Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Der Kollege Peter Rauen hat gestern seinen60. Geburtstag gefeiert. Ich darf ihm dazu im Namen desHauses die besten Wünsche übermitteln.
Außerdem gebe ich bekannt, dass der Kollege Jann-Peter Janssen mit Wirkung vom 24. Januar 2005 aufseine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtethat. Als Nachfolger hat der Abgeordnete Lars Klingbeilam selben Tag die Mitgliedschaft im Deutschen Bundes-tag erworben. Ich begrüße den neuen Kollegen sehrherzlich.
Hinsichtlich der Besetzung von Gremien möchte ichSie informieren, dass ich auf Vorschlag des Haushalts-ausschusses die Kollegen Bernhard Brinkmann für dieFraktion der SPD, Jochen-Konrad Fromme für dieFraktion der CDU/CSU und Otto Fricke für die Frak-tion der FDP sowie die Kollegin Anja Hajduk für dieFraktion des Bündnisses 90/Die Grünen als Mitgliederdes Verwaltungsrates der neu errichteten Bundesanstaltfür Immobilienaufgaben benennen werde.RedetInterfraktionell ist vereinbart worden, die verbundeneTagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-führten Punkte zu erweitern:ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSUUnterschiedliche Meinungsäußerungen aus Koalition undBundesregierung zu Studiengebühren
ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Ernst DieterRossmann, Jörg Tauss, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abge-ordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten GrietjeBettin, Volker Beck , Birgitt Bender, weitneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/Dsowie der Abgeordneten Cornelia Pieper, Dr. KRainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und deFDP: Impulse für eine internationale Ausr
, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, weiterer
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gierungJahreswirtschaftsbericht 2005 der Bundesre-gierungDen Aufschwung stärken – Strukturen verbes-sern– Drucksache 15/4700 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
FinanzausschussAusschuss für Gesundheit und Soziale SicherungAusschuss für Verkehr, Bau- und WohnungswesenAusschuss für TourismusHaushaltsausschussb) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-gierungJahresgutachten 2004/2005 des Sachverständi-genrates zur Begutachtung der gesamtwirt-schaftlichen Entwicklung– Drucksache 15/4300 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
FinanzausschussdkmuHknzSrWuotzdewszgNsgnncsDbHKNzandr
Ich möchte mich vor diesem Hintergrund auch gegeno manches Zerrbild wehren, das von unserem Land ge-eichnet wird. Diese Bundesrepublik Deutschland ist un-eachtet aller Diskussionen eine der wirtschaftsstärkstenationen der Welt; das wissen wir. Es ist ein Land derozialen Marktwirtschaft. Es ist ein soziales und ökolo-isch verantwortetes Land, in dem wir leben. Es gibticht viele Länder auf der Welt mit vergleichbaren öko-omischen Daten, mit einer vergleichbaren sozialen Si-herheit und mit einer vergleichbaren ökologischen Aus-tattung zum Schutz von Klima und Umwelt.
eshalb wenden wir uns mit dem Jahreswirtschafts-ericht, den Sie offensichtlich schon seit Tagen in derand haben – das entnehme ich der zum Teil munterenritik –, auch gegen den immer noch grassierendenegativismus in Deutschland; das ist darin auch im Ein-elnen belegt. Wir tun das mit Hinweis auf die Stärken,uf die Pluspunkte unseres Landes. Davon will ich Ih-en einige nennen:Erstens. Man muss offensichtlich häufig wiederholen,ass dieses Land so exportstark ist wie zurzeit kein ande-es auf der Welt.
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Bundesminister Wolfgang ClementKein anderes Land auf der Erde hat im Jahre 2003 mehrWaren erfolgreich exportiert als die BundesrepublikDeutschland. Es spricht alles dafür, dass dies auch imvergangenen Jahr der Fall gewesen ist, dass wir also vondieser Exportstärke nichts verloren haben.Ich verweise zweitens auf die hohe preisliche Wett-bewerbsfähigkeit Deutschlands. Wir haben nämlich inunserem Land in den letzten Jahren eine außerordentlichmoderate und konstante Entwicklung der Lohnstückkos-ten zu verzeichnen gehabt – anders als in den meistenanderen Ländern des Euroraums. Nicht zuletzt dadurchhat sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deut-schen Wirtschaft, gemessen an den realen Lohnstück-kosten, erheblich verbessert. Im Verein mit dem gutenImage der deutschen Wirtschaft und der hohen Qualitätdeutscher Produkte hilft dies, Marktanteile auch ange-sichts eines im Verhältnis zum Euro schwachen Dollarszu verteidigen.Ich verweise als dritte Stärke auf die geringen Infla-tionsraten in Deutschland. Der harmonisierte Index derVerbraucherpreise ist in Deutschland zwischen 1995 und2004 jährlich um 1,3 Prozent gestiegen. Im gesamtenEuroraum betrug die Inflationsrate 1,9 Prozent.Ich verweise viertens auf die außerordentlich niedrigeSteuerquote in Deutschland: 21,5 Prozent des Bruttoin-landsprodukts. Mit dieser Steuerquote stehen wir im in-ternationalen Vergleich hervorragend da. Wenn ich nochdie Abgabenquote nennen darf – sie erhält man, wennman zu der Steuerquote die Sozialversicherungsbeiträgehinzurechnet –: Wir liegen mit 36,2 Prozent nach Groß-britannien mit 35,9 Prozent an zweiter Stelle; wir liegenaber deutlich vor Frankreich mit 44,2 Prozent oder Ita-lien mit 41,1 Prozent. Der Prozess der Senkung der Steu-erquote geht ja weiter. Gerade haben wir die letzte Stufeder Steuerreform 2000 umgesetzt, die die Unternehmenund die Bürger noch einmal um 6,8 Milliarden Euro ent-lastet. Ebenso geht der Prozess der Senkung der Lohn-nebenkosten weiter. Ab 1. Juli werden die Unternehmen– das kommt insbesondere den kleinen und mittlerenUnternehmen in Deutschland zugute – durch die Sen-kung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversiche-rung um rund 4,5 Milliarden Euro entlastet. All dies sindInstrumente und Maßnahmen, mit denen wir die Rah-menbedingungen für die Wirtschaft in Deutschland ver-bessern.Ich will fünftens noch auf die hohe technologischeLeistungsfähigkeit in Deutschland verweisen. Auch daliegen wir international vorn. Nach den Erfindern ausden USA haben deutsche Erfinder im Jahr 2003 diemeisten Patente in der Welt angemeldet. Der deutscheAnteil am Aufkommen aller Patente in der Welt liegt bei19 Prozent.Als sechsten Pluspunkt verweise ich darauf, dass dieForschungs- und Entwicklungsausgaben bei uns inDeutschland seit Jahren ansteigen. Wir liegen jetzt bei2,5 Prozent des Bruttosozialprodukts. Ich bin damitnicht zufrieden; wir alle sind damit nicht zufrieden. Dasmuss weiter steigen. Aber wir haben diese AusgabenSchritt für Schritt erhöht und liegen zurzeit vor den gro-ßen europäischen Industrienationen, aber beispielsweisenAhldzzDgkwLsSdldFmzmpitUUswBgrshnBgwsdbdgeehmkaSnnDSD
ie deutsche Position in diesem Bereich ist trotzdemut. Wir haben bei allem, was wir im Bildungssystem zuorrigieren und zu reformieren haben – wir alle wissen,orüber wir sprechen –, dennoch keinen Grund, unsericht gleich völlig unter den Scheffel zu stellen. Es istchon bemerkenswert, dass nur in den USA und in derchweiz der Anteil derjenigen Bürgerinnen und Bürger,ie über einen Abschluss des Sekundarbereichs II, näm-ich das Abitur, verfügen, höher ist. Aber wir wissen,ass unser Schulwesen deutlich besser werden muss.erner wissen wir – jetzt greife ich einen Aspekt auseinem Geschäftsbereich auf –, dass wir das Verhältniswischen Schulen und Betrieben dringend verbessernüssen. Ich setze darauf, dass wir mit dem Ausbildungs-akt auf diesem Gebiet weiterkommen. Deshalb begrüßech ausdrücklich die Kampagne wichtiger deutscher Un-ernehmen, die gestern in Berlin gestartet worden ist.nter dem Stichwort „Wissensfabrik“ wollen sie 1 000nternehmen zusammenbekommen, die durch Paten-chaften mit Schulen und ihr Engagement dazu beitragenollen, dass die Orientierung in unseren Schulen auf daserufs- und Wirtschaftsleben intensiver und der Über-ang in das Berufs- und Arbeitsleben für viele Schüle-innen und Schüler verbessert wird. Ich habe daraufchon in unserer letzten Debatte hingewiesen.Ich verweise auf den siebten Pluspunkt, nämlich dieervorragende Infrastruktur in Deutschland, und zwaricht nur im verkehrlichen Bereich, sondern auch in denereichen der Nachrichtenübermittlung und der Ener-ieversorgung.Angesichts der Diskussion, die wir um das Energie-irtschaftsgesetz führen – achter Pluspunkt –, ist es mirehr wichtig, deutlich zu machen, dass wir, bezogen aufie Strom- und Gasnetze, zwar selbstverständlich Wett-ewerb brauchen, dabei aber auch darauf achten müssen,ass die Investitionsfähigkeit unserer Energieversor-ungsunternehmen erhalten bleibt; denn wir brauchenine sichere Energieversorgung. Ich unterstreiche nochinmal das, was ich gestern schon öffentlich gesagtabe: Daneben müssen die energieintensiven Unterneh-en in Deutschland ihre Wettbewerbsfähigkeit erhaltenönnen. Das sind insbesondere die Unternehmen, die inußerordentlich hohem Maße auf die Versorgung mittrom angewiesen sind, wie beispielsweise die Alumi-iumindustrie. Wir müssen alles tun, damit diese Unter-ehmen, diese Industrien, diese Branchen am Standorteutschland bleiben können.
