wer mit wem reden darf. Aus meiner Sicht
gibt es da gar keine Frage. Natürlich dürfen und sollen
deutsche Politiker mit dem Dalai-Lama reden. Warum
denn nicht? Aber ich kritisiere – das sollte man, wenn
dies angesprochen wird, auch sehr deutlich sagen –,
wenn diese Politik das Einzige ist und danach keine
menschenrechtlichen Implikationen folgen. Reine Sym-
bolpolitik nutzt den Menschenrechten in der Volksrepu-
blik China nicht.


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD] – Zuruf des Abg. Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU])


– Kollege Fischer, regen Sie sich nicht so auf! Wir haben
das doch gesehen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung davon!)


Der Kollege Wellmann und die Kollegin Dyckmans wa-
ren bei der Reise dabei. Wir haben gemeinsam mit dem
Außenminister vor Ort gezeigt, was eine offene und ehr-
liche Menschenrechtspolitik ist. Man darf sich nicht du-
cken. Wir haben alle diese Themen angesprochen. Ich

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(C (D eiß gar nicht, wie Sie darauf kommen, dass es einen inienstreit in der Koalition gibt. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch! Es gibt gar keine Linie!)


er Außenminister hat vor Studenten der Hochschule
ür Außenpolitik von sich aus das Thema Tibet ange-
prochen. Er hat öffentlich erklärt, wie die deutsche
undesregierung zu Tibet steht und was sie von den Chi-
esen erwartet. Er hat das thematisiert. Das stand zwar
icht in der Zeitung. Aber er hatte großen Erfolg; denn
ie Menschen dort haben ihm zugehört. Dasselbe gilt für
ie Gespräche mit Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrecht-
ern.

Ich kann nur sagen: Wir sollten an dieser Stelle abrüs-
en. Ihr Antrag führt aus unserer Sicht nicht weiter. Wir
aben mindestens fünf Ihrer Forderungen in diesem An-
rag erfüllt. Deshalb führt uns das an dieser Stelle in die
rre. Wir möchten eine vernünftige und richtungwei-
ende Chinapolitik unter Berücksichtigung aller Um-
tände. Diese werden wir in der Zukunft ganz konse-
uent verfolgen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617234200

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

ollege Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Der macht das jetzt wie Frau Steinbach!)



Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617234300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nein, ich

ese jetzt keine Rede von Erika Steinbach vor.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das wäre aber sehr lohnend!)


Zunächst einmal möchte ich sagen: Solange nicht im
uswärtigen Amt, sondern noch im Kanzleramt Außen-
olitik gemacht werden darf, würde ich eigentlich erwar-
en, dass das Kanzleramt hier bei solchen Debatten ver-
reten ist. Das ist leider nicht der Fall. Vielleicht hat das
ber ein neues Verhältnis der Ressorts untereinander zur
olge.

Nun zum eigentlichen Thema.

Im Rahmen der Spiele der Neuzeit verkörpert das
Olympische Feuer die positiven Werte, die der
Mensch diesem Element von jeher zuschreibt. Die
Reinheit des Feuers wird dadurch gewährleistet,
dass es auf ganz besondere Art und Weise – mit-
hilfe der Sonnenstrahlen – entzündet wird. … Auf
seinem Weg kündigt das Feuer die Olympischen
Spiele an und vermittelt eine Botschaft des Friedens
und der Verbundenheit der Völker.

iese Sätze findet man in einer Broschüre des Olympi-
chen Museums zur olympischen Bewegung und zur
lympischen Idee der Neuzeit. Wenn man sich diese






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

Sätze vergegenwärtigt, muss man sagen: Was war der
Fackellauf in Lhasa am letzten Wochenende für eine Ge-
spensterveranstaltung!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Eine Regierung spricht der olympischen Idee Hohn,
indem sie jede Beteiligung des Volkes an dieser Veran-
staltung verhindert, da sie das Volk fürchten muss, weil
sie es unterdrückt und die kulturellen und religiösen
Rechte dieser Minderheit verhöhnt. An die olympische
Bewegung gerichtet, an das Internationale Olympische
Komitee und den Deutschen Olympischen Sportbund,
der sich mit seinen Stellungnahmen nicht gerade mit
Ruhm bekleckert hat,


(Erika Steinbach [CDU/CSU]: Richtig!)


sage ich ganz deutlich: Wer an den olympischen Stätten
Widerstand gegen die Verhöhnung der olympischen Idee
leistet, dagegen sein Wort erhebt und symbolische Ak-
tionen durchführt, der hat unsere Solidarität verdient,
keine Sanktionen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, wir alle sind aufgrund der
Situation in Tibet besorgt. Es kam erneut zu einem Auf-
stand, der nach Angaben der tibetischen Exilregierung
mindestens 200 Todesopfer gefordert hat. Die Situation
in Tibet ist seit langem problematisch. Wir dürfen die
Menschenrechtssituation in China aber nicht, weil die
westlichen Medien auf Tibet schauen und weil Tibet mit
dem Dalai-Lama einen prominenten Fürsprecher hat, auf
die Tibetfrage reduzieren. Das wäre völlig falsch. Des-
halb haben wir vor zwei Wochen über die Große Anfrage
der Grünen zur Menschenrechtslage vor den Olympischen
Spielen diskutiert. Hierbei ging es uns um Tibet, um Xin-
jiang, aber auch um die Dissidenten und die religiösen
Minderheiten in Zentralchina, die um ihre Rechte kämp-
fen. Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Menschen-
rechtspolitik nicht primär innenpolitisch induziert betrei-
ben und uns nur danach richten, was populär ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir müssen uns an den Fragen orientieren: Was ist nach-
haltig, was führt in diesem Land tatsächlich zu Konse-
quenzen, und welche Probleme sind bereits vergessen?
Vor diesem Hintergrund haben wir diesem Hohen Hause
vor einiger Zeit einen Antrag zur Situation der Uiguren in
Xinjiang vorgelegt. Denn der Dalai-Lama hat uns bei sei-
nem Besuch in diesem Hohen Haus gesagt, dass die Situa-
tion der Uigurinnen und Uiguren noch weitaus schlimmer
ist als die der Tibeterinnen und Tibeter. Ich finde, auch das
muss man am heutigen Tag einmal sagen.

Wenn wir darüber diskutieren, was für eine China-Po-
litik wir betreiben sollten, müssen wir uns fragen: Ist
das, was wir demonstrativ machen, zum Beispiel ein
Empfang des Dalai-Lama im Kanzleramt, wirklich von
einer politischen Strategie gedeckt, die dazu führt, dass

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(C (D ich die Menschenrechtssituation für die Chinesinnen nd Chinesen in Tibet, Xinjiang und Zentralchina veressert, oder nicht? Frau Steinbach, hierbei geht es auch m die Frage: Ist es klug, den Chinesen diesen Empfang ei einem Besuch nicht anzukündigen, oder hätte es icht geholfen, es vorher zu sagen, um dadurch den prengstoff aus der Situation zu nehmen und den Menchenrechtsdialog, der ein sehr wichtiges Instrument ist, m die Menschenrechtssituation in China zu verbessern, icht zu gefährden? Das sind die Fragen, die wir uns tellen müssen. Es geht nicht nur darum, was man darf. ntscheidend ist, was Politik bewirken kann. Ich möchte noch einen Satz zu dem zweiten Antrag, en wir heute verabschieden, sagen, obwohl mich der räsident bereits mahnt. Den Antrag der FDP zur Menchenrechtslage in Tibet werden wir unterstützen, weil er umindest nicht falsch ist. Ich finde allerdings, man ollte dieses Thema globaler fassen. Das haben wir in nserem Antrag zur Menschenrechtssituation in Gesamthina, den wir dem Ausschuss vorlegen werden, getan. Heute wird sich der Bundestag einmütig – ich weiß llerdings nicht, ob sich die Linke aus Solidarität zu Peing wieder enthalten wird – für die Freilassung des Bürerrechtlers und Umweltaktivisten Hu Jia einsetzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


as ist ein richtiges Zeichen. Ich bin allen Fraktionen
ankbar, dass sie unserem Vorschlag gefolgt sind, sodass
ir diese Entscheidung heute einmütig treffen können.
as nimmt nämlich ein Stück weit das Blamable aus der
ituation von vor zwei Wochen,


(Christoph Strässer [SPD]: Ja!)


ls der Bundestag mit Hammelsprung einen Antrag un-
erer Fraktion abgelehnt hat, mit dem wir erreichen
ollten, dass die Bundesregierung die Volksrepublik
hina auffordert, die politischen Gefangenen von ganz
hina vor der Olympiade freizulassen.


(Beifall der Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Christoph Strässer [SPD])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617234400

Herr Kollege!


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617234500

Ich finde, bei Menschenrechten sollten wir nicht auf

en Antragsteller schauen, sondern darauf, ob die Forde-
ung richtig ist, und entsprechend zustimmen. Das ist
laubwürdige Menschenrechtspolitik. Gönnen Sie den
ppositionsparteien, wenn sie das Richtige schreiben
und sei es unvollständig – , die Zustimmung!


(Zuruf von der SPD: Jederzeit, Herr Kollege!)


enn in der Sache ist das das richtige Signal.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617234600

In Menschenrechtsfragen, Herr Kollege Beck, pflegt

das Präsidium auch bei der Umsetzung angekündigter
letzter Sätze besondere Großzügigkeit walten zu lassen.


(Heiterkeit – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kennen meine abenteuerliche Interpunktion nicht!)


Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag
der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/9747 mit dem
Titel „Menschenrechtslage in Tibet verbessern“. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich der Stimme? – Damit ist der Antrag mehr-
heitlich abgelehnt.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe auf
Drucksache 16/9822 – das ist der Zusatzpunkt 9 – zu der
Unterrichtung durch die Bundesregierung über eine Ent-
schließung des Europäischen Parlaments vom 17. Januar
2008 zur Inhaftierung des chinesischen Bürgerrechtlers
Hu Jia. Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unter-
richtung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Dann ist diese Beschlussempfehlung
bei Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke mit den üb-
rigen Stimmen des Hauses so angenommen.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 22:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Axel E.
Fischer (Karlsruhe-Land), Ilse Aigner, Katherina
Reiche (Potsdam), weiterer Abgeordneter und
Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Andrea Wicklein, René Röspel, Jörg Tauss, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Forschung und Entwicklung für die indus-
trielle stoffliche Nutzung nachwachsender
Rohstoffe in Deutschland bündeln und stärken

– Drucksache 16/9757 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die
Reden der Kollegen Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land),
Andrea Wicklein, Cornelia Pieper, Dr. Petra Sitte und
Sylvia Kotting-Uhl.

Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU):
Wir alle kennen Vorzüge der stofflichen Nutzung nach-

wachsender Rohstoffe. Von Beschäftigungseffekten in der
Landwirtschaft über die Entlastung der Umwelt, die Ent-
wicklung neuer Forschungs- und Produktionsfelder bis

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(C (D in zur Einsparung kostbarer Rohstoffe reicht ein breiter ächer von Effekten, die wir nicht erst in neuester Zeit reudig beobachten können. So können nachwachsende ohstoffe langfristig einen wesentlichen Beitrag zur Siherung der Rohstoffversorgung, zur Importunabhängigeit sowie zum Umweltschutz leisten. Die Veredelung achwachsender Rohstoffe in Bioraffinerien trägt dazu ei, dass in den ländlichen Gebieten neue Beschäftiungsalternativen geschaffen werden und der Landund orstwirtschaft Produktionsund Einkommensalternatien geboten werden. Darüber hinaus kann die stoffliche utzung nachwachsender Rohstoffe zum Erhalt der bio ogischen Vielfalt beitragen und die Kulturlandschaft beeichern. Nicht nur für ein Industrieland wie Deutschland st die stoffliche Nutzung von Biomasse mit Vorteilen verunden, sondern auch für Entwicklungsund Schwellenänder: Nachhaltig produzierte und angebaute Biomasse ann zu wünschenswert steigenden Exporterlösen, zur irtschaftlichen und zur ländlichen Entwicklung in die en Ländern beitragen. Hierbei müssen mögliche Zielonflikte in Bezug auf Umweltschutz, Biodiversität, lächennutzungskonkurrenzen zur Nahrungsmittelprouktion und auf die soziale Situation in den Anbaugebieen beachtet werden. Vor diesem Hintergrund wollen wir versuchen, die ielfältigen Chancen der stofflichen Nutzung nachwachender Rohstoffe sinnvoll zu nutzen. Es bedarf dazu einer trategie, in der wir die vielfältigen erfolgversprechenen Ansätze bündeln und fortentwickeln. Ziel dieser breit ngelegten Strategie muss es vor allem sein, Verfahren nd Methoden zu entwickeln, mit denen nachwachsende ohstoffe langfristig wirtschaftlich genutzt werden könen. Technische Verfahren sind Voraussetzung für jede utzung von Biomasse. Viele Ideen zum Einsatz nachachsender Rohstoffe sind von der konkreten Umsetzung m industriellen Maßstab noch weit entfernt. Welche Verahren in Zukunft möglich sind, müssen Forschung und ntwicklung aufzeigen. Hier setzt die Forschungsstrateie an. Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe unterliegt in llen Wirtschaftsbereichen letztlich den gleichen Kriteien nachhaltigen Wirtschaftens wie Verfahren auf Basis nderer Rohstoffe auch. Neue Produkte und Verfahren üssen in akzeptabler Zeit rentabel sein und sich im in ernationalen Maßstab bewähren. Sie müssen in Bezug uf Wirtschaftlichkeit und Qualität konkurrenzfähig sein. etztendlich müssen die Rohstoffe für die Unternehmen u Weltmarktpreisen zur Verfügung stehen. Das ist beim insatz von nachwachsenden Ressourcen heute nicht imer gegeben. Hier müssen unsere Forschungsund Enticklungsaktivitäten ansetzen, hier sind die Grundlagen ür eine erfolgreiche Nutzung zu legen. Im Rahmen dieser trategie muss vor allem die Grundlagenforschung zur tofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe vorangerieben werden, damit es uns gelingt, zukunftsträchtige nd innovative Konversionsverfahren zu entwickeln. Mit einer deutlich verbesserten Forschungsförderung, it der Vernetzung aller Glieder der Wertschöpfungskette nd mit der Beseitigung von gesetzlichen Hürden sind ichtige Voraussetzungen für den verstärkten Einsatz achwachsender Rohstoffe geschaffen worden. Wir wollen hier einen Schwerpunkt weiter auf Biodiversität, Bodenfruchtbarkeit, Wirkungsgrad, Kaskadennutzung und Ökobilanzierung legen. Wir wollen dazu die Förderung von Forschungs-, Entwicklungsund Demonstrationsvorhaben fortführen, verstärkt über die Anwendungsmöglichkeiten aufklären sowie eventuell bestehende Hemmnisse für den stofflichen Einsatz nachwachsender Rohstoffe beseitigen. Um den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen zu erhöhen und ihre Produktion effizient zu gestalten, müssen alle Möglichkeiten, insbesondere auch die der grünen Gentechnologie, ergebnisoffen geprüft und erforscht werden. Wir müssen, wenn wir erfolgreich sein wollen, neue Produktlinien auf Basis nachwachsender Rohstoffe entwickeln. Dazu bedarf es höchstmöglicher Flexibilität bei den verwendeten Technologien. Die notwendigen Rohstoffe müssen ganz bestimmte Eigenschaften aufweisen und hohe Qualitätsstandards erfüllen. Damit sie diese Voraussetzungen erfüllen, müssen alle Möglichkeiten einer nachhaltigen Pflanzenproduktion zur Verfügung stehen. Ein rein ökologischer Landbau wird den Erfordernissen an Menge, Preis und Qualität der Rohstoffe nicht Rechnung tragen können. Die Grüne Gentechnik könnte in Zukunft ganz entscheidend dazu beitragen, Pflanzen als Lieferanten marktfähiger Rohstoffe zu etablieren. Sie bietet neue Möglichkeiten der Bereitstellung von nachwachsenden Rohstoffen. Dabei spielt sowohl die erreichbare Mengensteigerung als auch die gezielte Herstellung von benötigten Rohstoffen eine Rolle. Es kann nicht sein, dass uns hier in Deutschland weiter überzogene ideologische Blockaden daran hindern, am weltumspannenden Fortschritt in diesem Bereich teilzuhaben, und dass damit die Nutzungsmöglichkeiten von nachwachsenden Rohstoffen stark eingeschränkt werden. Wenn wir zu den führenden Wirtschaftsnationen gehören wollen, dann können wir uns nicht systematisch bei einer Spitzentechnologie nach der anderen aus dem internationalen Forschungskonzert verabschieden. Das gilt im Energiebereich für die Kerntechnik genauso wie in der Landwirtschaft für die Grüne Gentechnik. Auch unter humanitären Gesichtspunkten ist in Deutschland ein schnelles Umdenken notwendig: Die Steigerung der energetischen und industriellen Nutzung nachwachsender Rohstoffe führt zu einem verstärkten Wettbewerb um Anbauflächen. Bisher wurden diese vorwiegend für die Nahrungsmittelproduktion genutzt. Um größeren Verwerfungen entgegenzuwirken, um den Hunger in der Welt nachhaltig zu bekämpfen, müssen wir dringend Methoden entwickeln und anwenden, mit denen pflanzliche Abfallstoffe besser als bisher genutzt werden. Hier schafft unter anderem auch die Einführung eines Bioraffinerie-Forschungsnetzwerks, in dem Kompetenzen und Aktivitäten in Forschung, Entwicklung und Demonstrationsanlagen gebündelt werden, den notwendigen Rahmen für spürbare Fortschritte. Es reicht allerdings nicht aus, die Schwerpunkte ausschließlich auf die Forschung zu legen, wir müssen andererseits die Forschung eng mit den Hochschulen vernetzen, damit die gewonnenen Erkenntnisse möglichst schnell und effektiv in die Lehre, in die Ausbildung junger, m b s i w s s n d t e s ü E h d b t D K t s s J e w b F s S m t S g t K a a c e s q v u k e N n W e d R s Zu Protokoll ge (C (D otivierter Menschen Eingang finden. Im Idealfall wird ei Forschung und Lehre an den entsprechenden Lehrtühlen die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe n ihrer gesamten Breite berücksichtigt. Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Wir stehen im eltweiten Wettbewerb um die Nutzung knapper Roh toffe. Wichtig ist ein schonender Umgang mit allen Rohtoffen sowie die Entdeckung, Entwicklung und Nutzung euer Ressourcen. Mit unserer Forschungsstrategie weren wir die darin liegenden Chancen ergreifen, Innovaionen anregen und einen wesentlichen Beitrag für eine rfolgreiche und nachhaltige Entwicklung unserer Rohtoffbasis leisten können. Das Deutsche Kunststoff-Museum in Düsseldorf klärt ber eine Revolution auf, die vor 148 Jahren begann: Die ntwicklung des einmaligen Werkstoffs Celluloid, besteend aus nitrierter Cellulose und Kampfer. „Anstoß für ie Entwicklung des Celluloids war ein Preisausschreien, bei dem ein neuer Werkstoff gesucht wurde, der das eure Elfenbein der Billardkugeln ersetzen sollte“, so das üsseldorfer Museum. Doch schon wenig später haben die erdölbasierten unststoffe ihren Siegszug angetreten und sind heute fes er Bestandteil in unserem Alltag. Angefangen von Brenntoffen über Kraftstoffe bis hin zu hochmodernen Werktoffen. Die erdölbasierte Chemie hat damit seit vielen ahrzehnten sehr erfolgreich hochkomplexe und effizinte Nutzungsmöglichkeiten des Erdöls entwickelt. Welteit wird unser Leben und auch unser Wohlstand davon estimmt. Beispielsweise nenne ich: Fensterrahmen und ußbodenbeläge aus PVC toffe in Polstermöbeln und Matratzen aus Polyurethan, tyropor-Verpackungen aus Polystyrol, Gießkannen, Eier und Fernsehgehäuse aus Polyethylen uren, Folien und Trinkhalme aus Polypropylen ynthetikfasern aus Polyamid oder Waschund Reiniungsmittel aus Ethylenoxid. Aber das Erdöl ist endlich, wird knapper und immer eurer. Die Zeit ist deshalb reif, auch im Bereich der unststoffe und chemischen Produkte über sinnvolle und ussichtsreiche Alternativen zu diskutieren und Lösungsnsätze zu entwickeln. Unbestritten ist, dass es bei den hemischen Erzeugnissen zum Erdöl nur eine einzige chte Alternative geben wird: die nachwachsenden Rohtoffe. Denn sie sind die einzige erneuerbare Rohstoffuelle, die die für die Chemie notwendigen Kohlenstofferbindungen enthält. Dagegen sind Kraftstoffe, Strom nd Wärme auch durch andere Alternativen, wie Windraft, Erdwärme oder Sonnenenergie, ersetzbar. Dies ist in entscheidender Punkt, der sowohl bei der sinnvollen utzung des Erdöls als auch beim sinnvollen Einsatz von achwachsenden Rohstoffen berücksichtigt werden muss. enn wir also die nachwachsenden Rohstoffe nur für die nergetische Nutzung denken, dann greift das zu kurz. Mit iesem Antrag wollen wir deshalb die unausweichliche ohstoffwende im Bereich der Chemie unterstützen. Wir tehen langfristig vor einer neuen Revolution: der Roh Axel E. Fischer gebene Reden stoffwende vom Erdöl hin zu den nachwachsenden Rohstoffen. Wie ist die Ausgangssituation? Von den rund 113 Millionen Tonnen Erdöl, die Deutschland Jahr für Jahr verbraucht, benötigt die chemische Industrie derzeit rund 20 Millionen Tonnen für die stofflichen Chemieprodukte. Hinzu kommen etwa 2 Millionen Tonnen Biomasse als weitere Rohstoffbasis. Deutschland hat sich zu einem der weltweit führenden Chemiestandorte entwickelt. Fast 450 000 Beschäftigte zählt diese Branche, die zu 80 Prozent exportabhängig ist und pro Jahr einen Umsatz von 153 Milliarden Euro erwirtschaft. Allein 5,3 Milliarden Euro investiert die Branche pro Jahr in neue Produkte, Technologien und Verfahren. Damit belegt Deutschland in Europa als Chemiestandort den ersten Platz und in der Welt Platz vier. Bei der Wende hin zu den nachwachsenden Rohstoffen stehen wir nicht am Anfang. Bereits seit den 80er-Jahren nimmt das Interesse an Biokunststoffen und Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen wieder zu. Aber mit der dramatischen Verteuerung des Erdöls seit etwa 2002 von damals rund 25 auf jetzt etwas über 140 Dollar pro Barrel sind die Bemühungen weltweit rasant gestiegen, das Erdöl durch nachwachsende Alternativen zu ersetzen. Kunststoffe aus Stroh oder Gras können sich so zu einer echten Konkurrenz zum Erdöl entwickeln. Zahlreiche Hochschulen, Forschungsseinrichtungen und Chemieunternehmen widmen sich verstärkt diesem Zukunftsfeld, und es entstehen diverse Forschungsnetzwerke. Auch Bund, Länder und die Europäische Union unterstützen auf vielfältige Weise diesen jungen Bereich; der Bund beispielsweise durch den Förderschwerpunkt „Biokonversion nachwachsender Rohstoffe“, die Förderung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. die Etablierung des Deutschen Biomasseforschungszentrums mit Sitz in Leipzig, die Unterstützung des Deutschen Bioraffinerie-Kongresses oder die Clusterinitiative zur Weißen Biotechnologie; die EU vor allem mit dem 7. Forschungsrahmenprogramm, in dem auch Biowissenschaften, Biotechnologie und Biochemie gefördert werden. Doch bis zur industriellen stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe ist es noch ein langer Weg. Enorme Anstrengungen vor allem in Forschung und Entwicklung, in Ausbildung und Lehre sowie in Demonstrationsanlagen sind noch notwendig, um die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe voranzubringen. Dabei wird es entscheidend sein, die Bioraffinerie-Konzepte als Schlüsseltechnologie für den effizienten, Ressourcen schonenden und auch marktwirtschaftlich sinnvollen Einsatz nachwachsender Rohstoffe weiterzuentwickeln. Denn quasi analog zur Erdölraffinerie, in der das Erdöl zu zahlreichen chemischen Grundstoffen veredelt wird, können in einer Bioraffinerie alle Pflanzenteile zur Herstellung entsprechender Plattformchemikalien, aber auch anschließend für Kraftstoffe, Strom oder Wärme verwendet werden. Durch das Prinzip „Erst stoffliche, dann energetische Nutzung“ kann die Wertschöpfung von nachwachsenden Rohstoffen enorm gesteigert werden. d s t d f B a S l e W D K w E f t d w d l z e s F g u s z d n h B r d a w a b z s s d n r u B A n A d s n u k Zu Protokoll ge (C (D Doch auf dem Weg dahin ist es notwendig, schon jetzt ie Weichen für strategische Entscheidungen in Forchung, Entwicklung und Demonstration der Bioraffinaion in Deutschland zu stellen. Deshalb verfolgen wir mit em Antrag das Ziel, eine ressortübergreifende Strategie ür die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe als estandteil einer integrierten Biomasse-Strategie zu errbeiten und daraus konkrete Zielvorgaben sowie chwerpunkte für die weitere Forschungsförderung abzueiten. Darüber hinaus setzen wir auf die Vernetzung der ntscheidenden Akteure, von der Landwirtschaft über issenschaft und Forschung bis zu den Unternehmen. urch ein Bioraffinerie-Forschungsnetzwerk können ompetenzen und Aktivitäten in Forschung und Enticklung gewinnbringend gebündelt werden. Zu diesem rgebnis kommt auch der Bericht des Büros für Technik olgenabschätzung beim Deutschen Bundestag „Indusrielle stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe“, as kürzlich feststellte: „Für die stoffliche Nutzung nachachsender Rohstoffe ist ein zunehmender Stellenwert in er Forschungsförderung zwar erkennbar, dennoch fehen konkrete, übergeordnete Zielvorgaben. Daher wäre um Beispiel eine ‚Roadmap für die stoffliche Nutzung‘ rforderlich, um diese Ziele klarer zu definieren und entprechende Schwerpunkte, zum Beispiel in Form von orschungsstrategien, zu formulieren.“ Mit dem vorlieenden Antrag haben wir diese Hinweise aufgenommen nd wollen sie politisch umsetzen. Ein weiterer Aspekt ist mir in diesem Zusammenhang ehr wichtig: Die Rohstoffe vom Acker gehen zwar nicht ur Neige. Aber auch die nachwachsenden Rohstoffe weren, je mehr sie von der Industrie nachgefragt sind, zu eiem knappen Gut. Uns muss es deshalb ebenso darum geen, mögliche Zielkonflikte in Bezug auf Klimaschutz, iodiversität, Flächennutzungskonkurrenzen zur Nahungsmittelproduktion und auf die soziale Situation in en Anbaugebieten zu achten. Auch das wird im Antrag usdrücklich berücksichtigt. Für ein technologieintensives Land wie Deutschland ird es wichtig sein, hier im internationalen Vergleich gut ufgestellt zu sein. Im Deutschen Bundestag ist eine reite Unterstützung für eine verstärkte stoffliche Nutung nachwachsender Rohstoffe erkennbar. Auch Forchung und Wirtschaft haben die riesigen Potenziale dieer noch relativ jungen Branche entdeckt. Jetzt müssen afür die richtigen politischen Weichenstellungen vorgeommen werden, damit Forschung und Entwicklung voankommen können. Dem dient dieser Antrag, für den ich m Unterstützung werben möchte. Ende vergangenen Jahres haben wir im Ausschuss für ildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung den rbeitsbericht Nr. 114 „Industrielle stoffliche Nutzung achwachsender Rohstoffe“ des Büros für Technikfolgenbschätzung entgegengenommen. Er zeigt uns deutlich, ass die aktuelle Biomasse-Diskussion und ein industriell toffliches und energetisches Gesamtnutzungskonzept ur vor dem Hintergrund breitangelegter forschungsnd technologiepolitischer Prozesse betrachtet werden önnen. Andrea Wicklein gebene Reden Der Rohstoffund Energieverbrauch steigt weltweit stark an. Die Verfügbarkeit fossiler Energiereserven ist jedoch endlich und eng mit dem Problem einer starken CO2-Belastung der Umwelt verbunden. Bei 11,9 Milliarden Barrel erkundeten Ölreserven und geschätzten 66 Milliarden Barrel potenziellen Reserven könnte die Verfügbarkeit des Erdöls auf noch 55 Jahre angesetzt werden. Heute beruhen rund 90 Prozent der chemischen Rohstoffbasis auf den fossilen Rohstoffen Erdöl und Erdgas. Doch die nachwachsenden Rohstoffe gewinnen gerade für die chemische Industrie immer mehr an Bedeutung. Aktuell beträgt der Anteil der Biomasse in der chemischen Industrie bereits etwa 10 Prozent. Eine weitere Belastung der Atmosphäre mit klimaschädlichen Gasen aufzuhalten bzw. zu verhindern, stellt heute eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen dar. Die Forschung zur industriell stofflichen und energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. Sie fühlt sich dem Ziel verpflichtet, einerseits mittelfristig einen Ersatz für die Nutzung fossiler Energiequellen zu schaffen und andererseits eine Flächenkonkurrenz und damit eine Nahrungsmittelverknappung zu verhindern. Es setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass eine einfache Ausweitung der Biokraftstoffproduktion der ersten Generation auf der Grundlage von Zuckerund Stärkepflanzen sowie Ölpflanzen an natürliche Grenzen stößt und dass ein Nutzen für Mensch und die Umwelt nicht mehr auszumachen ist. Auch ein Rückgriff auf Altfette, wie zum Beispiel das Altspeiseöl, ist nur begrenzt möglich. Auch hier sind die Preise allein im vergangenen Jahr von 340 auf 530 Euro je Tonne gestiegen. Biosprit der ersten Generation gilt heute schon als ein Preistreiber für die Lebensmittelpreise. Die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel sind in den vergangenen drei Jahren um 83 Prozent gestiegen. Die Preise für Weizen, Mais, Soja und Ölsaaten steigen stetig. Allein der Preis für eine Tonne Weizen ist von 70 Euro im Jahr 2000 auf heute 230 Euro explodiert. Die Verfügbarkeit von Ackerland in der EU ist eine entscheidende Restriktion für eine deutliche Ausweitung der Biokraftstoffproduktion. Zusätzliche geeignete Anbauflächen fehlen weltweit und können heute nur noch durch weitere Rodungen, zum Beispiel in Regenwaldregionen dieser Erde, erweitert werden. Eine nur zehnprozentige Beimischung von Biosprit bedeutet für Deutschland einen Jahresbedarf von 4 Millionen Tonnen. Hierfür werden 5 Millionen Tonnen Rapssaat und 6 Millionen Tonnen Getreide gebraucht. Die hierfür benötigte landwirtschaftliche Nutzfläche von 30 000 Quadratkilometern entspricht in etwa der Größe von Brandenburg. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass aus einem Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche 1 550 Liter Rapsdiesel oder 2 560 Liter Bioethanol, beide erste Generation, oder 4 000 Liter BtL-Diesel, zweite Generation, hergestellt werden können. Treibstoffe der zweiten Generation – hergestellt auf der Basis einer breitangelegten Biomassenutzung – wachsen auf weniger als einem Viertel der Fläche. Das entspräche etwa 6 g h B d k s s R N K g B d p d c b f s Z B P n v w E A D t z u H u l z t H w G z g V a l s s ( S f g s a V e Zu Protokoll ge (C (D 5 Prozent der heute 8 000 Quadratkilometer brachlieenden landwirtschaftlichen Nutzflächen. 9 Prozent des weltweiten Primärenergieverbrauchs ist eute auf die Nutzung „traditioneller Biomassen“ wie rennholz und Holzkohle zurückzuführen. Die Verwenung „moderner Biomassen“ zielt mehr auf den Ersatz onventioneller fossiler Energieträger ab. Die Rohtoffbasis hierfür bilden Energiepflanzen im landwirtchaftlichen Anbau, forstwirtschaftliche Nebenprodukte, eststoffe aus der Holzverarbeitung sowie organische ebenprodukte und Abfälle. Das setzt allerdings ihre onversion zu flüssigen und gasförmigen Sekundärenerieträgern voraus, was landläufig als „Veredlung von iomasse“ bezeichnet wird. Dabei wird das Ziel verfolgt, ie Energiedichte der Biomasse zu erhöhen, ihre Transortfähigkeit zu verbessern und ihre Nutzung mit vorhanenen Technologien der Endenergienutzung zu ermöglihen. Es gibt eine Reihe von Konversionstechnologien, die ereits Stand der Technik sind. Die Konversionsverfahren ür Kraftstoffe der ersten Generation, die zuckerund tärkehaltige Samen und Feldfrüchte, wie Zuckerrüben, uckerrohr, Mais, Roggen oder Weizen, zum Benzinersatz io-Ethanol oder Öl von Pflanzen, wie Raps, Soja oder almen, zu Pflanzenöl und Biodiesel umwandeln, sind icht wirtschaftlich und einer befriedigenden Kraftstoffersorgung schon heute nicht zuträglich. Der Energieaufand für deren Herstellung ist oftmals größer als der nergiegehalt der Kraftstoffe. Die Belastungen der ckerböden und der Luft ist allein durch die eingesetzten üngemittel und Pestizide außerordentlich hoch. Statt auf Feldfrüchte, die eigentlich der Nahrungsmitelproduktion dienen, für die Energiegewinnung zu seten, muss künftig stärker auf die Verwendung cellulosend ligninhaltiger Pflanzen von schnell wachsendem olz, ganzer Kulturpflanzen, Reststoffe aus der Waldnd Holzwirtschaft gesetzt werden. Darauf konzentrieren sich Forschung und Entwickung für Kraftstoffe der zweiten Generation. Das Potenial zur CO2-Einsparung ist bei den Kraftstoffen der zweien Generation nämlich doppelt so hoch. Bei der erstellung von Biokraftstoffen der zweiten Generation erden – im Unterschied zu Biokraftstoffen der ersten eneration – nicht nur Teile, sondern die ganzen Pflan en genutzt. Sie haben in puncto CO2-Effizienz im Verleich zu allen realistischen Alternativen einen riesigen orsprung. Die Produkte der zweiten Generation setzen uf Konversionstechnologien wie Vergasung und Pyroyse sowie Biomass-to-Liquid-Prozesse. Sie tragen heute chon Markennamen, wie „bioliq“ ynthetische Kraftstoffe“ Volkswagen)


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Andrea Wicklein (SPD):
Rede ID: ID1617234700




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Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1617234800




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Vier chemische Verfahren erscheinen aus heutiger
icht besonders erfolgversprechend: das Karbon-V-Ver-
ahren der Choren-Industries-GmbH, die Direktverflüssi-
ung von Biomasse mittels Katalysatoren der bayeri-
chen Firma Alphakat und der Hochschule für
ngewandte Wissenschaften Hamburg und das Bioliq-
erfahren des Karlruhe Institut of Technology (KIT),
inem Verfahren der Schnellpyrolyse von Stroh zu Pyro-




Cornelia Pieper
gebene Reden


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lysekoks und Pyrolyseöl zu einem sogenannten „Slurry“.
Im Choren-Verfahren wird Biomasse bei 400 bis
500 Grad Celsius in teerhaltiges Schwelgas und Biokoks
umgesetzt, in Rohgas umgewandelt und in einem Fischer-
Tropsch-Reaktor mit Hilfe von Katalysatoren in flüssigen
Kraftstoff umgewandelt. Das Verfahren von Alphakat und
der HfaW Hamburg dient der direkten Verflüssigung bio-
logischen Ausgangsmaterials und setzt auf katalytische
Reaktionsbeschleuniger, die langkettige Kohlenwasser-
stoffe in minutenschnelle, bei weniger als 400 Grad Cel-
sius und ohne Umweg über den Fischer-Tropsch-Prozess
aufspalten. Mit dieser Direktverflüssigung werden ener-
getische Wirkungsgrade von rund 70 Prozent erreicht. An
der Hochschule in Hamburg werden derweil Holz, Stroh
und Kunststoffrückstände aus der Automobilindustrie zu
Kraftstoffen umgewandelt. Die erste, im industriellen
Maßstab nutzbare Anlage zur Katalytischen Drucklosen
Verölung hat den Betrieb am 12. April 2007 in Barrie,
Kanada, aufgenommen. Die Anlage ist zur Verölung von
Reststoffen aus dem Aufbereitungsprozess von Elektro-
nikschrott – Kunststoffgranulat, Kabelisolierungen –
ausgelegt. Sie wurde nach den technischen Vorgaben des
Verfahrensgebers Dr. Christian Koch von der Alphakat
Engineering GmbH realisiert und in Betrieb gesetzt.

Auch die Forscher am KIT arbeiten am Biosprit 2.0.
Hier geht man davon aus, dass aus einer Art Rohöl aus
Reststoffen der Landwirtschaft der sogenannte „Slurry“
herstellt wird. Der energiereiche „Slurry“ kann direkt zu
Bioraffinerien gebracht werden und dort zu maßge-
schneiderten Kraftstoffen veredelt werden. Das ermög-
licht, die Pyrolyse in jedem Landkreis in Deutschland zu
organisieren und von dort aus den energiereichen
„Slurry“ an die Raffinerien im Umkreis von 250 Kilo-
meter zu transportieren.

Nicht zuletzt ist das „Butalco-Verfahren“ eines
schweizerisch-deutschen Unternehmens zu nennen. Hier-
bei werden mittels Säuren mehrere Zuckerarten aus Holz
herausgelöst. Diese werden dann anschließend mit spe-
ziell gentechnisch gezüchteten Hefen in Ethanol oder so-
gar Butanol umgesetzt. Letzterer kann sowohl Benzin als
auch Diesel beigemischt werden.

Der Exzellenzcluster „Maßgeschneiderte Kraftstoffe
aus Biomasse“ an der RWTH Aachen verfolgt einen in-
terdisziplinären Ansatz zur Erforschung neuer, syntheti-
scher Kraftstoffe auf Basis von Biomasse. Durch die
Formulierung neuer Kraftstoffe mit spezifisch zuge-
schnittenen Eigenschaften soll das Potenzial effizienter
und sauberer Niedertemperaturbrennverfahren für Ver-
brennungsmotoren erforscht werden. Mit dem zu erfor-
schenden neuen selektiven Prozess zur Umwandlung des
gesamten Pflanzenmaterials – Lignocellulose – in maß-
geschneiderte Kraftstoffkomponenten wird dieser Exzel-
lenzcluster Basis sein für die dritte Generation biogener
Kraftstoffe. Diese Kraftstoffe – ganz im Gegensatz zu
vielen heutigen Biokraftstoffen – werden dabei nicht im
Wettbewerb zur Nahrungsmittelkette stehen!


(Fuel Design Center)

Wissenschaftlern aus der naturwissenschaftlichen Fakul-
tät und der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH so-

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( l z h 2 s e s r n b A w E m v e m z g n s v F v s U A B G l f l E n k s Zu Protokoll ge (C (D ie den beteiligten Partnerinstitutionen: aus dem Aacheer Fraunhofer-Institut für Molekulare Biotechnologie nd Angewandte Ökologie sowie dem Max-Planck-Instiut für Kohlenforschung in Mühlheim an der Ruhr. Das ntegrative Forschungsfeld „Molekulare Transformaion“ konzentriert sich auf die gezielte Umsetzung biogeer Substrate aus den Rohstoffströmen Cellulose, Heicellulose und Lignin zu molekular definierten omponenten eines maßgeschneiderten Kraftstoffs. Aber auch am KIT wird im Rahmen der Erweiterung er Schnellpyrolyseanlage gemeinsam mit dem Anlagenauer Lurgi daran gearbeitet, den „Slurry“ in einer Rafinerie mit Flugstromvergaser in Methanol und anschlieend in einen maßgeschneiderten Kraftstoff der dritten eneration zu verarbeiten. Biomasse und Biokraftstoffe ind auch künftig wichtige Forschungsfelder. Wissenchaftler und Ingenieure sind in den nächsten Jahren erstärkt gefragt, damit der Einsatz solcher Kraftstoffe echnisch verträglich und zugleich umweltschonend eröglicht wird. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF)

agenforschung Energie 2020+“ die energetische Nut-
ung von Biomasse zu einem Schwerpunkt gemacht. Dazu
at das Ministerium die Förderinitiative „BioEnergie
021 – Forschung für die Nutzung von Biomasse“ ausge-
chrieben. Für diese Initiative sind 50 Millionen Euro für
inen Zeitraum von bis zu fünf Jahren eingeplant. For-
cherteams aus Hochschulen, außeruniversitären Ein-
ichtungen und aus der Wirtschaft werden gemeinsam an
euen Prozessen für die Umwandlung von Biomasse ar-
eiten, damit aus pflanzlichen und sonstigen biologischen
bfällen Kraftstoffe der sogenannten zweiten Generation
erden. Ziel ist es, durch ausgewählte Forschung und
ntwicklung bereits vorhandene Technologien zur Bio-
assenutzung zu optimieren, Verfahren miteinander zu

erknüpfen – Kaskadennutzung – und neue Verfahren zu
ntwickeln, um den begrenzt verfügbaren Rohstoff Bio-
asse so effizient und nachhaltig wie möglich energetisch

u nutzen.

Ein besonderes Förderangebot richtet sich an Arbeits-
ruppen unter Leitung von jüngeren Wissenschaftlerin-
en und Wissenschaftlern, die langfristig angelegte For-
chungsvorhaben mit völlig neuen Ansätzen zur Nutzung
on Biomasse verfolgen wollen. Die Arbeiten der BMBF-
örderinitiative werden eng verzahnt mit laufenden Akti-
itäten in den Forschungszentren der Helmholtz-Gemein-
chaft. Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung,
FZ, beschäftigt sich in Forschungsarbeiten auch mit
spekten einer agrarökonomischen- und ökologischen
etrachtung von Biomasseerzeugung. Auch mit der
ründung des Biomasseforschungszentrums Leipzig sol-

en künftig die Forschungskapazitäten für die Biomasse-
orschung koordiniert werden. Forschung und Entwick-
ung für die umfassende Nutzung der regenerativen
nergien ist unverzichtbar; denn die mit der Biomasse-
utzung verbundenen Spitzentechnologien eröffnen Zu-
unftschancen für den Wissenschafts- und Wirtschafts-
tandort Deutschland.




Cornelia Pieper
gebene Reden


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Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617234900

Der Antrag der Koalitionsfraktionen nimmt eine wich-

tige Entwicklung zur Kenntnis: Das Ende des fossilen
Zeitalters rückt näher. Davon sind nicht nur unsere Sys-
teme der Energieerzeugung, sondern viele Wirtschafts-
zweige betroffen, deren Produkte sich auf die Verfügbar-
keit von Öl, Gas und Kohle stützen. Unsere ganze
Wirtschaftsordnung hat sich auf der Grundlage billiger
fossiler Ressourcen entwickelt: Sie hat über mehr als
150 Jahre ein enormes Wirtschaftswachstum generiert,
Träume von umfassender Mobilität und anhaltender
Wohlfahrtssteigerung zumindest für die industriell entwi-
ckelten Länder dieser Erde verwirklicht. Nun ist der
„Fossilismus“, wie Professor Elmar Altvater von der FU
Berlin dieses System bezeichnete, angesichts des Klima-
wandels, aber auch der Preisexplosion für Rohstoffe an
seine Grenze angelangt.

Ob heute der „Peak Oil“, also der Scheitelpunkt der
Ölförderung, schon überschritten ist oder wir kurz davor
stehen, wird heiß diskutiert. Einig ist sich die Wissen-
schaft jedoch darin, dass die weltweiten Vorräte den stän-
dig steigenden Rohstoffhunger der sich globalisierenden
Weltwirtschaft auf lange Frist nicht decken können. Alle
Industriezweige, die fossile Rohstoffe benötigen, sehen
sich aufgrund von unsicheren Zukunftsprognosen zur
Versorgungsstabilität nach Alternativen um.

Bisher führten nachwachsende Rohstoffe in der indus-
triellen Produktion eher das Dasein eines Mauerblüm-
chens und deckten Nischen ab: Nennenswerten Umsatz
generieren lediglich die Produkte mit biospezifischen
Eigenschaften – etwa kompostierbare Müllbeutel, natür-
liche Dämmaterialien oder selbstauflösende Implantate
in der Medizin. Forscher arbeiten derzeit an Technolo-
gien, die Biomasse zur weitgehenden Substitution erdöl-
basierter Basisprodukte und Grundstoffe nutzen. Viele
technische Verfahren dieser Bioraffinerien sind im Sta-
dium der absoluten Grundlagenforschung – es wird Jahr-
zehnte dauern, um sie wirtschaftlich anwenden zu kön-
nen. Wir begrüßen daher, dass die Koalition sich dieser
Basistechnologien frühzeitig annimmt und eine inte-
grierte Strategie mit dem Schwerpunkt der Grundlagen-
forschung erarbeiten will. Ebenso sinnvoll ist das Agie-
ren auf europäischer Ebene im Rahmen des Aktionsplans
für biobasierte Produkte. Hier erscheint besonders die
geplante Normung biotechnisch erzeugter Kunststoffe
und Chemikalien vordringlich.

Die Regierung sollte allerdings nicht ihre Fehler aus
laufenden Initiativen ähnlicher Art wiederholen. Anders
als bei den Biokraftstoffen darf diesmal Nachhaltigkeit
nicht erst nach dem Protest von Experten und Umweltver-
bänden in den Fokus rücken. Sie muss integraler Be-
standteil der Technologieförderung sein.

Die Schwierigkeiten mit der Strategie zum Biosprit
und bei der Erarbeitung der Biomassenachhaltigkeits-
verordnung zeigen: Importe von nachwachsenden Roh-
stoffen in großem Maßstab lösen unser Rohstoffproblem
nicht, auch wenn im Koalitionsantrag gut meinend die
Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards angemahnt
wird. Deutsche oder europäische Normen lassen sich in
Ländern der Dritten Welt kaum sinnvoll kontrollieren.

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Zu Protokoll ge

(C (D udem konkurrieren viele Rohstoffpflanzen trotz aller Beühungen um eine Kaskadenund Mehrfachnutzung mit em Anbau von Nahrungsmitteln. Dazu kommen Überchneidungen der stofflichen mit der energetischen Verertung, zum Beispiel wegen aggressiver Biospritstrateien, und ökologische Restriktionen wegen der Erhaltung on Fruchtfolge und Biodiversität. Das TAB geht davon us, dass bei fortschreitender Umstellung auf erneuerare Energien bereits 2015 die Nachfrage das Angebot an iomasse aus Reststoffen deutlich übersteigen wird und in expansiver Anbau an Nutzpflanzen oder Import in roßem Maßstab nötig würde. Nachwachsend heißt eben icht unbegrenzt wachsend. Das Gutachten des Sachvertändigenrats für Umweltfragen zeigt: Eine schlichte ubstitution des Erdöls durch Biomasse ist auf nachhaltier Grundlage nicht möglich. Wer heute die Pfade für ein eues Rohstoffregime einschlagen will, darf nicht wieder it Raubbau an Natur und Menschen planen. Die zu entickelnden Verfahren stofflicher Biomassenutzung müs en einem umfassenden Nachhaltigkeitsansatz genügen, er Düngemittelund Energieeinsatz, die CO2und Huusbilanz genauso berücksichtigt wie Auswirkungen auf ozialund Ökosysteme. Der Koalitionsantrag mahnt ies zwar an, Konzepte sind von Ihnen jedoch dazu nicht u vernehmen. Denn im Mittelpunkt der Biomassestrategie der Bunesregierung insgesamt steht eben nicht ein umfassender achhaltigkeitsansatz, sondern die Ermöglichung von irtschaftswachstum. Dieser Antrag beweist dies wieder inmal: Es gelte, so der Wortlaut, den Chemiestandort eutschland durch eine Strategie „Weg vom Öl“ zu un erstützen. Wenn dies gelänge, so die Logik, dann könne an auf die gleiche Weise Wirtschaftswachstum generie en wie bisher. Da liegt jedoch der Denkfehler. Genau ies wird eben nicht möglich sein, denn die nachwachsenen Ressourcen sind endlich. Die Entwicklung neuer onversionstechnologien kann also nur ein Teil einer achhaltigen Rohstoffpolitik sein, die auch die „Grenzen es Wachstums“ im Blick hat. Rohstoffeffizienz, Downizing, Dezentralisierung und Kreislaufwirtschaft müssen zentrale Forschungsthemen sein. Dazu hat diese Kolition keine konkrete Strategie entwickelt, auch dieser ntrag zeigt dies wieder. Wegen der Einseitigkeit dieser olitik wird sich unsere Fraktion enthalten. Angesichts der bereits spürbaren Erderwärmung und er wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen stetig teigender Ölpreise müssen wir unsere Abhängigkeit vom rdöl schnell und drastisch verringern. Wir Grünen haen immer schon auf die gravierenden wirtschaftlichen, kologischen und friedenspolitischen Konsequenzen dieer Abhängigkeit gewarnt. Die aktuelle Preisentwicklung uf den weltweiten Ölmärkten verleiht unserer alten Forerung „Weg vom Erdöl“ derzeit eine völlig neue Dynaik. Dass die Große Koalition heute einen Antrag zu die em Thema vorlegt, ist bezeichnend. Die Alternativen zum Öl sind in Form von erneuerbaen Energien und Biomasse ja längst vorhanden. Wenn ir aber in allen Wirtschaftsbereichen unabhängig vom rdöl werden wollen, dann kommt vor allem der Biogebene Reden Sylvia Kotting-Uhl masse als einem universellen Energieund Rohstoffträger eine ganz entscheidende Rolle zu. Denn nicht nur die Bereiche der Wärmeerzeugung und des Verkehrs sind betroffen, gerade auch die Chemieund Kunststoffindustrie ist massiv abhängig vom Rohstoff Öl. Wollen wir unabhängig vom Erdöl werden, müssen wir vor allem bei der Nutzung der Biomasse den Effizienzgedanken viel stärker als bisher in den Vordergrund stellen, und zwar in zwei Richtungen: Erstens, hin zu niedrigerem Verbrauch, und zweitens, in Richtung einer effizienteren Nutzung der vorhandenen Biomasse. Nur im Zusammenspiel von Effizienz und Substitution wird eine umweltverträgliche und nachhaltige Abkehr vom Erdöl gelingen. In Form von Bioraffinerien erfolgt eine solche hocheffiziente Nutzung von Biomasse. Denn Bioraffinerien erzeugen nicht nur Rohstoffe für die chemische und pharmazeutische Industrie, sondern auch Energie in Form von Bioethanol oder auch Biogas. Sie sind deshalb vor allen Dingen eine Antwort auf die Frage, wie nachwachsende – aber nicht unbegrenzt zur Verfügung stehende – Rohstoffe effizient genutzt werden können. Die Bundesregierung jedoch macht für die zukunftsfähige Technologie der Bioraffinerie einfach viel zu wenig. Auch die von der Bundesregierung aus den Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten geplante Förderung ist letztlich nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir vom Bündnis 90/Die Grünen haben deshalb bereits im Mai 2007 einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der die Bundesregierung auffordert, Bioraffinerien viel stärker als bislang zu fördern, in Form von entsprechenden Forschungsprogrammen und Demonstrationsanlagen für die überfälligen Impulse zu sorgen, darüber hinaus auch für die stoffliche Nutzung von Biomasse verbindliche und ehrgeizige Ziele zu formulieren und bestehende rechtliche Hemmnisse für Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen abzubauen. Auch die Große Koalition ist inzwischen offenbar zu der Ansicht gelangt, dass die Bundesregierung in dieser Hinsicht zu wenig tut und hat einen eigenen Antrag vorgelegt. Es ist durchaus zu begrüßen, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Großen Koalition, in Ihrem Antrag die Potenziale und Chancen der Bioraffinerietechnologie grundsätzlich richtig benennen und anerkennen. In Ihren Forderungen aber greifen Sie aus unserer Sicht viel zu kurz. Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist vor allem ein forschungsorientierter Antrag. Natürlich ist es richtig und notwendig, die Forschung zu intensivieren und zu vernetzen; dies ist ja auch Bestandteil unsers eigenen Antrags. Aber angesichts der drängenden Probleme – die Sie ja in Ihrem Antrag selbst benennen – wird es nicht ausreichen, nur auf eine verstärkte Forschung zu setzen oder einen bereits bestehenden – und unverbindlichen – Aktionsplan für biobasierte Produkte der Europäischen Union zu unterstützen. Wir müssen vor allen Dingen handeln. Wir brauchen auf europäischer und !)

Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617235000







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reiche der Biomassenutzung – Verstromung, Wärme,
Biokraftstoffe und Nutzung in der Chemie- und Kunst-

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(C (D toffindustrie – mit einbezieht und – das ist entscheidend – erbindliche Zielvorgaben formuliert und dafür auch die otwendigen Instrumente benennt. Dies ist überfällig. onst werden wir noch ewig weiterforschen, Produkte auf er Basis nachwachsender Rohstoffe aber trotzdem nicht n den Regalen stehen. Die Wirtschaft muss endlich auch ür den überfälligen Rohstoffwechsel „Weg vom Erdöl“ n die Pflicht genommen werden. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/9757 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu stelle ich invernehmen fest. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika Knoche, Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert, Frank Spieth und der Fraktion DIE LINKE Cannabis zur medizinischen Behandlung freigeben – Drucksache 16/9749 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Die Reden der Kollegen Maria Eichhorn, Dr. Marlies olkmer, Sabine Bätzing, Detlef Parr, Monika Knoche nd Dr. Harald Terpe werden zu Protokoll genommen. Cannabis ist keine Spaßdroge. Sie ist deutschlandund uropaweit die am weitesten verbreitete illegale Droge. er Konsum hat in den vergangenen 10 bis 15 Jahren tark zugenommen, Während 1993 16 Prozent der 12bis 5-Jährigen Erfahrungen mit dem Konsum von Cannabis atten, waren es 2004 schon 32 Prozent. Mittlerweile sind n Deutschland etwa 600 000 vorwiegend junge Menchen Cannabiskonsumenten, 220 000 sind stark abängig. Die Zahl der Behandlungszugänge hat sich von 600 im Jahr 1992 auf 14 700 im Jahr 2002 mehr als erfünffacht. Im vorliegenden Antrag fordert die Fraktion Die Linke un, die medizinische Anwendung von Cannabis zuzulasen. Für die Zulassung eines Arzneimittels gibt es in eutschland klare Regelungen. Es liegt in unserem Inte esse als Patienten, dass Arzneimittel hierzulande nur auf er Grundlage des Arzneimittelgesetzes und des Betäuungsmittelgesetzes, BtMG, in Verkehr gebracht werden ürfen. Danach müssen insbesondere Qualität, Wirksameit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels wissenschaftch nachgewiesen werden. Nur wenn diese Voraussetzunen erfüllt sind, können die entsprechenden Wirkstoffe erschreibungsfähig gemacht und in die Anlage III des tMG aufgenommen werden. Dies ist bislang aufgrund klinischer Prüfungen nur für ie Cannabiswirkstoffe Nabilon und Dronabinol erfolgt. agegen sind diese Voraussetzungen bei natürlichen Geischen wie zum Beispiel dem Cannabisextrakt bisher icht erfüllt: Zum einen ist der Nutzen der Behandlung nicht erwiesen. Zum anderen sind bei Haschisch, Marihuana und anderen illegalen Hanfzubereitungen derzeit weder der Wirkstoffgehalt noch Art und Umfang schädlicher Beimengungen bekannt. Dazu kommen die Risiken der Einnahme: So weisen Studien auf eine Reihe akuter und langfristiger Beeinträchtigungen durch Cannabiskonsum hin. Diese sind bei chronischem Dauerkonsum mit großen gesundheitlichen Risiken bis hin zur psychischen Abhängigkeit verbunden. Dies gilt auch für die Anwendung zu medizinischen Zwecken. So fand im Jahr 2005 ein Forscherteam des Institut Universitaire de Medicine Legale in der Schweiz heraus, dass Cannabis schädlicher ist als bisher vermutet. Den Probanden wurde eine geringe Dosis des aktiven Bestandteils von Cannabis delta-9-THC verabreicht, bei einem Teil der Testpersonen löste bereits diese geringe Dosis schwerwiegende Angststörungen und in weiterer Folge Realitätsverlust, Entpersonalisierung, Schwindel und paranoide Angststörungen aus. Wissenschaftler der Universität Amsterdam konnten durch eine neue Studie bestätigen: Jugendliche, die Cannabis rauchen, haben ein sechsfach höheres Risiko, später härtere Drogen zu konsumieren, als Jugendliche, die kein Cannabis nehmen. Damit ist erwiesen: Cannabis dient als Einstiegsdroge für den späteren Konsum harter Drogen. Beide Untersuchungen weisen auf die „vielen Unbekannten“, die vielen offenen Fragen in diesem Zusammenhang hin und empfehlen weitere wissenschaftliche Untersuchungen im Hinblick auf den Wirkmechanismus der Inhaltsstoffe von Cannabis. Auch nach Auffassung des Gesundheitsministeriums und des Bundesinstituts für Arzneimittel ist der therapeutische Nutzen der Cannabiseinnahme nicht erwiesen. Seit 2007 besteht durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Möglichkeit, dass Patienten eine Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragen können. Ab 2007 wurden vereinzelt Genehmigungen auf Verschreibung eines standardisierten Cannabisextraktes für ein Jahr erteilt. Zwei Personen erhielten bisher eine Ausnahmegenehmigung. Eine Person brach die Behandlung vorzeitig ab, da die aus dem Cannabisextrakt hergestellte Tropflösung keine Wirkung zeigte. Von der anderen Person liegen keine Auskünfte vor. Ein einzelner Bericht eignet sich nach Aussage des Bundesinstituts für Arzneimittel nicht, um Schlüsse hinsichtlich des therapeutischen Nutzens von Cannabisextrakten zu ziehen. Der Cannabiskonsum hat heute eine andere Dimension als noch zu Flower-Power-Zeiten. Tausende junger Menschen sind abhängig von dieser Droge. Ihr therapeutischer Nutzen ist nicht erwiesen, die Risiken der Einnahme hingegen sind längst bekannt. Vor dem Hintergrund dieser Fakten lehnen wir den Antrag der Linken zur medizinischen Verwendung von Cannabis ab. Stattdessen muss die Präventionsarbeit vor allem an Schulen und in Vereinen ausgebaut werden. Ziel ist es, den Einstieg junger Menschen in die Sucht zu verhindern. b L s s F s z r n L M g r k ü s h I b p w d v l p n r t p w z e b A A d f W A f i d H d z m z w d r k d B r z w Zu Protokoll ge (C (D Auch bei der heute zur Debatte stehenden Vorlage ha en wir es mit einem Fall zu tun, bei dem die Fraktion Die inke auf einen bereits fahrenden Zug aufzuspringen verucht. Denn im Gesundheitsausschuss beraten wir bereits eit über einem Monat über einen ähnlichen Antrag der raktion Bündnis 90/Die Grünen. Es ist sogar bereits bechlossen worden, im Oktober eine Expertenanhörung ur medizinischen Anwendung von Cannabis durchzufühen. Die Situation von schwerkranken Patienten, bei deen eine Behandlung mit Cannabis eine Linderung ihrer eiden bewirken könnte, ist nicht befriedigend. Diese enschen setzen ihre Hoffnung auf sachgerechte Lösun en in die Politik. Diese Hoffnung enttäuschen Sie mit Ihen Vorschlägen, denn deren Umsetzung ist – was Ihnen lar sein muss – unrealistisch. Der Antrag fordert, dass ein Arzt eine Bescheinigung ber Besitz und Anbau von Cannabis für den medizinichen Eigenbedarf ausstellen können soll. Grundsätzlich abe ich natürlich Vertrauen, dass ein Arzt eine korrekte ndikation zu stellen fähig und willens ist. Aber gerade ei einem Betäubungsmittel mit einem erheblichen Suchtotenzial ist Skepsis angebracht. Ich frage auch: Wie ollen Sie kontrollieren, ob der Patient den Hanf nur für en Eigenbedarf anbaut oder seine Nachbarschaft mitersorgt? Meiner Ansicht nach birgt zudem die Freistelung von der Strafverfolgung einen gefährlichen Anreiz, reiswert illegale Produkte zu erwerben. Diese aber könen unter Umständen erhebliche gesundheitliche Gefahen bergen. Wichtiger als diese Bedenken ist jedoch, dass rotz wiederholt vorgetragener Behauptungen der theraeutische Nutzen von Cannabis bis heute nicht eindeutig issenschaftlich nachgewiesen ist. Es gibt zwar Studien u bestimmten definierten und standardisierten Cannabisxtrakten. Einen eindeutigen Wirksamkeitsnachweis haen diese Studien jedoch nicht erbracht. Bislang werden usnahmegenehmigungen durch das Bundesinstitut für rzneimittel und Medizinprodukte en beschriebenen Gefahren ist es natürlich auch dem ehlenden eindeutigen wissenschaftlichen Beleg der irksamkeit geschuldet, dass die Anforderungen an die ntragsteller sehr hoch sind. Vor dem Hintergrund der hohen Hürden, die gerade ür schwer kranke Menschen belastend sein können, kann ch verstehen, dass es zum Verfahren und den Entscheiungen der Behörde Erläuterungsbedarf gibt. Vor diesem intergrund gehe ich davon aus, dass dieser Aspekt in er Anhörung eine wichtige Rolle spielen wird. Ihre zweite Forderung betrifft dronabinolhaltige Reepturen. Dronabinol ist ein Derivat, das aus THC-arem Nutzhanf teilsynthetisch hergestellt wird. Es kann war als Rezeptursubstanz in jeder Apotheke erworben erden; die Gesetzlichen Krankenkassen ersetzen allerings derzeit die Kosten nicht, da entsprechende Präpaate über keine Zulassung verfügen. Auch an dieser Stelle ommen wir zurück zu den wissenschaftlichen Belegen er Wirksamkeit: Natürlich steht es dem Gemeinsamen undesausschuss frei, über dronabinolhaltige Rezeptu en zu beraten. Seine Entscheidung darüber, ob die Reepturen von den Gesetzlichen Krankenkassen bezahlt erden, ist aber wiederum vom Vorliegen solider wissen Maria Eichhorn gebene Reden schaftlicher Studien abhängig. Ohne Beleg der Wirksamkeit kann die Solidargemeinschaft die Kosten für keine Therapie übernehmen. Die beste Lösung wäre es sicherlich, wenn ein pharmazeutischer Hersteller eine Zulassung für Dronabinol erwerben würde. Ein zugelassenes Arzneimittel könnten die Kassen ohne Probleme erstatten. Ob mit Dronabinol die gleiche Wirkung bei den Patienten erreicht werden kann wie mit Cannabis, ist dabei eine ganz andere Frage. Auch an dieser Stelle ist die Studienlage eher dürftig. Derzeit sieht die SPD keine Alternative zu den aufwändigen Einzelfallprüfungen durch das BfArM. Wir sind aber gern bereit, mit den Experten der Anhörung zu diskutieren, wie die Situation der unter einem erheblichen Leidensdruck stehenden Patientinnen und Patienten verbessert werden kann. Niemand von uns hat Zweifel daran, dass für viele Menschen Cannabis als Medizin hilfreich sein kann. Wir haben im Gesundheitsausschuss letzten Monat darüber ausführlich gesprochen und eine Anhörung zu diesem Thema im Herbst 2008 verabredet. Für mich zeigte diese aktuelle Debatte ganz klar: Um die Versorgung von Betroffenen mit Cannabis als Medizin zu gewährleisten, braucht es kein Gesetz, wie es der vorliegende Antrag fordert. Allerdings: Wer Cannabis als Medizin nehmen möchte, der muss wissen, dass der für die Wirkung wichtige THC-Gehalt einer Cannabispflanze sehr stark schwanken kann. Ein Eigenanbau von Cannabis ist deshalb aus medizinischer und pharmazeutischer Sicht nicht ratsam. Er wäre für die Betroffenen mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Unter Berücksichtigung individueller Gegebenheiten, besonders zur Vermeidung einer Unteroder Überdosierung, sollten vielmehr Dronabinol oder standardisierte Cannabisextrakte verwendet werden. Dies alles spricht also gegen einen legalisierten Eigenanbau für Patienten. Zu den Forderungen der Fraktion Die Linke im vorliegenden Antrag sind vor allem zwei Sachverhalte von Bedeutung: Zum einen die wissenschaftliche Beurteilung von Cannabis als Medizin. Gebetsmühlenartig wird immer wieder von „wissenschaftliche Studien“ gesprochen, die die Wirksamkeit von Cannabis als Medizin für eine Vielzahl von Krankheiten beweisen würden. Fakt ist aber, dass der therapeutische Nutzen von Cannabis – abgesehen von Dronabinol bei bestimmten Indikationsbereichen – bis heute nicht eindeutig wissenschaftlich nachgewiesen ist, auch wenn es zahlreiche Einzelfallbeispiele gibt, in denen Verbesserungen bei bestimmten Krankheitsbildern berichtet werden. Der Bundesregierung sind zwar Studien zu bestimmten definierten und standardisierten Cannabisextrakten bekannt, jedoch haben auch diese Studien bislang keinen endgültigen Wirksamkeitsnachweis erbracht. Deshalb kommt derzeit eine Umstufung von Cannabisprodukten – über Dronabinol hinaus – nicht in Betracht. Ich bin allerdings daran interessiert, dass solide und umfassende Studien durchgeführt werden, die einen Nachweis für die Wirkung liefern, der den heute gültigen Kriterien der Evidenzbasierung bei allen Arzneimitteln entspricht. d s e m a w e s s n n d u U F F s z C o n w a d A U k v t s ä d P B t U 9 ti v V t l L n e g R d f d z n Zu Protokoll ge (C (D Denn – und das ist der andere Sachverhalt – auch für en Gemeinsamen Bundessausschuss olide wissenschaftliche Studien relevant, wenn es um ine Entscheidung über eine Finanzierung von Arzneiitteln durch die Krankenkassen geht. Für mich besteht uch bei Cannabis als Arzneimittel kein Grund, die beährten Verfahrensweisen der Selbstverwaltung mit der xakten Prüfung durch den G-BA hinsichtlich einer Entcheidung über die Finanzierung aus den Mitteln der geetzlichen Krankenversicherung außer Kraft zu setzen. Ideal wäre die arzneimittelrechtliche Zulassung droabinolhaltiger und/oder auf Basis standardisierter Canabisextrakte hergestellter Fertigarzneimittel. Wegen der ann nachgewiesenen Wirksamkeit, Unbedenklichkeit nd pharmazeutischen Qualität wäre eine BtM-rechtliche mstufung standardisierter Cannabisextrakte auf jeden all zu rechtfertigen und es bestünde zudem bei diesen ertigarzneimitteln ein Leistungsanspruch der Vericherten gegenüber der GKV auf Kostenübernahme – umindest in den zugelassenen Indikationsgebieten. Leider ist diese Situation derzeit nicht gegeben. Würde annabis als Medizin von der Strafverfolgung freigestellt der der Eigenanbau erlaubt, dann wäre ein Missbrauch ur schwer auszuschließen. Unter diesen Umständen ird es deshalb dabei bleiben müssen, dass das BfArM uch weiterhin sorgfältig nicht nur alle Voraussetzungen es Betäubungsmittelgesetzes für die Erteilung einer usnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2, sondern auch die nbedenklichkeit der therapeutischen Anwendung im onkreten Einzelfall prüft. Dieses Ausnahme-Erlaubniserfahren wird vom BfArM für alle Beteiligten – Patienen, Ärzte und Behörde – als ungleich aufwendiger eingechätzt als die für therapeutische Zwecke vorgesehene rztliche Verschreibung eines Betäubungsmittels. Den in er Regel unter schwerwiegenden Krankheiten leidenden atienten ist es kaum zuzumuten. Ich bin überzeugt, das fArM macht das Beste aus dieser Situation und bearbei et die Anträge zügig. Seit Mai 2005, als das einschlägige rteil des Bundesverwaltungsgerichts ergangen ist, sind 3 Patientenanträge beim BfArM eingegangen. 10 Paentenerlaubnisse wurden erteilt, 5 Erlaubnisänderungen orgenommen, 32 Anträge abgelehnt und 27 Anträge im erlauf des Antragsverfahrens zurückgenommen. 19 Anräge befinden sich derzeit noch in Bearbeitung. Unter Berücksichtigung aller vorgetragenen Aspekte ehne ich den vorliegenden Antrag der Fraktion Die inke derzeit ab. Hanf auf Rezept, legaler Hanfanbau, Entwicklung ei er Cannabispille durch eine Pharmafirma, das alles gibt s in den Niederlanden schon. 2007 eröffnete in Groninen die erste Apotheke der Welt, die Hanf als Medizin auf ezept ausgibt. Eine Firma in der Nähe von Groningen arf Cannabis zu diesem Zweck legal kultivieren. Und in ünf Jahren soll es eine sogenannte Cannabispille geben, ie speziell bei Patienten mit Multipler Sklerose Schmeren lindern soll. Bis wir in Deutschland so weit sind, Canabis zur medizinischen Behandlung zuzulassen, könnten Dr. Marlies Volkmer gebene Reden ebenfalls noch Jahre vergehen, wenn man von den bisherigen Entwicklungen ausgeht. Lassen Sie mich kurz die aktuelle Lage schildern. Seit Mai 2005 sieht ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vor, den Gesundheitszustand Einzelner bei einem möglichen Einsatz von Cannabisextrakten als Medikament zu berücksichtigen. Zuvor wurden Einzelanträge grundsätzlich abgelehnt. Die Hoffnung, dass sich diese Praxis nun ändert zugunsten der Antragsteller, hat sich bis heute nur teilweise erfüllt. Die Bundesopiumstelle, die über die Anträge zu entscheiden hat, hat im August 2007 erstmalig einem Antrag einer an Multipler Sklerose erkrankten Frau zugestimmt. Mit heutigem Stand wurde bei knapp 100 gestellten Anträgen gerade einmal zwölf Anträgen stattgegeben; sechzehn befinden sich momentan noch in Bearbeitung. Für die Betroffenen bedeutet dies, dass sich de facto nicht viel verändert hat. Dronabinol, der synthetisch hergestellte Cannabiswirkstoff, ist nach wie vor so teuer, dass sich viele Betroffene dies schlichtweg nicht leisten können. Von den Krankenkassen werden diese Kosten nicht übernommen. Die schwerstkranken Patienten, die sich diesen Wirkstoff auf eigene Faust besorgen, machen sich damit strafbar, denn er fällt unter das Betäubungsmittelgesetz; der Besitz ist verboten. Bereits Anfang 2004 antwortete die damalige Bundesregierung auf eine Initiative der FDP-Bundestagsfraktion zum Einsatz von Cannabiswirkstoffen in Arzneimitteln, dass „entsprechend der Koalitionsvereinbarungen die Bundesregierung seit geraumer Zeit prüft, ob neben Dronabinol auch natürlicher Cannabisextrakt verschreibungsfähig gemacht werden kann“. Die FDP-Bundestagsfraktion begrüßt deshalb grundsätzlich, dass mit dem heutigen Antrag die medizinische Verwendung von Cannabis erneut auf die Tagesordnung gesetzt worden ist. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich lang gemachte Versprechungen umzusetzen. Notwendig ist eine sichere Rechtsgrundlage, um schwerstkranke Menschen, die von Cannabisextrakten profitieren, nicht zu kriminalisieren. Es gibt verschiedene wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Cannabis Leiden tatsächlich lindert. Wenn ein wissenschaftlicher Nachweis über die Wirksamkeit des Arzneimittels existiert, muss auch verschrieben werden dürfen. Profitieren würden davon schwerstkranke Patienten verschiedener Erkrankungen. Bei Aidskranken und Krebspatienten kann durch die appetitsteigernde Wirkung von Cannabis der fortschreitende Gewichtsverlust gestoppt werden, bei Patienten mit Multipler Sklerose können spastische Lähmungen und Krämpfe sowie Schmerzen gelindert werden. Cannabis hilft auch bei Asthma bronchiale, Glaukom, Epilepsie, Morbus Crohn und dem Tourette-Syndrom. Fragt man die Betroffenen selbst, ist die Antwort eindeutig: Heftige Schmerzen können gelindert werden, und die chronisch Kranken erhalten wieder ein Stück Lebensqualität zurück. Sie greifen zu Cannabis, weil sie keine andere Wahl haben; die Schmerzen werden sonst unerträglich. Alle herkömmlichen Medikamente versagen und bleiben wirkungslos. Wenn auch Cannabis die Schmerzen nicht nehmen kann: Linderung ist möglich, und der Um g c m D a s b B z d s Ü c h f D s D t w P S g D k M W s s G B N b h d k r S s d h s e ä d u b t T i s Zu Protokoll ge (C (D ang mit der Krankheit kann dadurch um vieles erträgliher gemacht werden. Ich möchte festhalten: Es geht hier nicht um die allgeeine Legalisierung des Konsums oder Besitzes der roge Cannabis. Das lehnen wir als FDP entschieden b. Es geht vielmehr darum, in begründeten Einzelfällen chwerkranken Menschen zu helfen, ihr Leben wieder leenswerter zu gestalten. Auch in der Bevölkerung gibt es breiten Rückhalt, eine ehandlung von Schwerkranken mit Cannabisprodukten u akzeptieren. In einer 2006 durchgeführten Umfrage es Institutes für Demoskopie in Allensbach sprachen ich 77 Prozent der Deutschen dafür aus, wie auch für die bernahme dieser Kosten durch die Krankenkassen. Wir müssen den Betroffenen helfen, indem wir rechtlihe Klarheit schaffen und die ohnehin durch ihre Krankeit schwer belasteten Menschen nicht noch der Strafverolgung wegen illegalen Drogenbesitzes aussetzen. iesem Weg sollten wir uns nicht verschließen. Es ist historisch betrachtet ausschließlich einer politi chen Entscheidung geschuldet, dass Cannabis in eutschland verboten ist. Waren es einstmals agrarpoli ische Gründe, warum die Kulturpflanze Hanf verbannt urde, ist zwar heute eine Nutzung für naturstoffliche roduktion möglich. Der Gebrauch der psychotropen ubstanzanteile jedoch ist unter das Dogma des „Krieges egen Drogen“ gefallen. Aus diesen Gründen kann in eutschland nicht nach rationalen und pharmakologisch orrekten Kriterien über den Einsatz von Cannabis in der edizin entschieden werden. Obgleich die medizinische irkung von Cannabis eindeutig positiv zu bewerten ist, teht das restriktive Betäubungsmittelgesetz einer Zulasung nach den Regeln des Arzneimittelgesetzes entgegen. leichzeitig ist sogar eine analoge arzneimittelrechtliche ewertung, wie sie aus Erfahrungswissen bei anderen aturheilmitteln möglich ist, in diesem Fall nicht gegeen. Aus den USA und den Niederlanden zum Beispiel sind inlänglich die positiven Verwendungsbereiche des Meikaments Cannabis bekannt. So kann bei Krebserkranungen, Multipler Sklerose, HIV/Aids, Asthma und andeen chronischen Krankheitsbildern eine beachtenswerte ymptomverbesserung und gute Begleitwirkungsverbeserung der Ursprungskrankheit erreicht werden. Aus diesen Erfahrungen heraus und wegen der fortauernden Kriminalisierung der Nutzer von Cannabis at es in Deutschland diverse höchstrichterliche Entcheidungen gegeben. Sie tragen dem Gesetzgeber auf, ine Legalregelung zu finden für Menschen, die mit einem rztlichen Attest ausgestattet aus therapeutischen Grünen Cannabis besitzen und konsumieren können sollen nd dabei straffrei bleiben müssen. Sogar der Eigenanau für Eigennutzung bei vorliegender ärztlicher Indikaion muss erlaubt werden, will man nicht eine bestimmte herapie ausschließen bzw. bestimmte Erkrankte wegen hrer Eigenmedikation diskriminieren. Die eindeutig aus uchtstoffpolitischen Gründen illegalisierten Stoffe blie Detlef Parr gebene Reden ben für den gesundheitlichen Nutzen nicht verwendbar, würden wir als Gesetzgeber und Gesetzgeberinnen hier nicht endlich die Weichen auf Legalisierung stellen. In unserem Antrag wird über die Anliegen der anderen vorliegenden Anträge hinaus bewusst gefordert, bei Vorliegen einer ärztlichen Indikationsbescheinigung den Eigenanbau zum Eigenkonsum ausdrücklich straffrei zu stellen. Mit dieser Forderung gehen wir auf lebenspraktische Bedingungen ein und wollen vor allem erreichen, dass alle Wirkstoffe des Naturheilmittels Cannabis eingenommen werden können und somit dem Recht auf Selbstmedikation auch voll umfänglich nachgekommen wird. Im Weiteren wollen wir, dass in Form der rezeptpflichtigen Verordnung der Weg geöffnet wird, diesen Wirkstoff als Kassenleistung zu bekommen. Denn es ist nicht weiter vertretbar, allein den teuren synthetischen Wirkstoff Dronabinol auf der Basis der Selbstzahlung zur Verfügung zu stellen. In seiner Reinform, in der er nur über Apotheken erhältlich ist, deckt er zudem nicht alle Behandlungsbedarfe ab, die die chronisch Erkrankten haben. Vielen von ihnen machen mit der vollen Substanzwirkung von Cannabis die besseren Erfahrungen. Schlussfolgernd daraus sagen wir Linke, das Arzneimittelgesetz muss geändert werden, damit eine arzneimittelrechtliche Zulassung möglich wird. Ohne diese gesetzliche Regelung hat das BfArM über die Zulassung nur eingeschränkte Entscheidungsmöglichkeiten. Treten wir also in eine fachliche und sachliche Beratung der vorliegenden Anträge ein. Wir wollen dies im Gesundheitsausschuss tun, weil es sich ausschließlich um eine gesundheitliche Frage handelt und weil es an der Zeit ist, Cannabis in der Medizin zu entdämonisieren. Es ist wichtig, wenn der Gesellschaft von Zeit zu Zeit ein Spiegel vorgehalten wird. Das Thema Cannabis in der Medizin ist eine gute Gelegenheit, über den Stellenwert des Menschen in der Gesundheitspolitik und in der Medizin zu diskutieren. Es gibt Menschen in unserer Gesellschaft, die Cannabis als Medizin gebrauchen, weil ihnen die herkömmlichen Medikamente nicht helfen können. Sie leiden unter schweren Schmerzen, epileptischen Anfällen oder Multipler Sklerose. Cannabis verschafft ihnen Linderung. Mit Dronabinol existiert ein Arzneimittel, das zumindest einem Teil der Patientinnen und Patienten helfen kann. Das Problem: Eine Monatsdosis kostet zwischen 300 und 600 Euro. Die Kosten dafür werden durch die gesetzlichen Kassen in der Regel nicht übernommen, weil Dronabinol arzneimittelrechtlich nicht zugelassen ist. Daher ist dieses Medikament für die meisten Betroffenen unerschwinglich. Seit 2001 blockiert das Bundesgesundheitsministerium mit Ministerin Schmidt und der Parlamentarischen Staatssekretärin Caspers-Merk eine am Menschen orientierte Lösung. Sie haben die noch unter Andrea Fischer und der Drogenbeauftragten Christa Nickels in Auftrag gegebene Rezepturvorschrift für einen Cannabisextrakt unter den Tisch fallen lassen. Sie sind dafür verantwortlich, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte seinerzeit alle Ausnahmege n b U z m p d c e d s t z n f P a m b l b b s n j d d k d S n i z i W M w n d n g S d Ä s t z M d a d t f E I w Zu Protokoll ge (C (D ehmigungen zur medizinischen Verwendung von Cannais pauschal und ungeprüft abgelehnt hatte. Erst ein rteil des Bundesverwaltungsgerichtes im Mai 2005 hat umindest diesem Treiben des Bundesinstituts für Arzneiittel und Medizinprodukte ein Ende gesetzt. Das Bundesgesundheitsministerium und die drogenolitischen Ideologen an der Hausspitze haben jedoch afür gesorgt, dass der Versuch der Patienten, eine solhe Ausnahmegenehmigung zu erlangen, zu einem selten rfolgreichen bürokratischen Spießrutenlauf wird, bei em betäubungsmittelrechtliche Fragen im Vordergrund tehen und nicht das Wohl der Patientin oder des Patienen. So hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Mediinprodukte eine Zeitlang versucht, die Antragstellerinen und Antragsteller mit völlig überzogenen Auflagen ür die Aufbewahrung von Cannabis abzuwimmeln. atientinnen und Patienten, die Cannabis regelmäßig us medizinischen Gründen gebrauchen, wird die Genehigung mit der zynischen Begründung, sie seien cannaisabhängig, verwehrt. Die Patientinnen und Patienten, die einen Antrag stelen, müssen im Übrigen umfangreiche Unterlagen beiringen, Nachweise, dass sie alle anderen Medikamente ereits erfolglos ausprobiert haben, Nutzen-Risiko-Abchätzungen und so weiter. Für mich klingt das alles sehr ach ideologisch motivierter Willkür. Das politische Ziel edenfalls ist offensichtlich: Die medizinische Verwenung von Cannabis soll um jeden Preis verhindert weren. Fragen wir also vor diesem Hintergrund ganz konret: Welche andere Möglichkeit, als sich Cannabis auf em Schwarzmarkt zu besorgen, haben zum Beispiel chmerzpatienten, denen Cannabis hilft, nicht aber Droabinol, das zudem vielleicht für sie nicht erschwinglich st? Antwort: Keine. Das Bundesgesundheitsministerium wingt diese Menschen faktisch, sich Cannabis auf dem llegalen Markt zu besorgen, weil sie es auf anderem ege nicht bekommen können. Die Folge ist, dass diese enschen kriminalisiert und manchmal auch verhaftet erden und Schwierigkeiten am Arbeitsplatz bekommen. Die Bundesregierung hat diesen Menschen bislang ichts anzubieten außer der gebetsmühlenartigen Leier, ass Cannabis abhängig mache und gefährlich sei und es och keine ausreichenden Nachweise der Wirksamkeit ebe, zuletzt wiederholt von der Parlamentarischen taatssekretärin Frau Caspers-Merk. Angesichts von inividuellem Leid und umfangreichen Erfahrungen von rzten und Patienten über die Wirksamkeit klingt das eltsam herzlos. Der derzeitige Umgang mit diesen Paientinnen und Patienten wirft auch grundsätzliche mediinethische Fragen auf: Können wir diesen Menschen ein edikament verweigern, nur weil die Gefahr besteht, ass es sie vielleicht abhängig macht? Bei Morphin oder nderen etablierten schmerzlindernden Präparaten spielt ieser Einwand offensichtlich keine Rolle. Haben wir das Recht, von diesen Patientinnen und Paienten zu verlangen, dass sie zunächst alle anderen inrage kommenden Medikamente ausprobieren, um am nde festzustellen, dass nur Cannabis ihnen helfen kann? ch halte es medizinethisch jedenfalls nicht für vertretbar, enn an diesen Menschen aus ideologischen Gründen Monika Knoche gebene Reden Dr. Harald Terpe herumgedoktert wird. Die Position, die medizinische Verwendung von Cannabis zu ermöglichen, ist übrigens beileibe keine Außenseitermeinung spinnerter Grüner oder Linker. Einer Befragung des Allensbacher Instituts für Demoskopie zufolge sprechen sich nämlich 77 Prozent der Deutschen dafür aus, die Behandlung von Schwerkranken mit natürlichen Cannabisprodukten zuzulassen. Wir haben in unserem eigenen Antrag einen praktikablen Vorschlag für eine am Menschen orientierte Lösung gemacht. Die Linken haben diesen Vorschlag dankenswerterweise durch ihren Antrag unterstützt. Wir wollen mit diesem Vorschlag erreichen, dass für die Patientinnen und Patienten eine legale Möglichkeit geschaffen wird, Cannabis zu therapeutischen Zwecken zu nutzen. Wer Cannabis aus medizinischen Gründen benötigt, soll es ohne Angst vor Strafverfolgung besitzen und anbauen dürfen. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer ärztlichen Empfehlung anhand einer klaren Indikationsliste. Es gibt eine Vielzahl medizinischer Studien und Fallstudien, die belegen, dass Cannabis und Dronabinol zum Beispiel bei Parkinson, starken Schmerzen, TouretteSyndrom, spastischen Anfällen und Alzheimer helfen können. Im Oktober wird sich der Gesundheitsausschuss in einer Anhörung dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und dem Antrag der Linken widmen. Ich hoffe sehr, dass es dann endlich eine praktikable und humane Lösung geben wird, die zeigt, dass der Mensch das Maß der Dinge in der Gesundheitspolitik ist. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/9749 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Auch hierzu stelle ich Einvernehmen fest. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Anette Hübinger, Dr. Wolf Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU und der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Gregor Amann, Elvira Drobinski-Weiß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Ute Koczy, Undine Kurth geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vorschlag Ecuadors für den globalen Klimaund Biodiversitätsschutz prüfen und weiterentwickeln – Schutz des Yasuní-Nationalparks durch Kompensationszahlungen für entgangene Einnahmen erreichen – Drucksache 16/9758 – Die Reden der Kollegen Anette Hübinger, Dr. Sascha Raabe, Angelika Brunkhorst, Monika Knoche und Ute Koczy werden zu Protokoll genommen. Vor ein paar Wochen hat in Bonn die 9. Vertragsstaa tenkonferenz zur biologischen Vielfalt stattgefunden. Der Bundesregierung als Gastgeber dieser Konferenz ist es g L g I r t W D e k A d t E w K Q B d s J I s l b a a w d v d b d f f Y n A v n k F A s I d Ö Ö T l G d W t b t u e (C (D elungen, dem Schutz der biologischen Vielfalt, die die ebensgrundlage für die gesamte Menschheit ist, den ihm ebührenden Stellenwert in der Öffentlichkeit zu geben. nsbesondere begrüße ich die Zusage der Bundeskanzlein, in den Jahren 2009 bis 2012 einen zusätzlichen Beirag von 500 Millionen Euro für den globalen Schutz von äldern und bedrohten Ökosystemen bereitzustellen. eutschland wird für diese Aufgabe ab 2013 dauerhaft ine halbe Milliarde Euro jährlich aufwenden. Das ist ein lares Signal für unser ernst gemeintes Engagement, im rtenschutz endlich eine Trendwende zu vollziehen. Mit iesen Mitteln können wir im Rahmen unserer internaionalen Entwicklungszusammenarbeit wesentlich zum rhalt der Wälder und Schutzgebiete beitragen. Das ist ichtig und richtig, denn sie sind für den Erhalt unseres limas und des ökologischen Gleichgewichts und als uelle für wichtige Forschungsvorhaben von zentraler edeutung. Ich hoffe natürlich, dass dieser wichtige Vorstoß von eutscher Seite auch andere dazu bewegt, ihre Finanzzuagen für den internationalen Naturschutz auszuweiten. eder zusätzliche Beitrag wird hierbei hilfreich und eine nvestition in unsere gemeinsame Zukunft sein. Die Menchen werden jedoch auch weiterhin gerade von Deutschand eine besondere Verantwortung und Führungsrolle ei den internationalen Verhandlungen erwarten, und vor llem auch darauf achten, wie unsere Zusagen und Verbredungen tatsächlich umgesetzt werden. In Bonn haben ir uns ein verbindliches Verhandlungsmandat erteilt, en Artenund Ökosystemschutz weltweit entscheidend oranzubringen. Für unser großes Ziel, bis 2010 eine eutliche Reduzierung des Artenverlustes zu erreichen, leiben uns nur noch zwei Jahre. Das heißt, wir müssen ort, wo es am dringendsten ist, schnellstmöglich eingreien, damit unwiederbringliche Schätze der Natur nicht ür immer verloren gehen. Das trifft auch und insbesondere für den Nationalpark asuní in Ecuador zu, der in der nordwestlichen Amazoas-Region liegt. Er gehört aufgrund seiner einzigartigen rtenvielfalt zum Weltnaturschutzerbe. 1989 wurde er on der UNESCO ins Biosphärenschutzprogramm aufgeommen. Für Ecuador sind aber die reichen Erdölvorommen im Amazonas-Gebiet überaus bedeutsam. Deren örderung bedroht die reich vorhandene Biodiversität. uch auf dem Gebiet des Nationalpark Yasuní befinden ich große Ölfelder. Der Förderblock mit dem Namen shpingo-Tambococha-Tiputini liegt fast zur Gänze auf em Gebiet des Yasuní-Parks. Eine Erschließung dieses lfeldes würde unweigerlich zum Verlust dieses gesamten kosystems führen, den Lebensraum vieler einzigartiger ierarten und vor allem aber den Lebensraum ursprüngicher indigener Völker vernichten. Wenn wir also dieses ebiet schützen wollen, müssen wir dafür sorgen, dass ie Ölförderung in diesem Gebiet nicht begonnen wird. Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass Ecuador nach egen sucht und Vorschläge unterbreitet, dieses Gebiet rotz seiner reichen Erdölvorkommen zugunsten seiner iologischen Artenvielfalt zu bewahren. Deshalb möchen wir diese Initiative mit unserem gemeinsamen Antrag nterstützen. Ecuador schlägt vor, dass die Hälfte der zu rwartenden Einnahmeausfälle aus der Ölförderung durch internationale Geber als deren Beitrag zum Erhalt des weltweit einmaligen Ökosystems Yasuní kompensiert werden sollen. Diesen Vorschlag unterstützen wir zum Teil. Gerade für Ecuador spielen Einnahmen aus der Ölförderung für sein Wirtschaftswachstum eine entscheidende Rolle. Investitionen in wirtschaftliche Strukturen, bildungsund sozialpolitische Maßnahmen werden zum großen Teil durch Einnahmen aus dem Ölgeschäft finanziert. So ist es verständlich, dass ein Verzicht auf mögliche Einnahmen, ohne dadurch die Entwicklung zu bremsen, Ecuador vor große Herausforderungen stellt, die es nicht alleine bewältigen kann. Die vorgeschlagene Kompensation entgangener Einnahmen erscheint für dieses spezielle Gebiet des Yasuní-Parkes als geeignet. Wir müssen aber klar herausstellen, dass eine solche Lösung immer nur ein Einzelprojekt sein kann. Wenn wir erfolgreich beim nachhaltigen Schutz von Biodiversität sein wollen, müssen wir nach weitaus umfassenderen Ansätzen suchen. Unser Vorschlag ist daher, zunächst noch genauere Studien über die derzeitige Situation und über mögliche Finanzierungsalternativen zu erstellen. Dabei ist uns wichtig, in erster Linie nach Finanzierungsoptionen für die Erhaltung des Schutzgebietes zu suchen. Dabei muss der Ausfall der Erdöleinnahmen angemessen berücksichtigt werden, kann aber nicht der Ausgangspunkt unserer Überlegungen sein. Entscheidend für den Erfolg wird sein, Regelungen und Mechanismen zu finden, die auch politischen Veränderungen gegenüber standhalten können. Mit dem gefundenen Konsens wollen wir dann gemeinsam mit unseren anderen Partnern in der EU und OECD für eine multilaterale Lösung und entsprechende politische und finanzielle Initiativen werben. Anhand des gefundenen Finanzierungsund Verteilungsmechanismus werden wir prüfen, ob die gewonnenen Erkenntnisse auch für den Schutz vergleichbarer sensibler Ökosysteme in anderen Entwicklungsländern dienen können. Ich betone aber noch einmal: Es kann uns nur darum gehen, singuläre Fondslösungen höchstens als Überbrückungslösung zu betrachten. Auf Dauer müssen wir es schaffen, internationale marktkonforme Regime zu etablieren. Dieser Vorschlag Ecuadors und das, was wir daraus entwickeln, wird eine große Signalwirkung für den Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen haben. Ich begrüße ausdrücklich, dass Ecuador diesen Vorschlag unterbreitet hat, denn es zeigt, dass auch unsere Partnerländer den Wert der Biodiversität anerkennen und nach Lösungen suchen, um den Schutz der Biodiversität mit nachhaltigem Bewirtschaften in Einklang zu bringen. Diese neue Herangehensweise hat weltweit für viel Aufsehen gesorgt. Für uns wird es daher wichtig sein, dass wir als Geber, aber auch als Verbraucher und Hauptverursacher des Klimawandels und des Verlustes unser biologischen Ökosysteme unserer Verantwortung gerecht werden. Wir können und müssen ein deutliches Zeichen setzen, indem wir uns an den Schutzmaßnahmen unserer Partner beteiligen. Kernbotschaften unseres An t E s d W u G g 2 r s d t E P i m g t G E s F Ö i p g s e B B E G „ A A A t v l b c a g s l A s D k i l d Zu Protokoll ge (C (D rages sind daher sowohl unsere Anerkennung gegenüber cuador für die Suche nach neuen, besseren Lösungsanätzen als auch das Wissen um unsere Verantwortung für en Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlage und ahrung der Schöpfung. Ich bin der Ansicht, dass wir uns darin alle einig sind nd freue mich daher, dass es uns gelungen ist, mit den rünen zusammen diese Initiative auf den Weg zu brinen. Über ein Jahr ist es nun her, genauer gesagt am 5. Juni 007, da wurde der entwicklungspolitisch und ökologisch evolutionäre Vorschlag des damaligen ecuadorianichen Energieministers, Alberto Acosta, auf die Erdölförerung im Yasuní-Nationalpark zu verzichten, falls die inernationale Gemeinschaft die Hälfte der zu erwartenden innahmen kompensiert, durch den Beschluss des ITTrojektes ins Leben gerufen. Dieses eine Jahr hätte die nternationale Weltgemeinschaft fast verschlafen, um geeinsam nach einer Lösung zur Rettung dieses einmalien Naturreservats zu streben. Mit unserem heutigen Anrag möchten wir unseren Beitrag leisten, damit das ITTebiet im Yasuní-Nationalpark durch den Verzicht auf rdölförderung geschützt bleibt. Der Öl-Block ITT, der seine Abkürzung den indianichen Namen Ishpingo und Tambuccocha sowie dem luss Tibutini verdankt, beinhaltet knapp ein Fünftel der lreserven Ecuadors unter der Erde. Oberhalb, und das st die eigentliche Besonderheit, beheimatet der Nationalark ein einmaliges Biosphärenreservat. Über 200 Säuetierarten leben im Yasuní-Park, darunter der vom Austerben bedrohte rote Flussdelphin und der Tapir. Auf inem Hektar Land findet sich fast die gleiche Anzahl an aumarten wie in gesamt Nordamerika, und auf einem aum sind mehr Käferarten beheimatet als in ganz uropa. Darüber hinaus leben in diesem nordöstlichen ebiet des Nationalparks indigene Stämme, sogenannte verborgene Völker“, die bisher noch keinen Kontakt zur ußenwelt hatten. Diese Menschen und die einzigartige rtenvielfalt gilt es zu schützen. Im Februar dieses Jahres konnte ich mich mit einer WZ-Delegation vor Ort von der Einmaligkeit dieses Na urgebietes überzeugen. Leider jedoch wurde uns auch or Augen geführt, wie rücksichtslos und unverantwortich in den Gebieten des Nationalparks die Ölförderung etrieben wird. Unzählige brachliegende und ungesiherte Öltümpel befinden sich in dem von Ölkonzernen usgebeuteten Teil des Yasuní. Dabei sickert das Öl uneschützt zurück ins Erdreich, verschmutzt das Trinkwaser von Mensch und Tier und zerstört damit unwiderrufich ein Stück Natur. Das zentrale Problem der Ölförderung im gesamten mazonasgebiet ist jedoch in den dezentralen Ölfördertationen zu sehen. Man muss sich das einmal vorstellen: urch den gesamten Urwald schlängeln sich oberirdisch ilometerweit ungeschützte kleine Zuleitungsrohre, die rgendwo auf die Hauptpipeline treffen. Für alle diese Zueitungsrohre werden Wege und Erschließungsstraßen in en Urwald geschlagen. An diesen Erschließungsstraßen Anette Hübinger gebene Reden siedeln sich dann wiederum Menschen an, die die Rodung des wertvollen Baumbestandes weiter fortführen. Die lokale indigene Bevölkerung wird zwangsläufig aus ihrem ursprünglichen Lebensraum verdrängt. Eine technisch saubere Lösung der Ölförderung ist somit gar nicht möglich. Vergleicht man dazu den Zustand der jetzt schon erschlossenen Gebiete am Amazonas, dann wird jedem schnell klar, dass durch die infrastrukturelle Erschließung dieses Gebietes die Schäden für den YasuníNationalpark unumkehrbar sind. Viele Leckagen und mangelndes Umweltbewusstsein, verbunden mit Unzuverlässigkeiten, führen zu einer schleichenden Vergiftung des Amazonas. Ölförderung am Amazonas ist unwiderruflich mit der Zerstörung der Natur und damit des Lebensraums von Mensch und Tier verbunden. Dass dieses Naturreservat schützenswert ist und die ecuadorianische Regierung ernsthaft am Erhalt dieses Gebietes interessiert ist, hat sie im Januar durch die Einrichtung eines ITT-Sekretariates und der Berufung eines ITT-Sonderbeauftragten auch institutionell zum Ausdruck gebracht. Man muss der Regierung Ecuadors daher ein großes Kompliment machen. Der ITT-Block, der fast vollständig auf dem Gebiet des Nationalparks liegt, fasst nachweislich mindestens 412 Millionen Barrel Öl. Dass Ecuador auf die Hälfte der Erlöse aus den Erdölvorräten verzichten will, das sind Schätzungen zufolge immerhin rund 4,5 Milliarden US-Dollar, ist daher keine Selbstverständlichkeit. Nicht unerwähnt lassen möchte ich in diesem Zusammenhang, dass die Bundesregierung, allen voran Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, auch die Chance, die dieses Projekt in sich trägt, erkannt hat. Schon seit längerem stellt daher das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten für noch offene Fragen Hilfe und Mittel für den Einsatz von Experten bereit. Einen Punkt möchte ich in dieser Diskussion nicht unerwähnt lassen: Entwicklungsländer haben, wie es andere Staaten auch schon immer eingefordert haben, ein Recht auf die Nutzung eigener Bodenschätze. Gleichzeitig sind sie aber auch der internationalen Staatengemeinschaft gegenüber verpflichtet, diese Schätze so schonend wie möglich zu nutzen, damit sie als globales, öffentliches Gut nicht vernichtet werden. Dieses Bewusstsein war früher nicht vorhanden. Nun hat die neue Regierung unter dem für Umweltschutz stark engagierten Präsidenten Correa entschieden, neue Wege zu beschreiten. Eine einmalige Chance für die Natur, aber auch für uns als Weltgemeinschaft, zu zeigen, dass wir nicht die Augen verschließen, sondern uns gemeinsam um den Erhalt und damit um die Zukunft unseres Planeten sorgen. Wenn wir nicht jetzt anfangen, den Yasuní-Nationalpark zu schützen, wird es schon bald zu spät sein. Das sollten all jene bedenken, die immer noch eher die Bedenken als die Chancen des Projekts sehen. Den Kritikern und Skeptikern sei auch gesagt, dass in diesem Zusammenhang die Forderungen Saudi-Arabiens als völlig abwegig zu sehen sind, ebenfalls Kompensationszahlungen erhalten zu wollen, sollten sie ihr Öl nicht fördern. Das ist Quatsch. Das ITT-Projekt steht für den Erhalt einer einmaligen Artenvielfalt und ist mit dem Gebiet einer Sandwüste nicht zu v t a w E l m l G u D S e a f i e c B d s t w k t s l U w g s m z w K A r d F a s u D s d m S ö d s u n f l R d u Zu Protokoll ge (C (D ergleichen. Hingegen gibt es durchaus Parallelen zur Siuation in Indonesien, wo der verbleibende Regenwald uch durch Kompensationszahlungen für die Nichtumandlung in Ölpalmplantagen geschützt werden sollte. Ecuador ist bereit, über 13 Jahre auf die jährlichen innahmen durch die Erdölförderung von circa 700 Mil ionen US-Dollar zu verzichten, wenn wir als Weltgeeinschaft die Hälfte, also rund 350 Millionen US-Dol ar, dieses Einnahmeausfalls tragen würden. Wie diese elder Ecuador zur Verfügung gestellt werden, ist noch nklar. Es liegen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch. ie Kompensationszahlungen könnten demnach durch chuldenerlasse, Beiträge von Staaten oder in Rahmen iner Fonds-Einzahlung geleistet werden. Dabei wird uch darauf zu achten sein, dass der Fonds gegebenenalls auch mit Landtiteln so abgesichert wird, dass auch n Zukunft eine Förderung des Öls in diesem Gebiet durch ine andere Regierung ausgeschlossen werden kann. Welher Weg auch gegangen wird: Wir erwarten von der undesregierung, dass sie sich, nach Findung eines solien und gerechten Finanzierungsmechanismus, gemeinam mit anderen Gebern an den Zahlungen finanziell beeiligt. Ich ermutige die Bundesregierung daher, auch eiterhin der Regierung Ecuadors bei der Erarbeitung onkreter Vorschläge zur Einrichtung eines Kompensaionsfonds mit all ihrem Erfahrungsschatz zur Seite zu tehen und sie bei der Einbindung anderer biund multiateraler Geber zu unterstützen. Sicherlich geht es bei dem Projekt auch um viel Geld. m die Kosten auf möglichst viele Schultern zu verteilen, äre es daher wichtig und notwendig, dass die Bundesreierung auf das ITT-Projekt innerhalb der EU und OECD owie gegenüber vielen Partnerregierungen positiv auferksam macht, damit möglichst viele Geber ins Finan ierungsboot mit einsteigen. Deutschland sollte, ähnlich ie bei dem 1992 vom damaligen Bundeskanzler Helmut ohl ins Leben gerufenen PPG7-Projekt zum Schutz des mazonasregenwaldes in Brasilien, die politische Fühungsrolle des ITT-Projektes übernehmen und insbesonere die EU-Mitgliedstaaten zum Mitmachen bewegen. ür Ecuador wie auch für die EU-Mitgliedstaaten und ndere Geberstaaten wird wichtig sein, dass es einen Anprechpartner bzw. einen Sprecher für die Moderation nd Koordination des Projektes gibt. Ich könnte mir eutschland gut in dieser Rolle vorstellen. Natürlich sind die Einnahmeausfälle unter ökonomichen Gesichtspunkten insbesondere ein Verlust für die ort lebende Bevölkerung. Mit einem Pro-Kopf-Einkomen von 3 270 US-Dollar zählt Ecuador zu den ärmeren taaten Lateinamerikas. Mit über 20 Prozent ist der Erdlsektor immer noch der dominierende Sektor der ecuaorianischen Wirtschaft. Daher müssen wir den Menchen bei der Suche nach alternativen Einnahmequellen nsere Hilfe anbieten. Diese kann nur im Verbund mit eier nachhaltigen Sicherung des Yasuní erfolgen und erordert daher unsere besondere Aufmerksamkeit. Vor alem wollen wir gemeinsam mit der ecuadorianischen egierung, dass die Kompensationsmittel insbesondere er lokalen Bevölkerung in und um das Yasuní-Gebiet nd dem Schutz der dortigen Natur zugutekommen. Dr. Sascha Raabe gebene Reden Um all diese ambitionierten Vorhaben zu realisieren und damit dieses einzigartige UNESCO-Weltnaturschutzerbe zu erhalten, benötigen wir Zeit. Es ist daher fundamental, dass die Bundesregierung die Regierung Ecuadors um Aufschub der gesetzten Frist bis zum Ende des Jahres 2008 bittet. Diese Zeit sollte genutzt werden, um eine wissenschaftliche Prüfung der vorliegenden Vorschläge als Entscheidungsgrundlage zu haben. Und ich bin zuversichtlich, dass dies auch gelingen wird. Auf der Lateinamerikareise konnte ich Frau Merkel vor den Gesprächen mit dem ecuadorianischen Präsidenten Correa die Vorteile und Wichtigkeit des Projektes erläutern, und sie hat ihm bereits grundsätzlich wohlwollende Unterstützung zugesagt. Nur wenn das ITT-Projekt vorangebracht wird, hat dieses Biosphärenreservat mit seinen dort lebenden indigenen Völkern, Tieren und Pflanzen eine Chance zu überleben. Wir müssen diese Chance mit all unserem Willen, Ernsthaftigkeit und politischer Verantwortung nutzen. Wenn wir nicht jetzt handeln, wird es in wenigen Jahren schon zu spät sein. Dann werden der rote Flussdelphin, der Tapir und viele Käferarten nur noch Legende sein. Viele Pflanzenund Tierarten, die wir noch gar nicht kennen und die für die Heilung vieler Krankheiten in Zukunft eine große Rolle spielen können, würden unwiderruflich vernichtet werden. Ich bitte Sie daher: Stimmen Sie diesem Antrag zu, damit wir als Weltgemeinschaft beweisen können, dass wir der Verantwortung für unseren Planeten und unsere nachfolgenden Generationen gerecht werden wollen. Anfang März 2008 hat der ehemalige Außenminister Ecuadors, Francisco Carrión Mena, in Berlin gegenüber Abgeordneten des Deutschen Bundestages ein Angebot Ecuadors an die internationale Gemeinschaft vorgestellt. Das Angebot betrifft den Yasuní-Nationalpark, ein UNESCO-Biosphärenreservat in Ecuador, im IshpingoTambococha-Tiputini-Gebiet, ITT. Unter diesem Gebiet lagert Öl. Man rechnet mit rund 900 Millionen Barrel. Das wäre ein Fünftel der ecuadorianischen Ölreserven. Der Vorschlag klingt bestechend: Wir erhalten den Regenwald und beuten das Ölvorkommen nicht aus. Als Gegenleistung dafür erhalten wir von euch 13 Jahre lang jeweils die Hälfte des theoretischen Nettogewinns, auf den wir verzichten, weil wir das Ölfeld nicht ausbeuten. Ausgehend von einem Nettogewinn von 700 Millionen USDollar pro Jahr wären das jährlich 350 Millionen USDollar. Das ITT ist ein Biodiversitäts-Hotspot. Es ist allein nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen Lebensraum für mehr als 630 Vogelarten, über 540 Fischarten und unzählige seltene Pflanzen. Auf einem Hektar des Yasuní-Nationalparks wurden 664 verschiedene Baumarten identifiziert. Hier findet man auf einem Hektar so viele verschieden Arten wie in den gesamten Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada zusammen. Im ITT leben zudem indigene Völker, die keinen Kontakt zur Außenwelt haben und unter dem Schutz der UNO stehen. Dies allein ist Grund genug dafür, dieses Gebiet zu schützen. z s a S U P i d e s l B b w t o l F s i b s w i n w g V p w n k s b W d C a w f t s r w V b e ü V S s B E d g Zu Protokoll ge (C (D Indem Ecuador darauf verzichtet, den Regenwald abuholzen und das Erdöl zu fördern, werden die biologiche Vielfalt und die grüne Lunge der Erde geschützt, ber auch Treibhausgasemissionen vermieden. Von der auerstoffproduktion und der biologischen Vielfalt des rwalds profitiert die ganze Welt. Wenn wir lebensfähige opulationen von wild lebenden Tierund Pflanzenarten n ihren natürlichen Biotopen – in situ – erhalten wollen, ann müssen wir ihre Lebensräume schützen. Dazu ist es inerseits wichtig, den ökonomischen Nutzen der biologichen Vielfalt gerade für Schwellenund Entwicklungsänder herauszustellen, um deren Interesse am Schutz der iodiversität auch wirtschaftlich zu motivieren. Wir rauchen zudem Schutzgebiete. Wir können aber nicht erarten, dass die mit einer reichen Artenvielfalt gesegne en, aber wirtschaftlich vergleichsweise armen Länder hne Gegenleistung auf wirtschaftliche Entfaltungsmögichkeiten verzichten. Die Einrichtung von speziellen onds zur Sicherung der Gebiete ist eine Möglichkeit. In diese Richtung geht der Vorschlag Ecuadors. Er ollte daher wohlwollend geprüft werden. Dabei gilt es nsbesondere sicherzustellen, dass der Wert des ITT-Geiets und das darunter lagernde Ölvorkommen wissenchaftlich valide berechnet und entsprechend angesetzt ird. Unnötiger Zeitdruck darf nicht dazu führen, dass ns Blaue hinein Versprechungen gemacht werden. Fianzmittel dürfen nur konditioniert zur Verfügung gestellt erden, um sicherzugehen, dass das Öl tatsächlich nicht efördert wird und die Natur erhalten bleibt. Das mit dem orschlag dem Grunde nach verbundene „Erpressungsotenzial“ muss bei der Ausgestaltung im Auge behalten erden; sonst riskieren wir, dass ein Präzedenzfall mit egativer Ausstrahlung geschaffen wird. Der Vorschlag ann andererseits gleichwohl ein wichtiges Pilotprojekt ein. Klar ist aber auch: Deutschlands Beitrag kann gegeenenfalls nur ein Baustein in einem Gesamtkonzept sein. ichtig ist, dass dabei flankierend auf der G-8-Ebene für en Klimaschutz Waldnutzungsprojekte einbezogen und O2-Minderungsziele nicht nur in langfristiger, sondern uch in mittelfristiger Perspektive vorgesehen werden. Zwar ist aus der Sache heraus schwer nachvollziehbar, arum Sie die Unterstützung der Linken für diesen überraktionellen Antrag ausschlagen, dennoch wird das verretene Anliegen von uns auch ganz eigenständig untertützt. Große, neue politische Prozesse gehen in Lateinameika vonstatten, die wir Linke sehr begrüßen. Dabei sehen ir neben den ökologischen Anstrengungen Boliviens die erstaatlichungsprozesse in Venezuela, die beide in der reiten Bevölkerung Unterstützung dafür bekommen, ndlich die desaströsen Folgen des Neoliberalismus zu berwinden. Bolivien zeichnet sich derzeit durch einen erfassungsprozess aus, in dem die Mutter Erde als ynonym für ökologisch soziale Politik einen Verfasungsrang erhalten soll. Und nun – das kann ich nur mit egeisterung aufnehmen – ist die neue Regierung in cuador daran, eine historische Zäsur zu vollziehen, was en Umgang mit fossilen Ressourcen angeht. Noch nirendwo ist in solch emanzipatorischer und verantwor Dr. Sascha Raabe gebene Reden tungsvoller Weise vonseiten einer Regierung auf den künftigen Umgang mit Bodenschätzen reagiert worden wie hier. Im Jahr 2007 überraschte die Regierung unter Präsident Correa die Weltöffentlichkeit mit einem völlig neuartigen Politikkonzept. Die Erdöllagerstätten, die im Gebiet vom Nationalpark Yasuní – ihr Name lautet IshpingoTambococha-Tibutini – liegen, sollen nicht ausgebeutet werden. Das Ziel ist, den Naturschutz, den Ressourcenschutz mit den Fragen des Klimawandels aufgrund von CO2-Überfrachtung zu verbinden und insbesondere der indigenen Bevölkerung im Dschungel nachhaltig ihren Lebensraum und damit ihre Kultur zu garantieren. Hat man sonst bezüglich des Ressourcenreichtums in Entwicklungsländern auch gerne die Formel vom Ressourcenfluch angewandt, um die katastrophalen Folgen der Ausbeutung zu beschreiben, so zeigt sich in diesem Vorschlag der Regierung Correas eine hochverantwortungsvolle Umgangsweise mit Erdölvorkommen in sensiblen ökologischen Räumen. Diese neue Politik ist eine Innovation, die den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts voll entspricht. Mit dieser hoch zu schätzenden Politik ist selbstverständlich auch eine Forderung an die Welt und besonders an die erdölnachfragende westliche Welt verbunden, nämlich den Verzicht auf die Ausbeute mit einer Kompensation der zu erwartenden Einnahmeausfälle zu verbinden. Dieser Forderung müssen Sie nachkommen. Alles andere wäre grundfalsch und kontraproduktiv für den Kampf gegen den Klimawandel. Es ist völlig nachvollziehbar, dass die ecuadorianische Regierung an dieser Kondition festhalten muss, will sie nicht unter ökonomisch begründeten Druck reaktionärer Kräfte geraten, die völlig ignorant gegenüber den herausragenden Anforderungen des Klimawandels sind. Ausdrücklich hat die ecuadorianische Regierung die Frist für die Einrichtung eines Kompensationsfonds auf November 2008 verlängert und ihrerseits ein ITT-Sekretariat eingerichtet. Es ist nun gerade ein Jahr her, dass Bundeskanzlerin Frau Merkel auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm große Klimaschutzziele und Initiativen ankündigte. Bis heute wartet die Weltgemeinschaft auf die Erfüllung dieser. Bei den Vereinten Nationen ist kein deutscher Vorschlag eingegangen. Mit dieser Initiative Ecuadors aber besteht die Möglichkeit, zu einem anspruchsvollen ökologischen Klimaprojekt ganz konkret „Ja“ zu sagen. Es verdient alle Unterstützung, denn es ist ausgesprochen mutig. Es kann Modellcharakter bekommen und ausstrahlen auf OSZE und UN-gestützte neue Wege des Umgangs mit Ressourcen, der den Frieden mit der Natur und keinen Krieg um Öl beinhaltet. Lasst das Öl im Boden – so lautete im letzten Jahr eine an die Staatengemeinschaft gerichtete Aufforderung aus Ecuador. Wir Grünen haben diese Aufforderung ernst genommen; denn ich konnte mich schon vor Jahren beim Engagement gegen den Bau einer Pipeline in Ecuador davon überzeugen, welche katastrophalen Verseuchungen die Ölförderung im Amazonas hinterlassen hat. Nach der diesjährigen, von uns angeregten Reise nach Ecuador k z z s A R Y w n w v e l L f n d B d g d V Y z R u b k d r d s r d Ö s c E z k i Ö d s e e n t s m j d l w e Zu Protokoll ge (C (D onnte sich eine Delegation des Ausschusses davon übereugen, dass es sich lohnt, diese Aufforderung ernsthaft u prüfen. Lasst das Öl im Boden, rettet den Amazonas – mit dieem fast ein Jahr alten Vorschlag, damals noch von lberto Acosta vorgetragen und dann vom Präsidenten afael Correa übernommen, soll ein riesiges Ölfeld im asuní-Biosphärenreservat vor der Förderung bewahrt erden. Der entgangene Gewinn soll durch internatioale Kompensationszahlungen teilweise gegenfinanziert erden. Wäre es irgendein Ölfeld, so wäre der Vorschlag ermutlich nicht auf die positive Resonanz gestoßen, die r seitdem bekommen hat. Es ist aber nicht irgendein beiebiges Ölfeld, sondern es liegt mitten in der grünen unge Amerikas, im Amazonas. Das sogenannte ITT-Öl eld ist ein Teil des etwa 1 Million Hektar großen Natioalparks Yasuní. Der Nationalpark ist ein wahrer Bioiversitäts-Hotspot: Auf einem Hektar gibt es fast so viele aumarten wie in Nordamerika zusammen, und auf jeem dieser Bäume tummeln sich mehr Käferarten als in anz Europa. Aber ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass iese Naturvielfalt eng mit der Lebensweise indigener ölker verbunden ist, die im Amazonas und speziell im asuní leben und von denen zwei in freiwilliger Isolation ur Zivilisation leben. Internationales Recht fordert hier espekt vor diesen Menschen, die seit Jahrhunderten in nd mit dem Urwald leben. Der Yasuní und das ITT-Geiet gehören zu den Schatzkammern der Welt, die nicht urzfristigen ökonomischen Interessen geopfert werden ürfen. Doch sie sind in höchster Gefahr. Was uns allen bewusst sein muss: Der Yasuní leidet beeits. Es gibt Ölfördergebiete im Grenzgebiet des Yasuní, ie in den Nationalpark hineinreichen. Und die Konzesionierung des Ölfeldes im sogenannten Block 31 in diekter Nachbarschaft des ITT-Ölfeldes ist eine echte Berohung für das sensible Ökosystem. Dass bereits lförderung im Yasuní stattfindet, ist für manche ein cheinbar starkes Argument, den ITT-Vorschlag als Heuhelei abzuwerten. Ich meine, das Gegenteil ist der Fall. s ist ein starkes Argument, den Vorschlag zu unterstüten und alles zu versuchen, dass er Wirklichkeit werden ann. Ecuador ist ein Entwicklungsland und seine Wirtschaft n hohem Maße abhängig von den Einnahmen aus dem lgeschäft. Schafft es die internationale Gemeinschaft, as Gebiet rund um das besagte Ölfeld dauerhaft zu chützen, so setzen wir damit eine Dynamik in Gang, die s auch schaffen kann, den gesamten Nationalpark daurhaft unter Schutz zu stellen. Ecuador ist bereit, auf die Hälfte der erwarteten Einahmen aus der Ausbeutung des ITT-Ölfelds zu verzichen. Die andere Hälfte soll die internationale Gemeinchaft kompensieren. Zurzeit rechnet Ecuador mit öglichen Einnahmen von 700 Millionen US-Dollar ährlich über einen Zeitraum von 13 Jahren. Das heißt, ie internationale Staatengemeinschaft müsste 13 Jahre ang 350 Millionen US-Dollar pro Jahr zahlen. Das Geld ill Ecuador in Sozialprogramme und den Aufbau erneurbarer Energien investieren. Monika Knoche gebene Reden Ute Koczy Ich bin der Meinung, wenn es die Welt wirklich ernst meint mit der Bekämpfung des Artensterbens und des Klimawandels sowie mit der Erreichung internationaler Entwicklungsziele, dann sollte es dieses Vorhaben unterstützen. Wir brauchen einen Wandel in der internationalen Rohstoffpolitik. Dieser Wandel muss unserer Umwelt – dem Wald und anderen ökologisch sensiblen Gebieten – wieder den Wert beimessen, den sie hat; denn sie ist die Grundlage für unser Dasein auf diesem Planeten. Wir müssen Schluss machen mit einer Wirtschaftweise, in der sich Umweltund Klimaschäden nicht im Preis des Produktes niederschlagen. Wäre dies der Fall, so würde sich Erdölförderung im Urwald wahrscheinlich nicht mehr lohnen. Die Unterstützung Ecuadors bei der Umsetzung des Vorschlags wäre ein starkes Symbol der Staatengemeinschaft, dass sie bereit dazu ist, Verantwortung zu übernehmen für ein Weltnaturerbe. Tut sie dies nicht, so vergibt sie die Chance, einen Kontrapunkt zu setzen gegen die allgemeine Praxis, Naturgüter der Erdölförderung unterzuordnen. Noch gibt es viele offene Fragen, die einer wirklichen Umsetzung des ITT-Vorschlags im Wege stehen. Dazu gehört die seriöse Bestimmung des Ölvolumens und eines Berechnungsmodus für Kompensationszahlungen. Dazu gehört aber unter anderem auch die Frage, auf welchem Wege sichergestellt werden kann, dass das Gebiet dauerhaft geschützt wird. Aber dies sind Fragen, die beantwortet werden können. Die Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen liegt im Bereich des Möglichen. Verschiedene europäische Staaten, unter anderem auch Deutschland, haben Interesse gezeigt, den Vorschlag grundsätzlich zu unterstützen. Diese Bereitschaft muss sich jetzt konkretisieren und in Taten zeigen. Dass aus dem Anliegen von Bündnis 90/Die Grünen, einen Beitrag zum Waldund Klimaschutz durch Unterstützung des ITT-Vorschlags zu leisten, ein gemeinsamer Antrag mit den Fraktionen der Regierungskoalition CDU/CSU und SPD geworden ist, verdanken wir einem verstärkten Bewusstsein für umweltund klimapolitische Fragen, für das wir Grüne seit langer Zeit gekämpft haben. Wir stimmen ab über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9758. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Dann ist dieser Antrag einvernehmlich angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 sowie den Zusatzpunkt 10 auf: 25 Beratung des Antrags der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Jürgen Trittin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN G8-Gipfel in Japan für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung nutzen – Drucksache 16/9751 – Z S T 6 B „ d t p d S f E M N i k M s d w w d G r P d G n n b f d s E U G h D (C (D P 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Karl Addicks, Hellmut Königshaus, Dr. Christel Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Glaubwürdigkeit von G8 nicht verspielen – Maßnahmen zur Bekämpfung der Nahrungsmittelkrise auf dem Gipfeltreffen in Hokkaido beschließen – Drucksache 16/9750 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Finanzausschuss Die Reden der Kollegen Erich G. Fritz, Frank chwabe, Dr. Karl Addicks, Eva Bulling-Schröter und hilo Hoppe werden zu Protokoll genommen. Der G-8-Gipfel der Staatsund Regierungschefs vom . bis 8. Juni 2007 in Heiligendamm unter Vorsitz unserer undeskanzlerin war ein großer Erfolg. Unter dem Motto Wachstum und Verantwortung“ hat die deutsche Präsientschaft den Nerv der internationalen Problemlage geroffen und weitreichende Beschlüsse in den Schwerunktthemen Weltwirtschaft und Klimaschutz gefasst. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt es sehr, ass auf dem Gipfel in Japan vom 7. bis 9. Juli 2008 die chwerpunkte der deutschen G-8-Präsidentschaft fortgeührt werden sollen. Anlässlich der Pressekonferenz zum U-Japan-Gipfel im Juni 2007 war Bundeskanzlerin erkel bereits zuversichtlich, dass auf der japanischen ordinsel Hokkaido das fortgesetzt werden könnte, was n der deutschen Präsidentschaft erreicht wurde. Einigeit besteht vor allem in drei Punkten: Erstens. Klimawandel ist ein ernstes, weitgehend von enschen verursachtes Problem, das der politischen Lö ung auf globaler Ebene bedarf. Wir Menschen müssen arauf reagieren und dürfen die Augen nicht vor den Ausirkungen des Klimawandels verschließen. Zweitens. Wir stimmen darin überein, dass der welteite Anstieg der Treibhausgasemissionen gestoppt weren muss. Langfristige Reduktionsziele werden von allen -8-Partnern angestrebt. Ein globales Ziel zur Reduzie ung von Treibhausgasemissionen wird von allen G-8artnern angestrebt. Der Gipfel in Heiligendamm unter eutscher Führung hat mit der Formulierung, dass die 8 mindestens eine Halbierung der weltweiten Emissio en bis zum Jahr 2050 „ernsthaft in Betracht“ ziehen, eien wichtigen Impuls zur Erreichung dieses Ziels gegeen. Japan hat die Diskussion mit „Cool Earth 50“ ortgeführt und sieht sich von der EU und Canada besoners unterstützt. Nach wie vor gibt es aber keine Bereitchaft, sich auf quantitative Ziele festzulegen, und eine inigung über gemeinsames Vorgehen im Detail mit den SA wird auch auf diesem Gipfel nicht zu erreichen sein. Drittens. Japan und Deutschland sowie die übrigen -8-Partner bekennen sich geschlossen zu Klimaverandlungen unter dem Dach der Vereinten Nationen. ass ein solcher Prozess in ein UN-Rahmenwerk eingebunden sein muss, ist wichtig, weil er nur so bindenden Charakter für die Weltgemeinschaft entwickeln kann. Deshalb sind wir sehr dafür, dass einzelne Initiativen weitgehend berücksichtigt werden sowie die großen und wichtigen Schwellenländer wie Brasilien, China, Indien und Südafrika in den Dialog miteingebunden werden. Der Grundstein für die Zusammenarbeit mit den großen Schwellenländern wurde unter deutscher Präsidentschaft im Rahmen des sogenannten Heiligendamm-Prozesses gelegt. Die G 8 traf hier mit Brasilien, China, Indien und Südafrika die Vereinbarung, gemeinsam mehr ökonomische und politische Verantwortung für globale Herausforderungen zu übernehmen. Auf der Plattform der OECD wurde gemeinsam zwischen G 8 und den benannten Schwellenländern ein Dialog vereinbart zu wichtigen Themen wie Investitionsbedingungen, Förderung von Innovationen, Schutz geistigen Eigentums, Entwicklungszusammenarbeit, Steigerung der Energieeffizienz sowie Technologiekooperation in den Bereichen Kraftwerke und Gebäude. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt sehr, dass auf Grundlage dieses Dialogs eine gemeinsame Erklärung der G-8-Staaten mit den sogenannten Outreach-Staaten verabschiedet wurde. Beim Thema Klima wird in der Erklärung auf die gemeinsame Verantwortung verwiesen. Ich schätze diesen Aspekt sehr, weise aber darauf hin, dass dies nicht genug ist. Die Schwellenländer sollten vielmehr ausdrücklich ihre Bereitschaft erklären, einen ausgewogenen und fairen Anteil zur Stabilisierung der Emissionen beizutragen und an der Entwicklung eines flexiblen, aber wirksamen internationalen klimapolitischen Regimes mitzuwirken. Die japanische Präsidentschaft hat sich im Bereich der Klimapolitik ehrgeizige Zielvorhaben gesetzt. Diese kamen erneut anlässlich des Besuchs des japanischen Premierministers Yasuo Fukuda am 1. Juni im Bundeskanzleramt zur Sprache. Fukuda beabsichtigt, über die in Heiligendamm erklärte Absicht zur Halbierung der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 hinauszugehen. Er verfolgt das Ziel, die CO2-Emissionen bis 2050 um 60 bis 80 Prozent zu reduzieren. Ich schätze dieses Zielvorhaben, da in der vergangenen Zeit wie von der „Financial Times“ zitiert Japans „Klimaschutzweste einen hässlichen Fleck“ bekommen hat. Japan hat sich nicht an die Vereinbarungen im Kioto-Protokoll gehalten und die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um sechs Prozent gesenkt, sondern noch erhöht. Es ist daher umso erfreulicher, dass Japan seine G-8-Präsidentschaft nutzt und die Chance ergreift, eine Vorreiterrolle im Klimaschutz zu übernehmen. Noch ist offen, ob in Hokkaido Verbindlichkeiten zur Erreichung der klimapolitischen Ziele getroffen werden können. Insbesondere die USA als weltweit größter Emittent sind bislang nicht bereit, die Ziele mitzutragen. Zuversichtlich stimmen jedoch die gemeinsamen Positionen zwischen Deutschland und Japan, auf die ich anfangs eingegangen bin. Sie zeigen, dass Klimaschutzpolitik nicht das Hobby der Europäer ist. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte vor knapp einem Jahr im Gespräch mit unserer Kanzlerin und dem damaligen japanischen Ministerpräsident Shinzo Abe: „Dort, wo wir eine Führungsrolle aufnehmen und Führungsstärke a w w Y h Z f m t v d Z A p W e e m d w g e n R F g w b e w B d f L K d S g d A b B e e d t h k R t f w l Zu Protokoll ge (C (D n den Tag legen sollten, haben wir eine globale Verantortung im Bereich des Klimawandels.“ In diesem Sinne ünschen wir Japan, besonders dem Premierminister asuo Fukuda, viel Erfolg und den Beginn eines daueraften Dialogs für eine nachhaltige Klimapolitik in der ukunft, die für die Menschen verträglich und für das riedliche Zusammenleben der Völker förderlich ist. Kliaschutzpolitik ist in Zukunft mehr als nur Umweltpoli ik. Sie wird zur zentralen Aufgabe der Gewährleistung on Sicherheit, Entwicklung und Wohlstand auf der Welt. Auch bei der Afrika-Politik wird die japanische Präsientschaft für Kontinuität sorgen. Japan selbst hat ein eichen gesetzt und wird die Mittel zur Unterstützung frikas und zur Erreichung der Millenniumsziele verdopeln. Der Schwerpunkt, der gewählt wurde – Gesundheit, asser und Bildung – zielt in den Kern der Entwicklungs rfordernisse und bildet die Grundvoraussetzung für daurhafte Erfolge auf allen anderen Feldern der Zusamenarbeit mit Afrika. Es ist sehr zu begrüßen, dass sich der Gipfel auch mit en Fragen der Ernährungssicherheit und der Preisenticklung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen beschäftien wird, ohne allzu viel von dieser Diskussion für aktulle politische Handlungsmöglichkeiten zu erwarten. Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt, dass der Gipfel ereut auch weltwirtschaftlichen Problemen ausreichenden aum gibt und die Ziele eines nachhaltigen Wachstums, ragen von Investitionen, Handel und dem Schutz geistien Eigentums sowie von Rohstoffproblemen behandeln ird. Auch dass der Gipfel das Thema Nichtverbreitung, insesondere im Hinblick auf Nordkorea und den Iran, sowie ine Stärkung des Nichtverbreitungsregimes diskutieren ird, ist angesichts der internationalen Lage von großer edeutung und hängt auch mit den zukünftigen Fragen er Bekämpfung des Terrorismus zusammen, die ebenalls erneut aufgegriffen werden. Die erneute Einbeziehung der O 5 und afrikanischer änder trägt zu einer Verstärkung und zum Ausbau der ommunikationsfähigkeit der G 8 bei und entwickelt mit er Fortführung des Heiligendamm-Prozesses eine truktur des Dialogs der wichtigsten Verantwortungsträer, der so in keiner anderen Konstellation geleistet weren kann. G 8 ist deshalb ein wichtiger Baustein der kzeptanz für die Verantwortung internationaler Prolemlösung und etwa in Klimafragen ausdrücklich ein efürworter von Lösungen innerhalb und durch die Verinten Nationen und nicht, wie Kritiker häufig mutmaßen, in Versuch der Schwächung des VN-Systems. Auch bei diesem Gipfel wird es wieder so sein, dass iejenigen Kritiker, die den G 8 eigentlich jede Legitimaion absprechen, internationale Probleme zu behandeln, interher den Eindruck erwecken, es hätte eigentlich konrete Beschlüsse geben und die Setzung internationaler egeln gelingen müssen. G 8 bleibt ein wichtiges interna ionales Dialogforum zur Angleichung von Standpunkten ür langfristig zu lösende Aufgaben. Seine Bedeutung ird durch die Verbindung mit den wichtigen Schwellen ändern und afrikanischen Partnern nur noch größer. Erich G. Fritz gebene Reden Die CDU/CSU-Fraktion wünscht der Bundeskanzlerin viel Erfolg auf dem japanischen G-8-Gipfel und erwartet deutliche Signale für die Weltwirtschaft, für eine weltweite Klimaschutzpolitik und zunehmende Sicherheit. Ein gutes Jahr ist es jetzt her: der G-8-Gipfel in Heili gendamm. Die Erwartungen damals an die Regierungschefs der G-8-Staaten, vor allem an die Bundeskanzlerin Angela Merkel waren hoch. Rückblickend kann man sagen, dass die Verhandlungsergebnisse als Erfolg gewertet werden können. Nach Heiligendamm wurden im Rahmen der Klimakonferenz der Vereinten Nationen erste wichtige Schritte in Richtung Kioto-Nachfolgeabkommen zurückgelegt. Auf der Biodiversitätskonferenz vor wenigen Wochen in Bonn wurden wichtige Zusagen zum Schutz der Urwälder und gleichzeitig zur Unterstützung der Entwicklungsländer gemacht. Es reicht jedoch nicht aus, wenn wir sagen: Die G-8Staaten können nach wie vor wichtige Entscheidungen zum Klimaschutz, zum Schutz der Biodiversität und zur Bekämpfung der weltweiten Armut maßgeblich in der Weltgemeinschaft vorantreiben. Man muss es deutlicher formulieren: Nur wenn die G-8-Staaten sich ihrer Verantwortung bewusst sind und wichtige Entscheidungen wie etwa zum Klimaschutz treffen, dann – und nur dann – werden auch Länder wie China, Indien oder Brasilien Verpflichtungen zur CO2-Reduktion, zum Waldschutz und zur Nachhaltigkeit eingehen. Und nur wenn die G-8-Staaten diese Aufgaben verantwortungsvoll bewältigen, werden sie in Zukunft weiterhin über die notwendige Legitimität und Macht in der Weltgemeinschaft verfügen. Deshalb müssen auf dem Gipfel in Japan die Vereinbarungen des G-8-Gipfels vom letzten Jahr in Heiligendamm aufgegriffen und weiterentwickelt werden. Die Bundesregierung, allen voran die Kanzlerin Angela Merkel, muss vor allem ihrer Vorbildfunktion im Bereich Klimaschutz, Biodiversitätsschutz und Nachhaltigkeit gerecht werden und die anderen Staaten der G8 mit ins Boot holen. Erstens. Es gilt, verbindliche Reduktionsverpflichtungen mittelfristig bis 2020 und langfristig bis 2050 einzugehen. Dabei müssen die G-8-Staaten mit ihren Klimaschutzbemühungen deutlich zeigen, dass sie sich ihrer Verantwortung hinsichtlich der Ursache des Klimawandels bewusst sind. Ich möchte hier betonen, dass man international ganz genau schaut, wie Deutschland sein Ziel, 40 Prozent Reduktion bis 2020, erreichen wird. Wenn wir den Eindruck zulassen, dass wir hier in Deutschland vieles ankündigen, später aber im Gesetzgebungsprozess nachlassen, wird das unsere Position gegenüber China und Indien auf Dauer nicht unbedingt stärken. Wenig hilfreich bei der Debatte sind auch die Pläne der Internationalen Energieagentur, die vorsehen, dass der CO2-Ausstoß durch den Neubau von Atomkraftwerken gestoppt wird. Energieeffizienz und der Ausbau von erneuerbaren Energien wird der Schlüssel zu Halbierung des CO2-Ausstoßes bis 2050 sein. Wir brauchen weltweit einen neuen intelligenten Umgang mit Rohstoffen und k d d E l D l e k w z m n D E m E ß w k v A W t b n k u g z b B n w v l g F v s s r t d Z m s w w b b M w n Zu Protokoll ge (C (D eine gefährliche unberechenbare Energiegewinnung, ie noch nicht einmal in den modernsten Industrielänern beherrscht wird. Beim Ausbau der erneuerbaren nergien müssen wir noch stärker als bisher den Techno ogietransfer in den Entwicklungsländer vorantreiben. er Mechanismus CDM ist ein wichtiger Baustein, viel eicht werden wir demnächst jedoch weitere Bausteine ntwickeln müssen. Auf internationaler Ebene müssen wir auch weiterommen bei dem Thema der Anpassung an den Klimaandel. Die Bundesregierung hat bisher schon finan ielle Zusagen gemacht. Auch die anderen G-8-Staaten üssen nachziehen. Und jetzt gilt es auch langfristig Plaungen zur Finanzierung der Anpassung zu machen. eutschland wird ab 2013 durch die Versteigerung der missionszertifikate mehrere Milliarden Euro einnehen. Ein Teil muss direkt in den Anpassungsfonds für ntwicklungsländer fließen. Der Fonds braucht regelmäige und zuverlässige Mittel, um die Kosten des Klimaandels abzufedern. Zweitens darf das Signal, was von der Biodiversitätsonferenz vor wenigen Wochen in Bonn ausging, nicht erpuffen. Wir müssen den Entwicklungsländern einen usgleich dafür bieten, dass sie darauf verzichten, ihre älder auszubeuten. Der Erhalt der Wälder muss zukünf ig mehr wert sein als ihre Zerstörung. Auch hier rauchen wir einen zuverlässigen Finanzierungsmechaismus. Die Bundesregierung ist auf der Biodiversitätsonferenz mit der Zusage der Kanzlerin Angela Merkel nd des Bundesumweltministers Sigmar Gabriel vorwegegangen. Jetzt müssen auch die anderen Staaten nachiehen. Außerdem müssen Entwicklungsländer weit mehr als isher von der biologischen Vielfalt profitieren können. iopiraterie ist ebenfalls ein wichtiges Stichwort. Es kann icht sein, dass Pharmaunternehmen Profite für neuentickelte Medikamente einstreichen, und die Menschen or Ort von den Gewinnen keinen Cent sehen. Drittens müssen wir bei vielen anstehenden Entwickungen noch stärker in Nachhaltigkeit investieren. Das ilt zum Beispiel für den Anbau von Energiepflanzen und uttermittel und für den legalen Holzeinschlag. Es muss erhindert werden, dass Nahrungsmittelpreise weiter teigen und das Welthungerproblem sich dadurch verchärft. Globale Finanzmärkte müssen weiter transpaent gestaltet und dann eben im Zweifel reguliert werden. Auch das ist eine Aufgabe, die vor allem die G-8-Staaen in Angriff nehmen müssen: Nach wie vor hungert auf er Welt eine Milliarde Menschen. Ein unannehmbarer ustand. Keine Regierung der Welt wird sich um den Kliaschutz kümmern, wenn ihre Bewohner hungern müs en und keinen gesicherten Zugang zu sauberem Trinkasser haben. Nur wenn die globale Gerechtigkeit erhöht ird, dann können wir nachhaltige Klimaschutzpolitik etreiben. Gleiches gilt andersherum: Wenn wir die gloale Erwärmung nicht begrenzen können, werden mehr enschen als bisher keinen Zugang zu sauberem Trinkasser haben und sich nicht ausreichend ernähren könen. Erich G. Fritz gebene Reden Klimaschutz, saubere und preiswerte Energieversorgung sowie der Kampf gegen Armut hängen zusammen und müssen auch in der Politik zusammen gedacht werden. Eine Institution dafür ist die G8. Diese Staaten müssen die Aufgabe übernehmen und Lösungswege vorantreiben. Sie verfügen über die finanziellen Mittel, die nötige politische Stärke, und – da bin ich mir vollkommen sicher – auch über den Willen, dies umzusetzen. In nur wenigen Wochen treffen sich auf Hokkaido die Staatsund Regierungschefs der acht größten Industriestaaten zu ihrem jährlichen Gipfeltreffen. Noch vor einem Jahr haben wir an dieser Stelle über die Ziele und Vorstellungen der deutschen G-8-Präsidentschaft gesprochen. Die Bundesregierung hatte besonders den afrikanischen Kontinent ganz oben auf ihre Agenda gesetzt. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen und muss auch weiterhin so sein; denn die Entwicklungsfortschritte in Afrika sind bei weitem noch nicht auf dem Niveau, wie wir sie nach fast 50 Jahren Entwicklungszusammenarbeit gern hätten. Umso erfreuter zeigte ich mich über das Abschlussdokument von Heiligendamm. Was wollten die G-8-Staaten nicht alles verbessern: die Förderung der Wirtschaft, Investitionen, gute Regierungsführung und die Gesundheitssysteme, insbesondere die Bekämpfung von HIV/ Aids, Malaria, Tuberkulose und anderen Tropenkrankheiten. Hilfszusagen in Milliardenhöhe, insbesondere an den afrikanischen Kontinent, wurden von den G-8-Staaten damals gemacht. Im Hinblick auf das kommende G-8-Treffen auf Hokkaido im Juli dieses Jahres ist eine ehrliche Bilanz des Heiligendamm-Prozesses ebenso geboten wie ein Ausblick auf die anstehenden Themen unter japanischer G-8Präsidentschaft; denn nichts schadet der Glaubwürdigkeit und dem Ansehen der G 8 mehr als nicht eingehaltene Versprechen. Rückblickend auf die Versprechungen der G-8-Staaten und die umgesetzten Verpflichtungen muss klar gesagt werden, dass den Worten nicht entsprechende Taten folgten. Der jüngste Africa-Progess-Panel-Bericht hat uns eindeutig vor Augen geführt, dass die Industrienationen ihren finanziellen Zusagen für Afrika bisher nicht nachkommen. So sind die finanziellen Versprechungen des G-8-Gipfels von Gleneagles, die Hilfen für Afrika bis 2010 zu verdoppeln, nach gegenwärtigem Stand um 40 Milliarden Dollar unterschritten. Die internationalen Herausforderungen und Themen sind seit dem letzten Gipfeltreffen aber nicht weniger geworden. Im Gegenteil. Das größte und dringendste Problem beschäftigt uns seit Anfang des Jahres: die Nahrungsmittelkrise. Während das Thema „Ländliche Entwicklung“ auf dem G-8-Gipfeltreffen in Heiligendamm lediglich am Rande erwähnt wurde, wird es angesichts der aktuellen Ernährungskrise, die insbesondere die Entwicklungsund Schwellenländer betrifft, ein Schwerpunkt auf dem G-8Gipfeltreffen in Japan sein. Die Bundesregierung hat wie die gesamte internationale Gemeinschaft die ländliche Entwicklung sträflich vernachlässigt. Die Signale für ein frühzeitiges Gegensteuern wurden von allen Seiten s t E B u k g s i L k r t D D l E c s d d a m g l 9 d d b M t B d P F B b k d g m d m D t g m w L d s f i s f W v d Zu Protokoll ge (C (D chlichtweg übersehen. Seit den 80er-Jahren hat die inernationale Gemeinschaft die Förderung der ländlichen ntwicklung kontinuierlich verringert. Seit 1998 hat die undesregierung ihre Beiträge zur Ernährungssicherung nd ländlichen Entwicklung um 100 Millionen Euro geürzt. Aber auch die Nehmerländer sind ihren Verpflichtunen nicht nachgekommen. So haben sich die afrikanichen Staaten im Jahr 2003 dazu verpflichtet, 10 Prozent hrer nationalen Haushalte für die Landwirtschaft ihres andes einzusetzen. Derzeit geben die Mehrheit der afrianischen Partnerländer lediglich 4 Prozent für den Beeich Landwirtschaft aus. Die ländliche Entwicklung rägt aber maßgeblich zur Entwicklung eines Landes bei. er Weltbankbericht aus dem Jahr 2008 „Agriculture for evelopment“ hat dies unterstrichen. Investitionen in ändliche Entwicklung erzielen einen viermal größeren ntwicklungseffekt als Investitionen in andere Bereiche. Auf dem Gipfeltreffen in Hokkaido ist umso dringliher, dass Maßnahmen zur Förderung von Landwirtchaft und Ernährungssicherheit beschlossen werden; enn infolge der rasant gestiegenen Lebensmittelpreise in en letzten Monaten droht ein dramatischer Anstieg der n Hunger leidenden Menschen und damit ein Zunichteachen der Erfolge der vergangenen Jahre. Schätzungen ehen davon aus, dass die Zahl von gegenwärtig 850 Milionen Hungernden allein bis Ende des Jahres auf 00 Millionen ansteigen wird. Das Ziel der Halbierung er Armut bis 2015 ist in weite Ferne gerückt. Während ie Preise für Grundnahrungsmittel jahrelang relativ stail gewesen sind, stiegen die Preise für Weizen, Reis, ais und Soja in den vergangenen drei Jahren drama isch an; vor zwei Monaten explodierten sie regelrecht. esonders Entwicklungsund Schwellenländer sind von iesen Preisexplosionen betroffen. Erste hungerbedingte roteste stellen zudem eine zusätzliche Gefahr für Leben, rieden und Stabilität in den Entwicklungsländern dar. ereits heute ist klar, dass es sich bei den steigenden Leensmittelpreisen und den damit verbundenen Auswirungen nicht um ein vorübergehendes Phänomen, sonern um eine grundlegende Entwicklung handelt, die es ilt, langfristig anzugehen. Erforderlich sind jetzt Sofortaßnahmen, um hungerbedingte Katastrophen einzuämmen, vor allem aber mittelund langfristige Maßnahen, um die landwirtschaftliche Produktion zu steigern. ie gestiegenen Weltmarktpreise für Grundnahrungsmit el bieten dafür die Gelegenheit, um durch höhere Erzeuerpreise den landwirtschaftlichen Anbau lukrativer zu achen und von der Subsistenzwirtschaft loszukommen. Eine leistungsfähige, effiziente und innovative Landirtschaft in den entwickelten und weniger entwickelten ändern ist der entscheidende Schlüssel zur Bekämpfung es weltweiten Hungers. Nur über effiziente landwirtchaftliche Produktionsverfahren, leistungsfähige Agrarorschung auf nationaler und internationale Ebene und ntakte und wirtschaftsstarke ländliche Räume lassen ich Hunger und Armut langfristig bekämpfen. Ein erolgreicher Abschluss der laufenden Welthandelsrunde, TO, und der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sind or allem für die Hungernden in den Entwicklungslänern von zentraler Bedeutung und für die europäische Frank Schwabe gebene Reden Landwirtschaft eine unternehmerische Chance. Schließlich muss die Erzeugung von Biokraftstoffen und Biomasse nachhaltig erfolgen, und der Lebensmittelproduktion ist Vorrang vor der energetischen Nutzung von Biomasse einzuräumen. Auf dem vom 7. bis 9. Juli 2008 stattfindenden G-8Gipfeltreffen in Hokkaido, welches sich neben den Themen Umwelt und Klimawandel sowie Entwicklung und Afrika auch mit dem Thema der Nahrungsmittelpreise befassen wird, haben die G-8-Staaten jetzt die Chance, klare Maßnahmen zu beschließen. Um nachhaltig die globale Ernährung zu sichern, bedarf es abgestimmter, über den Agrarsektor und die Armutsbekämpfung hinausgehender Konzepte auch für die Bereiche der Umwelt-, Klimaund Wirtschaftspolitik. Aufgabe der Bundesregierung muss es sein, ihr Gewicht bei den Verhandlungen in Japan für ein gemeinsames Vorgehen der G-8-Staaten einzusetzen. Alle jetzt seitens der Bundesregierung beschlossenen Programme und Maßnahmen zur Verbesserung der globalen Nahrungsmittelversorgung sind nicht nachhaltig, wenn sie nicht kohärent abgestimmt und verfolgt werden, sowohl auf nationaler Ebene zwischen den deutschen Ministerien als auch auf europäischer und internationaler Ebene. Angesichts der immer größer werdenden Herausforderungen in der Entwicklungszusammenarbeit ist es umso wichtiger, dass die G-8-Staaten eine verlässliche und glaubwürdige Politik machen. Wie Sie sicher schon im Zusammenhang mit Heiligen damm bemerkt haben, hält die Linke von der alljährlichen exklusiven G-8-Runde nicht allzu viel. Der Club der mächtigen Staaten dieser Welt trifft sich, um an den Vereinten Nationen vorbei globale Politik zu betreiben. Dabei werden auch gelegentlich Zaungäste eingeladen – diesmal Vertreter der sogenannten Outreach-Länder aus Asien, Lateinamerika und Afrika. Tatsächlich mitentscheiden dürfen diese aber nicht. Die Meinungen der G-8-Kritikerinnen und -Kritiker gehen bisweilen auseinander, was die Relevanz der Treffen betrifft. Einige meinen, G 8 sei eine unverbindliche Quasselrunde, die nichts Verbindliches entscheiden kann, weil ja im G-8-Prozess im Gegensatz zu vielen UN-Verfahren keine Instrumente zur Umsetzung, Kontrolle und gegebenenfalls Sanktionierung der Beschlüsse existieren. Demgegenüber fürchten andere die G 8 als nichtlegitimiertes Machtzentrum der Weltpolitik jenseits der UN. Ich denke, beide Aspekte sind richtig. Der Großmachtsanspruch der wirtschaftsstarken Industriestaaten, parallel zu den Vereinten Nationen einen neoliberalen Thinktank auf Regierungsebene zu unterhalten, also letztlich Grundlinien der Weltpolitik an der UN vorbei festlegen zu wollen, liegt auf der Hand. Entwicklungsländer und kleinere Industriestaaten bleiben dabei außen vor. Natürlich auch Nichtregierungsorganisationen und von der Politik Betroffene. In gewisser Weise ist das Ganze eine Fortführung neokolonialer Attitüden des vergangenen Jahrhunderts, auch wenn uns immer anderes weisgemacht wird. b a w u a z r k m v H s g t G t s d t z t s g a G a d m F E b d Ö h d s k A f t w a d n W A w h u B k t m d Zu Protokoll ge (C (D Gleichzeitig sind viele Beschlüsse oder Erklärungen, eispielsweise zum Klimaschutz, kaum das Papier wert, uf dem sie gedruckt wurden. Die Vertreter der USA, des ichtigsten globalen Players, drücken sie offensichtlich mstandslos in die Mülltonne, wenn sie in Washington us dem Flugzeug steigen. Natürlich wäre es naiv, zu glauben, internationale Beiehungen ließen sich allein über die Vereinten Nationen egeln. Auf dem Weg zu international verbindlichen Abommen wird es immer eine Vielzahl formeller und inforeller Treffen von Regierungsvertreter und Regierungs ertreterinnen geben. Im Übrigen sind auch die UN kein ort seligmachender Gerechtigkeit. Gleichwohl unter tützt die Linke die außerparlamentarischen Proteste egen die dauerhafte Institutionalisierung eines unkonrollierbaren First-Class-Gremiums, wie es G 8 ist. leichzeitig wollen wir die Vereinten Nationen demokra ischer gestalten und stärken, nicht schwächen. Heute beraten wir nun einen Antrag der Grünen, die ich als Partei im letzten Jahr von den Protesten gegen as G-8-Treffen in Heiligendamm distanziert haben. Naürlich folgt der Antrag darum der Logik, vom G-8-Proess ein Engagement für mehr Klimaschutz und nachhalige Entwicklung einzufordern, anstatt G 8 infrage zu tellen. Rein inhaltlich ist gegen die einzelnen Forderunen gar nichts zu sagen, es fragt sich nur, ob die Adresse, n die die Forderungen gerichtet sind, die richtige ist. anz wohl ist den Grünen diesbezüglich offensichtlich uch nicht; denn die Fraktion schreibt in ihrem Antrag, ie G-8-Staaten könnten nicht für sich in Anspruch nehen, Entscheidungen zu treffen, die zum Teil erhebliche olgen für den Rest der Welt hätten. Auf die anschließenden 27 Forderungen möchte ich im inzelnen in diesem Rahmen nicht eingehen. Hervorheen möchte ich aber, dass bekanntermaßen auch die Linke afür eintritt, eine Politik zu machen, die weg von Kohle, l und Atom führt, weil den Erneuerbaren die Zukunft geört. In diesem Zusammenhang ist die absurde Forderung er Internationalen Energieagentur, IEA, zurückzuweien, das Klimaproblem mithilfe von 1 344 neuen Atomraftwerken zu lösen. Das wäre ein energiepolitischer moklauf; nicht nur deshalb, weil das vorhandene Uran ür diese Meiler nur wenige Jahre reichen würde, die Straegie also sündhaft teure Kraftwerksruinen produzieren ürde. Wer auf die Atomwirtschaft setzt, der setzt auch uf eine unverantwortlich riskante und zentralisierte Form er Energieerzeugung. Sie würde eine Energiewende zu achhaltigen dezentralen Erzeugungsformen aus Sonne, ind, Wasser und Biomasse dauerhaft blockieren. Hier sind wir uns also mit den Grünen einig. Was die grotreibstoffe betrifft, so warten die Grünen allerdings ieder mit ihrer Idee auf, über die Festlegung von Nachaltigkeitsund Menschenrechtskriterien ökologische nd soziale Verwerfungen beim Anbau in Indonesien, rasilien oder Kolumbien ausschließen zu wollen. Dazu önnen wir nur sagen: Träumen Sie weiter. Die Einhalung dieser Kriterien, sollte es sie denn irgendwann einal geben, wird nicht zu kontrollieren sein. Es tut mir leid. Aber solange sich die Grünen nicht azu durchringen können, sich der Forderung nach Dr. Karl Addicks gebene Reden einem Importmoratorium für Agrotreibstoffe aus dem Süden anzuschließen – wie sie unzählige Umweltund Entwicklungsorganisationen formuliert haben – können wir an dieser Stelle das Engagement unserer Kollegen nicht ernst nehmen. Im letzten Jahr war die G-8-Präsidentschaft ein Topthema und wurde auch im Parlament umfassend diskutiert. Dieses Jahr ist alles anders. Wir haben keine Diskussionen über die vor und die hinter dem Zaun, wie sie im letzten Jahr in Heiligendamm auf dem deutschen G-8Gipfel geführt wurden. Die Koalition macht sich nicht einmal die Mühe, mit einer eigenen parlamentarischen Initiative auf die Bedeutung des G-8-Gipfels in Japan hinzuweisen. Generell scheint der Gipfel unter einem merkwürdigen Stern zu stehen. Der US-amerikanische Präsident gibt seine Abschiedsvorstellung, große Ambitionen der Bundesregierung lassen sich nicht erkennen und die selbst die japanische Regierung versucht schon im Vorfeld des Gipfels, die Erwartungen tief zu hängen. Dabei hätten alle Beteiligten gute Gründe, mit Entschlossenheit zu versuchen, substanzielle Fortschritte beim Gipfel anzustreben. Die zentralen Themen, die die japanische Präsidentschaft platziert hat, reichen von der Klimaund Energiepolitik, über die Stabilisierung der Finanzmärkte, der Zusammenarbeit zwischen der G 8 und Afrika bis zur dramatischen Nahrungsmittelund Hungerkrise. Über grundsätzliche Fragen, beispielsweise einer Transformation oder möglichen Erweiterung der G 8, wird nicht diskutiert. An dieser Stelle verhält sich die japanische Präsidentschaft wie die Bundesregierung im Jahr zuvor. Aus meiner Sicht gehört diese Diskussion gerade auch wegen der Beteiligung der Schwellenländer, der sogenannten anderen fünf, China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika, auf die Tagesordnung. Gleiches gilt für die Reform und Stärkung des UN-Systems; denn nur ein wirklich globales Forum ist in der Lage, Antworten auf globale Probleme zu finden. Gleichwohl bleiben die G 8 ein Machtfaktor. Sie können Dinge zum Besseren oder Schlechteren bewegen. Lassen Sie mich einige Anmerkungen zu den Themen des Gipfels machen: Aus grüner Sicht ist es ein Armutszeugnis, das sich bereits abzeichnet, dass erneut keine verbindlichen CO2-Reduktionsverpflichtungen angestrebt werden. Die japanische Präsidentschaft versäumt es, für eine klare Botschaft an Schwellenund Entwicklungsländer zu sorgen, die zeigt: Ja, wir sind entschlossen, mit aller Kraft gegen den Klimawandel zu arbeiten! Übrigens wird auch versäumt, Signal zu setzen an die USamerikanische Politik und Gesellschaft nach Bush. Ein Jahr nach Heiligendamm herrscht Stillstand in dieser ungeheuer bedeutenden Frage. Die „Hausnummer“ für verbindliche CO2-Reduktionsziele der G 8 für die Zeit nach 2012 ist klar zu benennen. Deutschland sollte sich zu Reduktionen von 40 Prozent bis 2020 und 80 Prozent bis 2050 bereit erklären, die anderen G 8 Staaten sollten sich mindestens zu einer Re d b b h t g u z g v a j s f k k v s h „ F s e E g n Z 8 d d w d r d U d p r u s w 6 d s K d t 2 s m h c Zu Protokoll ge (C (D uktion um 30 Prozent bis 2020 und von 60 bis 80 Prozent is 2050 verpflichten. Auch bei einem zweiten Thema ist offen, was der Gipfel ringt: bei der Reaktion auf die gegenwärtige – und analtende – globale Nahrungsmittelund Agrarkrise. Naürlich können die G 8 diese Krise nicht allein bewältien, doch sie haben Hebel zur Verringerung der Krise nd sollten diese auch nutzen. Unsere Forderung ist hier ein klarer Beschluss der G 8 um Abbau aller Subventionen, die negative Auswirkunen auf den Agrarsektor in Entwicklungsländern haben, or allem in Afrika. Doch die Wirklichkeit sieht anders us. Die Bundesregierung reiht sich in die Phalanx derenigen ein, die ein doppeltes Spiel spielen. Wer in Brüsel die Finger für die Erhöhung der Exportsubventionen ür Schweinefleisch in afrikanische Länder hebt – mit beannt negativen Folgen –, braucht in anderen Foren eine Lippenbekenntnisse über die negativen Wirkungen on Agrarsubventionen auf Entwicklungsländer loszulasen. Dass Frankreich und die USA dem in nichts nachsteen, macht die Situation nicht besser. Der Gipfel wird sich auch zum Bericht der Task Force Hunger“ der Vereinten Nationen verhalten müssen, der orderungen an die G 8 stellt. Diese sollen die grundätzliche Dimension der Agrarkrise in der Abschlussrklärung zum Ausdruck bringen. Klimawandel, hohe nergiepreise und steigende Weltbevölkerung werden die lobale Landwirtschaft grundlegend verändern. Wird icht gehandelt, wird nach Schätzungen der Weltbank die ahl der Hungernden in wenigen Jahren von derzeit 50 Millionen auf eine Milliarde ansteigen. Zehn Prozent er öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit sollten für ie Förderung der ländlichen Entwicklung ausgegeben erden, marktzerstörende Subventionen abgebaut und ie Nothilfe durch stärkere Unterstützung des Welternähungsprogramms ausgebaut werden. Aus unserer Sicht ist ie Bundesregierung aufgefordert, diese Vorschläge der N-Experten zu unterstützen. Bezogen auf Afrika hat zumindest Japan angekündigt, ie Hilfe bis 2012 schrittweise zu verdoppeln, die Reisroduktion in Afrika zu unterstützen, 100 000 Afrikaneinnen und Afrikaner im Gesundheitsbereich auszubilden nd Privatinvestitionen zu fördern. Die europäischen G-8-Staaten sollten die eigenen Bechlüsse umsetzen. Diese sehen vor, die öffentliche Enticklungshilfe der EU im Jahre 2010 auf mehr als 6 Milliarden Euro zu verdoppeln. Mindestens die Hälfte avon soll Afrika zugute kommen. Der Ausbau der Zuammenarbeit im Wasserbereich, der Anpassung an den limawandel und die Erreichung der MDG erfordern ein ringend aufgestocktes Engagement. Afrikaexperten um den ehemaligen UN-Generalsekreär Kofi Annan stellen im „African Progress Panel Report 008“ vom Juni dieses Jahres jedoch für die G 8 insgeamt fest, dass die Geber weit hinter ihren bereits geachten Zusagen zurückliegen. Um noch kurz auf das Thema Finanzmärkte einzugeen: Dass globale Finanzmärkte globale Regeln brauhen, wurde durch die Immobilienkrise in den USA und Eva Bulling-Schröter gebene Reden Thilo Hoppe die Auswirkungen auf das internationale Finanzsystem deutlich. Da sich zentrale Finanzplätze in den G-8-Staaten befinden, tragen diese Staaten eine besondere Verantwortung bei der Aufgabe, den Finanzmärkten ein effektives, verbindliches Regelwerk zu geben. Vor allem die USA und Großbritannien betreiben bislang mit ihrer Weigerung, systematisch ein effektives Regelwerk aufzustellen, Klientelund Standortpolitik zum Schaden der Weltwirtschaft. Das muss ein Ende haben. Die anderen G-8Staaten sollten im eigenen Interesse auf eine Zusammenarbeit drängen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9751. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Der Antrag ist abgelehnt. Interfraktionell wird unter Zusatzpunkt 10 die Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/9750 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das immerhin ist einvernehmlich. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Die europäische Integration der Republik Moldau unterstützen – Drucksache 16/9755 – Hierzu haben die Kollegen Manfred Grund, Markus Meckel, Michael Link und Rainder Steenblock Reden vorbereitet, die allesamt zu Protokoll genommen werden. Wie kaum ein anderes Land in Europa hat die Republik Moldau nach wie vor unter den Folgen der großen historischen Tragödien des 20. Jahrhunderts zu leiden. Nach Jahrzehnten kommunistischer Diktatur und den Verwerfungen, die dem Zusammenbruch der Sowjetunion folgten, ist die Republik Moldau zum ärmsten Land des Kontinents geworden. Ihre staatliche Einheit ging infolge des Konfliktes um die abtrünnige Region Transnistrien verloren, ein Zustand, der bis heute andauert. Für kaum ein anderes Land westlich von Russland ist die europäische Perspektive von ähnlicher Bedeutung und mit ähnlichen Hoffnungen verbunden. Dabei ist es in erster Linie auf historische Zufälle zurückzuführen, dass die Republik Moldau im bisherigen Erweiterungsprozess der EU außen vor blieb. Wie die Länder des Baltikums fiel das Territorium Moldaus infolge des Zusatzprotokolls zum Hitler-Stalin-Pakt an die Sowjetunion. Doch anders als Litauen, Lettland und Estland vermochte Moldau nach deren Ende schon infolge des andauernden Konflikts um Transnistrien keinen vergleichbar schnellen Anschluss an den Westen zu finden. Während die Bürgerkriege im ehemaligen Jugoslawien letztlich als Katalysator des EU-Integrationsprozesses wirkten, war es im Falle Moldaus das frühe Ende der b b s b A t i k d a g g d u N d r u j s z s t K b I m A w M t S e f d s g b d e s h g g z D p c v n s s d (C (D ewaffneten Auseinandersetzungen, das keine vergleichare Öffnung der EU nach sich zog. Aufgrund der fortbetehenden Militärpräsenz Russlands in Transnistrien gaen letztlich auch machtpolitische Rücksichten den usschlag. So wurde Moldau zwar noch in den Stabili ätspakt für Südosteuropa einbezogen, nicht mehr jedoch n den Erweiterungsprozess, der auf den westlichen Balan beschränkt blieb. Mit dem vorliegenden Antrag wird der Deutsche Bunestag die europäische Integration der Republik Moldau usdrücklich unterstützen. Zwar sind die Voraussetzunen für eine formelle Beitrittsperspektive derzeit nicht geeben. Die EU muss zunächst die notwendigen Reformen urchführen, um ihre Handlungsfähigkeit an ihre neue nd künftige Größe anzupassen. Doch auch nach dem ein der Iren zum Lissabonner Vertrag wird dies nicht as letzte Wort bleiben können. Denn es lässt sich nicht echtfertigen, dass diejenigen Länder, die am schwersten nd längsten unter der Teilung Europas zu leiden hatten, etzt von den Vorteilen der europäischen Einigung ausgechlossen bleiben sollen. Die Republik Moldau wird noch einen langen Weg hin ur EU zurückzulegen haben. Heute jedoch sollten wir ihr ignalisieren, dass es für sie zumindest eine implizite Beirittsperspektive geben wird; denn wenn sie künftig die riterien erfüllt, wird ihr der Beitritt nicht verwehrt bleien. Wir wollen mit unserem Eintreten für die europäische ntegration der Republik Moldau auch deren eigene Beühungen um eine Annäherung an die EU würdigen. ber wir tun dies nicht, weil wir über die Probleme hinegsehen wollten, die mit dem Transformationsprozess in oldau noch immer verbunden sind, sondern im Gegen eil, weil wir damit einem Impuls für eine nachdrückliche tärkung des Reformprozesses gegen wollen. Wir wollen, dass die Republik Moldau ihre Reformen ntschieden fortsetzt. Deshalb benennen wir auch die Deizite, die hinsichtlich der Demokratisierung des Landes, er Rechtsstaatlichkeit und der Einhaltung der Menchenrechte noch zu beheben sind. Dass die Zahl der Klaen moldauischer Bürger gegen die eigene Regierung eim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in en vergangenen Jahren gestiegen ist, ist zwar vor allem in Zeichen für die Entwicklung der Zivilgesellschaft, die ich ihrer Rechte mehr und mehr bewusst wird. Festzualten ist aber auch, dass diesen Klagen in den verganenen Jahren in mehr als 100 Fällen stattgegeben wurde. So wird die Meinungsfreiheit noch nicht ausreichend ewährleistet. Die Zustände in Haftanstalten entsprechen uweilen nicht europäischen Menschenrechtsstandards. ie Unabhängigkeit der Justiz, insbesondere auch von olitischen Einflussnahmen, ist nicht hinreichend gesihert. Der Verdacht der politischen Instrumentalisierung on Strafverfahren ist jedenfalls in bestimmten Fällen icht gänzlich von der Hand zu weisen. Problematisch ind in dieser Hinsicht auch die Befugnisse der Generaltaatsanwaltschaft. Wir haben große Erwartungen an unsere Freunde in er Republik Moldau. Wir erwarten einen entschiedenen Ausbau der rechtsstaatlichen Garantien, und wir erwarten eine verstärkte, eine wirklich durchgreifende Bekämpfung der Korruption. Wir erkennen ausdrücklich an, welche Fortschritte dabei bereits in der einschlägigen Gesetzgebung gemacht wurden. Probleme bestehen jedoch oft noch darin, dass diese Gesetzgebung nicht oder nicht vollständig umgesetzt wird. Besondere Aufmerksamkeit muss den für 2009 anstehenden Parlamentswahlen gelten. Zu fairen Wahlen wird die Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs aller Parteien zu den Medien gehören müssen. Ich verhehle nicht, dass die Anhebung der Sperrklausel von 4 auf 6 Prozent und das Verbot von Listenverbindungen bei mir Bedenken hervorrufen. An sich wären diese Änderungen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Schließlich gibt es ähnliche Regelungen auch in anderen europäischen Ländern. Dass sie so kurzfristig vor den Wahlen erfolgt sind und den Oppositionsparteien nur wenig Gelegenheit zur Anpassung lassen, muss jedoch die Frage aufwerfen, ob diese Maßnahmen nicht letztlich dem Erhalt bestehender Mehrheitsverhältnisse dienen. Unverhältnismäßig erscheint mir auch die Tatsache, dass Doppelstaatsbürger von bestimmten öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden sollen – obwohl ich durchaus verstehe, dass sich für viele Moldauer damit Sorgen um ihre nationale Identität verbinden. Wir treten gleichwohl für eine schnellstmögliche Aufnahme von Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen des auslaufenden Partnerschaftsund Kooperationsabkommens ein, und zwar für ein Abkommen, das auch den Erwartungen der Republik Moldau gerecht wird und damit substanziell über den bisherigen Rahmen hinausgeht. Die bisherigen Reformbemühungen in Moldau rechtfertigen es nicht, dass das Verhältnis zur Republik Moldau hinter die Verhandlungen mit anderen Partnern zurückfällt. Wir tun dies jedoch in der Hoffnung, dass die Republik Moldau ihrerseits die Wahlgesetzgebung noch einmal überprüft und gegebenenfalls auch Vorschläge der Venedig-Kommission annimmt. Reformbedarf so deutlich zu benennen und gleichzeitig für die europäische Integration der Republik Moldau einzutreten, stellt keinen Widerspruch dar. Im Gegenteil: Nur wer ein klares Bekenntnis zur europäischen Perspektive der Republik Moldau abgibt, wer bereit ist, die Zusammenarbeit zu intensivieren und die Integration voranzubringen, der kann erwarten, mit seiner Kritik als Partner ernst genommen zu werden und eine konstruktive Rolle zu spielen. Kritik und Commitment müssen Hand in Hand gehen. Dieses Bekenntnis zur europäischen Integration der Republik Moldau schließt unsere Bemühungen um eine Lösung des Transnistrienkonflikts ein. Dieser Konflikt darf einer EU-Integration der Republik Moldau auf Dauer nicht im Wege stehen; denn dies würde das Land nur dem Druck anderer Konfliktparteien ausliefern und damit die Chancen für eine vertretbare Konfliktlösung vermindern. Der Konflikt in Transnistrien folgt keinen ethnischen oder religiösen Trennlinien. Seine Lösung hängt nicht von einem Ausgleich zwischen unterschiedlichen Volksgrup p R d m C t s m f M s w d b s l e d m e A k o s W b d w g J d G s a g n e E z M t l t M W a s f u I a Zu Protokoll ge (C (D en ab. Die Rechte der russischen Minderheit sind in der epublik Moldau umfassend gewährleistet, und Chisinau ürfte auch zur Gewährung eines weitgehenden Autonoiestatus bereit sein. In letzter Konsequenz sind es der harakter des Regimes in Tiraspol und indirekt die Hal ung Russlands, die für eine Lösung ausschlaggebend ind. Denn die Voraussetzung einer Wiedervereinigung uss sein, dass in Transnistrien ein ebensolcher Trans ormationsprozess stattfindet, wie er sich in der Republik oldau vollzieht. Die Alternative wäre nur ein Rück chlag in der demokratischen und rechtsstaatlichen Enticklung Moldaus insgesamt. Das ist der Grund, weshalb ie EU das Kozak-Memorandum abgelehnt hat. Hoffnungen auf eine schnelle Lösung des Konflikts haen sich bislang immer wieder zerschlagen. Die Europäiche Union hat ihr Engagement in dem Konflikt in den etzten Jahren verstärkt. Aber wir sollten uns auch auf ine langfristigere Strategie einstellen. Und wir sollten abei auch auf einen Wettbewerb der Systeme setzen. Eine Republik Moldau, in der rechtsstaatliche und deokratische Reformen weiter voranschreiten, in der sich in wirtschaftlicher Aufbauprozess vollzieht, wird ihre nziehungskraft gegenüber Transnistrien stärken. Eine onsequente Politik der Westintegration wird über kurz der lang auch Russlands Wahrnehmung seiner Interesen in der Region beeinflussen und den strategischen ert des Regimes in Tiraspol infrage stellen. Dafür aber raucht Chisinau eine strategische Perspektive, die nur ie EU anbieten kann. Die Republik Moldau wird darauf nicht unendlich lang arten können. Der Abwanderungsdruck gerade der junen, flexiblen und gut ausgebildeten Menschen ist seit ahren hoch. Er hat sich durch die jüngste Erweiterung er EU eher noch verstärkt, indem sie Visaschranken an renzen schuf, wo vorher keine waren. Heute besteht chätzungsweise ein Drittel des Sozialprodukts in Moldau us Rücküberweisungen seiner im Ausland lebenden Bürer. Sicher hat Moldau auch in wirtschaftlicher Hinsicht och wichtige Reformaufgaben vor sich. Nicht zuletzt gilt s, die Rechtsund Investitionssicherheit vor staatlichen ingriffen deutlich auszubauen. Doch bringen wir nicht ugleich die Perspektiven, die die EU zu bieten hat, nach oldau, dann droht das Land seine potenziellen Leis ungsträger mehr und mehr an das übrige Europa zu verieren, dann droht Moldau dauerhaft zum Armenund Alenheim Europas zu werden. Unser Interesse, das Interesse der EU an der Republik oldau ist abstrakter, aber nicht weniger bedeutsam. enn es richtig ist, dass die Ausrichtung der EU weniger uf materiellen Egoismen als auf Prinzipien und Wertvortellungen beruht, dann ist die Republik Moldau ein Testall für die Tragfähigkeit europäischer Politik. Die europäische Integration der Republik Moldau zu nterstützen, ist uns ein parteiübergreifendes Anliegen. ch freue mich, dass dieser Antrag breite Unterstützung uch in die Oppositionsfraktionen hinein gefunden hat. Manfred Grund gebene Reden In den vergangenen Jahren hat die Republik Moldau große Fortschritte auf ihrem Wege der Annäherung an die Europäische Union gemacht. Das Partnerschaftsund Kooperationsabkommen von 1998 sowie vor allem das Aktionsprogramm der vergangenen drei Jahre bildeten dazu einen geeigneten Handlungsrahmen. Die 2007 unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ins Leben gerufene Schwarzmeersynergie hat zusätzlich dafür gesorgt, dass dieses vergleichsweise kleine Land in unserer unmittelbaren Nachbarschaft nicht übersehen wird. Dennoch steht die Republik Moldau weiterhin vor einer Reihe von Problemen, zu deren Lösung die EU und damit auch Deutschland beitragen kann. In vielerlei Hinsicht entspricht der Respekt für Menschenrechte und Grundfreiheiten in Moldau noch immer nicht unseren Standards. Auch zur Rechtsstaatlichkeit ist es noch ein weiter Weg. Dabei sieht sich die Republik Moldau insbesondere bei der Umsetzung der Gesetzgebung strukturell bedingten Problemen gegenüber. Die jüngsten Anstrengungen des Landes bei der Reform des Justizund Polizeiwesens sowie im Bereich der Korruptionsbekämpfung sollten daher auch künftig konstruktiv begleitet werden. Ein neues Rahmenabkommen kann dabei den Weg freimachen für neue gemeinsame Vorhaben. Im Hinblick auf die Parlamentswahlen Moldaus im kommenden Jahr wird deutlich, dass der Demokratisierungsprozess noch viele Defizite aufweist. Die jüngsten Änderungen der Wahlgesetzgebung und die gegenwärtige Lage von Meinungsund Pressefreiheit geben dabei durchaus Anlass zur Sorge. Es darf nicht angehen, dass die moldauische Regierung über das Justizministerium die Zusammenschlüsse von Parteien verhindert. Denn in Kombination mit der neuen Sechs-Prozent-Hürde soll damit einzig und allein der Machterhalt der Kommunistischen Partei oder gar ihre absolute Parlamentsmehrheit gesichert werden. Neben der Fortsetzung des kritischen Dialogs und der konstruktiven Zusammenarbeit im Rahmen von OSZE und Europäischer Nachbarschaftspolitik bedarf es deshalb auch und vor allem des Engagements unserer Parteien und politischen Stiftungen, um die demokratische und freie Entwicklung der jungen moldauischen Demokratie zu unterstützen. Dies gilt sowohl mit Blick auf die politischen Parteien als auch auf die Zivilgesellschaft. Wirtschaftlich sieht sich die Republik Moldau ebenfalls zahlreichen Herausforderungen gegenüber. Deren Bewältigung ist für uns als Nachbarn von gleichermaßen außenhandelsund sicherheitspolitischer Relevanz. Insbesondere in den ländlich geprägten Regionen Moldaus verarmt und überaltert die Gesellschaft zusehends. In einer am Montag vorgelegten Studie hat die OECD die dramatischen Auswirkungen skizziert, welche die Doppelbelastung von Transformation und Globalisierung für die Arbeitsmärkte der Schwarzmeerstaaten verdeutlicht. Ohne ausreichend zusätzliche Jobs kann das wirtschaftliche Wachstum auch in der Republik Moldau nicht die Abwanderung von Arbeitskräften verhindern – ob ins Ausland oder in die Schattenwirtschaft. Und diese kommt immerhin in der Republik Moldau für etwa die Hälfte des B r u R n s z H l A s d t w w M n n M d l r g R g S e s z s t d r d e i g ü e W t u E s I e d W h z d M F z z w Zu Protokoll ge (C (D ruttonationaleinkommens auf und stärkt lediglich Koruption und organisierte Kriminalität. Das kann nicht in nserem Interesse sein. Der Umfang der Handelsbeziehungen zwischen der epublik Moldau und der EU wächst stetig. Deutschland immt dabei eine wichtige Rolle ein: Bei den Importen ind wir nach dem Nachbarland Rumänien bereits der weitwichtigste EU-Partner und das viertwichtigste auptlieferland insgesamt. Zudem gilt es, die Entwick ung der moldauischen Wirtschaft auch weiterhin mit ufbauhilfen und dem Abbau von Handelsund Visachranken zu stärken. Nur so können die Bemühungen er Regierung Moldaus zur Verbesserung des Investiionsklimas wirksam unterstützt werden. Des Weiteren ürde sich dies positiv auf die Lage am Arbeitsmarkt ausirken und dazu beitragen, dass junge, gut ausgebildete oldauer nicht ins Ausland abwandern müssen, um das ötige Geld an Ihre Familien zurücküberweisen zu könen. Besonders lähmend für die Entwicklung der Republik oldau und hinderlich für ihren Weg der Annäherung an ie EU ist der weiterhin ungeklärte Transnistrien-Konfikt. Immerhin hat Präsident Voronin im April dieses Jahes die Gespräche mit der Führung der abtrünnigen Reion wieder aufgenommen. Zudem hat die moldauische egierung kürzlich Entwürfe für neuerliche Verhandlunen im Rahmen des 5+2-Prozesses ausarbeiten lassen. ie enthalten unter anderem einen Gesetzesentwurf für in Autonomiestatut Transnistriens und Fristen zur Umetzung dieses Gesetzes. Diese Schritte sind ausdrücklich u begrüßen, ebenso die aus Moskau signalisierte Bereitchaft, zur Stärkung des beiderseitigen Vertrauens beizuragen. Auch die russische Staatsduma hat beschlossen, ass eine Lösung dieses Konfliktes unter Achtung der teritorialen Integrität Moldaus erfolgen soll. Es ist wichtig, ass die EU in Fragen der gemeinsamen Nachbarschaft ng mit Russland zusammenarbeitet. Angesichts dieser positiven jüngeren Entwicklungen st es unerlässlich, dass die Bundesregierung alle Geleenheiten wahrnimmt, im Rahmen des 5+2-Prozesses ber OSZE, EU und die guten Beziehungen zu Russland ine Lösung des Transnistrien-Konfliktes voranzutreiben. ichtig ist dabei auch, dass die immer noch in Transnis rien lagernden Waffen kontrolliert abgezogen werden nd somit deren Proliferation in andere Konfliktgebiete inhalt geboten werden kann. Gerade im Kontext der intabilen Lage im Nordkaukasus ist dies gewiss auch im nteresse Russlands. Viele Menschen in der Republik Moldau hoffen auf ine europäische Perspektive. Dem hat auch die molauische Regierung wiederholt Ausdruck verliehen. Der eg allerdings ist noch weit und das Land hat noch viele erausfordernde Aufgaben vor sich. Eine zügige Fortsetung der konstruktiven Zusammenarbeit würde dabei beien Seiten viele Möglichkeiten eröffnen. Denn wenn die oldauer entschlossen danach streben, ein Teil des in rieden und Freiheit vereinten, demokratischen Europas u werden, dann müssen wir dies nach Kräften unterstüten und dem jeweiligen Fortschritt entsprechend beantorten. gebene Reden Der Fortschrittsbericht der Europäischen Kommis sion zur Umsetzung der EU-Nachbarschaftspolitik vom 3. April 2008 hat zu unser aller Freude festgestellt, dass die Republik Moldau bedeutsame Schritte auf dem Weg der Annäherung an die EU vollzogen hat. So wurden positive Entwicklungen im Bereich der Menschrechtspolitik und dem Ausbau der Rechtsstaatlichkeit erreicht. Diese Erfolge sind für uns besonders wichtig, ist die Republik Moldau doch durch den Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union ein direktes Nachbarland geworden. Deshalb ist es auch selbstverständlich, dass man sich nicht auf den Erfolgen ausruht. Es ist noch sehr viel zu tun. Das gilt für beide Seiten – für Deutschland und die EU einerseits, aber vor allem für die Republik Moldau selbst. Denn noch immer muss man das Land am Dnjestr als ein „Armenhaus Europas“ bezeichnen – das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen ist mit circa 100 Euro im Monat erschreckend niedrig. Noch immer fristet dieses Land in der öffentlichen Wahrnehmung ein „Schattendasein“. Wann kann man schon mal etwas in den Medien über Moldau erfahren? Noch immer müssen deutliche Fortschritte vor allem bei der Stärkung demokratischer Einrichtungen, der Menschenrechte, der Bekämpfung der Korruption sowie bei der Unabhängigkeit der Justiz erzielt werden. Menschenund Organhandel sind dabei als bedrückendste Probleme zu nennen. Und noch immer ist die Transnistrien-Frage ungelöst. Russland darf seine Rolle als wichtiger Wirtschaftspartner und Energielieferant dieses Landes nicht ausnutzen, um es zu erpressen, wie es in der Vergangenheit häufig der Fall war. Herr Außenminister, auch das ist eine Frage, in der Russland seiner Rolle im Sinne einer „Modernisierungspartnerschaft“ mit Deutschland und der EU gerecht werden muss. Russland muss sich von seinem ständigen „Njet“ und seiner zu sehr an Machtund Einflusspolitik ausgerichteten Strategie lösen, um an einer konstruktiven Lösung dieses sogenannten frozen conflict mitzuarbeiten. Wir müssen daran arbeiten, dass Transnistrien entmilitarisiert und entkriminalisiert wird. Es gibt kaum eine Region in Europa mit einem derartig großen Arsenal konventioneller Waffen. Transnistrien gilt auch als Geldwaschanlage, als Drogenumschlagsplatz und als Schmuggelhölle. Umso dringender ist hier gemeinschaftliches Handeln gefordert. Positiv zu erwähnen ist die Arbeit, die die „EUBAM“, die „Border Assistance Mission“ der Europäischen Union, an der ukrainisch-moldauischen Grenze mit 122 Experten aus 22 EU-Mitgliedstaaten leistet. Es bedarf aber eines Mehrs an Anstrengungen. Ich denke, wir alle sind uns einig: Die Republik Moldau ist ein Teil von Europa. Wenn wir uns darüber einig sind, dann müssen wir aber auch entsprechend handeln und die Republik Moldau als solche behandeln. Deshalb braucht sie weiterhin unsere Unterstützung, um die angesprochenen Probleme bewältigen zu können. Die Republik Moldau ist das einzige Land des „Stabilitätspaktes für Südosteuropa“ ohne konkrete EU-Betrittsperspektive. Gleichzeitig ist sie Teilnehmerin der „Europäischen N z u p a L r E c t A e t s F d W m r m g t M k n s s v e U k n A V e m R u d u t b J i P n R s k s i n I Zu Protokoll ge (C (D achbarschaftspolitik.“ Insofern sitzen die Moldauer wischen den Stühlen. Was ist nun richtig? Das Beispiel Moldaus zeigt, dass sich Deutschland nd die Europäische Union in dieser Frage ihrer außenolitischen Verantwortung stellen müssen. Dabei ist es uch ganz klar, dass wir in diesem Falle nicht nur einem and zur Seite stehen. Es ist in unserem ureigenen Inteesse, dass Länder, die sich in direkter Nachbarschaft zur U befinden, ein möglichst hohes Maß an Stabilität erreihen. Deshalb begrüßt und unterstützt die FDP-Bundesagsfraktion diesen interfraktionellen Antrag, der an den ntrag aus der letzten Legislaturperiode anknüpft. Die uropäische Integration der Republik Moldau muss unerstützt werden. Die Republik Moldau hat in den letzten Jahren eine ehr positive Entwicklung genommen. Dies freut die raktion Die Linke umso mehr, als in der Republik Molau seit 2001 unsere Schwesterpartei, die PCRM, regiert. ir erinnern uns noch sehr gut an die kritischen Komentare aus den verschiedenen politischen Familien Eu opas, als die PCRM in demokratischen Wahlen erstmals it überwältigender Mehrheit gewählt wurde. Es spricht anz offensichtlich für politische Zustimmung und Akzepanz unter den Wählerinnen und Wählern der Republik oldau, dass ihr Regierungsauftrag bei der letzten Wahl lar bestätigt wurde. Selbst die Unionsfraktion kommt icht umhin, die gute Zusammenarbeit mit den moldauichen Kommunistinnen und Kommunisten zu würdigen! Über eine solche Realitätseinsicht freut sich Die Linke elbstverständlich, und vielleicht könnte dies, meine sehr erehrten Kolleginnen und Kollegen von der Union, auch in Anlass sein, dass Sie einmal über Ihren verkrampften mgang mit der Linken im Deutschen Bundestag nachden en. Die Tatsache, dass der heute vorliegende interfraktioelle Antrag zur europäischen Integration Moldaus unter usgrenzung der Linken zustande kam, zeigt wieder, dass ertreter mancher Fraktionen ihre aus dem Kalten Krieg rerbte Wagenburgmentalität offenbar weiter pflegen öchten. Damit erweisen Sie weder sich selbst, noch der epublik Moldau einen Dienst. Denn gerade in der Republik Moldau haben wir durch nsere guten Kontakte dazu beigetragen, dass sich mit er Kommunistischen Partei der Republik Moldawien nd ihrem Präsidenten, Vladimir Voronin, ein enger Ausausch zwischen der Europäischen Union und der Repulik Moldau entwickelt hat. So haben wir bereits vor zwei ahren bei unserer internationalen Europakonferenz hier m Deutschen Bundestag Vertreter der Kommunistischen artei als Gäste und Referenten willkommen heißen könen. Wirtschaftspolitisch stellt sich die Entwicklung in der epublik Moldau noch immer als schwierig dar. Ein weentlicher Grund hierfür ist nicht zuletzt auch der ungelärte Konflikt in Transnistrien. Wir bekräftigen in dieem Zusammenhang ausdrücklich die Forderung des nterfraktionellen Antrags, dass eine Lösung des Transistrien-Konflikts die volle Souveränität und territoriale ntegrität der Republik Moldau sichern muss. gebene Reden Trotz der schwierigen Situation in der Region konnte in der Republik Moldau ein Wirtschaftswachstum von 4 bis 7 Prozent erreicht werden. Die Armut im Land hat sich von fast 80 Prozent auf zwischenzeitlich etwa 30 Prozent reduziert. Die offizielle Arbeitslosenquote ist von 8 auf 2,1 Prozent gefallen. Dabei dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass viele moldawische Bürger ihr Land verlassen mussten, um in anderen Staaten Arbeit zu finden. Die Industrieproduktion konnte sich bei einem zwischenzeitlich konsolidierten Wachstum von circa 6 Prozent erholen. Deutschland ist für die Republik Moldau einer der wichtigsten Handelspartner: 12,2 Prozent aller Exporte und 8,7 Prozent aller Importe des Landes werden mit Deutschland abgewickelt. Trotzdem sollten wir nicht verkennen, dass aufgrund der geografischen Nähe und der traditionellen Handelsbeziehungen nach wie vor Russland der Haupthandelspartner für die Republik Moldau ist. Über 20 Prozent des gesamten Handelsvolumens der Republik entfallen auf den moldauisch-russischen Handel. Auch aus diesem Grund ist eine friedliche und einvernehmliche Zusammenarbeit der Republik Moldau mit Russland von großem Gewicht für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Alle Versuche der EU, durch ihre asymmetrische Nachbarschaftspolitik eine geostrategische Veränderung zulasten Russlands durchzusetzen, werden so die Entwicklung und Befriedung der Region spürbar erschweren. Die Fraktion Die Linke begrüßt den vorgelegten interfraktionellen Antrag grundsätzlich, wird sich in der Abstimmung jedoch enthalten, da wir meinen, dass der Antrag einige problematische Aspekte beinhaltet, die zu vermeiden gewesen wären, wenn es zu einem echten interfraktionellen Antrag – unter Einbeziehung der Fraktion Die Linke – gekommen wäre. Für problematisch halten wir die positive Bezugnahme auf die von der EU als Grundlage für Visaerleichterung vorgeschriebenen Rückführungsabkommen. Die EU nutzt die Visaerleichterungen für die Menschen in den Partnerländern dazu, ihre eigene, höchst restriktive Flüchtlingspolitik durch Druck auf diese Staaten durchzusetzen und ihnen auch gleich noch die Rückführungskosten aufzubürden. Die Fraktion Die Linke tritt dafür ein, dass mit der Republik Moldau schnellstmöglich ein Abkommen zur vollständigen Visabefreiung abgeschlossen wird. Wir sind davon überzeugt, dass dies auch eine wichtige Voraussetzung zur Stärkung der Souveränitat und territorialen Integrität ist, um panrumänische Begehrlichkeit einzudämmen. Viele Moldauer, die als zweite Staatsbürgerschaft die rumänische angenommen haben, taten dies vor allem wegen der diskriminierenden Visapraxis und um Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt zu bekommen. Die Fraktion Die Linke unterstützt eine partnerschaftliche und gleichberechtigte Zusammenarbeit der EU mit ihren Nachbarn. Die bisherige Europäische Nachbarschaftspolitik, die in weiten Teilen primär für die einseitige Durchsetzung von EU-Handelsinteressen genutzt w w N a E a l k s z f D i n t r ö w g S s l e m r S l p D g P S G t A U t E V D d p u r t z t ü d m s v S Zu Protokoll ge (C (D ird, halten wir für falsch. Sie muss dringend korrigiert erden. Wir treten zwar für eine Öffnung der Märkte der achbarschaftsstaaten für die Waren in der EU ein, sehen ber die Notwendigkeit, diesen Staaten eigenständige ntwicklungsperspektiven zu belassen. Hierzu gehört vor llem die Förderung der binnenwirtschaftlichen Entwickung mit öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur. Es ann deshalb nicht angehen, dass die EU die Partnerchaftsländer mit mehr oder minder sanftem Druck dazu wingt, ihre vorhandenen oder weiter aufzubauenden Inrastrukturen rigoros zu privatisieren und die öffentliche aseinsvorsorge immer weiter abzubauen. Die Kommunistische Partei der Republik Moldau hat hren ersten großen Wahlerfolg vor dem Hintergrund eier extremen Armutssituation errungen und seither wichige Erfolge bei der Bekämpfung der Armut erreicht. Geade dieses neugewonnene Fundament zwischen konomischem Wiederaufbau und sozialem Ausgleich ürde durch neoliberalen Privatisierungszwang wieder efährdet. Des Weiteren beurteilen wir die im Antrag erwähnte chwarzmeer-Synergie deutlich differenzierter und kriticher als die antragstellenden Fraktionen. In der Mitteiung der Kommission zur Schwarzmeer-Synergie wird xplizit sofort darauf hingewiesen, dass die Schwarzeer-Region einen eigenen geografischen Raum bilde: eich an natürlichen Ressourcen und an der strategischen chnittstelle zwischen Europa, Nahost und Innerasien iegend. Die Schwarzmeer-Synergie wird von EU-Seite rimär aufgrund eigener imperialer Ambitionen forciert. ie Interessen der Anrainerstaaten der Schwarzmeer-Reion geraten hierdurch ins Hintertreffen. Ein zentraler unkt der Schwarzmeer-Synergie ist nicht zuletzt die teuerung der Migration durch eine Verbesserung der renzsicherung. Damit wird – wie auch in der EU-Mit elmeer-Strategie – die vermeintliche Sicherung der EUußengrenze in die Nachbarregionen der Europäischen nion vorverlegt. Soziale, wirtschaftliche und infrastruk urelle Hilfe wird an die Erfüllung der Forderungen der U geknüpft. Das halten wir für inakzeptabel. Positiv sind dagegen die gemeinsamen Projekte zur erbesserung der Umweltsituation. Hier wünscht sich ie Linke jedoch noch ein weitaus größeres Engagement er EU und Deutschlands. Positiv ist im Antrag außerdem zu bewerten, dass der olitische Dialog mit der Republik Moldau intensiviert nd ein neues konsolidiertes Partnerschaftsund Koopeationsabkommen geschlossen werden soll. Die Linke unerstützt die Forderung, schnellstmöglich Verhandlungen u einem Nachfolgeabkommen aufzunehmen. Gleichzeiig erwarten wir ein größeres Entgegenkommen gegenber den berechtigten Forderungen der Republik Molau. Summa summarum unterstützt Die Linke jegliche Beühung für eine bessere und sozial gerechtere Nachbar chaftspolitik mit der Republik Moldau. Aufgrund der orgetragenen Argumente wird sie sich jedoch der timme enthalten. Dr. Diether Dehm gebene Reden Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617235100
Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1617235200

