Protokoll:
16019

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 19

  • date_rangeDatum: 16. Februar 2006

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:09 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/19 1341 C a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäf- tigung (Drucksache 16/643) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen (Drucksache 16/634) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verringerung steuerlicher Missbräuche und Umgehungen (Drucksache 16/520) . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Lydia Westrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Wend (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Erklärung durch die Bundesre- gierung: Aktuelle Situation zur Vogelgrippe Horst Seehofer, Bundesminister BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . 1322 B 1322 B 1322 C 1342 C 1344 D 1346 A 1347 A 1350 D Deutscher B Stenografisch 19. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Austritt des Abgeordneten Gert Winkelmeier aus der Fraktion DIE LINKE . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Monika Griefahn als stellvertretendes Mitglied im Stiftungsrat der Kulturstiftung des Bundes . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn als stellvertretendes Mitglied in den Wahlprüfungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 17 . . . Tagesordnungspunkt 3: C M O C O D D D D K 1321 A 1321 B 1321 B 1321 B 1322 A Peer Steinbrück, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1322 C undestag er Bericht ung 16. Februar 2006 t : arl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . ichael Glos, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . skar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rtwin Runde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1325 C 1327 B 1329 B 1331 C 1333 A 1334 D 1336 A 1339 B 1340 B Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . 1351 D 1352 B II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 Horst Seehofer, Bundesminister BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Blumentritt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Ursula Heinen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Till Backhaus, Minister (Mecklenburg-Vorpommern) . . . . . . . . . . . Iris Hoffmann (Wismar) (SPD) . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Till Backhaus, Minister (Mecklenburg-Vorpommern) . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Till Backhaus, Minister (Mecklenburg-Vorpommern) . . . . . . . . . . . Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . . . Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsprämiendurch- führungsgesetzes (Drucksache 16/644) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Sie- benten Gesetzes zur Änderung des Ge- meindefinanzreformgesetzes (Drucksache 16/635) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Pflanzenschutzgesetzes (Drucksache 16/645) . . . . . . . . . . . . . . . . . d e f g h i j k 1352 D 1353 A 1354 A 1355 C 1356 D 1358 B 1358 D 1359 C 1360 A 1362 C 1362 D 1362 A 1362 B 1362 C 1364 C 1366 A 1367 D 1369 B 1369 C 1369 C ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung von Vorschriften des Personen- beförderungsrechts (Drucksache 16/517) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag des Präsidenten des Bundesrech- nungshofes: Rechnung des Bundesrech- nungshofes für das Haushaltsjahr 2005 – Einzelplan 20 – (Drucksache 16/500) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Sylvia Kotting-Uhl, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Für ein effektives, europataugli- ches und wirtschaftsfreundliches Um- weltrecht (Drucksache 16/654) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vierunddreißigster Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ für den Zeitraum 2005 bis 2008 (Drucksache 15/5141) . . . . . . . . . . . . . . . ) Bericht des Ausschusses für Bildung, For- schung und Technikfolgenabschätzung ge- mäß § 56 a der Geschäftsordnung: Tech- nikfolgenabschätzung hier: Leichter-als-Luft-Technologie – In- novations- und Anwendungspoten- ziale (Drucksache 15/5507) . . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Fortschritte zur Entwicklung der ver- schiedenen Felder des Geoinforma- tionswesens im nationalen, europäischen und internationalen Kontext (Drucksache 15/5834) . . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Bil- dung für eine nachhaltige Entwicklung für den Zeitraum 2002 bis 2005 (Drucksache 15/6012) . . . . . . . . . . . . . . . ) Bericht des Ausschusses für Bildung, For- schung und Technikfolgenabschätzung ge- mäß § 56 a der Geschäftsordnung: Tech- nikfolgenabschätzung hier: Internet und Demokratie – Ab- schlussbericht zum TA-Projekt „Analyse netzbasierter Kommuni- kation unter kulturellen Aspekten“ (Drucksache 15/6015) . . . . . . . . . . . . . . . 1369 C 1369 D 1369 D 1370 A 1370 A 1370 A 1370 B 1370 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 III Zusatztagesordnungspunkt 7: a) Antrag der Abgeordneten Ilse Aigner, Michael Kretschmer, Katherina Reiche (Potsdam), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten René Röspel, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Informatives Berichtswesen als Grundlage einer gu- ten Forschungs- und Technologiepolitik (Drucksache 16/646) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Verwen- dung der Regionalisierungsmittel offen legen (Drucksache 16/652) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Resozialisierungsziele des Strafvollzugs bewahren – Sicherheit nicht gefährden (Drucksache 16/653) . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Zukunftsfähige Rahmenbedingungen für ein wirksames Umweltrecht im föderalen Deutschland schaffen (Drucksache 16/674) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Reform hufbe- schlagrechtlicher Regelungen und zur Änderung tierschutzrechtlicher Vor- schriften (Drucksachen 16/29, 16/669) . . . . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes über die Bereini- gung von Bundesrecht im Zuständig- keitsbereich des Bundesministeriums der Justiz (Drucksachen 16/47, 16/678) . . . . . . . . . . c) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem d e f Z A d Ü d s D A J C D S M 1370 C 1370 C 1370 D 1370 D 1371 B 1371 C Übereinkommen Nr. 172 der Interna- tionalen Arbeitsorganisation vom 25. Juni 1991 über die Arbeitsbedin- gungen in Hotels, Gaststätten und ähnlichen Betrieben (Drucksachen 16/342, 16/626) . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Kom- mission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung der Richtlinie 95/50/EG des Rates über ein- heitliche Verfahren für die Kontrolle von Gefahrguttransporten auf der Straße KOM (2005) 430 endg.; Ratsdok. 12360/05 (Drucksachen 16/150 Nr. 2.191, 16/537) . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung über Stoffe, die die Ozonschicht schädigen (Chemi- kalien-Ozonschichtverordnung – ChemOzonSchichtV) (Drucksachen 16/411, 16/480 Nr. 2.3, 16/619) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) – i) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 10, 11, 12 und 13 zu Petitionen (Drucksachen 16/558, 16/559, 16/560, 16/561) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion es BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: bernahme ehemaliger Regierungsmitglie- er in Vorstände und Aufsichtsräte deut- cher Energiekonzerne r. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Schmidt (Mülheim) (CDU/CSU) . . . ürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . hristian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . teffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . atthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1371 D 1372 A 1372 B 1372 C, D 1373 A 1374 B 1375 B 1376 C 1377 C 1378 D 1380 A IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 Garrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Klaas Hübner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Rainer Tabillion (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting- Uhl, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Für eine sichere Energieversorgung im 21. Jahrhundert – Energieeinsparung und erneuerbare Energien statt Öl, Atom und Kohle (Drucksache 16/579) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, Dr. Reinhard Loske, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bio- kraftstoffe intelligent fördern – Steuer- begünstigung erhalten (Drucksache 16/583) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2005 (Drucksache 15/6000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . W J D D P A J A P D T B a – – – ( M S D J 1381 B 1382 C 1383 B 1384 C 1385 C 1386 C 1386 D 1386 D 1388 B 1390 A 1390 C 1391 A 1393 B 1394 C 1394 D 1396 B 1397 A 1397 D 1398 D olfgang Tiefensee, Bundesminister BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . oachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . . r. Wolfgang Böhmer, Ministerpräsident (Sachsen-Anhalt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . eter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . ens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . rnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . etra Weis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: eschlussempfehlung und Bericht des Rechts- usschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Gehb, Dr. Günter Krings, Günter Baumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Joachim Stünker, Dr. Peter Danckert, Klaus Uwe Benneter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Speicherung mit Augenmaß – Effektive Strafverfolgung und Grundrechtswah- rung zu dem Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Gisela Piltz, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gegen eine eu- ropaweit verpflichtende Vorratsdaten- speicherung zu dem Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Freiheit des Telefonver- kehrs vor Zwangsspeicherungen Drucksachen 16/545, 16/128, 16/237, 16/690) artin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1399 A 1400 C 1401 C 1403 A 1405 B 1407 B 1409 C 1411 B 1412 C 1414 B 1416 A 1417 C 1417 D 1419 A 1420 B 1422 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 V Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Daniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (CDU/CSU) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Martin Zeil, Christian Ahrendt und der Frak- tion der FDP: Bürokratieabbau – Jetzt sind konkrete Schritte gefragt (Drucksache 16/472) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Rainer Wend (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und der SPD einge- brachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes (Drucksachen 16/430, 16/628) . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Paziorek, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . D U T a b C M P T K T E b r ( D C J D R T A P 1423 B 1424 B 1425 C 1425 D 1426 A 1427 B 1428 B 1429 A 1429 B 1429 B 1430 C 1430 D 1432 A 1432 D 1434 C 1435 C 1437 A 1438 B 1438 C 1439 C 1440 C 1442 A 1443 C r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: ) Antrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider (Saarbrü- cken), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Föderalismusre- form im Bildungsbereich (Drucksache 16/647) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Priska Hinz (Herborn), Kai Boris Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Kooperationsmöglichkeiten von Bund und Ländern in Bildung und Wissen- schaft erhalten (Drucksache 16/648) . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arcus Weinberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . atrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . homas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . rista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: rste Beratung des vom Bundesrat einge- rachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- ung des Buchpreisbindungsgesetzes Drucksache 16/238) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Kai Boris Gehring, riska Hinz (Herborn), Krista Sager, weiterer 1444 A 1444 D 1446 A 1446 A 1446 B 1447 A 0000 A1447 C 1448 D 1449 A 1451 A 1453 A 1454 A 1454 A 1455 A 1455 D 1457 C 1458 A VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 Abgeordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Mehr Qualität für die Hochschulen (Drucksache 16/649) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Boris Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Uwe Barth (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: SPRINT- Studie des Deutschen Sportbundes darf nicht folgenlos bleiben – Jetzt bundesweite Wende im Schulsport einleiten (Drucksache 16/392) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Kornelia Möller, Katrin Kunert, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der LINKEN: Übertragung der im Jahr 2005 nicht ge- nutzten Mittel der Arbeitsmarktpolitik ins Jahr 2006 (Drucksache 16/546) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Grietje Bettin, Volker Beck (Köln) und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ D r s ( i Z A A o f n h ( N A L A Z E B p K A Z d n i W A D M 1459 B 1459 C 1460 C 1462 D 1464 A 1465 D 1466 D 1467 A 1468 B 1469 C 1470 C 1472 B 1473 B 1473 C IE GRÜNEN: Bürgerfreundliche Kosten- egelung für das Informationsfreiheitsge- etz Drucksache 16/580) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 4: ntrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Jens ckermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der FDP: Der In- ormationsfreiheit durch transparente und iedrige Gebühren zum Durchbruch ver- elfen Drucksache 16/659) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntwurfs eines Gesetzes zur Änderung des uchpreisbindungsgesetzes (Tagesordnungs- unkt 9) atrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Übertragung der im Jahr 2005 icht genutzten Mittel der Arbeitsmarktpolitik ns Jahr 2006 (Tagesordnungspunkt 13) olfgang Meckelburg (CDU/CSU) . . . . . . . . ndrea Nahles (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1474 C 1474 D 1474 D 1475 A 1475 B 1475 D 1477 C 1479 D 1480 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 VII Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Bürgerfreundliche Kostenregelung für das Informationsfreiheitsgesetz – Der Informationsfreiheit durch transpa- rente und niedrige Gebühren zum Durch- bruch verhelfen (Tagesordnungspunkt 14, Zusatztagesordnungs- punkt 4) Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1481 B 1482 B 1482 D 1484 A 1482 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 1321 (A) ) (B) ) 19. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Anlage 3 Anlage 4 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 1475 (A) ) (B) ) erhalten, damit das Buchangebot einer breiten Öffent- sagt, grob formuliert: Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes (Ta- gesordnungspunkt 9) Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir unterstützen selbstverständlich die dem Buchpreisbindungsgesetz zugrunde liegende Idee, nach der das Buch nicht nur ein Wirtschaftsgut, sondern auch ein Kulturgut ist! Deshalb gilt es, die Vielfalt der Ver- lags- und Buchhandlungslandschaft in Deutschland zu l p g g s v s f m s v d l d h u d a E b g S s d b n s e d i z t m u G d g B G w d ä s m A B Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albach, Peter CDU/CSU 16.02.2006 Bätzing, Sabine SPD 16.02.2006 Granold, Ute CDU/CSU 16.02.2006 Griefahn, Monika SPD 16.02.2006 Haustein, Heinz-Peter FDP 16.02.2006 Hilsberg, Stephan SPD 16.02.2006 Hintze, Peter CDU/CSU 16.02.2006 Hofbauer, Klaus CDU/CSU 16.02.2006 Hovermann, Eike SPD 16.02.2006 Klug, Astrid SPD 16.02.2006 Kramme, Anette SPD 16.02.2006 Müller (Gera), Bernward CDU/CSU 16.02.2006 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.02.2006 Nitzsche, Henry CDU/CSU 16.02.2006 Schieder, Marianne SPD 16.02.2006 Schmidt (Nürnberg), Renate SPD 16.02.2006 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.02.2006 Ulrich, Alexander DIE LINKE 16.02.2006 Wolff (Rems-Murr), Hartfrid FDP 16.02.2006 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht ichkeit zugänglich ist. Die Förderung durch das Buch- reisgesetz sollte auch bei der Verwendung des Kultur- uts Buch an Schulen Anwendung finden. Schulbücher sind ein wichtiges öffentliches Bildungs- ut, und die Politik hat Rahmenbedingungen dafür zu chaffen, dass der Zugang zu diesem Gut für möglichst iele Menschen finanzierbar bleibt. Der vorliegende Ge- etzentwurf des Bundesrates ist deshalb sinnvoll. Ich inde es richtig, dass das Preisbindungssystem für Sam- elbestellungen von Schulbüchern auch dann gelten oll, wenn mehr als fünfzig Prozent der Schulbuchkosten on Eltern oder volljährigen Schülern übernommen wer- en. Da in vielen Bundesländern bereits eine Eigenbetei- igung der Erziehungsberechtigten vorgesehen ist oder emnächst eingeführt werden soll, sollten hier die beste- enden Rechtsunsicherheiten schnell beseitigt werden nd die entsprechende Formulierung im Buchpreisbin- ungsgesetz geändert werden, sodass die Sammelrabatte uch dann gelten, wenn die Lernmittel mehrheitlich aus lternhand bezahlt werden. Je mehr Länder eine Eigen- eteiligung umsetzen, desto wichtiger ist es, dass der ge- enwärtige Rabattsatz auch in solchen Fällen gilt. chließlich wünschen wir uns eine gute Ausstattung un- erer Schülerinnen und Schüler mit Lernmitteln. Bliebe ie alte Regelung bestehen, könnten weniger Schul- ücher angeschafft werden. Übrigens bin ich der Mei- ung der Bundesregierung, dass wir darüber nachdenken ollten, auch die Privatschulen in die Nachlassregelung inzubeziehen. Wenn wir uns an die Diskussion hier in Berlin aus em Jahr 2003 um die so genannten Lernmittelfonds er- nnern, dann wird noch klarer, wie wichtig diese Geset- esänderung ist. Seinerzeit wurde engagierten Elternver- retungen und Schulleitungen vorgeworfen, sie würden it diesen Fonds das Buchpreisbindungsgesetz umgehen nd austricksen, manche sprachen gar polemisch von eldwäsche, weil aus privaten Geldern öffentliche Gel- er gemacht würden. Solche sowieso schon völlig unan- emessenen Vorwürfe verlieren durch die nun vom undesrat vorgeschlagene neue Regelung jegliche rundlage, da der Rabatt nun auch dann gelten soll, enn die Sammelbestellungen nicht überwiegend von er öffentlichen Hand finanziert werden. Die Gesetzes- nderung hat also einen erfreulichen Nebeneffekt: Sie tärkt und unterstützt das zivilgesellschaftliche Engage- ent an unseren Schulen. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Übertragung der im Jahr 2005 nicht genutzten Mittel der Arbeits- marktpolitik ins Jahr 2006 (Tagesordnungs- punkt 13) Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU): Auf den ersten lick ist der Antrag der Linken ganz pfiffig. Denn er be- 1476 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 (A) ) (B) ) Im letzten Jahr sind 2,8 Milliarden Euro nicht für Ar- beitsmarktpolitik gebraucht worden. Die Linke behaup- tet, damit seien Mittel in Milliardenhöhe nicht für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit eingesetzt worden, obwohl sie vorhanden waren und fordert das, was ge- setzlich möglich ist, nämlich circa 1 Milliarde Euro aus dem Vorjahr in dieses Jahr zu übertragen und den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu verstärken. Kurz gefasst: Die Linken präsentieren sich als Retter der Arbeitsmarktpolitik. Bei genauerer Betrachtung ist der Linken-Antrag aber nur ein Schauantrag. In der Tat, die rechtliche Möglichkeit der Übertra- gung nicht verausgabter Bundesmittel in das Folgejahr besteht nach § 46 Abs. 3 SGB II. Dabei dürfen diese Mittel die Höhe von 10 Prozent des Gesamtbudgets nicht übersteigen. Insofern geht es hier konkret um circa 1 Milliarde Euro, die in das Jahr 2006 des Haushalts der Arbeitsagentur zusätzlich eingebracht werden sollen. Politisch formuliert: Die Linken behaupten, in schwieriger Finanzsituation, 1 Milliarde Euro gefunden zu haben, die in diesem Jahr zusätzlich zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eingesetzt werden können. So einfach ist das natürlich nicht. Und die Forderung der Linken lässt sich heute nicht durch schlichten Parla- mentsbeschluss umsetzen. Das Problem der Mittelüber- tragung gehört in den Zusammenhang mit den anstehen- den Haushaltsberatungen. Wenn man die Forderung der Linken nach Übertra- gung der im Jahr 2005 nicht genutzten Mittel der Ar- beitsmarktpolitik ins Jahr 2006 überprüft, dann muss man sich mit einer ganzen Reihe von Fragen beschäfti- gen, zum Beispiel: Wie ist die aktuelle Situation der Ar- beitsmarktpolitik? Wie war und ist die Situation 2005/2006? Die Kern- frage lautet: Macht die Übertragung von Haushaltsmit- teln in dieser Situation überhaupt Sinn? Der Antrag der Linken verrät auch politische Grundauffassungen und damit die Frage, ob diese Grundannahmen richtig sind. Welche Grundidee verbirgt sich hinter dem Antrag der Linken? Welche Alternativen gibt es zu solch einer Politik? Was muss wirklich getan werden, um Arbeitslo- sigkeit zu bekämpfen? Also: Wie ist die aktuelle Situation der Arbeitsmarkt- politik für SGB-II-Leistungsempfänger? Zunächst einmal muss daran erinnert werden, dass mit dem SGB II im Jahr 2005 eine neue Seite im Sozial- gesetzbuch aufgeschlagen wurde. Durch die Zusammen- legung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige wurde mit dem ALG II ein neues Instru- ment geschaffen und dementsprechend ein neuer Titel für Eingliederungsleistungen im SGB-II-Bereich. Da es sich um ein neues Fördermittel handelte, wurden mit der Summe von 6,5 Milliarden Euro ein besonders hoher Ansatz für Eingliederungshilfe eingesetzt. Wie Sie wissen, ging es mit der Neueinführung des ALG II auch um die Abgrenzung der anteiligen Finan- zierung zwischen Bund und Ländern bzw. über die Zu- s u w l d l d s n k i m l n L e d r a A M T g J L k S E d e h t a z I m b f v d r t l G s I b w p h v S (C (D tändigkeiten für die Finanzierung der Grundsicherung nd der Kosten der Unterkunft. Auch dies hat die Frage, ie viel Finanzmittel jeweils aufzubringen sind, nicht eicht gemacht. Wie Sie wissen, haben die Kommunen für die Kosten er Unterkunft aufzukommen und erhalten dafür zusätz- iche Bundesmittel. Über die Höhe der Mittel des Bun- es gab es eine langwierige Auseinandersetzung zwi- chen Bund und Ländern. Die neue Bundesregierung hat eine für die Kommu- en günstige Regelung der Bezuschussung von Unter- unftskosten getroffen. Und zwar für 2005 und 2006. Es st inzwischen gesetzlich geregelt, dass der Bund sich it jeweils 29,1 Prozent an den Unterkunftskosten betei- igt. Für den Bund entstehen dadurch Mehrausgaben, die icht nur den Kommunen, sondern auch den SGB-II- eistungsempfängern zugute kommen. Bei der Einführung des neuen Leistungssystems gab s eine Reihe von anderen Schwierigkeiten zu überwin- en, sodass die veranschlagten Mittel für Eingliede- ungsleistungen im Jahr 2005 nicht in vollem Umfang bgeflossen sind. Dabei gibt es zwischen den einzelnen genturen für Arbeit jedoch große Unterschiede. Die ittelbindung ist bei einigen Agenturen zum größten eil erfolgt, während andere Agenturen nur einen gerin- eren Teil ihrer Mittel ausgegeben haben. Die Übertragung von Eingliederungsmitteln aus dem ahr 2005 auf das laufende Jahr, wie sie vom Antrag der inken gefordert wird, macht vor diesem Hintergrund einen Sinn, vor allem nicht als parlamentarischer chnellschussbeschluss in Höhe von circa 1 Milliarde uro. Für einen solchen Fall müsste ein bestehender Be- arf bei den Arbeitsgemeinschaften und Trägern vor Ort rmittelt werden. Ein Beschluss heute ist aber auch des- alb nicht notwendig, weil im Zuge der Haushaltsbera- ungen für das Jahr 2006 wieder Eingliederungsmittel in usreichender Höhe zur Verfügung gestellt werden. Ein usätzlicher Bedarf wird nicht entstehen. Hinter dem Antrag der Linken könnte aber auch die dee stecken, je mehr Milliarden für die aktive Arbeits- arktpolitik bereitgestellt werden, umso besser für Ar- eitsmarkt und Arbeitslose. Dieser Eindruck wird jeden- alls dadurch erweckt, dass die Linke die angeblich erlorenen 2,8 Milliarden des Jahres 2005 zumindest urch eine Übertragung von 1 Milliarde für Eingliede- ungsmittel ins Jahr 2006 retten will. Das Feilschen um Milliarden bei der Arbeitmarktpoli- ik ist falsch. Es geht nicht darum, 10, 20 oder 30 Mil- iarden Euro mehr auszugeben, sondern das richtige eld an der richtigen Stelle. Die Arbeitslosigkeit lässt ich vor allem nicht dadurch bekämpfen, dass man das nstrument der Eingliederungshilfe immer weiter auf- läht. In diesem Zusammenhang muss darauf verwiesen erden, dass die Ausgaben der aktiven Arbeitsmarkt- olitik aus Steuermitteln des Bundes bezahlt werden. Es andelt sich letztlich um Ausgaben für Arbeitslose, die on denen bezahlt werden, die durch ihre Arbeit und teuern diese Mittel aufbringen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 1477 (A) ) (B) ) Was muss denn wirklich getan werden, um die immer noch zu hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen? Arbeits- marktpolitik gehört sicherlich dazu. Sie wird aber nicht das Hauptinstrument sein, denn sie schafft keine Ar- beitsplätze. Sie wissen, dass wir zurzeit in einer Phase der Bewertung aller arbeitsmarktpolitischen Instrumente sind. Parallel dazu sind erste Entscheidungen getroffen. Morgen wird das SGB-II-Änderungsgesetz verabschie- det. Zugleich läuft die Vorbereitung des SGB-II-Optimie- rungsgesetzes, wie der Titel schon sagt, um die Arbeits- marktpolitik zu optimieren. Dabei geht es auch darum, den arbeitsmarktpoliti- schen Instrumentenkoffer zu bündeln, effizienter zu ge- stalten und sicher auch zu Einsparungen zu kommen. Ziel muss sein, ein verbessertes Konzept der Arbeits- marktpolitik Schritt für Schritt zu entwickeln. Was aber auch gesagt werden muss: Der Kampf ge- gen die Arbeitslosigkeit muss schwerpunktmäßig auf an- deren Feldern geführt werden. Es gilt der Satz: Wer Arbeitslosigkeit bekämpfen will, braucht Arbeitsplätze. Und Arbeitsplätze entstehen in der Wirtschaft, in den Unternehmen, in kleineren und mittleren Betrieben. Die Politik kann und muss ihren Beitrag dazu leisten, dass die Rahmenbedingungen für den Beschäftigungsaufbau verbessert werden. Dabei geht es um Fragen der Steuerpolitik, der Wirtschafts- und Finanzpolitik, um Fragen wie Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und Senkung der Lohnzusatzkosten, um nur einige zu nennen. Wir können heute festhalten: Die große Koalition hat genau dies vor. Heute Morgen haben wir das „Programm der steuerli- chen Förderung von Wachstum und Beschäftigung“ in erster Lesung beraten. Es geht darum, den einsetzenden Aufschwung zu verstärken und zu verfestigen. Es gilt unter anderem, die Haushalte und Familien für den Ar- beitsmarkt zu öffnen. Es geht um gezielte Mittelstandspolitik. Die Koali- tionsfraktionen haben in der letzten Woche den Antrag „Neue Impulse für den Mittelstand“ eingebracht. Der An- trag zielt auf den Mittelstand als das Rückgrat der deut- schen Wirtschaft. Durch ein ganzes Bündel von Vorhaben – von der Steuerpolitik und der Mittelstandsfinanzierung bis zu Bereichen der Forschungs- und Entwicklungspoli- tik, der Energie- und der Außenwirtschaftspolitik – soll der Mittelstand als Arbeitsplatzmotor gestärkt werden. Einen hohen Stellenwert für bessere Rahmenbedin- gungen der Wirtschaft hat der Bürokratieabbau, der in dieser Legislaturperiode erfolgen soll. Ein zentrales In- strument wird der Normenkontrollrat beim Bundeskanz- leramt sein, der sowohl künftige Gesetzesinitativen, aber auch den bestehenden Normenbestand auf Erforderlich- keit und Bürokratiekosten prüfen soll. Schließlich – die Aufzählung ist nur beispielhaft – ist mit der Reduzierung der Lohnzusatzkosten ein weiteres Thema genannt, das zur Kostenentlastung des Faktors Arbeit führt. Die große Koalition wird zum 1. Januar 2007 die Beiträge der Arbeitslosenversicherung um zwei P k 4 d t w b t L n v h b d f S n J d Z h Z D b c r „ S s S m w D f a m s D m r B k e d h d t d s o a w g s (C (D rozentpunkte – von 6,5 Prozent auf 4,5 Prozent – sen- en und damit die Sozialversicherungskosten auf unter 0 Prozent bringen. Dazu sind auch Einsparungen bei er Bundesagentur für Arbeit notwendig. Und hierzu gehört dann auch die Frage, wie viele Mit- el für die Arbeitsmarktpolitik eingesetzt werden. Dies ird im Zusammenhang mit den anstehenden Haushalts- eratungen zu klären sein, und nicht über einen losgelös- en Beschluss des Parlaments heute. Andrea Nahles (SPD): Der vorliegende Antrag der inkspartei schlägt vor, den gesetzlich möglichen Anteil icht genutzter Eingliederungsmittel für Hilfebedürftige on circa 1 Milliarde Euro zusätzlich in den neuen Haus- alt der BA zu überführen und für Maßnahmen der Ar- eitsmarktvermittlung einzusetzen. Richtig ist: Die Mittel für die zur Verfügung stehen- en Eingliederungsmittel sind nicht vollständig abgeru- en worden. Das ist bedauerlich und ganz sicher nicht im inne des Erfinders. Aber warum wurden die Mittel icht abgerufen? Sie vergessen wohl, dass die BA im ahr 2005 den größten Umbauprozess ihrer Geschichte urchgemacht hat. Das frühere „Arbeitsamt“ war eine usammenfassung von Fachabteilungen unter der ein- eitlichen Leitung einer Behörde. Ihm fehlte der innere usammenhalt und eine gemeinsame Zielverfolgung. ie Fachabteilungen führten ein weitgehendes Eigenle- en. Das ist mit der jetzigen Situation gar nicht zu verglei- hen: In den letzten beiden Jahren, da hatte die BA eine iesige Umstrukturierung zu leisten: Vom Amt hin zum Kundenzentrum“ der Zukunft. Dazu nur folgende tichworte: Für die Grundsicherung nach SGB II sind eit 1. Januar 2005 die Arbeitsgemeinschaften zuständig. ie mussten in den letzten beiden Jahren erst mal zusam- en mit den Kommunen neu aufgebaut werden. Mittler- eile haben wir über 300 Arbeitsgemeinschaften in eutschland, die sich um die Arbeitslosengeld-II-Emp- änger kümmern. Sie bekommen dort alle Leistungen us einer Hand und müssen keinen Behördenmarathon ehr auf sich nehmen. 80 Prozent der Arbeitsgemein- chaften wurden erst im vierten Quartal 2004 gegründet. as heißt, der organisatorische und logistische Kraftakt usste von der Mehrzahl der Arbeitsgemeinschaften pa- allel zum laufenden Betrieb gestemmt werden. Was den ereich des SGB III angeht: Auch da steht bei der BA ein Stein mehr auf dem anderen. Der früher ungesteu- rte Kundenandrang wurde neu organisiert. Man wollte urch interne Umstrukturierung näher an den Kunden eran. Neue Computersysteme wurden eingeführt. All dies hat die Kräfte der Mitarbeiter enorm gebun- en. Es kam zu Personalengpässen und ungünstigen Be- reuungsrelationen. Aber mittlerweile sind wir so weit, ass mit dem zunehmenden Aufbau der Arbeitsgemein- chaften die Belastung der Mitarbeiter zurückgeht. Die rganisatorischen Abläufe werden optimiert. Die Mit- rbeiter können sich wieder dem eigenen Kerngeschäft idmen. Das können Sie im Evaluationsbereicht übri- ens nachlesen. Dies bitte ich als Hintergrund zu berück- ichtigen, wenn wir über Ihren Antrag sprechen. 1478 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 (A) ) (B) ) Wir wollen die volle Ausschöpfung des Titels und ha- ben deshalb für das Jahr 2006 7,1 Milliarden Euro beim SGB II angesetzt, das heißt, wir haben noch mal eine Schüppe oben draufgelegt. Das zeigt doch die Wichtig- keit, die wir dem Bereich der aktiven Arbeitsmarktförde- rung zuweisen. Die von Ihnen vorgeschlagene Lösung ist wie so vie- les, was Sie politisch fordern, vor allem eins: zu kurz ge- dacht und daher wenig hilfreich. Angesichts des Haus- haltsloches von 40 Milliarden Euro kann über die Übertragungsmöglichkeiten von Eingliederungs- und Verwaltungsmitteln erst auf der Grundlage eines endgül- tig verabschiedeten Bundeshaushaltes entschieden wer- den. Sie fordern außerdem, dass die Mittel vorrangig für solche Maßnahmen zu gewähren seien, die einen sozial- versicherungspflichtigen Charakter tragen oder die der Förderung der beruflichen Weiterbildung dienen. Das sind gute Ziele. Ich finde, da sind die Arbeitsagenturen aber jetzt auf einem guten Weg: Erstens: Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Hieran haben im Januar 2006 37 500 Personen teilge- nommen. 3 300 haben im Januar eine solche Maßnahme begonnen. In 2005 sind insgesamt 62 200 Menschen durch die Arbeitsgemeinschaften in diesem Bereich ge- fördert worden. Zweitens: Trainingsmaßnahme oder Maßnahme zur Eignungsfeststellung. Hier haben im Januar 2006 21 600 Personen teilgenommen. 20 000 haben im Januar eine solche Maßnahme begonnen. Drittens. Eingliederungszuschüsse. Sie wurden im Ja- nuar 2006 in 24 300 Fällen gewährt. Für 1 400 Leute wurde dieser Zuschuss im Januar erstmals bewilligt. Die unterschwellige Behauptung in der Begründung Ihres Antrages, die BA würde es mit dem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit nicht so ernst meinen, ist ein Schlag ins Gesicht der vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitsagentur. Ich als Mitglied einer Regierungsfraktion kann Ihnen nur sagen: Die vorherige Bundesregierung hat das Pro- blem sogar so ernst genommen, dass wir die Bundes- agentur einer grundsätzlichen Neuausrichtung unterwor- fen haben und auch noch so ehrlich sind, diese Reform kritisch vom Ombudsrat und von zahlreichen wissen- schaftlichen Instituten begleiten zu lassen. Wir nehmen es sogar so ernst, dass wir die Ergebnisse der Evaluation nicht in irgendwelchen Schubladen verschwinden lassen, sondern dass wir hier in diesem Hohen Hause darüber beraten haben und sogar – das muss für Sie jetzt total un- verständlich sein – die Verbesserungsvorschläge ernst genommen haben. Von einer Vernachlässigung der Ar- beitsmarktpolitik kann hier überhaupt keine Rede sein und ich werde Ihnen jetzt auch aufzeigen, warum. Die BA selbst kann kaum Arbeitsplätze schaffen. Das kann nur ein aufeinander aufbauendes System. Das kön- nen Sie sich wie eine Pyramide vorstellen: Oben steht die Beschäftigungspolitik. Wachstum und Finanzpolitik sind wichtig. Wir haben bereits in den ersten 100 Tagen e p k b r z s s f p s 2 a d L w t f k V z 3 e r s p B n D n t a s b d d v J m d d d A w 1 ß b g z i u t (C (D in 25 Milliarden-Euro-Wachstums- und Innovations- rogramm auf den Weg gebracht, das sich sehen lassen ann. Wir fördern die mittelständische Wirtschaft durch essere Abschreibungsregeln, durch ein CO2-Sanie- ungsprogramm und durch Anhebung der Umsatzgren- en. Unternehmen können zukünftig bewegliche Wirt- chaftsgüter besser von der Steuer abschreiben und omit ihre Liquidität und Rendite verbessern. Außerdem ördern wir die Sanierung älterer Gebäude. Das gibt Im- ulse für die Baukonjunktur, stößt Investitionen an und chafft Arbeitsplätze. Wir unterstützen Forschung und Entwicklung bis 009 mit zusätzlich 6 Milliarden Euro. Wir als rohstoff- rmes Land investieren in das Beste was wir haben: in en Forschungs- und Entwicklungsehrgeiz unserer eute. Wir werden unsere Wettbewerbsfähigkeit ständig eiterentwickeln und unsere Marktchancen für innova- ive Produkte kontinuierlich ausbauen. Wir stellen bis 2009 zusätzlich 4,3 Milliarden Euro ür Verkehrsinvestitionen bereit. Die zusätzlichen Mittel ommen allen Verkehrsträgern zugute und sind an die orgabe gebunden, schnell hohe Beschäftigungsimpulse u erreichen. Wir fördern Familien durch das Elterngeld mit Milliarden Euro. Damit wollen wir es jungen Familien rleichtern, Familie und Beruf miteinander zu vereinba- en. Außerdem wollen wir private Haushalte mit insge- amt 5 Milliarden Euro entlasten, um damit Arbeits- lätze zu schaffen. Private Haushalte bieten noch viele eschäftigungsmöglichkeiten, die wir künftig stärker utzen wollen. Deshalb kann man bald haushaltsnahe ienstleistungen, Dienstleistungen bei der Betreuung ei- er pflegebedürftigen Person und auch Handwerksarbei- en in den eigenen vier Wänden besser von der Steuer bsetzen. Das war die oberste Ebene, die Wachstums- und Be- chäftigungspolitik. Darunter kommt die präventive Ar- eitsmarktpolitik. Wir wollen verhindern, dass die Leute arbeitslos wer- en. Deshalb haben wir bereits in den ersten 100 Tagen ie Förderung der beruflichen Weiterbildung älterer oder on Arbeitslosigkeit bedrohter Arbeitnehmer um ein ahr verlängert. Demnach bekommen ältere Arbeitneh- er Zuschüsse von der BA für die Teilnahme an Bil- ungsmaßnahmen, wenn sie zu Beginn der Weiterbil- ung das 50. Lebensjahr vollendet haben, für die Zeit er Teilnahme an der Weiterbildung Anspruch auf rbeitsentgelt haben und vom Arbeitgeber freigestellt orden sind und in einem Betrieb mit bis zu 00 Beschäftigten arbeiten. Die Weiterbildung muss au- erhalb des Betriebes durchgeführt werden. Die erwor- enen Kenntnisse müssen über eine arbeitsplatzbezo- ene Anpassungsqualifizierung hinausgehen. Die BA ahlt dem Arbeitnehmer die Weiterbildungskosten und m Einzelfall einen Zuschuss zur Unterbringung. Und nter der präventiven Arbeitsmarktpolitik kommt die ak- ivierende Arbeitsmarktpolitik, mit der wir alles tun, um Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 1479 (A) ) (B) ) die Menschen in Arbeit zu bringen. Mit dem fünften SGB-Ill-Änderungsgesetz haben wir innovative Instru- mente der Arbeitsmarktpolitik verlängert, die zeitlich bis Ende 2005 befristet waren. Wir haben die „Entgeltsiche- rung für ältere Arbeitnehmer“ und die „Tragung der Bei- träge zur Arbeitsförderung bei Beschäftigung älterer Ar- beitnehmer“ bis Ende 2007 verlängert. Ebenfalls bis Ende 2007 verlängert haben wir die Möglichkeit, spezia- lisierte Einrichtungen mit Eingliederungsmaßnahmen zu beauftragen. Damit kann die BA nach einem wettbe- werbsrechtlichen Vergabeverfahren Bildungsträger oder Rehaträger mit der Durchführung von Maßnahmen be- auftragen, deren Ziel die Eingliederung der Teilnahme in den Arbeitsmarkt ist. Die Förderung der Existenzgründung durch die Ich- AG haben wir um ein halbes Jahr bis Ende Juni 2006 verlängert. Diese Zeit wollen wir nutzen, um die Exis- tenzgründung ganz neu auszurichten: Das Überbrü- ckungsgeld und den Existenzgründungszuschuss wollen wir zu einer einheitlichen Förderung zusammenfassen. Weil wir lernfähig sind, haben wir die Verpflichtung der BA abgeschafft, in jedem Bezirk eine Personal-Service- Agentur einzurichten. Wir haben außerdem die so ge- nannte 58er-Regelung um zwei Jahre bis Ende 2007 ver- längert. Das heißt, ältere Arbeitnehmer haben die Mög- lichkeit, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II unter erleichterten Voraussetzungen zu beziehen. Mit dem Revisionsgesetz haben wir die Kosten für die Unterkunft für Arbeitslosengeld-II -Bezieher neu ge- regelt. Wir haben festgelegt, dass der Bund in 2005 und 2006 den Kommunen jeweils 29,1 Prozent für Kosten und Unterkunft und Heizung im Rahmen des Arbeitslo- sengeldes II zahlen. Das ist zwar mehr als den Kommu- nen in diesen Jahren zustände, wir haben es dennoch ge- macht, um sowohl den Kommunen als auch den Arbeitslosen Planungssicherheit zu geben. Da durfte keine Lücke entstehen, wie sie durch die Vetodrohung einiger Länder in der Luft lag. In diesem Zusammen- hang gilt auch: Die Länder müssen ihre Vorteile beim Wohngeld komplett an die Gemeinden geben. Die Ge- meinden müssen aus dem 2,5 Milliarden Euro Vorteil die Verbesserung der Beteiligung der unter Dreijährigen vo- rantreiben. Dies alles haben wir bereits in den ersten Monaten nach der Regierungsbildung umgesetzt. Und wir hören nicht auf, wir machen weiter. Wir wollen außerdem die Beschäftigung für gering qualifizierte Menschen ankur- beln. Dazu haben wir ein Arbeitsgruppe eingerichtet, die das Thema beackern wird. Es geht darum, Lohndrücke- rei zu verhindern und gleichzeitig mehr Menschen als bisher in Beschäftigung zu bringen. In diesem Zusam- menhang schauen wir uns ganz genau die einzelnen Kombilohnmodelle an, prüfen die Einführung eines Mindestlohnes und vor allem die Wechselwirkungen mit dem Steuersystem und den Mini- und Midijobs. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe und wir werden sie sehr ernsthaft angehen. In diesen Bereich fällt übrigens auch die Ausweitung des Arbeitnehmerentsendegesetzes auf das Gebäudereinigerhandwerk. Schließlich wollen wir den älteren Arbeitnehmern mit der Initiative 50 plus eine neue Chance auf dem Arbeitsmarkt schaffen. Ältere M b t b F b b s A g k n A B i c A v B i n s H w w j W z d e Z I w M w b d s l z l P d b p u b z u D n (C (D enschen wollen und sollen auch länger am Erwerbsle- en beteiligt werden, sie wollen nicht frühzeitig zum al- en Eisen gehören. Daher werden wir Fehlanreize ab- auen, insbesondere was die Frühverrentung angeht. lankierend dazu werden wir die aktive Förderung aus- auen und so die Eingliederungschancen für Ältere ver- essern. Damit einher geht die Prävention vor Arbeitslo- igkeit, das heißt, wir werden uns anschauen wie wir die rbeitszeit altersgerecht gestalten können und wie wir leitende Übergänge in den Ruhestand stärker ausbauen önnen. All das und noch viel mehr haben wir uns für die ächsten Jahre vorgenommen. Um endlich den Durchbruch bei der Bekämpfung der rbeitslosigkeit zu erzielen, reicht es nicht, einfach der A mehr Mittel in die Hand zu geben. Da muss vieles neinander greifen und aufeinander aufbauen. Ganz si- her brauchen wir eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik. ber ebenso wichtig sind Maßnahmen zur Verhinderung on Arbeitslosigkeit und eine seriöse Wachstums- und eschäftigungspolitik. Lassen Sie mich auch eins sagen: Sie haben Recht, es st nicht richtig, dass die zur Verfügung stehenden Mittel icht abgerufen worden sind, und es ist auch nicht alles chön, was wir dem Evaluationsbericht über die Gesetze artz I bis III entnehmen können. Einzelne Instrumente ie die Personal-Service-Agenturen haben nicht das ge- ünschte Ergebnis gebracht. Auch die Mini- und Midi- obs haben ihre erhoffte Brückenfunktion nicht erfüllt. ie gesagt: Die Vorgabe, in jedem Bezirk eine PSA ein- urichten, haben wir schon abgeschafft und über die an- eren Instrumente wird noch zu diskutieren sein. Der Umbau der BA hatte Anlaufschwierigkeiten, aber r geht voran. Bedenken Sie doch bitte, in welch kurzem eitraum wir dieses Großprojekt durchgezogen haben. nsgesamt ist die BA auf einem guten Weg, und bei et- as mehr Routine im täglichen Arbeitsalltag werden die itarbeiter auch wieder verstärkt Erfolge da einfahren, o es richtig und wichtig ist: bei der Vermittlung der Ar- eitslosen – nicht bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, enn das kann nicht das Ziel sein. Das muss die Wirt- chaft schon allein erreichen. Wir werden unser Mög- ichstes tun, um dafür die besten Rahmenbedingungen u schaffen. Dirk Niebel (FDP): Die FDP-Bundestagsfraktion ehnt diesen Antrag ab. Es ist nicht sinnvoll, schlechter olitik gutes Geld hinterherzuwerfen. Im letzten Jahr war die Bundesagentur für Arbeit mit er Antragsbearbeitung für das Arbeitslosengeld II so eschäftigt, dass das Kerngeschäft Arbeitsvermittlung raktisch zum Erliegen gekommen ist. Widersprüche nd Klagen waren zu bearbeiten. Nach den Anfangspro- lemen kamen schon die Verlängerungsanträge. Gleich- eitig sollten die Arbeitsagenturen eine bessere Betreu- ng durch einen besseren Betreuungsschlüssel anbieten. ie angestrebten Zahlen wurden aber schon sehr schnell ach unten korrigiert. 1480 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 (A) ) (B) ) Es bleibt dabei: Wenn Hartz IV umgesetzt worden wäre, wie ursprünglich geplant, wären wir den Zielen der arbeitsmarktpolitischen Reformen sicherlich näher gekommen. Fördern und Fordern standen auf der Agenda. Arbeitslose sollten mehr Unterstützung bekom- men. Dafür müssen sie auch mehr Eigeninitiative bei der Arbeitsuche zeigen. Das wurde nicht erreicht. Statt einer einzigen Struktur gibt es inzwischen vier Strukturen für die Verwaltung von Arbeitslosen, nämlich die Betreuung in Arbeitsgemeinschaften aus Arbeitsagenturen und Kommunen, in Optionskommunen allein oder alles in zwei unterschiedlichen Behörden, wobei alles bleibt, wie es war. Daneben gibt es weiterhin die regulären Arbeits- agenturen. Das daraus folgende Kompetenzwirrwarr, die Zeitverzögerungen durch nicht abgestimmte Software und mangelnde Transparenz beim Datenaustausch haben die Situation der Arbeitslosen keinesfalls verbessert. Zu- sätzlich prallen hier zwei völlig unterschiedliche Verwal- tungskulturen aufeinander. Die Spitzenverbände der Kommunen haben die Ein- führung für ihren Bereich nach einem Jahr positiv be- wertet. Aus den Optionskommunen werden durchweg gute Erfahrungen vermeldet. Die Akteure vor Ort haben das notwendige Know-how und die Erfahrung bei der Integration von Langzeitarbeitslosen. Es ist ein unbe- streitbarer Vorteil, wenn Versorgung, Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen aus einer Hand be- werkstelligt werden können. Gerade langjährige Sozial- hilfeempfänger, die als arbeitsfähig eingestuft wurden, aber nicht mehr an die Strukturen der Arbeitsuche ge- wöhnt waren oder für nicht vermittelbar gehalten wur- den, bekommen durch Hartz IV eine neue Chance. Aber sie haben Unterstützung besonders nötig, weil Arbeitslo- sigkeit oft ein Problem unter vielen ist. Das unübersichtliche Zuständigkeitschaos muss be- seitigt werden. Die Optionskommunen sind auf dem richtigen Weg. Im Mittelpunkt stehen die zügige und passgenaue Arbeitsvermittlung und ein intensiver Kon- takt zu Unternehmen und Betrieben in der Region. Das können wir von den Arbeitsgemeinschaften so nicht sa- gen. Der ehemalige Wirtschaftsminister Clement hat den Kommunen auch in den Arbeitsgemeinschaften eine stärkere Rolle erlaubt, wo dies gewünscht wird. Die Er- folge der kommunalen Träger zeigen, dass unser Ansatz richtig war. Wir wollten die Betreuung aller Arbeitslosen in die Hände der Kommunen geben, weil sie individuelle Lösungen für die Probleme finden können. Wir haben von der Bundesregierung erwartet, dass wenigstens die Kommunen die Wahlmöglichkeit bekommen, die das wollten. Wenn die Rahmenbedingungen früher geklärt gewesen wären, hätten sich auch mehr als 74 Kommu- nen beworben. Jetzt wäre es an der Zeit, hier das von der Bundeskanzlerin angekündigte Maß an „mehr Freiheit zu wagen“. Im Ortenaukreis werden zum Beispiel persönliche Ansprechpartner als Lotsen eingesetzt. Es gibt eine enge Verzahnung von Leistungsgewährung und Vermittlung. Das ist einerseits eine effektive, kostengünstige Dienst- leistung und andererseits ein stärkerer Anreiz für eine zügige Beschäftigungsaufnahme, denn umso weniger Transferleistungen muss die Kommune zahlen. Zuneh- m m b w t G F m d Ä m g e g R g J s z d H m n m t v n k v m v A r W s w b v A a a d G s B d w g s d s l W ü c (C (D end wird eine Kooperation mit privaten Arbeitsver- ittlern angestrebt, die auf der Gegenseite von den Ar- eitsagenturen als Partner oft immer noch ignoriert erden. Allerdings darf das handwerkliche Rumgewurs- el von Rot-Grün nun wirklich nicht fortgesetzt werden. Beim Leistungssystem werden wir noch mehr auf die rundsätze der Sozialhilfe zurückkommen müssen. ehlsteuerungen müssen beseitigt und die Leistungen üssen auf die wirklich Bedürftigen konzentriert wer- en. Vor allem jugendliche Arbeitslose haben von den nderungen profitiert und sich als eigene Bedarfsge- einschaft auf Kosten der Allgemeinheit selbstständig emacht. Das wird nun wieder geändert. Dabei kann von iner Haushaltssanierung auf Kosten arbeitsloser Ju- endlicher, wie es die Grünen nennen, wirklich nicht die ede sein. Im vorliegenden Antrag wird gefordert, die nicht aus- egebenen Mittel aus 2005 in den BA-Haushalt dieses ahres zu übertragen und für Maßnahmen mit sozialver- icherungspflichtigem Charakter auszugeben. Das ist so- usagen eine Einladung, reguläre Arbeitsverhältnisse urch geförderte zu ersetzen. Die erste Evaluation von artz I bis III hat schon gezeigt, dass viele Arbeits- arktinstrumente ineffektiv sind. Das können wir uns icht länger leisten. Wir dürfen den zweiten Arbeits- arkt nicht weiter aufblähen. Die Integration in den ers- en Arbeitsmarkt muss Vorrang haben. Die Arbeitslosen- ersicherung und auch der Bundeshaushalt verfügen icht über Maschinen, die wahllos Geld drucken. Wir önnen verlangen, dass mit Beitrags- und Steuergeldern erantwortlich umgegangen wird und sie nicht im Ka- in der Arbeitslosenindustrie ohne nachhaltige Wirkung erbrannt werden. Noch in diesem Jahr sollen wieder mehrere Tausend rbeitsplätze abgebaut werden. Immer noch gehen meh- ere zehntausend Unternehmen jährlich in Insolvenz. ir brauchen mehr Flexibilität. Ohne begleitende ge- etzgeberische Maßnahmen im Arbeits- und Tarifrecht ird sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht ver- essern. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der orliegende Antrag verfolgt eine durchaus lobenswerte bsicht. Er fordert die Übertragung eines Teils der nicht usgeschöpften Gelder für aktive Arbeitsmarktpolitik us dem Jahr 2005 in das Jahr 2006. Die Möglichkeit, ies für Gelder im Rechtskreis des SGB II zu tun, hat der esetzgeber noch unter Rot-Grün vorausschauend ge- chaffen und sie sollte in der Tat genutzt werden. ündnis 90/Die Grünen halten es auch unabhängig von er Übertragung durchaus für sinnvoll, diese Gelder wie eitere Mittel des Jahres 2006 nicht vorwiegend für so enannte 1-Euro-Jobs zu verwenden, sondern das ge- amte Instrumentarium des § 16 SGB II zu nutzen. Von er beruflichen Weiterbildung über Eingliederungszu- chüsse bis hin zu sozialversicherungspflichtiger öffent- ich geförderter Beschäftigung steht ein vielfältiger erkzeugkasten für die Jobcenter zur Verfügung. Es ist berhaupt nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Job- enter möglichst viele Menschen zu möglichst billigen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 1481 (A) ) (B) ) Bedingungen durch die Zusatzjobs schleusen, ohne je- doch Angebote zu machen, die eine langfristige Perspek- tive eröffnen. Insofern könnte man dem Antrag fast zustimmen. Aber: Gut gemeint ist nicht genug! Meine Damen und Herren von der Linkspartei, Ihr Antrag weist einen schweren inhaltlichen Fehler auf: Es ist zwar richtig, dass das SGB II eine (begrenzte) Mittelübertragung er- möglicht. Dies ist allerdings nur innerhalb des Rechtsbe- reiches und innerhalb des Rechnungskreises des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch möglich. Wenn Sie in Ihrem Antrag nun fordern, dass die nicht verausgabten Mittel in den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit – das heißt, in den Rechtskreis des SGB III – fließen, dann ist dies schon allein aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht möglich. Entweder liegt hier eine grobe Unkenntnis haushalts- rechtlicher Grundlagen vor oder aber die Linkspartei kennt den Unterschied zwischen dem beitragsfinanzier- ten SGB III-System und dem steuerfinanzierten SGB II nicht. In beiden Fällen erscheint ihre inhaltliche Kompe- tenz mehr als dürftig. Selbst bei bestem Willen, über kleinere Ungereimtheiten hinweg zu sehen, kann man diesem derart grob fehlerhaft formulierten Antrag nicht zustimmen. Gleichwohl: Bündnis 90/Die Grünen fordern die große Koalition dazu auf, dass im Haushalt 2006 die ge- setzlich geregelte Mittelübertragung voll ausgeschöpft wird und für eine nachhaltig wirksame Arbeitsmarkt- politik eingesetzt wird. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Bürgerfreundliche Kostenregelung für das Informationsfreiheitsgesetz – Der Informationsfreiheit durch transpa- rente und niedrige Gebühren zum Durch- bruch verhelfen (Tagesordnungspunkt 14, Zusatztagesordnungs- punkt 4) Beatrix Philipp (CDU/CSU): Im Zusammenhang mit Gesetzgebungsverfahren wird oft von einer „schwe- ren Geburt“ gesprochen. Heute haben wir es – um im Bild zu bleiben – mit den „Nachwehen“ zu tun. Wer die Entstehungsgeschichte des Informationsfrei- heitsgesetzes verfolgt hat, der wundert sich über den heute zur Beratung anstehenden Antrag der Fraktion der Grünen überhaupt nicht. Die rot-grüne Koalition hat nämlich in der letzten Legislaturperiode nach sage und schreibe sechs Jahren interner Auseinandersetzung das Gesetz dann im „Schweinsgalopp“ durch den Deutschen Bundestag gepeitscht. Allerdings frage ich mich, mehr oder weniger besorgt, oder Sie, ob wir uns in diesem Ho- hen Hause nun in Zukunft darauf einzustellen haben, d w G P d A I e M h m r n m d w E s v w r D w a J t e b w T d k f K n c t h g z d k ü d V s w e g z e K i s s (C (D ass sich Ihre Oppositionsarbeit darauf beschränken ird, exakt sechs Wochen nach In-Kraft-Treten einer ebührenverordnung diese in einer halbstündigen lenardebatte zu kritisieren. Wenn Sie das konsequent urchhalten, können wir unsere übrige parlamentarische rbeit einstellen! Meine Damen und Herren von den Grünen, wenn das hre Oppositionsarbeit ist, wenn Ihnen in Anbetracht von xistenziellen Problemen im In- und Ausland, die die enschen in Deutschland tatsächlich bewegen, beunru- igen und sogar ängstigen und die diese Regierung lösen uss wenn Ihnen in dieser Zeit tatsächlich nichts ande- es einfällt, als eine Verordnung zu kritisieren, weil Ih- en die Gebühren zu hoch erscheinen, dann ist es weit it Ihnen gekommen. Ich werde der Versuchung widerstehen, noch einmal ie Gründe zu nennen, die meine Fraktion damals be- egt haben, gegen das Gesetz zu stimmen. Nur so viel: ine sachgerechte und differenzierte Beratung des Ge- etzes, zu der wir uns immer bereit erklärt haben, war on den damaligen Regierungsfraktionen nicht ge- ünscht. Und so sieht das Ergebnis ja auch aus. Heute versuchen Sie, über die Kritik an der Gebüh- enordnung, das Thema noch einmal „hochzuziehen“. ann denke ich vielleicht sogar eher noch einmal wohl- ollend über das Angebot des Herrn Kollegen Bürsch us seiner damaligen Plenarrede nach, nämlich in fünf ahren über – ich zitiere – die „Erfolge und die Nach- eile, die Risiken und die Nebenwirkungen“ – Zitat- nde – des Gesetzes neu zu befinden, zumal ich sicher in, dass wir dies dann auch unter einer Regierung tun erden, die dem Wunsch der Menschen nach mehr ransparenz Rechnung tragen wird, aber kein Interesse aran hat, eine qualifizierte Verwaltung zu einer büro- ratischen „Auskunftei“ umzubauen. Allen war von Anfang an klar, dass das Informations- reiheitsgesetz von seiner Struktur her mit erheblichem osten- und Verwaltungsaufwand und auch mit Perso- alaufstockung verbunden sein würde; von offensichtli- hen Konflikten zwischen Datenschutz und Informa- ionsfreiheit ganz zu schweigen. Auf diesen Konflikt atte der damalige Innenminister Schily besonders hin- ewiesen. Zur Gebührenordnung selbst: Es ist nicht nachvoll- iehbar, warum nicht wenigstens ein Teil der Kosten em anfragenden Bürger in Rechnung gestellt werden ann und auch soll. Schon die Möglichkeit der Auskunft ber fast alle erfassten Daten muss doch nicht zwingend amit verbunden sein, dass diese „Dienstleistung“ der erwaltung auch noch kostenlos erfolgt und damit die an ich schon so niedrige Schwelle nochmals minimiert ird. Das Argument, dass gerade wegen der Transparenz ine Gebührenerhebung nicht zumutbar sei und den Bür- er davon abhalten könne, sein Recht auf Informations- ugang auch wahrzunehmen, ist albern. Umgekehrt wird in Schuh daraus! Bei einem echten Interesse spielen die osten doch eine nebensächliche Rolle, zumal nicht alle n der Verordnung festgelegten Gebühren kostendeckend ind. So ist beispielsweise eine mündliche oder einfache chriftliche Auskunft auch bei Herausgabe weniger 1482 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 (A) ) (B) ) Abschriften kostenfrei. Und ich frage Sie ernsthaft: Sind 10 Cent pro Kopie für den Bürger unzumutbar? Ist für die Erteilung einer umfangreichen Auskunft, für deren Datenermittlung ein Angestellter mehrere Stunden re- cherchieren und sensible Daten ausfiltern, zusammen- stellen und kopieren muss, ein Gebührensatz von 30 (bis 250) Euro tatsächlich unangemessen? Alle Gebührentatbestände sind derart offen formu- liert, dass es immer auf die Auslegung der handelnden Behörden ankommen wird, in welcher konkreten Höhe Gebühren abgerechnet werden. Und aufgrund unseres Rechtssystems ist der Bürger dem auch nicht hilflos aus- geliefert und muss es nicht widerspruchslos hinnehmen. Befreiungen und Ermäßigungen sind ebenfalls vorgese- hen: So bestimmt § 2 der Verordnung, dass aus Gründen der Billigkeit und des öffentlichen Interesses eine Ermä- ßigung um 50 Prozent möglich ist. In besonderen Fällen kann sogar auf die Gebühr vollständig verzichtet wer- den. Und ein Letztes: Es liegt wohl nahe, die Gebühren- verordnung für das Informationsfreiheitsgesetz an die des Umweltinformationsgesetzes anzulehnen. Aber nur auf den ersten Blick. Es gibt erhebliche Unterschiede: Erstens. Es sind beim Informationsfreiheitsgesetz ganz unterschiedliche Verwaltungsbereiche betroffen. Zwei- tens. Es wird sich im Zweifel immer um mehrere Amts- handlungen handeln. Und drittens. Der Umfang der Aus- künfte ist wegen der oben genannten Aspekte nicht absehbar. Aus diesem Grund verzichtet man auch ausdrücklich auf das Kumulationsverbot, wie es im Umweltinforma- tionsgesetz steht. Eigentlich waren wir uns darin einig, dass die Verwal- tung in ihrer Funktionsfähigkeit und Effizienz auch durch ein Informationsfreiheitsgesetz nicht beeinträch- tigt werden darf. Deshalb müssen die grundsätzliche Kostenpflichtigkeit und somit auch die Informationsge- bührenverordnung des Innenministers in der vorliegen- den Fassung bestehen bleiben. Wir stimmen einer Überweisung in die Ausschüsse zu. Dr. Michael Bürsch (SPD): Das neue Informations- freiheitsgesetz ist Anfang dieses Jahres in Kraft getreten. Mit dem neuen Gesetz verbinden wir alle große Hoff- nungen, dass die öffentliche Verwaltung des Bundes transparenter und bürgerfreundlicher wird, dass die Bür- ger mehr Einsicht in das Handeln von Staat und Verwal- tung bekommen und dass damit ein Beitrag zu mehr Bürgerbeteiligung und Demokratie geleistet werden kann. Ein wichtiger Bestandteil der neuen Informationsfrei- heit ist die Frage, wie teuer es für den Bürger ist, Infor- mationen des Bundes zu erlangen. Der Gesetzgeber hat in § 10 Abs. 3 das Bundesinnenministerium ermächtigt, die Gebühren für Amtshandlungen nach dem Informa- tionsfreiheitsgesetz durch Rechtsverordnung festzule- gen. Diese Verordnung ist ebenfalls zu Beginn des Jah- res in Kraft getreten. v K z k c i w K d d k l z f m f t A d n S u a F A d B b z W m o w F f A r t G w g f t h s f B n s e l d S w i (C (D Mit den heute vorgelegten Anträgen der Fraktionen on Bündnis 90/Die Grünen und FDP wird gefordert, die ostenverordnung des Bundesinnenministeriums nach- ubessern, da zu hohe Gebühren die Bürger abhalten önnen, von ihrem Informationsrecht Gebrauch zu ma- hen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat für die Einwände m Prinzip Verständnis. Ein großes Problem sehen auch ir darin, dass die Kostenverordnung kein so genanntes umulationsverbot enthält. Wenn also ein Bürger in emselben Verfahren zunächst Einsicht in die Akten und ann Herausgabe weiterer Schriftstücke verlangt, so önnen jeweils Gebührenbeträge bis zu 500 Euro ver- angt werden. Der Gesetzgeber hat in seiner Begründung u § 10 IFG ausgeführt, dass sich die Kostenverordnung ür das IFG an der Kostenverordnung zum Umweltinfor- ationsgesetz orientieren soll. In § 1 Abs. 2 Umweltin- ormationskostenverordnung ist ein solches Kumula- ionsverbot festgelegt mit der Folge, dass bei einer mtshandlung auch nur eine Gebühr abgerechnet wer- en kann. Ich werde dies zum Anlass nehmen, den Bundesin- enminister aufzufordern, die Rechtsverordnung im inne der Intentionen des Gesetzgebers zu verändern nd ein Kumulationsverbot in die Kostenregelung mit ufzunehmen. Damit lässt sich die heute zu behandelnde rage schnell aus dem Weg räumen. Deswegen sind die nträge von Bündnis 90/Die Grünen und FDP zumin- est verfrüht. Zunächst sollte versucht werden, mit dem undesinnenministerium die Einigung zu erzielen, die esprochenen Nachbesserungen in die Verordnung auf- unehmen. Ich bin sehr optimistisch, dass wir auf diesem ege zum Ziel kommen. Dann müssen wir das Parla- ent mit der Kostenfrage gar nicht weiter beschäftigen. Gisela Piltz (FDP): „Die Bundesverwaltung ist eine ffene, moderne und effiziente Verwaltung.“ Das ant- ortete die Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der DP-Fraktion zum In-Kraft-Treten des Informations- reiheitsgesetzes zu Beginn dieses Jahres. Eine schöne ussage, finde ich. Das sollte doch auch die besten Vo- aussetzungen bieten, um Anträge nach dem Informa- ionsfreiheitsgesetz kompetent, zügig und im Sinne des esetzes zu bearbeiten. Denn weiterhin war in der Ant- ort der Bundesregierung zu lesen: „Das Grundgesetz ewährleistet mit seinem Art. 5 Abs. 1 seit 1949 die In- ormationsfreiheit in Deutschland.“ Die Bundesverwal- ung, so schien es, räumt der Informationsfreiheit einen ohen Stellenwert ein. Dann aber war am 2. Februar auf heise online zu le- en, dass auf den ersten Antrag nach dem Informations- reiheitsgesetz beim Auswärtigen Amt, nämlich das egehren eines Bürgers auf Herausgabe eines mit Akten- ummer und Datum bezeichneten Erlasses an die Visa- tellen, ein Gebührenbescheid in Höhe von 107,20 Euro rlassen wurde. Darin waren 106,80 Euro für Amtshand- ungen und 40 Cent für Gebühren ausgewiesen, Es han- elte sich bei dem begehrten Erlass um ein vierseitiges chreiben, von dem entsprechend vier Kopien gefertigt urden. Knapp 108 Euro für vier Kopien, ich finde, das st ein stolzer Preis. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 1483 (A) ) (B) ) Natürlich muss erwähnt werden, dass dem Wider- spruch des Antragstellers gegen den Gebührenbescheid inzwischen stattgegeben wurde. Der Bescheid wurde auf 15,40 Euro korrigiert. Und ebenso natürlich verbieten sich Spekulationen darüber, ob ein derart offensichtlich fehlerhafter Gebüh- renbescheid zustande gekommen ist, weil die Begeiste- rung für die Informationsfreiheit sich in der Bundesre- gierung vielleicht doch eher in Grenzen hält. Aber eines kann man jedenfalls aus dem Vorgang schließen: Die Anwendung mindestens der Gebührenverordnung zum Informationsfreiheitsgesetz ist noch von Unsicherheiten seitens der Rechtsanwender geprägt. Es fehlen klare Er- messenskriterien, wie der Rahmen, der in der Gebühren- verordnung festgelegt ist, ausgenutzt werden kann und soll. Notwendig ist eine Verwaltungsvorschrift, in der kon- kretisierende Kriterien aufgezeigt werden, für welche In- formationsanträge welche Gebühren anfallen können. Denn eine Verwaltungspraxis, die keine solchen klaren Kriterien kennt, ist auch nicht transparent. Die Bürgerin- nen und Bürger, die Anträge nach dem Informationsfrei- heitsgesetz stellen wollen, müssen sich vorab die Grö- ßenordnung der Gebühren vorstellen können, die auf sie zukommt. Deshalb muss eine solche Verwaltungsvor- schrift auch öffentlich kommuniziert werden. Es ist also quasi ein Gebot der Informationsfreiheit, dass gerade im Zusammenhang mit der Informationsfreiheitsgebühren- verordnung Transparenz und Klarheit herrscht. In dem erwähnten Artikel auf heise online hieß es weiterhin, die Information sollte nur gegen Vorkasse he- rausgegeben werden. Vorkasse zu verlangen ist jeden- falls nach meiner Kenntnis nicht das übliche Verwal- tungsverfahren. Mich würde schon interessieren, warum das Auswärtige Amt gegenüber dem Antrag stellenden Bürger so misstrauisch war, dass es erst das Geld sehen wollte, bevor die gewünschte Information herausgeben werden sollte. Auch zu diesem Punkt verbieten sich Spekulationen, ob eventuell die Bundesverwaltung doch nicht so offen und modern und aufgeschlossen gegenüber der Informa- tionsfreiheit ist, wie sie nach Auffassung der Bundes- regierung doch bereits sei. Wir haben es hier doch mit Verwaltungsgebühren zu tun, also mit einem Gebühren- bescheid, der – bekanntermaßen – auch vollstreckbar wäre. Wenn ein Unternehmen aus leidvoller Erfahrung mit säumigen Kunden Vorkasse verlangt, gut, das kann ich verstehen, denn ein Unternehmen muss erst einen Mahnbescheid beantragen und gegebenenfalls sogar ein Gerichtsverfahren anstrengen, um einen vollstreckbaren Titel zu bekommen. Für die Verwaltung ist das aber doch gar nicht so schwierig. Und daher ist es eigentlich fast unverschämt zu nennen, einen Bürger, der ein ihm ge- setzlich – und nach Auffassung der Bundesregierung so- gar verfassungsrechtlich – garantiertes Recht wahrneh- men will, so zu behandeln. Auch hier ist Klarstellung geboten. Vorkasse sollte nicht das übliche Verfahren sein, sondern allenfalls dann z d d r a h v R – n k m d g z 9 t m c d n D A t c B e S B s e r r z g B g d v a r l b V G g m h r (C (D ur Anwendung kommen, wenn besondere Umstände ies rechtfertigen. Die Gebührenverordnung ist eine Konkretisierung es Informationsfreiheitsgesetzes, quasi der organisato- ische Rahmen, der erforderlich ist. Sie ist und darf vor llem nicht ein Instrument sein, um die Informationsfrei- eit zu untergraben oder zu erschweren. Die Gebühren- erordnung bewegt sich im gesetzlich vorgesehenen ahmen. Die Verwaltungspraxis muss das aber auch tun und dazu gehört, dass Sinn und Zweck des Gesetzes, ämlich Informationsfreiheit zu gewährleisten, nicht onterkariert werden. Nach Auskunft der Bundesregierung auf eine Frage eines Kollegen Dr. Volker Wissing wurden bisher le- iglich 111 Anfragen registriert. Das mag auch daran lie- en, dass niemand genau weiß, welche Kosten auf einen ukommen. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom . September 1999 zur Umsetzung der Umweltinforma- ionsrichtlinie dargelegt, dass die Gebühren eine ange- essene Höhe nicht überschreiten und nicht abschre- kend sein dürfen, also nicht dazu führen dürfen, dass as Recht auf Akteneinsicht und Aktenauskunft aus fi- anziellen Gründen nicht wahrgenommen werden kann. ieser Grundsatz muss für die Informationsfreiheit im llgemeinen gelten. Die Gebühren nach dem Informa- ionsfreiheitsgesetz sind bewusst nicht auf Kostende- kung angelegt. Sie sollen gerade die Bürgerinnen und ürger nicht daran hindern, ihre Rechte wahrzunehmen. Die FDP-Fraktion fordert daher die Bundesregierung indringlich auf, durch bewusst niedrige Kosten die chwelle für den Informationszugang zu senken. Die ürgerinnen und Bürger müssen vielmehr darin unter- tützt werden, aktiv Interesse am Verwaltungshandeln zu ntwickeln und damit einen Beitrag zu mehr Transpa- enz und einem steigenden Vertrauen zwischen Bürge- innen und Bürgern einerseits und dem Staat andererseits u leisten. Das Informationsfreiheitsgesetz ist ein wichti- es Instrument, damit in einem demokratischen Staat die ürgerinnen und Bürger staatliches Handeln hinterfra- en und offen legen können. Die Kontrolle des Staates urch das Volk ist die Grundlage unseres Verständnisses on Demokratie. Die notwendige Festlegung von Kriterien muss sich lso an diesem Grundgedanken messen lassen. Es geht der FDP-Fraktion nicht darum, den Gebüh- enrahmen insgesamt und grundsätzlich in Frage zu stel- en. Es ist richtig, dass ein Rahmen gesetzt ist, der auch is zu 500 Euro reichen kann. Aber es muss immer die erhältnismäßigkeit gewahrt sein, wenn es um konkrete ebührenfestsetzungen geht. Jetzt muss es darum gehen, das Informationsfreiheits- esetz mit Leben zu füllen. Die Bürgerinnen und Bürger üssen darüber unterrichtet werden, welche Rechte sie aben. Wir wollen, dass sich die Menschen für Transpa- enz und eine effektive Kontrolle staatlichen Handelns 1484 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 (A) ) (B) ) einsetzen. Die Wahrnehmung des Rechts auf Informa- tion bietet allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglich- keit, selbst zu mehr Demokratie, weniger Korruption und einem wachsenden Vertrauen zwischen Staat und Gesellschaft beizutragen. Wir fordern die Menschen auf, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Die Bundesre- gierung muss dazu das ihrige beitragen und beispiels- weise auf den Websites ihrer Ministerien und Behörden klare und deutliche Hinweise auf die Informationsfrei- heit aufnehmen. Das ist nämlich leider noch nicht bei al- len Behörden der Fall. Zugleich müssen die Behörden selbst besser auf die Bearbeitung der Informationsanträge vorbereitet wer- den. Die Bundesregierung muss dafür Sorge tragen, dass die Informationsfreiheit bei ihren Behörden als Chance begriffen wird – und nicht als Angriff auf ihre Arbeit. Es darf nicht sein, dass die Verwaltung am liebsten Klar- sicht auf den gläsernen Bürger hat, aber selbst diffus hin- ter Milchglas abtaucht. Petra Pau (DIE LINKE): Das Informationsfreiheits- gesetz wurde voriges Jahr, am 3. Mai, hier im Bundestag beschlossen. Ich habe das damals für die PDS grundsätz- lich befürwortet, weil es einen Paradigmenwechsel be- gründet. Bürgerinnen und Bürger erhalten ein Recht auf Akteneinsicht. Der Staat muss dem nachkommen. Die- ses demokratische Prinzip ist das Gegenteil vom herkömmlichen Amtsgeheimnis – ein überfälliger Fort- schritt. Es ist auch ein Fortschritt, weil mehr Transparenz im- mer auch ein Mittel gegen mehr Korruption ist. Das In- formationsfreiheitsgesetz hat also eine emanzipatorische Seite und es hat einen wirtschaftlichen Aspekt. Deshalb werbe ich auch überall, wo ich hinkomme, dafür, dass Bürgerinnen und Bürger von diesem Informationsfrei- heitsgesetz Gebrauch machen. Wir sollten es alle tun. Allerdings: Als wir abschließend über dieses Gesetz debattiert hatten, da habe ich auch begründet, warum die PDS im Bundestag dem rot-grünen Entwurf nicht zu- stimmen wird. Wir hatten uns damals enthalten. Denn das Gesetz eröffnet eine schöne Aussicht und dasselbe Gesetz versperrt sie sofort wieder durch seine Ausfüh- rungsbestimmungen. So verkehrt man eine gute Absicht in ihr Gegenteil. Ich hatte damals drei grundlegende Mängel kritisiert. Erstens gibt es viel zu viele Ausnahmen, bei denen eben keine Akteneinsicht gewährt werden muss. Zweitens sind die gesetzten Auskunftsfristen viel zu lang. Drittens – und damit bin ich beim aktuellen Antrag der Grünen – zeichnete sich schon damals ab: Die Gebühren, die Bür- gerinnen und Bürger für Auskünfte entrichten müssen, sind ungebührlich hoch. Wer für eine amtliche Information 500 Euro berappen muss, überlegt sich das zweimal: a) ob sie ihm das wert ist, b) ob er sich das leisten kann! So verkommt Demo- kratie zum puren Geschäft. r G d h U h m d U l G g I B w t g m s m e B v i l z r z R B 6 s F G g c g k s t 1 d B R g s B p (C (D So werden ganze Bevölkerungsschichten von Bürger- echten ausgeschlossen. Wir kennen das von anderen esetzen auch. Ich erinnere nur an Hartz IV: Wer arm ran ist, verliert auch noch Bürgerrechte. Weil die Linke im Bundestag das falsch findet, des- alb begrüße ich die nachträgliche Einsicht der Grünen. nd ich appelliere an die SPD, dem Informationsfrei- eitsgesetz endlich die Fesseln zu nehmen. Es geht um ehr Demokratie, Transparenz und Bürgerrechte. Wer en Preis dafür – für die Bürgerinnen und Bürger – ins nbezahlbare treibt, will das nicht. Wir wollen ein wirk- iches Informationsfreiheitsgesetz. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Informationsfreiheitsgesetze gibt es in Ar- entinien, in Lettland, in Tansania oder in Thailand. nformationsfreiheit ist keine grüne Zumutung an die undesbehörden, sondern Standard einer modernen Ver- altung in nahezu allen OECD Staaten und in den Staa- en der EU. Nach mühseligen, von Blockaden und Verweigerun- en geprägten Verhandlungen ist es gelungen, ein Infor- ationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene in Kraft zu etzen. Die Bürgerinnen und Bürger sind an mehr Infor- ationen interessiert. Ich finde die Zahl von 111 bislang ingegangen Anfragen ermutigend, der schwarz-roten undesregierung ist ganz offensichtlich jede Frage zu- iel. Der Grundgedanke des Informationsfreiheitsgesetzes st der freie Zugang zu Informationen – die Betonung iegt auf „frei“! Mit der erlassenen Gebührenordnung um Informationsfreiheitsgesetz verfolgt die Bundes- egierung eine Strategie der Abschreckung. Wer es wagt, u fragen, zahlt Strafgebühren. Seit dem 1. Januar 2006 gibt es nun das noch von ot-Grün durchgesetzte Informationsfreiheitsgesetz des undes. Schwarz-Rot brauchte nur eine Woche, um am . Januar 2006 durch das Drehen an der Gebühren- chraube die Verwaltung vor den Bürgern zu schützen. ür die Erteilung einer schriftlichen Auskunft können ebühren bis zu 500 Euro erhoben werden. Das Heraus- eben von Akten kann dann noch einmal mit der glei- hen Summe berechnet werden. Die Kosten für Ausla- en wie Farbkopien in Höhe von 5 Euro für jede Seite ommen dann noch hinzu. Außenminister Steinmeier wollte einem Bürger sogar chon 107,20 Euro abknöpfen. Stolze 106,80 Euro soll- en für die Amtshandlung fällig werden und zusätzlich 0 Cent für jede einzelne Kopie. Erst nach Widerspruch es Antragsstellers und einer Intervention der Fraktion ündnis 90/Die Grünen hat das Auswärtige Amt seine echnung auf 15,40 Euro korrigiert. Der Fall zeigt den eballten Unwillen von Teilen der Bürokratie, das Ge- etz bürgerfreundlich umzusetzen. Die Richtlinien des undesinnenministers sind der Wegweiser zurück in das reußische Amtsgeheimnis. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 1485 (A) (C) (B) (D) Im Gesetz steht klar, dass Gebühren die Menschen nicht vom Fragen abhalten sollen. Eine Gebührenord- nung, die Verwaltungskosten eins zu eins umsetzen will, ist gesetzeswidrig. Sie untergräbt das Anliegen des Ge- setzes und missachtet den Transparenzanspruch der Bür- gerinnen und Bürger. Der Europäische Gerichtshof hat 1999 für das Um- weltinformationsgesetz den Grundsatz aufgestellt, dass die Gebühren eine angemessene Höhe nicht überschrei- ten und nicht abschreckend sein dürfen. Sie dürfen nicht dazu führen, dass das Recht auf Akteneinsicht und Aktenauskunft aus finanziellen Gründen nicht wahrge- nommen werden kann. Wir erwarten, dass die große Koalition diese Maßstäbe auch beim Informationsfrei- heitsgesetz respektiert und anwendet. Wir fordern die Bundesregierung auf, die bestehende Gebührenordnung zurückzuziehen und durch eine ange- messene und bürgerfreundliche zu ersetzen. Wie wichtig Informationsfreiheit ist, zeigt der Vor- gang um das geschwärzte Gutachten der Deutschen Bahn zu „Privatisierungsvarianten der Deutschen Bahn AG, mit und ohne Netz“. Ein Skandal und Vertrauens- bruch gegenüber dem Parlament ist es, zentrale Informa- tionen zu schwärzen. Da, wo Transparenz verweigert wird, sucht die Information eigene Wege, um an das Licht der Öffentlichkeit zu gelangen. Dieser Vorgang zeigt, auch Abgeordnete sollten das Informationsfrei- heitsgesetz intensiv nutzen und dazu fordere ich Sie, ver- ehrte Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen auf. 19. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. Februar 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601900000

Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle herzlich

und wünsche uns einen guten und erfolgreichen Tag.

Vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich bekannt,
dass der Kollege Gert Winkelmeier am 13. Februar aus
der Fraktion Die Linke ausgetreten ist und dem Deut-
schen Bundestag künftig als fraktionsloser Abgeordneter
angehören wird.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Können wir die Gründe erfahren?)


Die Fraktion der SPD teilt mit, dass der ehemalige
Kollege Eckhardt Barthel sein Amt als stellvertretendes
Mitglied im Stiftungsrat der Kulturstiftung des Bundes
aufgibt. Als Nachfolgerin wird die Kollegin Monika
Griefahn vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? –
Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist die Kollegin
Monika Griefahn als stellvertretendes Mitglied in den
Stiftungsrat der Kulturstiftung des Bundes gewählt.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat noch ein
stellvertretendes Mitglied für den Wahlprüfungsaus-
schuss zu benennen. Hierfür wird die Kollegin Silke
Stokar von Neuforn vorgeschlagen. Ich gehe davon aus,
dass Sie auch damit einverstanden sind. – Das ist der

Redet
Fall. Damit ist die Kollegin Silke Stokar von Neuforn
als stellvertretendes Mitglied in den Wahlprüfungsaus-
schuss gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN:
Zu den von der Bundesregierung geplanten Kürzungen

(siehe 18. Sitzung)


ZP 2 Abgabe einer Erklärung durch die Bundesregierung

Aktuelle Situation zur Vogelgrippe

ZP 3 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion de
SES 90/DIE GRÜNEN: Übernahme ehema
rungsmitglieder in Vorstände und Aufsichtsrä
Energiekonzerne

(C (D ung 16. Februar 2006 0 Uhr ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Gisela Piltz, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Der Informationsfreiheit durch transparente und niedrige Gebühren zum Durchbruch verhelfen – Drucksache 16/659 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Mindestarbeitsbedingungen mit regional und branchenspezifisch differenzierten Mindestlohnregelungen sichern – Drucksache 16/656 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Thilo Hoppe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Für ein friedliches Vorgehen im Konflikt über das iranische Atomprogramm – Demokratische Entwicklung unterstützen – Drucksache 16/651 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Verteidigungsausschuss ext Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe ZP 7 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren (Ergänzung zu TOP 22)

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ilse Aigner,

Michael Kretschmer, Katherina Reiche (Potsdam), weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie
der Abgeordneten René Röspel, Jörg Tauss, Nicolette
Kressl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Informatives Berichtswesen als Grundlage einer gu-
ten Forschungs- und Technologiepolitik
– Drucksache 16/646 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)


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altsausschuss
ng des Antrags der Abgeordneten Winfried
nn, Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter und der

on des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
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b) Beratu
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(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Verwendung der Regionalisierungsmittel offen legen
– Drucksache 16/652 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang
Wieland, Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN
Resozialisierungsziele des Strafvollzugs bewahren –
Sicherheit nicht gefährden
– Drucksache 16/653 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Zukunftsfähige Rahmenbedingungen für ein wirksa-
mes Umweltrecht im föderalen Deutschland schaffen
– Drucksache 16/674 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll – so-
weit erforderlich – abgewichen werden. Außerdem ist
vorgesehen, jeweils die Tagesordnungspunkte 4 und 5, 7
und 8 sowie 9 und 10 zu tauschen.

Der Tagesordnungspunkt 17 – hierbei handelt es sich
um die zweite und dritte Beratung des Gesetzes zur För-
derung ganzjähriger Beschäftigung – soll abgesetzt wer-
den. Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? –
Das ist offenkundig der Fall. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 3 a bis 3 c auf:

a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur steuerlichen Förderung von
Wachstum und Beschäftigung

– Drucksache 16/643 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ein-
dämmung missbräuchlicher Steuergestaltun-
gen

– Drucksache 16/634 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)


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(C (D Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO c)

Entwurfs eines Gesetzes zur Verringerung steu-
erlicher Missbräuche und Umgehungen

– Drucksache 16/520 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Das ist of-
enkundig einvernehmlich und damit so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
ächst dem Bundesminister der Finanzen, Peer Stein-
rück.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601900100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

amen und Herren! Sie wissen, dass die Bundesregie-
ung einen finanzpolitischen Zweiklang verfolgt, näm-
ich einerseits die Wachstumskräfte in Deutschland zu
tärken und andererseits die öffentlichen Haushalte zu
onsolidieren. Aus diesem Zweiklang leiten sich die
teuerpolitischen Ziele für diese Legislaturperiode ab.

Wir brauchen erstens dauerhaft sichere Einnahmen.
er Staat muss diese Einnahmen generieren, damit er
ie Kernaufgaben einschließlich Zukunftsinvestitionen
ätigen kann. Ich wiederhole, dass wir auf der Einnah-

enseite ein Niveauproblem haben, während wir auf der
usgabenseite kein Niveauproblem haben; vielmehr

timmt die Zusammensetzung der Ausgaben nicht. Sie
ind zu stark auf Vergangenheitsfinanzierung und zu
enig auf Zukunftsfinanzierung orientiert. Aber tat-

ächlich ist der Bundeshaushalt bezogen auf die Ausga-
en, die wir für die Zukunft tätigen wollen, zu
0 Prozent strukturell unterfinanziert.

Wir müssen zweitens Wachstumsimpulse durch Ver-
esserung der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit des
tandortes Deutschland geben. Dahinter steht das große
orhaben einer Unternehmensteuerreform zum 1. Januar
008.

Es geht drittens um eine Verbesserung der Steuerge-
echtigkeit und auch der Transparenz der Besteuerung.
as wirkt sich dann auch darauf aus, wie wir Steuern er-
eben und wie wir beispielsweise Karussellgeschäfte
der Steuerhinterziehung insbesondere bei der Umsatz-
teuer zukünftig stärker vermeiden können. Das ist ein
ichtiges Thema, das wir aktuell auch in Zusammenar-
eit mit unseren europäischen Partnern verfolgen.

Die beiden Ihnen vorliegenden Gesetzentwürfe sind
rste wichtige Schritte – keiner behauptet, dass das ein
mfassendes Gesamtkonzept ist – in diese Richtung. Sie
issen, dass der Schwerpunkt dieses Gesetzes zur steu-

rlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung
uf die Belebung der Investitionstätigkeit in Deutschland
erichtet ist. Ich füge hinzu: auch und gerade bei kleinen






(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück
und mittleren Unternehmen. Wir wissen, dass sie das
Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft bilden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir sind zum dritten Mal Exportweltmeister und zei-
gen inzwischen eine ziemlich starke internationale Wett-
bewerbsfähigkeit. Viele deutsche Unternehmen, die sich
auf den Exportmärkten bewegen, haben ihre Wettbe-
werbsfähigkeit sehr verbessert. Eine günstige Entwick-
lung der Lohnstückkosten – und damit auch die Beiträge
von Gewerkschaften und Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern im Rahmen der Lohnpolitik der vergange-
nen Jahre – hat übrigens maßgeblich dazu beigetragen.

Aber wir brauchen eine Stärkung der Binnennach-
frage. Die Binnennachfrage ist nicht nur davon abhän-
gig, dass die Menschen mehr konsumieren, also mehr
Vertrauen in die Zukunft haben und daher mehr Geld
ausgeben, sondern sie hängt auch davon ab, dass es mehr
private und – das füge ich ausdrücklich hinzu – öffent-
liche Investitionen gibt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die finanzielle Lage der Kommunen ist nach wie vor
angespannt. Viele Kommunen sind aufgrund ihrer finan-
ziellen Beklemmungen gar nicht mehr in der Lage, öf-
fentliche Investitionen vorzunehmen. Dasselbe gilt für
die Entwicklung der Investitionsquote des Bundeshaus-
haltes und der Länder. In vielen Fällen ist die Zinsquote
in diesen öffentlichen Haushalten höher als die Investi-
tionsquote.

Wir sprechen hier im Wesentlichen über diverse steu-
erliche Maßnahmen. Die eine ist die auf zwei Jahre be-
fristete Verbesserung der Abschreibungsbedingungen
für bewegliche Wirtschaftsgüter. Sie ist deshalb auf
zwei Jahre befristet, weil wir zum 1. Januar 2008 einen
fundamentalen Paradigmenwechsel der Besteuerung der
deutschen Unternehmen durchführen wollen, sowohl der
kleinen Unternehmen – soweit sie Personengesellschaf-
ten sind – als auch der größeren Unternehmen, die meis-
tens Kapitalgesellschaften sind.

Sie wissen, dass es inzwischen zwei Vorschläge dazu
gibt: von der Stiftung Marktwirtschaft und vom Sachver-
ständigenrat. Ich möchte hier noch einmal deutlich sa-
gen, dass ich dankbar wäre, wenn dem BMF zwei bis
drei Monate Zeit gegeben werden könnte, um diese so-
lide zu prüfen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich werde gern Rede und Antwort stehen, wenn es so
weit ist. Aber da wir von der Kritik umgeben sind, dass
Politik manchmal zu sehr aus der Hüfte schießt,


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


also unvorbereitet ist, sollten wir uns selbst gelegentlich
die Reifezeit geben, um ein so wichtiges Vorhaben so so-
lide vorzuarbeiten, dass wir anschließend nicht mehr
korrigieren müssen.


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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Anders als früher!)


Ja, Herr Kauder, gelegentlich kann die Kraft in der
uhe liegen. Ich werde versuchen, keine täglichen Was-

erstandsmeldungen zu machen, die durch den Druck ei-
er medialen Neugier ausgelöst werden können und
eue Unruhe und Unsicherheit in die Debatte hineinbrin-
en würden.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Selbstkritik!)


Es geht zweitens darum, die Liquidität insbesondere
on kleinen und mittleren Unternehmen zu verbessern.
as wollen wir durch die Anhebung der Umsatzgrenzen

ür die Umsatz-Ist-Besteuerung erreichen. Diese wich-
ige Maßnahme war auch Gegenstand der Koalitionsver-
andlungen. Wir versprechen uns davon, dass in der Tat
nsbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen da-
urch sehr viel liquider werden und durch manche Eng-
ässe unter den nach wie vor obwaltenden konjunkturel-
en Bedingungen kommen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die steuerliche Förde-
ung privater Haushalte, die wir auch als Feld zusätzli-
her Beschäftigungsmöglichkeiten sehen. Ich will jetzt
icht auf alle Bestandteile eingehen. Aber ich möchte
och einmal meinen Standpunkt darstellen. Ich denke,
ass der Kompromiss zur verbesserten steuerlichen Ab-
etzbarkeit von Kinderbetreuungskosten positive Im-
ulse setzt, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Wir ver-
prechen uns einen Beschäftigungseffekt bei den
nbietern von Kinderbetreuungsplätzen und einen Kon-

umeffekt. Denn besonders die Familien mit geringem
inkommen, die nicht mehr jeden zusätzlichen Cent spa-

en müssen, sondern dann auch mehr ausgeben können,
erden natürlich von einer solchen Regelung begünstigt.
ies ermuntert sie vielleicht, sich mehr zu leisten, was
hne eine solche steuerliche Begünstigung nicht möglich
äre.

Ein weiterer Aspekt sollte nicht untergehen: die Ver-
esserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
iese brauchen wir in Deutschland vor dem Hintergrund
er demographischen Entwicklung dringend,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eil es eine nach wie vor unzureichende Erwerbstätig-
eit von Frauen gibt; das gilt auch im internationalen
ergleich. Die Frauenerwerbstätigkeit in skandinavi-
chen Ländern ist deutlich höher. Inzwischen haben wir
s mit schulisch, beruflich und akademisch sehr gut aus-
ebildeten Frauen zu tun, denen wir es letztlich verwei-
ern, eine eigene Berufsbiografie zu schreiben, wenn die
ereinbarkeit von Beruf und Familie bei uns nicht besser
ird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es geht in diesem Zusammenhang auch darum, für
rivate Haushalte die Möglichkeiten zur steuerlichen
bsetzbarkeit von Handwerkerrechnungen zu






(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück
erweitern. Diesen Aspekt sollte man nicht gering schät-
zen. Die meisten Vertreter von Handwerkskammern und
Handwerksbetrieben begrüßen ihn außerordentlich. Der
Zentralverband des Deutschen Handwerks geht davon
aus, dass durch diesen Schritt 40 000 bis 50 000 zusätz-
liche Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Das ist
nicht ausreichend, aber immerhin ein wichtiger Impuls.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass dadurch – zwar
nicht umfassend, aber teilweise – der Schwarzarbeit ent-
gegengewirkt werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, der Entwurf eines Geset-
zes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltun-
gen zielt auf die Schaffung von mehr Steuergerechtig-
keit, die Verwirklichung des Verfassungsprinzips der
Gleichmäßigkeit der Besteuerung und eine Stabilisie-
rung der Steuereinnahmen. Ich halte es für unvertretbar,
dass wir es im deutschen Steuerrecht nach wie vor mit
vielen Umgehungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu
tun haben. Das deutsche Steuerrecht bietet aufgrund der
Möglichkeiten zur Gestaltung seiner Bemessungsgrund-
lage viele Fluchtmöglichkeiten. Diese Fluchtmöglich-
keiten stehen nach Lage der Dinge nicht den unteren,
sondern den höheren Einkommensetagen zur Verfügung.
Deshalb halte ich es auch vor dem Hintergrund der Her-
stellung einer größeren Steuergerechtigkeit für richtig,
dass wir die Abschaffung von Steuerprivilegien ehrgei-
zig in Angriff genommen haben.

In diesem Zusammenhang möchte ich – abgesehen
von der Debatte über den vorliegenden Gesetzentwurf –
betonen, dass ich die gegenwärtige Diskussion über die
Kontenabrufmöglichkeiten für ziemlich unsäglich
halte. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass das Prinzip der
Steuergerechtigkeit höher zu veranschlagen ist als gege-
benenfalls auftretende administrative Schwierigkeiten


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


oder unbegründete datenschutzrechtliche Einwände. Das
ist eine Kampagne derjenigen, die die Abfragen von
Konteninformationen schlicht und einfach verhindern
wollen.


(Beifall bei der SPD)


Aber ich sage Ihnen: Diese Kampagne – wenn ich sie
einmal so bezeichnen darf – wird nicht verfangen. Es
wird bei den bestehenden Abrufmöglichkeiten von Kon-
teninformationen bleiben.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Na, das überlegen wir uns aber noch mal! – Gegenruf des Abg. Ortwin Runde [SPD]: Nein! Das bleibt! – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Genau! Verfassung geht vor Koalition!)


Sie müssen sich einmal vergegenwärtigen, welch aber-
witzige Zahlen angeführt werden, um dem deutschen
Publikum den Verdacht einzuimpfen, es käme zur Ab-
frage mehrerer Millionen Konteninformationen. Davon
sind wir weit entfernt.

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(C (D Gelegentlich wird Kritik an unserem Wachstumsproramm in Höhe von 25 Milliarden Euro geübt: Für die inen ist dieser Betrag zu gering, für die anderen ist das rogramm obsolet oder zu stark keynesianisch geprägt. (Joachim Poß [SPD]: Ja! Damit nicht alle, die spät zünden, auch verbluten müssen!)


ch will auf Folgendes hinweisen: Zu diesen
5 Milliarden Euro kommen weitere 12 Milliarden Euro
on Ländern und Kommunen hinzu. Dann haben wir im-
erhin 37 Milliarden Euro zur Verfügung; das entspricht

0 Milliarden DM. Das ist nicht so wenig, wie manche
eute in dieser Republik vorgeben. Auch der Vorwurf,
s handle sich um ein klassisches Konjunkturprogramm,
eht an den Tatsachen vorbei.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Jawohl!)


as, was wir im Bereich Forschung und Entwicklung
achen, hat nichts mit unserer Konjunktur zu tun, son-

ern mit der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des
tandortes Bundesrepublik Deutschland.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir müssen unser Ziel erreichen, 3 Prozent unseres
ruttosozialproduktes in Forschung und Entwicklung zu

nvestieren. Wie Sie wissen, sind in anderen Ländern um
ns herum teilweise weit mehr als diese 3 Prozent des
ruttosozialproduktes in diesen Bereich geflossen. Da
eisen bildet, sage ich Ihnen, welche Erfahrungen ich
ierzu in Finnland und Schweden gesammelt habe:
iese zwei Länder haben inzwischen Budgetüber-

chüsse zu verzeichnen und sie weisen sehr gute Wachs-
umsraten auf. Dort wurde insbesondere in Bildung,
ochschulen sowie Forschung und Entwicklung inves-

iert. Diese zwei Länder sind ziemlich schnell unter Se-
el gekommen; denn dort wurden sechs bis sieben Jahre
rüher als bei uns Reformmaßnahmen eingeleitet. Daher
ollte man auf die Erfahrungen dieser beiden Länder ge-
egentlich Obacht geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der CDU/CSU: Ist das etwa Selbstkritik? – Aha! – So, so!)


Tatsachen müssen ausgesprochen werden. Man darf
icht an den Problemen vorbeireden.

Abschließend möchte ich die Diskussion über unsere
aßnahmen im Bereich Forschung und Entwicklung mit

inem deutlichen Appell verbinden, der sich auch an die
eutsche Wirtschaft richtet. Die öffentlichen Haushalte
aben in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, die-
en Bereich finanziell zu stützen. Man muss auch sagen,
ass sich die letzte Bundesregierung mit Nachdruck um
ie vorhandenen Nachholbedarfe gekümmert hat; denn
er Anteil von Forschung und Entwicklung am Bundes-
aushalt ist in den vorigen Legislaturperioden deutlich
esunken. Wir haben ihn mühsam auf 2,55 Prozent er-
öht. Diese Entwicklung war in den letzten beiden Le-
islaturperioden mit deutlichen Steigerungen verbunden.
ber das, was wir uns vorgenommen haben, wird nicht
elingen, wenn die deutschen Unternehmen nicht selbst
erantwortung übernehmen und sehr viel mehr als bis-
er tun, damit wir unser Ziel, 3 Prozent unseres Brutto-






(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück
sozialproduktes in Forschung und Entwicklung zu inves-
tieren, erreichen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Da wir nicht billiger werden wollen und können und
da wir einen Kostenwettbewerb nach Lage der Dinge nie
gewinnen werden – das wird immer ein Hase-und-Igel-
Rennen mit anderen Standorten weltweit sein –, müssen
wir besser werden. Besser werden wir aber nur, wenn
wir in Bildung, Forschung und Entwicklung, Technolo-
gietransfer und alles, was damit zu tun hat, investieren.
Wenn die Bundesregierung mit diesem Programm für
entsprechenden Schub sorgen kann, hat sie einen erheb-
lichen Teil ihrer Verantwortung und ihrer Aufgaben
wahrgenommen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601900200

Das Wort hat nun der Kollege Carl-Ludwig Thiele,

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1601900300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister
Steinbrück! Auch die FDP ist der Auffassung – das
möchte ich hier von vornherein herausstellen –, dass wir
mehr Wachstum benötigen, dass wir mehr Beschäftigung
benötigen und dass die öffentlichen Haushalte dringend
saniert werden müssen. Deshalb werden wir die Koali-
tion aus Union und SPD konstruktiv unterstützen, wenn
wir der Auffassung sind, dass auf der Basis eines klaren
Konzeptes die richtigen Entscheidungen getroffen wer-
den.


(Beifall bei der FDP)


Allerdings sind unsere Unternehmen im internationa-
len Vergleich viel zu hoch besteuert. Da reicht es nicht,
wenn Sie sagen, es gibt zwei Konzepte, um dies zu än-
dern. Ich darf Sie im Übrigen darauf aufmerksam ma-
chen, dass es drei Konzepte sind: Es gibt ein ausformu-
liertes Konzept der FDP, welches in dieser Woche in den
Deutschen Bundestag eingebracht wird und welches wir
schon im März hier beschließen können. Warum sollen
wir eigentlich warten, bis es in unserem Land bergauf
geht, warum können wir Reformen nicht einfach be-
schließen? Wir bitten Sie von der Regierung, sich mit
den Vorschlägen der FDP objektiv auseinander zu setzen
und sie, wenn sie gut sind, zu übernehmen.


(Beifall bei der FDP)


Zum Bankgeheimnis, Herr Minister. Fakt ist: Prak-
tisch ist das Bankgeheimnis ausgehebelt. Mit welchen
Folgen eigentlich? Die Bürokratie wuchert in unserem
Land – das Gegenteil von dem, was Sie wollten –,
Rechtsstaatlichkeit ist in diesem Bereich nicht gewähr-
leistet und viele Bürger treibt die Sorge um, dass der
Staat in irgendeiner Form in ihren Konten herumschnüf-

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(C (D elt. Die Folge ist Kapitalflucht. Wir brauchen aber Kaital, das in Deutschland investiert wird: damit Gewinne ntstehen, die hier in Deutschland versteuert werden. (Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie wollen Steuerhinterzieher schützen! Schutzpartei der Steuerhinterzieher!)


Was wir im Moment erleben, zeigt, dass die Regie-
ung weder ein klares Konzept noch die notwendige Ein-
icht hat, dass die öffentlichen Haushalte vorrangig
urch Einsparungen und durch die Überprüfung von
eistungsgesetzen saniert werden müssen. Mit ihrem
esetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und
eschäftigung will die Koalition durch verschiedene
leine Maßnahmen Investitionen auslösen und so das
achstum ankurbeln. Wir begrüßen ausdrücklich, dass

ei den Kinderbetreuungskosten – wenn auch nach
ahrelangen ideologischen Diskussionen, insbesondere
ei der SPD, über das so genannte Dienstmädchenprivi-
eg – der Forderung der FDP nachgekommen wird, die
rivaten Haushalte endlich als Arbeitgeber anzuerken-
en.


(Beifall bei der FDP)


enn dies kann dazu führen, dass mehr Menschen einen
ozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz finden und
ie Betreuung der Kinder verbessert wird. Allerdings
ar ursprünglich eine klare Regelung vorgesehen. Jetzt,
ach wochenlangem Gezerre, ist eine Regelung entstan-
en, die in ihrer Komplexität und Kompliziertheit nur
chwer zu übertreffen ist: Ein Teil der Familien soll jetzt
inen Teil der Kosten für einen Teil der Kinder für einen
eil der Aufwendungen absetzen dürfen. Das soll einer
erstehen!

Wer sich damit auseinander setzt, sieht doch sofort,
ass eine Überregulierung stattfindet. Das wird den
unsch, mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsver-

ältnisse in den privaten Haushalten zu schaffen, nicht
rfüllen.


(Beifall bei der FDP)


Das Gezerre und Gefeilsche innerhalb der Koalition
ührt auch an dieser Stelle zu einem Kompromiss auf
em kleinsten gemeinsamen Nenner, der das Steuerrecht
eiter verkompliziert. Deswegen appelliere ich noch ein-
al ausdrücklich an die Kolleginnen und Kollegen von
nion und SPD, unseren Gesetzentwurf zum Vorbild zu
ehmen. Wir haben eine klare Regelung, die einfach und
erecht ist und die es ermöglicht, sozialversicherungs-
flichtige Arbeitsplätze innerhalb und außerhalb des
aushaltes zu schaffen: Wenn nachgewiesenermaßen
osten von 12 000 Euro entstehen, können diese steuer-

ich berücksichtigt werden.

Zu den Abschreibungen. 2000 wurden die Abschrei-
ungssätze von 30 Prozent auf 20 Prozent reduziert.
etzt werden sie, für zwei Jahre, wieder auf 30 Prozent
rhöht. Das ist eine Politik der Trippelschritte und erin-
ert an die Echternacher Springprozession. Diese Politik
st nicht verlässlich und wird leider kein stetiges Wachs-
um in unserem Land auslösen können.






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele
Die beiden anderen Gesetzentwürfe dienen dem Miss-
brauch im angeblichen Steuerrecht.

Parallel zu diesen Gesetzen – auch das muss heute de-
battiert werden – will die große Koalition schon in der
nächsten Woche das größte Steuererhöhungsprogramm
in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland be-
schließen. Mit diesen Steuererhöhungen wird aber nicht
mehr, sondern weniger Wachstum erzeugt und werden
wir nicht mehr, sondern weniger Beschäftigung in unse-
rem Lande erhalten. Durch die Erhöhung der Mehrwert-
steuer um 3 Prozentpunkte sowie weitere Steuererhöhun-
gen will der Staat pro Jahr mehr als 25 Milliarden Euro
von den Bürgern und Unternehmen einnehmen. In drei
Jahren werden den Bürgern dadurch 80 Milliarden Euro
ihres selbst erwirtschafteten Einkommens entzogen.
Diese Steuererhöhungen sind auch der Grund dafür, dass
die Steuereinnahmen in den nächsten Jahren um 80 Mil-
liarden Euro steigen. Auf der anderen Seite fehlen sie un-
serer Bevölkerung aber beim Konsum und bei den Inves-
titionen. Mit dieser Steuererhöhungsorgie legen Sie ein
massives Desinvestitionsprogramm gegen die deutsche
Bevölkerung vor.


(Beifall bei der FDP)


Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ein
Konzept aus einem Guss kann ich nun überhaupt nicht
erkennen. Alle Welt spricht von der Unternehmensteu-
erreform. Wir sind international nicht mehr wettbe-
werbsfähig und insofern können wir auch nicht nur war-
ten, dass sich etwas ändert,


(Joachim Poß [SPD]: Das ist nun wirklich Schwachsinn!)


sondern diese Regierung mit ihrer Mehrheit im Deut-
schen Bundestag von fast zwei Drittel hat die Aufgabe,
ihre Verantwortung wahrzunehmen und die Gesetze hier
tatsächlich kurzfristig auf den Weg zu bringen.


(Joachim Poß [SPD]: Wo leben Sie eigentlich?)


Die Rezepte liegen seit langem vor. Hier nur zu warten
– ab 2008 soll das gelten –, ist verschenkte Zeit. Diese
Zeit dürfen wir in unserem Lande nicht verschenken.


(Beifall bei der FDP – Lothar Mark [SPD]: Zeit kann man nie verschenken!)


Glauben Sie eigentlich wirklich, dass sich die Bin-
nenkonjunktur dauerhaft ankurbeln lässt, indem Sie
den Unternehmen und Bürgern heute sagen: Investiert,
konsumiert und gönnt euch in diesem Jahr noch etwas,
denn im kommenden Jahr stehen Steuererhöhungen
an? – Eine solche Logik lässt sich selbst zur Karnevals-
zeit nur als schlechter Witz bezeichnen. Sie ist nicht wi-
der den tierischen Ernst, dafür aber gegen jede politische
Ernsthaftigkeit. So käme – um im Bild zu bleiben – nicht
einmal ein Narr auf die Idee, den Menschen zu sagen:
Feiert in diesem Jahr doch bitte schön bis Ostern Karne-
val; denn im kommenden Jahr wird ganzjährig gefas-
tet. – So läuft das nicht und die Menschen werden sich
auch nicht so verhalten, sodass ich die Sorge habe, Herr
Minister Glos, der Sie nach mir reden werden, dass das
ein Strohfeuerprogramm ist, durch das nicht die Weichen

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(C (D afür gestellt werden, dass wir in unserem Lande den ang anhaltenden Aufschwung bekommen, den wir drinend benötigen. Noch im Wahlkampf hatte die Union gefordert, die ehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte zu erhöhen, um mit enau dem daraus resultierenden Betrag die Lohnnebenosten um ebenfalls 2 Prozentpunkte zu senken. Die PD hatte die Steuererhöhung abgelehnt und als Merkelteuer gebrandmarkt. Und nach der Wahl soll nichts ehr von dem gelten, was vor der Wahl in Deutschland uf diesem zentralen Feld der politischen Auseinanderetzungen diskutiert wurde? Die Wählerinnen und Wäher haben die Politik der ruhigen Hand doch nicht desalb abgewählt, damit darauf eine Politik der ehmenden Hand folgt. Gerade dies geschieht aber nun urch die geplanten Steuererhöhungen. Der schwarz-rote teuerpolitische Arm greift viel zu kurz und vor allem reift er in die falsche Richtung, nämlich in das Porteonnaie unserer Bürger. Das ist der falsche Weg. enn wir alle mehr Glaubwürdigkeit in der Politik einordern und wenn wir alle der Auffassung sind, dass ach den Wahlen das durchgesetzt werden soll, was vor en Wahlen gefordert wurde, dann darf diese Steuerrhöhungsorgie in der nächsten Woche nicht vom Kabiett beschlossen werden. Die Arbeitslosenzahl ist auf über 5 Millionen gestieen. Weitere Millionen Menschen haben Sorge um den erlust ihrer Arbeitsplätze: bei VW, bei der Deutschen elekom, bei AEG in Nürnberg und auch bei der Firma armann in meiner Heimatstadt. Diese Liste lässt sich eider weiter fortsetzen. Ich verstehe nicht, wie sich die olitik bei dieser Sorge der Menschen einen schlanken uß machen und die Sanierung der öffentlichen Hausalte nahezu ausschließlich durch Steuererhöhungen anehen kann. Ich verstehe nicht, dass die Koalition aus nion und SPD den vermeintlich einfachsten Weg geht, ämlich die Sanierung durch Steuererhöhungen anstatt urch Sparmaßnahmen durchzuführen. n jedem privaten Haushalt, in dem man feststellt, dass an über seine Verhältnisse lebt, dass man mehr ausgibt, ls man einnimmt, werden die Ausgaben reduziert. Notedrungen fängt man an, bescheidener zu werden. Man berlegt sich, ob alles, was man derzeit ausgibt, noch fianzierbar ist. Das ist für viele Bürger in unserem Lande in ausgesprochen schmerzhafter Prozess. Warum aber sollte das bei den öffentlichen Haushalen anders sein? Warum fängt die öffentliche Hand nicht n, stärker zu sparen? Warum werden weiter Subventioen und Staatsausgaben erhöht, von denen wir wissen, ass sie auf Pump finanziert sind und die Zukunftschanen unseres Landes weiter einschränken? Warum nehen Sie nicht endlich zur Kenntnis, dass der Sozialstaat n der heutigen Form nicht mehr finanzierbar ist und hier ringender Handlungsbedarf gegeben ist? Herr Minister Steinbrück, ich möchte Sie ganz perönlich ansprechen. Sie müssen sich dabei aber ein bisschen beeilen. Nachdem die rot-grüne Koalition mit Finanzminister Eichel nicht den Mut hatte, ernsthaft zu sparen und den Haushalt über die Ausgabeseite zu sanieren, haben Sie mit Ministerpräsident Koch ein Konzept vorgelegt. Das war die Koch/Steinbrück-Liste; Sie werden sich vielleicht noch daran erinnern. Wir haben Sie auf diesem Weg der Sparsamkeit konstruktiv begleitet. Dies werden wir auch weiterhin tun. Wenn aber der Haushalt Ausgaben in Höhe von über 250 Milliarden Euro aufweist, wenn in dem Subventionsbericht aus Kiel von über 150 Milliarden Euro an Subventionen gesprochen wird, wenn laut des Subventionsberichts der Bundesregierung 60 Milliarden Euro für Subventionen aufgewendet werden, dann frage ich Sie: Warum werden die Steuern erhöht, anstatt beim Staat wirksam zu sparen? Mit einem solchen Weg könnten wir vernünftige Rahmenbedingungen setzen, um zu mehr Wachstum und Beschäftigung in unserem Lande zu kommen. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Michael Glos. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601900400
Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1601900500

(Joachim Poß [SPD]: Absurdistan!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601900600

Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft und
Technologie:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wer in diesen Tagen die Wirtschaftsmeldungen aufmerk-
sam verfolgt, der stellt fest: Die lange vermisste Zuver-
sicht ist nach Deutschland zurückgekehrt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das liegt aber sicher nicht an Ihnen!)


Herr Kollege Thiele, wir sollten unser Land im wirt-
schaftlichen Bereich weder schöner reden, als es ist,
noch sollten wir es schlecht machen, sondern wir sollten
uns gemeinsam darüber freuen, dass es wieder aufwärts
geht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich habe vorhin den Protest zumindest der Grünen ver-
misst, als Sie von einem Strohfeuer sprachen; denn das
ist immerhin Energie aus nachwachsenden Rohstoffen.

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(C (D (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Aber Spaß beiseite. Lassen Sie mich stellvertretend
ür den Optimismus in der Wirtschaft eine Umfrage des
eutschen Industrie- und Handelskammertages unter
5 000 Unternehmen anführen. Die Konjunktur hat zu
ahresbeginn 2006 einen großen Satz nach vorne ge-
acht. Die Unternehmen bewerten die Geschäftslage so

ut wie seit fünf Jahren nicht mehr. Die Konjunktur
reht auf. Der Ausfuhrboom geht weiter. Das Volumen
er Inlandsinvestitionen wird in diesem Jahr deutlich
ulegen; das ist ganz besonders wichtig. Zu Jahresbe-
inn 2006 erreichen die Investitionspläne der Unterneh-
en per saldo den besten Wert seit elf Jahren. Die Be-

chäftigung geht mit der Konjunktur langsam auf
uchfühlung. – All das waren Zitate aus dem Bericht des
eutschen Industrie- und Handelskammertages.

Mir liegt ebenfalls eine Konjunkturbewertung der
fW vor. Ich will es Ihnen ersparen, sie vorzulesen. Ich
ill nur sagen, dass sie „Stimmungsfeuerwerk zu Jahres-
eginn!“ heißt. Ich habe ein Gespräch mit der Spitze der
fW geführt. Dort hieß es: In den ersten zwei Monaten
ieses Jahres wurden, wie man feststellen kann, doppelt
o viele Investitionskredite bewilligt wie im Jahr davor.
lso, man spürt: Der Aufschwung kommt ganz massiv.
arüber freuen wir uns. Von dem Aufschwung profitie-

en nicht nur die Exporteure, die optimistisch in die Zu-
unft schauen können. Es wird in Deutschland auch wie-
er investiert. Sowohl deutsche als auch ausländische
nternehmen werden wieder in den Standort Deutsch-

and investieren. Das ist wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Viele Branchen haben inzwischen ihre Hausaufgaben
emacht. Insbesondere die großen exportorientierten
nternehmen stehen gegenwärtig zum Teil glänzend da.
ie haben allerdings auch viele Arbeitsplätze abgebaut
der verlagert. Insofern ist uns bewusst, dass ein dauer-
after Aufschwung nur über den Mittelstand erfolgen
ann.

Ich möchte nun auf die Steuern zu sprechen kommen.
ir müssen eine Unternehmensteuerreform durchfüh-

en, durch die Personenunternehmen und Kapitalgesell-
chaften gleich behandelt werden. Das ist deshalb beson-
ers wichtig, weil es bekanntlich diese Unternehmen
ind, die dauerhaft in Deutschland bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich habe in letzter Zeit sehr viele Gespräche mit Ver-
retern verschiedener Branchen geführt. Wenn ich alle
ranchen aufzählen würde, müsste ich einen Teil meiner
edezeit leichtsinnig verbrauchen. In den Gesprächen
urde deutlich, dass es durchweg aufwärts geht. Nur die
aubranche bietet noch Anlass zur Sorge. Ich hoffe aber,
ass der Konjunkturfunke auch langsam auf den Bau
berspringt.






(A) )



(B) )


Bundesminister Michael Glos
Die großen Unternehmen haben die vergangenen
Jahre genutzt, um ihre Gewinne kräftig zu erhöhen. Das
ist erfreulich.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Jawohl! Zur Eigenkapitalbildung!)


– Mit guten Gewinnen kann man Eigenkapital bilden –
vielen Dank für den Zwischenruf, Herr Kollege
Ramsauer – und dann kann man auch wieder investieren.

In bestimmten Branchen wird aber deutlich, dass es
möglich ist, auch ohne Arbeitskampf zu sinnvollen Lö-
sungen zu kommen. Das soll nicht heißen, dass der Wirt-
schaftsminister für irgendeine Seite Partei ergreift. Ich
möchte nur feststellen, dass die Tarifpartner eine gewal-
tige Verantwortung dafür haben, wie es bei uns im Land
weitergeht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Darin sehe ich eines der größten Risiken. Ich wünsche
mir dabei eine sehr genaue Differenzierung und die Fä-
higkeit, Zugeständnisse zu machen, wenn es darum geht,
Unternehmen hier zu halten.