ie gehören zum Cluster der Automobilindustrie ineutschland und zu anderen. Deshalb müssen wir bei
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Bundesminister Wolfgang Clementder sehr wichtigen Reform des Energiewirtschaftsrechtsmit Augenmaß vorangehen.Als neunten Punkt hebe ich die Bedeutung des sozia-len Friedens in Deutschland hervor. Ich habe den Ein-druck, bei mancher Diskussion wird vergessen, wiewichtig es ist, dass in Deutschland zwischen Unterneh-men und Gewerkschaften ein hohes Maß an sozialemFrieden erzeugt worden ist, sodass beispielsweise dieZahl der durch Streik verloren gehenden Arbeitstage iminternationalen Vergleich außerordentlich niedrig ist.Und zwar wurde trotz der vielen Warnungen und Be-fürchtungen von Ihrer Seite und ungeachtet der Forde-rungen, die Gesetze zu ändern, auf dem Wege der be-trieblichen Vereinbarungen in den Unternehmen inDeutschland eine Flexibilität herbeigeführt, Herr Kol-lege Brüderle, die ihresgleichen sucht: 50 Prozent derheute in Deutschland Erwerbstätigen arbeiten nach fle-xiblen Arbeitszeiten. Ich weiß nicht, wie viele Volks-wirtschaften schon so weit sind. 40 Prozent der deut-schen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeitenauf der Basis von Arbeitszeitkonten. Wir brauchen dieseFlexibilität, die auf freiwillige Weise, ohne gesetzlicheÄnderungen, ohne Eingriffe in die Tarifhoheit und -frei-heit hergestellt worden ist. Wir setzen darauf, dass diesweitergeht.
Meine Damen und Herren, das sind einige derAspekte, die uns veranlassen, zu sagen, dass es inDeutschland wirtschaftlich aufwärts geht. Das zeigt daswirtschaftliche Wachstum, das wir im vergangenenJahr hatten, und das, was wir für dieses Jahr erwarten.Die 1,6 Prozent sind nicht zu hoch veranschlagt. Daswissen alle Beteiligten. Wir brauchen mehr wirtschaftli-ches Wachstum, um in Deutschland mehr Beschäftigungerzeugen zu können. Aber wir sind auf dem Pfad deswirtschaftlichen Wachstums. Es bleibt richtig: Die Phaseder Stagnation ist vorbei. Es kommt jetzt darauf an, unsinsbesondere mit einer Fortsetzung der zügigen Reform-arbeit darauf zu konzentrieren, den Aufschwung inDeutschland in einen lang anhaltenden Wachstumspro-zess übergehen zu lassen und dazu alle unsere Kräfte zumobilisieren.
– Richtig, Herr Kollege. Deshalb werde ich nicht müdewerden, dies auch jetzt wieder zu sagen. Darin finde ichimmer mehr Unterstützung, Herr Kollege Hinsken. Dasist vielleicht etwas, was Sie beachten sollten.
Es ist sehr gut, dass gerade heute die Gesellschaft fürKonsumforschung nach einer Befragung von 2 000 Bür-gerinnen und Bürgern mitgeteilt hat, dass sich das Kon-sumklima in Deutschland im Dezember deutlich verbes-sert habe, dass die aus den Untersuchungen dieserGesellschaft seit Oktober 2004 berechneten Daten ein-deutig nach oben zeigten, dass sich alle Einzelindikato-ren – die Einkommenserwartungen der Bürger, die Kon-jAfBawgBbmulwsuuiddvwahbheeS3zetEuvkKsDsTdhjdfkgdsz9drn
nd wirken Sie daran mit, alles zu tun, was notwendigst, um die Stimmung in Deutschland zu verbessern undie wirtschaftliche Erholung zu unterstützen.In unserem Jahreswirtschaftsbericht sagen wir sehreutlich – das habe ich gestern noch deutlicher zu sagenersucht –: Es dauert länger als erwartet, bis sich dieirtschaftliche Erholung auch auf den Arbeitsmarktuswirkt. Ich habe bezüglich der aktuellen Daten daraufingewiesen: Anfang Januar dieses Jahres haben wir dieisherigen Systeme der Arbeitslosenhilfe und der Sozial-ilfe, der staatlichen und der kommunalen Fürsorge, zuinem System zusammengeführt. Dadurch nehmen wirinige 100 000 Menschen – niemand von uns weiß zurtunde, wie viele es genau sind; es können 200 000,00 000 oder noch mehr Menschen sein –, die bisher So-ialhilfe bezogen haben und erwerbsfähig sind bzw. alsrwerbsfähig gelten, aber nicht in der Arbeitslosenstatis-ik aufgeführt waren, in die Arbeitsvermittlung auf. Derffekt ist, dass wir die Dunkelziffer des Arbeitsmarktesm diese Arbeit suchenden Menschen verringern.Gleichzeitig entsteht dadurch im Januar dieses Jahresom Arbeitsmarkt in Deutschland ein Bild, das vielomplizierter als je zuvor ist. Darauf will ich in allerlarheit und Deutlichkeit hinweisen; denn ich weiß, wieolche Entwicklungen auch interpretiert werden können.ie momentan stattfindende saisonal begründete Ver-chlechterung der Situation auf dem Arbeitsmarkt, dieatsache, dass sich die Arbeitsagenturen auf die Technikes Zusammenführens von Arbeitslosenhilfe und Sozial-ilfe konzentrieren mussten, vor allen Dingen aber, dassetzt Menschen, die bisher Sozialhilfe bezogen haben, iner Arbeitslosenstatistik auftauchen – all dies wird dazuühren, dass die Arbeitsmarktzahlen, die wir für dieommenden Monate erwarten, mit denen, die wir bisherewohnt waren, nicht vergleichbar sein werden.Dennoch sage ich: Wir müssen damit rechnen, dassie durchschnittlichen Arbeitslosenzahlen in diesem Jahrteigen. Das hat mit dem Überhang aus dem Jahr 2004u tun. Ende des Jahres 2004 gab es in Deutschland etwa0 000 Arbeitsuchende mehr, als zuvor kalkuliert wor-en war. Im Jahr 2005 wird sich dieser Überhang – ge-echnet auf den Jahresdurchschnitt – in einer Größenord-ung von etwa 50 000 bemerkbar machen. Wenn wir den
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Bundesminister Wolfgang Clementaus der Hartz-IV-Reform resultierenden statistischen Ef-fekt berücksichtigen – das haben weder die Sachverstän-digen in ihrem Gutachten noch wir getan; wir könnenihn auch nur ungefähr beziffern –, dann rechnen wir fürdas Jahr 2005 im Jahresdurchschnitt mit einer Erhöhungder Arbeitslosenzahlen um 150 000.
– Das ist nur schwer zu verstehen, Herr Kollege. Den-noch wird es zu der Entwicklung kommen, dass die Ar-beitslosigkeit – das jedenfalls ist unsere Erwartung, diein unseren Darstellungen auch belegt ist – im Jahresver-lauf um etwa 200 000 sinken wird, sodass die Arbeitslo-senzahlen Ende 2005 – das erwarten wir – um etwa200 000 niedriger sein werden als Ende 2004.