(A) )


(B) )

Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1617235300




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Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1617235400
Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1617235500




(A) )


(B) )

Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617235600




(A) )


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Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617235700







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Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617235800
Anette Hübinger (CDU):
Rede ID: ID1617235900

(A) )


(B) )

Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1617236000




(A) )


(B) )





(A) )


(B) )

Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1617236100
Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617236200




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(B) )

Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617236300







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Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617236400
Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1617236500

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Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1617236600




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Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1617236700




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(B) )

Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617236800




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Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617236900







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(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617237000
Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1617237100

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(B) )

Markus Meckel (SPD):
Rede ID: ID1617237200




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(B) )

Michael Link (FDP):
Rede ID: ID1617237300
Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617237400




(A) )


(B) )








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(B) )


Die Republik Moldova ist seit dem 1. Januar 2007
unser unmittelbarer Nachbarstaat der EU. Sie liegt mit
nur knapp 4 Millionen Einwohnern an der Schnittstelle
zwischen der EU und der Gemeinschaft Unabhängiger
Staaten. Sie strebt nach der europäischen Integration,
nach einer Annäherung an die EU mit dem Ziel der Mit-
gliedschaft und der gleichzeitigen Wahrung ihrer bünd-
nispolitischen Neutralität. Das unterstützen wir natür-
lich. Ein jedes Land muss für sich entscheiden können,
wie es sich entwickeln möchte. Und wenn es nach unseren
Spielregeln spielen möchte, dann ist das für uns nur gut.

Wie durch den Fortschrittsbericht der Europäischen
Kommission vom 3. April 2008 zur Umsetzung der EU-
Nachbarschaftspolitik in Moldova bestätigt, ist Moldova
auf dem richtigen Weg der Annäherung. Zu den Fort-
schritten zählen beispielsweise die Annahme einer um-
fangreichen Strategie zur Reform des Justizsystems, die
Ratifizierung der Konvention der Vereinten Nationen ge-
gen Korruption, die gesetzliche Heranführung an VN-
Standards und Fortschritte bei der Wahrung der Men-
schenrechte. Autonome Handelspräferenzen und das Vi-
saerleichterungs- und Rückführungsabkommen mit der
EU sind Erfolge, die die Republik schrittweise erzielen
konnte. Jedoch muss zur weiteren Annäherung an EU-
Standards und internationale Menschenrechtsstandards
noch dringend die Umsetzung der Gesetzgebung bezüg-
lich der Gewährleistung der Meinungs- und Pressefrei-
heit, der Unabhängigkeit der Justiz und der Bekämpfung
der Korruption vorangetrieben werden. Menschenrecht-
liche Probleme bestehen dabei vor allem noch immer bei
der Situation in Polizeigewahrsam und in Justizvollzugs-
anstalten.

Die Stärkung von demokratischen, rechtsstaatlichen
und marktwirtschaftlichen Strukturen ist eine Vorausset-
zung sowohl für eine weitere Integration in die EU als
auch für die politische, ökonomische und gesellschaftli-
che Zukunft von Moldova. Entscheidende Voraussetzun-
gen dafür sind die Unterstützung durch die EU, wie sie
inzwischen im Rahmen des Instruments der EU-Nachbar-
schaftspolitik erfolgt, und eine aktive innenpolitische Re-
formpolitik der moldauischen Regierung unter Wahrung
außenpolitischer Stabilität.

Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass der Transfor-
mationsprozess in der Republik Moldova sich unter be-
sonderen Herausforderungen vollzog und vollzieht. Die
territoriale Integrität und Stabilität wird seit mittlerweile
eineinhalb Jahrzehnten durch die Abspaltung des Lan-
desteils Transnistrien beeinträchtigt. Zu diesem einge-
frorenen Konflikt direkt an der Grenze der EU gehört
nach Angaben der OSZE die Lagerung von circa
20 000 Tonnen russischer Restmunitionsbestände auf un-
gefähr 100 Hektar Land. Auch vor diesem Hintergrund
ist eine konstruktive Rolle Russlands bei der Lösung des
Konflikts mit Umsetzung der 1999 auf dem OSZE-Gipfel
in Istanbul getroffenen Vereinbarungen von entscheiden-
der Bedeutung.

Wir begrüßen das seit 2005 verstärkte Engagement
der EU in der Region. Ein erfolgreiches Beispiel ist

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(C (D UBAM: eine Hilfe zur Sicherung der moldauischen Auengrenze zur Ukraine. Nun müssen nach ziemlich genau weijähriger Aussetzung aber auch die Verhandlungen im Fünf-plus-Zwei-Format“ mit allen beteiligten Konfliktarteien über die informellen Gespräche hinaus unbeingt wieder aufgenommen werden. Die EU muss ihre nitiativen zur Beilegung des Konflikts fortsetzen und zur ertrauensbildung auch innerhalb der ganzen Bevölkeung beitragen. Ziel muss eine Wiedererlangung der Eineit des Landes unter Rahmenbedingungen sein, die die ouveränität und Sicherheit der Republik Moldova benso wie den Fortgang des demokratischen und rechtstaatlichen Reformprozesses ermöglichen. Seit 2007 sind wir in der EU Haupthandelspartner der epublik Moldova. Die in diesem Jahr erworbenen autoomen Handelspräferenzen sind ein guter Schritt nach orne für Moldova; denn sie sollen dazu beitragen, dass ie negative Handelsbilanz ausgeglichen wird. Die Repulik Moldova; macht leichte Fortschritte in ihrem Streben ach Etablierung eines guten Investitionsklimas, sodass ich die direkten ausländischen Investitionen zwischen 006 und 2007 bereits nahezu verdoppelt haben. Dennoch hat die Republik Moldova mit weiteren wirtchaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Abhängigkeit on ausländischer Energieversorgung, insbesondere von nergielieferungen aus Russland, eine Agrarproduktion, ie durch die Dürre des Jahres 2007 massiv geschädigt urde, über ein Jahr anhaltende russische Importverbote ür moldauische Produkte, speziell Wein, haben zu draatischen ökonomischen Auswirkungen geführt. Laut ortschrittsbericht der EU-Kommission lebt jeder Vierte er Moldauer und Moldauerinnen unter der Armutsrenze. Die massive Abwanderung hat dazu beigetragen, ass dem moldauischen Arbeitsmarkt junge qualifizierte owie auch einfache Arbeiterinnen und Arbeiter fehlen. ach unterschiedlichen Datenerhebungen befinden sich wischen 300 000 und 800 000 Moldauerinnen und Molauer zur oft illegalen Berufsausübung dauerhaft im Ausand. Ein Drittel des moldauischen Bruttoinlandsprouktes speist sich aus dem von Auslandsarbeiterinnen nd -arbeitern nach Hause geschickten Geld. Diese Entwicklungen im ärmsten Land Europas an den irekten Grenzen der EU liegen weder im Interesse der enschen im Land noch in unserem Interesse in der EU. eswegen fordern wir eine Stärkung der Zusammenareit sowohl im bilateralen wie auch im europäischen ahmen. Wir müssen daran interessiert sein, im Laufe der Umetzung der EU-Standards durch die Republik Moldova uch ihre weitere Heranführung an die EU zu unterstüten. Ich freue mich, dass wir hier interfraktionell an unere Tradition anknüpfen und unseren gemeinsamen Bechluss von 2004 mit diesem Antrag bekräftigen. Wer stimmt für den Antrag der Fraktionen CDU/ SU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 16/9755? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Der Antrag ist bei Stimmenthaltung der Linen so angenommen. Präsident Dr. Norbert Lammert Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 sowie Zusatzpunkt 11 auf: 27 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Birgit Homburger, Elke Hoff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Bekämpfung von Piraterie – Drucksache 16/9609 – ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Kerstin Müller Beck Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ursachen der Piraterie vor der somalischen Küste bearbeiten – Politische Konfliktlösungsschritte für Somalia vorantreiben – Drucksache 16/9761 – Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die Fraktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Widerspruch. Vermutlich werden wir diese Zeit nicht ganz benötigen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält der Kollege Dr. Rainer Stinner für die FDP-Fraktion. Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle gen! Beim Thema Piraterie gibt es gegenwärtige zwei schlimme Entwicklungen. Ich weiß noch nicht genau, welche von beiden wirklich schlimmer ist. Auf der einen Seite gibt es am Golf von Aden Piraterie in großem Umfang. Über 20 Schiffe sind allein schon in diesem Jahr der Piraterie zum Opfer gefallen. In den letzten Tagen war es eine deutsche Jacht bzw. ein deutsches Schiff. Deutsche Bürger werden überfallen, und ihre Schiffe werden gekapert. Der internationale Seetransport ist erheblich geschädigt. Auf der anderen Seite – das ist genauso schlimm – gibt es eine unglaubliche Konfusion und Widersprüchlichkeit der Bundesregierung in diesem Fall. Die Bundesregierung ist hier nicht handlungsfähig. Auch das ist angesichts der Bedeutung dieses Themas für unser Land eine schlimme Entwicklung. Zum Ersten. Der Deutsche Bundestag hat im Jahr 1994 ein Seerechtsübereinkommen mitratifiziert. Damit haben wir uns zur Bekämpfung der Piraterie verpflichtet. Das ist auch gemäß Art. 25 des Grundgesetzes Teil des Bundesrechts, wie mir die Bundesregierung auf meine Anfrage hin noch einmal bestätigt hat. Das sagt das Auswärtige Amt, und das sage auch ich. Demnach kann die deutsche Marine schon heute ohne jede Gesetzesänderung und ohne jede Verfassungsänderung gegen Piraten vorgehen. Wir haben heute in einem Antrag das zusammengestellt, was die Bundesregierung auf unsere Fragen hin geantwortet hat. Wir haben kein Wort hinzugefügt, sondern die Bundesregierung wörtlich zitiert. Deshalb er w d l d r s v m d s D g N d B v D n b a d z A c D I D w n F w – a z (C (D arten wir, dass Sie, die Träger der Bundesregierung, ie Koalitionsfraktionen, diesem Antrag willig und fröhich zustimmen. Der Verteidigungsminister tut nichts, weil er eine anere Agenda hat. Er will nämlich eine Grundgesetzändeung veranlassen, und er möchte über eine Grundgeetzänderung die in Deutschland so bewährte Trennung on innerer und äußerer Sicherung aushebeln. Die Krone setzt dem Ganzen dann noch der Parlaentarische Staatssekretär Kossendey auf, (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Wo ist er eigentlich?)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617237500




(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1617237600

(Beifall bei der FDP)


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Darum geht’s!)


er wörtlich zum Thema Nothilfe, die er verweigert,
agt:

Aber sobald der Überfall abgeschlossen ist, die Pi-
raten mit dem Schiff abziehen, die Besatzung ge-
fangen gesetzt haben, ist eine Verfolgung durch
deutsche Marineeinheiten nicht mehr möglich …

as ist bodenlos, unanständig und falsch. Das muss ge-
eißelt werden.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


othilfe dauert eindeutig solange an, wie die Gefahr für
ie Opfer nicht gebannt ist.

Das Verteidigungsministerium behauptet weiter, die
ekämpfung von Soldaten sei eine Polizeiaufgabe und
on daher von der Bundeswehr nicht durchzuführen.
as ist wieder falsch, Herr Minister. Die Bundeswehr
immt heute im Ausland schon mehrfach Polizeiaufga-
en wahr, zum Beispiel im Kosovo beim Thema „Crowd
nd Riot Control“. Das heißt, es werden Bundeswehrsol-
aten ausdrücklich ausgebildet und ausgerüstet, um Poli-
eiaufgaben im Ausland wahrzunehmen.

Diese meine Meinung wird auch vom Auswärtigen
mt gedeckt, wonach die Gewährleistung der öffentli-

hen Sicherheit durch den Einsatz gegen gewalttätige
emonstranten grundsätzlich eine Polizeiaufgabe sei.

ch zitiere wörtlich:

Daran ändert nichts, dass diese Aufgabe im Rah-
men eines Auslandseinsatzes auch von der Bundes-
wehr wahrzunehmen sein kann.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Wo er recht hat, hat er recht!)


as ist eine öffentliche, eine amtliche Ohrfeige des Aus-
ärtigen Amtes für den Herrn Bundesverteidigungsmi-
ister.

Das Innenministerium konnte mir hingegen auf meine
rage vom 5. Juni, ob Polizeiaufgaben für die Bundes-
ehr im Ausland zulässig sind, bis zum heutigen Tag
also nach Überschreiten der üblichen Frist für die Be-

ntwortung von Fragen – keine Antwort geben.

Überall herrscht Konfusion. Damit komme ich zum
weiten Punkt. Die Bundesregierung ist in der Frage






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner
nicht handlungsfähig. Sie ist nicht einig, und sie ist – das
ist das Schlimme – offensichtlich nicht einigungsfähig.


(Zuruf von der FDP: Genau!)


Dabei ist der Kern des Konflikts offensichtlich. Die
CDU/CSU fordert vehement eine Änderung des
Art. 87 a des Grundgesetzes, obwohl dies überflüssig ist.
Die SPD ist strikt dagegen und vertritt dies auch laut. In-
sofern ist es für einen Außenstehenden völlig unerträg-
lich, wenn der Verteidigungsminister als Mitglied der
Bundesregierung – die meines Wissens immer noch von
der SPD und der Union gestellt wird – nach wie vor sagt,
dass eine Verfassungsänderung notwendig ist, aber kurz
darauf prominente Mitglieder der SPD-Fraktion im Ver-
teidigungsausschuss das unter allen Umständen aus-
schließen.

Dass sich die Koalition in keiner Frage mehr einig ist,
ist schon traurig genug.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Herr Stinner, jetzt weinen Sie doch mal richtig!)


Dass aber diese Uneinigkeit auf dem Rücken unserer
Soldaten und unschuldiger Betroffener ausgetragen
wird, halten wir für unanständig. Es gibt Soldaten, die
sich schämen – darüber reden sie, wenn man sie besucht;
wenn Sie dorthin fahren würden, Herr Weisskirchen,
dann würden Sie das wissen – , weil sie die Verfolgung
von offensichtlicher Piraterie anderen Ländern überlas-
sen müssen.

Deshalb fordern wir Sie auf: Sorgen Sie dafür, dass
die Marine das tut, was sie schon lange darf! Sorgen Sie
dafür, dass Deutschland seinen Verpflichtungen nach-
kommt! Sorgen Sie dafür, dass die Piraterie endlich be-
kämpft wird! Es bedarf nur eines Befehls des Bundes-
verteidigungsministers.

Vielen Dank und gute Nacht.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617237700

Ganz so schnell geht es nicht. Dass Sie, Kollege

Stinner, Ihren heutigen Geburtstag im Bundestag bege-
hen


(Beifall)


und mit einer Rede gegen Ende, wenn auch nicht ganz
zum Ende der Tagesordnung, krönen, haben wir alle mit
großem Respekt zur Kenntnis genommen. Es hat im Üb-
rigen die umwerfende Wirkung, dass alle anderen ge-
meldeten Redner der anderen Fraktionen in besonderer
Würdigung dieses Ereignisses auf Gegenreden verzich-
tet haben


(Heiterkeit)


und deswegen ihre sorgfältig vorbereiteten Reden zu
Protokoll geben.1) Auch darin kommen die guten Wün-
sche des gesamten Hauses in einer, wie ich finde, ein-
drucksvollen Weise zum Ausdruck.


(Beifall)


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d1) Anlage 8

(C (D Tagesordnungspunkt 27. Wir kommen jetzt zur Abtimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf rucksache 16/9609 mit dem Titel „Bekämpfung von iraterie“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt agegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mehrheitich abgelehnt. Zusatzpunkt 11. Hierbei geht es um die Abstimmung ber den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen uf der Drucksache 16/9761 mit dem Titel „Ursachen er Piraterie vor der somalischen Küste bearbeiten – olitische Konfliktlösungsschritte für Somalia vorantreien“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer ist dagegen? – er enthält sich? – Auch dieser Antrag ist mehrheitlich bgelehnt. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 28: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. November 2007 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Volksrepublik Algerien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuervermeidung und Steuerhinterziehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Drucksache 16/9561 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 16/9786 – Berichterstattung: Abgeordnete Manfred Kolbe Lothar Binding ie Reden der Kollegen Manfred Kolbe, Lothar inding, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Barbara Höll und r. Gerhard Schick werden zu Protokoll genommen. Wir debattieren und beschließen heute das am 12. No ember 2007 in Algier unterzeichnete und jetzt noch zu atifizierende Doppelbesteuerungsabkommen mit der emokratischen Volksrepublik Algerien. Der Begriff oppelbesteuerungsabkommen ist hierbei allerdings etas irreführend, denn es geht in diesem Abkommen genau enommen um das Gegenteil, nämlich die Vermeidung er Doppelbesteuerung. Die Doppelbesteuerung ergibt ich aus einer möglichen Steuerpflicht sowohl im Quelenstaat als auch im Ansässigkeitsstaat. Ziel des Abkommens ist es, die internationale Wirtchaftstätigkeit und die grenzüberschreitenden Investitioen vor Doppelbesteuerungen zu schützen. Gerade für ie Bundesrepublik Deutschland haben sowohl der Exort als auch die ausgedehnten Auslandsaktivitäten der eutschen Unternehmen eine immense Bedeutung. Es iegt daher insbesondere auch in unserem Interesse, bei iesen Aktivitäten die wettbewerbsverzerrenden Einlüsse der internationalen Doppelbesteuerung zu vermeien. Auch nimmt, bedingt durch den weltweiten Wettbewerb, die Aggressivität der internationalen Steuerplanung zu. Ziele dieser Planungen sind die weitgehende Gestaltbarkeit der Steuerbelastung und die Minimierung der weltweiten Steuerlastquote. Obwohl ein Doppelbesteuerungsabkommen zunächst primär die Aufgabe der Vermeidung von Doppelbesteuerungen hat, gewinnt es auch immer mehr an Bedeutung bei der Verhinderung von Missbrauch steuerlicher Regelungen. Zudem hilft es, Besteuerungslücken, die sich aus den Unterschieden in den nationalen Rechtssystemen ergeben, zu schließen. Bei den außenwirtschaftlichen Beziehungen unseres Landes gewinnt neben vielen anderen Ländern der Welt auch die Demokratische Volksrepublik Algerien mehr und mehr an Bedeutung. Nach der weitgehenden Überwindung der innenpolitischen Krise Algeriens in den 90erJahren und der anschließend folgenden wirtschaftlichen Erholung bergen diese Beziehungen nun ein bedeutendes Potenzial. Algerien steht heute bei der Erdölproduktion auf Platz elf und beim Erdgas auf Platz vier der wichtigsten Produzenten. Bereits in den 70erund 80er-Jahren wurde ein großer Teil der Industrieanlagen Algeriens mit deutscher Hilfe errichtet. Der Modernisierungsbedarf bei diesen Industrieanlagen und der Infrastruktur ist in Algerien hoch und kommt zudem der deutschen Produktionspalette entgegen. Heute sind bereits über 140 deutsche Unternehmen mit Niederlassungen, Verbindungsbüros und Handelsvertretungen auf dem algerischen Markt aktiv. Die Ausfuhr von Deutschland nach Algerien belief sich 2007 auf einen Wert von rund 944 Millionen Euro, wobei sich diese im Wesentlichen auf 25,5 Prozent Maschinen, 23,8 Prozent Kfz und Kfz-Teile sowie 11,8 Prozent auf chemische Erzeugnisse verteilten. Die Einfuhr aus Algerien nach Deutschland belief sich im gleichen Zeitraum sogar auf einen Wert von 1 196 Millionen Euro. Hier machte rund 98,6 Prozent das Erdöl aus, und der Rest setzte sich im Wesentlichen aus Chemikalien und anderen Rohstoffen zusammen. Das heute hier zu beschließende Abkommen wurde im vergangenen Jahr anlässlich eines Besuches des Bundespräsidenten in Algerien unterzeichnet. Es entspricht weitgehend dem im Zeitraum der Verhandlungen gültigen OECD-Musterabkommen und anderen in dieser Zeit von Deutschland abgeschlossenen Abkommen. Der in Art. 26 des Abkommens geregelte umfassende Informationsaustausch zwischen den deutschen und algerischen Finanzverwaltungen entspricht sogar dem neuesten OECDStandard. Durch dieses Abkommen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung verzichtet die Bundesrepublik Deutschland zwar in gewissem Umfang auf Steuern. Andererseits muss Deutschland aber auch bisher gewährte Anrechnungen algerischer Steuern nicht mehr oder nicht mehr in bisheriger Höhe gewähren, da Algerien auf Quellensteuern verzichtet. Es kann derzeit davon ausgegangen werden, dass sich die Regelungen des Abkommens per Saldo aus g n B d g s n d g w r D f r i A s u v w s r v S n T w n d z s k e u n A z u a K D f d s d s g n e s Zu Protokoll ge (C (D leichen werden. Somit werden für unser Land keine nenenswerten Änderungen des Steueraufkommens von und, Ländern und Gemeinden entstehen. Dagegen wird ie Wirtschaft durch das Abkommen entlastet. Daher ist dieses Doppelbesteuerungsabkommen zu berüßen. Es verbessert die Wettbewerbssituation deutcher Unternehmen in Algerien und benachteiligt auch icht das deutsche Steueraufkommen. Die CDU/CSU beankt sich bei den Verhandlungsführern für das erzielte ute Verhandlungsergebnis und stimmt dem Gesetzenturf zu. Heute behandeln wir ein weiteres Doppelbesteue ungsabkommen, und zwar das erste dieser Art mit der emokratischen Volksrepublik Algerien. Während wir rüher üblicherweise stets nur von DBA, Doppelbesteueungsabkommen, gesprochen haben, wird heute explizit n der Überschrift erwähnt, dass es sich nicht nur um ein bkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, ondern auch „zur Verhinderung der Steuervermeidung nd Steuerhinterziehung“ auf dem Gebiet der Steuern om Einkommen und Vermögen handelt. Das ist ein ichtiger Schritt, der anzeigt, dass wir bei unseren zwi chenstaatlichen Kontakten auf dem Gebiet des Steuerechts und in bilateralen Abkommen auch die Vermeidung on Steuervermeidung und Steuerhinterziehung zum chutz des Steuersubstrats in Deutschland in den Blick ehmen. Das Abkommen selbst beruht in seinen wesentlichen eilen auf dem gültigen OECD-Musterabkommen, das ir an dieser Stelle schon öfter besprochen haben. Daach werden Doppelbelastungen dadurch vermieden, ass dem Quellenstaat beschränkte Besteuerungsrechte ugewiesen werden, und der Wohnsitzstaat diese Quellenteuerrechte auf seine Steuer anrechnet oder die Einünfte von seiner Besteuerung freistellt. Um die Systematik zur Vermeidung der Doppelbesteurung an einem Beispiel deutlich zu machen, stellen wir ns eine Muttergesellschaft in Deutschland vor, die an eier Tochtergesellschaft in Algerien über 10 Prozent der nteile hält. In diesem Fall wird der Gewinn der Tochter unächst in Algerien der dort üblichen Körperschaftsteuer nterworfen. Auf die anschließend an die deutsche Mutter usgeschüttete Dividende kann Algerien eine 5-prozentige apitalertragsteuer erheben. Deutschland vermeidet eine oppelbesteuerung dadurch, dass es diese Dividenden reistellt. Nach diesem Grundmuster werden auch zum Beispiel ie grenzüberschreitenden Unternehmensgewinne zwichen Deutschland und Algerien behandelt. Algerien darf anach Gewinne eines deutschen Unternehmens nur beteuern, wenn das Unternehmen eine Betriebsstätte in Alerien hat und die Gewinne der Betriebstätte zuzurechen sind. In diesem Zusammenhang verdient ein weiterer Erfolg rwähnt zu werden: Die Regierung konnte Schutzvorchriften bei den Unternehmensgewinnen vereinbaren, Manfred Kolbe gebene Reden die wir in dem Protokoll zu Art. 7 zum Abkommen entnehmen. Ich zitiere: a)

Manfred Kolbe (CDU):
Rede ID: ID1617237800

(A) )


(B) )

Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1617237900




(A) )


(B) )

durch eine Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat
Güter oder Waren oder übt er durch eine Betriebs-
stätte dort eine Geschäftstätigkeit aus, so werden
die Gewinne dieser Betriebsstätte nicht auf der
Grundlage des vom Unternehmen hierfür erzielten
Gesamtbetrags, sondern nur auf der Grundlage des
Betrags ermittelt, der der tatsächlichen Verkaufs-
oder Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte zuzurech-
nen ist;

b) Hat ein Unternehmen eine Betriebsstätte im an-
deren Vertragsstaat, so werden im Fall von Verträ-
gen, insbesondere über Entwürfe, Lieferungen, Ein-
bau oder Bau von gewerblichen, kaufmännischen
oder wissenschaftlichen Ausrüstungen oder Ein-
richtungen, oder von öffentlichen Aufträgen die Ge-
winne dieser Betriebsstätte nicht auf der Grundlage
des Gesamtvertragspreises, sondern nur auf der
Grundlage des Teils des Vertrags ermittelt, der tat-
sächlich von der Betriebsstätte in dem Vertrags-
staat durchgeführt wird, in dem die Betriebsstätte
liegt. Gewinne aus der Lieferung von Waren an die
Betriebsstätte oder Gewinne im Zusammenhang mit
dem Teil des Vertrages, der in dem Vertragsstaat
durchgeführt wird, in dem der Sitz des Stammhau-
ses des Unternehmens liegt, können nur in diesem
Staat besteuert werden.

Lassen Sie mich auch auf die Zinsbesteuerung einge-
hen: Nach dem OECD-Musterabkommen und nach Art. 11
Abs. 2 kann ein Quellenstaat Zinsen mit 10 Prozent Quel-
lensteuer belasten. Allerdings wollten wir mit der Regel
im Art. 11 Abs. 3 Nr. a sicherstellen, dass die Exportmög-
lichkeiten deutscher Unternehmen verbessert werden. Ich
denke, dass die Bundesregierung mit dieser Vereinbarung
einen sehr guten Verhandlungserfolg errungen hat.

Schauen wir auf folgenden Beispielsfall, der sich auf
Konzerne mit Sitz in Deutschland bezieht: Wir nehmen
an, ein deutscher Elektrokonzern liefert ein Kraftwerk
beispielsweise für 100 Millionen Euro nach Algier in Al-
gerien, die 100 Millionen Euro können aber vom algeri-
schen Kunden nicht sofort bezahlt werden. In diesem Fall
wird der Konzern Ratenzahlungen zugestehen und die Re-
finanzierungskosten dem Kunden in Rechnung stellen.
Hier konnte vereinbart werden, dass Zinsen, die „im Zu-
sammenhang mit dem Verkauf gewerblicher, kaufmänni-
scher oder wissenschaftlicher Ausrüstung auf Kredit ste-
hen, von der algerischen Steuer befreit sind.

Mit Blick auf die schon erwähnte Zielsetzung, Steuer-
vermeidung und Steuerhinterziehung zu verhindern oder
ihr zu begegnen, möchte ich besonders den im Art. 26 ge-
regelten Informationsaustausch erwähnen. Der dort ge-
regelte Informationsaustausch verläuft nach dem neues-
ten OECD-Musterabkommen und geht damit weit über
bisherige Regelungen in diesem Zusammenhang hinaus.
Wir ermöglichen den Austausch von Informationen, die
zur Durchführung dieses Abkommens oder zur Verwal-
tung, auch zur Vollstreckung des innerstaatlichen Rechts
betreffend Steuern jeglicher Art notwendig sind. Ich hebe

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Zu Protokoll ge

(C (D ie beiden neuen Ansätze 4 und 5 im betreffenden Artikel ber den Informationsaustausch hervor: um Informationen, so nutzt der andere Vertragsstaat die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Beschaffung der erbetenen Informationen, selbst wenn dieser andere Staat diese Informationen für seine eigenen steuerlichen Zwecke nicht benötigt. Die im vorhergehenden Satz enthaltene Verpflichtung unterliegt den Beschränkungen gemäß Absatz 3, sofern diese Beschränkungen einen Vertragsstaat nicht nur deshalb an der Erteilung von Informationen hindern, weil er kein innerstaatliches steuerliches Interesse an diesen Informationen hat. könne ein Vertragsstaat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen, weil sich die Informationen bei einer Bank, einem sonstigen Finanzinstitut, einem Bevollmächtigten, Vertreter oder Treuhänder befinden …“. Sie sehen, ein sehr gelungenes Vertragswerk – dafür offen wir auf Ihre konstruktive Mitarbeit und Unterstütung. Last but not least bedanke ich mich auch im Namen einer Fraktion für das gute Verhandlungsergebnis nserer Regierung, hierbei insbesondere bei Herrn r. Lasars aus dem Bundesfinanzministerium. Die FDP wird dem Abkommen der Bundesrepublik eutschland und der Demokratischen Volksrepublik lgerien zur Vermeidung von Doppelbesteuerung und zur erhinderung der Steuervermeidung und Steuerhinterzieung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und om Vermögen zustimmen. Seitens der FDP wissen wir, dass in dem Abkommen om 12. November 2007 die Bundesregierung als Verandlungsführer mit der Volksrepublik Algerien dieses oppelbesteuerungsabkommen erreicht hat. Es ist zwar zutreffend, dass die Bundesrepublik eutschland durch das Abkommen in gewissem Umfang uf Steuern verzichtet, die dem Bund, den Ländern oder en Gemeinden zufließen. Andererseits muss Deutschand die gewährte Anrechnung algerischer Steuern nicht ehr und nicht mehr in der bisherigen Höhe gewähren, eil Algerien ebenfalls auf Quellensteuern verzichtet. Seitens der FDP haben wir den Eindruck, dass sich die egelungen des Abkommens per Saldo ausgleichen und omit keine nennenswerten Änderungen des Steueraufommens von Bund, Ländern und Gemeinden entstehen. eutschland ist im Jahr 2007 auf der 59. Rangstelle bei er Ausfuhr algerischer Exporte und auf der 56. Rangtelle bei den Einfuhren. Das bedeutet, dass Deutschland usfuhren in Höhe von 944 Millionen Euro und Einfuhr n Höhe von 1 196 Millionen Euro tätigte. Im Dienstleisungsbereich bestanden 260 Millionen Euro Einnahmen nd 133 Millionen Euro Ausgaben. Lothar Binding gebene Reden Im Jahr 2005 wurden deutsche Direktinvestitionen von 124 Millionen Euro und im Jahr 2006 von 89 Millionen Euro getätigt. Über 140 deutsche Unternehmen sind mit Niederlassungen, Verbindungsbüros und Handelsvertretern auf dem Markt aktiv. Im Jahr 2004 wurden Rentenzahlungen an 29 deutsche Versicherte und 589 ausländische Versicherte geleistet. Zudem gewinnt Algerien als Energielieferant für Europa immer mehr an Bedeutung. Weltweit steht Algerien bei der Erdölproduktion auf Platz 11, beim Erdgas auf Platz 4 der wichtigsten Produzenten. Zudem muss beachtet werden, dass ein erheblicher Modernisierungsbedarf bei Industrieanlagen und Infrastruktur besteht. Auch hier sind deutsche Firmen sehr interessiert, diese Arbeiten auszuführen. Insofern begrüßen wir, dass mit diesem Abkommen die Wirtschaft und die Steuerpflichtigen von Bürokratie und Rechtunsicherheit entlastet werden, da steuerliche Hindernisse im bilateralen Wirtschaftsverkehr beseitigt werden. Der Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens mit Algerien ist grundsätzlich zu begrüßen. Ein solches Abkommen schafft Rechtssicherheit und fördert somit Handel und Investitionen. Algerien hat dringenden Kapitalbedarf; denn das Land leidet nach wie vor an den Folgen des Bürgerkriegs von 1992 bis 2005. Seine Wirtschaftsstruktur ist sehr einseitig ausgeprägt: Der Erlös aus dem Energieexport macht über 95 Prozent der Deviseneinnahmen, über 35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, BIP, und rund 75 Prozent der Staatseinnahmen aus. Die inoffizielle Arbeitslosenrate betrug 2006 28,4 Prozent. Besonders betroffen von Arbeitslosigkeit waren Jugendliche. Algerien braucht daher ausländisches Kapital und Know-how, um sukzessive neue Sektoren und Branchen jenseits von Erdölindustrie und Landwirtschaft aufzubauen. Aus der Perspektive internationaler Steuergerechtigkeit kann am vorliegenden Abkommen positiv hervorgehoben werden, dass Algerien ein Besteuerungsrecht gegenüber deutschen Unternehmen zugestanden wurde. Demnach kann Algerien den Gewinn besteuern, der in produktiv tätigen Betriebsstätten deutscher Unternehmen in Algerien erzielt wurde. Auch wurde Algerien ein Besteuerungsrecht auf im Lande erwirtschaftete Dividenden und Zinsen eingeräumt, die an in Deutschland ansässige Personen oder Unternehmen gezahlt werden. Allerdings wurden hier enge Besteuerungsgrenzen gesetzt: Maximal 15 Prozent Quellensteuer sind zugestanden worden. Leider hat die Bundesregierung es auch bei diesem Doppelbesteuerungsabkommen versäumt, konsequent von der Freistellungsmethode auf die Anrechnungsmethode umzustellen. Die Fraktion Die Linke hatte bereits im Mai des vergangenen Jahres die Forderung nach der Umstellung auf das Anrechnungsverfahren im Rahmen des Antrags „Unternehmen leistungsgerecht besteuern – Einnahmen der öffentlichen Hand stärken“, Drucksache 16/5249, erhoben. Wie gehabt, wird auch in diesem Ab k d N s k S h E a l g d n s d l N t n u D e C r S n s s g n w w g g t s E T k S A f S v d s r O A a w g l s E b Zu Protokoll ge (C (D ommen die Doppelbesteuerung auf deutscher Seite urch Freistellung der wichtigsten Einkünfte vermieden. ur bei Zinsen, Lizenzgebühren, Dividenden aus Streube itz sowie einigen anderen eher unbedeutenden Einunftsarten findet die Anrechnung der ausländischen teuer auf die deutsche Steuer statt. Damit verzichtet der iesige Fiskus zu großen Teilen bei in Algerien erzielten inkünften von in Deutschland Ansässigen auf eine däquate Erfassung der steuerlichen Bemessungsgrundage. Der Progressionsvorbehalt, also die Berücksichtiung der ausländischen Einkünfte bei der Bestimmung es Steuersatzes, kann diese faktischen Steuerbefreiungen icht kompensieren: Würden ausländische wie inländiche Einkünfte gleich behandelt, ergäbe sich derselbe urchschnittliche Steuersatz auf ein durch die Ausandseinkünfte erhöhtes zu versteuerndes Einkommen. ur die konsequente Anwendung der Anrechnungsme hode könnte garantieren, dass Einkünfte von Inländerinen und Inländern steuerlich gleich behandelt werden, nabhängig vom Ort der Entstehung dieser Einkünfte. ie Umstellung in der Ausgestaltung der Doppelbesteu rungsabkommen auf die Anrechnungsmethode böte eine hance auf mehr Steuergerechtigkeit. Die im vorliegenden Abkommen getroffenen Vereinbaungen zu Informationsaustausch und Amtshilfe gegen teuervermeidung und Steuerhinterziehung sind von euer Qualität und daher zu begrüßen. Allerdings kann ich deren Tauglichkeit erst im Praxistest unter Beweis tellen. Befremdlich mutet es an, dass diese Regelungen egen Steuervermeidung und -hinterziehung ausgerechet bei einem Land zur Anwendung kommen, das nun ahrlich nicht als Steueroase bekannt ist. Es bleibt abzuarten, ob mit diesem Abkommen ein neuer Standard esetzt wurde oder ob es ein Feigenblatt für die sonst geenüber Steueroasen laxe Handhabung bleibt. Als Negaivbeispiel sei hier auf die Verlängerung des Doppelbeteuerungsabkommens mit den Vereinigten Arabischen miraten, VAE, vom letzten Jahr verwiesen. Als grundsätzliche Kritik bleibt, dass Deutschland als eil der EU Freizügigkeit nur bei Kapitalund Warenverehr kennt, nicht aber für die Menschen aus Nicht-EUtaaten. So bekommen Jugendliche aus Algerien keine usreisevisa in EU-Länder mehr. Das stößt in den betrof enen Ländern auf Kritik und Unverständnis: Beim taatsbesuch von Bundespräsident Köhler im letzten Noember hatten algerische Intellektuelle eine EU-Politik er Abschottung kritisiert. Wir behandeln heute abschließend das Doppelbe teuerungsabkommen zwischen Deutschland und Algeien. Der Abkommenstext folgt in weiten Teilen dem ECD-Musterabkommen. Insoweit begrüßen wir dieses bkommen. Denn wenn sich die Bundesregierung nicht n diese multilaterale Vereinbarung hält und abeichende Regelungen trifft, führt dies häufig zu einer eringeren Besteuerung, als sie das Musterabkommen erauben würde. Ich möchte hier nur an das Doppelbeteuerungsabkommen mit den Vereinigten Arabischen miraten erinnern, nach dem dort erzielte Einkünfte in eiden Staaten steuerfrei bleiben können. Carl-Ludwig Thiele gebene Reden Dr. Gerhard Schick Auch in dem nun vorliegenden Abkommen verzichtet Deutschland auf einen Teil seines Besteuerungsrechts, das das OECD-Musterabkommen vorsehen würde. Laut Musterabkommen gilt eine 5-prozentige Dividendenbesteuerung nur dann, wenn eine mindestens 25-prozentige Beteiligung vorliegt. Ist die Beteiligung kleiner als 25 Prozent, können 15 Prozent Dividendenbesteuerung anfallen. Die Bundesregierung will die Schwelle in ihrem Gesetzesentwurf auf 10 Prozent senken. Ergebnis: Für eine in Deutschland ansässige Gesellschaft oder Person mit Dividendeneinkünften aus Algerien genügt bereits eine 10-prozentige Beteiligung statt einer mindestens 25-prozentigen, um in den Genuss der niedrigeren Besteuerung zu kommen. Im Ausschuss hat die Bundesregierung dargestellt, dass das mittlerweile ein üblicher Wert sei. Aber nur weil etwas üblich ist, ist es noch nicht richtig. Mir ist nicht klar, warum die Bundesrepublik auf diese Besteuerungsmöglichkeiten verzichten sollte. Meines Erachtens verschärft Deutschland mit dieser Vorgehensweise nur den internationalen Steuerwettbewerb. Doppelbesteuerungsabkommen sind eine Möglichkeit für Deutschland, sich seine Steuereinnahmen im internationalen Steuerwettbewerb zu sichern. Das kann aber effektiv nur gelingen, wenn in den Abkommen die Anrechnungsmethode angewendet wird. Jeder Steuerpflichtige mit Wohnsitz im Inland ist dann mit seinem gesamten Welteinkommen inklusive Schenkungen und Erbschaften nach deutschen Maßstäben voll steuerpflichtig. Auf diese Weise würde sich die Verlagerung von Einkommen und Vermögen ins Ausland allein aus steuerlichen Gründen deutlich weniger lohnen. Im vorliegenden Abkommen hat die Bundesregierung erneut darauf verzichtet, die Anrechnungsmethode von Vornherein festzuschreiben. Sie hat sich lediglich eine Umschwenkklausel gesichert, die ohne Abkommensänderung einen Methodenwechsel erlaubt. Zunächst aber hält die Bundesregierung an der Freistellungsmethode fest. Das können wir nicht unterstützen. Eine positive Neuheit in diesem Abkommen sind hingegen die gegenseitigen Informationspflichten. Sie gehen über den im OECD-Musterabkommen vorgesehenen Rahmen hinaus und greifen damit jüngere OECD-Vorschläge auf. Sie erfassen auch Steuertatbestände, die es im anderen Staat nicht gibt. Das begrüßen wir. Hier gibt es eine sinnvolle Erweiterung des Musterabkommens, die neue Chancen der internationalen Zusammenarbeit ermöglichen. In einer Welt, in der Kapital praktisch ungehindert zirkulieren kann, müssen sich die Staaten gegenseitig Besteuerungsmöglichkeiten zusichern. Der Informationsaustausch ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, ebenso die Klausel, dass die Vertragsstaaten Informationsansuchen nicht ablehnen können, nur weil diese Informationen bei einer Bank oder einer anderen Finanzinstitution liegen. Dieser Vorteil wiegt den Nachteil, auf die im OECDAbkommen vorgesehene Besteuerung von Dividenden zu verzichten, und die Freistellungsmethode einmal mehr zu v k e s a g e S b D H w ß k D s h e t k d V A n h g S B e A h B H K d f s (C (D ereinbaren, nicht auf. Meine Fraktion stimmt diesem Abommenstext deshalb nicht zu, sondern enthält sich. Wir kommen zur Abstimmung. Der Finanzausschuss mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druckache 16/9786, den Gesetzentwurf der Bundesregierung uf Drucksache 16/9561 anzunehmen. Ich bitte diejenien, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu rheben. – Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich der timme enthalten? – Damit ist der Gesetzentwurf mit reiter Mehrheit bei einigen Enthaltungen angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Nešković, Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Keine Abschiebungen in das Kosovo – Drucksache 16/9143 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ie Reden der Kollegen Helmut Brandt, Rüdiger Veit, artfrid Wolff, Ulla Jelpke und Josef Philip Winkler erden zu Protokoll genommen. Die Fraktion Die Linke fordert in ihrem Entschlie ungsantrag die Bundesregierung auf, grundsätzlich eine Flüchtlinge, die aus dem Kosovo stammen und in eutschland leben, abzuschieben. Der Antrag ist insge amt zurückzuweisen. Ich werde die einzelnen Gründe ierfür noch darlegen. Zunächst jedoch erlauben Sie mir inige grundsätzliche Bemerkungen. Die Fraktion Die Linke versucht mit ihrem Antrag unerschwellig, das Kosovo nach der Unabhängigkeitserlärung mit Vorfällen aus der Vergangenheit in Misskreit zu bringen. So ist nicht nachvollziehbar, was der orfall vom März 2004, auf den in der Begründung der nträge hingewiesen wird, mit der jetzigen Situation ach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo zu tun at. In der weiteren Begründung sind dann Unterstellunen zu finden, die jeglichen Bezug zur Realität entbehren. o wird mit dem Antrag der Versuch unternommen, der undesrepublik Deutschland zu unterstellen, dass die inseitig erklärte Unabhängigkeit von ihr für verstärkte bschiebebemühungen genutzt würden. Anhaltspunkte ierfür bestehen nicht, sodass diese Behauptung ins laue hinein lediglich ein bezeichnendes Bild auf die altung der Fraktion Die Linke zur Unabhängigkeit des osovo wirft. Nun zu den einzelnen Forderungen: Die Linke möchte, ass der Deutsche Bundestag die Bundesregierung aufordert, sich gegenüber den Bundesländern für eine Ausetzung der Abschiebungen von Flüchtlingen aus dem Kosovo gemäß § 60 a Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes einzusetzen. Weder aus dem Antrag der Fraktion Die Linke noch aus den aktuellen Lageberichten ergibt sich aber ein hinreichender Anlass dafür, einen solchen generellen Abschiebestopp für das Kosovo zu empfehlen oder zu fordern. Der aktuelle Asyl-Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29. November 2007 besagt vielmehr, dass sich im Kosovo unter der UNMIK-Verwaltung demokratische Strukturen entwickeln und sich die Sicherheitslage nach den Unruhen im März 2004 weitgehend beruhigt hat. Sicher ist, dass man die Sicherheitslage noch nicht als stabil ansehen kann. Allerdings gibt es nach den vorliegenden Auskünften auch keinerlei Repressionen von staatlicher Seite, und zwar bereits seit dem Jahr 1999 nicht mehr. Weiterhin wird berichtet, dass auch Repressionen Dritter gegenüber ethnischen Minderheiten seit den Vorfällen im Jahr 2004 ständig abgenommen hätten. Fakt ist im Übrigen, dass UNMIK in jedem Einzelfall prüft, ob eine Person aus dem Kosovo stammt und überhaupt rückführbar ist. Für die Angehörigen der Gruppe der Roma wird noch immer ein besonderes Schutzbedürfnis gesehen und wird auch das UNHCR-Positionspapier vom Juni 2006 bis heute beachtet. Daher sind Personen, mit Ausnahme besonders schwerer Straftäter, faktisch nicht rückführbar, da UNMIK hierzu seine Zustimmung verweigert. Es besteht daher keinerlei Anlass anzunehmen, dass die Bundesrepublik Deutschland oder UNMIK ihrer Verpflichtung zur sorgfältigen Prüfung im Einzelfall von Abschiebungen nicht nachkommen würden. Darüber hinaus erscheint es in jedem Falle sinnvoll, abzuwarten, wie sich die Situation darstellt, wenn der Übergang der Kompetenzen von UNMIK auf die kosovarischen Behörden erfolgt ist. Dies ist derzeit aber noch nicht der Fall. Die Zahlen der tatsächlich zurückgeführten Kosovaren sprechen im Übrigen auch gegen den Antrag der Fraktion Die Linke. Im Jahr 2007 wurden lediglich 781 Kosovaren zurückgeführt, und im Jahr 2008 bis zum 30. April 2008 waren es 209 Personen. Schließlich ist zu diesem ersten Antragspunkt der Fraktion Die Linke noch zu sagen, dass der Präsident des Kosovo, Herr Sejdiu, in einem Schreiben an den Bundespräsidenten vom 17. Februar 2008 für das Kosovo eine wirksame Selbstverpflichtung auf die Einhaltung menschenrechtlicher Standards abgegeben hat. Insofern ist der Antrag zu Ziffer 1 der Fraktion Die Linke abzulehnen. Mit dem Antrag zu Ziffer 2 fordert die Fraktion Die Linke die Bundesregierung auf, den Bundesminister des Inneren zu beauftragen, sein Einverständnis gegenüber den Bundesländern für eine Aufenthaltsgewährung aus humanitären Gründen nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes für Mitglieder nationaler Minderheiten und andere schutzbedürftigen Personen aus dem Kosovo zu erklären und sich für eine entsprechende Regelung einzusetzen. Hierzu besteht keinerlei Veranlassung. Es sind überhaupt keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die für eine Besserstellung der kosovarischen Flüchtlinge gegenüber anderen in Deutschland sich aufhaltenden Flüchtlingen sprechen. Auch insoweit ist der Antrag mangels jeglicher Begründung zurückzuweisen. d s F l F l n n F g s n F w E W l r f s b n h d M d E r P s t k m b t A h F z g A z c r A s d m d Zu Protokoll ge (C (D Kommen wir schließlich zum dritten Antrag, nämlich as Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anzuweien, gewährte Asylbzw. Flüchtlingsanerkennungen von lüchtlingen aus dem Kosovo nicht zu widerrufen und aufende Widerrufsverfahren einzustellen. Hier wird zunächst eine merkwürdige Einstellung der raktion Die Linke zum rechtsstaatlichen Handeln deut ich. Ob Asylbzw. Flüchtlingsanerkennung von Persoen kosovarischer Herkunft widerrufen werden, liegt icht im Ermessen des Bundesamtes für Migration und lüchtlinge. Es handelt sich vielmehr um eine sogenannte ebundene Entscheidung. Nach der einschlägigen Vorchrift des § 73 Asylverfahrensgesetz sind die Anerkenung als Asylberechtigte und die Zuerkennung der lüchtlingseigenschaft dann unverzüglich zu widerrufen, enn die Voraussetzungen hierfür nicht mehr vorliegen. ine wie von der Fraktion Die Linke geforderte generelle eisung an das Bundesamt für Migration und Flücht inge, solche Widerrufsverfahren nicht mehr durchzufühen, würde die gesetzlich vorgeschriebene Einzelfallprüung unterminieren. Hierzu besteht kein Anlass. Zur Klarstellung möchte ich allerdings darauf hinweien, dass selbst bei einem erfolgten Widerruf dies nicht edeutet, dass mit einem solchen Widerruf der Verlust eies bestehenden Aufenthaltstitels für den Betroffenen einergeht. Diese Entscheidung obliegt vielmehr der zustänigen Ausländerbehörde und nicht dem Bundesamt für igration und Flüchtlinge. Zusammenfassend möchte ich daher sagen, dass die erzeitige Lage im Kosovo keinerlei Raum gibt für die mpfehlung eines Abschiebungsstopps. Eine Rückfühung des von der Fraktion Die Linke angesprochenen ersonenkreises findet derzeit wegen mangelnder Zutimmung von UNMIK bis auf besonders schwere Straftäer nicht statt. Anhaltspunkte dafür, dass die Selbstverpflichtung des osovarischen Präsidenten Sejdiu auf die Einhaltung enschenrechtlicher Standards nicht eingehalten wird, estehen nicht. Vielmehr ist abzuwarten, wie sich die Siuation entwickelt, wenn die kosovarischen Behörden die ufgaben von UNMIK im vollen Umfang übernommen aben. Schließlich ist dem Bundesamt für Migration und lüchtlinge das volle Vertrauen auszusprechen, die Einelfallprüfungen zum Widerruf von Anerkenntnissen ründlich und gewissenhaft durchzuführen. Irgendwelche nhaltspunkte dafür, dass die Prüfungen nicht der Geseteslage entsprechend geschehen, bestehen nicht. Sämtlihe Forderungen der Fraktion Die Linke sind daher zuückzuweisen. Der Antrag, den wir heute beraten, verfolgt folgendes nliegen: Wir sollen die Bundesregierung auffordern, ich gegenüber den Bundesländern für eine Aussetzung er Abschiebungen von Flüchtlingen aus dem Kosovo geäß § 60 a Abs. 1 AufenthG einzusetzen. In der Sorge um Minderheiten teile ich das Anliegen es Antrages. Ich teile indes nicht die Auffassung, dass Helmut Brandt gebene Reden ein genereller Abschiebestopp das richtige Mittel ist, um auf die gegenwärtige Situation im Kosovo zu reagieren. Die Lage einzelner Minderheiten ist nach wie vor unsicher. Das gilt vor allem für Roma, Ashkali und Ägypter. Als das Kosovo im Februar dieses Jahres die Unabhängigkeit ausrief, habe ich mit großer Sorge beobachtet, wie sich die Situation entwickeln würde. Zu diesem Zeitpunkt konnte niemand gewalttätige Übergriffe ausschließen. Und auch nach der Unabhängigkeitserklärung bleibt die Gesamtsituation unsicher. Allerdings hatten die Repressionen bereits zum Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung kontinuierlich abgenommen. Auch hat sich meine Befürchtung, es könne im Abschluss hieran zu Unruhen kommen, glücklicherweise nicht bewahrheitet. Menschenrechtsorganisationen haben über keine Zunahme gewalttätiger Übergriffe berichtet. Eine Eskalation der Art, dass ein genereller Abschiebestopp erforderlich scheint, kann ich daher nicht feststellen. Solange sich die Sicherheitslage aber nicht verschlechtert, ist die sorgfältige Einzelfallprüfung deshalb ein ausreichendes Mittel, um Schutz für die zu gewähren, denen Gefahr drohen kann. Das ändert jedoch nichts daran, dass wir die Lage nach wie vor kritisch beobachten müssen. Ich versichere Ihnen, dass Bundesregierung und SPD dies tun. Wir haben uns bereits im November mit den Verantwortlichen des Bundesministeriums des Innern über diese Frage ausgetauscht und werden dies weiter tun. Der Antrag ist daher abzulehnen. Hartfrid Wolff Die Linke unternimmt einen neuen Anlauf, das deut sche Ausländerrecht auszuhebeln. Diesmal soll das Kosovo als Notstandsgebiet dargestellt werden, in das Deutschland niemanden abschieben dürfe. Angesichts der bisherigen Anträge der Linken zum Thema Ausländerrecht ist ohnehin klar, dass die ganze Welt ein Notstandsgebiet ist, und die Not nur auf deutschem Boden zu heilen ist: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen – auf sozialistisch. Die Unabhängigkeit des Kosovo ist noch kein halbes Jahr alt. Die Linke, so können wir auf ihrer Netzseite lesen, hält die Unabhängigkeit des Kosovo für „völkerrechtswidrig“; denn – so heißt es dort – letztendlich ist die Unabhängigkeit des Kosovo das Ergebnis des Krieges der NATO gegen das damalige Jugoslawien und basiert dementsprechend auf einer gewaltsam herbeigeführten Grenzveränderung. Damit sind die jetzigen Entwicklungen eine direkte – zeitlich verzögerte – Folge des Krieges. Dass an einem solchen, gegen den strammen Sozialismus eines Milošević und seiner Epigonen gegründeten Staat kein gutes Haar gelassen werden kann, ist in der Linken-Logik klar. Deshalb muss natürlich aus Sicht der Linken sofort ein Abschiebestopp her für Menschen, die zwar kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben, aber vor „diesem“ Kosovo unbedingt zu schützen sind. Natürlich gibt es Probleme bei der inneren Ordnung des neugegründeten Staates. Aber die Linke will diese P r g g g c i s t w s s u B P u z d t N d s H n A s n s l v n l K d h u B h t I t n u A w l D m F M u h k Zu Protokoll ge (C (D robleme nicht lösen. Sie vergießt Krokodilstränen in ihem Antrag, wenn sie moniert, dass die KFOR-Truppen egen Ausschreitungen gegen Minderheiten nicht vorgeangen seien. Gleichzeitig hat sie sich selbst lauthals geen den Einsatz der Bundeswehr im Kosovo ausgesprohen. Das ist ein Widerspruch in sich, der nicht auflösbar st. Mir scheint, die Linke will das Kosovo in möglichst chlechtem Licht erscheinen lassen, sein staatliches Exisenzrecht und seine Legitimität in Abrede stellen, keinen irksamen Beitrag zur Problemlösung vor Ort leisten, chon gar nicht militärisch, das so systematisch untertützte Chaos zur Forderung nutzen, dieses nun möglichst mfassend noch zu einem innenpolitischen Problem der undesrepublik zu machen. Das ist keine Politik, das ist ropaganda unter dem Deckmantel der Humanität. Es ist nerträglich, dass die Linke auch den Holocaust heranieht, um ihre Chaosförderungspolitik zu begründen. Ein genereller Abschiebestopp, wie ihn die Linken forern, ist sachlich nicht angemessen. Gerade vor dem Hinergrund der Verantwortung für andere Fälle muss die otwendigkeit eines Abschiebestopps genau geprüft weren. Ein genereller Abschiebestopp ist ein politisches Intrument im Falle einer akuten Entwicklung, die rasches andeln erfordert. Dieses Instrument darf nicht inflatioär verwendet werden. Eine individuelle Prüfung, ob ein sylgrund vorliegt, bleibt ja nach wie vor nicht ausgechlossen. Eine darüber hinausgehende kollektive Ausahme von den ausländerrechtlichen Bestimmungen cheint kaum angemessen. Die Konflikte im Kosovo haben unzweifelhaft eine ange Entwicklung. Die Probleme beim Zusammenleben erschiedener Ethnien und verfeindeter Gruppen können icht auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland geöst werden. Stattdessen müssen wir helfen, dass diese onflikte im Kosovo beigelegt werden können. Wir tun as durch EULEX, der Rechtsstaatsmission der EU. Sie ilft, rechtsstaatliche Strukturen im Kosovo aufzubauen nd nachhaltig zu entwickeln. Wir tun das, indem wir dem undeswehreinsatz im Kosovo zugestimmt haben, der ilft, diese Entwicklung militärisch abzusichern. Es ist gerade die Linke, die das ständig und systemaisch zu torpedieren versucht. Ihr Antrag ist durchsichtig: hre Ideologie ist der Linken wichtiger als das langfrisige Wohl der Menschen. Der Antrag der Linken ist in seier mehrfachen Zielsetzung – der Destabilisierung des nabhängigen Kosovo, der Diffamierung der westlichen nerkennung desselben und auch bei der Infragestellung esentlicher Merkmale des bestehenden deutschen Aus änderrechts – allzu durchsichtig. Die FDP lehnt ihn ab. Mit dem vorliegenden Antrag verlangt die Fraktion ie Linke, keine Abschiebungen in den Kosovo vorzunehen und keine Widerrufsverfahren gegen anerkannte lüchtlinge durchzuführen. Der Versuch, nun massenhaft enschen aus dem Kosovo zur Rückkehr zu zwingen, ist nverantwortlich. Schon mehrfach hat meine Fraktion ier klargestellt, dass die Sezession des Kosovo ein völerrechtswidriger Akt ist. Es wird Sie nicht überraschen, Rüdiger Veit gebene Reden zu hören, dass das auch die Republik Serbien so sieht. Daher bestehen im mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo Doppelstrukturen bei der Polizei, im Bildungswesen und in anderen Bereichen fort. Zu welchen Spannungen das in den kommenden Jahren noch führen wird, ist jetzt noch gar nicht absehbar. In dieses Pulverfass Menschen abzuschieben, die mittlerweile seit Jahren hier leben, ist unverantwortlich. Ich will aber auch begründen, warum gerade Deutschland von diesen Abschiebungen absehen sollte. Entscheidungen in Deutschland über die Abschiebung von Minderheitenangehörigen in den Kosovo haben Leitbildfunktion auch für andere Staaten. Von den geschätzten 100 000 Menschen aus dem Kosovo, die außerhalb ihres Landes leben, befinden sich zirka 53 000 in Deutschland. Davon sind nach Schätzungen des UNHCR vom Januar 2007 24 000 Roma, 8 200 Ashkali und 1 800 KosovoÄgypter. Dazu kommen noch Serben und Kosovo-Albaner, die in ihren Herkunftsorten die Minderheit bilden. Diese Menschen leben fast alle im Status der Duldung, da keine Bundesregierung ihnen einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland ermöglichen wollte. Fast ein Drittel – 896 – aller in den Kosovo Abgeschobenen – 3 125 insgesamt – kamen 2007 aus Deutschland. Nach einer Abschiebung in den Kosovo droht den Betroffenen nun auch noch, staatenlos zu werden. Der UNHCR stellt in seinem Arbeitsprogramm für 2008/2009 fest, dass Staatenlosigkeit besonders Roma, Ashkali und Kosovo-Ägypter droht, weil sie aufgrund ihrer sozialen Ausgrenzung schon in früheren Jahren Schwierigkeiten hatten, sich registrieren zu lassen. Nach Schätzungen des UNHCR von Mitte 2006 sind 20 Prozent der Minderheitenangehörigen nicht registriert, und das über Generationen hinweg. Sie sind bereits heute vom Zugang zu sozialer Sicherung, Gesundheitsversorgung und Schulbildung ausgeschlossen. Ihnen droht bei Abschiebung die Obdachlosigkeit und weitere Marginalisierung. Die soziale Situation im Kosovo ist insgesamt weiterhin schlecht, für die Minderheiten katastrophal. Der UNOmbudsmann für den Kosovo berichtet für 2007, dass Minderheiten keinen Zugang zum regulären kosovarischen Arbeitsmarkt haben. 70 Prozent der Serben sind arbeitslos, in den Siedlungen von Rückkehrern liegt die Arbeitslosigkeit teilweise bei 100 Prozent. Noch mehr Rückkehrer werden die Situation noch weiter verschärfen. Doch den Abgeschobenen wie den freiwilligen Rückkehrern droht nicht nur der Ausschluss von wesentlichen politischen und sozialen Rechten. Dazu kommt noch der manifeste ethnische Hass der Mehrheitsbevölkerung. Selbst bei Vorzeigeprojekten von Wiederansiedlung können die Rückkehrer nicht in ihren Dörfern einkaufen – sie werden in andere Dörfer gefahren. Dabei werden die Transportbusse regelmäßig mit Steinen beworfen. Weiterhin gibt es vereinzelt auch bewaffnete Angriffe auf Minderheitenangehörige. Ich will am Schluss noch auf eine mögliche Konsequenz hinweisen, die Abschiebungen in den Kosovo haben können. Der UN-Ombudsmann für das Kosovo schreibt in seinem siebten Jahresbericht: „In vielen Fäl l M z i s E N m d s a H T D g I R k s b a R k E s h s f P n s h m h d G u i d v w f s d g u U p l Zu Protokoll ge (C (D en werden [die Abgeschobenen] mit allen notwendigen itteln versuchen, in ihre ehemaligen Aufnahmestaaten urückzukehren.“ Mit anderen Worten: Wer Flüchtlinge n den Kosovo abschiebt, treibt sie in die Arme von Menchenhändlern und Schleppern und erzeugt damit neues lend und neue Unsicherheit. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(4) Ersucht ein Vertragsstaat gemäß diesem Artikel