Mich erreichen immer mehr Zuschriften, Gesprächs-
wünsche und Einladungen. Erst kürzlich hat eine der
führenden deutschen Landmaschinenfabriken, die im
Allgäu zu Hause und inzwischen in Händen amerikani-
scher Eigentümer ist, schriftlich bei mir angefragt, ob ich
ihnen helfen könne. Sie wollten hier 500 Arbeitsplätze
schaffen. Mit der IG Metall ist zwar über bestimmte Zu-
geständnisse verhandelt worden, sie sehen sich aber ge-
zwungen, die Arbeitsplätze woanders zu schaffen. Das
ist kein Einzelfall; Ähnliches findet immer wieder statt.

Man muss aber berücksichtigen, dass auch in anderen
Ländern die Kosten steigen. Das wird bei den Investi-
tionsplanungen sicherlich berücksichtigt. Wenn man im
Einzelfall für das gleiche Geld mehr arbeitet, um die In-
vestitionen hier zu halten, dann ist das meiner Ansicht
nach das Allerbeste, was man in diesem Land für Be-
schäftigung tun kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Im Koalitionsvertrag ist bereits das vorweggenom-
men, was später in Genshagen verfeinert worden ist
– darüber diskutieren wir heute – und jetzt zur Be-
schlussfassung ansteht. Ich will noch einmal festhalten
– vorhin ist der Finanzminister stark kritisiert worden –:
Wir finanzieren die Konsolidierung zur einen Hälfte
durch die Beseitigung von steuerlichen Ausnahmetatbe-
ständen, die von Ihnen übrigens immer wieder heftig kri-
tisiert wurden. Dass wir Transferleistungen des Staates
weiter zurückschrauben, wird zwar im Einzelfall auch
wieder hart kritisiert werden – ich nenne nur die Stich-
worte „Gemeinschaftsaufgabe“ und „Regionalisierungs-
mittel im Verkehrsbereich“; das wird alles sehr schwer
durchzusetzen sein –, ist aber unumgänglich.

Was die andere Hälfte hinsichtlich der Haushaltskon-
solidierung angeht, kommen wir um die Mehrwertsteuer-
erhöhung nicht herum. Ich bekenne mich zur mittel- und
längerfristigen Konsolidierung der öffentlichen Finan-

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(C (D en. Wenn wir längerfristig einen Aufschwung wollen, ann kommen wir um diese Maßnahme nicht herum. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Vor allen Dingen ist es notwendig, eine dauerhafte
enkung der Lohnzusatzkosten unter die 40-Prozent-
renze zu erreichen. Das ist für die Beschäftigung in
eutschland eminent wichtig. Ich bin auch der Meinung,
ass das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachs-
um und Beschäftigung den Aufschwung auf ein breite-
es Fundament stellt.

Durch den gelegentlich vermittelten Eindruck, nach
em Gasgeben 2006 folge 2007 eine Vollbremsung – Sie
aben das eben angesprochen, Herr Thiele –, wird, wie
ch meine, ein völlig falsches Bild gezeichnet. Zutref-
end scheint mir zu sein, im Zusammenhang mit 2006
on einer Tempobeschleunigung zu sprechen. Wenn der
ug auf der Schiene sehr rasch fährt, dann kann er 2007
icht ohne weiteres abgebremst werden. Ich meine, dass
er Zug 2007 weiterhin in Richtung Aufschwung rollen
uss. Darauf sind unsere Maßnahmen auch angelegt.

Ich möchte noch ein paar Maßnahmen ansprechen,
ie ebenfalls 2007 greifen werden. Die Anhebung der
egressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschafts-
üter von 20 auf 30 Prozent ist eine solche Maßnahme.
as wird 2007 erhebliche Investitionen veranlassen,
ielleicht sogar mehr, als dem Finanzminister aus rein
aushälterischer Sicht – denn damit ist ein Steuereinnah-
everzicht verbunden – erst einmal lieb sein kann. Aber

ch bin überzeugt, dass diese Maßnahme ein Mittel zur
nkurbelung der Konjunktur wird. Das Ganze wird
ann von einer Unternehmensteuerreform abgelöst,
ie die Impulse für mehr Wachstum und Beschäftigung
eitertragen soll. Diese Steuerreform muss dazu führen,
ass die Besteuerung unabhängig von der Rechtsform
er Unternehmungen erfolgt. Dabei werden wir selbst-
erständlich auch über Ihre Vorschläge diskutieren. Es
acht ja keinen Sinn, nur Professoren und Vertreter von
tiftungen zu Wort kommen zu lassen und andere ver-
ünftige Vorschläge beiseite zu legen. Wir werden das
lles bewerten und diskutieren. Am schönsten wäre,
enn wir zu gemeinsamen Lösungen in Sachen Unter-
ehmensteuerreform kämen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das Stichwort „Stärkung der privaten Haushalte als
rbeitgeber“ ist schon gefallen. Ich halte das für ein
ichtiges Anliegen, genauso wie die Tatsache, dass wir
ie zunehmend um sich greifende Schwarzarbeit da-
urch bekämpfen, dass wir Handwerkerrechnungen
teuerlich absetzbar machen. Die genauen Zahlen sind
ekannt. Bis zu 600 Euro der Lohnkosten kann man von
er Steuerschuld abziehen, wenn man dem Handwerk
rbeit gibt. Dem dient insbesondere das Programm zur

nergetischen Gebäudesanierung. Ich möchte die Gele-
enheit nutzen, um mich bei den Handwerksbetrieben
nd selbstverständlich bei vielen anderen Firmen zu be-
anken, die die Initiative zur Schaffung von Ausbil-
ungsplätzen mitgetragen haben und weiterhin mittra-






(A) )



(B) )


Bundesminister Michael Glos
gen. Auch in diesem Jahr wird eine der wichtigsten
Aufgaben sein, dafür zu sorgen, dass junge Menschen,
die aus der Schule kommen, Ausbildungsplätze finden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Beim Stichwort „Dienstleistungen für den Haushalt“
fällt mir natürlich ein, dass heute im Europäischen Parla-
ment über die Dienstleistungsrichtlinie abgestimmt
wird. Nun wird der der Abstimmung zugrunde liegende
Kompromiss sicherlich nicht allen Wünschen gerecht.
Die einen haben Angst vor gewaltigem Sozialdumping
– gerade in einem Land wie Deutschland –, während an-
dere ihre Hoffnung, die qualifizierten deutschen Dienst-
leistungen in stärkerem Maße außerhalb Deutschlands
anbieten zu können, ohne über zu große bürokratische
Hürden springen zu müssen, nicht in dem Maße erfüllt
sehen, wie sie es sich wünschen. Deswegen müssen wir
im Rat – hier sind wir noch einmal gefragt – helfen, dass
weder die Befürchtungen zum Tragen kommen noch
dass die Hoffnungen zerstört werden. Ich weiß, dass ein
gemeinsamer europäischer Dienstleistungsmarkt per
saldo Deutschland als Gewinner sieht; denn wir können
qualifizierte, bessere und nachhaltig nachgefragte
Dienstleistungen der Zukunft anbieten. Darüber werden
wir sprechen. Wir sind in der Koalition kurz davor, eine
gemeinsame Sprachregelung zu finden.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Good luck!)


Ich halte das im Hinblick auf Kalkulierbarkeit und Ver-
lässlichkeit für notwendig.

Wir müssen alles tun, damit es zu einem nachhaltigen,
dauerhaften Aufschwung und zu mehr Beschäftigung in
Deutschland kommt und unsere Wettbewerbsfähigkeit in
Europa gestärkt wird. Dann können wir im Sinne der
Lissabonstrategie dazu beitragen, dass Europa wieder
zur Lokomotive der Weltwirtschaft wird. Dazu gehört
der Motor Deutschland. Darum kümmern wir uns.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601900700

Nächster Redner ist der Kollege Oskar Lafontaine,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oje!)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601900800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Der Bundeswirtschaftsminister hat uns aufgefor-
dert, Deutschland nicht schlecht zu reden, und er hat,
wie es seine Pflicht ist, auch Silberstreifen am Horizont
ausgemacht und festgestellt, dass die Konjunktur jetzt
doch in Gang gekommen ist.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber gute Laune hat er keine gehabt!)


Zunächst einmal, Herr Bundeswirtschaftsminister:
Deutschland ist schön und es kann auch niemand bestrei-
ten, dass es hier oder dort Daten gibt, die man so inter-
pretieren kann, wie Sie sie interpretiert haben. Aber

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(C (D chon bei der Aussage, Deutschland sei schön, möchte ch darauf hinweisen, dass der Begriff Deutschland zu llgemein gefasst ist. Es gibt viele Deutsche. Darunter ibt es Deutsche, denen es gut geht, und es gibt Deutche, denen es weniger gut geht. Es gibt Deutsche, die rbeitslos sind, und es gibt Deutsche, die unterhalb des xistenzminimums leben. Auch über die müssen wir reen. Das ist kein Schlechtreden Deutschlands, sondern chlicht und einfach ein Sich-Auseinander-Setzen mit er Realität, eine Aufgabe, die wir in diesem Hause nicht us den Augen verlieren dürfen. Nun hat der Bundesfinanzminister in der ihm eigenen larheit seine Argumente vorgetragen. Das ist erfri chend. Deshalb kann man sehr gut darauf eingehen. Er at zwei Ziele für die Regierung angegeben, nämlich die achstumskräfte zu stärken und den Haushalt zu konso idieren. Wer wollte gegen diese zwei Ziele etwas haen? Die Frage ist aber, wie diese beiden Ziele zueinaner in Bezug gesetzt werden; das ist die entscheidende rage der Wirtschaftsund Finanzpolitik. Wenn man die achstumskräfte tatsächlich enorm stärken kann, dann at man in dem Maße der Stärkung Mehreinnahmen und inderausgaben. So zeigt sich überall in den Industrie taaten, dass auf diesem Weg die Haushaltskonsolidieung tatsächlich gelingt. Wenn der Akzent zu stark auf der Haushaltskonsoliierung liegt, dann gelingt es eben nicht, die Wachstumsräfte zu stärken, und es gelingt auch nicht, den Haushalt u konsolidieren. Man muss doch fairerweise zugeben, ass Ihr Vorgänger im Amt enorme Anstrengungen unernommen hat, den Haushalt zu konsolidieren. Er hat ber zwei Fehler gemacht: Es gelang ihm nicht ausreihend, die Wachstumskräfte zu stärken, und er hat daüber hinaus die Einnahmen deutlich geschwächt. So andete er bei einer immer höheren Verschuldung. Die rage ist, ob die jetzige Handlungsweise der Regierung innvoller und in sich stimmiger ist. Zunächst einmal zur Frage der Haushaltskonsolidieung. Es wird in diesem Zusammenhang immer wieder on der Nettoneuverschuldung gesprochen. Man muss arauf hinweisen, dass diese zunächst einmal nichts über ie Frage aussagt, die ich aufgeworfen habe. Die einzige ussage, die man heranziehen kann, betrifft die Ausgaenseite. Da stellen wir fest, dass Sie angeben, in dieem Jahr genauso viel ausgeben zu wollen wie im letzten ahr. Wenn Sie die Preiseffekte abziehen, dann haben Sie ine leicht restriktive Haushaltspolitik. Insofern komen auch die Beobachter der Wirtschaft zu dem Ergeb is, dass die Haushaltspolitik in diesem Jahr keinen Beirag zu Wachstum und Beschäftigung leistet. Damit uss man sich rational auseinander setzen. Solange man ie Ausgaben nicht steigert, kommt kein positiver Imuls – so ist nun einmal die Logik – von der Haushaltseite zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung. Nun haben Sie dankenswerterweise – das möchte ich usdrücklich anerkennen, weil das gewissermaßen eine äsur hier im Hause darstellt – gesagt, dass Sie auf der Oskar Lafontaine Einnahmeseite ein Niveauproblem haben. Ich bin dankbar, dass seit Monaten jetzt zum ersten Mal hier im Plenum die Steuerund Abgabenquote in Deutschland realistisch dargestellt wird. Wir haben nun einmal im OECD-Vergleich mit 34 Prozent eine einmalig niedrige Steuerund Abgabenquote. Wir liegen um 6 Prozentpunkte unter dem europäischen Durchschnitt. Ich möchte Ihre Unterhaltung mit der Kanzlerin nicht stören, will aber auf einen wichtigen Punkt zu sprechen kommen. Sie, Frau Bundeskanzlerin, müssen sich entscheiden, welche Steuerund Abgabenquote Sie anstreben; sonst ist alles, was hier vorgetragen wird, leeres Gesums. Man muss das in aller Klarheit sagen. Die Frage, die Sie beantworten müssen, ist folgende: Wollen Sie auf das europäische Niveau? Es wäre ja vorstellbar, dass jemand in Deutschland den Mut hat, das europäische Niveau der Steuerund Abgabenquote zu erreichen. Oder wollen Sie das nicht? Wollen Sie weiterhin 6 Prozentpunkte unter dem europäischen Niveau bleiben? Das heißt: Wollen Sie weiterhin 130 Milliarden Euro Mindereinnahmen im Vergleich zu den europäischen Nachbarn haben? Das ist für die Konsolidierung und für die Haushaltspolitik nun wirklich keine irrelevante Frage. In diesem Zusammenhang haben Sie beispielsweise auch auf die Überschüsse Finnlands und Schwedens hingewiesen. Herr Bundesfinanzminister, die Angaben sind ja richtig; ich will Ihnen aber einen Hinweis geben: Hätte Deutschland die Steuerund Abgabenquote dieser Länder, dann würden Sie im Geld schwimmen. Sie brauchen das nur umzurechnen. Wenn man schon diese Beispiele anführt, dann muss man auch die Zahlen nennen und die daraus resultierenden Konsequenzen ziehen. Sie hätten dann keine Probleme, Forschung, Bildung, öffentliche Investitionen usw. zu finanzieren. Diese Länder stellen nun einmal eine Widerlegung des neoliberalen Glaubens dar, dass man bei einer möglichst niedrigen Steuerund Abgabenquote viel Wachstum und Beschäftigung hat, tolle Bildungseinrichtungen vorhalten kann, Forschungsausgaben finanzieren kann usw. Was in diesen Ländern geschehen ist, steht im Gegensatz zu der lange Jahre herrschenden Ideologie und ist ein Beweis dafür, dass eine hohe Steuerund Abgabenquote sehr wohl mit einem hohen Beschäftigtenstand, einem dichten sozialen Netz und einem hervorragenden Bildungswesen einhergeht. Wir sollten in Deutschland genau die Schritte, die dort gegangen worden sind, anstreben. Sie haben wieder auf die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit hingewiesen. Auch der Kollege von der FDP hat darauf hingewiesen, dass dies ein Problem sei. Ich möchte deutlich sagen, dass dies in Deutschland überhaupt kein Problem ist. Herr Kollege von der FDP, Sie sagen, wir seien international nicht wettbewerbsfähig. Das ist, da wir Exportweltmeister sind, einfach nicht mehr nachvollziehbar. d S – b H h g d s s s d m S v b w z S v p S s U I s d r n z s d n – E e t L g S n p z v S g d d (C (D Aber wenn Sie es einfach steuerlich gemeint haben, ann ist das schlicht falsch. ie müssen sich von den nominalen Steuersätzen lösen aus propagandistischen Gründen werden sie ununterrochen angeführt – und sich der Realität stellen. ans Mundorf, der Chefredakteur des „Handelsblatts“, at schon vor der Steuerreform 2000 im „Handelsblatt“ eschrieben, dass die angeblich so hohe Belastung der eutschen Unternehmen mit Steuern ein reiner Phantomchmerz sei. Nach all dem, was in den letzten Jahren gechehen ist, ist das immer noch ein reiner Phantomchmerz. Wenn Sie angesichts der exorbitanten Gewinne, die ie Unternehmen mittlerweile ausweisen, immer noch einen, die Lösung der Probleme bestehe darin, die teuerlast der Unternehmen zu senken, dann liegen Sie öllig falsch. Ich möchte das hier in aller Klarheit sagen. Richtig liegen Sie natürlich, wenn Sie auf die Proleme der kleinen und mittleren Unternehmen hineisen. Die 2,9 Millionen Unternehmen, die weniger als ehn Beschäftigte haben, profitieren von den ganzen teuergesetzen der letzten Jahre, von der Freistellung on Veräußerungsgewinnen, von der Änderung der Körerschaftsteuersätze usw. usw., nicht. Herr Kollege teinbrück, Sie haben hier die Einkommensteuer angeprochen. Dem ist zu entgegnen, dass 73 Prozent dieser nternehmen den Spitzensteuersatz niemals erreichen. nsofern war dies eine Fehlentscheidung. Aus unserer Sicht ist es notwendig, darauf hinzuweien, dass die Mehrheit des Volkes dasselbe Interesse wie ie kleinen und mittleren Unternehmen hat. Dieses Inteesse lässt sich ganz einfach formulieren: Die 2,9 Millioen kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger als ehn Beschäftigten sind in erster Linie darauf angewieen, dass Löhne und Renten in Deutschland endlich wieer steigen; sonst gibt es keine Erholung der Binnenachfrage. Alles andere ist schlicht kalter Kaffee. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben behauptet auch im Dialog mit Ihren Kollegen auf europäischer bene –, unsere Lohnstückkosten hätten sich günstig ntwickelt. Dies ist an dieser Stelle noch einmal zu hinerfragen. Deutschland betreibt mittlerweile ein solches ohndumping, dass die Europäische Währungsunion efährdet ist. Ich weiß, dass es im Moment noch wenig inn hat, das hier anzusprechen; darum spreche ich es ur für das Protokoll an. Mit einem solchen Lohnduming ist die Europäische Währungsunion auf Dauer nicht u halten. Wir haben mittlerweile Wettbewerbsvorteile on bis zu 20 Prozent gegenüber Portugal. Gegenüber panien und Italien ist unser Wettbewerbsvorteil etwas eringer. Wenn wir dieses Lohndumping fortsetzen, ann gefährden wir die Europäische Währungsunion und amit die europäische Einigung. Oskar Lafontaine Herr Kollege Steinbrück, Sie haben die öffentlichen Investitionen angesprochen. Geboten ist hier einfach der Blick auf das europäische Durchschnittsniveau. Das deutsche Niveau fällt immer weiter zurück. Wenn wir nur das europäische Durchschnittsniveau erreichen wollten – das hat natürlich etwas mit der Einnahmeseite zu tun –, dann brauchten wir pro Jahr zusätzliche öffentliche Ausgaben in Höhe von 25 Milliarden Euro. Ohne ein solches Verstetigen der öffentlichen Investitionen kommt es bei uns auch nicht zu einem Wachstum und einer Beschäftigung wie in unseren Nachbarstaaten. Dies ist ein weiterer Hinweis von unserer Seite zu Ihren Ausführungen. Da die Zeit knapp wird, möchte ich noch etwas zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sagen. Alles, was Sie da tun, ist zu unterstützen. Aber es gibt eben viele Familien, die keine Steuern zahlen. Wenn Sie bei der steuerlichen Förderung ansetzen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, dann klammern Sie gut 20 Prozent der Bevölkerung aus. Das ist nicht gerechtfertigt. Auch die Menschen, die ein geringes Einkommen haben, müssen Familie und Beruf vereinbaren können. Insofern setzen Sie hier wiederum an der völlig falschen Stelle an. Nachträglich unterstützen möchte ich Ihre Aussagen zu Kontoabfragen. Es ist gut, dass ein Bundesfinanzminister dies hier einmal in aller Klarheit sagt. Das so genannte Bankgeheimnis ist nichts anderes als ein Scheinrecht, das denjenigen, die davon profitieren und die sich darauf immer wieder berufen, Steuerhinterziehung ermöglicht. Wenn Sie darauf hinweisen, meine Damen und Herren, dass damit zu viel Bürokratie verbunden ist, dann möchte ich Ihnen sagen: Vergleichen Sie einmal die Bürokratie an dieser Stelle, an der es darum geht, höhere Vermögen und Einkommen zu besteuern, mit der Bürokratie gegenüber Hartz-IV-Empfängern! Wenn Sie das tun, dann werden Sie sehr schnell einräumen müssen, dass hier einiges im Ungleichgewicht ist. Zusammenfassung: Ich glaube, dass Sie die entscheidende Frage nicht beantwortet haben, nämlich: Mit welchem Steuerund Abgabensystem wollen Sie auf Dauer öffentliche Investitionen sicherstellen, bei Bildung und Forschung sowie dann auch notwendigen antizyklischen Maßnahmen mit anderen Industriestaaten konkurrieren? Was Sie bisher beschlossen haben, ist überhaupt keine Antwort darauf. Die Mehrwertsteuererhöhung – ich muss es am Schluss noch einmal sagen – ist nicht nur ein Wahlbetrug, sondern sie ist auch konjunkturell ein Schlag ins Gesicht. Die jetzt sichtbaren Wachstumskräfte reichen nicht aus, den Einbruch zu kompensieren, der im nächsten Jahr zu erwarten ist. B K u m s r u a e w m s w A r r I r m z n v o d d g a 2 r S 1 u e M d h f d g d b d i P (C (D Das Wort erhält nun die Kollegin Christine Scheel, ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und ollegen! Ich glaube nicht, dass es für die Konjunktur nd für die Zukunft dieses Landes hilfreich ist, wenn an heute ein Gute-Laune-Programm für Teile der Wirt chaft verkündet, kurz darauf den roten Teppich, der geade ausgerollt wurde, wieder einrollt und die Bürger nd Bürgerinnen dieses Landes weitaus mehr belastet, ls man sie vorher zu entlasten geglaubt hat. Wir haben hier die Situation, dass auf der einen Seite in paar kleine Änderungen gemacht werden, die teileise okay sind, über die man teilweise aber noch reden uss, dass aber auf der anderen Seite eine Mehrwert teuererhöhung kommt, der Sparerfreibetrag halbiert ird, obwohl man den Leuten sagt: „Sorgt mehr fürs lter vor, spart mehr für das Alter!“, und die Versiche ungsteuer erhöht wird, obwohl bestimmte Versicheungsbereiche für die Altersvorsorge genutzt werden. nsgesamt sammelt man in einer Größenordnung von und 25 Milliarden Euro pro Jahr ein. In diesem Jahr gibt an den Leuten bzw. der Wirtschaft 2,5 Milliarden Euro urück. Das ist die Relation, um die es geht. Ich glaube icht, dass mit dieser kurzsichtigen Politik das Vertrauen on Bürgern und Unternehmen insgesamt in den Standrt Deutschland mittelund langfristig gestärkt wird. Alle reden darüber, dass strukturelle Reformen für ieses Land zwingend notwendig sind. Wir sehen aber, ass, abgesehen von dem bisherigen Klein-Klein, die roße Koalition immer noch nicht in der Lage ist, sich uf Strukturreformen zu einigen. Peer Steinbrück nimmt 006 ein verschärftes EU-Defizitverfahren in Kauf, ückt Deutschland damit in eine gefährliche Nähe zu trafzahlungen in der Größenordnung von rund 0 Milliarden Euro an die EU (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wo waren Sie denn die letzten sieben Jahre?)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Ortwin Runde [SPD]: Das ist wahr!)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein!)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601900900
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601901000

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


nd setzt alles auf die Steuererhöhungskarte. Sie müssen
inmal Folgendes sehen: Wenn Deutschland 2007 das
aastrichtkriterium eventuell wieder einhält, dann nur

eswegen, weil das Aufkommen der auf 19 Prozent er-
öhten Mehrwertsteuer vorwiegend in den Haushalt
ließt. Die gesamte Finanzplanung hängt aber völlig in
er Luft.

Wir sehen, dass es in der großen Koalition keine Eini-
ung gibt, dass das geringere Defizit allein das Ergebnis
er Steuererhöhungen ist und dass die strukturellen Pro-
leme, wie gesagt, unverändert bestehen bleiben. Wenn
ie Konjunktur ein Stück nachlässt, schnellt das Defizit
m Prinzip sofort wieder nach oben. Das ist keine gute
olitik,


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schlechte!)







(A) )



(B) )


Christine Scheel
bei der man mit Verlässlichkeit für die Zukunft planen
kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Eindrucksvoll ist auch, wie die große Koalition ihre
mangelnde Einigungsfähigkeit beispielsweise bei der
Gesundheitsreform derzeit inszeniert. Es gibt einen ideo-
logischen Grabenkampf zwischen SPD und Union. Da
ist, wie man lesen kann, jetzt Stillstand eingetreten. Ulla
Schmidt will Beitragsfinanzierung. Stimmen aus der
Union fordern Steuerfinanzierung. Fazit dieser festge-
fahrenen Debatte: Wir machen überhaupt nichts. – Der-
jenige, der gegenüber einer Zeitung gesagt hat, dass man
sich jetzt nur noch auf die Ausgabenseite konzentrieren
will, hat seinen Namen nicht genannt. Ich kann auch ver-
stehen, dass der zitierte Spitzenpolitiker auf eine Na-
mensnennung verzichtet hat.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Wend [SPD]: Vielleicht war das kein Spitzenpolitiker!)


Bei der Unternehmensteuerreform sollen, wie Peer
Steinbrück sagt, Steuerausfälle ausgeschlossen werden.
Nach dem von der Stiftung Marktwirtschaft vorgelegten
Modell ist mit Steuerausfällen in Höhe von 10 Milliar-
den Euro zu rechnen, nach dem vom Sachverständigen-
rat der Bundesregierung vorgelegten Modell ist mit
Steuerausfällen in Höhe von 22 Milliarden Euro, und
zwar pro Jahr, zu rechnen. Letzterer kommt dann auf die
Idee, dass man die 22 Milliarden Euro Steuerausfälle ab-
fangen kann, indem man die Mehrwertsteuer auf 21 Pro-
zent erhöht. Dazu kann ich nur sagen: Klasse Idee! Das
wäre ein Totschläger für die Inlandsnachfrage. Das wis-
sen auch Sie. So bin ich ganz froh, dass Sie sich nicht
darauf einlassen, obwohl Herr Meister von der CDU ja
gesagt hat, man müsse das alles völlig vorurteilsfrei prü-
fen. Das Fazit lautet auch hier: Es ist ein Konflikt vor-
programmiert. Deswegen wird die Unternehmensteuer-
reform wohl nicht in der Form kommen, wie sie sich
manch einer vorstellt; denn es ist ja bislang überhaupt
keine Einigung absehbar.

Was Bürger und Bürgerinnen und Wirtschaft wollen,
Frau Bundeskanzlerin, sind Steuervereinfachung und
Bürokratieabbau.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Da sind die Grünen gerade die Richtigen: Bürokratieabbau!)


Statt einer Vereinfachung des Steuerrechts haben wir
heute jedoch eine Vielzahl von neuen Regelungen prä-
sentiert bekommen, die das System noch komplizierter
machen, seien es nun die Regelungen zu Kinderbetreu-
ungskosten, seien es andere Maßnahmen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Beispiele!)


In der Konsequenz bedeutet Steuerpolitik der großen
Koalition: komplizierter, verworrener, vertrackter.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Als RotGrün?)


Die Bürger haben nicht, wie es Herr Merz von der Union
immer gefordert hat – er ist ja immer noch im Rennen

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(C (D nd hat, wie man hören konnte, jetzt einen Orden erhalen –, eine Steuerreform bekommen, bei der ein Bierdekel ausreicht, sondern das Steuerrecht gleicht nun eher inem riesigen Bierzelt mit einem eingebauten Labyinth. Das ist die Konsequenz der von Ihnen betriebenen olitik. Der Bürokratieabbau – das war die zweite Maßahme, die sich die Bürgerinnen und Bürger dringend ür dieses Land wünschen und die nötig ist, damit mehr nvestitionen kommen – wurde zunächst von der Kanzerin zur Chefsache erklärt, (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sieben Jahre Zeit!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ird jetzt aber von ihr eigenhändig von der Tagesord-
ung des Kabinetts gestrichen. Daran sieht man, dass
nkündigungen anscheinend bloße Ankündigungen
leiben und dass sich diese Koalition, wenn es konkret
ird, nicht einigen kann. Das heißt, es gibt keine konsis-

ente Strategie, sondern es regiert das Prinzip Hoffnung.
eer Steinbrück hat ja jüngst vor der IHK in Frankfurt
estgestellt, dass wir im Haushalt ein Strukturproblem
aben, indem wir zu viel Vergangenheit und zu wenig
ukunft finanzieren. Damit haben Sie, Herr Steinbrück,
irklich Recht. Nur lösen Sie genau dieses Problem mit

hren Vorschlägen nicht. Wenn Sie sich hier hinstellen
nd fordern, die Ausgaben für Bildung und Forschung
üssten 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichen,

ber zugleich in der Kabinettssitzung der Ansatz für Bil-
ung und Forschung zurückgefahren wird, frage ich
ich, welche Perspektive man verfolgt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Wachstumsstrategie des Wirtschaftsministers Mi-
hael Glos erschöpft sich im Hoffen auf Besserung. Mit-
lerweile beklagen sich bereits Wirtschaftsverbände der
nion. Im „Handelsblatt“ vom 14. Februar fordern sie:

Wir brauchen in diesem Amt eine Persönlichkeit,
die als marktwirtschaftliches Gewissen der Regie-
rung ernst genommen wird.

eiter heißt es:

Glos fehle die erforderliche klare ordnungspoliti-
sche Orientierung ebenso wie das nötige Fachwis-
sen.

azu kann ich nur sagen: Hört! Hört! Wenn aus den ei-
enen Reihen eine solche Kritik geübt wird, dann brau-
hen wir sie gar nicht mehr zu formulieren. Sie erledigen
as ja anscheinend selbst.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Als Reaktion auf die Probleme am Arbeitsmarkt
erteuert die große Koalition das Erfolgsmodell Mini-
ob. Wir haben ja mittlerweile gelernt, dass es sich dabei
m etwas Positives handelt, auch wenn das Linksbünd-
is das immer noch nicht kapiert hat, aber egal. Sie ver-
euern dieses Modell, indem Sie die Abgaben von 25 auf
0 Prozent anheben, und gefährden damit viele kleine
obs.






(A) )



(B) )


Christine Scheel

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Die Realität spricht dagegen!)


Auf der anderen Seite diskutieren Sie über ein Kombi-
lohnmodell, das Milliarden kostet. Ich frage mich, um
welche Strategie es sich handelt, wenn man zuerst Jobs
im unteren Lohnbereich verteuert und dann Kombilohn-
modelle anbietet, die vielfältige Mitnahmeeffekte auslö-
sen. Da haben die Grünen wahrlich einen besseren Vor-
schlag eingebracht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wir brauchen gezielte Po-
litik für Zukunftsbereiche, in denen Arbeitsplätze entste-
hen. Wir haben als Grüne in den letzten Jahren im Um-
weltsektor viel für die regenerativen Energien getan,
einen boomenden Bereich, in dem Deutschland weltweit
führend ist. Wir brauchen eine Wirtschafts- und Finanz-
politik, die unsere Stärken konsequent weiterentwickelt.
Wir brauchen vor allen Dingen eine verlässliche Per-
spektive. Diese gibt Schwarz-Rot derzeit beileibe nicht.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601901100

Ich erteile das Wort dem Kollegen Ortwin Runde,

SPD-Fraktion.


Ortwin Runde (SPD):
Rede ID: ID1601901200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

Thiele, Sie haben über den Kernbereich der FDP-Politik
geredet. Eigentlich habe ich bisher vermutet, es sei nur
ein Verdacht, dass der Schutz vor Kontenabfragen und
das Schützen derjenigen, die ein bisschen Steuern hinter-
ziehen, zum Kernbereich Ihrer Politik gehören. Dass Sie
das in Ihrer Rede aber so direkt als einen der ersten
Punkte ansprechen, hat mich schon ein wenig verwun-
dert.


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das hat der Finanzminister gemacht!)


Diese Art von Offenheit und Ehrlichkeit hat man wirk-
lich selten.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist Teil eines umfas-
senden Konzeptes. Neben dem Gesetzentwurf gibt es die
Aussage in der großen Koalition, für Forschung und Ent-
wicklung 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auszuge-
ben. Das ist eine Zielsetzung, die, wie ich sehe, von fast
allen Fraktionen des Hauses geteilt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Langfristig hat das eine sehr positive Wirkung.

Ein anderer Teil des Konzeptes, der hier nicht enthal-
ten ist, weil wir hier nur über 21 Milliarden Euro reden,
ist die energetische Gebäudesanierung. Auch das ist ein
Punkt, der, wie ich glaube, bei nüchterner Betrachtung
sehr positiv bewertet wird.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Bei dem Gesamtkonzept wird etwas sichtbar, was uch für die verschiedenen Bestandteile des vorliegenen Gesetzentwurfes gilt, dass nämlich nicht allein die aushaltsausgaben und die Steuerausfälle eine Rolle pielen, sondern dass es Multiplikatoreffekte gibt, die ei der energetischen Gebäudesanierung, der AfA, aber uch bei anderen Teilen wirksam werden. Das heißt, die 7 Milliarden Euro, die über vier Jahre ausgegeben weren sollen, vermehrfachen sich entsprechend in der Wirung. Frau Scheel, Sie haben gesagt, das sei ein „Guteaune-Programm“. Da muss ich sagen: Ich wäre in früeren Zeiten froh gewesen, wenn wir im Bereich Wirtchaft die pessimistische Stimmung in Richtung guter aune hätten drehen können. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das lag vielleicht auch ein bisschen an unserem Koalitionspartner!)


a waren gewisse „gesäßgeographische“ Veränderungen
chon sehr hilfreich, dass das jetzt in großem Umfang
elungen ist.

Der alte Vorwurf, Herr Thiele, es handele sich ledig-
ich um ein Strohfeuer und nicht um ein wirksames Pro-
ramm, ist schon durch die Veränderung bei den Pro-
nosen widerlegt. Man muss sich einmal anschauen, wie
ie Prognosen vor einigen Monaten aussahen und wie
ie sich verändert haben. Zunächst wurde ein Wirt-
chaftswachstum von 1,5 Prozent prognostiziert, dann
aren es 1,8 Prozent; inzwischen spricht der Deutsche

ndustrie- und Handelskammertag von 2 Prozent. Daran
ird deutlich, dass dieses Programm konjunkturpoliti-

che Wirkung entfaltet, dass es einen erheblichen Impuls
ür die wirtschaftliche Entwicklung gibt und damit eine
hance nicht nur für mehr Wachstum, sondern auch für
ehr Beschäftigung. Das ist nicht unser Urteil, sondern

as können Sie überall in der Presse und bei den Ökono-
en nachlesen.

Herr Thiele hat wie üblich gesagt, im Haushalt sei im
ereich der Ausgaben nicht hinreichend eingegriffen
orden.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Stimmt!)


chauen wir uns das einmal an. Die Ausgabenseite des
aushalts war in den letzten Jahren nicht das Problem.
ie Ausgabenzuwächse waren sehr gering. Was die Her-

tellung der Handlungsfähigkeit des Staates behindert,
st ein Einnahmeproblem. Da sind wir wieder bei der
ontenabfrage. Das entspricht Ihrer Mentalität, auch im
usammenhang mit den Steuereinnahmen, dem Abbau
on Steuersubventionen und Ähnlichem mehr. Es be-
teht jedoch kein Problem auf der Ausgabenseite.

Sie müssten auch sagen, in welchen Bereichen Sie
usgabenkürzungen vornehmen wollen, um das für die
inanzierung Ihrer Programme benötigte Geld einzuspa-
en.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Haben wir vorgelegt!)







(A) )



(B) )


Ortwin Runde
Wir kennen doch alle die großen Ausgabenblöcke. Man
kommt sehr schnell auf Bereiche wie aktive Arbeits-
marktpolitik und soziale Sicherungssysteme von Rente
bis zur Gesundheit. An diese Bereiche müsste man he-
rangehen. Mathematisch geht es gar nicht anders.

Wir stehen natürlich vor einer großen Herausforde-
rung, was den gesamten Bereich Steuerpolitik und insbe-
sondere den Bereich Unternehmensteuerpolitik angeht.
Wir werden in den nächsten eineinviertel Jahren sehr in-
tensive Diskussionen darüber führen müssen. Dabei
wird es um folgende Fragen gehen: Welche Art der Un-
ternehmensteuerreform ist zielführend? Kann es immer
nur um Steuersatzdumping gehen oder muss es nicht vor
dem Hintergrund europäischer Aspekte auch um andere
Dinge gehen?

Wir müssen uns auch mit der Frage beschäftigen, wie
wir Wettbewerbsfähigkeit auf der europäischen
Ebene schaffen können, ohne die Finanzierungs- und
Handlungsgrundlagen aller europäischen Länder zu zer-
stören.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es ist ein Unterschied, ob steuerpolitische Maßnahmen
in Ländern wie Estland oder Lettland oder in Ländern
wie der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wer-
den. Die Übertragung der Steuerpolitik kleiner Länder
als Muster auf die Volkswirtschaft eines Landes mit
83 Millionen Einwohnern ist methodisch nicht sehr
günstig. Wir werden uns damit beschäftigen müssen, ob
wir den Wettbewerb bei den Steuersätzen, den wir in den
letzten anderthalb Jahrzehnten in Europa zu verzeichnen
hatten, nicht durch entsprechende Harmonisierungen auf
der europäischen Ebene verhindern können. Dieses wird
eine der ganz wesentlichen Herausforderungen sein.

In den vorliegenden Steuerreformkonzepten des
Sachverständigenrates und der Stiftung Marktwirtschaft
werden, gleiche Bedingungen vorausgesetzt, Ausfälle in
Höhe von 22 Milliarden Euro vorhergesagt. Können wir
uns in der gegenwärtigen und in der absehbaren Situa-
tion Steuerausfälle in der Größenordnung von 22 Mil-
liarden Euro zugunsten von Unternehmen leisten? Ist
das mit der Konsolidierung der Haushalte und mit der
Einhaltung der Maastricht-Kriterien zu vereinbaren? Das
sind ganz spannende Fragen, die wir zu beantworten ha-
ben.

Bezüglich der Gewerbesteuer müssen wir Folgendes
sehen: Was bedeutet die Umschichtung von 32,5 Milliar-
den Euro Gewerbesteueraufkommen für die Investi-
tionstätigkeit und für die Investitionsbereitschaft der Ge-
meinden?


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)


Denn durch die schon anderthalb Jahre währende Dis-
kussion über die Abschaffung der Gewerbesteuer, die in
Ihrem Konzept enthalten ist, wurden die Gemeinden ver-
unsichert. Ich kann nur sagen, dass wir die Finger davon
lassen sollten.

Der frühere Vorsitzende des Sachverständigenrates,
Herr Wiegard, hat in kluger Voraussicht gesagt, die Wis-
senschaftler seien 30 Jahre gegen die Gewerbesteuer an-

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(C (D erannt und sie könnten dieses Anrennen auch weiterhin ushalten. Wir sollten die Gewerbesteuer beibehalten, eil sie für die Handlungsfähigkeit dieser Körperschafts bene dringend gebraucht wird und die Investitionen für as Wachstum von entscheidender Bedeutung sind. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen die dazu?)


Natürlich ist es so, dass wir bezogen auf die gegen-
ärtige Situation eine Stärkung der Binnennachfrage
rauchen. Da sind aber nicht nur der Staat, sondern auch
ie Unternehmen gefragt, die heute große Gewinne ma-
hen. Dass diese Unternehmen die Arbeitnehmerinnen
nd Arbeitnehmer am Gewinn beteiligen, liegt im volks-
irtschaftlichen Interesse, langfristig aber auch im Inte-

esse dieser Unternehmen. Insofern sind die früheren
ussagen von Herrn Glos, die zwischenzeitlich auf-
rund seines neuen Amtes ein wenig relativiert wurden,
mmer noch richtig. In diesem Punkt unterstützen wir
hn weiterhin.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601901300

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Volker Wissing,

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1601901400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

rei vorliegenden Gesetzentwürfe sind bezeichnend für
ie Finanzpolitik der Bundesregierung. Mit dem einen
ekommen die Bürger ein wenig zurück; mit den beiden
nderen wird kräftig einkassiert.


(Beifall bei der FDP)


Nun ist es bestimmt – da gibt es überhaupt keinen
weifel – eine gute Sache, gegen Steuermissbrauch
orzugehen. Aber, Herr Minister Steinbrück, dann muss
an das auch konsequent machen. Ein schon hundert-
al geflickter Sack wird nicht besser, wenn man zwei
eitere Flicken aufnäht. Während Sie ein Loch flicken,

eißen in unserem Steuersystem zwei neue auf.

Wenn man sich die Begründung zu Ihren Gesetzent-
ürfen durchliest, dann hat man den Eindruck: Da ist ein
eleidigter Gesetzgeber, der sich echauffiert, weil die
ürgerinnen und Bürger in den Gesetzen Schlupflöcher

inden und nutzen. Dabei wird ausgeklammert, dass der
esetzgeber selbst diese Schlupflöcher geschaffen hat.


(Beifall bei der FDP)


Das Problem sind nämlich nicht die Bürgerinnen und
ürger mit ihren wohlverstandenen Sparbemühungen;
as Problem sind handwerklich schlecht gemachte Ge-
etze. In der Begründung zu Ihrem Entwurf eines Geset-
es zur Verringerung steuerlicher Missbräuche und Um-
ehungen heißt es wörtlich:






(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing
Einzelne Steuerzahler versuchen, sich der Steuer-
zahlung … durch legale, aber unerwünschte Umge-
hungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu entledi-
gen.

„Legal, aber unerwünscht“, das ist die zentrale Aussage.
Der Gesetzgeber macht schlechte Arbeit und beschwert
sich dann über legale, aber unerwünschte Steuerspar-
möglichkeiten.


(Beifall bei der FDP)


Das ist ein offensichtlicher Offenbarungseid der Poli-
tik. Sollen denn Steuerzahler sich nicht mehr daran hal-
ten, was in Deutschland legal ist, sondern daran, was
Herr Steinbrück wünscht? Das ist doch kein vernünftiges
Steuersystem und kein verlässliches Steuerrecht.


(Beifall bei der FDP)


Wenn Sie in Zukunft vernünftige Gesetze vorlegen,
die ein Konzept darstellen und mit denen Steuerhinter-
ziehung und Steuerumgehung ausgeschlossen werden
sollen, dann kämpft die FDP an Ihrer Seite; das ist gar
keine Frage. Aber die Einführung der Kategorie „uner-
wünscht“ oder „erwünscht“ in Gesetze, so wie es sich
der Finanzminister vorstellt, lehnen wir ab. So kann man
sich nicht aus der Verantwortung stehlen, endlich ein
klar verständliches Steuerrecht aus einem Guss auf den
Tisch zu legen.


(Beifall bei der FDP)


Nun sollte man von einer großen Koalition eigentlich
große Schritte erwarten. Aber wir bekommen von Ihnen
nur Flickschusterei geboten. Ihnen fällt nichts anderes
ein, als einen zerrissenen Sack immer wieder mit einem
neuen Flicken zu reparieren. Zu einem Steuersystem, das
endlich nicht mehr mit politischen Absichten und sich
widersprechenden Gerechtigkeitsansprüchen überfrach-
tet ist, sind Sie schlichtweg nicht imstande. Ihre Dia-
gnose ist richtig: Die Menschen nutzen jeden Spielraum,
um die Zahlung von Steuern zu vermeiden. Nur, bei der
Therapie liegen Sie komplett falsch. Es sind nicht die
Bürgerinnen und Bürger, Herr Steinbrück, die an den
Pranger gehören.

Zu Ihrem Umgang mit dem Bundesdatenschutzbe-
auftragten, den Sie vorhin diffamiert haben, indem Sie
so locker sagten, er mache seine Arbeit nicht richtig und
fahre eine Kampagne gegen Sie, muss ich sagen: Ich bin
sehr froh, dass der Datenschutzbeauftragte Ihnen und Ih-
ren Finanzbehörden im Interesse der Bürgerinnen und
Bürger dieses Landes auf die Finger schaut.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Denjenigen, die von Ihnen fordern, dass beim Vollzug
der Kontenabfragen die Grundsätze unseres Grundgeset-
zes eingehalten werden, zu unterstellen, sie unterstützten
Steuerhinterzieher, und darüber freundlich zu lächeln, ist
ein Rechtsstaatsverständnis, über das man sich nur wun-
dern kann.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Man kann die Steuerumgehung durch ein einfaches nd gerechtes Steuersystem bekämpfen, ein Steuersysem, wie es die FDP vorgelegt hat und wie wir es seit angem fordern. Sie können in unseren Gesetzentwürfen achlesen, wie man so etwas macht. Dort finden Sie raktikable Lösungen, zu deren Umsetzung Ihnen aber ie Kraft fehlt, weil Sie sich nicht darauf verständigen önnen. Die große Koalition der kleinen Schritte ist eine Koaition des Wankelmutes; das haben Sie mit den heute orliegenden Gesetzentwürfen wieder bewiesen. Sie önnen sich nicht zu klaren Signalen durchringen. Desalb bieten Sie uns ein finanzund wirtschaftspolitisches in und Her. Da soll die Wirtschaft mit einem Sofortproramm entlastet und angekurbelt werden und dann ommt die Mehrwertsteuererhöhung und macht all das ieder kaputt. Mit einem Schritt vor und zwei Schritten urück kommen wir nicht weiter. Auch wenn Sie an der inen Stelle ein bisschen entlasten, stehen bei Ihnen unerm Strich – das wissen Sie ganz genau – massive Beastungen im Vordergrund. Die größte Einigkeit, die wir bei dieser Koalition festestellt haben – das hätten die Wählerinnen und Wähler on Ihnen am wenigsten erwartet –, ist die Einigkeit auf ine Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte. bwohl die Steuereinnahmen steigen und ein Licht am orizont erkennbar ist, nutzen Sie diese Situation nicht, m die von Ihnen geplante, völlig verfehlte Mehrwertteuererhöhung zu überdenken. Sie passen sich der Enticklung überhaupt nicht an und lassen der Wirtschaft eine Entwicklungsspielräume, sondern halten starr an iesem Steuererhöhungsprogramm fest, obwohl wir lle wissen, dass es für die Binnennachfrage schädlich st und dass es sich negativ auf die Wirtschaft und natürich auch auf den Arbeitsmarkt auswirken wird. inem Licht am Horizont wird von Ihnen damit begegnet, err Steinbrück, dass Sie ihm durch Ihre Mehrwertsteu rerhöhung den Strom abdrehen. Das ist kein Programm ür Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Die Kunst besteht heute nicht darin, den Menschen as Geld, das sie erwirtschaftet haben, zu nehmen und es mzuverteilen. Die Kunst und die Aufgabe, vor der diese egierung steht, besteht darin, den Bürgerinnen und ürgern einen angemessenen Teil zu belassen, damit sie ie Vorsorge treffen können, zu der der Staat nicht mehr n der Lage ist, und damit die Wirtschaft wachsen kann nd neue Arbeitsplätze in unserem Land entstehen. Ihre orschläge führen in dieser Hinsicht keinen einzigen chritt weiter. Vielen Dank. Das Wort hat nun der Kollege Dr. Michael Meister, DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Scheel, der Regierungswechsel macht sich in Deutschland positiv bemerkbar. Die Verwirrung ist im Herbst gewichen, Klarheit und Perspektive haben Einzug gehalten. Ich glaube, das ist ein Verdienst dieser Koalition. Zu Recht ist heute früh die positive Stimmung in der Wirtschaft gelobt worden; auf die Konjunktur und das Ergebnis der Stimmungsumfragen ist hingewiesen worden. Ich glaube, wir können feststellen, dass das viel damit zu tun, dass der Wechsel von Verwirrung zu Klarheit und Verlässlichkeit bei den Menschen im Land, bei denen, die Entscheidungen treffen, angekommen ist. Der Stimmungswechsel in Deutschland hat etwas mit den objektiven Faktoren zu tun, zum Beispiel mit dem guten Export. Der Stimmungswechsel hat aber auch etwas damit zu tun, dass die neue Regierung starkes Vertrauen in der Bevölkerung genießt. Das zeigt sich nicht nur daran, dass der Export gut läuft, sondern auch daran, dass die Inlandsnachfrage mittlerweile anzieht, dass die Investitionszurückhaltung überwunden scheint und dass die Menschen wieder Vertrauen in eine bessere Zukunft haben. Die Basis dafür sind der Koalitionsvertrag und diese neue Bundesregierung. Wir diskutieren heute in erster Lesung den Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung. Dies ist Teil unseres Impulsprogrammes, mit dem wir zwei Ziele verfolgen: Erstens müssen wir versuchen, den einsetzenden Aufschwung zu verstärken, indem wir ihn an Breite gewinnen lassen und ihn dauerhaft selbsttragend machen. Zweitens geht es darum, die Wachstumsbasis unserer deutschen Volkswirtschaft nachhaltig zu stärken und dauerhaft zu festigen. 1 Prozent Potenzialwachstum ist auf Dauer zu wenig. Wir brauchen langfristig stärkere Wachstumskräfte für unsere Wirtschaft. Auch dazu werden wir einen Beitrag leisten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601901500

(Beifall bei der CDU/CSU)





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Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1601901600

(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich möchte dem einen oder anderen Redner in dieser
Debatte sagen: Es bringt nichts, das Gesamtkonzept die-
ser Regierung auseinander zu dividieren. Wir reden über
das Sparen – in der Haushaltswoche werden wir klare
Worte zur Haushaltskonsolidierung sagen –, wir reden
über das Investieren – das werden wir heute gemeinsam
tun – und wir reden über langfristige Reformen, die in
Vorbereitung sind und die wir zu gegebener Zeit, wie
vereinbart, diskutieren werden. Hören Sie endlich auf,
diese drei Elemente auseinander zu nehmen. Wir haben
ein Gesamtprogramm und dabei sollte es auch bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Ich will ausdrücklich festhalten, dass dieses Imulsprogramm kein Konjunkturprogramm ist. Es geht war auch um die Stimulierung der Binnennachfrage. ber dies allein wäre aufgrund unserer weltwirtschaftli hen Vernetzung viel zu wenig. Deshalb müssen wir uns uch mit der Frage beschäftigen: Wo können in unserem and zusätzliche Arbeitsplätze entstehen? Mit diesem rogramm haben wir versucht, eine Antwort darauf zu eben. Ich will Ihnen einige Beispiele nennen. Wir haben in eutschland die klassisch-mittelständischen Unternehen. Wir glauben, dass hier sehr viel Potenzial vorhan en und mobilisierbar ist. Wir müssen den Unternehmen ei der Stärkung des Eigenkapitals und der Verbesserung er Liquidität helfen. Wir können diese Unternehmen ber nicht bis zum 1. Januar 2008, also dem Zeitpunkt, is zu dem wir die große Unternehmensteuerreform andwerklich sauber hinbekommen wollen, vertrösten, ondern müssen ihnen für diesen Zeitraum ein Angebot achen. Dabei werden wir die Umsatzgrenze bei der Istesteuerung in den neuen Ländern so beibehalten, wie ie heute existiert, und die Umsatzgrenze für die Ist-Beteuerung in den alten Ländern verdoppeln. Damit stären wir das Eigenkapital und verbessern die Liquidität erade kleiner und mittelständischer Unternehmen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt kann man sagen, dass wir die Abschreibungsbe-
ingungen im Jahr 2000 verschlechtert haben, sie nun
ber wieder verbessern wollen. Wir bieten eine klare und
onsistente Unternehmensteuerreform zum 1. Januar
008 an.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn?)


Frau Scheel, auch an dieser Stelle gilt: Diese Unter-
ehmensteuerreform ist ein Angebot und sie wird recht-
eitig hier im Haus verabschiedet werden.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist sie denn?)


ie wird eine klare Perspektive bieten. Wir können den
nternehmen aber nicht sagen: Bis zu dem Zeitpunkt tun
ir nichts und lassen die Probleme anwachsen. Deshalb
auen wir für diese zwei Jahre eine Brücke, indem wir
ie Abschreibungsbedingungen verbessern. Deshalb be-
chließen wir das jetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der zweite Bereich, von dem wir glauben, dass dort
rbeitsplätze entstehen können, ist der Privathaushalt.
ir sind der Meinung, dass in Privathaushalten viele

eue Beschäftigungsmöglichkeiten entwickelt werden
önnen. Wir denken dabei an Kinderbetreuung sowie die
etreuung Pflegebedürftiger. Deswegen tun wir mit die-

em Gesetz etwas zur Verbesserung der Situation in die-
en Bereichen. Wir kümmern uns darum, die steuerliche
bsetzbarkeit der Kosten für haushaltsnahe Dienstleis-

ungen zu vereinfachen. Außerdem schaffen wir mit den
erbesserten steuerlichen Absetzungsmöglichkeiten für






(A) )



(B) )


Dr. Michael Meister
Handwerkerleistungen Anreize, Handwerker in Privat-
haushalten legal auf Rechnung arbeiten zu lassen. Da-
durch werden diejenigen – das ist heute schon mehrfach
gesagt worden –, die ohne Rechnung arbeiten, aus dem
grauen oder schwarzen Bereich herausgedrängt und Ar-
beit wird legalisiert.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir müssen doch einmal zur Kenntnis nehmen, dass
wir in Deutschland ein Schwarzarbeitsvolumen haben,
das fast so hoch ist wie das Volumen der Arbeit, die von
den derzeitigen Arbeitslosen geleistet werden könnte.
Dann muss man sich doch die Frage stellen, ob wir diese
illegale Beschäftigung nicht in die Legalität überführen
können und so auch Steuer- und Abgabenzahlungen für
die Volkswirtschaft sowie vernünftige Beschäftigungs-
bedingungen für die betroffenen Menschen bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Volker Wissing [FDP]: Da dürfte die Mehrwertsteuer aber die falsche Rezeptur sein!)


Ein weiterer Bereich betrifft das Thema, wie wir es
schaffen, die Wachstumspotenziale unserer Wirtschaft
nachhaltig zu verbessern. Es ist wichtig, dass wir uns im
Sinne des Lissabonprozesses darüber klar werden, dass
wir hochwertige Dienstleistungen und Produkte brau-
chen. Das Zeichen für Spitzenqualität im Bereich
Dienstleistungen und Produkte „Made in Germany“
muss auch in Zukunft eine Chance auf dem Weltmarkt
haben. Wir müssen daher verstärkt in Technologieent-
wicklung und Forschung investieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Das kann die Politik aber nicht alleine. Wir können je-
doch die Wirtschaft nicht einladen, sich stärker zu betei-
ligen, wenn die Politik nicht ihren Beitrag leistet. Des-
halb verpflichten wir uns auf das Lissabonziel und
erhöhen dauerhaft den Anteil für Forschungs- und Ent-
wicklungsausgaben auf 3 Prozent des Bruttoinlandspro-
dukts.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die nachhaltige Stärkung unserer Wachstumsbasis,
unserer Volkswirtschaft, hat auch etwas mit Mobilität
zu tun. Es geht hierbei zunächst einmal nicht um die
Menge an Geld, das wir bereitstellen, sondern für dieje-
nigen, die an der Ausführung beteiligt sind, geht es zu-
nächst einmal darum, dass wir Planungssicherheit schaf-
fen und für Stetigkeit sorgen. Deswegen machen wir
eine Vorgabe zur Festlegung der Ausgabevolumina für
Infrastruktur in Deutschland für die nächsten vier Jahre.
Damit sind an dieser Stelle Stetigkeit und Planungssi-
cherheit gegeben.

Darüber hinaus werden wir das Volumen deutlich
steigern und mehr Geld zur Verbesserung der Infrastruk-
tur bereitstellen. Wir müssen uns darüber klar sein, dass
Mobilität und damit auch Infrastruktur die Basis für
wirtschaftliches Wachstum ist. Das gehört zusammen.

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(C (D ch glaube, dass langfristig mehr Mobilität zu mehr achstum führt, und diese Regierung ermöglicht mehr obilität und damit auch mehr Wachstum. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es gibt noch einen weiteren Bereich, in dem wir ver-
uchen, ein Zukunftsfeld zusammenzuführen: Klima-
chutz sowie Arbeit in Bau und Handwerk. Wie können
ir hier die Konjunktur in Gang bekommen und dadurch
rbeitsplätze schaffen? Wenn wir das Klimaschutzziel

rreichen wollen, ist der finanziell günstigste Weg, in
ebäude zu investieren. Es gibt aus finanzieller Sicht
einen günstigeren Weg, um dieses Ziel zu erreichen.
eshalb hat diese Koalition gesagt: Wir nutzen den
ünstigsten Weg und legen die drei Ziele, die ich ge-
annt habe, an dieser Stelle zusammen. Das ist zwar
icht Inhalt dieses Gesetzes, aber es gehört zum Im-
ulsprogramm.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dieses Impulsprogramm – eingebettet in unsere An-
trengungen zur Haushaltskonsolidierung und in unsere
angfristigen strukturellen Reformziele – ist gut angeleg-
es Geld. Wir sollten nicht ständig darüber klagen, dass
ir das Programm auflegen. Die Argumente für das Pro-
ramm habe ich gerade vorgetragen.

Zu den langfristigen Reformzielen: Ja, wir werden
um 1. Januar 2008 eine Unternehmensteuerreform ver-
bschieden. Wir werden in diese Unternehmensteuerre-
orm auch die Punkte, die heute Morgen angesprochen
urden, einbeziehen, also die Besteuerung der Kapital-

rträge und der Veräußerungsgewinne. An dieser Stelle
ird deutlich, was diese Koalition auszeichnet, nämlich
ass wir in Zusammenhängen denken und nicht in Ein-
elheiten und dass wir versuchen, die Probleme, die
trukturell zusammengehören, gemeinschaftlich zu lö-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir brauchen international wettbewerbsfähig Steu-
rsätze. Ich möchte folgende Frage aufgreifen: Was
ützt uns die Debatte über die Steuer- und Abgabequote?
ie Steuer- und Abgabequote interessiert doch keinen
nternehmer in diesem Land, wenn er eine Investition

ätigt oder einen neuen Arbeitsplatz schafft. Den Unter-
ehmer in unserem Land interessiert der Durchschnitts-
teuersatz für sein Unternehmen. Wenn er investieren
ill, interessiert ihn die Grenzbelastung. Deshalb müs-

en wir darüber nachdenken, welches Signal wir bei der
renzbelastung setzen. Über diese Frage denkt die Koa-

ition nach. Wir sagen: Hier muss das Signal besser ge-
tellt werden. Wir brauchen eine niedrigere Grenzbelas-
ung. Aber wir müssen klar und deutlich dazu sagen: Wir
aben nichts zu spendieren. Das heißt, wir müssen die
ntwicklung nachzeichnen, die in anderen europäischen
ändern schon stattgefunden hat: breite Bemessungs-
rundlage und dafür niedrige nominale Steuersätze als
ttraktives Angebot an diejenigen, die in Deutschland et-
as unternehmen wollen.






(A) )



(B) )


Dr. Michael Meister

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir machen nicht nur ein Angebot für Kapitalgesell-
schaften, sondern ein Angebot für alle Unternehmen in
diesem Land: eine umfassende Unternehmensteuerre-
form, durch die es zu keiner unterschiedlichen Behand-
lung der Familien- und der Kapitalunternehmen kommt.
Das, was wir beim Jobgipfel angedacht haben, war ein
Notbehelf. Der würde an dieser Stelle zu kurz springen.
Deshalb bin ich dafür, dass wir mutiger sind und diese
umfassende Reform für alle Rechtsformen von Unter-
nehmen zustande bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kollege Wissing hat gerade beklagt, dass ihm
die Zuversicht dafür fehlt, dass diese Koalition im steu-
erlichen Bereich zu umfassenden Reformen in der Lage
sei. Ich gebe ihm die Empfehlung, den Koalitionsvertrag
– ich schicke Ihnen gern ein Exemplar – zu lesen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Den habe ich schon gelesen!)


Darin steht, dass wir uns über die Unternehmensteuerre-
form, aber auch darüber hinaus über entsprechenden Re-
formschritte, zum Beispiel bei der Grundsteuer, verstän-
digt haben. Diese werden wir auch umsetzen. Haben Sie
etwas Zuversicht und glauben Sie an den Willen dieser
Koalition, Herr Kollege Wissing.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Reform braucht allerdings Zeit. Denn wir wol-
len keinen Schnellschuss aus der Hüfte, den wir dann
wenige Monate später nachbessern; darauf hat der Herr
Finanzminister heute Morgen hingewiesen. Damit wür-
den wir keine Verlässlichkeit und kein Vertrauen schaf-
fen. Deshalb haben wir gesagt, dass wir diesen komple-
xen Vorgang in Ruhe und mit aller Sachlichkeit beraten
und rechtzeitig vor Inkrafttreten am 1. Januar 2008 über
dieses Reformwerk entscheiden. Damit schaffen wir
Vertrauen und Verlässlichkeit.

Ich möchte ausdrücklich denjenigen danken, die uns
geistig zugearbeitet haben, und zwar sowohl dem Sach-
verständigenrat wie auch der Stiftung Marktwirtschaft.
Ich denke, dadurch haben wir eine hervorragende Platt-
form für die Arbeit, die jetzt vor uns als Gesetzgeber
liegt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Schauen Sie sich unsere Vorschläge auch mal an!)


Ich bin ausdrücklich der Meinung, dass wir in diesem
Zusammenhang das Problem der kommunalen Finanz-
reform lösen müssen. Wir haben uns im Koalitionsver-
trag darauf verständigt, die Gewerbesteuer zu einer kom-
munalen wirtschaftskraftbezogenen Unternehmensteuer
fortzuentwickeln. Diesen Ansatz haben wir jetzt einver-
nehmlich von beiden Facharbeitsgruppen, sowohl dem
Sachverständigenrat wie auch der Stiftung Marktwirt-
schaft, vorgelegt bekommen. Die Unterschiede an dieser
Stelle sind marginal. Deshalb bin ich guten Mutes, dass

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(C (D ir gemeinsam mit den Kommunen eine für die Zukunft tetige und verlässlich kommunale Finanzreform zutande bekommen. Das hilft den Kommunen, das hilft em Standort, das hilft den Arbeitnehmern und den Unernehmen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden im Rahmen des Bürokratieabbaus die
eschleunigung von Planungs- und Genehmigungsver-

ahren vorantreiben. Diese Koalition hat als erste nicht
ur die Klage geführt, dass Bürokratielasten wachsen,
ondern wir haben auch klare Vereinbarungen getroffen,
ie wir diese Lasten überwinden wollen.

Ich wundere mich darüber, dass all diejenigen, die im-
er über zu viel Bürokratie geklagt haben, jetzt, da wir

ieses Problem angehen, Klage darüber führen, all un-
ere Maßnahmen seien nichts Rechtes. Lassen Sie uns
ie Schritte, die wir vereinbart haben, doch erst einmal
mplementieren! Dann werden wir sehen, wie weit wir
n dieser Stelle kommen. Sie sollten nicht nur in Sonn-
agsreden ständig Klage über die Bürokratie führen, son-
ern auch bereit sein, dieses Problem wirklich anzupa-
ken. Daher sollten Sie den neuen Ansatz der Koalition
nterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, auch beim Thema Sen-
ung der Lohnnebenkosten bitte ich um etwas mehr
hrlichkeit. Wir haben festgelegt, dass der Beitrag zur
rbeitslosenversicherung zum 1. Januar 2007 um 2 Pro-

entpunkte gesenkt wird. Der Ehrlichkeit halber haben
ir auch gesagt, wie wir das finanzieren wollen: zum
eil durch Einnahmen aus Effizienzgewinnen der Bun-
esagentur für Arbeit, zum Teil aber auch durch Einnah-
en aus der Mehrwertsteuererhöhung.

Man kann nicht nur die Senkung der Lohnnebenkos-
en befürworten, wenn es aber um die Mehrwertsteuer-
rhöhung geht, still aus dem Raum gehen, weil man hier
ur sehr ungern dabei ist. Ich bin der Meinung, man
uss beide Aspekte gemeinsam betrachten. Auch in der
aushaltswoche, wo wir über die Haushaltskonsolidie-

ung diskutieren werden, wird man nicht einfach sagen
önnen: „Wir wollen das strukturelle Defizit des Bun-
eshaushalts in Höhe von 60 Milliarden Euro beseiti-
en“, aber durch die Hintertür rausgehen, wenn all die
nderen Maßnahmen zur Debatte stehen. Das, was zu-
ammengehört, muss auch in seiner Gesamtheit betrach-
et werden. Es geht nicht, dass immer nur punktuell
lage geführt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich will ausdrücklich unterstreichen – das ist bereits
eute Vormittag gesagt worden –, dass die Wachstums-
räfte in unserem Lande durch die Konsolidierung des
undeshaushalts nachhaltig stabilisiert werden. Hier gilt
er Satz des vorherigen Bundesfinanzministers: Die
chulden von heute sind die Steuern und Abgaben von
orgen. – Durch die Reduzierung der Staatsschulden

eisten wir also einen positiven Beitrag zur zukünftigen






(A) )



(B) )


Dr. Michael Meister
Entwicklung bei Steuern und Abgaben. Ich glaube, wenn
wir die Haushaltskonsolidierung vorantreiben, entsteht
dadurch auch ein Impuls für nachhaltiges Wachstum in
unserem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zum Abschluss meiner Rede möchte ich auf den
zweiten Gesetzentwurf eingehen, der nicht von den Ko-
alitionsfraktionen, sondern heute Morgen von der Bun-
desregierung eingebracht wurde. In ihm geht es um die
Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen. Zu
diesem Gesetzentwurf will ich Folgendes sagen: Es ist ja
nett, zu sagen, dass der Gesetzgeber die eine oder andere
Möglichkeit geschaffen hat, die von den Steuerpflichti-
gen auch wahrgenommen wird; soweit ist alles in Ord-
nung. Wenn wir aber der Meinung sind, dass diese Mög-
lichkeiten in Zukunft nicht mehr wahrgenommen
werden sollten, dann hilft auch hier nicht die Klage.
Dann müssen wir diese Möglichkeiten schlicht und er-
greifend abschaffen, wie es zum Teil im vorliegenden
Gesetzentwurf steht.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Ja, genau! So ist es! Das ist der Punkt!)


Dabei handelt es sich nicht um eine vollständige
Übersicht, sondern nur um einen kleinen Ausschnitt des-
sen, was wir in Angriff nehmen. In den anstehenden Be-
ratungen sind wir natürlich offen, an der einen oder an-
deren Stelle über Änderungen zu sprechen. Wir werden
Sachverständige anhören, mit der Opposition diskutieren
und versuchen, die betreffenden Regelungen gelände-
gängig zu machen und sie so wenig bürokratieanfällig
wie möglich zu gestalten, damit wir letzten Endes zu ei-
nem Ergebnis kommen, das in unsere Gesamtkonzeption
passt.

Hierzu lade ich Sie herzlich ein und freue mich auf
die Diskussionen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601901700

Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Axel

Troost, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Aber jetzt gibt es doch bestimmt keinen Trost!)



Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601901800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im

Koalitionsvertrag ist den Bürgerinnen und Bürgern in
der Tat versprochen worden: „Mit gezielten Maßnahmen
wollen wir die Konjunktur in Fahrt bringen.“ Auch ha-
ben Sie sich vorgenommen, verstärkt gegen Steuermiss-
brauch vorzugehen. Dass an dieser Debatte gleich zwei
Minister teilnehmen, die versuchen, die heute vorliegen-
den Gesetzentwürfe unter diesem Motto vorzustellen, ist
ja schon eine ganze Menge. Aber aus Sicht der Linken
muss ich sagen: Die Bürgerinnen und Bürger werden

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(C (D on den beiden Gesetzentwürfen, die Sie vorgelegt haen, zutiefst enttäuscht sein. Der Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Eindämmung issbräuchlicher Steuergestaltungen“ hört sich klasse n. Einen kleinen Augenblick, Herr Kollege. – Darf ich arum bitten, dass Gespräche nicht im Plenarsaal, sonern höchstens am Rande des Plenarsaals geführt weren? Bitte schön, Herr Kollege. Danke. – Aber wenn man sich die Gesetzentwürfe im inzelnen ansieht, stellt man fest, dass es ausschließlich m steuertechnisches Klein-Klein geht. In der Summe ollen durch die vorgeschlagenen Maßnahmen Mehreinahmen in Höhe von 820 Milliarden Euro erzielt weren. or dem Hintergrund, dass die Einnahmeausfälle durch teuerhinterziehung jährlich eine geschätzte Größenordung von über 75 Milliarden Euro erreichen, sind diese aßnahmen wirklich kein mutiger, sondern ein sehr leinmütiger Schritt. nd von den insgesamt erwarteten 820 Milliarden Euro ntfallen alleine auf eine Maßnahme – die Steuerstunung – 500 Milliarden Euro. – Entschuldigung, liebe olleginnen und Kollegen, ich habe eben von Milliarden esprochen. Es muss natürlich heißen: Millionen. – Gesern im Finanzausschuss konnte mir niemand schlüssig rklären, wie diese Steuerstundung dauerhaft zu jährlihen Steuermehreinnahmen von 500 Millionen Euro ühren soll. Insofern steht auch das, was hier vorgelegt orden ist, auf ganz wackeligen Beinen. Trotzdem sind inzelne Maßnahmen sicherlich sinnvoll; wir werden sie iskutieren und gegebenenfalls unterstützen. Aber alles n allem bleibt der Entwurf hinter unseren Erwartungen eit zurück. Nicht anders beim Thema Konjunktur. Heute liegt der teuerpolitische Teil des Sofortprogramms für höheres achstum und mehr Beschäftigung vor. Nur damit soll en wir uns auch beschäftigen. Es ist ja schön, dass es päter noch einen investiven Teil geben wird; aber daüber diskutieren wir schließlich in einer anderen Deatte. Wenn man sich den steuerpolitischen Teil anchaut, stellt man fest, dass die eingesetzten Instrumente ieder ausgesprochen fragwürdig sind. Aus unserer icht werden sie lediglich Mitnahmeeffekte bewirken. nsbesondere – auf diesen Teil entfallen 60 bis 75 Proent des Gesamtvolumens – haben wir wieder eine rleichterung von Abschreibungen, die letztlich dazu Dr. Axel Troost führen wird, dass die Kosten der Unternehmen für Investitionen gesenkt werden und die Gewinnmargen der Unternehmen steigen. Das Problem der deutschen Wirtschaft ist aus unserer Sicht aber gerade nicht, dass die Gewinnmargen zu klein wären und deswegen nicht investiert würde; das Problem ist und bleibt, dass die erwarteten Absatzchancen auf dem Binnenmarkt zu gering sind und deswegen die Investitionen ausbleiben. Wenn Sie sich also loben, dass die Investitionen wieder angesprungen seien, muss man sagen: Sie sind trotz Ihrer Politik, nicht wegen Ihrer Politik angesprungen. Den gesamten Haushalt 2006 zugrunde gelegt, auch die Kürzungen bei den Arbeitslosen, im öffentlichen Dienst und in anderen Bereichen, wird es kein expansiver Haushalt, sondern ein restriktiver Haushalt. Das bestätigt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Das heißt, es wird keinen Konjunkturimpuls geben, sondern wir erwarten eher weitere Einschränkungen. Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch die „Financial Times Deutschland“; sie hat ebenfalls festgestellt, dass Ihre Maßnahmen unter dem Strich nicht zu einer Expansion, sondern zu einer Schrumpfung führen werden. Zusammenfassend aus meiner Sicht: Was Sie hier heute vorgelegt haben, folgt erneut der Philosophie: Die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen. Das aber ist ein Märchen aus der Sammlung „Tausendundein Arbeitsloser“; daran glauben wir schon lange nicht mehr. Danke schön. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Hans-Ulrich Krüger für die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als jemand, der über die Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltung sprechen möchte, wäre ich natürlich sehr froh, wenn dieser Gesetzentwurf dem Haushalt unserer Republik 820 Milliarden Euro bringen würde, nur, dieser Versprecher ist ja bereits korrigiert worden: Es sind 820 Millionen Euro. Gleichwohl ist dieser Gesetzentwurf notwendig und richtig. Unser Land, Deutschland, steht vor großen Herausforderungen: Hohe Arbeitslosigkeit und noch zu schwache Binnenkonjunktur bestimmen trotz positiver Signale die Finanzlage von Bund, Ländern und Kommunen. Die Verschuldung aller öffentlichen Haushalte beträgt 1,4 Billionen Euro und jeder sechste Euro der Bundesausgaben wird für Zinszahlungen aufgewandt. Die Menschen erwarten jedoch – das ist heute Morgen s e n ß I a S D v P E d t d h b f w b s S d w m f e l s z G i B p i g s w k s f V b f ß 1 A g W r r a z (C (D chon angeklungen – einen handlungsfähigen Staat, sie rwarten, dass unser Gemeinwesen die Infrastruktur fianziert, Sozialleistungen bereitstellt und innere und äuere Sicherheit gewährleistet. Deshalb ist es an der Zeit, mpulse für Wachstum und Beschäftigung zu geben, ber auch einen kritischen Blick auf Ungereimtheiten im teuerrecht zu werfen. Der Ehrliche darf nicht der umme sein. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dem jetzt orliegenden Gesetzentwurf setzen wir die erfolgreiche raxis der Schließung von Steuerschlupflöchern fort. in starker Staat kann nur dann Schutz bieten, wenn er ie Auswüchse, die in der Praxis entstanden sind, beseiigt. In einem modernen und leistungsfähigen Staat ist es aher Pflicht, dafür zu sorgen, dass jeder nach seiner Fäigkeit und nach seiner Stärke zum Wohle des Ganzen eiträgt. Unsere Aufgabe als Gesetzgeber ist es, eine aire Verteilung der Chancen und Möglichkeiten zu geährleisten. Mit dem Gesetz zur Eindämmung missräuchlicher Steuergestaltungen, das ich soeben angeprochen habe, ist ein guter Entwurf gelungen, um mehr teuergerechtigkeit im Sinne des Zusammenhalts und er Solidarität der Menschen in unserem Staat zu verirklichen. Zurzeit gibt es in Deutschland ein lukratives Steuerodell, durch welches in unseren Ländern Steueraus älle in Höhe von Hunderten Millionen Euro jährlich ntstehen. Bei diesem Modell beteiligen sich Kapitalaneger unter Ausnutzung der Gewinnermittlungsvorchriften gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetes an einer so genannten gewerblich geprägten esellschaft, die zum Beispiel im Wertpapierhandel tätig st. Dies hat zur Folge, dass das investierte Kapital als etriebsausgabe deklariert und als Verlust mit anderen ositiven Einkünften verrechnet werden kann, obwohl es n Form der Wertpapiere noch vorhanden ist. Gleiches ilt für Steuerpflichtige, die im gewerblichen Grundtückshandel tätig werden wollen und Grundstücke ererben, deren Wert sie voll als Betriebsausgabe absetzen önnen. Das ist ungerecht. Diese Lücke wollen wir chließen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)


(Unruhe)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601901900

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601902000

(Ortwin Runde [SPD]: Ja, natürlich!)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601902100

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD):
Rede ID: ID1601902200

(Beifall bei der SPD)


Wir planen daher, die Berücksichtigung der Anschaf-
ungs- und Herstellungskosten erst zum Zeitpunkt der
eräußerung bzw. Entnahme zu gestatten und damit die
islang gegebenen Steuerstundungseffekte abzuschaf-
en.

In diesem Zusammenhang nehmen wir auch die Äu-
erung des Bundesrates – zuletzt in seiner Sitzung am
0. Februar dieses Jahres – sehr ernst. Um nämlich der
usnutzung weiterer Steuerstundungseffekte vorzubeu-
en, ist in der Tat zu überlegen, ob auch der Ankauf von
irtschaftsgütern, die in dem Katalog der Bundesregie-

ung bislang nicht genannt worden sind, unter eine Neu-
egelung fällt. In Betracht kämen Edelmetalle, Gold und
uch Rohstoffe, die in großen Mengen auf dem Markt
ur Verfügung stehen und kurzfristig weiterverkauft






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Ulrich Krüger
werden können. Wir werden auch die Anregung prüfen,
bei dem Betriebsausgabenabzug nicht auf den Veräuße-
rungszeitpunkt, sondern auf den Zeitpunkt des Zuflusses
des Veräußerungserlöses abzustellen.

Darüber hinaus wollen wir dafür sorgen, dass die han-
delsrechtliche Praxis zur Bildung von Bewertungsein-
heiten für die steuerliche Gewinnermittlung bei so ge-
nannten Grund- und Sicherungsgeschäften weiterhin das
Maß aller Dinge ist. Damit wirken wir einer weiteren
Differenzierung von Handels- und Steuerrecht entgegen.
Das ist eine gute Nachricht für Unternehmen, wird doch
dadurch der Verwaltungsaufwand, den eine steuerliche
Einzelbewertung von Grund- und Sicherungsgeschäften
nach sich ziehen würde, in erheblichem Umfang verein-
facht. Eine schlechte Nachricht ist das allerdings für die
Unternehmen, die daran gedacht haben, mit dieser Mög-
lichkeit zu spielen.

Außerdem kommen wir in diesem Gesetz auch an der
Regelung der Besteuerung der privaten Nutzung von
Kraftfahrzeugen unter Anwendung der 1-Prozent-Re-
gelung nicht vorbei. Das Problem ist, dass es durch die
Ausweitung der Zulässigkeit der Bildung von gewillkür-
tem Betriebsvermögen bei Kraftfahrzeugen mit geringer
betrieblicher Nutzung Fälle gibt, in denen der Wert der
privaten Nutzung pro Monat mit 1 Prozent des Listen-
preises zu ungerechtfertigten Vorteilen des Steuerpflich-
tigen führt, weil der Gesetzgeber bei der Schaffung die-
ser Möglichkeit von einer hohen betrieblichen Nutzung
ausgegangen war. Diese Steuerlücke ist ungerecht. Auch
sie werden wir schließen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daher werden wir bei dem infrage stehenden Perso-
nenkreis die Möglichkeit der 1-Prozent-Regelung auf
Fahrzeuge des so genannten notwendigen Betriebsver-
mögens zu beschränken haben, also auf die Fälle, bei de-
nen eine betriebliche Nutzung von mehr als 50 Prozent
festzustellen ist. Eine Regelung des so genannten Dienst-
wagenproblems, das heißt der privaten Nutzung von
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einschließlich
Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern von Kapital-
gesellschaften, ist mit dieser Lösung allerdings nicht
– noch nicht – verbunden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Europäische
Gerichtshof hat fast auf den Tag genau vor einem Jahr
entschieden, die gängige Praxis der Umsatzbesteue-
rung von zugelassenen öffentlichen Spielbanken im
Gegensatz zu umsatzsteuerpflichtigen gewerblichen
Glücksspielanbietern zu untersagen, und darauf verwie-
sen, eine derartige Ungleichbehandlung sei mit dem Ge-
meinschaftsrecht nicht vereinbar. Mit dem vorliegenden
Entwurf tragen wir diesem Monitum der Rechtspre-
chung Rechnung und schließen eine entstandene Besteu-
erungslücke.

Last, but not least wird – das als Kleinigkeit am
Rande – mit dem Gesetzentwurf auch die entgeltliche
Weitergabe von Tankbelegen als Steuerordnungswid-
rigkeit geahndet. Es ist schon wirklich interessant, mit
welcher Fantasie im Zeitalter des Internets versucht

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(C (D ird, auf der einen Seite durch Verkauf der Belege Kapial zu erwirtschaften, welches in der Regel nicht versteurt wird, und auf der anderen Seite illegal Belege zu ererben, um das zu versteuernde Einkommen künstlich u senken. Ich kann dazu nur sagen und Ihnen versihern: Mit der gleichen Fantasie, wie sie bei solchem issbrauch zutage tritt, werden wir dieser Gestaltung ntgegentreten und alles tun, um ein faires Steuerrecht u schaffen, damit – da wiederhole ich mich gerne – der hrliche nicht der Dumme bleibt. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
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Nächste Rednerin ist die Kollegin Kerstin Andreae,

ündnis 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601902400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Bevor ich mich auf die Gesetzentwürfe beziehe,
öchte ich zu der Debatte eines sagen: Man kann Ihnen

on hier aus prophezeien, dass Ihnen bei der Unterneh-
ensteuerreform nicht der große Wurf gelingen wird.
llein die Aussagen, die wir hier zur Gewerbesteuer ge-
ört haben, sind derart unterschiedlich, dass ich wirklich
espannt bin, wie Sie die Unternehmensteuerreform und
ie Reform der kommunalen Finanzen auf den Weg
ringen wollen. Wir werden darüber noch diskutieren.
ber man muss kein Prophet sein, um schon heute zu sa-
en, dass dies kein großer Wurf werden wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die große Koalition hat nach heftigen Gefechten im
weiten Anlauf die steuerliche Förderung von Wachstum
nd Beschäftigung auf den Weg gebracht. So wie das ge-
aufen ist, hat das doch viel über den Zustand der Koali-
ion ausgesagt. Nun liegt ein Sammelsurium von Einzel-
aßnahmen vor. Es handelt sich im Wesentlichen um

ie Ausweitung dessen, was wir bereits in der letzten Le-
islaturperiode umgesetzt haben. Aber es gibt große Un-
erschiede: Anstatt einfacher, machen Sie es komplizier-
er. Anstatt transparenter, machen Sie es intransparenter.
nstatt gerechter, machen Sie es ungerechter.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dem gemeinsamen Ziel, das Steuerrecht zu vereinfa-
hen, kommen Sie mit diesem Gesetzespaket nicht nä-
er. Ich möchte das am Beispiel der Ausweitung der
teuerermäßigung bei haushaltsnahen Dienstleistun-
en deutlich machen. Im Grundsatz gilt: je einfacher,
esto wirksamer. Aber diesem Anspruch werden Sie
icht gerecht. Vielmehr schaffen Sie Abgrenzungspro-
leme und Mitnahmeeffekte. Interpretationsspielräume
un sich auf. Nach welchem Kriterium grenzen Sie
andwerkerleistungen ab? Was ist absetzbar, was ist
icht absetzbar? Was sind nach Ihrer Definition hand-
erkliche Tätigkeiten? Gilt der Eintrag in die Hand-
erksrolle? Fragen über Fragen, die Sie in diesem Ge-

etzentwurf nicht beantwortet haben. Ich gehe davon






(A) )



(B) )


Kerstin Andreae
aus, dass Sie hier noch nachbessern werden. Bei diesem
Gesetz springen Sie wieder zu kurz. Ich hoffe, dass es
Ihnen gelingt, Veränderungen vorzunehmen, um diese
Abgrenzungsproblematik zu vermeiden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie versprechen sich von dieser Maßnahme – das ist
das Entscheidende – eine Verringerung der Schwarzar-
beit und wollen mit diesem Gesetzentwurf der Schwarz-
arbeit etwas entgegensetzen. Aber mit der Mehrwert-
steuererhöhung ab 2007 konterkarieren Sie dieses Ziel in
zweierlei Hinsicht: Erstens. Die Handwerksarbeit wird
noch teurer und der Weg in die Schwarzarbeit wieder at-
traktiver. Zweitens. Wenn Sie schon den zweifelhaften
Weg wählen und die Mehrwertsteuer um 3 Prozent-
punkte erhöhen, dann nutzen Sie diese Einnahmen we-
nigstens für die Senkung der Lohnnebenkosten, und
zwar die kompletten Einnahmen. Damit erreichen Sie
nämlich, dass Arbeit billiger wird, womit Sie dem Ziel,
die Schwarzarbeit einzudämmen, tatsächlich näher kom-
men. Das wären die richtigen, größeren Schritte.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe vorhin gesagt, dass die Neuregelung bei den
Handwerkerleistungen kompliziert ist. Dies ist aber
nichts im Vergleich zu dem, was Sie uns hinsichtlich der
Absetzbarkeit der Kosten für die Kinderbetreuung
vorschlagen. Nach Ihrem Vorschlag können zukünftig
Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sind,
rückwirkend vom 1. Januar dieses Jahres an die Kosten
für die Betreuung ihrer Kinder bis 14 Jahren vom ersten
Euro an steuerlich absetzen, aber nur zwei Drittel der
Kosten bis maximal 4 000 Euro. Wenn nur ein Elternteil
berufstätig ist, dann gilt diese steuerliche Begrenzung
für Kinder zwischen drei und sechs Jahren. So etwas
Kompliziertes habe ich noch nicht erlebt. Vor allem geht
es völlig an der Lebenswirklichkeit der Menschen vor-
bei.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nehmen wir einmal folgenden Fall: Ein junges Paar
mit abgeschlossener Ausbildung, aber leider Vertreter
der „Generation Praktikum“ – das ist heute ziemlich üb-
lich: berufs-, aber nicht erwerbstätig –, hat zwei Kinder,
die zwei und fünf Jahre alt sind. Nach der Hälfte ihres
Praktikums wird die Mutter vom Betrieb übernommen,
der aber leider ein halbes Jahr später in Konkurs geht,
sodass sie ihre Stelle verliert.

Sind Sie in der Lage, mir zu erklären, welche Ausga-
ben in diesem durchaus realistischen Fall absetzbar sind?
Die Kitagebühren für die Kleine? Die Kindergartenbei-
träge für den Älteren? Für den ganzen Zeitraum, also
auch für die Praktikumszeit?

Was Sie da auflegen, ist ein Steuerberaterbeschäfti-
gungsprogramm; es ist kompliziert und geht an der Le-
benswirklichkeit vorbei. Man kann nicht einmal von
kleinen Schritten reden. Es wird geholpert und gestolpert
und damit werden Sie auf die Nase fallen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Ich begrüße es, dass der Finanzminister vorhin über ie Vereinbarkeit von Familie und Beruf geredet hat. ür uns Grüne ist es völlig klar, dass der Ausbau der rühkindlichen Betreuung ein entscheidender Punkt ist. s ist volkswirtschaftlicher Unsinn, wenn wir es uns eisten, dass gut ausgebildete junge Frauen – sie haben äufig die besseren Abschlüsse – zu Hause bleiben müsen, wenn sie Kinder bekommen, weil sie keinen Betreungsplatz finden. Dass diese Frauen dem Arbeitsmarkt icht zur Verfügung stehen, ist blanker volkswirtschaftliher Unsinn. Deswegen ist der Ausbau der frühkindlihen Betreuung eines der wichtigsten Ziele unserer Geellschaft. In diesem Punkt müssen Sie etwas auf den eg bringen. Dabei können Sie mit unserer Unterstüt ung rechnen. Was Sie aber jetzt zur steuerlichen Absetzbarkeit von inderbetreuungskosten auf den Weg gebracht haben, ist u kompliziert. Wir werden eigene Vorschläge einbrinen und hoffen, dass Sie uns darin folgen werden. Vielen Dank. Das Wort erhält nun die Kollegin Antje Tillmann, DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle en! Einen Teil der heutigen Debatte könnte man unter as Motto „Wer das Ziel nicht kennt, darf sich nicht belagen, dass er den Weg nicht findet“ stellen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Sie aben heute sehr viele Themen angesprochen, von der aushaltskonsolidierung über eine Umsatzsteuererhöung und die Steuersätze bis hin zur Unternehmensteurreform. Sie haben aber sehr wenig über den vorliegenen Gesetzentwurf gesprochen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601902500

(Beifall bei der CDU/CSU)

Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1601902600

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Seien Sie sicher: Alle Themen, die Sie zu Recht an-
prechen, werden in den nächsten Wochen hier diskutiert
erden, zum Beispiel die Haushaltskonsolidierung im
ahmen der Haushaltsberatungen. Die Unternehmen-

teuerreform wird zum 1. Januar 2008 kommen. Ich bin
ptimistisch, dass wir das erreichen werden. Ich kann
ie nur auffordern, dieses Vorhaben mitzutragen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Aber worum geht es heute? Was ist das Ziel des von
ns eingebrachten Gesetzentwurfs? Es geht um die Stär-
ung der Wachstumskräfte durch die Wiederbelebung
er Investitionstätigkeit, die Gewährung von Liquiditäts-
orteilen der Unternehmen im Wege des Steuerrechts,
ie steuerliche Förderung der privaten Haushalte, um
eue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, sowie






(A) )



(B) )


Antje Tillmann
um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch die
Verbesserung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von er-
werbsbedingten Kinderbetreuungskosten.

Dass Sie auf diese Ziele nicht eingegangen sind,
macht mir Mut. Ich erwarte freudig Ihre Zustimmung zu
dem Antrag; denn keiner von Ihnen hat sich gegen die
degressive AfA ausgesprochen. Keiner von Ihnen hat
festgestellt, dass er die steuerliche Absetzbarkeit der
Kinderbetreuungskosten nicht will.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So nicht!)


Jedem Ihrer Beiträge kann man eigentlich nur den Satz
folgen lassen: „Wir stimmen diesem Gesetzentwurf zu“.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nein! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht mit so komplizierten Regelungen!)


Es würde mich freuen – ich bin sehr gespannt –, wenn
Sie das im Laufe der Debatte auch tatsächlich tun.

Lassen Sie mich nun auf die einzelnen Ziele zu spre-
chen kommen. Das erste Ziel ist die Berücksichtigung
erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten. Es mag
zwar sein, dass dabei ein gewisser Sinn für Steuersyste-
matik erforderlich ist, aber die Tatsache, dass wir erst-
malig Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten und
Betriebsausgaben anerkennen wollen, muss als Erfolg
gewertet werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zum ersten Mal gibt der Gesetzgeber zu, dass Kinder-
betreuungskosten keine außergewöhnlichen Belastun-
gen, sondern eine Voraussetzung dafür sind, um eine
Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Man kann zwar bemän-
geln, dass die Kinderbetreuungskosten nicht in voller
Höhe und nur bis maximal 4 000 Euro absetzbar sind.
Aber wir werden sehen, was noch möglich ist. Ich bin
optimistisch, dass dieser erste Schritt dazu beitragen
wird, dass die Kinderbetreuungskosten in Zukunft weiter
absetzbar werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Das zweite Ziel betrifft die Berücksichtigung nicht
erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten. Dieser
Teil der Abzugsfähigkeit der Kinderbetreuungskosten
passt nicht ganz in das Konzept; ich gebe das offen zu.
Aber ich bin froh, dass wir heute in erster Lesung über
den vorliegenden Kompromissvorschlag und nicht über
den Gesetzentwurf in der Fassung von Genshagen disku-
tieren, obwohl in wirtschaftspolitischer Hinsicht das,
was dort beschlossen wurde, mit Sicherheit der richtige
Weg gewesen wäre. Wenn wir aber das Wahlrecht der
Familien wirklich ernst nehmen, wenn wir wollen, dass
die Eltern entscheiden, wie sie ihre Kinder betreuen las-
sen, dann müssen wir auch akzeptieren – das tue ich aus
voller Überzeugung –, dass sich manche Eltern dazu ent-
scheiden, ihre Kinder selber zu betreuen, und dafür
– ganz oder teilweise – auf ein Gehalt verzichten, sich

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(C (D lso selber beschränken. Wenn wir das akzeptieren und ördern wollen, dann müssen wir es ermöglichen, dass ie Kosten der Kinderbetreuung, die durch Eigenorganiation der Eltern geleistet wird, ähnlich steuerlich abugsfähig sind wie die Kosten der erwerbsbedingten inderbetreuung. Deswegen ist der Kompromiss richtig. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


it diesem Gesetz nehmen wir in der Summe
,26 Milliarden Euro in die Hand, um private Haushalte
nd Familien zu fördern. Wir können daher unmöglich
inen Gesetzentwurf verabschieden, über den 70 Prozent
er Familien sagen könnten: Dieses Gesetz ist für mich
ngerecht. – Deswegen, glaube ich, ist der vorliegende
esetzentwurf trotz seiner Kompliziertheit richtig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Gesetz-
ntwurf ist uns vorgehalten worden, er sei wegen des Ei-
enanteils bei den Kinderbetreuungskosten in Höhe von
000 Euro sozial ungerecht und benachteilige Gering-

erdienerhaushalte. Eines sollte uns klar sein: Wir spre-
hen heute über ein Steuergesetz. Solchen Gesetzen ist
mmanent, dass sich mit ihnen soziale Probleme bei Ge-
ingstverdienern nicht lösen lassen, weil nur derjenige
teuern spart, der zuvor Steuern gezahlt hat. Das ist im
teuerrecht so. Wenn man Geringstverdiener und ihre
amilien begünstigen will, dann muss man das im So-
ialgesetzbuch und nicht im Steuerrecht regeln. Es steht
hnen, liebe Kollegin von der Linken, frei, einen eigenen
esetzentwurf mit entsprechender Zielsetzung auf den
eg zu bringen. Wir werden mit Ihnen darüber hier mit

roßer Freude diskutieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Heute sprechen wir aber über Steuergesetze. Das
ritte Ziel ist: Wir sehen im Bereich der steuerlichen Ab-
ugsbeträge Vergünstigungen für Privathaushalte vor.
ir haben erstmalig die private Pflege in den Begünsti-

ungskatalog aufgenommen. Zudem begünstigen wir
teuerlich sozialversicherungspflichtige Beschäftigungs-
erhältnisse oder Minijobs, die im Haushalt geschaffen
erden. Lassen Sie mich zu der Neiddebatte noch eines

agen: Ich persönlich kann nichts Schlimmes daran
inden, wenn sich ein gut verdienendes Ehepaar eine
inderbetreuung leistet, damit einer Arbeitnehmerin er-
öglicht, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und

leichzeitig Zeit dafür hat, sich selber um die Kinder zu
ümmern. Wir reden über sozial problematische Fami-
ien ständig unter dem Aspekt, dass diese kein Geld ha-
en. Aber seien wir doch ehrlich – wir müssen nur auf
ns selber schauen –, soziale Probleme haben durchaus
uch gut verdienende Familien. Wenn eine Mutter, die
0 bis 60 Stunden arbeitet, eine Haushälterin hat, damit
ie abends eine Stunde mit ihrem Kind spielen kann,
ann, finde ich, ist das familienpolitisch richtig und wir
ollten das unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Antje Tillmann
Ein Vorwurf ist zutreffend – das sage ich ganz
offen –: Dem Ziel, ein einfacheres Steuerrecht zu
schaffen, sind wir mit diesem Gesetz nicht näher gekom-
men.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das stimmt leider!)


Liebe Kollegin Andreae und Frau Kollegin Scheel, ich
habe schon gestern im Finanzausschuss gesagt, dass ich
nicht ganz sicher bin, ob Ihre Aussage stimmt, dass die
Bürger ein einfaches, durchsichtiges Steuerrecht haben
wollen. Die Debatte über die Kinderbetreuungskosten
hat sehr deutlich gezeigt, dass der Hang zur Einzelfallge-
rechtigkeit in Deutschland überdurchschnittlich groß ist.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein, nicht in Deutschland, sondern in der Koalition!)


Deshalb mache ich mir große Sorgen – das gebe ich
gerne zu – hinsichtlich der geplanten Unternehmensteu-
erreform, die am 1. Januar 2008 in Kraft treten soll. Wir
haben gemeinsam noch einiges bei den Bürgerinnen und
Bürgern zu leisten. Mein Lieblingsmodell – sehr hohe
Freibeträge, bei denen auch die Kinderbetreuungskosten
berücksichtigt werden, bei gleichzeitiger Senkung der
Steuersätze – zeigt zwar, dass wir Familien begünstigen.
Aber wir sind damit noch nicht am Ziel. Wir haben noch
gemeinsam Aufgaben zu erledigen. Ich würde mich
freuen, wenn Sie unser Konzept einer Unternehmensteu-
erreform unterstützten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das vierte Ziel unseres Konzepts zur Förderung von
Wachstum und Beschäftigung ist die Verbesserung der
Liquidität kleiner Unternehmen. Auch diesem Ziel
wird der Gesetzentwurf gerecht. Durch die Anhebung
der Bemessungsgrundlage bei der Mindest-Istbesteue-
rung verbessern wir die Liquidität der Unternehmen, ins-
besondere der kleinen und mittelständischen, weil sie die
Umsatzsteuer erst dann abführen müssen, wenn ihre
Rechnungen bezahlt worden sind. Das ist in den neuen
Bundesländern schon seit einiger Zeit so. Das hat den
dort tätigen Unternehmen geholfen. Ich finde, es ist rich-
tig, dass dieser Grundsatz nun auf die alten Bundeslän-
der übertragen wird; denn auch die Kleinunternehmer in
den alten Bundesländern können selbstverständlich Li-
quiditätsprobleme haben.

Dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken,
eine Unternehmerfeindlichkeit an den Tag legen, die
kaum noch zu übertreffen ist, ist nichts Neues. Aber dass
Sie behaupten, dass der kleine Handwerksbetrieb so ex-
orbitante Gewinne hat, dass er auf die degressive Ab-
schreibung verzichten kann, finde ich schon ein bisschen
absurd. Ich hoffe, dass Sie das im Rahmen der Debatte
überdenken; denn diese Forderung ist gerade von klei-
nen und mittelständischen Unternehmen erhoben wor-
den. Wir kommen dem entgegen. Wir erhöhen die Liqui-
dität durch Abschreibungsvereinfachung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass wir
heute die Debatte beginnen, also noch die Möglichkeit

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(C (D aben, das eine oder andere Knirschen im Gesetz über ie Anhörung in den Griff zu bekommen. ir haben über dreißig Sachverständige eingeladen, mit ns über dieses Gesetz zu diskutieren. Wir werden die orschläge der Sachverständigen ernst nehmen. Liebe ollegen der FDP, wir tun das deswegen, weil wir das teuergesetz nicht alle naselang ändern wollen. Wir wol en es besser machen als manche Regelungen, die auch nter Ihrer Mitwirkung ins Steuergesetz gekommen sind. Ich war noch nicht dabei, aber das können wir später iskutieren. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein! Aber die Union!)


(Vorsitz: Vizepräsident Wolfgang Thierse)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sie waren dabei!)


ir wollen, dass dieses Gesetz stimmig ist. Wir werden
as zusammen mit den Sachverständigen erreichen. Ich
laube, wir werden dann auch das Ziel Wachstum und
eschäftigung erreichen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601902700

Ich erteile das Wort Kollegin Lydia Westrich, SPD-

raktion.


Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1601902800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

uch ich darf noch einmal zum schönsten Teil dieser
wei Gesetzentwürfe sprechen, zur Verbesserung der
teuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten.

ir als Koalitionsfraktionen haben zwar eine lange Dis-
ussion gehabt, insgesamt aber einen guten Gesetzent-
urf vorgelegt.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut ist er nicht!)


uch Sie von der Opposition, Christine Scheel und
erstin Andreae, hätten das schon gerne früher verwirk-

icht. Ich bin richtig froh, dass wir es jetzt in der großen
oalition verwirklichen konnten. Das ist ein guter
chritt für die Familien.


(Beifall bei der SPD – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber doch nicht so!)


ie von der FDP und den Grünen mögen über diese
omplizierte Lösung herziehen;


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nur ein fauler Kompromiss!)


ber wir haben es mit diesen Regelungen wirklich ge-
chafft, allen steuerpflichtigen Familien, die Aufwen-
ungen für Kinderbetreuung haben, künftig deutlich
ehr Geld in die Hand zu geben.






(A) )



(B) )


Lydia Westrich
Die Vielfalt der Lebensplanungen macht einen Reiz
in unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft aus.
Uns als Staat obliegt es, den Müttern und Vätern bei ih-
ren Lebensplanungen zu helfen und nicht zu dirigieren.
Wir helfen ihnen auf verschiedenste Weise. Ich erinnere
an die Erhöhung des Kindergeldes, die Steuersenkungen
und das Ganztagsschulprogramm. Das ist nicht ganz
ohne. Überall in unseren Wahlkreisen weihen wir neue
Ganztagsschulen ein. Oft steht „Land sowieso“ darauf,
aber es steckt unser Geld darin und es steckt unsere Idee
dahinter.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Dahinter steckt der Bürger!)


– Dahinter steckt natürlich immer der Steuerzahler. –
Wir haben das TAG gemacht, wir haben den Anstoß für
eine familienfreundliche Politik in der Arbeitswelt gege-
ben und wir haben die lokalen Bündnisse. Das ergibt ein
gutes Fundament, auf das wir heute einen weiteren Stein
setzen, worauf ich stolz bin.

Es gibt eine Steuersenkung in Höhe von 460 Millio-
nen Euro, die vor allem Müttern und Vätern zugute kom-
men wird, die Familie und Beruf unter einen Hut brin-
gen. Frau Tillmann hat schon gesagt, dass wir mit der
Veränderung von der außergewöhnlichen Belastung zu
den Werbungskosten einen Zeitensprung erreicht ha-
ben. Wir alle haben in unseren Parteiprogrammen immer
gesagt, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie
an erster Stelle stehen soll.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Sie haben auch einmal gesagt, Sie wollten keine Mehrwertsteuer!)


In diesem Gesetz haben wir erstmalig festgeschrieben,
dass Kinderbetreuungskosten erwerbsbedingt sein kön-
nen. Sie sind bei erwerbstätigen Eltern und Alleiner-
ziehenden Betriebsausgaben und Werbungskosten. Ich
bin sehr froh, dass das im Gesetz festgeschrieben ist.
Vielleicht erinnern Sie sich noch, Frau Scheel: Vor zehn
Jahren haben Wissenschaftler das bei Finanzminister
Theo Waigel vorgebracht. Dieser hat das in den Papier-
korb gesteckt. Wir haben das jetzt verwirklichen können.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wäre doch besser gegangen!)


Es ist unser Wunsch und unser Wollen, das wir in die
Praxis umsetzen.

Pro Kind sind zwei Drittel der Betreuungskosten bis
maximal 4 000 Euro als Werbungskosten oder Be-
triebsausgaben steuerlich absetzbar. Das bedeutet, dass
zwei Drittel der Kosten für einen Kindergarten oder eine
Tagesmutter abgesetzt werden können. Mir ist wichtig,
darauf hinzuweisen, dass auch geringe Kinderbetreu-
ungskosten abgesetzt werden können. Ich will an dieser
Stelle unserer stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden
Nicolette Kressl ganz herzlich danken: Sie hat die Dritte-
lungsregelung angeregt und so dafür gesorgt, dass auch
Eltern mit geringeren Betreuungskosten in den Genuss
von Steuersenkungen kommen können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D as war nicht selbstverständlich; dazu war ein langer ampf notwendig. Ich will hinzufügen, dass dies – das üssen auch Sie zugeben – der verwaltungstechnisch infachste Teil der neuen Regelung ist. Zwei Drittel der etreuungskosten für Kinder bis 14 Jahren sind bis maimal 4 000 Euro steuerlich absetzbar. Wie viel das im inzelfall ist, kann wohl jeder ohne einen Steuerberater usrechnen. Der Rest ist tatsächlich etwas komplizierter. Paare, ei denen nur ein Elternteil erwerbstätig ist, können ür Kinder im Kindergartenalter ebenfalls Kinderbetreungskosten steuerlich geltend machen, nicht als Werungskosten, sondern als Sonderausgaben, aber unter en gleichen Bedingungen. Wir haben hier oft genug arüber geredet – erst letzte Woche wieder –, wie wichig die Betreuung von Kindern im Alter von drei bis echs Jahren ist. Wir begrüßen es, dass möglichst alle inder in den Genuss des Angebots der Kindertagesstät en kommen. Deswegen sollen alle Familien von der teuerlichen Absetzbarkeit profitieren dürfen. amilien mit einem erwerbstätigen Elternteil, deren Kiner jünger als drei oder älter als sechs Jahre sind, können hre Kinderbetreuungskosten wie bisher als Aufwendunen für haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35 a EStG eltend machen. Frau Andreae hat schon Recht: Das ist kompliziert. ber das war schon vorher so. Es ist also kein neuer Tatestand, der in das Gesetz eingefügt wird. uch das muss man noch einmal ganz deutlich sagen. ir selbst haben gemeinsam für diese Kompliziertheit esorgt. Wir wollen die Lebensplanungen von Familien nterstützen und wir wollen Familien nicht dirigieren. Wir haben mit diesem Gesetz Steuersenkungen in öhe von insgesamt 460 Millionen Euro für Familien uf den Weg gebracht. Wir werden im Bereich Betreung – davon bin ich überzeugt – eine Menge neue Bechäftigungsverhältnisse ermöglichen. Wir leisten endich einen guten Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von amilie und Beruf. Mit diesem Gesetz werden die Koali ionsfraktionen einen weiteren Stein auf das gute Fundaent, das sie zusammen gelegt haben, setzen. Ich erin ere in diesem Zusammenhang auch daran, dass wir ein lterngeld einführen möchten. Wir werden es schaffen, afür zu sorgen, dass der Besuch von Kindergärten kosenfrei ist. Außerdem werden wir dafür sorgen, dass die teuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten och einfacher ist. Wir werden zusammen den Weg in ein kinderreundliches Land fortsetzen. Ich denke, dass alle Frakionen daran interessiert sind, dabei mitzuarbeiten. Ich ürde mich sehr freuen, wenn uns das im Endeffekt ge änge. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall des Abg. Jörg-Otto Spiller [SPD])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601902900

Ich erteile nun das Wort Kollegen Rainer Wend, SPD-

Fraktion.


Dr. Rainer Wend (SPD):
Rede ID: ID1601903000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Nach gut zwei Stunden dieser Diskussion, die sich
nicht nur um die vorliegenden Gesetzentwürfe, sondern
allgemein um finanzpolitische, steuerpolitische und wirt-
schaftspolitische Fragen gedreht hat, können wir schon
feststellen, dass wir uns über die zwei großen Ziele, näm-
lich Wachstum anzuregen und den Haushalt zu konso-
lidieren, weitgehend einig sind.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Stimmt!)


Wenn es aber um die Instrumente zur Erreichung die-
ser Ziele ging, dann sind aus meiner Sicht nicht nur Mei-
nungen aufeinander gestoßen; vielmehr haben wir zum
wiederholten Male zwei in sich geschlossene Ideologien
kennen gelernt, denen wir nach meiner Überzeugung
nicht folgen dürfen.

Da ist zunächst die Position der FDP, die durch den
Kollegen Thiele vertreten wurde. Er sagt uns, wir müss-
ten die Steuern nur genug senken, wir müssten die Sozial-
leistungen des Staates nur genug kürzen, dann springe
sozusagen automatisch die Konjunktur an und belebe
sich die Wirtschaft.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Etwas vereinfacht!)


Ich sage Ihnen: Dieses neoliberale Konzept schafft nicht
nur den Sozialstaat ab; es macht den Staat auch hand-
lungs- und investitionsunfähig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wer den Staat handlungsunfähig macht, führt uns in eine
Rezession, aus der man nur schwer wieder heraus-
kommt. Diese Politik kann die große Koalition nicht un-
terstützen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das zweite ideologische Weltbild wurde von der
Linkspartei durch den Kollegen Lafontaine vorgestellt
und ist sozusagen das umgekehrte Extrem: Man müsse
die Steuern nur genug erhöhen, dann würden wir, so
sagte er wörtlich, in Geld schwimmen und weiter keine
Probleme mehr haben, Bildung und Investitionen zu fi-
nanzieren. – Wer dieses umgekehrte ideologische Welt-
bild pflegt, verkennt die Gesetze der globalisierten Wirt-
schaft, schwächt uns im Wettbewerb mit anderen
Volkswirtschaften und das Ende vom Lied ist die Ver-
nichtung von Wachstum und Beschäftigung. Deswegen
kann die große Koalition auch diesem Kurs nicht folgen.


(Beifall bei der SPD)


Was wir an dieser Stelle versuchen, entspricht keinem
geschlossenen Weltbild. Ich räume ein: Über jeden
einzelnen unserer Punkte kann man kontrovers diskutie-
ren. – Wir haben aber den Versuch unternommen, Ihnen
für dieses und das nächste Jahr insgesamt etwas vorzule-

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(C (D en, von dem wir glauben, dass es die Bedingungen am tandort Deutschland verbessert: In diesem Jahr steht die Verbesserung der Abschreiungsmöglichkeiten an. Eben wurde auf Folgendes hinewiesen: Die Istbesteuerung wird in Zukunft großzügier ermöglicht. Der Privathaushalt als Arbeitgeber wird efördert. Die Finanzierungsbedingungen für kleinere nd mittlere Unternehmen werden verbessert. Ein Geäudesanierungsprogramm wird aufgelegt. Mehr öffentich-private Partnerschaften werden begründet. Das ist ine Politik, die versucht, wirtschaftliche Belebung zu rzeugen. Im nächsten Jahr steht die Konsolidierung der aushalte an. Wir wissen, dass die Erhöhung der Mehrertsteuer nicht unproblematisch ist, senken aber gleich eitig die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um Prozentpunkte und damit die Lohnnebenkosten dauer aft unter 40 Prozent. Im Jahr 2008 steht die große Unternehmensteuerreorm an. Ich kann alle die verstehen, Frau Kollegin ndreae, die Zweifel daran haben, ob man das vernünftig inbekommt. Das wird auch kein einfacher Schritt sein. ch will es nur an einem Beispiel darlegen. Wir reden imer davon, dass wir die kleinen und mittleren Unternehen, die eigentümergeführten Unternehmen unterstützen ollen. Jawohl! Wenn wir aber den von manchen Sacherständigen für Körperschaften und Einzelunternehmen orgeschlagenen einheitlichen Steuersatz von 30 Prozent inführten, belasteten wir in erheblichem Umfang kleiere und mittlere Unternehmen zusätzlich, (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Ortwin Runde [SPD]: Aha!)


eil sie nämlich jetzt weniger als 30 Prozent Steuern
ahlen. Probleme sind also ohne Zweifel da. Deswegen
uss man sich Zeit lassen, um zu versuchen, diese Pro-

leme vernünftig zu lösen. Die Zeit haben wir, wenn wir
ine Neuregelung zum 1. Januar 2008 auf den Weg brin-
en.

Also: keine ideologischen Weltbilder bei der großen
oalition, Schritt für Schritt vorwärts gehen, eine klare
erspektive, ein Gesamtkonzept. Wenn ich mir vor Au-
en führe, wie die Wirtschaft darauf reagiert, dann kön-
en wir, glaube ich, optimistisch sein. Der Deutsche In-
ustrie- und Handelskammertag sagte wörtlich:

Für 2006 sind die Vorzeichen so günstig wie seit
fünf Jahren nicht mehr.

Lassen Sie uns das doch nutzen, indem wir weiter hart
rbeiten und keine ideologischen Weltbilder verkaufen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601903100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
rucksache 16/643 zur federführenden Beratung an den
inanzausschuss und zur Mitberatung an den Rechtsaus-
chuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie,






(A) )



(B) )


Vizepräsident Wolfgang Thierse
den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz, den Ausschuss für Arbeit und Soziales,
den Ausschuss für Familien, Senioren, Frauen und Ju-
gend, den Ausschuss für Gesundheit, den Ausschuss für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie den Haus-
haltsausschuss zu überweisen. Die Vorlagen auf den
Drucksachen 16/634 und 16/520 sollen an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse überwiesen wer-
den. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe nun den Zusatzpunkt 2 auf:

Abgabe einer Erklärung durch die Bundesregie-
rung

Aktuelle Situation zur Vogelgrippe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache im Anschluss an die Regierungserklärung
eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch.
Dann ist so beschlossen.

Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, Horst Seehofer.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Am 14. Februar, kurz nach 19 Uhr, wurde die
Bundesregierung unterrichtet, dass nach einer Labor-
untersuchung von zwei Schwänen das Vogelgrippevirus
H5N1 auch in Deutschland angekommen ist. Auch wenn
der Kontrollbefund durch das EU-Referenzlabor noch
nicht vorliegt, gehen wir davon aus, dass mit an Sicher-
heit grenzender Wahrscheinlichkeit dieses bei Tieren
hoch aggressive Virus H5N1 hierzulande vorhanden ist.

Wir haben es mit einer gefährlichen Tierseuche zu
tun, die, wie die weltweite Erfahrung zeigt, auch poten-
zielle Gefahren für Menschen birgt. Bei dieser sehr erns-
ten Lage gibt es nur eine Antwort, meine Damen und
Herren, nämlich rigoros und konsequent gegen diese
Tierseuche vorzugehen und dabei der Sicherheit für
Menschen oberste Priorität einzuräumen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Der Schutz der Menschen steht an erster Stelle. Des-
halb müssen wir die Menschen immer und immer wieder
aufklären, wie sie sich selbst vor dieser Krankheit schüt-
zen können. Weltweit gibt es keinen Beleg für die Über-
tragbarkeit von Mensch zu Mensch, aber sehr wohl für
die von Geflügel auf Menschen. Eine solche Übertra-
gung können die Menschen vermeiden, indem sie keinen
engen und intensiven Kontakt zu Geflügel halten. Des-
halb auch heute wieder die Empfehlung an die Men-
schen, sich von Geflügelhaltungen fernzuhalten, an die
Geflügelhalter die Empfehlung, die ja auch rechtlich nie-
dergelegt ist, konsequent und ausnahmslos sowie mit
größter Sorgfalt alle Hygienemaßnahmen wie zum Bei-
spiel das Tragen von Schutzkleidung zu beachten und

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(C (D etriebsfremde Personen von den Geflügelställen fernuhalten, und an alle die Empfehlung, keine Privatentorgung von totem Geflügel und bei erkennbaren Krankeiten keine Privattherapie vorzunehmen, sondern sofort ie Behörden zu unterrichten, damit sie sich um diese älle kümmern können. Das ist der beste Schutz, den die enschen selbst gegen dieses Virus ergreifen können. ch appelliere auch von dieser Stelle an die Eltern, ihre inder über die Gefahren aufzuklären, damit Kinder to es Geflügel nicht anfassen. Vielmehr sollten diese ihre ltern und diese dann die Behörden informieren. Das ist in ganz wichtiger Punkt. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir haben auch Geflügelmärkte und Geflügelaus-
tellungen in Deutschland verboten. Sie stellen nämlich
otenzielle Drehkreuze für die Weitergabe des Virus dar.
ch kann hier sagen, meine Damen und Herren, dass wir
eflügelausstellungen und -märkte ohne Ausnahme ver-
oten haben. Das ist wichtig, denn in der Vergangenheit
aren Ausnahmen möglich. Jetzt gibt es ausnahmslos
eine Geflügelausstellungen und -märkte mehr in
eutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Der erste und wichtigste Punkt ist der Schutz der
enschen vor diesem Virus. Ich bin, meine Damen und
erren, kein Anhänger von Panikmache. Deshalb sage

ch auch deutlich, es gibt keinen Beleg für eine Über-
ragbarkeit von Mensch auf Mensch, aber es gibt welt-
eit viele Belege für die Übertragbarkeit von Tier auf
ensch. Deshalb kommt es auch auf das verantwor-

ungsvolle Verhalten der Menschen selbst an. Ich bitte
lle Menschen, sich an diese Hinweise zu halten, und
nsbesondere die Geflügelhalter, die Hygienebestim-

ungen konsequent einzuhalten.