Das alles ist noch nicht die große Wende am Arbeits-markt, die ohnehin niemand auf Knopfdruck herbeifüh-ren kann und für die es auch kein Patentrezept gibt. Aberdas ist der Beginn einer Phase – wir sind überzeugt da-von –, die peu à peu zu einer Reduzierung der Arbeitslo-sigkeit in Deutschland führen wird, auch wenn sich dieZahlen zu Beginn dieses Jahres in einer für diejenigen,die sich nicht mit den einzelnen Effekten beschäftigenkönnen, erschreckenden Weise verschlechtern werden.Das ist die gegenwärtige Situation.Eine weitere Bitte, die ich an alle, die mithelfen wol-len, richte, ist: Lassen Sie uns vor allen Dingen daraufkonzentrieren, die Jugendarbeitslosigkeit in Deutsch-land zu senken. Uns allen, den Arbeitsagenturen, denArbeitsgemeinschaften und den Kommunen stehen dieentsprechenden Instrumente zur Verfügung. Wir alle ha-ben andere und mehr Instrumente zur Bekämpfung derJugendarbeitslosigkeit als je zuvor.Ich setze darauf, dass möglichst viele Bürgerinnenund Bürger, diejenigen, die in Unternehmen, Verwaltun-gen, Instituten und Institutionen Verantwortung tragen,Manager, Unternehmer, Personalräte, Betriebsräte undvor allen Dingen diejenigen, die in der Jugendarbeit Ver-antwortung tragen, dabei helfen, dass nach Möglichkeit– darum habe ich schon einmal gebeten – in vielen, mög-lichst in allen Regionen Deutschlands Jugendkonferen-zen stattfinden und dass wir uns auf jeden Fall mit demThema Jugendarbeitslosigkeit beschäftigen; denn es istdringend notwendig, der allgemeinen Arbeitslosigkeitden Nachwuchs zu entziehen.Ich habe gesagt, dass wir die Reformarbeit fortset-zen müssen. Dazu sind im Jahreswirtschaftsbericht dieAnsätze genannt. Es geht um die Fortsetzung der Re-form der sozialen Sicherungssysteme. Wir nennen alsZiel, die Lohnnebenkosten in Deutschland mittelfristigunter 40 Prozent zu bringen. Ich nenne die Marktliberali-sierung und den Bürokratieabbau. Ich habe schon auf dieNotwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs imHinblick auf die Strom- und Gasnetze hingewiesen. Ichverweise auf das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrän-kmURsBssfddTEWGadrdClcIfuDeDnwDudgdnmwUmduBndSeSr–Pehzd
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Das Wort hat der Kollege Ronald Pofalla, CDU/CSU-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Bundeswirtschaftsminister, ich stimme Ihnen zu:Nach dem politischen Terminkalender ist es in der Tatleider manchmal so, dass unmittelbar im Anschluss aneine bewegende Gedenkstunde eine Wirtschaftsdebattestattfindet. Bei allen Unterschieden, die wir haben, sinduns allen in der Gedenkstunde die Gemeinsamkeiten derDlsJesrtdabhe–dHwlsklDszHvrkmzsDuWftDAle
err Clement, um die Jahreswende herum sind Sie fürerschiedene Hintergrundberichte interviewt worden. Ih-er Nervosität zum Jahreswechsel habe ich entnehmenönnen, dass Sie genau diese Gefahr gesehen haben. Sieussten wissen, dass dieser Bundeskanzler für die ein-elnen Bundesminister nicht verlässlich ist, wenn eschwierig wird.
Nun zum Layout des Jahreswirtschaftsberichts.ort ist ein Kind auf der Schaukel abgebildet. Was sollns das sagen?
ollten Sie uns damit sagen, dass sich Deutschland imreien Fall befindet oder dass Deutschland die Bodenhaf-ung verloren hat? Vielleicht wollten Sie uns hier imeutschen Bundestag auch nur verschaukeln. Meinentwort ist klar: Sie wollen uns verschaukeln! Das wol-en Sie nicht einmal mehr verheimlichen, was Sie durchin entsprechendes Layout deutlich machen.
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Ronald PofallaIn den letzten Wochen und Monaten habe ich die Pro-gnosen des Bundeswirtschaftsministers immer wiederverfolgt. Ich erlaube mir die Anmerkung, Herr Clement:Sie sind der Prognosemeister dieser Bundesregierung.Aber die Realität hat gezeigt, dass Ihre Prognosen nichtnur nicht zutreffend sind, sondern sie auch überholt wer-den: Jahr für Jahr, Monat für Monat. Zwischenzeitlich istdie Halbwertszeit Ihrer Prognosen nur noch im Tages-rhythmus zu messen. Bei allen wirtschaftlichen Determi-nanten – darauf werde ich gleich eingehen – liegen wirin Europa im Tabellenkeller. Dafür sind Sie persönlichverantwortlich.
Vor zwei Jahren, am 14. Februar 2003, sagte HerrClement bei der Debatte zum Jahreswirtschaftsbericht– ich zitiere wörtlich –:Wir erwarten … ein Wiederanziehen des Wachs-tums im zweiten Halbjahr.Anstatt des versprochenen Wachstumsschubs betrug dasWachstum in 2003 minus 0,1 Prozent, der zweitnied-rigste Wert seit der Wiedervereinigung und das dritt-schlechteste Wachstum seit 1980. Im letzten Jahr habenSie hier im Hohen Hause in dieser Debatte erklärt – ichzitiere wieder –:Aufgrund dieser und anderer Reformen wird dieArbeitslosenzahl weiter sinken. Ab Sommer wirdsie sich … verringern.Die Wirklichkeit sah – ich betone: leider – erneut andersaus. Die Arbeitslosigkeit im vergangenen Jahr war, rech-net man Ihre Statistiktricks heraus, die höchste, die je-mals in der Bundesrepublik Deutschland seit ihrem Be-stehen registriert worden ist. Keine Ihrer Prognosen isteingetreten, und zwar auf Kosten von Millionen von Ar-beitslosen.
In diesem Jahr setzen Sie Ihre wundervollen optimis-tischen Ankündigungen nahtlos fort, die aber leider nurwenig mit der Realität gemein haben.
Am 2. Januar dieses Jahres – ich rede nicht vom vorigenoder vorvorigen Jahr – hat der Bundeswirtschaftsminis-ter im Blick auf die Arbeitslosenzahlen gesagt, sie be-fänden sich „in einem Gleitflug nach unten“. Am8. Januar, also wenige Tage später, hieß es dann, die Ar-beitslosenzahlen würden um 15 bis 20 Prozent sinken;das wäre ein Rückgang um fast 900 000. Die Aussage istgerade einmal 19 Tage alt, Herr Bundeswirtschaftsmi-nister. Im Jahreswirtschaftsbericht heißt es jetzt: Die Ar-beitslosigkeit wird im Jahresdurchschnitt bei oberhalbvGDdBgwWIwdWP–srKGsbaAWJ1DrcuzdS2
Kommen wir zu den entscheidenden Wirtschafts-aten; dabei können wir uns auf Datenmaterial, das derundesregierung und auch dem deutschen Parlament zu-änglich ist, berufen. Schauen wir einmal in den Jahres-irtschaftsbericht des Sachverständigenrates aus deminter des vergangenen Jahres.
n diesem großen Werk von über 1 000 Seiten ent-ickeln die Wissenschaftler zwei Größen, die sie einan-er gegenüberstellen: Dem vermuteten tatsächlichenachstum auf der einen Seite steht das so genannteotenzialwachstum auf der anderen Seite gegenüber.
Herr Poß, wenn Sie schon die Gutachten nicht lesen,ollten Sie wenigstens die Gelegenheit nutzen und zuhö-en, damit Sie den Sachverstand dieses Gutachtens zurenntnis nehmen können.Die Gutachter haben beim Vergleich dieser beidenrößen Folgendes festgestellt: Das tatsächliche Wirt-chaftswachstum der Bundesrepublik Deutschland istereits an der oberen Schwelle des Potenzialwachstumsngekommen.
nders ausgedrückt: In Deutschland gibt es nicht mehrachstumspotenzial als die 1,7 Prozent des vergangenenahres und die von Ihnen für dieses Jahr erwarteten,6 Prozent.as bedeutet, dass die Reformen, die in den letzten Jah-en von Ihnen begonnen worden sind, eben nicht ausrei-hen,
m zu einer substanziellen Veränderung in Deutschlandu kommen.
Wir haben ein zweites Problem. Das besteht darin,ass die Wachstumsschwelle, deren Überschreitung zurchaffung von Vollarbeitsplätzen führt, bei circaProzent liegt.