(5) Absatz 3 ist in keinem Fall so auszulegen, als

Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1617238000




(A) )


(B) )

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617238100
Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617238200







(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617238300
Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1617238400

(A) )


(B) )

Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1617238500




(A) )


(B) )

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617238600




(A) )


(B) )

Die Stabilisierung der kosovarischen Institutionen

uss aus meiner Sicht so kurz nach der Unabhängigkeit
as wichtigste Ziel sein. Die Stabilisierung der kosovari-
chen Institutionen benötigt Zeit und die notwendige,
ber weiterhin durch Russland und Serbien behinderte
ilfestellung durch EULEX. Da trägt die Abschiebung

ausender Angehöriger ethnischer Minderheiten aus
eutschland nicht zur Entspannung bei und schafft ein
roßes Risiko der Destabilisierung.

Es gibt nach wie vor im Kosovo keine Aufnahme- und
ntegrationskapazität für Minderheiten, Kranke oder
ückkehrer, die mittellos sind. Es gibt für Abgeschobene
einerlei Unterstützung im Kosovo, weder von kosovari-
chen noch von internationalen Institutionen. Abgescho-
ene Flüchtlinge sind völlig auf sich selbst gestellt bzw.
uf Unterstützung aus dem Familienverbund angewiesen.
oma und andere ethnische Minderheiten haben häufig
eine Unterkunftsmöglichkeit und finden keine Arbeit etc.
s gibt keine nachhaltige Verbesserung der medizini-
chen Versorgungslage gerade im Bereich der Traumabe-
andlung, worauf auch zahlreiche Experten und die zu-
tändigen Behörden immer wieder hinweisen. Daher
inde ich das Grundanliegen des vorliegenden Antrags im
rinzip richtig.

Die Forderungen der Fraktion Die Linke im Einzel-
en:

Die Forderung nach einem generellen Abschiebungs-
topp für Flüchtlinge aus dem Kosovo, die keinen Aufent-
altstitel haben, also auch für alle ethnischen Albaner, ist
ir zu weitgehend.

Die zweite Forderung nach der Erteilung einer Aufent-
altserlaubnis für ethnische Minderheiten teile ich aus-
rücklich. Ähnliches hatte die Fraktion Bündnis 90/Die
rünen schon mehrfach gefordert. Es geht insbesondere
m Roma, Serben und Albaner aus Gebieten im Kosovo,
n denen sie eine Minderheit darstellen, zum Beispiel in
er Stadt Nord-Mitrovica.

Auch die Beendigung bzw. Einstellung von Widerrufs-
erfahren gegenüber Flüchtlingen aus dem Kosovo teilen
ir prinzipiell. In der Sache sind die Widerrufsverfahren

ür Kosovaren allerdings schon weitgehend abgeschlos-
en.

In der Begründung des Antrags wird meines Erachtens
er Schwerpunkt zu sehr auf die instabile Sicherheitslage
elegt. Es geht doch im Kosovo zurzeit primär vielmehr
m fehlende wirtschaftliche Möglichkeiten und soziale
nterstützung und damit um eine mangelhafte Lebens-
erspektive für Angehörige von Minderheiten. Schließ-
ich: Den Hinweis auf die geschichtliche Verantwortung




Ulla Jelpke
gebene Reden






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler
gegenüber Roma und Sinti finde ich in diesem Zusam-
menhang unpassend.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit daran erinnern,
dass die Bundesregierung den Vorschlag des Sonderge-
sandten des UN-Generalsekretärs für den zukünftigen
Kosovo, Martti Ahtisaari, unterstützt hat. Herr Ahtisaari
hat unmissverständlich deutlich gemacht, dass eine Rück-
kehr ins Kosovo nur freiwillig erfolgen sollte. Im Annex
zu seinem Bericht an den UN-Sicherheitsrat vom
26. März 2007 wird dies klar. Es ist sehr bedauerlich,
dass sich die Bundesländer der Umsetzung dieser Emp-
fehlung nicht verpflichtet fühlen.

Mein Fazit: Das Grundanliegen des Antrags ist zu un-
terstützen, die Begründung ist abzulehnen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617238700

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

der Drucksache 16/9143 an die ausgewiesenen Aus-
schüsse vorgeschlagen. – Hierzu stelle ich Einverneh-
men fest.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 30 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Kai
Gehring, Britta Haßelmann, Ekin Deligöz, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Aktives Wahlalter bei Bundestagswahlen auf
16 Jahre absenken

– Drucksache 16/6647 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Hier werden die Reden von Stephan Mayer, Jürgen
Kucharczyk, Gisela Piltz, Petra Pau und Kai Gehring zu
Protokoll genommen.


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1617238800

Die Diskussion über die „richtige“ Altersgrenze für

das aktive Wahlrecht bei den Wahlen zum Deutschen Bun-
destag ist keineswegs neu. Der Deutsche Bundestag hat
sich damit beispielsweise in der 14. Wahlperiode aus-
einandergesetzt, als die damalige PDS eine Absenkung
auf 16 Jahre gefordert hat. Damals wurde das Petitum
abgelehnt. Heute wärmen die Grünen diese Thematik
wieder auf. Die Argumente, die sie anführen, sind alle-
samt gut bekannt. Ich halte sie nach wie vor für nicht
durchschlagend.

Die Grünen sagen, es würde ihnen um die Erweiterung
der demokratischen Teilhabe der Jugendlichen gehen.
Dies greift die altbekannte Kritik auf, wonach die 16- und
17-Jährigen im geltenden Bundeswahlrecht von demo-
kratischen Teilhaberechten ausgeschlossen wären. Dies
ist eine sehr vordergründige Argumentation, die nicht
trägt. Richtig ist, dass das aktive und passive Wahlrecht
ganz zentrale und entscheidende Elemente der Demokra-
tie sind. Das ist völlig selbstverständlich und wird von
niemandem bestritten. Aber genauso anerkannt und un-
bestritten ist auch, dass es bestimmte zwingende Gründe

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(C (D afür geben kann, das Wahlrecht für bestimmte Persoengruppen auszuschließen. Das ist vom Bundesverfasungsgericht anerkannt. Wohlgemerkt, es müssen zwinende Gründe sein. Der entscheidende Gesichtspunkt ist in diesem Zusamenhang die Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit un erer Rechtsordnung. Die Altersgrenze für das aktive und assive Wahlrecht bei der Wahl zum Deutschen Bundesag ist heute identisch mit der Altersgrenze der Volljähigkeit. Dies ist ein schlüssiges und stimmiges Gesamtonzept, an dem wir festhalten sollten. Die Volljährigkeit st die Altersgrenze, an der die unbeschränkte Geschäftsähigkeit des bürgerlichen Rechts anknüpft. Das bedeutet, or Eintritt der Volljährigkeit werden junge Menschen or negativen Folgen ihres eigenen Handelns geschützt, ndem die Rechtsordnung nur die rechtlich vorteilhaften onsequenzen dieses Handelns gegen den jungen Men chen gelten lässt. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass er Jugendliche in seiner persönlichen Reife und Urteilsähigkeit in aller Regel noch nicht so weit entwickelt ist, ass er für alle Folgen seines Tuns verantwortlich sein ollte. Mit welchem Argument aber wollen Sie jemandem, em man im Zivilrecht nicht einmal zumutet, die – nacheiligen – Konsequenzen seiner Handlungen für sich elbst zu tragen, die Verantwortung für politische Entcheidungen aufbürden, die die Grundlagen unseres Geeinwesens und damit auch alle anderen Einwohner die es Landes betreffen? Wer das will, müsste auch bereit ein, die Altersgrenze der Volljährigkeit auf 16 Jahre abusenken, eine Forderung, die – so hoffe ich zumindest – icht allzu viele ernsthaft hier erheben würden. Die Übereinstimmung zwischen Volljährigkeit und akivem Wahlrecht ist richtig. Wer als Erwachsener persöniche Selbstbestimmung – siehe bürgerliches Recht – ausben kann, der soll auch aktiv Einfluss auf die usammensetzung der demokratischen Vertretungsorane ausüben können. Dahinter steht letztlich die Einicht, dass die Ausübung des Wahlrechts einen rationalen kt der Entscheidung voraussetzt. Vorausgesetzt wird, it anderen Worten, die Fähigkeit zur selbstständigen nd rational begründeten politischen Willensentschlieung und Willensbildung. Ich zitiere hier den Staatsrechter Michael Kloepfer aus dem Standardwerk „Handbuch es Staatsrechts in der Bundesrepublik Deutschland“ von sensee/Kirchhof. Er sagt, dass es ein Grundanliegen von emokratie und Verfassungsstaatlichkeit ist, dass Herr chaft und Staatsgewalt nicht willkürlich, sondern ratioal ausgeübt werden. Das setzt die Fähigkeit zur rationaen Willensentschließung und Willensbildung bei der usübung des Wahlrechts und somit ein hinreichendes aß an persönlicher Reife voraus. Es greift deshalb zu kurz, wenn die Antragsteller saen, dass jede Wahlaltersgrenze politisch festzulegen ist. as mag auf den ersten Blick zutreffen, es heißt aber icht, dass diese Festlegung willkürlich sein darf. Im Geenteil: Die Wahlaltersgrenze muss sich in die Gesamteit der Rechtsordnung auf überzeugende Art und Weise infügen, da es beim Wahlrecht um ein absolutes Kernlement der Demokratie geht. Deshalb muss das aktive Wahlrecht ein Mindestmaß an persönlicher Reife voraussetzen, und hierfür bietet die Altersgrenze von 18 Jahren, die der Volljährigkeit entspricht, den richtigen Anknüpfungspunkt. So sehen es im Übrigen auch die allermeisten EU-Mitgliedstaaten oder auch die USA, Kanada oder Australien. Ich darf kurz an die anderen wesentlichen Rechtsfolgen erinnern, die mit dem Eintritt der Volljährigkeit verbunden sind. Das Recht der elterlichen Sorge endet mit der Volljährigkeit, § 1626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch. Die Ehemündigkeit ist an die Volljährigkeit geknüpft, § 1303 Abs. 1 BGB. Gleiches gilt für die unbeschränkte Testierfähigkeit, § 2229 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch, oder die Prozessfähigkeit, § 52 Zivilprozessordnung. Richtig ist zwar, dass von der Ehemündigkeit auf Antrag eine Ausnahme erteilt werden kann, dies dürfte aber in der Praxis nur in wenigen Fällen von Interesse sein. Auch die Wehrpflicht ist im Übrigen an das Erreichen der Volljährigkeit geknüpft. Diese Regelungen, insbesondere aus dem Zivilrecht, bestätigen noch einmal, dass unsere Rechtsordnung aus gutem Grund in praktisch allen wichtigen Lebensbereichen, in denen es um mögliche nachteilige Folgen rechtlicher Handlungen geht, davon ausgeht, dass die notwendige persönliche Reife erst mit Eintritt der Volljährigkeit gegeben ist. Diese Überlegungen gelten – übertragen auf das Gemeinwesen – weitestgehend auch für die Ausübung der Staatsgewalt durch Wahlen in Gestalt des aktiven und des passiven Wahlrechts. Im Übrigen würde der Antrag der Grünen auch zu einem Auseinanderfallen zwischen den Altersgrenzen beim aktiven und passiven Wahlrecht führen. Auch dies ist nicht schlüssig und nicht einzusehen. Auch der immer wieder, wenn auch nicht im Antrag der Grünen, angeführte Vergleich mit der Religionsmündigkeit – also dem Recht des Kindes, über seine Religionszugehörigkeit zu entscheiden –, die mit 14 Jahren eintritt, hinkt gewaltig. Bei der Religionsmündigkeit geht es um höchstpersönliche, innere Fragen des Glaubens, der Gedankenund der Gewissensfreiheit. Beim Wahlrecht geht es dagegen um ein Recht mit größtmöglicher Auswirkung auf die Allgemeinheit. Schon deshalb ist ein Vergleich zwischen den beiden Sachverhalten völlig neben der Sache und bringt keinerlei neue Erkenntnisse. Das zweite Argument der Grünen ist, dass die Absenkung des Wahlalters als Reaktion auf den demografischen Wandel notwendig wäre. Junge Menschen würden in unserer Gesellschaft immer mehr zur Minderheit, deshalb solle durch die Wahlrechtsabsenkung eine bessere politische Berücksichtigung der Interessen der jungen Menschen erreicht werden. Dieser Gedanke unterstellt geradezu, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestags gewissermaßen Auftragnehmer bestimmter Wähleroder Interessengruppen wären. Das Grundgesetz hat aber ein ganz anderes Modell: Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, also nicht nur etwa einer bestimmten Altersgruppe. Es liegt in der Verantwortung der Abgeordneten, bei ihren politischen Entscheidungen die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger im Auge zu haben. Abgeordnete und generell Po l i J l u l m z A s k g l r G n n d V m w v n s e P d d d h s s s k d d G v s g i T s D s e M V b a A d d d l r w g G Zu Protokoll ge (C (D itiker sind aufgerufen, die Interessen der Allgemeinheit m Auge zu haben, somit die Interessen der Kinder und ugendlichen genauso wie die Interessen anderer Wähergruppen. Ich halte es für wichtig, dass Abgeordnete nd Politiker den Kontakt und das Gespräch mit Jugendichen suchen und die Anliegen, die von Jugendlichen foruliert werden, ernst nehmen und aufnehmen. Das ist ielführender als eine Diskussion über die Absenkung von ltersgrenzen im Wahlrecht. Das dritte Argument der Grünen lautet, dass die Abenkung der Altersgrenze ein Anstoß für Jugendliche sein ann, sich für Politik zu interessieren, sich politisch zu enagieren und Mitverantwortung zu übernehmen. Letztich steckt dahinter die Annahme, dass das aktive Wahlecht auch das Interesse an der Politik befördert. Dieser edanke scheint wohlfeil zu sein. Dennoch halte ich es icht für eine ausgemachte Sache, dass der von den Grüen behauptete Zusammenhang besteht. Ich denke nicht, ass man Interesse an politischen Zusammenhängen und erständnis für Politik gleichsam verordnen kann, indem an das aktive Wahlrecht verleiht. Wahlrecht alleine eckt noch kein Interesse an der Politik, sonst gäbe es ermutlich kaum Nichtwähler. Wesentlich wichtiger ist es ach meiner Überzeugung, dass Politiker das offene Gepräch mit jungen Menschen suchen, wo und wann immer s möglich ist. Wichtig ist ferner – und in diesem einzigen unkt teile ich die Position des Antrags ausnahmsweise –, ass die politische Bildung in den Schulen und außerhalb er Schulen einen wichtigen Platz einnimmt. Dies sind ie Mittel, um jungen Menschen politische Zusammenänge näherzubringen und sie vielleicht sogar für politiches Engagement zu begeistern. Das vierte Argument der Grünen lautet, Jugendliche eien heute in einem wesentlich früheren Lebensalter elbstständig, ihre soziale und intellektuelle Urteilsfähigeit entwickele sich in einem jüngeren Lebensalter, als ies noch bei früheren Generationen der Fall war. Auch ies halte ich für sehr zweifelhaft. Zum einen führen die rünen hierfür keine belastbaren Erkenntnisse an. Die iel zitierte „frühere Reife“ bleibt letztlich eine unbewieene Behauptung oder letztlich eine Ansichtssache. Es ibt meines Erachtens sogar gewisse Gesichtspunkte, die n die entgegengesetzte Richtung deuten. So ist es eine atsache, dass die Phase der Berufsausbildung heute weentlich länger dauert als noch vor einigen Jahrzehnten. amit hängen auch andere Dinge zusammen: Die Men chen heiraten später, gründen zum Teil deutlich später ine Familie als noch in früheren Generationen. Die enschen werden damit oft später in feste Pflichtenund erantwortungszusammenhänge eingebunden, als dies ei früheren Generationen der Fall war. Das bedeutet ber: Das Wahlrecht wird heute mit 18 Jahren in einem lter gewährt, das für die meisten Wahlberechtigten noch eutlich vor der Gründung einer eigenen Familie und vor em Ende der Berufsausbildung liegt. Das bedeutet, dass ie Menschen bereits wählen können, obwohl sie noch ange nicht voll eigenverantwortlich ihr eigenes familiäes und berufliches Leben gestalten können. Damit ererben sie ihr aktives Wahlrecht heute in einer verleichsweise früheren Lebensphase, als dies bei früheren enerationen der Fall war. Ich möchte dies hier nicht bis Stephan Mayer gebene Reden ins letzte Detail diskutieren. Aber es ist unbestreitbar, dass das von den Grünen heraufbeschworene angebliche „frühere Heranreifen“ keineswegs so eindeutig festgestellt werden kann, wie dies im Antrag behauptet wird. Es bleibt letztlich festzustellen: Es fehlen seriöse, fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse zur Frage, mit welchem Alter die politische Urteilsfähigkeit einsetzt. Die von den Grünen behauptete zeitliche Verlagerung nach vorne bleibt eine bloße Behauptung. Wir werden den Antrag der Grünen selbstverständlich im Innenausschuss sorgfältig beraten und uns mit dem Für und Wider auseinandersetzen. Ich kann aber keinerlei Argumente erkennen, die es rechtfertigen würden, die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre herabzusetzen. Ich meine, alle Gesichtspunkte sprechen dafür, die Altersgrenze bei 18 Jahren zu belassen und damit den Gleichklang zwischen dem aktiven Wahlrecht und der Volljährigkeit beizubehalten. Die demokratische Wahl ist für die Willensbildung im Staat der entscheidende Akt. Das Wahlrecht beinhaltet eine Verantwortung, die man Jugendlichen sonst nicht zumutet. Selbstverständlich habe junge Menschen ein Recht auf ein ausgewogenes Verhältnis von Rechten und Pflichten. Es ist auch richtig, dass Jugendliche bereits wichtige, ihr Leben betreffende, Entscheidungen fällen. 16-Jährige sind nach dem Gesetz aber nur beschränkt geschäftsfähig, ihre Eltern haften für sie. Die hinreichende persönliche Reife und Urteilsfähigkeit, eine bewusste und vernunftgeleitete Wahlentscheidung zu treffen, ist sicherlich mit 16 Jahren auf einem guten Weg, aber auch noch in der Bildungsphase. Das politische Interesse oder die bloße Fähigkeit Einzelner, politisch differenziert zu beobachten, kann für sich genommen nicht das allgemeinverbindliche Recht begründen, Politik verantwortlich mitzugestalten. Diese Form der Partizipation löst unsere gesellschaftlichen Probleme nicht. Die Beteiligung der Jugendlichen am Urnengang über die Kommunalwahlen hinaus wird die Politikverdrossenheit eines großen Teils der Bevölkerung nicht lindern. Die Zahlen und Daten aus den Bundesländern sprechen eine deutliche Sprache: Der Anteil 16bis 18-Jähriger, die von einer Absenkung direkt betroffen wären, liegt lediglich zwischen 2 und 4 Prozent. Die politische Partizipation von Jugendlichen können und müssen wir auf anderem Wege fördern. Deshalb lehne ich den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, das Wahlalter auf 16 Jahre abzusenken, ab. Ich unterstütze ausdrücklich die bereits bestehenden Projekte unter der Schirmherrschaft des Familienministeriums, die sich im „Aktionsprogramm für mehr Jugendbeteiligung“ bündeln. Es ist wichtig und richtig, dass bewährte Projekte weiter gefördert und neue initiiert werden. g g s e j d m v r d G E d G m s r r r d n D z d a a t D a r w n a s E B u W v D s d g z o e a Zu Protokoll ge (C (D Denn es leuchtet ein, den Bereich der Kinderund Juendbeteiligung innovativ und flexibel zu gestalten. Mit dem Programm „Europäischer Pakt für die Juend“ stellen wir uns den Herausforderungen, die einer tärkeren Beteiligung der Jugendlichen unter anderem ntgegenstehen: Aktives Staatsbürgertum und die soziale Entwicklung unger Menschen in den Mitgliedstaaten unterstützen wir urch gezielte Projekte – von kommunalen Jugendparlaenten bis zum Europäischen Jugendforum, dem Dach erband europäischer Jugendorganisationen. Damit investieren wir nicht nur in die individuelle beufliche wie gesellschaftliche Zukunft der Jugend, sonern letztlich in die Zukunft der gesamten europäischen emeinschaft. Wir alle unterstützen das politische und soziale ngagement von Kindern und Jugendlichen und wollen, ass sie die aktive Beteiligung an der Demokratie und am emeinwesen ernst nehmen. Dies geschieht am besten it örtlichem Bezug wie beispielsweise in den Jugend tadträten. Soziale Verantwortung und Solidarität mit Schwächeen entsteht durch Teilhabe und Bildung. Wir müssen gaantieren, dass alle Schüler einen Zugang zu der Fördeung bekommen, die sie benötigen, um sich selbst aktiv in ie Gesellschaft einzubringen. Seit den 80er-Jahren sinkt die Wahlbeteiligung konti uierlich ab. Kritiker bezeichnen das Wahlsystem in eutschland als unverständlich, intransparent und parti ipationsfeindlich. Neben vielen anderen Vorschlägen zur Verbesserung es Wahlsystems wird auch die Herabsetzung des Wahllters diskutiert. In vielen Kommunen gibt es bereits ein ktives Kommunalwahlrecht ab 16 Jahren. In diesem Aler besteht bei Schülern ein großes Interesse an Politik. ie Ausweitung von Partizipationsmöglichkeiten auch uf Jugendliche ist ein richtiger Schritt. Durch die Heabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Bundestagsahlen wird die Politikverdrossenheit alleine jedoch icht beseitigt werden. Dafür ist schon ein ganzes Bündel n Maßnahmen notwendig, wie zum Beispiel auch die chon hier im Hause diskutierten plebiszitären Elemente. ine Beteiligung von Jugendlichen unter 18 Jahren an undestagswahlen alleine wird die Abkehr von Parteien nd das Desinteresse an der Politik nicht stoppen. „Wer ahlen als Aufputschmittel für Jugendliche betrachtet, erwechselt sie mit Coca Cola“, so hat es Herr Professor r. Gerd Roellecke nicht ganz unzutreffend in seinem Auf atz – NJW 1996, 2773 – auf den Punkt gebracht. Die Senkung des Wahlalters ist auch in der Begrünung nicht konsequent durchdacht. Sich an Entscheidunen zu beteiligen, heißt auch die Konsequenzen für etwas u tragen und für die Folgen einzustehen. Konsequenzen der die volle Verantwortung werden in der Regel aber rst mit der Volljährigkeit getragen. Erst dann kann man lleine Kaufverträge abschließen oder für Schäden haf Stephan Mayer gebene Reden ten, ohne auf die Eltern zu verweisen. Zwar wurde auch 1970 das Wahlalter auf 18 Jahre gesenkt, ohne zunächst das damalige Volljährigkeitsalter von 21 Jahren zu senken. Die spätere Angleichung bzw. Absenkung des Volljährigkeitsalter – fünf Jahre später – zeigt aber: Volljährigkeit und Wahlalter gehen Hand in Hand und gehören zusammen. Es ist richtig, dass auch Jugendliche in der Lage sind, politische Zusammenhänge zu erfassen, zu durchschauen und sich kritisch mit Themen auseinanderzusetzen. Ebenso ist es richtig, dass es auch Erwachsene gibt, die nicht alle politischen Zusammenhänge durchschauen. Die Volljährigkeit ist aber Drehund Angelpunkt von Rechten und Pflichten. Sie markiert den Zeitpunkt, wo ein junger Mensch vollständig für sich Verantwortung übernimmt. Zu diesem Zeitpunkt ist man auch zivilund strafrechtlich verantwortlich. Und auch das Wahlalter zum Europäischen Parlament beträgt 18 Jahre. Die Senkung des Wahlalters alleine wäre daher nur eine halbe Sache. Es gibt auch kein Wählen um des Wählens willen. Wahlen sind Ausdruck unseres demokratischen Rechtsstaates. Wahlen sind auch ein Ausdruck der politischen Verantwortung nicht für sich selbst, sondern vor allem für die Allgemeinheit. Und die mögliche Senkung des Wahlalters löst unter den betroffenen Jugendlichen selbst ein höchst unterschiedliches Echo aus. Nicht alle sind von dieser Absenkung begeistert, weil sie um die große Verantwortung wissen. Auch die auf kommunaler Ebene teilweise abgesenkte Wahlaltersgrenze kann für die Absenkung der Altersgrenze bei Bundestagswahlen als Argument nicht herhalten. Bundestagswahlen sind hinsichtlich der Altersgrenze auch nur begrenzt mit Kommunalwahlen vergleichbar. Kommunalwahlen weisen nämlich einen starken Ortsbezug auf. Um Jugendlichen politische Prozesse näher zu bringen und Politikverdrossenheit abzubauen, müssen andere, attraktivere Angebote gemacht und bestehende Angebote verbessert werden. Alle Parteien verzeichnen einen Mitgliederschwund. Und trotz der Vielzahl an Jugendlichen, die sich bei Vereinen, in Verbänden oder bei Initiativen engagieren, wäre eine noch höhere Beteiligung wünschenswert. Wir Liberale halten Jugendparlamente, die von den Schulen oder der Stadt organisiert werden, für einen guten Weg, demokratische Prozesse auch vor Erreichen der Volljährigkeitsgrenze zu erlernen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt, das aktive Wahlalter bei Bundestagswahlen von bisher 18 Jahren auf künftig 16 Jahre zu senken. Dem werden wir zustimmen. Denn die Senkung des Wahlalters auch auf Bundesebene gehört zum Gesamtpaket der Linken für mehr Demokratie. Damit könnte ich meine Rede auch schon wieder beenden. Aber es hat in den vergangenen Wochen ein paar Äußerungen zum Thema Menschenrechte, Demokratie und Wahlrecht gegeben, die ich für Die Linke nicht unwi d d H d s p r s h u n u k r V F n J g f z L r r f s V m E e f z h w d d b H a b r z v n m W P Zu Protokoll ge (C (D ersprochen lassen will, auch nicht im Deutschen Bunestag. So warnte zum Beispiel Altbundespräsident Roman erzog vor einer „Rentner-Demokratie“, weil die Zahl er Alten zu und die Zahl der Jungen abnehme. Und er prach von der Gefahr, dass die Alten die Jungen auslündern könnten. Ich finde: Das grenzte schon an Senioenrassismus. Der Anlass für seine Auslassungen war übrigens aburd. CDU/CSU und die SPD, also die Große Koalition, atten sich auf eine außerplanmäßige Rentenerhöhung m 1,1 Prozent geeinigt. Was bei den steigenden Preisen ichts anderes bedeutet als einen realen Rentenverlust m 2 Prozent. Der reale Rentenverlust aber war für Roman Herzog ein Thema. Übrigens auch nicht, dass dieselben Rentneinnen und Rentner den Scheingewinn in zwei Jahren mit erlusten zurückzahlen müssen. Herzog eröffnete die ront: Jung gegen Alt. Genau das aber wird die Linke icht mitmachen. Vordem wollte schon der damalige Vorsitzende der ungen Union, Herr Mißfelder, die Gesundheitsversorung für Seniorinnen und Senioren kappen, weil sie sich inanziell nicht mehr rechne. Und danach ging der Vorsitende des CDU-nahen Studentenverbandes RCDS, Herr udewig, noch weiter. Er wollte das Wahlrecht für Senioinnen und Senioren ebenso beschränken wie das Wahlecht für Arbeitslose. Und da frage ich mich schon: Was ür ein Menschenbild und Demokratieverständnis grasiert da inmitten der Christlich Demokratischen Union? orwärts ins 15. Jahrhundert? Das alles ist weder mit dem Gebot der Schöpfung noch it der unantastbaren Würde aller Menschen vereinbar. s widerspricht auch dem Grundgesetz. Und so zeigt sich rneut: Die Union ist fix dabei, andere als Verfassungseinde abzustempeln. Aber sie übersieht den tiefschwaren Balken im eigenen Auge. Richtig ist: Durch die demografische Entwicklung eralten die Stimmen der Älteren zahlenmäßig mehr Geicht als die Stimmen der Jüngeren. Völlig falsch aber ist, araus zu folgern, dass sich die Älteren deshalb zulasten er Jüngeren bereichern wollen. Das ist schlicht eine öse Unterstellung. Ich habe bereits nach dieser Entgleisung von Roman erzog gesagt: Nur weil Menschen heute älter werden ls früher, darf man sie nicht ihrer Bürgerrechte berauen. Das darf man überhaupt nicht. Viel klüger und weiteichender wäre es stattdessen, das Wahlalter für Jüngere u senken. Dafür ist Die Linke. Das wäre mehr Demokratie und nicht weniger. Und ielleicht hilft der SPD bei alledem ihr Langzeitgedächtis. Denn Willy Brandt wurde mit dem Slogan „mehr Deokratie wagen“ dereinst Kanzler. Sagen sie also Ja zum ahlalter mit 16 Jahren und sie hätten endlich wieder ein ositivthema auf ihrer Seite. Gisela Piltz gebene Reden Wir wollen, dass Jugendliche ab dem 16. Lebensjahr an Bundestagswahlen teilnehmen und somit künftig früher Wahlentscheidungen treffen können. Es geht uns darum, endlich früher Demokratie zu wagen, wie es vor kurzem unser Nachbar Österreich vorgemacht hat. Mit unserem Antrag und dieser Debatte wollen wir erneut für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre um parlamentarische Mehrheiten werben. Uns Grünen ist es ein zentrales demokratieund jugendpolitisches Anliegen, 16und 17-jährigen Jugendlichen das aktive Wahlrecht zu eröffnen und sie nicht länger von der Wahlurne fernzuhalten. Dafür sprechen zwei Kernargumente: erstens die demografische Schrumpfung und Alterung der Gesellschaft und zweitens unser Vertrauen in die Urteilskraft und Reife der Jugendlichen. Zum Demografieargument: Wer in einer schrumpfenden und alternden Gesellschaft einen fairen Interessenausgleich zwischen den Generationen gewährleisten will, darf Jugendliche vom Wahlrecht nicht länger ausschließen, sondern muss deren demokratische Beteiligung auch auf diese Weise sichern. Denn: Jugendliche werden immer mehr zur gesellschaftlichen Minderheit. Bereits in zwei Jahren werden erstmals weniger Jugendliche unter 20 als ältere Menschen über 65 Jahre in Deutschland leben. 2050 wird die Zahl der Älteren schließlich fast doppelt so hoch sein wie die der Jüngeren. Bereits heute zeigt sich der ungute Trend, dass die Interessen der jüngeren Generationen vernachlässigt werden. Dies dürfte sich angesichts der demografischen Alterung weiter verschärfen. Dabei wirken sich zentrale politische Entscheidungen vom Klimaschutz über Sozialund Ausbildungssysteme bis hin zur Staatsverschuldung auf die jüngeren und künftigen Generationen besonders stark aus. Anstatt nachhaltig und generationengerecht zu handeln, werden dabei immer wieder Belastungen in die Zukunft verschoben. Das großkoalitionäre, rein wahltaktische Herumdoktern an der Rentenformel ist nur das jüngste Negativbeispiel dafür. Eine Wahlalterabsenkung wäre ein gutes Mittel dagegen, vor allem aber ein wichtiges Signal des Bundestages und der gesamten Gesellschaft an die junge Generation: Wir wollen euch mit euren Sichtweisen ernst nehmen, wir wollen euch „auf gleicher Augenhöhe“ mitentscheiden lassen und euch ein wirkungsvolles Beteiligungsrecht eröffnen. Damit sind wir beim zweiten Kernargument. Unsere Auffassung ist, dass 16und 17-Jährige urteilsfähig und entscheidungskompetent genug sind, um an Bundestagswahlen teilzunehmen. Ich fordere Sie alle auf, Jugendliche nicht länger zu unterschätzen. Die Jugendund Entwicklungsforschung zeigt, dass Jugendliche reifer und kompetenter sind, als Sie ihnen zugestehen. Viele engagieren sich in Verbänden oder leisten Freiwilligendienste. Jugendliche entscheiden zunehmend selbstständig über ihre Bildungsbiografie. Sie wollen für sich und andere Verantwortung übernehmen und ihre eigene Zukunft aktiv mitgestalten. Eine mangelnde politische Reife von 16und 17-Jährigen ist jedenfalls empirisch nirgendwo belegt. Wovor haben Sie eigentlich Angst? Dass 16-jährige Jugendliche sehr wohl verantwortungsvoll ihr Wahlrecht nutzen, erleben wir bereits b w W f U d l u i m i B S v g V d g B d s a l s t t t B e f o d e n s g n d u l g u e s g s „ e C u D l d g H Zu Protokoll ge (C (D ei Kommunalwahlen. Wieso sollte das bei Bundestagsahlen anders sein? Ihre teilweise noch ausbaufähige ahlbeteiligung ist allerdings kein Argument gegen eine rühere Wahlmöglichkeit Jugendlicher. Sonst müsste im mkehrschluss bestimmten „wahlabstinenten“ Gruppen as Wahlrecht entzogen werden – das wäre natürlich völig absurd. Im Übrigen haben wir in Deutschland ein Wahlrecht nd keine Wahlpflicht. Wenn wir das Wahlalter absenken, st das vielmehr eine Chance, Jugendliche früher für Deokratie zu gewinnen und unsere demokratische Kultur nsgesamt zu beleben. Denn eine systematische politische ildung müsste und würde sich flankierend in Elternhaus, chule und Jugendeinrichtungen fester, früher und selbsterständlicher verankern. Jede Wahlaltersgrenze ist begründungsbedürftig; das ilt genauso für die bestehende. Das Wahlalter an die olljährigkeit zu binden, ist keinesfalls zwingend, sonern hat sich überholt. Ich frage gerade Sie, liebe Kolleinnen und Kollegen von der Union, warum Sie diese indung für unabänderlich halten, obwohl beispielsweise ie Religionsmündigkeit sogar schon mit 14 Jahren einetzt. Das Recht knüpft hierbei an die Einsichtsfähigkeit n. Auf das Wahlrecht übertragen bedeutet dies: Jugendiche Wählerinnen und Wähler müssen in der Lage sein, ich ein Urteil zu bilden und die Tragweite ihres Wahlakes zu erkennen. Wir gehen davon aus, dass sie dies späestens im Alter von 16 Jahren können. Vermutlich werden einzelne Redner gegen unseren Anrag einwenden, es müssten andere Maßnahmen für mehr eteiligung ergriffen werden. Ich halte gar nichts davon, ine Wahlalterabsenkung gegen andere Partizipationsormen auszuspielen. Es geht nicht um ein „Entwederder“, sondern um ein „Sowohl-als-auch“: Denn gerade ie Senkung des Wahlalters ist ein zentraler Bestandteil iner umfassenden Beteiligungsstrategie und steht keiesfalls im Widerspruch dazu! Im Übrigen wäre es ein tarkes Stück, wenn die Regierungsfraktionen die Juendlichen auf etwas vertrösten, was Sie wiederum gar icht einlösen. Wir Grüne haben dagegen längst ein Bünel an Vorschlägen für eine breitere und bessere Kindernd Jugendbeteiligung vorgelegt. Durch eine echte Beteiigungsoffensive in Kindertagesstätten, Bildungsund Juendeinrichtungen kann Demokratie früh gelernt, erlebt nd gelebt werden. Ich rufe Sie daher dazu auf, die Wahlrechtsdebatte rnsthaft zu führen und sich unserem pragmatischen Vorchlag anzuschließen – anstatt mit unsinnigen Vorschläen die Titelseiten der Boulevardpresse zu füllen! Ein beonders zynisches Musterbeispiel ist der Vorschlag eines doppelten Wahlrechts für Leistungsträger“, das jüngst in Mitglied des CDU-Bundesvorstandes propagiert hat. Auch das von Kolleginnen und Kollegen der CDU/ SU, SPD und FDP geforderte Elternwahlrecht – getarnt nter dem Slogan „Wahlrecht ab 0“ – ist ein Irrweg. enn: Das persönliche Wahlrecht kann und soll nicht de egiert werden! Ein Stellvertreterwahlrecht der Eltern wierspricht nicht nur den Verfassungsgrundsätzen der Allemeinheit und Gleichheit sowie dem Prinzip der öchstpersönlichkeit der Wahl. Es basiert auch auf dem gebene Reden Kai Gehring Irrtum, dass Elternwille und Kinderwille stets identisch seien. Es wäre schlicht undemokratisch, wenn Ministerin von der Leyen stellvertretend für ihre Kinder weitere siebenmal das Kreuz bei der CDU machen dürfte! Ich frage Sie: Was wäre, wenn Frau und Herr von der Leyen sich nicht auf eine Stimmabgabe einigen können? Wie soll unter Einhaltung des Wahlgeheimnisses ein Einvernehmen in der Familie und unter den Ehepartnern erzielt werden? Und nicht zuletzt: Womit lässt sich die krasse Benachteiligung von Kinderlosen rechtfertigen? Nein, ein Wahlrecht von Geburt an, verbunden mit einem Elternwahlrecht, ist starker Tobak. Es geht doch gerade darum, junge Menschen selbst als Bürgerinnen und Bürger mit eigenen demokratischen Rechten ernst zu nehmen. Mir geht es darum, dass Jugendliche früher wählen können, und nicht Eltern stellvertretend für ihre Kinder. Das Prinzip „one man – one vote“ darf nicht einfach über Bord geworfen werden. Wir sollten uns deshalb nicht weiter beim Elternwahlrecht verzetteln, sondern früher Demokratie wagen! Lassen Sie uns einen mutigen, aber durchführbaren Weg einschlagen, der Jugendliche in ihrem Recht wirklich stärkt: Lassen Sie uns gemeinsam eine Grundgesetzänderung einleiten, damit 16und 17-Jährige schon im nächsten Jahr den Deutschen Bundestag mitwählen können. Dafür bitte ich um Ihre Unterstützung! Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/6647 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Darüber herrscht Einvernehmen. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Daniel Bahr Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Vertragsärzte und -zahnärzte nicht mit 68 Jahren zwangsweise in den Ruhestand schicken – Drucksache 16/9445 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit Die Reden der Kollegen Dr. Rolf Koschorrek, Peter Friedrich, Dr. Konrad Schily, Frank Spieth, Dr. Harald Terpe und der Parlamentarischen Staatssekretärin Caspers-Merk werden zu Protokoll genommen. Im Mai 2003 brachte die FDP schon einmal einen An trag zur Aufhebung der Altersgrenze von 68 Jahren für Vertragsärzte und -zahnärzte ein. Er fand in der letzten Legislaturperiode keine Mehrheit. Sie legen jetzt unter dem neuen Titel „Vertragsärzte und -zahnärzte nicht mit 68 Jahren zwangsweise in den Ruhestand schicken“ wieder einen Antrag zur Aufhebung der Altersgrenze vor, obwohl wir in dieser Legislaturperiode seit 2006 mit der M M ä g g s w t r t r i s l s z n n g r d s g a P s v a b d t G B d b A w z s C h s v t t v g u e k I r t a b p h n (C (D ehrheit der Großen Koalition bereits eine Vielzahl von aßnahmen zur Flexibilisierung und Liberalisierung der rztlichen Berufsausübung beschlossen haben. Daraus ehen unsere Richtung und das Ziel, das wir verfolgen, anz klar hervor: Wir begrenzen und reduzieren die geetzlichen Vorgaben für die ärztlichen Berufsausübung, o immer es möglich und sinnvoll ist. Bestes und eindeu iges Exempel dafür ist das Vertragsärzterechtsändeungsgesetz, das Anfang 2007 in Kraft getreten ist. Es ransformierte nicht nur vielfach bereits bestehende beufsrechtliche Regelungen der freien Ärzte und Zahnärzte n das geltende Vertragsarztrecht. Die neuen Regelungen etzen auch zahlreiche Erleichterungen der vertragsärztichen Leistungserbringung um und kommen den Wünchen und Erwartungen der Ärzte in weiten Bereichen weifellos sehr entgegen. Mit dem Ziel, dem Ärztemangel in ländlichen Regioen, wie es ihn zum Beispiel in Ostdeutschland, aber nicht ur dort gibt, zu begegnen und um die ambulante Versorung flexibler zu gestalten, haben wir maßgebliche Ändeungen vorgenommen. Hinsichtlich der Altersgrenzen für en Beginn und das Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit ind dies die folgenden Änderungen: Erstens. Die Altersrenze von 55 Jahren für die Erstzulassung als Vertragsrzt bzw. -zahnarzt wurde aufgehoben. Zweitens. Für lanungsbereiche, in denen eine Unterversorgung beteht oder droht, ist die Altersgrenze von 68 Jahren für die ertragsärztliche und -zahnärztliche Berufsausübung ufgehoben. Was die Zahnärzte anbelangt, so ist der hier eingerachte Antrag der FDP-Fraktion schon heute vollstänig überflüssig und gegenstandslos: Wie Sie in Ihrem Anrag ausdrücklich anführen, haben wir im jüngsten esundheitsreformgesetz, dem GKV/WSG, schon die im ereich der Zahnmediziner überflüssig gewordene Bearfszulassung aufgehoben. Für die Zahnärzte sind die edarfsorientierten Zulassungsbeschränkungen seit pril 2007 komplett abgeschafft. Darüber hinaus sind ir dabei, die Altersgrenze von 68 Jahren für Vertrags ahnärzte aufzuheben, was voraussichtlich noch in dieem Jahr realisiert werden kann. Die Kollegen der CDU/ SU-Bundestagsfraktion haben sich auf meine Initiative in für die entsprechende Änderung im Bundessozialgeetzbuch eingesetzt. Es wurde daraufhin in der Koalition erabredet, dass wir die Regelung zur Aufhebung der Alersgrenze von 68 Jahren zur Behandlung von Kassenpaienten für die Zahnärzte in ein laufendes Gesetzgebungserfahren einbeziehen. Diese erfolgreiche Initiative zur Aufhebung der Altersrenze für Vertragszahnärzte, die große Zustimmung in nserer Fraktion gefunden hat, macht deutlich, dass wir iner Aufhebung der Altersgrenze für alle Vertragsärzte eineswegs grundsätzlich ablehnend gegenüber stehen. nsbesondere die Annahme, jede patientenbezogene Beufsausübung durch ältere (Zahn-)Ärzte gefährde die Paienten, weisen wir ausdrücklich zurück und lehnen sie ls Begründung für die 68er-Regelung ab. Diese „Schutzehauptung“ ist allein schon durch die uneingeschränkte rivatärztliche Tätigkeit auch über das 68. Lebensjahr inaus widerlegt. Allerdings gibt es derzeit leider noch icht zu ignorierende Gründe, die uns von einer generel len Aufhebung der 68er-Regelung für alle Vertragsärzte zum jetzigen Zeitpunkt abhalten müssen. Im Unterschied zu der vertragszahnärztlichen Versorgung haben wir im Bereich der Hausund Fachärzte leider noch nicht überall die Situation, dass wir auf die Steuerungswirkung der 68er-Regelung verzichten können, um eine ausgewogene und flächendeckende ärztliche Versorgung zu gewährleisten. Wir können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht auf die Bedarfsplanung mit Zulassungsbeschränkungen verzichten. Solange diese besteht, ist eine generelle Aufhebung der Altersgrenze nicht sinnvoll. Unser Ziel ist und bleibt es gleichwohl, sobald wie möglich die Bedarfsplanung überflüssig zu machen. Um dies zu erreichen, ist ein Maßnahmebündel notwendig, das die Attraktivität des Arztberufs und einer Niederlassung für junge Mediziner auch in den Regionen verbessert, in denen eine Unterversorgung besteht oder droht. Dabei muss es sowohl um finanzielle Anreize als auch um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen gehen. Ein Beispiel für eine geeignete Maßnahme sind zum Beispiel die beschlossenen Honorarzuschläge für Ärzte, die in unterversorgten Regionen arbeiten. Die FDP-Fraktion begehrt in ihrem Antrag etwas, was ohnehin kommt und vonseiten der Koalitionsfraktionen auch bereits öffentlich angekündigt worden ist. Es hätte dieses Antrags folglich nicht bedurft, aber wir freuen uns immer, wenn die Opposition unsere Politik mit unterstützt. Vielleicht sollten Sie, meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, aber im Sinne des propagierten Bürokratieabbaus überdenken, ob Sie nicht sich und uns solche Anträge in Zukunft ersparen wollen. Wie die Parlamentarische Staatssekretärin Marion Caspers-Merk in ihrer Rede beschreibt, zeigen die Erfahrungen mit den unterschiedlichen bereits jetzt geltenden Ausnahmeregeln, dass eine Aufhebung der Altersgrenze nicht zu einer Qualitätsverschlechterung in der Versorgung geführt hat. Von einer generellen Aufhebung der Altersgrenze versprechen wir uns zudem eine Reihe von Vorteilen: In vielen Fällen wird der Weiterverkaufswert einer Praxis steigen, weil der Inhaber oder die Inhaberin in Zukunft in einem längeren Prozess und ohne Zeitdruck geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger suchen kann. Dies ist wichtig, weil für viele Ärztinnen und Ärzte ihre Praxis einen wesentlichen Teil ihrer Alterssicherung darstellt. Darüber hinaus ermöglichen die Aufhebung der Altersgrenze gemeinsam mit den flexiblen Anstellungsmöglichkeiten, die wir durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz geschaffen haben, eine kooperative Praxisführung von Vorgängerinnen und Vorgängern mit ihren Nachfolgerinnen und Nachfolgern. Die Erfahrung zeigt, dass eine gemeinsame Übergangszeit nicht nur den Patientinnen und Patienten eine längere Umstellungszeit ermöglicht, sondern auch vieles an praxisspezifischem Wissen und beruflicher Erfahrung weitergegeben und somit erhalten bleiben kann. Allerdings wird der Wunsch, über das 68. Lebensjahr hinaus als Ärztin oder Arzt zu praktizieren, bereits heute sehr unterschiedlich laut. Schon jetzt nutzt keineswegs je d V b n a Ä s g d m g B i ä t d g u o t f d p D s U d u B u t d E s N z f z w B d n r h A n Ä a d g h b w e Zu Protokoll ge (C (D er Arzt die heutige Altersgrenze voll aus. Im Gegenteil: iele Ärztinnen und Ärzte finden schon vor dem 65. Leensjahr einen Übergang in den Ruhestand oder sind ach wie vor im medizinischen Umfeld tätig, praktizieren ber nicht mehr. Wenn wir die Altersgrenze aufheben, kommen auf die rztekammern und Zahnärztekammern sowie die Kasenärztlichen und die Kassenzahnärztlichen Vereinigunen neue Herausforderungen zu, um die hochwertige meizinische Versorgung dauerhaft sicherzustellen. So üssen die kontinuierlichen Weiterbildungsmaßnahmen ewährleisten, dass bis ins hohe Alter hinein die ärztliche ehandlung auf dem aktuellen fachlichen Stand gesichert st. Dazu gehört auch, dass die Ärztekammern und Zahnrztekammern die Anforderungen an die ärztliche Leisungsfähigkeit offen kommunizieren und der eigenen, inividuellen persönlichen Einschätzung ihrer Mitglieder egenüberstellen. Zudem muss im Falle von Fehlbehandlungen schnell nd transparent gehandelt werden: Sollte sich ein Arzt der eine Ärztin – unabhängig von seinem oder ihrem Aler – selbst überschätzen, sodass ein möglicher Schaden ür die Patienten droht oder gar eintritt, muss dies von en berufsständischen Organisationen schnell und transarent aufgegriffen und angemessen sanktioniert werden. azu gehört, dass sich eine positive Fehlerkultur noch tärker als bislang entwickelt, die einen angemessenen mgang mit Behandlungsfehlern sicherstellt. Es ist weer einem Arzt oder einer Ärztin noch ihren Patientinnen nd Patienten gedient, wenn Missstände in der ärztlichen ehandlung infolge einer falsch verstandenen Solidarität nter den Teppich gekehrt werden sollen. Abschließend möchte ich auf den vermeintlichen Ärzemangel eingehen, der in der Öffentlichkeit immer wieer beklagt wird. Auch die FDP-Fraktion konnte bei der rarbeitung ihres Antrages nicht der Versuchung widertehen, in diesen populistischen Chor miteinzustimmen. ach wie vor ist der Arztberuf jedoch sehr attraktiv – und war trotz aller gegenteiliger Darstellungen in der Öfentlichkeit, mit denen unsere politischen Reformproesse im Gesundheitswesen immer wieder angegangen erden. Die Ärztestatistik 2007, die unlängst von der undesärztekammer veröffentlicht worden ist, belegt, ass die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in den vergangeen Jahren sowohl im ambulanten wie auch im stationäen Bereich weiter zugenommen und somit zu einer ereblichen Verbesserung der Ärztedichte beigetragen hat. uch ist – ebenfalls entgegen aller öffentlich vorgetrageen Krisenszenarien – die Abwanderung von Ärzten und rztinnen, die in Deutschland tätig waren, alles andere ls ein Massenphänomen und zudem in ihrem Ausmaß eutlich niedriger als die Zahl der nach Deutschland zuewanderten Ärztinnen und Ärzte. Deshalb möchte ich ervorheben, dass wir die Altersgrenze nicht zur Beheung eines Mangels an Nachwuchsärztinnen und Nachuchsärzten aufheben, denn diesen Mangel gibt es nicht. Die derzeit noch geltende rechtliche Regelung ist – um s dem Thema entsprechend zu formulieren – veraltet. Sie Dr. Rolf Koschorrek gebene Reden war schon bei der Inkraftsetzung 1999 als äußerst problematisch zu bewerten. Heute sprechen drei gewichtige Gründe für ihre Aufhebung. Zum Ersten werden Ärzte ebenso wie die Gesamtbevölkerung immer älter und bleiben doch länger jung; das heißt, Alter kann nicht alleine numerisch definiert werden, sondern hat eine kulturelle und soziale Komponente. Zum Zweiten wird schon jetzt durch die Aufhebung der Altersgrenze wirksam der Unterversorgung in manchen ländlichen Regionen Deutschlands entgegengewirkt. Wenn Ärzte in ländlichen Gegenden dazu in der Lage sind, qualitativ hochwertig nach der Überschreitung der Altersgrenze weiter zu arbeiten, sind sie es in allen anderen Regionen unseres Landes auch. Zum Dritten glaube ich, dass die Frage der Altersgrenze nicht per Bundesgesetz geregelt werden muss, sondern der Verantwortung der örtlichen ärztlichen und zahnärztlichen Körperschaften obliegen kann. Vor Ort wissen die Verantwortungsträger am besten, was für ihre Region das Richtige ist. Berücksichtigt man diese drei Argumente, so wird klar, dass der FDP-Antrag der Lebenswirklichkeit in Deutschland sehr gut gerecht wird und zudem adäquat auf die Versorgungsschwierigkeiten in Teilen unseres Landes reagiert. Ich bitte daher um Zustimmung für die Drucksache 16/9445. Als ich vor kurzem die Praxis meiner Hausärztin auf suchte, war diese im Urlaub. Ihre Urlaubsvertretung war einer der Ärzte, über die in diesem Antrag geredet wird. Ich schätze, er wird um die siebzig Jahre alt gewesen sein und machte auf mich zeitweilig einen abwesenden Eindruck. Und ich will Ihnen sagen, ich fühlte mich von diesem Arzt überhaupt nicht kompetent behandelt. Es ist ja nur zu verständlich, dass mit zunehmendem Alter auch eine nachlassende geistige und körperliche Verfassung vonstatten gehen kann. Deshalb lehnen wir eine generelle Freigabe der Altersgrenze ab, wir wollen aber nicht den Stab über alle älteren Ärzte brechen. Wir wollen erst recht keine Altersdiskriminierung. Wenn ein Arzt oder eine Ärztin nach dem 68. Lebensjahr weiter praktizieren möchte, sollte das unter gewissen Bedingungen gestattet werden: Wir plädieren dafür, dass für die Fortsetzung der ärztlichen Tätigkeit der Nachweis über die individuelle Eignung sowie die kontinuierliche Fortbildung erbracht werden muss. Mit den Neuregelungen aus dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz 2007 wurde die Möglichkeit geschaffen, in unterversorgten Regionen die Altersgrenze aufzuheben. Das findet unsere volle Unterstützung, wenn dafür ein Einzelnachweis erbracht wird. Diese Unterversorgung besteht hauptsächlich in den neuen Bundesländern. Aber nicht nur dort sind Arztpraxen verwaist. Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz 2007 gibt es außerdem die Möglichkeit, eine lokale Unterversorgung festzustellen, obwohl die Versorgungsregion gut oder überversorgt ist. Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen dann alle Maßnahmen ergreifen, um diese Unterversorgung zu beenden. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass Anfang 2 s d d h r h E U l d w D s r r e t d m g a e V ü n g b b L B n L v r g U U d s d a i F b k z z d R f a r Zu Protokoll ge (C (D 009 eine erste Überprüfung der Umsetzung dieser Geetzesregelung vorgenommen wird! Trotz dieser Regelungen will die FDP die Abschaffung er Altersgrenze für Ärzte. Doch die Begründung, die zu er Altersgrenze für Vertragsärzte geführt hatte, ist auch eute noch aktuell. Denn wie die FDP in ihrem Antrag ichtig zitiert, wurde in der Begründung des Gesundeitssystemstrukturgesetzes von 2003 festgestellt: „Die ntwicklung der Vertragsarztzahl stellt eine wesentliche rsache für überhöhte Ausgabenzuwächse in der gesetz ichen Krankenversicherung dar. Angesichts einer stänig wachsenden Zahl von Vertragsärzten besteht die Notendigkeit, die Anzahl der Vertragsärzte zu begrenzen. ie Überversorgung kann nicht durch Zulassungsbe chränkungen und damit zulasten der jungen Ärztegeneation eingedämmt werden. Hierzu ist auch die Einfühung einer obligatorischen Altersgrenze für Vertragsärzte rforderlich.“ Wenn die FDP jetzt behauptet, dass sich diese Situaion grundlegend verändert hat, möchte ich angesichts er Entwicklung der Arztzahlen erhebliche Zweifel anelden. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Altersrenze im Jahr 1998 waren 124 621 Ärztinnen und Ärzte mbulant tätig. Ende 2006 betrug ihre Zahl 136 105, also ine Steigerung von knapp 12 000 Ärztinnen und Ärzten. on einem flächendeckenden Ärztemangel kann also berhaupt nicht geredet werden. Richtig ist, dass es eierseits Überund andererseits lokale Unterversorgung ibt. Um hier den Patientinnen und Patienten zu helfen, raucht es wesentlich mehr Anstrengungen als die Aufheung der Altersgrenze. Deshalb ist dieses Argument der iberalen nicht stichhaltig. Wir werden in den weiteren eratungen sehen, ob der dünnen Basis dieses Antrags och etwas mehr Substanz gegeben werden kann. Die inke wird dazu konstruktive Vorschläge machen. Der Antrag der FDP greift mit der drohenden Unter ersorgung in manchen vertragsärztlichen Planungsegionen ein wichtiges Thema auf. Es lohnt sich desween, vertieft über den richtigen Weg zur Vermeidung von nterversorgung zu diskutieren. Die drohende ärztliche nterversorgung in manchen ländlichen Regionen Osteutschlands ist mittlerweile fast sprichwörtlich. Wer ich genauer umhört und umsieht, der weiß aber, dass es iesbezügliche Meldungen inzwischen beispielsweise uch aus sozial benachteiligten Stadtteilen großer Städte m Westen gibt, wo die Nachfolge für Hausarztund acharztsitze fraglich ist. Mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz wurden ereits wichtige Änderungen vorgenommen, die helfen önnen, Unterversorgung künftig zu vermeiden. Dazu ähle ich vor allem die nunmehr von den Kassen finanierten Sicherstellungszuschläge. Auch die Regelung, ass niedergelassene Vertragsärzte in unterversorgten egionen über das 68. Lebensjahr hinaus tätig sein dür en, ist als Übergangslösung sicher hilfreich. Ich bin mir ber ziemlich sicher, dass diese Maßnahmen nicht auseichen werden. Wir brauchen vor allem gemeinsame Dr. Konrad Schily gebene Reden Anstrengungen des Bundes, der Länder und der Selbstverwaltung, um Unterversorgung zu verhindern. Ich begrüße daher die Bemühungen von Bundesländern wie Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, junge Ärztinnen und Ärzte schon während des Medizinstudiums für die Niederlassung in unterversorgten Gebieten zu gewinnen. Sinnvoll ist es sicher auch, den Wiedereinstieg in das Berufsleben etwa nach einer Erziehungspause zu fördern und so den Mangel an qualifizierten Ärztinnen und Ärzten zumindest teilweise zu beheben. Vorschläge, wie die derzeit unzulängliche Bedarfsplanung etwa durch feinere Planungskriterien verbessert werden kann, liegen ebenfalls auf dem Tisch. Diese Dinge sind sicher wichtig und richtig. Sie berücksichtigen aber nicht die Frage, woran es eigentlich liegt, dass die Niederlassung als Vertragsarzt in einigen Regionen nicht attraktiv ist. Schauen wir uns die Bedingungen zum Beispiel in Ostdeutschland an: In Ostdeutschland treten bestimmte chronische Erkrankungen deutlich häufiger als im Westen auf. Die Behandlung dieser chronischen Erkrankungen verursacht etwa 80 Prozent der Kosten im Gesundheitswesen. Dies hat verbunden mit der höheren Fallzahl eine höhere Arbeitsbelastung und Betreuungsintensität für die Ärztinnen und Ärzte zur Folge. Auch die finanziellen Rahmenbedingungen der niedergelassenen Ärzte im Osten sind ungünstiger: So sind die Einkünfte aus der Behandlung privat versicherter Patienten, die häufig zur Quersubventionierung der Praxis verwandt werden, deutlich geringer. Im Westen liegt der Anteil der PKV-Patienten bei circa 10 Prozent, im Osten hingegen nur bei 3,6 Prozent. Auch die Vergütungssituation stellt sich für die niedergelassenen Ärzte in Ostdeutschland schlechter dar: Nach Berechnungen des Bundesgesundheitsministeriums stehen für die ambulante Behandlung je Versichertem im Vergleich zum Westen Deutschlands lediglich circa 85 Prozent der Vergütung zur Verfügung. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung betragen die Fallwerte, also die durchschnittlichen Einnahmen je Fall, nur rund 80 Prozent des Westniveaus. Nur durch die aus der größeren Fallzahl resultierende Mehrarbeit der Ärztinnen und Ärzte erreichen die Praxisüberschüsse in den meisten ostdeutschen Bundesländern etwa 95 bis 100 Prozent des Westniveaus. Wenn wir das Problem der Unterversorgung lösen wollen, müssen wir zuerst die Frage beantworten, wie wir beispielsweise mittels der Vergütung die Niederlassung in unterversorgten Gebieten attraktiver gestalten. Genauer gefragt: Ist es nicht sinnvoll, das Engagement niedergelassener Ärzte in strukturschwachen Regionen höher zu vergüten als die Tätigkeit in wirtschaftlich starken Regionen? Sodann müssen wir uns damit beschäftigen, wie die häufig hinderliche sektorale Trennung zum Zwecke der Verhinderung von Unterversorgung überwunden werden kann. Ziel muss es sein, die Kooperation und Arbeitsteilung zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor zu vertiefen, wie dies in einigen regionalen Gesundheitsnetzwerken bereits praktiziert wird. Der Antrag der FDP sagt dazu nichts. Ich denke im Übrigen nicht, dass es zur Vermeidung von Unterversorgung nötig ist, gleich die komplette Ruhestandsregelung i s r d Ä a s k s A f a n a F d d b s b t g w t z v W G t t e h t d F w s s e Ä b g e ü s d t e d o g Ä d b 1 F Zu Protokoll ge (C (D nsbesondere für niedergelassene Vertragsärzte abzuchaffen. Damit verhindert man aus meiner Sicht den Beufseinstieg junger Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, ie sich niederlassen wollen. Dies kann das Problem des rztemangels sogar noch verschärfen. Natürlich gibt es uch Gründe für die Aufhebung der Altersgrenze, beipielsweise für Vertragszahnärzte, weil dort ohnehin eine Bedarfszulassung mehr existiert. Auch der Grundatz der freien Berufsausübung und die Verhinderung von ltersdiskriminierung mögen solche Gründe sein. Die ge orderte Liberalisierung der Ruhestandsregelung würde llerdings die Bereitschaft der Ärzte erfordern, gegebeenfalls im Alter den Fortbestand der Fähigkeit zur verntwortlichen Berufsausübung nachzuweisen. Dass der DP-Antrag einer differenzierten Betrachtung genügt, arf bezweifelt werden. M Passen strikte Altersgrenzen, ab wann man nicht mehr eruflich tätig sein darf, eigentlich noch in eine Gesellchaft des längeren Lebens? Wir meinen: Nein. Denn wir rauchen aktive Ältere und ihren gesellschaftlichen Beirag. Deshalb ist es auch folgerichtig, über die 68er-Reelung für Ärzte und Zahnärzte neu nachzudenken. Wir erden Ihnen deshalb gemeinsam mit den Koalitionsfrak ionen vorschlagen, diese Zwangsverrentungsgrenze aufuheben. Es ist bereits zwischen den Koalitionspartnern erabredet, dass ein Änderungsantrag zum Gesetz zur eiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der KV eingebracht werden soll, der die Aufhebung der Al ersgrenze sowohl für Vertragszahnärzte als auch für Verragsärzte vorsieht. Der Antrag der FDP fordert deshalb twas, was bereits öffentlich zugesagt war. Aber immerin gibt der Antrag die Möglichkeit, nochmals die wichigsten Argumente auszutauschen. Die Aufhebung der Altersgrenze für Vertragsärzte beeutet für die Ärzte mehr Planungssicherheit und mehr reiheit bei der Organisation ihrer Nachfolge. Damit ird einem wesentlichen Anliegen der Ärzte entsprochen, elbstbestimmt über den Zeitpunkt ihrer Nachfolge zu entcheiden. Zugleich kann die Aufhebung der Altersgrenze in Beitrag zu mehr Versorgungssicherheit sein, wenn rzte über die Altersgrenze von 68 Jahren hinaus tätig leiben, weil sie keinen Nachfolger finden. Zudem ist es ut, wenn leistungsfähige Ärzte ihre Berufsund Lebensrfahrung der Gesellschaft zugutekommen lassen, auch ber die Altersgrenze von 68 hinaus. Von der starren Altersgrenze sind in vergangenen Geetzgebungsvorhaben bereits Ausnahmen geregelt woren. Durch das im Januar des letzten Jahres in Kraft geretene Vertragsarztrechtrechtsänderungsgesetz wurde ine Aufhebung der Altersgrenze für die Fälle geregelt, in enen der jeweilige Landesausschuss eine eingetretene der drohende Unterversorgung festgestellt hat. Zuvor alt bereits die Regelung, dass sich die Zulassung von rzten und Zahnärzten, die zum Zeitpunkt der Vollendung es 68. Lebensjahres weniger als 20 Jahre als Vertragsarzt zw. als Vertragszahnarzt tätig und vor dem 1. Januar 993 zugelassen waren, bis zum Ablauf der 20-Jahresrist verlängert. Ehemaligen Vertragsärzten ist es zudem, Dr. Harald Terpe gebene Reden Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk auch wenn sie über 68 Jahre alt sind, möglich, Vertretungen eines Vertragsarztes zu übernehmen. Schließlich ist es Ärzten und Zahnärzten auch erlaubt, über das Alter von 68 Jahren hinaus Privatpatienten zu behandeln. Hinzu kommt bei den Vertragszahnärzten die besondere Situation, dass diese seit Inkrafttreten des GKVWettbewerbsstärkungsgesetzes im April vergangenen Jahres keinen Zulassungsbeschränkungen mehr unterliegen. Eines besonderen Schutzes jüngerer Ärzte – wie vom Bundesverfassungsgericht und Bundessozialgericht unter anderem zur Rechtfertigung der Altersgrenzenregelung angenommen, bedarf es für sie daher nicht mehr. Wir haben gute Erfahrungen mit den Ausnahmen gemacht, machen wir sie doch zur Regel. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/9445 an den Ausschuss für Gesundheit vorgeschlagen. – Darüber herrscht Einvernehmen. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 32 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Karin Binder, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Effektiven Diskriminierungsschutz verwirklichen – Drucksache 16/9637 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Innenausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Die Reden der Kolleginnen und der Kollegen Daniela Raab, Christine Lambrecht, Mechthild Dyckmans, Sevim Dağdelen, Volker Beck und Gert Winkelmeier werden zu Protokoll genommen. Vor zwei Monaten haben wir uns schon zum wiederhol ten Male mit diesem Thema beschäftigt; damals war es ein Antrag von den Grünen, heute von den Linken. Auch dieses Mal kann und will ich dazu eigentlich nur eines sagen: Das AGG, so wie es zurzeit besteht, ist schon zuviel des Guten. Der Schutz vor Diskriminierung ist ausreichend vorhanden, und es bedarf keiner weiteren Anpassung oder Erweiterung. Die Annahme, dass es den europäischen Vorgaben „offensichtlich“ widerspricht, teile ich ganz und gar nicht. Ich halte Ihre Aussagen für ein rein populistisches Machwerk, das mal wieder die Tatsachen verdreht und uns unnötig Zeit und Mühen kostet, weil wir darauf auch noch eingehen müssen. s l m W g p l d l h t l d a g e s K d d k A d e s v n b w s e g o k k e v le L A ti g w V b „ E s n b g D s (C (D Ich spreche damit gezielt nicht nur den besserwisserichen Zeigefinger der EU-Kommission an, die Deutschand und anderen Ländern vorschreiben will, wie Diskriinierungsschutz zu funktionieren hat. Um es mit den orten unseres CSU-Landesgruppenvorsitzenden zu saen: Es handelt sich dabei um einen „ungezügelten Kometenzanmaßungswahn“, den wir nicht unterstützen wolen. Das Gleiche gilt für das Gejammer einiger Fraktionen ieses Hauses, das den Eindruck vermittelt, in Deutschand und Europa würden nur diskriminierte Menschen erumlaufen. Dabei handelt es sich dann um „ungezügeles Gutmenschentun“, das mit der funktionierenden Reaität unserer Gesellschaft nichts mehr zu tun hat. Es ist beauerlich, das die Arbeit des Hohen Hauses davon ufgehalten wird, indem wir uns immer wieder mit den leichen überflüssigen Anträgen und Forderungen ausinandersetzen müssen, die schon lange ausdiskutiert ind. Wir wollen uns nicht mit weiteren Initiativen von ommissar Spidla beschäftigen müssen, die er schon für en 2. Juli angekündigt hat, weil diese immer wieder in ie falsche Richtung gehen. Es gibt über das AGG hinaus einen weiteren Handlungsbedarf in Deutschland. Unser Rechtssystem besaß schon vor dem unseligen llgemeinen Gleichbehandlungsgesetz einen umfassenen Diskriminierungsschutz, weshalb Deutschland als in Vorreiter diesbezüglich gelten muss. Eine Amerikaniierung unseres Rechts sollten wir daher auf jeden Fall erhindern, und wir lehnen somit sowohl die Forderung ach einer Beweislastumkehr als auch ein mögliches Verandsklagerecht kategorisch ab. Wir brauchen keine Ereiterung oder Änderung. Ihre Vorschläge sind zu ab urd, um auch noch im Einzelnen darauf einzugehen. Es xistiert ein umfassender Schutz vor Diskriminierung ween der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts der der Religion. Darüber hinaus wird es mit der Union eine Erweiterung oder Modifikation geben. Die Fraktion Die Linke hat den Antrag „Effektiven Dis riminierungsschutz verwirklichen“ vorgelegt, mit dem ine deutliche Ausweitung des schon bestehenden Schutzes or Diskriminierung gefordert wird. Ich sage es vorab: Wir hnen diesen Antrag ab. Ich sage Ihnen auch warum: Die inke fordert, das Merkmal „aus Gründen der Rasse“ im GG zu ersetzen und durch die Formulierung „aus rassisschen Gründen“ zu ersetzen. Hier sind wir an die Vorabe der EU gebunden, die genau diese Formulierung geählt hat, auch wenn Ihnen das nicht gefällt. Eine eränderung können wir daher nicht mittragen. Weiter fordern Sie die Erweiterung des Anwendungsereichs des AGG um Diskriminierungsmerkmale wie soziale Herkunft“ oder „soziale Lebensumstände“. ine solche Erweiterung des Anwendungsbereichs ist chon alleine aufgrund der mangelnden Bestimmtheit icht möglich. Was ist unter dem Begriff „soziale Leensumstände“ zu verstehen? Eine solch unkonkrekte Berifflichkeit hilft sicherlich niemanden im Kampf gegen iskriminierung, wird aber den Gerichten Auslegungs chwierigkeiten bereiten. Wem soll damit geholfen sein? Eine weitere Forderung aus Ihrem Antrag erscheint ebenfalls nicht sinnvoll. Da soll das Verbandsklagerecht auf Organisationen ausgeweitet werden, die gerade nicht das Merkmal eines Verbandes haben. Die Erweiterung des Verbandsklagerechts auf alle Gruppierungen, die entsprechend ihrer Satzung die besonderen Interessen von benachteiligten Personengruppen im Sinne des AGG wahrnehmen wollen, würde zu einer inakzeptablen Aufweichung des Verbandsklagerechtes führen. Das vorgeschlagene Sanktionsrecht ohne Begrenzung der Schadensersatzhöhe würde bei Schadensersatzprozessen letztlich zu Verhältnissen wie in den USA führen. Das ist somit keine akzeptable Ausweitung. Deutschland hat die vier Antidiskriminierungsrichtlinien der EU durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz umgesetzt und nimmt im gesamteuropäischen Vergleich eine Vorbildstellung ein. Das AGG hat keineswegs zu der Prozessflut geführt, die von einigen Kritikern befürchtet worden ist. Wir haben vielmehr mit Augenmaß den Schutz vor Diskriminierung vorangebracht. Die Hinweise der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu der Umsetzung in Deutschland haben wir aufgenommen, und sie werden einer Prüfung unterzogen. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, dass in vielen Mitgliedstaaten wegen angeblich unzureichender Umsetzung derzeit die Klärung wichtiger Fragen zur Auslegung der Richtlinie erfolgt. Die Forderung im Antrag der Linke führen hierbei nicht in die richtige Richtung. Zum wiederholten Male berät der Deutsche Bundestag über das Antidiskriminierungsrecht. Die uns hierzu vorliegenden Initiativen zeugen von einem gegenseitigen Überbietungswettbewerb. Minderheiten werden bewertet und für wichtig oder weniger wichtig erachtet, ein Wust von Sanktionsmöglichkeiten wird präsentiert und die Forderungen an Brüssel, Europa endlich diskriminierungsfrei auszugestalten, nehmen an Schärfe zu. Diese Forderungen mögen bei bestimmten Gruppen oder Initiativen Eindruck hinterlassen; den Menschen helfen sie jedoch in keiner Weise. Es wird nicht gelingen, Diskriminierung abzubauen, indem man Bürgerinnen und Bürger bevormundet und ihre Handlungsfreiheit mit immer mehr Regeln und Vorschriften einschränkt. Es ist ein Irrglaube, Antidiskriminierung lasse sich von oben per Gesetz verordnen. Es ist von jeher der Grundgedanke der Privatautonomie, dass der Bürger seinen Willen als Privatrechtssubjekt frei und fern vom Staat gestalten kann. Es gehört zu den Grundvoraussetzungen unseres liberalen Rechtsstaates, dass ein Vertragsschluss frei von staatlicher Zensur erfolgen kann. Der Staat schützt dabei die Wahlfreiheit der Bürger und schreibt ihm nicht vor, was korrekt, tugendhaft, anständig und gut für ihn ist. Zum Kernbestandteil der verfassungsrechtlich garantierten allgemeinen Handlungsfreiheit gehört es, dass der Bürger keine Rechenschaft über die Beweggründe seines Handelns geben muss. Es ist völlig unbestritten, dass jede Rechtsordnung auch den notwendigen Rahmen für das Z D j V b d S d v s e E § d G S D B e s s l B D M t D r B d z b u w ü z e S m z g n s w s e m S D F w d s d G m Zu Protokoll ge (C (D usammenleben der Bürger untereinander geben muss. as Grundgesetz verbietet in Art. 3 Abs. 3 GG dem Staat ede Form der Ungleichbehandlung wegen der in dieser orschrift aufgeführten absoluten Diskriminierungsverote. Dieser Verfassungsgrundsatz strahlt auch aus auf as Privatrecht. Das Grundgesetz begründet eine Schutzpflicht des taates, auch im Privatrechtsverkehr für die Beachtung ieser Wertungen zu sorgen. Anknüpfungspunkte im Priatrecht sind hier die §§ 134, 138 BGB. Verträge, die rasistische und geschlechtsspezifische Diskriminierungen nthalten, sind nach § 138 BGB schlechthin unwirksam. s stellt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts gemäß 823 Abs. 1 BGB dar, wer einem anderen einen Schaden adurch zufügt, dass er ihn wegen eines in Art. 3 Abs. 3 G genannten Merkmals diskriminiert. Unsere Rechtsordnung garantiert schon heute den chutz von Minderheiten und stellt sich bewusst gegen iskriminierung. Es besteht Einigkeit im Deutschen undestag, dass kein Bürger wegen seiner Rasse, seiner thnischen Herkunft, seiner Religion, seiner Weltanchauung, seiner Behinderung, seines Alters, seines Gechlechts oder seiner sexuellen Orientierung benachteiigt und diskriminiert werden darf. Die FDPundestagsfraktion bekennt sich ausdrücklich zu den iskriminierungsverboten, wie sie in der Europäischen enschenrechtskonvention und in den europäischen Ver rägen festgehalten sind. Die Freiheit, unbeschwert von iskriminierung und Verfolgung leben zu können, ist ge ade für uns ein zu verteidigendes Menschenrecht. Die ekämpfung von Diskriminierung und Intoleranz sind für en Zusammenhalt einer Gesellschaft schlicht unverichtbar. Es gehört daher unbestritten zu den Kernaufgaen des Staates, den Bürgerinnen und Bürgern ein freies nd selbstbestimmtes Leben ohne Diskriminierung zu geährleisten. Uns trennen jedoch unterschiedliche Auffassungen ber den Weg, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Toleranz eigt sich im Handeln. Nur eine vernünftige und sachorintierte Politik hilft den Menschen und ist damit der beste chutz vor Diskriminierung. Eine intelligente Arbeitsarktund Sozialpolitik sowie vermehrte Anstrengungen ur Integration von Migranten und Behinderten wären eeignet, Schutz und Teilhabe von sozial Schwachen, Beachteiligten und Minderheiten in unserem Land entcheidend zu verbessern. Mit bloßer Symbolpolitik jedoch ird den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen ge treut. Es werden Versprechungen gemacht, die sich nicht rfüllen werden. Die Fraktion Die Linke listet in ihrem Antrag ein Samelsurium von Forderungen auf, die erneut die blinde taatsgläubigkeit und Ideologie dieser Partei betonen. er Bürger als mündiges Wesen ist nach Auffassung der raktion Die Linke abgemeldet. Antidiskriminierung ird nicht als gesellschaftliche Aufgabe verstanden, sonern als verpflichtende Staatsdoktrin, die keinen Widerpruch duldet. Die Absurdität der Vorschläge gipfelt in er Forderung, den Anwendungsbereich des Allgemeinen leichbehandlungsgesetzes um die Diskriminierungserkmale „Staatsangehörigkeit“ und „soziale Herkunft“ Christine Lambrecht gebene Reden oder „soziale Lebensumstände“ zu erweitern. Danach reicht möglicherweise schon der Wohnort in einer strukturschwachen Region als Diskriminierungsmerkmal aus. Weitere Auskunftsrechte, erweiterte Verbandsklagerechte, Beweislastumkehr, verschuldensunabhängiger und unbegrenzter Schadensersatz, Streichung fast sämtlicher zurzeit im Gesetz vorgesehener Differenzierungen, ein flächendeckendes Netz von Beratungsstellen, mehrsprachige Öffentlichkeitsarbeit, all dies sind nur einige der überzogenen Forderungen der Linken. In der Begründung zu dem Antrag wird auf die Verantwortung des Gesetzgebers dafür hingewiesen, dass Regelungen klar und eindeutig sein müssen. Hier möchte ich darauf hinweisen, dass der Gesetzgeber auch die Verantwortung für Maß und Mittel seiner Initiativen trägt. Mit diesem Antrag hat sich die Fraktion Die Linke aus der Sachdebatte verabschiedet. Mit dem Antidiskriminierungsrecht werden wir uns, unabhängig von dem Antrag, künftig wieder zunehmend zu befassen haben. Die Europäische Kommission wird in diesen Tagen ihren Richtlinienvorschlag über die Gleichbehandlung außerhalb des Arbeitsplatzes vorstellen. Diesen Entwurf wollte der Bundestag zum Gegenstand eines erneuten Testlaufs zur Subsidiaritätsprüfung machen. Diese Subsidiaritätsprüfung muss, aufgrund der vorgegebenen Fristen, in der parlamentarischen Sommerpause stattfinden. Völlig überraschend hat die Koalition im Rechtsausschuss gestern angekündigt, dass sie auf die Teilnahme an dem Testlauf verzichten wolle, da sich in der Sommerpause ein geordnetes Verfahren nicht sicherstellen lasse. Diese Aussage ist feige und unehrlich. Die Ausschüsse des Bundestages haben bereits seit Monaten ein Verfahren für die Sommerpause abgestimmt, das den Besonderheiten dieser Zeit Rechnung trägt. Die Entscheidung der Koalition liegt nur darin begründet, dass es ihnen offensichtlich nicht gelingt, eine gemeinsame Stellungnahme zu dem EU-Vorschlag zu formulieren. Während die SPD gegenüber den europäischen Plänen aufgeschlossen ist, werden sie von der Union abgelehnt. Wir erinnern uns noch gut an den Unmut im Deutschen Bundestag vor einigen Jahren, als die ungeliebten EU-Antidiskriminierungsrichtlinien in deutsches Recht umzusetzen waren. Übereinstimmend haben die Fraktionen festgestellt, dass der Bundestag seinerzeit bei der Verabschiedung der entsprechenden Richtlinien in Brüssel seine Beteiligungsrechte nur unzureichend wahrgenommen hat. Die Koalition scheint aus diesen Vorgängen nichts gelernt zu haben. Der Bundestag muss schnellstens eine Position zu dem Kommissionsvorschlag entwickeln und frühzeitig die nationalen Interessen einbringen. Die FDP-Bundestagsfraktion hat bislang die Einlassung der Bundesregierung begrüßt, wonach zunächst die Erfahrungen mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz abgewartet werden sollen, bevor neue Richtlinien aus Brüssel verabschiedet werden. Aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion muss diese Haltung nach wie vor Bestand haben. Wir fordern die Koalition auf, sich umgehend zu positionieren und den Bundestag an der Entscheidungsfindung angemessen und frühzeitig zu beteiligen. z B z G c t w n m z u s r e s d g S b u g G t A ß S t R h g B P b w s i v A s t f d m w z m n e b s t Zu Protokoll ge (C (D Bereits im Juni 2006 hatte die Fraktion Die Linke zur weiten und dritten Beratung des Gesetzentwurfs der undesregierung einen Entschließungsantrag zur Umsetung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des rundsatzes der Gleichbehandlung mit der Drucksa hennummer 16/2034 eingebracht. Neben Ausgestalungsmängeln im Einzelnen litt der damalige Gesetzenturf der Bundesregierung vor allem darunter, dass er icht alltagstauglich war. Für die vorrangig von Diskriinierung Betroffenen war er ein schwaches Instrument ur Durchsetzung ihrer unantastbaren Menschenwürde nd des Diskriminierungsverbots. Die Umsetzungsgeetzgebung zielte ganz eindeutig auf ein möglichst niediges Schutzniveau gegen Diskriminierung. Wir wollten uroparechtswidrige Vorschriften jedenfalls nicht untertützen. Unsere damalige Forderung, den durch die Bunesregierung eingebrachten Gesetzesentwurf grundleend zu novellieren, wurde aber mehrheitlich abgelehnt. elbst die Grünen, die ja stetig Anträge einbringen, haen sich auf den faulen Kompromiss damals eingelassen nd dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung nicht verweiert. Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Allgemeinen leichbehandlungsgesetzes, AGG, zeigt sich, wie berech igt unsere damalige Kritik und Forderungen waren. uch der Antidiskriminierungsverband Deutschland äuerte seine wesentliche Kritik an dem Gesetz. In seiner tellungnahme begründete er diese anhand von konkreen Beispielsfällen. Kritik an der Umsetzung der EUichtlinie kommt aber auch von der EU-Kommission. Sie at sogar ein erneutes Vertragsverletzungsverfahren geen die Bundesrepublik eingeleitet. Dabei hat sie die undesregierung zur Stellungnahme eben auch zu jenen unkten aufgefordert, die wir im damaligen Gesetzgeungsverfahren problematisiert haben. Durch die Kritik der EU-Kommission bestätigt, haben ir nun diesen vorliegenden Antrag eingebracht, der un ere damals vorgebrachte Kritik nochmals aufgreift. Das st umso notwendiger, da die Bundesregierung nach wie or an ihrer europarechtswidrigen Umsetzung der EUntidiskriminierungsrichtlinie festhalten will. Ja, sie will ogar verhindern, dass die EU-Kommission einen erweierten Schutz für alle Diskriminierungsmerkmale auch ür das gesamte Zivilrecht durch Richtlinien festlegt. Unser Antrag will speziell noch einmal das Ineinanergreifen von Rechten und deren Durchsetzbarkeit anahnen. Aufgegriffen wird deshalb neben der bereits erähnten Kritik der EU-Kommission, auf die ich noch urückkommen werde, vor allem die Kritik des Antidiskriinierungsverbandes Deutschland. Dessen Stellungahme zum einjährigen Bestehen des AGG verdeutlicht inmal mehr an typischen Praxisfällen, welche Probleme ei dessen Anwendung entstehen. Hinsichtlich niedrigchwelliger Anlaufstellen für Betroffene liest sich die Kriik wie folgt: Ohne unabhängige, regionale Antidiskriminierungsbüros oder -stellen und ohne wirksame Instrumente zur Rechtsdurchsetzung bleiben Antidiskriminierungsgesetze nur Lippenbekenntnisse. Mechthild Dyckmans gebene Reden Dass bisher so wenig Fälle zum AGG anhängig seien, liege nicht daran, dass Diskriminierung wenig verbreitet sei. Diese Förderung der regionalen Beratungsstellen ist keine Bundesangelegenheit. Dennoch ist es wichtig, wenn der Bundestag hier ein Signal an die Länder sendet. Ein weiteres Signal ist für den Bereich der Bildung erforderlich, wo die Länder die Verantwortung tragen, die europäischen Richtlinien umzusetzen. Anders sieht es bei den nachfolgenden Kritikpunkten aus; hier wird die Regierung gesetzliche Vorschläge vorlegen müssen. So kann sich betreffend des von uns vehement eingeforderten Verbandsklagerechts für die Antidiskriminierungsverbände die Bundesregierung nicht rausreden. Hier ist es eindeutig, dass die Bundesregierung die Möglichkeit erschweren will, sich gegen Diskriminierung zu wehren. Für viele Betroffenen ist gerade das Verbandsklagerecht von immenser Bedeutung. Ihnen fehlt es an Zeit, Energie und Geld, sich selbst gerichtlich zu wehren. Viele Diskriminierungen setzen sich damit letztlich schon an dieser Stelle gegen das eigentlich bestehende Recht nach dem AGG faktisch durch. Auch bezogen auf die Beweislasterleichterung ist die Bundesregierung in der Verantwortung. Wir wollen, dass es zu einer Beweislastumkehr kommt. Darüber hinaus ist der Vorschlag aus der Praxis, ein Auskunftsrecht gegenüber den Unternehmen einzuführen, zu debattieren, ganz zu schweigen von den absurden Rechtfertigungsgründen und Ausnahmen hinsichtlich des Diskriminierungsschutzes, beispielsweise die diesbezügliche Ausnahme vom Massengeschäft bei der Wohnungsvermietung. Schutzlücken gibt es unter anderem auch bei der unterschiedlichen Behandlung aufgrund des Geschlechts im Arbeitsrecht. Darüber hinaus ist die Ausnahmeregelung für unterschiedliche Behandlung durch Religionsgemeinschaften nicht angemessen geregelt. Aber die Bundesregierung schafft es ja nicht einmal, diskriminierungsfrei gegenüber ihren eigenen Beamtinnen und Beamten zu agieren. Im Zusammenhang mit der Anhörung zur Lebenspartnerschaft der Fraktion Die Linke haben wir diesen Skandal bereits thematisiert. So diskriminiert die Bundesregierung im Bereich der Beamtenversorgung Personen in eingetragenen Lebenspartnerschaften wegen ihrer „sexuellen Ausrichtung“ hinsichtlich Beihilfe, Familienzuschlag und Witwenund Witwergeld. Auch die anderen, wie beispielsweise die steuerlichen, Unterschiede in der Behandlung von Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften müssen sofort abgeschafft werden. Der Staat spielt hier eine Vorreiterrolle der ganz üblen Art. Aber in noch einer anderen Art! Die neoliberale Logik und Politik der Bundesregierung – also die zunehmende Durchdringung aller Lebensbereiche wie Gesundheit, Bildung, öffentliche Dienste und andere durch das Marktprinzip à la „Standortpolitik bzw. -logik“ – zieht sich komplett durch ihre (Anti-)Diskriminierungspolitik. Diskriminierungsschutz ja, aber nur, wenn es nichts kostet bzw. den Unternehmen und der Wirtschaft nicht schadet. Trotzdem ist es verwunderlich, dass die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Frau Dr. Köppen, in e D s n v b v m d k s u s b t g z s f u w B R w b b t b p e n m B s a w d u d c n t s i d t g h F k A s v R s s Zu Protokoll ge (C (D inem Artikel in der „FAZ“ vor einer Erweiterung des iskriminierungsschutzes gewarnt hat. Nach ihrer An icht braucht der Schutz nicht hinsichtlich aller Diskrimiierungsmerkmale auch im Zivilrecht auf ein höheres Nieau gestellt werden. Frau Köppen sollte vielleicht lieber ei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgebererbände anheuern. Dort steht Demokratie ohnehin imer unter Finanzierungsvorbehalt. Zu guter Letzt möchte ich auf einen Punkt eingehen, er mir besonders am Herzen liegt. Die vorhandenen Disriminierungsmerkmale sind nicht umfassend. Ein entcheidender Ansatzpunkt millionenfacher Erniedrigung nd Benachteiligung taucht beim Diskriminierungschutz nicht auf: die soziale Herkunft und die sozialen Leensumstände. Soziokulturelle Herkunft und sozialer Staus haben in der kapitalistischen Gesellschaft eine sehr roße Auswirkung auf die Behandlung der Einzelnen und iehen eine daran anknüpfende Diskriminierung nach ich. Das Merkmal bietet in vielfältiger Weise Anknüpungspunkte für sozial verwerfliche und rechtsstaatlich nerträgliche Benachteiligungen. Sozial ausgegrenzt erden nicht nur Millionen Erwerbslose, sondern zum eispiel auch Menschen aus bestimmten Stadtteilen und egionen, denen Leistungen des „vertragsfreien Markts“ ie Funktelefon etc. nie zuteil werden. Eine der Auswirkungen der digitalen Erfassung kann eispielsweise schon dazu führen, dass man keinen Kredit ekommt, wenn man eine Wohnung im „falschen“ Stadteil hat. Beschwerden aus den unterschiedlichen Lebensereichen von Millionen Bürgerinnen und Bürgern staeln sich schon bei den Verbraucherschützern. Meist geht s um das sogenannte Verfahren „Scoring“ oder „Redliing“. Diese Verfahren helfen zum Beispiel Unternehen, aus käuflichen Informationen und Daten über die evölkerung so etwas wie eine Matrix des Makels zu ertellen, bei der Kunden aus bestimmten Regionen schon ufgrund ihres Wohnortes zu potenziellen Problemfällen erden. Anwohner von sogenannten Sperrbezirken weren diskriminiert, etwa wenn sie in Callcentern anrufen nd allein wegen der Herkunft ihrer Festnetznummer in er Warteschlange nach hinten durchgereicht werden. Die soziale Diskriminierung betrifft somit auch Bereihe, die sich eklatant auf die Betroffenen auswirken – ämlich auf dem Wohnungsund Arbeitsmarkt. Benacheiligungsverbote sind in diesen Bereichen durch Einchränkungen sogleich wieder abgeschwächt worden. So st „eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf ie Schaffung und Erhaltung sozialer stabiler Wohnstrukuren und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie auseglichner wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verältnisse“ zulässig. Derart offen und allgemein gehaltene ormulierungen lehnt Die Linke ab, denn sie öffnen Disriminierung im Wohnbereich Tür und Tor und führen das llgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Grunde ad aburdum. Wir wollen einen effektiven Diskriminierungsschutz erwirklichen. Das Gesetz soll grundsätzlich auf alle echtsgebiete Anwendung finden, es sei denn, spezialgeetzlicher Schutz ist weitergehend. Damit würde das Geetz wirksamen Schutz bieten und eine Gleichbehandlung Sevim DaðdelenSevim Dağdelen gebene Reden fördern, wie sie auch durch die Art. 1, 3 und 20 des Grundgesetzes vorgegeben ist. Nur durch eine solche generelle Anwendbarkeit des Gesetzes ist Rechtssicherheit gewährleistet, so dass allen Bürgerinnen und Bürgern und allen staatlichen Stellen ersichtlich ist, welches Verhalten rechtswidrig ist. Darüber hinaus ist uns ein zentrales Anliegen, dass die „soziale Herkunft oder die sozialen Lebensumstände“ als Diskriminierungstatbestand in den Katalog des AGG aufgenommen wird. Der Schutz vor Diskriminierung in Deutschland ist un zureichend. Der in dieser Woche veröffentlichte Bericht der EU-Grundrechteagentur zeigt erneut: Das nationale Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz her kaum. Im Jahr 2007 gab es in Deutschland keine einzige Sanktion wegen rassistischer oder fremdenfeindlicher Diskriminierung – im Gegensatz zu vergleichbaren europäischen Ländern. Auch in anderen Bereichen gibt es wenig Urteile, und die Summen der Entschädigungsund Schadensersatzzahlungen sind gering. Das Gerede über Gefahren für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist ebenso abwegig wie Warnungen vor der Belastung der Gerichte. Der Antrag der Linken weist in eine ähnliche Richtung wie die bereits vorliegenden Anträge von Bündnis 90/Die Grünen: Entschließungsantrag „Europäisches Jahr der Chancengleichheit für alle“ europäische Antidiskriminierungsrecht weiterentwickeln“ 15. Oktober eine Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss stattfinden. Dazu steuert Die Linke nun einen eigenen Antrag bei. Wir brauchen zweierlei: Erstens: Eine Nachbesserung des deutschen Antidiskriminierungsrechts. Die bestehenden Richtlinien müssen vollständig und europarechtskonform umgesetzt werden. Schwarz-Rot hat beim AGG Abstriche vom rot-grünen Entwurf vorgenommen. Die Folge von Abweichungen vom Europarecht sind Vertragverletzungsverfahren. In ihren Mahnschreiben beanstandet die Europäische Kommission unter anderem: Diskriminierte haben nur zwei Monate Zeit, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Die Beteiligung von Antidiskriminierungsverbänden an Gerichtsverfahren ist zu stark beschränkt. Im AGG fehlen Regelungen zum Schutz vor Entlassungen. Die Sanktionsregelungen bei Verstößen gegen Diskriminierungsverbote sind unzureichend. Sie setzen ein Verschulden des Arbeitgebers voraus. Das war in früheren Gesetzen zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder einer Behinderung nicht der Fall. Im Beamtenrecht sind Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen benachteiligt hinsichtlich Beihilfe, Familienzuschlag, Witwenoder Witwergeld. Die Ausnahmeklauseln für Kirchen und Religionsgemeinschaften sind zu weit gefasst. Zudem sind vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen Verbesserungsvorschläge von Sachverständigen und Nichtregierungsorganisationen zu berücksichti g A m e g V m m s z g s b R ( L h a r d d d E t r P f b r m v E v K b d d n r u n d d z D l g M r s c u r M w Zu Protokoll ge (C (D en. Dazu gehört auch eine aktivere Arbeit der ntidiskriminierungsstelle des Bundes. Zweitens: Das europäische Antidiskriminierungsrecht uss weiterentwickelt werden. Statt den Fortschritt auf uropäischer Ebene zu blockieren, sollte die Bundesreierung das vom Europäischen Parlament unterstützte orhaben der Kommission, eine neue, umfassende Rahenrichtlinie vorzulegen, unterstützen. Für die Merkale Geschlecht, Alter, Behinderung, Religion/Weltan chauung und sexuelle Orientierung ist europaweit umindest der hohe Schutzstandard erforderlich, der geen Diskriminierung aufgrund von „Rasse“ oder ethnichen Herkunft besteht. Der Grundsatz „gleiches Recht für alle“ ist im AGG ereits verwirklicht. In diesem Punkt ist das deutsche echt dem europäischen ausnahmsweise einmal voraus. Dafür haben sich Grüne lange eingesetzt, und auch die inke erkennt nun an, dass sich dieser Ansatz gelohnt at.)