Die zweite wichtige Aufgabe ist, alles Erdenkliche zu
un, damit dieses Virus, das im Moment in der Wildvo-
elpopulation vorhanden ist, nicht in die Nutztierhal-
ung eingetragen wird. Das hängt wiederum mit dem
chutz der Menschen zusammen; denn ein Eindringen
es Virus in die Nutztierhaltung erhöht auch die Gefahr
ür die Menschen, jenseits der ökonomischen Auswir-
ungen auf die Geflügelhaltung.

Deshalb gilt unser zweites Augenmerk, übrigens seit
ielen Monaten, der Frage: Wie können wir verhindern,
ass das Virus von Wildvögeln auf Nutztiere übertragen
ird? Da ist weltweit im Moment die Stallpflicht für
eflügel die wirksamste Maßnahme. Die Stallpflicht ist

uf Rügen, wo die Wildvogelfunde waren, mit sofortiger
irkung angeordnet worden. Das ist EU-Recht und seit

angem vorbereitet. Es gibt eine Sperrzone und eine Be-
bachtungszone; die Sperrzone beträgt 3 Kilometer, die
eobachtungszone 10 Kilometer. Die Landesregierung
on Mecklenburg-Vorpommern hat – wir werden es hö-
en – die Sperrzone sogar ausgedehnt. In der Sperrzone
ilt das Aufstallungsgebot sofort. Bundesweit ist es
eute veröffentlicht worden und wird morgen – die






(A) )



(B) )


Bundesminister Horst Seehofer
Anordnung ist mit Strafe bewehrt – in Kraft treten. Aber
dort, wo das Geflügel aufgefunden wurde und der starke
Verdacht auf die Virusinfektion aufgetreten ist, gilt das
Aufstallungsgebot sofort.

In den Sperr- und Beobachtungszonen sind die Behör-
den unterwegs, um klinische Befunde bei der Nutztier-
haltung zu erheben. Denn jetzt ist es auch sehr wichtig,
dass wir in dem Fall, dass die Weitergabe des Virus ver-
deckt erfolgt ist, sehr schnell entdecken, ob und wo die
Nutztierhaltung betroffen ist. Deshalb besteht EU-weit
die Regelung, dass in den Sperrzonen nicht nur für eine
bestimmte Zeit ein Verbringungsverbot gilt, sondern
dass auch sehr konsequent eine Identifizierung betrieben
wird, bis hin zu den Kleinsttierhaltern, und eine Des-
infektion der Ein- und Ausgänge der Ställe in der Sperr-
zone erfolgt. Für gleichermaßen wichtig halte ich, dass
die Veterinäre klinische Befunde erheben, damit in dem
Fall, dass sich der Virus ausgebreitet hat, sehr früh ein
Virusherd in der Nutztierhaltung erkannt wird.

Nach dem Schutz für die Menschen ist also die zweit-
wichtigste Maßnahme, zu verhindern, dass das Virus von
den Wildvögeln auf die Nutztiere übertragen wird, im
Interesse der Geflügelhalter, der Tiere, aber auch der
Menschen, für die das die potenziellen Gefahren erhö-
hen würde.

Der dritte Punkt ist die Beobachtung und Bepro-
bung der Wildvögel. Epidemiologisch und seuchen-
politisch ist es ganz wichtig, sich sehr viel Klarheit über
das Geschehen zu verschaffen. Deshalb sind wir in dem
Fall von Mecklenburg-Vorpommern dazu übergegangen,
die Laboruntersuchungen von toten Vögeln unmittelbar
in unserem bundesdeutschen Referenzlabor in Riems,
dem Bundesinstitut für Tiergesundheit, durchzuführen.
Bisher war es so, dass das über die Landesuntersu-
chungsämter lief und erst, wenn der erste Screeningtest
zu Ergebnissen geführt hat, die Weitergabe an das Refe-
renzlabor in Riems erfolgt ist. Wir haben gestern mit
dem Personal von Riems 40 tote Schwäne und andere
Vögel in dieses Institut befördert. Dort ist man zur
Stunde dabei, die Untersuchungen durchzuführen. Das
verschafft uns schneller Gewissheit. Es soll auch zeigen,
dass die Bundesregierung es mit ihren Hilfsangeboten
gegenüber den betroffenen Ländern ernst meint. Wir
werden heute im Laufe des Tages zu den 40 Proben erste
Erkenntnisse bekommen.

Ich sage hier ganz offen: Nach all den Geschehnissen
und der Dynamik bei der Ausbreitung dieses Virus welt-
weit rechnen wir mit weiteren Fällen in der Bundesrepu-
blik Deutschland. Wir erleben jetzt offensichtlich eine
Ausbreitung in die nordischen Länder. Sehr dynamisch
ist die Ausbreitung nach Süden, nach Österreich, Slowe-
nien, Italien, Griechenland. Ich persönlich gehe nach
Rücksprache mit unseren Experten und mit Wissen-
schaftlern davon aus, dass wir auch in der Bundesrepu-
blik Deutschland mit weiteren Fällen zu rechnen haben.
Die Beobachtung und die Beprobung der Wildvögel sind
für die Tierseuchenbekämpfung ungeheuer wichtig, um
sich möglichst frühzeitig ein klares Bild von dem Ge-
schehen zu verschaffen.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hinsichtlich des Schutzes der Menschen möchte ich
och Folgendes sagen: Auch wir haben jetzt eine Hot-
ine geschaltet – für die Bundesländer wurde eine Hot-
ine von Mecklenburg-Vorpommern eingerichtet –, weil
s sehr viele konkrete Fragen aus der Bevölkerung, bei-
pielsweise von Hunde- und Katzenhaltern, gibt. Es gibt
ragen, wie man bezogen auf die Ernährung mit Geflü-
el umgeht. Ich möchte an dieser Stelle öffentlich mittei-
en, dass die Bevölkerung durch Anrufen dieser vom
undesverbraucherschutzministerium geschalteten Hot-

ine die Gelegenheit hat, mit Spezialisten über Detailfra-
en, die für das praktische Leben von Bedeutung sind,
u sprechen und entsprechende Informationen einzuho-
en. Denn auch die Information gehört zu einer erfolgrei-
hen Bekämpfung. Nur mit ausreichenden Informatio-
en kann man eines solchen Geschehens Herr werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der vierte Punkt. Wir haben es mit einer weltweiten
ntwicklung zu tun. Vor wenigen Wochen erfolgte die
usbreitung nach Afrika. Ich möchte darauf hinweisen,
ass eine solche weltweite Entwicklung nur durch eine
ntensive internationale Zusammenarbeit zu beherr-
chen ist. Wir arbeiten mit der Weltgesundheitsorganisa-
ion und natürlich auch mit der Europäischen Union zu-
ammen. Gestern und heute kamen alle Spezialisten aus
uropa zusammen. Nächsten Montag wird sich der
grarrat in Brüssel treffen, um sich mit dem aktuellen
eschehen in Europa zu beschäftigen.

Auch wenn im Moment das Schwänesterben in der
ffentlichen Diskussion im Vordergrund steht, so möchte
ch dennoch heute darauf hinweisen, dass es drei Gefähr-
ungsstränge gibt, die wir gleichermaßen im Blick be-
alten müssen. Wir dürfen nämlich nicht glauben, dass
ie anderen Gefährdungsstränge in den Hintergrund tre-
en, nur weil wir es jetzt mit einem Schwänesterben zu
un haben.

Ich weise darauf hin, dass nach allen Risikoanalysen
er Spezialisten die Rückkehr der Zugvögel – nach all-
emeiner Erfahrung findet sie Anfang März bis Ende
pril statt; aber je nach Witterungsbedingungen kann sie

uch früher stattfinden – nach wie vor ein hohes Risiko
arstellt. Angesichts der neuen Virusfunde sind alle
ückkehrrouten der Zugvögel für uns außerordentlich
edeutsam geworden: die Rückkehrroute aus Richtung
üdosteuropa wegen der Fälle in der Türkei, die Rück-
ehrroute aus Richtung Südwest wegen der Fälle in
frika und Spanien und die Zentralroute über Italien we-
en der Fälle in diesem Land.

Aufgrund der Rückkehr der Zugvögel ist die Aufstal-
ungspflicht unausweichlich. Indem wir sie jetzt in Kraft
esetzt haben, haben wir mehr Sicherheit geschaffen. In
en nächsten Wochen müssen wir nicht pausenlos die
itterungsbedingungen und das Rückkehrverhalten der

ugvögel beobachten.






(A) )



(B) )


Bundesminister Horst Seehofer
Ein sehr hohes Risiko stellt auch der Waren- und
Reiseverkehr aus Befallgebieten dar. Nach wie vor ist
die Quote der Beschlagnahmungen von Geflügel und
von Geflügelprodukten hoch. Deshalb wird die Bundes-
regierung – das haben wir schon vor einigen Wochen in
die Europäische Union mit großer Unterstützung vieler
Mitgliedstaaten eingebracht – die Kommission am Mon-
tag drängen, endlich eine Entscheidung hinsichtlich der
Kontrollen an den Außengrenzen der Europäischen
Union zu treffen. Wenn im Inland bei Kontrollen auf
Straßen und Flughäfen illegal eingeführtes Geflügel und
illegal eingeführte Geflügelprodukte beschlagnahmt
werden müssen, dann deutet das darauf hin, dass die
Kontrollen an den Außengrenzen der Europäischen
Union nicht dicht genug organisiert sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die entsprechenden Bemühungen müssen verstärkt wer-
den.

Die deutsche Regierung hat ebenfalls den Vorschlag
gemacht – auch da hoffe ich, dass wir nächste Woche zu
einer Entscheidung kommen –, eine Deklarations-
pflicht beim Waren- und Reiseverkehr, wie wir sie von
anderen Kontinenten kennen, einzuführen. Menschen,
die einreisen wollen, sollen eine Selbstdeklaration abge-
ben, dass sie verbotenes Geflügel und verbotene Geflü-
gelprodukte nicht mitführen.

Ich glaube, auch dieses Vorgehen ist dazu geeignet,
die Menschen stärker aufzuklären; denn es ist natürlich
mit Informationen verbunden. Gerade die Information
und die Aufklärung sind ein ständiger Prozess. Wir dür-
fen nie glauben, dass wir damit fertig sind. Wir müssen
die Informationen immer wieder auffrischen und erneu-
ern. Dazu brauchen wir die Unterstützung der Medien,
der Fluglinien und der Reisebüros, damit die Menschen
wissen, was gilt und woran sie sich zu halten haben.

Ich verweise auf die Problematik der Verstärkung
der Forschung. Auch diese muss europaweit vorange-
trieben werden.

Zur Tierimpfung möchte ich sagen: Wir haben es im
Moment mit einer Tierseuche zu tun, die in der Wild-
vogelpopulation vorkommt. Wir haben darüber gestern
im nationalen Krisenrat sehr intensiv diskutiert. Bei den
für Tiere verfügbaren Impfstoffen besteht im Moment
das Problem, dass die Krankheit, wenn Tiere geimpft
werden, verdeckt wird. Auch nach einer Impfung ist es
möglich, dass ein Tier das Virus trägt und weitergeben
kann, aber selbst nicht erkrankt. Deshalb haben diejeni-
gen Länder, vor allem die Chinesen, die die Impfung be-
trieben haben, das Seuchengeschehen eher vergrößert;
denn sie haben die Krankheit, die weitergetragen werden
kann, verdeckt. Deshalb besteht hier ganz entschiedener
Forschungsbedarf.

Ich möchte Ihnen sagen, dass wir nachdrücklich da-
rauf dringen – wir tun dies auch bei uns im Bundesinsti-
tut –, die Forschung voranzutreiben, um vielleicht in ab-
sehbarer Zeit einen Markerimpfstoff zur Verfügung zu
haben. Dieser hätte dann den Vorteil, dass durch eine se-
rologische bzw. eine Blutuntersuchung festgestellt wer-

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(C (D en kann, ob ein Tier, das geimpft worden ist, das Virus n sich trägt. Die Wissenschaftler sagen mir, dass sie ach heutigem Stand wohl noch zwei Jahre brauchen, m über seriöse Grundlagen für einen Impfstoff zu verügen. Wir werden die Anstrengungen enorm verstärken, amit es zu einem früheren Zeitpunkt einen Markerimpftoff gibt, der das Problem der heutigen Impfung aufebt, nämlich dass ein Tier das Virus trägt und es weitereben kann, aber nicht daran erkrankt. Das ist das heute ei der Impfung bestehende Problem. Wir werden darüber am Montag auch im Agrarrat eiterreden. Denn es ist ähnlich wie bei anderen großen ntwicklungen und Seuchen: Je mehr sich international m dieses Thema kümmern, desto höher ist die Wahrcheinlichkeit, dass wir weiterkommen. Ich möchte ausrücklich sagen, dass unsere Wissenschaftler und unser undesinstitut in Deutschland sich intensiv darum kümern, die bei den Tieren bestehende Impfproblematik zu inem guten Ergebnis zu führen. Wir brauchen das auch deshalb, weil wir bei aller riorosen und konsequenten Vorgehensweise nicht davon usgehen können, dass wir dieses Geschehen in wenigen ochen überwunden haben werden. Wenn wir im Früh ahr und im Herbst nicht immer wieder über die Stallflicht, über entsprechende Fristen und zeitliche Korriore diskutieren wollen, müssen wir eine Strategie ntwickeln, welche Alternative es zu der Pflicht, Tiere m Stall zu halten, gibt. Deshalb ist die Forschung bezüglich der Fortentwickung der Impfmöglichkeit sehr wichtig. Es sollte sich daei aber um eine seriöse, belastbare Impfung handeln nd nicht um eine Impfung, die nur die Gefühle beruigt, uns aber in der Praxis nicht nach vorne bringt. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich fasse zusammen:

Erstens. Der Schutz der Menschen steht an erster
telle. Die Menschen selbst können durch verantwortli-
hes Verhalten eine ganze Menge dazu beitragen. Das
ernhalten von Geflügel und das Vermeiden von enge-
em und intensivem Kontakt mit erkrankten Tieren sind
er beste Schutz für die Menschen. Zur Beantwortung
er vielen Einzelfragen sind auf Bundes- und Länder-
bene Hotlines eingerichtet worden.

Zweitens. Die Übertragung des Virus von Wildvögel
uf Nutzgeflügel muss durch die Aufstallung und die
inrichtung von Sperrzonen an Fundorten vermieden
erden. Betriebe, die Nutztiere halten, werden stärker

eglementiert.

Schließlich ist die internationale Zusammenarbeit
ichtig, die alle Gefährdungsstränge zum Inhalt haben
uss. Dabei geht es um Kontrollen des Waren- und Rei-

everkehrs, die Zugvögelproblematik, die durch die Aus-
reitung der Krankheit nach Afrika größer geworden ist,
ie Eigendeklaration und die intensive Forschung bezüg-
ich der Tierimpfung.

Aufgrund der aufgefundenen Schwäne stellt sich na-
ürlich die Frage nach den Ursachen für die Gescheh-






(A) )



(B) )


Bundesminister Horst Seehofer
nisse in Italien, in Griechenland und jetzt auch im Nor-
den unseres Landes, auf Rügen. Ich wiederhole hier, was
ein Wissenschaftler im Krisenstab gestern darauf
schlicht und einfach gesagt hat: Wir wissen es nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich empfehle allen, die sich mit diesem Thema intensi-
ver beschäftigen, keine Anekdoten oder Vermutungen zu
verbreiten, sondern sich auf seriöser wissenschaftlicher
Basis zu bewegen. Vor wenigen Tagen wurde in der Öf-
fentlichkeit noch die Behauptung vertreten, Ursache sei
die Nord-Süd-Wanderung der Tiere wegen des kalten
Winters. Das kann nicht ernsthaft aufrechterhalten wer-
den. Jetzt lautet die Argumentation, es habe eine Ost-
West-Wanderung gegeben. Es gibt auch die Spekulation,
das Virus sei schon länger im Lande, allerdings verdeckt.
Ich empfehle, wie wir es als Bundesregierung überhaupt
halten, uns nach den Expertenmeinungen zu richten,
weil nur so adäquate Maßnahmen möglich sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir haben gestern den nationalen Krisenstab einbe-
rufen. Er besteht nach einer Vereinbarung zwischen
Bund und Ländern seit vielen Jahren. Ihm gehören Ver-
treter aller Bundesländer an – sie waren auch alle anwe-
send –, aber auch Vertreter der Geflügelwirtschaft. Ich
darf dem Parlament mitteilen, dass die rechtlichen Vor-
sorge- und Schutzmaßnahmen, die im Kern seit August
des letzten Jahres in der Bundesrepublik Deutschland
und in Europa gelten – eine Vielzahl der von mir geschil-
derten Maßnahmen sind europaweit festgelegt und wer-
den in allen Ländern Europas gleichermaßen gehand-
habt – und für deren nationale Umsetzung die Bundes-
regierung verantwortlich ist, begrüßt worden sind. Es
gab keinen einzigen Vorschlag für eine Ergänzung oder
eine Verstärkung dieser Maßnahmen; auch das ist wich-
tig. Es gab eine sehr lange sachliche Diskussion ohne
jede Parteipolitik. Ich wiederhole hier, was ich gestern
gesagt habe: Wir haben als Bundesregierung die Auf-
gabe der Koordinierung und der Unterstützung und ich
biete jedem Betroffenen größtmögliche Hilfe an.

Es gibt übrigens auch eine Vereinbarung zwischen
den Bundesländern, nach der in dem Fall, dass ein Bun-
desland aufgrund seiner Kapazitäten überfordert sein
sollte, jederzeit andere Bundesländer unterstützend ein-
greifen. Diese Notwendigkeit ist im Krisenstab bis ges-
tern Abend in diesem aktuellen Fall nicht benannt ge-
worden. Ich biete hier aber noch einmal ausdrücklich
unsere Hilfe an. Wir sind als Bundesregierung zu jeder
in unseren Kräften liegenden Unterstützung bereit, bei-
spielsweise beim Personal oder bei der Logistik. Wir
nehmen unsere Aufgabe der Koordination sehr ernst. Ich
werde morgen mit dem Kollegen Backhaus aus Meck-
lenburg-Vorpommern das betroffene Gebiet und die Kri-
senstäbe im Kreis und im Land Mecklenburg-Vorpom-
mern besuchen, um dieses Angebot zur Hilfe und zur
Koordinierung zu untermauern.

Meine Damen und Herren, wir haben es mit einer ge-
fährlichen Tierseuche zu tun und, wie die weltweite Ent-
wicklung zeigt, auch mit potenziellen Gefahren für die

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(C (D enschen, was die Übertragbarkeit vom Tier auf den enschen betrifft. Deshalb wiederhole ich, was ich ein angs gesagt habe: Wir gehen rigoros und konsequent ach der obersten Regel „Im Zweifel für die Sicherheit“ or. Ich habe Verständnis für die wirtschaftlich betroffeen Geflügelhalter, die sich gestern im nationalen Krienstab im Übrigen außerordentlich verantwortungsbeusst geäußert haben. Dafür möchte ich mich noch inmal bedanken. ie haben die Maßnahmen ausdrücklich für notwendig rklärt und auch begrüßt. Das ist angesichts ihrer ökonoischen Betroffenheit keine Selbstverständlichkeit und eigt, dass dort ein hohes Maß an Verantwortung voranden ist. Ich habe angesichts der ökonomischen Auswirkungen ieser Maßnahmen gerade für die Großgeflügelhalter erständnis. Aber ich wiederhole, was ich gestern am chluss der Krisenstabssitzung gesagt habe: Wir müssen ber diese ökonomischen Betroffenheiten diskutieren. ufgrund der aktuellen Geschehnisse muss aber die icherheit der Menschen und des Nutzgeflügels an ers er Stelle stehen. Sicherheit geht im Moment vor Ökonoie. Hier bitte ich um Ihre Unterstützung. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601903200

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem

ollegen Hans-Michael Goldmann, FDP-Fraktion.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1601903300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Bundes-

anzlerin! Sehr geehrter Herr Minister Backhaus! Wir
reuen uns über die Regierungserklärung – nicht über
en Anlass, sondern über die Art und Weise, mit der wir
ns mit diesem Thema befassen. Wir unterstützen alle
lugen und sinnvollen Maßnahmen, die Herr Seehofer
um Teil angesprochen hat. Ich sage „zum Teil“, weil ich
och einige Ergänzungen vornehmen möchte.

Wir haben diese sehr konsequente Linie im Aus-
chuss erarbeitet, bis hin zum Kampf um inhaltliche
arstellungen, während andere sich mit diesem Thema

chon gar nicht mehr beschäftigen wollten, wie in der
estrigen Ausschusssitzung. Wir erheben in dieser Frage
inen sehr hohen fachlichen und sehr hohen fachwissen-
chaftlichen Anspruch. Wir wollen dazu beitragen, dass
ie Menschen wissen, wie wir sie schützen und wie sie
ich selbst zu schützen haben.

Wir stellen aber auch fest, dass das, was wir zu trans-
ortieren versuchen, in der konkreten Situation zerschla-
en wird. Es ist absolut unerklärlich, dass die Schwäne
och immer vor der Insel Rügen liegen. Es ist absolut
nerklärlich, dass Menschen – insbesondere Kamera-
eams und Touristen – ungehindert durch Absperrungen
is zu den Tierkörpern vordringen konnten. Es ist abso-






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann
lut unerklärlich, dass sich die Diagnosedauer über
mehrere Tage hinzog, sodass auch Professor Kurth vom
Robert-Koch-Institut sagt: Ich habe mich gewundert,
dass dies so lange dauert. Das ist natürlich nicht ideal.

Herr Minister Seehofer, Sie mahnen zu Recht die El-
tern und erteilen ihnen den Auftrag, ihren Kindern das
Notwendige zu sagen. Die Eltern werden damit aber
Schwierigkeiten haben, wenn sie gleichzeitig feststellen
müssen, dass wir mit dem Verbot des Zugangs zu den to-
ten Schwänen so lax umgehen, wie sich das hier darge-
stellt hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich weiß, das Ganze ist in der Sache schwierig. Es ist
aber absolut unerträglich, dass die Botschaft der
Bundesregierung zerrissen ist. Herr Seehofer sagt: Die
Vogelgrippe ist eine gefährliche Tierseuche mit poten-
ziellen Gefahren für den Menschen. Das ist richtig. Frau
Schmidt jedoch sagt: Es gibt keine Gefährdung. Es
bleibt eine reine Tierseuche. Diese Position ist falsch.


(Ulla Schmidt, Bundesministerin: Das habe ich nicht gesagt!)


– Genau das haben Sie gesagt.

Vogelgrippe hat durch Anpassung auch schon zu To-
desfällen bei Menschen geführt. Natürlich sind wir von
der Mutation des Virus und damit der Übertragbarkeit
von Mensch zu Mensch Gott sei Dank noch ein Stück
entfernt. Pandemieprobleme haben wir noch nicht. Aber
vor dem Hintergrund der Gesamtentwicklung – ich weiß
nicht, ob Sie die Gelegenheit hatten, heute Nacht eine
hoch informative Fernsehsendung zu diesem Thema zu
verfolgen – ist die Frage an die Bundesregierung zu rich-
ten: Was gilt denn nun? Was ist Ihr Handlungsstrang?
Denken Sie, es ist eine reine Tierseuche wie Schweine-
pest oder Maul- und Klauenseuche? Oder ist es vielleicht
doch eine Seuche, bei der man im Grunde genommen
davon ausgehen kann, dass sie auf den Menschen über-
tragbar ist und übertragen wird und damit die Gefahr der
Pandemie mit dieser Geflügelseuche ganz unmittelbar
verbunden ist?

Herr Minister, wir brauchen in diesem Bereich abso-
lut passgenaue Informationen. Wir brauchen keine
Aktionen, sondern klare Informationen an die Nutztier-
halter, an die Hobbytierhalter, an die Reisenden. Es gibt
einen Fall, in dem diese Krankheit auf einen Menschen
nicht nach Berührung mit Tieren, sondern durch Geflü-
gelkot übertragen worden ist. Wir müssen das in unseren
Überlegungen berücksichtigen. In diesem Bereich sind
Ihre Antworten zum Teil doch sehr dürftig.

Es ist richtig, dass wir mehr forschen müssen. Ich bin
darüber betroffen, dass die vorliegenden Forschungser-
gebnisse und Informationen aus Ländern wie Belgien,
den USA, Großbritannien und den Niederlanden kom-
men und dass wir anscheinend nicht genügend für die
Forschung getan haben. Wir müssen uns in diesem Be-
reich verbessern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D Ich denke, dass es ganz wichtig ist, dass wir alle den unsch haben, ideologische Grabenkämpfe zu beenden. iebe Frau Kollegin Höhn, Sie haben heute gesagt, – ja, das habe ich gemacht, da können Sie ganz sicher ein – sofortige Stallpflicht in Mecklenburg-Vorpomern sei Aktionismus. Das enttäuscht mich zutiefst – so erden Sie wörtlich zitiert. Ich habe alle Meldungen daei. (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber dann gucken Sie doch erst mal, was Sache ist!)


(Zuruf von der CDU/CSU)


o habe ich Sie heute Morgen auch eindeutig im Früh-
tücksfernsehen gehört. Es ist unerklärlich, dass Sie eine
olche Position einnehmen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bauen Sie keinen Popanz auf!)


ie wissen das. Sie können mich gleich in Ihrer Rede
orrigieren. Hören Sie endlich damit auf, eine bestimmte
lientel, die auf Freilandhaltung setzt und möglicher-
eise Ihre Wähler sind, zu bedienen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Goldmann, bauen Sie doch keinen Popanz auf!)


orgen Sie vielmehr dafür, dass die Viruskette unterbro-
hen wird. Sie wird durch Aufstallung unterbrochen.
as sagt Ihnen jeder, der sich mit dieser Sache beschäf-

igt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601903400

Kollege Goldmann, Sie müssen bitte zum Ende kom-

en.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1601903500

Ich komme zum Schluss. – Wir dürfen vor dem Aus-

aß der Bedrohung nicht die Augen verschließen. Wir
ürfen nicht bei der Stallpflicht stehen bleiben. Wir wer-
en alle klugen und fachlich begründeten Aktionen,
aßnahmen der Information und der fachlichen Verbes-

erung aktiv begleiten. Im Vordergrund müssen die Men-
chen stehen. Es ist zudem ein Problem mit außerordent-
ich großen wirtschaftlichen Auswirkungen.

Herzlich Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601903600

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich der

bgeordneten Ulla Schmidt.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1601903700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

ussagen des Kollegen Goldmann können hier nicht un-
idersprochen bleiben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



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Ulla Schmidt (Aachen)

Jenseits der Tatsache, dass ich mir wünschen würde,
dass sich Abgeordnete, wenn sie hier im Deutschen Bun-
destag Behauptungen darüber aufstellen, was andere ge-
sagt haben, umfassend informieren, möchte ich betonen,
dass es in der Bundesregierung keine Differenzen über
die Frage gibt, wie gefährlich das Virus ist und wie ge-
fährdet die Menschen in Deutschland sind. Genau wie
der Kollege Seehofer habe auch ich immer wieder deut-
lich gemacht, dass allein der Tatbestand, dass das hoch
pathogene Virus H5N1 bei Wildschwänen auf der Insel
Rügen gefunden wurde, keine Veränderung der Gefähr-
dungssituation der Menschen in Deutschland bedeutet.
Wir sind nach wie vor in Phase 3, die die Weltgesund-
heitsorganisation definiert hat, also einer Phase, in der
keine Gefährdung für Menschen besteht, es sei denn,
dass ein enger Kontakt zwischen infiziertem Geflügel
und Menschen stattfindet.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist genau das, was er gesagt hat! Nichts anderes!)


Deswegen, Herr Kollege Goldmann, bitte ich Sie, zur
Kenntnis zu nehmen, dass die Aussagen des Kollegen
Seehofer von mir hundertprozentig unterstützt werden
– wir sind uns in dieser Frage einig – und dass wir beide
die Maßnahmen, zum einen die Aufstallungspflicht und
zum anderen die Warnhinweise, eingeleitet haben, durch
die versucht wird, den direkten Kontakt von Menschen
mit infiziertem Geflügel zu verhindern. In der Einschät-
zung der Gefährdungssituation sind wir einer Meinung.
Ich behaupte nach wie vor: Es gibt keine wissenschaftli-
chen Hinweise darauf, dass das Virus effizient von
Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Aber es
gibt kein Nullrisiko.

Deshalb wiederhole ich hier den Hinweis. Wir for-
dern alle Menschen auf: Wenn ihr tote und kranke Vö-
gel, Geflügel oder Wildschwäne findet, haltet euch bitte
von diesen fern und ruft die entsprechenden Behörden
an. Wenn es keinen direkten Kontakt gibt, besteht im
Moment keine Infektionsgefahr.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601903800

Kollege Goldmann, Sie haben Gelegenheit zur Reak-

tion.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1601903900

Sehr verehrte Frau Ministerin, ich habe Tiermedizin

studiert und passe, wenn es um solche Begriffe geht,
sehr genau auf. Sie haben eben wieder etwas vermischt
– ich weiß nicht, ob Sie das mit Absicht tun; man könnte
auch etwas anderes annehmen –:


(Ute Kumpf [SPD]: Was soll das denn jetzt heißen, Herr Goldmann?)


Ich habe überhaupt nicht davon geredet, dass der vor-
handene Virustyp H5N1 von Mensch zu Mensch über-
tragbar ist.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)




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(C (D Wir sollten einmal rekapitulieren, wie die Situation ist Sie kennen sie ja –: Erstens. H5N1 nennt man einen mutierten Virustyp, er eine Pandemie auslösen kann. Klar ist: Je mehr Viren om Typ H5N1 in der Welt herumschwirren, desto gröer ist die Gefahr, dass es zu einer Pandemie kommt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Genau! Das ist das Einzige, worum es geht!)


Zweitens. Sie behaupten, es handele sich bei diesem
irustyp um eine Tierseuche. Als Tierarzt kann ich Ih-
en sagen: Die Schweinepest ist eine Tierseuche, weil
ie – Gott sei Dank! – nicht auf den Menschen übertrag-
ar ist. Sie ist, wie der Name Schweinepest sagt, eine
est der Schweine. Bei der Geflügelpest ist die Situation
ine andere: Das Geflügelpestvirus H5N1 kann sich an
en Organismus des Menschen anpassen. Aufgrund sei-
er Aggressivität, die ja bekannt ist, kann dieses Virus
um Tod von Menschen führen, wie es in der Türkei und
n anderen Ländern bereits der Fall war.

Jetzt komme ich zum springenden Punkt: Sie haben
esagt, die Situation habe sich nicht verändert. Ich dage-
en sage: Doch, die Situation hat sich verändert. Denn
un ist der Kontakt mit infizierten Tieren, zu dem es in
eutschland bisher nicht kommen konnte, auch hierzu-

ande möglich, zum Beispiel auf der Insel Rügen und
ventuell auch an anderen Orten, wie es Herr Seehofer
orhin beschrieben hat.

Vor diesem Hintergrund ist Ihre Einschätzung, dass
ir noch die Möglichkeit haben, die Entstehung einer
andemie zu vermeiden, richtig. Aber ich kann Ihnen
ur empfehlen, sich auch mit den Aussagen, die Vertre-
er der WHO heute getroffen haben, zu beschäftigen.
ann werden Sie nämlich feststellen, dass höchster
larm geboten ist. Deswegen ist Ihre Aussage, die Leute

ollten zwar vorsichtig sein, sich aber nicht massiv be-
roffen fühlen, weil es sich ja nur um eine Tierseuche
andele, aus meiner Sicht fachlich falsch. Sie trägt nicht
ur Beruhigung, sondern eher zur Verunsicherung der
enschen bei.


(Zuruf von der SPD: Das ist jetzt aber wirklich eine Übertreibung, Herr Kollege Goldmann!)


rau Schmidt, Sie sollten Ihre Aussage korrigieren und
enau das sagen, was auch Herr Seehofer ausgeführt hat
denn seine Aussage ist fachlich richtig –: Es handelt
ich um eine Tierseuche mit der Potenz der Übertragbar-
eit auf den Menschen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601904000

Ich erteile noch einmal Bundesminister Horst

eehofer zu einem kurzen Nachtrag das Wort.

Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
andwirtschaft und Verbraucherschutz:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe
m Anschluss an meine Rede eine Mitteilung vom






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(B) )


Bundesminister Horst Seehofer
Friedrich-Loeffler-Institut erhalten, die ich Ihnen nicht
vorenthalten möchte – damit Sie nicht glauben, ich hätte
in meiner Rede etwas unterschlagen –: Das Friedrich-
Loeffler-Institut hat jetzt endgültig bestätigt, dass die
zwei untersuchten Schwäne tatsächlich mit dem hoch
pathogenen H5N1-Virus infiziert waren und dass es sich
bei diesem Virus um einen Subtypen handelt, den man
erstmals im letzten Jahr bei Wildvögeln in China regis-
triert hat.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP], zu Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD] gewandt: Ja, ja! Aber die Situation hat sich nicht verändert! Also wirklich! – Gegenruf der Abg. Ute Kumpf [SPD]: Was für eine dumme und unpassende Bemerkung!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601904100

Ich erteile das Wort dem Kollegen Volker

Blumentritt, SPD-Fraktion.


Volker Blumentritt (SPD):
Rede ID: ID1601904200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Goldmann, zur Aufklärung und Beruhigung der
Bevölkerung haben Sie nicht gerade beigetragen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Zur Aufklärung ja, aber nicht zur Beruhigung! Wie denn auch?)


Zunächst möchte ich mich ganz herzlich für die von
der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen bedanken,
die in der Öffentlichkeit auf eine sehr positive Resonanz
gestoßen sind. Die Wiedereinführung der Stallpflicht im
gesamten Bundesgebiet vorzuziehen, ist sicherlich eine
geeignete Maßnahme, um die Situation in den Griff zu
bekommen.

Weit schwieriger erscheint es im Augenblick, die Be-
völkerung im Rahmen einer angemessenen Informa-
tionspolitik umfassend und ehrlich zu informieren. Hier
bewegen wir uns in einem Bereich, der nicht allein durch
Maßnahmen der Bundesregierung zu beherrschen ist.
Daher richte ich an dieser Stelle den klaren Appell an
alle Medien, in ihrer Berichterstattung verantwortungs-
bewusst zu verfahren; ich bitte darum, diesem Appell zu
entsprechen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Für die Bevölkerung besteht derzeit absolut keine Ge-
fahr – dies bestätigt insbesondere das Robert-Koch-Insti-
tut – und dies bleibt so, wenn wir das Hausgeflügel
schützen. Diese und keine andere Botschaft gilt es zu
vermitteln. Doch die Menschen haben im Augenblick
Angst vor einer Ansteckungsgefahr. Durch gezielte Auf-
klärung sowie umfassende Information sollten wir die
Bevölkerung davon überzeugen, dass keine Anste-
ckungsgefahr besteht und dass der Verzehr von Geflü-
gelfleisch nicht gesundheitsgefährdend ist. Aufklärung
ist gefragt, nicht irreführende Information. Wir brauchen
klare Anweisungen wie zum Beispiel:

Die Vogelgrippe ist eine Tierseuche!

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(C (D Berühren Sie keine verendeten Tiere! Verständigen Sie die Behörden, wenn Sie verendete Tiere finden! Importieren Sie kein Geflügel und keine Geflügelprodukte, wie zum Beispiel Federn, aus betroffenen Ländern! Vermeiden Sie vorübergehend den direkten Kontakt durch Anfassen von Geflügel! it solchen sachlich fundierten Informationen kann die evölkerung etwas anfangen; sie gehören meines Erach ens jeden Tag in die Presse. Öffentliches Spekulieren über die Möglichkeit von andemien und ihre Folgen vermag vielleicht notorichen Pessimisten und Freunden schwarzer Zukunftsszearien Genugtuung bereiten, dient jedoch nicht der Sahe: einer angemessenen, verständlichen Aufklärung nserer Bevölkerung. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eine persönliche Bitte an die Presse lautet: Ehrlich und
achlich fundierten Journalismus betreiben, Verzicht auf
eglichen Schlagzeilenaktionismus, der die Ängste der

enschen schürt.

Die Einrichtung eines Bürgertelefons am Robert-
och-Institut für eine umfassende Aufklärung oder In-

ernetseiten über Schutzmaßnahmen geben denjenigen,
ie mehr Informationen brauchen oder wollen – ob Insi-
er oder andere –, die Möglichkeit, mehr zu erfahren –
u welcher Stunde auch immer. Nicht nur für die priva-
en Verbraucher, sondern auch für die Geflügelindustrie
pielt Aufklärung eine besondere Rolle. Dabei geht es
uch um den Erhalt von Arbeitsplätzen.

Während wir uns in den Diskussionen um Gammel-
leisch und verdorbenes Wildfleisch vorwiegend auf na-
ionalem Terrain bewegten, handelt es sich bei der Vo-
elgrippe um ein Problem mit Ursachen und Ausmaßen,
ie uns global denken und handeln lassen müssen. Eines
ollte allen Beteiligten klar sein: Eine perfekte Koordi-
ation und Handlungskompetenz im direkten Umfeld
der sogar EU-weit kann den Problemen vor Ort entge-
enwirken und die Bevölkerung vorübergehend schüt-
en. Schon jetzt wird allerdings nur allzu deutlich, dass
eltweit bereits sehr viele betroffen sind und dass ihnen
eholfen werden muss. Dies ist insbesondere wichtig,
m uns perspektivisch selber helfen zu können.

Ursachenbekämpfung ist gefragt. Denn eines ist si-
her: Der nächste Vogelzug kommt bestimmt. Wenn wir
ukünftig nicht zweimal im Jahr in bangem Warten ver-
arren wollen, um hoffentlich jedes Mal erleichtert seuf-
end aus der Sache herauszukommen, müssen wir über
en eigenen Tellerrand hinausblicken und handeln – vor
rt, zum Beispiel in Südostasien. Es hilft wenig, ange-

ichts der Missstände dort zu sagen: Schaut auf uns in
eutschland, so müsst ihr es machen! – Wir müssen uns
arüber im Klaren sein, dass unsere gesundheitlichen
tandards, unsere veterinärmedizinischen Anforderun-
en und Kenntnisse, zum Beispiel das Aufstallen, nichts






(A) )



(B) )


Volker Blumentritt
mit den Realitäten in den betroffenen Ländern zu tun ha-
ben und kaum übertragbar sind. Unser Know-how ist ge-
fragt. Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, darauf hin-
zuwirken, dass unsere Standards im Umgang mit dieser
Seuche weltweit üblich werden. Daraus ergibt sich für
mich als eine der wichtigsten Herausforderungen: Wir
müssen Strategien erarbeiten, um eine Ursachenbekämp-
fung vor Ort zu ermöglichen und voranzutreiben. Nur
durch weltweit einheitliche Standards wird es uns in Zu-
kunft gelingen, derartige Epidemien von Pandemien zu
minimieren, vielleicht sogar vollkommen zu bannen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601904300

Kollege Blumentritt, das war Ihre erste Rede. Herzli-

chen Glückwunsch und alles Gute für Sie!


(Beifall)


Ich erteile das Wort Kollegin Kirsten Tackmann,
Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601904400

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun-

deskanzlerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe
Gäste! Um es vorwegzuschicken: Auch wir wollen keine
Panikmache, im Gegenteil; denn Angst ist immer ein
schlechter Ratgeber. Bezüglich der aktuellen Infektions-
gefahr für den Menschen muss in der öffentlichen
Debatte aber daran gedacht werden: Bei 7 000 bis
13 000 Todesfällen jährlich infolge humaner Influenza-
viren allein bei Menschen in der Bundesrepublik relati-
vieren sich die bislang 79 Todesopfer durch H5N1 welt-
weit. Sie sind aber Anlass genug – auch hinsichtlich der
Pandemiegefahr –, den humanmedizinischen Aspekt in
dieser Diskussion niemals aus den Augen zu verlieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Debatte hat das gerade gezeigt, Herr Goldmann. Ich
stehe hier an Ihrer Seite.

Die aktuell größere Gefahr besteht allerdings für das
160 Millionen Tiere starke deutsche Geflügelvolk. Dem
Geflügelpestausbruch in Italien sollen immerhin 30 Mil-
lionen Hühner zum Opfer gefallen sein. Die wirtschaftli-
chen Verluste zum Beispiel in Asien wurden im vergan-
genen Jahr auf mehr als 10 Milliarden Euro geschätzt.
Es stehen damit auch wirtschaftliche Existenzen auf dem
Spiel. Wir haben also zumindest potenziell ein sehr erns-
tes Problem.

Nach den beiden Anhörungen im Ausschuss bin ich
mir aber aus verschiedenen Gründen, von denen ich hier
nur einige nennen kann, eher unsicher, ob wir dieser be-
drohlichen Situation entsprechend aufgestellt sind. Vor
allem die zentralen Defizite hinsichtlich der epidemiolo-
gischen Grundlagen der aviären Influenza sind beunruhi-
gend; denn dieses Wissen ist der Schlüssel für effektive
und angemessene Handlungskonzepte.

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(C (D Neben ganz grundsätzlichen Fragen stellen sich auch ehr konkrete Fragen, die alle unbeantwortet sind: Welhe Konsequenzen hat die Situation in Norditalien, wo ufgrund der Impfung nicht zwischen infizierten und gempften Tieren unterschieden werden kann? Wie ist das irus zu uns gelangt? Wie lange hält es sich bereits hier uf? Tote Schwäne gab es schließlich jedes Jahr. Welche erbreitungswege hat es genommen oder wird es noch ehmen? Warum sind jetzt ausgerechnet Höckerschwäne eine ndikatorspezies? ind sie infektionsgefährdeter? Sterben sie besonders chnell? Sind sie besonders oft untersucht worden? Geht on ihnen eine unmittelbare Gefahr für die Geflügelhalung aus? Zumindest die letzte Frage könnte man grundätzlich mit Ja beantworten; denn es gab Ausbrüche in ebieten, in denen auch Schwäne infiziert waren. Was edeutet das aber für die hiesigen Verhältnisse? Welche nderen Vogelarten sind involviert? Wie verhält sich das irus in Wildvögeln? Wie groß ist die Gefahr, die durch ildvögel für die Menschen entsteht? Durch diese Fragen werden die Defizite belegt. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ja, so ist es!)


abei war – das müssen Sie zugeben, wenn Sie ehrlich
u uns sind – die Wahrscheinlichkeit einer Einschlep-
ung eher hoch. Ich habe darum auch von dieser Stelle
us mehrmals darauf hingewiesen; denn die wichtigsten
inschleppungsrisiken, die illegale Zufuhr von Risiko-
aterial und der Vogelzug, sind nicht beherrschbar. Es
ären also Anlass und Zeit genug gewesen, sich einigen
ragen sehr ernsthaft zu widmen.

Zugegeben, es ist ein gewaltiger Fortschritt, dass
undes- und Landesregierung die Risikobewertung der
xperten im Friedrich-Loeffler-Institut, vor allem im
nstitut für Epidemiologie in Wusterhausen, jetzt erns-
er nehmen. Selbst Epidemiologen können aber nicht al-
es gleichzeitig tun: wissenschaftlich arbeiten, die rele-
anten Daten sammeln, pflegen und evaluieren, in der
ürkei, in Rumänien und in Nigeria die Bekämpfung un-

erstützen, in Brüssel, Bonn und Berlin Rede und Ant-
ort stehen und tagesaktuelle Risikobewertungen

chreiben.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn jetzt die Wusterhausener epidemiologische
insatzgruppe zu Seuchenausbrüchen gerufen wird,
ann ziehen wir an der viel zu kurzen Decke wieder nur
in und her und uns wird gleichwohl kalt bleiben. Selbst
it dem Mut zur Lücke und dankenswert hohem Engage-
ent der Kolleginnen und Kollegen sind unter solchen
edingungen nicht mehr alle fachlichen Anforderungen
u erfüllen. Die Forschung bleibt fast gänzlich auf der
trecke. Fehlende Ressourcen durch nicht wieder be-
etzte oder nicht zugewiesene Personalstellen spitzen die
ituation weiter zu.






(A) )



(B) )


Dr. Kirsten Tackmann
Die Frage nach der dringenden Notwendigkeit eines
personell und finanziell angemessen ausgestatteten epi-
demiologischen Zentrums, wie es in Wusterhausen in
Grundzügen besteht, ist in anderen Ländern Europas und
der Welt längst positiv beantwortet. In Deutschland da-
gegen wird die Wissenschaftsdisziplin Epidemiologie
oft auf Prozentrechnung und mehr oder weniger bunte
Karten reduziert. Das ist bei der zunehmenden wirt-
schaftlichen und gesundheitlichen Bedeutung von Tier-
seuchen in Zeiten von MKS, Schweinepest, SARS und
Tollwut und auch aufgrund der gewachsenen Personen-
und Warenströme in der globalen Welt blamabel für ein
Land der Dichter und Denker.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dass eine epidemiologische Einrichtung an einen
Standort gehört, der für ihre spezifischen Aufgaben ge-
eignet ist, sollte eigentlich unstrittig sein. Die Wuster-
hausener kämpfen jetzt seit zehn Jahren um ihren Stand-
ort und sie werden das auch weiter tun. Die jetzigen
Zeiten zeigen, dass sie Recht damit haben.

Beim Thema Epidemiologie war die ehemalige DDR
ihrer Zeit übrigens offensichtlich weit voraus. Das ist
eine vergebene historische Chance.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das kann man falsch verstehen! Was soll das heißen?)


Auch durch diese Defizite ist im Moment nur eines si-
cher: H5N1 ist in Deutschland angekommen. Spätestens
jetzt stellt sich die sehr drängende Frage: Sind wir auf ei-
nen daraus möglicherweise folgenden Tierseuchenaus-
bruch vorbereitet? Die Bundesregierung verweist auf
standardisierte Bekämpfungsverfahren, deren Effektivi-
tät und Realisierbarkeit nicht bewiesen sind. Das sind
jedenfalls keine Bekämpfungskonzepte, wie sie ge-
braucht werden: wissenschaftlich erarbeitet und eva-
luiert, mit Kosten-Nutzen-Rechnung, mit Ermittlung der
notwendigen und, was sehr wichtig ist, tatsächlich ver-
fügbaren finanziellen, materiellen und personellen Res-
sourcen und mit sachlicher Prüfung von Präventions-
optionen, zum Beispiel Impfstrategien.

Antworten der Bundesregierung auf meine schriftli-
chen Anfragen verweisen auf weitere Unwägbarkeiten.
Krisenübungen haben Defizite aufgezeigt. Das für sol-
che Krisen so dringend gebrauchte mobile Bekämp-
fungszentrum scheint immer wieder in die Mühlen des
Föderalismus und anderer sachfremder Erwägungen zu
geraten.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Das ist doch längst bestellt!)


Gleiches gilt für die bundesweite Koordination des so
dringend benötigten Tierseuchenbekämpfungshand-
buchs. Mit dem Wissen, dass sich Tierseuchen selten an
administrative Grenzen halten, kann ich an dieser Stelle
nur dazu aufrufen, weniger Föderalismus zu wagen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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(C (D Das Wissensdefizit bei Wildtieren als Erregerreseroir fällt uns auch bei anderen Infektionen immer wieder or die Füße. Dass ausgerechnet jetzt den oft ehrenamtich arbeitenden ornithologischen Experten mit ihren trukturen das finanzielle Siechtum droht, ist eine draatische Verkennung der Tatsachen. Vielmehr sind ein usbau und eine enge Verknüpfung von wildtierbiologi chen und epidemiologischen Ressourcen zu fordern. as ist am Ende auch billiger, wenn man die wirtschaft ichen Schäden durch Tierseuchen in die Bilanz aufimmt. Mein Fazit ist: Wir wissen vieles nicht. Aber eines teht fest: Die Zeit des Beobachtens ist vorbei. Jetzt uss agiert werden. Ich hoffe, wir sind darauf einigeraßen vorbereitet. Danke. Ich erteile das Wort Kollegin Ursula Heinen, CDU/ SU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der LINKEN und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601904500


Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1601904600

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor

ast genau einem Monat haben wir hier schon einmal
ber das Thema Vogelgrippe gesprochen, und zwar im
ahmen einer Aktuellen Stunde. Damals ging es um die
erstärkte Ausbreitung der Vogelgrippe in der Türkei.
ber die Debatte damals war ganz anders als die heutige
ebatte. Die damalige Debatte war nämlich dadurch ge-
ennzeichnet, dass sich alle Redner, auch die von der
pposition, bemüht haben, besonnen zu sein, vernünftig

u argumentieren und aus diesem wichtigen Thema kein
nnenpolitisches Kampfthema werden zu lassen, wie
ich das heute darstellt. Ich bin sehr enttäuscht, dass so
ehandelt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Kollege Goldmann, ein Wort zur Ergänzung. Die
eltgesundheitsorganisation hat – das geht aus den

ickermeldungen hervor – Deutschland gerade bestätigt,
ass wir gemeinsam mit Frankreich und den USA bei
en Notfallmaßnahmen, die wir auf den Weg bringen,
ührend sind. Das sind doch Tatsachen. Das, was in
eutschland gemacht wird, wurde geprüft. Man kann
och nicht einfach sagen, dass das nicht stimmt. Das-
elbe gilt für Sie, Frau Tackmann. Das Tierseuchenbe-
ämpfungszentrum ist längst auf den Weg gebracht wor-
en.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wann denn?)


Das kommt jetzt. Ich finde es einfach eine Frechheit,
enn Sie hier Sachen behaupten, die nicht stimmen.

Heute Morgen habe ich in den Meldungen der Agen-
uren gelesen, dass Frau Höhn erklärt hat, die Tötung
on Millionen von Tieren sei möglich. Ich finde es zum






(A) )



(B) )


Ursula Heinen
jetzigen Zeitpunkt unverantwortlich, so zu argumentie-
ren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich bin ja gleich dran!)


Frau Höhn, als Sie Agrarministerin in Nordrhein-West-
falen gewesen sind, haben Sie versucht, mit Augenmaß
zu handeln, als es im Jahr 2003 um den Ausbruch der
Geflügelpest in Nordrhein-Westfalen und Holland ge-
gangen ist.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Keine Aufstallung!)


Dass Sie dieses Verhalten über Bord werfen, nur um eine
schnelle Schlagzeile zu bekommen, finde ich persönlich
enttäuschend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Vorhin wurde von dem Kollegen der FDP gesagt, er
sehe keinen Handlungsrahmen. Vielleicht waren Sie
20 Minuten woanders als ich. Ich habe das, was der Mi-
nister an Maßnahmen vorgestellt hat und was nach sei-
ner Meinung alles gemacht werden soll, sehr gut ver-
standen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt: Es gibt keinen gemeinsamen Handlungsrahmen!)


Ich kann nur sagen: Das Handeln der Bundesregierung
ist zurzeit besonnen und effektiv. Die Aufstallung ist für
den morgigen Tag angeordnet. In Mecklenburg-Vorpom-
mern hat der Landwirtschaftsminister die Aufstallung
bereits ab dem gestrigen Mittwoch verpflichtend ge-
macht. Damit wurde entsprechend dem Risiko gehandelt
und reagiert. Dass die Bundesregierung diese Maßnah-
men ergriffen hat und Vorbereitungen zum weiteren
Handeln trifft, ist bekannt. Dies gilt verstärkt, seit in Ös-
terreich zu Beginn der Woche die ersten Fälle aufgetre-
ten sind.

Alles in allem sind die in Europa aufgetretenen Fälle
zwar beunruhigend, aber es besteht kein Grund zur Pa-
nik. Unser wichtigstes Ziel ist es, die Menschen vor ei-
ner Ansteckung zu schützen. Aber wir wissen auch – die
Gesundheitsministerin hat es eben in ihrer Kurzinterven-
tion noch einmal deutlich gemacht –: Es erfolgt, wenn
überhaupt, nur eine Übertragung vom Tier auf den
Menschen. Wir haben keinerlei Hinweise auf Übertra-
gungen von Mensch zu Mensch. Auch das hat die Welt-
gesundheitsorganisation erst kürzlich noch einmal deut-
lich gemacht.


(Zuruf von der FDP: Zu Recht!)


Dass sich die Geflügelpest in Asien beispielsweise
derartig ausgebreitet hat, hängt auch mit den dortigen
Lebensbedingungen zusammen. Wo Menschen mit Ge-
flügel unter einem Dach leben, vergrößert sich nämlich
die Ansteckungsgefahr erheblich. Das war in der Türkei
der Fall, wo Kinder gestorben sind, weil sie mit toten
Hühnern gespielt haben. Wir erinnern uns noch alle an
diese Bilder. Wir sollten insofern mit Panikmache vor-
sichtig sein.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Friedrich-Loeffler-Institut ist ein renommiertes
nstitut, das uns bisher sehr fachkundig unterrichtet hat.
s hat in allen Bewertungen und Berichten, die wir vor
inem Monat und auch in diesem Monat bekommen ha-
en, die höchsten Risiken für uns deutlich gemacht. Das
ildvogelrisiko ist nur mäßig hoch. Auch durch legale

mporte kann an sich wenig passieren.

Unser Hauptproblem ist nach wie vor der illegale
mport von Geflügel. Es hat bereits entsprechende Vor-
älle gegeben. Im Januar hat ein Reisender fünf Gänse
us der Türkei mitgebracht. In dem Bericht des
riedrich-Loeffler-Instituts wird ein Reisender aus
angkok angeführt, der zwei Bergadler mitgebracht hat,
on denen einer mit dem Virus infiziert war. In solchen
ällen müssen wir handeln. Insofern ist es besonders
ichtig, dass wir nächste Woche im Agrarministerrat der
uropäischen Union um die Verschärfung der Einfuhr-
ontrollen und vor allem für die Deklarationspflicht
ämpfen, die es bisher noch nicht gibt.

Ich bedaure es, dass Ihre Kollegen auf EU-Ebene der-
eit noch etwas zögern, den Vorschlägen der Bundes-
egierung in diesem Zusammenhang zu folgen und sie
mzusetzen. Aber ich hoffe, dass die in Europa aufgetre-
enen Fälle dazu beitragen, das Bewusstsein auch der an-
eren europäischen Minister zugunsten einer verbesser-
en Handlungsfähigkeit zu schärfen, auch wenn es
arum geht, das Schengenabkommen teilweise außer
raft zu setzen, um die Kontrollmöglichkeiten weiter zu
erbessern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn wir all diese Maßnahmen – vor allen Dingen
insichtlich der illegalen Importe – sukzessive befolgen,
ann wird die Vogelgrippe das bleiben, was sie ist, Kol-
ege Goldmann, nämlich eine Tierseuche.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das hoffen wir alle!)


ch bin der Meinung, dass wir als Abgeordnete dieses
arlaments mit diesem Thema verantwortungsvoll um-
ehen sollten.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601904700

Ich erteile das Wort Kollegin Bärbel Höhn, Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601904800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

nformationen haben sich in den vergangenen Tagen
berschlagen. Das machen zum Beispiel die Zeitungs-
berschriften vom Mittwoch deutlich. Die Zeitungen,
ie früher in Druck gingen, brachten noch Titelzeilen
ie „Vogelgrippe jetzt in Österreich“. Die Zeitungen, die

twas länger auf Informationen warten konnten, haben






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(B) )


Bärbel Höhn
schon am Mittwochmorgen mit „Vogelgrippe jetzt in
Deutschland“ getitelt. Die Nachrichten haben sich, wie
gesagt, überschlagen. Aber gerade bei Tierseuchen kann
etwas, das man lange hat kommen sehen, schnell eintre-
ten.

Ich halte es für notwendig, zunächst einmal festzuhal-
ten, welche großen und wichtigen Gemeinsamkeiten be-
stehen. Eine wichtige Gemeinsamkeit ist aus meiner
Sicht – darin stimme ich dem Bundesminister ganz und
gar zu – die Auffassung, dass bei allen Maßnahmen, die
wir durchführen, der Schutz der Menschen oberste Prio-
rität haben muss.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Wichtig ist außerdem, dass wir die Bevölkerung umfas-
send und ausreichend informieren, um so das notwen-
dige Vertrauen in die zu ergreifenden Maßnahmen zu
schaffen. Damit meine ich richtige Informationen, lieber
Herr Blumentritt. Ihre Ausführungen, die etwas ungenau
waren,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: So ist es!)


möchte ich gerne korrigieren. Sie werden schnell mer-
ken, dass die Menschen Ihnen nicht glauben.

Tatsächlich ist es so: Wenn man engen Kontakt zu er-
krankten Tieren hat, kann man sehr wohl erkranken und
sogar sterben. Mittlerweile sind weltweit circa
90 Menschen an der Vogelgrippe gestorben. Das sollten
wir sicherlich nicht zum Anlass nehmen, Panik zu ma-
chen und für Hysterie zu sorgen. Aber wir dürfen das
den Menschen nicht verheimlichen. Die für die Bevölke-
rung wichtige Information lautet: Normale Verbrauche-
rinnen und Verbraucher, die totes Geflügel oder fremdes
Federvieh nicht anfassen, müssen sich keine Sorgen ma-
chen. Für sie besteht keine Gefahr. So ist es exakt und
differenziert darzulegen.

Viele Punkte sind in dieser Debatte bislang – gerade
von den Regierungsfraktionen – nicht angesprochen
worden. Liebe Frau Heinen, es geht nicht nur darum,
darzulegen, was gemacht wurde, und darauf zu verwei-
sen, was auf EU-Ebene noch zu tun ist. Vielmehr geht es
darum, darüber nachzudenken, was in Deutschland pas-
siert ist, nachdem das Virus bei uns entdeckt worden ist.
Ich muss sagen: Die Premiere ist absolut fehlgeschlagen.
Das, was wir in Mecklenburg-Vorpommern gesehen ha-
ben, war in vielen Punkten fehlerhaft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


Es geht nicht nur darum, Notfallpläne aufzustellen,
sondern auch darum, Notfallpläne umzusetzen. Die Um-
setzung hat nicht funktioniert. Die Menschen, die im
Fernsehen sehen, dass tote Schwäne – obwohl bekannt
ist, dass sie mit dem Vogelgrippevirus infiziert sind – ei-
nen ganzen Tag herumliegen und nicht abtransportiert
werden, glauben nicht daran, dass der Notfallplan richtig
umgesetzt worden ist.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ich auch nicht!)


azu, dass im Ernstfall nicht richtig gehandelt wurde,
aben Sie nichts gesagt.

Es ist gut, dass Herr Backhaus auf der Bundesrats-
ank, und zwar hinter mir, Platz genommen hat; denn
ch habe ein paar Fragen an ihn, die er oder gegebenen-
alls die Bundesregierung beantworten soll.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Darauf warten wir schon!)


ir haben am vergangenen Dienstagabend erfahren,
ass die Schwäne infiziert sind. Das ist durch einen
chnelltest festgestellt worden. Nun habe ich aber er-
ahren, dass die Tiere schon in der vorangegangenen

oche gefunden worden sind, und zwar – hierzu gibt es
nterschiedliche Daten – entweder am 10. Februar oder
m 8. Februar. Es hat also vier bis sechs Tage gedauert,
ie Ergebnisse des Schnelltests auszuwerten. Das ist
och kein Schnelltest mehr. Da ist doch etwas schief ge-
angen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


ier haben die Behörden vor Ort, in Mecklenburg-Vor-
ommern, offensichtlich versagt. Ich möchte von Herrn
ackhaus genau wissen, warum der Schnelltest vier bis

echs Tage gedauert hat, wann der erste tote Schwan ge-
unden wurde, wann die Untersuchung durchgeführt
orden ist und wann die Öffentlichkeit informiert
urde. Auch das gehört zu einem wirksamen Krisenma-
agement.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen aufpassen, was als Nächstes passiert. Wir
üssen jetzt verhindern, dass das Virus in die Geflügel-

tälle gelangt. Wenn das geschieht, Frau Heinen – es
timmt, dass ich entsprechende Erfahrungen habe; vor
rei Jahren hatten wir die Geflügelpest in den Niederlan-
en und in Nordrhein-Westfalen –, müssen leider Millio-
en Tiere getötet werden. Darauf müssen wir uns vorbe-
eiten. Umso wichtiger ist es deshalb, Frau Heinen, dass
ir eine mobile Einsatzstation bekommen, die dann in
ie Krisenzentren fährt, um die notwendigen Maßnah-
en zu veranlassen. Eine solche Einsatzstation gibt es

islang – im Gegensatz zu dem, was Sie hier behauptet
aben, Frau Heinen – leider nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


Es geht nicht nur darum, theoretische Notfallpläne
ufzustellen. Vielmehr müssen die Notfallpläne dann,
enn sie zum Tragen kommen sollen, auch funktionie-

en. Wir müssen schauen, welches die besten Maßnah-
en sind. Der Minister hat eben gesagt, die beste und
irksamste Maßnahme ist die Stallpflicht. Die Stall-
flicht ist unbestritten wichtig und notwendig; darüber
ibt es keine Diskussion. Aber noch wichtiger ist, dass
ir die Ställe gerade in den Krisengebieten von Meck-

enburg-Vorpommern schützen und desinfizieren lassen;






(A) )



(B) )


Bärbel Höhn
denn gerade hier ist die Gefahr der Übertragung des
Virus auf den Menschen viel gravierender. Es kann näm-
lich vorkommen, dass Menschen, die in die Gebiete ge-
hen, in denen infizierte tote Tiere liegen, in einen Kot-
haufen treten, diesen unter ihren Stiefeln in einen
Geflügelstall tragen und so für die Weiterverbreitung des
Virus sorgen. Deshalb ist es umso notwendiger, dass wir
jetzt zu einer Desinfektion der Ställe kommen, damit das
Virus nicht in die Ställe gelangt. Auch das ist ein wichti-
ger Punkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte am Ende noch eines zu den Ausführungen
von Herrn Seehofer sagen. Er hat zum Schluss gesagt
– ich hoffe, das war eine freudsche Fehlleistung –: Si-
cherheit geht im Moment vor Ökonomie.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nicht nur im Moment!)


Aus meiner Sicht geht Sicherheit immer vor Ökonomie.
Das sollte immer der Fall sein. Auch in diesem Punkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Bleser [CDU/CSU]: Das haben wir nicht bestritten!)


Bei allen Gemeinsamkeiten, die wir haben und die
wir immer vertreten werden: Achten Sie im Zusammen-
hang mit der Föderalismusdiskussion darauf, dass mehr
Kompetenzen an den Bund gehen. Wir sehen momen-
tan, dass die Länder überlastet sind. Herr Seehofer, Sie
haben gestern gesagt, beim Krisenstab sei keine Hilfe
angefordert worden. Heute gibt es eine Meldung der dpa,
dass der Rügener Amtsleiter Karl-Heinz Walter sagt, er
sei vollkommen überfordert, er könne die toten Schwäne
überhaupt nicht einsammeln und er bitte um Hilfe. Es
kann nicht sein, dass der Minister gestern im gemeinsa-
men Krisenstab sitzt und nichts sagt und heute der Amts-
leiter um Hilfe bittet. Die Zusammenarbeit zwischen
Bund und Ländern muss verbessert werden. Der Bund
muss mehr Kompetenzen bekommen, damit wir auf eine
Tierseuche richtig reagieren können.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Die Erkenntnis hätten Sie früher haben sollen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601904900

Ich erteile das Wort dem Minister für Ernährung,

Landwirtschaft, Forsten und Fischerei des Landes Meck-
lenburg-Vorpommern, Till Backhaus.


(Mecklenburg-Vorpommern)


Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Damen und Herren Abgeordnete! Die Vogelgrippe hat
Deutschland erreicht. Das macht uns sehr betroffen. Als
zuständiger Minister für Ernährung, Landwirtschaft,
Forsten und Fischerei des Landes Mecklenburg-Vor-
pommern und als Verantwortlicher für den Verbraucher-
schutz nehme ich diese Lage sehr ernst.

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(C (D Frau Höhn, ich möchte zunächst Ihre Frage und Ihre ußerungen aufgreifen. Wir wissen jetzt definitiv, dass s sich um das Virus H5N1 handelt, das hochpathogen st. Diese Bestätigung haben wir heute Vormittag endlich ekommen. Die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern haben eit August 2005 – Frau Höhn, damals waren Sie selbst och in Ihrem Bundesland verantwortlich – Alarmpläne nd klare Anweisungen erarbeitet. Ich will ausdrücklich etonen: Es gibt in Mecklenburg-Vorpommern einen anz klar strukturierten Plan. Die Verantwortung vor Ort rägt zunächst der Landkreis, solange es sich um einen okal klar definierten Raum handelt. Das heißt, die Landätin des Landkreises Rügen hat die volle Verantwortung ür die Umsetzung der Maßnahmen. Wir als Landesegierung haben dem Landkreis Rügen die volle Untertützung und Hilfe angeboten. Sollte es zu weiteren orfällen kommen – das habe ich gestern in der Verbrauherschutzkonferenz deutlich gemacht –, werden wir als andesregierung ganz stringent weitere Maßnahmen inleiten. Darauf komme ich gleich, Herr Westerwelle. Wir haben im Vorgriff auf die Bundesverordnung und n Absprache mit Ihnen, Herr Bundesminister, sowie im orgriff auf die Verordnung der Europäischen Union ine Verordnung innerhalb des Landes erlassen. Daraus eht ganz klar hervor, dass wir erstens die Stallpflicht in anz Mecklenburg-Vorpommern durchsetzen, zweitens en Handel mit Geflügel in mobilen Einrichtungen unersagen und drittens insbesondere den Tierverkehr einchränken. Ich will auch betonen, dass wir in diesem Krisengeiet – das ist richtigerweise hier angedeutet worden – eien Schutzradius von 3 Kilometern gezogen und einen eobachtungsraum von 10 Kilometer Breite eingerichtet aben. In diesem Gebiet sind folgende Dinge angeordnet orden: Jegliches Verbringen von Geflügel und fri chem Geflügelfleisch ist untersagt. Die Einschränkung es Personenund Fahrzeugverkehrs ist umgesetzt und Frau Höhn, das sage ich Ihnen ausdrücklich; Sie hätten igentlich die Unterlagen haben müssen – wir haben insesondere Desinfektionsmaßnahmen vor den Ställen und n den Ausgängen angeordnet. Herr Minister, gestatten Sie zwei Zwischenfragen, ine der Kollegin Iris Hoffmann und eine des Kollegen uido Westerwelle? Dr. Till Backhaus, Minister (Mecklenburg-Vorpomern)


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Welche?)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601905000
Ja, gerne.


Iris Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1601905100

Herr Minister, nachdem die Kollegin Höhn ausge-

ührt hat, dass der Notfallplan in Mecklenburg-Vorpom-
ern fehlerhaft umgesetzt wurde – ich möchte sie mit
einer Frage nicht enttäuschen –: Können Sie hier erläu-






(A) )



(B) )


Iris Hoffmann (Wismar)

tern, welche konkreten Maßnahmen in Mecklenburg-
Vorpommern erlassen worden sind und welche Sie noch
zu ergreifen gedenken?


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht er doch gerade!)


– Ja, aber ich möchte es ganz konkret wissen. Ich habe
sehr wohl zugehört. Vielleicht ist es auch für Sie wichtig,
das noch einmal zu hören.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Also, man kann es auch nachlesen und man sollte richtig zuhören!)



(Mecklenburg-Vorpommern)


Ich will die Maßnahmen, die ich gerade angedeutet
habe, unterstreichen. Was den Wildgeflügelbereich an-
geht, werden wir bis zum Wochenende insgesamt
7 000 Tiere in Mecklenburg-Vorpommern untersucht ha-
ben. An dieser Stelle möchte ich wirklich um ein biss-
chen mehr Sachlichkeit bitten. Wir haben ein Problem.
Das ist erkannt worden. Maßnahmen sind eingeleitet
worden. Die Umsetzung wird jetzt mit aller Kraft betrie-
ben.

An dieser Stelle sage ich noch einmal sehr klar: Wir
haben in Mecklenburg-Vorpommern zwei Höcker-
schwäne und einen Habicht mit dem Erreger H5N1 auf-
gefunden. Ich wiederhole: Bei 7 000 Tieren wurden Pro-
ben entnommen; drei davon wurden positiv getestet.
Man muss der Bevölkerung sagen: Jawohl, wir haben
hier ein Problem, aber wir werden alles dafür tun, Gefah-
ren und Probleme für die Bevölkerung abzuwenden; au-
ßerdem werden wir alles dafür tun, dass in Mecklen-
burg-Vorpommern und anderswo das Übergreifen der
Vogelgrippe auf Haustierbestände verhindert wird.

Ich wiederhole an dieser Stelle auch, Frau Höhn: Wir
haben ebenfalls angewiesen, dass verschärft Laborunter-
suchungen von Hausgeflügelbeständen vorgenommen
werden, um wirklich einen epidemiologischen Weg auf-
zuzeigen. Was hier dazu gesagt worden ist, ist richtig.
Herr Bundesminister, ich bitte darum, dass wir die Be-
handlung dieser Fragestellung mit aller Kraft gemeinsam
betreiben.

Wir beproben und analysieren alle – ich betone: alle;
ich verweise auf die Zusammenarbeit mit dem Bund –
tot aufgefundenen Wildvögel.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601905200

Herr Minister, ich möchte Sie daran erinnern, dass

auch Herr Westerwelle eine Zwischenfrage stellen
möchte. Außerdem hat sich die Kollegin Höfken zu ei-
ner Zwischenfrage gemeldet.


(Mecklenburg-Vorpommern)


Von mir aus beantworte ich diese Fragen gerne, wenn
das nicht von meiner Redezeit abgeht, Herr Präsident.

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(C (D Herr Minister, nein, es geht nicht von Ihrer Redezeit b. Vorab möchte ich sagen: Ich habe nicht die tiermediinischen Kenntnisse von Frau Kollegin Tackmann oder on Herrn Goldmann. Das geht wahrscheinlich fast allen nderen in diesem Raume so. Wenn ich den Verlauf dieser Debatte, Ihre Ausführunen und die Ausführungen von Herrn Minister Seehofer ichtig verstanden habe, dann handelt es sich um ein irus, das bei Kontakt mit dem verendeten Federvieh uf den Menschen übertragen werden kann. Das heißt, es esteht eine Gefährdung für den Menschen. Wie ist es zu rklären – ich habe es selber gestern Abend vor einer eranstaltung bei RTL und im Zweiten Deutschen Fernehen in den Hauptnachrichtensendungen gesehen –, ass in Ihrem unmittelbaren Regierungsbereich Kameras or verendeten Schwänen aufgebaut wurden, die dort icht stunden-, sondern tagelang lagen? Diese Bilder aren als Hintergrundmaterial für die Fernsehanstalten auglich. Wenn das so ist, ist es meines Erachtens nahe liegend, ass Kinder oder andere, die weniger aufgeklärt oder inormiert sind, möglicherweise Kontakt zu diesen vereneten Vögeln hatten. Ist es in dieser Lage zu verantworen, dass diese verendeten Vögel als Kulisse für ernsehanstalten dienen konnten, weil niemand von Iher Regierung beauftragt wurde, diese Tiere wegzuräuen? (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1601905300


(Mecklenburg-Vorpomern)

Herr Westerwelle, es tut mir Leid, sagen zu müssen:

as Sie hier zum Ausdruck bringen, ist eine Zumutung,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


uch für Behörden, die versuchen, ordnungsgemäß ihre
rbeit zu machen.

Ich will Ihnen Folgendes erklären – das werden auch
ie verstehen –: Auf der Insel Rügen ist es in den letzten
ahren, insbesondere in kalten Wintern, zu verstärktem
ufenthalt von Geflügel gekommen. Ich nenne Ihnen
ie Zahl – ich hoffe, man kann sich das bildlich vorstel-
en –: Am Tag sind es bis zu 100 000 Stück Geflügel der
erschiedenen Arten und Gattungen. Bis zu 100 000!


(Gustav Herzog [SPD]: Herr Westerwelle hat keine Ahnung davon! – Weitere Zurufe)


Augenblick mal! – In schweren Wintern – einen sol-
hen haben wir gerade – ist es normal – so bitter das ist
nd so weh mir das auch in der Seele tut, weil ich Tier-
chützer bin –, dass bis zu 300 Tiere


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: 300!)


ufgrund von Erfrieren oder Futtermangel verenden.






(A) )



(B) )


Minister Dr. Till Backhaus (Mecklenburg-Vorpommern)

Bei der Bergung der toten Tiere, insbesondere der
Schwäne, ist es – das ist richtig – zu Problemen gekom-
men. Warum? Wenn Tiere eingefroren sind, ist es außer-
ordentlich kompliziert – das können Sie sich vorstellen –,
diese herauszubekommen. Dazu kommt, dass jetzt Tau-
wetter herrscht und Menschen nicht auf das Eis gehen
dürfen, um die Tiere zu bergen. Ich habe angewiesen,
dass Katastrophenschutz und Polizei, insbesondere Was-
serschutzpolizei, alles unternehmen, um die Tiere jetzt zu
bergen und unverzüglich zur Beprobung zu bringen.

Ich bitte auch die Medien an dieser Stelle um ein biss-
chen Verständnis. Ich kann sie ja verstehen. Mir ist es
auch nicht anders gegangen. Wenn man diese Bilder
sieht, bekommt man das Gefühl, als ob dort nicht gehan-
delt wird. Ich sage Ihnen aber: Mir ist mitgeteilt worden,
dass der Landkreis – wir haben im Übrigen Verstärkung
dorthin gegeben – bis gestern Abend in der Lage war,
alle toten Tiere zu bergen. Ich werde das jetzt nochmals
überprüfen und wir werden weitere Maßnahmen einlei-
ten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601905400

Letzte Zwischenfrage, Kollegin Höfken.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601905500

Herr Minister Backhaus, einige Fragen.

Erstens. Sie haben die Frage der Kollegin Höhn, wa-
rum zwischen dem Auffinden der Tiere und der Be-
kanntgabe des Ergebnisses so viel Zeit vergangen ist,
nicht beantwortet.

Das Zweite. Wir haben gestern im Ausschuss über
das Wildvogelmonitoring gesprochen. Da wurde gesagt,
es sei in Risikogebieten untersucht worden, gerade von
Mecklenburg-Vorpommern. Haben Sie denn Risikoge-
biete, in denen eine solche Untersuchung stattfindet, de-
finiert und ausgewiesen?

Das Dritte. Die Schutzzone und das Beobachtungsge-
biet umfassen eine Fläche mit einem Radius von 10 Ki-
lometern. Nun gibt es dort in 13 Kilometer Entfernung
große Geflügelbetriebe. Sind die jetzt in alle Schutzmaß-
nahmen einbezogen oder sind die, weil sie gerade außer-
halb der Schutzzone und des Beobachtungsgebietes lie-
gen, davon nicht erfasst?

Das Letzte. Werden Sie sich auch im Bundesrat dem-
nächst als Tierschützer betätigen, wenn es dort um das
Verbot der Käfighaltung geht?


(Unruhe bei der CDU/CSU – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Was hat das denn damit zu tun? Das ist doch gerade ein Plädoyer dafür!)


Danke schön.


(Mecklenburg-Vorpommern)


Sehr geehrter Herr Präsident, ich möchte natürlich auf
die Fragen konkret antworten.

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(C (D Zu unserem Verfahren der Überwachung des Wildeflügels und des Geflügels insgesamt ist Folgendes estzustellen: Im Zusammenhang mit einem Seuchengechehen – es handelt sich hier um eine meldepflichtige rankheit; das wissen Sie – hat jeder Tierhalter, ob klein der groß, dann, wenn in den Beständen Symptome aufreten, die darauf hindeuten könnten, dass es sich um Gelügelpest oder -grippe handelt, unverzüglich – so ist es edenfalls bei uns im Land – den Veterinär und den andkreis zu informieren. Was das Auffinden der toten Schwäne anbetrifft, will ch konkret wie folgt antworten: Die Tiere sind am . Februar aufgefunden worden – das ist richtig – und in em Verfahren in das Landesamt verbracht worden. ann haben die Untersuchungen stattgefunden und es ist ann sofort gehandelt worden. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sechs Tage für einen Schnelltest! Das ist aber ein Schnelltest!)


Frau Höhn, ich komme gleich noch auf Ihr Problem
it dem mobilen Bekämpfungszentrum zu sprechen.
ann werde ich dem Deutschen Bundestag und der deut-

chen Öffentlichkeit auch einmal sagen, was da los ge-
esen ist


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Sehr gut!)


nd welche Verantwortung Sie im diesem Bereich getra-
en haben, nämlich überhaupt keine.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Frau Höfken, ich kenne Sie viele Jahre. Deswegen
age ich Ihnen: Wir überprüfen die Abläufe sehr genau.

ir haben 7 000 Proben genommen. Was das Wildvo-
elmonitoring anbetrifft, so haben wir das selbstver-
tändlich mit Ornithologen festgelegt, in Mecklenburg-
orpommern übrigens auch transparent. Ich bin ge-
pannt, was uns andere Bundesländer dazu präsentieren
erden. Wir haben die Gebiete ganz klar festgelegt. Das

st mit Wissenschaft und Forschung, mit dem For-
chungsinstitut und insbesondere mit dem Bundesminis-
erium abgestimmt worden.

Dass wir in Mecklenburg-Vorpommern als gewässer-
eichstes Bundesland – auch deswegen ist es für mich
as schönste Bundesland – eine besondere Gefahrensitu-
tion haben, hat mich im Übrigen zu der Entscheidung
ebracht, dass wir als erstes Bundesland festlegen, in
elcher Form Wildmonitoring zu betreiben und umzu-

etzen ist. Darauf ist auch von Ihrer Partei mit Häme und
berzogenen Forderungen reagiert worden. So wurde
efragt, was denn dieser Quatsch solle.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Genauso ist es!)


benso bin ich – auch von Kollegen von Ihnen – dafür
eschimpft worden, dass wir schon im September ein
ufstallungsgebot erlassen haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


iese Kritik war unverantwortlich.






(A) )



(B) )


Minister Dr. Till Backhaus (Mecklenburg-Vorpommern)

Ich bin kein Prophet, aber ich sage Ihnen, Frau Höhn,
dass ich mittlerweile davon überzeugt bin, dass ange-
sichts der Tatsache, dass das Virus aus Richtung China
kommt, der Eintrag früher stattgefunden hat. Das muss
natürlich noch wissenschaftlich abgeklärt werden. Somit
tragen auch Frau Künast und Sie konkret dafür Verant-
wortung, das nicht rechtzeitig erkannt zu haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Damit komme ich auf die Argumentation von Ihnen
und Ihrem ehemaligen Kollegen in Schleswig-Holstein
zu sprechen, die mir in der Seele wehgetan hat; denn es
ist für jeden Geflügelbetrieb und jeden Landwirt in
Deutschland schlimm, wenn er jetzt die Tiere einstallen
muss und dadurch wirtschaftliche Probleme bekommt.
Wir haben in Deutschland 123 Millionen Stück Geflü-
gelvieh. Allein mit dem Tiermaterial wird ein Umsatz
von etwa 1,2 Milliarden Euro erzielt. Es muss doch je-
dem klar sein, dass daran Existenzen von Familien hän-
gen. Deswegen bitte ich wirklich darum, diese Proble-
matik hier nicht zum Anlass zu polemischen und
populistischen Äußerungen zu nehmen. Das tut der Sa-
che nicht gut.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Nun auch noch einmal zu den beiden anderen Bei-
spielen. Zunächst zur unseligen Käfighaltung: Wenn es
nach mir bzw. dem Willen meiner Landesregierung ge-
gangen wäre, hätten wir längst ein TÜV-geprüftes Hal-
tungsverfahren. Da waren Sie, Frau Höhn – Sie können
jetzt ja die Wahrheit sagen –, mit uns auf einer Wellen-
länge. Sie haben sich bloß gegenüber Frau Künast nicht
durchsetzen können.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


Das war doch das ganze Problem.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erzählen Sie hier doch keine Märchen! Sie lenken nur ab!)


Wenn wir das geregelt hätten, hätten wir uns den jetzi-
gen Zustand erspart, in dem die deutsche Geflügelwirt-
schaft auf der Stelle tritt und keinen Millimeter weiter-
kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Nun zu dem zweiten Beispiel, dem mobilen Be-
kämpfungszentrum: Es ist richtig, dass die Länder und
der Bund 2005 entschieden haben, ein mobiles Bekämp-
fungszentrum einzurichten. Ich sage hier an dieser Stelle
– auch das gehört zur Wahrheit –, dass damals Ihr Haus
und die nordrhein-westfälische Landesregierung erhebli-
che Probleme bei der Finanzierung gemacht haben.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört! – Widerspruch der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


– Das ganze Problem fällt auf Sie zurück, Frau Höhn. –
Wir hatten nämlich bis Anfang Januar keine Zustim-

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(C (D ung Bayerns und Nordrhein-Westfalens zur Einrichung dieses mobilen Bekämpfungszentrums. Darunter eiden wir heute. Ich bin dem Bundesminister sehr dankar, dass wir gemeinsam – ich glaube nämlich, dass ich icht ganz unbeteiligt war – die Länder Nordrhein-Westalen und Bayern gezwungen haben, mitzumachen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Zwingen mussten!)


as Problem, meine Damen und Herren Abgeordnete,
st, dass wir nun in Zeitverzug geraten sind. Die Verant-
ortung dafür tragen Sie, Frau Höhn, voll mit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu sage ich gleich was!)


Hören Sie auch auf, in der Öffentlichkeit solch einen
lödsinn zu erzählen wie den, dass wir Seuchenmatten
ufstellen sollten. Das steht doch in unserem Erlass. Ich
in immer davon ausgegangen, dass wir gemeinsam ver-
ünftig miteinander reden können. Sie kennen meine Te-
efonnummer. Ich hätte wirklich erwartet, dass Sie mich
enigstens einmal angerufen hätten. Noch nicht einmal
azu waren Sie in der Lage.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist wirklich unverschämt!)


Abschließend möchte ich, um meine Redezeit nicht
öllig zu überziehen, noch einmal einige wenige Punkte
us der Sicht meines Bundeslandes sagen. Wir haben
lare Handlungsanweisungen erarbeitet und veröffent-
icht, um eine Infektionsgefahr für die Bevölkerung
nd für die Tierbestände in Mecklenburg-Vorpommern
öglichst auszuschließen. Ich habe Ihnen darzustellen

ersucht: Wir haben uns über das Bundesrecht bzw. über
as EU-Recht abgestimmt, um im Interesse der Men-
chen und im Interesse der Tiere zu handeln. Wir han-
eln mit ganz klaren Maßgaben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Zweitens. Wir haben ganz klare Vorkehrungen getrof-
en, um ein Überspringen des Virus von Wildgeflügel
uf Hausgeflügel zu vermeiden. Ich hoffe, dass uns das
elingt. Ich bin kein Prophet; aber wir wissen, was in
änemark los ist und dass es erste Anzeichen des Virus

n Schleswig-Holstein gibt. Wir werden also leider – das
etone ich – keine Sonderrolle einnehmen. Dass Rügen,
ie schönste deutsche Insel, die es gibt,


(Heiterkeit bei der SPD – Peter Bleser [CDU/ CSU]: Werbung ist im Bundestag verboten!)


etroffen ist, schmerzt nicht nur die Bundeskanzlerin,
ondern, wie ich glaube, sehr viele Menschen in
eutschland, in Europa und auf der Welt. Denn die Ge-

chehnisse sind natürlich auch für das Gesundheitsland
ecklenburg-Vorpommern und den Tourismusstandort
irklich schrecklich. Das sage ich ganz klar. Deswegen
üssen wir weg von der Polemik hin zur Aufklärung,

ur Information. Lassen Sie uns gemeinsam – Frau
öhn, da lade ich Sie ein – deeskalieren und uns austau-

chen!






(A) )



(B) )


Minister Dr. Till Backhaus (Mecklenburg-Vorpommern)

Ich glaube, Folgendes darf ich noch sagen, Herr Bun-
desminister. Wir haben jetzt zwei Verbraucherschutz-
konferenzen durchgeführt. Gestern habe ich ausdrück-
lich gesagt – Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
haben zum Teil dabeigesessen –: Wenn es kluge weitere
Hinweise gibt, welche Maßnahmen wir ergreifen sollen,
dann möge man mir das bitte sagen. – Ich habe zur
Kenntnis genommen, dass nichts Neues auf den Tisch
gelegt worden ist, sondern dass die Informationen über
den Sachstand und auch die Maßnahmen, die wir einge-
leitet haben, nicht nur von meinen Kolleginnen und Kol-
legen und vom Bundesminister akzeptiert, sondern auch
von Brüssel als positives Beispiel dargestellt worden
sind. Deshalb agieren wir in diesem Sinne. Ich glaube,
das ist richtig so.

Ich will nicht ausweichen. Ich sehe ein paar Punkte,
bei denen wir Geschlossenheit in Deutschland benöti-
gen, über alle Parteigrenzen hinweg. Ich habe Ihnen die
Maßnahmen erläutert. Handlungsbedarf sehe ich erstens
in Bezug auf ein einheitliches Vorgehen in Deutschland.
Das wird jetzt endlich durchgesetzt. Endlich haben wir
eine einheitliche Verordnung und alle haben sich daran
zu halten. Das haben Sie in der Vergangenheit nicht fer-
tig gebracht.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie uns daran gehindert haben!)


– Ich bin in dieser Frage ein Vorreiter; das wissen Sie
ganz genau. Wir in Mecklenburg-Vorpommern sind Vor-
reiter, was die Frage der prophylaktischen Maßnahmen
anbetrifft.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür brauchen Sie sechs Tage für einen Schnelltest!)


Zweitens muss mit Hochdruck an dem mobilen Be-
kämpfungszentrum gearbeitet werden. Ich glaube, Herr
Bundesminister, hier müssen wir noch Kohle nachlegen,
wenn ich das so sagen darf, damit wir vorankommen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601905600

Herr Minister, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


(Mecklenburg-Vorpommern)


Ich bin gleich fertig, Herr Präsident.

Drittens müssen wir mit aller Kraft – das ist hier
schon gesagt worden – an dem wissenschaftlich begrün-
deten Markerimpfstoff arbeiten. Ich würde mir wün-
schen, dass das weltweit stärker unterstützt wird.

Viertens sage ich mit aller Klarheit und Deutlichkeit:
Wir brauchen alternative Haltungsformen, weil bei der
Freihaltung und auch bei anderen Haltungsformen Risi-
ken bestehen.

Der letzte Punkt: Wir brauchen wissenschaftlich be-
gründete, aussagefähige epidemiologische Untersuchun-
gen.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


lles andere ist Stochern im Nebel.


(Zustimmung bei der CDU/CSU)


Meine letzte Botschaft richtet sich an die Bevölke-
ung in Deutschland insgesamt: Hände weg von toten
nd kranken Tieren!

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601905700

Es liegen jetzt zwei Wortmeldungen zu Kurzinterven-

ionen vor. Ich erteile zunächst dem Kollegen Karl
ddicks, FDP-Fraktion, das Wort.


Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1601905800

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich sehe mich, Herr
inister, zu dieser Kurzintervention genötigt, da Sie mir

eider gerade eine Zwischenfrage verweigert haben.

Herr Minister Backhaus, nachdem Sie versucht ha-
en, einen Teil der Verantwortung auf Ihre Landrätin ab-
uschieben, möchte ich von Ihnen schon gerne ganz ge-
au wissen: Wann hat Ihre Landrätin erfahren, dass tote
ögel herumliegen, wann haben Sie davon erfahren und
ann kam es zu den ersten Maßnahmen? Es gibt Präven-

ivmaßnahmen wie beispielsweise die Aufstallung. Es
ibt aber auch Notfallpläne. Ich möchte schon gerne
issen, ob die dazu gehörenden Alarmpläne entspre-

hend eingehalten wurden.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601905900

Herr Minister, Sie haben Gelegenheit zur sofortigen

eaktion.


(Mecklenburg-Vorpomern)

Ich will noch einmal betonen: Das Verfahren nach

em Auffinden toter Tiere ist in Mecklenburg-Vorpom-
ern wie in anderen Bundesländern durch die Alarm-

läne ganz klar geregelt. Die aufgefundenen Tiere wer-
en dem Veterinäramt gemeldet.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wann?)


n diesem Fall ist das am 8. Februar geschehen. Danach
ind alle weiteren Maßnahmen eingeleitet worden. Ich
in am Dienstagabend um 20.15 Uhr darüber informiert
orden, dass das Ergebnis der zweiten Analyse von
iems positiv war.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Am 8.? Vom 8. bis zum 14. sind es sechs Tage! Ist das richtig, Herr Minister?)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601906000

Ich erteile jetzt der Kollegin Bärbel Höhn das Wort zu

iner Kurzintervention.






(A) )



(B) )


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601906100

Herr Minister Backhaus, ich möchte zwei Punkte an-

sprechen.

Der erste Punkt. Ich will auf das mobile Bekämp-
fungszentrum zurückkommen. Sie wissen, dass sich
Nordrhein-Westfalen damals bei der Geflügelpest sehr
genau in den Niederlanden umgesehen hat. Wir haben
uns sehr genau angeschaut, was wir von den Niederlän-
dern lernen können. Sie wissen ebenfalls, dass Nord-
rhein-Westfalen den Antrag, ein solches mobiles Be-
kämpfungszentrum auch in Deutschland einzurichten, in
die Agrarministerkonferenz eingebracht hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das alles wissen Sie! Erzählen Sie also nicht solche
Märchen!

Der zweite Punkt. Wir wissen, dass die toten Schwäne
am 8. Februar aufgefunden worden sind. Sie wissen ge-
nauso gut wie ich, dass man für einen Schnelltest weni-
ger als einen Tag braucht. Ich frage Sie, ob Sie den
Schnelltest erst deshalb am Montag gemacht haben, weil
Sie die Kosten für eine Prüfung schon am Wochenende
sparen wollten. Ich frage Sie weiter: Warum haben Sie
für den Schnelltest, für den man weniger als einen Tag
braucht, sechs Tage benötigt? Was war der Grund?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das wird man wohl noch fragen dürfen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601906200

Herr Minister, Sie haben Gelegenheit zur Antwort.


(Zuruf von der SPD: Das ist hier doch kein Untersuchungsausschuss, oder wie sehe ich das?)



(Mecklenburg-Vorpommern)


Zur ersten Frage. Es ist richtig – etwas anderes ist von
mir auch nicht gesagt worden –, dass das mobile Be-
kämpfungszentrum ein Thema in der Agrarministerkon-
ferenz war. Ich habe im Übrigen diese Anschaffung un-
terstützt. Das Problem war aber der Zeitpunkt, zu dem
Nordrhein-Westfalen die Bund-Länder-Vereinbarung
unterschrieben hat.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Das ist der Punkt!)


Diese Vereinbarung hätten Sie in Ihrer Amtszeit umset-
zen können. Das haben Sie aber nicht getan. Reden Sie
also nicht um den heißen Brei herum!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Zur zweiten Frage. Wir haben am 8. die Information
bekommen. Die toten Tiere sind in das Landesamt ge-
bracht worden. Sie müssen einmal versuchen, sich in un-
sere Lage zu versetzen. Wir haben zurzeit eine hohe
Kontrolldichte. Diese Kontrollen reichen – ich will das
an dieser Stelle einmal sagen – vom Wellensittich über
den Spatz bis hin zu Schwänen, Gänsen und Enten. Dass
sich diese Belastung auf die Abfolge der Untersuchun-

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(C (D en auswirkt, ist doch ganz klar. Das wäre in jedem aneren Landesinstitut genauso. Nachdem es diesen Hineis gegeben hat, ist die entsprechende Probe sofort auf en Riems geliefert worden. Ich betone noch einmal: Es gab bis dato 3 220 Tiere, ie zur Beprobung angeliefert wurden. (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben wurde noch etwas anderes gesagt! Was ist jetzt richtig?)


avon fiel nicht eine Untersuchung positiv aus. Danach
urden die Untersuchungen in der üblichen Reihenfolge

chrittweise durchgeführt.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie übers Wochenende gewartet? Das ist doch die entscheidende Frage! – Gegenruf von der SPD: Wir sind doch nicht im Untersuchungsausschuss!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601906300

Ich erteile nunmehr das Wort dem Kollegen Edmund

eisen, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Edmund Peter Geisen (FDP):
Rede ID: ID1601906400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Sehr

eehrte Herren! Die Vogelgrippe kam, wie wir wissen,
icht aus heiterem Himmel. Nein, wir wussten seit lan-
em, dass sie kommt; jedenfalls mussten wir seit langem
amit rechnen. Weil dem so ist, wird dieses Problem
uch nicht in wenigen Tagen oder Monaten zu lösen
ein, vielleicht nicht einmal in Jahren. Dies müssen wir
en Menschen sagen. Wir müssen die Bevölkerung um-
assend informieren.


(Beifall bei der FDP)


Panikmache ist nicht meine Sache; aber es kann nicht
ein, Herr Minister Backhaus, dass Sie das Problem so
ief hängen, wie Sie das getan haben, und die Verantwor-
ung auf die Landkreise übertragen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


s kann auch nicht sein, dass etwas als eine reine Tier-
euche bezeichnet wird,


(Dr. Till Backhaus, Minister [MecklenburgVorpommern]: Das habe ich auch nicht gesagt!)


as Menschen zum Sterben bringt.


(Beifall bei der FDP)


Ich will ganz persönlich erklären, dass ich nie für Pa-
ikmache war. Denn ich habe mir in Zeiten der BSE-
rise nie den Genuss von Rindfleisch nehmen lassen.
uch in Zeiten der Vogelgrippe werde ich mir nicht den
enuss von Geflügelfleisch nehmen lassen. Das muss

uch nicht sein. Auch das darf ruhig gesagt werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Edmund Peter Geisen
Die Bundesregierung sollte zusammen mit der Wis-
senschaft kurzfristige und langfristige Strategien entwi-
ckeln. An dieser Stelle möchte ich das jüngste Papier
des Friedrich-Loeffler-Instituts zur Bewertung des
Risikos der Vogelgrippe vom 14. Februar 2006 beson-
ders lobend erwähnen. Mir ist keine bessere Bewertung
bekannt. Die dort gemachten Vorschläge sind durchweg
zu unterstützen.


(Horst Seehofer, Bundesminister: Das machen wir auch!)


Hierin wird besonders deutlich, dass die Einschleppung
der Krankheit durch legalen – ich füge hinzu: kontrol-
lierten – Handel vernachlässigbar ist, während das ille-
gale Inverkehrbringen von Geflügelprodukten als hohes
Risiko eingestuft wird. Ich meine, daraus darf abgeleitet
werden, dass ordnungsgemäße und kontrollierte Geflü-
gelhaltungen überall – auch in Deutschland – geringere
Risiken in sich bergen als oberflächliche, nicht organi-
sierte und nicht kontrollierte Verfahren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen, für die FDP-
Fraktion fordere ich die Bundesregierung auf:

Erstens. Entscheiden Sie kurzfristig unter Berücksich-
tigung der vorgeschlagenen Handlungsoptionen des FLI!
Dabei müssen die Quarantäne der Wirtschaftsbetriebe,
deren Qualitätssicherung und die Erhaltung der Märkte
und Handelsströme im Vordergrund stehen.

Zweitens. Beginnen Sie sofort internationale Han-
delsgespräche, um die bestehenden Wirtschaftsbezie-
hungen gerade auch für die Geflügelwirtschaft langfris-
tig zu sichern! Funktionierende Märkte dürfen nicht
willkürlichen und kurzfristigen Vorteilsnahmen zum Op-
fer fallen, die vordergründig mit dem Ausbruch der Vo-
gelgrippe begründet werden könnten.


(Beifall bei der FDP)


Wir von der FDP-Fraktion sind der Meinung: Die
Bundesregierung sollte ihre Strategien in Sachen Vogel-
grippe an folgenden Schwerpunkten orientieren: erstens
an der Gesunderhaltung von Mensch und Tier, zwei-
tens an der Existenzerhaltung unserer Geflügelwirt-
schaftsbetriebe sowie drittens an der langfristigen Er-
haltung diesbezüglicher nationaler und internationaler
Wirtschaftsbeziehungen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601906500

Herr Kollege Geisen, dies war Ihre erste Rede im

Bundestag. Herzliche Gratulation und alles Gute für Ihre
politische Arbeit!


(Beifall)


Nun erteile ich Kollegin Julia Klöckner, CDU/CSU-
Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Musste sich unser Bundeslandwirtschaftsmiister Horst Seehofer noch am Dienstag dieser Woche egen Vorwürfe wehren, die vorgezogene Stallpflicht sei loßer Aktionismus, stellte ein Fernsehsender schon am estrigen Mittwoch in einer Telefonumfrage die Frage: Tut die Bundesregierung zu wenig für die Vogelrippe?“ (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Gegen die Vogelgrippe!)

Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1601906600

Sie haben Recht: gegen die Vogelgrippe. – Weder der
orwurf vom Dienstag noch die Frage vom Mittwoch ist
rnst zu nehmen; beides ist unseriös.


(Beifall bei der CDU/CSU)


eichtsinn ist hier genauso falsch wie übertriebene
urcht. Aber: Es war meiner Meinung nach auch keine
anikmache. Die Kommunikationsstrategie der Bundes-
egierung, die Bevölkerung zu warnen und sie auf die
ahende Seuche vorzubereiten, war richtig. Wenn wir
hrlich sind, hätte es doch einem Wunder geglichen,
enn Deutschland von der Vogelgrippe verschont ge-
lieben wäre.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


ie entscheidende Aufgabe, vor der wir in den nächsten
ochen und Monaten stehen, wird sein, die Übertra-

ung der Geflügelpest von den Wildvögeln auf das
ausgeflügel zu verhindern.

Ich war schon etwas erstaunt, Frau Höhn, von Ihnen
u hören, dass Sie die Schnelltests lieber gegen einen
chnellschuss eintauschen. Uns ist es wichtig, wissen-
chaftlich belegbares Datenmaterial zu haben, statt wilde
anikmache zu betreiben, nur um Aktionismus zu zei-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bisher handelt es sich noch um eine Tierseuche; des-
alb war das, was Minister Seehofer und Ulla Heinen
esagt haben, richtig. Es geht hier nicht um eine Pan-
emie. Es ist noch nicht so weit – und wir hoffen, dass es
uch nicht so weit kommt –, dass das Virus von Mensch
u Mensch übertragen wird. Eine moderne und effektive
ierseuchenbekämpfung muss aber auch Teil eines
orsorgenden gesundheitlichen Verbraucherschut-
es sein. Nichts anderes, Herr Kollege Goldmann, hat
er Herr Bundesminister eben gesagt. Es ist mir klar,
ass die Opposition immer versucht, andere Aspekte he-
auszuarbeiten, weil ihr keine anderen Möglichkeiten
leiben. In dieser Frage aber sollte man seriös bleiben.
s ist auch im Sinne einer Deeskalation, wenn man sen-
ibel mit der Bevölkerung umgeht, die sich Sorgen
acht und natürlich oft nur Schlagzeilen in den Zeitun-

en mitbekommt. Ein anderes Verhalten kann nicht im
nteresse verantwortlicher Politiker sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Julia Klöckner
Es muss alles getan werden, um das Vordringen der
Geflügelpest zu verhindern.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Schwarz-Rot bis zum Kostüm!)


– Herr Westerwelle, Sie lassen sich gerade über die Far-
ben meines Outfits aus.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Nein, überhaupt nicht!)


Die Farbgestaltung Ihrer Kleidung überlasse ich Ihnen.
Die Farbgestaltung meiner Kleidung können Sie mir
überlassen. Schwarz-Rot würde Ihnen aber auch ganz
gut stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wichtig ist für uns, dass wir aus gesundheitlichen und
aus ökonomischen Beweggründen, aber auch aus Grün-
den des Tierschutzes darauf achten, dass jetzt alle Vor-
sorgemaßnahmen getroffen werden.

Frau Höhn, ich möchte noch kurz auf das mobile Kri-
senzentrum eingehen. In der vorletzten Bund-Länder-
Sitzung wurde beschlossen, dass nun endlich alle Länder
im Boot sind. Was aber soll das Bundesministerium ma-
chen, wenn zwei Bundesländer noch nicht unterschrie-
ben hatten? Sie kennen doch die Vorgehensweise. Das ist
das Ergebnis des Föderalismus und der Demokratie. Ich
hätte gerne gehört, was Sie damals als Landesministerin
gesagt hätten, wenn das Bundesministerium zu Felde ge-
zogen wäre und zwei Länder nicht unterschrieben hät-
ten. Ich denke, wir sollten keinen Profit daraus schlagen,
sondern uns erst einmal für den guten Abschluss bedan-
ken, der erreicht werden konnte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Den hat Minister Seehofer erreicht!)


– Das hat unser Minister Seehofer in der Kürze der Zeit
erreicht.

Keiner von uns blendet die Vorfälle in Asien aus, bei
denen 91 Menschen gestorben sind. Nun ist aber Beson-
nenheit statt Panikmache gefragt. Genau das haben uns
gestern auch die Experten in der Anhörung des Aus-
schusses bestätigt.

Besonnenheit bedeutet aber auch Vorsicht. Dieser Ge-
sichtspunkt kam mir heute etwas zu kurz, auch von der
FDP. Unsere Bevölkerung muss hier mitgenommen wer-
den. Die Verbraucher müssen informiert werden und wir
müssen gegen solche Schlagzeilen kämpfen. Vor allem
muss eines geschehen: Die Kinder in Kindergärten und
Grundschulen müssen gewarnt werden. Ihnen muss er-
klärt werden, warum sie kein totes Geflügel anfassen,
geschweige denn Vögel an Gewässern füttern sollen;
denn das zieht Zugvögel an.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich sage es noch einmal: Bisher besteht für den Ver-
braucher keine akute Gefahr. Ich möchte auch unterstrei-
chen, dass der Verzehr von Geflügel und Eiern unbe-

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(C (D enklich ist. Im Übrigen wird das Virus bei einer ormalen Verarbeitung in der Küche bei 70° Celsius abetötet. Also: Angst vor Hühnerfleisch auf dem Esstisch st unbegründet. Uns sollte vor allem nicht das passieren, was in Italien urch überzogene Panikmache passiert ist, dass nämlich er Geflügelverbrauch um 40 Prozent zurückgegangen st und dadurch rund 30 000 Menschen ihren Arbeitslatz verloren haben – wie man erfahren konnte. Minister Backhaus hat zu Recht hervorgehoben, dass ier verschiedene Betroffene beteiligt sind. Die verantortungsvoll handelnden Geflügelhalter dürfen nicht in inen Topf geworfen werden mit denen, die sich nicht an ine Aufstallungspflicht halten und das ignorieren, was om Bund und von den Ländern beschlossen worden ist. ier geht es um Existenzen in Deutschland, die wir un erstützen wollen, damit wir kein Geflügelfleisch aus em Ausland importieren müssen, bei dem wir nicht die leiche Gewähr wie bei Fleisch aus Deutschland haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es gibt keine Alternative zu unseren umfassenden
orsorgemaßnahmen. Deshalb möchte ich abschließend
inen Blick auf die Länder werfen. Wir müssen vom
orst-Case-Szenario ausgehen. Die Länder dürfen je-

och die Kreisveterinäre nicht allein und im Regen ste-
en lassen. Auch das ist wichtig. Herr Backhaus, ich war
twas irritiert, dass man die verendeten Wildvögel noch
elativ lange und so zahlreich auf Rügen herumliegen
ieß. Sie haben das hier erläutert und ich fand es sehr gut,
ass Sie auf die Vorwürfe sehr dezidiert eingegangen
ind. Ich finde es auch sehr gut, dass Sie sofort die Stall-
flicht angeordnet haben.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Aber eines möchte ich zum Schluss noch zum Thema
mpfen sagen – Frau Höhn, damit komme ich schon
ieder zu Ihnen –: Heute Morgen im „Morgenmagazin“

ind Sie noch auf das Thema Impfen eingegangen, in Ih-
er Rede hier jedoch nicht. Ich denke, das ist der Einsicht
eschuldet,


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein, nein!)


elche Nachteile für den Verbraucher im gesundheitli-
hen Verbraucherschutz damit verbunden sind. Auch
err Seehofer hat das unterstrichen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber können wir uns gern unterhalten!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601906700

Frau Kollegin Klöckner, Sie haben Ihre Redezeit weit

berzogen.


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1601906800

Für uns gilt: Im Zweifel für die Sicherheit, im Zweifel

ür die Menschen, und dann mit dem Tierschutz zusam-
en.

Herzlichen Dank.






(A) )



(B) )


Julia Klöckner

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Frage!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601906900

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wilhelm

Priesmeier von der SPD-Fraktion.


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1601907000

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Deeskalation ist weiß Gott angesagt! Heute Morgen
waren die Opposition auf der einen Seite sowie der ver-
ehrte Herr Minister aus Mecklenburg-Vorpommern auf
der anderen Seite gut gerüstet. Nach meiner Einschät-
zung war klarer Punktsieger der Herr zu meiner – von
hier aus gesehen – Linken.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er braucht Ihre Unterstützung!)


Es geht nicht darum, die Debatte zu emotionalisieren.
Die Fragen haben aber deutlich gemacht, dass man das
hier zumindest zum Teil versucht hat. Wir müssen bei
der Diskussion dieses Themas in diesem Hause vorsich-
tig sein, dass wir uns nicht auf das gleiche Niveau bege-
ben, das in der Boulevardpresse herrscht. Heute Morgen
stand in der „Berliner Zeitung“: Der gefiederte Tod ist
gelandet. Andere Schlagzeilen lauteten: „Kein Tiramisu
mehr essen“ – das ist ja noch recht friedlich – oder „Wie
schütze ich meinen Wellensittich?“ Auf dieses Niveau
sollten wir in der Debatte nicht sinken. Dazu ist die Lage
viel zu ernst.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen klar erkennen, dass wir unsere Natur
nicht mit Trassierbändern abteilen und portionieren kön-
nen. Aus diesem Grunde ist immer zu hinterfragen, ob
die Schutzmaßnahmen ausgereicht haben. Aus entspre-
chenden Stabsrahmenübungen, die man auf der Ebene
zwischen den Ländern veranstaltet hat, zieht man natür-
lich auch Erkenntnisse. Wesentlicher Zweck solcher
Übungen ist, dass man Schwachstellen aufdeckt und die
Beseitigung hinterher konsequent angeht.

Die Debatte um ein mobiles Bekämpfungszentrum
hält schon seit den ersten Erfahrungen mit der Geflügel-
pest im Jahre 2003 an.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


In den Fachpublikationen konnte man lesen, wie so et-
was auszugestalten ist. Es geht um einen ganz kleinen fi-
nanziellen Rahmen, nämlich um 3 Millionen Euro für
die Beschaffung. In unserem real existierenden Födera-
lismus braucht man eine fast drei Jahre dauernde Debatte
um 3 Millionen Euro! Man kann leicht die Anteile der
einzelnen Bundesländer ausrechnen. Schlussendlich ent-
scheidet man dann im Januar 2006, dieses zu beschaffen.
Auf meine konkrete Nachfrage von heute Morgen, wann
es verfügbar ist, bekam ich die Auskunft aus Nieder-
sachsen, welches bei der Beschaffung federführend ist:
frühestens im Herbst. Angesichts dieser Situation frage

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(C (D ch mich doch, wie das aussieht, wenn man Kompetenen auf die Bundesebene verlagert und diesen Bereich anz klar strukturiert und regelt. (Ursula Heinen [CDU/CSU]: Gar nicht schlecht!)


Ich kann nachvollziehen, dass man sich hier bewegen
uss, gerade weil es darum geht, unsere gesamte von

iesem Bereich abhängige Wirtschaft vor Schäden zu
chützen, letztendlich auch die Besitzer von kleinen Ge-
lügelzuchten. Denn auch diese müssen einmal erwähnt
erden. Es betrifft nicht nur die Großbetriebe, also die
0 000 Betriebe, die statistisch erfasst sind und mehr als
000 Stück Geflügel halten. Das macht 123 Millionen
tück Geflügel aus, davon leben ungefähr 4,4 Millionen

n Freilandhaltung. Es betrifft vielmehr auch die
80 000 Geflügelzüchter, Kleintierzüchter und Hobby-
ierhalter, die zum Teil nicht erfasst sind und für die es
m Augenblick zunächst einmal außer der Aufstallungs-
flicht keinen Hinweis gibt, wie sie ihre Tiere tierschutz-
erecht halten können. Darüber sollten wir uns Gedan-
en machen und diesen Personenkreis wahrnehmen.

Wir sollten auch bedenken, dass der Tierschutz ne-
en der Ökonomie bei allen strategischen Überlegungen
it Sicherheit die wichtigste Rolle spielt. Denn wir müs-

en in diesem Bereich gerüstet sein. Das heißt, wir müs-
en auf den Tag X vorbereitet sein, sodass wir, wenn es
u Tötungen kommen sollte, diese tierschutzgerecht
urchführen, und die Kapazitäten haben, das anfallende
aterial entsprechend den Tierseuchenvorgaben und

em Rahmenplan zu beseitigen. Darum geht es. In sol-
hen Situationen dürfen wir nicht hilflos dastehen, wie
ir es bei der MKS in England erlebt haben. Das wollen
ir alle nicht. Das verunsichert die Verbraucher noch
iel mehr. Ich glaube, unser nationaler Rahmenplan stellt
ine ausreichende Sicherheit dar.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Allen voran marschiert in diesem Zusammenhang das
and Mecklenburg-Vorpommern. Das muss man ganz
lar sagen. Mecklenburg-Vorpommern ist bei den Hal-
ungsformen führend. 50 Prozent aller Hühner und Lege-
ennen in Mecklenburg-Vorpommern leben in Freiland-
der Bodenhaltung.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die haben auch viel Platz!)


ier sollte man keine Kritik aufkommen lassen oder es
interfragen.

Ich sehe die Gefahr, dass dieser Bereich im Augen-
lick zunehmend hinterfragt wird. Denn wo ist die
erspektive für die Hennenhaltung im Freiland? Nicht
ur Legehennen laufen im Freiland, sondern natürlich
uch Gänse und Enten in der Aufzucht. Wo sind die
erspektiven? Ich muss die Position, die ich früher ver-

reten habe, ein wenig revidieren. Haben wir hier denn
ine konkrete Perspektive unter ökonomisch tragbaren
edingungen? Das wird im Augenblick sehr hinterfragt.

Wenn man ein dauerhaftes Aufstallungsgebot erlässt,
uch nur in bestimmten Regionen, muss man sich schon
ie Frage stellen, wie man den betroffenen Betrieben zur






(A) )



(B) )


Dr. Wilhelm Priesmeier
Seite stehen kann. Im Augenblick sind wir glücklicher-
weise nicht in einer solchen Situation. Aber erinnern wir
uns daran, dass im Jahre 2003 in den Niederlanden ein
schwach pathogenes Virus die Seuche ausgelöst hat. Das
ist eine Modellstudie für das, was uns unter Umständen
erwartet.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Eben!)


Wir müssen das auf jeden Fall und unter allen Umstän-
den verhindern.

Es geht darum, das Problembewusstsein in der Bevöl-
kerung zu schärfen, aber dabei nicht zu übertreiben. Es
geht nicht darum, keinen Kuchen oder kein Frühstücksei
mehr zu essen oder es erst zehn Minuten lang zu kochen,
wie es in der Presse dargestellt wird. Das verursacht
tiefste Verunsicherung. Wir sollten uns davor hüten, den
schmalen Grat zwischen Überdramatisierung und sachli-
cher Information zu verlassen. Denn dann fällt das auf
uns zurück und wir werden in aller Breite ökonomische
Probleme bekommen.

Ich gehe einmal davon aus, dass das Risiko in der jet-
zigen Lage – zumindest solange es keinen Ausbruch der
Geflügelgrippe in einem Hühner- oder Geflügelbestand
gibt – nicht anders eingeschätzt werden muss – auch
nicht das Risiko für die Menschen, die in unserem Land
leben. Es handelt sich konkret um eine Zoonose; die
Krankheit ist also potenziell auf den Menschen übertrag-
bar. Unter den gegenwärtigen Voraussetzungen gibt es
dafür ganz bestimmte Bedingungen. Man muss eine grö-
ßere Menge des Virus aufnehmen. Das wird auch Kol-
lege Goldmann nicht bestreiten. Er spielt ja auch nicht
im Sandkasten im Hühnerkot. Potenziell gefährlich ist
es, das Virus zum Beispiel oral aufzunehmen oder es in
einem Stall, in dem es infizierte Tiere gibt, massiv einzu-
atmen. Dann besteht ein großes Risiko. Das Risiko hängt
aber auch davon ab, ob man mit geringen Virusmengen
oder mit großen Virusmengen in Kontakt kommt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist klar!)


Aus diesem Grunde sollte man hier deutlich unterschei-
den, statt Szenarien zu konstruieren, die de facto nicht
eintreten können. Das ist wichtig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja! Genau das habe ich gemeint!)


– Allerdings, Herr Kollege Goldmann, sollte man nicht
versuchen, die gegenwärtige Situation zu instrumentali-
sieren.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch Quatsch! Das habe ich überhaupt nicht gemacht!)


Wer auf die andere Seite dieses Hauses blickt, sieht
den Grund dafür, dass es heute Morgen dazu gekommen
ist: Frau Kollegin Tackmann, ich schätze Sie als Epide-
miologin, aber nicht als Ideologin.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau! Das, was sie da geredet hat, war wirklich Quatsch!)


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(C (D enn die Positionen, die Sie vertreten haben, haben zu inem großen Teil mit Ihrem Eigeninteresse zu tun. Das nstitut für Epidemiologie liegt schließlich in Ihrem ahlkreis. Ihre Forderung ist zwar opportun; aber sie asste nicht in die Debatte, die wir heute Morgen geführt aben. Diese Diskussion müssen Sie an anderer Stelle ühren. Herr Kollege Priesmeier. Auch geht es darum, die Grundvoraussetzung anzuer ennen: dass wir in nächster Zeit, gerade was FLI aneht, 25 Millionen Euro investieren werden. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die Kollegin Tackmann hat davon viel mehr Ahnung als du, Wilhelm! – Gegenruf der Abg. Ursula Heinen [CDU/CSU]: Ach, das ist doch Quatsch!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601907100
Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1601907200

uch dieser Bereich gehört dazu.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601907300

Herr Kollege Priesmeier, kommen Sie bitte zum

chluss.