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Ronald Pofalla
Anders ausgedrückt: Bei dem von Ihnen selbst prognos-tizierten Wachstum von 1,6 Prozent werden wir substan-ziell in diesem Jahr auf dem Arbeitsmarkt nicht nurkeine Veränderungen, sondern im Jahresdurchschnittohne den Hartz-IV-Effekt 50 000 zusätzliche Arbeitslosein der Bundesrepublik Deutschland haben. Damit wirddeutlich, dass der Reformprozess, der von dieser Bun-desregierung zu Recht an der einen oder anderen Stellein Angriff genommen worden ist, eben nicht ausreicht,um zu Wachstum und zu einer Verringerung der Arbeits-losenzahlen in Deutschland in diesem Jahr und in dennächsten Jahren zu kommen. Sie haben nicht gesagt, mitwelchen Gesetzen und mit welchen Initiativen Sie versu-chen, diese Probleme zu lösen.
Ich finde es sehr schön, dass auf der Regierungsbankzwei Minister beieinander sitzen, von denen der eineheute hier die bundesrepublikanische Situation in rosaro-ter Farbe gemalt hat, während der neben ihm sitzendenoch im Dezember für den Haushalt der BundesrepublikDeutschland im vergangenen Jahr die Störung des ge-samtwirtschaftlichen Gleichgewichts festgestellt hat.Was stimmt denn jetzt? Ist die Störung des gesamtwirt-schaftlichen Gleichgewichts, das Herr Eichel im Dezem-ber des vergangenen Jahres im Nachtragshaushalt hatfeststellen lassen, gegeben oder kommt – was unsererMeinung aber jeder Realität entbehrt – die wirtschaftli-che Entwicklung in Fahrt, sodass die Euphorie vonHerrn Clement berechtigt ist? Ich glaube, dass leider– ich betone: leider – Herr Eichel Recht hat, wenngleichich der Auffassung bin – aber das wird in Karlsruhe ge-klärt –, dass die Feststellung der Störung des gesamt-wirtschaftlichen Gleichgewichts, wie Sie sie vorgenom-men haben, verfassungswidrig war. Das war nur derVersuch, den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu ent-sprechen. Sie sind sich nicht einmal auf der Regierungs-bank darüber einig, wie die wirtschaftliche Lage inDeutschland ist.
Sie sollten versuchen, sich untereinander abzustimmen,ob wir die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-wichts feststellen müssen oder ob wir eine positive Ent-wicklung nehmen. Wir können hier angesichts der enor-men Zunahme der Arbeitslosenzahlen feststellen, dassdie Entwicklung in Deutschland nicht ausreichend istund die Situation in Deutschland weitere Reformen er-fordert.
Wir sind beim Wirtschaftswachstum EU-weit dieBremse Nummer 1. Die Zahl der sozialversicherungs-pflichtigen Jobs ist in den beiden vergangenen JahrenuissspüdWgnrAadzg–vßmde–JgAs2sgwtldzmDsBbgDlv
ährend in allen anderen Euroländern die Beschäfti-ung in den vergangenen Jahren teilweise deutlich zuge-ommen hat, stagniert sie in Deutschland. In keinem Eu-oland war der Zuwachs so gering wie bei uns.usländische Firmen ziehen ihr Kapital aus Deutschlandb. Wir leben in dem einzigen großen Industrieland, inem die Direktinvestitionen zurückgehen. Noch niemalsuvor gab es so viele Unternehmenspleiten wie im ver-angenen Jahr. Rund 40 000 Unternehmen
zu den Gründungen sage ich gleich etwas – haben imergangenen Jahr in Deutschland leider die Tore schlie-en müssen. Auch dazu finden sich nur ganz wenige An-erkungen im Jahreswirtschaftsbericht.Herr Minister, Sie haben gestern die steigende Zahler Existenzgründungen erwähnt. Das ist sicherlichine gute Entwicklung. Aber Sie können nicht leugnendiese Zahlen finden sich nur sehr verklausuliert imahreswirtschaftsbericht –, dass der Prozentsatz von neuegründeten Unternehmen, die Zuschüsse vom Staat innspruch nehmen, in den vergangenen Jahren enorm ge-tiegen ist. 1986 betrug dieser Anteil 2 Prozent und 19980 Prozent. Mittlerweile sind in 65 Prozent der Fälletaatliche Zuschüsse Voraussetzung für eine Existenz-ründung. Diese falsche Entwicklung ist eingetreten,eil Sie die entsprechenden wirtschaftlichen Rahmenda-en nicht gesetzt haben, damit Unternehmen in Deutsch-and ohne Staatsgeld gegründet werden können.
Herr Bundeswirtschaftsminister, damit deutlich wird,ass zumindest die Opposition im Deutschen Bundestagu weiteren Reformen bereit ist, schlage ich Ihnen na-ens meiner Fraktion einen Pakt für Deutschland vor.
abei möchte ich Ihnen zehn Reformvorhaben vor-chlagen, die wir noch in diesem Jahr im Deutschenundestag gemeinsam bewältigen können, um die Ar-eitslosigkeit zu bekämpfen, um Wachstumsimpulse zueben, damit Deutschland und die Menschen ineutschland wieder eine Perspektive haben:Erstens. Wir senken noch in diesem Jahr – die Mög-ichkeiten dazu gibt es – den Beitrag zur Arbeitslosen-ersicherung um 1,5 Prozentpunkte.
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Ronald Pofalla
Zweitens. Wir führen endlich die betrieblichen Bünd-nisse für Arbeit ein. Ich verstehe gar nicht, warum Siesich dagegen so sträuben. Wir sind dazu bereit, solchebetrieblichen Bündnisse vor dem Hintergrund gesetzli-cher Veränderungen zu ermöglichen, damit in den deut-schen Unternehmen mehr Flexibilität möglich ist, als esbisher der Fall ist.
Drittens. Wir sorgen dafür, dass Arbeitnehmer dieChance erhalten, ihren Job zu sichern, indem sie längerarbeiten dürfen, wenn Not am Mann ist.
Dazu muss das Günstigkeitsprinzip geändert werden.Auch dazu stehen wir bereit.
Viertens. Wir wollen im Tarifvertragsgesetz klar re-geln, dass als Einstieg eine 10-prozentige untertariflicheEntlohnung möglich wird, um insbesondere Langzeitar-beitslosen, um die Sie sich in Ihrer Fraktion mehr küm-mern müssten, wieder Möglichkeiten des Einstiegs inden Arbeitsmarkt zu geben.
Fünftens. Wir modernisieren das Kündigungsschutz-recht so, dass es vor allem im Mittelstand wieder zu Ein-stellungen anregt, und zwar auch in Zeiten unruhigerKonjunktur, wie wir sie derzeit haben.
Sechstens. Das Jugendschutzgesetz wird so gefasst,dass Betriebe mehr Möglichkeiten haben, jungen Men-schen eine Chance zu geben.
Auch Sie haben es ja auf Ihre Agenda geschrieben, sichinsbesondere um junge Menschen zu kümmern.Siebtens. Wir fördern die Einstellung von Teilzeit-kräften, indem bei allen Schwellenwerten Teilzeitbe-schäftigte nur entsprechend ihrer Arbeitszeit berücksich-tigt werden.Achtens. Wir bauen das Betriebsverfassungsgesetz soum,
dass die betriebliche Mitbestimmung für alle Beteiligtenkostengünstiger wird, ohne dass in der Substanz eine Be-einträchtigung eintritt.erkPtklemutriruüWbOazdusdtSVngztnMgnlfstD
Herr Bundeswirtschaftsminister, im Zusammenhangit diesem Pakt für Deutschland, den wir Ihnen anbietennd bezüglich dessen aufseiten der CDU/CSU-Bundes-agsfraktion die Bereitschaft besteht, die Gespräche da-über mit der Bundesregierung sofort aufzunehmen, willch einen weiteren Punkt nennen: Das deutsche Arbeits-echt ist überreguliert. Es ist auch im nicht kodifiziertennd durch die Rechtsprechung entwickelten Recht völligberbordet.
ir bieten Ihnen an, noch in diesem Jahr in einer Ar-eitsgruppe aus Vertretern von Regierungskoalition undppositionsfraktionen an einem Arbeitsgesetzbuch zurbeiten mit dem Ziel, das kodifizierte und nicht kodifi-ierte Recht so zu reduzieren und zusammenzufassen,ass sowohl Unternehmer als auch Arbeitnehmerinnennd Arbeitnehmer wissen, welche Rechte und Pflichtenie haben, und damit einen Beitrag dazu zu leisten, dassie Beschäftigungsschwelle beim Wachstum eben künf-ig nicht mehr so hoch ist, wie es derzeit der Fall ist.