(A) )


(B) )





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(B) )

Jürgen Kucharczyk (SPD):
Rede ID: ID1617238900
Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1617239000




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(B) )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617239100




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(B) )

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617239200







(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617239300
Dr. Rolf Koschorrek (CDU):
Rede ID: ID1617239400

(A) )


(B) )

Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1617239500
Dr. Konrad Schily (FDP):
Rede ID: ID1617239600




(A) )


(B) )

Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617239700
Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617239800




(A) )


(B) )

Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1617239900







(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617240000
Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1617240100
Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1617240200

(A) )


(B) )

Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1617240300




(A) )


(B) )

Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617240400




(A) )


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(A) )


(B) )

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617240500
usgerechnet Deutschland dagegen sperrt, dass dieser
ichtige Ansatz auch im Europarecht verankert wird.

Es ist schön, dass nun auch die Linke das Thema Anti-
iskriminierung entdeckt hat und dass sie zumindest bei
iesem Thema ihre Europhobie suspendiert. Das Prinzip
er Nichtdiskriminierung ist einer der Grundpfeiler der
uropäischen Union. Mit dem von der Linken abgelehn-

en Vertrag von Lissabon würde die Antidiskriminie-
ungspolitik noch weiter ins Zentrum der europäischen
olitik rücken. Fortschritte könnten nicht mehr so ein-

ach durch Njet-Sager wie die deutsche Bundesregierung
lockiert werden. Zudem würde die Europäische Grund-
echte-Charta rechtsverbindlich, in der es heißt: „Diskri-
inierungen …wegen … der sexuellen Ausrichtung sind

erboten.“

Statt Tiraden über die angeblich turbokapitalistische
U loszulassen, stützt sich die Linke in diesem Antrag
öllig zu Recht auf die Positionen der Europäischen
ommission, die auch vom Europäischen Parlament mit
reiter Mehrheit geteilt werden und der Rechtsprechung
es Europäischen Gerichtshofs entsprechen. Dass nun
ie Linke dieses Anliegen unterstützt, bedeutet allerdings
icht umgekehrt, dass es sich beim Antidiskriminierungs-
echt um ein sozialistisches Projekt handelte, wie Union
nd FDP glauben machen. Vorreiter bei der Antidiskrimi-
ierung sind Länder wie Großbritannien und Irland. Von
iesen Ländern wird sich kaum behaupten lassen, dass
ort der Sozialismus ausgebrochen oder die Wirtschaft
usammengebrochen wäre.

Auch in Deutschland haben moderne Unternehmen in
eutschland längst erkannt, dass Diskriminierung sie

angfristig viel teurerer zu stehen kommt als Maßnahmen
egen Diskriminierung. Warum soll es also erlaubt sein,
enschen wegen ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts, ih-

es Alters, einer Behinderung, ihres Glaubens oder ihrer
exuellen Identität von gleichen Arbeits- und Aufstiegs-
hancen auszuschließen oder sie beim Zugang zu Gütern
nd Dienstleistungen zu benachteiligen? Diskriminie-
ung verzerrt den Wettbewerb. Dieser Verfälschung des
arktes kann mit Mitteln des Rechts entgegengewirkt
erden. Darum setzen sich europaweit auch Liberale für




Sevim DaðdelenSevim Dağdelen
gebene Reden






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

eine effektive Antidiskriminierungsgesetzgebung ein. Die
Liberalen stimmten am 20. Mai 2008 einer Entschließung
des Europaparlaments zu, in der Maßnahmen für einen
effektiveren Schutz vor Diskriminierung gefordert wer-
den. Nur eine liberale Partei stimmte dagegen: die deut-
sche FDP.

Antidiskriminierung ist aber an sich weder ein linkes
noch ein rechtes Projekt. Es geht nicht um Ideologie, son-
dern um die Gewährleistung von Grundrechten. Es sollte
im Sinne aller Parteien sein, dem Grundsatz der gleichen
Menschenwürde Geltung zu verschaffen.


Gert Winkelmeier (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617240600

Es ist bedauerlich, dass ein für das Zusammenleben in

einer Gesellschaft so wichtiges Thema wie das Antidiskri-
minierungs- und Gleichstellungsrecht in diesem Hause
unter Ausschluss der Öffentlichkeit mitten in der Nacht
abgehandelt wird. Dabei wären die Entwicklungen der
letzten Monate Grund genug gewesen, wieder vor aller
Augen und Ohren darüber zu debattieren, wer und warum
in Deutschland benachteiligt wird.

Ich erinnere mich mit Grausen an das Feilschen der
Koalitionspartner, als das Gesetz vor zwei Jahren verab-
schiedet wurde. Herausgekommen ist ein unzulänglicher
Kompromiss, den Anfang dieses Jahres auch die Europäi-
sche Kommission beanstandet hat. Bisher aber hat die
Bundesregierung noch keinerlei Anstalten gemacht, auf
die Vorhaltungen durch den zuständigen EU-Kommissar
Spidla zu reagieren. Deshalb ist der Antrag der Fraktion
Die Linke berechtigt und notwendig.

Es ist bekannt, dass die Bundesjustizministerin keiner-
lei Nachbesserungsbedarf sieht und der CSU-Landes-
gruppenchef lieber über Herrn Spidla herzieht, als die
Mahnungen ernsthaft zu prüfen. Diese Mahnungen könn-
ten auch als willkommener Anlass genommen werden,
das Gesetz an der einen oder andere anderen Stelle nach-
zubessern.

Warum wehrt sich die Union so vehement dagegen,
dass ein Partner aus einer eingetragenen Lebenspartner-
schaft nach dem Tod des Gefährten Anrecht auf Witwen-
oder Witwergeld erhält? Dadurch würde mitnichten, wie
die CSU es behauptet, eine solche Partnerschaft der Fa-
milie gleichgestellt. So weit sind wir in Deutschland
lange noch nicht.

Warum erhalten die Kirchen in Deutschland Sonder-
rechte, wenn es um die religiöse Diskriminierung geht?
Das beste, gern verwendete Beispiel ist die Reinigungs-
kraft, die in einer katholischen Schule nicht putzen darf,
weil sie selbst nicht katholisch ist. Das klingt nicht nur
absurd, es ist absurd. Aber es ist vorgekommen.

Gestern ließ die „Financial Times Deutschland“ ver-
lauten, dass Brüssel im Streit um die Diskriminierungs-
richtlinie entgegenkommen wolle, weil insbesondere
Unionsparteien und Wirtschaftsverbände Sturm liefen.
Worte wie „Bürokratieungeheuer“ (Söder/CSU), „EU-
Überregulierung“ (Bosbach/CDU) machten die Runde,
und der Arbeitgeberpräsident Hundt war der Richtlinie
wegen mit „allergrößter Sorge“ erfüllt und befürchtete