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1601907400

Das muss ich zwangsläufig tun; denn sonst würde mir

as Mikrofon abgestellt.

Abschließend appelliere ich an die Bevölkerung, die-
er Problematik mit Zurückhaltung und der gebotenen
orsicht zu begegnen, aber auf gar keinen Fall Konsum-
erzicht zu üben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Darüber brauchen wir uns gar nicht zu unterhalten! Das ist doch wohl klar!)


enn das würde unserer Wirtschaft und den Betroffenen
och viel mehr schaden.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601907500

Das Wort hat jetzt der Kollege Franz-Josef

olzenkamp von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wilhelm, hör jetzt gut zu, was er sagt! Der Mann hat nämlich Ahnung!)



Franz-Josef Holzenkamp (CDU):
Rede ID: ID1601907600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

st eingetreten, was wir seit Wochen, zumindest aber seit
inigen Tagen befürchtet haben: Betroffenheit und Unsi-
herheit bei einem Großteil unserer Bevölkerung.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja!)


enn wir auf die Entstehung des Problems in Südost-
sien zurückblicken, dann müssen wir feststellen, dass






(A) )



(B) )


Franz-Josef Holzenkamp
vor allen Dingen zwei Fehler begangen wurden: Erstens
haben die dortigen Behörden zu langsam reagiert, zwei-
tens haben sie die Bevölkerung über die Folgen des Vi-
rus im Unklaren gelassen. Aus diesen Fehlern müssen
wir für unser weiteres Vorgehen lernen und die entspre-
chenden Konsequenzen ziehen. An oberster Stelle steht
die koordinierte Aufklärung unserer Bevölkerung und
der Tierhalter,


(Beifall bei der CDU/CSU)


aber, Frau Höhn, bitte schön kein Theater.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer macht denn das Theater? Das sind doch Sie!)


Um zur Aufklärung beizutragen, müssen wir sagen:
Ja, auch Menschen können sich, wenn sie Kontakt mit
infizierten Tieren haben, mit diesem Virus anstecken.
Wir müssen sagen, dass diese Gefahr besteht. Aber
– dieses „Aber“ gilt es der Bevölkerung zu verdeutli-
chen – die Vogelgrippe ist eine Tierseuche, die bisher
ausschließlich in der Wildvogelpopulation


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Zoonose!)


– vielen Dank für Ihren Hinweis, Frau Tackmann – auf-
getreten ist. Die Gefahr der Ansteckung ist und bleibt für
Menschen gering. Deshalb kann ich nur davor warnen,
zu polemisieren, eine Krise herbeizureden oder eine
Krise für Klientelpolitik zu missbrauchen.


(Beifall der Abg. Gitta Connemann [CDU/ CSU])


Hans-Michael Goldmann, in einem Punkt sind wir
wirklich eng beieinander: Wir brauchen keine ideologi-
schen Grabenkämpfe. Aber wir sollten auch nicht dra-
matisieren, wie du es getan hast. Darauf hatten wir uns
in der gestrigen Ausschusssitzung eigentlich geeinigt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hysterie wäre, so
ernst sich die Lage auch darstellt, übertrieben. Dadurch
würden wir keine Aufklärung betreiben, sondern viel-
mehr zur Verunsicherung beitragen. Das sage ich ganz
bewusst auch in Richtung der Medien, an deren Verant-
wortung ich an dieser Stelle ausdrücklich appelliere. Im
Übrigen muss ich sagen: Ich finde, dass sie in den letzten
Tagen sehr sachlich und sehr ordentlich über dieses
Thema berichtet haben. Unsere Bevölkerung ist nun auf
eine solche nüchterne Tatsachenberichterstattung ange-
wiesen. Wir alle müssen uns um Sachlichkeit in der Ana-
lyse und vor allen Dingen um Sachlichkeit in unserem
Handeln bemühen, um zu verhindern, dass Panik ent-
steht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dass dies gewährleistet ist, davon zeugen sowohl die
Aktivitäten, die die Bundesregierung im Vorfeld des
jetzt aufgetretenen Falls der Vogelgrippe bei Wildgeflü-
gel auf Rügen ergriffen hat, als auch die daraufhin einge-

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(C (D eiteten Maßnahmen. Dafür möchte ich mich ausdrückich bei Herrn Seehofer bedanken. Ein solches Vorgehen urde in den vergangenen Jahren nicht immer an den ag gelegt. Nun wird besonnen agiert nd ehrlich und deutlich aufgeklärt. All das geschieht uf sachliche und sehr professionelle Weise. Herr Miniser, auch hierfür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Ursula Heinen [CDU/CSU]: Sehr wohltuend! – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Das ist ein neuer Stil!)


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Meine Damen und Herren, Sachlichkeit in der Kom-
unikation bedeutet auch, den Verbrauchern deutlich zu

agen: Bisher ist von der Vogelgrippe in Deutschland
usschließlich Wildgeflügel befallen. Die Nutztierbe-
tände auf unseren Höfen und in den Betrieben sind von
er Virusinfektion nicht betroffen. Wir haben jetzt dafür
orge zu tragen – der Minister hat das vorhin deutlich
emacht –, dass dieses auch so bleibt. Denn Nutztier-
chutz ist Verbraucherschutz; das muss uns allen klar
ein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb begrüße ich die Maßnahmen, die die Bundes-
egierung auf den Weg gebracht hat, vor allen Dingen
ie Aufstallungspflicht. Ein Blick nach Asien und in die
ürkei zeigt, dass dort gerade Tiere befallen wurden, die
raußen, außerhalb von Ställen, gehalten wurden.

Auch wenn der eine oder andere es nicht gerne hören
ag, möchte ich eines noch einmal deutlich sagen: Ge-

ade die moderne Geflügelhaltung in Deutschland
tellt für unseren Verbraucher einen besonderen Schutz
ar.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


as Fleisch unserer Nutztiere ist sicher. Daher warne ich
or überzogener Panikmache: Wir sind dem Virus nicht
chutzlos ausgeliefert. Wie Frau Höhn, in deren Bundes-
and 2003 die Vogelgrippe aufgetreten ist, schon mitge-
eilt hat, konnte damals mit der Aufstallungspflicht ver-
indert werden, dass bei uns in Deutschland passiert,
as in den Niederlanden passiert ist.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, daran lag es nicht! Die Niederlande haben auch aufgestallt!)


eswegen appelliere ich an alle Geflügelhalter, diese
ufstallungspflicht strikt zu befolgen. Ich weiß, dass das

ür viele Betriebe schwierig ist; aber es gibt dazu keine
lternativen.

Neben den gesundheitlichen Folgen für unsere Bevöl-
erung, auf die meine Vorredner intensiv eingegangen
ind, möchte ich Ihnen am Beispiel meiner Heimat Nie-
ersachsen vor Augen führen,


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Das schöne Niedersachsen!)







(A) )



(B) )


Franz-Josef Holzenkamp
vor welch enormen wirtschaftlichen Herausforderungen
wir stehen, wenn wir es nicht schaffen, das Virus von un-
seren Nutztieren fern zu halten. Wie Sie sicherlich wis-
sen, gibt es in Niedersachen sehr viele Geflügelhalter –
15 000 Nutztierhalter; wenn man Kleintier- und Hob-
bytierhalter hinzuzählt, kommt man auf 20 000 –; wir
haben 75 Millionen Stück Geflügel mit einem Gesamt-
produktionswert von über 800 Millionen Euro. 2003
verursachte die Vogelgrippe in den Niederlanden bei ei-
nem Bestand von 90 Millionen Tieren einen Schaden
von über 500 Millionen Euro. Sie können sich ausrech-
nen, welch ein wirtschaftliches Desaster ein Vogelgrip-
pebefall unserer Nutztiere in Deutschland anrichten
würde: Dann wären auch bei uns Tausende Arbeitsplätze
betroffen; an denen wiederum hingen Tausende Fami-
lienschicksale. Wie vorhin ausgeführt worden ist: In Ita-
lien sind bereits 30 000 Arbeitsplätze durch die Vogel-
grippe verloren gegangen.

Der Verbraucherschutz steht natürlich an erster Stelle.
Aber es ist auch wichtig, Herr Minister Seehofer, dass
im Agrarrat am Montag auch die Sicherung der Dritt-
landexporte angesprochen wird. Die Kommission muss
sich bemühen, dass nicht vollkommen unbegründet
Märkte wegbrechen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Abschließend noch einmal: Wir haben zurzeit keinen
Befall unserer Nutztiere. Die Bevölkerung kann unbe-
denklich deutsches Geflügelfleisch genießen. Neben der
Aufklärung der Verbraucher, die selbstverständlich an
erster Stelle stehen muss, müssen wir aber auch alles in
unserer Macht Stehende tun, um das Virus von unseren
Tieren fern zu halten. Das ist aktiver Verbraucherschutz.
Lassen Sie uns bei diesem wesentlichen Thema über die
Parteigrenzen hinweg deeskalierend wirken und nicht
polemisieren! Das wäre mein Appell an Sie alle.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601907700

Herr Kollege Holzenkamp, ich gratuliere Ihnen im

Namen des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deut-
schen Bundestag.


(Beifall)


Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a bis 22 k sowie
Zusatzpunkte 7 a bis 7 d auf – es handelt sich um
Überweisungen im vereinfachten Verfahren ohne
Debatte –:

22 a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebs-
prämiendurchführungsgesetzes

– Drucksache 16/644 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und

(C (D Verbraucherschutz Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit b)

gebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes
zur Änderung des Gemeindefinanzreformge-
setzes

– Drucksache 16/635 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

c) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Zweiten Gesetzes zur Änderung des Pflanzen-
schutzgesetzes

– Drucksache 16/645 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss

d) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von
Vorschriften des Personenbeförderungsrechts

– Drucksache 16/517 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

e) Beratung des Antrags des Präsidenten des Bun-
desrechnungshofes

Rechnung des Bundesrechnungshofes für das
Haushaltsjahr 2005

– Einzelplan 20 –

– Drucksache 16/500 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Reinhard Loske, Sylvia Kotting-Uhl,
Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Für ein effektives, europataugliches und wirt-
schaftsfreundliches Umweltrecht

– Drucksache 16/654 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
g) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Vierunddreißigster Rahmenplan der Gemein-
schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ für den Zeitraum 2005
bis 2008

– Drucksache 15/5141 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

h) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(17. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsord-

nung

Technikfolgenabschätzung
hier: Leichter-als-Luft-Technologie – Innova-
tions- und Anwendungspotenziale

– Drucksache 15/5507 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

i) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Bericht der Bundesregierung über die Fort-
schritte zur Entwicklung der verschiedenen
Felder des Geoinformationswesens im natio-
nalen, europäischen und internationalen Kon-
text

– Drucksache 15/5834 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

j) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bericht der Bundesregierung zur Bildung für
eine nachhaltige Entwicklung für den Zeit-
raum 2002 bis 2005

– Drucksache 15/6012 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Z

(C (D k)

dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(17. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsord-

nung
Technikfolgenabschätzung
hier: Internet und Demokratie – Abschlussbe-
richt zum TA-Projekt „Analyse netzbasierter
Kommunikation unter kulturellen Aspekten“
– Drucksache 15/6015 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

P 7 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Ilse
Aigner, Michael Kretschmer, Katherina Reiche

(Potsdam), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten René
Röspel, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Informatives Berichtswesen als Grundlage ei-
ner guten Forschungs- und Technologiepolitik
– Drucksache 16/646 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried
Hermann, Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Verwendung der Regionalisierungsmittel offen
legen
– Drucksache 16/652 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Jerzy
Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Resozialisierungsziele des Strafvollzugs be-
wahren – Sicherheit nicht gefährden
– Drucksache 16/653 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Meierhofer, Michael Kauch, Angelika
Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP
Zukunftsfähige Rahmenbedingungen für ein
wirksames Umweltrecht im föderalen
Deutschland schaffen
– Drucksache 16/674 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Tagesordnungspunkt 22 a. Es ist vorgesehen, die Vor-
lage auf Drucksache 16/644 zur federführenden Bera-
tung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz und zur Mitberatung an den Fi-
nanzausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie sowie an den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit zu überweisen.

Die Vorlage auf Drucksache 16/645 – Tagesord-
nungspunkt 22 c – soll zur federführenden Beratung an
den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz und zur Mitberatung an den Rechtsaus-
schuss, den Finanzausschuss, den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie, den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie den Haushalts-
ausschuss überwiesen werden.

Die Vorlage auf Drucksache 16/654 – Tagesord-
nungspunkt 22 f – soll zur federführenden Beratung an
den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit und zur Mitberatung an den Innenausschuss,
den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, den Ausschuss für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz, den Ausschuss für Ver-
kehr, Bau und Stadtentwicklung, den Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union sowie den
Haushaltsausschuss überwiesen werden.

Die übrigen Vorlagen sollen an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse überwiesen werden. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 23 a
bis i. Es handelt sich um Beschlussfassungen zu Vorla-
gen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 23 a:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über die Reform hufbeschlagrechtlicher Rege-
lungen und zur Änderung tierschutzrechtli-
cher Vorschriften

– Drucksache 16/29 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz (10. Ausschuss)


– Drucksache 16/669 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Peter Jahr
Dr. Wilhelm Priesmeier
Hans-Michael Goldmann
Dr. Kirsten Tackmann
Bärbel Höhn

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/669, den Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung anzunehmen.

Hierzu liegen zwei Änderungsanträge vor, über die wir
zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag
der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/701? – Wer

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(C (D timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist der Änerungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktioen und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Frakion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen abgelehnt. Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/702? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Ände ungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfrakionen und der FDP-Fraktion bei Zustimmung von ündnis 90/Die Grünen und Die Linke abgelehnt. Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Geetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der oalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegen timmen der Fraktion Die Linke und der Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis angenommen. Tagesordnungspunkt 23 b: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz – Drucksache 16/47 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 16/678 – Berichterstattung: Abgeordnete Andrea Astrid Voßhoff Joachim Stünker Mechthild Dyckmans Wolfgang Neskovic Jerzy Montag Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 16/678, den Gesetzentwurf n der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenien, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung ustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegentimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in weiter Beratung einstimmig angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zutimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angeommen. Tagesordnungspunkt 23 c: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Nr. 172 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 25. Juni 1991 über die Arbeitsbedingungen in Hotels, Gaststätten und ähnlichen Betrieben – Drucksache 16/342 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – Drucksache 16/626 – Berichterstattung: Abgeordneter Dirk Niebel Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt auf Drucksache 16/626, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 23 d: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung richtung durch die Bundesregierung Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung der Richtlinie 95/50/EG des Rates über einheitliche Verfahren für die Kontrolle von Gefahrguttransporten auf der Straße KOM – Drucksachen 16/150 Nr. 2.191, 16/537 – Berichterstattung: Abgeordnete Dorothee Menzner Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichtung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 23 e: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Verordnung der Bundesregierung Verordnung über Stoffe, die die Ozonschicht schädigen (Chemikalien-Ozonschichtverordnung – ChemOzonSchichtV)





(A) )


(B) )


– Drucksachen 16/411, 16/480 Nr. 2.3, 16/619 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingbert Liebing
Frank Schwabe
Michael Kauch
Eva Bulling-Schröter
Sylvia Kotting-Uhl

Der Ausschuss empfiehlt, der Verordnung auf
Drucksache 16/411 zuzustimmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-

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(C (D en? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen, der Fraktion Die Linke, der raktion des Bündnisses 90/Die Grünen bei Enthaltung er Fraktion der FDP angenommen. Tagesordnungspunkte 23 f bis 23 i. Wir kommen zu en Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 23 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 10 zu Petitionen – Drucksache 16/558 – Über die Beschlussempfehlung 1 und 2 in der ammelübersicht 10 stimmen wir getrennt ab. Wir stimen daher zunächst über die Beschlussempfehlung 1 des etitionsausschusses in Sammelübersicht 10 ab. Wer timmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die eschlussempfehlung 1 ist einstimmig angenommen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung 2? – egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp ehlung 2 ist mit den Stimmen aller Fraktionen bei Entaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Damit ist ie Beschlussempfehlung und somit die Sammelübericht 10 insgesamt angenommen. Tagesordnungspunkt 23 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 11 zu Petitionen – Drucksache 16/559 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 11 ist einstimmig angenomen. Tagesordnungspunkt 23 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 12 zu Petitionen – Drucksache 16/560 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 12 ist mit den Stimmen der oalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegen timmen von der Fraktion Die Linke und der Fraktion es Bündnisses 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 23 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 13 zu Petitionen – Drucksache 16/561 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 13 ist mit den Stimmen aller raktionen bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke ngenommen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Ich rufe den Zusatzpunkt 3 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Übernahme ehemaliger Regierungsmitglieder in Vorstände und Aufsichtsräte deutscher Energiekonzerne Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner das Wort dem Kollegen Dr. Reinhard Loske, Bündnis 90/Die Grünen. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
gibt in unserer Volkswirtschaft kaum eine Branche, die
derartig monopolistisch strukturiert oder – so könnte
man auch sagen – derartig vermachtet ist wie die Ener-
giebranche. Vier Konzerne kontrollieren im Strombe-
reich 80 Prozent der Produktion und 100 Prozent der
Netze, Jahresumsatz: 80 Milliarden Euro. Allein Eon
und RWE kontrollieren zwei Drittel der Stromerzeu-
gung.

Auf dem Gasmarkt sieht es im Grunde genommen
noch schlimmer aus: Ein Unternehmen kontrolliert zwei
Drittel des deutschen Erdgasmarktes. Es ist zufällig auch
der größte Stromkonzern: Eon Ruhrgas.

Im Braunkohlesektor haben wir es mit drei Unterneh-
men – im Wesentlichen ist es ein großer Spieler, nämlich
die RWE-Tochter Rheinbraun – zu tun. Bei der Stein-
kohle haben wir es mit einem Unternehmen zu tun – der
Deutschen Steinkohle AG, die ihrerseits eine Tochter der
Ruhrkohle AG ist, deren Hauptanteilseigner Eon und
RWE sind.

Insofern sind im Bereich der Energieanbieter extrem
monopolistische und vermachtete Strukturen und ein
eklatanter Mangel an Wettbewerb zu verzeichnen. Selbst
wenn die Wettbewerbsbehörde bzw. das Kartellamt über
entsprechende Instrumente verfügen und diese auch sehr
gut nutzen, fällt es sehr schwer, Transparenz zu schaffen.

Ich glaube, in dieser Situation ist es die Aufgabe der
Politik, für fairen Wettbewerb zu streiten und das Ein-
streichen von Monopolrenditen dieser marktbeherr-
schenden Konzerne zu bekämpfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen mehr Ordnungspolitik und Wettbewerbs-
politik im Interesse der Verbraucher und weniger Indus-
triepolitik, die sich als verlängerter Arm der Stromkon-
zerne begreift. Es gibt kaum einen Bereich, in dem
politische Entscheidungen so unmittelbar durchschla-
gen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist doch nicht das Thema der Aktuellen Stunde!)


– Ich komme sofort dazu. Das ist jetzt ein kleines Pré-
lude. Hören Sie zu, Herr Kampeter! Vielleicht können
Sie noch etwas lernen.

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(C (D (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ein Präludium von Bach ist mir lieber!)


Politisches Handeln schlägt unmittelbar durch. Das
nergiewirtschaftsgesetz setzt den Ordnungsrahmen.
er Emissionshandel hat Einfluss auf den CO2-Ausstoß.
raft-Wärme-Kopplung und erneuerbare Energien wer-
en in eigenen Gesetzen geregelt.

Gerade weil das der Fall ist, sollte die Verquickung
on Politik und Energiewirtschaft in äußerst engen
renzen gehalten werden, und zwar sowohl im Interesse
er Verbraucher, die keine Lobbypolitik wollen, die sie
euer zu stehen kommt, als auch im Interesse der Politik
elbst. Denn wenn beim Bürger der Eindruck entsteht,
nergiepolitik sei vor allem Gefälligkeitspolitik für die
roßen Konzerne,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Reden wir doch mal über Windkraft!)


ann ist das verheerend für das Ansehen der Politik ins-
esamt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es geht nicht
arum, eine Art chinesische Mauer zwischen der Welt
er Wirtschaft und der Welt der Politik hochzuziehen. Es
eht auch nicht darum, die Berufsfreiheit von Abgeord-
eten und ehemaligen Ministern einzuschränken. Im Ge-
enteil: Ich glaube, dass der Wechsel zwischen Wirt-
chaft, Politik, Wissenschaft und Publizistik sogar eher
efördert werden sollte.

Unzulässig ist aber der unmittelbare Wechsel aus Re-
ierungsämtern in Vorstände und Aufsichtsräte von
nergiekonzernen, mit deren Regulierung man früher
elbst zu tun hatte. Das geht nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


as hat mehr als einen Beigeschmack. Wir erinnern uns
n den Fall Werner Müller, der aus dem Ministeramt zur
uhrkohle AG – das ist, wie gesagt, eine Tochter von
on und RWE – gewechselt ist,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wo waren Sie damals eigentlich?)


achdem er sich vorher jahrelang gegen Wettbewerb auf
en Energiemärkten, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz
nd das Erneuerbare-Energien-Gesetz profiliert hat.

Des Weiteren gab es den Fall Alfred Tacke, der nach
er Genehmigung der Fusion von Eon und Ruhrgas, die
ekanntlich gegen das Votum des Kartellamtes zustande
am, zu STEAG, einer Ruhrkohle-Tochter – deren
auptanteilseigner, wie gesagt, Eon und RWE sind –,
egangen ist.

Der ehemalige Bundeskanzler Schröder wechselt jetzt
n den Aufsichtsrat der Betreibergesellschaft der neuen
stseepipeline, deren Hauptanteilseigner Gasprom und
on sind. Außerdem berät er jetzt die Ruhrkohle AG
angeblich unentgeltlich – dabei, wie bei der Über-

ahme der Ewigkeitskosten der Bund am stärksten he-
angezogen werden kann.






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske
Wolfgang Clement wiederum wechselt in den Auf-
sichtsrat von RWE Power, nachdem er in seiner Zeit als
Minister zunächst ein sehr schwaches Energiewirt-
schaftsgesetz zur Regelung des Wettbewerbes vorgelegt
hat und vor allem durch Angriffe auf das EEG und den
Emissionshandel aufgefallen ist.

Ich glaube, das alles zusammengenommen ist keine
gute Visitenkarte für die Politik und es verschärft deren
Glaubwürdigkeitskrise, und zwar unabhängig von Par-
teigrenzen. Das möchte ich betonen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen klare und kodifizierte Regeln. Notwen-
dig ist eine Karenzzeit, wie es sie auf europäischer
Ebene längst gibt, sodass ein unmittelbarer Wechsel aus
dem Bereich, in dem man vorher im Rahmen politischer
Ämter regulierend tätig gewesen ist, in die Unternehmen
nicht mehr möglich ist. Das ließe sich im Rahmen eines
Ehrenkodexes erreichen. Ich glaube, das ist zwingend.
Wenn das nicht gelingen sollte, dann bedarf es eines Ge-
setzes.

Es reicht nicht aus, in jedem Fall eines unmittelbaren
Wechsels aufs Neue zu lamentieren. Ich möchte Sie bit-
ten, das nicht als Polemik zu verstehen. Es schadet dem
Ansehen der Politik enorm, wenn der Eindruck entsteht,
dass Grenzen nicht eingehalten werden und Insiderwis-
sen mitgenommen wird, was letzten Endes zulasten der
Verbraucher geht. Wir brauchen vor allen Dingen freie
und unabhängige Abgeordnete, die das thematisieren.
Ich bitte Sie, darüber nicht nur entlang der parteipoliti-
schen Grenzen zu diskutieren, sondern das Strukturpro-
blem ernst zu nehmen. Dieser extrem vermachtete Sek-
tor unserer Volkswirtschaft braucht klare Scheidelinien
gegenüber der Politik. Sonst bekommen wir ein riesen-
großes Glaubwürdigkeitsproblem.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601907800

Das Wort hat der Kollege Andreas Schmidt von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas Schmidt (CDU):
Rede ID: ID1601907900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

Thema der heutigen Aktuellen Stunde ist wichtig, aber
auch schwierig.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wie so oft!)


Es ist ganz sicher kein energiepolitisches Thema. Ich
will versuchen, es sehr grundsätzlich und ohne Polemik
zu behandeln; denn ich glaube, dass es in der Öffentlich-
keit eine gewisse Sensibilität bezüglich dieses Themas
gibt. Deswegen haben wir eine große Verantwortung,
wenn wir über dieses Thema sprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Bei diesem Thema geht es um die Akzeptanz, ja sogar m die Reputation von Parlamentariern sowie von aktien und ehemaligen Ministern, aber auch um die Repuation der parlamentarischen Demokratie als Institution nsgesamt. Herr Loske, grundsätzlich haben Sie Recht: as Fehlverhalten eines Einzelnen schadet nicht nur em Betreffenden selber, einer politischen Partei oder eier Fraktion, sondern der parlamentarischen Demokratie ls Institution. Bei diesem Thema geht es aber auch um ie Frage nach der zukünftigen Qualifikation der Parlaentarier, darum, wie viel Berufsund Lebenserfahrung ir in Parlamenten organisieren können. Welcher Politiertypus soll das Bild des Parlaments in Zukunft prägen: er Berufspolitiker, der direkt von der Universität ins arlament einzieht, lebenslang Parlamentsmitglied ist nd dann in Pension geht, oder derjenige, der mit Beufserfahrung ins Parlament einzieht und vielleicht wieer in seinen Beruf zurückgeht? Ich plädiere dafür, diees Thema sehr differenziert zu betrachten. Ich möchte drei Eckpunkte nennen. Der erste Eckpunkt ist: Berufliche und parlamentariche Tätigkeit schließen sich nicht aus; das haben Sie chon gesagt. Ich stimme Ihnen zu und halte es für wichig, dass das in dieser Debatte gesagt wird. Beispielseise kann eine nebenberufliche Tätigkeit eines Freibe uflers seine Unabhängigkeit als Parlamentarier während er Mandatsausübung sichern, weil sie die Voraussetung dafür ist, später wieder in den Beruf zurückzukehen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Des Weiteren gilt auch für ehemalige Minister – das
aben Sie schon erwähnt – Art. 12 des Grundgesetzes;
as will ich unterstreichen. Es ist selbstverständlich
öglich, dass ein Minister nach seiner Tätigkeit in der
olitik zu einem Unternehmen geht. Warum auch nicht?
olitische Erfahrungen können für ein Wirtschaftsunter-
ehmen von großer Bedeutung sein. Grundsätzlich gilt
chließlich – darin werden wir uns sicherlich einig sein –:
nternehmen, auch Energieunternehmen, sind keine kri-
inellen Vereinigungen. Unternehmen sind Vorausset-

ung für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze.

Der zweite Eckpunkt ist: Ich bin in diesem Zusam-
enhang grundsätzlich gegen die Normierung eines ge-

etzlichen Verbotes. Das wird nicht funktionieren. Wir
aben mit § 331 des Strafgesetzbuches – Verbot der Vor-
eilsannahme – bereits ein gesetzliches Verbot. Dieser
trafrechtsparagraph gilt zweifellos auch für aktive und
hemalige Minister. Aber ich sehe weder eine Notwen-
igkeit für eine gesetzliche Regelung noch eine rechts-
taatliche Chance für ein gesetzliches Berufsverbot.

Der dritte Punkt ist – er ist genauso bedeutsam –:
icht alles, was legal ist, ist auch legitim.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Andreas Schmidt (Mülheim)

Nicht alles, was nicht verboten ist, ist auch erlaubt. Wir
erwarten von aktiven und ehemaligen Ministern und Par-
lamentariern Selbstbeschränkung, Sensibilität


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Anstand!)


– richtig, auch Anstand – und die Bewahrung der eige-
nen Reputation. Natürlich ist immer eine Einzelfallein-
schätzung notwendig. Man muss auf jeden Fall die
Trennschärfe bewahren.

Wir sollten versuchen, die Trennlinie zu definieren.
Das ist in der Tat schwierig. Ich will versuchen, eine De-
finition vorzunehmen – sie ist vielleicht noch sehr ober-
flächlich und diskussionswürdig –: Wenn Gefahr be-
steht, dass der Anschein entsteht, dass die berufliche
Übernahme in einem nachträglichen Zusammenhang mit
früheren politischen Entscheidungen steht, ist die Selbst-
beschränkung eines ehemaligen Ministers geboten. Das
ist die zu definierende Trennlinie. Wenn wir das in dieser
Differenziertheit tun, dann können wir auch über einen
Verhaltenskodex reden. Ich bin nur dagegen, dass wir
diese Debatte parteitaktisch instrumentalisieren. Es geht
nicht um einen kurzfristigen parteitaktischen Vorteil,
sondern um das Ansehen des Parlaments als Institution.
Deswegen sind wir aufgefordert, die Debatte zu führen,
aber in aller Sachlichkeit, ohne Polemik und mit der ge-
botenen Verantwortung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601908000

Das Wort hat jetzt der Kollege Jürgen Koppelin von

der FDP-Fraktion.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1601908100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

hatte mir eigentlich für diese Aktuelle Stunde eine Rede
überlegt.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja ganz was Neues! Sonst reden Sie doch einfach los!)


Aber nachdem Sie, Kollege Loske, hier gesprochen ha-
ben, lasse ich meine Rede da, wo sie ist, und sage: Herz-
lich willkommen in der Opposition! Mir kam Ihre Rede
sehr bekannt vor. Damals, in der Aktuellen Stunde am
10. April 2003, waren das allerdings die Argumente der
FDP-Fraktion. Rainer Brüderle und Frau Kopp haben
damals gesprochen. Die Argumente wurden von den
Grünen vehement abgelehnt. Ihre Kollegin Hustedt hat
damals zu diesem Thema gesprochen. Es war teilweise
wirklich sehr peinlich. Sie hat gesagt, die Aktuelle
Stunde sei völlig überflüssig. Ich finde es schön, dass Sie
heute zu den gleichen Erkenntnissen kommen wie wir.
Damals hat die Kollegin Kopp gesagt: Liebe Frau
Hustedt, Sie haben es versäumt, sich klar zu der Frage zu
äußern, wie die Grünen dazu stehen, dass Herr Müller
zur RAG wechselt.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was war denn die Antwort?)


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(C (D eute, nach drei Jahren, haben Sie die Frage beantworet. Ganz herzlichen Dank! Das hat allerdings etwas ange gedauert. (Beifall bei der FDP – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nur die halbe Geschichte!)


Ich finde, das, was der Kollege Schmidt hier gesagt
at, ist sehr nachdenkenswert. Ich will das aufgreifen.
ch sage das deshalb, weil wir als FDP-Bundestagsfrak-
ion in dieser Woche einen Antrag eingebracht haben, in
em die Bundesregierung aufgefordert wird, einen Eh-
enkodex zu entwerfen, und zwar analog zu der entspre-
henden Gesetzgebung für die Bundesbeamten. Aller-
ings stellen wir uns nicht eine Frist von fünf Jahren vor,
ondern eine von zwei Jahren. Wir richten diese Auffor-
erung bewusst an die Bundesregierung, weil die Fälle
berwiegend die Bundesregierung betreffen. Müller,
acke, Koch-Weser und Schröder sind bekannte Bei-
piele.

Nun weiß ich allerdings auch, Kollege Schmidt, dass
in solcher Ehrenkodex nicht unbedingt greifen wird.
rotzdem sollten wir es machen. Was wollen Sie ma-
hen, wenn Sie vielleicht neuer Bundeswirtschaftsminis-
er sind, die Tür aufgeht und nicht nur der ehemalige

irtschaftsminister Müller hineinkommt, sondern auch
er gerade aus dem Amt geschiedene und von zwei Si-
herheitsbeamten begleitete Bundeskanzler Schröder,
er sagt: Die berate ich nur.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ich würde denen eine Tasse Kaffee anbieten!)


r erhält übrigens kein Geld dafür. Darüber ist das also
uch nicht zu greifen. Ich darf eine Agenturmeldung zi-
ieren, wonach eine Mitarbeiterin von Gerhard Schröder
esagt hat, Schröder und RAG-Chef Werner Müller
eien alte Weggefährten. Das heißt natürlich, dass er
eine Erfahrungen als Altkanzler einbringt. Ich hätte fast
it Heinz Rühmann gesagt: „Ein Freund, ein guter
reund, das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt“.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


as ist doch peinlich.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Koppelin ohne Freude und ohne Freunde!)


a muss man doch auch als Sozialdemokrat dem ehema-
igen Parteivorsitzenden und Bundeskanzler sagen – –


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Ihr Freundeskreis passt in eine Telefonzelle!)


Ich weiß nicht, warum Sie krakeelen. Sie sind zwar be-
annt fürs Krakeelen, aber ich finde, Sie sollten selber
inmal überlegen, ob sich ein ehemaliger Bundeskanz-
er, der immer noch auf der Gehaltsliste der Bundesrepu-
lik Deutschland steht, einen solchen Stil leisten kann.
ch glaube nicht. Er schadet uns allen.


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Jürgen Koppelin
Insofern ist das richtig, was in einer anderen Aktuel-
len Stunde von der Union gesagt wurde. Solche Leute
gehören erst einmal – das ist ein wörtliches Zitat – auf
die Wartebank. Diese Meinung teilen wir. Ich sehe, dass
die Union jetzt etwas anbietet, was sie aber nicht gesetz-
lich regeln will. Die Grünen kommen nun auf unsere
Seite. Da haben wir schon fast die Mehrheit. Lassen Sie
uns doch einen Ehrenkodex entwerfen! Denn, Kollege
Schmidt, es ist genau richtig, was Sie sagen. Es trifft
zwar in erster Linie Minister – es kann auch in den Län-
dern passieren –, aber das ganze Parlament und das
ganze politische Geschehen sind von diesen Dingen be-
troffen. Insofern sollten wir aus dem Parlament heraus
Druck auf die jeweilige Regierung ausüben, egal wie
diese zusammengesetzt ist. Ich sage in diesem Zusam-
menhang ausdrücklich auch in Richtung der Grünen: Je-
der hat da sein Päckchen zu tragen, auch meine Partei,
die FDP.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Da verraten Sie auch kein Geheimnis)


– Natürlich, aber Sie können uns doch nicht für jeden
haftbar machen.

Machen wir doch endlich einmal Druck! Ich habe
keine Lust mehr, seit drei Jahren dieses Thema zu disku-
tieren. Ich könnte auch zitieren, was die Bundesregie-
rung zum Fall Koch-Weser gesagt hat. Das ist noch nicht
lange her. Wenn Sie in diesen Genuss kommen wollen –
ich habe das Zitat hier. Damals hat die Bundesregierung
gesagt, es seien nie Gespräche geführt worden.
Ende 2004 ist in einer Fragestunde gefragt worden, was
mit Herrn Koch-Weser sei. Die Antwort für die damalige

Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1601908200


Staatssekretär Koch-Weser hat zu keinem Zeitpunkt
Anstellungsgespräche mit der Deutschen Bank AG
geführt, richtig ist, dass es in den vergangenen Jah-
ren gelegentlich Anfragen aus der privaten Wirt-
schaft gegeben hat. Herr Koch-Weser ist der Bun-
desregierung fest verbunden. Es bestanden und
bestehen keine Wechselabsichten.


(Abg. Rolf Hempelmann [SPD] verursacht Geräusche mit seinem Sitz)


– Bei solchen Antworten fällt man vom Stuhl. Das kann
ich gut verstehen. Das ging uns damals auch so.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie sind schuld mit Ihrer starken Wortwahl! Sie bringen den Saal zum Beben!)


Die alte Bundesregierung hat das Parlament teilweise
hinters Licht geführt.

Lassen Sie uns das gemeinsam anpacken! Fordern wir
die Bundesregierung dazu auf, einen Ehrenkodex zu
schaffen! Wir von der FDP sind es einfach leid, dass sich
das Parlament damit beschäftigen muss, was ehemalige
Bundeskanzler, Minister und Staatssekretäre machen.

Herzlichen Dank für Ihre Geduld.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Christian Lange von er SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Ich denke, mir ging es so ähnlich wie fast allen hier m Saal, als ich den Titel dieser Aktuellen Stunde las. usgerechnet die Grünen haben es aufs Tapet gebracht. ch dachte: Eingeklemmt in der Opposition zwischen DS und FDP, erinnern sie sich an ihre Tradition als Pro estpartei. Ich will ausdrücklich sagen: Herr Schmidt, ich in Ihnen dankbar, dass Sie dieses Thema auf das reduiert haben, was es ist: Es ist in der Tat kein energiepoliisches. Herr Kollege Loske, dennoch muss ich Sie schon an in paar energiepolitische Aspekte erinnern. Im Jahr 998, als der Bundeskanzler sein Kabinett berief, habe ch vonseiten der Grünen keinen Protest gehört, obwohl err Minister Müller schon damals in der Energiebran he tätig war, und zwar in einem Vorstand, also an fühender Stelle. (Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben wir nichts dagegen gesagt!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601908300
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1601908400

och einmal: Ich habe keinen Protest gehört. Wo war er
enn?


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum auch?)


In der Tat: „Warum auch?“.

Stattdessen haben Sie Herrn Minister Müller eine Par-
amentarische Staatssekretärin zur Seite gestellt, die ihm
ifrig zugearbeitet hat.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch mit der Frage überhaupt nichts zu tun!)


s drängt sich schon der Eindruck auf: Kaum in der Re-
ierung, bedienen Sie sich; kaum in der Opposition, wol-
en Sie sich davon distanzieren. Diesen Vorwurf muss
ch Ihnen schon machen.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist ein ganz schlechtes Argument! Das ist überhaupt kein Argument!)


Sie müssen sich der Politik, die sowohl Herr Müller
ls auch Ihre Staatssekretärin gemacht haben, nicht schä-
en, ganz im Gegenteil. Sie versuchen, einen halbseide-

en Faden zu spinnen,


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn, dann ein roter Faden und kein halbseidener!)


odurch der Eindruck erweckt wird, als wäre von langer
and die Abfolge „berufliche Tätigkeit in der Energie-
ranche, Ministeramt, danach wieder berufliche Tätig-
eit in der Energiebranche“ vorbereitet. Davon kann
och überhaupt keine Rede sein.






(A) )



(B) )


Christian Lange (Backnang)

Das gilt insbesondere für Fragen, die uns alle beschäf-
tigt haben, etwa die Ministererlaubnis. Erinnern wir uns
doch: Eine Ministererlaubnis ist in Deutschland ein
Rechtsakt. Eine Ministererlaubnis wurde auch unter
Rot-Grün gerichtlich überprüft und bestätigt. Hier zu sa-
gen, es werde Gefälligkeitspolitik betrieben, nach dem
Motto „Erst regieren, dann kassieren“, fördert den Poli-
tikverdruss in Deutschland. Was Sie behaupten, können
Sie noch nicht einmal beweisen, weil es falsch ist. Des-
halb bitte ich Sie, damit aufzuhören.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sie schaden allen, die politisch tätig sind. Diesbezüglich
haben Sie, Herr Dr. Loske, mit Ihren Bemerkungen
Recht.

Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen
werfen. Ich muss an dieser Stelle einfach an Folgendes
erinnern: Sie hatten einmal eine Sprecherin namens
Gunda Röstel. Jetzt ist sie Managerin der Gelsenkirche-
ner Gelsenwasser AG; das ist Deutschlands größer pri-
vater Wasserkonzern.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat mit Regierungshandeln nichts zu tun! Jetzt geht aber alles durcheinander hier!)


Pikant an dieser Sache ist für die Grünen, dass Gunda
Röstel den Atomausstieg mit ausgehandelt hat und dann
ausgerechnet bei einer Tochterfirma des Energiekon-
zerns Eon – das ist Deutschlands größter Atomkraft-
werkbetreiber – anheuerte. Sie wollen einen halbseide-
nen Faden spinnen, auch wenn Sie zu Recht angemahnt
haben, dass es eine Scheidelinie bezüglich dessen, was
man nach dem Ausstieg aus der Politik tut, geben muss.
Sie sollten deshalb ganz vorsichtig sein.

Ich habe von Ihnen erwartet – ich will an das anknüp-
fen, was Herr Schmidt gesagt hat –, dass Sie ein paar
Gedanken zum Thema Kodex äußern. Wir haben im Par-
lament angefangen, darüber zu sprechen. Ich bin sehr
glücklich darüber, dass wir in der Frage der Transparenz
einen Weg für uns Parlamentarier gegangen sind, der
richtig ist. Leider gibt es auch in unserem Haus einige,
die dagegen klagen. Ich denke an einige aus der FDP-
Fraktion; vielleicht gibt es noch ein paar andere mehr.
Ich wiederhole: Das ist der richtige Weg für uns aktive
Parlamentarier. Es gibt eine Regelung für amtierende
Minister: Sie dürfen überhaupt keiner Nebentätigkeit
nachgehen.

Wir müssen uns differenzierte Gedanken darüber ma-
chen – da bin ich ganz bei Ihnen –, wie es sich mit ehe-
maligen Regierungsmitgliedern verhält. Was machen wir
zum Beispiel mit einem Herrn Müller, der in einer be-
stimmten Branche tätig gewesen war, dann für nur vier
Jahre einen Ausflug in die Politik gewagt hat und danach
wieder in seinen alten Beruf zurückkehren will, wenn
auch zu einer anderen Firma? Was machen wir mit sol-
chen Personen? Wollen wir ein Berufsverbot ausspre-
chen? Ist das die Antwort, die wir geben? Was machen
wir mit denjenigen, die als Rechtsanwälte, Unterneh-
mensberater oder Publizisten tätig sind, Herr Loske?
Welchen Weg gehen wir? Das ist in der Tat interessant.

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(C (D Ich bin gern bereit, mit Ihnen in die Diskussion einzuteigen, weil auch ich glaube, dass wir einen Kodex rauchen. Wenn wir die Diskussion so führen, wenn wir u Berufsverboten Nein sagen, wenn wir die Kirche im orf lassen und zugleich an das denken, was moralisch ertretbar ist, dann, glaube ich, werden wir für die ächste Zukunft auch für ehemalige Minister einen guen Weg finden. In diesem Sinne wünsche ich mir eine iskussion mit der Opposition wie auch mit den beiden egierungsfraktionen. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch on der Fraktion Die Linke. Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten amen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf den Rängen! s gibt eine Massenflucht von ehemaligen Politikern in ie Wirtschaft. Exwirtschaftsminister Müller wechselte ur RAG AG, Exkanzler Schröder zum Konsortium der ordeuropäischen Gaspipeline und Exstaatssekretär aio Koch-Weser will zur Deutschen Bank. Dafür gibt s nur zwei mögliche Erklärungen: Erstens. Einige Poliiker glauben nicht mehr daran, dass man mit der SPD och einen Blumentopf gewinnen kann. Zweitens. Die hemaligen Politiker haben augenscheinlich politische orleistungen gegenüber Unternehmen erbracht, die etzt mit Vorstandsund Aufsichtsratsposten versilbert erden. Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass ehemalige olitiker in die Wirtschaft gehen. Ich habe aber sehr ohl etwas dagegen, dass Mitglieder der Bundesregie ung Entscheidungen zugunsten von Unternehmen trefen – Stichwort: Ministererlaubnis –, um sich ihre zuünftigen Jobs in der Wirtschaft zu sichern. Das ist eine orm von Korruption, die in Deutschland leider legal ist. (Dr. Rainer Wend [SPD]: Das ist strafbar, was Sie da sagen! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Unglaublich!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601908500

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601908600

(Beifall bei der LINKEN)


ir müssen das im Bundestag gesetzlich ändern.

Offensichtlich betrachten einige Politiker die Zeit in
er Bundesregierung nur als so etwas wie das Qualifying
ür die Poleposition,


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: Mit Frau Lötzsch in den Pool! – Weitere Zurufe)


m sich dann beim Rennen einen Spitzenplatz in der
irtschaft zu sichern – nach dem Motto „Erst die Macht,

ann das Geld“ oder, wie Kollege Lange sagte: Erst re-
ieren, dann kassieren. Das zeugt, finde ich, von einer
ewissen Verachtung gegenüber den Wählerinnen und
ählern. Man hat fast den Eindruck, dass die Herren






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch
ihren Eid auf das Grundgesetz bei ihrer Entlassung an
der Garderobe des Bundespräsidenten abgegeben hätten.

Niemand glaubt doch ernsthaft, dass Herr Clement
aufgrund seiner wirtschaftlichen Kompetenz in den Auf-
sichtsrat von RWE Power berufen wurde.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Clement wurde als Wirtschafts- und Arbeitsminis-
ter nicht nur von den Wählerinnen und Wählern, sondern
auch von seiner eigenen Partei wegen Unfähigkeit in die
Wüste geschickt – und das zu Recht.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ehrlich? Wie kommen Sie auf solche Ideen? Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)


Alles, was Herr Clement als Minister angefangen hat, ist
unfertig, unausgereift und aus dem Ruder gelaufen. Er
hat die wirtschaftlichen Probleme nicht gelöst, sondern
uns unzählige Probleme hinterlassen. Er trägt die Verant-
wortung für die unsäglichen Hartz-Gesetze.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Dafür ist er mit einem Aufsichtsratsposten belohnt worden! Jetzt wissen wir es!)


Wir haben in der vergangenen Woche darüber diskutiert
und festgestellt, dass nichts Positives eingetreten ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich glaube nicht, dass RWE einen solchen Mann wirk-
lich zur Lösung der eigenen Probleme braucht. Nein, die
Erklärung kann nur sein, dass der Posten als Dankeschön
für frühere Entscheidungen des Ministers vergeben
wurde.

Wenn wir als Politiker nicht an Glaubwürdigkeit ver-
lieren wollen, müssen wir – das ist schon angesprochen
worden – gesetzliche Regelungen schaffen, die eine
nachgelagerte Bestechung – ich sage ausdrücklich: nach-
gelagert – ausschließen.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Was heißt denn „nachgelagerte Bestechung“?)


– Das ist sehr gut verständlich. Auch Sie verstehen das
sehr gut. Sie haben sich mit solchen Fragen schon aus-
einander setzen müssen.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ist ein Straftatbestand! Wollen Sie damit unterstellen, dass die strafbar geworden sind? Wollen Sie das unterstellen? Unglaublich, solche Behauptungen!)


Bekanntlich gibt es in anderen Ländern wie Schweden,
aber auch in den USA ganz klare gesetzliche Regelun-
gen, die eine große Transparenz garantieren. Warum
sollten wir in Deutschland nicht auch solche Regelungen
schaffen können? Das würde uns, glaube ich, sehr gut
tun.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir können aber auch ganz klein bei uns anfangen.
Der Kollege Koppelin hat es schon angesprochen. Auch
wir Abgeordneten sollten unsere Einkünfte so offen le-

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(C (D en, dass jeder genau weiß, woher und von wem wir uner Geld bekommen. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das machen wir doch schon! Offener kann man es nicht legen! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das machen wir doch jetzt!)


ollege Koppelin, wir alle werden Sie sicherlich unter-
tützen, dass Sie auch in Ihrer Fraktion dafür eine große
ehrheit oder gar 100 Prozent Zustimmung bekommen.


(Beifall bei der LINKEN)


ber Sie haben ja schon gesagt: Man kann nicht jeden
ür alles haftbar machen.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


Oskar Lafontaine ist da, glaube ich, sehr offen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Wer nach allen Seiten offen ist, kann nicht ganz dicht sein!)


r wird Ihnen alles vortragen. Wir in der Fraktion haben
iele technische Möglichkeiten, das im Internet zu ver-
ffentlichen. Er wird das bestimmt gern tun, Herr
oppelin, und Ihnen damit eine besondere Freude ma-

hen.

Ich möchte einen Vorschlag der deutschen Sektion
on Transparency International aufgreifen. Danach soll
ie Karenzzeitregelung, die für Beamte gilt, auch für
arlamentarische Staatssekretäre, Minister und natürlich
anzler gelten. Das Bundesbeamtengesetz legt für sol-

he Fälle eine Karenzzeit von fünf Jahren fest. Eine sol-
he Frist – man könnte sie auch Schamfrist nennen –
ollten auch Herr Schröder und Herr Clement einhalten.
hre beachtlichen Ruhestandsbezüge werden eine Verar-
ung dieser Herren in dieser Zeit weiß Gott verhindern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Jürgen Koppelin [FDP]: Hätten Sie bei Oskar Lafontaine auch fordern müssen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601908700

Das Wort hat jetzt der Kollege Steffen Kampeter von

er CDU/CSU-Fraktion.


Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1601908800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Aus-
ausch zwischen Parlament, Regierung, Wissenschaft
nd Wirtschaft ist notwendig. Er wird aber in Deutsch-
and nach meiner Einschätzung viel zu wenig gepflegt
nd sollte daher eher gefördert denn diskreditiert wer-
en. Wir alle können von den unterschiedlichen Lebens-
phären der Kolleginnen und Kollegen, die nicht aus
em rein politischen Geschäft in den Bundestag gewählt
erden oder in die Regierung eintreten, lernen. Wir soll-

en uns auch immer wieder deutlich vor Augen führen,
ass Politik ein endliches Geschäft ist und Macht auf
eit gibt. Somit sollten wir nach und vor der Parlaments-
eit uneingeschränkt beruflichen Tätigkeiten nachgehen
önnen.






(A) )



(B) )


Steffen Kampeter
Ich habe mich allerdings schon etwas gewundert, dass
die Sachverhalte, zu denen ich im Einzelfall noch kurz
Stellung nehmen werde, von den Grünen erst entdeckt
worden sind, nachdem sie die Stander ihrer Dienstwagen
nach dem Regierungswechsel abgegeben haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen nehme ich all das, was von dieser Seite
kommt, nicht sonderlich ernst.

Ich will nun drei Gruppen voneinander unterscheiden:
die Abgeordneten, das politische Leitungspersonal und
die Spitzenbeamten.

Wir Damen und Herren Abgeordneten des Deutschen
Bundestages leisten ein Maximum an Transparenz über
unsere privaten und finanziellen Verhältnisse. Wir haben
uns gerade Verhaltensregeln gegeben, die, wie manche
glauben, den Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik
eher erschweren und die wir uns deshalb noch einmal
kritisch anschauen sollten. Der frei gewählte Abgeord-
nete ist also schon nahezu gläsern, seine Einkünfte sind
uneingeschränkt transparent.


(Zurufe von der LINKEN)


Im Übrigen ist jeder Abgeordnete – auch dazu möchte
ich klar Stellung beziehen – Lobbyist, nämlich Lobbyist
seiner Region. Ich lasse mich nur ungern darin überbie-
ten, für das Gemeinwohl der Heimatregion, die ich hier
als Abgeordneter vertrete, das Optimum herauszuholen.
Das ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere
verdammte Aufgabe. Daran ist auch nichts Anstößiges.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die zweite Gruppierung stellt das politische Leitungs-
personal dar, insbesondere die Minister und Parlamenta-
rischen Staatssekretäre. Diese sind im Gegensatz zu
dem, was die Kollegin Lötzsch hier vorgetragen hat,
keine Beamten, sondern auch sie haben ein Mandat auf
Zeit, das vom Deutschen Bundestag legitimiert wurde.
Auch hier gilt: Austausch und Wechsel müssen positiv
bewertet werden. Ich finde, es gab viel zu wenige Wirt-
schaftsführer und leitende Geschäftsführer aus Wirt-
schaftsunternehmen in politischen Leitungsfunktionen.
Vom Grundsatz her halte ich es auch nicht für schädlich,
dass jemand, der ein Ministerium geführt hat, in der
deutschen Wirtschaft beweist, dass er Führungsverant-
wortung wahrnehmen kann. Ich möchte an dieser Stelle
ausdrücklich an die großartige Sanierungsleistung, die
Lothar Späth bei Jenoptik erbracht hat, erinnern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dass dieser Austausch zwischen Politik, Wissenschaft
und Wirtschaft bestimmten Regeln unterworfen werden
sollte und es bestimmte Vorgänge gibt, die ich bei ande-
ren Konstellationen durchaus kritischer bewerten würde,
als es die Zeit heute zulässt,


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Das Sein bestimmt das Bewusstsein, oder wie?)


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(C (D eigt sich ja daran, dass sich alle Redner der Koalitionsraktionen offen und gesprächsbereit für den Vorschlag ezeigt haben, über Verhaltensregeln wie einen Ehrenodex zu reden. Zugleich waren sie sich aber auch darin inig, keine zusätzlichen gesetzlichen Regelungen zu chaffen. Nicht alles nämlich, was legal ist, ist auch legiim; und nicht alles, was legitim ist, ist auch anständig. n diesem Sinne müssen Regeln gefunden werden, die usschließen, dass ein Wechsel zwischen Politik und irtschaft korrumpierende Strukturen schafft, wie hier ehauptet worden ist. Das kann nicht unser Interesse ein und das ist auch nicht unser Interesse. Die Union ird sich aktiv an diesem Diskussionsprozess beteiligen. Ich will auch darauf hinweisen, dass ich ein ungutes efühl habe, was die Effektivität parlamentarischer ontrolle durch informelle Strukturen angeht. Hier muss uch Transparenz herrschen. Deshalb sollten wir sehr orgfältig über solche sinnvollen Kodizes nachdenken. enn klare Regeln da sind, gibt es auch ausgesprochen enig Missverständnisse. Man muss auch prüfen, ob die ienstund Amtsausstattung nach der Dienstzeit ledig ich für entsprechende Zwecke genutzt wird. Das gilt für hemalige Bundeskanzler ebenso wie für andere. Ich komme dann zu der dritten Gruppe, nämlich den ehördenleitungen. Hier gibt es einige Vorgänge im Zu ammenhang mit Staatssekretären, deren Wechsel in nergie-, Versorgungs-, Transportund Finanzwirtschaft um gegenwärtigen Zeitpunkt – wie es bei einem Regieungswechsel, glaube ich, ganz natürlich ist – etwas inensiver ist. Hier ist § 69 a Bundesbeamtengesetz einchlägig, der eine Überprüfung dieses Wechsels orsieht. Zu überlegen wäre, ob man die Überprüfung icht im eigenen Haus, sondern durch Innenund Justizinisterium oder andere Administrationen durchführt, m Amtsbrüderschaften auszuschließen. Aber im Kern ibt es in diesem Gesetz klare Regeln. Man muss chauen, dass sie effektiv angewandt werden. Dann gibt es noch die Vorteilsannahme nach § 331 tGB. Frau Kollegin Lötzsch, es ist unanständig, wenn ie hier einen Vorgang konstruieren, der nach dem gel enden Strafrecht einschlägig bewehrt ist, und den Einruck erwecken, es gäbe hier eine Rechtsund Regeungslücke. Wenn Sie der Auffassung sind, dass ein olcher Vorgang zu bestrafen ist, steht es Ihnen frei, die afür vorgesehenen strafrechtlichen Wege zu gehen. ber denunzieren Sie hier bitte nicht, ohne Ross und eiter zu nennen! (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Diese dritte Gruppe ist deswegen von den Parlamen-
ariern sowie den Ministern und Parlamentarischen
taatssekretären zu unterscheiden, weil sie im Gegensatz
u den ersten beiden Gruppen eine sehr umfassende, le-
enslange Versorgungsleistung erhält und nicht zwangs-
äufig zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit gezwun-
en ist. Von daher finde ich es nur recht und billig, dass
ir als Parlament bei dieser Gruppe besonders kritisch
inschauen; denn sie wird von den Steuerzahlerinnen
nd Steuerzahlern lebenslang alimentiert.






(A) )



(B) )


Steffen Kampeter
In diesem Sinne kann das der Anfang einer weiterge-
henden, tiefer schürfenden Debatte sein. Aber wir müs-
sen uns klar sein: Für vordergründige populistische An-
würfe, wie von PDS und Bündnis 90/Die Grünen hier
vorgetragen, bietet das zum gegenwärtigen Zeitpunkt
keinen Anlass.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601908900

Das Wort hat jetzt der Kollege Matthias Berninger

von Bündnis 90/Die Grünen.


Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601909000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am ver-

gangenen Freitag erschien im „Economist“ ein ziemlich
umfangreicher Bericht über die aktuelle Situation in
Deutschland. Darin sind mehrere Probleme beschrieben
worden. Ein Problem, das wir in Deutschland haben, ist,
dass der Arbeitsmarkt nicht genügend Durchlässigkeit
für diejenigen bietet, die draußen stehen. Als zweites
Problem wird das Schulsystem beschrieben, das insbe-
sondere den sozial Schwachen nicht die gleichen Chan-
cen einräumt wie anderen.

Als drittes Problem haben die Journalisten des „Eco-
nomist“ die Cliquenwirtschaft angeführt. Das sollte uns
zu denken geben; denn ich glaube, dass das nicht nur ein
Problem des kölschen Klüngels ist, sondern ein generel-
les Problem, das diesem Land erheblich schadet. Wenn
es in bestimmten Branchen eine Nähe zwischen dem
Staat auf der einen Seite und den Unternehmen auf der
anderen Seite gibt, dann sind Wechsel von Politikerinnen
und Politikern in diese Branchen grundsätzlich sensibel.
Wenn diese Politikerinnen und Politiker darüber hinaus
wesentliche Entscheidungen mit getroffen haben, die für
diese Branchen Auswirkungen haben, dann sind solche
Wechsel in höchstem Maße bedenklich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt eine ganze Reihe von Beispielen. Um die Kol-
legen der Sozialdemokratie etwas zu entlasten und dem
Kollegen Kampeter für seinen Beitrag einen zurückzu-
geben: Dass der Kollege Wiesheu Wirtschafts- und Ver-
kehrsminister war und einen Koalitionsvertrag mit aus-
gehandelt hat, der sehr sensible Fragen bezüglich der
Zukunft der Bahn AG regelt, und unmittelbar danach in
den Bahnvorstand gewechselt ist, gehört genauso in die
lange Liste wie eine ganze Reihe anderer Punkte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich glaube, dass wir uns als Parlament über bestimmte
Grundsätze verständigen sollten, die das künftig nicht
mehr erlauben.

Ich habe mich an der Stelle, lieber Kollege Christian
Lange, sehr über die klare Ansage gefreut, dass auch die
SPD-Fraktion hier Verhaltensregeln für ehemalige Mi-
nister, Bundeskanzler und Bundeskanzlerinnen – da ha-
ben wir noch die Hoffnung, dass das einmal wieder ein

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(C (D nde nimmt – festlegen will und dass auch das Kabinett ich künftig solche klaren Regeln gibt. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Vom Kabinett habe ich nicht gesprochen!)


er Kollege Schmidt hat in Moll genau das für die
DU/CSU-Fraktion erklärt. Damit hat die Aktuelle
tunde, beantragt von meiner Fraktion, einen wesentli-
hen Sinn erfüllt, nämlich dass diese Zustände in
eutschland ein Ende haben und der Cliquenwirtschaft
er Nährboden entzogen wird. Daran sollten wir weiter
rbeiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Warum ist es so problematisch, wenn ein Bundes-
anzler aus Freundschaft einen Unternehmenschef dabei
eraten will, wie er ein möglichst günstiges Ergebnis für
ein Unternehmen erzielt? Es wird in dem Moment pro-
lematisch, wenn ein für die Ruhrkohle AG möglichst
ünstiges Ergebnis zulasten des Landes Nordrhein-West-
alen und zulasten des Bundes ausgehandelt wird. Genau
arum geht doch zurzeit die Auseinandersetzung: Wie
iel Geld überweist die Ruhrkohle dafür, dass die Ewig-
eitskosten des Bergbaus künftig nicht mehr von dem
nternehmen und dessen Aktionären getragen werden,

ondern vom Bund, also von uns, den Steuerzahlern.

Ich erwarte von einem ehemaligen Regierungschef,
er noch nicht einmal 100 Tage aus dem Amt ist, dass er
Freundschaft hin, Freundschaft her – an der Stelle
icht einem Unternehmen dabei hilft, ein möglichst
ünstiges Ergebnis zu erzielen. Das ist im Kern das Pro-
lem. Ich finde dieses Verhalten empörend, unabhängig
on der Partei, der der ehemalige Regierungschef ange-
ört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Ich bin ebenfalls der Meinung, dass Herr Tacke ein
eritabler Experte im Bereich der Energiewirtschaft ist.
r hätte natürlich in alle möglichen Positionen wechseln
önnen. Dass er aber ausgerechnet in ein Unternehmen
echselt, von dem auch wieder Eon aufgrund einer Mi-
isterentscheidung, die Herr Tacke zu verantworten hat,
assiv profitiert hat, ist ein Zeichen von mangelnder
ensibilität.

Uns Grünen ist vorgeworfen worden, dass wir das
icht laut gesagt haben, als wir mit der SPD koaliert ha-
en. Dass der Vorwurf von der FDP kommt, ist relativ
erständlich.


(Gudrun Kopp [FDP]: Genau!)


ber dass die CDU/CSU den gleichen Vorwurf erhebt,
st verwunderlich. Heute erleben wir doch, wie schwie-
ig die Situation für Sie ist. Eigentlich möchten Sie mehr
ber die Person Koch-Weser sagen und eigentlich wür-
en Sie sich gerne mehr über den Bundeskanzler empö-
en. Auch die Sache mit Müller – Sie haben sich in der
etzten Legislaturperiode sehr darüber empört – stinkt
hnen noch genauso wie vor der Bundestagswahl. Das
ringt uns aber nicht weiter.






(A) )



(B) )


Matthias Berninger
Ich meine, es gibt Grenzen. Die Häufung von solchen
Wechseln – zuletzt der Wechsel von Herrn Clement in
den Aufsichtsrat eines RWE-Unternehmens – sollte end-
lich einmal vom Deutschen Bundestag mit einem klaren
Stoppsignal beantwortet werden.

Herr Lange hat heute einen mutigen Anfang gemacht.
Nach seinem Vorschlag müssen sich alle ehemaligen
Mitglieder des Kabinetts, unabhängig von ihrer Parteizu-
gehörigkeit, überlegen, ob sie sich gegen diese Linie der
SPD-Bundestagsfraktion stellen. Insofern begrüße ich
diesen Vorschlag ausdrücklich.

Es gibt ein Unternehmen, bei dem eine ähnliche Dis-
kussion in naher Zukunft droht, nämlich die Bahn.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Richtig!)


Nicht nur Herr Wiesheu, sondern gerüchteweise auch
andere sind jetzt dabei, sich als Berater bei der Bahn zu
verdingen. Es funktioniert nicht, dass wir auf der einen
Seite über den Börsengang der Bahn im Sinne der Men-
schen, die die Bahn künftig benutzen wollen, und im
Sinne des Bundes, der Besitzer der Bahn ist – er will
beim Börsengang einen entsprechenden Ertrag erzielen –,
entscheiden, wenn auf der anderen Seite ehemalige Ent-
scheidungsträger als Berater im Hochhaus von Herrn
Mehdorn sitzen. Das ist ein Weg, der die Steuerzahlerin-
nen und Steuerzahler Geld kostet und diesem Land Le-
bensqualität nimmt. Gegen diese Cliquenwirtschaft soll-
ten wir alle gemeinsam zu Felde ziehen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601909100

Das Wort hat jetzt der Kollege Garrelt Duin von der

SPD-Fraktion.


Garrelt Duin (SPD):
Rede ID: ID1601909200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich möchte zunächst einmal an diejenigen, die
für diese Aktuelle Stunde gesorgt haben, ein paar Worte
richten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grü-
nen, was Sie hier veranstalten – Ihre beiden Redebei-
träge haben das deutlich gemacht –, ist der Versuch, sich
weißer als weiß zu waschen. Es ist in meinen Augen
Heuchelei. Sie wollen den Versuch starten, sich als be-
sondere Gutmenschen herauszukehren und sich einen
weißen Fuß zu machen.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist so furchtbar billig! – Gegenruf des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Loske, wo er Recht hat, hat er Recht!)


Aber wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen.

In den letzten Tagen konnte ich entsprechende Aussa-
gen von Herrn Kuhn lesen. Er sagt beispielsweise, dass
sich die SPD der Energiekonzerne als Versorgungsinsti-
tut bediene. Er macht damit den Versuch, ähnlich wie die
PDS


(Zuruf von der LINKEN: Die Linke!)




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(C (D ich meine damit alles, was dazu gehört –, (Dr. Uwe Küster [SPD]: Wir kommen da nicht so schnell mit!)


ine Linie zwischen der hier zu diskutierenden Frage
nd dem Thema Hartz IV zu ziehen. Das ist gerade in
er Rede der Kollegin von der PDS gemacht worden.
ber auch Herr Kuhn hat dies in den vergangenen Tagen
etan. Auf der einen Seite werden Beschlüsse im Rah-
en der Agenda 2010 und von Hartz IV genannt und auf

er anderen Seite wird eine Verbindung zu den Einkom-
en von Aufsichtsräten hergestellt.


(Widerspruch bei der LINKEN)


as ist unterhalb eines erträglichen Niveaus, zumal Sie
n den entsprechenden Beschlüssen beteiligt waren.
an muss sich wirklich die Augen reiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Was kritisieren Sie eigentlich?


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir doch gerade klar gemacht!)


Das haben Sie eben nicht klar gemacht. – Sind es die
ntscheidungen, die es in den letzten beiden Legislatur-
erioden zu energiepolitischen Fragen gegeben hat und
ie natürlich die in Rede stehenden Unternehmen be-
ührt haben? Wenn das so ist, dann möchte ich Sie aus-
rücklich daran erinnern, dass es nicht nur eine, sondern
wei Parteien gewesen sind, die die energiepolitischen
ntscheidungen der letzten sieben Jahre getroffen haben,
nd dass Sie bei allen Entscheidungen dabei gewesen
ind und sie in Ihrem Beisein stattgefunden haben.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind aber heute nicht einer Meinung!)


ie tun jetzt aber so, als ob Sie damit gar nichts mehr zu
un hätten.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, darum geht es doch überhaupt nicht!)


ntweder Sie stehen zu Ihrer inhaltlichen Mitverantwor-
ung in diesen Entscheidungen


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber haben wir doch gar nicht geredet!)


der es wird deutlich, dass Ihnen die Beteiligung an der
acht damals wichtiger war als die Befolgung Ihrer

ehren Grundsätze, mit denen Sie uns heute konfrontie-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jürgen Koppelin [FDP]: Sagen Sie mal etwas zu Schröder!)


Sie wollen angeblich eine moderne Wirtschaftspolitik
achen, wie ich gelesen habe. Im Rahmen Ihrer Klau-

urtagung haben Sie versucht, dies deutlich zu machen.






(A) )



(B)


Garrelt Duin
Auch die PDS spricht immer wieder davon. Aber ich
habe den Eindruck, dass Sie manchmal in einem Welt-
bild zu Hause sind, das den Karikaturen der 50er- und
60er-Jahre entspricht, in denen der Unternehmer noch
der fette Bonze mit der Melone auf dem Kopf gewesen
ist.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist so billig! Eine so billige Rede! – Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da war er noch nicht auf der Welt!)


Da waren Sie wirklich schon sehr viel weiter.

Oder ist für Sie nicht die wirtschaftliche Tätigkeit an
sich, sondern die Branche das Entscheidende? Wollen
Sie jetzt festschreiben, was politisch korrekt ist und was
nicht? Verleger zu werden, ist dann in Ordnung, weil
man sich da zu den aktuellen Fragen der Weltpolitik äu-
ßern kann. Aber Mitglied im Aufsichtsrat von RWE zu
werden, ist nicht in Ordnung. Wie stellen Sie sich das
vor? Wonach wollen Sie das entscheiden?


(Jürgen Koppelin [FDP]: Sagen Sie mal etwas zu Schröder!)


Sie eignen sich nicht zu besonderen Saubermännern
oder Sauberfrauen; das hat mein Kollege vorhin schon
gesagt. Den Fall „Gunda Röstel“ will ich nicht vertiefen
und auch über Herrn Volmer will ich nicht sprechen.

Von der Politik in die Wirtschaft und umgekehrt zu
wechseln, ist nichts Ehrenrühriges. Das können Sie auch
durch diese Debatten nicht zu etwas Ehrenrührigem ma-
chen. Wenn wir uns diese Wechsel ständig gegenseitig
vorhalten, wird uns allen das insgesamt mehr schaden,
als dies vielleicht Einzelnen von Ihnen klar ist. Wir brau-
chen eine Debatte darüber – Herr Lange hat dies schon
angesprochen –, wie wir einen möglichen Kodex ausfor-
mulieren, sodass er uns wirklich nach vorn bringt.

Ich war in den letzten fünf Jahren Abgeordneter des
Europäischen Parlaments. Auf der europäischen Ebene
gibt es eine Reihe von Erfahrungen mit einem solchen
Kodex. Im Übrigen wird auf keiner anderen Ebene, zum
Beispiel schon beim Amtsantritt der Herren und Damen
Kommissare, so darauf geachtet, welche Aktivitäten in
der Wirtschaft die Betreffenden vorweisen. Das bei den
Aktiven – damit meine ich nicht nur die Minister, son-
dern auch die Abgeordneten – zu betrachten, ist eine De-
batte, die sich zu führen lohnt und die wir an der einen
oder anderen Stelle sicherlich noch vertiefen werden.

Die Frage eines Kodexes werden wir ernsthaft mitein-
ander zu besprechen haben. Lassen Sie uns aber aufhö-
ren, anhand von Einzelfällen Aktuelle Stunden zu bean-
tragen und so zu tun, als ob man eine weißere Weste
habe als andere. Das ist nicht der Fall.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601909300

Das Wort hat jetzt der Kollege Norbert Geis von der

CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Abgeordnete werden gewählt und Minister bzw. taatssekretäre werden in ihr Amt bestellt und berufen, amit sie dem Gemeinwohl uneigennützig dienen. Dazu ehört, dass sie darauf achten, dass, wenn sie aus dem mt ausscheiden, die Interessen ihres früheren Amtes icht beschädigt werden. Wenn ein Minister bzw. ein taatssekretär in eine lukrative Stellung in der Wirtschaft echselt, dann ist dies nicht zu beanstanden. Das ist onsens der hier Anwesenden. Das ist in den USA üb ich. Es hat vielleicht auch einen Nutzen, wenn es einen tärkeren Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik soie Politik und Wirtschaft gibt – und wenn es nur der äre, dass die Wirtschaftskapitäne nicht so arrogant über ie Unfähigkeit der Politik reden würden, wie sie das anchmal tun, (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1601909400

enn sie selber am eigenen Leib erfahren würden, wie
as so im politischen Geschäft ist.

Wenn aber ein Staatssekretär bzw. ein Minister in ei-
en wirtschaftlichen Bereich wechselt, für den er in sei-
em Ressort zuvor unmittelbar Verantwortung getragen
at – das ist das Problem –, dann bekommt die Sache ei-
en anderen Akzent.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)


ann kann es so weit kommen, dass der Wechsel zu ver-
einen wäre, zumindest wenn nicht eine bestimmte Ka-
enzzeit eingehalten wird. Noch viel schlimmer aber ist
er Fall – den müssen wir uns auch vornehmen –, wenn
in Minister oder ein Staatssekretär in einen Wirtschafts-
weig wechselt, für den er nicht nur Verantwortung ge-
ragen hat, sondern zu dessen Gunsten er Entscheidun-
en getroffen hat, die an sich durchaus rechtmäßig und
icht zu beanstanden gewesen sind. Wenn dieser Über-
ang dann ohne die Einhaltung einer vernünftigen Ka-
enzzeit geschieht, bekommt er den Geruch der Unlau-
erkeit. Das muss man hier beachten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich meine, dass es wichtig ist – da müssen wir ehrlich
iteinander sein –, eine Grenzziehung zwischen wirt-

chaftlicher und politischer Betätigung vorzusehen und
uch eine Regelung dessen, was zu geschehen hat, wenn
emand aus seinem Amt ausscheidet. Das muss disku-
iert werden. Dies ist in der Rede von Herrn Schmidt,
ber auch in den Beiträgen aller Redner in dieser Debatte
eutlich geworden.

Wir sind uns alle darin einig, dass Art. 12 Grundge-
etz im Auge zu behalten ist. Einem Minister oder einem
taatssekretär kann nicht verboten werden, nach dem
usscheiden aus seinem Amt eine berufliche Tätigkeit

ufzunehmen. Es gibt aber gesetzliche Regelungen über
as Verhalten nach dem Ausscheiden aus einem Amt. In
6 Ministergesetz ist vorgesehen, dass ein Minister, der
)






(A) )



(B) )


Norbert Geis
aus seinem Amt ausgeschieden ist, für eine bestimmte
Zeit zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Darüber hi-
naus gibt es natürlich auch Regeln des Anstandes. Es
geht nicht an, dass ein im Amt befindlicher Staatssekre-
tär oder Minister nur noch darüber nachdenkt, wer ihn
nach dem Amt aufnehmen könnte. Ein solcher Staats-
sekretär oder Minister kann nicht mehr nur dem Gemein-
wohl dienen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun stellt sich die Frage, wie wir damit umgehen.
Herr Schmidt hat vorgeschlagen – dieser Vorschlag ist
allgemein aufgenommen worden –, so etwas wie einen
Ehrenkodex einzuführen. Ich halte das für sehr richtig.
Wir können uns nicht auf ungeschriebene Regeln verlas-
sen, sondern müssen uns, nachdem es in letzter Zeit im-
mer häufiger zu solchen Vorfällen gekommen ist, über
solche Regelungen Gedanken machen. Dabei würde ich
nicht ganz ausschließen, auch über eine gesetzliche Re-
gelung nachzudenken. Ich meine keine strafrechtliche
Regelung, aber beispielsweise eine Ergänzung des
Ministergesetzes, wie es in der Wissenschaft bereits dis-
kutiert wird. Danach hat ein ausscheidender Minister
bzw. ein ausscheidender Staatssekretär eine gewisse Ka-
renzzeit einzuhalten, wenn zu befürchten ist, dass er in
seiner neuen Betätigung die Interessen seines alten Am-
tes beschädigt. Diese Regelung ist vorhin schon aufge-
zeigt worden; sie gilt für Beamte, Richter und Generäle.
Die Regelung müsste nicht denselben zeitlichen Umfang
beinhalten. Aber ich denke, dass über eine gesetzlich ge-
regelte Karenzzeit nachgedacht werden müsste.

Die Demokratie, die auf die Zustimmung der Bevöl-
kerung angewiesen ist, sollte keinen Schaden nehmen.
Deswegen müssen die Spitzenrepräsentanten der Demo-
kratie immer darauf achten, dass ihr Verhalten nach dem
Ausscheiden aus dem Amt akzeptabel ist und dass sie
dem Amt, das sie ausgeübt haben, Ehre machen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601909500

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaas Hübner von der

SPD-Fraktion.


Klaas Hübner (SPD):
Rede ID: ID1601909600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Die Diskussion ist heute unter einem sehr polemi-
schen Titel von den Grünen aufgesetzt worden. Es ging
Ihnen offensichtlich – zumindest bei der Titelfindung –
nicht darum, generell darüber zu reden, welche Kodizes
vielleicht für ehemalige Regierungsmitglieder ange-
bracht wären, sondern Sie haben einen konkreten Fall
– Wolfgang Clement – zum Anlass genommen und ver-
sucht, Herrn Clement zu diskreditieren.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat sich selber diskreditiert!)


Wolfgang Clement zu unterstellen, dass er seine Ent-
scheidungen als Wirtschaftsminister in Bezug auf eine

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(C (D pätere Aufsichtsratstätigkeit bei RWE getroffen hat, der das auch nur zu suggerieren, ist unglaublich und ntbehrt jeder Grundlage. Sie müssen sehen, dass viele Gesetzeswerke, die geade für die Energiewirtschaft wichtig gewesen sind, uner der Federführung des damaligen Umweltministers ürgen Trittin verabschiedet worden sind. Auch wenn anche Entscheidung in der alten Regierungskoalition trittig war: Es ist mir nicht bekannt, dass Jürgen Trittin ütend das Kabinett verlassen hätte, um dadurch seinem rotest Ausdruck zu verleihen. Viele Gesetzesvorhaben ommen aus Ihrem Hause. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat keinen Aufsichtsratsposten übernommen!)


(Beifall bei der SPD)


etzt Wolfgang Clement dafür in Haftung nehmen zu
ollen, halte ich für ein starkes Stück.

Außerdem dürfen Sie eines nicht vergessen: Bei RWE
st Wolfgang Clement zum so genannten neutralen Mit-
lied im Aufsichtsrat gewählt worden.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist aber nicht neutral!)


as entspricht dem Montan-Mitbestimmungsgesetz.
ort ist vorgesehen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer

m Aufsichtsrat paritätisch vertreten sind. Um aber eine
ntscheidungsfähigkeit in diesem Gremium jederzeit si-
herzustellen, hat man sich als Gesetzgeber darauf fest-
elegt, einen neutralen Mann zu bestimmen. Wolfgang
lement ist von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein-

timmig in diesen Aufsichtsrat gewählt worden. Das
pricht nicht gegen Wolfgang Clement, sondern das
pricht für die Person Wolfgang Clements.


(Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oder für die Cliquenwirtschaft!)


Einen ähnlichen Fall sehe ich bei Werner Müller.
erner Müller kam aus einem ähnlich gearteten Groß-

nternehmen der Privatwirtschaft, ehe er in das Kabinett
ingetreten ist. Er war nur vier Jahre Mitglied des Kabi-
etts. Ich glaube, wir würden uns keinen Gefallen tun,
enn wir solchen Kabinettsmitgliedern, die aus der
irtschaft kommen, den Weg zurück zu ihrem ursprüng-

ichen Beruf verbauen würden.

Wenn wir schon eine Diskussion über Kodizes führen
ollen, dann lassen Sie uns darüber reden, unter wel-

hen Rahmenbedingungen wir diese führen wollen. Ich
in für eine ergebnisoffene Diskussion an dieser Stelle.
ie muss aber unter bestimmten Prämissen geführt wer-
en. Es muss klar sein, dass Gesellschaft und Politik und
uch Politik und Gesellschaft immer verwoben sein wer-
en und auch verwoben bleiben sollen. Es muss klar
ein, dass auch ein eventuell mehrfacher Wechsel zwi-
chen gesellschaftlichen Funktionen und politischen
unktionen gleich welcher Art nicht nur machbar, son-
ern in unseren Augen sogar wünschenswert ist.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


as ist die eine Prämisse.






(A) )



(B) )


Klaas Hübner
Die zweite Prämisse ist: Wir müssen darauf achten,
dass wir nicht de facto bestimmte Berufsgruppen von der
Übernahme von Regierungsämtern ausschließen.


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Wenn wir jemandem, der zum Beispiel Wirtschafts-
minister geworden ist, verbieten würden – und sei es
auch nur für wenige Jahre –, später in einem Bereich tä-
tig zu werden, mit dem er sich als Wirtschaftsminister
beschäftigt hat, entspräche das de facto einem Berufs-
verbot für fast alle Bereiche, weil ein Wirtschaftsminis-
ter natürlich Einfluss auf fast alle gesellschaftliche Be-
reiche hat. Das kann nicht in unserem Sinne sein. So
wird es auch schwierig sein, Menschen aus der Wirt-
schaft, aus der Gesellschaft für das Parlament zu gewin-
nen. Ich denke, auch das muss eine Grundprämisse sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


– Kollege Koppelin, weil Sie einen Zwischenruf ge-
macht haben: Sie erzählten, wenn der Kollege Schmidt
Wirtschaftsminister werden würde, träten der ehemalige
Kanzler Schröder oder der ehemalige Wirtschaftsminis-
ter Müller bei ihm auf.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Ich habe zugerufen: Er sollte Gewerkschaftssekretär werden!)


Ich persönlich glaube – das gilt auch für den Kollegen
Schmidt –, dass sich kein Minister davon übermäßig be-
eindrucken lässt, sondern sich seiner Position als amtie-
render Minister bewusst ist. Ich weiß nicht, wie es zu Ih-
ren Zeiten gewesen ist. Wir haben ein anderes
Selbstverständnis von unseren Ministerinnen und Minis-
tern.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


– Das ist so.

Wir müssen trotzdem Missbräuchen vorbeugen. Das
ist keine Frage. Ich glaube, dass solche Dinge immer nur
im Einzelfall zu klären sind. Der Kollege Schmidt hat
darauf hingewiesen. Es ist relativ schwierig, einen sehr
engen allgemeinen Rahmen für einen Ehrenkodex zu
stecken. Es muss ein weiter Rahmen sein, weil die Bio-
grafien sehr unterschiedlich sind.

Ich bin offen für eine ergebnisoffene Diskussion.
Meine Fraktion ist es auch. Es kann aber auch sein
– auch das heißt Ergebnisoffenheit –, dass wir nachher
zu dem Schluss kommen, dass ein Kodex – gleich wel-
cher Art – eine derartige Beschränkung bedeuten würde,
dass man bestimmte Berufsgruppen von Regierungs-
ämtern ausschließt. Das kann nicht das Ziel sein. Da
müsste man andere Mittel suchen und vielleicht über ei-
nen Ombudsmann oder Ombudsrat nachdenken. Ich
denke, diese Diskussion sollten wir führen.

Meine Damen und Herren von den Grünen, wenn Sie
mutig gewesen wären, hätten Sie hier einen entsprechen-
den Entschließungsantrag eingebracht

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(C (D (Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zur Aktuellen Stunde kann man keinen einbringen!)


nd nicht diese polemische Debatte begonnen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601909700

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer

on der CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1601909800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Ich bin erst seit dem Jahre 2002 im Bundestag, aber
u diesem Thema habe ich offensichtlich bereits alle Ge-
echtslagen erleben dürfen. Ich habe in unterschiedlicher
usammensetzung und Abfolge schon alles gehört und
ich auch an solchen Debatten beteiligen dürfen. In der
at: Dieses Thema eignet sich hervorragend für Populis-
us. Aber ich warne davor, den Populismus bei diesem
hema auszuleben, weil wir am Schluss alle nur Verlie-

er sein werden.
Herr Loske, ich will Folgendes ansprechen: In der

ebatte am 10. April 2003 – Kollege Koppelin hat sie
ereits erwähnt; auch ich habe diese Passage des Proto-
olls herausgesucht, da ich mitdebattiert hatte –, in der
s um den Wirtschaftsminister Müller ging, hat die von
ir persönlich sehr geschätzte Kollegin Hustedt gesagt,

iese Debatte sei hochgradig scheinheilig. Weiter sagte
ie: „Einen Anlass für eine Aktuelle Stunde bietet das
anze in keinem Fall.“
Auch, Herr Berninger, auf die Anfrage der FDP 2004,

ls es um Herrn Tacke und um andere Fragen ging, hat
ie Regierung – damals waren auch Sie mit von der Par-
ie – geantwortet, dass dienstliche Interessen keinesfalls
eeinträchtigt werden. Es gibt im Übrigen schon heute
egelungen – es ist angeklungen, Regeln zu fordern –
erade für Beamte, Ruhestandsbeamte bzw. frühere Be-
mte, dass sie nach bestimmten Bedingungen Beschäfti-
ungen außerhalb des öffentlichen Dienstes nach drei
zw. fünf Jahren anzeigen müssen, wenn diese im Zu-
ammenhang mit der früheren dienstlichen Tätigkeit ste-
en. Beim Verdacht der Vorteilsannahme kann diese
eue Tätigkeit bis zu fünf Jahre untersagt werden. Ge-
ade dieses wurde von Ihnen im Jahr 2004 für Herrn
acke nicht getan. Herr Berninger, heute haben Sie das
twas anders dargestellt.

Auch der Ehrenkodex, Herr Loske, wurde damals – in
iesem Zusammenhang muss man schon sagen: Ehre,
em Ehre gebührt! – von der FDP gefordert und dann
on Ihnen in der Debatte und schriftlich auf Anfrage von
er Regierung abgelehnt. Ich habe das hier vorliegen.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Regierung und Parlament sind zweierlei!)


Ja. – Ich will hier nicht als Scharfmacher weder in die
ine noch in die andere Richtung auftreten. Ich will
irklich nur davor warnen, dieses Thema zum Populis-
us zu nutzen, weil wir dann alle Verlierer werden wür-

en.






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir denken an neue gesetzliche Regelungen. Ich weiß
nicht, ob das der richtige Weg ist. Jeder – auch das ist
heute angeklungen – ist für seinen Ruf verantwortlich.
Es ist eine Frage der Sensibilität, ob und wann ich politi-
sches oder sonstiges Insiderwissen in bare Münze um-
wandele. Das Beispiel des Altbundeskanzlers ist sicher
kein rühmliches. Wenn ich sechs Tage vor der Wahl
noch einen Vertrag mit weitreichenden Auswirkungen
nicht nur für das Land, sondern auch für eine bestimmte
Branche unterzeichne und dann kaum 60 Tage nach Un-
terzeichnung dieses Vertrages in den Aufsichtsrat des be-
troffenen Unternehmens gehe, dann ist das für mich ein-
deutig zu kurz für eine Cooling-off-Phase, wie es im
angelsächsischen Bereich heißt, oder eine Karenzzeit,
wie sie heute angesprochen wurde, oder auch für eine
politische Schamfrist.

Aber das muss jeder Einzelne selber wissen. Wir kön-
nen solche Dinge nicht abschließend gesetzlich regeln.
Das zeigt sich in einem anderen Fall, in dem wir selber
betroffen sind und in guter Absicht gehandelt haben.
Aber gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Wenn wir
nämlich wirklich der Meinung sind – das ist zumindest
meine Meinung –, dass Politik kein Beruf ist, sondern
eine Berufung auf Zeit, dann bedeutet dies, dass man vor
seiner politischen Tätigkeit seine Berufsbefähigung au-
ßerhalb der Politik erhalten soll und muss, um dann das
von Herrn Kollegen Loske eingeforderte freie und unab-
hängige Abgeordnetendasein zu führen.

Wir werden auch hinsichtlich der Umsetzung der Ver-
haltensregeln, die wir uns selber gegeben haben – jetzt
können wir sehen, mit welchen Abgrenzungsschwierig-
keiten diese verbunden sind –, aufpassen müssen, dass
wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Insofern denke ich, wir sollten diese Art von Debatten
in Zukunft nicht in schöner Regelmäßigkeit wiederho-
len, sondern uns überlegen, wie wir den schmalen Grat,
auf dem wir uns zweifelsohne bewegen, auf kluge Art
und Weise begehen. Wie in dem genannten Dreiklang
angedeutet, sollten wir Regierungsmitglieder, also un-
sere politische Spitze, sicherlich anders behandeln als
die Mitglieder des Parlaments und Beamte. Nun müssen
wir uns überlegen, wie wir mit dieser Dreiteilung umge-
hen.

Ich halte es für überflüssig, auf den Gebieten, die be-
reits geregelt sind, neue Regelungen zu schaffen. Auch
die Einführung eines die Regierung selbst verpflichten-
den Ehrenkodexes – oder wie immer man das Kind nen-
nen will – wäre sinnvoll. Wenn man Politik als Berufung
auf Zeit versteht, werden wir uns mit Sicherheit schnel-
ler als uns lieb ist wieder mit der Frage befassen müssen,
was wir Abgeordnete unter unserem freien und unabhän-
gigen Mandat verstehen und wie wir mit ihm umgehen.
Deshalb mahne ich in diesem Zusammenhang zu Beson-
nenheit und rate insbesondere bei diesem Thema von Po-
pulismus ab, sowohl heute als auch in Zukunft.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Rainer Tabillion von er SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Zu Beginn meiner Ausführungen und am Ende ieser Aktuellen Stunde möchte ich auf unser oberstes iel hinweisen, dem wir uns in dieser Legislaturperiode erpflichtet haben: Unsere Kernaufgabe ist es, Deutschand wirtschaftlich wieder nach vorne zu bringen. Unser and gehört an die Spitze, nicht nur, wenn es um seine ußenwirtschaft geht, sondern auch, was sein Innenverältnis betrifft. Diesem Ziel sollten wir alles andere unerordnen. Unsere Devise lautet: Handlungsfähigkeit und Mut. ie Leute haben bemerkt, dass die große Koalition diese evise praktiziert. Das finden sie gut. Weniger gut finen sie allerdings, wenn immer wieder Sand ins Getriebe estreut wird. Leider muss ich sagen: Ich glaube, das ist ie eigentliche Motivation, aus der das Bündnis 90/Die rünen schon zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Ak uelle Stunde zu diesem Thema beantragt hat. (Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oje! Von euch kommen heute aber wirklich keine guten Beiträge! Das ist unterkomplex!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601909900
Dr. Rainer Tabillion (SPD):
Rede ID: ID1601910000

ber manche Kriterien muss man in der Tat reden. Aber
ch unterstelle Ihnen, dass dies nicht der Anlass für Sie
ar, diese Aktuelle Stunde zu beantragen. Ihr Denken ist

ückwärts gewandt. Sie sollten lieber positive Vor-
chläge machen, wie wir die Wirtschaft in Deutschland
tärken können. Das werden die Leute dann auch gut fin-
en.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Da es darum geht, für den wirtschaftlichen Auf-
chwung unseres Landes zu sorgen, sollten wir auf nie-
anden verzichten, der bereit ist, zu helfen. Erst recht

ollten wir auf niemanden verzichten, der einmal eine
ichtige Funktion in der Politik hatte. Wir sollten jedem,
er sich einbringen will und der etwas zu bieten hat, er-
öglichen, sich zu engagieren, ob es sich nun um einen

hemaligen Politiker handelt oder nicht. Mir ist es lieber,
enn ein ehemaliger Minister etwas Sinnvolles für un-

ere Gesellschaft oder die Unternehmen in Deutschland
ut, als wenn er zuhause seine Staatspension verfrüh-
tückt. Aktives Verhalten ist mir viel lieber als Passivität.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der LINKEN: Die Betonung liegt auf „für unsere Gesellschaft“!)


Deshalb will ich eine ganz klare Sprache sprechen:
as Engagement von Wolfgang Clement finde ich in
rdnung. Bereits zu Beginn der 90er-Jahre war er Mit-
lied des Aufsichtsrats von RWE Power. Dieses Unter-
ehmen ist für unser Land wichtig.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für wen? Für unser Land?)







(A) )



(B) )


Dr. Rainer Tabillion
Es verfügt über hohe technologische Kompetenz und be-
schäftigt 18 000 Arbeitnehmer. Das darf man nicht ver-
nachlässigen, es sei denn, man verfolgt eine Deindustria-
lisierungsstrategie, wie sie zu Beginn dieser Debatte
angeklungen ist. Wenn dem so wäre, fände ich das
schlimm.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr bringt heute vielleicht Beiträge! Die sind ja wirklich unter aller Kanone!)


Wenn Herr Clement als neutraler Mann einen Beitrag
dazu leisten kann, dass dieses Unternehmen im Interesse
seiner 18 000 Beschäftigten und im Interesse unseres ge-
samten Landes Erfolg hat, dann ist dies unser gemeinsa-
mer Erfolg. So muss man das sehen. Wenn es bei RWE
Power gut läuft, ist das nicht nur ein Erfolg für einige
wenige Aktionäre, sondern ein Erfolg für unsere ge-
samte Wirtschaft. Ich unterstelle Herrn Clement, dass er
genau das will.

Eines möchte ich noch betonen: Wenn in diesem Un-
ternehmen Leute aus der Region tätig sind, ist das mit
Sicherheit besser, als wenn jemand von irgendwoher an-
geflogen kommt und dann im Aufsichtsrat über das
Schicksal von Beschäftigten entscheidet, mit denen er
im Grunde gar nichts zu tun hat. Also: In den Unterneh-
men sollten Leute tätig sein, denen die Region auch et-
was bedeutet. Genau das ist hier der Fall.


(Beifall bei der SPD)


Wirtschaftliche Erfolgsmodelle – darauf hat der Kol-
lege Kampeter hingewiesen – bauen oft auf Partner-
schaft auf. Man kann nicht wirtschaftlichen Erfolg wol-
len und dann solche Stellungskriege führen. Wir müssen
an einem Strang ziehen – ob Arbeitnehmer, Gewerk-
schaften, Wirtschaft oder Politik –, anstatt einander zu
bekämpfen bzw. auszugrenzen, indem man das Engage-
ment der einen gutheißt, das der anderen hingegen nicht.
Insofern glaube ich, dass wir dem, was Bündnis 90/Die
Grünen vorschlagen, nicht folgen sollten. Im Gegenteil,
wir sollten froh sein, wenn es einen guten Austausch
zwischen der Politik und der Wirtschaft gibt; wir sollten
diesen sogar fördern.

Es liegen, das ist hier angedeutet worden, gute Vor-
schläge auf dem Tisch, zum Beispiel um einen Kodex
aufzustellen, wie sich Politiker, die als solche ausschei-
den, verhalten sollen. Das ist alles in Ordnung; darüber
kann man reden. Aber ich bin der Auffassung, man sollte
nicht mit typisch deutscher Gründlichkeit Hürden auf-
bauen, die uns bei unserem Oberziel – die Wirtschaft
voranzubringen – im Wege stehen.

Wenn ich Vorschläge von der FDP höre, Leute, die
politische Funktionen innehatten, für fünf Jahre sozusa-
gen aufs Trockendock zu setzen, dann muss ich sagen:
Das finde ich lächerlich, das muss man verhindern; denn
das schadet der Gesamtheit. Wir müssen also ergebnis-
orientiert darüber reden. Aber wir müssen auch den Mut
aufbringen, nicht jedem populistischen Unsinn das Wort
zu reden. Ich hoffe und glaube, diese große Koalition hat
dazu die Kraft.

Herzlichen Dank.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601910100

Herr Kollege Tabillion, im Namen des Hauses gratu-

iere ich Ihnen zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bun-
estag herzlich.


(Beifall)


Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Reinhard Loske, Hans-Josef Fell, Sylvia
Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Für eine sichere Energieversorgung im
21. Jahrhundert – Energieeinsparung und er-
neuerbare Energien statt Öl, Atom und Kohle

– Drucksache 16/579 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Josef Fell, Cornelia Behm, Dr. Reinhard Loske,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Biokraftstoffe intelligent fördern – Steuerbe-
günstigung erhalten

– Drucksache 16/583 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er das Wort dem Kollegen Hans-Josef Fell, Bündnis 90/
ie Grünen. Bitte schön, Herr Fell.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601910200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die Gaskrise am Anfang dieses Jahres hat viele
achgerüttelt. Sie hat die politischen Abhängigkeiten in
nserer Energieversorgung aufgezeigt und sie hat die
essourcenfrage in den Mittelpunkt gestellt. Diese Krise






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell
ist noch nicht beendet: Wer heute nach Italien schaut,
sieht, dass dort eine Erdgasverknappung vorherrscht;
auch die Tatsache, dass die Produktion in Großbritan-
nien rückläufig ist, zeigt, dass der Energieträger Erdgas
knapp ist. Die Ölpreise sind unverändert hoch, auf einem
Stand, den wir noch vor wenigen Jahren als das Ende der
Wirtschaft bezeichnet hätten. Dass dies die Volkswirt-
schaft belastet, ist unbestritten. Auch beim Öl steht die
Verknappung im Mittelpunkt. Das Erdölgeologen-Netz-
werk „The Association for the Study of Peak Oil and
Gas“ warnt die Welt seit Jahren vor dem Ausschöpfen
des Fördermaximums. Wahrscheinlich stehen wir unmit-
telbar davor. Doch viel zu wenige in der Wirtschaft und
in der Politik nehmen dies wahr.

Was sind die Antworten der Politik? Schauen wir uns
die SPD an. Dort heißt es oft: Verstärkt auf Kohle setzen. –
Ich will jetzt nicht die Debatte von vorhin wiederholen,
aber zumindest deutlich sagen: Kohle ist die schmut-
zigste Energieform, sie ist klimaschädlich und zerstört
die Heimat; denken Sie nur an die Braunkohle und sehen
Sie sich an, wie viele Dörfer verschwunden sind. Dies
kann keine Antwort sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir zur Union schauen, so erkennen wir die
Forderungen: Laufzeitverlängerung für Atomenergie
und Ministerpräsident Koch in Hessen tritt sogar für den
Neubau von Atomkraftwerken ein. Auch das sind keine
Antworten. Die Atomenergie deckt heute nur einen ge-
ringen Teil des Energiebedarfs in Deutschland, nämlich
weniger als 6 Prozent.


(Gudrun Kopp [FDP]: Ein Drittel! – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: Glaubt er das, was er da erzählt?)


Der Anteil der erneuerbaren Energien ist heute schon
größer und er wächst weiter.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das ist nicht richtig, Herr Fell!)


– Gemessen am Energieverbrauch ist das sehr wohl rich-
tig.

Die Ausbauwünsche der Branche sind so groß, dass
erneuerbare Energien die Atomenergie mit Leichtigkeit
ersetzen könnten. Jeder Wunsch, die Laufzeit der Atom-
kraftwerke zu verlängern, bedeutet keine Brücke ins So-
larzeitalter, wie manche sagen, sondern eine Mauer zwi-
schen dem Jetzt und dem Solarzeitalter. Dies müssen wir
deutlich zur Kenntnis nehmen. Das behindert den Aus-
bau erneuerbarer Energien und Einsparungen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gudrun Kopp [FDP]: Zu welchen Preisen?)


Schlimmer noch: Die Atomenergie hat auch noch an-
dere Probleme. Ich habe Herrn Bosbach heute Vormittag
im Deutschlandfunk gehört. Er hat eine erhöhte Sicher-
heitsgefahr in Deutschland festgestellt und vorgeschla-
gen, die Bundeswehr zum Schutze der gefährdeten
Atomkraftwerke einzusetzen. Ich fordere Sie auf, auf-
grund der erhöhten terroristischen Bedrohung endlich
ein Sicherheitskonzept für den Schutz der Atomkraft-

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(C (D erke vorzulegen, statt eine Verlängerung der Laufzeien der Atomkraftwerke zu fordern, durch die dieses roblem noch verschärft wird. Wir sollten aber nicht nur auf die innere Sicherheit chauen, auch die äußere Sicherheit ist höchst gefährdet. ir alle schauen mit Entsetzen in den Iran, der als einige Begründung dafür, Atomkraftwerke in Betrieb nehen zu wollen, anführt, er habe zu wenig Energie. Das agt ausgerechnet der Iran, der reich an Sonnenschein, ind und auch fossilen Kraftstoffen und Rohstoffen ist. ein, ein Aufbau der Plutoniumwirtschaft im Iran – seit eute gibt es übrigens neue Töne aus der Türkei und der kraine in die gleiche Richtung – bedeutet einen Aufbau er Atombomben in dieser Welt und nicht einen Aufbau er Atomkraftwerke. Wer Atomkraftwerke will, der wird tombomben ernten. Dies müssen wir ernst nehmen. Ich wundere mich, warum Kanzlerin Merkel im Iran icht die deutsche Exportwirtschaft und unseren Exportchlager erneuerbare Energien, sondern stattdessen die tomkraftwerke anpreist. Wahrscheinlich ist ihr Innova ionsberater von Pierer – wir kennen seine Abhängigkeit om Siemenskonzern, dem einzigen Atomkonzern in eutschland – der Hintergrund für dieses Verhalten. Das st ein ungeheuerlicher Verdacht und ich möchte, dass er usgeräumt wird. Die Lösung ist doch klar! Wir haben ein riesiges otenzial an Einspartechnologien und an erneuerbaren nergien: Sonne, Wind, Wasser, Biomasse, Erdwärme nd auch Meeresenergie. Der Ausbau all dessen kann in oher Geschwindigkeit vorangebracht werden. Die von ot-Grün auf den Weg gebrachte erfolgreiche Ausbauolitik für erneuerbaren Energien ist grandios. Gerade heute konnten wir feststellen, dass wir die Areitsplatzpotenziale bisher unterschätzt haben. Bisher achten wir, 2004 seien 130 000 Arbeitsplätze dadurch esichert gewesen. Nein, das Umweltministerium hat iese Zahl für uns neu berechnet: Es sind bereits 60 000 Arbeitsplätze in dieser Branche. 8,7 Milliarden uro werden in diesem Jahr neu in die Branche der ereuerbaren Energien investiert. Das ist ein starker Wirtchaftszweig, was wir ja auch wollen. Wie sieht es in der großen Koalition aus? Wenn man ut darüber reden will, dann kann man sagen, dass dort tillstand herrscht, wenn man es aber realistisch betrach et, dann muss man von Rückschritt sprechen. Einsam nd verlassen kämpft Umweltminister Gabriel im Kabiett für erneuerbare Energien. Ich höre von keinem aneren Minister eine starke Unterstützung. (Ulrich Kelber [SPD]: Sie müssen mal zuhören!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


tattdessen fordert unser Finanzminister die Abschaf-
ung der Steuerbefreiung für Biokraftstoffe. – Herr Prä-
ident, ich hatte fünf Minuten Zeit.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601910300

Ja, Sie haben auch fünf Minuten bekommen. Sie re-

en jetzt seit sechs Minuten.






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601910400

Vorhin standen vier Minuten dort.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601910500

Nein, nein.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Mit anderen Worten: Streit mit dem Präsidium! Wo gibt es denn so was?)


Entschuldigen Sie, Herr Kollege Fell. Die Uhr war bei
fünf Minuten gestartet.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601910600

Okay, ich komme zum Schluss. – Es ist klar: Durch

diese Vorschläge des Finanzministers wird es bei der
Kraft-Wärme-Kopplung auf jeden Fall zu einem großen
Problem kommen. Wir brauchen die Steuerbefreiung,
denn sie dient der Energieeinsparung und hält Misch-
kraftstoffe mit höherem Biokraftstoffanteil wie E-85 so-
wie reine Biokraftstoffe wie Pflanzenöl am Markt. Wir
sollten uns ein Beispiel an Schweden nehmen, das bis
2020 vollständig aus der Erdölnutzung aussteigen will.
Stattdessen schlägt uns der Finanzminister eine Maß-
nahme vor, die den Ausbau der reinen Biokraftstoffe in
Deutschland beenden würde.

Dies kann nicht unser Ziel sein. Deshalb lehnen wir es
ab. Wir wünschen uns einen stärkeren Ausbau und for-
dern die große Koalition auf, diesen von Rot-Grün ein-
geschlagenen Weg forciert fortzusetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601910700

Das Wort hat jetzt der Kollege Philipp Mißfelder von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1601910800

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Fell, Sie haben gerade in unnachahmlicher Weise
Ihre ehemalige rot-grüne Ideologie in der Energie- und
Umweltpolitik vertreten.


(Jörg Tauss [SPD]: Na, na, na!)


Ich finde das nicht richtig. Herr Gabriel muss sich keine
Sorgen machen, alleine dazustehen. Wir von der CDU/
CSU-Fraktion unterstützen ihn tatkräftig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Davon habe ich bisher noch nichts gehört!)


Wir beschäftigen uns heute mit einem Antrag, der we-
der dem richtigen Ziel einer sicheren Energieversorgung
im 21. Jahrhundert gerecht wird, noch den Klimaschutz
im globalen Maßstab berücksichtigt. Die Menschen in
unserem Land wollen keine Klientelpolitik, sondern
Realitätssinn und erreichbare Ziele.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Jörg Tauss [SPD])


o war es der Wählerwille, dass Bündnis 90/Die Grünen
ach sieben Jahren ideologiebeladener Umweltpolitik
eit Herbst des vergangenen Jahres auf der Oppositions-
ank sitzt und im Übrigen auch die kleinste Fraktion in
iesem Hause geworden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In Ihrem heutigen Antrag fordern Sie, für die deut-
che Energieversorgung zukünftig auf sämtliche fossilen
nergieträger zu verzichten, um sie vollständig durch er-
euerbare Energien zu ersetzen. Für diese wirklich fun-
amentale Umstellung sehen Sie nur wenige Jahrzehnte
or. Dabei ignorieren Sie wissentlich die natürlichen
nd ökonomischen Schranken, die einer so weit ge-
enden Nutzung von erneuerbaren Energien gesetzt
ind. Das Bundesumweltministerium hat in einer aktuel-
n Studie, die Mitte Januar durch den Minister vorgestellt
urde, darauf hingewiesen, dass der Ausbau erneuerba-

er Energien bei etwa 25 Prozent des Gesamtenergie-
olumens erschöpft sein dürfte. Der Grund ist vor allem
er, dass das vorhandene Energiepotenzial besonders
urch Standortfaktoren, aber auch ökonomisch begrenzt
st.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Genau!)


Ich nenne Ihnen in diesem Zusammenhang zwei Bei-
piele. Die einzige regenerative Energiequelle, mit der
ich große Strommengen erzeugen lassen könnten, sind
iesige Offshorewindparks. Diese erfordern angesichts
echnischer Probleme bei Errichtung und Wartung
norme Investitionen. Nur der Kapitalmarkt wird in der
age sein, diese Investitionen zu tätigen, niemals jedoch
ie öffentliche Hand.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gudrun Kopp [FDP])


b diese Milliardeninvestitionen vom Kapitalmarkt aber
etätigt werden, ist völlig offen. Ich halte es angesichts
er daraus folgenden Energiepreise für absolut unrealis-
isch, davon auszugehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Gleiches gilt für die Solarenergie, deren Zukunfts-
otenzial bei weitem noch nicht erschöpft ist. Doch auch
ei diesem wichtigen Energieträger der Zukunft muss
lar sein, dass die Wirtschaftlichkeit einen höheren Stel-
enwert hat als unrentable Dauersubventionen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


erade die aktuelle Entwicklung in den Vereinigten
taaten von Amerika und insbesondere in Kalifornien
eigt, dass Solarenergie ein wichtiger Faktor werden
ann. Aber die natürlichen Gegebenheiten gerade hier in
eutschland machen deutlich, dass diese Möglichkeiten
ei uns sehr stark eingeschränkt sind. Dennoch gebe ich
u: Das Entwicklungspotenzial ist bei weitem nicht aus-
ereizt. Deswegen ist Energieforschung in diesem Be-
eich sicherlich wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Philipp Mißfelder
Unsere Energiepolitik ist dem Wachstumsziel und
dem ökologischen Grundgedanken gleichermaßen ver-
pflichtet. Allerdings müssen auch Sie zur Kenntnis neh-
men, dass energiepolitische Alleingänge auf globalen
Märkten absolut sinnlos sind. Die Folgen führen zu
Wettbewerbsverzerrungen, unter denen letztendlich die
Verbraucher und die deutsche Wirtschaft zu leiden ha-
ben.

Ohne auf dieses Thema näher eingehen zu wollen, zi-
tiere ich hier nur den für Energiefragen zuständigen
Staatssekretär im niederländischen Wirtschaftsministe-
rium, Pieter van Geel:

Wir haben festgestellt, dass wir in den nächsten
zehn Jahren mindestens vier bis fünf neue Kraft-
werke brauchen. Das können Kohle- und Kernkraft-
werke sein. Am besten aber ein Mix aus beiden.

Ich möchte das hier aus koalitionspolitischen Gründen
gar nicht weiter kommentieren.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wollen Sie etwa der Bundeskanzlerin widersprechen?)


Aber festzustellen ist, dass in unserer unmittelbaren
Nachbarschaft Energiepolitik mit einem vollkommen
anderen Ansatz betrieben wird. Energiepolitik hat heute
eine europapolitische und eine globale Perspektive.

Angesichts des Klimawandels, aber auch wegen der
Abhängigkeit von importierten Energieträgern müssen
neue Formen der Energieerzeugung gefunden werden.
Wir gehen diese Aufgaben aber mit großer Nüchternheit
und ohne jegliche Ideologie an.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Denn alles, was wir auf diesem Gebiet planen, muss in
technischer und finanzieller Hinsicht realisierbar sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es liegt doch – politischer Wille hin oder her – in der
Natur der Sache, dass die Stromerzeugung auch physika-
lischen Gesetzen folgt. Politische Theorien einer ver-
meintlich besseren Welt haben die Naturgesetze bisher
noch nicht aushebeln können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der FDP: Richtig!)


Dem richtigen Ziel, dem Klimaschutz zu dienen, wird
es nicht gerecht, wenn die Akzeptanz von erneuer-
baren Energien in weiten Teilen der Bevölkerung dau-
erhaft beschädigt wird. Damit ist niemandem geholfen,
dem Klima am allerwenigsten. Ökosteuer, Einspeisungs-
verordnungen, Fördergelder oder Konzessionsabgaben
klingen den Menschen tagtäglich unangenehm in den
Ohren. Darüber hinaus sind viele Steuerungsinstrumente
in diesem Zusammenhang ordnungspolitisch absolut
falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Bundesregierung und die große Koalition haben
sich zum Ziel gesetzt, die Zukunft der Energiepolitik of-
fensiv anzugehen. Das gilt auch – Sie mögen es kaum

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(C (D lauben – für die erneuerbaren Energien. Das hat der undeswirtschaftsminister, Herr Glos, (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist der eigentlich, der Herr Glos? Ist der nicht mehr zuständig? Das ist ja interessant!)


brigens anlässlich der „Handelsblatt“-Tagung für Ener-
iewirtschaft am 17. Januar 2006 in Berlin bereits deut-
ich gemacht:

Wir müssen die erneuerbaren Energien weiter för-
dern, aber mit geschärftem Blick für ihre Wirt-
schaftlichkeit.

enau diese Auffassung vertreten wir in dem Zusam-
enhang.


(Beifall bei der CDU/CSU – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: Sehr gut! Endlich Schluss mit dem Schrott von Trittin!)


Ich möchte in diesem Zusammenhang auch darauf
inweisen, dass die heutige Bundeskanzlerin Angela
erkel seinerzeit als Bundesumweltministerin die
iotobeschlüsse maßgeblich mitgeprägt hat. In dieser
ontinuität sehen wir uns, nicht aber in Aussagen, wie

ie sich in Ihrem Antrag finden: zum Beispiel Braun-
nd Steinkohle seien „keine Energieträger der Zukunft“
der Biomasse könne ein „Ersatz für die Grundlast der
bzuschaltenden Atomkraftwerke“ sein. Ich frage Sie:
ie wollen Sie eine dicht besiedelte und hoch entwi-

kelte Industrienation wie Deutschland in der Grundlast
it Biomasse versorgen? Das wird nicht funktionieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie haben so etwas in Ihrem Antrag ausführlich be-
chrieben. Es kann jeder nachlesen, welche Meinung Sie
n diesen Punkten vertreten.

Die Koalition verfolgt einen konsequenten Kurs des
limaschutzes und der Energieforschung, was gerade
or dem Hintergrund eines zunehmenden Energiehun-
ers einer wachsenden Weltbevölkerung von existenziel-
er Bedeutung ist. Ein ausgewogener Energiemix ist
abei die Voraussetzung für Versorgungssicherheit und
irtschaftlichkeit und damit auch für niedrige Strom-

reise.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Genau richtig!)


Es ist bekannt, dass Deutschland als rohstoffarme In-
ustrienation auf den Import von Energieträgern ange-
iesen ist. Gerade dies erfordert jedoch eine langfristige,
orausschauende und – das möchte ich gerade ange-
ichts des vorliegenden Antrags betonen – eine realisti-
che Energiepolitik.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dem hat die Koalition sowohl im Koalitionsvertrag
ls auch in den Beschlüssen der ersten Wochen Rech-
ung getragen. Wir werden die Ausgaben für die Ener-
ieforschung schrittweise erhöhen, damit Deutschland
n der Weltspitze bleibt. Dabei kann das emissionsfreie
ohlekraftwerk ein Modell der Zukunft sein; denn






(A) )



(B) )


Philipp Mißfelder
gerade mit der heimischen Kohle stehen uns von Impor-
ten unabhängige Energieträger zur Verfügung, die zu-
dem – wie wir bei der Braunkohle sehen – keinerlei
Subventionen bedürfen.

Wir sind aber auch auf dem Gebiet der Energieeffi-
zienz tätig. So haben wir mit dem CO2-Gebäudesanie-
rungsprogramm ein Instrument geschaffen, das auch in
ordnungspolitischer Hinsicht sinnvoll ist.

Um es kurz und knapp zu sagen: Unserer Meinung
nach ist Ihr Antrag gänzlich falsch. Wir halten am Ener-
giemix, den wir für richtig halten, fest.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Aha! Und was sagt die SPD dazu?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601910900

Herr Kollege Mißfelder, ich gratuliere auch Ihnen zu

Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag.


(Beifall)


Das Wort hat jetzt die Kollegin Gudrun Kopp von der
FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1601911000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Da-

men! Die sichere Versorgung mit umweltfreundlich er-
zeugter und preisgünstiger Energie stellt für die FDP-
Fraktion das Lebenselixier einer jeden modernen Volks-
wirtschaft dar. Das sei vorweg bemerkt.

Im vorliegenden Antrag wird zu Recht festgestellt,
dass Energieeinsparung und Effizienzsteigerung not-
wendig sind. Wir müssen durch eine Anschubfinanzie-
rung – nicht als Dauersubvention – auch die erneuerba-
ren Energien fördern. All das ist richtig. Nach unserer
Überzeugung gehören aber zu einem vernünftigen Ener-
giemix auch die fossilen Energieträger, wie Öl, Braun-
kohle und Importsteinkohle. Diese müssen natürlich in
effizienten Kraftwerken genutzt werden. Derzeit sind
wir in starkem Maße von Energieimporten abhängig und
wir werden das auch in Zukunft sein.

In Ihren Anträgen fehlt aber völlig der Hinweis auf
die Notwendigkeit eines breiten Energiemixes, der aus-
drücklich die Nutzung der Kernenergie einschließt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden eine sichere, klimaschutzorientierte und
preisgünstige Energieversorgung in Deutschland nicht
zustande bringen, wenn wir die Laufzeiten unserer Kern-
kraftwerke nicht verlängern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601911100

Frau Kollegin Kopp, erlauben Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Tauss?


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1601911200

Gerne.

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(C (D Herr Tauss, bitte. Liebe Kollegin, da Sie hier versuchen, die Mär von er preiswerten Kernenergie einmal mehr in den Mittelunkt Ihrer Betrachtungen zu stellen, möchte ich Sie fraen: Ist Ihnen bekannt, dass beispielsweise in Badenürttemberg, dem Bundesland mit dem höchsten Anteil n Kernenergie, nicht nur die Förderung der regeneratien Energien am geringsten ist, sondern auch die Stromreise bundesweit am höchsten sind? Ist Ihnen des eiteren bekannt, dass wir aus unserem knappen For chungsetat, dessen Mittel wir dringend für Zukunftsforchung brauchen, wieder 500 Millionen Euro für die Beeitigung von Altlasten aus Kernkraftwerken allein in einer Region herauslösen müssen? Wollen Sie unter iesen Gesichtspunkten Ihre Behauptung ernsthaft aufechterhalten, die Kernkraft könne einen Beitrag zu eiem preiswerten Energiemix leisten? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601911300
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601911400


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1601911500

Herr Kollege Tauss, die Kerntechnologie ist in ihrer

issenschaftlichen Erforschung auch staatlich gefördert
orden.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist noch freundlich ausgedrückt!)


s ist ebenfalls richtig, dass Wissenschaft und For-
chung gefördert werden müssen, und zwar auch – dafür
ind wir – im Bereich der erneuerbaren Energien.