Herr Bundeswirtschaftsminister, ich befürchte, dassie selber nicht mehr die Kraft aufbringen, auf dieseorschläge einzugehen. Schließlich hatten Sie ja auchicht die Kraft, sich der Vorlage des Kabinetts zum soenannten Antidiskriminierungsgesetz zu widerset-en. Als Bundeswirtschaftsminister predigen Sie tagein,agaus, dass die Bürokratie überbordet. Aber als Kabi-ettsmitglied billigen Sie ein solches bürokratischesonster wie diesen Entwurf eines Antidiskriminierungs-esetzes. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie im Kabi-ett deutlich machen, dass dieser Aberwitz, der vor al-em mittelständische Unternehmen treffen wird, in diealsche Richtung geht und dass Sie als Bundeswirt-chaftsminister einen solchen Gesetzentwurf nicht mit-ragen.
Wir alle bedauern sicherlich die Tatsache, dass es ineutschland Millionen von Arbeitslose gibt.
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Ronald Pofalla– Mit dem Helfen ist das so eine Sache, Herr Poß. Derneue Armutsbericht zeigt, dass in Ihrer Regierungszeitdie Zahl der armen Menschen in Deutschland um fast3 Prozent gestiegen ist. Das ist eine sozialdemokratischeLeistung, auf die Sie wahrlich nicht stolz sein können.
Wenn Sie schon nichts tun, dann sollten Sie sich zumin-dest vorhalten lassen, dass die Armut in Deutschland– übrigens durch die Arbeitslosigkeit bedingt – in IhrerRegierungszeit exorbitant angestiegen ist.
Herr Bundeswirtschaftsminister, ich hoffe, dass Siedie Kraft finden, auf den Pakt für Deutschland einzuge-hen. Bringen Sie die Kraft auf, sich über Widerstände Ih-rer Regierungskoalition hinwegzusetzen und weiterenotwendige Reformvorhaben in Angriff zu nehmen, da-mit es Deutschland wieder besser geht! Die Deutschenhaben das verdient.Herzlichen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Werner Schulz,Bündnis 90/Die Grünen.Werner Schulz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ichschließe mich meinen Vorrednern an: Es ist sicherlichfür jeden Redner schwierig, nach dieser eindrucksvollenGedenkfeier zur politischen Tagesordnung überzugehen.Ich glaube, unsere Aufgabe wird darin bestehen, durcheine verbesserte parlamentarische Arbeit, mehr Transpa-renz und auch durch die Streitkultur, die wir pflegen, denrechtsradikalen Tendenzen im Land Paroli zu bieten.
Was die wirtschaftliche Situation im Land betrifft,Kollege Pofalla, ist bereits eine Verbesserung zu ver-zeichnen. Man muss schon ignorant sein, will man diewirtschaftliche Dynamik, die sich im vergangenen Jahrentwickelt hat, übersehen. Dass sie sich weiter fortsetzt,zeigen die Indikatoren und der Ifo-Geschäftsklimaindex.Auch der Jahreswirtschaftsbericht weist dies eindeutigaus.Ich glaube, es ist uns nicht damit geholfen, wenn wirder Nation permanent schlechte Laune einreden.
Ich meine, wir haben die Trendwende geschafft, die unsder Sachverständigenrat im vergangenen Jahr mit demTitel seines Gutachtens „Erfolge im Ausland – Heraus-forderungen im Inland“ empfohlen hat. Dort hieß es: WirhddrßiEgJsErnbDimmJnaBbDHmrdWsrazcwbirsOsdlzl
s gibt eine leistungsfähige Unternehmerbasis, die es so-ar geschafft hat, in den zurückliegenden schwierigenahren die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung fürich zu nutzen. Der Außenbeitrag ist einfach gut. Derxport liegt deutlich oberhalb des Imports. Viele Theo-ien, die derzeit auf dem Markt sind – wie die der so ge-annten Basarökonomie des Ifo-Professors Sinn –, sindarer Unsinn.
ie Wertschöpfung findet in diesem Land statt und nichtm Wege des Imports überzogener Vorleistungen.Der Jahreswirtschaftsbericht 2005 liefert den Opti-ismus, den wir brauchen. Vielleicht müssen wiranchmal nur die Sichtweise ändern. Anfang diesesahres sind die Mautgebühr und Hartz IV – sicherlichach großen Anstrengungen – eingeführt worden. Abernstatt das gebührend zu würdigen, lautet der Tenor dererichterstattung: Chaos und Katastrophe sind ausge-lieben. Wenn wir so herangehen, dann gute Nacht!ann werden wir nie etwas schaffen.
üten wir uns gleichermaßen vor überzogenem Pessi-ismus und Optimismus. Vielleicht kann uns hier derussische Lyriker Jewgeni Jewtuschenko weiterhelfen,er gesagt hat: „Grenzenloser Optimismus ist Mangel anissen. Grenzenloser Pessimismus ist Mangel an Fanta-ie.“ Ich glaube, in der Wirtschaftspolitik kommt es da-auf an, den richtigen Mix aus Wissen und Kreativitätuf der Basis von soliden Zahlen, Daten und Analysenu finden sowie tragfähige, praktikable Ideen zu entwi-keln, damit eine hoffnungsvolle Perspektive aufgezeigterden kann. Das tut der vorliegende Jahreswirtschafts-ericht.
Kollege Pofalla, ich finde es unangemessen, wenn Sien Ihrer ersten Rede als stellvertretender Vorsitzender Ih-er Fraktion im Zusammenhang mit dem Jahreswirt-chaftsbericht von einem Offenbarungseid sprechen.ffensichtlich haben Sie den vorliegenden Jahreswirt-chaftsbericht mit dem zweiseitigen CDU-Antrag auser letzten Woche verwechselt. Dieser Antrag ist wirk-ich ein Armutszeugnis und enthält nicht viel Substan-ielles. Es tut mir Leid, aber auch der „Pakt für Deutsch-and“, den Sie vorhin mit großer patriotischer Geste
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Werner Schulz
angeboten haben, kommt mir wie eine Packung alterHüte vor.
Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir durch eine Lo-ckerung des Kündigungs- und des Jugendschutzes sowiedurch Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Be-triebsverfassungsgesetz, mit Statistiken und Sicherheits-diensten im Mittelstand oder durch all die anderen zün-denden Ideen, die der von Ihnen vorgeschlagene Paktenthält, die Arbeitslosigkeit massiv senken werden!Natürlich ist Ihre zentrale Forderung, die Lohnne-benkosten zu senken, diskussionswürdig; denn die ho-hen Lohnnebenkosten machen uns allen zu schaffen.Man sollte aber fairerweise hinzufügen, dass die Höheder Lohnnebenkosten von 42 Prozent eine schwere Hy-pothek der Regierung Kohl ist, die wir nun abtragenmüssen. Das sollte man nicht vergessen.
Wie schwer das ist, können Sie an der Wirtschaftspolitikder letzten Jahre sehen. Als es 1990 um Patriotismusging, hätten Sie ja das nationale Kapital in die Verant-wortung nehmen können. Aber Sie haben die Vermögen-steuer abgeschafft und mit der Einführung der Pflegever-sicherung für eine weitere Belastung der sozialenSicherungssysteme gesorgt. Das ist Ihr Beitrag zu dermomentan schwierigen Situation gewesen.Außerdem ist das, was Sie dazu gesagt haben – runtermit den Lohnnebenkosten um 1 Prozent und schon gibtes 100 000 Arbeitsplätze mehr –, eine Milchmädchen-rechnung. Wir wissen nur, dass der Anstieg der Lohnne-benkosten um 1 Prozentpunkt uns 100 000 Arbeitsplätzegekostet hat. Ob das leicht reversibel gemacht werdenkann, muss noch bewiesen werden. Ich rate an dieserStelle auf jeden Fall zur Vorsicht. Sie können gerne ver-suchen, die Lohnnebenkosten durch die Herausnahmeder versicherungsfremden Leistungen aus der Arbeitslo-senversicherung um 1,5 Prozentpunkte zu senken. Aberdann müssen Sie auch sagen, wie Sie künftig Beschäfti-gungspolitik und Qualifizierungsmaßnahmen bezahlenwollen. Sie müssen über den Rand des Bierdeckels desKollegen Merz hinausschauen, wenn Sie das mit Steuer-mitteln finanzieren wollen.
Nehmen wir einmal Ihre naive Vorstellung vonWachstum als Beispiel. Ich möchte Ihnen erst gar nichtdie Namen der Sachverständigen aufzählen, deren Gut-achten Sie nicht gelesen haben. Nur so viel: Allein dieLektüre des Artikels von Professor Kurt Biedenkopf, derim November letzten Jahres in der „Zeit“ erschienen ist,wäre an dieser Stelle sehr hilfreich. Er warnt im Hinblickauf den Leitantrag zum CDU-Parteitag, in dem es umWachstum und Beschäftigung geht, vor der naiven Vor-stellung, dass mehr Wachstum zu mehr Beschäftigungführt. Er weist auf die Ergebnisse seiner Zukunftskom-mission hin und schreibt: Es gibt keine Korrelation zwi-sWdAkgsglWdzMDzfWemzKswbgJSzgRmWtrngiaWsvDcdwdfnds
Dass ein Beschäftigungspotenzial vorhanden ist, zeigtie Äußerung des Geschäftsführers des DIHK, der groß-ügig angekündigt hat, dass die Wirtschaft bereit sei,enschen auf der Basis von 1-Euro-Jobs einzustellen.as kann es wohl nicht sein. Eine solche Äußerungwingt fast dazu, die Einführung eines Mindestlohns zuordern.