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(C (D usatzkosten, mehr Bürokratie und Rechtsunsicherheit ür die Betriebe. Für meinen Teil kann ich nur hoffen, dass die Meldung us der „FTD“ nicht der Realität entspricht. Antidiskriinierung ist halt nicht zum Nulltarif zu haben. Der Ge etzentwurf, den der EU-Kommissionsvorsitzende arroso am 2. Juli vorlegen will – das Europaparlament atte die Verschärfungen beschlossen –, wird es zeigen. Fest scheint aber zu stehen, dass in einigen Ländern und leider eben auch in Deutschland – die bereits gel enden Richtlinien nur unzureichend umgesetzt werden. er am Dienstag veröffentlichte Bericht der zuständigen U-Grundrechteagentur eutlich. Bis Ende 2007 sind in diesem Land keinerlei anktionen wegen Diskriminierung aus rassistischen der ethnischen Gründen verhängt worden. Mir kann nieand erzählen, dass es solche Diskriminierungen nicht egeben hätte. In Großbritannien kam es im gleichen eitraum zu 95 Geldstrafen allein wegen Diskriminieung am Arbeitsplatz. Wir täten also gut daran, uns selbst etwas mehr auf die inger zu schauen und Mahnungen, die anscheinend be echtigt vonseiten der EU ausgesprochen werden, ernst u nehmen. Es wird Überweisung der Vorlage auf Druck ache 16/9637 an die in der Tagesordnung aufgeführten usschüsse vorgeschlagen. – Es gibt keine Einwände. ann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 33 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rahmenbedingungen für eine nachhaltige internationale Investitionspolitik schaffen – Multilaterale Regeln für Staatsfonds entwickeln – Drucksache 16/9612 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Hierzu hätten die Kollegen Alexander Dobrindt, r. Ditmar Staffelt, Rainer Brüderle, Ulla Lötzer sowie erstin Andreae Reden halten können, die sie aber freiillig zu Protokoll geben. Die globale Finanzwirtschaft stellt uns vor neue Auf aben: Alle Wirtschaftszweige werden zum internationaen Investitionsobjekt, und gleichzeitig spielen nationale nteressen keine Rolle mehr. Die Politik muss allerdings in der Lage sein, diese ationalen Interessenlagen gegenüber nicht marktwirtchaftlich begründeten Investitionen zu schützen. Deswe gen ist es richtig, eine Investitionskontrolle bei begründeter Gefahr für die öffentliche Sicherheit einzuführen. Unser Ziel ist es, die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft auch im globalen Ordnungsrahmen zu verankern. Gerade im Jahr 2008, nach 60 Jahren sozialer Marktwirtschaft, wollen wir diesen Prinzipien treu bleiben. Wir wissen, eine Freiheit ohne Ordnung führt zu Unfreiheit und Ungerechtigkeit. Wir wissen ebenso: Freiheit und Verantwortung gehören zusammen. Wir wollen einen weltweiten Wettbewerb, in dem Freiheit und Fairness gleichermaßen gewährleistet sind. Wir müssen für eine nationale, strategische Standortpolitik mit dem Ziel stehen, die Zukunftsfähigkeit Deutschlands in Europa und der Welt zu gewährleisten. Wir wollen den Menschen in unserem Land auch im Zeitalter der Globalisierung die Freiheit der Entfaltung garantieren und eine verlässliche Umwelt schaffen. Dadurch können wir den Menschen Chancengleichheit bieten. Dafür müssen wir unsere nationalen Interessen definieren und uns für deren Durchsetzung auf europäischer bzw. globaler Ebene einsetzen. Das Risiko der Globalisierung darf und kann nicht der einzelne Mensch – das Individuum – abfedern. Hier muss die Politik einspringen und den Menschen und den Unternehmen in Deutschland zur Seite stehen. Es ist eben auch unsere Aufgabe, Gefahren zu erkennen und zu bannen. Ausländische Staatsfonds können attraktive Investoren sein, müssen sie aber nicht. Genau aus diesem Grund sind wir für eine staatliche Prüfmöglichkeit von Investitionen, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden könnten. Daher begrüße ich die Absicht des Bundeswirtschaftsministers Michael Glos, das Außenwirtschaftsgesetz zu ändern und eine Kontrollmöglichkeit bei ausländischen Direktinvestitionen in deutsche Unternehmen einzubauen. Wir wissen: Deutschland ist weltweit einer der attraktivsten Investitionsstandorte und profitiert seinerseits von offenen Märkten. Im „Weltinvestitionsbericht 2007“ der UNCTAD rangiert Deutschland unter den zehn attraktivsten Investitionsstandorten. Ausländische Unternehmen investierten bei uns mit knapp 43 Milliarden US-Dollar rund 20 Prozent mehr als noch im Jahr 2005. Seit 2005 stiegen die deutschen Auslandsinvestitionen um 43 Prozent auf knapp 80 Milliarden US-Dollar. Deutsche Unternehmen sichern mit ihren Investitionen rund 5 Millionen Arbeitsplätze im Ausland, und umgekehrt sind 2,2 Millionen Deutsche für ausländische Arbeitgeber im Inland tätig. Mit anderen Worten: Für Deutschland ist die Investitionsfreiheit ein Stützpfeiler für Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Beschäftigung. Aus gutem Grund haben wir uns dafür eingesetzt, die Investitionsfreiheit in der G-8-Gipfel-Erklärung von Heiligendamm hervorzuheben. Unser Land soll offen bleiben und es wird offen bleiben. Aus gutem Grund unterstützt Deutschland beispielsweise den Internationalen Währungsfonds bei seiner Forderung nach mehr Transparenz und Verhaltensregeln für Staatsfonds. Denn es ist nicht auszuschließen, dass einzelne ausländische Erwerber mit i d K t c I n g v o v w w k w d z A v i s g t c S s S I z i G u z g d S d d B R d t b f u d D d s t r h Zu Protokoll ge (C (D hren Investitionen auch politische Ziele verfolgen. In iesen sehr engen Ausnahmefällen muss die Regierung ontrollmöglichkeiten haben. Daher gibt es einen Gesetzentwurf, der vorsieht, Invesitionsvorhaben auf ihre Vereinbarkeit mit der öffentlihen Sicherheit überprüfen zu können. Die Prüfung einer nvestition soll an enge Fristen gebunden sein, um Unterehmen und Investoren möglichst viel Rechtssicherheit zu eben. Konkret soll sich die Prüfungspflicht nur auf Inestitionen beschränken, die die öffentliche Sicherheit der Ordnung gefährden. Das von der Bundesregierung orgelegte Gesetz würde seine beste Wirkung entfalten, enn es in der Praxis nie angewandt werden müsste. So ird es dann seiner beabsichtigten, abschreckenden Wirung gegenüber unerwünschten Staatsfonds voll gerecht. Zusammengefasst: Die Zielrichtung des Gesetzenturfs der Bundesregierung ist ausschließlich der Schutz er nationalen Sicherheit. Das grundsätzliche Bekenntnis ur Investitionsfreiheit wird dabei nicht infrage gestellt. ber ein gesetzlicher Schutz sensibler deutscher Firmen or Übernahmen fragwürdiger ausländischer Investoren st nur ein konsequenter Schritt, die soziale Marktwirtchaft in Deutschland zu stärken. Uns liegt der Antrag der Grünen „Rahmenbedingun en für eine nachhaltige internationale Investitionspoliik schaffen – Multilaterale Regeln für Staatsfonds entwikeln“ vor, indem sich die Grünen zum Umgang mit den taatsfonds und anderen Fonds äußern. Was fordern die Grünen in ihrem Antrag? Die Grünen tellen 14 Forderungen zur Investitionskontrolle von taatsfonds und anderen Fonds an die Bundesregierung. m Wesentlichen wollen die Grünen keine nationalen Einellösungen, sondern fordern die Bundesregierung auf, nternationale Gemeinschaftslösungen anzuregen. Die rünen sprechen dabei durchaus viele Punkte an, die von ns geteilt werden. Wir unterstützen ausdrücklich, dass unehmend mehr vereinbarte globale Standards in den lobalen Institutionen durchgesetzt und angewendet weren. Das gilt unter anderem für soziale und ökologische tandards in der WTO, wie auch von den Grünen geforert. Multilaterale Regeln allgemein zu formulieren wie in em vorliegenden Antrag, reicht hier jedoch nicht. Die undesregierung hat bereits eine solche Initiative im ahmen des Heiligendamm-Prozesses angestoßen und amit mehr erreicht, als wir uns vorstellen konnten. Uner dem deutschen Vorsitz haben die G-7-Finanzminister eispielsweise den von den Grünen in diesem Antrag georderten Dialog mit den Staatsfondsländern begonnen, m so die Forderung der Transparenz insbesondere bei em Anlageverhalten von Staatsfonds zu unterstützen. ie Bundesregierung handelte hier deutlich schneller als ie Grünen, die erst mit diesem Antrag diese Forderung tellen. Initiiert durch die deutsche Bundesregierung baen die G-7-Finanzminister sowohl den IWF, Verhaltensegeln für die Staatsfondsländer, als auch die OECD, Veraltensregeln für die Empfängerländer zu erarbeiten. Alexander Dobrindt gebene Reden Insgesamt behandeln die Grünen einen sehr komplexen Bereich leider nur sehr allgemein. Es wird mit Überschriften gearbeitet, statt konkret tiefer in die Materie einzusteigen. Das wird beispielsweise deutlich, wenn die Grünen fordern, dass „monopolistische und oligopolistische Strukturen“ verhindert werden müssen. Hier finden sich Formulierungen, die in der Sache nicht weiterführen. Und bitte sagen sie uns: Wer will die Einstufung von Investoren als marktgefährdend vornehmen und für verbindlich erklären, wie von Ihnen in Punkt 12 gefordert? Wo und wer will Grenzen ziehen zwischen den Staatsfonds in Norwegen, in den Emiraten, in Russland, in China und anderswo? Dies alles wird ein sehr behutsamer Prozess sein müssen. Nur so wird eine globale Verbindlichkeit erreicht werden können. Ihr Antrag ist leider ein zu allgemeines Sammelsurium von Einzelmaßnahmen und politischen Absichtserklärungen. Die Grünen verlangen in ihrem Antrag multilaterale Maßnahmen. Die Bundesregierung möge sich „für ein multinationales Investitionsabkommen auf globaler Ebene“ einsetzen. Dieser Ansatz der Grünen, einheitliche Lösungen in den internationalen Gremien wie EU und IWF zu finden, ist zwar durchaus begrüßenswert, jedoch wird sich dieser Wunsch aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in den internationalen Institutionen kurzfristig kaum durchsetzen lassen. Deshalb werden wir zunächst national agieren müssen, ohne dabei das Augenmaß für die Investitionsfreiheit zu verlieren. Wir teilen die Ansicht der Grünen, dass der Deutsche Bundestag Instrumente der Investitionskontrolle in Deutschland dann ablehnen sollte, „wenn sie die Planungsund Rechtssicherheit für die Investoren und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der klaren Kalkulierbarkeit missachten und rein als nationale Abwehrstrategie gestaltet sind“. Gleichwohl wird über das Außenwirtschaftsgesetz ein Instrumentarium eingeführt, das Deutschland vor unzulässigen Eingriffen schützt. Es wird derzeit ein Gesetzentwurf durch die Bundesregierung erarbeitet, das diesem Ziel im Ausnahmefall dienen soll. Damit wird Deutschland das nachvollziehen, was in den USA und anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Großbritannien, Schweden und Italien längst gilt. Dabei geht es nicht darum, einen Generalverdacht gegenüber Staatsfonds oder anderen Investoren zu begründen, sondern eventuelle Risiken für die nationalen Sicherheitsinteressen abzufedern. Dazu wird das derzeitige Außenwirtschaftsgesetz um ein Prüfverfahren erweitert werden, das den Erwerb von ausländischen Investitionsbeteiligungen an nationalen Unternehmen in seltenen und gut begründeten Fällen prüfen soll. In Fällen, in denen die Investition die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, soll eine Beteiligung untersagt und so das nationale Sicherheitsinteresse gewahrt werden können. Wir sollten bei allen Regelungen immer darauf achten, dass Deutschland selbstverständlich ein großes Interesse an ausländischen Investitionen hat. Bereits heute sind ausländische Investoren für die Erhaltung von zahlreichen Arbeitsplätzen verantwortlich und im Bereich der Zukunftsindustrien wichtige Partner. Die Bundesregie r s a p 2 d m b d s r u s g l t i b F i s o D a i n u h s s w U h s M b d B e a D r b l s f s l M s W m Zu Protokoll ge (C (D ung muss dafür Sorge tragen, dass der deutsche Wirtchaftsstandort weiterhin für internationale Investitionen ttraktiv bleibt. Nur so können wir unsere Stellung als Exortland dauerhaft erhalten. Wir erwarten, dass der G-8-Gipfel in Japan im Juli 008 einen weiteren internationalen Anstoß in Fragen er Staatsund Hegdefonds, Private-Equity-Unternehen und damit für die Transparenz und Kontrolle der gloalen Finanzmärkte geben wird. Der Bundestag tut gut aran, sich dieses Themas weiter anzunehmen. Dies ollte jedoch konkreter erfolgen, als es die Grünen mit ihem Antrag tun. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. Deutschland profitiert vom internationalen Handel nd der Globalisierung wie kaum ein Land sonst. Deutche Produkte sind fast überall auf der Welt gefragt. Umekehrt bietet der Welthandel uns Produkte und Diensteistungen, die wir selbst gar nicht oder nur deutlich eurer herstellen könnten. Wir profitieren auch von ausländischem Kapital, das n deutsche Unternehmen investiert wird. Das schafft Areitsplätze bei uns und erhöht unseren Wohlstand. Diese reiheit des Kapitalverkehrs müssen wir uns erhalten. Sie st nicht zuletzt unverzichtbarer Bestandteil des europäichen Binnenmarkts und Grundlage unserer Wirtschaftsrdnung. Protektionistischen Tendenzen, wie sie in der iskussion um die Abschottung Deutschlands gegenüber usländischen Staatsfonds in den vergangenen Monaten mmer wieder bedient wurden, sollte der Bundestag nicht achgeben. Sorgen, ausländische Eigentümer könnten nser Land lahmlegen wollen, sind unbegründet. Das seen offensichtlich auch die Bundesregierung und deutche Staatsunternehmen wie die Deutsche Bahn so, wenn ie jetzt aktiv um Investitionen der russischen Staatsbahn erben. Auf Wettbewerbsmärkten ist es kein Problem, wenn ein nternehmen auch ausländische Staaten als Eigentümer at. Um in der Konkurrenz bestehen zu können, müssen ich alle ökonomisch verhalten. Auch China will keine illiarden an Staatsvermögen in den Sand setzen. Hier rauchen wir also überhaupt keine Beschränkungen, weer Meldepflichten noch besonders geschützte einzelne etriebe. Wenn durch Unternehmensübernahmen die Struktur ines Marktes gefährdet wird, ist es Aufgabe des Kartellmts, dies zu prüfen und gegebenenfalls einzuschreiten. as Bundeskartellamt war in den 50 Jahren seines bishe igen Bestehens immer ein Garant dafür, dass der Wettewerb in Deutschland geschützt wird und sich Monopoisierungstendenzen nicht durchsetzen können. Warum ollten die Wettbewerbshüter in Zukunft nicht genauso erolgreich weiterarbeiten? Selbstverständlich ist es nicht innvoll, ein staatliches, halbstaatliches oder privates inändisches Monopol durch ein ausländisch beeinflusstes onopol zu ersetzen. Die Antwort kann aber nicht Abchottung lauten; die Antwort muss Wettbewerb lauten. ettbewerb ist und bleibt das beste Entmachtungsinstruent. Dr. Ditmar Staffelt gebene Reden Es gibt natürlich Märkte, auf denen sich Wettbewerb nicht durchsetzen lässt. In Märkten mit natürlichen Monopolen, auf denen kein Wettbewerb herrschen kann, muss aber auch nicht zwischen guten und unerwünschten Investoren unterschieden werden. Hier muss straff reguliert werden, aber nicht mit Eigentumsverboten, sondern über eine Verhaltensregulierung. Die FDP hat vorgeschlagen, den Instrumentenkasten des Kartellamts um ein Entflechtungsinstrument als Ultima Ratio zu erweitern. Wer sich als marktbeherrschendes Unternehmen dauerhaft wettbewerbswidrig verhält, muss die Konsequenzen zu spüren bekommen. Wenn die Grünen das in ihrem Antrag jetzt auch aufgreifen, ist das zu begrüßen. In der Vergangenheit haben wir uns bemüht, mehr Direktinvestitionen ins Land zu holen, und haben im Ausland dafür geworben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ausländische Staatsfonds nun ihre kompletten Reserven in Deutschland anlegen wollen, ist allerdings gering. Jeder vernünftige Investor streut seine Anlagen. Wenn die freien Devisenreserven alle in die G-7-Länder fließen würden, und zwar proportional zum jeweiligen Bruttoinlandsprodukt der Empfängerländer, wäre das für Deutschland ein im Vergleich zur Wirtschaftskraft und zu den bestehenden ausländischen Investitionen eher geringes Volumen. Realistisch dürfte sein, dass sich die ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland künftig um einige Prozent erhöhen – jedenfalls wenn wir den Investoren keine Knüppel zwischen die Beine werfen. Mehr ausländische Investitionen in Deutschland sind alles andere als ein Anlass zur Sorge und schon gar kein Grund, Industriepolitikern eine Spielwiese für staatliche Eingriffe in die Wirtschaft zu schaffen – auch nicht für ökologische und soziale Standards im Kapitalverkehr. Statt den Freihandel jetzt infrage zu stellen, muss Deutschland ein ganz anderes Ziel verfolgen: Wir sollten darauf dringen, dass die Welthandelsorganisation neben dem Freihandel auch den Wettbewerb schützt. Deutschlands Schicksal hängt von offenen Märkten und mehr Wettbewerb ab. Wir sollten uns auch auf europäischer und internationaler Ebene dafür einsetzen, dass die politische Einflussnahme auf ausländische Direktinvestitionen überall verringert wird. Wir brauchen keinen Protektionismus. Das Außenwirtschaftsgesetz muss internationalen Handel und Investitionen unterstützen und nicht unterbinden. Deshalb gilt es, international für mehr Transparenz auf den Kapitalmärkten zu werben und das Wettbewerbsrecht konsequenter anzuwenden. Ich begrüße für Die Linke im Bundestag, dass jetzt auch die Grünen Direktinvestitionen nachhaltig regulieren wollen. Angesichts des gestiegenen Einflusses grenzüberschreitend tätiger Unternehmen und Finanzinvestoren ist das ein wichtiger Schritt, ihnen gegenüber Gestaltungsmacht zurückzugewinnen, sie auf Menschenrechte und soziale und ökologische Ziele zu verpflichten. Es ist ein legitimes Interesse der verschiedenen staatlichen Ebenen aus industrieoder sozialpolitischen Gründen oder ökologischen Interes s ü g d v d H m s I w v d d A b d s r n I m t b w r d g m T d m F S p s S t d ö B s F n a d n i P a d g D Zu Protokoll ge (C (D en die Kapitalverkehrsfreiheit einzuschränken oder ber öffentliche Unternehmen bzw. öffentliche Beteiliung an privaten Unternehmen, politischen Einfluss auf as Wirtschaftsgeschehen zurückzugewinnen. Wir haben deshalb in dieser Legislaturperiode bereits iele Instrumente dazu vorgelegt. Zum einen Anträge, mit enen die Interessen von Finanzinvestoren, seien es edgefonds, Private Equity-Fonds oder Staatsfonds, die it Übernahmen und Beteiligungen kurzfristig Rendite teigerungen zulasten von Beschäftigung und langfristigen nteressen des Unternehmes erreichen, eingeschränkt erden. Ein Mittel dazu ist die gesetzliche Beschränkung on übermäßig kreditfinanzierten Unternehmenskäufen, as Verbot von Sonderausschüttungen, sogenannte Golene Aktien und alle Maßnahmen, die die Haltdauer von ktien verlängern. Da von diesen Entscheidungen vor allem Beschäftigte etroffen sind, ist für uns der Ausbau der Mitbestimmung abei zentral: Beschäftigte müssen rechtzeitig und umfasend informiert werden, wenn ein oder mehrere Investoen für den Kauf von Anteilen in erheblicher Höhe an eiem Unternehmen bieten. Nur auf Grundlage frühzeitiger nformation wird es Gewerkschaften und Betriebsräten öglich, den Verkauf eines Unternehmens oder von An eilen an einem Unternehmen mit dem Unternehmer zu eraten und wenn nötig gegen dieses Geschäft initiativ zu erden. Betriebsräten und Gewerkschaften ist dazu ein Vetoecht bei wesentlichen Beteiligungen einzuräumen, wenn iese Arbeitsplätze oder den Bestand des Unternehmens efährden und den Gewerkschaften das Recht einzuräuen, die Beteiligung vom Abschluss eines ergänzenden arifvertrags abhängig zu machen. Darüber hinaus forern wir die Ausweitung der paritätischen Mitbestimung und der Befugnisse des Aufsichtsrates in diesen ragen. Seit langem diskutiert die Bundesregierung jetzt über taatsfonds. Wir werden hoffentlich nach der Sommerause endlich erfahren, wie sie deren Einfluss auf senible Unternehmen im Inland begrenzen will. Der beste chutz für die Leistungen der Daseinsvorsorge und zenrale Infrastrukturen wie die Deutsche Bahn ist allerings, sie erst gar nicht zu privatisieren oder wieder in die ffentliche Hand zu überführen. Solange diese wichtigen ereiche aber nicht in öffentlicher Hand sind, treten wir chlicht und einfach dafür ein, deren Übernahme durch inanzinvestoren zu verbieten und damit meinen wir icht nur Staatsfonds, sondern auch Hedge-Fonds und ndere. Die Bundesregierung will sicherheitsrelevante inlänische Unternehmen vor dem Einfluss ausländischer Fianzinvestoren schützen. Gleichzeitig betreibt sie auf nternationaler Ebene bei der WTO, im Heiligendammrozess, mit Global Europe und über bilaterale Handelsbkommen die Durchsetzung der Investitionsfreiheit für ie eigenen Exportunternehmen. Das lehnen wir ab. Wer sich selbst die Regulation von Investitionen zuesteht, muss dies auch anderen Ländern ermöglichen. eshalb fordern wir die Bundesregierung auf, in interna Rainer Brüderle gebene Reden tionalen Verhandlungen das Recht aller Staaten auf Kapitalverkehrskontrollen zu unterstützen, um die Steuerung und soziale sowie ökologische Qualität von Direktinvestitionen in den Geber-, als auch in den Nehmerländern zu garantieren. Die bisherigen Erfahrungen mit dem von der OECD vorgelegten multilateralen Investitionsabkommen, MAI, den WTO-Verhandlungen zum Thema Handel und Investitionen oder den multiund bilateralen Freihandelsabkommen haben gezeigt, das allein unter dem Dach der UN ein alternatives multilaterales Investitionsregime entwickelt werden kann, das transnationale Konzerne wirksam auf soziale und ökologische Ziele verpflichtet und die staatliche Verantwortung für die Leistungen der Daseinsvorsorge absichert. Seit dem Landtagswahlkampf in Hessen warnt die Union vor der Macht der Staatsfonds. Im Herbst letzten Jahres gab es einen Gesetzentwurf, ab 25 Prozent ausländischer Beteiligung an Unternehmen dem Wirtschaftsministerium das letzte Wort zu geben. Erst ging es gegen Staatsfonds. Dann warnte Wirtschaftsminister Glos vor dem Einfluss russischer Firmen auf das deutsche Energienetz und verkämpfte sich zeitgleich in Brüssel gegen eine Regelung, die die Macht im Energiebereich begrenzen und dem Staat mehr Wettbewerbskontrolle ermöglichen soll. Die Ressortabstimmung hat dieser Entwurf nicht verlassen und machte immer wieder erstaunliche Metamorphosen durch. Da wollte der Arbeitsminister mitreden, dann sollte das ganze Kabinett entscheiden. Dann verkündete Glos, noch vor der Sommerpause solle es ein Gesetz geben. Jetzt kündigt er es für nach dem Sommer an. Und – last but not least – jetzt meldet sich auch Roland Koch wieder zu Wort. Ein Ausweis von Fachkompetenz ist sein Artikel in der „Financial Times Deutschland“ vom Montag nicht. Die Beteiligung des chinesischen Staatsfonds an Blackstone zitiert er als Kronzeugen für eine politisch gesteuerte Einflussnahme. Thema verfehlt: Die Blackstone-Aktien, die China gekauft hat, sind alle stimmrechtslos. Was treibt Koch und die Union? Bereiten sie sich schon auf den nächsten Hessen-Wahlkampf vor? Richtig: Zunehmend engagieren sich weltweit staatliche Fonds. Viele Menschen befürchten, dass sie die Geschicke der Unternehmen beeinflussen könnten. Deswegen brauchen wir gemeinsame Regeln, die staatlichen Finanzinvestitionen einen Handlungsrahmen geben. Wir sollten aber auf Panikmache verzichten. Und wir sollten kein Gesetz durchwinken, das ausländische Investoren unter Generalverdacht stellt und dem Investitionsstandort schadet. Eine politische Einflussnahme der Fonds wird zwar befürchtet, ist aber noch nie erfolgt. Bei Blackstone hat China selbst bewusst stimmrechtslose Aktien verlangt. Und in der Finanzkrise in der Schweiz hat der Staatsfonds aus Singapur eine sehr positive Rolle bei der Absicherung der schwankenden UBS-Bank übernommen. Wir sollten auch die Größenordnungen klar benennen. Bei den ausländischen Direktinvestitionen in Deutsch l z E b t p I w n u b g n S a d s v ö f I t d e n s a w t B l n z D u s s D c B n M g r m b D d k s w F Zu Protokoll ge (C (D and kommen bisher 0,05 Prozent aus China und 0,2 Proent aus Russland. Wer da vor einer Verdreifachung des ngagements warnt, sollte diese Dimensionen klar haen. Er sollte auch wissen, dass wir ausländische Invesoren brauchen. Aus Deutschland fließt schließlich dopelt so viel Kapital ins Ausland, wie zurückkommt. Die internationalen und europäischen Gremien und nstitutionen haben begonnen, multilaterale Lösungsege zu entwickeln. Diese Regelungen müssen auf interationaler oder auf europäischer Ebene weiterentwickelt nd umgesetzt werden. Wir wollen eine verantwortungsewusste deutsche Beteiligung an der internationalen Reelsetzung und keinen nationalen Alleingang. Protektioismusdrohungen tragen zur Problemlösung nichts bei. ie schaden dem Investitionsklima und verunsichern uch erwünschte langfristig orientierte Anleger. Unser Antrag zum Thema formuliert einen sinnvollen eutschen Beitrag zu dieser Debatte. Deutschland sollte ich einsetzen, für die Beteiligung an multilateralen Inestitionsabkommen auf globaler Ebene, für soziale und kologische Standards im internationalen Handel sowie ür internationale Regeln, die mehr Transparenz in der nvestitionspolitik der Fonds schaffen. Statt monatelang Gesetzesänderungen hinund herzuragen, die in der Sache nichts bringen, soll sich die Bunesregierung für eine gemeinsame europäische Initiative insetzen, durch die Investitionsregeln in der EU harmoisiert werden. Machtbegrenzungen in Unternehmen sind chon lange nötig. Wenn wir sie umsetzen, schützen sie uch vor unerwünschtem Einfluss von außen. Das Bundeskartellamt arbeitet seit Jahren mit viel zu enig Personal. Wenn die Regierung die Wirtschaftskon rolle verbessern will, muss sie hier mit dem nächsten undeshaushalt für Aufstockung sorgen und kann Hand ungsfähigkeit demonstrieren. Der Haushalt geht ja die ächsten Wochen durchs Kabinett. Wer Deutschland vor fehlgeleiteten Monopolen schüten will, kann schon heute im Energiebereich anfangen. a steuern vier Konzerne fast die ganze Stromerzeugung nd bestimmen über die Netze. Eine deutsche Netzgesellchaft mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung wäre ein weentlicher Beitrag, um dieses Machtkartell zu brechen. as deutsche Wettbewerbsrecht ist insgesamt voller Lü ken. Wer Wirtschaftsmacht begrenzen will, muss in allen ereichen gegen Monopole vorgehen. Die Konzentration immt zu, nicht nur bei Strom, Gas und Lebensmitteln. arktgefährdende Investoren sind ein Problem, das ins esamt gelöst werden muss. Wer sicherheitsrelevante Beeiche schützen will, muss auch klar sagen, was damit geeint ist, und nicht im Ungefähren bleiben wie alle isherigen Vorschläge aus dem Hause Glos. Wir müssen jetzt mit Augenmaß handeln. Richtig ist: ie Bedeutung der Staatsfonds nimmt zu. Durch sie weren Währungsreserven investiert, Wechselkursschwanungen abgesichert oder Preisschwankungen bei Rohtoffen ausgeglichen. Und das ist immer mehr nötig. Genau dabei sind die Fonds einer hohen Renditeerartung unterworfen. Politische Einflussnahme über ondsinvestitionen würde dem Renditeziel widerspre Ulla Lötzer gebene Reden Kerstin Andreae chen. Da gibt es Grenzen. Es spricht einiges dafür, jetzt für Klarheit bei den Regeln zu sorgen, aber auch für eine Offenheit bei Investitionen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, Deutschland würde sich gegen ausländisches Kapital wehren. Wir brauchen es und müssen es willkommen heißen. Ein verantwortungsvoller Vorschlag für gemeinsame internationale Regeln schafft Vertrauen und ist zielführend. Er muss jetzt engagiert vertreten werden. Dafür steht unser grüner Antrag. Die Regierung wäre gut beraten, ihn genau zu lesen und umzusetzen, statt weiter populistisch am Thema vorbeizuagieren. Die Vorlage auf Drucksache 16/9612 soll nach einer Vereinbarung der Fraktionen an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse überwiesen werden. – Es gibt keine Einwände. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 34 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses dem Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Patrick Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Gegen Geheimniskrämerei – Entscheidungen kommunaler Gesellschaften transparent gestalten – Drucksachen 16/395, 16/9732 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Günter Krings Klaus Uwe Benneter Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Wolfgang Nešković Jerzy Montag Die Reden der Kollegen Dr. Günter Krings, Klaus Uwe Benneter, Max Stadler, Katrin Kunert und Britta Haßelmann werden nicht wegen vereinbarter Geheimniskrämerei, sondern zur Beschleunigung der Abwicklung der Tagesordnung zu Protokoll gegeben und bleiben auf diesem Weg transparent. Die Beratungen haben gezeigt, dass das Anliegen der FDP kommunalpolitisch zum Teil verständlich ist, aber gesellschaftsrechtlich kein Handlungsbedarf besteht. Die Probleme, die die FDP in ihrem Antrag anspricht, betreffen nicht das GmbH-Recht oder das Aktiengesetz, sondern beziehen sich auf das Kommunalrecht. Daher kann ich auch nachvollziehen, warum die FDP nicht mit Änderungsanträgen zum MoMiG in dieser Sache aufgewartet hat. Hätte die FDP eine Änderung des GmbH-Rechts auch rechtspolitisch wirklich für angezeigt gehalten, dann wäre diese umfassende GmbH-Rechtsnovellierung, die gestern in diesem Hause verabschiedet wurde, der richtige Ort und die richtige Zeit gewesen. A d m f P w s G W G R g U i K u a s r „ r s r m g s W s G t s s E K d b V s I e d a e S H u l m w g s A f u (C (D ber die Rechtspolitiker der FDP sind dann letztendlich och davor zurückgeschreckt, ein Sonderrecht für komunale Gesellschaften in privater Rechtsform zu schaf en. Verständlich wird dies bei näherer Betrachtung des roblems. Denn durch Änderungen im GmbHG und AktG ürden privatrechtlich betriebene kommunale Gesell chaften einem Sonderregime unterstellt, wodurch das mbHund Aktienrecht in unnötiger und unvertretbarer eise verkompliziert würde. Warum soll – nur weil eine mbH von einer Kommune betrieben wird – anderes echt gelten als für eine GmbH ohne kommunale Beteiliung? Ermöglicht man den Kommunen den Betrieb von nternehmen unter privatrechtlicher Flagge, darf man hnen keine kürzeren Segel geben. Entscheidet sich eine ommune für diese Rechtsform, soll sie auch alle Vornd Nachteile dieser Rechtsform akzeptieren, mit denen uch ein Privater zurechtkommen muss. Unsere Absicht war, mit dem MoMiG ein in sich gechlossenes, konsistentes und modernes Gesellschaftsecht zu schaffen. Das ist uns auch gelungen. Eine GmbH privatrechtlich“ und eine „GmbH öffentlichechtlich“ ist keine zeitgemäße Antwort auf die europäichen Herausforderungen des deutschen Gesellschaftsechts. Befindet sich eine Gesellschaft zu 100 Prozent in komunaler Hand, gelten schon heute bestimmte Verschwieenheitspflichten nicht, mangels eines Schutzbedürfnises. Im § 394 AktG kommt dies auch klar zum Ausdruck: erden Aufsichtsräte durch Gebietskörperschaften ent andt, unterliegen sie hinsichtlich ihrer Berichte an die ebietskörperschaft keinerlei Verschwiegenheitspflich en. Für die GmbH wird diese Vorschrift übrigens entprechend angewandt. Das heißt, schon jetzt besteht geellschaftsrechtlich die Möglichkeit, Transparenz in den ntscheidungswegen herzustellen. Die FDP verkennt in ihrem Antrag zudem, dass keine ommune gezwungen ist, eine GmbH oder AG zu grünen, sondern dass den Städten, Gemeinden und Kreisen ereits heute sinnvolle und langerprobte Alternativen zur erfügung stehen, wenn sie meinen, die Regeln des Geellschaftsrechts entsprächen nicht ihren Bedürfnissen. ch möchte hier vor allem die Anstalt öffentlichen Rechts rwähnen. Diese Rechtsform erfüllt die Ziele, die sie von er FDP mit einer kommunalen Sonder-GmbH auch bebsichtigen. Sie hat eine größere Flexibilität und sorgt für ine einfache Kreditbeschaffung an den Finanzmärkten. chnellere Entscheidungswege führen zu einer stärkeren andlungsfähigkeit. Es ergeben sich steuerliche Vorteile nd außerdem eine günstigere Kostensituation. Dies alles eistet eine Anstalt öffentlichen Rechts und übertrifft dait teilweise sogar noch die Vorteile einer GmbH. Allerdings ist hier der Landesgesetzgeber gefragt, enn es um Transparenzund Informationsvorschriften eht, denn das Anstaltsrecht fällt in die Gesetzgebungszutändigkeit der Länder. Sie sind weitgehend frei in der usgestaltung der Transparenz und können so schon jetzt ür nachvollziehbare Entscheidungswege in Kommunalnternehmen dieses Typs sorgen. Es ist Ihnen auch in den Ausschussberatungen nicht gelungen, irgendwelche Defizite im Bundesrecht aufzuzeigen, die eine Änderung des GmbH-Rechts oder des Aktiengesetzes zwingend erforderlich gemacht hätten. Es gibt keine Defizite im Gesellschaftsrecht, die die Offenlegung von Unternehmensinformationen unzumutbar und unangemessen behindern. Und wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, dann ist es nach Überzeugung der Unionsfraktion eben notwendig, kein neues Gesetz zu erlassen. Die FDP möchte einen Prüfauftrag an die Bundesre gierung beschließen lassen. Geprüft werden sollen Änderungen des GmbH-Rechts und des Aktiengesetzes für GmbHs und Aktiengesellschaften, bei denen eine Kommune Alleingesellschafterin ist. Im Interesse einer kritischen Öffentlichkeit sollen die Verschwiegenheitspflichten der von den Kommunen entsandten Aufsichtsratsmitglieder zwar nicht aufgehoben, aber deutlich eingegrenzt werden. So steht es in dem Antrag, den wir ablehnen werden. Wir brauchen keinerlei Änderungen im Gesellschaftsrecht. Für die Fälle, die hier in den Blick genommen sind, gilt das Primat des Kommunalrechts. Das führt zu sachgerechten Lösungen. Zunächst zum Aktienrecht. Im Aktiengesetz ist genau diese Konstellation der von einer Kommune entsandten Aufsichtsratsmitglieder ausdrücklich geregelt. Es gibt zwar eine grundsätzliche Verschwiegenheitspflicht für Aufsichtsratsmitglieder bei vertraulichen Angelegenheiten. Aber: § 394 AktG bestimmt für Aufsichtsratsmitglieder, die gegenüber einer Gebietskörperschaft berichtspflichtig sind, dass insofern keine Verschwiegenheitspflicht besteht. Die entsandten Aufsichtsratsmitglieder dürfen also gegenüber ihrer Gebietskörperschaft auch über Vertrauliches berichten. Um aber die Interessen der Aktiengesellschaft zu wahren, müssen jetzt die Empfänger der Berichte Verschwiegenheit über diese vertraulichen Angelegenheiten wahren, § 395 AktG. Konsequenz daraus ist, dass diese Berichte der entsandten Aufsichtsratsmitglieder nicht in öffentlicher Sitzung abgegeben werden dürfen, jedenfalls nicht, soweit Vertrauliches zur Sprache kommt. Der Bericht darf also nur gegenüber einem Gremium abgegeben werden, das nach Mitgliederzahl und Zusammensetzung die Vertraulichkeit rechtlich und tatsächlich gewährleistet. Fazit: Die Kommune erfährt alles, muss aber über vertrauliche Dinge schweigen. Das ist, soweit es Mitgesellschafter gibt, vollkommen in Ordnung und kann meines Erachtens nicht besser geregelt sein. Aktiengesellschaften, die ausschließlich einen öffentlichen Gesellschafter haben, gibt es meines Wissens nicht. Praktisch bedeutsam sind also nur die kommunalen GmbHs, bei denen die Kommune Alleingesellschafter ist. Bei diesen GmbHs kann die Kommune einen Aufsichtsrat einrichten und im Gesellschaftsvertrag regeln, wem gegenüber der Aufsichtsrat Bericht erstatten muss. Es gibt aber in diesem Falle keine gesellschaftsrechtlichen Ver s d ü D U h E n G d m n G h t s p v n t b A r i k s h K D l u d s e r i g s w l d l g H w s d d e d Zu Protokoll ge (C (D chwiegenheitspflichten des Aufsichtsrates gegenüber er Kommune. In einer Einmann-GmbH ist der Aufsichtsrat gegenber dem Einmanngesellschafter voll auskunftspflichtig. as ergibt sich auch aus dem im FDP-Antrag zitierten rteil des Verwaltungsgerichts Regensburg. Eine Geeimhaltungspflicht des Aufsichtsrats gegenüber dem inmanngesellschafter würde doch auch überhaupt keien Sinn ergeben. Es gibt umgekehrt auch keine gesellschaftsrechtliche eheimhaltungspflicht des Einmanngesellschafters. Er arf über seine GmbH alles öffentlich machen, was er öchte, auch Ungünstiges und auch Betriebsgeheimisse. Eine Kommune als Alleingesellschafterin einer mbH ist also gesellschaftsrechtlich zu keinerlei Geeimhaltung genötigt. Allerdings: Es gibt kommunalrechtliche Geheimhalungspflichten. Nach dem Kommunalrecht ist ein Auschluss der Öffentlichkeit und eine Geheimhaltungsflicht der Kommunalvertreter zum Beispiel dann orgesehen, wenn es um Betriebsund Geschäftsgeheimisse Dritter geht, bei Steuerund Abgabenangelegenheien Einzelner usw. Diese Geheimhaltungspflichten bleien bestehen. Es gibt also nichts Geheimes, was die Gemeinde als lleingesellschafterin nicht erfahren darf. Der Aufsichtsat ist gegenüber dem Gemeinderat oder gegenüber dem m Gesellschaftsvertrag bestimmten Gremium voll ausunftspflichtig. Was die Gemeindevertretung oder das onst bestimmte berichtsempfangende Gremium geheim alten muss, bestimmt sich ausschließlich nach dem ommunalrecht. Das wird nach meiner Auffassung der emokratie und dem Prinzip der demokratischen Öffent ichkeit gerecht. Wer aber in diesen Fällen noch mehr Öffentlichkeit nd Offenlegung möchte, der muss die Kommunalgesetze er Länder ändern. Das Aktiengesetz und das GmbH-Geetz müssen jedenfalls nicht geändert werden. Die Große Koalition hätte heute die Chance, aufgrund ines Antrags der FDP-Bundestagsfraktion die Bundesegierung zur Lösung eines Problems aufzufordern, das n den Kommunen sehr viele Menschen beschäftigt. Es eht um mehr Öffentlichkeit und Transparenz bei der Entcheidungsfindung in der Kommunalpolitik. Die Lösung äre, wie ich noch ausführen werde, einfach. Mir ist völ ig unverständlich, warum CDU/CSU und SPD offenbar ieses Thema nicht anpacken wollen. Tatsache ist, dass aus unterschiedlichen Gründen andauf, landab vielfach die Erfüllung kommunaler Aufaben in neu gegründete Gesellschaften mit beschränkter aftung oder sogar Aktiengesellschaften ausgelagert orden ist. Wir reden nicht über echte Privatisierung, ondern nur über eine Änderung der Rechtsform; denn er FDP-Antrag bezieht sich auf solche Gesellschaften, ie vollständig in kommunaler Hand sind. Dabei handelt s sich beispielsweise um den Betrieb von Schwimmbäern, die Erbringung von Leistungen der Daseinsvor Dr. Günter Krings gebene Reden sorge, die Verwaltung kommunaler Grundstücke, die örtliche Energieversorgung. Diesen Beispielen ist gemeinsam, dass in den Aufsichtsgremien der so gegründeten Gesellschaften kommunalpolitische Entscheidungen getroffen werden, übrigens regelmäßig von denselben Kommunalpolitikern, die vorher Mitglieder des entsprechenden Stadtratsoder Kreistagsoder Gemeinderatsausschusses gewesen sind. Wir haben es aufgrund dieser Organisationsprivatisierungen also mit kommunalpolitischer Entscheidungsfindung im privatrechtlichen Gewande zu tun. Dass es diese Entwicklung gegeben hat, hat nachvollziehbare, häufig steuerrechtliche Gründe. Zu Recht wird aber von interessierten Bürgerinnen und Bürgen als Manko empfunden, dass damit kommunalpolitische Debatten in nichtöffentlichen Sitzungen stattfinden. Dies ist ein Verlust an Offenheit und Transparenz, der nicht sein müsste, wenn man für kommunale Gesellschaften Sonderregeln zulassen würde. Das GmbH-Gesetz schreibt zwingend die Nichtöffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen vor und unterwirft die Aufsichtsratsmitglieder einer Verschwiegenheitspflicht. Diese strengen Regelungen sind verständlich, da sie ursprünglich natürlich für echte private Gesellschaften vorgesehen waren. Auf die Entscheidungsfindung kommunaler GmbHs passen diese Vorschriften nicht. Vielmehr gilt im Kommunalrecht der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlungen. Kommunalrecht als Landesrecht hat aber hinter Bundesrecht zurückzutreten. Dies ist unbefriedigend. Selbstverständlich gibt es auch nach Auffassung der FDP in kommunalen Gesellschaften einzelne Fragen, die nichtöffentlich zu verhandeln wären, wie etwa Personalfragen oder Themen, bei denen eine GmbH im Wettbewerb zu anderen GmbHs steht. Die allermeisten Fragen könnten aber ohne irgendeinen Schaden für die kommunalen GmbHs öffentlich und ohne Verschwiegenheitspflicht verhandelt werden. Dies wird zunehmend auch in der Rechtsprechung so gesehen. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat in einer Entscheidung vom 2. Februar 2005 den Grundsatz der Öffentlichkeit für vorrangig erklärt. Mit Hinweis auf diese Tendenz in der Rechtsprechung meint die Koalition offenbar, es bestehe keinerlei Handlungsbedarf. In den Ausschussberatungen ist von der Koalition vorgetragen worden, die gewünschte Transparenz könne auch durch örtliches Satzungsrecht hergestellt werden. Dieser Lösungsvorschlag reicht jedoch nicht aus. Denn nach wie vor bewegt sich eine untergerichtliche Rechtsprechung, die nur aus allgemeinen Erwägungen heraus den Öffentlichkeitsgrundsatz für vorrangig erklärt, auf schwankendem juristischen Boden. Den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Mitgliedern der Aufsichtsgremien wäre mehr gedient, wenn im Bundesrecht eine eindeutige Klärung der strittigen Rechtslage erfolgen würde. Zu denken wäre etwa daran, im GmbH-Gesetz eine Öffnungsklausel für kommunale GmbHs vorzusehen, sodass die ansonsten im GmbH-Gesetz angelegte strikte Nichtöffentlichkeit gelockert werden könnte. Solange der Bundesgesetzgeber diese seine Aufgabe der Klarstellung n B g p c v n s n g W m s n F h T n d a v m d z a n T k b t P f f d m U l E u d k v s d d p s u Zu Protokoll ge (C (D icht erfüllt, besteht die Gefahr, dass öffentlich gefasste eschlüsse rechtswidrig sind und dass Aufsichtsratsmitlieder sich wegen Verletzung von Verschwiegenheitsflichten schadensersatzpflichtig oder sogar strafbar mahen könnten. Es wird auch noch eingewandt, in der Gesellschafterersammlung – also beispielsweise in einem Stadtratspleum – könnten Themen, die im Aufsichtsrat einer städtichen GmbH nichtöffentlich beraten worden sind, achträglich der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Dies eht an der Realität vorbei. Wieso soll man denn eine iederholung von Beratungen in einem anderen Greium vorschlagen, wenn es mit einem kleinen Feder trich des Gesetzgebers möglich wäre, sofort die Origialberatung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen? Daher setzen sich diejenigen, die dem Anliegen der DP nicht folgen, dem Verdacht aus, sie wollten in Wahreit die von vielen Bürgerinnen und Bürgern gewünschte ransparenz kommunaler Entscheidungsfindung gar icht herstellen. Sollte dieser Vorwurf unberechtigt sein, ann sind wir gespannt, welche Alternativen denn die Kolition vorschlägt. Bisher tragen CDU/CSU und SPD unerständlicherweise nichts zur Lösung des Problems bei. Gegen Geheimniskrämerei – Entscheidungen in kom unalen Gesellschaften sollen transparent gestaltet weren, und wir debattieren überhaupt nicht, geben zum weiten Mal unsere Reden zu Protokoll. Transparenz sieht nders aus, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP! Weigstens die Abschlussdebatte hätten wir führen können. Zum anderen frage ich mich ernsthaft, wenn Ihnen das hema so wichtig erscheint, warum haben Sie keinen onkreten Antrag im Rahmen der GmbH-Novelle eingeracht? Und deshalb habe ich meinem ersten Redebeirag nichts hinzuzufügen. Erstens: Kompliment an die FDP, sie hält ein Superlädoyer gegen die Privatisierung von Aufgaben der öf entlichen Daseinsvorsorge. Alle in ihrem Antrag aufgeührten Probleme würden sich heute nicht so drastisch arstellen, wenn die Aufgaben der Daseinsvorsorge komunal erbracht würden. Es steht auch in der Begründung des Regensburger rteils, dass mit zunehmender Privatisierung die öffent ich-rechtlichen Bindungen ausgehebelt werden können. ine zweite Vorbemerkung: Würde man das Mitsprachend Entscheidungsrecht der Bürgerinnen und Bürger und er Kommune als Vertretungskörperschaft wirklich stären wollen, wäre zunächst an eine Rekommunalisierung on Aufgaben der Daseinsvorsorge zu denken. Das haben inzwischen auch die Kommunen erkannt. In einer Presseerklärung vom März dieses Jahres begrüßt er Deutsche Städteund Gemeindebund ausdrücklich ie Überlegungen einiger Städte und Gemeinden, bisher rivat erbrachte Leistungen der öffentlichen Daseinsvororge wieder zu kommunalisieren. Die neue Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen nd Kommunalwirtschaft des Städteund Gemeinde Dr. Max Stadler gebene Reden bundes, Frau Ursula Pepper, wies darauf hin, dass eine Rekommunalisierung von Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge dazu dienen könne, kommunale Gestaltungsmöglichkeiten zurückzugewinnen. Die Stadt Ahrensburg in Schleswig-Holstein, in der Frau Pepper BM ist, hat sich entschieden, die Gasversorgung in der Stadt nicht mehr von einem privaten Unternehmen, sondern von einer kommunalen Gesellschaft durchführen zu lassen. Und wenn Sie sich in der FDP-Fraktion Gedanken über die Transparenz bei kommunalen Unternehmen machen, frage ich, wie Sie mit Transparenz bei echten Privatisierungen umgehen wollen. Tatsache ist, dass bereits heute immer mehr Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge durch kommunale Unternehmen erbracht werden; zu 75 Prozent sind dies Unternehmen in der Rechtsform der GmbH. Tatsache ist auch, dass aus den unterschiedlichsten Gründen die Kommunen immer mehr an Einfluss auf ihre eigenen Unternehmen verlieren. Eine Ursache dafür ist, dass Öffentlichkeit und die Wahrung der Interessen der Unternehmen nicht unter einen Hut zu bringen sind. Kommunale Mandatsträger in den Aufsichtsräten sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Verschwiegenheitspflicht kann dann zu Interessenkonflikten führen, wenn sie sich ihrer Gemeinde gegenüber verpflichtet fühlen, über Angelegenheiten des Unternehmens von besonderer Bedeutung berichten zu müssen. Es ist nicht definiert, in welchem Maße eine Verschwiegenheitspflicht der kommunalen Vertreter in den Aufsichtsräten im Interesse des Gemeinwohls – im Interesse der Kommune und damit der Bürgerinnen und Bürger – eingeschränkt werden kann. Dies ist in den Gemeindeordnungen der Länder sehr unterschiedlich geregelt. Es ist nämlich ein Aushandlungsprozess, der von Kommune zu Kommune unterschiedlich ausgehen kann, also nach dem Motto: einmal mehr und einmal weniger Transparenz. Die Leidtragenden sind in jedem Fall die Bürgerinnen und Bürger. Bestes Beispiel sind Unternehmen im Verkehrsoder Versorgungsbereich, die nicht bereit sind, ihre Tarifbzw. Preiskalkulation offenzulegen. Hier gibt es also tatsächlichen Handlungsbedarf. Das sehen wir nicht anders. Es müssen bundesweite einheitliche Standards in Bezug auf die Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht im Interesse des Gemeinwohls vorgegeben werden. Dies kann nicht im Belieben der Länder oder einer Kommune oder gar des Bürgermeisters liegen. Insofern stimmen wir dem Grundanliegen Ihres Antrages zu. Allerdings geht uns der Antrag nicht weit genug. Erstens geht es Ihnen in der FDP um eine deutliche Erhöhung der Transparenz von Entscheidungen nur kommunaler Unternehmen. Und Ihre gewünschte Neuregelung soll sich ausschließlich auf kommunale GmbHs und AGs beziehen, die zu 100 Prozent kommunal sind. Das derzeit geltende GmbHund AG-Recht bezieht sich aber ausdrücklich auf alle Unternehmen, das heißt mit jedem Gesellschafter, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wird ein umfassendes Informationsrecht gegenüber dem U S d g i d e S s m t S d n s z m S s d c E t v – d b f f t g e d b g r r b b n d w b i l Ö f n m h c t w b Zu Protokoll ge (C (D nternehmen eingeräumt. Es stellt sich die Frage, was ie mit dieser Einengung wirklich wollen. Zweitens werden in Ihrem Antrag Unternehmen, an enen Bund und Länder beteiligt sind, vollkommen auseblendet. Wir meinen, auch diese Beteiligungen müssen n die Diskussion um mehr Transparenz einbezogen weren. In der ersten Lesung zum Antrag der FDP-Fraktion rklärten die Rednerinnen und Redner von Union und PD, dass sie es eigentlich für eine Zumutung halten, dieen Antrag überhaupt beraten zu müssen. Deshalb öchte ich eingangs an die Adresse der Regierungsfrak ionen gerichtet feststellen: Dass der FDP-Kollege Max tadler ein wahlkreisfolkloristisches Interesse daran hat, ie mangelnde Transparenz von Aufsichtsräten kommualer Gesellschaften hier zu thematisieren, ist wohl unbetritten. Es ist ihm allerdings auch unbenommen. Beeichnend an Ihrer Haltung ist im Übrigen nicht, wie Sie it Oppositionsanträgen umgehen, sondern dass Sie der ache selbst überhaupt kein Gewicht beimessen. Denn es ollte sich auch zu Ihnen herumgesprochen haben, dass ie Überführung kommunaler Aufgaben in privatrechtlihe Gesellschaftsformen vor Ort zu sehr problematischen ntwicklungen geführt hat. Bezeichnend ist allerdings auch, dass die FDP-Frakion ihren Antrag über beinahe zwei Jahre im Ausschuss ergilben lässt. Ich konnte der lokalen Berichterstattung namentlich der „Passauer Neuen Presse“ – entnehmen, ass Herr Stadler sich öffentlichkeitswirksam darüber eklagt hat, dass die Koalition dem FDP-Antrag nicht olgt. Herr Kollege Stadler, ich bin der altmodischen Aufassung, dass das Werben um parlamentarische Mehrheien damit beginnt, dass man einen Antrag auch auf die Taesordnung des Ausschusses setzt. So eilig scheinen Sie s also nicht zu haben mit der Transparenz. Man erkennt as populistische Ansinnen und ist verstimmt. Doch nun zum Antrag selbst. Die Freien Demokraten eschreiben hier ein Problem, das auch wir als Bündnisrüne sehen. So bedenklich, wie sich einige Privatisieungen öffentlicher Leistungen auf die politische Steueungsfähigkeit der Kommunen ausgewirkt haben, so edenklich sind auch die Folgen, wenn die Leistungserringung zwar vollständig oder mehrheitlich in kommualer Hand verbleibt, der Kontrolle der Öffentlichkeit jeoch aufgrund privatrechtlicher Vorschriften entzogen ird. Die Anwendung privaten Gesellschaftsrechts führt eispielsweise zu einer Situation, in der sich Stadtwerke n Eigentümerschaft einer Kommune am Bau eines Kohekraftwerkes im Nachbarkreis beteiligen, ohne dass die ffentlichkeit von der bevorstehenden Entscheidung in ormiert wird. Da zudem kleinere Gemeinderatsfraktioen in den Aufsichtsgremien dieser Gesellschaften oftals nicht vertreten sind, wird den großen Fraktionen ier die Möglichkeit geboten, unbehelligt von öffentlihen Diskussionen und Auseinandersetzungen ihre poliischen Ziele zu verfolgen. Das ist das Sinnbild dessen, as wir umgangssprachlich als „kommunalen Klüngel“ ezeichnen. Katrin Kunert gebene Reden Britta Haßelmann Der Antrag der Liberalen – so kann man bei der erstmaligen Lektüre denken – sieht das ganz genauso. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion: Manchmal reicht ein einzelner Satz in einem Antrag, um sein Ansinnen in das Gegenteil zu verkehren. Denn in Ihrem Antrag schreiben sie, dass „echte“ Privatisierungen ordnungspolitisch selbstverständlich vorzugswürdig wären. Das wirft Fragen auf. Sie bemängeln die fehlende Transparenz der privaten Gesellschaftsform kommunaler Unternehmen, wollen aber eigentlich viel lieber gleich alles privatisieren? Reden wir Klartext. Hier drängt sich doch der begründete Verdacht auf, dass ihr Ziel darin besteht, kommunalen Gesellschaften Sonderbedingungen aufzuerlegen, um einen Leidensdruck in Richtung Privatisierung zu erzeugen. Da gebe ich Ihnen den wohlmeinenden Ratschlag: Mauern Sie sich mit Ihrer „Privat vor Staat“-Ideologie in der kommunalen Daseinsvorsorge nicht ein. Denn eine solche Politik geht am Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nach einer verlässlichen, bezahlbaren Daseinsvorsorge vorbei, und sie untergräbt das Vertrauen in die Gestaltungskraft der kommunalen Selbstverwaltung. Ihrem „Privat vor Staat“ setzen wir ein „Sicherheit in Vielfalt“ entgegen. Das heißt: Privatisierung oder Rekommunalisierung – diese Entscheidung muss sich am Einzelfall orientieren, und daran, wie eine Leistung am Besten zu erbringen ist –, am besten im Sinne der Kosteneffizienz, aber vor allem der ökologischen Nachhaltigkeit, demokratischen Transparenz und langfristigen Verlässlichkeit. Die Leistungserbringung in Form einer GmbH mit ausschließlicher oder mehrheitlich kommunaler Trägerschaft kann dabei ein geeigneter Weg sein. Die privatrechtliche Organisationsform ändert aber nichts am Wesen der Leistung. Aufgaben der Daseinsvorsorge sind dem Gemeinwohl verpflichtet und werden aus öffentlichen Mitteln finanziert. Sie haben sich deshalb auch hohen Anforderungen an die Transparenz unternehmerischer Entscheidungen zu stellen. Hier liegt die Notwendigkeit begründet, Öffentlichkeit bei Aufsichtsratssitzungen herzustellen, und nicht in einer Strategie, die Kommunen in die Privatisierung treiben soll. Ein weiterer Kritikpunkt an Ihrem Antrag ist aus unserer Sicht: Sie spitzen die Lippen, aber pfeifen nicht. Warum sind Sie in Ihren Forderungen so mutlos und wenig konkret? Wir wissen, dass es unterschiedliche rechtswissenschaftliche Auffassungen dazu gibt, ob Gemeinden die Öffentlichkeit selbst über das Satzungsrecht herstellen können oder ob es dazu einer Änderung im GmbH-Recht und Aktienrecht bedarf. Auch die Rechtsprechung ist hier uneinheitlich. Alleine dies weist darauf hin, dass es einer rechtlichen Klarstellung bedarf, und zwar ganz konkret einer Verpflichtung zur Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen kommunaler Gesellschaften durch eine entsprechende Ergänzung in § 52 Abs. 1 GmbH-Gesetz und § 109 Abs. 1 Aktiengesetz. Da müssen Sie die Bundesregierung nicht auffordern, zu prüfen; da brauchen Sie nur uns Grüne nach der Lösung zu fragen. Lassen Sie mich zusammenfassen: Der Antrag der FDP weist auf einen wichtigen legislativen Handlungsbedarf hin. Er ist allerdings ordnungspolitisch inkonsistent, w h H n d T U m z e c c e D m p Z B d g v D P l B g v (C (D idersprüchlich und springt zu kurz. Wir werden uns desalb zu diesem Antrag enthalten. Aber, meine Damen und erren von der Regierungskoalition, ob Sie sich damit un befassen wollen oder nicht: Wir werden dafür sorgen, ass dieses Thema, fundierter aufbereitet, erneut auf der agesordnung des Deutschen Bundestages auftaucht. nd dann ist Herr Stadler gerne eingeladen, mit mir geeinsam im Ausschuss um parlamentarische Mehrheiten u werben. Wir kommen zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksahe 16/9732, den Antrag der FDP-Fraktion auf Drucksahe 16/395 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – ie Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit angenomen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 35 sowie Zusatzunkt 12 auf: 35 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Für eine qualitätsgesicherte und flächendeckende Arzneimittelversorgung – Versandhandel auf rezeptfreie Arzneimittel begrenzen – Drucksache 16/9754 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz P 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Daniel Bahr weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Auswüchse des Versandhandels mit Arzneimitteln unterbinden – Drucksache 16/9752 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wolf Bauer, Marlies Volkmer, Daniel Bahr, Martina unge, Birgitt Bender und Rolf Schwanitz für die Bunesregierung geben dazu Reden zu Protokoll. Für eine ausreichende und sichere Arzneimittelversor ung der Bevölkerung zu sorgen, ist eine grundgesetzlich erankerte Aufgabe des Staates – Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. ie Erfüllung dieser Aufgabe liegt in den Händen der räsenzapotheken. Sie haben sich über lange Zeit als ver ässlicher Partner bewährt. Aus Sicht der CDU/CSUundestagsfraktion sind sie der Garant für die ordnungsemäße und sichere Arzneimittelversorgung unserer Beölkerung. Nicht zuletzt im Interesse des Patientenschutzes unterliegt ihr Betrieb vor allem den strengen Anforderungen des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung – zum Beispiel Abgabe der Arzneimittel durch pharmazeutisches Personal, Vorhaltung eines Vollsortiments, Mindestgröße für Betriebsräume, Vorhaltung einer Rezeptur und eines Labors, Räumlichkeiten für Nachtdienstbereitschaft. Apotheken dürfen nur von approbierten Apothekern betrieben werden, Apotheken in der Hand von Kapitalgesellschaften sind verboten – Fremdbesitzverbot. Ursprünglich durfte die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel grundsätzlich nur innerhalb der Apothekenbetriebsräume erfolgen. Eine Abgabe von Arzneimitteln im Wege des Versandhandels war verboten. Dieses Versandhandelsverbot war im Jahr 2003 Gegenstand eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof. Im Vorfeld der Entscheidung und als Kompromiss bei den Verhandlungen zum Gesundheitsmodernisierungsgesetz 2003 wurde unter bestimmten Auflagen der Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln zugelassen. Dabei muss ein Höchstmaß an Verbraucherschutz und Arzneimittelsicherheit gewährleistet sein. Es müssen faire Bedingungen für den Wettbewerb von Versandapotheken mit Präsenzapotheken bestehen. Seitdem können deutsche Präsenzapotheken, die eine Versandhandelserlaubnis besitzen, und entsprechend qualifizierte Versandapotheken aus anderen EU-Ländern, apothekenpflichtige Arzneimittel im Wege des Versandhandels abgeben. Wie die nachfolgende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ergab, wäre eine solche generelle Zulassung des Versandhandels aber gar nicht nötig gewesen, da ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit europäischem Recht vereinbar ist. Ich zitiere wörtlich aus dem EuGH Urteil: Angesichts der Gefahren, die mit der Verwendung dieser Arzneimittel verbunden sein können, könnte das Erfordernis, die Echtheit der ärztlichen Verschreibungen wirksam und verantwortlich nachprüfen zu können und die Aushändigung des Arzneimittels an den Kunden selbst oder an eine von ihm mit dessen Abholung beauftragte Person zu gewährleisten, ein Verbot des Versandhandels rechtfertigen. Wie die irische Regierung dargelegt hat, könnte die Zulassung einer Ausgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel erst nach Erhalt der Verschreibung und ohne weitere Kontrolle das Risiko erhöhen, dass ärztliche Verschreibungen missbräuchlich oder fehlerhaft verwendet werden. Im Übrigen kann die tatsächlich gegebene Möglichkeit, dass ein Arzneimittel, das ein in einem Mitgliedstaat wohnender Käufer bei einer Apotheke in einem anderen Mitgliedstaat erwirbt, in einer anderen Sprache etikettiert ist als in der Sprache des Heimatstaats des Käufers, im Fall von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gravierendere Folgen haben. f V f r r d e v N „ b ü e w k s S d w v m s V d G t a m i n R d A s li r g v a c a g d P W s o i A A r m m Zu Protokoll ge (C (D Auch vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber daür Sorge getragen, dass nur solche Arzneimittel über den ersandhandel ausgeliefert werden dürfen, die zum einen ür den deutschen Markt zugelassen sind und zum andeen Informationen in deutscher Sprache enthalten. Daüber hinaus gibt es hohe Anforderungen an die auslänischen Versandhandelsapotheken. So müssen auch diese ine durch einen Apotheker geleitete Präsenzapotheke orweisen und in ihrem Heimatland zum Beispiel an der achtund Notfallversorgung teilnehmen. Inzwischen hat sich beim Versandhandel neben der klassischen“ Form des Direktversands an den Endverraucher – Face-to-Face – eine zweite Vertriebsform ber Bestellund Abholstationen – Pick-up-Stationen – ntwickelt. Diese Stationen können in jeder Art von Geerbebetrieb – Supermarkt, Getränkemarkt, Drogerieetten, Tankstelle etc. – eingerichtet werden. Im Unterchied zu Präsenzapotheken unterliegen die Pick-uptationen bei der Vor-Ort-Abgabe von Arzneimitteln nicht en Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung. So ird zum Beispiel auf jegliche Apothekeninfrastruktur erzichtet. Die Vor-Ort-Abgabe kann durch nicht pharazeutisches Personal erfolgen. Die in letzter Zeit ent tandenen Pick-up-Stationen und die damit verbundenen ariationen des Versandhandels wurden zum Zeitpunkt er Gesetzgebung nicht vorhergesehen. Diese neue Versandform war Gegenstand mehrerer erichtsverfahren. Zuletzt entschied das Bundesverwal ungsgericht in seinem Urteil vom 13. März 2008, dass ufgrund der generellen Zulassung des Versandhandels it allen apothekenpflichtigen Arzneimitteln die Abgabe m Wege des Versandes über Pick-up-Stationen rechtlich icht zu beanstanden ist. Dieses Urteil mag sich vielleicht aus der derzeitigen echtslage ergeben, wirft aber aus meiner Sicht verschieene Fragen auf: Während die Apotheker weiterhin an die umfassenden nforderungen der Apothekenbetriebsordnung gebunden ind – zum Beispiel Vorhaltung von Laboren und Räumchkeiten für den Nachtdienst, Mindestgröße der Betriebsäume –, sollen diese offenbar für Pick-up-Stationen nicht elten. Dies hätte aus meiner Sicht eine ungerechtfertigte, erfassungswidrige Ungleichbehandlung der Präsenzpotheken zur Folge. Außerdem wird die aus Verbrauherschutzgründen wichtige Beratung durch Apotheker bgeschwächt, und es kommt zur Beliebigkeit bei der Ababe von Arzneimitteln. Schließlich dürfen wir auch nicht übersehen, dass urch die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel über ick-up-Stationen bei Schlecker, dm etc. die besondere are „Arzneimittel“ aus Sicht des Verbrauchers mit Kon umgütern – zum Beispiel Bonbons, Reinigungsmitteln der Hygieneartikeln – gleichgestellt wird. Damit wird nsbesondere der Gebrauch verschreibungspflichtiger rzneimittel in den Augen der Verbraucher verharmlost. uch die immer stärker stattfindende Werbung mit Niedigpreisen kann die Verbraucher verleiten, mehr Arzneiittel als nötig zu verwenden. Beides fördert den Arzneiittelmissbrauch. Dr. Wolf Bauer gebene Reden Vor diesem Hintergrund müssen wir überlegen, wie wir diesen Auswüchsen des Versandhandels durch Pickup-Stationen Einhalt gebieten. Erste Vorstöße wurden bereits gemacht. So haben die Bundesländer Bayern und Sachsen entsprechende Initiativen im Bundesrat ergriffen bzw. angekündigt, denen sich der jetzt vorgelegte Antrag der Partei Die Linke inhaltlich annähert. Auch der Antrag der FDP, der einen weniger umfassenden Ansatz liefert, zielt auf eine Beseitigung der Auswüchse ab. Damit wir uns über die entsprechenden Konsequenzen ausreichend Klarheit verschaffen können, ist es aus meiner Sicht erforderlich, die in den Initiativen angesprochenen Handlungsoptionen genau zu prüfen und zu bewerten. Gegenwärtig befinden wir uns innerhalb der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion in einem entsprechenden Bewertungsprozess. Erst wenn wir diesen abgeschlossen haben, können wir uns auf eine Handlungsoption festlegen. Es ist sehr zu begrüßen, dass wir noch vor der Som merpause die Gelegenheit haben, uns mit einem überaus wichtigen Thema zu befassen, nämlich der Frage, wie die Arzneimittelversorgung der Zukunft aussehen soll. Umso bedauerlicher ist die Qualität des zur Debatte stehenden Antrags. Auch wenn ich persönlich die Zielrichtung der Vorlage unterstütze: Wenn man möchte, dass ein Anliegen in jedem Fall abgelehnt wird, dann muss man es so begründen, wie Sie das getan haben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Die Linke – nämlich gar nicht. Die Gefährdung der Arzneimittelsicherheit durch den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln bleibt bei Ihnen leider eine bloße Behauptung. Dabei stellt uns das im März ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts tatsächlich vor ein gewaltiges Problem. Zur Erinnerung: Das Gericht hatte geurteilt, dass der Arzneimittelbestellund -abholdienst, der von einigen Drogeriemärkten in Kooperation mit Versandapotheken angeboten wird, zulässig ist. Ich sehe drei Gefahren: Erstens sehe ich eine Unübersichtlichkeit auf die bestehenden Arzneimittelvertriebswege zukommen, die die Arzneimittelsicherheit unmittelbar gefährdet: Jede Instanz, die zwischen die Abgabe durch die Apotheke und den Empfang des Patienten geschaltet ist, erhöht das Risiko der Verwechselung, der falschen Lagerung usw. Zweitens. Was beim Versandhandel für verzichtbar gehalten wird, kann in der Konsequenz auch nicht für die Versorgung in der öffentlichen Apotheke vorgeschrieben werden. Das hätte vor allem Konsequenzen für die Beratungsleistungen, aber auch für Notdienste und Laborleistungen – mit negativen Auswirkungen für die Bevölkerung. Drittens dürfen die Entwicklungen im Apothekenbereich nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Stellen Sie sich vor, dass das Fremdbesitzverbot fiele. Durch die Niederlassungsfreiheit könnten Kapitalgesellschaften nach ihrem Markteintritt unbegrenzt eigene Apotheken e a b g G l l t g P f z e w t d e i a n p z g a b U g m a r e A d s m P t g e s b i g P o i V P w Z m p t f R Zu Protokoll ge (C (D röffnen – oder auch Pick-up-Stellen. Eine Kombination us der Aufhebung des Fremdbesitzverbotes und des Abaus von Mindestanforderungen an die Arzneimittelababe würde unserer Arzneimittelversorgung ein neues esicht geben. Arzneimittelsicherheit und Beratungsqua ität, die Grundpfeiler unserer heutigen Versorgungsandschaft, würden leiden. Der Gesetzgeber hat die Sicherstellung der Arzneimitelversorgung nicht ohne Grund den Apotheken übertraen. Ich denke hier vor allem an das hochqualifizierte ersonal, das jederzeit beraten kann, nicht nur auf Nach rage und nicht nur telefonisch, und an die Verpflichtung u Nachtund Notdiensten. Was kann man also tun, um in Ausfransen der Vertriebswege zu verhindern? Geerbliche Abholstellen lassen sich nicht einfach verbie en, da dies in verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigener Weise in die Berufsfreiheit der potenziellen Betreiber ingreifen würde. Die einzige rechtliche Handhabe sehe ch persönlich in der Beschränkung des Versandhandels uf das europarechtlich gebotene Maß und damit auf icht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Der Euroäische Gerichtshof hatte den Versandhandel mit reeptpflichtigen Arzneimitteln in das Ermessen der Mitliedstaaten gestellt, da von diesen besondere Risiken usgehen. Allein deshalb unterliegen sie der Verschreiungspflicht. Warum hat sich die damalige rot-grüne Koalition mit nterstützung der CDU/CSU-Fraktion nicht schon 2003 egen den Versandhandel mit diesen besonderen Arzneiitteln entschieden? Tatsächlich haben wir damals derrt strenge Regelungen gesetzlich verankert, dass der diekte Versand aus einer deutschen Versandapotheke an inen Patienten sicher ist. Für den Versand aus einer potheke der Länder, deren Sicherheitsstandards den eutschen Regelungen entsprechen sollen, dürfte im Weentlichen Gleiches gelten. Was der Gesetzgeber aber daals nicht vorhergesehen hat, war die Zulassung von ick-up-Stellen und damit die Unterbrechung des Ver riebswegs. In den nun anstehenden parlamentarischen Beratunen werden wir natürlich alle Wege prüfen müssen, die ine qualitativ hochwertige und sichere Arzneimittelverorgung gewährleisten. So werden wir zu diskutieren haen, ob eine Kennzeichnung legaler Versandapotheken m Internet eingeführt werden kann. Denn nach wie vor eht das größte Sicherheitsproblem davon aus, dass die atientinnen und Patienten heute nicht erkennen können, b sie es mit einem seriösen Versender zu tun haben und n welchem Land er überhaupt ansässig ist. Ein anderer orschlag ist, dass spezifische Anforderungen an die ick-up-Stellen formuliert werden. Auch hierüber werden ir eingehend zu beraten haben. Unsere Vorstellung einer Arzneimittelversorgung der ukunft sieht im Zentrum ein kompetentes Arzneimittelanagement, insbesondere bei chronisch Kranken und flegebedürftigen Menschen. Hier liegen die Kernkompeenzen des Apothekers, die es zum Wohl der Patienten zu ördern gilt. Unsere Aufgabe ist es, dafür die gesetzlichen ahmenbedingungen zu gewährleisten. Dr. Wolf Bauer gebene Reden Mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz ist Apo theken ab 1. Januar 2004 die Möglichkeit eingeräumt worden, Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln zu betreiben. Es waren SPD, Grüne und CDU und CSU, die im Jahre 2003 den Versandhandel in Deutschland gegen die Stimmen der FDP beschlossen haben. Die FDP hat damals vor den Folgen gewarnt. SPD, Grüne und CDU und CSU hatten seinerzeit nicht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes abgewartet, sondern schon zuvor den Versandhandel sowohl für rezeptpflichtige als auch für rezeptfreie Arzneimittel erlaubt. Das Gericht hat dann in seinem Urteil festgestellt, dass der Versandhandel mit rezeptfreien Arzneien in EU-Ländern zugelassen werden muss, die Länder aber bei rezeptpflichtigen Arzneien andere Bestimmungen treffen können. Der Versandhandel ist seit über vier Jahren zulässig, und damit wurden Fakten geschaffen. Apotheken haben sich auf Versandhandel eingestellt, und einige haben entsprechend investiert. Patienten haben sich an diesen Service gewöhnt. Jetzt braucht es sehr gute Gründe, um den Versandhandel wieder abzuschaffen. Laut Apothekervereinigung ABDA lösen 93 Prozent der Deutschen das zuletzt vom Arzt ausgestellte Rezept in einer unabhängigen und wohnortnahen Apotheke ein. Der Versandhandel macht heute noch nur einen kleinen Teil aus, stellt je nach Annahmen etwa 1 bis 3 Prozent des Marktes dar. Ob die in dem Antrag der Linken genannte Zunahme an Arzneifälschungen als Grund für ein Verbot des Versandhandels für rezeptpflichtige Arzneimittel ausreicht, ist rechtlich betrachtet aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse unwahrscheinlich. Die FDP ist genauso wie die Linken besorgt, dass die Zahl an Arzneimittelfälschungen zunimmt. Die FDP beobachtet daher die Entwicklungen genau. Die FDP will, dass der Verbraucher weitestgehend vor Fälschungen geschützt ist und sich auf eine hohe Arzneimittelsicherheit verlassen kann. Das Bundeskriminalamt jedenfalls schätzt das Risiko, eine Arzneimittelfälschung in einer niedergelassenen Apotheke zu erhalten, genauso niedrig ein wie in einer legalen Versandapotheke. Am meisten treten Fälschungen laut Bundeskriminalamt im Bereich Dopingmittel und Lifestyle-Präparate wie zum Beispiel Viagra auf. Die beiden Hauptvertriebswege sind Sportstudios und illegaler Internethandel. Leider ist zu befürchten, dass auch bei einem Verbot des Versandhandels von rezeptpflichtigen Arzneien weiterhin mit Arzneifälschungen zu rechnen ist. Deshalb ist dringend erforderlich, dass die Bundesregierung mit Apothekern und Pharmabranche darüber spricht, wie zum Beispiel durch verbesserte Kennzeichnungen oder andere Maßnahmen die Sicherheit erhöht werden kann. Falls der Versandhandel wieder verboten würde, ist auf jeden Fall mit Klagen zu rechnen, deren Ausgang schwer abzuschätzen ist. Einschränkungen des grundgesetzlich verbürgten Rechtes der Berufsfreiheit bedürfen immer einer besonderen Begründung. Ohne triftige Gründe des Gemeinwohls wäre damit die Wahrscheinlichkeit, dass Klagen von Betroffenen gegen die Wiedereinführung des Versandhandelsverbots erfolgreich sind, sehr groß. Den Versandhandel komplett wieder zu verbieten, halte ich für nicht mehr gangbar. Wir sollten deshalb gemeinsam an einem Weg arbeiten, wie d n d n d w d tr u m le d c m s s d s S S w u n h v u d n d v r ü e d A V c f h a d z g v G m e W e A p l s j d s a w u Zu Protokoll ge (C (D ie nicht gewollten Auswüchse verhindert werden könen. Etwas anderes ist nämlich die nun durch das Bunesverwaltungsgericht Leipzig eröffnete Möglichkeit eier Abgabe von Arzneimitteln in Abgabestellen, die nicht ie Bedingungen erfüllen, die an eine Apotheke gestellt erden. Damit ist es nach geltender Rechtslage möglich, ass anstelle des Apothekers auch zum Beispiel Kioskbeeiber oder Tankwarte unkontrolliert Rezepte einsammeln nd die bestellten Arzneimittel ausgeben. Eine sachgeäße Behandlung und Lagerung ist damit nicht gewähristet. Eine weitere Problematik entsteht dadurch, dass ie Abgabestellen zum Teil Gutscheine für ihren eigentlihen Geschäftsbetrieb ausstellen, wenn Patienten Arzneiittel über sie beziehen. Damit schwindet das Bewusst ein dafür, dass es sich bei Arzneimitteln um ein ganz pezielles Gut handelt, das mit Nebenwirkungen verbunen ist und bei dem eine sorglose Ausweitung des Konums auf jeden Fall verhindert werden muss. Arzneimittel gehören nicht zwischen Waschmittel und chokoriegel. Eine solche Entwicklung kann weder unter icherheitsaspekten noch im Hinblick auf gleiche Wettbeerbsbedingungen gewollt sein. Wettbewerb kann nur nter fairen Bedingungen funktionieren. Es ist eine Beachteiligung, wenn Wettbewerber Pflichten zu erfüllen aben, die andere nicht erfüllen müssen. Die Apotheke or Ort erfüllt wichtige Gemeinwohlaufgaben wie Nachtnd Wochenenddienst, muss Labor und Mindestgrößen er Ladenfläche und entsprechend fachkundiges Persoal gewährleisten. Wir alle haben ein Interesse daran, ass diese Pflichten erfüllt werden, damit die Arzneimittelersorgung auf einem entsprechend hohen Niveau ereicht wird. Wenn jetzt Drogerien oder andere versuchen, ber die Ausnutzung des Versandweges sich den Anschein iner Apotheke zu geben, ohne die Pflichten zu erfüllen, ann sind das unfaire Wettbewerbsbedingungen für die potheken vor Ort. Hinzu kommt, dass Apotheken eine ielzahl von Voraussetzungen erfüllen müssen, um den Siherheitsstandard zu gewährleisten. Es könnte eine Geahr für die Sicherheit und die Versorgung vor Ort entsteen. Diese Ausfransung durch Abholstellen war meines Erchtens selbst von der Mehrheit derjenigen nicht gewollt, ie damals der Aufhebung des Versandhandelsverbotes ugestimmt haben. Das Gesetz ist insofern nicht exakt enug formuliert. In der Urteilsbegründung des Bundeserwaltungsgerichtes heißt es dazu: „Zwar dürfte der esetzgeber von dem ,klassischen‘ Versandhandelsmodell it individueller Zustellung ausgegangen sein; doch hat r seine Regelung nicht auf dieses Modell beschränkt.“ ir brauchen daher eine gesetzliche Klarstellung, dass in Versand von Arzneimitteln nur aus Apotheken durch potheken selbst oder von diesen beauftragten Transortunternehmen unmittelbar an den Endverbraucher zuässig ist. Die FDP legt einen Antrag vor, der genau diees Problem anpackt. CDU, CSU und SPD müssen sich etzt bewegen. Sie haben den Versandhandel erlaubt und amit die Möglichkeit für solche Ausfransungen erst gechaffen. Bisher sagt die schwarz-rote Bundesregierung uf unsere Forderungen, dass sie nichts unternehmen olle. Wenn Schwarz-Rot nichts macht, dann fördern Sie ngleiche Wettbewerbsbedingungen und Verzerrungen. gebene Reden Mit ihrem Antrag fordert die Fraktion Die Linke im Bundestag die Bundesregierung auf, einmal vorausschauend zu agieren, nicht alles über den Markt „regeln“ zu lassen und hinterher vor einem Zustand zu stehen, den man eigentlich so nicht gewollt hatte. Alle proklamieren, es ginge ihnen um eine qualitätsgesicherte und flächendeckende Arzneimittelversorgung. Aber unübersehbar ist, dass der Anteil über das Internet bezogener rezeptpflichtiger Arzneimittel permanent steigt. Absehbar ist der Zeitpunkt, an dem dieser Umsatzverlust die Apotheken massiv unter Druck bringt, viele Apotheken in ihrer Existenz bedroht. Die Infragestellung des flächendeckenden Apothekennetzes wird über kurz oder lang ein Versorgungsund Beratungsproblem der Bevölkerung insbesondere im ländlichen Raum und für ältere, zumeist mehrfach erkrankte Menschen bringen. Die Freigabe des Versandhandels auch für rezeptpflichtige Arzneimittel mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz ab 2004 ist für uns nicht zuvörderst ein Sicherheitsproblem hinsichtlich möglicher Gefahren des Bezugs „gepantschter“ Arzneimittel oder der Abwicklung des Vertriebs auch über Drogeriemärkte; insofern greift unseres Erachtens auch der ebenfalls zu dieser Debatte eingebrachte FDP-Antrag zu kurz. Für uns steht die Rettung der bewährten inhabergeführten Präsenzapotheke im Mittelpunkt. Die Apotheke mit einem ausgebildeten Pharmazeuten an der Spitze und vielen kundigen Angestellten soll auch in Zukunft eine qualitätsgesicherte und flächendeckende Arzneimittelversorgung für die Bevölkerung in der Bundesrepublik garantieren. Die Bedeutung bzw. Rolle des Apothekers und der Apothekerin als Heilberufler und Heilberuflerin ist angesichts der älter werdenden Bevölkerung und der Komplexität medizinischer Neuerungen bzw. permanenter Veränderungen im Gesundheitssystem eher noch zu stärken als zu schwächen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie dieses Erfordernis unterstützen und nicht behindern. Nicht umsonst hat der Europäische Gerichtshof die Ausgestaltung des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in das Ermessen der Länder gegeben. Die Freigabe des Versandhandels für alle zugelassenen Arzneimittel ab 2004 war eingebettet in die Kostendämpfungsbemühungen des Gesetzgebers. Sicher haben wir eine Vielzahl von Apotheken, womit wir allerdings „nur“ im europäischen Mittelfeld liegen. Aber die Apotheken sind nicht die Preistreiber der permanent steigenden Arzneimittelausgaben. So sind die Ausgaben für Arzneimittel von 1995 bis 2005 von 8,94 Milliarden Euro auf 15,44 Milliarden Euro gestiegen. Im gleichen Zeitraum haben sich aber die Rohgewinne der Apotheken und des Großhandels von 5 Milliarden in 1995 auf 4,94 Milliarden in 2005 sogar geringfügig reduziert. Kostentreiber sind folglich die Pharmakonzerne. Also nicht einmal das Argument der Minderung der Arzneimittelausgaben zieht bei der Ermöglichung des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Sicher werden etliche Menschen auch zum Versandhandel vor allem aus f t A n i l d w t B v p t t f A A o z K w m t D ü o e n A w d b e g A W h v Z n e b d n – I r A s „ s a r Zu Protokoll ge (C (D inanziellen Aspekten „gelockt“, beispielsweise über den eilweisen oder gänzlichen Wegfall von Zuzahlungen. ber hierzu ist zu sagen: Zuzahlungen passen prinzipiell icht zur Bereitstellung medizinisch notwendiger Güter n einem solidarischen Gesundheitssystem. Die Zuzahungen müssen weg – nicht die Apotheken. Mit einer soliarischen Bürgerinnenund Bürgerversicherung für alle äre das auch möglich. Doch heute geht es um die Vorsorge, dass uns das Apohekensystem nicht zerbricht. Daher unser Appell an die undesregierung: Legen Sie sofort einen Gesetzentwurf or, der den Versandhandel auf nicht verschreibungsflichtige Arzneimittel begrenzt! Versandapotheken müssen Anforderungen an die Pa ienteninformation und die Sicherheit ihrer Dienstleisung erfüllen, die denen entsprechen, die auch an eine Ofizinapotheke gestellt werden. Dazu kommen besondere nforderungen an die Sicherheit des Transports und die rt und Weise der Auslieferung. Wenn es hier rechtliche der praktische Defizite geben sollte, wären diese konkret u benennen. Das macht aber niemand von denen, die die ampagne gegen den Versandhandel führen. Stattdessen erden diffuse Ängste geschürt. Als Hilfsargument wird häufig der Schutz vor Arzneiittelfälschungen angeführt. Richtig ist, dass Arzneimit elfälschungen nicht mehr ausschließlich ein Problem der ritten Welt sind. Im Zuge der Globalisierung und auch ber das Internet gelangen Medikamente, die gar keine der nicht die auf der Packung angegebenen Wirkstoffe nthalten, zunehmend auch zu uns. Zwar bewegt sich ach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation der nteil der Fälschungen am Arzneimittelumsatz in den estlichen Industrieländern noch unter 1 Prozent. Allerings ist dieser vermeintlich kleine Anteil alles andere als eruhigend, zumal man von einer hohen Dunkelziffer und inem weiteren Anstieg ausgehen muss. Dem aber mit einem Verbot des Versandhandels beegnen zu wollen, ist völlig illusorisch. Der Großteil der rzneimittelfälschungen stammt aus Ländern der Dritten elt. Der Versand von Arzneimitteln von Ländern außeralb des Europäischen Wirtschaftsraums direkt an Enderbraucher in Deutschland ist aber ohnehin verboten. udem ist die weit überwiegende Anzahl gefälschter Arzeimittel nicht verschreibungspflichtig. Bei ihnen handelt s sich um „Lifestyle“-Medikamente, Potenzmittel, Anaolika, Schlafmittel und auch Nahrungsergänzungsproukte, die die Kundinnen und Kunden auf eigene Rechung bestellen. Dieser Versandhandel lässt sich aber soweit er aus der Europäischen Union kommt – mit den nstrumenten des Arzneimittelrechts nicht verhindern, echtlich, weil ein Versandhandelsverbot für rezeptfreie rzneimittel nicht mit der Rechtsprechung des Europäichen Gerichtshofs zu vereinbaren wäre, aber auch technisch“, weil man ein solches Verbot ohne die Abchaffung des Internets nicht umsetzen könnte. Das Nebeneinander unterschiedlicher Vertriebswege uf dem Arzneimittelmarkt ist eine Tatsache. Diese Plualisierung wird nicht zuletzt durch die Rechtsprechung gebene Reden Birgitt Bender des Europäischen Gerichtshofs weitergehen. Der dadurch entstehende Wettbewerb kann für die Verbraucherinnen und Verbraucher und das Gesundheitswesen vorteilhafte Wirkungen haben. Voraussetzung ist allerdings, dass die wettbewerbliche Dynamik durch ein Gerüst von Qualitätsanforderungen und Kontrollmechanismen so eingehegt wird, dass die Arzneimittelsicherheit nicht infrage gestellt wird. Dazu gehört zum Beispiel, dass Apotheken auch weiterhin von ausgebildeten Apothekerinnen und Apothekern geleitet werden müssen. Und dazu gehört auch, dass die Abgrenzung zwischen frei verkäuflichen und apothekenpflichtigen Arzneimitteln erhalten bleibt. In diesem Zusammenhang wird man auch darüber reden müssen, ob man – wie die FDP fordert – die Aushändigung bestellter Arzneimittel zum Beispiel in Drogeriemärkten verbietet. Zwar glaube ich nicht, dass durch einen solchen Abholservice die Arzneimittelsicherheit unmittelbar gefährdet wird. Gleichgültig, ob das bestellte Arzneimittel direkt an den Patienten oder die Abholstation geschickt wird – für die Arzneimittelsicherheit bleibt auch weiterhin die Versandapotheke verantwortlich. Allerdings muss vermieden werden, dass ein solcher Abholservice zum Türöffner für die Aufhebung der Apothekenpflicht für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wird. Rezeptfreie Arzneimittel könnten dann überall verkauft werden. Das würde ich mit Blick auf die Risiken des Arzneimittelkonsums für falsch halten. Die Verbreitung von Arzneimittelfälschungen werden wir aber nur sehr begrenzt mit apothekenrechtlichen Instrumenten verhindern können. Hier kommt es vor allem darauf an, dass sich die Verbraucherinnen und Verbraucher mündig verhalten. Dazu muss mehr Transparenz geschaffen werden. Die mit falschen oder fehlenden Wirkstoffen verbundenen Risiken müssen noch stärker öffentlich thematisiert werden. Außerdem müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher darüber informiert werden, wie sie unseriöse von seriösen Versandhändlern unterscheiden können. In diesem Zusammenhang ist die Zertifizierung von Versandhandels-Apotheken besonders wichtig. Keinen Beitrag zu mehr Arzneimittelsicherheit leisten aber Rufmordkampagnen, in denen seriöse Versandhändler mit dubiosen Geschäftemachern in einen Topf geworfen werden. R Zum 1. Januar 2004 ist der Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland legalisiert worden. Wesentlich dafür war, dass chronisch Kranke, immobile Menschen und Beschäftigte einen besseren Zugang zu Arzneimitteln erhalten. Klar war, dass der Versandhandel nur in den Fällen infrage kommt, in denen Arzneimittel nicht akut benötigt werden. Damals wie heute werden die immer gleichen Szenarien gegen den Arzneimittelversand herangezogen. Bisher ist noch keines eingetreten. Heute gibt es über 2 000 Apotheken, die eine Erlaubnis zum Versandhandel haben. Gleichzeitig sind diese Versandapotheken auch Präsenzapotheken. Damit betei l u u z d d u A k m c s m d m l n r p W A Z d 8 F s d l m s m b d u w n t t m s s k d s a E s (C (D igen sie sich an den Gemeinwohlaufgaben wie Nachtnd Wochenenddienst, und sie beraten ihre Patientinnen nd Patienten. Wenn wir die Fakten ganz nüchtern ansehen, dann eigt sich, dass seit der Einführung des Versandhandels ie flächendeckende und ordnungsgemäße Versorgung er Menschen mit Arzneimitteln uneingeschränkt besteht nd dass es kein Apothekensterben gibt. Seit Einführung des Versandhandels ist die Zahl der potheken um fast 200 auf rund 21 500 gestiegen. Es gibt einerlei Hinweise auf eine regionale Unterversorgung it Arzneimitteln. Der Anteil der Ausgaben der gesetzli hen Krankenversicherung für Arzneimittel aus Verandapotheken beträgt weniger als 1 Prozent der Arzneiittelausgaben. Diese Fakten verdeutlichen, dass von einer Gefährung der Präsenzapotheke keine Rede sein kann. Vielehr sind die Apotheker aufgefordert, stärker mit ihrem okalen Standortvorteil zu werben. Das Argument der Arzneimittelfälschungen ist geauso vielschichtig wie der Fälschungsbegriff selbst. Er eicht von der falschen Kennzeichnung der Arzneimittelackung über Patentverstöße bis hin zur Fälschung von irkstoffen. Unbestritten ist, dass jede Fälschung eines rzneimittels eine zuviel ist. Wenn wir die Zahlen des ollberichts 2007 genauer ansehen, dann entfallen von en Arzneimittelfälschungen mit einem Warenwert von ,3 Millionen Euro über 90 Prozent auf einen einzigen all, und dabei geht es um einen Patentstreit. Ohne dieen Fall reduziert sich der Warenwert an gefälschten Meikamenten von 2,5 Millionen Euro in 2006 auf 0,6 Milionen Euro in 2007. Dabei findet die Fälschungsprobleatik im illegalen und nicht im legalen Arzneimittelver andhandel statt. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Versandhandel it Einbeziehung eines Bestellund Abholservice keine esonderen Risiken für den Endabnehmer gesehen. Für ie Sicherheit der Lieferkette, also auch für Transport nd Lagerung, ist der versendende Apotheker verantortlich. Dabei darf in den Bestellund Abholstellen icht der Anschein erweckt werden, dass dort Arzneimitel abgegeben würden. Für die Abgabe ist allein ein Apoheker verantwortlich. Den Versandhandel auf verschreibungsfreie Arzneiittel gesetzlich zu begrenzen, würde den illegalen Ver andhandel bestärken. Wir wollen jedoch, dass die Menchen ihre Arzneimittel legal beziehen. Deshalb sehen wir eine Gründe, die Regelung des Versandhandels zu änern. Es wird vorgeschlagen, die Vorlagen auf Druck achen 16/9754 und 16/9752 an die in der Tagesordnung ufgeführten Ausschüsse zu überweisen. – Es gibt keine inwände. Dann sind die Überweisungen so beschlosen. Präsident Dr. Norbert Lammert Ich rufe die Tagesordnungspunkte 36 a und 36 b auf: a)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617240700
Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1617240800