(Jörg Tauss [SPD]: Auch den Abbruch?)


Dafür gibt es Rückstellungen bei den Unternehmen;
as wissen Sie auch.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Tauss, Sie haben die hohen Energie-
reise angesprochen. Ich darf Sie daran erinnern, dass es
ie rot-grüne Energiepolitik in den vergangenen sieben
ahren war, die dazu geführt hat, dass der Strompreis in
eutschland allein zu 41 Prozent durch staatliche Steu-

rn und Abgaben, wie die Ökosteuer, und Auflagen, wie
ie Förderung der KWK und das EEG, belastet ist.


(Beifall bei der FDP)


assen Sie sich also an die eigene Nase und versuchen
ie nicht, einen Popanz aufzubauen! Ich bin der Über-
eugung, dass zu einem breiten Energiemix auch die
ernenergie gehört – davor sollte man die Augen nicht
erschließen – und dass es notwendig ist, hier breit auf-
estellt zu bleiben.

Zurück zu den Anträgen der Fraktion der Grünen.
err Kollege Fell, ich möchte mit zwei energiepoliti-

chen Irrtümern aufräumen. Sie stellen fest, die Kern-
nergie verliere weltweit an Bedeutung.






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp

(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Das ist nicht der Fall. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis,
dass Finnland, China, die USA, Großbritannien und
Russland Kernkraftwerke bauen.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nur Finnland!)


Russland will in den nächsten 20 Jahren sogar 100 Kern-
kraftwerke bauen. Davon sind 40 für den eigenen Markt
und 60 für den Export bestimmt. Russland schafft das
nur, weil wir Deutsche aufgrund unserer Abhängigkeit
– über 36 Prozent unserer Gaslieferungen kommen aus
Russland – diese Bauvorhaben mitfinanzieren. Für Russ-
land ist das hervorragend. Die Russen exportieren Öl
und Gas und bauen Kernkraftwerke, während wir von
ihren Energieexporten abhängig sind und unsere siche-
ren Kernkraftwerke abschalten. Diese ideologisch moti-
vierte Strategie ist mehr als nur irreal. Unsere Nachbarn,
die Niederländer, haben gerade die Laufzeit ihrer Kern-
kraftwerke auf 60 Jahre verlängert. Das ist die Realität.

Sie sprechen von einer Uranreichweite von 30 bis
40 Jahren. Das ist nicht richtig. Nach wissenschaftlichen
Schätzungen sind es 60 Jahre und die Ressourcen rei-
chen sogar für 400 Jahre.

Summa summarum ist es wichtig, dass wir den Blick
für eine ideologiefreie Politik freihalten,


(Jörg Tauss [SPD]: Ideologie pur!)


dass wir tun, was für den Bürger richtig ist, was sicher
ist, was umweltpolitisch vertretbar und auch preiswert
ist.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601911600

Das Wort hat jetzt der Bundesminister Sigmar

Gabriel.

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-
legin Kopp, ich wollte zwei Dinge am Anfang klarstel-
len, die eben etwas durcheinander gegangen sind. Dass
die Uranreserven 400 Jahre reichen, habe ich noch
nicht einmal von den Energieversorgern gehört.


(Beifall bei der SPD – Gudrun Kopp [FDP]: Ressourcen!)


Die Zahlen schwanken, je nachdem, wie stark die Res-
sourcen genutzt werden, zwischen 25 und 120 Jahren.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Wenn sich die Ausbaupläne, die Sie geschildert haben,
bewahrheiten sollten, dann nähert sich die Zahl eher
25 Jahren. Man muss aufpassen, dass man intellektuell
einigermaßen redlich bleibt, auch wenn man politische
Zwecke verfolgt.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zu den Zahlen von geplanten Atomkraftwerken, die
ie genannt haben, muss man sagen, dass sich darunter
ine Vielzahl von Projekten befindet, die, wie im Falle
on China, seit 17 oder 25 Jahren angeblich geplant wer-
en, bei denen aber niemand – noch nicht einmal in
hina – davon ausgeht, dass sie wirklich realisiert wer-
en. Man muss auch gegenrechnen, was die Realisierung
olcher Projekte am Ende für die vorhandenen Uranre-
erven bedeuten würde. Wir werden – ich bin sehr dank-
ar, dass die Frau Bundeskanzlerin einen Energiegipfel
inberuft –


(Gudrun Kopp [FDP]: Wir sind mal gespannt, was dabei herauskommt!)


n den kommenden Monaten intensiver in die Debatte
insteigen, damit wir etwas Klarheit bekommen. Die
ECD, deren Zahlen uns vorliegen – die OECD ist ja
eine des Atomausstiegs verdächtige internationale Or-
anisation –, geht in ihrem Rotbuch von 65 Jahren aus.
ch glaube nicht, dass eine zukunftsorientierte Energie-
olitik auf eine Energiereserve setzen sollte, deren Vor-
ommen derzeit geringer sind als die von Öl und Gas.
as scheint mir keine besonders kluge Energiepolitik zu

ein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn Sie, Frau Kopp, sagen, 41 Prozent der Strom-
osten seien durch staatliche Abgaben induziert, dann ist
as zwar die Wiedergabe dessen, was die Energieversor-
er öffentlich erklären, aber deswegen noch lange nicht
ie Wahrheit.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ie sind doch eine Partei, die etwas von Marktwirtschaft
ält. In den 41 Prozent sind 10 Prozent enthalten, die die
ommunen als Konzessionsabgaben bekommen. Nun
önnen Sie nicht sagen, dass eine Konzessionsabgabe
ine Steuer sei. Wenn jemand eine Leitung über Ihr pri-
ates Grundstück legt und damit Geld verdient, dann, so
ermute ich, kennt Ihr Altruismus Grenzen und Sie wer-
en Ihrerseits von ihm Geld verlangen. Nichts anderes
achen die Städte und Gemeinden. Das nennt man Kon-

essionsabgabe. Die ist in den 41 Prozent enthalten. Das
at mit Steuern und Abgaben wenig zu tun. Übrigens
iegt der Anteil der Kosten für die regenerativen
nergien bei 3 Prozent. Das, was allerdings stimmt, ist,
ass die Netznutzungsentgelte unserer Oligopolisten bei
5 bis 40 Prozent liegen.


(Gudrun Kopp [FDP]: 30 Prozent!)


Nein, weit über 30 Prozent, zum Teil bis zu 40 Pro-
ent.

Das ist zum Teil doppelt so hoch wie im Rest Euro-
as. Nun sage ich Ihnen, warum ich ein Freund der
arktwirtschaft bin: weil wir Wettbewerb brauchen,

icht aber Oligopole.






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Darin liegen die eigentlichen Probleme, die wir in den
Griff bekommen müssen, aber nicht bei der Debatte über
regenerative Energien.

Ich habe mich aber nicht gemeldet, um Ihnen zu wi-
dersprechen – das mache ich sowieso ungern –, sondern
um zu dem Antrag des Kollegen Fell einige Bemerkun-
gen zu machen. Ich schätze Ihr Engagement für erneuer-
bare Energien sehr. Ich glaube auch, dass das Erneuer-
bare-Energien-Gesetz eine wirkliche Erfolgsstory in
Deutschland ist. Es wird nicht umsonst in 30 Staaten der
Welt kopiert. Ich wäre vorsichtig mit dem Begriff Sub-
vention; denn sonst kommen wir schnell in die Debatte,
was wir eigentlich bei anderen Energieformen gemacht
haben, um sie marktfähig zu machen. Bei der Kernener-
gie, Herr Kollege Mißfelder, waren wir doch auch nicht
so zimperlich. Dagegen ist das, was wir bisher im Be-
reich der erneuerbaren Energien einsetzen, eher ein zu-
rückhaltender Betrag.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen, Herr Kollege Fell, stimme ich manchem
zu, aber Sie schießen mit Ihrem Antrag ein bisschen über
das Ziel hinaus. Ich habe mich aus einem Grund gemel-
det, nämlich weil ich etwas zu dem Thema Kohle sagen
wollte. An einer Stelle schreiben Sie, wir hätten wichtige
energiepolitische Entscheidungen auf die lange Bank ge-
schoben. Da will ich nur in aller Freundschaft darauf
hinweisen: Die Bank ist jetzt 87 Tage alt. Ich verweise
auf das, was wir gemacht haben:

Wir haben die zweite Kiotoverpflichtungsperiode mit
auf den Weg gebracht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir bereiten jetzt den Nationalen Allokationsplan II
vor. Bis zum 30. Juni müssen wir ihn vorlegen.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir einmal auf das Ergebnis gespannt!)


Wir haben den Ausbau der Nutzung erneuerbarer
Energien fortgesetzt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Im Jahr 2020 wird der Anteil der erneuerbaren Energien
bei bis zu 25 Prozent liegen, wie in der von Ihnen zitier-
ten Studie erwähnt.

Die Koalitionsfraktionen haben ein CO2-Minderungs-
programm auf dem Gebiet der Gebäudesanierung auf
den Weg gebracht. Das war übrigens das Erste, was
CDU/CSU und SPD in den Koalitionsverhandlungen
verabredet haben. Ich glaube, das ist aller Ehren wert. Es
bedurfte keines Antrags im Deutschen Bundestag – das
wussten wir vorher –, um dafür vier Jahre lang 1,4 Mil-
liarden Euro zur Verfügung zu stellen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir setzen eine Kraftstoffstrategie um, die nicht ehr nur auf Nischen ausgerichtet ist. Auch ich persön ich bin sehr dafür, Herr Kollege Fell, dass diejenigen, ie in Anlagen investiert haben, Vertrauensschutz genieen müssen. Die Koalitionsfraktionen, CDU/CSU und PD, wollen eine industriepolitische Strategie, die vom l wegführt und dennoch für eine automobile Gesell chaft steht. Das ist etwas anderes, als dafür einzutreten, Raps anubauen und in Mühlen zu investieren. Rapsanbau und indenergie waren Nischen, die auf dem Markt den urchbruch geschafft haben. Das ist wirklich wichtig ewesen. Wir brauchen aber Kraftstoff der zweiten Geeration; Qualitäten müssen definiert werden. Wir wolen nicht, dass der Anteil von Biokraftstoffen bei ,5 Prozent stehen bleibt. Wir wollen, dass dieser Anteil uf 10 Prozent, 20 Prozent oder mehr steigt. Dieses Ziel iegt unserer Strategie zugrunde. Wir verdienen Ihre Unerstützung und keine Diskreditierung unserer Arbeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Was Sie fordern, haben wir in Genshagen beschlos-
en: die Erhöhung der Mittel im Haushalt des Umwelt-
inisteriums für Forschung und Entwicklung und die
rhöhung der Mittel für das Markteinführungsprogramm

m Bereich der Förderung der regenerativen Wärmeener-
ie. All das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, haben wir
uf den Weg gebracht.

Wenn Sie sagten: „Okay, ihr habt in 87 Tagen eine
enge auf den Weg gebracht; aber das reicht uns noch

icht“, dann wäre ich einverstanden. Übrigens, was wir
isher auf den Weg gebracht haben, reicht auch uns
icht. Deswegen wollen wir mehr machen. Aber auf die
ange Bank geschoben hat diese Koalition überhaupt
ichts.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch gebe zu: Sie hat einige überrascht. Das wollten wir
ber. Sie sollten sich im Grunde darüber freuen.

Was ist der Kernfehler Ihres Papiers?


(Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Ich habe nichts dagegen. Mich muss nur jemand da-
ach fragen, ob ich sie zulasse. Dann sage ich Ja.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601911700

Ich lasse aber nicht zu, dass eine Zwischenfrage ge-

tellt wird, weil Ihre Redezeit bereits überschritten ist.

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:

Sorry, dann müssen wir uns auf den letzten Punkt
onzentrieren.

Was ist der eigentliche Vorwurf an Sie? Bei einem
nteil regenerativer Energien von 20 bis 25 Prozent und
er Unterstützung des Wachstumspfades durch höhere






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
Energieeffizienz und Energiesparen müssen 75 bis 80 Pro-
zent des Energiebedarfs auf der Basis fossiler Brenn-
stoffe gedeckt werden. Dies kann man nicht erreichen,
wenn man so vorgeht, wie Sie es hier bezüglich der
Kohle gefordert haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Der Kohleabbau darf nicht aufgegeben werden; vielmehr
braucht man effizientere Technologien, Stichwort „CO2-
Minderung“.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Deswegen kann man zu Sequestration, Clean Coal und
Clean Gas nicht Nein sagen. Die Kohle muss Bestandteil
der energiepolitischen Strategie Deutschlands sein. Dies
auszublenden und der Versuch, alles auf den Bereich
„regenerative Energien“ zu konzentrieren, schaden der
Debatte über diese Energien; denn dadurch werden
Messlatten gelegt, die wir immer wieder reißen müssen.

Es ist übrigens unrealistisch, zu glauben, ein Techno-
logieland wie Deutschland könnte darauf verzichten,
Technologien für Kohle, Gas und Öl zu entwickeln. Das
sind nämlich Brennstoffe, die in Entwicklungs- und
Schwellenländern genutzt werden. Das werden wir ih-
nen wohl kaum verbieten können. Wir wollen, dass diese
Länder unsere Anlagentechnik nutzen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


damit sie das Klima nicht in gleicher Weise schädigen,
wie wir es in den letzten 100 Jahren getan haben. Das ist
eine moderne Strategie in der Energiepolitik. Sie hat
große Befürworter in dieser großen Koalition.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601911800

Das Wort hat der Kollege Hans-Kurt Hill von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601911900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Eine sichere Energieversorgung muss
sozial gerecht und ökologisch verträglich sein. Zurzeit
ist sie weder das eine noch das andere.


(Beifall bei der LINKEN)


Den Antrag der Fraktion der Grünen zur Energiever-
sorgung bezeichne ich als Rundumschlag: von allem ein
bisschen. Trotzdem begrüßen wir diesen Antrag durch-
aus. Ich muss Ihnen jedoch vorhalten, dass Sie in den
letzten sieben Jahren der Regierung Wesentliches ver-
schlafen haben. Die fatale Abhängigkeit von Energieim-
porten steht nicht erst seit diesem „russischen Winter“ in
der Kritik. Wir halten an unserer bisherigen Forderung
fest: konsequenter Umstieg insbesondere auf heimische
erneuerbare Ressourcen und Steigerung der Energieeffi-
zienz.

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(C (D Aber Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der DU, „Koch-en“ lieber weiter Ihre giftige Atomsuppe. abei ist bei der Atomlobby Geldgier das einzige Motiv afür, auf Kosten der Menschen und der Umwelt Laufeitverlängerungen durchzusetzen. atsache ist, dass ein Reaktor bei einer Laufzeitverlänerung um ein Jahr 300 Millionen Euro Reingewinn ringt. Wir wissen natürlich nicht, was zum Beispiel err Koch in der Zukunft noch vorhat. Er hat leuch ende, ja strahlende Beispiele. Aber ich sage Ihnen ganz ffen, werte Kolleginnen und Kollegen: Wer weiter tomkraft fordert, hat nach unserer Meinung kein Ver ntwortungsbewusstsein. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ind für den Importanstieg bei den Energieträgern benso verantwortlich. So baut Herr Schröder eine neue asautobahn. Es bleibt abzuwarten, ob bei Minister abriel den Ankündigungen auch tatsächlich Taten folen. Auf jeden Fall hat das Energiekartell Zeit, munter en Status quo zu zementieren. (Ulrich Kelber [SPD]: War das der Angriff auf uns? Der war aber schwach!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Der Umbau der Kraftwerksparks ist, wie Sie wis-
en, in vollem Gange. Die Energieversorger planen und
auen neue Erdgaskraftwerke und im größeren Umfang
tein- und Braunkohleblöcke. Der geplante Anteil an er-
euerbaren Energien liegt bei unter 1 Prozent, und das
ur, weil der Emissionshandel nicht konsequent ange-
andt wird. Die CO2-Zertifkate werden beim Neubau
on Kraftwerken als Persilscheine für alte Technik ver-
eilt. Dabei geht der Missbrauch im Emissionshandel zu-
asten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Auf deren
tromrechnung hat das Ganze nun wirklich nichts zu su-
hen!


(Beifall bei der LINKEN)


Aber ich will das Erreichte gar nicht kleinreden. Das
EG ist ein Erfolgsmodell, mit Brief und Siegel der EU-
ommission. Die Branche der erneuerbaren Energien ist
icht untätig gewesen, wie Sie auch heute der Presse ent-
ehmen können. Sie plant allein in diesem Jahr den Aus-
au von 1 500 Megawatt Windleistung. Das ist die Grö-
enordnung von zwei Atomkraftwerken. Bis 2020 will
ie Branche 200 Milliarden Euro investieren und wird
amit eine halbe Million Arbeitsplätze schaffen. Da
pielt die Musik, meine Damen und meine Herren!


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Energieeffizienz ist in Zukunft der wichtigste Bau-
tein – das wird in dem Antrag ganz richtig betont –,
ber wir brauchen dazu auch wirksame Instrumente. So
üssen zum Beispiel auch Energieverbrauchskennzeich-

ungen von Haushaltsgeräten kontrolliert werden. Es
ibt Bundesländer, die acht Jahre nach Einführung des






(A) )



(B) )


Hans-Kurt Hill
Labels immer noch keine Behörden für den Vollzug be-
nannt haben. Das ist mir unbegreiflich.


(Beifall bei der LINKEN)


Ein schlimmes Beispiel ist das Land, aus dem ich
komme, das Saarland. Dort erwartet man, dass der Bund
den Vollzug regelt. Wenn ich dafür Noten vergeben
müsste, würde ich sagen: Föderalismusreform: Eins,
aber Ordnungsrecht: Sechs und setzen!


(Beifall bei der LINKEN)


Ein weiteres Thema, das CO2-Gebäudesanierungs-
programm. So wie Sie das planen, meine Damen und
Herren von der Regierung, greift das ins Leere. Sie ver-
teilen mit der Gießkanne und wollen Maßnahmen för-
dern, die ohnehin vorgeschrieben sind. Dabei muss
Ihnen doch klar sein, dass Entwicklungen wie die Pas-
sivhaustechnik, die 90 Prozent der Wärmeenergie ein-
spart, dann einfach auf der Strecke bleiben. Ich möchte
Ihnen vorschlagen, die Förderung nach dem Einsparef-
fekt zu bemessen und den Geldtopf besser auszustatten.
Herr Minister Steinbrück sollte die 1,5 Milliarden Euro
Mehreinnahmen, die er über die hohen Energiepreise er-
halten hat, dafür herausrücken.


(Beifall bei der LINKEN)


Oder will man einen Teil des Bundeshaushalts über die
Preistreiberei auf dem Energiemarkt – wiederum zulas-
ten der Verbraucher – sanieren?

Zum Schluss werde ich noch kurz auf den Antrag zu
den Biokraftstoffen eingehen. Die Steuerbefreiung rei-
ner Biokraftstoffe muss beibehalten werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Das machen die höheren Aufwendungen, zum Beispiel
bei der Herstellung, beim Vorhalten der Tankanlagen
und bei der Umrüstung der Motoren, notwendig. Außer-
dem ist das für die Förderung der Wirtschaft im ländli-
chen Raum unverzichtbar. Die Mitnahmeeffekte bei Bio-
diesel sind zwar aus Sicht der Hersteller begrüßenswert,
aber da müssen wir natürlich aufpassen. Dass der Bio-
sprit auf dem Markt so erfolgreich ist, darf nicht dazu
führen, dass die Branche für das Stopfen des Haushalts-
lochs herhalten muss. Ich würde empfehlen, dass wir den
Biodiesel behutsam an eine Besteuerung heranführen.
Der Beimischzwang macht nur Sinn als zusätzlicher
Baustein. Voraussetzung ist hier, wie gesagt, dass die rei-
nen Biokraftstoffe wie Pflanzenöl über verlässliche Zeit-
räume befreit bleiben.

Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat von
Thomas Nordmann und Christian Schmidt aus dem
Buch „Im Prinzip Sonne“:

Die Sonne scheint, als erste und letzte Energie. Sie
verströmte ihre Kraft, bevor die Vegetation vergan-
gener Zeiten zu Öl verfaulte, bevor der Mensch
lernte, wie sich Uran spalten lässt, und sie wird
noch da sein, wenn es all diese Energien dank Ein-
sicht nicht mehr geben wird.

Vielen Dank.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601912000

Herr Kollege Hill, ich gratuliere Ihnen recht herzlich

u Ihrer ersten Rede hier in diesem Hohen Hause. Ich
in überzeugt, Sie werden das auch in Zukunft ohne de-
onstrative Unterstützung Ihrer Fraktion schaffen. Alles
ute!


(Beifall)


Das Wort hat der Kollege Hans Michelbach, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1601912100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die CDU/CSU-Fraktion hat in den vergange-
en Jahren immer zum Aufbau der neuen Wirtschafts-
ranche Biokraftstoffe gestanden. In meinem Bundes-
and werden 75 000 Tonnen produziert. Damit leistet es
eit sieben Jahren einen erheblichen Beitrag zur Vereste-
ung. Das heißt, unser Bundesland hat im Bereich Bio-
raftstoffe eine großartige Leistung vollbracht. Deren
arkteinführung wurde durch Steuervergünstigungen

efördert.

Die staatliche Förderung zur Einführung eines neuen
roduktes am Markt ist natürlich immer wieder zu hin-

erfragen, insbesondere dann, wenn in der Vergangenheit
nverantwortlich mit dem Bundeshaushalt umgegangen
urde. Die Grünen, die den vorliegenden Antrag gestellt
aben, haben in der Vergangenheit jedoch im finanziel-
en Bereich jegliches Bemühen um Nachhaltigkeit igno-
iert.

Ökonomische Fragen scheinen sie generell nicht zu
nteressieren, sonst würden sie solche Anträge nicht stel-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir müssen letzten Endes aber immer wieder die ökono-
ische Frage stellen, ob wir staatliche Ressourcen

erschwenden, wenn wir, nachdem wir für die Marktein-
ührung eines Produktes Anreize geschaffen haben, dau-
rhaft Unterstützung leisten. Diese Frage ist insbeson-
ere dann positiv zu beantworten, wenn stattdessen ein
eitrag zur Konsolidierung des Gesamthaushaltes ge-

eistet werden kann.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601912200

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Loske?


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1601912300

Ich darf bitten.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Kollege Michelbach, Sie sprachen gerade über

konomie und damit über Wirtschaft. Die Zuständigkeit






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske
für die Energiepolitik liegt zumindest teilweise auch
beim Wirtschaftsministerium. Bedeutet nun die Tatsa-
che, dass bei dieser energiepolitischen Grundsatzdebatte
nur der Umweltminister anwesend ist, dass die Zustän-
digkeit für Energiepolitik komplett vom Wirtschafts-
ministerium abgezogen wurde?


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1601912400

Ich gehe nicht davon aus, dass das letzten Endes nicht

mehr in die Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums
fällt. Der Wirtschaftsminister Michael Glos weiß natür-
lich, dass wir anwesend sind und dass es aufgrund des
versammelten Sachverstandes der Unionsfraktion zu
keiner Fehlleistung kommen wird.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ich hoffe, er verlässt sich auch auf den Koalitionspartner!)


Wollen Sie noch eine klügere Frage stellen?


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn die Präsidentin mir das erlauben würde, würde ich noch einmal fragen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601912500

Herr Kollege Loske, ich denke, der Kollege

Michelbach sollte jetzt in seiner Rede fortfahren.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dem Urteil muss ich mich beugen, Herr Kollege Michelbach! Ich hätte Sie aber schon gerne noch etwas gefragt!)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1601912600

Herr Loske, wir werden das bilateral fortsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, unsere Wirtschaft benötigt wett-
bewerbsfähige Energiepreise. Firmenverlagerungen
aus Kostengründen nutzen niemandem etwas, sondern
schaden unserer Volkswirtschaft. Das können und sollten
wir uns nicht mehr leisten. Ich glaube, wir sollten die
energiepolitische Ideologie der Grünen überwinden und
Wege der ökonomischen Vernunft beschreiten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Lieber Herr Kollege Fell, es ist einfach falsch, dass
wir Biokraftstoffe vom Markt verschwinden lassen oder
die Wertschöpfung der Landwirte ins Ausland verlagern
wollen,


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum nehmen Sie dann die Steuerbefreiung weg?)


wie dies der Antrag der Grünen suggeriert. Richtig ist:
Wir wollen keine überzogenen Steuerpläne, sondern
Marktfähigkeit, Sicherung des Produktes und finanzielle
Solidität; denn die finanziellen Ressourcen des Staates
bilden auch für die zukünftige Wachstumsentwicklung
und gerade für die Einführung eines neuen Produktes
eine wesentliche Grundlage.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D eswegen beleuchten wir die Wettbewerbsfähigkeit, die mweltvorteile, das Marktgeschehen und natürlich auch ie Investitionssicherheit bei neuen Konzepten. Wir haen uns mit folgenden Herausforderungen zu befassen, enn wir dies sachgerecht und verantwortungsbewusst eisten wollen: Erstens müssen wir den EU-rechtlichen Vorgaben um Verbot der Überkompensation Rechnung tragen und ine entsprechende Prüfung vornehmen. Zweitens müssen wir die haushalterischen Konsoliierungsaufgaben wahrnehmen. Drittens müssen wir der Marktsicherung und Marktörderung in Bezug auf Biokraftstoffe durch eine Beimichungspflicht dauerhaft Rechnung tragen. Das kann nur urch ein marktfähiges Produkt geschehen. Sicherheit ür die Zukunft wird nur erreicht, wenn das Produkt auf auer marktfähig und wettbewerbsfähig ist. Das ist ein ichtiger Grundsatz. Die vierte Herausforderung ist die Strukturerhaltung ei unseren Landwirten durch eine lokale Wertschöpung. Fünftens müssen wir für eine längerfristige Planungsicherheit bei Investitionen in dieser Branche sorgen. Dazu bekennen wir uns. Im Zusammenhang mit den EU-rechtlichen Vorgaen muss überprüft werden, ob die Steuerbegünstigung u einer Überkompensation führt. Ich glaube, dass der in em Entwurf des Energiesteuergesetzes gefundene Ausleich für die Überkompensation von 10 bzw. 15 Cent icht zwingend nachvollziehbar ist. Er schießt wohl etas über das Ziel hinaus. Das müssen wir prüfen. Zum inen werden bisher keine tatsächlichen Grundlagen für ie Zahlen genannt. Das stört mich; die Zahlen müssen nterfüttert werden. Man kann nicht nur eine Überkomensation in den Raum stellen, sondern muss das prüfen önnen. Wir sind der Gesetzgeber, der für ein solches teuergesetz zuständig ist. Deswegen müssen wir hier enau hinschauen. Zum anderen sind die Produktionsschritte bei Pflanenöl nicht wesentlich geringer, sodass ein Abstand von Cent eher willkürlich erscheint. Ich glaube, dass reine flanzenöle letzten Endes nicht in die Besteuerung hieinkommen können. s ist auch zu überlegen, ob der Eigenverbrauch in der andwirtschaft freizustellen ist. Darüber muss man reen, ohne dass wir deswegen die Bürokratie ausweiten üssten. Man muss sich Agrardieselregelungen an chauen, die im Zusammenhang mit dieser Steuerregeung möglich wären. Möglich wäre auch die Einführung eines Mindestbstandsgebots in Bezug auf fossile Brennstoffe. Auch arüber müssen wir nachdenken. Problematisch an diesem Steuergesetz ist sicher, dass er Preis für fossile Brennstoffe nicht nur innerhalb der andelswege schwankt, sondern auch unter den tatsäch Hans Michelbach lichen Herstellungspreis von Biokraftstoffen fallen könnte, wenn die Masse der Biokraftstoffe steigt. Das muss man sich mit Blick auf ein Gesetz genau anschauen. Ebenso sollte man über eine Cross-Compliance-Regelung in dem Entwurf des Energiesteuergesetzes nachdenken – Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. – und sich Gedanken machen, ob man dadurch den Landwirten neue Chancen eröffnet. In diesem Sinne möchte ich deutlich machen: Wir haben eine Aufgabe, die mit diesem Energiesteuergesetz auf dem Tisch liegt. Wir wollen eine sachbezogene Steuerkonzeption, die dauerhaft Planungssicherheit für alle Marktteilnehmer bietet. In diesem Sinne können sich alle Marktteilnehmer auf die Union verlassen. Herzlichen Dank. Das Wort hat der Kollege Ulrich Kelber, SPD-Frak tion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen schreibt unter Punkt 11 ihres Antrages, die Koalition werde beim Gebäudesanierungsprogramm einen Investitionsstau auslösen. Ich darf dazu die „Financial Times Deutschland“ von gestern zitieren: So beweglich kann Haushaltspolitik sein: Im Vorgriff auf das 25-Milliarden-Wachstumsund Beschäftigungspaket … hat die Bundesregierung Anfang Februar das Rennen um die Fördermittel eröffnet. Doch damit nicht genug: Die Förderkonditionen … sind attraktiver und übersichtlicher geworden. Zum zweiten Mal haben Sie bei der Beurteilung dieses Programms deutlich daneben gegriffen. Das erste Mal war, als Sie während der Koalitionsverhandlungen behauptet haben, die SPD müsse sich daran messen lassen, ob sie eine Verdopplung der Mittel für dieses Programm erreicht. Wir haben heute eine Vervierfachung der Mittel geschafft. Erkennen Sie endlich an, dass Tempo in diese Sache hineingekommen ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601912700
Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1601912800

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601912900
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1601913000

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir stellen die Energieeffizienz in den Mittelpunkt;
das Gebäudesanierungsprogramm ist nicht der einzige
Punkt. Wir werden weitere Initiativen vorstellen. Eine
Initiative ist dabei das Top-Runner-Programm. Es war

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(C (D brigens schon eine SPD-Initiative zur Zeit der rot-grüen Koalition. Denn wir haben immer vermisst, dass das mweltministerium das Thema Energieeffizienz geauso in den Vordergrund stellt wie andere Themen. Das ird sich nun ändern. Man merkt ein wenig, dass Sie in der Opposition anekommen sind. In früheren Koalitionszeiten haben Sie kzeptiert, dass Top-Runner allein schon wegen der Binenmarktrichtlinie eine europäische Initiative sein muss. n Ihrem neuen Antrag fordern Sie, auf nationaler Ebene u handeln, wissend, dass das nicht geht. (Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)


Ein weiterer Bereich sind die erneuerbaren Ener-
ien. Herr Mißfelder, 2005 betrugen die Investitionen in
eutschland in diesem Bereich 9 Milliarden Euro. Das

st schon eine tolle Sache. Es gibt auch hervorragende
ahlen für die Windenergie. Wir können außerdem einen
oom bei der Biomasse und bei der Solarenergie fest-

tellen. Außerdem ist der Start bei der Geothermie er-
olgt. Im Übrigen wären wir bei der kleinen Wasserkraft,
ie auch im Antrag der Grünen erwähnt wird, weiter,
enn der Streit innerhalb der Grünen-Fraktion während
er Zeit der rot-grünen Koalition, ob man die kleine
asserkraft ausbaut oder nicht, nicht immer so heftig

ewesen wäre.

Letzter Punkt: Atomdebatte. Sie machen jetzt immer
as Spielchen „Sigmar allein zu Haus“. Ich glaube, die-
er Bundesminister könnte das notfalls auch alleine
temmen.


(Beifall bei der SPD)


ber er ist nicht alleine. Das Haus ist eher schon überbe-
ölkert. Neben den üblicherweise verdächtigen Sozial-
emokraten wie Struck, Müntefering und Platzeck sind
un Merkel und Kauder mit in dieses Haus eingezogen
nd haben klar gesagt, was gilt, nämlich der Koalitions-
ertrag.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn ich den Antrag der Grünen lese – unter Punkt 1
ird vom „energiepolitischen Stillstand“ gesprochen –,
ann muss ich feststellen, dass Ihr Antrag nicht ernst ge-
eint ist. Sie suchen händeringend nach einem Thema.
ie haben nämlich ein Problem: Die Grünen haben nicht
rwartet, dass die SPD so erfolgreich in den Koalitions-
erhandlungen ist.


(Heidi Wright [SPD]: Genau!)


ch nenne den Atomausstieg, die Fortsetzung der Förde-
ung bei den erneuerbaren Energien, Energieeffizienz
nd das Nationale Naturerbe.

Es ist richtig, dass man sich auseinander setzt. Aber
uf die Art und Weise, wie Sie es machen, helfen Sie
em Umweltschutz nicht, sondern betreiben Parteipoli-
k.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601913100

Das Wort hat die Kollegin Dr. Christel Happach-

Kasan, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1601913200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Einen Punkt möchte ich gerne aufgreifen: Wir wissen
alle noch nicht, wer sich auf diese große Koalition ver-
lassen kann. Auch Sie wissen es nicht. Denn das, was
Sie im Bereich der Mineralölsteuerbefreiung für Bio-
kraftstoffe angerichtet haben, ist ein unbeschreibliches
Chaos.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Innerhalb von vier Monaten gab es vier verschiedene
Steuermodelle. Das ist unschlagbar; das hat bisher noch
niemand geschafft.

Herr Minister Gabriel, ich darf Sie daran erinnern:
„Mehr Rapsöl in den Tank“, das war vor der Wahl. Was
ist nach der Wahl? – Ich fand den zweiten Teil Ihrer
Rede gar nicht schlecht.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Aber wo ist Ihr Handeln? Wir müssen feststellen, dass
Sie immer noch nicht wissen, wie Sie das Energiebesteu-
erungsgesetz tatsächlich gestalten wollen. Nach wie vor
gibt es keine Einigung mit dem Landwirtschaftsminister
und mit dem Finanzminister.


(Gudrun Kopp [FDP]: Nur Chaos!)


Niemand in dieser Republik weiß also, wie es mit den
Biokraftstoffen tatsächlich weitergehen wird.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir müssen feststellen, dass die Mineralölsteuer-
befreiung für biogene Kraftstoffe enorm viel bewirkt
hat. Herr Kelber, Sie loben die Investitionsleistungen in
diesem Bereich, die es unter den alten Rahmenbedingun-
gen gab. Aber was ist jetzt der Fall? Wir wissen alle,
dass Investitionen, die für dieses Jahr geplant waren, in-
zwischen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben
worden sind oder in England bzw. in Schweden und
nicht mehr in Deutschland geplant werden. Diese Ent-
wicklung braucht unser Land wirklich nicht.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir haben aufgrund der Rahmenbedingungen eine
Erhöhung des Rapsanbaus gehabt – das ist richtig – und
wir haben eine Erhöhung der Investitionen in diesem Be-
reich feststellen können. Auch das ist gut gewesen. Es
gab die Entwicklung von entsprechenden Technologien.
Wir sind Marktführer in diesem Bereich. Auch das ist
gut. Es wurden Arbeitsplätze geschaffen und es gab ent-
sprechende Steuereinnahmen. Diese Steuereinnahmen
sind so hoch wie die Einnahmen, die Minister
Steinbrück durch die Aufhebung der Mineralölsteuerbe-
freiung in diesem Bereich erwartet. Das ist ein Spiel in

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(C (D er Sandkiste: hier ein Haufen und da ein Haufen. Das ührt zu überhaupt nichts und bringt keine klaren Strukuren und keine Sicherheit für die Betriebe, die in diesen ereich investiert haben. Wir fordern für die Herstellung von Biokraftstoffen ie gleiche planerische Sicherheit, wie Sie sie beispielseise bei der Windkraft gewähren. ir brauchen zumindest bis zum 1. Januar 2009 eine ineralölsteuerbefreiung und dann eine Nachfolgerege ung. Wir brauchen die gleiche Besteuerung für den Fall, ass nur der Biokraftstoff getankt wird, und für den Fall, ass er beigemischt wird. Es ist doch absurd: Wollen wir uch die Eier unterschiedlich besteuern, je nachdem ob ie Frühstückseier sind oder in den Kuchen gerührt weren? Das macht man doch nicht. Das kann doch nicht ichtig sein. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Wie ist das denn heute beim Diesel? Wie ist das denn heute beim Heizöl?)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir wollen keinen Beimengungszwang, weil wir mei-
en, dass wir mit der bisherigen Politik der Mineralöl-
teuerbefreiung wesentlich besser gefahren sind, als dies
ei einem Beimischungszwang jemals der Fall sein
ann.

Ich fordere die Bundesregierung auf, planerische Si-
herheit für die Betriebe der Biokraftstoffbranche zu ge-
ährleisten. Ich fordere sie auch auf, weit mehr in diese
echnologie zu investieren. Denn wir wissen, dass wir
ie Technologie des Einsatzes von Rapsmethylester wei-
erentwickeln müssen, wenn wir es tatsächlich schaffen
ollen, den Weg weg vom Öl erfolgreich zu beschreiten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601913300

Das Wort hat der Kollege Reinhard Schultz, SPD-

raktion.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1601913400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ich will mich auf das Thema der Biokraft-
toffe konzentrieren, weil meine Redezeit durch meine
orredner großzügig beansprucht worden ist,


(Ulrich Kelber [SPD]: Durch einen!)


obei Herr Kelber nett zu mir war, wie ich sagen muss;
nsonsten wäre ich gar nicht mehr an die Reihe gekom-
en.

Ich glaube, es geht hier um eine Umstellung von ei-
em Versuchsbetrieb auf einen Normalbetrieb. Der
inister hat davon gesprochen, dass die nationale Kraft-

toffstrategie dazu dienen soll, neben dem Zertifikathan-
el und der Gebäudesanierung auch im Bereich Verkehr






(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)

ein verlässliches CO2-Minderungsprogramm zu gestal-
ten und zu mehr Unabhängigkeit von Mineralölimporten
zu kommen. Dieses Massenproblem, das es ja letztend-
lich ist, muss man mit einer massenhaft wirksamen Lö-
sung angehen. Das bedeutet, die Menge an Biokraftstof-
fen in ein neues Verhältnis zum Kraftstoffverbrauch
insgesamt zu setzen. Das ist das Beimischungsgebot
bzw. die Beimischungsquote. Das ist eine verlässliche
Zahl, die den Deutschen, aber möglicherweise auch aus-
ländischen Teilnehmern einen riesigen Markt eröffnet.

Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich sage,
dass der Biodieselmarkt schon jetzt zu weit mehr als
40 Prozent aus Importprodukten besteht. Die reinen
Pflanzenöle, die getankt werden, kommen zu einem gro-
ßen Teil aus Ungarn, weil sie dort aus welchen Gründen
auch immer besonders günstig hergestellt werden kön-
nen und – das ist nett – bei Aldi bzw. an Spezialtankstel-
len verkauft werden. Sie werden in den seltensten Fällen
bei uns hergestellt.

Natürlich sind wir – wie bei allen anderen Produktio-
nen auch – daran interessiert, dass ein großer Teil der
Wertschöpfung – möglichst der größte – im Land bleibt.
Deswegen wollen wir keine Stranded Investments, son-
dern ein vernünftiges Verhältnis von Importen und ein-
heimischer Produktion insbesondere im Hinblick auf
diejenigen Länder, die das neue Produkt Bioethanol aus-
gesprochen günstig herstellen können und auch impor-
tieren wollen, dies derzeit aber noch nicht im gewünsch-
ten Maße können, weil ein Außenschutz besteht. Herr
Fell, wir beide wissen: Dieser wird schrittweise abge-
baut werden müssen. Deswegen müssen wir dem recht-
zeitig mit vernünftigen Möglichkeiten begegnen.

Das Beimischungsgebot ist also die Regellösung.
Darum herum kann man natürlich für eine Übergangs-
zeit bei neuen Produkten wie BTL-Kraftstoffen oder an-
deren dabei bleiben, diese Produkte mit Steuerbefrei-
ungsinstrumenten oder anderen Instrumenten zu fördern.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber 2007 sollen sie doch abgeschafft werden!)


Aber bei Produkten, die Marktreife haben, ist das nicht
erforderlich. Auf der einen Seite wollen wir diese be-
steuern; das ist auch mein Interesse als Finanzpolitiker.
Auf der anderen Seite wollen wir ein Produkt haben, das
massenhaft zum Einsatz kommt und hilft, CO2-Emissio-
nen massiv zu senken. – Das ist das eine.

Dies steht aber, wie Sie wissen, noch gar nicht im
Energiesteuergesetz, so wie es angekündigt worden ist.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, in der Begründung steht „abschaffen“!)


In der Übergangsphase steigen wir vorsichtig in die Be-
steuerung von Biokraftstoffen, insbesondere von Biodie-
sel, ein. Dies gilt in der ersten Phase nicht für Bioetha-
nol, sondern nur für Biodiesel, Beimischungsprodukte
und reines Pflanzenöl.

In einem Bericht, der dem Bundestag im Vorlauf zu
diesem Gesetz zugeleitet worden ist und der entspre-

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(C (D hend den Beihilfebestimmungen der EU erstellt worden st, wurde für mich sehr eindeutig nachgewiesen, dass in iesem Bereich eine Überförderung besteht. Die Überörderung wird an den Herstellungsund Anwendungsosten gemessen; denn wenn die Kosten zur Nachrüsung eines Motors besonders hoch sind, muss das enauso Eingang finden wie die Herstellungskosten. In iesem Fall ist es eindeutig; hier streite ich mich nicht m einen halben Cent. Der Finanzminister ist mit seinen esteuerungsvorschlägen deutlich unter den Überförde ungstatbeständen geblieben: Bei Biodiesel liegt eine berförderung bei 14 Cent vor; vorgeschlagen ist eine esteuerung von 10 Cent. Herr Kollege, Ihnen wurde etwas Redezeit genom en. Sie müssen sich an die neue Zeit halten. Ich bin auch fast am Schluss meiner Rede. – Bei den eimischungsprodukten liegt eine Überförderung bei 9 Cent vor; hier ist eine Besteuerung von 15 Cent vorgeehen. Das heißt, es wurde bewusst ein Abstand eingehalen, weil wir den Markt in dieser Situation nicht überforern wollen und weil es sich um eine Übergangsregelung andelt, auf dem Weg zu einem Beimischungsgebot als egelinstrument. Gehen Sie mit uns diesen Weg. Das werden die Landirte danken, das wird die Umwelt danken und nicht zu etzt auch der Fiskus. Auch im Rahmen der Mineralölteuerdiskussion ist dies ein vernünftiger Gesichtspunkt. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601913500
Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1601913600


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601913700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
uf den Drucksachen 16/579 und 16/583 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand
der deutschen Einheit 2005

– Drucksache 15/6000 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

Hierzu liegen ein Entschließungsantrag der Fraktio-
nen von CDU/CSU und SPD, ein Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP und ein Entschließungsantrag der
Fraktion Die Linke vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundes-
minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,
Wolfgang Tiefensee.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Einmal im Jahr wird der Jahresbericht der Bun-
desregierung zum Stand der deutschen Einheit vorgelegt.
Wir diskutieren heute den Bericht, den Sie seit Sep-
tember 2005 kennen. Diejenigen unter Ihnen, die die
Fakten zur Kenntnis genommen haben, werden ihre
Schlüsse daraus ziehen. Dieser Bericht ist die Basis, auf-
grund derer wir den Stand des Aufbaus Ost und die zu-
künftigen Vorhaben diskutieren können.

Aufgrund der Bewertung in diesem Bericht, aufgrund
der Trends, die sich ihm entnehmen lassen, stellen wir
fest, dass es ein Sowohl-als-auch gibt, eine äußerst
schwierige Situation, die einer genauen Betrachtung be-
darf. Lassen Sie mich dies an einigen Beispielen deutlich
machen. Wir haben auf der einen Seite Zuwächse im
verarbeitenden Gewerbe, auf der anderen Seite aber
mehr als eine Stagnation in der Bauwirtschaft. Wir ha-
ben auf der einen Seite prosperierende Regionen, Inno-
vationskerne in Jena, Dresden, um Berlin herum, in
Chemnitz und in Leipzig, aber auf der anderen Seite zu
wenig Potenzial für Forschung und Entwicklung in den
Industriebetrieben. Wir haben auf der einen Seite eine
Landwirtschaft, die sich im Weltmaßstab durchaus mes-
sen lassen kann, auf der anderen Seite aber große Pro-
bleme im ländlichen Raum. Wir haben durch eine
gezielte Förderung die Wohnungsbaugesellschaften sta-
bilisieren können. Wir haben einen besseren Bestand an
denkmalgeschützten Gebäuden, die Innenstädte prospe-
rieren. Auf der anderen Seite aber sind Leerstände zu
verzeichnen. Noch schwieriger wird es, wenn wir uns
den Arbeitsmarkt anschauen. Hier haben wir auf der ei-
nen Seite einen Mangel an Nachwuchsfachkräften; die
Qualifikation entspricht nicht dem, was nachgefragt
wird. Auf der anderen Seite haben wir eine hohe Ar-
beitslosenquote.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Aufbau
Ost ist mithin ein Sowohl-als-auch. In der Debatte gilt
es, von einer Schwarzmalerei wegzukommen.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


s gilt, sowohl das Erreichte zu respektieren und heraus-
ustellen als auch ganz dezidiert auf die Probleme und
erausforderungen hinzuweisen. Es nützt also nichts, im
roßen Ganzen zu diskutieren. Lassen Sie uns genauer
inschauen!

Das erste Fazit ist: Die Entwicklung des Ostens ist ge-
oppelt an die Entwicklung Gesamtdeutschlands und
ingebettet in die europäischen und internationalen
rends.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


er diese Verbindung missachtet, wer allein glaubt, dass
ich der Osten aus sich selbst heraus entwickeln kann,
er verleugnet die Tatsachen.

Die Bundesregierung hat an diesem Punkt angesetzt
nd hat einiges getan – heute Morgen ist viel darüber dis-
utiert worden –, um mit einem Programm für Wachstum
nd Beschäftigung für ganz Deutschland auch dafür
orge zu tragen, dass es in den neuen Bundesländern vo-
angeht. Ich denke, das ist aller Ehren wert und das ist der
ichtige Weg. Gesamtdeutschland muss in der Wirtschaft
orankommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Das Zweite. Wir müssen den zeitlichen Horizont se-
en. Wir befinden uns in der Spanne von 1989 bis 2019
m zweiten Drittel. Derjenige, der die Lösung im Hand-
mdrehen erwartet, derjenige, der der Bevölkerung sug-
eriert, man könne es in wenigen Monaten oder Jahren
chaffen, der weckt falsche Erwartungen, die am Ende in
ggressionen oder in Lethargie umschlagen können.
ir müssen also immer die Zeithorizonte beachten.

Das Dritte. Die Bundesregierung setzt auf Wachs-
umskerne und will sie in der Verbindung mit der sie
mgebenden Region entwickeln. Das Entscheidende
ird also sein, in der Zukunft einerseits die Mittel auf
iese Wachstumskerne zu konzentrieren und anderer-
eits dafür zu sorgen, dass es ein Netzwerk, eine Verbin-
ung, ein Bündnis hin zur Region gibt, damit die Loko-
otiven die Hänger, die Tender in der Region mitziehen

önnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir gehen davon aus, dass wir beispielsweise mit der ge-
ielten Förderung über GA diese Wachstumsmotoren
oranbringen können.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Da wollen Sie doch kürzen!)


ir reagieren damit auf einen weiteren Trend, den es zu
eachten gilt, nämlich die Demographie.

Ein Weiteres lesen wir aus dem Bericht: Wir müssen
uf die Wachstumsbranchen setzen. Hier gibt es erfreu-
iche Anzeichen. Wir wollen unser Konzept der






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Tiefensee
Branchenkonferenzen, der Stärkung von Netzwerken
fortführen, weil wir glauben, darin liegt die Zukunft für
das Wachstum im Osten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn es uns gelingt, diese Nuklei stärker auszubauen,
noch stärker in Forschung und Entwicklung, in die
Kopplung von Hochschulen, Universitäten und Institu-
ten an die Wirtschaft zu investieren, dann wird der Auf-
schwung Ost gelingen.

Ein nächstes Thema, mit dem wir uns beschäftigen
müssen, ist die Solidität des Mittelstandes. Auch im Os-
ten Deutschlands spielt der Mittelstand eine entschei-
dende Rolle. Wenn jedes Unternehmen mit zehn Be-
schäftigten einen weiteren Beschäftigten generiert, dann
wäre ein Großteil der Probleme gelöst. Aus diesem
Grund muss die Investitionszulage verstetigt werden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wenn wir auf den Arbeitsmarkt schauen, sehen wir
noch immer eine bedrückend hohe Zahl von Arbeitslo-
sen. Meine Damen und Herren, an dieser Stelle geht es
schon ein Stück um Emotion und Leidenschaft; denn
hinter diesen großen Zahlen stehen Einzelschicksale,
stehen qualifizierte Menschen, die ihre Arbeitskraft an-
bieten, aber ihr Einkommen nicht mit ihrer Hände Ar-
beit, nicht mit ihrem Kopf verdienen können. Aus die-
sem Grund müssen wir auf dieses Problem fokussieren.

Wir wissen: Wenn die Bundesregierung 1 Milliarde
Euro in den Kreislauf einspeist, dann können 25 000
neue Arbeitsplätze entstehen. In dem Moment, wo wir
die Wirtschaft voranbringen, entstehen Arbeitsplätze
auch im Osten. Wir setzen auf den Mittelstand, wir set-
zen auf Innovationen – durch solche Programme wie
Inno-Watt – und wir setzen darauf, dass die Existenz-
gründungen vorangetrieben werden; hier haben wir her-
vorragende Erfolge. Wir brauchen aber auch eine Umge-
hensweise mit denjenigen, die für längere Zeit keinen
Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt finden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Aus diesem Grund gelten unsere Anstrengung und
auch die Justierung der Instrumente nicht nur dem Krite-
rium: Inwieweit gelingt es, Menschen aus der Arbeitslo-
sigkeit in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen? Sie gelten
auch dem Kriterium: Inwieweit gelingt es, Menschen
eine sinnvolle Überbrückungszeit zwischen der Absti-
nenz vom Arbeitsplatz und der Wiedereinstellung auf
dem ersten Arbeitsmarkt zu verschaffen?

Hier gilt es, Qualifikationen voranzutreiben, Wieder-
eingliederungsmaßnahmen finanziell zu unterstützen
– Sie wissen, dass wir dafür ein Milliardenprogramm
auflegen – und die Motivation zu stärken, nicht zuletzt
dadurch, dass wir die Disparitäten zwischen Ost und
West beim Arbeitslosengeld II abbauen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aus diesem Grund wollen wir im Osten das
Arbeitslosengeld II an das Westniveau anpassen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Ahrendt? Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr, au und Stadtentwicklung: Gern. Herr Minister, Sie haben eben ausgeführt, dass Milliarde Euro 25 000 Arbeitsplätze schafft. Wie weren die Arbeitsplätze, die verloren gehen, zukünftig ompensiert, wenn man sich vor Augen hält, dass den euen Bundesländern durch den Kompromiss beim EUaushalt ungefähr 5 Milliarden Euro im Zeitraum von 007 bis 2014 verloren gehen werden? Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr, au und Stadtentwicklung: Sie geben mir die Gelegenheit, schon jetzt einen wei eren Punkt anzusprechen, den ich ohnehin noch angeprochen hätte, nämlich die Frage der finanziellen icherheit des Ostens. Die Bundesregierung hat zugeagt – nicht nur in der Koalitionsvereinbarung, sondern ei jeder sich bietenden Gelegenheit –, dass die Gelder us dem Solidarpakt II, das gilt sowohl für den Korb I ie auch für den Korb II, in voller Höhe bis 2019 zur erfügung stehen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601913800
Christian Ahrendt (FDP):
Rede ID: ID1601913900

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Die EU-Gelder, die Sie ansprechen, also die Mittel
us dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung,
ie laut der Finanzvorschau ab dem Jahre 2007 verrin-
ert werden, müssen im Kontext betrachtet werden. Die
undesregierung hat die 51 Milliarden Euro im Korb II,
u denen neben der GA und den europäischen Mitteln
och andere Positionen gehören, bis zum Jahre 2019 zu-
esagt. Sie wird dafür Sorge tragen, dass das in vollem
mfang und auch bei sinkenden Geldern der EU gilt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Noch eine weitere Bemerkung: Vielleicht ist es Beleg
iner hervorragenden Entwicklung in einigen Regionen,
ass immerhin drei Regionen des Ostens aus dem Ziel-1-
ebiet-Status in den Ziel-2-Gebiet-Status gelangt sind.
bwohl man in diesen Regionen den Höchstfördersätzen
atürlich nachweint, muss man auf der anderen Seite sa-
en, dass das Bruttoinlandsprodukt, bereinigt durch den
tatistischen Effekt, offensichtlich über die 75-Prozent-
renze gestiegen ist und damit eine positive Entwick-

ung in einer Reihe von Regionen im Osten zu verzeich-
en ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


iese findet ihre Entsprechung leider auch in sinkenden
uwendungen der EU, die ja darauf gerichtet sind, genau
iesen Angleichungsprozess zu unterstützen.






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Tiefensee

(Beifall bei der SPD – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das ist doch normal! Das wollen wir doch alle! – Weiterer Zuruf von der SPD: Wer A sagt, muss auch B sagen! Genau!)


Ein weiteres Thema, das ich aufgreifen möchte, ist,
wie wir für die finanzielle Stabilität in den ostdeutschen
Ländern sorgen. Es kommt darauf an, die Gelder des
Solidarpaktes II ergänzt durch andere Positionen zu ver-
stetigen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Darf ich Ihnen einige kurz anreißen? Wir wollen im
Haushalt 2006 die Mittel für das Programm „Soziale
Stadt“ erhöhen. Wir wollen die Gemeinschaftsaufgabe
auf dem im Koalitionsvertrag beschriebenen Niveau hal-
ten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wir wollen die Programme „Stadtumbau Ost“ fortsetzen
und werden hier zusätzliches Geld investieren. Das alles
kommt den Bürgerinnen und Bürgern im Osten direkt
zugute.

Lassen Sie mich zum Schluss ein weiteres mir wichti-
ges Thema ansprechen. Es wird im Osten noch stärker
vorangehen, wenn wir nicht nur Problembewusstsein
schaffen, nicht nur den Sinn für die Zeithorizonte schär-
fen, sondern wenn wir auch erheblich mehr für die Moti-
vation der Menschen tun. Letztlich muss es darum ge-
hen, die Kräfte der Bürgergesellschaft insbesondere im
Osten zu stärken. Denn der Aufbau Ost geschieht nicht
nur in Berlin und in den Landeshauptstädten, sondern
vor allem auch vor Ort.

Aus diesem Grund richte ich auch von diesem Po-
dium aus den dringenden Appell an uns alle: Tun wir al-
les, um die Menschen im Osten zu motivieren, ihr
Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, und unterlassen
wir alles, was defätistisch ist, die Menschen niederdrückt
und unsere erreichten Erfolge schmälert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bauen wir lieber gemeinsam auf Vereine, Verbände, die
Kommunen, die Oberbürgermeister und Landräte


(Jörg Tauss [SPD]: Ganz einfach: auf die Menschen!)


und auf diejenigen im Osten, die ihr Schicksal selbst in
die Hand nehmen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn all das gelingt, wird aller Voraussicht nach auch
der Bericht zum Stand der deutschen Einheit 2006 wei-
tere gute Tendenzen aufweisen.

Ich sage noch einmal: Wir sind weit davon entfernt, in
unseren Anstrengungen nachlassen und uns ausruhen zu
können. Wir haben viel erreicht, aber wir haben auch
noch viel zu tun. Die Herausforderungen, die sich uns al-
len gemeinsam stellen, warten.

Vielen Dank.

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(C (D Nächster Redner ist der Kollege Joachim Günther, DP-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Minister, zu Beginn möchte ich ganz klar sagen: as, was Sie zum ersten Jahresbericht der Bundesregie ung zum Stand der deutschen Einheit gesagt haben, war in guter Einstand. (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU und der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601914000

(Beifall bei der FDP)

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1601914100

llerdings werden wir genau das tun, was Sie gegen
nde Ihrer Rede erwähnt haben: Wenn Sie Ihren nächs-

en Bericht zum Stand der deutschen Einheit vorlegen,
erden wir abrechnen.

Der Form halber möchte ich daran erinnern, dass es
DU/CSU und FDP, indem sie im letzten Jahr einen ge-
einsamen Entschließungsantrag eingebracht haben,

berhaupt erst ermöglicht haben, dass dieser Jahresbe-
icht zum Stand der deutschen Einheit auch in Zukunft
erfasst wird. Wie wichtig er ist, können wir meiner
einung nach heute sehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Um es vorwegzunehmen: Die positive Grundstim-
ung Ihres Berichts ist gerechtfertigt.


(Iris Gleicke [SPD]: Bravo, Herr Günther!)


s wurden wirklich sichtbare Fortschritte erzielt: bei der
nfrastruktur, dem Bauwesen, dem Städtebau und in an-
eren Bereichen.


(Iris Gleicke [SPD]: Ja! Dafür haben wir ja auch fleißig gearbeitet!)


ie Sie sehen, betreibe ich keine Schwarzmalerei, was
a schon befürchtet wurde. Ich möchte uns alle auffor-
ern, im Rahmen unserer politischen Argumentation öf-
er einmal das Positive und nicht immer zunächst das
egative zu betonen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Iris Gleicke [SPD]: Na, da kann man ja sogar mal klatschen!)


Es gibt nämlich zwei, drei Punkte, die man erwähnen
ollte: Wir haben immer wieder die große Gabe, die Ost-
est-Diskussion an einigen Punkten, an denen es meiner
einung nach nicht notwendig wäre, zu vertiefen. Als

tichworte nenne ich den Solidarpakt II und den Soli-
uschlag. Durch solche Diskussionen werden Gräben
eschaffen, nicht aber zugeschüttet. Vielmehr sollten wir
ehr darüber informieren, welche Mittel nach Ost-

eutschland fließen und wie sie eingesetzt werden. Au-
erdem sollten wir Rechenschaft darüber ablegen, ob sie






(A) )



(B) )


Joachim Günther (Plauen)

richtig eingesetzt werden. Als Stichwort nenne ich die
Bundesergänzungsmittel, die vorrangig für Investitionen
vorgesehen sind. Hier gibt es zwischen den verschiede-
nen Ländern große Unterschiede.

Aufgrund der Presselage in dieser Woche möchte ich
sagen: Es muss sich endlich bis nach Zweibrücken he-
rumsprechen, dass der Solizuschlag auch von den Men-
schen im Osten Deutschlands gezahlt wird


(Iris Gleicke [SPD]: Oh ja! Das ist wahr!)


und dass er nicht etwa zweckgebunden für den Osten
eingesetzt wird, sondern eine Einnahme des Gesamt-
haushaltes des Bundes ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im vorliegenden Bericht wird die Arbeitslosenquote
in Ostdeutschland mit der Arbeitslosenquote in West-
deutschland verglichen: Im Osten liegt sie bei über
18 Prozent, im Westen bei 8 Prozent. Daran zeigt sich
ein echtes Manko des Berichts: Wie es um die deutsche
Einheit steht, ist nicht allein an der Differenzierung zwi-
schen Ost und West zu erkennen; denn mittlerweile gibt
es auch in den alten Bundesländern Gebiete, in denen die
Arbeitslosenquote so hoch wie im Osten Deutschlands
ist.


(Iris Gleicke [SPD]: Nur dass das bei uns ein zusammenhängendes Gebiet ist! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Richtig!)


Auch dieser Gedanke sollte meiner Meinung nach in die
zukünftigen Jahresberichte zum Stand der deutschen
Einheit einfließen.

Wir sollten uns in Zukunft mit der entscheidenden
Frage beschäftigen, warum die Arbeitslosenquote im
Osten flächendeckend so hoch ist. Hierfür sind aus mei-
ner Sicht viele Mängel verantwortlich, die aus der Über-
tragung der gesellschaftlichen und rechtlichen Verhält-
nisse resultieren. Sie ließen sich nicht eins zu eins, wie
wir uns das vorgestellt hatten, übertragen. Wenn sich
trotz finanzieller Unterstützung nichts bewegt, müssen
wir neue Maßnahmen ergreifen und neue Wege gehen.
Wir haben dazu in der Vergangenheit Vorschläge unter-
breitet und sie in unseren jetzigen Antrag aufgenommen.


(Iris Gleicke [SPD]: Ach nein!)


– Man muss sie wiederholen, damit sie sich einprägen:
Modellregionen, Länderöffnungsklauseln, Sonderwirt-
schaftszonen, Mittelstandsförderung. Ich stimme mit
dem Minister in dieser Hinsicht voll überein und bin op-
timistisch, dass das Ganze jetzt schnell umgesetzt wird.

Lassen Sie mich einen Satz aus der letzten Debatte zi-
tieren:

Schon seit längerer Zeit fordern wir Sie auf, mit
dem Bürokratieabbau sowie der Verkürzung von
Planungs- und Genehmigungszeiten – das geht weit
über das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungs-
gesetz hinaus – Ernst zu machen.

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(C (D echt hat Arnold Vaatz. Er hat ja gleich die Gelegenheit, u sagen, wie schnell das jetzt umgesetzt werden soll. ll das ist ja praktisch schon einmal auf den Weg geracht worden. Wir als FDP stehen dazu und werden unere Unterstützung dafür geben. Wir haben auch in der Förderpolitik konkrete Wege ufgezeigt. Es ist richtig: Wir brauchen Wachstumserne, an die sich andere Gebiete anhängen dürfen. ber wir müssen auch diesen anderen Gebieten eine Per pektive bieten. Denn wo die Infrastruktur wenig ausgerägt ist, sind die Abwanderung und die Arbeitslosenahl hoch. Da gleicht die demographische Entwicklung ast einer Katastrophe. Übrigens gilt das für Ost und est fast in gleichem Maße. Nur kann man das im Osten n einigen Stellen schon im Detail sehen, im Westen teht diese Situation noch bevor. Dem gilt es vorzubeuen. Ich möchte ein Beispiel aus dem Gesundheitswesen ennen. Im Jahresbericht der Bundesregierung zum tand der deutschen Einheit 2005 wird das Gesundheitsesen im Osten relativ positiv dargestellt. Die Wirklicheit sieht anders aus: Aufgrund der Altersstruktur der rzte und der Abwanderung aus bevölkerungsarmen andstrichen wird von der Ärztekammer zum Beispiel olgendes festgehalten: Behandlungsbedürftige Patienten müssen eine Entfernung von bis zu 50 km überwinden, um einen Arzt zu erreichen … In absehbarer Zeit werden sich weiße Flecken in der hausärztlichen Versorgung auftun. Ganze Landstriche werden ohne Hausarzt dastehen. Auch solche Punkte müssen wir bei der Diskussion eachten. Denn manche Probleme kann man nicht flähendeckend betrachten; sie betreffen nur einzelne Regioen, einzelne Gebiete. Deshalb ist es besser, in Zukunft ehr auf regionale Unterschiedlichkeiten zu achten. Der Bericht der Regierung ist dieses Jahr so umfangeich wie lange nicht. Sie haben Ihren Koalitionsvertrag ort hervorragend abgebildet. Dagegen gibt es nichts zu agen; viele Punkte sehen wir genauso. Am stärksten rennt uns der Wegfall von EU-Fördermitteln – ein rittel weniger im Zeitraum 2007 bis 2013; das sind illionenbeträge – auf den Nägeln. Herr Minister, ich reue mich, dass Sie zugesichert haben, dass das ausgelichen wird; ch habe es so verstanden und das hat die CDU in ihrem etzten Antrag ja auch so gefordert. Ich kann Ihnen dazu ur viel Erfolg wünschen und hoffe, dass auf den Aufau Ost durch die Streichung von EU-Fördermitteln am nde keine zusätzlichen Einbrüche zukommen. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Arnold Vaatz [CDU/CSU])


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Rainer Fornahl [SPD]: Muss ja auch!)


Wir haben unseren Antrag vorgelegt. Ich bin ge-
pannt, wie wir in der Diskussion an dem einen oder an-






(A) )



(B) )


Joachim Günther (Plauen)

deren Punkt noch zueinander finden können. Wir sollten
im Interesse der Menschen nach vorn schauen und uns
nicht in kleinkarierten Diskussionen verlieren.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601914200

Das Wort hat der Ministerpräsident des Landes Sach-

sen-Anhalt, Professor Dr. Wolfgang Böhmer.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



(SachsenAnhalt)


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich wollte Ihnen in dieser Debatte einmal die
Sicht eines neuen Bundeslandes „zumuten“.


(Iris Gleicke [SPD]: Herr Böhmer, wir leben da auch! Aber wir freuen uns trotzdem, dass Sie da sind!)


– Das bestreite ich doch gar nicht. Ich will Sie auch lo-
ben; warten Sie es ab.


(Iris Gleicke [SPD]: Dieser Alleinvertretungsanspruch!)


Erstens. In allen Bereichen, in denen es nicht um die
wirtschaftliche Entwicklung, den Arbeitsmarkt und die
Verschuldung geht, ist die Wiedervereinigung in
Deutschland, die innere Einheit, so weit hergestellt, dass
wir aus meiner Sicht kaum noch eine gesonderte Debatte
über dieses Thema brauchen.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Oh je!)


Ich bin mir ziemlich sicher, dass es ein purer Zufall
ist, dass die beiden Männer aus Sachsen, die jetzt im Irak
in Geiselhaft genommen worden sind, für Gesamt-
deutschland haften sollen. Es ist aber kein Zufall, dass
wir im Osten und im Westen sowie im Süden und im
Norden unseres Landes in gleicher Weise Anteil an ih-
rem Schicksal nehmen, auf ihre Freilassung hoffen und
darum bitten und kämpfen.


(Beifall im ganzen Hause)


Sobald aber von Geld und Finanzen die Rede ist,
wird der Ton in Deutschland – auch in den Medien – et-
was unfreundlicher. Das erleben wir jedes Jahr. Lassen
Sie mich deswegen bitte auch etwas zu dem Maßstab sa-
gen, mit dem in den Fortschrittsberichten gemessen, be-
wertet und beurteilt wird. Wenn man die Situation nur
haushaltstechnisch, nur fiskalisch und nur mit den unter
den Finanzministern vereinbarten Maßstäben misst,
dann ist alles richtig und dann gibt es nichts abzustreiten.
Wenn es aber darum geht, den Wirtschaftsstandort unter
Wettbewerbsbedingungen und zum größten Teil gegen
einen gesättigten Markt aufzubauen – wo wir doch alle
wussten, dass wir viel mehr als Konsumenten denn als
Produzenten gefragt sind –, dann muss man eben nicht

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(C (D ur in Beton und Fabriken, sondern auch in Ausbildung, ortbildung und vor allen Dingen in Innovationen, in ntwicklungsförderung usw. investieren. All dies zählt haushaltstechnisch aber nicht zu den inestiven Mitteln. Deswegen müssen wir uns das regeläßig mit so freundlichen Formulierungen wie der, dass as Geld zum Stopfen von Haushaltslöchern im Osten erplempert werden würde, um die Ohren hauen lassen. iese Diskussion tun wir uns regelmäßig an, weil wir ber diese Probleme mit der falschen Messlatte und viel u einseitig diskutieren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben auch noch einige andere Probleme. Ich
öre mit großer Dankbarkeit, dass in den Diskussionen
mmer wieder ausgesagt wird, dass der Solidarpakt und
er Korb II wie vereinbart weiter gelten und unverän-
ert umgesetzt werden. Das ist unbestritten. Ich bitte
ber, wenigstens darauf aufmerksam zu machen, dass
ie Probleme im Detail stecken. Bei der Definition der
egriffe, durch die gezeigt wird, was denn nun alles zum
orb II gehört, sind Interpretationen möglich. Es waren

levere Finanzbeamte, die das wussten.


(Iris Gleicke [SPD]: Die Länder wollten das ja nicht! Das ist jetzt das eigentliche Problem!)


ie wussten, dass sich dort die eigentlichen Stellschrau-
en befinden, an denen man in beide denkbaren Richtun-
en drehen kann. Deswegen bitten wir darum – nicht erst
eit gestern –, dass wir uns darüber einigen, mit welchen
efinitionen festgelegt wird, was in diesen Korb einge-

echnet werden kann und was nicht.

Wir waren schon einmal so weit. Herr Tiefensee, mit
hrem Amtsvorgänger, Herrn Stolpe, hatten wir uns in
er Ministerpräsidentenkonferenz schon einmal darauf
eeinigt, dass wir mit der Bundesregierung darüber in
espräche kommen. Das ist vom damaligen Bundes-

inanzminister zurückgenommen worden – so will ich
inmal sagen –; denn diese Diskussion hätte im Grunde
enommen dazu geführt, dass der Bund auf diese Stell-
chrauben verzichtet hätte.

Für die eigene Planungssicherheit möchten wir, dass
ir dieses Thema einmal ausdiskutieren können; denn
ir werden – auch das steht uns bevor – in der Föderalis-
uskommission noch einige schwierige Grundsätze ent-

cheiden müssen. Ich weiß, dass es viele Länder in
eutschland gibt, die für einen Wettbewerbsföderalis-
us schwärmen. Wir müssen ihnen sagen: Wir haben ja

ichts dagegen, aber Wettbewerb setzt voraus, dass we-
igstens am Start die gleichen Chancen bestehen.


(Beifall der Abg. Andrea Wicklein [SPD])


ie sehen wir über längere Zeit noch nicht. Deswegen
st unser Ziel bestenfalls ein kooperativer Gestaltungsfö-
eralismus, über dessen Ausgestaltung wir uns wahr-
cheinlich noch öfter und sicherlich auch kontrovers un-
erhalten müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Ministerpräsident Dr. Wolfgang Böhmer (Sachsen-Anhalt)

Dass die jetzige Bundesregierung ausdrücklich eine
Deregulierungsmaßnahme vorgesehen hat, registrieren
wir mit großer Dankbarkeit. Wir haben das in Sachsen-
Anhalt hinter uns und sind dort ganz schnell an unsere
Grenzen gestoßen. Ich sage Ihnen voraus: Alle Ver-
bände, vor allem die Wirtschaftsverbände, die das fast
jeden Tag von Ihnen fordern, werden in Beweisnot kom-
men, wenn Sie von ihnen verlangen, dass sie ganz kon-
krete Beispiele dafür nennen, wo es langgehen soll.


(Iris Gleicke [SPD]: Da haben Sie ja Erfahrungen!)


Trotzdem haben wir ein echtes Deregulierungspro-
blem. Ich kann mich erinnern, dass mir schon in den frü-
hen 90er-Jahren viele Verwaltungsbeamte gesagt haben,
dass sie die Wirtschaft in den alten Bundesländern in den
50er-, 60er- und frühen 70er-Jahren mit diesem Rege-
lungsdickicht auch nicht hätten aufbauen können.
Deswegen erhoffen wir uns von der Föderalismuskom-
mission, insbesondere bei der Umsetzung von Verwal-
tungsvorschriften und Bundesgesetzen etwas mehr Län-
derkompetenz zu erreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jeder von Ihnen weiß, dass dieses Problem noch nicht
ausdiskutiert ist, wir hier aber trotzdem zu einer Lösung
kommen müssen.

Verehrte Kollegen von der FDP, Ihre Forderung nach
Modellregionen setzt voraus, dass wir dafür die verfas-
sungsmäßige Grundlage schaffen. Ansonsten reden wir
hier über Phantome. Die Probleme in diesem Bereich
müssen jetzt – ich hoffe, dass uns dies gelingt – durch
Länderöffnungsklauseln gelöst werden, sodass wir ins-
besondere für die neuen Bundesländer mehr Beweglich-
keit erreichen.

Ich sage auch, wo die Grenzen sein werden. Die
ewige Forderung, mit der Gießkannenförderpolitik auf-
zuhören, halte ich bloß noch für Polemik in den Medien.
In keinem mir bekannten Bundesland wird dieses Prin-
zip verfolgt; denn das können wir uns gar nicht mehr
leisten. Alle Bundesländer – von Mecklenburg-Vorpom-
mern bis Thüringen – haben in der Zwischenzeit ihre ei-
genen Schwerpunkte herauskristallisiert. Diese sind
durchaus unterschiedlich. Selbstverständlich konzentrie-
ren wir uns bei der Förderung auf Schwerpunkte. Aber
– darin müssen wir uns einig sein – welches Land an
welcher Stelle welchen Schwerpunkt setzt, sollten die
Länder – das ist meine Bitte – selbst entscheiden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ich sage das deswegen, weil ich die Diskussion
kenne, die Förderkapazitäten des Bundes zusammenzu-
fassen und gleichsam in Berlin zu entscheiden, was in
den neuen Bundesländern wo gefördert wird. So stellen
wir uns das nicht vor.


(Iris Gleicke [SPD]: Wir auch nicht! – Joachim Günther [Plauen] [FDP]: Genau! – HansMichael Goldmann [FDP]: Wer will das denn?)



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(C (D Da will ich ganz vorsichtig sein. Ich habe schon früher esagt – Ihr früherer Chef weiß das –: Eine Wiederhoung der Staatlichen Plankommission schwebt uns nicht or. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Iris Gleicke [SPD]: Das wollten wir auch nie!)


eben diesen Problemen werden wir auch noch die Zu-
unftsgestaltung untereinander ausdiskutieren müssen.

Sie haben zu Recht auch die Arbeitsmarktproble-
atik angesprochen. Ich erlebe das, was uns allen schon

ängst klar ist und was wir nur noch umsetzen müssen:
ie modernen Investitionen sind nicht nur immer kapi-

alintensiver, sondern in der Wirtschaft wird immer we-
iger Arbeit ausgekoppelt. Das heißt, die aktuellen Pro-
leme werden sehr wahrscheinlich nicht nur in
esamtdeutschland, sondern auch in allen mitteleuropäi-

chen Industrienationen akut werden.

Für mich ist erkennbar sicher, dass es zwischen dem
eschützten sozialtransferfinanzierten, nicht nachfrage-
rientierten Arbeitsmarkt auf der einen Seite – den es
chon immer gegeben hat – und dem freien, marktorien-
ierten, am Wettbewerb teilnehmenden Arbeitsmarkt auf
er anderen Seite irgendeine Übergangslösung, teils in
orm von Sozialtransfers, teils tariffinanziert, geben
uss, die wirtschaftsfern zu organisieren ist, die aber
angzeitarbeitslosen trotzdem eine Zukunftsperspektive
ietet.

Darüber diskutieren wir. Ich habe die herzliche Bitte,
ass wir diese Diskussion erst dann abschließen, wenn
ir wenigstens in einigen Ländern – die neuen Bundes-

änder sind dazu geradezu prädestiniert – Modellversu-
he unterschiedlichster Art zulassen, die wir dann ge-
einsam auswerten, bevor endgültig über Modelle, wie

twa über den Kombilohn, entschieden wird. Aber da-
über werden wir noch lange debattieren müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich bin dankbar, dass inzwischen die Verlängerung
er Dauer der Investitionszulage offensichtlich unstrit-
ig ist. In den Koalitionspapieren haben wir, um dafür
nter uns eine Mehrheit herzustellen, allerdings nicht
ur von Verlängern und Weiterentwickeln gesprochen.
ch könnte Ihnen auch sagen, welche Hintergründe das
at. Schon die Verlängerung der Dauer der Zulage ist
ichtig. Wenn wir uns im Zusammenhang mit den ande-

en Maßnahmen, die ich jetzt, wenn es um die Mittel für
ie GA geht, bewusst nicht anspreche, über eine kom-
lexe Lösung hinsichtlich der Verlängerung der Dauer
er Investitionszulage und eine entsprechende Vertei-
ung der GA-Finanzierung einig werden, dann halte ich
uch diese Probleme trotz der kontroversen Debatte für
ösbar.

Ich möchte noch eine weitere Bitte formulieren. Vie-
es wird für die neuen Bundesländer davon abhängen,
ie wir die Konditionen für die Kofinanzierung struk-

urieren. Es hat keinen Zweck, uns Geld zur Verfügung
u stellen, das wir gerne einsetzen möchten, dies aber
hne eine exorbitante Verschuldung nicht tun können.






(A) )



(B) )


Ministerpräsident Dr. Wolfgang Böhmer (Sachsen-Anhalt)

Dadurch sind wir zum Teil in eine schwierige Situation
gekommen, für deren Lösung wir keines neuen Geldes
bedürfen. Vielmehr ist bei der Regelung zur Kofinanzie-
rung ein größeres Verständnis füreinander notwendig.

Wir diskutieren zurzeit über die Verteilung der EU-
Mittel. Mir ist bekannt, dass der Bund ein eigenes, aus
EFRE-Mitteln finanziertes Verkehrsprogramm auflegen
möchte. Das halte ich für ausgesprochen gut und sinn-
voll und meine, dass es darüber sehr schnell zu einem
Konsens kommen wird.

Was aber das vom Bund geplante ESF-Programm mit
einem Volumen von etwa 1,3 Milliarden Euro angeht,
haben wir – das sage ich deutlich – relativ große Beden-
ken, weil die in diesem Programm vorgesehenen Maß-
nahmen unserer Meinung nach auf Landesebene geplant
und umgesetzt werden sollten. Führt der Bund ein sol-
ches Programm durch, können wir die Mittel nur im
Rahmen einer Kofinanzierung abrufen. Dadurch erhöht
sich der Aufwand für uns. Wenn wir hinsichtlich der Er-
leichterung der Kofinanzierung und der Verteilung der
EU-Mittel auf die einzelnen Programme und die unter-
schiedlichen Ebenen einen Konsens finden, halte ich
aber die Probleme im gegenseitigen Interesse für lösbar.

Ich möchte ein letztes Problem ansprechen: die demo-
graphische Entwicklung. Bei diesem Thema wird deut-
lich, dass der Aufbau Ost eine gesamtdeutsche Aufgabe
ist.


(Iris Gleicke [SPD]: Und bleibt!)


Die DDR ist zusammengebrochen, weil die Menschen
davongelaufen sind. Wir müssen den Aufbau Ost so
strukturieren, dass die Abwanderung der Bevölkerung
in möglichst kurzer Zeit zumindest so weit aufgehalten
wird, dass die Bevölkerungsbilanz ausgeglichen werden
kann. Noch können wir viele negative Folgen einer star-
ken Abwanderung vermeiden.

Aus diesem Grunde ist es mir sehr wichtig, festzuhal-
ten, dass es nicht nur im Interesse des Bundes, sondern
auch aller deutschen Bundesländer liegt, dass wir die re-
gionalen Probleme in den neuen Bundesländern in einem
überschaubaren Zeitraum in den Griff bekommen. Dafür
wollte ich auch an dieser Stelle werben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
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Das Wort hat der Kollege Professor Dr. Lothar Bisky,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601914400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Bertolt Brechts „Kinderhymne“ beginnt mit den
Zeilen:

Anmut sparet nicht noch Mühe,
Leidenschaft nicht noch Verstand,
Dass ein gutes Deutschland blühe,
Wie ein andres gutes Land.

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(C (D as scheint mir immer noch aktuell zu sein, und zwar icht nur für einen Teil des Landes. Der Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit ehandelt aber leider nur den Aufbau Ost. Überdies liest ich der Bericht wie eine unendliche Geschichte vom Nachbau West“. Wie sonst ist es zu erklären, dass die stdeutschen Verbände in dem Bericht gar nicht erwähnt erden? Der Arbeitslosenverband, die Volkssolidarität nd das Kuratorium ostdeutscher Verbände kommen mit hren Erfahrungen und Vorschlägen aus 15 Jahren deutcher Einheit nicht vor. Ich habe in Ihrer bemerkenswert sachlichen Rede, err Minister, en Hinweis auf Verbände und Vereine zur Kenntnis geommen und bin guter Hoffnung, dass diese Verbände m nächsten Jahr berücksichtigt werden. Man muss zwar icht auf alles eingehen, aber erwähnen sollte man sie chon. Vieles im Zusammenhang mit Ostdeutschland nach er Wende ist positiv hervorzuheben, zum Beispiel die ndividuellen politischen Freiheiten, die Entwicklung er technischen und medialen Infrastruktur und die eltoffenheit. Bei allem Vorwärtsschauen dürfen aber ie vorhandenen Probleme nicht verschwiegen werden. Der Aufholprozess Ost ist – Ihre eigenen Zahlen beegen das nachdrücklich – in ein heftiges Stocken geraen. Die Schere zwischen Ost und West wird nicht weiter eschlossen. Im Gegenteil: Sie öffnet sich wieder. Das at zu dem Problem der massenhaften Abwanderung der ungen, leistungsstarken Menschen aus dem Osten geührt. Aus dem Bericht geht nicht hervor, wie Sie dieses roblem lösen wollen. Er geht zwar auf die alte Bundesegierung zurück, aber auch von der neuen Regierung ind noch keine substanziellen Vorschläge dazu erfolgt. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Peter Danckert [SPD]: Machen Sie doch mal einen Vorschlag, Herr Bisky!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Zuruf von der SPD: Er ist immer sachlich!)


Im Gegenteil: Gestern hat der Kollege Ramsauer von
er CSU vorgeschlagen, die Mittel für regionale Wirt-
chaftshilfen auch im Osten zu kürzen. Das ist Ihre Poli-
ik. Wir halten sie für falsch.


(Beifall bei der LINKEN)


Sicher, der Entschließungsantrag der Koalitionsfrak-
ionen enthält manch richtigen Vorschlag,


(Iris Gleicke [SPD]: Aha!)


ie zum Beispiel den, einen Schwerpunkt auf Bildung
nd Ausbildung zu legen. Aber warum so zaghaft? Eine
einvernehmliche Lösung bei der Bereitstellung von zu-
ätzlichen Ausbildungsplätzen“, wie Sie es als Bitte an
ie Bundesregierung formulieren, wird ein weiteres Mal
iele junge Menschen im Regen stehen lassen. Haben
ie doch den Mut, endlich eine Ausbildungsplatzumlage
inzuführen!


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky
Die Zauberformel zum Stopp der Abwanderung jun-
ger Leute aus dem Osten Deutschlands haben auch wir
von der Linken nicht.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Aha!)


Aber wir wissen: Junge Menschen brauchen eine Per-
spektive und wer eine Familie gründen will, der braucht
die Gewissheit, sie ernähren zu können. Genau deshalb
brauchen wir eine aktive Arbeitsmarkt- und Beschäfti-
gungspolitik, die diesen Namen auch verdient. Die Ar-
beitslosigkeit ist das zentrale Problem in Deutschland, in
Hessen und in Rheinland-Pfalz genauso wie in Sachsen-
Anhalt und in Mecklenburg-Vorpommern. Aber im Os-
ten Deutschlands gibt es mit fast 20 Prozent mehr als
doppelt so viele Arbeitslose wie im Westen. Die Jobs,
die es gibt, sind so schlecht bezahlt, dass es zum Leben
zu wenig und zum Sterben zu viel ist.


(Beifall bei der LINKEN – Iris Gleicke [SPD]: Diese pauschale Aussage stimmt so auch nicht!)


Deshalb werden wir morgen einen Antrag auf Einfüh-
rung eines gesetzlichen Mindestlohns einbringen.

Die politische Verantwortung für gleichwertige Le-
bensverhältnisse gehört in den Mittelpunkt der bundes-
politischen Aufgaben. Die Probleme der Vereinigung
Deutschlands müssen als soziale Fragen des ganzen Lan-
des behandelt und gelöst werden, in Frankfurt am Main
wie in Frankfurt an der Oder. Deshalb habe ich absolut
kein Verständnis dafür, dass die Bundesregierung in ih-
rem Bericht an der Agenda 2010 festhält. Arbeitsver-
mittlung wird dort nicht besser, wo keine Arbeitsplätze
sind.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Agenda 2010 hat sich in Ostdeutschland als das er-
wiesen, was sie in strukturschwachen Regionen nur sein
kann: ein Entvölkerungsprogramm, eine Enteignung
derjenigen, die in Umschulungen und Arbeitsfördermaß-
nahmen eine rasante Deindustrialisierung erlebt haben.
Etlichen droht nun mit Hartz IV und der Rente ab 67 tat-
sächlich Altersarmut.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber hier doch nicht!)


Darüber können wir nicht einfach hinweggehen, wie es
der Jahresbericht glauben machen will, und so tun, als
wäre alles gut. Nein, das ist nicht gut. Das muss verän-
dert werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Zumindest haben Sie sich endlich dazu durchringen
können, den Langzeitarbeitslosen im Osten Deutsch-
lands 14 Euro mehr beim Arbeitslosengeld II zu zahlen.
Wie aber sind Sie nur auf die absurde Idee gekommen,
im Gegenzug das Arbeitslosengeld II für die jungen
Leute zu kürzen und sie obendrein zu entmündigen und
somit junge Erwachsene zweiter und dritter Klasse zu
schaffen? Dazu sagen wir eindeutig Nein.


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(C (D (Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: So viel Sozialismus gab es noch nicht einmal in der DDR!)


Ich beglückwünsche Sie dann zum 40. Jahrestag dieses
rguments. Dieser wird bald kommen, Herr Vaatz.


(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Er hat doch nichts gesagt!)


Es geht in Ostdeutschland um die Stabilisierung der
irtschaftlichen und der sozialen Lage. Dazu hat die
inke Vorschläge gemacht, die in unserem Entschlie-
ungsantrag nachzulesen sind. Sie treffen sich in vielen
unkten mit dem, was die Dohnanyi-Kommission unter-
reitet hat. Zu unseren Vorschlägen gehört selbstver-
tändlich auch, die Kompetenzen und Leistungen der
stdeutschen endlich und umfassend zu achten und
iese Potenziale aktiv zu nutzen.


(Beifall bei der LINKEN)


In den Debatten über die deutsche Einheit spielen die
ewaltigen Transferleistungen immer wieder eine he-
ausragende Rolle. Sie haben in der Tat eine entschei-
ende Bedeutung. Ich will das ausdrücklich würdigen.
ch wiederhole: Ich will das ausdrücklich würdigen.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Herzlichen Glückwunsch!)


Doch muss immer wieder daran erinnert werden
Herr Kollege Günther von der FDP hat es dankenswer-

erweise gemacht –, dass auch im Osten Solidaritätszu-
chläge gezahlt werden. Man muss auch daran erinnern,
ass die Verschwendung von Transferleistungen für
innlose Großprojekte nur selten allein in ostdeutschen
lanungsbüros ausgetüftelt worden ist.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


eine Partei hat sich im Übrigen immer dafür einge-
etzt, die Transfergelder statt für fragwürdige Großpro-
ekte auch für den Mittelstand und für kleine Unterneh-
en einzusetzen, weil dann Arbeitsplätze entstehen.

Nie zuvor habe ich von Vertretern aller Parteien Bei-
piele aus der DDR so oft positiv erwähnt gefunden wie
m vergangenen Jahr. Sie, Herr Ministerpräsident
öhmer, haben an die Kredite für junge Familien erin-
ert. Zwölf Jahre bis zum Abitur sind in einigen Bundes-
ändern schon Realität und die Poliklinik erlebt zu Recht
ine Renaissance,


(Beifall bei der LINKEN)


enn sie in Ihrem Bericht auch als medizinisches Ver-
orgungszentrum erscheint. Der Name ist nicht wichtig.

Wir sind uns mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der FDP, einig, dass die deutsche Einheit eine
ufgabe Gesamtdeutschlands ist. Ihre Forderung, die
undesregierung möge ein Gesamtkonzept für den Auf-
au Ost entwickeln, unterstützen wir. Darum haben wir
n unserem Entschließungsantrag unseren Vorschlag er-
euert, einen speziellen Ausschuss für die Angelegen-
eiten der neuen Länder und anderer strukturschwacher
egionen einzusetzen. Da können wir dann über alles re-
en. Das, was wir allerdings entschieden ablehnen, ist






(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky
Ihre Idee von den größeren Modellregionen für
Deregulierung.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Tarif- und Arbeitsrecht zu schleifen, wird keinen
einzigen Arbeitsplatz bringen. Das haben wir in
15 Jahren niedrigerer Löhne im Osten wohl hinreichend
gründlich erfahren dürfen.


(Beifall bei der LINKEN)


Mich freut es, wenn Sie, wie im Bericht zu lesen ist,
mehr Ganztagsangebote in Kitas und Schulen als Plus
für die Bildung erkannt haben. Besser eine späte Ein-
sicht als gar keine. Überhaupt sollten wir die Bildungs-
politik genauso ernst wie die Wirtschaftspolitik nehmen.
Lassen Sie mich deshalb abschließend einen Redakteur
der „Süddeutschen Zeitung“ zitieren. Er schrieb im
Jahr 2005: Alle halten Bildung für wichtig, und alle ha-
ben sich daran gewöhnt, weniger dafür zu zahlen, als
notwendig und vernünftig wäre. – Ende des Zitats und
Ende meiner Redezeit.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601914500

Herr Kollege Bisky, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer

ersten Rede in diesem Hohen Hause. Ich gratuliere Ihnen
im Namen aller Kolleginnen und Kollegen und wünsche
Ihnen persönlich und politisch alles Gute.


(Beifall)


Das Wort hat der Kollege Peter Hettlich, Bündnis 90/
Die Grünen.


Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601914600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zu
meinen Ausführungen komme, möchte ich einige Vorbe-
merkungen machen. Ich bin 1990 von Köln nach Sach-
sen gezogen und habe die letzten 16 Jahre erlebt, wie der
Aufbau stattgefunden hat. Ich glaube, dass es wichtig ist,
die Würdigung der Leistungen der Ostdeutschen den Re-
den immer wieder voranzustellen.

Herr Minister, Sie haben eben von der Motivation
gesprochen, die wir in Ostdeutschland stärken müssten.
Ich habe in den letzten 16 Jahren erlebt, dass die Ost-
deutschen besonders hoch motiviert waren. Schauen Sie
sich an, was die Ostdeutschen alles auf sich nehmen, um
eine Arbeit aufzunehmen, wie weit sie pendeln. Wir
müssen den Ostdeutschen nicht sagen, sie müssten stär-
ker motiviert sein. Ich weiß, was Sie gemeint haben,
wollte aber betonen, dass sich die Westdeutschen, was
die Motivation angeht, eine Scheibe abschneiden könn-
ten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Weiterhin wurde in den Reden Optimismus und Pessi-
mismus angesprochen. Dazwischen liegt für mich der
Realismus. Der verpflichtet uns aus meiner Sicht zu ei-

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(C (D em ehrlichen Umgang mit der Situation und den Menchen. Die Menschen in Ostdeutschland erwarten von ns keine großen Hymnen, keine großen Programme nd keine Masterpläne, sondern sie erwarten eine offene nd ehrliche Analyse und ehrliche Botschaften. Und sie rwarten von uns vor allen Dingen, dass wir einen lanen Atem haben, dass wir uns ehrlich bemühen und angfristig am Ball bleiben. Den Politikern wird immer wieder vorgeworfen, dass ie nur in Schritten von vier Jahren denken. Ein solches enken ist für den Aufbau Ost genau das Falsche. Wir rauchen einen langen Atem. Wir sind in diesem Bereich arathonläufer und keine 100-Meter-Läufer. Ich muss auch an dieser Stelle sagen – das ist eine hrliche Botschaft –: Die Lage in Ostdeutschland ist chwierig. Auch wenn ich kein Pessimist, sondern ein offnungsloser Optimist bin: Aus meiner Sicht ist die Siuation dort schwieriger, als es von manchen heute geagt wurde. Die weitere Entwicklung in Ostdeutschland ich wünsche mir, dass sie positiv verläuft – ist von Geahren bedroht und diese Gefahren müssen wir benenen. Wir können den Menschen in Ostdeutschland nicht mmer nur „Das gibt es nicht“ sagen, sondern wir müsen auch konstruktive Vorschläge machen. Der Anpassungsprozess zwischen Ost und West wird us meiner Sicht länger als 15 Jahre dauern. Ich weiß, ass häufig der Überbringer einer Botschaft geprügelt ird. Ich muss an dieser Stelle sagen: Meine Behaup ung wird von einer ganzen Menge von Fachleuten getützt. Auch sie sagen, dieser Anpassungsprozess wird icht in 15 Jahren zu schaffen sein; wir werden einen ängeren Zeitraum brauchen. Auch an diesem Punkt sage ch: Hier braucht es Marathonläuferqualitäten und keine urzatmigkeit. Wir werden diesen Prozess aus meiner icht über einen sehr viel längeren Zeitraum begleiten üssen. Ich möchte über drei Handlungsfelder sprechen. Manche Kollegen haben den demographischen andel angesprochen. Eines sollte uns bewusst sein: ieser Prozess ist nicht mehr umkehrbar. Diese Enticklung hat schon vor vielen Jahren begonnen. Profes or Sedlacek von der Universität Jena hat gesagt: Die eburtenraten in Deutschland sinken bereits seit dem ahre 1890. 1937 war das letzte Jahr, in dem die Zahl der eburten in Deutschland die der Todesfälle ausgegli hen hat. Der demographische Wandel findet also seit ast 70 Jahren in verschärftem Maße statt. Die Geburtenate in der DDR lag zwischenzeitlich deutlich über dem estdeutschen Niveau. Heute ist die Geburtenrate in stdeutschland niedriger als die in Westdeutschland. Das Problem ist: Dieser Prozess ist nicht mehr umehrbar. Da vor 20 Jahren zu wenige Kinder geboren urden, fehlt es heute an Frauen, die Kinder zur Welt ringen. Wir müssen ganz deutlich sagen: Diese Enticklung werden wir nicht ändern. Wir müssen diesen rozess begleiten und gestalten; aber wir werden ihn icht umkehren. Wir werden ihn vielleicht verlangsamen önnen. Peter Hettlich Hinzu kommt – darauf hat auch Kollege Bisky eben hingewiesen – die Abwanderung. Wenn wir ein bisschen genauer hinschauen, erkennen wir, dass Abwanderung aus Ostdeutschland nicht immer unbedingt etwas damit zu tun hat, dass die jungen Leute dort weggehen, weil sie keine berufliche Perspektive haben. Sie gehen zum Teil weg, weil die Angebote in Westdeutschland besser sind. Ich habe mit dem Arbeitsamtsleiter von Bautzen gesprochen. Er hat mir gesagt: 40 bis 50 Prozent der jungen Leute, die weggehen, haben einen Job; aber sie gehen weg, weil die westdeutschen Unternehmen attraktivere Bedingungen bieten. Wir wollen keine Mauer hochziehen und keinen Zaun bauen, um diesen Menschen den Weggang zu verwehren. Dennoch handelt es sich um ein Problem. An dieser Stelle zeigt sich natürlich die Krux: Mit niedrigen Löhnen in Ostdeutschland kommen wir nicht weiter. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Iris Gleicke [SPD]: Das ist allerdings wahr!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Das muss doch einmal deutlich gesagt werden.

Junge Leute verlassen Ostdeutschland auch wegen
der problematischen Ausbildungsperspektive. Kollege
Bisky, wir wissen auch: Der Geburtenknick von 1991
wirkt sich nächstes und übernächstes Jahr auf den Aus-
bildungsmarkt aus. Dann werden die Handwerksmeister
– der Kollege Rehberg hat es eben gesagt – auf den
Knien darum bitten, junge Leute für die Ausbildung zu
bekommen. Man wird sich in einen Wettkampf um diese
jungen Leute begeben. Ich frage mich, ob die ostdeut-
schen Unternehmen den Wettkampf mit den westdeut-
schen Unternehmen, die genauso junge Leute suchen
werden, auf die Dauer gewinnen können. Auch dieses
Problem sollten wir uns noch einmal bewusst machen.

Ich will an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir ei-
nen Wettbewerb um die Köpfe führen müssen. Voraus-
setzung für einen solchen Wettbewerb ist eine gute Aus-
bildung. Eine gute Ausbildung war übrigens immer ein
besonderes Qualitätsmerkmal Ostdeutschlands. Das In-
dustrial Investment Council – eine Organisation, die sich
darum bemüht, ausländische Investoren nach Deutsch-
land zu holen – hat das immer als einen der wesentlichen
positiven Standortfaktoren Ostdeutschlands hervorgeho-
ben.

Wenn ich mir die Zahlen über die jungen Leute, die
keinen Hauptschulabschluss haben, anschaue, dann er-
kenne ich: Hier droht weiteres Ungemach. Die Finnen
wenden so viel Geld für ihre Schüler auf, weil sie der
Auffassung sind, dass sie es sich nicht erlauben können,
auch nur einen einzigen Schüler zu vernachlässigen. Ich
wünsche mir, dass wir diese Philosophie in Deutschland
insgesamt und speziell in Ostdeutschland praktizieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Lothar Bisky [DIE LINKE])


Das ist ein ganz zentrales Anliegen. Nur mit guten, fun-
dierten Fach- und Hochschulausbildungen haben wir
eine Chance, den Standort Ostdeutschland weiter nach
vorn zu bringen.

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(C (D Zur Abwanderung junger Leute aus Ostdeutschland ill ich noch etwas anderes sagen: Es fehlt die Sensibili ät für weiche Standortfaktoren. Ich bin Vorsitzender ines Jugendund Kulturzentrums in Oschatz. Ein Anebot wie dieses Zentrum fehlt in der Region. Es ist vieleicht das einzige Angebot dieser Art in einem Umkreis on 30 oder 40 Kilometern. Das ist selbst aus der Sicht es CDU-Bürgermeisters einer der positiven Standortaktoren für diese Stadt. Deswegen müssen wir den Fous stärker auf diese weichen Standortfaktoren richten; (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Lothar Bisky [DIE LINKE])


enn das sind letztlich harte Faktoren dafür, dass junge
eute in Ostdeutschland bleiben. Es geht also nicht im-
er nur um Jobs, sondern es geht auch um solche Dinge.

Wir können den demographischen Wandel, wie ge-
agt, nicht mehr umkehren; wir müssen ihn begleiten.

ir müssen uns – das haben schon einige Redner hier
esagt – intensiv um den Strukturwandel im ländli-
hen Raum kümmern. Dabei haben wir eine ganze
enge zu bewältigen. Die Frage ist: Wie gehen wir mit

er Infrastruktur im ländlichen Raum, sowohl der tech-
ischen als auch der sozialen, um? Das sind Herausfor-
erungen und die müssen wir in den nächsten zwei, drei,
ier Jahren angehen, weil es da im Prinzip jetzt noch
öglichkeiten gibt. Wir müssen das also jetzt gestalten.
ir müssen das jetzt angehen. Wir werden unseren Teil

azu beitragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein Exkurs zur wirtschaftlichen Entwicklung und
ur Arbeitslosigkeit. Wir wissen, dass das Wachstum
eit dem Ende der großen Förderprogramme im Bauwe-
en, der Sonderabschreibungsprogramme, stagniert. Wir
issen auch, dass die Bauwirtschaft beim Wirtschafts-
achstum in Ostdeutschland auch heute noch im Prinzip

inen sehr negativen Effekt entfaltet. Es gibt eine posi-
ive Entwicklung im produzierenden Gewerbe. Aber wir
üssen zugeben, dass der Anteil des industriellen Sek-

ors an der Bruttowertschöpfung in Ostdeutschland nur
5 Prozent, in Westdeutschland dagegen 24 Prozent be-
rägt. Diese Lücke von 9 Prozentpunkten müssen wir
berwinden. Das ist ein Riesenprojekt. Dazu müssen wir
n den nächsten Jahren eine Riesenanstrengung unter-
ehmen. Ob wir das Ziel überhaupt erreichen können,
eiß ich nicht, aber ich sage Ihnen an der Stelle: Das ist
eute noch zu wenig.

Die Krux im produzierenden Gewerbe ist – Herr
öhmer hat es eben noch einmal gesagt –, dass die Be-

riebe sehr gute Wachstumsraten haben, aber keine oder
u wenige Arbeitsplätze schaffen. An der Stelle sind wir
ei der Förderpolitik möglicherweise in einer Sackgasse.
ch bin zwar der Meinung, dass wir hier weiter fördern
üssen und dass wir das als ein Standbein brauchen,

ber wir müssen uns schon überlegen: Woher kommen
igentlich die Arbeitsplätze von morgen? Ich sehe die
ufgabe ganz klar darin, die wissensbasierten Berufe,

ndustrien und Produktionsfelder der Zukunft aufzutun.
n diese Aufgabe müssen wir herangehen. Das ist aus
einer Sicht eine zentrale Aufgabe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Peter Hettlich
Ich habe eben schon gesagt, dass sich die niedrigen
Löhne in Ostdeutschland aus meiner Sicht mittlerweile
als ein zentrales Problem darstellen. Wir sehen, dass die
Löhne nicht dabei helfen, junge Leute im Osten zu be-
halten. Ein zweiter Aspekt ist: Wir schaffen uns damit
eigentlich die Probleme von morgen. Es ist schon heute
so, dass Leute mit 800 Euro brutto nach Hause gehen.
Das ist für manchen Westdeutschen wohl unvorstellbar.
Sie können sich überlegen, was die Leute netto verdie-
nen. Sie können sich überlegen, was die netto bekom-
men, wenn sie dann arbeitslos werden. Denken Sie auch
einmal darüber nach, was die netto dann bekommen,
wenn sie in Rente sind. Wir schaffen uns mit dieser Ideo-
logie vom Niedriglohnsektor heute also die Altersarmut
von morgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wir kommen nicht daran vorbei – das wollte ich an die-
ser Stelle ganz deutlich sagen –, hier ohne Ideologie
auch über das Thema „Mindestlöhne in Ostdeutschland“
zu sprechen. Was die Obergrenzen angeht, bin ich sehr
offen.

Eben wurden noch einmal die Förderprogramme an-
gesprochen. Ich verstehe nicht, warum die Koalition an
der Investitionszulage in der jetzigen Form festhält. Wir
wissen alle wirtschaftswissenschaftlichen Institute auf
unserer Seite. Die haben uns immer wieder bestätigt,
dass die I-Zulage problematisch ist, weil sie zu großen
Mitnahmeeffekten führt. Wir haben immer wieder vor-
geschlagen: Lasst uns doch mit der Gemeinschaftsauf-
gabe Ost ein neues Instrument schaffen, bei dem wir
stärkere Gestaltungsmöglichkeiten und vielleicht auch
mehr Kontrolle haben! Ich verstehe nicht, warum Sie auf
die Argumente noch nicht eingegangen sind. Wir werden
das im Laufe des ersten Halbjahres verfolgen, wenn Sie
darüber verhandeln. Wir werden die Diskussion mit Ih-
nen führen.

Last, but not least: Herr Böhmer, ich weiß um die Pro-
bleme Ihres Landes. Ich weiß auch, dass die Herausfor-
derungen, die Sie zu bewältigen haben, gewaltig sind.
Aber ich sage noch einmal: Die Fehlverwendung der
Solidarpaktmittel ist ein Problem. Die Frage ist, wie
wir mit dem Thema umgehen. Ich habe kein Problem da-
mit, wenn aus den Solidarpaktmitteln beispielsweise Ko-
finanzierungen bestritten werden. Das war beim Solidar-
pakt I möglich, ist aber beim Solidarpakt II nach dem
Gesetzeswortlaut eigentlich nicht möglich. Ich bin an
der Stelle sehr entspannt. Man müsste sich aber vorher
einmal darüber unterhalten, was man macht. Dieses Ge-
spräch zwischen Bund und Ländern muss unbedingt ge-
führt werden. Für die gesamtdeutsche Solidarität ist es
ganz wichtig, dass wir an dieser Stelle zu einer vernünf-
tigen Lösung kommen. Eines will ich uns und Ihnen, uns
allen hier im Hause, ersparen: diese unsäglichen Debat-
ten, die wir immer im Januar oder Februar führen, wenn
die Fortschrittsberichte auf den Tisch kommen oder an
die Presse durchgestochen werden. Das hilft uns defini-
tiv nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Es gäbe noch vieles andere zu sagen. Der Aufbau Ost st ein Riesenfeld. Wir werden den Prozess weiter kriisch und konstruktiv begleiten. Das garantiere ich Ihen. Wir werden auch nicht zögern, den Finger in offene unden zu legen. Ich sage Ihnen aber noch einmal: Auf die nächsten ier Jahre kommt es an. Die große Koalition hat eine beeutende Aufgabe vor sich und trägt große Verantworung. Wir werden das jedenfalls von unserer Seite aus ngagiert begleiten. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601914700

Das Wort hat die Kollegin Andrea Wicklein, SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Andrea Wicklein (SPD):
Rede ID: ID1601914800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Der heute hier diskutierte Bericht zur deut-
chen Einheit bildet aus meiner Sicht eine sehr gute
rundlage, um 15 Jahre nach der deutschen Vereinigung

ine Zwischenbilanz zu ziehen. Der Blick in den Bericht
eigt: Wir sollten sehr zurückhaltend mit Pauschalurtei-
en sein,


(Iris Gleicke [SPD]: Ja, das ist wohl wahr!)


eil sich die Entwicklung in Ostdeutschland wirklich
ehr differenziert darstellt.


(Beifall bei der SPD)


eder Schwarzmalerei, so wie es die Linke in ihrem An-
rag betreibt,


(Zurufe von der LINKEN)


och Schönfärberei bringen uns an dieser Stelle weiter.

Ihr Antrag, sehr geehrte Damen und Herren von den
inken – ich habe ihn sehr intensiv gelesen –, ist enttäu-
chend.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


r wird nämlich weder der Realität in Ostdeutschland
erecht noch der Leistung des gesamten Landes zum
ufbau Ostdeutschlands. Noch etwas möchte ich Ihnen

agen: In Wahrheit machen Sie durch Ihre einseitige,
üstere Situationsbeschreibung die Leistungen der Men-
chen in den neuen Bundesländern zunichte.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


eu sind Ihre Vorschläge auch nicht. Sie sind auch nicht
onstruktiv. Sie sind zu einem großen Teil in unserem
ntschließungsantrag enthalten, zum Teil auch schon im
oalitionsvertrag. Deshalb bringt uns der von Ihnen vor-
elegte Antrag an dieser Stelle nicht weiter.






(A) )



(B) )


Andrea Wicklein

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, mehr und mehr
werden die Entwicklungsunterschiede in Ostdeutsch-
land sichtbar. Gerade deshalb lohnt es sich, genau hinzu-
schauen, wo wir erfolgreich waren und wo Nachholbe-
darf besteht. Deshalb bedanke ich mich auch bei
Minister Tiefensee für die sehr differenzierte und sehr
ehrliche Darstellung der Entwicklung im Osten unseres
Landes.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Große Erfolge – das kann niemand ernsthaft bestrei-
ten – gibt es beim Aufbau einer modernen Verkehrsinfra-
struktur und des Telekommunikationsnetzes sowie bei
der Sanierung unserer Städte. Jeder, der mit offenen Au-
gen durch unser Land fährt, sieht das. Niemand bestreitet
jedoch, dass es auch noch große Herausforderungen gibt
und dass die weitere Entwicklung Ostdeutschlands kein
Selbstläufer ist. Aus meiner Sicht stellen folgende drei
Punkte dabei die Kernprobleme dar, die wir lösen müs-
sen.

Erstens ist es natürlich die hohe Arbeitslosigkeit, die
im Jahresdurchschnitt immer noch doppelt so hoch liegt
wie in den alten Ländern, obwohl wir auch hier sehr
deutliche Spreizungen zwischen einer Quote von
10 Prozent in der Region um Berlin bis hin zu einer
Quote von 30 Prozent in Sachsen-Anhalt erkennen kön-
nen.

Zweitens ist es die dramatische Abwanderung insbe-
sondere von jungen und qualifizierten Menschen, vor al-
lem auch von jungen Frauen in ganz bestimmten Regio-
nen.

Drittens nenne ich die demographische Entwick-
lung, die dazu führen könnte, dass die Regionen im Os-
ten immer mehr auseinander driften und starke und
schwache, wachsende und schrumpfende Regionen in
Zukunft deutlicher als heute das Bild Ostdeutschlands
prägen werden.


(Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE]: Nur nicht zu schwarz malen!)


Die Menschen im ganzen Land erwarten zu Recht
von uns Politikern im Bund, aber auch in den Ländern
und Kommunen, wo übrigens auch Sie Verantwortung
tragen, dass wir ihnen Antworten geben, wie wir mit die-
sen Herausforderungen umgehen wollen. Letztendlich
geht es doch um die Frage: Wie schaffen wir es, dass die
ostdeutschen Bundesländer bis 2019 auf eigenen Füßen
stehen? Wie schaffen wir es, dass sie in der wirtschaftli-
chen Entwicklung so aufholen, dass sie national wie in-
ternational wettbewerbsfähig sind? Und wie schaffen
wir es, den Menschen in Ostdeutschland Perspektiven
und Chancen in ihrer Heimat zu geben?

Sehr geehrte Damen und Herren, die ostdeutsche Rea-
lität zeigt: Der Aufbau Ost ist schon heute überall dort
erfolgreich, wo die Regionen ihre eigenen Potenziale
zielgerichtet nutzen.

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(C (D (Beifall bei der SPD – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Nein, wo die Länder eine gute Politik machen!)


Insofern ist es wichtig, dass Konzepte für struktur-
chwache Regionen entwickelt werden. Aber das kann
icht ein Konzept der Bundesregierung sein, wie es im
ntrag der FDP formuliert wird. Sie haben vollkommen
echt, Herr Ministerpräsident Böhmer: Diese Konzepte
nd Ideen müssen aus den Regionen heraus wachsen.
ir sollten den Regionen von dieser Stelle aus in einem

ngen Dialog mit den Ländern dabei helfen, ihre vorhan-
enen Potenziale und Fähigkeiten auszubauen.


(Beifall bei der SPD)


ch bin jedenfalls davon überzeugt, dass jede Region
hre Stärken hat.

Die vorliegenden Anträge von der Linken und der
DP zeigen, dass sie ein wichtiges – um nicht zu sagen:
as wichtigste – Innovationsfeld für die ländlichen
äume völlig vernachlässigt haben, und zwar die ländli-
hen Regionen künftig als Wirtschaftsstandort zur Pro-
uktion von Biomasse zu nutzen, die wiederum zur
roduktion von Energie, Kraftstoffen und Bioprodukten
ient. Wir hatten vorhin die Diskussion über die zukünf-
ige Energieversorgung. Hier liegen noch ungenutzte Po-
enziale, von der Erforschung über den Anlagenbau bis
in zum Produkt und dessen Vermarktung. Deshalb
inde ich es richtig, dass im Koalitionsvertrag festge-
chrieben ist, dass das neue Biomasseforschungszentrum
ach Ostdeutschland kommt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


In diesem Sinne müssen wir den Weg der Konzentra-
ion der Mittel nach dem Motto „Stärken stärken – Pro-
ile entwickeln“ unbedingt weitergehen, ohne die struk-
urschwachen Regionen zu vernachlässigen. Der Bericht
ur deutschen Einheit zeigt, dass die ostdeutschen Bun-
esländer dabei einen richtigen Weg eingeschlagen ha-
en, indem sie auf Wachstumskerne und Cluster setzen.
ir müssen zukünftig Instrumente auf den Weg bringen,

ie eine differenzierte Förderstrategie ermöglichen. Die
nvestitionszulage wurde hier schon angesprochen. Aber
uch die Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Wirtschafts-
truktur“ und Programme wie „Unternehmen Region“
nd „Inno-Watt“ sind Instrumente, die wir für den weite-
en Aufbau in Ostdeutschland brauchen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Natürlich müssen wir auch über die Fortentwicklung
ieser Instrumente und Programme diskutieren. Warum
oll man die Investitionszulage nicht auch auf touris-
ische Infrastruktur ausdehnen?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


enn in vielen Regionen Ostdeutschlands ist der Touris-
us der Motor der wirtschaftlichen Entwicklung.

Sehr geehrte Damen und Herren, unser Ziel ist und
leibt die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in






(A) )



(B) )


Andrea Wicklein
Ost und West. Aber Gleichwertigkeit heißt aus meiner
Sicht nicht Gleichmacherei.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse heißt vielmehr
gleichwertige Chancen beim Zugang zu Bildung und
Ausbildung, auf dem Arbeitsmarkt und auch bei der me-
dizinischen Versorgung.


(Beifall bei der SPD)


Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in diesem Sinne
können wir nur erreichen, wenn die ostdeutschen Bun-
desländer nicht durch einen Wettbewerbsföderalismus
abgehängt werden, der die Starken noch stärker macht
und die Schwachen noch schwächer.


(Beifall bei der SPD)


Wettbewerb braucht gleiche Startbedingungen. Ein
sehr anschauliches Beispiel ist die Hochschullandschaft
in Ostdeutschland. Dort ist der strukturelle Aufholpro-
zess noch längst nicht abgeschlossen. Die ostdeutschen
Hochschulen haben dank der Gemeinschaftsaufgabe
„Hochschulbau“ einen guten Zwischenausbaustand er-
reicht. Aber wir haben eben noch keine gleichen Startpo-
sitionen, wie die Ergebnisse der Exzellenzinitiative uns
jüngst gezeigt haben. Deshalb brauchen wir auch weiter-
hin die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der
Hochschul- und Wissenschaftspolitik. Ich würde mir
wünschen, dass die ostdeutschen Bundesländer uns in
diesem Punkt ein Stück weit mehr unterstützen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen in den
neuen Bundesländern immer noch vor riesigen Aufga-
ben; das ist wahr. Wir sollten diese Aufgaben gemein-
sam beherzt, mit aller Kraft und vor allen Dingen mit
ganz viel Optimismus in Angriff nehmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601914900

Das Wort hat der Kollege Jens Ackermann, FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Jens Ackermann (FDP):
Rede ID: ID1601915000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Jah-

resbericht zum Stand der deutschen Einheit zieht eine
Zwischenbilanz zum Aufbau Ost – eine Zwischen-
bilanz. Wir können davon ausgehen, dass dieser Prozess
noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Vieles ist
erreicht worden. Große Herausforderungen liegen aber
noch vor uns. Sich dieser Herausforderungen im Osten
anzunehmen betrachte ich nicht als Risiko, sondern als
Chance für ganz Deutschland.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D ine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung, die den sten aufbaut, muss das Ziel sein, damit wir insgesamt eltweit wettbewerbsfähig bleiben. Sie schreiben in Ihrem Bericht, dass die Übernahme es ausdifferenzierten westdeutschen Rechts hohe Anorderungen an die Bürger und Unternehmen stellte – zu ohe, wie ich meine. (Beifall bei der FDP – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Wer hat denn damals regiert? Das ist doch schon seltsam!)


as Wirtschaftswunder in den 50er-Jahren hätte es mit
iesem ausdifferenzierten Recht der heutigen Zeit nie
egeben. Ich fordere Sie, meine sehr geehrten Damen
nd Herren von der Bundesregierung, deshalb auf, Ihrer
rkenntnis auch Taten folgen zu lassen: weniger Regu-

ierung, weniger Bürokratie und weniger Eingriffe.