Ich möchte mich gar nicht wegducken, wenn es umachstum geht. Natürlich brauchen wir Wachstum, aberin nachhaltig-ökologisches. Wir brauchen eine ökono-ische Entwicklung auf ökologischer Basis. Dabei sindwei Aspekte für uns entscheidend: Ein Aspekt ist derlimawandel, der andere die schwindende Rohstoffba-is. Beispielsweise hat Tony Blair in Davos interessanter-eise verkündet – er hat es erkannt! –: Der Klimawandeledroht uns; wir müssen uns mehr um erneuerbare Ener-ien kümmern. Das sagen wir, die Bündnisgrünen, seitahren. Ich freue mich über das, was Tony Blair sagt.teigen wir ein!Wir haben eine Doppelstrategie entwickelt. Sie siehtum einen vor, mit den Ressourcen sparsamer umzu-ehen, und zum anderen, stärker auf nachwachsendeohstoffe zu setzen. Das brauchen wir. Wir sagen: vieral 25, und zwar bei der stofflichen Nutzung, bei derärmenutzung, bei Kraftstoffen und bei der energe-ischen Nutzung. Darauf kommt es in den nächsten Jah-en an.Auch an einem Tag wie heute sage ich: Das ist nichtur eine Chance für Arbeitsplätze, für neue Technolo-ien und für neue Entwicklungen, sondern auch für dienternationale Sicherheit und für den Weltfrieden. Dielte Faustregel der Ungerechtigkeit „20 Prozent dereltbevölkerung verbrauchen 80 Prozent der Rohstoffe“timmt nicht mehr. Heute sind es 50 Prozent der Weltbe-ölkerung, die 50 Prozent der Rohstoffe verbrauchen.urch China, Indien, Brasilien, Russland und derglei-hen hat sich etwas verändert. Es gibt einen Kampf umie Rohstoffe.Wer heute dafür sorgt, dass wir von Erdöl auf nach-achsende Rohstoffe umsteigen und dass wir uns voner Abhängigkeit vom Erdöl befreien, der tut etwas da-ür, den Weltfrieden zu erhalten. Krieg wird uns keineeuen Ölquellen sichern. Wir haben in der Geschichteie bittere Erfahrung gemacht, dass Kämpfe um Roh-toffe im Grunde genommen nur sehr viel Zerstörung
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Werner Schulz
dessen, was man eigentlich bekommen möchte, hinter-lassen. Das sollten wir uns heute vielleicht merken.
Das Wort hat der Kollege Rainer Brüderle, FDP-Frak-
tion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! AlleRedner haben betont, dass es nach einer so bewegendenGedenkstunde schwer fällt, eine normale Wirtschaftsde-batte zu führen. Vielleicht ist das für den Ältestenrat eineAnregung, bei zukünftigen Terminplanungen ein Stückmehr Distanz zwischen einer solchen Gedenkstunde und„business as usual“ zu schaffen. Ich glaube, so, wie esheute läuft, ist es nicht gut.
Herr Minister Clement, Sie haben Recht: Auch in ei-ner solchen Gedenkstunde wird uns als Demokraten ein-mal mehr drastisch vor Augen geführt, wie wichtig einebessere wirtschaftliche Entwicklung ist. Wir brauchenmehr Wachstum, wir brauchen mehr Arbeitsplätze undwir brauchen mehr Beschäftigungsmöglichkeiten, umradikalen politischen Kräften in Deutschland den Bodenfür ihre hinterhältige Agitation zu entziehen.
Herr Minister, Sie haben gestern im Kabinett den Jah-reswirtschaftsbericht vorgestellt. Die Opposition hattebis zur heutigen Parlamentsdebatte noch nicht einmal24 Stunden Zeit, sich damit zu beschäftigen. Ich findedas nicht gut. Das gab es noch nie. Das ist kein guterStil.
Natürlich müssen wir uns dazu äußern. Sie haben vor-hin die ironische Bemerkung gemacht: Der Bericht istzwar kaum bekannt, aber die Opposition äußert sichschon. Es ist doch unsere Aufgabe, sich zu äußern! Wirsind doch keine zu Ihrer Beweihräucherung bestelltenAkklamateure.
Das hier ist der Deutsche Bundestag. Er muss sich mitden Schicksalsfragen dieses Landes beschäftigen. Des-halb gehört es sich, die notwendige Distanz zu schaffen,damit man sich mit dem Inhalt des Berichts, über den de-battiert wird, beschäftigen kann. Es ist nicht gut, dasssich der Wirtschaftsausschuss erst nach der abschließen-den Beratung im Plenum damit beschäftigt. Das solltenwir zukünftig nicht mehr machen.Es drängt sich ein bisschen der Eindruck auf, dass dieLandtagswahl in Schleswig-Holstein da Regie geführthsisnhJdIgvtsdOsDiMF7dNbmnTWsmDKZDWSdveM
Sie, Herr Clement, sind, wie ich hörte, Liebhaber vonrickfilmen. Ihr Lieblingstrick im letzten Jahr war dasort Innovation. Mehr als eine Mickymaus ist bei demo genannten Jahr der Innovation nicht herausgekom-en. Kommen Sie bitte nicht mit dem Projekt Airbus!afür müssten Sie eher Franz Josef Strauß noch eineerze auf sein Grab stellen.
Ansonsten ist außer Ankündigungen nichts gewesen.ur Gentechnik hat der Kanzler gesagt – ich zitiere –:ie Technikskepsis schadet unserer Position auf demeltmarkt. – Er hat Recht. Sie verteidigen öffentlich dietammzellenforschung. Sie haben Recht. Nur, das Han-eln der Regierung ist ein anderes.
Grün-Rot hat ein Gentechnikverhinderungsgesetzerabschiedet. Frau Künast hat sich allen Ernstes aufine Studie von 1940 über das Kreuzungsverhalten vonais im Kaukasus berufen.
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Rainer Brüderle
Im Innovationsfeld Energie sieht es ähnlich aus. Einenergiepolitisches Konzept der Bundesregierung mitmarkwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für dienächsten Jahrzehnte kenne ich nicht. Sie haben es imletzten Jahr angekündigt. Es ist immer noch nicht da.
Ihre chaotische Energiepolitik erfüllt wettbewerblicheMaßstäbe nicht. Die Regulierung lädt die Konzerne ge-radezu ein, Preiserhöhungen vorzunehmen. Ein vernünf-tiger Rechtsrahmen fehlt bis zum heutigen Tag. Bei derroten Steinkohle und den grünen Windrädchen schaltetdie Koalition den Preismechanismus durch Subventionaus. Aus purer Ideologie wird die Kernkraft verboten.Grün-Rot ist für die gigantische Fehlleitung von Kapitalund Arbeitskraft verantwortlich.
Sie sind auch für monopolistische Strukturen verant-wortlich. Die Fusion von Eon und Ruhrgas liegt in IhrerVerantwortung. Herr Müller und Herr Tacke lassenfreundlich grüßen. Alles, was Sie da gemacht haben, warnicht in Ordnung.
Man kann doch nicht, wie es der Bundeskanzler getanhat, das Ansteigen der Gaspreise beklagen und gleich-zeitig durch Entscheidung der Regierung monopolisti-sche Strukturen zulassen. Das ist nicht redlich. Das istPharisäertum.
Bei Investitionen und Fortschritt stehen Sie auf derBremse. Beim Schuldenmachen geben Sie Gas.Jetzt ist der europäische Stabilitätspakt dran. Das isterneut ein Anschlag auf die Grundachsen deutscherWirtschaftspolitik.
Gerhard Schröder hat den Euro einmal als kränkelndeFrühgeburt bezeichnet. Sein Vorstoß zum Aufweichendes Stabilitätspakts darf nicht noch zu einer Spätabtrei-bung der Gemeinschaftswährung führen.