(A) )


(B) )

Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1617240900




(A) )


(B) )

Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1617241000




(A) )


(B) )

Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617241100




(A) )


(B) )

Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617241200







(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617241300

(Heiterkeit)

Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1617241400

(A) )


(B) )

Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1617241500
Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1617241600




(A) )


(B) )

Katrin Kunert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617241700




(A) )


(B) )

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617241800







(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617241900
Dr. Wolf Bauer (CDU):
Rede ID: ID1617242000

(A) )


(B) )





(A) )


(B) )

Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1617242100




(A) )


(B) )

Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1617242200




(A) )


(B) )

Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617242300
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617242400







(A) )


(B) )

Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1617242500
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617242600




(A) )


(B) )

Rohde, Dr. Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Wettbewerb in der Eingliederungshilfe stär-
ken – Wahlfreiheit und Selbstbestimmung der
Menschen mit Behinderung erhöhen
– Drucksache 16/9451 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Kurth, Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-
Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Persönliche Budgets für berufliche Teilhabe
jetzt ermöglichen
– Drucksache 16/9753 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Hubert Hüppe, Silvia Schmidt, Jörg Rohde, Dr. Ilja
Seifert und Markus Kurth geben dazu Reden zu Proto-
koll.


Hubert Hüppe (CDU):
Rede ID: ID1617242700

In der Koalitionsvereinbarung haben wir uns darauf

geeinigt, mehr für die berufliche Integration von Men-
schen mit Behinderungen zu tun. Wir haben uns entschie-
den, mehr behinderten Menschen die Möglichkeit zu
eröffnen, außerhalb von Werkstätten für behinderte Men-
schen ihren Lebensunterhalt im allgemeinen Arbeits-
markt erarbeiten zu können. Ein Vorschlag, der behinder-
ten Menschen mehr Möglichkeiten außerhalb von
Werkstätten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eröffnet,
wird zurzeit im Bundesministerium für Arbeit und Sozia-
les unter dem Titel „Unterstützte Beschäftigung“ erar-
beitet.

Durchgreifende Lösungen für verbesserte Teilhabe
von behinderten Menschen am Arbeitsleben sind nur
schwierig zu erreichen. Die Situation ist geprägt durch
unterschiedliche Kostenträger, unterschiedliche Interes-
sen von Bund und Ländern und eingefahrene Strukturen.
Dieser Schwierigkeit sind sich offenbar auch die Antrag-
steller der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grü-
nen bewusst. Bündnis 90/Die Grünen legen nicht etwa ei-
nen Gesetzentwurf vor, der eine ausdifferenzierte Lösung
präsentiert. Vielmehr bleibt der Antrag bei eher vagen
Forderungen auf ein Persönliches Budget für berufliche
Teilhabe.

In der Tat sehe ich den Zuwachs an belegten Plätzen in
Werkstätten für behinderte Menschen kritisch. Von 1996
bis 2006 stieg die Anzahl der belegten Plätze um über
100 000 von 166 356 auf 268 046. Dies ist ein Zuwachs
von über 60 Prozent innerhalb von zehn Jahren. Den mit
Abstand höchsten Zuwachs gab es übrigens zu Zeiten der

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(C (D ot-grünen Bundesregierung mit über 25 000 behinderten enschen im Jahre 2002 gegenüber 2001. Dieser Zuachs war in etwa dreimal so hoch wie im Jahr zuvor und anach. Die außergewöhnlich starken Zuwächse fielen enau in die Zeit der rot-grünen Kampagne „50 000 Jobs ür Schwerbehinderte“. Tatsächlich hatte die rot-grüne undesregierung von Oktober 1999 bis Oktober 2002 die ahl arbeitsloser Schwerbehinderter um fast 50 000 geenkt. Es stellte sich nur die Frage, wohin diese fast 0 000 weniger Arbeitslosen entschwunden waren. Ob ier zwischen der gesunkenen Zahl an arbeitslosen chwerbehinderten Menschen in Unternehmen des allgeeinen Arbeitsmarktes und dem außergewöhnlichen Zuachs in Werkstätten im Jahre 2002 ein Zusammenhang estehen könnte, kann jeder für sich selbst beantworten. Parallel zu der Entwicklung in Werkstätten für behinerte Menschen muss die Entwicklung bei Förderschüern betrachtet werden, die häufig nach Abschluss der örderschule ausschließlich Leistungen in Werkstätten ür behinderte Menschen erhalten. Von 1996 bis 2005 tieg die Zahl der Förderschüler alleine in Westfalenippe, dort, wo ich wohne, bei körperbehinderten Kindern m 22 Prozent, bei Kindern mit sogenannter geistiger Beinderung um 33 Prozent und auf Förderschulen für Eriehungshilfe um 81 Prozent. Diese Entwicklung dürfen ir nicht weiter hinnehmen. Es muss in allen Bereichen ehr gemeinsame Lebensräume von Menschen mit und hne Behinderung geben. Insbesondere im Bereich des rbeitslebens und der Schule haben wir einiges aufzuho en. Klar ist: Wir brauchen die Werkstätten für die Menchen mit Behinderungen. Ich glaube, unter dem Dach er Werkstätten ist mehr möglich, beispielsweise bei auselagerten Werkstattplätzen. Bisher gibt es hier nicht enügend Möglichkeiten. Im Jahre 2006 gab es im Beufsbildungsbereich der Werkstätten für behinderte Menchen nur 1 Prozent ausgelagerte Werkstattplätze, im Areitsbereich waren dies lediglich 3 Prozent. Übergänge on Werkstätten für behinderte Menschen in eine Bechäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liegen uner 0,5 Prozent. Das muss sich ändern. Ich spreche mich afür aus, behinderten Menschen, die in Unternehmen es allgemeinen Arbeitsmarktes ihre Teilhabemöglichkeien in Anspruch nehmen wollen, diese Möglichkeit zu röffnen, zum Beispiel in Integrationsfirmen. Neue Areitsmarktinstrumente, wie der Zuschuss zu den Arbeitsntgelten in § 16 a SGB II sollte genutzt werden, bevor in Mensch mit Behinderungen in Werkstätten beschäftigt ird. Eine Möglichkeit, dem Wunschund Wahlrecht im ereich der Teilhabe am Arbeitsleben in besonderer eise Rechnung zu tragen, ist das Persönliche Budget. ange bestand Unklarheit darüber, wie weit das Persön iche Budget im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben eicht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales at mir seine Position auf meine Nachfrage erläutert. Es ertritt eine eher enge Auffassung des Persönlichen Budets. Aus meiner Sicht müssen wir hier weitergehen. Alerdings ist für mich nicht nachvollziehbar, warum in dem orliegenden Antrag hauptsächlich jungen Leuten das ersönliche Budget im Arbeitsleben ermöglicht werden oll. Sollen behinderte Menschen, die schon länger in erkstätten sind, nicht in gleicher Weise die Chance haen, eine Beschäftigung oder Berufsbildung in einem Betrieb des allgemeinen Arbeitsmarktes mithilfe des Persönlichen Budgets auszuüben? Wenn man das Persönliche Budget für Leistungen am Arbeitsleben stärken will, so muss es allen behinderten Menschen, die zurzeit ausschließlich Leistungen in Verantwortung von Werkstätten erhalten können, in gleicher Weise eröffnet sein. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen erfüllt diese Anforderungen nicht. Die FDP will mehr Wettbewerb zwischen Erbringern von Leistungen der Eingliederungshilfe. Auch ich kann mir vorstellen, mehr Wettbewerb im Bereich der Eingliederungshilfe zuzulassen. Hier muss dann aber für die entsprechenden Rahmenbedingungen gesorgt werden. Wenn die FDP im Bereich der Eingliederungshilfe mehr Wettbewerb fordert, so sind hiervon auch behinderte Menschen betroffen, die bisher ausschließlich vom Leistungserbringer Werkstatt für behinderte Menschen Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten können. Die behinderten Menschen in den Werkstätten haben besondere Nachteilsausgleiche, wie die besondere rentenversicherungsrechtliche Absicherung, die Aufnahmeverpflichtung der Werkstätten oder den Status des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses. Mit keinem Wort erwähnt die FDP in ihrem Antrag diese besonderen Rahmenbedingungen. Es sind keine Ausführungen zu finden, ob oder wie diese Rahmenbedingungen gelten sollen, wenn nicht die Werkstatt für behinderte Menschen der Leistungserbringer ist. Der Antrag ist vielleicht gut gemeint, sieht aber sehr nach „aus der Hüfte geschossen“ aus. Er ist unausgegoren. Wichtig ist, das Recht behinderter Menschen auf Teilhabe am Arbeitsleben umfassend zu gewährleisten. Es ist auf eine hohe Qualität der Teilhabeleistungen zu achten. Eine gute soziale Absicherung der behinderten Menschen muss dabei gesichert sein. Teilhabe am Arbeitsleben ist im besonderen Maße geeignet, das Selbstwertgefühl behinderter Menschen zu stärken, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das Wunschund Wahlrecht muss bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben noch mehr in den Mittelpunkt rücken. Veränderungen im Bereich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind nur schwierig zu erreichen. Es lohnt sich aber, weiter für eine gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen zu kämpfen. Der vorliegende Antrag der FDP nimmt die Leistungs trägerstruktur in der Eingliederungshilfe auf. Es wird festgestellt, dass die Eingliederungshilfe des SGB XII im Gegensatz zur Sozialen Pflegeversicherung des SGB XI eine andere Trägerstruktur begünstigt. Herr Rohde kreidet der Eingliederungshilfe an, sie würde Träger von der Leistungserbringung ausgrenzen und so den Wettbewerb verhindern. Im Gegensatz zur FDP sind wir Sozialdemokraten nicht so sehr am Interesse der Träger und dafür umso mehr am Interesse der Bürgerinnen und Bürger mit Behinderung interessiert. Sicherlich muss es einen Schub für mehr Wettbewerb geben – aber nicht zum Wohle der Träger, sondern zum Wohle der Menschen mit Behinderung. Sie verkennen, dass es in der Pflegeversicherung natürlich einen offenen Wettbewerb gibt, dieser aber zumeist über den Preis und ü a z g B K b w d b d Z r f s b d n H k w f z d F H e f k t g s A t d m e s d r a s b g d E w b g t b d b l e d Zu Protokoll ge (C (D ber die günstigste Preisgestaltung geführt wird. In der mbulanten und in der stationären Pflege wird die Minute ur Abrechnungseinheit für alles, was ein pflegebedürftier Mensch braucht und was ihm zusteht. Das zum eispiel wollen wir ändern. Deshalb haben wir eine ommission zur Überarbeitung des Pflegebedürftigkeitsegriffs eingesetzt, die diese Grundlagen überarbeiten ird. Die Grundlagen für menschliche Zuneigung und für as Kümmern um die Menschen kommen zu kurz. Das haen Sie aus der Kohl-Ära mitzuverantworten. Weiterhin haben wir zunehmend ein Maß an Vergütung er Mitarbeiter, auch und gerade bei der wachsenden ahl an privaten Pflegeheimen, die zum Teil als sittenwidig zu bezeichnen ist. Tausende Mitarbeiter rackern Tag ür Tag in der Pflege und bekommen nicht die ihnen zutehende Anerkennung. Das ist ein Wettbewerb, den wir ei der Eingliederungshilfe nicht wollen. Die Pflegeversicherung ist geradezu ein abschreckenes Beispiel für offenen Wettbewerb: Hier hat sich bisher icht Qualitäts-, sondern Preiswettbewerb durchgesetzt. eimstrukturen werden verfestigt. Die Menschen haben eine Chance zu wählen, welche Dienstleistung sie von em kaufen wollen. Langfristig wird nichts daran vorbei ühren, den Wettbewerb über Qualität und Transparenz u verstärken. Dazu haben wir mit der Pflegereform 2008 ie Grundlagen geschaffen. Es ist daher eine trügerische reiheit, die wir in der Eingliederungshilfe nicht wollen. ier arbeiten die Leistungserbringer seit vielen Jahren rfolgreich mit den Kostenträgern zusammen. Die Wahlreiheit der Menschen wird nicht durch die Anzahl der onkurrierenden Angebote gewährleistet – das ist ein aler und falscher Glaube der Wirtschaftsliberalen! Im Geensatz zur Pflegeversicherung herrscht das Individualiierungsprinzip. Die Wahlfreiheit ergibt sich aus dem nspruch eines jeden Einzelnen, bedarfsgerechte Leis ungen selbst wählen zu können. Sie wird gefördert durch ie Stärkung von persönlichen Budgets – eines der Instruente des SGB IX. Wir fördern sie auch durch den Aufbau ines ambulanten Dienstleistungsund Unterstützungsystems für gemeindenahe Hilfen. Wir fördern sie durch ie Unterstützung für Eltern und Kinder mit Behindeung. All das sind Elemente unserer Politik, die sich ganz uf die Wahlfreiheit der Menschen und auf selbstbetimmte Teilhabe ausrichten. Einen Verdrängungswettbewerb um die Leistungserringung brauchen wir nicht. Wir überlassen es den Träern der Eingliederungshilfe zu entscheiden, welcher Bearf an Ergänzungen der Trägerstruktur vor Ort besteht. s gehört in die Entscheidungshoheit der Kostenträger, elche Maßnahme zur bedarfsgerechten Leistungserringung angemessen ist. Daran soll sich auch die Träerstruktur orientieren, Wir verzichten aber nicht darauf, die Kostenund Leisungsträger weiter zu einer bedarfsgerechten und teilhaeorientierten Vorgehensweise anzuhalten. Wir drängen arauf, dass die Zumutbarkeit enger ausgelegt wird als isher oder sogar eine Änderung erreicht wird. Wir wolen auch über die Deckelung des Persönlichen Budgets rneut beraten. Ich denke, das sind ausgezeichnete Wege, ie Wahlfreiheit der Menschen zu stärken. Denn wir Hubert Hüppe gebene Reden wollen die Eingliederungshilfe als bedarfsdeckende individuelle Teilhabeleistung weiterentwickeln und neu ordnen. Lieber Herr Rohde, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns hier gemeinsam ansetzen. Es braucht eine Reform der Eingliederungshilfe – dass will ich nicht verhehlen –;aber Sie kennen auch die politischen Rahmenbedingungen. Zu den Schiedsstellen. Auch eine begrenzte Erweiterung der Schiedsstellenfähigkeit für den Bereich der Eingliederungshilfe dürfte aktuell keine Aussicht auf Erfolg haben. Die Länder lehnen es ab, die Leistungsvereinbarung in die Entscheidungskompetenz der Schiedsstelle zu legen. Diese könnte damit im Streitfall auf Antrag einer Partei auch die Leistungsstandards einschließlich der personellen Ausstattung einer Einrichtung bestimmen. Der Vorsitz der Schiedsstelle würde darüber befinden müssen, welcher Leistungsstandard für eine bedarfsgerechte Hilfe erforderlich ist. Diese Anforderungen an das fachpolitische und pädagogisch-therapeutische Beurteilungsvermögen dieser einen Person wären nicht zu erfüllen. Eine Leistungssteuerung im Sinne einer systematisch aufeinander abgestimmten Fachund Finanzverantwortung bliebe dabei auf der Strecke. Darüber ist mit den Ländern schon ausgiebig verhandelt worden. Es besteht hier keine realistische Aussicht, und ich hielte sie auch fachlich für nicht gerechtfertigt. Lassen Sie mich meine Rede mit einem Zitat beginnen. Im Koalitionsvertrag von 2005 haben Union und SPD Folgendes vereinbart: … Gemeinsam mit den Ländern, Kommunen und den Verbänden behinderter Menschen werden wir die Leistungsstrukturen der Eingliederungshilfe so weiterentwickeln, dass auch künftig ein effizientes und leistungsfähiges System zur Verfügung steht. Dabei haben der Grundsatz „ambulant vor stationär“, die Verzahnung ambulanter und stationärer Dienste, Leistungserbringung „aus einer Hand“ sowie die Umsetzung der Einführung des Persönlichen Budgets einen zentralen Stellenwert. Wir wollen, dass die Leistungen zur Teilhabe an Gesellschaft und Arbeitsleben zeitnah und umfassend erbracht werden. Hierzu bedarf es der effektiven Zusammenarbeit der Sozialleistungsträger. Die berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen werden wir intensivieren. Wir wollen, dass mehr von ihnen die Möglichkeit haben, außerhalb von Werkstätten für behinderte Menschen ihren Lebensunterhalt im allgemeinen Arbeitsmarkt erarbeiten zu können. Dabei werden wir auch prüfen, wie die Eingliederungszuschüsse an Arbeitgeber ausgestaltet werden, um die Planungssicherheit für die dauerhafte Integration von behinderten Arbeitnehmern in neue Beschäftigung zu verbessern. Meine sehr verehrten Damen und Herren der Regierungskoalition: Wenn Sie dieses Versprechen eingelöst h d s v f n n s S g i S t t p „ 2 g H d s d d O w t d g t r L B t l n M f g l s a c r d W s Z d b z t P Zu Protokoll ge (C (D ätten, würden wir heute nicht die vorliegenden Anträge iskutieren. Denn die traurige Realität von drei Jahren chwarz-roter Behindertenpolitik ist: Es gibt sie nicht! Nichts ist passiert in all den Jahren. Weder ist es Ihnen on SPD, CDU und CSU gelungen, dem Trägerübergreienden Persönlichen Budget zum Erfolg zu verhelfen, och konnten Sie die Arbeitslosigkeit unter Behinderten ennenswert senken. Ihre Wahlversprechen und die Abichtserklärungen des Koalitionsvertrages haben sich in chall und Rauch aufgelöst. Geblieben ist nichts. Einer rundlegenden Reform der Eingliederungshilfe ist man m Ministerium für Arbeit und Soziales keinen einzigen chritt näher gekommen. Symptomatisch für die eingefrorene Behindertenpoliik der Großen Koalition ist auch die von der Behinderenbeauftragten der Bundesregierung betreute Homeage www.sgb-IX-umsetzen.de. Unter der Überschrift Neuigkeiten“ wird einem hier ein Eckpunktepapier von 005, also von vor vier Jahren, offeriert. Allein der Berüßungstext wurde beim Wechsel von Karl-Hermann aack zu Karin Evers-Meyer verändert, ansonsten sieht ie Bundesregierung anscheinend keinen weiteren Umetzungsbedarf mehr beim SGB IX. Menschen mit Behinderungen genießen bei der Bunesregierung ganz offensichtlich keine Priorität. Es muss eshalb nicht verwundern, dass allein die Fraktionen der pposition immer wieder mit Vorschlägen zur Weiterenticklung der Eingliederungshilfe und damit auch zur Op imierung der Teilhabechancen von Menschen mit Behinerung in die Bresche springen. Damit komme ich zu den heute zur Beratung vorlieenden Anträgen. Mehr ambulante Angebote, mehr Leisungsvielfalt, ein funktionierendes Wunschund Wahlecht – all das kann es nur geben, wenn der Vielzahl von eistungsempfängern mit ihren individuellen Pflegeund etreuungsbedürfnissen ein entsprechend plurales Leis ungsangebot gegenübersteht. Daran mangelt es derzeit. Einer der Hauptgründe für die Existenz von Oligopoen im Sozialmarkt ist der schwierige Markteintritt für eue Leistungsanbieter. Wer Leistungen für behinderte enschen anbieten möchte, muss vom Kostenträger da ür zugelassen werden. Einen Anspruch auf Zulassung ibt es aber nicht, die Entscheidung über eine Zulassung iegt im Ermessen des Trägers. Träger, denen die Zulasung verweigert wird, können auch keine Schiedsstellen nrufen, sondern müssen den Weg über die Gerichte suhen. Die Zahl der Leistungserbringer und damit die Plualität des Leistungsangebotes kann somit, zum Nachteil er Menschen mit Behinderung, begrenzt werden. Bei der Pflegeversicherung geht man bereits andere ege: Hier haben Leistungsanbieter, sofern sie be timmte Qualitätsvorgaben erfüllen, einen Anspruch auf ulassung zur Leistungserbringung. Die FDP fordert eshalb die Bundesregierung auf, die Zulassung zur Erringung von Leistungen der Eingliederungshilfe offener u gestalten. Wer gesetzlich zu definierende Qualitätskrierien erfüllt und die Leistungen zu einem marktgerechten reis anbietet, muss wenigstens das Recht zugestanden Silvia Schmidt gebene Reden bekommen, vor einer Schiedsstelle gegen eine Ablehnung vom Kostenträger vorzugehen. Darüber hinaus fordern wir Liberale die Bundesregierung auf, zu überprüfen, ob die Schaffung eines Anspruchs auf Zulassung, wie es ihn bereits jetzt im SGB XI gibt, auch bei der Eingliederungshilfe zielführend wäre. Wunschund Wahlfreiheit des behinderten Menschen bedeutet, dass dieser sich nach Möglichkeit seinen Leistungsanbieter selbst aussuchen kann. Die Interessen des Kostenträgers bleiben auch bei unserem Vorschlag, etwa durch Fortbestand des Mehrkostenvorbehalts, gewahrt. Leistungsund Anbietervielfalt kann es nur mit mehr Markt im Sozialmarkt geben. Dafür steht die FDP. Ausdrücklich begrüße ich den Ansatz der Initiative der Grünen, die Leistungsform des Persönlichen Budgets auch bei der beruflichen Teilhabe zu stärken. Immer mehr Menschen mit Behinderung befinden sich in der Klemme, dass sie in der Werkstatt unterfordert und auf dem regulären Arbeitsmarkt überfordert sind. Das Persönliche Budget kann hier ein geeignetes Instrument sein, behinderten Menschen berufliche Teilhabe individuell nach ihren Fähigkeiten und Unterstützungsbedarf zu ermöglichen. Ich freue mich darauf, im Ausschuss detailliert den Antrag der Grünen zu beraten. Jedes Land dieser Welt muss sich künftig in der Behin dertenpolitik an der Umsetzung der am 13. Dezember 2006 in der UN-Vollversammlung verabschiedeten und seit dem 3. Mai 2008 in Kraft getretenen UN-Konvention über die Rechte von behinderten Menschen messen lassen. Dies gilt auch für die Bundesrepublik Deutschland, welche zwar zu den Erstunterzeichnern der Konvention gehörte, diese aber noch nicht ratifiziert hat. Es geht um die umfassende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, um Barrierefreiheit und Nachteilsausgleich. Notwendig sind also erstens eine breite Diskussion in der Gesellschaft über die Rechte von behinderten Menschen, bestehende Defizite und Barrieren, zweitens die nationale Gesetzgebung, einschließlich die der Bundesländer, im Sinne der UN-Konvention zu überprüfen, zu ergänzen bzw. zu ändern und drittens das dann neu geltende Recht in die Praxis umzusetzen. Die vorliegenden Anträge von FDP und Bündnis 90/ Die Grünen geben uns die Möglichkeit, hier im Hohen Haus abermals darüber zu reden, machen sie doch auf bestehende Probleme bei der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen aufmerksam. In diesem Zusammenhang wichtige Artikel der UN-Konvention sind das Recht auf Bildung – Art. 24 – sowie auf Arbeit und Beschäftigung – Art. 27. Wie ist die Situation in Deutschland? Der Anteil an Menschen mit Behinderungen ist mit circa 10 Prozent ähnlich hoch wie in allen anderen Ländern der Erde. Es gibt körperliche Beeinträchtigungen, mentale, sogenannte geistige, Beeinträchtigungen der Sinnesorgane sowie chronische und psychische Erkrankungen. Es gibt Behinderungen von Geburt an, infolge von Krankheit und Unfällen oder altersbedingte. Die Mehrzahl der Menschen mit Behinderungen in Deutschland wird zwar irgendwie versorgt und betreut, hat aber n h L a e a k h m v e d f w s d r B d W r D s b R A u m r s m u Z d g 2 t s h B f l Zu Protokoll ge (C (D icht oder nur eingeschränkt die Möglichkeit der Teilabe am Leben in der Gesellschaft. Das beginnt mit dem ernen in einer Sonderschule, geht weiter mit der Berufsusbildung in einer speziellen Einrichtung, der Arbeit in iner Behindertenwerkstatt und endet mit dem Lebensbend in einem Heim. Verwunderlich ist, dass es noch eine Sonderfriedhöfe gibt. Nur 14 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Beinderungen lernen in einer Regelschule, Tendenz abnehend, EU-Quote circa 60 Prozent. 80 Prozent von ihnen erlassen die Schule ohne Abschluss, statistisch gesehen, rreichen 0 Prozent das Abitur. Die Chance, von der Sonerschule den Übergang auf eine Regelschule zu schafen, existiert so gut wie gar nicht. Inklusiv unterrichtet ird hauptsächlich in Grundschulen, in der Sekundar tufe nimmt die Integrationsquote deutlich ab. Der Bunesregierung – nimmt man ihren aktuellen Bildungsbeicht zur Hand – scheint das egal zu sein. Lediglich die eauftragte der Bundesregierung für die Belange behinerter Menschen, Karin Evers-Meyer, spricht hier klare orte: Der Weg des Aussonderns und Sortierens hat uns in eine Sackgasse geführt. Es wird Zeit, dass dieser Erkenntnis endlich Taten folgen. Wir brauchen Schulen für alle, in der jedes Kind individuell gefördert wird … Wer auf einer Sonderschule war, hat später kaum noch eine Chance auf berufliche Eingliederung. Im Schnitt gehen mehr als 80 Prozent dieser Kinder in eine Werkstatt für behinderte Menschen. Die beruflichen Chancen von behinderten Kindern, die auf einer Regelschule unterrichtet wurden, liegen dagegen um ein Vielfaches höher. Das ist nicht nur eine unfassbare gesellschaftliche Diskriminierung. Das ist volkswirtschaftlicher Unsinn. Leider scheint Evers-Meyer die einzige in der Bundesegierung mit behindertenpolitischer Kompetenz zu sein. a sie aber nur Beauftragte der Bundesregierung ist, hat ie nichts zu entscheiden. Eine reine Alibifunktion raucht niemand. Ein Recht auf inklusive Bildung ist im nationalen echt durchaus verankert: Im Grundgesetz – Art. 3 bs. 3; Art. 7 Abs. 1 –, im Bundesgleichstellungsgesetz nd im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz. Langfristig uss deswegen meines Erachtens das Ziel die Etablie ung einer Schule für alle sein. Das heißt mittelfristig Abchaffung der Sonderschulen. Wir müssen sie überflüssig achen. Das erfordert einen pädagogischen, personalen nd baulichen Umbau der Regelschulen. Auch andere ahlen sprechen für sich: Während sich die Zahl der in en Werkstätten beschäftigten Menschen mit Behinderunen von 1994 bis 2006 von circa 150 000 auf circa 70 000 erhöhte, bleibt die Zahl der bei den Arbeitsämern und Jobcentern als arbeitsuchend registrierten Menchen mit Behinderungen überdurchschnittlich hoch – sie aben auch laut dem letzten Arbeitsmarktbericht der undesregierung am wenigsten von der Konjunktur pro itiert. Wir brauchen, und dies sei auch mit Blick auf die voriegenden Anträge gesagt, andere Grundlagen und Rah Jörg Rohde gebene Reden menbedingungen für mehr Wahlfreiheit und Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderungen. Wir brauchen einen wirklichen Nachteilsausgleich der sich am Bedarf ausrichtet, unabhängig von der Ursache für die Behinderung und unabhängig von Einkommen und Vermögen der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Meine Fraktion Die Linke hat mit ihrem Antrag auf Schaffung eines Nachteilsausgleichgesetzes, Drucksache 16/3698 vom 30. November 2006, entsprechende Vorschläge unterbreitet, und viele Sachverständige haben in der erst kürzlich stattgefundenen Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales die Notwendigkeit für solch ein Gesetz unterstrichen. Das schließt nicht aus – um auf den FDP-Antrag noch einmal zurückzukommen – dass wir etwas für eine breitere Angebotsvielfalt bei der Eingliederungshilfe tun. Aber dies mit dem Ziel, etwas für die Betroffenen zu tun und nicht, um einen Unterbietungswettbewerb mit immer schlechteren Bedingungen und Löhnen zu forcieren. Das schließt auch nicht aus, die von den Grünen aufgezeigten Widersprüche und Hemmnisse im Sozialrecht aufzulösen, denn es geht um die Förderung von Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und nicht um deren Verhinderung durch fehlende Kompatibilität der einzelnen Sozialgesetzbücher und anderen gesetzlichen Regelungen. Auch das vielgepriesene Wundermittel Persönliches Budget wird seine Wirkungen nicht entfalten können, wenn die Kardinalfehler bleiben: die Kopplung an die Bedürftigkeit und die Begrenzung der Leistungen auf dem Niveau bisheriger Sachleistungen anstatt auf den behinderungsbedingten Bedarf abzustellen. Auch bei der Eingliederungshilfe zeigt sich, dass die Betroffenen selbst und ihre Interessenvertretungen aktiv einzubeziehen sind. Dazu gehören unter anderem die Hinweise der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, BAGüS, zur praktischen Umsetzung der Empfehlungen des deutschen Vereins zur Weiterentwicklung zentraler Strukturen in der Eingliederungshilfe vom Mai dieses Jahres. Mein Fazit: Berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wäre eine von vielen Maßnahmen auf dem Weg zur vollen Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen. Die UN-Konvention gibt das Ziel vor. Wir haben noch lange Strecken zurückzulegen. Die Eingliederungshilfe hat es bislang nicht vermocht, den Bedürfnissen nach mehr Selbstständigkeit und Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderungen nachzukommen. Das System der Hilfen in seiner jetzigen Form wird den Lebenswirklichkeiten längst nicht immer gerecht und schöpft auch die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu Verwirklichung eines eigenständigen Lebens nicht aus. Eine Unterstützungslandschaft mit einer Vielfalt unabhängiger Leistungsanbieter steckt noch in den Kinderschuhen. Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat im Januar dieses Jahres einen umfassenden Antrag zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe in den Bundestag eingebracht mit dem Titel: „Die Eingliede r c A b c A w m d r b B e r a a g g a L w m A w P d w A F k d f d G b A q te n d b E E l Z c s g E g s d n r h r r k F Zu Protokoll ge (C (D ungshilfe für Menschen mit Behinderungen weiterentwikeln“, Drucksache 16/7748. Dieser Antrag sowie ein ntrag der Fraktion Die Linke, „Gesetz zum Ausgleich ehinderungsbedingter Nachteile vorlegen“, Drucksahe 16/3698, waren am 2. Juni 2008 Gegenstand einer nhörung im Ausschuss Arbeit und Soziales. Ohne der eiteren Diskussion im Ausschuss vorwegzugreifen, muss an doch feststellen, dass eine überwiegende Mehrheit er Sachverständigen die überwiegende Mehrheit unseer Forderungen ausdrücklich gut heißt. Die Bundesareitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger, AGüS, erklärt in ihrer schriftlichen Stellungnahme, dass rste Ergebnisse zur Weiterentwicklung der Eingliedeungshilfe seitens der Länder „noch in diesem Jahr mit llen Beteiligten diskutiert werden“. Spätestens dann ist uch die Bundesregierung in der Bringschuld. Es liegen enügend vernünftige Vorschläge zu Gesetzesänderunen auf dem Tisch. Ein weiteres Ergebnis der Anhörung m 2. Juni 2008 war, dass natürlich auch der Bereich der eistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zur Weiterenticklung der Eingliederungshilfe in das Zentrum der Beühungen gerückt werden muss. Dieser Teil würde im ntrag der Grünen Bundestagsfraktion nur am Rande erähnt, so der Vorwurf. Diesen Schuh ziehen wir uns gerne an. Nur in einem unkt haben wir auf die Probleme im Zusammenhang mit en Werkstätten für behinderte Menschen, WfbM, hingeiesen, doch das aus gutem Grund. Schon jetzt ist unser ntrag zur Eingliederungshilfe mit insgesamt sechzehn orderungen und zwölf Seiten äußerst umfangreich und omplex. Das Thema „Teilhabe am Arbeitsleben“ kann a nicht in einem Abwasch mitgenommen werden. Hierür bedarf es ausgewogener und überlegter Initiativen, ie einem abgestimmten Gesamtkonzept folgen müssen. eschieht dies nicht, kommt so etwas heraus, was die Areit der Bundesregierung bzw. der Bundesagentur für rbeit prägt: purer Aktionismus und die Gefahr der seuenziellen Betrachtung. Der jüngst vorgelegte Referennentwurf zur unterstützten Beschäftigung sowie die Maßahme „Diagnose-Arbeitsmarktfähigkeit“, DIA AM, sind ie besten Beispiele für solch eine Politik. In dieses Horn läst nun auch der Antrag der FDP „Wettbewerb in der ingliederungshilfe stärken – …“, Drucksache 16/9451. s steht außer Frage, dass die Inanspruchnahme ambu anter Leistungen in der Eingliederungshilfe nach dem wölften Buch Sozialgesetzbuch oft an der nicht ausreihend vorhandenen Angebotsvielfalt ambulanter Dienste cheitert. Die fehlenden Angebotsstrukturen wurden auch anz klar von den Sachverständigen am 2. Juni kritisiert. benso sollte außer Frage stehen, dass auch private Träer Leistungen anbieten sollen, sofern die Qualität timmt. Jetzt hier aber mit einem Antrag „aufzukreuzen“, der iese hochkomplexe Thematik auf die Ausführungen eies einzigen Vorschlages beschränkt, ist politisches Haakiri. Die FDP hat die Debatte um die Eingliederungsilfe verschlafen. Wahrscheinlich hat sie sich sogar nie ichtig dafür interessiert. Anders ist auch nicht zu erkläen, welch unterschiedliche Töne von dieser Fraktion ommen. Erst im Mai des vergangenen Jahres wollte die DP in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung, Dr. Ilja Seifert gebene Reden Markus Kurth Drucksache 16/5347, wissen, warum die Leistungen der Eingliederungshilfe nicht vergaberechtlich ausgeschrieben würden. Nur so könne ein Wettbewerb unter den Leistungserbringern um die effizienteste und wirtschaftlichste Dienstleistung entstehen. Eine vergaberechtliche Ausschreibung in diesem Fall schränkt aber gerade die Anzahl der Anbieter ein. Am Ende wird ein Anbieter vom Sozialhilfeträger ausgewählt, der womöglich aus Kostengründen einfach der billigste wäre. Die Qualität bliebe auf der Strecke. Außerdem würde das, was die FDP in ihrem jetzigen Antrag fordert – die Wahlfreiheit und Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderung –, auf der Strecke bleiben. Die Anhörung am 2. Juni zur Eingliederungshilfe hat hingegen ganz viele Hinweise gegeben, wie man zu einer größeren Angebotsvielfalt kommen könnte. So gibt es die Bündnis 90/Die Grünen schon in dem Antrag zur Eingliederungshilfe entsprechende Forderungen aufgenommen. Damit dieses Wunschund Wahlrecht nun auch für den Bereich der beruflichen Teilhabe gilt, fordern wir die Bundesregierung in dem aktuellen Antrag „Persönliche Budgets für berufliche Teilhabe jetzt ermöglichen!“, Drucksache 16/9753, auf, die Schwierigkeiten bei der Inanspruchnahme des Persönlichen Budgets zu beheben. Denn es steht doch außer Frage: Nimmt man Selbstbestimmung, Wunschund Wahlrecht wirklich ernst, so muss den Menschen mit Behinderungen die Leistung direkt zukommen. Nur so können sie selbst entscheiden, welche Hilfe sie sich davon einkaufen. Das Persönliche Budget stellt das zentrale Instrument hierfür dar. Eine konsequente personenbezogene Sozialpolitik ist zudem der größte Garant dafür, auch Wettbewerb unter den Leistungserbringern zu erzeugen. Der oder die Einzelne Möglichkeit, die objektive Strukturverantwortung der Rehabilitationsträger nach § 19 SGB IX – gemeinsam auf die Entwicklung der notwendigen vielfältigen Angebotsstrukturen hinzuwirken – auch aufsichtsrechtlich durchzusetzen. Ein weiterer Vorschlag ist, die Transparenz des Leistungsangebotes zu erhöhen. Bisher sind Leistungsart und Leistungsintensität schwer zu entschlüsseln. Möglich wäre, diese einrichtungsübergreifend und überregional zu beschreiben. So würden differenzierte Leistungsangebote sichtbar und könnten individuell genutzt werden. Ein Problem ist auch, dass die Grundsätze der Investitionsförderung – das heißt Zweckbindung der Gebäude, Abschreibung sowie Tilgung von Darlehen – die Umsetzung ambulanter Vorhaben hemmen. Hier sollten die Förderbestimmungen hinsichtlich der Angleichung der Leistungsformen, ambulant/stationär, geändert und frühzeitig Klarheit zwischen Zuwendungsgeber und -nehmer getroffen werden. Außerdem sollten weitere Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie wohnortintegrierte Leistungsangebote, Beratungsund Begegnungsmöglichkeiten, barrierefreier Wohnraum, Kulturund Freizeitangebote usw., eine ganze Palette an Vorschlägen also, die mit dem Antrag der FDP nicht leichtfertig übers Knie gebrochen werden dürfen. Um das Wunschund Wahlrecht sowie die Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderungen endlich konsequent durchzusetzen, hat die Bundestagsfraktion von a s a E s n s w – S v d 9 (D chtet stärker auf Kosten und Qualität. Es wird Überweisung der Vorlagen auf Druck achen 16/9451 und 16/9753 an die in der Tagesordnung ufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Es gibt keine inwände. Dann sind die Überweisungen so beschlosen. Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesordung. Inzwischen ist abzusehen, wer der Gegner der deutchen Mannschaft am kommenden Sonntag in Wien sein ird. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Gut, dass da keine Plenarsitzung ist!)


(A) )


(B) )

Silvia Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1617242800




(A) )


(B) )

Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1617242900




(A) )


(B) )

Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1617243000




(A) )


(B) )

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1617243100







(A) (C)


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1617243200

Bisher liegen keine Anträge auf Einberufung einer
ondersitzung des Bundestages am kommenden Sonntag
or.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 27. Juni 2008, um
Uhr, ein.

Ich wünsche allen noch einen schönen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.