(Beifall bei der FDP – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Wer hat denn 1990 das BMJ geleitet?)


Ich weise darauf hin: Am Vorabend des Mauerfalls,
m 8. November 1989, merkte der damalige Außenmi-
ister Hans-Dietrich Genscher in einem Bericht zur Lage
er Nation an:

Nichts wird mehr so sein, wie es war – nicht im Os-
ten und auch nicht im Westen.

r machte damit deutlich, dass die Einheit keine Ein-
ahnstraße ist.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Wohl wahr!)


Der Osten kann eine Vorreiterrolle im gesamtdeut-
chen Reformprozess einnehmen. Er kann eine Chance
ieten, sich von erstarrten Strukturen zu befreien, die
uch den Westen lähmen. Hier gibt es schon betriebliche
ündnisse und kürzere Ausbildungszeiten. Setzen Sie
ehr auf Eigeninitiative und Selbstverantwortung!


(Beifall bei der FDP)


ur in einem Klima, in dem mehr möglich erscheint,
erden Innovationen und Kreativität freigesetzt.

Wenn Sie, sehr geehrter Herr Minister Tiefensee, den
roßen Schritt für Gesamtdeutschland nicht machen
önnen, dann fordere ich Sie auf: Machen Sie für die
euen Bundesländer wenigstens einen kleinen Schritt!
assen Sie Modellregionen zu, in denen es durch die
ussetzung bundesgesetzlicher Regelungen den Län-
ern ermöglicht wird, jenen freien Geist zu atmen, der
as Wirtschaftswunder in den 50er-Jahren möglich ge-
acht hat.


(Beifall bei der FDP – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Welche Regelungen meinen Sie denn?)


Ihre Kollegin Frau Wicklein hat darauf hingewiesen:
ie Ideen müssen aus den Regionen kommen. Eine sol-

he Idee gab es. Unterstützen Sie bitte die Bundesrats-
nitiative von Sachsen-Anhalt, das sich als Modellregion
ngeboten hat. Sie können gerne daran mitwirken.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Jens Ackermann
Wer den Bericht liest, dessen Handschrift noch die
der alten Regierung ist, schaut natürlich besonders genau
hin, wenn es um sein eigenes Bundesland geht. Mich
freut es besonders, dass Sachsen-Anhalt das beste Wirt-
schaftswachstum aller neuen Länder aufweist und weit
über dem Bundesdurchschnitt liegt. Das folgt aus den
Fakten, die in diesem Bericht enthalten sind.


(Beifall bei der FDP)


Sachsen-Anhalt hat die höchsten Zuwächse in der In-
dustrie mit einem Plus von 5 000 industriellen Arbeits-
plätzen. Ein besseres Kompliment kann Wirtschafts-
minister Rehberger gar nicht bekommen.


(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)


Aus eigener Kraft hat die Koalition aus CDU und FDP
– der Ministerpräsident ist leider nicht mehr anwesend –


(Zuruf von der SPD: Wahlkampf!)


das Land weit ins Mittelfeld unter den Bundesländern
befördert, und das trotz der hemmenden Bundesgesetz-
gebung.


(Beifall bei der FDP)


Als Modellregion könnten wir noch besser wachsen.
Dies steigert die Produktivität und schafft soziale Sicher-
heit.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Was wollen Sie denn verändern?)


– Das möchte ich Ihnen ganz konkret sagen: Diesen
Trend durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu
stoppen, dem wollen wir entgegenwirken. Denn sie ist
unserer Meinung nach falsch.


(Beifall bei der FDP – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das hat doch mit Modellregionen nichts zu tun!)


Herr Minister Tiefensee, Sie sprachen den Mittel-
stand an. Sie haben gesagt, wenn es gelinge, in einem
mittelständischen Unternehmen einen Arbeitnehmer
mehr einzustellen, dann wäre schon sehr geholfen. Aber
Sie unterstützen den Mittelstand nicht. Sie schröpfen
ihn, indem Sie zum Beispiel im Januar zweimal dazu
aufgefordert haben, die Sozialabgaben an die Sozialkas-
sen abzuführen. Das belastet den Mittelstand und fördert
ihn nicht.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte auf Frau Wicklein eingehen, die sagte,
dem Tourismus komme eine hohe wirtschaftliche Be-
deutung zu. Sie hätten auch in unserer Region den Tou-
rismus fördern können, wenn Sie es ermöglicht hätten,
auch in der Hotellerie und im Gaststättengewerbe den re-
duzierten Mehrwertsteuersatz einzuführen. Diese
Chance hätte es gegeben.


(Beifall bei der FDP)


Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Es ist
eine Frage der inneren Einstellung und nicht nur eine
Frage der Finanztransfers: Wer die deutsche Einheit

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(C (D icht wollte, ist meiner Meinung nach kein Patriot; wer ie infrage stellt, auch nicht. er den Aufbau Ost zur Chefsache erklärt und nichts ut, ist ebenfalls kein Patriot. Ich erinnere an die Regierungserklärung der Bundesanzlerin, die das Motto hatte: „Mehr Freiheit wagen“. s hat sich gezeigt: Das ist auch das beste Rezept beim ufbau Ost. Wir möchten dieses Rezept anwenden, um ur Verwirklichung der deutschen Einheit unseren Beirag zu leisten. Herzlichen Dank. Herr Kollege Ackermann, auch Ihnen zu Ihrer ersten ede in diesem Hohen Hause im Namen aller Kollegen erzlichen Glückwunsch und persönlich und politisch ales Gute! Das Wort hat der Kollege Arnold Vaatz, CDU/CSUraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Es gibt das Ritual, dass sich die Abgeordneten er Parteien, die die Regierung stellen, zu Beginn ihrer ede bei der Regierung bedanken. Ich habe die Angst, ass meine folgenden Worte so klingen. Diesmal meine ch es aber, abweichend von diesem Ritual, ernst: Herr inister Tiefensee, ich bin Ihnen für eine Sache unendich dankbar, nämlich dafür, dass Sie hier in aller Klareit gesagt haben: Der Koalitionsvertrag gilt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Iris Gleicke [SPD]: Oh Gott!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601915100

(Beifall)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1601915200

ie haben sich in eindrucksvoller Weise zur Stabilität
er finanziellen Rahmenbedingungen für den Auf-
au Ost bekannt. Ich denke, das ist ein klares Wort, das
an nicht deutlich genug unterstreichen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich bin Ihnen für eine weitere Sache dankbar. Ich bin
hnen dankbar dafür, dass Sie darauf hingewiesen haben,
ass der Aufbau Ost eine Sache ist, die ganz wesentlich
m Kopf vor sich geht und die etwas mit Aufbruchsstim-

ung, Aufbruchswillen, einem Klima des Aufbruchs zu
un hat. Deshalb erwarten die Menschen berechtigter-
eise von uns als Politikern, dass wir ihnen sagen, an
elcher Stelle wir Chancen für sie sehen und an welcher
telle wir ihnen Möglichkeiten bieten können, diese
hancen in Zukunft zu verwirklichen.

Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir darauf hinwei-
en, dass es bei all dem Schwierigen, das es in den letz-
en Jahren gab, an bestimmten Punkten doch deutliche






(A) )



(B) )


Arnold Vaatz
Tendenzen einer Stabilisierung der Ausgangsposition
gibt, Tendenzen, die zeigen, dass wir in Ostdeutschland
an wichtigen Punkten tatsächlich allmählich Boden unter
die Füße bekommen und eine feste Position für die Zu-
kunft erarbeitet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, was meine ich damit? Ich
will auf einige Stichworte hinweisen. – Herr Bisky, Sie
sind im Übrigen mit keinem Wort auf diese positiven
Dinge eingegangen.


(Widerspruch bei der LINKEN)


– Ich meine Ihren Antrag. In Ihrer Rede haben Sie es
teilweise getan. Insofern ist dies anerkennenswert.

Was sind also die positiven Punkte? Positiv ist erstens
die Tatsache, dass die Wettbewerbsfähigkeit Ost-
deutschlands gestiegen ist. Zweitens ist die Export-
quote gewachsen. Zudem sind regionale Wachstums-
kerne entstanden, die inzwischen eine selbsttragende
Stabilität entwickelt haben. Das Wichtigste an diesen
Wachstumskernen ist aber nicht, dass sie bestehen, son-
dern dass die ländlichen Regionen mittlerweile verstan-
den haben, dass sie von diesen Wachstumslokomotiven
gezogen werden müssen, wenn sie vorankommen wol-
len. Das heißt, es wächst eine allgemeine Akzeptanz,
dass es diese Wachstumskerne geben muss, damit die
Regionen, die strukturell nicht so gut entwickelt sind, an
das allgemeine Niveau anschließen können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In bestimmten Branchen – ich nenne nur die Touris-
musbranche – gibt es ein enormes Wachstum. Es haben
sich Landschaften entwickelt, in denen wir mit erhebli-
chen Einnahmen im Tourismusbereich rechnen können.
Das ist auch eine Folge unserer Stadtumbaupolitik, der
Sanierung der Innenstädte. An dieser Stelle zahlt sich
unsere Politik aus. Es gibt eine neue Attraktivität und
das finde ich sehr gut.

Im Übrigen sind wir auch, was PISA angeht, deutlich
besser geworden. Es sind im Wesentlichen die ostdeut-
schen Länder, die im bundesdeutschen Durchschnitt auf-
geholt haben. Wir müssen dieses Kompliment einmal
aussprechen; denn dahinter steckt die Anstrengung vie-
ler Menschen, die ein Recht darauf haben, dass dies von
uns gewürdigt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


Es gibt natürlich auch eine Reihe von Schattensei-
ten, die wir in dieser Debatte nicht ausklammern dür-
fen. Es gibt Probleme, an denen wir schon einige Jahre
laborieren; sie sind bereits genannt worden. So beste-
hen noch immer Unterschiede hinsichtlich des infra-
strukturellen Ausbaus und des Stadtumbaus. Es gibt
auch noch immer eine verdichtungsbedürftige For-
schungslandschaft. Diese Probleme sollten wir im Rah-
men unserer Politik zu lösen versuchen.

Andere Probleme belasten uns schon Jahre, seit dem
letzten Jahr teilweise sogar zunehmend. Eines dieser

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(C (D robleme ist die Arbeitslosigkeit. Wir müssen im urchschnitt eine Arbeitslosenquote von mehr als 8 Prozent konstatieren. Auch die demographische Enticklung ist hier schon genannt worden. Ein einziges Problem verschärft sich laufend, und war die Überschuldung der öffentlichen Haushalte. ier müssen wir eine ehrliche Sprache sprechen. Die orschläge, die Sie gemacht haben, Herr Bisky, laufen lle darauf hinaus, die Verschuldung der öffentlichen aushalte ungehemmt zu erhöhen. us diesem Grunde sind zumindest die Vorschläge, die twas mit Geld zu tun haben, abzulehnen. Meine Damen und Herren, wir werden daran gemesen werden, ob wir diese Probleme lösen. Das wird nur elingen, wenn wir stabile Rahmenbedingungen schafen und diese mit einer vernünftigen Politik ausgestalten. ieser Rahmen hat mehrere Dimensionen, von denen ch nur vier herausgreifen will: Die erste Dimension ist ie rechtliche, die zweite die finanzielle, die dritte die inrastrukturelle und die vierte die wirtschaftsund arbeitsarktpolitische. Was ist zum rechtlichen Rahmen zu sagen? Als erses ist festzuhalten, dass strukturschwache Länder evenuell eine auf sie zugeschnittene Rechtslage benötigen. as haben wir in unserem Antrag relativ deutlich formu iert, indem wir sagen, dass in Ostdeutschland in betimmten Bereichen die Möglichkeit gegeben sein muss, om Bundesrecht abzuweichen, wenn es erforderlich ist nd dem Aufbau in den neuen Ländern dient. Aus dieem Grund haben wir die Einsetzung einer interministeiellen Arbeitsgruppe gefordert. Sie soll die Areale absuhen und genau definieren, an welcher Stelle wir aktiv erden sollen. Ich halte das für wichtig. Dies müsste, err Kollege Günther, auch ganz in Ihrem Sinne sein; enn das haben wir in der letzten Legislaturperiode geeinsam gefordert. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir brauchen aber keinen Rückfall in die Zeiten vor
em Aufbau Ost. Das Bundesverkehrswegeplanungsbe-
chleunigungsgesetz – ich bin Ihnen dankbar, Herr
ünther, dass Sie vorhin darauf eingegangen sind – ist

ür uns eine positives Beispiel. Wir wollen, dass das In-
rastrukturgesetz, das Sie, Herr Minister, vorgelegt ha-
en, am Ende eine Gestalt hat, die es nicht hinter das
undesverkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz
urückfallen lässt. Das ist unser Ziel.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten SPD und der FDP)


Kommen wir zum Finanzrahmen. Wir haben einen
weiteiligen Finanzrahmen – Sie wissen, es gibt den
olidarpakt II –, dessen Einhaltung beiden Seiten großen
hrgeiz abverlangt.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


it seinem Volumen von 156 Milliarden Euro stellt er
ie Bundesrepublik Deutschland vor eine erhebliche






(A) )



(B) )


Arnold Vaatz
Leistungsanforderung. Wir sind ausgesprochen dankbar,
dass wir ein Klima der Solidarität in Deutschland haben,
das uns diesen Solidarpakt ermöglicht hat; das kann man
nicht oft genug sagen. Wir müssen uns des Wertes dieser
Solidarleistung ständig bewusst sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir müssen mit den Geldern aber auch vernünftig
umgehen. Es ist in der Tat nicht sehr förderlich, eine
Fehlverwendungsdebatte zu führen, in der gesagt wird:
Soundso viele Anteile des Solidarpakts werden nicht or-
dentlich ausgegeben. Dazu ist aber zu sagen: Für einen
Teil dieser Fehler tragen wir in Ostdeutschland keine
Verantwortung. Herr Böhmer hat es vorhin schon gesagt
– ich glaube, das ist die Meinung des größten Teils der
ostdeutschen Kollegen –: Es ist falsch, zu sagen, dass
Ausgaben für Forschung und Bildung prinzipiell keine
Investitionen seien.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es sind allerdings erhebliche Kosten entstanden, mit
denen die ostdeutschen Länder nicht rechnen konnten.
Ich darf nur an die Verfassungsgerichtsurteile zu den
Renten erinnern: Die Rentenauszahlungen schlagen in
den Länderhaushalten voll zu Buche.

All das verschärft die Lage. Leider geht meine Rede-
zeit zu Ende. Ich hoffe aber, dass es uns auf der Minis-
terpräsidentenkonferenz Ost am 24. Februar – auf der
zum ersten Mal seit 1990 unsere Kanzlerin als Bundes-
kanzlerin die ostdeutschen Ministerpräsidenten besucht
und mit ihnen gemeinsame Beschlüsse fassen wird – tat-
sächlich gelingt, gerade über die Stabilität der Finanzbe-
dingungen, über die Verwendung der Mittel und auch
über die Berichte über die Verwendung der Mittel eine
Einigung zu finden. Lassen Sie uns die Rahmenbedin-
gungen verlässlich bereitstellen. Lassen Sie uns nicht
ständig wichtige grundsätzliche Dinge einer Diskussion
unterziehen und die Menschen verunsichern. Meine Da-
men und Herren, wenn uns das gelingt, dann sind wir,
glaube ich, auf einem guten Wege.

Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerk-
samkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601915300

Das Wort hat nun die Kollegin Petra Weis, SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Petra Weis (SPD):
Rede ID: ID1601915400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten
Sie mir, als geborene und gelernte Westdeutsche, aber
bekennende Gesamtdeutsche, das Thema deutsche Ein-
heit auch aus dem Blickwinkel einer Vertreterin einer
Region zu diskutieren – dem Ruhrgebiet nämlich –, die
es in den letzten drei, wenn nicht sogar vier Jahrzehnten
gelernt hat, mit gravierenden Strukturproblemen und mit
wirtschaftlichen und sozialen Transformationsprozessen

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(C (D ertig zu werden. Zumindest in meiner Region, im Ruhrebiet, weiß jeder, dass der „Soli“ auch von den Menchen in Ostdeutschland bezahlt wird – das nur als kleine ebenbemerkung. Mein erster Hinweis gilt in der Rückschau dem Jahr 989. Das geflügelte Wort von den blühenden Landchaften in Ostdeutschland hat nicht nur eine Illusion enährt, wonach der Aufbau Ost relativ rasch vonstatten ehen und quasi aus der Portokasse bezahlbar sein ürde, sondern es hat auch gleich eine zweite Illusion enährt, nämlich die Annahme, dass sich für den alten esten und die dort beheimateten Menschen so gut wie ar nichts ändern würde. Im Verlauf der 90er-Jahre wurde den Menschen dann ehr oder weniger schmerzlich bewusst, dass weder das ine, noch das andere zutraf und zutrifft. Der Aufbau Ost raucht deutlich mehr Zeit und die Menschen in Westeutschland mussten zur Kenntnis nehmen, dass trotz der wegen der Einheit nun geteilt werden musste, und war vor allem die logischerweise begrenzten Finanzittel, die zur Bewältigung des Strukturwandels in ganz eutschland aufgewandt werden konnten und mussten. Im selben Zeitraum wurde in Westdeutschland der lick auf die Tatsache versperrt, dass die uns aktuell berängenden Probleme des demographischen Wandels nd auch des ökonomischen Strukturwandels mit allen u erwartenden Folgen schon damals nachhaltige Konepte zu ihrer Lösung erfordert hätten. Aber ich habe in er Rückschau den Eindruck, dass der Mut und die Einicht, diese Konzepte umzusetzen, ein bisschen gefehlt aben. Ich erinnere mich nur zu gut daran, dass die Stimmen erjenigen in der Politik, aber auch in der Wissenschaft, ie entsprechende Aktivitäten anmahnten, nur unzureihend geund erhört wurden, weil die akuten Teilungsrobleme zu groß waren. Ich sage das ausdrücklich ohne eden Vorwurf und ohne jede Schuldzuweisung. Ich will as nur noch einmal ganz klar festgestellt haben. Zu dieser, wie wir heute wissen, verzerrten Wahrnehung hat auch beigetragen, dass nach 1989 in Ost eutschland ein heftiger, aber nicht automatisch nachaltiger Wachstumsschub eingesetzt hat, der eine urzfristige Euphorie nach sich zog – übrigens auch in estdeutschland –, die aber relativ schnell abflaute, und war in dem Maße, in dem wir lernen mussten, dass es eutlich länger dauern würde, die nachhaltigen Proleme des Aufbaus Ost zu bewältigen. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben schon arauf hingewiesen, dass es vor allen Dingen drei erausforderungen sind, die wir in Ost und West chnellstmöglich angehen müssen. Das ist zum einen der demographische Wandel, der icht nur zu einem Bevölkerungsrückgang und zu einer eutlich veränderten Altersstruktur führt, sondern auch u einer Heterogenisierung in den städtischen Ballungsäumen, in denen die Probleme der Arbeitslosigkeit und er Migration zusammenkommen. Das ist natürlich auptsächlich in Westdeutschland zu erkennen. Petra Weis Zweitens. In Ostdeutschland wie in den altindustriellen Kernen Westdeutschlands ist die strukturelle Entwicklung dadurch bestimmt, dass die im Zuge der Deindustrialisierung weggefallenen Arbeitsplätze durch das erfreuliche Anwachsen des Dienstleistungssektors bei weitem noch nicht kompensiert werden konnten. Der hohen Arbeitslosigkeit steht dennoch in absehbarer Zeit ein Fachkräftemangel gegenüber. Das wissen wir schon jetzt. Das ist im Übrigen nur ein scheinbarer Widerspruch; aber es ist relativ schwer, das zu kommunizieren. Drittens. Die finanziellen Möglichkeiten – Kollege Vaatz hat darauf hingewiesen – aller staatlichen Ebenen sind definitiv begrenzt. So müssen wir versuchen, alle Ebenen dazu zu bewegen, regional und fachlich stärker zu kooperieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, inzwischen sind auf den verschiedenen Handlungsfeldern des Aufbaus Ost Instrumentarien entwickelt worden, die sich als außergewöhnlich erfolgreich erwiesen haben. Das wird im Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit eindrucksvoll belegt. Ich würde gern als ein Beispiel von vielen noch einmal auf das Thema Stadtentwicklung eingehen. Das Programm „Stadtumbau Ost“ hat sich für die Anpassung des Wohnungsbestandes an eine dramatisch verringerte Nachfrage als geradezu modellhaft erwiesen. Nicht nur der nach wie vor nötige Rückbau, sondern auch der vielerorts ganz geglückte Versuch, die historischen Innenstädte zu rekonstruieren, haben dazu geführt, dass sich das Lebensund Wohnumfeld der Menschen und vor allen Dingen das Gesicht ganzer Städte nachdrücklich verbessert hat. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Dass das Programm „Stadtumbau Ost“ Vorbild war
für das neue Programm „Stadtumbau West“, von dem
vor allem Städte mit schrumpfenden industriellen Ker-
nen in Westdeutschland – dazu gehört meine Heimat-
stadt Duisburg – profitieren können, ist ein Signal dafür,
dass die entsprechenden Regionen des Westens von den
Erfahrungen in Ostdeutschland profitieren können. Ich
finde, das ist ein ganz wichtiger Tatbestand, den es gilt,
in einer solchen Debatte festzuhalten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei alledem lässt die Dynamik der Entwicklung und
damit die Verpflichtung, die Programme stetig weiterzu-
entwickeln, nicht nach. Denn nun müssen alle beteiligten
Akteure so schnell wie möglich darauf reagieren, dass
der Einwohnerrückgang weit reichende Folgen für die
Infrastruktur in den Städten hat, die ja auch von den
Menschen genutzt wird, die im jeweiligen Umland le-
ben. Es gehört sicherlich nicht viel dazu, sich auszuma-
len, dass dieser Anpassungsprozess schwierig ist und
gleichzeitig den Blick auf zusätzliche Angebote wie bei-

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(C (D pielsweise Wohnraum für Ältere und für junge Familien icht verschließen darf. Das leitet mich noch einmal zu er Aussage, dass Wachstum und Schrumpfung zusamengehören und dass wir große Anstrengungen unter ehmen müssen, um das der Bevölkerung zu erklären. as ist nur ein vermeintlicher Widerspruch, den man in er Praxis relativ schnell auflösen kann. Viele Probleme des Landes spiegeln sich nach wie or in Ostdeutschland wider. Aber in Ostdeutschland erden viele Lösungsansätze entwickelt, die beispielhaft ür ganz Deutschland sein können. Das gilt in beiderlei ichtung. Der Regionalverband Ruhr hat erst in den etzten Tagen das Ruhrgebiet als ein Laboratorium für ukünftige gesamtdeutsche Entwicklungen bezeichnet. ch würde ganz gern in diesem Bild bleiben. Es kommt un darauf an, dass wir die Schutzzone des Versuchslaors verlassen, unsere Konzepte möglichst rasch mit der irklichkeit konfrontieren und dabei die Absicht verfol en, sie ganz rasch und nachhaltig in strukturschwachen egionen in Ostund in Westdeutschland wirksam weren zu lassen. Ich glaube, dass es eine weitere große Aufgabe ist, nserer Bevölkerung zu vermitteln, dass die nächsten ahre weiterhin Risiken bergen werden, aber natürlich uch Chancen. Das haben viele meiner Vorredner beont. Ich glaube, wir müssen der Bevölkerung auch deutich machen, dass sich das Tempo der Veränderungen aler Wahrscheinlichkeit nach noch erhöhen wird, dass wir ber gleichzeitig – das unterscheidet die heutige Situaion von der vor 16 Jahren – die Chance haben, diesen rozess planvoll und aktiv mitzugestalten. Einige meiner orredner haben ja bereits auf das Engagement der Bürerinnen und Bürger in der Zivilgesellschaft hingewieen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich meine, dass es der inneren Einheit Deutschlands
ut tun würde, wenn alle Beteiligten mehr voneinander
üssten. Denn wie anders – vorausgesetzt, man möchte
eine Böswilligkeit unterstellen – lassen sich viele Äu-
erungen, die in den letzten Jahren gemacht wurden, in-
erpretieren, die augenscheinlich auch darauf beruhten,
ass die Menschen viel zu wenig voneinander wussten?

Das Thema Tourismus ist bereits zweimal angespro-
hen worden; seine Bedeutung spiegelt sich auch im
ntschließungsantrag, den die Regierungskoalition ein-
ebracht hat, wider. Vielleicht bräuchten wir einmal so
twas wie ein Programm für den innerdeutschen Touris-
us – sowohl für Politikerinnen und Politiker als auch

ür den Rest der Bevölkerung. Vor dieser Art der Bin-
enwanderung sollte uns meines Erachtens nicht bange
ein.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601915500

Als letzter Redner in dieser Debatte hat nun der Kol-

lege Dr. Michael Luther für die CDU/CSU-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1601915600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungs-
punkt erlaube ich mir, meine Rede mit folgender Fest-
stellung zu beginnen: Die Debatte, die wir heute über
den Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit ge-
führt haben, hat sich durch relativ große Harmonie aus-
gezeichnet. Wir sind uns in diesem Hause sehr einig,
dass der Aufbau Ost fortgesetzt werden muss und dass
beim Aufbau Ost viel erreicht worden ist. Wir sind uns
aber auch einig, dass noch eine ganze Menge Aufgaben
vor uns liegen. Das ist positiv festzuhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Damit es nicht in Vergessenheit gerät, will ich auch
auf das eingehen, was Sie, Herr Bisky, gesagt haben: Sie
haben natürlich Recht, dass wir uns über den Aufbau Ost
unterhalten, weil die Wirtschaft in der DDR in den
40 Jahren der SED-Diktatur niedergewirtschaftet wor-
den ist. Die nachhaltigen Folgen dieser Entwicklung
können wir noch heute spüren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


An dieser Stelle will ich zwei wichtige und für mich
sehr bedrückende Daten erwähnen: Die Arbeitslosen-
quote liegt in den neuen Bundesländern bei fast
19 Prozent; damit ist sie doppelt so hoch wie die Ar-
beitslosenquote in den alten Bundesländern. Das Brutto-
sozialprodukt der neuen Bundesländer hat bislang erst
70 Prozent des Niveaus des Bruttosozialprodukts der al-
ten Bundesländer erreicht. Darüber hinaus – das bewegt
uns alle ganz besonders – haben wir eine Abwanderung
insbesondere junger Menschen in die alten Bundesländer
zu verzeichnen.

Was den zuletzt genannten Aspekt betrifft, will ich
auch an meine Kollegen aus den alten Bundesländern
gerichtet ganz deutlich sagen: Das, was für die neuen
Bundesländer ein Verlust ist, ist für die alten Bundeslän-
der ein Gewinn. Deshalb sollte man bedenken, dass Soli-
darität, die sicherlich noch lange vonnöten sein wird,
keine Einbahnstraße ist. Man muss sich auch darum
kümmern, dass die jungen Menschen in den neuen Bun-
desländern bleiben; denn sonst wird der Aufbau Ost ins-
gesamt nicht gelingen.

Lassen Sie mich das eigentliche Problem schildern:
Wir müssen den Menschen klar machen, ob wir in den
letzten 15 Jahren überhaupt etwas erreicht haben. Das,
was in dieser Zeit geschehen ist, will ich anhand von drei
Zahlen, die das Land Sachsen betreffen, aufzeigen: Vor
Beginn des Zweiten Weltkriegs hatte Sachsen ein Brut-

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(C (D osozialprodukt, das 130 Prozent des damaligen Reichsurchschnitts betrug. Nach dem Ende der DDR hatte achsen ein Bruttosozialprodukt in Höhe von 30 Prozent es Bundesdurchschnitts. Das bedeutet, dass Sachsens ruttosozialprodukt in den mehr als 40 Jahren kommuistischer Diktatur 100 Prozentpunkte verloren hat. Jetzt iegt es bei 70 Prozent des Bundesdurchschnitts. Sachens Bruttosozialprodukt hat sich in den letzten 15 Jahen also etwas mehr als verdoppelt. Daran wird deutlich, ass wir mit dem Aufbau Ost erfolgreich waren. An dieser Stelle möchte ich recht herzlichen Dank saen: sowohl für die Solidarität des Westens als auch für en Fleiß und Mut der Menschen in den neuen Bundesändern, die nicht den Kopf in den Sand gesteckt, sonern angepackt, aufgebaut und etwas unternommen haen; denn sonst würden wir nicht dort stehen, wo wir eute stehen. Man kann durchaus sagen, dass der Aufbau st bis zum heutigen Tag ein wirklicher Erfolg war. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wie ich bereits sagte, haben wir das Ende dieser Ent-
icklung aber noch lange nicht erreicht. Daher stellt sich
ie Frage: Was muss die Politik nun tun? Lassen Sie mich
uf einen Aspekt eingehen, der in der heutigen Debatte
chon erwähnt worden ist: den Solidarpakt. Der jetzt
eltende Solidarpakt II ist im Sommer des Jahres 2001
uf einer Sonderkonferenz der Länder mit dem Ziel ver-
inbart worden, gleichwertige wirtschaftliche und soziale
ebensverhältnisse in Ost und West zu schaffen. Aber im
nterschied zum Solidarpakt I wurde sein Schwerpunkt

indeutig bei den Investitionen gesetzt: Das im Vergleich
um Westen bestehende Infrastrukturdefizit soll durch In-
estitionen in den neuen Ländern abgebaut werden.

Der Solidarpakt II setzt sich aus zwei Körben zusam-
en: dem Korb I, den so genannten Sonderbedarfsergän-

ungszuweisungen, und dem Korb II, den zusätzlichen
eistungen; dazu gehören die Gemeinschaftsaufgabe
Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, die
nvestitionszulage, europäische Strukturfondsmittel und
ndere. Dieser Solidarpakt II bedeutet aus der Sicht der
euen Bundesländer die Chance, den Aufbau Ost fortzu-
etzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Mittel auch
atsächlich für den Aufbau Ost eingesetzt werden. Lieber
ollege Hettlich, Sie haben es angesprochen: Es gibt lei-
er die Diskussion über die so genannte Fehlverwen-
ung, was nach geltender Definition bedeutet, dass nicht
lle neuen Bundesländer eine solidarpaktgerechte Ver-
endung der Mittel nachweisen können. Darauf hat im
brigen auch das Bundesfinanzministerium in seiner
tellungnahme vom Januar 2006 zu den Fortschrittsbe-
ichten „Aufbau Ost“ der ostdeutschen Länder hingewie-
en; es hat eine aufbaugerechte Verwendung gefordert.
s ist ganz klar: Wenn die Mittel aus dem Solidarpakt
icht für den wirtschaftlichen und infrastrukturellen






(A) )



(B) )


Dr. Michael Luther
Aufbau Ost verwandt werden, würde der Solidarpakt zu
Recht infrage gestellt werden. Wir müssen deshalb auch
vor dem Hintergrund der Erfahrungen der letzten Jahre
darüber diskutieren, was eine solidarpaktgerechte Ver-
wendung ist: Die Mittel müssen im Endeffekt für die
Schaffung von Arbeitsplätzen – und zwar in der Wirt-
schaft – dienen; sie dürfen beispielsweise nicht, wie es
diskutiert wird, zur Sicherung eines überhöhten Perso-
nalbestandes im öffentlichen Dienst verwandt werden.
Denn 2019 läuft der Solidarpakt II aus und dann müssen
die neuen Bundesländer aus eigener Kraft die finanziel-
len Mittel zur Erhaltung ihrer Infrastruktur und zur Er-
füllung ihrer eigenen, staatlichen Aufgaben aufbringen.

Dazu sind aus heutiger Sicht zwei Maßnahmen erfor-
derlich: Erstens. Die Mittel des Solidarpaktes II müssen
den neuen Bundesländern verlässlich zur Verfügung ste-
hen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das kann am besten durch eine gesetzliche Fixierung des
Korbes II erfolgen. Der Korb II darf keine Verfügungs-
masse zur Aufstellung des jeweiligen Bundeshaushaltes
werden. Für ihn muss eine ähnliche Regelung wie für
den Korb I gefunden werden. Die Föderalismuskommis-
sion, die jetzt ihre Beratungen zum Ende bringt – ich
hoffe, dass wir zu einem positiven Ergebnis kommen –,
hat die Chance, exaktere Definitionen hierfür zu finden;
Herr Vaatz hat darauf hingewiesen.

Zweitens muss die solidarpaktkonforme Verwendung
der Mittel sichergestellt werden. Das bedeutet auch: Wer
davon abweicht, muss mit Sanktionen rechnen. Ich
denke, das ist die Konsequenz aus diesen beiden Schrit-
ten und dies ist die Aufgabe, die wir als Politiker in den
nächsten Wochen und Monaten zu erfüllen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit
zeigt: Die neuen Bundesländer sind auf einem guten
Weg. Dennoch bleibt viel zu tun. Im Koalitionsvertrag
nimmt der Aufbau Ost eine wichtige, zentrale Stellung
ein. Deswegen ist mir auch nicht bange: Wir werden den
Aufbau Ost bewältigen und ich bin optimistisch, dass
wir irgendwann nicht mehr über den Aufbau Ost reden
müssen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601915700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/6000 an die in der Tagesordnung
aufgeführten Ausschüsse und zusätzlich an den Haus-
haltsausschuss vorgeschlagen. Die Entschließungs-
anträge der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf

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(C (D rucksache 16/650, der Fraktion der FDP auf Druckache 16/693 sowie der Fraktion Die Linke auf Druckache 16/692 sollen an dieselben Ausschüsse überwieen werden. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, as ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so bechlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Gehb, Dr. Günter Krings, Günter Baumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Joachim Stünker, Dr. Peter Danckert, Klaus Uwe Benneter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Speicherung mit Augenmaß – Effektive Strafverfolgung und Grundrechtswahrung – zu dem Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Gisela Piltz, Sabine LeutheusserSchnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Gegen eine europaweit verpflichtende Vorratsdatenspeicherung – zu dem Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Freiheit des Telefonverkehrs vor Zwangsspeicherungen – Drucksachen 16/545, 16/128, 16/237, 16/690 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Günter Krings Dr. Peter Danckert Joachim Stünker Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Wolfgang Neskovic Jerzy Montag Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich ehe dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner in dieer Debatte hat der Kollege Martin Dörmann von der PD-Fraktion das Wort. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ei politischen Entscheidungen müssen wir oft eine Abägung zwischen unterschiedlichen Gesichtspunkten nd Zielen treffen, die in einem Spannungsverhältnis zuinander stehen. Die Vorratsdatenspeicherung von Verindungsdaten im Telekommunikationsbereich ist hierür ein geradezu klassisches Beispiel. Auf der einen Martin Dörmann Seite geht es um eine effektive Strafverfolgung und den Schutz vor Verbrechen durch Terroristen, auf der anderen Seite geht es um den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger sowie der betroffenen Unternehmen. Uns ist beides wichtig. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)

Martin Dörmann (SPD):
Rede ID: ID1601915800




(A) )


(B) )


Mit dem vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktio-
nen stellen wir einen angemessenen Ausgleich beider
Ziele sicher. Der auf der europäischen Ebene gefundene
Kompromiss bezüglich einer neuen EU-Richtlinie wird
durch ihn unterstützt und innerhalb dieses Kompromis-
ses werden die strengstmöglichen Anforderungen for-
muliert. Hierdurch leisten wir einen Beitrag zu einer
effektiven Strafverfolgung. Es geht dabei um Verbin-
dungsdaten und nicht um die Inhalte von Telefonaten
und E-Mails.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Zurzeit haben die Strafverfolgungsbehörden bereits
die Möglichkeit, bei den Telekommunikationsunterneh-
men solche Verbindungsdaten abzufragen, die diese zu
Abrechnungszwecken bis zu sechs Monate speichern
dürfen.


(Joachim Stünker [SPD]: So ist es!)


Diese Ermittlungsmöglichkeiten gehen nun jedoch im-
mer weiter zurück, da immer mehr Kunden die so ge-
nannten Flatrates nutzen. Bei diesen Pauschaltarifen
werden die Einzelverbindungen in der Regel eben nicht
mehr erfasst. Diese Ermittlungsmöglichkeit ist für eine
effektive Strafverfolgung jedoch geeignet und in vielen
Fällen sogar erforderlich. Deshalb liegt uns sehr daran,
hier eine gleichmäßige Speicherungspflicht für alle Ver-
bindungsdaten vorzusehen.

Mit dem Antrag machen wir aber zugleich auch deut-
lich, dass es dabei nicht darum gehen kann, möglichst
viele Daten für eine möglichst lange Zeit zu speichern
und abfragen zu können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Vielmehr legen wir Wert darauf, den Eingriff möglichst
gering zu halten, um somit die Grundrechte der Bürge-
rinnen und Bürger zu wahren.

In der EU-Richtlinie sind im Hinblick auf die Daten,
die erhoben werden dürfen, bereits deutliche Einschrän-
kungen gegenüber den früheren Vorschlägen aus Mit-
gliedsländern vorgesehen. Darüber hinaus werden wir
uns bei der gesetzlichen Umsetzung hier bei uns in
Deutschland darauf beschränken – das ist in dem ge-
meinsamen Antrag der Koalition vorgesehen –, hinsicht-
lich der Speicherung lediglich die Mindestanforderun-
gen umzusetzen, und uns eben nicht am oberen Rand der
Möglichkeiten, die durch die EU-Richtlinie gegeben
sind, zu orientieren.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt noch nicht!)


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(C (D Konkret heißt dies: Wir sehen lediglich eine Speicheungsfrist von sechs Monaten vor. Dieser Zeitraum ommt dem bisherigen faktischen Speicherzeitraum sehr ahe. Andere Länder, wie zum Beispiel Großbritannien, ollen bis zu 24 Monate speichern lassen; ursprünglich aren es sogar 36 Monate. (Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Das ist ja nicht zu fassen!)


ußerdem werden wir die Voraussetzungen, unter denen
ie Ermittlungsbehörden Daten abfragen können, hoch
nsetzen. Nur bei schweren Straftaten oder bei Strafta-
en, die mittels Telekommunikation begangen werden,
oll die Abfrage erlaubt werden. Damit stellen wir die
erhältnismäßigkeit der Maßnahmen sicher.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr rechtsklar!)


udem werden wir die betroffenen Telekommunika-
ionsunternehmen auch nicht im Regen stehen lassen.
ie werden durch die Speicherungspflicht und die Ab-
rage zunächst ja belastet. Bei der gesetzlichen Umset-
ung werden wir eine angemessene Entschädigung für
ie Inanspruchnahme regeln.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD] – Beifall bei der CDU/CSU)


Eine Totalverweigerung auf europäischer Ebene,
ie sie der Opposition vorschwebt, hätte schwerwie-
ende Probleme aufgeworfen. Gerade in Europa kommt
s darauf an, gemeinsame Standards zu verabreden,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


nd zwar sowohl im Hinblick auf eine effektive Straf-
erfolgung als auch im Hinblick auf den Grundrechts-
chutz der europäischen Bürgerinnen und Bürger.

Es ist der Bundesregierung und namentlich der Bun-
esjustizministerin Zypries zu verdanken, dass es in der
U nun zu einer angemessenen Kompromisslösung ge-
ommen ist. Dadurch, dass wir in Deutschland die Fris-
en zur Speicherung der abgefragten Daten am unteren
nde der Möglichkeiten der Richtlinie ansetzen, die An-

orderungen an den Eingriff jedoch heraufsetzen, wahren
ir die notwendige Balance.

Diese Speicherung mit Augenmaß wird dem Zielkon-
likt zwischen effektiver Strafverfolgung auf der einen
eite und der Wahrung der Grundrechte auf der anderen
eite in vollem Umfange gerecht. Deshalb bitte ich Sie:
nterstützen Sie den ausgewogenen und sachgerechten
ntrag der Koalition.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601915900

Das Wort hat nun die Kollegin Sabine Leutheusser-

chnarrenberger für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1601916000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Die Überschrift, Herr Dörmann, des
Koalitionsantrags „Speicherung mit Augenmaß – Effek-
tive Strafverfolgung und Grundrechtswahrung“ ist in
allen Punkten falsch. Die geplante Maßnahme, die Ein-
führung einer europaweit verpflichtenden Vorratsdaten-
speicherung, ist eben nicht maßvoll, sondern sie ist eher
maßlos.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


Der Beitrag zur Verbrechensbekämpfung ist äußerst
fragwürdig. Grundrechtswahrend ist dieser Eingriff mit
Sicherheit nicht, sondern er ist grundrechtseinschrän-
kend.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN – Joachim Stünker [SPD]: Welche Weisheit!)


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der
CDU/CSU und der SPD, in Ihrem Antrag verkaufen Sie
Selbstverständlichkeiten als Sieg der Bürgerrechte. Wie
muss es um die Bürgerrechte bestellt sein, wenn bereits
der Verzicht auf die Speicherung von Standortdaten, er-
folglosen Anrufversuchen und Inhaltsdaten als Erfolg
gefeiert wird?


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist ein Erfolg!)


Am eigentlichen Paradigmenwechsel ändert sich über-
haupt nichts; denn es wird künftig auch nach dem jetzt
gefundenen Kompromiss das Kommunikationsverhal-
ten von mehr als 450 Millionen Bürgerinnen und Bür-
gern in der Europäischen Union anlasslos und verdachts-
unabhängig überwacht.


(Joachim Stünker [SPD]: Das ist doch heute schon so! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: „Überwacht“ ist der falsche Begriff!)


Natürlich hat die Justizministerin Vorschläge einge-
bracht. Warum? Weil ein einstimmiger Beschluss des
Bundestages vorlag, diesem Vorhaben nicht zuzustim-
men.


(Beifall bei der FDP)


Sie hat versucht, eine Einigung zu erzielen. Wir konze-
dieren, dass sie sich in einer schwierigen Lage einge-
bracht und verhandelt hat. Aber letztendlich ist das, was
als Kompromiss gefunden worden ist, immer noch eine
falsche Weichenstellung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Auch nach diesem Kompromiss wird es möglich sein,
über Monate hinweg minutiös nachzuvollziehen, wer wo
im Internet gesurft hat, wer wann mit wem per Telefon,
Handy oder E-Mail kommuniziert hat,


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Bei schweren Straftaten! Nicht einfach so!)


wer wann welche Onlinedienste in Anspruch genommen
hat. Die Daten sollen von allen gespeichert werden, und
zwar nicht nur in einem gezielten Verfahren.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D as ist ein Bruch mit den bisherigen Grundsätzen der efahrenabwehr und der Strafverfolgung, weil eben die enerelle Speicherung über einen längeren Zeitraum unbhängig davon ist, ob überhaupt ein Verdachtsmoment egen eine Person vorliegt. (Daniela Raab [CDU/CSU]: Wenn Verdachtsmomente vorliegen, ist es zu spät!)


Die Folge ist, dass die Dauer des Eingriffs beliebig
ird.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Sie ist doch gar nicht beliebig!)


as zeigt die Diskussion um die Speicherfristen. Ist die
auer von sechs Monaten, wie jetzt in Ihrem Antrag
orgesehen, verhältnismäßig und die von neun Monaten
nverhältnismäßig? Die Wahrheit ist: Die Unverhältnis-
äßigkeit beginnt nicht erst bei sechs, neun, zwölf oder

4 Monaten, sondern diese Form der Vorratsdatenspei-
herung ist generell unverhältnismäßig.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir weisen außerdem darauf hin, dass es in Europa
eine einheitlichen Regeln gibt. Das war immer ein An-
iegen und auch die Zielrichtung. In den einzelnen Län-
ern können jetzt Maßnahmen von unterschiedlicher
auer vorgenommen werden.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wollen Sie mehr als sechs Monate, Frau Kollegin?)


ie untere Grenze ist die Dauer von sechs Monaten.
ber es ist zu keiner Vereinheitlichung gekommen, weil
ie anderen Länder in unterschiedlicher Art und Weise
aten speichern können.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wollen Sie mehr?)


on daher wird der Erfolg, von dem immer gesprochen
ird, nicht eintreten.

Alternativen sind nicht ernsthaft in Erwägung gezo-
en und geprüft worden.

Auch das „quick freeze“-Verfahren, das immer wie-
er genannt wird, ist nicht als ernsthafte Alternative in
ie Debatten eingebracht worden. Mit diesem Verfahren
äre die Wirtschaft aber deutlich besser gefahren.

Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf die An-
rage der FDP-Bundestagsfraktion vom 8. Oktober 2004
itgeteilt, dass es mit der Vorratsdatenspeicherung zu

iner Beeinträchtigung des Lissabonprozesses kommen
ird, weil die Dynamik der Wirtschaft durch diese Form
er Datenspeicherung behindert wird. Es war aber das
rklärte Ziel des EU-Gipfels in Lissabon, Europa zur
eltweit wettbewerbsstärksten Wirtschaftsregion zu ma-

hen.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sicherheit als Wirtschaftsfaktor, Frau Kollegin!)


eshalb kann von einem Ausgleich mit Augenmaß keine
ede sein; vielmehr wird gerade dieses wichtige Ziel






(A) )



(B) )


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
durch die vorgesehene Vorratsdatenspeicherung ein
Stück weit konterkariert.


(Beifall bei der FDP)


In dem Antrag ist des Weiteren eine Entschädigungs-
regelung für die Unternehmen vorgesehen, die verständ-
licherweise allein ob der Tatsache, dass eine solche Re-
gelung aufgenommen wurde, positiv reagiert haben. Wie
diese Regelung aber konkret beschaffen sein soll, geht
aus dem Antrag nicht hervor. Wie sollen im Übrigen die
damit verbundenen Kosten finanziert werden?

Wir begrüßen zwar das Vorhaben, die Unternehmen
zu entschädigen;


(Joachim Stünker [SPD]: Das würde mich bei der FDP auch sonst wundern!)


die vorgesehene Regelung geht aber zulasten der Bürge-
rinnen und Bürger. Die Finanzierung muss schließlich
über den Haushalt erfolgen, sodass die Bürger letztend-
lich für ihre eigene Überwachung zahlen müssten.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sicherheit! Für ihre eigene Sicherheit zahlen die Bürger!)


Die Wirtschaft und die Datenschutzbeauftragten wa-
ren gegen die Vorratsdatenspeicherung. Der Bundestag
hat sich, nachdem er sich ruhig und sachlich mit diesem
Thema befasst hat, einstimmig dagegen ausgesprochen.
Die Bundesregierung und die Koalition mit ihrem An-
trag setzen sich aber über alle berechtigten Bedenken
hinweg. Insofern ist von dem Versprechen der Bundes-
kanzlerin, mehr Freiheit zu wagen, auch in diesem Be-
reich äußerst wenig übrig geblieben.

Recht herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jan Korte [DIE LINKE])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601916100

Jetzt hat das Wort der Kollege Dr. Günter Krings für

die CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1601916200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren Kollegen! Meine Vorrednerin hat darauf hinge-
wiesen, dass sich der Bundestag in den bisherigen De-
batten ruhig und sachlich mit dem Thema befasst habe.
Ich glaube, dass wir das auch heute schaffen. An uns soll
es jedenfalls nicht scheitern.

In den heute zur Abstimmung stehenden Anträgen zur
so genannten Vorratsdatenspeicherung ist viel von der
Freiheit des Telefonverkehrs, von Wirtschaftsinteressen
und der Pflicht zur Kostentragung die Rede. All das sind
zweifellos ganz zentrale Punkte, auf die ich noch einge-
hen werde.

Ich glaube aber, dass es wichtig ist, uns am Anfang
der Debatte noch einmal klar zu machen, worum es den
Befürwortern einer – wohlgemerkt: eingeschränkten –
Vorratsdatenspeicherung geht und was den Anlass zu
dem vorliegenden Antrag gegeben hat.

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(C (D Ich möchte nur ein Beispiel von vielen Fällen anfühen, in denen die Vorratsdatenspeicherung eine Rolle ätte spielen können. Anfang 2003 deckte die spanische olizei ein Internetforum auf, in dem Bilddateien mit berwiegend kinderpornographischem Inhalt verbreitet urden. Die Spur der Verantwortlichen führte nach eutschland. Als sich die Polizei um die Daten der Tateteiligten bemühte, teilte ihr der Internetserviceprovier mit, dass keine gesetzliche Protokollierungspflicht insichtlich IP-Adresse und Nutzungszeitraum bestehe. ine Identifizierung der Täter schied damit aus. Dies ist mso tragischer, da nicht ausgeschlossen werden kann, ass die Forumsnutzer auch an Misshandlungen von indern beteiligt waren. Dieses Beispiel ist, wie gesagt, nur eines von vielen. ahlreiche Verbrechen nicht nur im Bereich des Kinesmissbrauchs, sondern etwa auch rechtsradikale Strafaten, Taten des organisierten Verbrechens und des interationalen Terrorismus hätten in Deutschland aufgeklärt erden können, wenn es bereits eine entsprechende Reelung, wie sie Union und SPD in dem vorliegenden Anrag fordern, gegeben hätte. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die Koalitionsfraktionen erkennen sehr wohl an, dass
ir uns hier in einem schwierigen Spannungsfeld unter-

chiedlicher Interessen und Grundrechte befinden. Die
nteressen des Bürgers, möglichst wenigen Eingriffen in
ie Privatsphäre ausgesetzt zu werden, stehen dem staat-
ichen Interesse an der Verfolgung von Kriminellen ge-
enüber. Schon der Titel unseres gemeinsamen Antrages
Speicherung mit Augenmaß – Effektive Strafverfol-
ung und Grundrechtswahrung“ macht deutlich, dass
ir einen vernünftigen Interessenausgleich vornehmen
ollen und werden. Wir sind uns bewusst, hier in
echte der Bürger einzugreifen. Aber es sind eben
eine Rechte, die die Verfassung vorbehaltlos gewährt.
inschränkungen sind möglich, solange sie dem Grund-
atz der Verhältnismäßigkeit genügen.

Bei einer ernsthaften Interessenabwägung darf man
icht bei dem vordergründigen Interessengegensatz Bür-
er/Staat stehen bleiben. Vielmehr muss man sich fra-
en, welches Gut auf der Seite des Staates steht. Hat
enn nur der Staat als Institution ein Interesse an einer
ffektiven Strafverfolgung oder ist die Strafverfolgung
icht vielmehr ein Mittel zum Zweck, damit die Men-
chen in unserem Land in Sicherheit leben können? Auf
iese Frage geben Sie von den Grünen und der FDP in
hren Anträgen keine Antworten. Vielmehr verschanzen
ie sich hinter einer 30 Jahre alten Grundrechtsdogma-

ik, die nur Abwehrrechte kennt. Sie ignorieren, dass ge-
ade die Grundrechte dem Staat auch die positive Pflicht
uferlegen, Leib, Leben und Eigentum seiner Staatsbür-
er aktiv zu schützen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


er Staat darf nicht tatenlos zusehen, wie seine Staats-
ürger zu Opfern werden. In Wirklichkeit geht es also
icht nur um den Interessengegensatz Staat/Bürger, son-






(A) )



(B) )


Dr. Günter Krings
dern auch um den zwischen dem Bürger als Opfer und
dem Bürger als Täter. Wer dies ignoriert, betreibt Täter-
schutz auf Kosten von Opferschutz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die orwellschen Visionen, unter denen manch einer
aus diesem Hause in den letzten Wochen offenbar gelit-
ten hat, lassen sich schnell kurieren, wenn man nur bereit
ist, zur Kenntnis zu nehmen, welche Daten überhaupt
gespeichert werden sollen; der Kollege Dörmann hat das
bereits dargelegt. Bei der Vorratsdatenspeicherung geht
es lediglich um Verkehrsdaten und nicht um Daten, die
über den Inhalt einer Kommunikation Auskunft geben.
Es sind noch nicht einmal alle Verkehrsdaten, die von
der Richtlinie erfasst werden, sondern es sind nur ausge-
wählte Daten, die für die Strafverfolgung unerlässlich
sind. Das ist im Internet etwa die IP-Adresse; es sind
aber nicht die aufgerufenen Internetseiten. Bei einem Te-
lefonat sind das die Telefonnummer, die Verbindungs-
dauer und die Standortdaten zu Gesprächsbeginn, nicht
aber der Inhalt des Gespräches. Erfolglose Telefonate
und die Standortdaten im weiteren Verlauf eines Handy-
gespräches im Auto sind von der Speicherungspflicht
entbunden. Die angesprochenen Verkehrsdaten werden
zum Teil schon heute gespeichert, wenn es sich um Da-
ten handelt, die der Diensteanbieter aus abrechnungs-
technischen Gründen braucht. Bei diesen Daten besteht
für den Zeitraum der Abrechnung das Recht der Unter-
nehmen, sie zu speichern.

Für die Staatsanwaltschaft und die Polizei beginnt da-
mit in schöner Regelmäßigkeit ein Wettlauf mit der Zeit,
um noch rechtzeitig an die benötigten Daten zu kom-
men. Die Tataufklärung wird damit zum Roulettespiel.
Sie ist von der Zufälligkeit des Vertragsverhältnisses und
der Organisation der internen Betriebsabläufe in dem je-
weiligen Telekommunikationsunternehmen abhängig.
Da, wo Pauschalvergütungen, so genannte Flatrates, mit
dem Kunden vereinbart sind, ist der Täter nahezu opti-
mal geschützt; denn Alternativen zu solchen Telekom-
munikationsdaten stehen den Strafverfolgungsbehörden
oft gar nicht zur Verfügung, Frau Leutheusser-
Schnarrenberger. Die traurige Folge der gelöschten Da-
ten ist daher oft die unaufgeklärte Tat. Das wollen und
können wir nicht hinnehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wie schon mein kurzes Eingangsbeispiel gezeigt hat,
macht Kriminalität heute längst nicht mehr vor Landes-
grenzen Halt. Wir brauchen daher einen verlässlichen
Rahmen in der Europäischen Union, der den Strafver-
folgungsbehörden eine solide Grundlage für ihre Ermitt-
lungen gibt. Daher sind nationale Alleingänge keine Lö-
sung; vielmehr müssen in allen Ländern der EU
Mindeststandards gelten. Dass die Mindeststandards ih-
ren Namen auch verdient haben und die Europäische
Union auf übertriebene und unverhältnismäßige Spei-
chervorgaben, etwa bei den Fristen, verzichten wird, ist
ganz entscheidend dem Einsatz unserer Justizministerin,
Frau Zypries, geschuldet. Ich möchte mich im Namen
meiner Fraktion für die Brüsseler Verhandlungsführung
der Ministerin ausdrücklich bedanken. Nur weil sich das
BMJ dem Ansinnen einiger anderer Mitgliedstaaten zum

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(C (D eispiel bezüglich einer verpflichtenden zweioder dreiährigen Speicherung oder einer Speicherung von Inaltsdaten entgegengestemmt hat, können wir, die Koaliionsfraktionen, guten Gewissens unseren gemeinsamen ntrag mit einer abgewogenen Lösung zur Abstimmung tellen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die Bürger und die Unternehmer können sich darauf
erlassen, dass wir die Vorgaben aus Brüssel nicht über-
chreiten werden. Getreu der in den Medien hinreichend
ft genannten zentralen Devise der großen Koalition
ollen wir auch diese Richtlinie nur eins zu eins umset-

en und nicht draufsatteln. In Deutschland wird die
peicherfrist daher nicht über sechs Monate ausgedehnt
erden. Die Rückmeldungen aus der Praxis von Polizei
nd Staatsanwaltschaften zeigen übrigens sehr deutlich,
ass die Sechsmonatsfrist in aller Regel ausreichend ist,
m die relevanten notwendigen Daten für die Ermittlung
u erhalten.

Mit der jetzt gefundenen Lösung, die unser Antrag
iderspiegelt, können auch die betroffenen Unterneh-
en gut leben. Der Präsident des Branchenverbandes
ITKOM hat dies am Montag auf einer Veranstaltung,
uf der ich sein durfte, bestätigt und diese Regelung als
nnehmbar dargestellt. Diese Akzeptanz können wir von
en betroffenen Unternehmen aber nur dann erwarten,
enn zumindest die Kosten abgegolten werden, die bei

inem konkreten Auskunftsverlangen der Behörde ent-
tehen. Wenn ein Unternehmen Ermittlungshandlungen
ür Polizei und Staatsanwaltschaft durchführen muss,
arf es nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Eine Anpas-
ung der einschlägigen Entschädigungsvorschriften sieht
nser Antrag daher ausdrücklich vor.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die Unternehmen erhalten somit einen finanziellen
usgleich durch den Staat auf der einen Seite, auf der

nderen Seite bleibt die Belastung im Vergleich zu an-
ern TK-Märkten auch innerhalb der Europäischen
nion durch die Festlegung der Speicherungspflicht auf

echs Monate an der untersten Grenze. Wie Sie von der
DP vor diesem Hintergrund zu der Prognose kommen,
ier drohe gerade der deutschen TK-Branche ein Verlust
er wirtschaftlichen Dynamik, wird wohl Ihr Geheimnis
leiben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Gestatten Sie mir zum Schluss noch eine kurze Be-
erkung. Wir haben in der Tat lange darüber nachge-

acht, wie wir mit der Rechtsgrundlage bei dieser
ichtlinie umgehen. Wir haben lange die Auffassung
ertreten – ich vertrete sie heute noch –, dass ein Rah-
enbeschluss das Richtige an dieser Stelle gewesen
äre.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


ch glaube aber, dass wir bei aller gebotenen Zurückhal-
ung bei europäischen Rechtsgrundlagen eine vertretbare






(A) )



(B) )


Dr. Günter Krings
Lösung gefunden haben. Ich habe auch gar nichts dage-
gen, wenn diese Angelegenheit vom EuGH geprüft wird.
Ich glaube schon, dass wir es durch die konstruktive
Haltung, uns auf die Verhandlungen innerhalb der Richt-
liniendiskussion einzulassen, geschafft haben, die Frist
von sechs Monaten zu erreichen, die schlimmsten Dinge
abzuwehren und eine ausgewogene und vernünftige Lö-
sung zu finden. Vor dem Hintergrund kann ich auch bei
Bedenken hinsichtlich der Rechtsgrundlage guten Ge-
wissens für mich und meine Fraktion die Zustimmung
nicht nur zum Antrag, sondern auch zu der dahinter ste-
henden Richtlinie erklären.

Ich komme zum Schluss. Speicherung mit Augen-
maß – das ist unser Ziel. Interessengegensätze können
und dürfen wir, die wir Regierungsverantwortung tra-
gen, nicht einseitig auflösen, wie das die beiden anderen
Anträge wollen. Wir müssen vielmehr einen vernünfti-
gen, adäquaten und fairen Ausgleich finden, gerade auch
im Interesse der Bürger in Deutschland und der Europäi-
schen Union. Sie werden mit dieser Vorratsdatenspeiche-
rung ein Stück sicherer leben. Es wäre schön, wenn uns
die Opposition im Interesse dieser Sicherheit begleiten
würde.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601916300

Ich erteile das Wort dem Kollegen Jan Korte, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601916400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist

wieder eine typisch sozialdemokratische Logik. Nur
weil man das absolut Schlechte verhindert hat, ist das
Schlechte noch lange nicht gut.


(Jörg Tauss [SPD]: Es ist eine Richtlinie, Herr Korte!)


Das gilt auch für diesen Antrag, bei dem unter der Über-
schrift „Speicherung mit Augenmaß – Effektive Straf-
verfolgung und Grundrechtswahrung“ die Leute in die
Irre geführt werden sollen. Das ist euphemistisch. Unter
dem Vorwand der Terror- und Verbrechensbekämpfung
beschneidet die Koalition wieder einmal Grundrechte
– sie setzt damit das fort, was Rot-Grün begonnen hat –
und sorgt dafür, dass niemand mehr vorbehaltsfrei kom-
munizieren kann.

Konkret bedeutet das: Jeder steht unter Überwachung,
wenn er die Telekommunikation nutzt. Über Monate
werden Gesprächspartner, Zeitdauer oder, wie hier schon
erwähnt, IP-Adressen verdachtsunabhängig – das ist der
eigentliche Skandal – gespeichert.


(Martin Dörmann [SPD]: Werden sie ja heute auch!)


Hinzu kommt, dass der Antrag der Koalitionsfraktionen
zahlreiche Hintertürchen offen lässt, wie übrigens auch
der Koalitionsvertrag, weswegen da in den nächsten Jah-

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(C (D en noch Schlimmes zu befürchten ist. So ist zum Beipiel die Frist der Datenspeicherung, die Sie hier als groen Erfolg verkaufen, lediglich Mindeststandard. Es ann in Umsetzung der Richtlinie natürlich entschieden erden, dass wesentlich länger als sechs Monate gespei hert werden kann. Das ist durchaus möglich. Es können uch Standortdaten beim Mobilfunk vor und nach dem espräch gespeichert werden. Auch das ist bei der Um etzung zulässig. Das ist sehr gravierend; denn diese Daen erlauben es, wenn man will, Bewegungsmuster zu ertellen. Angesichts des Trends zu Homezonetarifen für as Handy ist das besorgniserregend. Deswegen lehnen ir den Antrag ab. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Das ist PDS-Logik!)


Ja, das ist PDS-Logik. Viele von uns haben nämlich
chon einmal einen aufgeblähten Überwachungsapparat
rlebt.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Das ist eine Antwort! – Dirk Manzewski [SPD]: Nicht nur erlebt, sondern auch praktiziert!)


ir haben aus der Geschichte gelernt. Das ist Ihnen of-
ensichtlich intellektuell nicht vergönnt.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bleiben Sie mal auf dem Teppich!)


Wo ist das Augenmaß, das Sie versprochen haben?
ie stellen unbescholtene Bürger per se unter General-
erdacht, und zwar alle. Sie sorgen dafür, dass in letzter
onsequenz niemand mehr seinen Arzt oder Rechts-

nwalt vertrauensvoll kontaktieren kann; denn der Staat
ann im Zweifel mithören.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


amit torpedieren Sie übrigens im Vorbeigehen auch
och die Wahrung des Berufsgeheimnisses.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der SPD – Martin Dörmann [SPD]: So ein Blödsinn!)


Je mehr Sie sich aufregen, desto klarer wird, dass ich
n dieser Frage richtig liege.


(Beifall bei der LINKEN)


Was Sie vorhaben, ist also inakzeptabel.

Routinemäßig wird von Ihnen angesprochen, dass die
orratsdatenspeicherung nötig ist, um den Terrorismus
ffektiv zu bekämpfen. Ich kann dem, was auf der Kon-
erenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der
änder gesagt worden ist, nur zustimmen. Ich zitiere:

Die damit verbundenen Eingriffe in das Fernmelde-
geheimnis und das informationelle Selbstbestim-
mungsrecht lassen sich auch nicht durch die Be-
kämpfung des Terrorismus rechtfertigen, weil sie






(A) )



(B) )


Jan Korte
unverhältnismäßig sind. Insbesondere gibt es keine
überzeugende Begründung dafür, dass eine solche
Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft
zwingend notwendig wäre.

Recht haben sie an dieser Stelle.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache,
dass Deutschland bereits jetzt „Abhörmeister“ ist, halte
ich es für unerlässlich, bei künftigen Gesetzesvorhaben
grundsätzlich eine Verträglichkeitsprüfung in Bezug auf
die Grundrechte einzuführen, damit so etwas schon im
Vorfeld verhindert werden kann. Es ist bedauerlich, dass
so ein Schritt notwendiger denn je ist.

Sie müssen sich darüber klar werden, dass Sie an den
Grundlagen unserer Demokratie nicht herumdoktern
können, wie es Ihnen gerade beliebt. Ich verweise auf
das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Da-
rin wurde einiges zur Verfassung und zum Umgang die-
ses Hauses mit ihr deutlich gemacht. Ich glaube, dass
auch dieses Vorhaben von Ihnen das Bundesverfassungs-
gericht noch beschäftigen wird.

Blicken wir zurück auf die letzten Monate, was die
Vermischung und Verquickung mit BKA und BND an-
geht.


(Joachim Stünker [SPD]: Woher wissen Sie das?)


Kaum noch jemand hat einen Überblick darüber, was un-
sere Dienste zusammen mit dem BKA wo und wann trei-
ben. Mir wird angst und bange, wenn ich darüber nach-
denke, dass wir die Grundlagen dafür schaffen, Tonnen
an Daten zu sammeln.

Die Linke wird dem Antrag der Koalitionsfraktionen
deswegen selbstverständlich nicht zustimmen. Er zielt
auf einen weiteren Eingriff in die Grundrechte. Wir stim-
men in diesem Falle dem Antrag der FDP zu. Er ist äu-
ßerst trefflich. Ich wünsche mir, dass Sie so treffliche
Anträge auch in Fragen der Sozial- und Wirtschaftspoli-
tik vorlegen.


(Beifall bei der LINKEN – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja ein richtig festes Bündnis!)


Dann könnten wir die große Koalition hier ordentlich
unter Druck setzen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wir zittern schon!)


Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Frau LeutheusserSchnarrenberger, klatschen!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601916500

Das Wort hat nun der Kollege Jerzy Montag, Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601916600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Kollege Korte, Ihr Vergleich der Bundesrepublik

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(C (D eutschland, selbst wenn sie von einer schwarz-roten oalition geführt wird, mit dem Unrechtsund Spitzel taat DDR, unter dem Sie vielleicht gelitten haben, war nangemessen. Ich sage „unangemessen“, um kein unarlamentarisches Wort zu benutzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Ich habe nicht verglichen!)


enn ich mehr als fünf Minuten Zeit hätte, würde ich
ie Koalition gegen Sie in dieser Frage in Schutz neh-
en. Wegen der knappen Redezeit, erspare ich es mir.


(Jörg Tauss [SPD]: Wollen Sie eine Zwischenfrage?)


Die Menschen, die uns zuhören, und diejenigen, die
ielleicht nachlesen, will ich daran erinnern, worum es
eht: In Europa leben mehr als 450 Millionen Menschen.
ie meisten von ihnen telefonieren, simsen, mailen, fa-
en und bewegen sich im Internet. Jede dieser Aktivitä-
en hinterlässt Spuren. Rufnummern, Rufumleitungen,
ufweiterleitungen, Namen, Anschriften der Kommuni-
ationsteilnehmer, Benutzerkennungen, Internetproto-
olladressen, IMSI- und IMEI-Kennungen, Datum, Uhr-
eit, Dauer der Kommunikation und schließlich
tandortdaten über Beginn und Dauer der Kommunika-

ion mit Mobilgeräten, all das soll nach der vorliegenden
ichtlinie auf Vorrat gespeichert werden. Bis auf die di-

ekte Kenntnisnahme der Inhalte wird damit alles, was
s an Standortdaten gibt – wirklich alles! –, durch die
eue Richtlinie erfasst.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Eben nicht!)


ie weit aus diesen sensiblen und umfassenden Daten
ückschlüsse auf soziales Verhalten, persönliche Veran-

agungen, ja, auch Inhalte der Kommunikation möglich
ind, überlasse ich der Fantasie jedes Einzelnen. Aber
ch weise darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht
lle diese Daten im Rahmen des Fernmeldegeheimnisses
nter den gleichen grundrechtlichen Schutz gestellt hat
ie die Inhalte der Kommunikation selbst.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Quatsch!)


Um das Ausmaß dessen, was an Speicherung vorge-
ehen ist, auch für diejenigen, die sich technisch nicht so
ehr damit befassen, klar zu machen: Nach den Zahlen
on BITKOM, die unwidersprochen geblieben sind,
ürden für die Bundesrepublik Deutschland pro Tag
pro Tag! – 639 000 Disketten voll geschrieben werden.
ür ganz Europa ergäbe sich für die sechs Monate, die
ie als Speicherungsdauer anstreben, eine Wegstrecke
on 2 800 Kilometern, wenn man die Disketten neben-
inander legen würde. – Das sage ich nur, damit Sie sich
inmal die Größenordnung vorstellen können.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wer hat denn noch Disketten, Herr Montag?)


Eine solch lückenlose Erfassung des Kommunika-
ionsverhaltens aller Kommunikationsteilnehmer greift
ief in unser Selbstbestimmungsrecht ein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Jerzy Montag
Dieses Selbstbestimmungsrecht ist Teil des Persönlich-
keitsrechts. Es ist verfassungsrechtlich geschützt. Das ist
ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-
richts, das ist der Geist des deutschen Datenschutzrechts
und das war bisher die Auffassung dieses Parlaments.

Deshalb hat sich das Hohe Haus bei der Novelle des
TKG ausdrücklich gegen jegliche Speicherung auf Vor-
rat ausgesprochen. Zum Schutz der Freiheiten der Bür-
gerinnen und Bürger haben wir den Firmen Löschungs-
fristen auferlegt. Das war bisher die Auffassung des
Parlaments. Deshalb hat dieses Parlament der Bundesre-
gierung auch aufgegeben, auf europäischem Parkett da-
für zu sorgen, dass Deutschland diese Richtlinie nicht
mitträgt; so der Innenausschuss am 22. Dezember. Wir
haben gefordert, dass Deutschland diese Richtlinie bei
der Abstimmung ablehnt; so der Rechtsausschuss und
der Wirtschaftsausschuss. Alle diese Entscheidungen ha-
ben Sie, meine Damen und Herren Kollegen von CDU/
CSU und SPD, mit uns zusammen getragen.

Deswegen ist es richtig, wenn ich sage: Sie sind dieje-
nigen, die einen Paradigmenwechsel vollzogen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist besonders enttäuschend bei Ihnen, meine Damen
und Herren Kolleginnen und Kollegen von der SPD,
weil Sie, was Wortgewalt und auch Wortwitz anbelangt


(Abg. Jörg Tauss [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– derjenige, der gemeint ist, meldet sich soeben –, bisher
immer diejenigen waren, die sich am effektivsten und
am stärksten für die Grundrechte der Bürger stark ge-
macht haben.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin enttäuscht, Herr Tauss! Tief enttäuscht!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601916700

Herr Kollege Montag, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Tauss?


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601916800

Aber selbstverständlich.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601916900

Lieber Kollege Montag, vielen Dank dafür, dass Sie

mir Wortwitz zuschreiben. Aber hier geht es nun wirk-
lich um ein ernstes Thema. Sie sprechen zu Recht an,
dass wir in diesem Haus eine gemeinsame Position ge-
funden haben. Diese gemeinsame Position haben wir
übrigens auch deshalb gesucht, um gegenüber dem
Europäischen Parlament deutlich zu machen, was die
Meinung des deutschen Parlaments ist, so wie das an-
dere nationale Parlamente ebenfalls getan haben.

Nur, das Europäische Parlament hat jetzt entschieden,
und zwar nicht in dem Sinne, in dem ich es mir ge-
wünscht hätte. Ich halte das in der Tat für einen An-
schlag auf Bürgerrechte und auf Datenschutz in Europa,
der inakzeptabel ist; da stimme ich den Kritikern zu.

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(C (D (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie doch dagegen!)


it dieser Bewertung komme ich jetzt aber nicht weiter.
ir haben diese Richtlinie nun einmal umzusetzen.

Würden Sie deswegen nicht auch konstatieren, dass
ich hier etwas an der Lage geändert hat? Wir müssen
ine Richtlinie umsetzen, ob sie uns gefällt oder nicht.
ir haben uns im Sinne dessen, was wir beschlossen ha-

en, bemüht, nur ein Mindestmaß an Umsetzung vorzu-
ehmen. Würden Sie, Kollege Montag, bei der Kritik,
ie Sie jetzt auch als Person geübt haben, mir zubilligen,
) dass es ein Bemühen, hier zu einer Verbesserung zu
ommen, gegeben hat und b) dass wir uns mit unserem
ntrag am unteren Rande dessen bewegen, was uns die
ichtlinie zur Umsetzung vorgibt?


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601917000

Herr Kollege, zuallererst freue ich mich darüber, dass

ie auch heute noch zu der Auffassung stehen, dass die
ichtlinie, so wie sie jetzt Realität werden soll, wirklich
inen Anschlag auf die Bürgerrechte darstellt. Für diese
larstellung danke ich Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das ist kein Anschlag, sondern sie soll Anschläge verhindern!)


Herr Kollege, nun zu der Antwort auf Ihre Frage an
ich.


(Zurufe)


Hören Sie lieber mir zu! Mit Ihren Kollegen können
ie sich später unterhalten.

Wenn die Richtlinie nach einer höchstrichterlichen
berprüfung umzusetzen ist, dann werden wir uns da-

über zu unterhalten haben, wie das zu geschehen hat.

Ich will Ihnen aber in den Sekunden, die mir noch
erbleiben, lieber erklären, was wir jetzt gemeinsam ma-
hen könnten, wenn Sie nur mitziehen würden. Wir ste-
en nämlich vor der Situation, dass Kommission und Rat
ie Pferde gewechselt haben. Im Jahre 2004/2005 haben
ie es in Form eines Rahmenbeschlusses in der Dritten
äule, für den sie die Einstimmigkeit gebraucht hätten,
uf den Weg gebracht. Jetzt wurden die Säulen gewech-
elt und es soll in Form eines Mitentscheidungsverfah-
ens geschehen, für das nur eine Mehrheit erforderlich
st.


(Jörg Tauss [SPD]: Rechtsgutachten!)


ies ist ein völliger Missbrauch der entsprechenden
uropäischen Vorgaben. Ich kündige Ihnen an, dass wir
ier eine dahin gehende Initiative starten werden, dass
ie Bundesrepublik Deutschland eine Nichtigkeitsklage
rhebt, falls diese Richtlinie tatsächlich in dieser Form
eschlossen werden sollte. Ich würde mich freuen, wenn
ie, Herr Kollege, dann die Initiative des Parlaments,
ine Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichts-
of zu erheben, mittragen würden. In Ihrem eigenen An-
rag steht ja, dass Sie immer noch Bedenken hinsichtlich






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
der Rechtsgrundlagen, nach denen jetzt vorgegangen
wird, haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601917100

Herr Kollege, gestatten Sie noch eine weitere Zwi-

schenfrage des Kollegen Tauss?


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601917200

Wenn Sie es gestatten, gestatte ich es auch.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601917300

Ich gestatte es.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601917400

Herr Kollege, ich habe Sympathie für diesen Vor-

schlag. Zwischen uns besteht ja bezüglich der Säulen
völlige Übereinstimmung. Ist Ihnen aber bekannt, dass
alle Rechtsgutachten, die dem Europäischen Parlament
und dem BMJ vorliegen, den Weg über eine andere
Säule nicht mehr als den einzig gangbaren erscheinen
lassen? Hier hat sich die Rechtslage in Europa ziemlich
eindeutig zu unseren Ungunsten gewendet. Wir prüfen
es gerne. Ist Ihnen also dieses in Form von Rechtsgut-
achten vorliegende Material bekannt? Wenn nicht, stelle
ich es Ihnen gerne zur Verfügung.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601917500

Herr Kollege Tauss, mir ist das bekannt. Ich denke

nur mit Grausen an folgende Situation: Wir hatten in die-
sem Hohen Haus über das Luftsicherheitsgesetz zu bera-
ten und zu entscheiden.


(Unruhe bei der SPD)


– Das müssen Sie sich schon anhören. – Deshalb hatte
der Innenausschuss dazu eine Sachverständigenanhö-
rung durchgeführt, bei der uns alle geladenen Rechtspro-
fessoren mitgeteilt hatten, alle Regelungen seien verfas-
sungsgemäß. Ich hoffe, Sie haben sich gestern ebenso
wie ich dem Vergnügen der Selbstkasteiung hingegeben
und es sich im Fernsehen angeschaut, mit welcher Klar-
heit das Bundesverfassungsgericht dazu eine eigene
Position gefunden hat, eine Position, die, wie ich finde,
keine schlechte ist. Wir sind deswegen – ich hoffe, das
gilt auch für Ihre Fraktion und die Koalition – bereit,
dann, wenn es zu dieser Richtlinie kommt, dafür zu sor-
gen, dass, wie es Irland schon angekündigt hat – Frank-
reich wird sich dieser Haltung offensichtlich auch bald
anschließen –, eine Nichtigkeitsklage dagegen erhoben
wird. Danach können wir immer noch vom EuGH prü-
fen lassen, ob die Rechtsgrundlage wirklich in Ordnung
gewesen ist. Ich habe dazu meine eigene juristische Mei-
nung. Ich sage Ihnen aber, dass die vorliegende Richtli-
nie auf sehr schwachen Füßen steht und dass es gut ist,
wenn sie fällt, und nicht schlecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ich habe schon darauf hin-
gewiesen, dass die Koalition in ihrem Antrag unter
Ziffer 13 sehr wohl die Bedenken formuliert hat, die sie

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(C (D mmer noch gegenüber der zugrunde gelegten Rechtsrundlage hat. Deswegen kann ich Sie nur noch einmal uffordern: Lassen Sie diesen Bedenken auch Taten folen! Wenn es so weit ist und die Richtlinie im nächsten onat tatsächlich kommen sollte, dann sollten wir geeinsam versuchen, den Rechtsweg zu beschreiten. enn ich den Blick auf die linke Seite des Hauses richte, ann ich aus Ihren Gesichtern lesen, dass Sie eigentlich mmer noch gegen eine solche Vorratsdatenspeicherung ind. Sie machen nur mit – das ist klar –, um die Koaliion nicht zu gefährden. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Sie haben doch auch dem Luftsicherheitsgesetz zugestimmt!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601917600

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege

an Korte.


(Joachim Stünker [SPD]: Muss das sein?)



Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601917700

Es muss ganz schön langweilig gewesen sein ohne

ns. Wie haben Sie das bloß ausgehalten? – Herr
ontag, ich möchte nur eine Bemerkung machen: Ers-

ens habe ich keinen Vergleich mit der DDR angestellt,
ondern eine Schlussfolgerung aus der Analyse der Ge-
chichte gezogen, wonach man heute zu bestimmten
tandpunkten kommt. Zweitens ist zu sagen, dass die
tändigen DDR-Vergleiche, insbesondere von dieser
eite des Hauses, ununterbrochen gegenüber uns ange-
racht werden, um sich nicht mit sachlichen Argumen-
en auseinander setzen zu müssen. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601917800

Für die Bundesregierung hat nun der Parlamentari-

che Staatssekretär Alfred Hartenbach das Wort.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1601917900


Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-
egen! Kollege Montag, ich darf Ihnen versichern: Die
oalition steht fest, auch in dieser Sache. Es ist gut, dass

s kritische Stimmen gibt; wir brauchen in diesem Deut-
chen Bundestag kritische Stimmen.

Wir debattieren heute nicht zum ersten Mal über die
orratsdatenspeicherung. Deswegen will ich mich ein
isschen kurz fassen und am Ende meiner Rede auf das
ommen, was hier gesagt worden ist. Nur einige wenige
unkte:

Erstens brauchen wir für eine wirksame Verfolgung
nd Bekämpfung von Straftaten dringend den Zugriff
uf Telekommunikationsverkehrsdaten. Deshalb müs-
en diese Daten über einen gewissen Zeitraum gespei-
hert werden. Dies belegen Berichte der Länder und der
nderen EU-Mitgliedstaaten und das belegt auch ein






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach
jüngst vorgelegter Bericht des Bundeskriminalamtes,
der anhand Hunderter realer Fälle aufzeigt, dass die be-
stehende Rechtslage, die keine strafprozessuale Spei-
cherpflicht vorsieht, unzureichend ist.

Zweitens. Der in Brüssel erzielte Kompromiss hält
die Balance zwischen den Interessen der Strafverfolgung
einerseits und den Interessen der Bürger und der Dienste-
anbieter andererseits. Zum einen sind nur Daten erfasst,
für die ein Bedarf tatsächlich belegt ist und deren Spei-
cherung keinen unverhältnismäßigen Aufwand verursa-
chen wird.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601918000

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Geis?

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1601918100


Ja, bitte.


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1601918200

Herr Staatssekretär, im Antrag von Bündnis 90/

Die Grünen wird beklagt, dass die Bundesregierung
nicht ebenso wie die Staaten Slowenien, Slowakei und
Irland den Beschluss der Richtlinie abgelehnt hat. Kön-
nen Sie mir sagen, warum diese Staaten die Richtlinie
abgelehnt haben?


(Jörg Tauss [SPD]: Unterschiedliche Gründe!)


A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1601918300


Es gibt – Herr Tauss hat das mit seiner lauten Stimme
schon gesagt – unterschiedliche Gründe. Irland will, wie
der Kollege Montag schon ausgeführt hat, den Europäi-
schen Gerichtshof anrufen, weil es meint, dass die Richt-
linie nicht das richtige Rechtsinstrument sei. Das Glei-
che meint übrigens auch die Slowakei. Die Slowenen
haben ganz andere Gründe. Sie wissen, dass wir getreu
dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom
Januar 2005 immer darauf gedrängt haben, im Rahmen
der Dritten Säule zu verhandeln. Es gibt aber ernst zu
nehmende Rechtsgutachten der Kommission und des
Europäischen Parlamentes, die das anders sehen. Auch
nach neuer Rechtsprechung des Europäischen Gerichts-
hofes kann zum Beispiel Umweltstrafrecht in einer
Richtlinie geregelt werden.

Nun noch etwas, Herr Kollege Geis, was für Sie viel-
leicht von Interesse ist: Irland hat derzeit bereits eine
Vorratsdatenspeicherfrist von 36 Monaten. Der Slowakei
waren sechs Monate zu wenig; sie will eine Mindestspei-
cherfrist von 24 Monaten.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Slowenien hat sich für eine Speicherfrist von mindestens
zwölf Monaten ausgesprochen. Gerade diese drei Staa-
ten sind also nicht so altruistisch und menschenfreund-
lich, wie Bündnis 90/Die Grünen hier unterstellt.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das war wie immer durch Unkenntnis getragen!)


Deswegen halten wir die Mindestspeicherfrist von
echs Monaten für maßvoll. In der Praxis bedeutet das,
ass die meisten Unternehmen gar keine wesentlich län-
eren Speicherungen vornehmen müssen als bisher. Das
aben auch die Abgeordneten des Europäischen Parla-
ents so gesehen und deshalb von sich aus gesagt, dass

ie dem zustimmen können.

Frau Leutheusser-Schnarrenberger, auch die Reaktion
er Unternehmen und Verbände war – Herr Krings hat es
ereits gesagt – einhellig positiv. Wir wollen uns bei der
msetzung der Richtlinie an Mindestanforderungen
rientieren. Was jetzt in der Richtlinie als Mindestanfor-
erung festgelegt ist, geht wesentlich auf unsere Ver-
andlungsführung zurück. Wir haben uns in Brüssel für
aßvolle Speicherpflichten eingesetzt. Dabei ging es im
brigen nicht um das Bewegungsprofil, das Sie, Herr
ontag, angesprochen haben. Dies wird es nach unse-

em Willen nicht geben. Wir wollen diese Position mit
hrer Unterstützung in Brüssel weiter vertreten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich darf mich an dieser Stelle bei denjenigen sehr
erzlich bedanken, die im Januar 2005 diesen Beschluss
efasst haben. Auch dank der Rückendeckung des Parla-
entes wurden wir befähigt, die Verhandlungen in unse-

em Sinne zu führen. Es war keineswegs so, Herr Kol-
ege Montag, dass wir generell gesagt haben, wir wollen
eine Vorratsdatenspeicherung. Wir haben im Jahre
004 einen Änderungsantrag des Bundesrates abgelehnt,


(Joachim Stünker [SPD]: Jawohl!)


eil er nach unserer Ansicht nicht in das Telekommuni-
ationsgesetz hineinpasste. Wir haben aber auch gesagt,
ass wir im Moment und unter diesen Bedingungen
eine Vorratsdatenspeicherung wollen, aber dass wir
och einmal in diese Thematik einsteigen, wenn sich die
edingungen – damals war von Mindestspeicherfristen
on 24 Monaten und von einer Erstellung des Bewe-
ungsprofils die Rede – ändern.

Verehrte Frau Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger,
ch muss mich noch einmal an Sie wenden. Sie beklagen,
ass wir Bürgerrechte verletzen


(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Einschränken!)


nd dass wir wahllos in diese Rechte eingreifen. Herr
örmann hat deutlich gemacht, dass Abfragen nur bei
anz bestimmten Straftaten überhaupt zulässig sind. Das
on Ihnen vorgeschlagene „quick freeze“-Verfahren
ürde viele Fälle überhaupt nicht erfassen, wie zum Bei-

piel den von Herrn Krings genannten Fall.

Ich kann Ihnen einen weiteren Fall nennen, der uns im
oment alle betrifft. Sie alle bekommen zurzeit sicher

ingierte E-Mails, so genannte Phishing-Mails. Die ver-
eintlichen Absender sind beispielsweise Deutsche
ank, Commerzbank und Raiffeisen-Volksbank.


(Jörg Tauss [SPD]: Da sind die Absender aber bekannt!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach
– Halt doch mal deinen Mund, Jörg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In diesen Mails wird nach Ihren persönlichen Daten wie
PIN und TAN-Nummern gefragt. Darauf fallen Leute
rein. Die Täter sind nicht identifizierbar, weil sie dyna-
mische IP-Adressen benutzen. All das können wir mit
dem „quick freeze“-Verfahren überhaupt nicht verfol-
gen.

Ich sage es noch einmal: Wer behauptet, dass man
nicht einmal mehr harmlos telefonieren könne, der tut
diesem Rechtsstaat unrecht.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Denn in unserem Rechtsstaat wird dafür Sorge getragen,
dass man auf diese Daten nur dann zugreifen kann, wenn
jemand gegen das Gesetz gehandelt hat.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Oder verdächtig ist!)


– Herr Kollege Ströbele, ganz ruhig bleiben.

Herr Kollege Montag, wir sind doch keine Straftäter.
Aber wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Bürgerin-
nen und Bürger vor Straftätern geschützt werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist die SPD nur angekommen?)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601918400

Das Wort hat nun die Kollegin Daniela Raab, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1601918500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Für die noch wenigen verbliebenen Zuschauer auf der
Tribüne will ich drei Fußnoten anbringen. Sollten Sie bis
zum heutigen Tage der Ansicht gewesen sein, Rechtspo-
litik sei eher unspannend und manchmal etwas langwei-
lig und unbegreiflich, dann sehen Sie, dass es auch
anders sein kann. Wir haben heute den Fall einer tiefen-
psychologischen Anwandlung. Der Kollege Montag
wollte in den Gesichtern der SPD erkannt haben, was die
Kollegen wirklich wollen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Gesichter sind offen!)


Es gibt den fast noch bemerkenswerteren Fall, dass
die Linke, ehemals PDS, die Grundrechte für sich ent-
deckt. Respekt und Gratulation, möchte man nach einem
jahrzehntelangen Lernprozess sagen.


(Zurufe von der LINKEN: Oh!)


Aber – das ist die dritte Fußnote – aufgrund Ihrer Un-
kenntnis fehlt noch einiges zum Verständnis unseres An-
trages. Deswegen möchte ich auch gar nicht auf Ihre Po-
sition eingehen.

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(C (D Zurück zum Thema. Es ist viel Richtiges, aber auch iel Falsches gesagt worden. Deswegen versuche ich, as Thema noch einmal für alle diejenigen einzufangen, ie vielleicht in dem Gewusel den Überblick verloren aben. Worum geht es bei der Vorratsdatenspeicherung und orum geht es gerade nicht? Um es gleich vorweg in al er Klarheit zu sagen – ich denke, Kollege Krings hat es orhin relativ deutlich ausgeführt –: Es geht nicht um as wahllose und wilde Anhäufen von Datenbergen, chon gar nicht von irgendwelchen CD-ROMs, die aneblich bis nach Rom reichen sollen. Es geht einzig und llein darum, beispielsweise aus der Telefonoder Interetnutzung Kommunikationsdaten zu sichern und diese m Falle des Verdachts einer schweren Straftat für Erittlungen abrufen zu können, also um nicht mehr und icht weniger. Warum ist uns das so wichtig? Das lässt sich für dieenigen, die nicht sehr rechtskundig sind, am besten anand von einfachen Beispielen erklären. Kollege Krings at bereits eines erwähnt. Ich möchte ein zweites hinzuügen, weil es aus einem ganz anderen strafrechtlichen ereich kommt: Gegen einen deutschen Staatsangehörien wurde wegen des Verdachts ermittelt, Turbinen für ampfhubschrauber zu beschaffen und nach Libyen zu iefern. Ursprünglich waren Verbindungsdaten vorhanen. Mangels gesetzlicher Speicherungspflicht konnte uf diese im Zuge des Ermittlungsverfahrens nicht mehr urückgegriffen werden. Es gibt viele weitere Fälle, die elegen, wie wichtig es ist, dass wir Kommunikationsdaen in einem zeitlichen Mindestrahmen speichern. Ich füge hinzu: Wir reden hier nicht von Bagatelldeikten und vom viel zitierten Fahrraddiebstahl. Wir reden uch nicht davon, dass der Staat an der Muschel Ihres elefones hängt und Ihre Gespräche belauscht. Es geht chlicht und ergreifend darum – am Rande sei festgetellt, dass das der Unterschied zwischen Speicherung nd Abhören ist –, dass Kontaktdaten bis zu einem Zeitaum von sechs Monaten gespeichert und im Falle des alles, also dann, wenn der Verdacht auf eine erhebliche traftat vorliegt, abgefragt werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir leben leider nicht auf einer Insel der Glückseli-
en, die uns von all dem Bösen, das um uns herum ge-
chieht, abschottet. Wir werden vielmehr mit Strukturen
eit verzweigter Verbrechen, mit mafiösen Strukturen
nd mit Terrorismus konfrontiert; darauf ist heute schon
ielfach hingewiesen worden. Die bisherigen Bestim-
ungen des Telekommunikationsgesetzes sind hier ein-

ach nicht ausreichend. Deswegen muss es eine europa-
eit einheitliche Regelung geben.

Der Bundesregierung ist es – der Staatssekretär hat es
ngesprochen – nach teilweise sehr zähen Verhandlun-
en auf europäischer Ebene gelungen, eine, wie auch ich
inde, ausgewogene, allen beteiligten Interessen Rech-
ung tragende Lösung zu finden. Im Richtlinientext hat
an sich auf eine allgemeine Speicherungsfrist von






(A) )



(B) )


Daniela Raab
mindestens sechs und höchstens 24 Monaten geeinigt;
all das ist gesagt worden. Erfolglose Anrufversuche wer-
den nicht gespeichert und es wird – das betone ich – kein
Inhalt gespeichert.

Es wurde in der Tat ein Ausgleich zwischen dem ef-
fektiven Strafverfolgungsinteresse und, Frau Leutheusser-
Schnarrenberger, dem Grundrecht des Fernmeldege-
heimnisses gefunden. Ich möchte Ihre Bedenken nicht
kleinreden; dass wir uns da richtig verstehen. Wir müs-
sen hier sensibel vorgehen. Das wollen wir auch tun.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aber ich denke, der Bürger, der ein großes Interesse da-
ran hat, dass sein Fernmeldegeheimnis gewahrt bleibt,
hat ein ebenso großes Interesse daran, dass er vor Straf-
taten geschützt wird. Das dürfen wir nicht aus dem Auge
verlieren.

Deshalb bin ich mir ziemlich sicher, dass wir, wenn
die Richtlinie beschlossen worden ist – denn es gibt sie
noch nicht –, vielleicht auch in Zusammenarbeit mit Ih-
nen – das würde mich sehr freuen – einen ausgewogenen
Gesetzentwurf erarbeiten können. Wie gesagt, wir neh-
men die Bedenken ernst. Sie sind angekommen. Ihr Bei-
trag war sachlich und absolut berechtigt.

Ich bin mir sicher: Wir sind auf dem richtigen Weg.
Es gibt keinen Paradigmenwechsel, höchstens im Be-
reich der internationalen Kriminalität. Wir sind gezwun-
gen, darauf zu reagieren. Ob es uns wirklich gefällt, ist
eine andere Frage.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601918600

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Peter Danckert,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1601918700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

gen! Bevor ich es am Schluss meiner Rede vergesse,
möchte ich das Bundesministerium des Innern und das
Bundesjustizministerium bitten, zu prüfen, ob nicht ähn-
liche Erklärungen abgegeben werden sollten, wie sie in-
zwischen von etlichen Ländern eingereicht oder ange-
meldet worden sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Offensichtlich scheint es hinsichtlich der Frist im Be-
reich der Internettelefonie und der Internet-E-Mails tech-
nische Probleme zu geben. Wir wären gut beraten, dies
noch einmal zu prüfen, um nicht nachher an dieser Stelle
ein Problem zu bekommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will mich nicht darüber auslassen, ob hier die
Dritte oder die Erste Säule die richtige Rechtsgrundlage
ist; das wissen die Kollegen Montag und Leutheusser-

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(C (D chnarrenberger sehr viel besser. Ich denke, wir sollten ie Auffassung der Europäischen Kommission zur enntnis nehmen und abwarten, was daraus wird. Inzwi chen ist eine gewisse Vorentscheidung ergangen. Ob sie tandhält, bleibt abzuwarten. Es besteht vielleicht auch ie Möglichkeit, dass der eine oder andere dagegen lagt. Ich stelle mich zunächst einmal auf den Boden der atsache, dass die Richtlinie auf Basis der Ersten Säule erechtfertigt ist. Es hilft nichts, im Parlament darüber u lamentieren; denn wir haben dies nicht zu entscheien. Von daher lasse ich diesen Punkt einmal außen vor. Die Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger hat heute inen Begriff geprägt, der mich angesichts der Materie, m die es hier geht, stark irritiert hat. Sie sprachen daon, dass hier eine Überwachung durch den Staat erolgt. Das ist maßlos übertrieben nd trägt dem deutschen Anspruch, diese Materie fast inimalistisch zu regeln, in keiner Weise Rechnung. (Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Im Kern ändert sich nichts!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ie bauen hier einen Buhmann auf.

Wir haben eine lange Rechtskultur, was die Grund-
echtswahrung angeht, angefangen vom Volkszählungs-
rteil 1985. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass das,
as sich im Bereich der Kriminalität bedauerlicherweise

ntwickelt hat, Lichtjahre von dem entfernt ist, was 1985
n diesem Bereich Usus war.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


eute haben wir weltweiten Terrorismus und europa-
eite Kriminalität. Von daher können wir Kriminalitäts-
ekämpfung nicht mit den Mitteln aus der Zeit des
olkszählungsurteils betreiben.


(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Machen wir doch gar nicht!)


Doch, das ist es, was Sie wollen.


(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Ach was!)


Ich sage es Ihnen ganz offen: Wenn es den Telekom-
unikationsanbietern erlaubt ist, die Daten zum Zwecke

er Abrechnung sechs Monate zu speichern, kann ich es
icht als Paradigmenwechsel empfinden, wenn wir jetzt
agen, dass es eine Verpflichtung geben soll, mehr als
50 Millionen Daten zu erfassen, aber nicht grundlos,
ondern ausschließlich zum Zweck der Kriminalitätsbe-
ämpfung, zur Bekämpfung des Terrorismus, zur Verfol-
ung schwerster Straftaten. Diese Regelung dient also
icht dazu, im Umfeld der Bürger herumzuschnüffeln,
ondern lediglich dazu, im Falle schwerster Straftaten
ufklärung zu betreiben.

Sie werden sicherlich den Bericht des Bundeskrimi-
alamts erhalten haben, Frau Kollegin – auch der Kol-

ege Montag –,


(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Den haben wir erhalten!)







(A) )



(B) )


Dr. Peter Danckert
den die Justizministerin den Berichterstattern zugeleitet
hat. In diesem Bericht, der Ergebnis einer rechtstatsäch-
lichen Untersuchung ist, ist klar zu erkennen, welche Be-
deutung die Datenspeicherung hat, und zwar in dem
Umfang, wie wir sie vorgesehen haben, also für eine
Dauer von maximal sechs Monaten. Das ist der Zeit-
raum, der für die Kriminalitätsbekämpfung am effektivs-
ten ist; darauf können wir nicht verzichten.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601918800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger?


Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1601918900

Sehr gerne, Frau Kollegin.


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1601919000

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass Ergebnis dieser

rechtstatsächlichen Untersuchung des Bundeskriminal-
amts gewesen ist, dass man sich bei Delikten des sexuel-
len Missbrauchs und bei Betrugsdelikten etwas von der
Vorratsdatenspeicherung verspricht? Das sind die einzi-
gen Delikte, die bei den entsprechenden Abfragen als re-
levant benannt wurden, nicht die Bereiche, die Sie hier
die ganze Zeit anführen. Ist Ihnen das bekannt?


Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1601919100

Das ist mir bekannt. Ich weiß auch, dass in diesem

Bereich der höchste Prozentsatz an positiven Ermitt-
lungsergebnissen erreicht wurde. Das spricht aber nicht
gegen die Regelung an sich.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601919200

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

frage des Kollegen Montag?


Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1601919300

Ich fühle mich geehrt, dass der Kollege mich mit ei-

ner Zwischenfrage bedenkt.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601919400

Danke schön. – Sie haben mich persönlich angespro-

chen und darauf hingewiesen, dass ich einen Bericht auf
der Grundlage einer rechtstatsächlichen Untersuchung
erhalten habe. Sie haben auch gefragt, ob ich ihn gelesen
habe. Ich frage Sie, ob Sie uns hier im Plenum bestätigen
können, dass einerseits die Richtlinienentwürfe davon
sprechen, dass die Vorratsdatenspeicherung eingeführt
werden soll, um den internationalen Terrorismus zu
bekämpfen, und dass sich andererseits aus der Studie er-
gibt, dass sich von den 361 Fällen, die das BKA zur Ver-
fügung gestellt hat, genau 0,5 Prozent mit Straftaten des
internationalen Terrorismus beschäftigt haben?


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Eine Bombe, 10 000 Tote!)


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(C (D Lieber Kollege Montag, diese Fakten kenne ich auch; ie liegen mir vor. Das stimmt auch alles. Das ist aber ein grundlegender Einwand gegen die Datenspeicheung. Selbst wenn es auch nur 0,2 Prozent oder drei Fälle ind, dann lohnt sich die Sache, um solche schwersten traftaten aufzuklären. as ist der grundlegende Unterschied zwischen uns beien. Wenn wir in die eigentliche Beratung gehen – das ist eute ja nur der Auftakt dazu; wir werden den Entwurf es Justizministeriums in den nächsten sechs bis zwölf onaten haben; das muss gründlich vorbereitet werden –, erden wir uns an dieser Stelle sicherlich noch einmal enauso intensiv und – wie ich hoffe – sehr sachlich über iese Fragen unterhalten. Um eines bitte ich aber, und war dass denjenigen aus der Koalition, die heute den ntrag „Speicherung mit Augenmaß – Effektive Straferfolgung und Grundrechtswahrung“ unterstützen und erabschieden werden, nicht unterstellt wird, sie würden en Bürgern Grundrechte vorenthalten. Genau das Geenteil ist richtig: Wir sind besorgt um die Sicherheit der ürger und wahren gleichzeitig ihre Grundrechte. Das st das Ziel dieses Antrages. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache zu diesem Punkt. Bevor wir zur Abstimmung kommen, erteile ich das ort für eine Erklärung zur Abstimmung dem Kollegen iegfried Kauder, CDU/CSU-Fraktion. Siegfried Kauder SU)

Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1601919500

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601919600
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

ie europäischen Institutionen beackern das Feld des
trafprozesses punktuell, aber außerordentlich konse-
uent und beharrlich. Ich bin der Meinung, dass wir die-
es Vorgehen unter grundsätzlichen Erwägungen durch-
euchten müssen.

Dazu habe ich in einer Rede zum Europäischen Haft-
efehlsgesetz am 9. Februar 2006 Ausführungen ge-
acht – ich darf dazu erwähnen: unter breitem Beifall

ller Fraktionen. Es ging schlicht und ergreifend um die
rage, die wir uns auch hier stellen müssen: Hat die EU
berhaupt eine Regelungskompetenz in dem Bereich
er Vorratsdatenspeicherung?


(Jörg Tauss [SPD]: Gute Frage! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


enn eine Regelungskompetenz besteht, besteht sie
ann in der Dritten Säule – mit der Möglichkeit, dass nur
in Rahmenbeschluss erlassen werden darf –, oder be-
teht die Möglichkeit, diese Kompetenz von der Dritten
äule in die Erste Säule zu verlagern?






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe den Ver-
dacht, dass die EU konsequent die Entscheidung des
EuGH vom 13. September 2005 zum Umweltstrafrecht
weiterverfolgt. Man zieht eine Kompetenz, die in die
Dritte Säule gehört, als so genannte Annexkompetenz
schlicht und ergreifend in die Erste Säule. Dabei stellt
sich schon die Frage, ob so etwas überhaupt machbar ist
und ob wir diesen Weg nachvollziehen wollen. Aber
denklogisch setzt eine Annexkompetenz erst einmal vo-
raus, dass für die Regelung eine Hauptkompetenz be-
steht. Diese Hauptkompetenz ist hier überhaupt nicht ge-
geben. Das heißt, man macht den so genannten Annex
zur Hauptsache.

Wenn wir diesen Weg verfolgen, werden wir zu dem,
wovor Herr Schünemann uns warnt, nämlich zu einem
Lakaien Brüssels.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben Recht! – Sabine LeutheusserSchnarrenberger [FDP]: Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht, Herr Kauder!)


Wir sind kein Abnickverein Brüssels und wir sind kein
Abnickverein der deutschen Regierung!


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir sind ein eigenständiges Parlament, das seine Rechte
insbesondere bei europäischen Rechtsetzungsakten wah-
ren muss. Deswegen werde ich diesem Antrag der CDU/
CSU und SPD nicht zustimmen. Ich werde ihn ablehnen.


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601919700

Wir kommen nun zur Beschlussempfehlung des

Rechtsausschusses auf Drucksache 16/690. Der Aus-
schuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
empfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 16/545 mit dem
Titel „Speicherung mit Augenmaß – Effektive Strafver-
folgung und Grundrechtswahrung“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Dann ist die Beschlussempfehlung
angenommen mit den Stimmen der SPD-Fraktion, aller
Stimmen der CDU/CSU-Fraktion mit Ausnahme einer
Stimme, bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion, der Grü-
nen und der Linken und einer Stimme aus der CDU/
CSU-Fraktion.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksa-
che 16/128 mit dem Titel „Gegen eine europaweit ver-
pflichtende Vorratsdatenspeicherung“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Wer
enthält sich? – Dann ist die Beschlussempfehlung ange-
nommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ge-
gen die Stimmen der FDP, der Grünen und der Fraktion
Die Linke.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/690 die

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(C (D blehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die rünen auf Drucksache 16/237 mit dem Titel „Freiheit es Telefonverkehrs vor Zwangsspeicherungen“. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Dann ist die Beschlussempfehlung angeommen mit den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion, der PD-Fraktion und der Fraktion Die Linke gegen die timmen der FDP-Fraktion und der Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen. Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit Homburger, Martin Zeil, Christian Ahrendt und der Fraktion der FDP Bürokratieabbau – Jetzt sind konkrete Schritte gefragt – Drucksache 16/472 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Innenausschuss Rechtsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile – sobald diejeigen, die der Aussprache nicht folgen möchten, ihre espräche außerhalb des Plenarsaals fortführen – das ort der Kollegin Birgit Homburger von der FDP-Frak ion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir debattieren heute erneut über einen Antrag der FDPundestagsfraktion zum Abbau bürokratischer Lasten in eutschland. „Bürokratieabbau“ ist ja zum Schlagwort eworden. Es ist in aller Munde. Aber man muss sagen: chon die letzte Bundesregierung hat dabei überhaupt ichts erreicht. Damals hat ein Bundeswirtschaftsminiser namens Clement das Thema zur Chefsache gemacht. as Ergebnis war, dass er ein paar Kleinigkeiten er eicht hat, wie beispielsweise die Erleichterung der Beichtsund Dokumentationspflichten beim Umweltanagementsystem oder ein paar Erleichterungen bei er Arbeitsstättenverordnung, die nicht einmal richtig reifen. Es wurde auch ein Rechtsbereinigungsgesetz unter ustizministerin Zypries verabschiedet. Dadurch wuren so wichtige Gesetze und Verordnungen abgeschafft ie beispielsweise das Gesetz zur Wiederherstellung der echtseinheit auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung, er bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und es Kostenrechts von 1950 (Jörg Tauss [SPD]: Fangt doch mal in BadenWürttemberg an!)


(Beifall bei der FDP)

Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1601919800

der die Verordnung zur einheitlichen Regelung der Ge-
ichtsverfassung von 1935. So wichtige Sachen sind ab-






(A) )



(B) )


Birgit Homburger
geschafft worden – ich könnte die Liste fortsetzen – und
alle sind von anno Tobak. Das hat nichts, aber auch gar
nichts für die Entlastung der Betriebe von bürokrati-
schen Kosten gebracht. Deswegen wird es jetzt endlich
Zeit, dass wir damit anfangen.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Fangt in Baden-Württemberg an! Nichts schafft ihr da!)


– Herr Tauss, jetzt seien Sie einfach einmal ruhig oder
melden Sie sich zu einer Zwischenfrage. Dann beant-
worte ich gern Ihre Frage zu Baden-Württemberg.


(Jörg Tauss [SPD]: Wir haben doch schon festgestellt, dass Sie da nichts schaffen!)


In der ersten Regierungserklärung, die Frau Merkel in
dieser Legislaturperiode abgegeben hat, haben wir ge-
hört, die neue Regierung wolle etwas für den Mittelstand
tun. Frau Merkel hat erklärt:

Meiner Meinung nach können wir am meisten beim
Bürokratieabbau leisten … Wir werden uns das ge-
nau anschauen und erst einmal lernen, Bürokratie-
kosten zu berechnen und zu bemessen. Wir nehmen
uns klare Reduktionsziele vor.

Das Thema Bürokratieabbau hat es bis in die Neu-
jahrsansprache der Bundeskanzlerin und bis in ihre Rede
auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos geschafft.


(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Aber nicht bis in den Bundestag!)


Dort hat sie dieses Thema zur Chefsache erklärt; diesmal
allerdings nicht zur Chefsache des Wirtschaftsministers,
sondern zur Chefsache der Bundeskanzlerin.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Ja, genau! Dann ist das auch so!)


Zudem hat sie die Ermittlung der Bürokratiekosten und
die Einsetzung eines Normenkontrollrats angekündigt.

Jetzt stellt sich die Frage: Was machen Sie eigentlich?
In unserem Antrag fordern wir genau das ein, was die
Bundeskanzlerin angekündigt hat: die Einführung des
niederländischen Bürokratiekostenmessverfahrens, des
so genannten Standard Cost Model. Dort wird nämlich
durch ein ganz einfaches Schätzverfahren herausgefun-
den, wie viel Zeit Unternehmen mit bürokratischem
Aufwand verbringen und wie häufig ein bestimmter Vor-
gang stattfindet. Dies wird dann in betriebliche Kosten
umgerechnet. Auf diesem Wege wird ermittelt, wie viel
das die Betriebe insgesamt kostet. Deshalb brauchen wir
einen Normenkontrollrat, der unsere Gesetzentwürfe
im Vorhinein daraufhin kontrolliert, ob sie zu unsinniger
Bürokratie führen.


(Beifall bei der FDP)


In den Niederlanden will man dadurch eine Reduzie-
rung der Bürokratiekosten um 25 Prozent erreichen. Die
Bertelsmann-Stiftung hat unter Zugrundelegung der An-
nahme, dass dies gelingt, errechnet, dass die Betriebe in
Deutschland dadurch um 20 Milliarden Euro entlastet
werden könnten. Unsere Unternehmen ersticken in Bü-
rokratie und die vorhandenen Arbeitsplätze werden un-

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(C (D ötig belastet. Gleichzeitig könnten wir eine Entlastung rzielen, ohne in irgendeiner Form Haushaltsmittel in nspruch nehmen zu müssen. Wir müssten lediglich berflüssige Vorschriften beseitigen. (Beifall bei der FDP – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Ja, richtig! – Jörg Tauss [SPD]: Dann fangt mal an!)


Herr Tauss, es stellt sich die Frage, was eigentlich die
egierung macht – die SPD ist ja eine der Koalitions-

raktionen –:


(Jörg Tauss [SPD]: Auf Bundesebene haben wir schon gehandelt!)


n dieser Woche stand ebendieser Vorschlag auf der Ta-
esordnung der Kabinettssitzung.


(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Ja, aber die haben ihn einfach abgesetzt!)


ber dann hat die Regierung diesen Tagesordnungs-
unkt abgesetzt. So ist sie auch mit Begleitgesetzen ver-
ahren, zum Beispiel dem Vorschlag, den Mittelstand
urch die Reduzierung von Statistikpflichten zu entlas-
en oder den Aufwand im Baurecht dadurch zu verrin-
ern, sowie den Vorschlag, dass Anträge dann als geneh-
igt zu betrachten sind, wenn man nach Antragstellung

nnerhalb von sechs Wochen nichts von der zuständigen
ehörde gehört hat.

All diese Vorschläge, über die Sie immer nur reden,
at die FDP-Fraktion bereits in den Deutschen Bundes-
ag eingebracht. Aber was ist passiert? Es ist nicht nur
o, dass diese Vorschläge vom Kabinett nicht behandelt
urden. Es wurde sogar als Begründung angegeben, die
oalitionsfraktionen hätten sich nicht auf die Besetzung
es Normenkontrollrates einigen können.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Das müssen Sie in der Zeitung gelesen haben! Das stimmt doch gar nicht! – Dr. Rainer Wend [SPD]: Stimmt nicht! Wir waren uns doch einig!)


eine Damen und Herren, die Republik ächzt und
töhnt unter den hohen Bürokratiekosten und Arbeits-
lätze sind gefährdet. Aber Sie können sich nicht eini-
en, wie Sie den Normenkontrollrat besetzen wollen.
as ist, was Ihren Einsatz für den Bürokratieabbau be-

rifft, eine Schande.


(Beifall bei der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Es spricht das Maschinengewehr der FDP!)


Stattdessen kommt es zu zusätzlichen Belastungen:
ie Mehrbelastungen, die sich für die Unternehmen al-

ein durch das Vorziehen des Fälligkeitstermins der So-
ialversicherungsbeiträge ergeben, bewegen sich in einer
rößenordnung von 3 bis 4 Milliarden Euro pro Jahr.
ir haben beantragt, dieses Gesetz zurückzunehmen.


(Klaus Barthel [SPD]: Was passiert denn gerade in Baden-Württemberg?)


iesem Antrag haben Sie im zuständigen Ausschuss
hre Zustimmung verweigert. Auch hier haben Sie er-
eut das Gegenteil dessen getan, was Sie angekündigt
atten. Deswegen sagen wir Ihnen klipp und klar: Hören






(A) )



(B) )


Birgit Homburger
Sie auf mit Ihrer Ankündigungspolitik und fangen Sie
endlich mit dem Bürokratieabbau an!

Im Rahmen der Ausschussberatungen haben Sie die
Chance, zu zeigen, dass es Ihnen mit diesem Thema
ernst ist. Wenn Sie sich nicht einigen können, nehmen
Sie den Antrag der FDP als Grundlage. Dann haben Sie
eine Vorlage und brauchen nicht länger nachzudenken.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601919900

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Michael Fuchs für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1601920000

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe

Kollegen! Verehrte Frau Kollegin Homburger, ich danke
Ihnen für die baden-württembergische Wahlrede, die Sie
gehalten haben. Ich kann ja verstehen, dass Sie da nervös
sind.

Wenn ich mir Ihren Antrag so anschaue, darf ich Ih-
nen ein Kompliment machen: Sie sind im Abschreiben
des Koalitionsvertrages hervorragend – grammatikalisch
richtig und auch die Interpunktion ist in Ordnung gewe-
sen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Widerspruch bei Abgeordneten der FDP)


In der Sache haben Sie ja völlig Recht. Allerdings denke
ich, dass eine solche Abschreiberei einer Partei, die sich
Freiheit auf die Fahne geschrieben hat, unwürdig ist; Sie
sollten das Urheberrecht respektieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Bei all dem, was Sie hier vorgetragen haben, brauchen
Sie uns nicht zu belehren: Es steht exakt so im Koali-
tionsvertrag. Ich habe Ihnen die entsprechenden Aus-
züge aus dem Koalitionsvertrag mitgebracht und werde
sie Ihnen gleich geben. Ich habe mir nämlich schon ge-
dacht, dass Sie die Originaltexte nicht haben. Manchmal
hilft ein klein wenig Nachlesen.


(Birgit Homburger [FDP]: Wenn ich sie nicht habe, kann ich sie auch nicht abgeschrieben haben!)


Zur Sache. Wir wissen, dass wir beim Bürokratieab-
bau vorankommen müssen, und wir wollen das auch.
Frau Merkel hat darüber nicht nur in Davos gesprochen,
wie Sie es erwähnt haben, sondern sie hat das auch in ih-
rer Regierungserklärung angekündigt und ist sogar in ih-
rer Weihnachtsansprache darauf eingegangen. Sie hat
gesagt, dass sie den Bürokratieabbau für eines der wich-
tigsten Elemente der Politik der Regierung in den nächs-
ten vier Jahren hält. Insofern müssen Sie schon warten.


(Birgit Homburger [FDP]: Vier Jahre?)



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(C (D Sie werden nicht vier Jahre warten müssen: In Kürze ird sich etwas tun. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo war das Thema denn plötzlich, nachdem es auf der Tagesordnung der Kabinettssitzung stand?)


Wir werden das halt nicht so machen, wie Sie das ge-
acht haben, liebe Frau Scheel: Bröckelchen für Brö-

kelchen. Ich zitiere den Wirtschaftsminister der letzten
egierung. Er hat gesagt, es ist eine Verzettelung mit ge-

ingen bis minimalen Reförmchen, Einzel- oder Häuser-
ampf. Bundesminister Clement hat auch gesagt, es ma-
he keinen Sinn, die 173. Verordnung zur Änderung
iner weiteren Verordnung zu ändern. Dieses wollen
uch wir nicht – wir wollen eine Politik aus einem Guss
achen.