Ich kann nur warnen: Der Weg in eine Inflationsgemein-schaft endet in einer Renationalisierung der Geldpolitikund der Währungspolitik. Das kommt am Schluss dabeiheraus.Um die Prinzipien der Wirtschaftspolitik geht es Ih-nen schon lange nicht mehr richtig. Sie wollen mit neuenSchulden und mehr Inflation das Wirtschaftswachstumankurbeln. Nur, mehr Schulden zementieren die starrenSrteDfBdtucnfWdswd–ebKkshssVaIßvkDdbrfhuWsvgDftiwDK
Ohne einen Aufschwung in der ganzen übrigen Weltommen wir nicht mehr auf die Beine. Früher wareutschland das Land, das als Lokomotive Europa undie Weltwirtschaft mitgezogen hat. Heute sind wir dank-ar, wenn Chinesen, Japaner und Amerikaner erfolg-eich sind; denn so können wir unsere Produkte verkau-en. Ja, Sie haben Recht, wir haben gute Produkte. Wiraben fleißige und fähige Arbeitnehmer, gute Forschernd Wissenschaftler. Deshalb können wir draußen in derelt viele Produkte gut verkaufen. Das zeigt sich an un-eren Exporterfolgen. Aber wir schaffen es nicht, mehron den gleichen guten Produkten, hergestellt von denleichen guten Arbeitnehmern und Ingenieuren, ineutschland abzusetzen, weil die Rahmenbedingungenür den Binnenmarkt nicht stimmen. Hierfür ist die na-onale Ebene verantwortlich. Sie tragen dafür Verant-ortung, dass von den gleichen guten Produkten ineutschland nicht mehr abgesetzt werden.
Die Wirtschaftsweisen haben festgestellt, dass derern des Problems ist – ich teile das –, dass unser
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Rainer BrüderlePotenzial- bzw. Trendwachstum zu gering ist. Der Sach-verständigenrat sagt:Die Ursachen liegen in binnenwirtschaftlichenFehlentwicklungen und Versäumnissen.Mit anderen Worten: Grün-Rot trägt die Hauptverant-wortung für die Wachstums- und Beschäftigungspro-bleme.
Die Vereinigten Staaten haben ein Wachstumspoten-zial, das über 3 Prozent liegt. In Deutschland liegt dasWachstumspotenzial bei 1 bis 1,5 Prozent. Selbst wennich die von Ihnen vertretene optimistische Variante – mitIhrer Prognose liegen Sie sicherlich am oberen Rand al-ler Prognosen – nehme, schöpfen Sie gerade einmal die-ses Potenzial aus. Das ist dann schon die Spitze desgrün-roten Booms. Aber auch die Bundesbank geht da-von aus, dass die Beschäftigungsschwelle unverändertbei knapp 2 Prozent liegt.
Gestern hat deren Präsident, Herr Professor Weber, hierdargelegt, dass die Beschäftigungsschwelle bei etwa1,9 Prozent liegt. Bei 1,6 Prozent Wachstum wird dieBeschäftigungsschwelle nicht überschritten und gibt eskeine Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, die wir sodringend brauchen. Da liegen also die Probleme.Weshalb ist das Potenzialwachstum also so schwach?Wachstumsmöglichkeiten steigen, wenn wir Steuernsenken. Sie aber machen das Gegenteil. Frau Simonismacht Wahlkampf mit der Propagierung eines Steuer-erhöhungspaketes in einem Umfang von 20 MilliardenEuro.
Die Mehrwertsteuer will sie erhöhen. Sie, Herr Minister,widersprechen nicht öffentlich, Herr Eichel widersprichtnicht öffentlich, Herr Müntefering widerspricht nichtund lässt diesen Unsinn weiterlaufen.Wachstumsmöglichkeiten steigen, wenn es auf demArbeitsmarkt mehr Flexibilität gibt. Aber da ändertsich ja nichts. Das Kartell wird nicht aufgebrochen. Wes-halb lassen Sie nicht betriebliche Bündnisse der Arbeit-nehmer mit ihren Unternehmensleitungen ohne Geneh-migung der Kartellbrüder zu? Freiheit auch für dieArbeitnehmer im Betrieb und weniger Kartellierung undZementierung von Machtpositionen!
Wachstumsmöglichkeiten steigen, wenn wir mehr ar-beiten. Das hat ja das letzte Jahr gezeigt. Wir hatten vierFeiertage weniger und plötzlich über 0,5 Prozent mehrWachstum. Es ist eine Illusion, zu glauben, eine 35-Stun-den-Woche bringe mehr. Sie sind Jahr und Tag zusam-men mit der IG Metall zur Erreichung dieses Ziels mar-schiert. Nichts hat das gebracht. Das hat Arbeitsplätzezerstört.szEeShTimPFWmzshfbwdegEgRsDgstrMUFisWGsmb
r sagt nichts. Er schweigt, weil die Gewerkschaften da-egen sind. Geben Sie den Ländern die Möglichkeit, imahmen des Wettbewerbsföderalismus die Entscheidungelbst zu treffen.
enn sie wissen besser, was für Bayern oder Hamburgut ist. Lasst sie so machen, wie sie es im Bundesrat ein-timmig gefordert haben, und ihre eigene Entscheidungeffen.Wachstumsmöglichkeiten steigen auch, wenn es demittelstand gut geht. Sie aber machen gerade mit dermwidmung eines Teils des ERP-Sondervermögensördermöglichkeiten für den Mittelstand zunichte. Dast keine gute Basis, um bessere Ergebnisse zu erzielen.ir brauchen keine oberflächliche Politik, sondern mehrrundsatztreue. Wir müssen die Grundachsen der deut-chen Wirtschaftspolitik in Ordnung bringen.Das Land ist gut und stark. Es hat eine bessere Rah-ensetzung verdient, als Sie sie ihm bisher gegeben ha-en.
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Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ludwig Stiegler.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es istschon seltsam, dass Sie, Herr Brüderle, unsere im Ver-gleich zu den Amerikanern minimale Verschuldung laut-hals geißeln, aber die exzessive Verschuldung der Ame-rikaner einfach ignorieren und auch noch sagen: Nehmteuch daran ein Beispiel!
Das ist wirklich eine gehobene Form der Bewusstseins-spaltung. Ich möchte nicht wissen, wie Sie reagierenwürden, wenn wir in dieser Lage wären.Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir habenletztes Jahr durch Wolfgang Clement ankündigen lassen,
dass wir den Aufschwung in Gang setzen. Am Ende desJahres 2004 konnte er im Gegensatz zu Herrn Merz, derdamals das Gegenteil vorausgesagt hatte, zusammen mitdem Sachverständigenrat feststellen: Er ist in Bewegunggekommen.
Wenn er so gehandelt hätte wie Sie, also immer nur ge-zaudert, gezögert und gestritten hätte, dann wären wirkeinen Millimeter vorangekommen. Was wollten Sie– etwa bei Hartz IV – nicht alles vertagen! Der Clementist gestanden wie eine Eins. Er wurde jetzt vom Erfolgbelohnt. Sie können Ihren Erfolg an den Umfragen able-sen.
Ich danke ausdrücklich auch Hans Eichel.
Unsere Finanzpolitiker haben die eingebauten Stabilisa-toren wirken lassen. Wären wir Ihnen gefolgt, wäre derAufschwung abgewürgt worden. Deshalb ein herzlicherDank ausdrücklich auch an unsere Finanz- und Haus-haltspolitiker.
Ich freue mich, dass sich auch in der EuropäischenUnion hinsichtlich des Stabilitäts- und Wachstums-paktes etwas tut. Sie haben in Oberbuchhaltermentalitätnur Zahlen zusammengerechnet und Prozentzahlen ge-wogen, während die Wirtschaftspolitik ihr Recht wieder-bekommt. Es war ausgerechnet Herr Regling, der IhremLager zuzurechnen ist, der gestern bei einer Veranstal-tbamDgedsdnvssSSDdiLWituAnbshjGwdswnzl
Manche reden so leichthin gegen unsere weltwirt-chaftlichen Erfolge. Walther Rathenau hat einmal ge-chrieben: Die Wirtschaft ist unser Schicksal. Helmutchmidt hat geschrieben: Die Weltwirtschaft ist unserchicksal.
eshalb ist es eine Freude und ein Grund zum Jubeln,ass die deutsche Wirtschaft weltweit so gut aufgestelltst.
asst uns alles tun, dass es auch in Zukunft so bleibt.eil wir nur ein relativ kleines Land sind – unser Landst nicht viel größer als ein chinesischer Kanton –, soll-en wir unsere weltwirtschaftlichen Leistungen ausbauennd verteidigen.
Lasst uns daran arbeiten – wir haben jetzt auf einerchse einen Antrieb der Konjunktur gehabt –, dass wirächstes Jahr in der Binnenwirtschaft den Allradantriebekommen! Dazu sind hier die Voraussetzungen ge-chaffen worden. Wenn Sie eine solche Steuerreformingebracht hätten, wie wir das getan haben, würden Sieubeln und Feste feiern. Dagegen wäre der Tanz um dasoldene Kalb im Alten Testament ein kleiner Event ge-esen. Sie haben nichts zustande gebracht. Wir habenas zustande gebracht.