(Birgit Homburger [FDP]: Angekündigt waren „kleine Schritte“!)


ir haben uns vorgenommen, uns dabei nicht ständig
it neuen Dingen zu beschäftigen. Wir haben uns das

iederländische Modell sehr wohl angeschaut. Das Stan-
ardkostenmodell macht Sinn und wir werden es mit
em Normenkontrollrat umsetzen. Das wird in Kürze
uf Sie zukommen – Sie brauchen da keine Sorgen zu
aben – und wir freuen uns schon jetzt auf den gewalti-
en Applaus, den Sie uns dann spenden werden.

Wenn Sie den Koalitionsvertrag etwas intensiver ge-
esen hätten, hätten Sie festgestellt, dass wir in ihm eine
anze Menge Sofortmaßnahmen vorgesehen haben. Es
ird diesen Small-Company-Act geben, ein Gesetz, mit
em wir speziell den Mittelstand entlasten wollen. Das
ind nur die wesentlichen Punkte. All das hätten Sie vor-
er wissen können; Sie hätten Ihren Antrag gar nicht zu
tellen brauchen. Eigentlich ist es ohnehin unser Antrag:
enn es steht darin exakt so, wie wir es geschrieben ha-
en.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Richtig! Bürokratischer Aufwand ist das!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601920100

Herr Kollege Dr. Fuchs, gestatten Sie eine Zwischen-

rage der Kollegin Homburger?


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1601920200

Frau Kollegin, es ist mir eine Ehre.


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1601920300

Herr Kollege Dr. Fuchs, geben Sie mir Recht, dass die

nternehmen, die unter den bürokratiebedingten Kosten
eiden, erst dann etwas von einer im Koalitionsvertrag
ngekündigten Maßnahme haben, wenn diese umgesetzt
orden ist und zum Tragen kommt? Wollen Sie mir
echt geben, dass „Sofortmaßnahme“ heißt, dass man
twas sofort macht? Wenn Sie immer nur ankündigen, in
ürze würde etwas kommen – erst hieß das: Februar;
an hat es verschoben, doch noch immer heißt es: in
ürze –, dann ist das doch keine Sofortmaßnahme!






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1601920400

Frau Homburger, ich bin anderer Meinung als Sie. Ich

kann Ihnen nur eines sagen: Wir wollen eine vernünftige
Gesetzgebung hinbekommen, wir wollen, dass den ein-
zelnen Fakten Rechnung getragen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen nicht die ganze Zeit hin und her springen und
wie Sie jede Woche irgendein Anträgelchen auf die
Beine stellen – das Sie noch dazu bei anderen abschrei-
ben!


(Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch vor ein paar Monaten haben Sie das auch so gemacht!)


Wir wollen ein umfassendes Gesetz, das die Wirtschaft
entlastet. Wir sind uns in dem Punkt, dass die Wirtschaft
entlastet werden muss, völlig einig.


(Birgit Homburger [FDP]: Dann fangen Sie halt damit an!)


Nur, so wie Sie das machen – immer hin und her
springend –, macht das nicht allzu viel Sinn.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Gründlichkeit geht vor!)


Ich möchte kurz vortragen, was wir genau machen
wollen: Wir werden die Statistik-, Nachweis-, Doku-
mentations- und Buchführungspflichten angehen und
sie auf ein vernünftiges Maß reduzieren. Dabei muss
auch mehr Kostenbewusstsein ins Parlament. Mich hat
während meiner parlamentarischen Tätigkeit schon im-
mer geärgert, dass § 44 GGO eigentlich sehr wenig be-
achtet wurde und es auf der ersten Seite eines Entwurfs
stets hieß „Kosten: keine“. Wir hatten vor kurzem im
Wirtschaftsausschuss eine Debatte darüber, dass die Er-
fassung der Folgekosten von Bürokratie bis jetzt nicht
vernünftig vorgenommen worden ist. Dafür führen wir
ja den Normenkontrollrat ein. Wir werden auch die Ge-
nehmigungsverfahren vereinfachen.

Nebenbei: Das alles sind Dinge, die wir mit unserem
Koalitionspartner abgestimmt haben, mit dem wir uns
einig sind. Sie brauchen also überhaupt keine Hoffnung
zu haben, dass Sie einen Keil in die Koalition treiben
können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das tun wir gemeinsam. Der Kollege Wend und ich sind
uns auf diesem Sektor völlig einig.


(Birgit Homburger [FDP]: Das alles sind Dinge, die die FDP mal beantragt hat! Sie haben das abgelehnt!)


Wir werden darüber hinaus die Geltungsdauer des
– ich kann das mittlerweile fast unfallfrei aussprechen –
Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes verlän-
gern und die Geltung auf die ganze Bundesrepublik
Deutschland ausweiten.


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(C (D (Birgit Homburger [FDP]: War auch schon von uns beantragt! Das alles ist abgeschrieben!)


Frau Homburger, wenn Sie manchmal zuhören wür-
en, dann brauchten Sie nicht abzuschreiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Birgit Homburger [FDP]: Sie schreiben ab!)


Sie werden es erleben: Wir werden auch die Doppel-
nd Mehrfachprüfungen einschränken. Hierzu will ich
hnen ein schönes Beispiel aus meinem unternehmeri-
chen Erleben erzählen – das können Sie dann in Baden-

ürttemberg anbringen; dort ist es wahrscheinlich
enauso –: Das Gewerbeaufsichtsamt hat mein Unter-
ehmen besucht. Es beschäftigte sich mit der Höhe, in
er die Feuerlöscher in meinem Unternehmen aufge-
ängt sind, und stellte fest – oh Graus –, dass sie falsch
ngebracht sind, nämlich zu niedrig.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Hast du jetzt alle zu hoch angebracht? Dann kommt jetzt niemand dran!)


ch habe dann alle Feuerlöscher auf die Höhe von
,10 Meter hängen lassen. Ich weiß nicht, wie viele hun-
ert Stück wir haben, aber ein Mitarbeiter war einen gu-
en Tag lang damit beschäftigt. Es dauerte vier Wochen,
ann kam ein Vertreter der Berufsgenossenschaft. Und
ieser stellte fest, dass die Feuerlöscher viel zu hoch auf-
ehängt waren.

Ich habe dann allerdings doch einen leichten Wut-
nfall bekommen und gefragt: Was sollen wir denn jetzt
un? Sollen wir eine Schiene anschrauben, sodass wir die
inger immer rauf und runter schieben können, je nach-
em, wer gerade zur Haustür hereinkommt? Das kann es
icht sein. – Das darf in Zukunft nicht mehr passieren.
s muss eine Richtlinie geben, nach der geprüft wird.
oppelprüfungen sind tunlichst zu vermeiden. Daran
erden wir arbeiten.


(Beifall des Abg. Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU] sowie bei Abgeordneten der SPD)


Hier sind aber auch die Bundesländer gefordert, die
lle auf diesem Sektor zusätzliche Vorschriften geschaf-
en haben.


(Jörg Tauss [SPD]: So ist es! – Dr. Rainer Wend [SPD]: Zum Beispiel in BadenWürttemberg!)


ir müssen das gemeinsam hinbekommen und den Bun-
esländern auch sagen: Hört mit diesem Unfug der Dop-
elprüfungen auf.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir werden die Schwellenwerte im Bilanz- und Steu-
rrecht vereinheitlichen.


(Birgit Homburger [FDP]: Das haben Sie abgeschrieben! Danke!)







(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs
– Ich weiß, dass das schon einmal Ihre Forderung war.
Wir werden das jetzt aber tun. Sie brauchen keine Sorge
zu haben.

Wir werden die Begrenzung der Verpflichtung der
Betriebe zur Bestellung von Beauftragten in die Hand
nehmen; denn dieses Beauftragtenunwesen müssen wir
ebenfalls eingrenzen. Darin sind wir uns einig.


(Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Bundesregierung hat selbst genug Beauftragte bestellt!)


Wir werden auch die betriebsärztliche und sicher-
heitstechnische Betreuung von Kleinbetrieben vereinfa-
chen.

Wir haben im Koalitionsvertrag auch festgelegt, dass
wir bei den EU-Richtlinien genau hinschauen und sie
möglichst nur noch eins zu eins umsetzen. Deutschland
ist nicht mehr an der Spitze in Europa. Wir wollen wie-
der dorthin kommen und dafür sorgen, dass das wieder
funktioniert. Das schaffen wir nur, wenn wir bei der Um-
setzung der Richtlinien der EU nicht bis ins Äußerste ge-
hen, wie das vielfach der Fall gewesen ist.

Wir werden die Bürokratie sehr exakt messen und
feststellen, welche Kosten da entstehen. Es ist gut, dass
der Normenkontrollrat eine Art Vetorecht bekommen
und sich damit beschäftigen wird, die Dinge, die zu
bürokratisch sind, zu verhindern.

Ich finde es besonders bemerkenswert, dass die Kanz-
lerin in Davos versprochen hat, sich im Jahr unserer
Ratspräsidentschaft, im Jahr 2007, den Bürokratieabbau
auf die Fahnen zu schreiben und ihn voranzutreiben. Das
müssen wir auch; denn über Brüssel handeln wir uns
sehr viel Bürokratie ein. Das heißt, wir müssen hier ein
Forecheckingsystem aufbauen. Auch das haben Sie von
uns dankenswerterweise gelernt und abgeschrieben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Rainer Wend [SPD])


Ich möchte nur noch auf einen Punkt hinweisen: Es
würde sicherlich viel helfen und wir brauchten solche
Debatten wie die heute Abend hier nicht zu führen, wenn
Sie ganz simpel zur Kenntnis nehmen würden, dass wir
in Deutschland die Kräfte wieder freimachen. Ich zitiere
die Bundeskanzlerin, die in Davos darauf hingewiesen
hat,

dass wir im Augenblick grandiose Kräfte in
Deutschland dadurch fesseln, dass wir uns in Regu-
larien, die scheinbare Sicherheit versprechen, ver-
fangen haben.

Sie sagte auch:

Ich glaube, wir kommen mit der Betrachtung der
Einzelregelung nicht mehr voran, weil jede Einzel-
regelung inzwischen zu einer Lobby für eine be-
stimmte Gruppe geworden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deswegen möchte ich von diesem Hohen Hause aus
die Lobbygruppen auffordern – das sollten wir schon ge-
meinsam tun –: Wenn Sie wirklich Bürokratieabbau wol-

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(C (D en, dann verhalten Sie sich bitte nicht so, wie es der heiige Sankt Florian gesagt hat: Fangt doch bitte schon mal ei diesem Häuslein an, aber nicht bei mir. – Wenn jeder agt, bei ihm dürfe nichts passieren, dann können wir icht weiterhin glauben, dass wir die Bürokratie verünftig abbauen können. Nur dann, wenn wir das geeinsam tun, kommen wir voran. Lassen Sie uns auf diesem Weg bitte gemeinsam voangehen. Deutschland und die deutschen Unternehmen aben einen vernünftigen Bürokratieabbau dringend notendig. Wenn Sie alle mithelfen und uns gute Vor chläge machen, Frau Homburger, dann werden wir sie ogar umsetzen. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Birgit Homburger [FDP]: Gut!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601920500

Das Wort hat nun für die Fraktion Die Linke die Kol-

egin Sabine Zimmermann.


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601920600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Meine Damen und Herren! Bei der Prüfung
es vorliegenden Antrages „Bürokratieabbau“ fragt man
ich, worin eigentlich der Unterschied zwischen der Re-
ierung und der Opposition liegt. Ich muss Herrn Fuchs
echt geben.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was? – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Habe ich etwas falsch gemacht?)


Ja, ich muss ihm tatsächlich Recht geben, dass es hier
einen Unterschied gibt; denn im Jahreswirtschaftsbe-
icht sowie in der Koalitionsvereinbarung steht genau
iese Forderung.

Nun ist die Forderung nach Bürokratieabbau beileibe
icht neu. Die meisten Regierungen auf Bundes- und
änderebene beschäftigen sich seit Jahren mit diesem
hema, ohne dass bisher große Fortschritte erzielt wor-
en sind. Im Gegenteil: Vor allem durch die Regulie-
ungswut der Brüsseler Bürokratie sind viele neue Rege-
ungen hinzugekommen.

Wir als Linke sind grundsätzlich bereit, uns an der
iskussion konstruktiv zu beteiligen,


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Sehr gut!)


n welchem Umfange Unternehmen, Betriebe – vor al-
em kleine und mittlere Betriebe – und auch Selbststän-
ige durch Verwaltungsvorschriften, durch immer neue
ormulare, Statistiken und Nachweise in einem Maße
elastet werden, dass sich dies hemmend auf Investitio-
en und auf das wirtschaftliche Wachstum und damit
uch auf die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen aus-
irkt.

Wir haben es aber nicht nur in der Wirtschaft mit ei-
er übermäßigen Bürokratie zu tun. Auch das Gesund-
eitswesen leidet darunter. Sprechen Sie einfach einmal
it Klinikärzten und niedergelassenen Ärzten, welchen






(A) )



(B) )


Sabine Zimmermann
Bürokratieaufwand diese betreiben müssen. Auch das
gehört zum Inhalt einer umfassenden Gesundheitsre-
form.

Zu einer ehrlichen Diskussion gehört das Eingeständ-
nis, dass viele unnütze Verwaltungsvorschriften das Er-
gebnis politischer Entscheidungen von Regierungen und
Parlamenten sind. Es ist überhaupt mehr als auffällig:
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, reden von
den Belastungen der Unternehmen und Bürger. Um
Letzteres geht es bei Ihren konkreten Vorschlägen je-
doch kaum. Kein Wunder; denn Sie hätten sonst einräu-
men müssen, dass das größte bürokratische Machwerk
der letzten Jahre, das Millionen Menschen betrifft, den
Namen Hartz IV trägt.

Es kann nicht bestritten werden, dass von Rationali-
sierungsmaßnahmen, mögen sie auch notwendig sein,
auch die Interessen von Beschäftigten betroffen sein
können. Deshalb haben wir an Sie die Frage, weshalb
dem vorgeschlagenen Normenkontrollrat zwar Vertreter
der mittelständischen Wirtschaft, der Selbstständigen,
der Kommunen, der Rechnungshöfe sowie des Bundes
der Steuerzahler, aber keine Gewerkschaften als Interes-
senvertreter der Beschäftigten angehören sollen.


(Beifall bei der LINKEN)


Noch eines fällt in Ihrem Antrag auf. Es soll sicherge-
stellt werden, dass der Normenkontrollrat zu allen Ge-
setzesinitiativen aus der Mitte des Deutschen Bundesta-
ges Stellung nimmt. Damit würde der Normenkontrollrat
nicht nur zu einem politischen Kontrollgremium, das
nicht in unserer Verfassung steht


(Jörg Tauss [SPD]: So steht es aber im Koalitionsvertrag!)


– darüber sollten Sie bitte einmal nachdenken –, auch die
Entscheidungswege würden länger. Das wollen Sie als
Liberale doch auf gar keinen Fall.

Ihr Antrag weist noch einen Schwachpunkt auf. Es
geht nicht nur um Bürokratie, von der die Wirtschaft ent-
lastet werden soll und muss. Es geht nach unserer
Meinung auch um übermäßige Zentralisierung beim
Vollzug von Gesetzen und Verwaltungsvorschriften.
Manches könnte nämlich vor Ort von den Verwaltungen
und den Behörden schneller, besser und lebensnäher ent-
schieden werden. Darüber sollten wir einfach einmal
nachdenken.


(Birgit Homburger [FDP]: Umsetzen, nicht nachdenken!)


Deshalb fordern wir, dass ein umfassender Bürokra-
tieabbau mit einer Folgeabschätzung verbunden wird
und seine wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozia-
len Ziele klar beschrieben werden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601920700

Das Wort hat nun der Kollege Rainer Wend, SPD-

Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol egen! Es ist immer wieder eine Freude, mit der FDP ber Bürokratieabbau zu diskutieren. ie reden selbstgerecht mit volltönender Stimme, Frau omburger, und tun so, als hätten Sie mit der Problema ik nichts zu tun. Dabei bemühen wir uns gegenwärtig, ürokratische Vorschriften abzuschaffen, für die Sie in en Jahren 1949 bis 1998 mit Ausnahme der drei Jahre, n denen die große Koalition regierte, zumindest Mitverntwortung getragen haben. Deswegen gehören Sie geauso wie wir in die Phalanx derer, die eingestehen müsen, dass sie in der Vergangenheit nicht alles richtig emacht haben. (Birgit Homburger [FDP]: Das habe ich nie geleugnet!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Rainer Wend (SPD):
Rede ID: ID1601920800

(Beifall bei der FDP)


in bisschen Selbstkritik und etwas weniger Selbstgefäl-
igkeit würde Ihnen an dieser Stelle helfen, Frau
omburger.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das überfordert doch Frau Homburger!)


Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht: Man kann
as Thema Bürokratieabbau manchmal nicht mehr hören
nd hat auch keine Lust mehr, darüber zu sprechen; denn
s hat quer durch alle Parteien schon viele Versuche ge-
eben, Bürokratieabbau in der Praxis umzusetzen. Aber
enn wir alle ehrlich sind, dann müssen wir erkennen:
ichtig vorangekommen ist niemand.

Glauben Sie mir – auch wenn Sie es mir nicht zu-
rauen –: Rot-Grün hatte es ernsthaft vor. Auch

olfgang Clement hatte es ernsthaft vor.


(Birgit Homburger [FDP]: Ja, aber es nichts daraus geworden!)


ennoch ist es letztlich nicht zu dem Erfolg gekommen,
en wir uns gewünscht hätten.

Wir haben dann nach den Gründen dafür gesucht. Ich
laube, dass es nicht nur eine Ursache gibt. Ich möchte
unächst einen – zugegebenermaßen – etwas polemi-
chen, parteipolitischen Grund nennen: Es ist uns nicht
eglückt, die ganze Breite unserer Gesellschaft – auch
ie gesellschaftlichen Gruppen – für dieses Thema zu
ewinnen. Denn wenn die FDP von Bürokratieabbau
prach, dann meinte sie damit häufig genug den Abbau
es Kündigungsschutzes


(Birgit Homburger [FDP]: Quatsch! Da haben Sie keine Ahnung!)


der die Senkung von Umweltstandards. Wenn die Men-
chen und die Interessengruppen den Eindruck hatten,
ass Bürokratieabbau der Vorwand war, um in Wirklich-
eit Arbeitnehmerrechte und Umweltstandards abzu-
auen, dann hatte das zur Folge, dass wir sie nicht für
ieses Thema gewinnen konnten.






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Wend
Insofern müssen wir in ideologischer Hinsicht abrüs-
ten und den Bürokratieabbau darauf beschränken, was er
in Wirklichkeit bedeutet, statt mithilfe dieses Stichwor-
tes unredliche politische Absichten zu verfolgen.


(Beifall bei der SPD)


Lassen Sie mich aber jenseits der parteipolitischen
Polemik feststellen, dass der Kollege Fuchs durchaus
Recht hat. Eine weitere Ursache dafür, dass der Bürokra-
tieabbau bisher nicht geklappt hat, sind die Interessen-
gruppen und auch zum Teil die Beamten selbst. Ich erin-
nere mich an ein Beispiel aus der letzten
Legislaturperiode. Auch wir waren so schlau, uns zu fra-
gen, ob Doppelprüfungen wirklich sein müssen: Zuerst
läuft die Berufsgenossenschaft durch die Betriebe und
ein paar Wochen später prüft die Arbeitssicherheit noch
einmal mehr oder weniger dasselbe. Folglich haben wir
gesagt: Lasst uns das zusammenlegen.

Als wir das zum ersten Mal vorgeschlagen haben,
sind die Berufsgenossenschaften und die für die Arbeits-
sicherheit zuständigen Ämter über uns hergefallen und
haben unser Vorhaben für völlig unmöglich erklärt. Als
sich dann abzeichnete, dass wir uns auf die Seite der Be-
rufsgenossenschaften schlagen und ihnen die Zuständig-
keit übertragen wollten, brachten sie ihre begeisterte Zu-
stimmung zu dieser wundervollen Entbürokratisierung
zum Ausdruck. Die betreffenden Ämter haben uns – das
ist aus ihrer Sicht verständlich – darauf hingewiesen,
dass diese Maßnahme das Ende des Arbeitsschutzes in
der Republik bedeuten würde.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist das Sankt-FloriansPrinzip!)


Ich bin sicher: Wenn wir uns für die andere Seite ausge-
sprochen hätten, dann wäre die Reaktion genau umge-
kehrt erfolgt. Solche Verbands- und Interessenegois-
men verhindern eine effektive Gestaltung des
Bürokratieabbaus.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es gibt aber vielleicht einen noch wichtigeren Punkt.
Fast jeder bürokratischen Regelung lag doch irgendwann
einmal die gute Absicht zugrunde, etwas Vernünftiges zu
tun. Nehmen wir zum Beispiel den Zusammenbruch der
Halle in Bad Reichenhall vor wenigen Wochen mit vie-
len Todesopfern: Sofort wurde vom TÜV die Forderung
erhoben, solche Gebäude stärker zu überwachen und
häufiger zu überprüfen. Wer von uns hätte sich in dieser
Situation getraut, diese Forderung strikt abzulehnen?
Man hätte uns vorgeworfen, weitere Unfälle dieser Art
und damit weitere Todesopfer zu riskieren.

Wenn wir einer solchen Forderung nachgeben, wer-
den wir uns vielleicht in 40 Jahren fragen lassen müssen,
wie es zu dieser Regelung gekommen ist. Bis dahin hat
sich nämlich das Vorhaben, das vor Jahrzehnten mit gu-
ten Absichten verwirklicht wurde, so verselbstständigt
und die heute eingeführte Regelung so weit von der Aus-
gangssituation entfernt, dass sich am Ende mehr Pro-
bleme als positive Auswirkungen daraus ergeben haben.
Das müssen wir auch den Menschen in unserem Land

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(C (D eutlich machen. Wenn wir Bürokratieabbau betreiben, ann bedeutet das auch, dass im Einzelfall einmal etwas chief laufen kann. Natürlich müssen solche Unglücke ie das eben angesprochene immer vermieden werden. ber wie soll denn ein Beamter in einer Stadtverwaltung it gesundem Menschenverstand eine Lösung jenseits ller Vorschriften und Untervorschriften anstreben, wenn r die Sorge haben muss, dass ihn, wenn er ausnahmseise einmal schief liegt, anschließend die Bürger – das st sicherlich ihr gutes Recht in einem Rechtsstaat – über erichtliche Verfahren an den Hammelbeinen ziehen und ranbekommen? Wenn es uns nicht gelingt, in unserem taat ein Verhältnis zu den Bürgerinnen und Bürgern zu inden, das dazu führt, dass nicht jede Situation in der eise ausgenutzt wird, wie ich es beschrieben habe, ann verhindert das ebenfalls Bürokratieabbau. (Birgit Homburger [FDP]: Was machen Sie jetzt?)


Ich danke der FDP dafür, dass sie unsere Koalitions-
ereinbarung unterstützt; das ist nicht selbstverständlich.
as nehme ich positiv zur Kenntnis.

Wir versuchen, zu vermeiden, was ich eben beschrie-
en habe. Wir wollen den Bürokratieabbau auf die
unkte konzentrieren, um die es geht, und ihn nicht auf

deologische Weise, zum Beispiel in den Bereichen des
rbeitnehmerrechts oder des Umweltschutzrechts, be-

reiben. Was bedeutet das im Hinblick auf das Stan-
ardkostenmodell? Wir haben den Unternehmen im
aufe der Jahrzehnte – zum Teil aus nachvollziehbaren
ründen – viele Dokumentations- und Berichtspflichten

uferlegt. Das kostet die Unternehmen viel Geld. Die
iederländer behaupten, dass bei ihnen die Erfüllung
ieser Pflichten 20 Milliarden Euro im Jahr kostet. Wenn
an das – bezogen auf unser Bruttoinlandsprodukt –

ochrechnet und davon ausgeht, dass die Bürokratie bei
ns nicht unbedingt kleiner ist als in den Niederlanden,
ann kommt man zu dem Ergebnis, dass die Erfüllung
ieser Pflichten Kosten in Höhe von etwa 80 Milliarden
uro bei Bund, Ländern und Kommunen sowie den Un-

ernehmen verursacht. Angesichts dieser Dimension
ollten wir jenseits der inhaltlichen Fragen über die Do-
umentations- und Berichtspflichten reden. Alle müssen
eiß Gott nicht entfallen. Aber können wir sie vielleicht
icht reduzieren? Muss die Berichterstattung in manchen
ällen immer monatlich erfolgen oder reicht es nicht
uch, wenn sie vierteljährlich erfolgt? Können wir dafür
orgen, dass mehr Pflichten online erledigt werden?
önnen wir sie zusammenfassen, indem wir sie nicht
ehreren Instanzen, sondern nur einer staatlichen In-

tanz auferlegen, die dann verantwortlich ist? All das
ind konkrete Dinge, die wir zu prüfen uns vorgenom-
en haben.


(Birgit Homburger [FDP]: Machen!)


ir wissen: Auch Großunternehmen leiden unter der
ürokratie, wohl wahr. Aber die Handwerksbetriebe, die
reiberufler und die Selbstständigen sind diejenigen, die

hre Zeit besser nutzen können – nämlich indem sie für
hre Produkte und Dienstleistungen arbeiten –, als sie für
ie Bürokratie aufzuwenden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Rainer Wend
Wir unternehmen in dieser Legislaturperiode einen
erneuten Anlauf zum Bürokratieabbau und nehmen die-
ses Thema sehr ernst. Ich freue mich ausdrücklich, dass
die Bundeskanzlerin in Davos den Bürokratieabbau zu
ihrer Sache gemacht hat, weil sie damit diesem Thema
die Bedeutung beimisst, die es benötigt. Ich bin sicher,
Frau Homburger: Wenn Sie unserem rationalen Ansatz
folgen und nicht nur versuchen, um der Parteipolitik wil-
len Schaum zu schlagen, dann werden Sie unsere Unter-
stützer sein. Wir wollen Sie jedenfalls dafür gewinnen.
Warum denn nicht? Lassen Sie uns das gemeinsam anpa-
cken. Diese große Koalition kämpft, auch wenn es – das
räume ich ein – nur in kleinen Schritten vorwärts geht.
Aber ich bin sicher: Wir werden auch an dieser Stelle
Schritt für Schritt weiterkommen. Man wird später sa-
gen, dass die große Koalition auch auf diesem Gebiet et-
was zustande gebracht hat.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601920900

Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich nun

das Wort dem Kollegen Matthias Berninger, Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen
Sie mich meine Rede mit dem Eifel-Weiderind begin-
nen. Diese Sache hat zumindest mir graue Haare in Sa-
chen Bürokratieabbau beschert. Zum Glück sind es nur
ein paar. Ich bin ganz froh, dass mein Nachfolger im
Amt, der Kollege Paziorek, beim Bürokratieabbau keine
zusätzlichen grauen Haare bekommen wird. Die Zulas-
sung des Eifel-Weiderinds hat Jahre gedauert. Die be-
treffenden Vorschriften sind unglaublich kompliziert. Es
ging hin und her. So mussten unter anderem die Fragen
beantwortet werden, wie lange ein Weiderind auf der
Weide stehen muss und wie groß die Weide sein muss.
Die Diskussion verlief vollkommen chaotisch. Interes-
sant ist: Die Vermarktung des Eifel-Weiderindes im Su-
permarktbereich war verboten, während es im Restau-
rantbereich erlaubt war.

Der Hintergrund war, dass es EU-Vorschriften zur Eti-
kettierung gegeben hat. Das ist das erste Problem, das wir
beim Bürokratieabbau haben. Wir entscheiden auf Bun-
desebene eben nicht alles alleine, sondern es gibt eine
ganze Reihe von EU-Vorschriften. Das jüngste Beispiel
ist das kindersichere Feuerzeug ohne eine Regelung zur
kindersicheren Streichholzschachtel. Ich glaube, dass
man sehr genau darüber nachdenken sollte, ob man die-
sen Weg geht.

Ich will ein zweites Beispiel aus meiner vorherigen
Tätigkeit nennen, weil das viel mit dem Thema des heu-
tigen Vormittags zu tun hat. Ich kann mich gut daran er-
innern, wie Renate Künast dafür kritisiert wurde, dass
sie eine Registrierungspflicht für Geflügelhalter ein-
geführt hat. Da gab es ein Riesenbohei, das sei eine un-
glaubliche zusätzliche Bürokratie usw. In diesen Tagen
ist der Nachfolger Horst Seehofer sehr glücklich da-
rüber, dass es eine Registrierungspflicht für Hühnerhal-

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(C (D er gibt. Denn im konkreten Krisenmanagement erleichert das den Behörden ungemein, auf ein solches eschehen einzuwirken. Das bedeutet, dass wir bei der ewertung von Bürokratie ein zweites Problem haben. as, was an einem Tag als Bürokratie erscheint, ist lang ristig betrachtet möglicherweise genau das nicht. Es ist lso nicht ratsam, zu ideologisch an das Thema heranzuehen. Ich halte es für wichtig, dass wir in Sachen Bürokraieabbau einen Konsens finden. Es sollten alle Beteiligen mit ins Boot kommen. Herr Wend hat es nun zum weiten Mal angeboten. Herr Kollege, ich bin für meine raktion sehr gerne bereit, mitzugehen. Wir haben aus ründen des Bürokratieabbaus dem Antrag der FDP keien weiteren hinzugesellt, enn wir sind mit der FDP und Ihnen in der Sache einer einung. Eine Schlüsselfrage ist, ob sich dieses Parlaent in diese Debatte federführend einmischt – denn das arlament ist der Gesetzgeber – oder ob man das allein xternen Gruppen überlässt. Ich will einen Punkt nennen, der mich sehr stört. Die uniorchefin für Bürokratieabbau ist Hildegard Müller, anzleramtsministerin. ie hätte heute hier sein müssen. Ich finde, es gehört ich, dass man in der Debatte als die dafür im Kabinett erantwortliche anwesend ist, wenn darüber diskutiert ird. Ihr geht es wie uns allen. Die Tagesordnung hat ich sehr stark verschoben, aber unter dem Strich erarte ich, dass sie hier ist und dieses Parlament ernst immt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Birgit Homburger [FDP])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall der Abg. Birgit Homburger [FDP])


(Beifall der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])


ch glaube, dass neben der Einbeziehung der Experten
xtrem wichtig ist, dass das Parlament insgesamt mit-
acht.

Im Zusammenhang damit, was die Koalition in Bezug
uf die Kinderbetreuungskosten und die steuerliche Ab-
ugsfähigkeit vorgelegt hat, will ich ein weiteres Pro-
lem des Bürokratieabbaus benennen. Häufig ist unsere
ompromissfindung so kompliziert, dass Regelungen
erauskommen, die seitenlang sind und die keiner mehr
ersteht, es sei denn, er ist professioneller Steuerberater.
ein Wunsch wäre, dass wir bei der Kompromissfin-

ung den Bürokratieabbau gleich einschließen. Ich
laube, dass es auch im Umweltrecht absolut notwendig
st, dass wir auf europäischer Ebene Vorgaben haben,
iese national einheitlich umsetzen und nicht jedem
undesland eine Ausnahmeregelung erlauben. Sonst
alten Sie nämlich einem Unternehmer, der in mehreren
undesländern investieren will, wieder das Stoppschild
or die Nase. Wir haben bei der Föderalismusreform in
ieser Beziehung eine gemeinsame Verantwortung.






(A) )



(B) )


Matthias Berninger
Zum Abschluss noch ein Beispiel aus dem Umwelt-
recht, der Kammmolch in Nordhessen. Der Kamm-
molch in Nordhessen hat ein Autobahnprojekt gefährdet.
Da gab es ein Riesenbohei. Zwei Jahre lang hat man sich
über 5 000 Kammmolche aufgeregt. Dann hat die Stra-
ßenbaubehörde um das Gebiet der Kammmolche herum
neu geplant. Das Autobahnprojekt ist nach der jetzigen
Planung 50 Millionen Euro billiger.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Kammmolch hat Geld gespart!)


Das heißt, jeder Kammmolch wird dem Steuerzahler
10 000 Euro sparen.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Das ist nicht die Regel!)


Insofern mein Vorschlag zur Haushaltssanierung für den
Minister Steinbrück: Er sollte Kammmolche züchten.
Das wird vielleicht helfen, den Haushalt wieder ins
Gleichgewicht zu bringen.

Ich danke sehr.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601921000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/472 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung
des Gentechnikgesetzes

– Drucksache 16/430 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz (10. Ausschuss)


– Drucksache 16/628 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Max Lehmer
Elvira Drobinski-Weiß
Dr. Christel Happach-Kasan
Dr. Kirsten Tackmann
Ulrike Höfken

Hierzu liegen ein Änderungsantrag der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen sowie ein Entschließungsan-
trag der Fraktion der FDP vor. Nach einer interfraktio-
nellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe
Stunde vorgesehen. – Ich höre dazu keinen Widerspruch.
Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Bundes-
regierung dem Parlamentarischen Staatssekretär
Dr. Peter Paziorek das Wort.

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(C (D Dr Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist rfreulich, dass es trotz aller grundsätzlichen Meinungserschiedenheiten im Deutschen Bundestag über die rüne Gentechnik im bisherigen Beratungsgang gelunen ist, in dieser zeitlich drängenden Teilfrage eine reite Einigkeit zu erzielen. In den Ausschüssen haben ämlich nicht nur die Fraktionen von CDU und SPD, ondern auch die von FDP und den Grünen dem Entwurf ugestimmt. Diese Fraktionen sind sich einig, dass wir as Dritte Gesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes n der jetzt vorliegenden Fassung sehr dringend verabchieden müssen. Ich bitte Sie deswegen, dieses Gesetz it derselben Einmütigkeit, mit der Sie es in den Aus chüssen unterstützt haben, heute im Plenum zu bechließen. Ich hoffe, dass auch der Bundesrat diesem esetz zügig zustimmen wird. Wie Sie alle wissen, dient das vorliegende Gesetz der msetzung der europäischen Freisetzungsrichtlinie, icht mehr und nicht weniger. Es betrifft überwiegend ormund Verfahrensvorschriften, wie Regelungen über en Inhalt der Antragsunterlagen oder Bearbeitungsfrisen. Es ist hinreichend bekannt, dass es jetzt höchste Zeit st, diese Regelung zu schaffen; denn Ende letzten Jahres at uns die Europäische Kommission dazu aufgefordert, innen zwei Monaten die Freisetzungsrichtlinie umzuetzen. Die Kommission drohte an, im Falle der Nichtumetzung gegen Deutschland ein Zwangsgeld zu verhänen, das bis zu 792 000 Euro pro Tag betragen kann und ußerdem mit einem Pauschalbetrag kombinierbar ist. eswegen mussten wir so handeln. Uns blieb auch von er Sache her keine vernünftige Alternative. Es ist aber auch völlig klar – das will ich hier betoen –, dass der heute zu beschließende Gesetzentwurf icht ausreichend ist. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1601921100

(Beifall bei der CDU/CSU)


ie Anliegen des Bundesrates, die dieser schon in der
etzten Legislaturperiode mit Nachdruck verfolgt hat,
ind zum großen Teil nicht berücksichtigt. Auch nach An-
icht der Bundesregierung sind weitergehende Regelun-
en nun unverzüglich zu treffen. Ich denke beispielsweise
n die Haftungsregelung, insbesondere im Hinblick auf
ie Schaffung eines leistungsfähigen Anspruchsgegners
ei unverschuldeter Auskreuzung. Ganz wichtig wird die
efinition der guten fachlichen Praxis sein, um eine Ko-

xistenz der verschiedenen Anbauformen zu ermögli-
hen.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Das ist ganz wichtig!)


ußerdem wird es um die weitere Vorgehensweise beim
uskreuzen aus experimentellen Freisetzungen gehen.
arüber hinaus müssen wir uns die Frage stellen – das
eckt sich mit dem, was in der Diskussion über den vor-
ergehenden Tagesordnungspunkt gesagt wurde –, ob
ir bei Vorliegen von Kenntnissen bei weiteren Freiset-






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Peter Paziorek
zungen nicht zusätzliche Verfahrenserleichterungen
schaffen. Es geht also um die Frage: Können wir dieses
Verfahren zukünftig weiter vereinfachen?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das Ziel der Bundesregierung ist, möglichst umge-
hend einen Gesetzentwurf zu diesen Fragen vorzulegen.
Um es von vornherein klarzustellen: Dieser Gesetzent-
wurf wird von dem Grundsatz ausgehen, dass der Schutz
von Mensch und Umwelt entsprechend dem Vorsorge-
prinzip wichtigster Maßstab der deutschen Gentechnik-
politik ist und bleibt und dass die Wahlfreiheit der Ver-
braucher weiterhin gewährleistet ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will unterstreichen: Es muss durch strenge Zulas-
sungsverfahren zukünftig gewährleistet sein, dass keine
schädlichen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit
eintreten.

Was zentrale Fragen der Haftung angeht, gilt – ich zi-
tiere bewusst den Koalitionsvertrag –:

Die Bundesregierung wird darauf hinwirken, dass
sich die beteiligten Wirtschaftszweige für Schäden,
die trotz Einhaltung aller Vorsorgepflichten und der
Grundsätze guter fachlicher Praxis eintreten, auf ei-
nen Ausgleichsfonds verständigen. Langfristig ist
eine Versicherungslösung anzustreben.


(Beifall des Abg. Peter Bleser [CDU/CSU] sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


Wir haben zur Frage des Haftungsfonds bereits in den
letzten Tagen und Wochen mehrere Gespräche mit der
Saatgutindustrie, mit den Vertretern der heimischen
Landwirtschaft, aber auch mit der Versicherungswirt-
schaft geführt.


(Jörg Tauss [SPD]: Was sagen die?)


Es wäre schön, wenn ich mich hier hinstellen und sagen
könnte, Herr Tauss: Der gordische Knoten ist durchge-
schlagen. – Er ist aber noch nicht durchgeschlagen. Wir
sind in dieser Frage leider noch nicht zu einem Durch-
bruch gekommen. Wir werden unsere Anstrengungen
fortsetzen, einen für alle Seiten annehmbaren Lösungs-
weg zu finden. Ich sage an dieser Stelle aber auch ganz
deutlich: Hier muss vonseiten der Wirtschaft noch mehr
Bewegung kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Edmund Peter Geisen [FDP])


Wir fordern die Wirtschaft auf, sich in Fragen des Haf-
tungsfonds zu bewegen.

In den Gesprächen mit den Beteiligten, die ich gerade
genannt habe, ist immer wieder betont worden, dass für
die Koexistenz und für die damit zusammenhängenden
Haftungsfragen eine verlässliche rechtliche Grundlage
geschaffen werden muss. Die Bundesregierung hält es
für ihre Aufgabe, die Wahlfreiheit von Verbrauchern und
Landwirten hinsichtlich der verschiedenen Bewirtschaf-
tungsformen – zum Beispiel: Anbau mit oder ohne

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(C (D VO? – zu gewährleisten. Nur bei einem echten Nebeninander, also bei der Koexistenz der Bewirtschaftungsormen, kann letztlich auch die Wahlfreiheit des Verrauchers gewährleistet bleiben. Wir sollten uns vor Augen führen, dass die beste Löung darin besteht, wenn von Anfang an vermieden ird, dass Ernteprodukte des Nachbarn beeinträchtigt erden. Prävention ist immer besser als Kompensation ber Haftungsregelungen. Dennoch müssen wir auch daan denken, dass es einmal zu solchen Streitigkeiten ommen kann. Deshalb brauchen wir den Haftungsder Ausgleichsfonds. Deshalb noch einmal unsere itte, dass sich die interessierte Wirtschaft bewegt, dait wir in dieser Frage ein Stückchen weiterkommen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601921200

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage

iner Kollegin aus der Fraktion der Linken?

Dr
Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1601921300


Ja, die gestatte ich.


Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601921400

Zu der Frage des Haftungsfonds bzw. der langfristi-

en Versicherungsregelungen haben Sie gesagt, dass es
och nicht gelungen ist, den gordischen Knoten zu
urchschlagen. Sind Sie in der Lage bzw. willens, einige
ernpunkte zu der Frage zu nennen, worin das Haupt-
roblem besteht?

Dr
Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1601921500


Hier stellt sich die Frage – die Diskussion ist auch
urch die Tageszeitungen gegangen –, ob in Deutschland
ukünftig jede Innovation durch einen Haftungsfonds
egleitet werden muss. Das ist eine prinzipielle ord-
ungspolitische Frage.

Die nächste Frage ist natürlich: Gibt es Erfahrungen
m Bereich des Versicherungsrechts? Solche Erfahrun-
en liegen noch nicht vor. Deshalb ist die spannende
rage: Wie kann das Versicherungsrisiko taxiert wer-
en? Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass es in die-
em Bereich Fragen gibt.

Weil das ein Gebiet ist, das politisch natürlich sehr
trittig gesehen wird, bin ich der Ansicht, dass man hier
ei einer Innovation ausnahmsweise einen solchen ord-
ungspolitisch neuen Ansatz wählen sollte; denn über
en Haftungsfonds können wir zur Beruhigung in diesen
echtsfragen beitragen. Deshalb plädiere ich dafür, dass
ir in diesem Bereich wirklich einem Haftungsfonds nä-
er treten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jörg Tauss [SPD])







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Peter Paziorek
Letztlich wird für die Frage der Haftung entscheidend
sein, welche rechtlichen Regeln für die gute fachliche
Praxis zugrunde liegen. Die entscheidende Frage ist ja,
ob sich jemand – ich sage es jetzt einmal vereinfacht –
korrekt verhält oder nicht. Deshalb werden wir seitens
der Bundesregierung in Kürze einen Verordnungsent-
wurf zur guten fachlichen Praxis vorlegen. Den Land-
wirten wollen wir in Form einer Verordnung klare Re-
geln dazu an die Hand geben, wie sie beim Anbau von
GV-Pflanzen vorzugehen haben, sodass die Früchte von
Nachbarfeldern von der Gentechnik unbeeinträchtigt
bleiben. Ich glaube, dass wir mit einer solchen Verord-
nung Rechtssicherheit, die von allen Seiten gefordert
wird, schaffen können.

Bundesminister Seehofer wird in den kommenden
Wochen einen intensiven Dialog mit allen betroffenen
Seiten in Gesellschaft und Wirtschaft führen. Diese Ge-
spräche sollen erstens den Diskussionsstand zur Grünen
Gentechnik zusammenfassen und zweitens ein Forum
für den Meinungsaustausch bieten. Diese Gespräche
werden einen Beitrag zu einer gesetzlichen Lösung leis-
ten können, die sowohl den Sorgen und Ängsten vieler
Menschen als auch dem Bedürfnis nach Nutzung inno-
vativer Potenziale Rechnung trägt. Aus Sicht der Regie-
rung wird es darauf ankommen – das will ich an dieser
Stelle noch sagen –, beide Punkte in Verbindung mitei-
nander zu sehen. Wir müssen die Sorgen und Ängste der
Menschen sehen; gleichzeitig müssen wir die Chancen
für Innovation sehen. Es wird darauf ankommen, einen
vernünftigen politischen Weg zu finden, um dies beides
zusammenzuführen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Somit wollen wir mit unserer Politik den Rahmen da-
für schaffen, dass Wissenschaft, Forschung und Industrie
die Chancen und Potenziale der Grünen Gentechnik aus-
loten und weiterentwickeln können. Wir nehmen dabei
aber auch die Ängste und Besorgnisse eines sehr großen
Teils der Bevölkerung unseres Landes ernst.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Wir werden darauf achten, dass die Sicherheit für die
menschliche Gesundheit und für die Umwelt oberste
Priorität hat und die Wahlfreiheit für Verbraucher und
Landwirte gewahrt wie auch die Koexistenz der unter-
schiedlichen Anbauformen ermöglicht wird. So wie es
uns hier im Bundestag gelungen ist, die unterschiedli-
chen politischen Ansätze nun zu einer fast einmütigen
zustimmenden Entscheidung zu vereinen, hoffe ich, dass
uns dies auch bei dem zweiten Schritt, nämlich der Er-
möglichung von Koexistenz der Anbauformen, gelingen
wird.

Ganz zum Schluss noch ein Satz zum FDP-Antrag.
Darin steht vieles Richtige, was ich persönlich unter-
streichen kann. Aber einen Vorwurf möchte ich erheben:
Die von mir gerade geschilderte Gesamtschau, bei der
die Sorgen der Menschen ernst genommen und die Men-
schen mitgenommen werden, bei der Chancen auf Inno-
vationen eröffnet werden und bei der als oberstes Prinzip
nicht allein der Markt entscheidet, sondern auch die Si-

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(C (D herheit für Umwelt und Menschen eine Rolle spielt, ehlt mir in diesem Antrag. Vielleicht können wir hier och zu einer gemeinsamen Position kommen. Unabhängig davon habe ich die Bitte an den Deutchen Bundestag, dem Dritten Gesetz zur Änderung des entechnikgesetzes zuzustimmen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Christel Happach asan, FDP-Fraktion. (Jörg Tauss [SPD]: Sie sind ja heute eine Mehrzweckwaffe!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601921600


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1601921700

Ich bin einfach gut.


(Zuruf von der SPD: Viel ist nicht gut!)


Es ist ja auch nicht viel, aber gut bin ich trotzdem.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Wir legen mehr Wert auf Qualität!)


Eben.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
s ist wahrhaftig nicht die erste Rede zur Gentechnik,
ie im Deutschen Bundestag gehalten wird. Ich bedanke
ich, Herr Paziorek, für Ihre Worte. Ich finde es schade,

ass Sie unserem Antrag wohl nicht zustimmen werden.
ch freue mich aber, dass auch Sie gesehen haben, wie
iel Änderungsbedarf beim derzeit geltenden Gentech-
ikrecht besteht. Ich hoffe sehr, dass es zu einer Novel-
ierung des Gentechnikgesetzes kommt. Wir brauchen
s; deshalb werde ich Sie dabei konstruktiv unterstützen.
ieses Land hat es verdient, dass wir Wege für Innova-

ionen eröffnen, dass wir Wege für technologischen Fort-
chritt eröffnen, dass wir Wege eröffnen, um die Lebens-
ittelsicherheit zu erhöhen, dass wir jungen Menschen
ege eröffnen, zukunftsträchtige Arbeitsplätze zu be-

ommen, damit sie nicht abwandern. Vielen Dank, Herr
taatssekretär, wir werden Sie beim Wort nehmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Gentechnik ist in aller Munde: heute hier im übertra-
enen Sinne, aber auch ganz allgemein. Wir wissen alle,
ass Gentechnik in der Medizin bei der Herstellung von
nzymen, Vitaminen und Aminosäuren Standard ist. Die
iener Universität hat im letzten Jahr eine Machbar-

eitsstudie zum Verzicht auf Gentechnik in der Tierhal-
ung erstellt. Dabei hat sich gezeigt, dass eine so ge-
annte gentechnikfreie Schweine- und Geflügelhaltung
icht möglich ist. Gentechnikfreie Fütterung führt zu ho-
en Sterberaten, die schon allein unter dem Gesichts-
unkt des Tierschutzes nicht hinnehmbar sind.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])







(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan
Die mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen her-
gestellten Vitamine B2 und B12 sowie weitere Amino-
säuren sind unverzichtbar. Das zeigt uns: Auch die
Landwirtschaft ist an einem Punkt angekommen – das
war zwangsläufig –, wo sie diese Technologie nutzen
muss. Sie tut es, weil es ihr Vorteile bringt und die Her-
stellung von sicheren Produkten ermöglicht.

Wir haben hier heute Morgen sehr ernsthaft das Auf-
treten der Vogelgrippe diskutiert. Die Vogelgrippe ist
eine Zoonose, wie die Kollegen Goldmann und
Dr. Tackmann ausgeführt haben. Der gegenwärtig entwi-
ckelte Markerimpfstoff gegen die Vogelgrippe wird mit
gentechnischen Methoden erzeugt. Auch dabei wird also
Gentechnik eingesetzt. Diese ist die Methode des
21. Jahrhunderts.


(Beifall bei der FDP)


Warum gibt es nun eigentlich ideologische Hürden
bei der Anwendung der Grünen Gentechnik auf dem
Acker? Ich will es vorwegnehmen, Frau Höfken: Es
wird vielfach zitiert, dass laut Umfragen 70 Prozent der
Bevölkerung Gentechnik ablehnen. Aber 66 Prozent
wollen – auch das wissen wir – einen gentechnisch ver-
änderten Joghurt, der vor Darmkrebs schützt. 80 Prozent
befürworten Bioprodukte – darauf sind Sie stolz, Frau
Höfken –, aber der Marktanteil der Bioprodukte beträgt
gerade einmal 2,6 Prozent. Bei der Suchmaschine
Google rangiert das Stichwort „Gentechnik“ bei Ernäh-
rungsfragen auf Platz 47. Das zeigt sehr deutlich: In der
Öffentlichkeit spielt das Thema Gentechnik keine Rolle,
nur bei Verbänden, bei einer bestimmten Klientel. Die
normalen Menschen in unserer Bevölkerung interessie-
ren sich dafür überhaupt nicht.


(Gustav Herzog [SPD]: Frau Happach-Kasan, ich halte mich auch für einen „normalen Menschen“!)


Das heißt, die berühmten Umfragen zur Akzeptanz
der Gentechnik spiegeln ein Meinungsklima wider,
aber nicht das Kaufverhalten der Menschen. Da ver-
wundert es nicht, dass in Österreich an einer Fleisch-
theke im Supermarkt nur eine Minderheit zu Fleischpro-
dukten griff, die als „gentechnikfrei“ gekennzeichnet
waren. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Frau
Drobinski-Weiß, auch ein prononcierter Gegner sollte
wissen, wie die Menschen sich verhalten.


(Beifall bei der FDP)


Jede Ingenieurskunst hatte ihre Befürworter und ihre
Gegner, das wissen Sie: die Dampfmaschine genauso
wie die Eisenbahn, das Handy oder der PC. Die Evolu-
tionsbiologie wird abgelehnt. Es gibt Kreationisten, An-
hänger des Intelligent Design und Gentechnikgegner.

Aber davon unabhängig sind wir in der Pflicht, die
Freisetzungsrichtlinie der EU umzusetzen. Der vorlie-
gende Gesetzentwurf bleibt weit hinter dem zurück, was
CDU/CSU und SPD den Menschen im Koalitionsvertrag
versprochen haben.


(Gustav Herzog [SPD]: Was? – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das kann ja gar nicht sein!)


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(C (D m Koalitionsvertrag steht, das Gentechnikgesetz solle ovelliert und die Regelungen sollten so ausgestaltet erden, dass sie Forschung und Anwendung in Deutsch and befördern. Nichts von dem erreicht dieser Gesetzntwurf. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: An sich ist das Betrug, was ihr macht!)


Deswegen bin ich dankbar, dass der Staatssekretär
anz klar gemacht hat, dass es eine weitere Novellie-
ung des Gentechnikgesetzes geben muss.


(Beifall bei der FDP – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nur deshalb stimmen wir zu!)


ie Regierung darf hier nicht stehen bleiben. Es ist gut,
ass in der Begründung des Gesetzentwurfes die weitere
ovellierung versprochen wird. Haben Sie das nicht ge-

esen? Sie sollten etwas konkreter arbeiten. Heute hat die
tellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion,
rau Katherina Reiche, in der „Welt“ deutlich gemacht,
ass wir eine weitere Novellierung brauchen.


(Beifall bei der FDP – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Recht hat sie!)


Während sich in der rot-grünen Regierung die SPD-
inister – erinnern Sie sich: Frau Bulmahn, Herr
lement, Herr Stolpe – mit ihren positiven Stellungnah-
en zur Grünen Gentechnik übertroffen haben, versucht

ie SPD heute, den Grünen das Angstschüren abzuneh-
en. Das finde ich, ehrlich gesagt, schmählich und abso-

ut schändlich.


(Beifall bei der FDP – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist die Wahrheit! – Widerspruch bei der SPD)


as heißt, die SPD ist die Opposition in der Regierung.
ie übernimmt von den Grünen deren Blockadehaltung.

Wenn wir Liberalen heute dem Gesetz zustimmen,
achen wir deutlich, dass wir die drohenden Zwangs-

ahlungen von Deutschland abwenden wollen. Gleich-
eitig schenken wir Ihnen Vorschusslorbeeren. Ich hoffe,
ass Sie gut damit umgehen werden.

Wir stimmen dem Änderungsantrag der Grünen nicht
u, weil wir das politische Ziel der Grünen, Angst gegen
ie Gentechnik und Misstrauen gegenüber Behörden zu
chüren, ablehnen. Das wollen wir nicht.


(Beifall bei der FDP – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das gilt nur bei der Vogelgrippe!)


Sie haben in unserem Entschließungsantrag unsere
orstellungen zur Gentechnik gelesen. Ich bitte Sie, die-
em Entschließungsantrag zuzustimmen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601921800

Das Wort hat nun die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß

ür die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1601921900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute
nicht über die Novellierung des Gentechnikgesetzes,
sondern über die Verabschiedung des Dritten Gesetzes
zur Änderung des Gentechnikgesetzes, Frau Kollegin.
Mit der Verabschiedung des Dritten Gesetzes zur Ände-
rung des Gentechnikgesetzes tragen wir unseren Teil
dazu bei, dass die EU-Freisetzungsrichtlinie nun endlich
komplett umgesetzt wird.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Genau!)


Bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfes haben
wir darüber debattiert, wie wichtig die zügige Umset-
zung ist, damit wir einer Verurteilung durch den Euro-
päischen Gerichtshof zuvorkommen und keine Strafzah-
lungen wegen Nichtumsetzung leisten müssen. Das
Dritte Gesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes ent-
hält die Regelungen, die zur Umsetzung der EU-Freiset-
zungsrichtlinie noch ausstehen. Ohnehin lassen die EU-
Vorgaben für die in diesem Gesetz geregelten Verfah-
rensfragen nicht viel Spielraum.

Ich bin sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist,
uns mit unserem Koalitionspartner in den Ausschussbe-
ratungen auf einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf
zu verständigen, der für mehr Transparenz für die
Öffentlichkeit sorgt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit diesem Änderungsantrag wird der geplante § 28 a
des Gentechnikgesetzes, der die Unterrichtung der Öf-
fentlichkeit bei ungenehmigter Freisetzung gentechnisch
veränderter Organismen regelt, konkreter gefasst. So tritt
anstelle der bisher vorgesehenen Kannregelung eine
Sollregelung. Das heißt, die Behörden sollen die Öffent-
lichkeit informieren. Dies wird dem Informationsinte-
resse der Menschen besser gerecht.

Das ist eine wichtige Maßnahme hin zu mehr Trans-
parenz, die ständig gefordert wird. Jeglichem Verdacht
der Geheimniskrämerei muss entgegengewirkt werden;


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


denn nur durch Transparenz lässt sich das Vertrauen der
Verbraucherinnen und Verbraucher gewinnen.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Vertrauen ist die Basis für mehr Akzeptanz.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


79 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher, Frau
Kollegin Happach-Kasan, lehnen gentechnisch verän-
derte Lebensmittel ab und demonstrieren uns eindrucks-
voll, dass es an Akzeptanz für die Grüne Gentechnik
mangelt. Diese mangelnde Akzeptanz ist das eigentliche
Problem. Wir könnten noch Jahre darüber debattieren,
welcher rechtlichen Regelungen und welcher politischen

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(C (D nitiativen es bedarf, um die Potenziale der Grünen Genechnik zu fördern. (Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Die Argumente der Frau Kollegin haben wir schon
auf und runter diskutiert. Deswegen möchte ich ihre
wischenfrage nicht zulassen.


(Zurufe von der FDP: Oh!)


Wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht
berzeugt sind, dann hilft alles nichts. Dann bleibt der
insatz der Gentechnik in der Lebensmittelproduktion
irtschaftlich riskant.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ie Politik kann hier nicht für mehr Akzeptanz sorgen.
ir müssen vielmehr dafür sorgen, dass den 79 Prozent

er Menschen, die gentechnikfreie Produkte haben wol-
en, diese auch angeboten werden können.

Der Schutz der konventionellen und der ökologischen
andwirtschaft vor Einträgen aus dem GVO-Anbau
uss gewährleistet bleiben. Verbraucher und Landwirte
üssen die echte Wahl haben und selbst entscheiden

önnen, ob sie gentechnisch veränderte Produkte kaufen
zw. anbauen wollen oder nicht. Die Gewerkschaft Nah-
ung-Genuss-Gaststätten stellt in ihrem Positionspapier
us dem Juli letzten Jahres fest:

… der Zwang zum Konsum gentechnisch modifi-
zierter Produkte und ungenügende Ausweichmög-
lichkeiten auf nicht gentechnisch veränderte Pro-
dukte reduzieren die Akzeptanz und Wahlfreiheit.

ie Wahlfreiheit stärkt das Vertrauen der Verbraucher
nd dient damit letztlich auch den Interessen der Wirt-
chaft.

Von der Möglichkeit, in Deutschland weiterhin gen-
echnikfrei produzieren zu können, hängen auch Arbeits-
lätze ab, und zwar über 150 000 allein in der Öko-
ebensmittelbranche. In dieser Branche steckt wirklich
irtschaftliches Potenzial. Ja, sie boomt regelrecht. So
ird im Zusammenhang mit der derzeit in Nürnberg

tattfindenden Naturkostfachmesse Biofach darüber be-
ichtet, dass es aufgrund der enorm gestiegenen Nach-
rage nach Bioprodukten bereits zu Angebotslücken und
ieferengpässen kommt. Ich habe heute gelesen, dass
ies vor allen Dingen im Bereich Milch und Fleisch der
all ist. Das hängt zum einen mit der wachsenden Be-
eutung von Biosupermärkten und dem Einstieg der Le-
ensmitteldiscounter ins Biogeschäft zusammen, zum
nderen aber auch damit, dass Verbraucherinnen und
erbraucher Vertrauen in Bioprodukte haben.

Vor dem Hintergrund der Lebensmittelskandale
derzeit müssen wir uns mit dem Gammelfleischskan-

al beschäftigen – gibt es eine wachsende Verunsiche-
ung der Verbraucher hinsichtlich der Qualität der ihnen
ngebotenen Lebensmittel.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Weit hergeholt!)







(A) )



(B) )


Elvira Drobinski-Weiß
– Das ist überhaupt nicht weit hergeholt. – Da wird das
Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher zum
echten Wettbewerbsvorteil. Dieses Vertrauen darf nicht
verspielt werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Verbraucher wollen über die Produkte informiert sein
und Verbraucher wollen selbst wählen können. Mit unse-
ren gesetzlichen Regelungen ermöglichen wir gemäß
den EU-Vorgaben den Anbau von gentechnisch verän-
derten Pflanzen und stellen gleichzeitig sicher, dass der
gentechnikfreie Anbau vor Beeinträchtigungen aus dem
GVO-Anbau geschützt ist


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie wissen genau, dass das nicht stimmt!)


und auch in Zukunft die Erzeugung ökologischer und
konventioneller gentechnikfreier Produkte möglich ist.
Eine Absenkung des Schutzniveaus für die gentechnik-
freie Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion würde
sowohl von den Verbraucherinnen und Verbrauchern als
auch von den Landwirten als Bedrohung wahrgenom-
men


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


und könnte für einige konventionelle Unternehmen und
die Ökolebensmittelwirtschaft zur Existenzgefährdung
werden. Es gibt also gute Gründe, an unserem hohen
Schutzniveau festzuhalten. Wenn wir das Dritte Gesetz
zur Änderung des Gentechnikgesetzes verabschiedet und
damit die EU-Freisetzungsrichtlinie komplett umgesetzt
haben, haben wir eine gute Basis geschaffen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Sehr geehrte Damen und Herren von der FDP, Ihren
Entschließungsantrag lehnen wir ab. Das in Ihrem An-
trag aus dem Zusammenhang gerissene Zitat aus einer
Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deut-
schen Bundestages belegt keinesfalls einen Verstoß ge-
gen die europäischen Zielvorgaben der Freisetzungs-
richtlinie. Ich bitte Sie, dies etwas genauer nachzulesen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Für uns ist der Schutz von Mensch und Umwelt
oberstes Ziel des deutschen Gentechnikrechts. Dabei gilt
der Vorsorgegrundsatz. Mit diesem ist es nicht vereinbar,
dass Ihrem Entschließungsantrag entsprechend Produkte
aus Forschungsfreisetzungen ohne Genehmigung in Ver-
kehr gebracht werden dürfen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die von Ihnen geforderte Sicherheit für die Forschung
und die Produktentwicklung ist wichtig. Sie ist aber dem
Schutz von Mensch und Umwelt unterzuordnen.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Und Tier!)


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(C (D n Abwandlung des Einstein-Zitats schließe ich mit den orten: Die Forschung ist für die Menschen und nicht ie Menschen für die Forschung. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601922000

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort der

ollegin Dr. Christel Happach-Kasan.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1601922100

Frau Kollegin Drobinski-Weiß, schade, dass Sie

eine Zwischenfrage nicht zugelassen haben! –


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Wir kennen doch die Frage, Frau Happach-Kasan!)


ch meine, wir sollten uns in Deutschland sehr viel inten-
iver damit beschäftigen, was Verbraucherumfragen ei-
entlich besagen. Ich habe es sehr deutlich gemacht:
0 Prozent lehnen die Gentechnik ab. 60 Prozent wollen
ber einen Joghurt, der vor Darmkrebs schützt.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mein Gott, den gibt es doch überhaupt nicht! – Gustav Herzog [SPD]: Der muss doch nicht gentechnisch verändert sein!)


as heißt, wir haben zwei verschiedene, zwei vollkom-
en entgegengesetzte Aussagen. Wir haben die Aus-

age, dass 80 Prozent der Verbraucherinnen und Ver-
raucher biologische Lebensmittel bevorzugen. Der
nteil der Lebensmittel aus dem Ökolandbau am Ge-

amtmarkt beträgt aber nur 2,6 Prozent. Ich kann ein
rittes Beispiel hinzufügen: 2002 wurde nachgefragt,
ie gefährlich es ist, Fleisch von BSE-kranken Tieren zu

ssen, und wie gefährlich Rauchen ist. Die Verbrauche-
innen und Verbraucher schätzten beides gleich gefähr-
ich ein.

Das heißt, wir sollten mit den Ergebnissen solcher
mfragen sehr viel vorsichtiger umgehen. Ich meine,
ass sie nur das herrschende Meinungsklima abbilden.
ie sind nicht dazu geeignet, Vorhersagen zu treffen, wie
ie Verbraucherinnen und Verbraucher sich verhalten.
ie fragen in keiner Weise die tatsächliche Akzeptanz
b. Dies ist bei einem Thema wie der Grünen Gentech-
ik viel zu schwierig.

Sie haben auf die Freisetzungsrichtlinie abgehoben.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Darum ging es doch, Frau Kollegin!)


rau Kollegin Drobinski-Weiß, ich bitte Sie, die Freiset-
ungsrichtlinie einmal vollständig durchzulesen. Sie
erden dort finden, dass es zur Zulassung von gentech-
ikveränderten Pflanzen notwendig ist, Freisetzungsver-
uche zu machen. Diese müssen also möglich sein. Ich
itte Sie, die Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes
ollständig zu lesen. Ich bitte, zu entschuldigen, dass ich
icht das gesamte Gutachten in die Drucksache aufge-






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan
nommen habe. Das wäre wohl eine Überforderung ge-
wesen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, dass Sie sehr arrogant sind? – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch kein Rechtsinstitut!)


Das Gutachten macht sehr deutlich – als es herauskam,
waren Sie von der SPD-Fraktion es doch, die immer
wieder gefragt haben, ob Sie es endlich bekommen
könnten –, dass die Art und Weise, wie die rot-grüne Re-
gierung die Haftungsregelung gestaltet hat, zu Rechtsun-
sicherheit führt. Dies lehnen wir als FDP ab.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601922200

Dann ist die nächste Rednerin Frau Dr. Kirsten

Tackmann von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601922300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Liebe Gäste! Die Lebensmittelbranche, das
heißt die Land- und Lebensmittelwirtschaft, hat in
Deutschland und Europa unter den Bedingungen eines
globalisierten Welthandels nur eine Zukunft, wenn ihre
Produkte in Preis und Qualität dem entsprechen, was
Verbraucherinnen und Verbraucher akzeptieren und
– das muss man in Zeiten von prekären Beschäftigungs-
verhältnissen, Niedriglohnsektor und Hartz IV hinzufü-
gen – was sie sich noch leisten können.

Eine große Mehrheit der Verbraucherinnen und Ver-
braucher lehnt aus unterschiedlichen Gründen den Kon-
sum, viele sogar die Produktion von GVO-Lebensmit-
teln ab. Auch Landwirte sind – ich denke mit Recht –
sehr skeptisch. Das ist eine Tatsache, die in der Debatte
um das Gentechnikgesetz berücksichtigt werden muss.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Trotz des insbesondere auf dem amerikanischen Kon-
tinent exorbitant gewachsenen Anbauanteils gentech-
nisch veränderter Pflanzen ist es bei uns in Europa
ebenso wie in großen Teilen Asiens nicht zu einer höhe-
ren Akzeptanz von GVO gekommen. Der Druck, GVO-
Kulturpflanzensorten zuzulassen, ist also nicht auf der
Nachfrageseite entstanden. Ganz im Gegenteil: Er stieg
vor allem auf der Seite der Saatgutanbieter.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Interessen der multinationalen GVO-Saatgutkon-
zerne haben aber nichts mit den Interessen der Verbrau-
cherinnen und Verbraucher zu tun. Wenn man den neues-
ten Studien über die ökologischen und wirtschaftlichen
Folgen der Anwendung Grüner Gentechnik auswertet,
stellt man fest, dass sie auch wenig mit den Interessen
der Landwirte zu tun haben.

Der Koalitionsvertrag macht im Zusammenhang mit
der Grünen Gentechnik drei Versprechen: Vorsorge, Ko-
existenz und Wahlfreiheit. Daran muss sich die konkrete
Politik der Koalition messen lassen. Voraussetzung wäre

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(C (D ie Sicherstellung einer Erzeugung ohne Gentechnik soie des Bezugs von gentechnikfreien Rohstoffen, Zu atzund Hilfsstoffen, und zwar unter den Bedingungen ines komplexen Systems der Arbeitsteilung; denn die eisten Lebensmittel gehen heute durch viele Hände, evor sie beim Verbraucher ankommen. Wer aber Koexistenz und Wahlfreiheit unter diesen edingungen verspricht, muss auch für Transparenz nd Information sorgen, und zwar ohne Einschränkung. enau das sichert der Entwurf nicht. In § 28 a Gentechikgesetz wird nicht etwa ein konkreter Anspruch der erbraucherinnen und Verbraucher auf Information foruliert, sondern lediglich eine Unterrichtungsermächti ung der Behörden mit eher komplizierten und einander idersprechenden Beurteilungsund Ermessensspielräuen. Spielräume sind bekanntlich manchmal unergründ ich. In Abs. 3 werden außerdem vier umfangreiche Fallruppen definiert, wann Informationen gar nicht eitergegeben werden dürfen. § 28 a Gentechnikgesetz ird damit zum Unterrichtungsverhinderungsparagrahen. Es stellt sich die Frage, wessen Interessen gesetzlich igentlich geschützt werden. Ich vermag vor allem eine leine Gruppe zu erkennen, die offensichtlich wenig Ineresse an Transparenz hat: die Saatgutkonzerne, vieleicht auch mancher GVO-Anwender. Es kann doch icht Aufgabe von Politik sein, Lobbyinteressen über as berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit u stellen, rst Recht nicht im Zusammenhang mit der Anwendung iner Risikotechnologie, die mit nicht rückholbaren Folen verbunden ist. Wenn Grüne Gentechnik denn so armlos und selig machend ist, wie es von vielen Befürortern dargestellt wird, frage ich mich, wieso die Inforationsrechte dann so restriktiv gehandhabt werden üssen. Für die Fraktion Die Linke bleibt der Informationsanpruch der Öffentlichkeit elementarer Bestandteil demoratischer Teilhabe. Schon deswegen können wir dem esetzentwurf nicht zustimmen. Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulrike Höfken, ündnis 90/Die Grünen. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Ich komme erst einmal auf das Positive zu prechen. Gut ist auf jeden Fall, dass die schwarz-rote oalition heute die EU-Freisetzungsrichtlinie in gleicher eise umsetzt wie unter grüner Federführung. Ange ichts einer Strafandrohung in Höhe von 792 000 Euro ro Tag vonseiten der EU bei Nichtumsetzung der Richtinie war es unverantwortlich – das haben Sie, Herr taatssekretär, richtigerweise gesagt –, dass dieser Teil Ulrike Höfken des Gesetzes im Bundesrat an CDU und CSU, unter tatkräftiger Mithilfe von SPD und PDS aus MecklenburgVorpommern und – leider – SPD und FDP aus Rheinland-Pfalz gescheitert ist. Es ist jedenfalls gut, dass die wichtigen, geltenden Regelungen im Gentechnikrecht wie Haftung, Transparenz im Standortregister und Schutz ökologisch sensibler Gebiete erhalten bleiben. Damit ist – soweit es im Rahmen der EU-Gesetze möglich ist – der Schutz der gentechnikfreien Produktion und vor allem auch die Wahlfreiheit gesichert. Damit haben alle, die in Deutschland gentechnikfrei produzieren wollen – das sage ich ganz klar –, einen Rechtsanspruch auf Schadensausgleich, wenn ihre Ernte gentechnisch kontaminiert wird. Frau Happach-Kasan, wo kämen wir denn hin – ganz ernsthaft –, wenn in Zukunft plötzlich diejenigen, die einen Schaden erleiden, nicht mehr entschädigt werden können, obwohl dies im BGB verankert ist? Das wäre doch wohl nicht zu machen. I Koexistenz muss gesichert werden. So sagt es auch die EU-Freisetzungsrichtlinie. In Ihrem Antrag, Frau Happach-Kasan, steht: Koexistenz ist nicht möglich. Ganz klar ist: Ihr Antrag ist absolut abzulehnen, weil er überhaupt nicht den Anspruch erhebt, die Freisetzungsrichtlinie umzusetzen und Koexistenz zu sichern. Ich komme aber auch zum schlechten Teil – Frau Tackmann hat es schon angesprochen –: Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist nicht gut geregelt. Wir werden unseren grünen Antrag verteidigen, auch auf der europäischen Ebene. Wir verlangen nämlich, dass die zuständigen Behörden zur Unterrichtung verpflichtet sind. In diesem Zusammenhang komme ich auf den FDPAntrag zu sprechen, in dem so nett steht: Die umfangreichen Zulassungsverfahren ... sichern die Unbedenklichkeit ... Aber genau das ist der Punkt. Wenn man nämlich, so wie Greenpeace das durch die Klage erwirkt hat, einmal in diesen Zulassungsbedingungen nachschaut, was zur Prüfung herangezogen wurde, dann stellt man fest, dass das erstens viel zu wenig war und dass zweitens die Aussagen sehr bedenklich sind. Nehmen wir einmal MON 863, insektizidresistenten Mais, an Ratten verfüttert: Die Versuchstiere hatten verschiedene Veränderungen an Organen. Sie hatten ferner eine Verminderung der weißen Blutkörperchen, eine Erhöhung des Blutzuckers und Veränderungen an den Nierenkanälen. Bei den Versuchen mit gentechnisch veränderten Erbsen stellte man Lungenentzündungen bei den Versuchstieren fest. g k A v D i S s t a z t d l s – d w v i F s D L n G B ü Ä s m B d z s g m u G (C (D (Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Ist Ihnen bekannt, dass diese Versuche eingestellt wurden?)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601922400
Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601922500




(A)


(B) )


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1601922600

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man hinter diese unterschiedlichen Beurteilun-
en kommt, dann sieht man sehr wohl, dass mehr Beden-
en und ein höher eingeschätztes Risiko hinsichtlich der
grogentechnik angebracht sind, als dass Nutzen damit
erbunden ist.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Die zugelassenen Sorten haben all dies nicht gezeigt!)


eshalb darf es da keine Verheimlichung geben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir werden uns mit aller Entschiedenheit gegen die
llegale Zulassung des MON 810 wehren, die Herr
eehofer in erster Amtshandlung erwirkt hat. Denn die-
es Produkt ist eine Altlast aus dem Jahr 1998, die ers-
ens keine saatgutrechtliche Zulassung hat und zweitens
uch nach heutigem Rechtsstand überhaupt nicht mehr
ugelassen würde. Ich finde, es ist eine absolute Zumu-
ung, dass ein solch unzureichend geprüftes Produkt auf
ie Menschheit und die deutsche Landwirtschaft losge-
assen wird. Das ist eine Art Menschenversuch. Ange-
ichts der Tatsache, dass diese Zulassung 2006 endet
was Monsanto in seinen Werbeanzeigen nie sagt –, ist

as eine unverantwortliche Vorgehensweise, gegen die
ir uns mit aller Entschiedenheit wenden. Ich verlange
on Herr Minister Seehofer – auch wenn er jetzt nicht da
st –, dass er bitte persönlich die Haftung übernimmt.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601922700

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

raktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ge-
etzentwurf zur Änderung des Gentechnikgesetzes,
rucksache 16/430. Der Ausschuss für Ernährung,
andwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt in sei-
er Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/628, den
esetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen.
Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion des

ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/694 vor,
ber den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen
nderungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält

ich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt mit den Stim-
en aller Fraktionen bei Zustimmung der Fraktion des
ündnisses 90/Die Grünen.
Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in

er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
eichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge-
etzentwurf ist damit in zweiter Beratung angenommen
egen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei Zustim-
ung aller übrigen Fraktionen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Ge-
)






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
genstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
damit angenommen bei Zustimmung aller Fraktionen
und Gegenstimmen der Fraktion Die Linke bei einer
Enthaltung aus der Fraktion Die Linke.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/
695. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Entschlie-
ßungsantrag ist abgelehnt mit den Stimmen aller Fraktio-
nen bei Zustimmung der FDP-Fraktion.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia

(Saarbrücken)

tion DIE LINKE

Föderalismusreform im Bildungsbereich

– Drucksache 16/647 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Krista
Sager, Priska Hinz (Herborn), Kai Boris Gehring,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Kooperationsmöglichkeiten von Bund und
Ländern in Bildung und Wissenschaft erhal-
ten

– Drucksache 16/648 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der
Kollegin Cornelia Hirsch von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


Einen Moment, Frau Kollegin Hirsch. – Kann ich die
Kollegen bitten, die diesem Tagesordnungspunkt nicht
folgen wollen, den Saal zu verlassen, damit wir der Red-
nerin Gehör schenken können? – Bitte schön, Frau
Hirsch.


Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601922800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Gestern während der Fragestunde haben wir schon ein-
mal kurz über die geplante Föderalismusreform gespro-
chen. Wir haben dort die Frage gestellt, inwieweit bei
der Beratung im Kabinett auf die geäußerten bildungs-
politischen Bedenken eingegangen wurde. Dazu beka-
m
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1601922900


Wir haben nicht im Einzelnen Bedenken und Anre-
gungen, die hier und dort aus den unterschiedlichs-
ten Richtungen vorgetragen worden sind, erörtert,

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(C (D sondern wir haben einmütig vereinbart, … alles dazu beizutragen, dass die inzwischen vorliegenden Texte … eingebracht und verabschiedet werden. Vor ein paar Stunden haben wir über die Ticker die achricht erhalten, dass das heutige Spitzengespräch er olgreich war und die Reform nun vor der Sommerpause nter Dach und Fach sein soll. Aus unserer Sicht ist die Art und Weise, in der bei ieser Föderalismusreform vorgegangen wird, nicht nur ine Missachtung des Parlaments, sondern es ist auch ine Missachtung der bildungspolitischen Fachöffentichkeit, (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie sich fast geschlossen mit sehr vielen guten Gründen
nd im Übrigen quer über alle politischen Richtungen
inweg gegen die vorliegenden Vorschläge ausspricht.


(Jörg Tauss [SPD]: Dann lassen Sie sie doch diskutieren!)


Ich möchte versuchen, zumindest einige der Beden-
en deutlich zu machen. Im Prinzip besteht bei einigen
rundlegenden Fragen in der Bildungspolitik Einigkeit
uer über alle Fraktionen, beispielsweise darüber, dass
ir endlich mehr Chancengleichheit im Bildungssystem

ealisieren müssen, dass die frühkindliche Bildung ge-
tärkt werden muss, dass die Studierendenquote erhöht
erden soll oder dass die Weiterbildung ausgebaut wer-
en muss.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Die geplante Föderalismusreform steht allerdings in
rassem Widerspruch zu all diesen Zielen. Auch hier
öchte ich einige Beispiele nennen: Initiativen wie das
anztagsschulprogramm wären zukünftig verboten. Je-
es Land könnte beim Hochschulzugang und bei den
bschlüssen seine eigenen Regelungen verabschieden.
s gäbe keine bundesweit abgesicherten Arbeitsbedin-
ungen für die im Bildungsbereich Beschäftigten mehr.
er dringend erforderliche Ausbau der Hochschulen
äre gefährdet. Aus unserer Sicht ist solch eine Födera-

ismusreform keine Grundlage für eine progressive Bil-
ungspolitik.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Frage, weshalb trotzdem ein Interesse an dieser
eform bestehen könnte, lässt sich relativ leicht beant-
orten. Im Prinzip handelt es sich einfach um einen fau-

en Kompromiss im Machtgezerre zwischen Bund und
ändern, der zudem ziemlich durchsichtig ist. Die Län-
er verzichten auf Zustimmungspflicht im Bundesrat, im
egenzug erhalten sie mehr Kompetenzen, etwa in der
ildungspolitik. Das Problem dabei ist aber, dass eine
iskussion über die Konsequenzen für die Bildung so
eit es geht vermieden wird.

Genau das wollen wir mit unserem Antrag ändern.
ir fordern darin, dass man den bildungspolitischen Be-

eich aus dem Föderalismuspaket vorerst ausklammert
nd neu darüber diskutiert.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Cornelia Hirsch
Wir wollen an dieser Stelle klarstellen: Wir sind
durchaus der Ansicht, dass wir eine Föderalismusreform
brauchen. Aber wir sind nicht der Ansicht, dass wir eine
Föderalismusreform brauchen, die zulasten von Vätern
und Müttern, Schülerinnen und Schülern, Studentinnen
und Studenten und Lehrerinnen und Lehrern geht.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601923000

Frau Kollegin Hirsch, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Tauss?


Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601923100

Ja, gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601923200

Bitte schön, Herr Tauss.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601923300

Liebe Frau Kollegin, ich nehme das, was Sie sagen,

mit Interesse zur Kenntnis. In vielen Punkten haben wir
noch nicht einmal unterschiedliche Auffassungen. Aber
angesichts der Vehemenz, mit der Sie vortragen, möchte
ich Sie fragen: Haben Sie in den beiden Ländern, in de-
nen Sie mitregieren – in Berlin und in Mecklenburg-
Vorpommern –, schon eine ähnlich feurige Rede gehal-
ten, und ist zu konstatieren, dass die dortigen Landes-
regierungen aufgrund Ihrer Intervention aus der bisherigen
Phalanx der 16 : 0-Ministerpräsidentenriege ausbrechen
und ihre Auffassungen möglicherweise überdenken?


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601923400

Herr Kollege Tauss, vielen Dank für Ihre Nachfrage.

– In meiner ersten Aussage habe ich darzustellen ver-
sucht, dass ich vor allen Dingen die Problematik der
Missachtung parlamentarischer Vorgänge sehe.


(Jörg Tauss [SPD]: Aber warum? Wir fangen doch gerade erst an!)


Ebenso habe ich kritisiert, dass heute das Gespräch zwi-
schen den Regierungsspitzen stattgefunden hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Aber es ist doch eine Regierungsvorlage!)


Sie persönlich kritisiere ich in keiner Form.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist aber nett! Aber das wollte ich gar nicht hören!)


Ich rufe lediglich die anwesenden Abgeordneten ganz
grundsätzlich dazu auf, dieses Anliegen, das für uns sehr
wichtig ist, abzulehnen, wenn es in das Parlament einge-
bracht werden sollte.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist kein Vorwurf an Sie, sondern nur ein Aufruf. –
Nochmals danke für Ihre Nachfrage, Herr Tauss.

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(C (D Da ich das Ende der mir zur Verfügung stehenden Reezeit schon erreicht habe, will ich abschließend klartellen: Es geht uns nicht darum, jemandem widersprehen zu wollen, dass wir eine Föderalismusreform rauchen. (Jörg Tauss [SPD]: Das ist ja mal etwas Vernünftiges!)


ir wollen deutlich machen, dass das Parlament einer
rundgesetzänderung aus gutem Grund zustimmen
uss und sie nicht einfach im Rahmen eines Koalitions-

ertrags beschlossen werden kann.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)


eshalb unser Appell: Wir alle sollten den jetzt vorlie-
enden faulen Kompromiss nicht mittragen.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601923500

Das Wort hat jetzt der Kollege Marcus Weinberg von

er CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1601923600

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

llerliebste Frau Hirsch, das war schon eine ganz be-
timmte Form der Konsequenz, die Sie uns gerade prä-
entiert haben. Ich habe Ihren Antrag mit Interesse gele-
en. In seinem ersten Satz heißt es, dass Sie eine Reform
es Föderalismus in der Bildungspolitik begrüßen. Im
7. oder 18. Satz Ihres Antrags fordern Sie die Bundes-
egierung allerdings auf, den Bildungsbereich von der
eform auszunehmen. Diese „Konsequenz“ können wir
atürlich nicht mittragen. Wir begrüßen diese Reform
nd wir werden sie auch durchführen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Gerne gehe ich auf die von Ihnen angesprochenen
ritikpunkte ein – allerdings stand Ihnen eine kürzere
edezeit zur Verfügung als mir; das ist bedauerlich für
ie, aber gut für mich –: Grundsätzlich ist es so, dass wir
icht nur durch den Koalitionsvertrag gebunden sind, die
öderalismusreform durchzuführen. Vielmehr liegt dem
uch unsere Einsicht in die pure Notwendigkeit zu-
runde, dass wir eine Reform unserer bundesstaatlichen
rdnung durchführen müssen, um unser föderatives
ystem endlich wieder vom Kopf auf die Füße zu stel-

en, damit wir insbesondere unter dem Gesichtspunkt ei-
er modernen und progressiven Bildungspolitik die rich-
igen Reformschritte einleiten können. Dabei geht es im

esentlichen um drei Punkte: erstens um die klare Zu-
rdnung von Kompetenzen, zweitens um den Abbau von
lockaden und Blockademechanismen und drittens um
ie Schaffung von Transparenz.

In den letzten Tagen, Wochen und Monaten mag man
rritiert gewesen sein, wenn man die Diskussion über die
öderalismusreform verfolgt hat. Noch vor ein paar Jah-
en waren sich die Bildungspolitiker in den Ländern und






(A) )



(B) )


Marcus Weinberg
im Bund einig, dass die Notwendigkeit für eine solche
Reform besteht. Auch wenn ich Ihre Bedenken nicht
mittragen kann, kann ich sie teilweise durchaus nach-
vollziehen. Es wäre schon ärgerlich, wenn eines der
größten Reformvorhaben, das es in den letzten 40 Jahren
in der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat, in den
nächsten Wochen möglicherweise zerredet werden
sollte, und das aufgrund einzelner Detailfragen, die viel-
leicht noch zu lösen sind. Wir sind dieses Thema ange-
gangen.

Aus Ihrem Antrag, liebe Frau Hirsch, haben Sie ei-
nige Punkte hervorgehoben; hier möchte ich gerne nach-
haken. Erstens muss ich etwas zu den Ganztagsschulen
sagen. Verzeihen Sie mir, aber als ehemaliger Landespo-
litiker hatte ich zu diesem Thema in der Vergangenheit
eine etwas andere Position als der eine oder andere in
diesem Hohen Hause. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir
waren sehr kritisch, was das Ganztagsschulprogramm
betrifft, und das zu Recht.


(Jörg Tauss [SPD]: Aber das Geld habt ihr euch geholt! – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau! Der Hamburger Senat hat sich sogar damit geschmückt!)


– Das Geld haben wir uns geholt, richtig. Aber ich kann
Ihnen eines sagen, lieber Herr Tauss: Wir hätten die Mit-
tel wesentlich zielgenauer eingesetzt und damit größeren
Erfolg erzielt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Das ist ja lächerlich!)


– Das ist nicht lächerlich. Man muss die Situation im
Land schon kennen. Sie wissen doch auch, dass es in den
verschiedenen Bundesländern unterschiedlichen Bedarf
gab.

Sie haben in Ihrem Antrag angesprochen, dass es not-
wendige Reformen gibt, und fordern ein, dass diese auf
der Bundesebene angeschoben werden, zum Beispiel die
vorschulische Bildung. Nun ist unser föderatives System
nicht von ungefähr gekommen, sondern es hat sich aus
der Verschiedenheit sozialer, kultureller und auch bil-
dungspolitischer Hintergründe in den Regionen entwi-
ckelt. Das hat zur Folge, dass wir, was die Bildungspoli-
tik angeht, unterschiedliche Vorgaben haben. Sie können
Bayern, Rügen, Hamburg, Bremen und Dresden nicht
gleichsetzen – es gibt jeweils andere Problembereiche.
Deswegen ist es nur richtig und konsequent, den Län-
dern die Kompetenz zu geben. Sie wissen, wo man die
Mittel am besten einsetzt.


(Abg. Jörg Tauss [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage – Unruhe bei Abgeordneten der CDU/CSU)


– Herr Tauss, wenn ich meine Ausführungen zu Ende
bringen darf; Sie können gleich noch reden.

Es war schon damals sehr schwierig, von oben
oktroyiert zu bekommen, welche Reformen man durch-
führen muss.



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(C (D (Jörg Tauss [SPD]: Wir haben eine Vereinbarung mit den Ländern!)


Wir haben diese Diskussion in den Ländern geführt.

Zweitens. Sie sprechen in Ihrem Antrag von mangeln-
er Transparenz. Da stimme ich Ihnen zu. Doch diese
angelnde Transparenz ist letztendlich das Ergebnis da-

on, dass die Kompetenzen nicht genau definiert sind.
eshalb ist es richtig, dass im Zuge der Föderalismusre-

orm endlich Klarheit geschaffen wird, wer für den Bil-
ungsbereich verantwortlich ist. Bisher konnten Politi-
er auf Landesebene die Verantwortung Richtung Bund
chieben, und auch in der Gegenrichtung wurden Verant-
ortlichkeiten hin- und hergeschoben. In Zukunft – das

st das Gute – sind die Landesregierungen aufgefordert,
ie notwendigen Reformen im Bildungsbereich durchzu-
ühren. Sonst bekommen sie nämlich ein Problem: das
er möglichen Nichtwiederwahl. Das heißt, die Födera-
ismusreform mit der klaren Zuordnung der Kompetenz
ür den schulischen Bereich an die Länder ist gut und
ichtig. Dadurch sind die Länder gezwungen, an sich zu
rbeiten. Wenn Sie verfolgen, was in einigen Ländern
insichtlich vorschulischer Bildung, Kindertagesbetreu-
ng und Schulreformen passiert, dann müssen Sie zuge-
en, dass viele Länder das bereits verstanden haben und
ie richtigen Reformen durchführen.

Drittens. Sie sprechen vom europäischen Bildungs-
aum. Auch diesen muss eine Reform berücksichtigen;
a stimme ich Ihnen zu. Wir haben mittlerweile drei
benen und man kann zu Recht sagen: Drei Ebenen, das

st eine zu viel. Den Rahmen für Bildungspolitik wird
ehr und mehr Europa vorgeben; dort werden die Be-

ingungen festgelegt. Aber die Ausführung muss auf der
ntersten Ebene geleistet werden. Deswegen kann man
ich fragen, ob die Kompetenzen der mittleren Ebene
berflüssig sind. Ich sage explizit „kann man sich fra-
en“ – man kann auch eine andere Position vertreten. Ich
laube allerdings, es ist richtig, sich an Europa zu orien-
ieren und den Ländern die Ausführung zu überlassen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601923700

Herr Kollege Weinberg, erlauben Sie eine Zwischen-

rage der Kollegin Hirsch?


Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1601923800

Ja, gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601923900

Bitte schön.


Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601924000

Ich finde es sehr spannend, dass Sie mir grundsätzlich

ustimmen, dass sehr große Anforderungen an die Föde-
alismusreform bestehen und dass das auch für die Bil-
ungspolitik gilt. Offensichtlich erfüllen die vorliegen-
en Vorschläge diesen Anspruch aber nicht. Denn wie
onst würden Sie sich erklären, dass in der bildungspoli-
ischen Fachöffentlichkeit der Widerstand gegen die vor-
elegten Vorschläge so groß ist? Andernfalls wäre das
och unsinnig.






(A) )



(B) )


Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1601924100

Ich stimme Ihnen in der formulierten Zielsetzung

– Transparenz, europäische Ebene – zu. Aber Sie haben
unter dem Strich die falschen Ergebnisse – wir haben die
richtigen.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Wir haben auch andere!)


Was heißt in diesem Zusammenhang „Bildungsöf-
fentlichkeit“? Dass sich zu dieser Frage jetzt alle mögli-
chen Leute äußern, stimmt. Aber die Experten, gerade in
den Ländern, sind, was den schulischen Bereich angeht,
durchaus positiv gestimmt. Im Hochschulbereich sieht
es ähnlich aus. Insoweit kann ich nicht feststellen, dass
sich die gesamte so genannte Bildungsöffentlichkeit ei-
nen anderen Prozess wünschen würde.

Für den Bildungsbereich Schule lässt sich konstatie-
ren, dass sie auf Länderebene organisiert werden muss.
Das heißt in der Konsequenz – das ist unsere Analyse –,
dass die Föderalismusreform mit sich bringen muss, dass
im schulischen Bereich die Kompetenz der Länder ge-
stärkt wird.

Soweit es die Zeit erlaubt, möchte ich noch auf den
Hochschulbereich eingehen; das ist auch der Schwer-
punkt des Antrags von Frau Sager und der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen. Sie haben mit Ihrem Antrag
zum Ziel, die Kooperation zu stärken. Sie werden wahr-
scheinlich gleich in Ihrer Rede monieren, dass es eine
solche nicht mehr gibt. Das möchte ich etwas relativie-
ren, zum Beispiel, was die so genannte Abweichungsge-
setzgebung angeht. Folgendes ist dabei zu beachten: Im
engeren Sinne wird der Bund zwar seine Kompetenz
verkleinern, aber – das halte ich für einen interessanten
Aspekt – er erhält in diesem Bereich auch eine Kompe-
tenz zur Voll- und Detailregelung, während er bislang
auf Rahmenregelungen beschränkt war. Die Kritik lau-
tet, dass diese Abweichungsgesetzgebung vermutlich
zur Kleinstaaterei führt. Erstens ist dies nicht bewiesen
und zweitens glaube ich, dass es für die Länder sehr
schwierig oder problematisch wird, wenn sie diese
Kleinstaaterei tatsächlich betreiben; denn auch dort
wirkt der europäische Rahmen. Wer davon abweicht
– gerade nach dem Jahr 2010 –, der wird sicherlich Pro-
bleme bekommen.

Des Weiteren muss festgestellt werden, dass die
Kompetenz des Bundes in ebenfalls zeitweise sehr um-
strittenen Bereichen bei ihm geblieben ist. Ich nenne die
berufliche Bildungskompetenz, die Forschungsförde-
rung, die Ausbildungsbeihilfe und die Gemeinschafts-
aufgabe Forschungsförderung, also auch das, was im
Zuge der Reform des Art. 91 b Grundgesetz geleistet
wird. Hier hat der Bund seine Position und seine Kom-
petenzen durchaus behauptet.

Es gab es sicherlich Punkte, die offen waren und zur
Diskussion standen. Sie haben gerade gesagt – was ich
noch nicht wusste –, dass das Spitzengespräch positiv
ausgegangen ist.


(Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Negativ! Die Einigung ist negativ!)



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(C (D Sagen wir es einmal so: Zumindest längerfristig wird an die Übergangsregelungen hinbekommen. Außerdem muss auch einmal hinterfragt werden, was urch die Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung in en letzten Jahren massiv bewegt wurde. Ich komme zum Schluss: Die Bedenken, Wünsche nd Visionen, die man so hat, kann man sicherlich auch nders ausleben. Alternativen gibt es immer. Man muss ann aber auch eine gewisse Konsequenz vertreten. Ich glaube, unter dem Strich ist es sowohl für den chulischen Bereich als auch für den Bereich der Hochchule richtig und wichtig, dass diese Föderalismusreorm möglichst zügig umgesetzt wird; denn es gilt, den uropäischen Rahmen zu fassen und auch dort Bildung u produzieren, wo sie ankommt, nämlich auf der untersen Ebene, dort, wo Menschen Bildung erleben. Desween werden wir diesen Prozess natürlich positiv begleien. Vielen Dank. Herr Kollege Weinberg, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer rsten Rede im Deutschen Bundestag. Herzlichen lückwunsch. Das Wort hat jetzt der Kollege Patrick Meinhardt von er FDP-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen nd Kollegen! Die Diskussion heute ist wirklich so sinnos wie ein Kropf. ir sollten über diese beiden Anträge dann diskutieren, enn es hier im Parlament um das ganze Föderalismusaket geht. Alles andere ist aus unserer Sicht vergeudete eit. Herr Tauss, die These, dass die Bildungspolitik aus er gesamten Föderalismusdebatte herausgebrochen erden soll, ist nur der neueste Taschenspielertrick, um ie dringend notwendige Föderalismusreform doch noch uf die lange Bank schieben zu können. Diese Entscheiung ist seit Jahren überfällig. Deshalb erwarten wir als DP auch, dass jeder hier in diesem Haus zu seiner poli ischen Verantwortung steht. Es muss aber die Frage erlaubt sein, wer eigentlich für ie Bildungspolitik in dieser Regierung verantwortlich st. Ist es Frau Ministerin Schavan oder ist es Frau Ex inisterin Bulmahn, die im Hintergrund den koalitionsnternen Widerstand organisiert? Patrick Meinhardt Hier müssen Schwarz und Rot Farbe bekennen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag wackelt, wenn die Koalition als Ganzes nicht weiß, wo sie hin will. Die Zweidrittelmehrheit im Bundesrat gibt es nicht ohne die FDP. (Beifall bei der FDP – Ulla Burchardt [SPD]: Da sind wir jetzt aber gespannt! – Weiterer Zuruf von der SPD: Ist das eine Drohung?)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601924200

(Beifall)


(Beifall bei der FDP)

Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1601924300

(Jörg Tauss [SPD]: Warum das denn?)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Jörg Tauss [SPD]: Was?)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


Kollege Tauss, Sie werden es nicht glauben, aber ich
zitiere Sie jetzt, und zwar sogar aus der „taz“:


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist gut!)


„Der FDP kommt eine entscheidende Rolle zu.“


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist wahr!)


Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht, Herr Tauss.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber ob sie sie ausfüllen kann, ist eine andere Frage!)


Das heißt aber nicht, dass wir als stärkste Oppositions-
fraktion für Sie die Kohlen aus dem Feuer holen.


(Jörg Tauss [SPD]: Braucht ihr auch nicht!)


Wir alle wissen doch genau, dass eine Föderalismus-
reform nur dann Sinn macht, wenn sie auch mit einer
Neujustierung der Finanzbeziehungen zwischen Bund
und Ländern verbunden ist.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie sollten mal Westerwelle zitieren!)


Deswegen muss parallel dazu ganz klar festgelegt wer-
den, in welcher Form, mit welchem Zeitplan und mit
welchem Ziel die Finanzverfassung reformiert wird.


(Beifall bei der FDP)


Auch hier muss der Grundsatz gelten: Wer bestellt, be-
zahlt.


(Beifall bei der FDP)


Inhaltlich machen die beiden Anträge sehr deutlich,
wo die wirkliche Trennlinie in dieser so wichtigen De-
batte verläuft, nämlich zwischen denen, die eine Bil-
dungsbürokratie von oben wollen, und denen, die wie
wir Liberale die Bildungsfreiheit vor Ort umsetzen wol-
len.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der LINKEN: Privatschulen, nicht?)


Was wir in Deutschland wirklich brauchen, ist eine
neue Schulkultur. Jede Schule muss zu einer kreativen
Denkfabrik werden. Jede Schule muss eine individuelle
Talentschmiede sein. Jede Schule muss zu einer wirkli-
chen Verantwortungsgemeinschaft von Lehrern, Eltern
und Schülern werden. Deswegen will die FDP die freie
Entscheidung der Schulen vor Ort über Budget, Perso-
nal, Organisation und Profil.


(Jörg Tauss [SPD]: Das können wir alles machen!)


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(C (D ie FDP will die selbstständige Schule. Häufig sagt das, was in einem Antrag nicht steht, ehr über ihn aus als das, was in ihm steht. Die größte ildungskrake, die wir in Deutschland haben, ist die ultusministerkonferenz. (Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Die wollt ihr abschaffen!)


(Beifall bei der FDP)


ie ist extrem träge. Sie ist Bürokratie pur. Am aller-
chlimmsten ist: Sie hat über Jahrzehnte hinweg schlicht
nd ergreifend versagt.


(Beifall bei der FDP)


Die Integration von Migranten ins Bildungssystem,
ie Chancengerechtigkeit am Start, die gegenseitige An-
rkennung der Abschlüsse durch alle Bundesländer, die
erspektivdiskussion über Kindergärten, die Reform der
ehrerausbildung und die Freizügigkeit der Lehrer, die
ewältigung der stark ansteigenden Studentenzahlen,
ie Autonomie der Hochschulen und die Autonomie der
chulen – hier hätte eine verantwortungsvolle Kultusmi-
isterkonferenz mit sage und schreibe über
40 Mitarbeitern aktiv werden können und aktiv werden
üssen.


(Beifall bei der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Was wollen Sie uns eigentlich sagen, Herr Meinhardt?)


Deswegen gilt für die FDP ganz klar: Die Kultusmi-
isterkonferenz


(Jörg Tauss [SPD]: Muss abgeschafft werden!)


n dieser Form hat ausgedient. Sie muss zusammen mit
er Bund-Länder-Kommission zu einer schlanken Bil-
ungskonferenz werden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Schließen wir hier im Deutschen Bundestag ein
ündnis für die Abschaffung der Kultusministerkonfe-

enz.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD)


ie Schulen werden es uns danken.

Beide Anträge sind Ausdruck einer Geisteshaltung,
ie wir Liberale nicht teilen. Wir brauchen in diesem
and mehr Bildung der Freiheit und mehr Freiheit der
ildung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Haben Sie das mit Herrn Pinkwart abgestimmt? – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beeindruckend!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601924400

Das Wort hat jetzt der Kollege Thomas Oppermann

on der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Thomas Oppermann (SPD):
Rede ID: ID1601924500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Kollege Meinhardt hat eben den Kollegen
Tauss zitiert.


(Jörg Tauss [SPD]: Gut so!)


Das Zitat besagte, dass die FDP in dieser Frage eine
wichtige Rolle spiele. Nach dem, was Sie eben vorgetra-
gen haben,


(Nicolette Kressl [SPD]: Können wir uns das nicht mehr vorstellen!)


ist für mich nicht erkennbar, welche Rolle Sie in dieser
Debatte spielen.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Das können wir uns bei der SPD schon lange nicht mehr vorstellen!)


Vor allen Dingen ist für mich nicht erkennbar, was Sie
wirklich genau wollen; denn die Abschaffung der Kul-
tusministerkonferenz steht jedenfalls dem Bundestag
nicht zu. Das ist eine freiwillige Veranstaltung


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Länder!)


autonomer Länder in einem föderalistischen und demo-
kratischen Staat. Hier kann man nicht einfach Verbote
aussprechen. Verbotspolitik war übrigens bisher nicht
die Grundlinie der FDP, aber vielleicht verändert sie sich
gerade. Wenn der Vorsitzende einmal nicht da ist, kann
das schnell passieren.


(Lachen bei der FDP)


Die Föderalismusreform wird gelegentlich von Herrn
Ramsauer und Herrn Stoiber als die Mutter aller weite-
ren Reformen bezeichnet. Ich weiß nicht, ob das eine
zutreffende Beschreibung ist. Richtig ist aber, dass die
Föderalismusreform die größte Änderung des Grund-
gesetzes seit 1949 ist. Daraus folgt, dass jedenfalls wir
sie mit größter Sorgfalt beraten und begleiten werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn das, Frau Hirsch und Frau Sager, die Absicht
Ihrer Anträge gewesen sein mag, dann rennen Sie bei
uns offene Türen ein.

Frau Hirsch, worin die Missachtung des Parlamentes
liegen soll, die Sie kritisiert haben, kann ich nicht sehen.
Die Koalition hat heute beschlossen, dass ein Gesetzent-
wurf vorbereitet und ins Parlament eingebracht werden
soll. Auch wenn Ihnen das nicht gefällt, wird das Parla-
ment deshalb noch nicht missachtet. Die Koalition
macht lediglich Gebrauch von ihrem Recht, Gesetzent-
würfe einzubringen. Das können Sie genauso gut ma-
chen. Vielleicht bringen Sie ein besseres Gesetz ein.

Die gründliche und sorgfältige Beratung der Verfas-
sungsänderung ist schon wegen der Tragweite der mög-

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(C (D ichen Änderungen und aus Respekt vor der Verfassung eboten. Es darf aber kein Zweifel daran bestehen, dass ir diese Reform wollen. In Deutschland sind mehr Transparenz in den politichen Prozessen und die Entflechtung von Gesetzgeungszuständigkeiten notwendig. Des Weiteren müssen ie Blockademöglichkeiten im Bundesrat durch die eutliche Verringerung der Zahl der zustimmungspflichigen Gesetze reduziert werden. Altbundespräsident Roman Herzog – in einer großen oalition darf man sich schließlich gegenseitig zitieren – at einmal zutreffend festgestellt: „In einem System, in em alle für alles Verantwortung tragen, trägt in Wirkichkeit niemand Verantwortung.“ Das ist in unserer Verassungswirklichkeit in gewissem Maße der Fall. Desalb ist es wichtig, dass die Föderalismusreform wieder ie Deckungsgleichheit zwischen politischer Zuständigeit und politischer Verantwortlichkeit herstellt. Aber die Menschen in Deutschland wollen nicht nur ine Staatsreform, die zügige, klare und verantwortungsewusste Entscheidungen ermöglicht. Es ist ihnen minestens genauso wichtig, dass wir die Bildungsreformen orantreiben, dass die Chancen der frühkindlichen Bilung besser genutzt werden, dass die deutschen Schüler nd Schülerinnen bei künftigen PISA-Studien internatioal in der Spitzengruppe stehen und dass vor allem der n Deutschland so stark wie nirgendwo sonst gegebene usammenhang von Bildungserfolg und sozialer Herunft aufgebrochen wird, damit die Bildungschancen der inder nicht mehr vom Geldbeutel der Eltern abhängen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Um diese Ziele zu erreichen, brauchen wir bessere
chulen. Für die Schulen sind bisher die Länder zustän-
ig – der PISA-Studie zufolge eher mit bescheidenem
rfolg – und es wird, hoffentlich mit besserem Erfolg,
uch künftig so sein. Der Bund hat in der Schulpolitik
eine Kernzuständigkeiten, aber es ist in der vergange-
en Wahlperiode gelungen – das ist ein großes Verdienst
er rot-grünen Bundesregierung –, ein Ganztagsschul-
rogramm mit einem Volumen von über 4 Milliar-
en Euro auf den Weg zu bringen, das einer zivilisatori-
chen Errungenschaft, die in allen entwickelten Indus-
rieländern angeboten wird, auch in Deutschland zum
urchbruch verhelfen sollte. Das halte ich für ein Ver-
ienst.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn Sie in Hamburg die Mittel nicht zielgenau ein-
etzen konnten, Herr Kollege Weinberg, dann muss ich
arauf hinweisen, dass sehr breite Einsatzmöglichkeiten
estanden haben.


(Jörg Tauss [SPD]: So ist es!)


enn die Länder etwas nicht hinbekommen haben, dann
at das damit zu tun, dass zwar aus Bundesmitteln Inves-
itionen getätigt, aber leider keine pädagogischen Fach-
räfte eingestellt wurden, um in den Ganztagsschulen






(A) )



(B) )


Thomas Oppermann
Lehrer- und Sozialarbeiterstellen zu besetzen. Wie sollen
denn Kinder mit Migrationshintergrund oder aus Fami-
lien der unteren Einkommensgruppen und aus so ge-
nannten bildungsfernen Schichten besser betreut, geför-
dert und gefordert werden als in Ganztagsschulen? Diese
Kinder sind doch die ersten Opfer von Medienverwahr-
losung. Deshalb sind Ganztagsschulen der richtige Weg.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Art. 104 b des Grundgesetzes in der neuen Fassung
lässt Finanzhilfen des Bundes an die Länder nicht mehr
zu, wenn es sich um einen Gegenstand handelt, für den
die Länder die ausschließliche Gesetzgebung haben. Das
heißt im Klartext: So etwas wie das 4-Milliarden-Euro-
Programm wäre in Zukunft nicht mehr möglich. Das
halte ich für außerordentlich problematisch.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn gerade auf einem Gebiet, auf dem Deutschland ei-
nen finanziellen und gestalterischen Kraftakt vor sich hat
und deshalb alle verfügbaren Kräfte und Ressourcen mo-
bilisieren müsste, erscheint ein Finanzhilfe- und Koope-
rationsverbot wenig plausibel.

In verfassungsmäßiger Hinsicht geht es vielmehr um
die folgende Frage: Wenn nach dem Urteil aller Beteilig-
ten eine zeitlich begrenzte Kooperation zwischen Bund
und Ländern richtig und vernünftig und zudem im Inte-
resse der jungen Menschen dringend geboten ist und alle
16 Bundesländer und der Bund dies auch wollen, muss
dann nicht die Verfassung in solchen Fällen eine Hand-
lungsmöglichkeit – oder sozusagen eine Reservezustän-
digkeit – bieten? Anders formuliert: Wollen wir wirklich
ein striktes und unumstößliches Kooperationsverbot nor-
mieren?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das ist die Frage!)


Wir werden das sehr genau zu bedenken haben.

Den zweiten Kraftakt, der bewältigt werden muss, er-
fordert die Aufgabe, für die in den nächsten Jahren er-
freulich große Zahl von Studierenden ausreichend Stu-
dienplätze zu schaffen. Auch hier erwarten die
Menschen zu Recht, dass die Politik nicht versagt. Aber
wir werden gewaltige Anstrengungen zu unternehmen
haben; denn schon jetzt sind 52 Prozent aller Studien-
gänge zulassungsbeschränkt, das heißt, sie sind voll. Die
in der finanziellen Obhut der Bundesländer befindlichen
Hochschulen sind zudem strukturell unterfinanziert – es
fehlen einige Milliarden Euro –, sodass sie aus eigener
Kraft kaum die benötigten 200 000 Studienplätze schaf-
fen können. Soweit Studiengebühren erhoben werden,
sollen sie per definitionem ausschließlich zur Qualitäts-
verbesserung, nicht aber zur Schaffung zusätzlicher Stu-
dienplätze eingesetzt werden.

Nun befürchten viele, dass der Bolognaprozess miss-
braucht wird und dass in eilig eingerichteten Bachelor-
studiengängen eine Art Schnellbesohlung durchgeführt
wird und die jungen Leute in Notprogrammen durch die

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(C (D ochschulen geschleust werden. Das darf nicht passieen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


amit das nicht passiert, brauchen wir den von Ministe-
in Schavan angekündigten und von vielen Seiten aus-
rücklich begrüßten Hochschulpakt 2020. Ich glaube,
iemand hätte das geringste Verständnis dafür, wenn die
öderalismusreform einen solchen Pakt, eine gemein-
ame Anstrengung von Bund und Ländern, verbieten
ürde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


lso werden wir bei den Beratungen auch an dieser
telle genau hinzuschauen haben.

Die dritte und letzte Baustelle, die ich ansprechen
öchte, ist der Hochschulbau. Wer jemals beruflich mit

en bürokratischen Prozeduren des Hochschulbauförde-
ungsgesetzes zu tun hatte, der wird diesem Gesetz keine
räne nachweinen. Die Übertragung der investiven Mit-

el des Bundes auf die Länder ist deshalb wohl in Ord-
ung. Aber soll die Zweckbindung dieser Mittel tatsäch-
ich 2013 enden? Soll es danach den Ländern offen
tehen, diese Mittel zum Beispiel zum Flicken von
chlaglöchern in Landesstraßen einzusetzen?

Wir sollten darüber genauso nachdenken wie über die
erteilung der rund 700 Millionen Euro Kompensations-
ittel auf die Bundesländer.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


s ist vorgesehen, die Mittel so zu verteilen, dass dort-
in, wo die wenigsten Studierenden sind, die meisten
ittel gehen, und dort, wo die meisten Studierenden

ind, am wenigsten ankommt. Daraus kann nur umge-
ehrt ein Schuh werden. Wir müssen also über den vor-
esehenen Verteilungsschlüssel noch einmal sprechen.

Sie sehen, dass über die neuen Zuständigkeiten für
ildung, Wissenschaft und Forschung im Grundgesetz
och sehr intensiv beraten werden muss. Dafür wird
eine Fraktion, dafür wird die Koalition Sorge tragen.

ch bin zuversichtlich, dass wir zu Ergebnissen kommen,
ie sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat eine
weidrittelmehrheit finden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Keine Sorge!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601924600

Herr Kollege Oppermann, ich gratuliere Ihnen zu Ih-

er ersten Rede im Deutschen Bundestag.


(Beifall)


ie beiden letzten Erstredner waren, wie man gemerkt
at, keine Anfänger mehr, sondern haben schon Erfah-
ungen in den Landesparlamenten gemacht.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Als nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Krista
Sager vom Bündnis 90/Die Grünen.


Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601924700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als im

Herbst 2004 die Föderalismusreform scheiterte, spielten
die Differenzen bei der Bildung eine ganz zentrale Rolle.
Ich kann Ihnen versichern: Alle, die dabei waren, wuss-
ten, worum es geht. Niemand hat diese Reform leichtfer-
tig aufs Spiel gesetzt. Aber es wurde deutlich, dass wir
es nicht akzeptieren, dass in einem so zentralen Bereich
wie der Bildung die Weichen falsch gestellt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Deswegen war es damals richtig, zu sagen: Wenn wir die
Reform nicht aufhalten wollen, dann ist es besser, die
Bildung auszuklammern und keine falschen Weichen-
stellungen vorzunehmen. So sehe ich das noch heute. Es
gibt keinen Grund, der es rechtfertigt, das, was man da-
mals für falsch gehalten hat, heute zu schlucken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Herr Weinberg, mit einer Verfassungsänderung kann
man nicht so umgehen, als ob man sich auf einem tradi-
tionellen Pferdemarkt oder in einer Tarifverhandlung be-
fände. Hier ist ein solches Geschacher nicht gut zu ge-
brauchen. Wenn es nicht nur ein hehrer Anspruch ist,
dass Bildung und Wissenschaft Schlüsselbereiche für
uns sind, dann müssen wir aufpassen, dass wir nicht zu
einer falschen Weichenstellung kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Meinhardt, Sie sind in Bezug auf die Autonomie
der Bildungseinrichtungen aus meiner Sicht nur ein Se-
miliberaler. Denken Sie den Gedanken des Qualitäts-
wettbewerbs zwischen Schulen und Hochschulen doch
einmal zu Ende! Was spricht denn eigentlich dagegen,
dass sich Hochschulen und Schulen direkt um Bundes-
programme im Wettbewerb bewerben dürfen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist selbst in den USA möglich. Warum nicht auch in
Deutschland? Wenn wir aber der Bundesebene die Fi-
nanzierungsmöglichkeit entziehen und ein Koopera-
tionsverbot verhängen, dann ist das ein deutscher Son-
derweg. Dieser Weg wird in keinem föderativen System
auf der Welt so gegangen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aus meiner Sicht hat es überhaupt nichts mit Quali-
tätswettbewerb zu tun, wenn einige starke Ministerpräsi-
denten wie Herr Stoiber, Herr Koch und Herr Oettinger
an der Spitze dafür sorgen, dass dem Bund nicht die
Möglichkeit gegeben wird, in schwächeren Ländern
Ganztagsschulen zu fördern und Studienplätze auszu-
bauen. Das ist ein unfairer Machtkampf und kein Quali-
tätswettbewerb. Dieser Machtkampf geht auf Kosten
von Kindern und jungen Leuten in diesem Land.

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(C (D Jetzt, Herr Weinberg, zu Ihrer Position zu den Ganzagsschulen. Was soll denn das Kooperationsverbot in iesem Bereich? Das wird auch in Hamburg niemand erstehen. Die Landespolitiker auch bei uns in Hamburg da hat Herr Oppermann vollkommen Recht – haben ich darüber beklagt, dass ihnen der Bund keine Persoalmittel gibt und nur Investitionsmittel gewährt. (Marcus Weinberg [CDU/CSU]: Das kommt dazu!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


elbst die Gewährung von Investitionsmitteln wollen Sie
etzt untersagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


rinnern Sie sich doch bitte auch daran, dass sich selbst
er Hamburger Senat noch im letzten Bürgerschafts-
ahlkampf mit den Ergebnissen des Ganztagsschulpro-
ramms gebrüstet hat. Das ist einfach wahr und das
uss hier auch einmal erwähnt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Tatsache ist auch, dass wir in Bezug auf die Hoch-
chulen nicht einen handlungsunfähigen Bund brauchen,
ondern einen helfenden Bund, damit wir mehr Studien-
latzkapazitäten für wachsende Bewerberzahlen bekom-
en. Wir brauchen einen Ausgleich zwischen den Län-

ern, die viel für die Studienplätze tun, und den Ländern,
ie wenig für die Studienplätze tun. Auch dort haben Sie
echt, Herr Oppermann. Ich hoffe nur eines, nämlich
ass die Bildungspolitiker hier im Hause in dieser Dis-
ussion nicht nur den Mund spitzen, sondern – da schaue
ch auch Sie an, Herr Tauss – auch den Mut haben, zu
feifen, wenn wir jetzt in die parlamentarische Beratung
ehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Thomas Oppermann [SPD])


ir müssen die parlamentarische Beratung jetzt nutzen,
m Schaden vom Bildungssystem in Deutschland abzu-
enden. Wenn wir uns das vornehmen, dann sind wir

uf einem guten Weg.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601924800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
rucksache 16/647 – Tagesordnungspunkt 10 a – zur fe-
erführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung,
orschung und Technikfolgenabschätzung und zur Mit-
eratung an den Innenausschuss zu überweisen. Die Vor-
ge auf Drucksache 16/648 – Tagesordnungspunkt 10 b –

oll an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Tech-
ikfolgenabschätzung überwiesen werden. Gibt es an-
erweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Buchpreisbindungsgesetzes

– Drucksache 16/238 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache ebenfalls eine halbe Stunde vorgesehen. –
Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Kollegin Dorothee Bär das Wort.

Ich sehe, Frau Kollegin Bär, dass Sie Ihren Namen
kürzlich geändert haben. Ich entnehme dem, dass Sie ge-
heiratet haben. Ich gratuliere Ihnen nachträglich herz-
lich.


(Beifall)



Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1601924900

Vielen Dank für die lieben Glückwünsche.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! In „Meyers Lexikon“ heißt es unter dem Stich-
wort „Buch“: „Im Kulturleben der Menschheit ist das
Buch eine der bedeutungsvollsten Erscheinungen über-
haupt.“ Dass uns Deutschen Bücher lieb und teuer sind,
beweisen die Zahlen: Der deutsche Buchmarkt erwirt-
schaftet im Jahr ein geschätztes Gesamtvolumen von
über 9 Milliarden Euro. Die Deutschen sind also durch-
aus bereit, für das Kulturgut Buch Geld auszugeben.

Gleichzeitig liegt der Anteil von Nichtlesern in
Deutschland bei rund 20 Prozent. Das bedeutet, dass ein
Fünftel unserer Bevölkerung keine Bücher liest. Das ist
eine erschreckende Zahl und sie lässt sich meiner Mei-
nung nach nur durch eines verbessern: Wir müssen Kin-
der und Jugendliche so schnell und so intensiv wie mög-
lich an das Lesen heranführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das darf sich auch in haushaltspolitisch angespannten
Zeiten nicht ändern. Genau deshalb beraten wir heute
diesen Gesetzentwurf: um den Zugang zu Schulbüchern,
zu Bildung weiterhin zu ermöglichen.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)


Einige Bundesländer sind aus fiskalischen Gründen
gezwungen, die Eltern an der Finanzierung der Schulbü-
cher zu beteiligen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, Bayern!)


Zum Beispiel Bayern, Herr Tauss, aber auch Hamburg,
Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Das
heißt, dass diese Bücher überwiegend nicht mehr von
der öffentlichen Hand finanziert werden. Mit dem jetzt
gültigen Gesetz würde der Sammelrabatt für Bestellun-

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(C (D en von Schulen entfallen. Die Folge wäre, dass weniger ücher angeschafft werden. Man kann zu der Einführung von Büchergeld stehen ie man will: Es ist sicherlich in unser aller Interesse, ass unsere Kinder schon so früh wie möglich an Bücher nd damit an das Lesen herangeführt werden. Dazu ist es ichtig, dass sie aktuelle Bücher bekommen. ie Finanzierung von aktuellen Büchern muss dabei auf ine breitere Basis als bisher gestellt werden. Dass dies ozialverträglich geschieht, ist eine Grundvoraussetung. (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ja, das ist richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diese Form der Bildung – durch Lesen, durch die
eise in die Welt der Bücher und damit durch die Schu-

ung des Vorstellungsvermögens und der Fantasie – ist
nbezahlbar. Sie ist vor dem Hintergrund von Studien
ie PISA oder IGLU umso wichtiger. In unserer Zeit
ehmen Fernsehen, Internet und Computerspiele einen
einer Meinung nach viel zu großen Raum in den Tages-

bläufen unserer Kinder ein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Bindung des Buchpreises sichert eine Vielfalt an
uchtiteln, Verlagen und Buchläden, die notwendig ist.
as sieht auch der Großteil unserer Bevölkerung so. In

iner Emnid-Umfrage aus dem vergangenen Jahr spra-
hen sich 55 Prozent der Befragten für feste Buchpreise
us. Besonders spannend dabei ist, dass sich 62 Prozent
er 14- bis 29-Jährigen für die Beibehaltung der Buch-
reisbindung ausgesprochen haben. Das zeigt, dass die
ugendlichen und Heranwachsenden, denen immer wie-
er gern unterstellt wird, dass sie nicht mehr lesen, eine
anz klare Meinung zum Thema Buchpreisbindung ha-
en: Sie befürworten die Beibehaltung.

Die Buchpreisbindung hat einen weiteren Effekt:
urch sie ist es unter anderem möglich, dass der deutsche
üchermarkt Klassiker oder Fachliteratur zu möglichst
rschwinglichen Preisen anbietet. Gerade die deutsche
achliteratur würde unter einer Aufhebung der Buch-
reisbindung besonders leiden. Der englische Markt ist
ür sie weitaus größer als beispielsweise der deutsche.
ine Aufhebung der Buchpreisbindung hätte zur Folge,
ass Bücher mit Spezialthemen unbezahlbar wären.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Genauso ist es!)


ie Folge davon wäre wiederum, dass unsere deutsche
achliteratur – weil unverhältnismäßig teuer – allmäh-

ich vom Markt verdrängt würde und mit ihr auch die
rbeit der deutschen Forscher.

So müssen wir uns schon fragen lassen: Soll ein Buch
ie jedes andere Produkt behandelt werden oder ist es

in Teil unserer Kultur, ein Teil unserer Identität, die wir
u oft und zu gern verstecken?

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.






(A) )



(B) )


Dorothee Bär

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601925000

Das Wort hat jetzt der Kollege Christoph Waitz von

der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Christoph Waitz (FDP):
Rede ID: ID1601925100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Zu dieser fortgeschrittenen Stunde,
in der es um das bedeutende Gesetz zur Änderung des
Buchpreisbindungsgesetzes geht, bitte ich um Ihre Auf-
merksamkeit. Kollegin Bär hat den Grund unseres Hier-
seins schon sehr ausführlich begründet. Bislang war ein
Rabatt bei Sammelbestellungen von Schulbüchern ge-
setzlich möglich, wenn diese Bücher überwiegend von
der öffentlichen Hand finanziert oder von ihr erworben
wurden. Dem ist eigentlich nichts weiter hinzuzufügen.

Es ist natürlich richtig, Herr Kollege Tauss, dass es
nicht immer einleuchtend ist, warum bestimmte Bun-
desländer versuchen, einen Großteil dieser Lasten auf
Eltern und auf erwachsene Kinder abzuwälzen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist es! Bayern!)


– Ich will diesen Namen gar nicht mehr in den Mund
nehmen.

Trotzdem verstehen wir Liberale natürlich die prekäre
Situation. Damit meine ich nicht so sehr die prekäre Si-
tuation der Länderhaushalte – sie ist schon dramatisch
genug – als vielmehr die der Kommunen und der Städte,
die diese Finanzen im Zweifel aufbringen müssen.

Aber ich will hier im Bundestag nicht darüber klagen,
dass diese Erhöhung des Elternanteils etwas mit dem
Aushöhlen des Prinzips der Lernmittelfreiheit in den je-
weiligen Bundesländern zu tun hat. Das müssen die Lan-
despolitiker in den Landtagen und in ihren sonstigen
Gremien schon selbst ausfechten. Ich will vielmehr auf
einige Absurditäten dieses Systems der Buchpreisbin-
dung hinweisen, die hier offenkundig werden.

Als Motive werden in der Stellungnahme der Bundes-
regierung genannt, dass das Buch als Kulturgut gestärkt
werden muss und dass man die Vielfalt der Verlags-
und Buchhandelslandschaft fördern möchte. All das
scheint mir mit der gesetzlichen Normierung eines An-
spruchs auf Rabattgewährung nicht notwendigerweise
befördert zu werden.


(Beifall bei der FDP)


Tatsächlich erfolgt die Schulbuchbeschaffung – ich habe
es schon gesagt – durch die Städte und Gemeinden, die
natürlich versuchen, den Bedarf an Schulbüchern mög-
lichst vieler Schulen zu bündeln und auf diese Weise ei-
nen größtmöglichen Rabatt für sich erzielen. Aber diese
Aufträge werden nicht dem örtlichen Buchhandel zuge-
leitet, wo sie im Zweifel die Nachfrage fördern und zu-
sätzliche Umsätze generieren würden, sondern Spezial-
händlern, die über große Lager, aber im Regelfall über

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(C (D einerlei Verkaufsflächen für die Öffentlichkeit verfüen. Mit diesen Spezialhändlern kann und will der mitelständische Buchhändler nicht in Konkurrenz treten. Besonders grotesk wird es, wenn das Preisvolumen er zu beschaffenden Bücher nach dem EU-Recht eine ffentliche Ausschreibung des Auftrags erfordert. Der chwellenwert dafür beträgt 200 000 Euro. Dies ist erade in größeren Städten ein schnell erreichter Aufragswert. Sie erinnern sich sicherlich daran, dass der uchpreis, der mögliche gesetzliche Rabatt und auch lle denkbaren zulässigen Angebotsnebenleistungen im uchpreisbindungsgesetz festgelegt wurden. Das heißt, ie Angebote der Fachhändler können sich nicht voneiander unterscheiden. Jede Ausschreibung, die von den tädten durchzuführen ist, erfordert eine umfassende ertung der Angebote, die in vier Stufen erfolgen muss. us der Ausschreibung ergibt sich aber zwangsläufig ine Vielzahl fast gleichwertiger Angebote mit der olge, dass die Städte das Losverfahren wählen. In meien Augen ist dies ein sinnloser und zudem kostenträchiger Vorgang, der die Vorteile des gesetzlichen Rabatts umindest teilweise wieder aufhebt. Wenn wir die Vielfalt der Buchhandelslandschaft in eutschland wirklich fördern wollen, dann sollten wir in rößtmöglichem Umfang von der Ausnahme nach § 7 bs. 3 Gebrauch machen, die vorsieht, dass immer dann, enn Schulen über einen eigenen Beschaffungsetat ver ügen, Anschaffungslose den örtlichen Buchhändlern zueteilt werden können. Auf diese Weise würde eine solhe Ausschreibung umgangen. Auch während des chuljahres könnte man noch problemlos Folgeanschafungen tätigen. All das ist ansonsten nicht möglich. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme zum esetzentwurf des Bundesrats eine ganze Reihe von raktikablen Ergänzungsvorschlägen gemacht. Dabei eht es insbesondere darum, dass auch die Privatschulen n den Genuss einer möglichen gesetzlichen Rabattregeung kommen sollen. Es geht um die Einführung einer äumungsverkaufsklausel und Ähnliches mehr. Wir als DP begrüßen diese Änderungsvorschläge der Bunesregierung, weil sie aus unserer Sicht das Leben mit em Buchpreisbindungsgesetz für den Buchhandel ereichtern. Ich bedanke mich. Das Wort hat jetzt der Kollege Jürgen Tauss von der PD-Fraktion. Jörg Tauss. Mein Name ist unverändert. Ich habe nicht geheiratet. Jörg Tauss Liebe Kollegin Bär, herzlichen Glückwunsch selbstverständlich auch von unserer Seite. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute den Gesetzentwurf des Bundesrats zur Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes. Wir begrüßen diesen Entwurf. Ich will die Gelegenheit nutzen, einmal ganz grundsätzlich – Sie haben das angesprochen, Kollege Waitz – auf das Buchpreisbindungsgesetz, die Regelungen insgesamt in ihrem positiven Wirken und darüber hinaus natürlich auch auf die Punkte einzugehen, die jetzt geändert werden sollen. Dabei geht es natürlich nicht nur, aber vor allem um Schulbücher. Das ist ein wichtiger Punkt, der uns als Bildungspolitiker ganz speziell interessiert. In einem Punkt bin nicht ganz Ihrer Auffassung. Ich glaube, es sind vor allem die Buchhandlungen, die von dem Buchpreisbindungsgesetz, das wir 2002 miteinander beschlossen haben, profitieren. Ich glaube auch, dass gerade dieses Gesetz – das war auch immer die Position der Verlage und der Buchhandlungen – entscheidend zu dieser langfristigen Vielfalt im deutschen Buchund Verlagswesen beigetragen hat, die in der Tat weltweit einmalig ist. Diese Vielfalt gilt es weiter zu sichern. Wir hatten infolge der Gesetzgebung aus dem Jahre 2002 relativ heftige Probleme mit der EU-Kommission, die die Buchpreisbindung im Rahmen von Liberalisierungsbestrebungen untersagen wollte. Wir haben uns damals gemeinsam mit Österreich erfolgreich dagegen gewehrt. Ich glaube, das war gut so; denn mit dem Buchpreisbindungsgesetz werden drei kulturpolitische Ziele angestrebt: Erstens sollen Vielfalt und hohe Qualität des Buchangebotes gewahrt werden. Zweitens soll das enge Netz von Buchhandlungen mit qualifiziertem Personal in kleinen und mittleren Orten erhalten bleiben. Drittens soll den Autorinnen und Autoren natürlich weiterhin eine angemessene Vergütung gewährt werden. Dass wir hier erfolgreich waren, belegen übrigens einige Zahlen aus der Statistik: In Ortschaften mittlerer Größe, also mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern, gibt es in Österreich durchschnittlich 4,7 Buchhandlungen – damit ist Österreich in diesem Bereich Rekordhalter –, in der Schweiz 4,5 und in Deutschland „nur“ 3,2. Immerhin liegen wir damit zusammen mit den beiden anderen Staaten an der Spitze. In Großbritannien, wo es keine Buchpreisbindung gibt, gibt es in solchen Ortschaften im Schnitt 1,7 Buchhandlungen und in den USA sogar nur 0,75. Hier gibt es also sehr deutliche Unterschiede. Gleiches trifft bei einem anderen Aspekt zu. Die Zahl der lieferbaren Bücher pro 1 Million Einwohner liegt im deutschen Sprachraum um 44 Prozent höher als im angelsächsischen Sprachraum, wo man keine Buchpreisbindung kennt. Diese Zusammenhänge sind ganz eindeutig. Wir haben also mit unseren gesetzgeberischen Maßnahmen, die darauf abzielten, die Buchpreisbindung zu erhalten, auch wichtige kulturpolitische Ziele erreicht. 1 T d g g z w B h b w f B I n s g g D W h r V v b h u a b B n u w n d B e S w f s a e s w w p E P m ä s (C (D Übrigens haben wir ganz nebenbei rund 0 000 Arbeitsplätze in Buchhandlungen erhalten. rotz aller Strukturprobleme, die es zweifellos auch in iesem Bereich gibt, haben wir damit auch einen wichtien Beitrag für die Buchhandlungen geleistet. Heute reden wir aber vor allem über die Nachlassewährung für preisgebundene Schulbücher. Darauf ielt die Initiative des Bundesrates ab. Sie ist sinnvoll, eil ansonsten aufgrund der Maßnahmen bestimmter undesländer – die Kolleginnen und Kollegen vor mir aben das schon angesprochen – die Rabattgewährung ei Schulbuchbestellungen durch Schulen wegfallen ürde und Eltern und schulpflichtige Kinder die Betrof enen wären. Ich bedauere sehr, Frau Kollegin Bär, dass ayern hier eine Vorreiterrolle eingenommen hat. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wir sind da kein Vorreiter!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601925200

(Zurufe: Jörg!)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601925300

(Heiterkeit)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


ch halte es für ein schlechtes und politisch fatales Sig-
al, dass ausgerechnet das nicht ganz arme Land Bayern
ignalisiert, die Schulbücher für seine Kinder und Ju-
endlichen nicht mehr finanzieren zu können. Das ist ein
anz schlechtes Signal auch an andere Bundesländer.
as muss ich kritisch sagen.


(Beifall bei der SPD)


ir müssen jetzt reagieren, weil andere Länder nachzie-
en. Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thü-
ingen haben das angekündigt und begründen es mit dem
orgehen Bayerns. Dass das ein Problem ist, ist doch
öllig klar.

Auch Schulbücher, die im Eigentum der Schule ver-
leiben, sollen jetzt zu einem großen Teil von den Erzie-
ungsberechtigten bzw. den volljährigen Schülerinnen
nd Schülern finanziert werden. Die Formulierung im
lten Gesetz gewährleistet den Sammelrabatt für Schul-
ücher aber nur dann, wenn keine oder nur eine geringe
eteiligung der Eltern bzw. der volljährigen Schülerin-
en und Schüler erfolgt. Aus diesem Grunde müssen wir
ns um diese Frage kümmern. Wenn wir die Änderung,
ie sie vom Bundesrat vorgeschlagen wird, nicht vor-
ehmen würden, bedeutete das in der Konsequenz, dass
er Rabatt in Höhe von 8 bis 15 Prozent entfiele und die
ücher entweder entsprechend teurer würden oder nur
ine entsprechend geringere Zahl von Büchern von den
chulen beschafft werden könnte. Deshalb ist es not-
endig, diese Änderung vorzunehmen.

Wir halten die Änderungsvorschläge des Bundesrates
ür richtig, durch die im gleichen Zuge einige Rechtsun-
icherheiten beseitigt werden. Auf diese will ich jetzt
ber im Detail nicht eingehen. Wir wollen nämlich noch
inige andere Punkte mit dem Gesetzentwurf regeln, der
eitens der Bundesregierung ins Parlament eingebracht
ird. Hier geht es beispielsweise um die Frage, ob und
ie unter stärkerer Betonung bildungspolitischer As-
ekte auch Privatschulen – das halte ich nicht für eine
litegeschichte, Frau Kollegin, sondern das ist ein
unkt, der für die Waldorfschulen usw. sinnvollerweise
itgeregelt wird – einbezogen werden können, damit sie

hnlich von den Rabatten profitieren. Auch diesem Vor-
chlag der Bundesregierung würden wir zustimmen.






(A) )



(B) )


Jörg Tauss
Aber, Herr Kollege Waitz, es geht nicht nur um die
Rabatte. Wir haben eine Reihe weiterer Änderungen.
Die Mängelexemplare sind ein Thema. Ein wichtiger
Punkt ist, dass wir die Kennzeichnungspflicht für Män-
gelexemplare einführen. Das ist die eine Klarstellung.

Zum Zweiten werden wir eine Räumungsverkaufs-
klausel in § 3 des Buchpreisbindungsgesetzes vorschla-
gen; denn es hat sich gezeigt, dass die Möglichkeiten der
Lagerbereinigung, wie wir sie in der Vergangenheit hat-
ten, nicht ausreichend sind. Hier kann man sich vorstel-
len, eine entsprechende Regelung zu finden. Vorgeschla-
gen ist ein Zeitraum von 30 Tagen, und zwar für die
Bücher, die aus den gewöhnlichen Beständen des Unter-
nehmens stammen und die zuvor den Lieferanten zur
Rücknahme angeboten worden sind. Auch da wollen wir
eine Klarstellung erreichen.

Der dritte Punkt ist die Prüfung der Aufhebung der
Buchpreisbindung für Ausgaben, deren erstes Erschei-
nen länger als 18 Monate zurückliegt. Auch das ist eine
Klarstellung.

Last, but not least: Die Gesetzesinitiative des Bundes-
rates ist sinnvoll. Wir werden seitens des Parlaments und
der Bundesregierung alle vorgeschlagenen Änderungen
diskutieren. Es gibt noch einige ergänzende Vorschläge
vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, die wir
im praktischen Gesetzgebungsverfahren ebenfalls sorg-
fältig betrachten wollen.

Es geht bei diesem Buchpreisbindungsgesetz – ich
glaube, da sind wir uns hier im Hause auch zu vorge-
rückter Stunde einig – um das wichtige Kulturgut Buch
und dessen Verwendung in unseren Schulen sowie um
die notwendige Sicherung der einzigartigen Vielfalt un-
seres Buch- und Verlagswesens. Das müsste doch ein
Ziel sein, bei dem wir Übereinstimmung erzielen. Wenn
wir dann nebenbei, wie beschrieben, für die betroffenen
Eltern, Jugendlichen und Kinder und natürlich die Schu-
len die Rabatte erhalten, dann haben wir, glaube ich, et-
was getan, womit wir in der Öffentlichkeit sehr gut be-
stehen können. Kulturpolitisch können wir ohnehin
bestehen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Präsident, ich habe Redezeit gespart. Wenn Sie
mir die für das nächste Mal gutschreiben, bin ich hoch
zufrieden. Einen schönen Abend!


(Heiterkeit bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601925400

Die Redezeit haben Sie durch die vielfältigen Zwi-

schenrufe schon verbraucht, Herr Kollege Tauss.


(Heiterkeit und Beifall)


Das Wort hat die Kollegin Dr. Petra Sitte von der
Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein rundbekenntnis vorweg: Wir halten die Buchpreisbinung natürlich für ein unverzichtbares Instrument, um as Kulturgut Buch allen zugänglich zu machen. Im Einangsbeitrag wurde bereits darauf hingewiesen. Im Wisen um den Wert der Bücher für die Bildung und die Enticklung eines jeden Menschen und vor allem der eranwachsenden, also der jungen Menschen, haben wir ns stets dafür eingesetzt, Bücher aus der Logik des arktradikalismus und der Profitmaximierung heraus uhalten, Schulbücher ganz besonders. Heute diskutieren wir dem Grunde nach eigentlich ar nicht über die Buchpreisbindung, wenn auch formalechtlich; es besteht ja ein solcher Antrag vonseiten des undesrates. Tatsächlich reden wir aber über ein bilungspolitisches Thema; denn das, was sich aus dieser ntwicklung ergibt, ist höchst problematisch. Es ist chon erwähnt worden: Eigentlich beginnt damit an den chulen die Abschaffung der Lernmittelfreiheit. An den niversitäten hat sie längst stattgefunden. Weil bereits ünf Bundesländer eine Regelung eingeführt haben, nach er Schüler bzw. Eltern an den Kosten der Schulbücher it mehr als 50 Prozent beteiligt werden, ist die Samelrabattklausel gefährdet. Danach ist für Schulbücher, ie überwiegend von der öffentlichen Hand finanziert erden, ein Rabatt von 8 bis 15 Prozent vorgesehen. ies ist aber wegen der hohen privaten Mitfinanzierung icht mehr der Fall. Das heißt, wenn man von der bisheigen Summe ausgeht, nichts anderes, als dass in Zuunft weniger Bücher angeschafft werden können. Desalb sollen wir jetzt einer Gesetzesänderung zustimmen, ie den Preisnachlass für Schulbücher erhält, ungeachtet er Höhe der privaten Mitfinanzierung durch die Eltern zw. volljährigen Schüler. Wir werden diesem Gesetz zustimmen, weil wir wolen, dass die Eltern in den Genuss dieses Rabatts komen. Eigentlich fällt uns dieser Kompromiss sehr chwer, weil wir genau wissen, dass damit ein Tor geöffet wird, was es den betreffenden Kommunen und den ändern leichter macht, sich von ihrer Verpflichtung, chulbücher künftig mitzufinanzieren, zu lösen. Ich abe diese Diskussion auf Landesebene mitgemacht. Auf der anderen Seite gibt es Eltern – das wissen wir enau –, für die jeder gesparte Euro, auch an dieser telle, von entscheidender Bedeutung ist. Ich hatte schon inmal gesagt, dass jedes zweite Kind in Armut aufächst. Eltern solcher Kinder denken, wenn es um An chaffungen geht, nicht in erster Linie an Bücher oder chulbücher. Deswegen halten wir diesen Gesetzentwurf insichtlich seiner Auswirkungen auf den Bildungszuang, die soziale Gerechtigkeit und die sozialen Perpektiven, die sich daraus für Kinder ergeben, für höchst roblematisch. Ich glaube, Länder wie Bayern machen s sich an dieser Stelle recht einfach. Diese Regelung arf man eigentlich nicht akzeptieren. In den letzten Jahren wurde uns aufgrund der Ergebisse der PISA-Studien immer ins Stammbuch geschrieen, dass in der Bundesrepublik Deutschland der soziale Dr. Petra Sitte Hintergrund und – davon abhängig – die Bildungschancen der Kinder, ihre soziale Perspektive sowie die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Bildungschancen eine unheilvolle Wirkungskette bilden. Deshalb glaube ich, dass wir uns an dieser Stelle mit dem eigentlichen Problem, das hinter dieser Gesetzesänderung steckt, viel intensiver und offensiver befassen sollten. Selbst wenn die Föderalismusreform in der geplanten Weise durchgeführt wird, sollten wir die Verantwortung der Länder und der Kommunen, soweit sie mit betroffen sind, in der öffentlichen Debatte aufzeigen. Wir sollten versuchen, eine solche Entwicklung zu verhindern. Danke schön. Die Rede der Kollegin Katrin Göring-Eckardt neh men wir zu Protokoll.1)

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601925500

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601925600

Damit kommen wir zur Rede der Kollegin Rita
Pawelski von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1601925700

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Herr

Kollege Tauss, weil wir alle gemeinsam wollen, dass die
Schulen künftig wieder Rabatte bei der Bestellung von
Schulbüchern bekommen, wollen wir diesen Gesetzent-
wurf ganz schnell beraten. In einem Punkt muss ich Sie
allerdings korrigieren: In dem Gesetzentwurf des Bun-
desrates geht es lediglich um die in § 7 des Buchpreis-
bindungsgesetzes festgelegten Sammelbestellungen von
Büchern, die überwiegend von der öffentlichen Hand fi-
nanziert werden.


(Jörg Tauss [SPD]: Das habe ich auch gesagt!)


Die anderen Punkte, auf die Sie Bezug genommen haben
– ich werde nachher noch darauf eingehen –,


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist der Vorschlag der Bundesregierung!)


sind lediglich Vorschläge der Bundesregierung. Hierzu
gibt es noch keinen Gesetzentwurf.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Den wollen wir aber machen!)


– Es ist doch klar, dass wir das gemeinsam machen wer-
den. Wie ich schon sagte: Rabatte und andere Ergänzun-
gen, auf die ich gleich noch eingehen werde, soll es ge-
ben.

Bücher gehören zum täglichen Leben. Das fängt spä-
testens in der Schule mit den Schulbüchern an. Ich kann
mich dunkel daran erinnern, dass diese Bücher bei den
Nutzern meist nicht ganz so beliebt waren. Aber das än-
dert sich. Die Liebe zu Büchern wächst mit der Fähig-
keit, sie zu lesen und zu verstehen.

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B1) Anlage 2

(C (D Aber Bücher haben ihren Preis, der – von wenigen usnahmen abgesehen – durch das Buchpreisbindungsesetz festgelegt ist. Was sich hier höchst bürokratisch nd verstaubt anhört, ist aber unbedingt notwendig. enn ohne eine Preisbindung gäbe es nicht die Vielzahl er Verlage, Buchhandlungen und Titel. or allem kleine und mittlere Verlage würden im Wettewerb nicht überleben. Feste Ladenpreise für Bücher ind also eine Grundvoraussetzung für eine lebendige nd vielseitige Literaturlandschaft in Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Zahlen belegen es: Deutschland gehört zu den
ührenden Buchnationen. Darin sind wir Spitze und da-
auf können wir stolz sein.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Genauso ist es!)


ei uns gibt es fast 5 000 Buchhandlungen und etwa
4 000 Verlage. Sie produzieren jährlich 700 Millionen
ücher. Rund 80 000 deutsche Titel kommen pro Jahr in
eutschland auf den Markt.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das ist imponierend!)


ast 1 Million Buchtitel sind jederzeit lieferbar. Insge-
amt beträgt der Umsatz des deutschen Buchmarktes
Milliarden Euro. Das ist ein unglaublich hoher Betrag.

Aber die Praxis des Buchpreisbindungsgesetzes zeigt
nderungs- und Ergänzungsbedarf. Ich will hier drei
unkte aufgreifen, die die Bundesregierung nennt und
ei denen es eine hohe Übereinstimmung mit den Wün-
chen des deutschen Buchhandels gibt:

Erstens. Mit der wachsenden Bedeutung von Auktio-
en im Internet sind vermehrt Fälle von Preisbindungs-
issbrauch aufgetreten. Verlagsneue, oft fehlerfreie Bü-

her wurden als Mängelexemplare angeboten, um die
reisbindung zu umgehen. Darum sollten wir prüfen,
ine Kennzeichnungspflicht für Mängelware einzu-
ühren. Im Internet kann man nicht immer erkennen, ob
in Buch wirklich einen Mangel hat. Das kann man erst
ehen, wenn man es mit der Post erhalten hat. Wir soll-
en den Markt nicht durchlöchern.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zweitens brauchen wir die Einführung einer Räu-
ungsverkaufsklausel. Die Erfahrungen haben gezeigt,

ass bei einer Insolvenz die Möglichkeiten der Lagerbe-
einigung im Buchhandel nicht ausreichend sind. Eine
ertraglich bestehende Verpflichtung zur Rücknahme
esteht nicht immer. Alternativen sind relativ selten.
ine spezielle Räumungsverkaufsklausel könnte Abhilfe
chaffen. Selbstverständlich müssen die Anforderungen
esonders hoch sein, um Missbrauch zu vermeiden. Es
ann nicht sein, dass einer seinen Laden schließt, ihn
ieder öffnet und dann wieder schließt, nur damit er die
ücher günstig auf den Markt bringen kann.






(A) )



(B) )


Rita Pawelski
Drittens brauchen wir eine Klarstellung des Wortlauts
in § 8 Abs. 1 Buchpreisbindungsgesetz. Die jetzige Re-
gelung ist unklar. Bisher gilt, dass bei einem unverän-
derten Nachdruck die Preisbindung der alten Auflage
nach 18 Monaten ausläuft und für die neue Auflage neu
beginnt, auch wenn der Text absolut identisch ist. So gibt
es für ein und denselben Titel mit identischem Text eine
preisgebundene und eine preisfreie Version. Das verste-
hen die Kunden nicht. Hier muss Klarheit geschaffen
werden. Die Pflicht zur Preisbindung bei älteren Titeln
darf nur dann einsetzen, wenn sie überarbeitet worden
sind oder in veränderter Form neu auf den Markt kom-
men.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, wir werden zudem darüber
sprechen, ob die Rabattregelung auch für Privatschulen
gilt. Ich denke, das ist notwendig. Wir haben sehr gute
Privatschulen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Warum sollen nicht auch die in den Genuss dieser Ra-
battregelung kommen?

Ich kann abschließend sagen: Der Trend zum Buch ist
Gott sei Dank ungebrochen. Wir können aber noch bes-
ser werden. In Finnland werden pro Jahr und pro Bürger
– darin sind die Babys, die Kinder und die älteren Leute
eingeschlossen – 24 Bücher verliehen. Die Finnen lernen
schon im zweiten und dritten Lebensjahr lesen. Wir soll-
ten uns Finnland zum Beispiel nehmen. Wir könnten
noch besser sein, auch wenn wir schon gut sind.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601925800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-
fes auf Drucksache 16/238 an die in der Tagesordnung
aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es ander-
weitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Kai
Boris Gehring, Priska Hinz (Herborn), Krista
Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Mehr Qualität für die Hochschulen

– Drucksache 16/649 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so be-
schlossen.

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(C (D Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder das Wort dem Kollegen Kai Gehring vom ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir aben es im Hochschulwesen mit einer einmaligen hance zu tun. Die Zahl der Studienberechtigten wird in en nächsten fünf Jahren um mindestens 20 Prozent steien. Das ist eine überaus erfreuliche Entwicklung. Uns teht ein kleines Zeitfenster zur Verfügung, um die Stuierendenzahlen auf internationales Niveau anzuheben nd dem absehbaren Fachkräftemangel entgegenzuwiren. Doch was macht die große Koalition? Sie plant eine öderalismusreform, die ein gemeinsames strategisches andeln des Bundes mit den Ländern stark einschränkt. as halten wir für einen Irrweg. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601925900

ine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Län-
ern ist bitter nötig, um die Hochschulen auf die stark
teigenden Studierendenzahlen vorzubereiten.

Nun kündigt Frau Ministerin Schavan einen Hoch-
chulpakt mit den Ländern an. Der Kompetenzverlust
ird mit schönen Worten verkleistert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ch meine, gerade dann, wenn Sie einen erfolgreichen
akt wollen, dürfen Sie diese Föderalismusreform nicht
erabschieden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ber immerhin, Sie scheinen den Hilferuf der Hoch-
chulen endlich ernst zu nehmen.

Ich bleibe skeptisch, was die Erfolgsaussichten eines
reiwilligen Paktes angeht. Einen Pakt für mehr Qualität
n den Hochschulen halte ich nur dann für denkbar,
enn die strategischen Ziele stimmen. Zukunftswei-

ende Hochschulpolitik muss aus unserer Sicht vor allen
ingen drei Ziele verfolgen: erstens die Teilhabe erhö-
en und die Mobilität erleichtern, zweitens die Studien-
latzkapazitäten erhöhen und drittens – als Leitidee über
llem – die Qualität steigern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Für einen solchen Qualitätspakt brauchen wir auch ei-
en Ort gemeinsamer Strategiebildung von Bund und
ändern. Daher fordern wir Sie, liebe Kolleginnen und
ollegen von der großen Koalition, und Sie, Frau Minis-

erin Schavan, auf: Sorgen Sie dafür, dass die Studien-
latz- und Personalkapazitäten an den Hochschulen
n die steigenden Zahlen der Studienberechtigten ange-
asst werden. Die HRK hat hierzu den bedenkenswerten
orschlag gemacht, 8 000 Stellen von Professorinnen
nd Professoren, die ab 2015 pensioniert werden, schon
etzt zu besetzen.

Sorgen Sie dafür, dass die Ausgaben für die Hoch-
chulinfrastruktur auf ein angemessenes Niveau ange-
oben werden und sichern Sie diese langfristig ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Kai Boris Gehring
Sorgen Sie für ein System, das einen fairen Ausgleich
der Studienplatzkosten zwischen den Ländern regelt.
Derzeit entsteht ein Wettbewerb um die höchsten Stu-
diengebühren und den schnellsten Studienplatzabbau.
Dem muss mit einem intelligenten Anreizmodell entge-
gengewirkt werden. Ministerpräsident Milbradt und
DIW-Forschungsdirektor Professor Wagner


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Ein guter Mann!)


denken ebenfalls in diese Richtung. Sorgen Sie dafür,
dass Hochschulzugänge und -abschlüsse weiterhin
bundesweit einheitlich, ohne Abweichungsrecht für die
Länder, geregelt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Anderenfalls verschlechtern Sie die Mobilität von Stu-
dierwilligen und Absolventinnen und Absolventen.

Überprüfen Sie auch den Zwischenstand im Bologna-
prozess. Sie müssen sich um eine gute Akkreditierungs-
praxis kümmern, vor allem aber dafür sorgen, dass sich
Vergleichbarkeit und Mobilität verbessern und ein unge-
hinderter Übergang von Bachelor- zu konsekutiven Mas-
ter-Studiengängen überhaupt möglich ist.

Wenn wir uns die Realität an den Hochschulen an-
schauen, dann wird deutlich: Schöne Worte der Ministe-
rin und der Koalitionspartner reichen nicht aus; denn
Anspruch und Wirklichkeit klaffen immer weiter ausei-
nander.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zahlreiche unionsgeführte Bundesländer führen allge-
meine Studiengebühren ein. Studiengebühren bringen
weder mehr Qualität noch mehr Kapazitäten, sondern
vor allen Dingen weniger Chancengleichheit, neue Zu-
gangshürden und mehr soziale Selektion.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das ist wahr!)


Mit den gerade genehmigten KfW-Studienkrediten
geben die Union und übrigens auch die SPD eine Ant-
wort auf Studiengebühren, die Studierende in eine
Schuldenfalle treiben,


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Jörg Tauss [SPD]: Quatsch!)


nach dem Motto: Wer vorher wenig hat, muss hinterher
besonders viel zurückzahlen, und das ausgerechnet in
der Rushhour des Lebens. – Das sind die traurigen Reali-
täten Ihrer Hochschulpolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Herr Kollege!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der großen Ko-
alition, ich kann Ihnen nur raten: Nehmen Sie die schö-
nen Worte wie Qualität, Teilhabe und Gerechtigkeit erst
wieder in den Mund, wenn Sie die Weichen für entspre-
chende Taten gestellt haben.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Herr Kollege Gehring, auch Ihnen gratuliere ich zu hrer ersten Rede im Hohen Haus. Das Wort hat jetzt die Kollegin Monika Grütters von er CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Christoph eorg Lichtenberg, der große Gelehrte, hat 1774 gesagt: Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muß anders werden, wenn es besser werden soll. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601926000

(Beifall)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1601926100

Herr Gehring, Sie haben mit Ihrem Antrag zur Quali-
ät an den Hochschulen Vorschläge unterbreitet, die aus
hrer Sicht die Situation der deutschen Hochschulen ver-
ndern sollen. Ob sie sie auch verbessern, darüber müs-
en wir noch diskutieren. Wir jedenfalls haben gemein-
am mit Frau Schavan die Weichen gestellt. Ihr
issenschaftspolitischer Auftakt galt insbesondere der
ituation an den Hochschulen und dem Bildungsbereich

nsgesamt.

Sie stellen zu Recht dar, dass die Modernisierung un-
eres Landes ohne gerechte Bildungschancen nicht
enkbar ist. Deshalb verweisen Sie in Ihrem Antrag auf
ie, wie Sie es nennen, Zieltrias Teilhabegerechtigkeit,
apazitätsausbau und Qualitätssteigerung. Damit liegen
ie in der Tat voll im Trend der Bildungsministerin die-
er neuen Regierung.

Sie hat schon in der Regierungserklärung deutlich ge-
acht, worum es ihr geht, wenn sie unser Land zu einer

nternational anerkannten Talentschmiede – so nennt sie
s – machen will. Frau Schavan hat damals gesagt:

Dazu sind mehr Bildungsbeteiligung, die konse-
quente Förderung von Exzellenz und mehr Investi-
tionen in Forschung und Entwicklung notwendig.
Dafür brauchen wir Freiraum für junge Talente, für
neue Ideen und für unsere Hochschulen und For-
schungseinrichtungen.

err Gehring wird jetzt gerade gestört, aber in der Tat
cheint es so, als ob auch die Grünen Frau Schavan gut
ugehört hätten. Sie hat nämlich schon drei Tage nach
hrem Amtsantritt Gespräche mit den Hochschulvertre-
ern und übrigens auch mit den Bildungsministern der
änder aufgenommen.


(Zuruf der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ja, aber Sie behaupten ja, sie hätte das nicht getan und
ir sollten die schönen Worte lassen und erst die Wei-

hen stellen. Sie haben offensichtlich nicht mitbekom-
en, welche Weichen Frau Schavan – allerdings in den

rsten Wochen ihrer Amtszeit – bereits gestellt hat.






(A) )



(B) )


Monika Grütters

(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Boris Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb diskutieren wir das ja hier, weil wir nicht wissen, wohin! – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie uns im Ausschuss nicht erklärt!)


– Frau Kollegin, Sie sitzen in einem fahrenden Zug. Of-
fensichtlich gefällt es Ihnen ja ganz gut.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Nur noch als Trittbrettfahrer!)


Ich sage einmal etwas zum Thema Teilhabegerech-
tigkeit. Die Erhöhung der Bildungsbeteiligung der ge-
samten Bevölkerung ist in der Tat der Schlüssel für die
Zukunft des Landes. Frau Schavan hat wörtlich gesagt,
dass mehr Qualität der Bildung, mehr Teilhabe an Bil-
dung und mehr Gerechtigkeit die Ziele sind, die zu errei-
chen sie den Nationalen Pakt für Ausbildung und Fach-
kräftenachwuchs entwickelt hat. Wir stellen zusammen
mit der Wirtschaft immerhin Mittel für die Ausbildung
und Weiterbildung aller unter 25-Jährigen zur Verfü-
gung, damit keiner auf der Strecke bleibt. Das hat Herr
Gehring in seinem Antrag zu erwähnen vergessen.

Sie sagen, das Hauptproblem sei der Hochschulzu-
gang. Aber seien wir doch einmal ehrlich: Das Problem
beginnt nicht nach dem Abitur und auch nicht vor der
Hochschultür, sondern weit davor in der Bildungsent-
wicklung, und zwar bei den Grundschulen und am Ende
sogar bei der Vorschulbildung, im Kindergarten.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das eine tun, das andere nicht lassen!)


Da sind, ehrlich gesagt, die Länder am Zuge. Mit dem
berühmten Öffnungsbeschluss der 70er-Jahre ist ja ver-
sucht worden, genau dieses Missverhältnis bei der Teil-
habe sozial Schwächerer am tertiären Bildungsangebot
zu korrigieren. Ich frage Sie einmal: Mit welchem Er-
folg? Mit gar keinem Erfolg, so weh uns das tut. Auch
PISA hat das wieder bestätigt. 35 Jahre später müssen
wir sagen: Einfach die Hochschulen zu öffnen, ist nicht
die Lösung dieses Problems. Das sehen wir alle in der
Analyse gleich. Deshalb müssen Sie die Länder bitten,
bei Schulen und Hochschulen – –


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Abiturienten vor der Tür stehen lassen ist die Lösung, oder was?)


– Ich bitte Sie, der Bund leistet an dieser Stelle seinen
Anteil. Ich habe schon auf den Nationalen Pakt für Aus-
bildung und Fachkräftenachwuchs verwiesen, über den
das Ministerium mit der Wirtschaft gemeinsam diese
Ausbildungsanstrengungen sichert. Ich weiß nicht, wa-
rum die Kollegin so aufgeregt ist.

Zum Thema Kapazitätsausbau: Sie beschreiben den
zu erwartenden Anstieg der Zahl der Studierwilligen, als
ob er eine Bedrohung wäre. Wir sehen darin erst einmal
eine hervorragende Chance für Deutschland.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jörg Tauss [SPD])


omit Sie natürlich Recht haben, ist das allseits be-
annte Drama – auch Sie haben keine Weichen dafür ge-
tellt, es anders zu machen – von Überlast und Unter-
inanzierung an den Hochschulen. Auch das ist übrigens
in Phänomen, das wir seit 30 Jahren haben. Auch hier
st es ausgerechnet der Bund, der sich jetzt der Misere
nnimmt. Wir, diese große Koalition, haben uns dem
iel verschrieben, gemäß der Lissabonstrategie kontinu-

erlich die privaten und öffentlichen Investitionen in For-
chung und Entwicklung bis 2010 auf 3 Prozent des
ruttoinlandsprodukts zu steigern. Nicht die Vorgänger,
uch nicht die Grünen, sondern wir haben die 3 Prozent
ns Programm geschrieben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Na, na, na!)


Darüber hinaus gibt diese Regierung mehr als jede
ndere vor ihr für den Bildungsbereich aus: 6 Milliarden
uro sind in dieser Legislaturperiode zusätzlich für den
ildungsbereich vorgesehen. So viel hat noch keine an-
ere Bundesregierung vorher in den Bildungsbereich ge-
teckt. Es sind also die Länder, die wir in die Pflicht neh-
en müssen. Die Grünen sind leider an keiner einzigen
änderregierung mehr beteiligt. Vielleicht regt Sie das
eshalb so auf.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als ob Sie das bedauern!)


Ich versuche es einmal mit dem Beispiel Berlin. Im
ahre 2020 wird in Berlin – das ist unsere Hauptstadt,
as betrifft auch Sie – nur noch jeder Zweite im berufs-
ähigen Alter sein. Das heißt, der Wettbewerb um die Ju-
end müsste hier mit aller Kraft gefahren werden. Aber
as macht der rot-rote Senat mit seinem linken Wissen-

chaftssenator? In drei Jahren hat diese rot-rote Regie-
ung in Berlin den Hochschulen so viel Geld gestrichen,
ie es seit dem Krieg nicht geschehen ist. In der ganzen
achkriegsentwicklung ist dem Wissenschaftsbereich
icht so viel Geld gestrichen worden.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Unglaublich!)


s ist so, dass in Berlin inzwischen drei von vier Studi-
nplatzbewerbern allen Ernstes abgelehnt werden. Sieht
o der Wettbewerb um die Jugend aus in einer Zeit, in
er wir wissen, dass im Jahr 2020 nur noch jeder Zweite
m berufsfähigen Alter sein wird? Dann erfolgt der Ap-
ell der Grünen an den Bund: Macht doch einmal was. –
ber sie sehen zu, wie vor ihrer eigenen Haustür zwei
rittel der Hochschulkapazitäten binnen drei Jahren ge-

trichen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es ist doch kein Zufall, dass es ausgerechnet der Fi-
anzsenator aus Berlin ist, der als einziger – wenig sach-
undig – meint, er müsse zu den Prognosen über den
euen Studentenansturm im „Tagesspiegel“ vorletzte






(A) )



(B) )


Monika Grütters
Woche sagen, das sei blanker Unsinn. Ich ahne, warum
er das vorsichtshalber sagt. Wir wissen, dass es kein
blanker Unsinn ist. Es ist eine Herausforderung an die
Bildungspolitik von Bund und Ländern, damit Deutsch-
land seine Chancen gerade im Hinblick auf den Bil-
dungseifer der jungen Generation wahrnehmen wird.

Hier geht es vor allen Dingen darum, nicht nur nach
Kapazitäten zu rufen, sondern auch Bildungsverläufe
zu ändern. Die jungen Menschen müssen, finde ich, in
überschaubarerer Zeit, als es zurzeit möglich ist, ihr Stu-
dium abschließen können; selbst bei einer Drop-out-
Quote von 30 Prozent geht es um andere Verläufe.


(Kai Boris Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen erst mal einen Studienplatz haben!)


Credit-point-Systeme und Prüfungsmuster wie Frei-
schussregelungen sind erste Schritte in die richtige Rich-
tung. Der Bachelor ist ein wichtiger erster berufsbefähi-
gender Abschluss. Damit können die Studenten ihr
Studium schneller abschließen. Das zielt natürlich auf
den Arbeitsmarkt und auf die internationale Wettbe-
werbsfähigkeit.

Herr Gehring, Sie wollen mehr Qualität an deutschen
Hochschulen. Das ist gut so. Denn das ist ja auch Kon-
sens.


(Beifall des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Sprechen Sie doch auch einmal mit den Bildungspoliti-
kern Ihrer Koalitionsfraktionen in den einzelnen Bun-
desländern.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Er hat keine mehr!)


In Berlin beispielsweise ist es Ihre Kollegin Pau, die
ganz vorne mitredet, wenn der Wissenschaftssenator von
der Linkspartei wieder so etwas wie Viertelparität ein-
führen will. Das ist das Gegenteil von Qualitätssteige-
rung. Das ist ein Rückschritt in die wissenschaftspoliti-
sche Steinzeit. So funktioniert Qualitätssicherung nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Uta Zapf [SPD]: Jetzt hören Sie aber mit Ihrer Wahlkampfrede auf!)


Dazu sind ganz andere Maßnahmen nötig, Herr
Gehring, wie zum Beispiel mehrjährige Verträge und an-
dere Leitungsformen. Unterstützen Sie Bildungsministe-
rin Schavan doch einfach darin, den Einstieg in eine
neue Forschungsförderungsstruktur, zum Beispiel durch
Berücksichtigung von Overheadkosten, zu bewerkstelli-
gen. Hier greift auch Ministerin Schavans Programm zur
Stärkung der Geisteswissenschaften mit 13,5 Millionen
Euro, das die Grundlagenforschung in zehn Forschungs-
verbünden begünstigt. Sie mahnen ja an, dass die Fächer,
die nur von wenigen studiert werden, gestärkt werden
sollen. Hier hat sie ein Zeichen gesetzt, Bildungspolitik
für die Kulturnation Deutschland sichtbar zu machen.

Ich komme zum Schluss. Wir fördern auch die Exzel-
lenzinitiative, ein Bundesprogramm, in dessen Rahmen

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(C (D er Bund in großem Umfang ausgewählte Bereiche an en Hochschulen finanziell unterstützt. Sie beklagen, err Gehring, dass es durch die Föderalismusreform – Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin rütters. – weniger Möglichkeiten in der Zusammenarbeit zwi chen Bund und Ländern gibt. Wir sehen das anders. rau Schavan hat sehr umsichtig und von Anfang an eien konstruktiven Dialog mit den Bildungsministern der inzelnen Länder unter Respekt der Länderzuständigkeit eführt. Wir sind auf dem besten Weg, einen Hochschulakt zu schließen. Sie nennen es Hochschulqualitätspakt. ir arbeiten schon daran. Ich glaube, wir sollten alle versuchen, die Situation er Hochschulen zu verändern, damit es – frei nach ichtenberg – nur besser werden kann. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Uwe Barth von der DP-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Im Koalitionsvertrag finden sich folgende chöne Worte: Nur an der Spitze des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts wird unser rohstoffarmes Land seine Zukunftschancen wahren. Das ist richtig. Dazu brauchen wir starke, autonome ochschulen mit Spitzenqualität in Forschung und ehre. (Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut! Deswegen machen wir das!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601926200
Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1601926300

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601926400

(Beifall bei der FDP)

Uwe Barth (FDP):
Rede ID: ID1601926500

(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


erfen wir einen Blick in die Realität. Im letzten Ran-
ing der „Times“ liegt die beste deutsche Hochschule
uf Platz 45.


(Jörg Tauss [SPD]: Gehen Sie doch nicht immer nach diesem angelsächsischen Schwachsinn!)


pitze ist das nicht. Die Wahrheit ist: Unsere Hochschu-
en sind weit entfernt von der Weltspitze. Ein wesentli-
her Grund hierfür ist ihre notorische Unterfinanzie-
ung.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Die sind weitaus besser! Sie reden sie hier schlecht!)







(A) )



(B) )


Uwe Barth
– Herr Tauss, ich bin Ihr Verhalten ja aus dem Ausschuss
gewohnt; deswegen bringt es mich auch jetzt nicht aus
der Ruhe.


(Jörg Tauss [SPD]: Ich wusste nicht, dass Sie Ihre erste Rede halten! Es sei Ihnen verziehen!)


Während die OECD-Länder im Durchschnitt
1,1 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Lehre an
den Hochschulen aufwenden, sind es in Deutschland ge-
rade einmal 0,65 Prozent. Die Folgen sind überfüllte
Hörsäle, schlecht ausgestattete Bibliotheken und ein
schlechtes Betreuungsverhältnis. Mehr Qualität für die
Hochschulen – so lautet ja die Forderung im Titel Ihres
Antrags – ist deshalb dringend nötig.


(Beifall bei der FDP)


Schade ist nur, dass der vorliegende Antrag nicht halten
kann, was seine Überschrift verspricht.


(Patrick Meinhardt [FDP]: So ist es!)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen
und von der SPD, werter Herr Tauss: Niemand bestreitet,
dass in Deutschland Kinder aus Akademikerfamilien
häufiger ein Hochschulstudium aufnehmen als Kinder
aus Familien mit niedrigeren Bildungsabschlüssen.


(Zuruf von der LINKEN: Ja, und zwar 81 Prozent!)


Was ich jedoch vehement bestreite, ist Ihre permanente
Behauptung, dies sei eine Folge der materiellen Ausstat-
tung des Elternhauses.


(Jörg Tauss [SPD]: Ach wirklich? Das bestreiten Sie?)


Nein, das ist vor allem eine Folge der Einstellung des El-
ternhauses und damit der Einstellung der Kinder zum
Wert der Bildung.


(Beifall bei der FDP)


Die Grundeinstellung zu Bildung als Wert muss sich in
unserem Land verändern. Der Wert der Bildung muss
zuerst in den Elternhäusern erkannt und vermittelt wer-
den.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der LINKEN: Nein! Das ist die falsche Reihenfolge!)


Hier besteht offenbar ein signifikantes Defizit, gerade
in den Elternhäusern, die Sie als die vom System be-
nachteiligten darstellen. Deshalb ist Ihre Unterstellung,
das System betreibe eine beabsichtigte Sozialauswahl,
unzutreffend.


(Jörg Tauss [SPD]: Aber die gibt es doch schon!)


Es geht um die Vermittlung von Leistungsmotivation
und von Freude an Bildung, die vor allem in den Fami-
lien stattfinden kann. Das ist eine der wesentlichen
Grundvoraussetzungen für einen guten Schulabschluss.


(Beifall bei der FDP – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was passiert mit den Familien, die das nicht leisten können?)


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(C (D etztlich wahrt man seine Chance auf ein Hochschulstuium durch gute Leistungen in der Schule, nicht aber urch den Geldbeutel der Eltern. Meine Damen und Herren, auch Ihre Behauptung, die inführung von Studiengebühren würde den Zusamenhang zwischen Herkunft und Bildungserfolg drassch verschärfen – so ist es in Ihrem Antrag formuliert –, st unzutreffend. Tatsache ist: In Ländern mit Studiengeührensystemen – zum Beispiel in den USA, aber auch n Australien und England – gibt es mehr Studierende us schwächeren Schichten als in Deutschland. (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Monika Grütters [CDU/CSU])


uch in dem von mir genannten Ranking liegen viele
ochschulen aus diesen Ländern weit vor unseren. Es
uss Schluss sein mit Legendenbildungen, die nichts
it der Wirklichkeit zu tun haben.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Na, dann fangen Sie mal an! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Wir sagen: Hochschulen müssen frei und unabhängig
ein. Sie brauchen wirkliche Autonomie, um sich im in-
ernationalen Wettbewerb behaupten zu können.


(Beifall bei der FDP)


azu gehören ein eigenständiges Budget, das von ihnen
uch selbst verwaltet wird, und die volle Zuständigkeit
ür ihr eigenes Personal. Die Hochschulen sollen sich
hre Studierenden selbst aussuchen können und umge-
ehrt.


(Beifall bei der FDP – Monika Grütters [CDU/ CSU]: Genau!)


ie staatlichen Mittel, die für die Lehre an den Hoch-
chulen bereitgestellt werden, müssen sich zum einen an
er Zahl der Studierenden, zum anderen aber auch an der
ahl erfolgreicher Abschlüsse orientieren. So entsteht
ettbewerb unter den Hochschulen und letztlich mehr
ualität.


(Beifall bei der FDP)


ie Hochschulen sollen Gebühren erheben dürfen, um
hre Finanzlage und damit letztlich ihre Qualität verbes-
ern zu können.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, ja! Und die Länder kürzen dann wieder alles weg!)


Klar ist: Niemand darf aus sozialen bzw. finanziellen
ründen an der Aufnahme eines Studiums gehindert

ein. Deshalb muss es jedem Studierenden


(Zurufe von der SPD)


darauf komme ich noch zu sprechen – unabhängig vom
inkommen seiner Eltern gesetzlich ermöglicht werden,
ie entsprechenden Entgelte sofort oder auch nachlau-
end zu zahlen. In diesem Zusammenhang finde ich es
chon bemerkenswert, dass insbesondere einige Abge-
rdnete der SPD der Meinung sind, Studienkredite dürf-
en keinesfalls zur Bezahlung etwaiger Studiengebühren






(A) )



(B) )


Uwe Barth
verwendet werden. Darüber sollten wir einmal unter
dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit diskutieren.


(Beifall bei der FDP)


Unsere Hochschulen und unsere Studenten brauchen
Freiheit und Wettbewerb um die beste Qualität. Das ist
der Weg, den wir einschlagen müssen, damit unser roh-
stoffarmes Land ganz im Sinne Ihrer Koalitionsverein-
barung an der Spitze des wissenschaftlichen und techni-
schen Fortschritts seine Zukunftschancen wahren kann.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Ach! Gott sei Dank bin ich nicht in der FDP! – Gegenruf des Abg. Patrick Meinhardt [FDP]: Ja, genau! Gott sei Dank sind Sie nicht in der FDP!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601926600

Herr Kollege Barth, ich gratuliere auch Ihnen im Na-

men des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deut-
schen Bundestag.


(Beifall)


Das Wort hat jetzt der Kollege Ernst Dieter Rossmann
von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1601926700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

finden es verdienstvoll, dass die Grünen mit diesem An-
trag ins Parlament hineingetragen haben, was viele an
den Hochschulen bewegt. Sie begrüßen die Exzellenz-
initiative, fragen sich aber gleichzeitig, was es an Hoch-
schulinitiative gibt: für ausreichende Kapazitäten und
gute Lehre, und das für möglichst viele Studierende. Die
Grünen tragen damit etwas ins Parlament, was bereits
von der Ministerin in die Agenda dieser Regierung ein-
gebracht worden ist. Deshalb: Ausdrückliche Anerken-
nung, dass Sie parlamentarisch die Initiative ergreifen!

Gleichzeitig – damit spreche ich auch die Kollegin
der CDU an – habe ich die Bitte, dass wir uns, bevor wir
mit dem Vorlauf eines kleingemünzten Wahlkampfs be-
ginnen, ganz vorurteilsfrei die Zahlenverhältnisse in
Deutschland anschauen. So, wie die Kollegin von der
CDU meinte Berlin angreifen zu müssen, wollen wir
Berlin natürlich verteidigen.


(Beifall der Abg. Cornelia Hirsch [DIE LINKE])


Ich will andere Länder nicht unbedingt angreifen, aber
mir zumindest einen Hinweis erlauben – er hat etwas da-
mit zu tun, wie wir ausreichende Kapazitäten für die
wachsende Zahl von Studierenden in Deutschland
aufbauen –: Ausweislich der Statistiken beträgt der An-
teil der Studierenden in Berlin gemessen an der Gesamt-
zahl in Deutschland 7 Prozent. Sein Bevölkerungsanteil
liegt aber unter 5 Prozent. Damit engagiert sich das Land
Berlin überdurchschnittlich.


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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf von der SPD: Das ist eine Leistung von Berlin! – Monika Grütters [CDU/CSU]: Das ist eine Hauptstadtaufgabe! Das haben wir immer gesagt!)


Das ist eine Hauptstadtaufgabe, aber dennoch eine
eistung, die man anerkennen muss. – Das Land Bayern
ingegen hat ausweislich der Statistiken unter 12 Pro-
ent der Studierenden, aber über 14,7 Prozent der Bevöl-
erung.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


as größte Bundesland, Nordrhein-Westfalen, gibt
7 Prozent aller Studierenden Bildungschancen. Sein
nteil an der Bevölkerung beträgt 21,7 Prozent.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


as sind die Zahlen. Wenn es ein Gemeinschaftsanlie-
en aller Länder wird, Exzellenz nicht nur in der For-
chung anzustreben, sondern auch in der Lehre und in
er Versorgung der Studierenden, dann haben wir mit
iesem Antrag etwas gewonnen; so habe ich auch die
inisterin verstanden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir diskutieren heute zu später Stunde. Ebenfalls
eute hat der Minister für Wissenschaft und Weiterbil-
ung von Rheinland-Pfalz, einem Bundesland, dessen
nteil an den Studierenden mit dessen Anteil an der Be-
ölkerung zufällig genau übereinstimmt, in einer Regie-
ungserklärung geschildert, wie sich Rheinland-Pfalz ei-
en Ausgleich, ein Engagement der Länder zusammen
it dem Bund vorstellt für den Aufbau von Exzellenz in

er Lehre und Exzellenz in der Ausbildung aller Studie-
enden – auch bei wachsenden Studierendenzahlen.

An dieser Stelle lohnt es sich, sich in einen zentralen
unkt des Antrags der Grünen hineinzudenken: Ihr zen-

raler Punkt ist, dass Sie einen bundesweiten Fonds zur
usgabe von Studiengutscheinen fordern, den Bund
nd Länder gemeinsam finanzieren. Dieser Vorschlag
eckt sich nicht damit, wie Bund und Länder sich bisher
n der Bewältigung von Studienerfordernissen beteiligt
aben. Denn in Bezug auf die Hochschulen gibt es – bis-
er – keine Regelfinanzierung durch die Länder. Rhein-
and-Pfalz schlägt deshalb vor, dass der Bund einen be-
onderen Anteil in dem bundesweiten Ausgleich
wischen den Ländern übernehmen sollte: die Leistun-
en für diejenigen Studierenden, die aus dem Ausland zu
ns kommen, etwa aus Entwicklungsländern.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Jörg Tauss [SPD]: Interessante Idee!)


heinland-Pfalz hält das für eine besondere Aufgabe, für
ie eigentlich kein Bundesland verantwortlich gemacht
erden kann. Hier hätte der Bund besondere Verant-
ortlichkeiten. Damit ist der Charakter des Besonderen
ei der Regelfinanzierung durch die Länder hervorgeho-
en. Es gab immer Sonderprogramme und ein besonde-
es Engagement. Rheinland-Pfalz hat dort eine beson-
ere Idee. Es lassen sich auch andere besondere






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann
Anstrengungen des Bundes mit einfordern, wenn es da-
rum geht, die stark wachsende Zahl der Studierenden zu
bewältigen.

Wir werben stark dafür, dass die Ministerin zusam-
men mit den Ministern der Länder auslotet, wo dieser
besondere Beitrag liegen kann, der dann auch besonders
definiert und besonders mit unterstützt wird. Wir sagen
Ihnen gegenüber aber genauso freimütig: Das ist noch
nicht entschieden und das kann auch noch nicht ent-
schieden sein, solange diese Debatten laufen. Ihr Antrag
wird in einen Ausschuss überwiesen, der sich in den
nächsten zwei Monaten, in denen die Ministerin mit den
Ländern Gespräche darüber führt, bei dieser Frage si-
cherlich auch sehr stark engagieren wird.

Auch in Übereinstimmung mit der CDU, mit der wir
jetzt gemeinsam die Regierung stellen, möchte ich noch
einen zweiten Punkt positiv aufgreifen, den wir im Inte-
resse der Sache voranbringen wollen. Frau Grütters
sagte, es sei doch gut, dass jetzt auch die KfW Studien-
kredite anbietet, und zwar zu Kriterien, die uns wichtig
waren: keine Bonitätsprüfung, keine soziale Ausgren-
zung und anderes mehr. Wir als Sozialdemokraten sagen
aber immer: Studienkredite ohne ein leistungsfähiges
BAföG wären für uns nur das halbe Bild. Beides gehört
uneingeschränkt zusammen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Den Grünen müssen wir aber zumindest sagen, dass
das mal eine weit nach vorne reichende Idee war, die in
Bezug auf nachlaufende Studiengebühren aus dem Be-
reich der Grünen kam.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)


Letztlich ist dies ein Kredit, den man aufnimmt, um ihn
dann später, wenn man leistungsfähig ist, abzuzahlen.
Deshalb glaube ich, dass es aufgrund der Tradition eines
Matthias Berninger keine Fundamentalkritik an dem ge-
ben wird, was wir jetzt diskutieren, nämlich an der Tat-
sache, dass wir den Studierenden anbieten, Bildungskre-
dite à la KfW aufzunehmen. Noch einmal gesagt:
BAföG muss bleiben.

Zu den Inhalten habe ich noch zwei Anmerkungen zu
machen. Sie haben einen Katalog an Ideen angespro-
chen, in dem viel Länderverantwortung enthalten ist.
Wir wollen das aber gerne mit aufnehmen und möchten
ergänzen: Wenn es um die Qualität von Hochschulen
geht, dann muss es natürlich auch um die Qualität der
Dinge gehen, die sich in Bezug auf das Ansteigen der
Zahl der Studierenden verändern. Das, was sich an den
Hochschulen bei der Vereinigung von Forschung und
Lehre abspielt, muss verbessert werden.

Was ist eigentlich in Deutschland und in der Welt los,
dass wir zwar eine PISA-Studie in Bezug auf Schulen
und auch Studien in Bezug auf die Qualität der vorschu-
lischen Bildung haben, dass es aber keine wissenschaft-
liche Evaluation der Qualität der Lehrer an Hoch-
schulen gibt? Welches Tabu in den Köpfen der
Hochschulprofessoren, die in einer gewissen Unangreif-
barkeit wegen ihres wissenschaftlichen Forschungsstatus
leben, lassen wir ihnen in Bezug auf ihre zweite große

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(C (D ufgabe, nämlich die Mitorganisation einer exzellenten ehre, dort durchgehen? Die Ministerin will die Bilungsforschung mit in den Vordergrund stellen. Wir seen es als einen wichtigen Punkt an, der mit aufgenomen werden sollte, dass die Bildungsforschung in Bezug uf die Qualität von Lehre und die Organisation von ochschulen dazu gehört. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


enn man das aber erforscht, dann gehört dazu auch,
ass man Weiterbildung, Fortbildung und all das, was in
llen übrigen Lehrbereichen selbstverständlich ist, auch
ei den Hochschulen nicht außen vor lässt.

Auch in Deutschland gibt es ja schon hochschul-
idaktische Zentren. Wir sagen aber: Wenn es in den
ahren 2012, 2013 usw. rund 20 Prozent mehr Studie-
ende gibt, dann muss man jetzt damit anfangen, diese
ualitätszentren für eine gute Lehre in der Zukunft mit

ufzubauen. Es gehört dazu – das scheint in Ihrem An-
rag etwas unterbelichtet zu sein –, dass wir auch die so-
iale Lage und die soziale Versorgung bis hin zur Stu-
ienberatung von Studierenden verbessern.

Ich möchte noch eine Schlussbemerkung an die Kol-
egin von der CDU richten, die den Philosophen Lich-
enberg so schön zitiert hat, einen Geist, den man immer
erne hört. Das Folgende ist nun nicht von Lichtenberg,
ber ich möchte in Sachen Föderalismus, über den man
a fast verbotene Debatten führen könnte, so enden
vielleicht hätte Lichtenberg das ja auch zur Föderalis-
usdiskussion gesagt, wenn es um die Interessen der
tudierenden geht –: Lasst doch Geist wachsen, lasst
och Einsicht wachsen und dann vielleicht auch Geld
achsen – bei Bund und Ländern für die Hochschulen
nd für die Studierenden.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601926800

Das Wort hat die Kollegin Cornelia Hirsch von der

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601926900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rst einmal ein Wort an Frau Grütters. Ich glaube schon,
ass die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mitbe-
ommen hat, dass die Bundesbildungsministerin einen
ochschulpakt vorgelegt hat. Was sie aber explizit for-
ern, ist ein Hochschulqualitätspakt. Wir halten es für
ichtig, dass diese Debatte über die Qualität eingefordert
ird, die es bisher in dieser Form nicht gegeben hat.


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Die ganze Debatte von Frau Schavan steht unter diesem Leistungsgedanken!)







(A) )



(B) )


Cornelia Hirsch
Viele der Forderungen, die in dem Antrag genannt
werden, finden wir richtig und sie werden von uns auch
unterstützt. Das betrifft beispielsweise solche Punkte
wie bessere Betreuungsrelationen, höhere Investitionen
in den Hochschulbau oder den freien Zugang zum Mas-
terstudiengang. In der Föderalismusdebatte haben wir
dazu schon einiges gesagt. Was uns in dem Antrag fehlt,
ist das, was im Titel steht, worauf aber fast gar nicht Be-
zug genommen wird. Im Zusammenhang mit der Quali-
tätsdebatte stellt sich die Frage: Wie sieht eine Qualitäts-
entwicklung inhaltlich aus? Dazu steht in dem Antrag
relativ wenig.

Ich will unsere Positionen einmal grundsätzlich nen-
nen. Wir halten es nicht für sinnvoll, mittels Markt- und
Wettbewerbsmechanismen die Qualitätsentwicklung im
Hochschulbereich voranzutreiben. Vielmehr setzen wir
auf eine demokratische Steuerung. Ich habe in der vor-
herigen Debatte überhaupt nicht verstanden, warum die
Forderung nach Einführung der Viertelparität ein Schritt
in die falsche Richtung sein sollte, um eine Qualitätsent-
wicklung zu erreichen.


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Das ist das Problem, dass Sie das nicht verstehen!)


Aus unserer Sicht ist vollkommen klar, dass gerade das
ein Schritt zu einer demokratischen Hochschule ist und
deshalb dazu beiträgt, eine Qualitätsentwicklung in
Gang zu setzen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn man sich überlegt, welche Instrumente dazu
taugen könnten, um zu einer Qualitätsentwicklung zu
kommen, dann möchte ich ein Instrument herausgreifen,
das gerade in der Debatte schon kurz angesprochen
wurde und aus unserer Sicht gerade nicht dazu führen
wird, dass Qualität entsteht. Ich beziehe mich jetzt weni-
ger auf die Debatte zum Länderfinanzausgleich, sondern
auf die Debatte zur Qualität der Hochschulen. Es geht
um die Einführung von Studiengutscheinen. Studie-
rende bekommen diese zwar laut dem Konzept zunächst
einmal kostenlos zugeteilt und sollen sie dann verwen-
den, um sich dafür die entsprechenden Dienstleistungen
zu kaufen.

Erstens. Solche Gutscheine werden natürlich begrenzt
sein. Von daher halte ich es von den Grünen für ziemlich
doppelzüngig, sich auf der einen Seite klar gegen Stu-
diengebühren auszusprechen, aber auf der anderen Seite
die Einführung von Studiengutscheinen zu fordern.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens – das bezieht sich eher auf die Debatte zur
Qualitätsentwicklung –: Man muss sich die Frage stel-
len, wie sich ein Instrument wie die Studiengutscheine
auf das Angebot der Hochschulen auswirken wird. Wenn
die Studiengutscheine die Nachfrage darstellen sollen,
dann ist doch klar, dass sich das Studienangebot an der
Nachfrage ausrichtet. Wenn eben keine Nachfrage vor-
handen ist oder die Nachfrage nicht groß genug ist, wird
das Angebot vom Markt genommen. Uns würde interes-
sieren, welchen Platz Studiengänge wie Altorientalistik
oder Kunstgeschichte dann noch an der Hochschule ha-

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(C (D en. Aus unserer Sicht gehören sie aber zu einer qualitaiven Entwicklung einer Hochschule unbedingt dazu. (Beifall bei der LINKEN – Monika Grütters [CDU/CSU]: Deshalb gibt es das Programm für die Geisteswissenschaften!)


Ein Instrument, das in dem Antrag genannt wird,
öchte ich gerne noch ansprechen. Es geht um die
kkreditierung. Hier steht nur sehr allgemein, dass das
kkreditierungssystem weiterentwickelt werden soll.

ch finde es wichtig, dass wir uns das derzeitige Akkre-
itierungssystem genau ansehen, weil es reichlich ab-
urd ist. Der Akkreditierungsrat akkreditiert private
kkreditierungsinstitute. Diese akkreditieren dann an
en Hochschulen gegen Geld die Studiengänge.

Ein Beispiel, wie dadurch definitiv keine Qualität ent-
teht, konnte kürzlich an der Universität Leipzig erlebt
erden. Weil Akkreditierung teuer ist, verständigte man

ich darauf, eine so genannte Cluster-Akkreditierung
urchzuführen. Das bedeutete, an drei Tagen 27 Studien-
änge zu überprüfen. Wie so Qualität entstehen soll, ist
ns vollkommen schleierhaft.


(Beifall bei der LINKEN)


Was wir uns wünschen, ist, dass gerade die Aspekte
nstrumente der Qualitätsentwicklung und speziell Ak-
reditierungssysteme in der Ausschussdebatte aufgegrif-
en werden. Wenn der Antrag von Bündnis 90/Die Grü-
en einen Beitrag leisten kann, um dazu einen Impuls zu
eben, dann halten wir das für richtig und sinnvoll.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601927000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
rucksache 16/649 an den Ausschuss für Bildung, For-

chung und Technikfolgenabschätzung zu überweisen.
ibt es dazu andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
ann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Detlef
Parr, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Sprint-Studie des Deutschen Sportbundes darf
nicht folgenlos bleiben – Jetzt bundesweite
Wende im Schulsport einleiten

– Drucksache 16/392 –
Überweisungsvorschlag:
Sportausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ebatte eine halbe Stunde vorgesehen. – Es gibt keinen
iderspruch. Dann ist so beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Detlef Parr von der FDP-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der FDP)



Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1601927100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Fast zwei Jahrzehnte
herrschte wissenschaftliche Zurückhaltung hinsichtlich
einer umfassenden Untersuchung des Schulsports in
Deutschland. Jetzt liegt endlich in Form der Sprint-Stu-
die eine systematische Bedingungs- und Situationsana-
lyse vor, die die bisherigen Einzeluntersuchungen weit
übertrifft.

In diesem Zusammenhang möchte ich den deutschen
Bewerberstädten für die Olympischen Spiele 2012 mei-
nen Dank aussprechen. Sie haben sich auf Initiative des
Bundestages zur Finanzierung dieser Studie verpflichtet
und damit für wertvolle Erkenntnisse zur zukünftigen
Neugestaltung des Schulsports gesorgt.

Wie auch immer wir diese Studie bewerten, wir soll-
ten uns in einem Punkt einig sein: Sie muss die Grund-
lage für notwendige konkrete Reformschritte sein und
sie darf nicht nach einem Aufflammen der öffentlichen
Diskussion zum Strohfeuer werden und bei Bund und
Ländern in den Schubladen verschwinden. Zu eindeutig
sind auch die in anderen Untersuchungen getroffenen
Feststellungen zum Gesundheitszustand unserer Kinder
einerseits und zum sportlichen Leistungsvermögen und
der Leistungsbereitschaft andererseits.

Wir müssen diese Botschaften ernst nehmen. Zu
lange haben wir die Spaß- und Kuschelpädagogik als
vermeintlichen Fortschritt gepflegt


(Zuruf von der FDP: Sehr richtig!)


und die Werte des Sich-Anstrengens und Leistens und
eines damit verbundenen anspruchsvollen Übens und
Trainierens aus dem Blick verloren.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Der Sportausschuss des Deutschen Bundestages be-
schäftigt sich jetzt schon in der dritten Legislaturperiode
mit dem Schulsport. Die Bildungspolitik ist zwar Län-
dersache und wir wollen nicht am föderalen Prinzip rüt-
teln, aber wenn die zunehmenden Alarmmeldungen vor
allem aus dem Gesundheitsbereich – ich nenne nur die
Stichworte „Übergewicht“, „Herz-Kreislauf-Probleme“
und „Haltungsschäden“ –, aber auch aus dem Leistungs-
sport keine wesentlichen Konsequenzen nach sich zie-
hen, dann dürfen wir uns als Bundespolitiker und der
Bund als Mitglied in der Kultus- und Sportministerkon-
ferenz nicht vor der Verantwortung drücken.


(Beifall bei der FDP)


Deshalb stellt die FDP diesen Antrag heute zur Dis-
kussion, um einen Anstoß zu einer bundesweiten Wende
im Schulsport zu geben, die wir alle gemeinsam tragen
sollten.


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(C (D (Beifall bei der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Haben Sie schon mal was von Föderalismus gehört? Haben Sie mit Herrn Meinhardt gesprochen?)


Wenn Sie mir eben zugehört hätten, dann würden Sie
etzt nicht diese Zwischenfrage stellen, Herr Kollege. –
s ist zu wenig, wenn die im Jahr 2000 erarbeitete ge-
einsame Erklärung von DSB, KMK und SMK vor
eihnachten wolkig-unverbindlich fortgeschrieben wird.
ir brauchen eine neue konkrete schulische Sportkultur,

ür die wir in den Gremien offensiv eintreten müssen.
enn wir uns auf der Bundesebene einigen, dann wer-

en wir auch die Länder überzeugen können.

Die neue schulische Sportkultur muss auf drei Säulen
asieren: auf Bewegungsvielfalt, sportlichem Können
nd Leisten sowie durch Fairness geprägter sozialer
ompetenz.


(Beifall bei der FDP)


as alles muss sich am Leistungsvermögen jedes Einzel-
en orientieren, das auch in der Benotung zum Ausdruck
ommen sollte, und zwar weg von den wenig differen-
ierenden Ziffernnoten hin zu einer verbalen Beurteilung
er Leistungen, die auch außerschulisches Engagement
nd ehrenamtliche Tätigkeiten mit einbeziehen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Eberhard Gienger [CDU/CSU])


Wir wollen über den Sportunterricht Sport und Bewe-
ung für möglichst viele Menschen zu einem selbstver-
tändlichen Teil ihres Lebens machen. Präventives Ver-
alten nimmt vor dem Hintergrund der Entwicklung
nseres Gesundheitssystems an Bedeutung zu. Es ist zu-
llererst eine Frage der Verbesserung der Lebensqualität
ür jeden Einzelnen. Aber auch volkswirtschaftlich wer-
en wir auf lange Sicht Nutzen daraus ziehen können.

Bundesweit ist eine Einigung auf klare Zielsetzungen
m Sportunterricht notwendig – bisher gibt es bei
6 Bundesländern acht unterschiedliche Zielvorgaben
es Schulsports –,


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der Preis des Föderalismus!)


ie sowohl auf Gesundheits- als auch auf Leistungsför-
erung ausgerichtet sind. Wir brauchen des Weiteren ei-
en leistungsorientierten erziehenden Sportunterricht,
er sich nicht nur auf die Schule konzentrieren darf, son-
ern auch eine Brücke zu außerschulischen Aktivitäten
auen muss.


(Beifall bei der FDP)


Die Kooperation von Schule und Verein ist nichts
eues, kann aber zum Beispiel durch die teilweise Frei-

tellung von Lehrkräften für diese Aufgaben intensiviert
erden. In diesem Zusammenhang gehören unsere Elite-

chulen des Sports auf den Prüfstand. Die unterschiedli-
hen Ergebnisse in Ost und West geben zu denken.

Wir stellen uns des Weiteren eine bundesweite Ju-
endmeisterschaft nach australischem Vorbild vor, die






(A) )



(B) )


Detlef Parr
an den Olympischen Spielen orientiert ist und an die
Stelle anderer schulischer Wettkämpfe tritt.

Ich kann aus Zeitgründen nur einige Punkte aus unse-
rem Antrag erläutern und freue mich deshalb auf unsere
Diskussion im Ausschuss. Vor allem bin ich gespannt
– der Kollege Danckert ist leider nicht anwesend –, wie
die SPD und die Union auf unseren seit langem vorgetra-
genen Vorschlag eines „Goldenen Planes für Gesamt-
deutschland“ reagieren werden.

Unsere Sportstätten sind die Voraussetzung für quali-
tativ hochwertigen Schulsport. Mit dem Ganztagsschul-
programm – auch hier handelt es sich um eine Länder-
aufgabe, der sich der Bund angenommen hat – hat der
Bund einen Anstoß gegeben, den die Bundesländer auf-
gegriffen haben. Das sollte auch bei der Förderung unse-
rer Sportstätten möglich sein.

Zum Abschluss noch eine Bemerkung der Präsidentin
des Weltrates für Sportwissenschaft, Frau Professor
Gudrun Doll-Tepper. Sie hat auf dem Weltgipfel zum
Schulsport in der Schweiz Folgendes gesagt:

Im internationalen Kontext ist die Sprint-Studie auf
großes Interesse gestoßen; sie kann beispielgebend
für andere Länder sein.

So sollten auch wir sie in unsere Arbeit einordnen.

Ich danke Ihnen, dass Sie zugehört haben.


(Beifall bei der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ich verstehe jetzt gar nicht, dass Sie klatschen, Herr Meinhardt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601927200

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Riegert von der

CDU/CSU-Fraktion.


Klaus Riegert (CDU):
Rede ID: ID1601927300

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Lassen Sie mich zuerst mit dem Positiven begin-
nen. Dass heute im Bundestag über den Schulsport dis-
kutiert wird, ist ganz eindeutig ein Verdienst der FDP.
Das Thema nehmen wir dankbar auf.


(Beifall bei der FDP)


Des Weiteren möchte ich Dank an unseren alten Sports-
freund Klaus Kinkel sagen, der dieses Thema vor vielen
Jahren aufgegriffen hat. Als Bayern, das Saarland und
Hamburg den Schulsport zurückfahren und Unterrichts-
stunden streichen wollten, haben wir durch einen Anstoß
von Klaus Kinkel und eine Anhörung im Sportausschuss
eine Wende eingeleitet.

Im FDP-Antrag ist von Entwicklungsstörungen, Ko-
ordinationsproblemen, Juniordiabetes und Herz-Kreis-
lauf-Erkrankungen die Rede. Natürlich kann das alles
nicht allein auf den mangelhaften Schulsport zurückge-
führt werden. Aber in der Tat zeigt die Sprint-Studie De-
fizite auf. Diese beginnen schon bei der Qualität des
Sportunterrichtes, die von der Sportstättensituation und
der Qualität der Ausbildung der Sportlehrer abhängt.
Das ist der erste Punkt.

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(C (D Zum Zweiten wird in der Studie am Beispiel der chwimmbäder klar gemacht, wie sich die Situation der chulsportstätten auswirkt. Wenn zunehmend Schwimmäder geschlossen werden und Bäder nur noch als Spaßäder eröffnet werden, dann haben wir beim Schulsport nd insbesondere beim Schwimmunterricht natürlich robleme. Der dritte Punkt, der in der Studie als Defizit angeprochen wird, ist, dass oft fachfremder Unterricht gegeen wird. Der vierte Punkt betrifft die Einstellung der Schulleier und der Kollegien gegenüber dem Schulsport. Wir portpolitiker leiden ein bisschen darunter, dass wir in nseren Fraktionen nicht immer den notwendigen Wierhall finden. Dass wir heute zu so später Stunde über ieses Thema diskutieren, zeigt ein Stück weit, dass der tellenwert des Schulsports nicht so hoch ist, wie er eientlich sein sollte. Als fünften defizitären Punkt wird in der Studie auf ie hohe Ausfallquote beim Schulsport hingewiesen. Die Ergebnisse der Sprint-Studie müssen in den Bunesländern aufgegriffen werden. Umfang und Qualität es Schulsports müssen verbessert werden. Die Bundesänder arbeiten bereits daran. Ich weiß, dass beispielseise in Baden-Württemberg schon einiges geschehen st. Wir werden außerdem genau beobachten, was die DP in NRW, wo ein freidemokratischer Minister für en Sport zuständig ist, auf diesem Feld leistet. (Detlef Parr [FDP]: Er ist nicht für den Schulsport zuständig! Das muss deutlich unterschieden werden!)


Der FDP-Antrag ist zu undifferenziert. Ich nenne nur
rei Beispiele. Erstens. Es wird eine bundesweite Ju-
endmeisterschaft nach australischem Vorbild gefordert.
ch frage mich, warum nach australischem Vorbild.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Parr war wohl in Australien!)


ir haben die Bundesjugendspiele, „Jugend trainiert für
lympia“ und – wenn man in die Vergangenheit schaut –
ie Spartakiade als Vorbild. Wir haben gezeigt, dass wir
undesweite Wettbewerbe und Jugendmeisterschaften
rfolgreich organisieren können.

Der zweite Punkt betrifft Marketingmaßnahmen bei
en Bundesjugendspielen. Ich weiß nicht, welche Mar-
etingmaßnahmen Sie bei den Bundesjugendspielen pla-
en. Ich glaube, wenn dort die Leistung stärker zählt,
ann kommen wir schon ein großes Stück weiter voran.

Der dritte Punkt ist die Sportbenotung. Sie haben sie
n Ihrer Rede angesprochen. Eine verbale Sportbenotung
nd die Möglichkeit, dass ehrenamtliches Engagement
m Zeugnis festgehalten werden kann, gibt es in Baden-

ürttemberg mit dem Zeugnisbeiblatt schon seit zehn
ahren. Die pädagogische Note kann bis zu zwei Zehntel
ositiv oder negativ abweichen. Wir hören, dass man da-
ei ist, dieses Zeugnisbeiblatt, das wir seit zehn Jahren
aben, jetzt auch in NRW einzuführen. Damit sind wir
chon ein gutes Stück vorangekommen.






(A) )



(B) )


Klaus Riegert
Wozu ich aber ein klares Wort sagen will, ist Folgen-
des: Wir dürfen die Schulsportnoten nicht abschaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Günther [Plauen] [FDP])


Sie werden ohnehin schon kritisch betrachtet, weil sie im
Vergleich zu denen der anderen Fächer viel zu gut aus-
fallen. Wer Schulsportnoten abschafft, der wird Sport
zum Randfach machen und kein gutes Ergebnis erhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Lassen Sie mich zum Ergebnis der Sprint-Studie ei-
nige Sätze sagen. Erstens hat die Sprint-Studie festge-
stellt, dass sich Sport als Bildungsfach etabliert hat.
Zweitens hat die Studie festgestellt, dass Sportlehrer von
Schülern sportfachlich und pädagogisch positiv beurteilt
werden. Drittens werden bei Sportlehrern ein hohes
Fort- und Weiterbildungsengagement und hohe außerun-
terrichtliche Kompetenz festgestellt. Ich möchte mich an
dieser Stelle ganz herzlich bei den Sportlehrern, die sich
bei mir zu Hause für „Jugend trainiert für Olympia“
engagieren, bedanken.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Nicht nur bei Ihnen zu Hause, auch in Berlin!)


– Ich korrigiere mich. Ich habe die Erfahrungen bei mir
zu Hause geschildert. Ich möchte mich natürlich bei al-
len Sportlehrern bedanken, auch bei denen, die bei Ihnen
zu Hause sind.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Guter Mann!)


Die Studie hat viertens festgestellt, dass die Schüler im
Sport leistungswilliger als in den anderen Fächern sind.
Fünftens schätzen Schüler, Eltern und Lehrer den Sport-
unterricht und erkennen die Wichtigkeit des Sportunter-
richts an.

Abschließend kann ich nur sagen, dass der FDP-An-
trag – ich habe Defizite genannt – nur Teilaspekte auf-
zeigt. Was die Überschrift des Antrags betrifft – Sprint-
Studie des Deutschen Sportbundes darf nicht folgenlos
bleiben – Jetzt bundesweite Wende im Schulsport einlei-
ten –, so kann ich in der Schulsprache nur sagen: Thema
verfehlt, Fünf, setzen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Detlef Parr [FDP]: Das ist aber ein hartes Urteil!)


– Es sind auch richtige Elemente darin. Ich habe von der
Überschrift gesprochen. Deswegen keine Sechs, sondern
eine Fünf.

Der Antrag hat wichtige Teilaspekte. Wir werden des-
halb diesen Antrag in den Ausschuss überweisen und
dann einen Koalitionsantrag einbringen, der die gesell-
schaftspolitischen und die sportpolitischen Aspekte des
Sports einschließlich des Schulsports und anderer Ele-
mente umfasst. Dann werden wir hoffentlich einen ge-
meinsamen Antrag des ganzen Hauses zum Sport bzw.
Schulsport hier beschließen.

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(C (D Danke schön. Das Wort hat die Kollegin Katrin Kunert von der raktion Die Linke. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Die vergangenen Tage bei Olympia in Turin urden durch Otto und Fischer und Co zu Tagen der Seiorinnen und Senioren im Leistungssport. Letztes Wohenende bei den Deutschen Hallenmeisterschaften der eniorinnen und Senioren der Leichtathletik wurde atrin Kunert mit ihrer Staffel Vizemeisterin. (Beifall bei der LINKEN – Detlef Parr [FDP]: Toll! Glückwunsch!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601927400

(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Kunert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601927500

Die Zahl der Sportbegeisterten ab 30 aufwärts wächst.
nternational stehen die Deutschen an erster Stelle. Die
nzahl der Europa- und Weltmeistertitel, die die Senio-

innen und Senioren in der Leichtathletik holen, wün-
che ich mir auch für den Leistungssport.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Anteil der Seniorinnen und Senioren beim
eutschen Leichtathletik-Verband hat sich von 1984 bis
eute von 30 Prozent auf 46 Prozent erhöht. Warum ist
as so? Fest steht, dass für die Motivation für das wei-
ere oder wieder begonnene Sporttreiben vor allem die
rfahrungen aus der Kindheit und aus dem Schulsport
ichtig sind. Wer einmal Freude an der Bewegung und
ie Vorteile von Teamarbeit gespürt hat, eine bessere Fit-
ess und einen gesunden Ehrgeiz besitzt, der zieht die
urnschuhe irgendwann wieder an.


(Beifall bei der LINKEN)


Schulsport von heute ist jedoch oftmals eine Pflicht-
bung und steht auf der Liste der wichtigsten Fächer hin-
enan. Uns überraschen die Ergebnisse der Sprint-Studie
icht. Sie bestätigen gefühlte Werte.


(Unruhe bei der CDU/CSU – Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Können die die Unterhaltung da hinten nicht unterbrechen? Das ist eine Unverschämtheit! – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso sind die eigentlich da?)


Wäre es möglich, dass die Herrschaften vielleicht mal
twas zuhören könnten?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601927600

Kolleginnen und Kollegen, würden Sie bitte der Rede

olgen oder den Raum verlassen!


Katrin Kunert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601927700

Im Sport geht man fair miteinander um. Das könnte

uch im Bundestag mal auf der Tagesordnung stehen.






(A) )



(B) )


Katrin Kunert

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Herr Parr, wir werden Ihren Antrag unterstützen, weil
er die Möglichkeit bietet, die für den Schulsport Verant-
wortlichen endlich zusammenzuführen und Nägel mit
Köpfen zu machen – auch wenn wir im Detail Klärungs-
bedarf sehen. Ich finde, der Unterstellung, dass sich die
Politik immer nur dann mit dem Sport beschäftigt, wenn
große Events anstehen, sollten wir mit aller Ernsthaftig-
keit entgegentreten. Vor allem müssen wir ein gewisses
Maß an Verbindlichkeit an den Tag legen; ansonsten re-
den wir hier in diesem Hause alle Jahre wieder über die
gleichen Themen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Detlef Parr [FDP]: Sehr richtig!)


Auch für den Schulsport gilt: Wenn bundesweit gül-
tige Mindeststandards durchgesetzt werden sollen, dann
müssen wir die Kleinstaaterei im Bildungswesen über-
winden.


(Beifall bei der LINKEN – Detlef Parr [FDP]: Auch das ist richtig!)


In 16 Bundesländern gibt es acht Zielvorgaben für den
Schulsport; Sie haben darauf hingewiesen. Circa 70 Gre-
mien bilden in Deutschland Sportpädagogen aus. Es
wird viel geforscht, aber viel zu wenig effizient und
praktikabel ausgebildet.

Die Föderalismusdiskussion zeigt, dass nur ein zu-
kunftsfähiges Nebeneinander von bundespolitischer
Rahmensetzung und landespolitischer Detailsteuerung
zum Erfolg führen kann. Referendare ziehen Warte-
schleifen, weil Stellen fehlen. Die Bundesländer verlas-
sen sich aufeinander und die Sportlehrerausbildung ist
verlassen. So sollte der Studiengang Sportwissenschaf-
ten an der Uni Halle in Sachsen-Anhalt aus Kostengrün-
den geschlossen werden. Verantwortlich dafür war ein
FDP-Kultusminister. Die Schulunterrichtsstunden für
den Sport wurden von drei auf zwei pro Woche redu-
ziert. In Hamburg, der so genannten Sportstadt, wird der
Schwimmunterricht ab August 2006 privatisiert.
Schwimmmeister vergeben dann die Noten. In Hamburg
gibt es zwar die geforderte dritte Sportstunde; aber sie ist
im Lehrplan flexibel gestaltet und fällt so anderen Fä-
chern zum Opfer.

Kinder brauchen Bewegung und Aktivität in biologi-
scher, psychologischer und sozialer Hinsicht, um sich er-
proben und altersgerecht entwickeln zu können. Für die
Vielzahl der Kinder und Jugendlichen ist der Schulsport
die einzige Möglichkeit zur sportlichen Betätigung. Des-
halb stehen für uns nicht die Leistung und die Nach-
wuchssicherung für Sportvereine im Vordergrund, son-
dern die Vermittlung der Grundlagen des Sports.

Da meine Redezeit zu Ende geht, möchte ich zusam-
menfassend sagen, welche Schwerpunkte wir für die
Diskussion sehen: klare Orientierung und Standards für
alle Bundesländer für die Sportlehrerausbildung und die
Unterrichtsinhalte; generelle Einführung der dritten

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(C (D portunterrichtsstunde; durchgängiger Einsatz von ausebildeten Sportlehrern ab der Grundschule – das heißt atürlich, dass der Einstellungskorridor für junge Lehrer eöffnet werden muss –; Sicherstellung des Schwimmnterrichts; ausreichende Weiterbildung; Sicherstellung er Finanzierbarkeit des Schulsports; ein angemessenes ngebot an Wettkämpfen. In dieser Hinsicht ist die partakiadebewegung in der DDR durchaus ein lohnenes Beispiel. Ich danke Ihnen. Das Wort hat jetzt der Kollege Martin Gerster von der PD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601927800


Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1601927900

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und

ollegen! Wir von der SPD-Fraktion sind für den FDP-
ntrag sehr dankbar, weil er uns die Gelegenheit gibt, in
iesem Hause über Schulsport zu reden, aber auch darü-
er, wer an der Schulsportmisere in Deutschland schuld
t.

Die Diskussion um den Schulsport ist schon etwa 20
ahre alt; seit 20 Jahren wird über das diskutiert, was im
chulsport im Argen liegt. Ein Artikel aus der „Frank-
urter Rundschau“ von vor 20 Jahren belegt dies. Da-
als gab es ein Aktionsprogramm der Kultusminister-

onferenz und des Deutschen Sportbundes. Die
robleme von damals sind auch die Probleme von heute:
oher Unterrichtsausfall, zu wenig qualifizierte Lehr-
räfte und geringe Hallenkapazitäten. Da ist es nicht er-
taunlich, dass die SPD-Bundestagsfraktion das Thema
chulsport schon vor 20 Jahren im Deutschen Bundestag
uf die Tagesordnung gebracht hat. Ich zitiere die frü-
ere Bundesministerin Wilms von der damaligen CDU/
SU-FDP-Bundesregierung. Die Entwicklung des
chul- und Hochschulsports falle in erster Linie in die
uständigkeit der Länder, war die lapidare Antwort auf
ie Initiative damals. – Was damals richtig war, ist heute
atürlich auch noch richtig.

Es ist schon interessant, dass vor einer halben Stunde
ier vonseiten der FDP-Fraktion im Rahmen der Debatte
ber den Föderalismus noch gesagt wurde, der Bund
ürfe den Ländern in Sachen Schule nicht hineinreden,
nd jetzt ein FDP-Antrag vorliegt, nach dem der Bund in
achen Schulsport sehr wohl hinreden soll.


(Beifall bei der SPD – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hochgradig zentralistisch! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Peinlich ist das!)


Es ist ganz klar, warum der FDP-Antrag hier im Bun-
estag und nicht etwa in den Ländern gestellt wird. Im
andtag von Baden-Württemberg beispielsweise könnte
in solcher Antrag auch gestellt werden. Bei näherer Be-
rachtung stellt sich ganz schnell heraus: Wo die FDP






(A) )



(B) )


Martin Gerster
mit in der Regierungsverantwortung ist, ist es um den
Schulsport gar nicht so gut bestellt.


(Zurufe von der SPD: Aha!)


Die Kollegin Kunert hat dazu vorhin schon etwas an-
geführt. In Hamburg beispielsweise gab es in der unsäg-
lichen Koalition mit der Schill-Partei ein neues Arbeits-
zeitmodell für Lehrkräfte, bei dem die Lehrkräfte für
Sport degradiert wurden, weil der Schulsport dort we-
sentlich weniger wichtig war als beispielsweise der
Deutschunterricht.


(Birgit Homburger [FDP]: Beides falsch! Richtiges Beispiel bitte!)


– Das ist richtig, Frau Homburger.


(Birgit Homburger [FDP]: Nein!)


In Niedersachsen – Kollegin Kunert hat das ebenfalls
angesprochen – wurde der Schwimmunterricht kaputtge-
macht, wurden Lehrerstellen gestrichen und wurde die
Verantwortung den Eltern übertragen. Wenn die Mutter
oder der Vater nicht kann, fällt der Schwimmunterricht
eben aus. Das ist nicht der Schulsport, den wir von der
SPD-Bundestagsfraktion uns wünschen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Ihr Antrag in allen Ehren, aber ich muss sagen: Es ist
unredliche Politik, wenn man hier einen solchen Antrag
einbringt, in den Ländern jedoch anders handelt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Detlef Parr [FDP]: Ein bisschen wenig Substanz!)


– Herr Parr, ich komme darauf noch zu sprechen.


(Detlef Parr [FDP]: Wenn Sie konkreter würden, wäre das gut!)


Konkret zum Antrag. Sie fordern dazu auf, Konse-
quenzen aus der Sprint-Studie zu ziehen, diese Studie
auszubauen, zu erweitern und darüber zu diskutieren. Ich
war im Dezember selbst auf einer Tagung in Karlsruhe,
bei der es genau um dieses Thema ging.


(Detlef Parr [FDP]: Und?)


Sehr interessant war, dass am Empfang an alle Teilneh-
merinnen und Teilnehmer ein Papier mit ergänzenden
Informationen der Landesregierung Baden-Württemberg
zur Sprint-Studie ausgehändigt wurde. Ich fand es schon
fast kurios, dass darin mehr oder weniger gesagt wurde,
die Sprint-Studie sei unseriös, was die wissenschaftliche
Ausarbeitung angehe,


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Oh! – Jörg Tauss [SPD]: So sind sie!)


eine fragwürdige Methodik sei angewandt worden und
um den Sport in der Schule sei es gar nicht so schlecht
bestellt, wie in der Sprint-Studie behauptet werde.


(Zuruf der Abg. Birgit Homburger [FDP] – Gegenruf des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Was ist denn da in Baden-Württemberg los?)


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(C (D as fand ich schon sehr merkwürdig. (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die FDP ist halt föderal organisiert! Jeder Verband sagt was anderes!)


Hier bringt die FDP einen solchen Antrag ein und von
er Landesregierung Baden-Württemberg heißt es, um
en Schulsport sei es gar nicht so schlecht bestellt. Des-
egen fragen wir uns natürlich: Warum debattieren wir
ie Sache überhaupt, wenn es um den Schulsport doch
ar nicht so schlecht bestellt ist?


(Beifall bei der SPD)


Wir diskutieren Ihren Antrag leider mit dem Ergebnis,
ass wir ihn ablehnen müssen; denn auch inhaltlich hat
r nicht das Potenzial, um den Schulsport wirklich zu
etten. Die FDP fordert in ihrem Antrag leistungsorien-
ierten erziehenden Schulsport. Ein Ergebnis der Stu-
ie ist nach unserer Meinung aber, dass der leistungs-
rientierte erziehende Sportunterricht, wie Sie ihn
ordern, junge Leute gerade abschreckt. Wir müssen in
aden-Württemberg – Frau Homburger, Sie bringen das

mmer wieder zur Sprache – und in allen anderen Län-
ern einen Sportunterricht durchführen,


(Detlef Parr [FDP]: Am Einzelnen orientiert! Das haben Sie nicht verstanden!)


er junge Leute ermuntert, Sport zu treiben,


(Detlef Parr [FDP]: Ja!)


ich für den Sport zu begeistern.


(Detlef Parr [FDP]: An der individuellen Leistung orientiert!)


eswegen ist der Schluss, den Sie aus der Studie ziehen,
alsch.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Detlef Parr [FDP]: Das haben Sie nicht verstanden!)


Die FDP fordert eine Rückbesinnung auf traditionelle
portarten, weil ansonsten angeblich der Leichtathletik
er Nachwuchs wegbricht.


(Detlef Parr [FDP]: Zum Beispiel! Schauen Sie doch hin!)


ir sagen: Der Schulsport ist keine Produktionsstätte für
ochleistungssportler,


(Beifall bei der SPD)


ondern er ist dafür da, jungen Leuten Mut zu machen,
port zu treiben und sportlich aktiv zu sein.

In einer Sache haben Sie, Herr Parr, völlig Recht. Die
print-Studie ist richtig und wichtig. Wir von der SPD-
undestagsfraktion stehen ohne Wenn und Aber hinter
ieser Studie. Wir wollen eine bessere Ausbildung für
ie Lehrkräfte im Sport; völlig d’accord. Wir wollen,
ass der Sportunterricht nicht ausfällt, sondern dass er in
en Schulen tatsächlich stattfindet.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Martin Gerster
Wir wollen eine gleichberechtigte Stellung des Schul-
sports mit anderen Fächern. Wir wollen einen Schul-
sport, der Kinder und Jugendliche für den Sport begeis-
tert.

Wir wollen mehr Schulen mit sportlichem Profil und
einer bewegten Schul- und Lernkultur. Wir wollen, dass
Sportvereine in die Schulen kommen können, insbeson-
dere in die Ganztagsschulen; dann sollen aber bitte
schön die Übungsleiterinnen und Übungsleiter auch ent-
sprechende Vergütungen für das bekommen, was sie an
diesen Schulen leisten.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich sage ganz bewusst: Wir wollen mehr Kooperationen
zwischen den Sportvereinen und den Schulen. Wir wol-
len aber auch mehr Elternaufklärung über Elternabende
und andere Veranstaltungen, damit den Eltern bewusst
gemacht wird, welche Bedeutung der Sport tatsächlich
in unserer Gesellschaft für die Erziehung und für das
Aufwachsen von jungen Leuten hat. Wir wollen Quali-
tätssicherung in der Fachlehrerausbildung und – da bin
ich mit Ihnen vollkommen d’accord – nationale Bil-
dungsstandards auch beim Schulsport. Wir wollen – auch
das ist ein wichtiger Punkt – mehr Kooperation im Vor-
schulbereich, also dass schon früher mit dem Schulsport
begonnen wird.


(Detlef Parr [FDP]: Da haben wir doch viele Gemeinsamkeiten!)


Die Umsetzung all dieser Forderungen ist Ländersa-
che. Deshalb fordere ich Sie ganz klar auf: Sprechen Sie
mit Ihren Landesministern und Landesministerinnen,


(Detlef Parr [FDP]: Sie aber auch!)


damit auf allen Ebenen etwas zustande gebracht wird
und wir hier nicht auf der einen Seite Scheindebatten
führen, aber auf der anderen Seite die Bundesländer den
Schulsport als finanziellen Steinbruch benutzen und die
Mittel dafür kürzen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601928000

Herr Kollege Gerster, auch Ihnen gratuliere ich im

Namen des Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen
Bundestag.


(Beifall)


Das Wort hat jetzt der Kollege Winfried Hermann
vom Bündnis 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601928100

Ich halte jetzt auch eine Jungfernrede, denn ich durfte

noch nie als letzter Redner zu so später Stunde vor so
viel Publikum sprechen. Ich bedanke mich im Voraus für
Ihre Aufmerksamkeit.


(Zurufe von der CDU/CSU)


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(C (D Die Kollegen haben ja schon alles Mögliche aus der print-Studie angeführt. In der Kürze meiner Redezeit ann ich nur ein paar neue Aspekte hinzufügen. Im Rahen dieser Studie wurden die Schüler ja zum ersten Mal efragt, wie sie Sportunterricht wahrnehmen, was sie on ihm erwarten, was ihnen fehlt und was sie stört. Ineressant ist, dass die Studie zutage gefördert hat, dass m Unterschied zu früher Sportunterricht inzwischen bei chülern einen hohen Stellenwert hat, ja mit am besten m Fächerkanon der Schule angesehen ist und dass inwischen auch die Schulleiter, die Kollegen und die Elern den Sportunterricht weitaus höher einschätzen als rüher. Umso bitterer ist es, wenn dieser Unterricht häuig ausfällt. Andererseits beklagen die Schüler, dass der Untericht oft nicht das bringt, was sie erwarten. Sie vermissen lemente, die sie aus der modernen Sportwelt mitbeommen. Was erwarten diese Schüler genau? Sie wollen ie neuen Freizeitund Erlebnismöglichkeiten, die es uf der Straße gibt, kennen lernen; das würden sie gerne uch in der Schule vermittelt bekommen. Ein anderer unkt, über den sich beklagt wird, sind die Leistungsanorderungen. Es ist richtig, Herr Kollege Parr, dass heausgekommen ist, dass die Schüler den Sportunterricht ls einen Ort ansehen, wo sie sich beweisen können, wo ie etwas leisten können, wo sie gefordert werden wolen. Das leistet schlechter Sportunterricht teilweise nicht. Das Problem ist nicht, dass hier Kuschelpädagogik etrieben wird. arum geht es nicht, sondern es geht um falsche Leisungsanforderungen. Es stört die Schüler, wenn man an lle den gleichen Maßstab legt, obwohl sie höchst unterchiedlich sind, wenn man sich formaler Messmethoden edient, wenn man sie in althergebrachter Art und Weise uf die immer gleiche Art und Weise Runden laufen und mmer nur dieselben alten Sportarten betreiben lässt. (Detlef Parr [FDP]: Es geht um die individuelle Leistung!)


(Detlef Parr [FDP]: Sehr wohl!)


ier liegt das Problem. Ein solcher Unterricht ist nicht
irklich interessant für sie.

Ich komme nun zum Antrag der FDP. Hierzu wurde
chon einiges Kritisches gesagt. Aus meiner Sicht ist
ieser Antrag nicht Fisch und nicht Fleisch. Er hat ex-
rem zentralistische Züge und ist sehr staatsfixiert – ganz
m Gegensatz zu dem, was Sie sonst immer fordern. Sie
rwarten vom Bund, dass er alles richtet.


(Detlef Parr [FDP]: Was? Sie müssen einen anderen Antrag gelesen haben!)


Nein, Sie müssen einmal Ihren eigenen Antrag ernst
ehmen.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Mehr Freiheit wagen!)


s ist absurd, welche Forderungen Sie darin an die Bun-
esregierung stellen. Das geht ja bis hin zur Aufforde-
ung, flächendeckend für eine angemessene Sportinfra-






(A) )



(B) )


Winfried Hermann
struktur zu sorgen. Das ist aber nicht Aufgabe der
Bundesregierung.

Was ist zu tun? Ich glaube, wir müssen das Sportkon-
zept durch Einbeziehung moderner Sportarten und
Schaffung vielfältiger Bewegungs-, aber auch Auswahl-
möglichkeiten weiterentwickeln. Auf gar keinen Fall
– da kann ich dem Kollegen Gerster voll und ganz zu-
stimmen – kann die richtige Antwort die Rückkehr zu al-
ten Konzepten sein. Gerade die Sportartenpädagogik ist
in den Unterrichtsplänen längst überholt. In allen Bun-
desländern geht man eher von modernen Bewegungs-
feldansätzen aus, die Sie in Ihrem Antrag beschimpfen.
Genau das, was Fortschritt bedeutet und was die Schüler
anerkennen, wollen Sie zugunsten der alten Sportarten
wieder abschaffen. Das ist beschränkt; es ist kein Fort-
schritt und bringt uns nicht weiter. Es ist, lieber Kollege,
leider keine Wende im Sportunterricht.

Eine Wende ist übrigens auch gar nicht nötig. Wir
brauchen eine Weiterentwicklung, einen Sprung nach
vorne. Was Sie vorschlagen, ist jedoch eine Wende rück-
wärts, jedenfalls in Teilbereichen. Sie erwähnen auch
den Gesundheitsaspekt; das ist gut. Aber in anderen Be-
reichen bedeuten Ihre Forderungen keinen Fortschritt.
Ich finde, Ihr Antrag ist kein besonders intelligenter An-
stoß für eine Debatte über einen modernen Sportunter-
richt.

Ich bedanke mich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601928200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/392 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine
Zimmermann, Kornelia Möller, Katrin Kunert,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

Übertragung der im Jahr 2005 nicht genutzten
Mittel der Arbeitsmarktpolitik ins Jahr 2006

– Drucksache 16/546 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der
Kollegin Sabine Zimmermann von der Fraktion Die
Linke. Bitte schön, Frau Zimmermann, Sie haben das
Wort.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Meine Damen und Herren! Herr Riegert, wie oll es mir denn gehen: Ich spreche jetzt um 22.01 Uhr um Thema Arbeitslosigkeit. (Klaus Riegert [CDU/CSU]: Selber schuld! Ihr habt einen Antrag gestellt!)

Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601928300

a sehen Sie, welchen Stellenwert dieses Thema in die-
em Hause hat.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sie hätten verzichten können, genau wie wir!)


Nein, wir verzichten eben nicht, weil uns das Thema
rbeitslosigkeit am Herzen liegt; Ihnen offenbar nicht.


(Beifall bei der LINKEN)

In ihrer Koalitionsvereinbarung haben die Regie-

ungsparteien die Bekämpfung der Massenarbeits-
osigkeit eigentlich zu ihrer zentralen Aufgabe erklärt.
u Recht, sagen wir; denn 5 Millionen Menschen sind
hne Arbeit, von der stillen Reserve will ich überhaupt
icht reden. Das ist ein gesellschaftlicher und sozialer
kandal in diesem Land.


(Beifall bei der LINKEN)

ergessen wir nicht: 3 Millionen Arbeitslose leben mit
artz IV und damit unterhalb der offiziellen Armuts-
renze.

An dieser Realität wird sich so lange nichts ändern,
ie bei den Regierungsparteien der Irrglaube vor-
errscht, mit Arbeitsmarktpolitik allein ließe sich die tat-
ächliche Massenarbeitslosigkeit wirksam bekämpfen.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Den Eindruck habe ich eher bei Ihrem Antrag!)


olange in der Wirtschaftspolitik nicht umgesteuert und
eschäftigung nicht gezielt durch mehr öffentliche In-
estitionen und Stärkung der Binnenkaufkraft gefördert
ird, wird sich an dem Ausmaß der Arbeitslosigkeit in
iesem Lande wenig ändern.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sprechen Sie doch mal zu Ihrem Antrag! Das wäre interessanter!)


o ist es arbeitsmarktpolitisch auch ein Irrweg, die Wo-
hen- und Lebensarbeitszeit in dieser Lage verlängern zu
ollen.
Wir unterstützen das Prinzip „Fördern und For-

ern“ in der Arbeitsmarktpolitik grundsätzlich. In der
irklichkeit wird dieses Prinzip von der Bundesregie-

ung jedoch auf den Kopf gestellt. Mit verschärften Kon-
rollen, Zumutbarkeitsregelungen und Leistungskürzun-
en werden Arbeitslose zunehmend unter Druck gesetzt,
bwohl es in diesem Land keine zu vermittelnden Ar-
eitsplätze gibt. Darauf haben Sie keine Antwort.


(Beifall bei der LINKEN)

as Prinzip „Fördern“ bleibt wie schon bei der vorher-
ehenden Regierung voll auf der Strecke.

Seit Jahren haben wir mit dem Problem zu kämpfen,
ass die Ausgaben für die aktive Arbeitsförderung






(A) )



(B) )


Sabine Zimmermann
gekürzt werden. Wie ist es mit dem Ziel, Arbeitslosig-
keit zu bekämpfen, in Übereinstimmung zu bringen, dass
die Ausgaben für die aktive Arbeitsförderung in den
letzten vier Jahren von über 22 Milliarden Euro auf 14
Milliarden Euro im letzten Jahr gekürzt wurden, die Zahl
der Langzeitarbeitslosen aber im gleichen Zeitraum auf
1,5 Millionen gestiegen ist? Wir haben den Eindruck,
dass die aktive Arbeitsmarktpolitik inzwischen vom
Rotstift ersetzt wird. Was wir mit unserem vorliegenden
Antrag fordern, ist nicht weniger, als dass die Mittel, die
für eine aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung ste-
hen, auch ihrem eigentlichen Zwecke zugute kommen.


(Beifall bei der LINKEN – Jörg Tauss [SPD]: Das machen wir mal!)


– Ja, das machen wir mal.

Wir haben es mit dem Skandal zu tun, dass im letzten
Jahr nur 57 Prozent des Eingliederungstitels im Rechts-
kreis SGB II abgerufen worden sind. In einzelnen Län-
dern, wie zum Beispiel bei Ihnen in Baden-Württem-
berg,


(Jörg Tauss [SPD]: Aber dafür kann ich nichts! Ich war es nicht!)


ist jeder zweite Euro nicht ausgegeben worden, obwohl
es auch in Ihrem Land nicht wenige Arbeitslose gibt.

Es sind also 2,8 Milliarden Euro im Kampf gegen die
Arbeitslosigkeit verloren gegangen. Wir wollen, dass der
gesetzlich mögliche Teil von etwa 1 Milliarde Euro ins
neue Jahr übernommen wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Bis jetzt unternimmt die Bundesregierung keine An-
stalten, diese Mittel zu übertragen. Es mag sein, dass
dieser vierstellige Millionenbetrag die Begehrlichkeiten
der Regierung zum Stopfen des Haushaltsloches ge-
weckt hat. Aber wir sind der Meinung, dass man die
Haushaltssanierung nicht auf dem Rücken der Arbeitslo-
sen austragen darf.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich meine, dass Sie, meine Damen und Herren von
der Union und von der SPD, heute Farbe bekennen kön-
nen. Halten Sie an Ihrem alten Kurs fest, wäre es von Ih-
nen ehrlicher, zu sagen, dass Sie den Haushalt auf Kos-
ten der Arbeitslosen sanieren wollen. Oder Sie meinen
es ernst mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und
lassen Ihren Worten endlich Taten folgen.


(Beifall bei der LINKEN)


Dann können Sie dem vorliegenden Antrag eigentlich
nur zustimmen und 1 Milliarde Euro der Förderung der
Arbeitslosen zugute kommen lassen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601928400

Die Reden der Kollegen Wolfgang Meckelburg,

CDU/CSU-Fraktion, Andrea Nahles, SPD-Fraktion,

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1)

2)

(C (D irk Niebel, FDP-Fraktion, und Markus Kurth, ündnis 90/Die Grünen, nehmen wir zu Protokoll.1)



(Klaus Riegert [CDU/CSU]: Schade!)


Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
raktion Die Linke auf Drucksache 16/546 mit dem Titel
Übertragung der im Jahr 2005 nicht genutzten Mittel
er Arbeitsmarktpolitik ins Jahr 2006“. Wer stimmt für
iesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
ich? – Der Antrag ist mit den Stimmen aller Fraktionen
ei Zustimmung der Fraktion Die Linke abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 sowie den Zu-
atzpunkt 4 auf:

14 Beratung des Antrags der Abgeordneten Silke
Stokar von Neuforn, Grietje Bettin, Volker Beck

(Köln) und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/

DIE GRÜNEN

Bürgerfreundliche Kostenregelung für das
Informationsfreiheitsgesetz

– Drucksache 16/580 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

P 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Gisela
Piltz, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Der Informationsfreiheit durch transparente
und niedrige Gebühren zum Durchbruch ver-
helfen

– Drucksache 16/659 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss

Alle Reden sollen zu Protokoll genommen werden.
as sind die Reden der Kollegen Beatrix Philipp, CDU/
SU-Fraktion, Dr. Michael Bürsch, SPD-Fraktion,
isela Piltz, FDP-Fraktion, Petra Pau, Die Linke, und
ilke Stokar von Neuforn, Bündnis 90/Die Grünen.2)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
rucksachen 16/580 und 16/659 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
amit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die
berweisungen so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 17. Februar 2006,
Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.