Das Verbrauchervertrauen und auch die Bereit-chaft zu langfristigen Anschaffungen sind insgesamtieder gestiegen. Das Wichtigste ist, dass die Investitio-en in Gang kommen. Eine der wichtigsten Vorausset-ungen dafür ist, dass wir die Kommunen wieder hand-ungsfähig gemacht haben.
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Ludwig StieglerNach hartem Ringen mit Ihnen, die Sie im Bremserhäus-chen saßen, haben Joachim Poß und seine Truppe mitder Gewerbesteuerreform die Voraussetzungen dafürgeschaffen, dass die Städte und Gemeinden wieder be-ginnen können, an Investitionen zu denken. Das ist dasEntscheidende.
Mit der Hartz-IV-Reform wird in diesem Zusammen-hang ein zweiter Teil umgesetzt. Gerade in Baden-Württemberg sind die Kommunen wieder investitionsfä-hig geworden, wenn das auch noch nicht in allen Län-dern der Fall ist. Eine der Hauptaufgaben ist, dass wirdie Städte und Gemeinden wieder voranbringen.
Wir haben es erreicht, dass sich die großen Unterneh-men entschuldet haben und dass bei den großen Unter-nehmen inzwischen wieder Voraussetzungen für Investi-tionen gegeben sind. Wir sind dabei, den kleinen undmittleren Unternehmen wieder die Möglichkeit zu gebenzu investieren. Es ist eine Freude, dass die großen Ban-ken wieder den Mittelstand entdecken. Ich war kürzlichin Mannheim; da hat ausgerechnet die Deutsche Bankihre Räume für einen Mittelstandsempfang zur Verfü-gung gestellt.
Die Commerzbank hat sogar wieder angefangen, einenVorstand für kleine und mittlere Unternehmen einzurich-ten. Die wahre Wachstumsbremse war, dass viele kleineund mittlere Unternehmen von Banken erdrosselt wor-den sind, die an der Londoner Börse und anderswo großeTeile ihres Kapitals verspekuliert hatten und den Mittel-stand hinterher mit einer Überrisikosensibilität erdrosselthaben.Mit der Mittelstandsbank des Bundes haben wirwieder die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Exis-tenzgründer, aber auch kleine und mittlere Unternehmenwieder investieren können. Lasst uns an diesem Projektweiterarbeiten! Das ist die Voraussetzung für Wachstumund Beschäftigung.
Wir haben auch beim Aufbau Ost – dazu habe ich vonHerrn Pofalla nichts gehört; das wird immer wieder weg-gewischt – einiges erreicht. Der Sachverständigenrat hatallen Schwadroneuren mit ihren Forderungen nach Son-derwirtschaftszonen das Notwendige ins Stammbuch ge-schrieben. Wir werden mit den Ländern Schritt fürSchritt daran arbeiten, dass die Investitionspotenzialegenutzt werden. Ob Rolls-Royce, Lufthansa Technik,DHL in Leipzig, Airbus Deutschland oder Rapid Eyeusw., es gibt im Osten Erfolge. Darauf sollten wir ge-meinsam stolz sein.
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s wird im Osten keine Investition an fehlenden Förder-itteln scheitern. Wir halten an der Gemeinschaftsauf-abe fest.Ich sage für unsere Fraktion auch: Wir teilen die Auf-assung des Sachverständigenrates, die I-Zulage abzu-chaffen, nicht. Wir meinen, alle Chancen sollten ge-utzt werden, damit sich die Situation verbessert.
Herr Pofalla hat hier die alten Merz-Reden wiederervorgeholt. Er hat ja fast so begonnen. Aber wo sindenn Ihre Helden? Letztes Jahr ist Friedrich Merz hieroch wie das Krokodil am Nil aufgetreten. Jetzt ist erort; jetzt hat er seinen Bierdeckel abgegeben und ist ver-chwunden.
o ist der Held Horst Seehofer?
ls er mit Ede, dem Wolf, streiten sollte, hat er Zahnwehekommen und hat aus dem Blätterwald gezischelt. Dasind mir die wahren Helden!
err Pofalla, Sie sind mir vorgekommen wie der schnei-ige Merz: nur Anklagen, keine eigenen Rezepte, nurer alte Krampf. Sie tun mir fast Leid. Wenn so ein jun-er Kerl wie Sie bei dem Begriff „Schaukel“ an „Ver-chaukeln“ denkt, dann muss ihn die Sozialisation in derDU schon ziemlich ruiniert haben. Er nimmt gar nichtehr wahr, dass für jeden normal sozialisierten Men-chen eine Schaukel die Metapher für Schwung und Le-ensfreude ist und dass man allenfalls die Bremse nachben braucht. Sie sind in diesem Bereich ein armer Kerl.
Sie haben hier auch über das Wachstumspotenzialchwadroniert. Herr Brüderle hat von den Amerikanerneredet, wohl wissend, dass es dort ein irres Potenzial anevölkerungszuwachs gibt. Viel Wenig ergibt eben dochehr. Unsere Bundesregierung setzt mit ihrem Innova-ionsprogramm, mit Forschung und Entwicklung auf dieualität des Wachstums und auf Dynamik, damit wir in
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Ludwig Stieglereiner älter werdenden Gesellschaft mit einem schrump-fenden Arbeitskräfteangebot ein höheres Wachstums-potenzial haben. Herr Brüderle, das sollten Sie als alterLiberaler eigentlich begeistert mitmachen, anstatt he-rumzumäkeln. Ihre Lust, Herrn Clement am Zeug zu fli-cken, hat Sie aber wieder einmal in die Irre geleitet.
Auch Sie wissen, Herr Brüderle, dass unsere Wachs-tumswerte, verglichen mit dem EU-Durchschnitt, gesun-ken sind. Ich empfehle Ihnen die Lektüre des Gutachtensdes Sachverständigenrats aus dem Jahr 2002. Darinsteht, dass es die Herstellung der deutschen Einheit– eine Leistung der Deutschen – ist, die unsere Wachs-tumswerte vorübergehend belastet.Herr Pofalla, Ihre Vergangenheitsbetrachtungen kön-nen Sie sich schenken.
Norbert Blüm hat kürzlich gesagt: Ich habe an einem sogenannten Beschäftigungsförderungsgesetz mitgewirkt.Auf die Arbeitsplätze warte ich heute noch. – So NorbertBlüm, Ihr „Täter“ von damals, der dieses Gesetz mit be-schließen musste. Hören Sie auf mit dem alten Krampf!Lasst uns neue Wege gehen und dem Mittelstand helfen,indem wir durch Investitionen und Existenzgründungenwieder breitflächig zu Wachstum und Beschäftigung bei-tragen.Danke.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Dagmar Wöhrl.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-ginnen und lieben Kollegen! Lieber Kollege Stiegler, wirhören es schon gern, allein uns fehlt der Glaube an das,was Sie hier alles erzählt haben.
Ich finde es schon fantastisch, wie Sie dargestellt ha-ben, was im Jahreswirtschaftsbericht über den Ostensteht. Sie scheinen aber einige Passagen überlesen zu ha-ben. Ich habe es mir eben noch einmal angeschaut: beiden Fördermitteln beträchtliche Mängel, kein Königs-weg in Sicht, kein Aufholprozess, Diskussion über Son-derwirtschaftszonen unergiebig usw. Das ist ein total ne-gatives Zeugnis über Ihre Ostpolitik. Sie können deshalbhier nicht einfach sagen, wie toll es ist, dass alles in denrichtigen Bahnen läuft. Mit Ihnen läuft nichts in denrgsKwsSbSRuZivhheVsPhnSDnZdPdbrskWdszdDJBrnwlrngaHm
Sie alle wissen, dass wir das Einstein-Jahr haben. Unsollte eigentlich bewusst sein, wie wichtig Fantasie undreativität sind. Einstein hat einmal gesagt, Fantasie seiichtiger als Wissen. Wenn ich mir Ihren Jahreswirt-chaftsbericht anschaue, habe ich fast das Gefühl, dassie diesen Gedanken vollkommen missverstanden ha-en. Es ist kaum zu glauben, was für ein Fantasieproduktie uns hier vorgelegt haben. Es lässt jeden Bezug zurealität vermissen. Gut, wir sind es inzwischen gewohntnd werden langsam resistent gegen Ihre geschöntenahlen und die Verharmlosung der Risiken. Es scheintnzwischen zur Tradition geworden zu sein, uns mit zu-ersichtlichen Prognosen und unverbindlichen Aussageninzuhalten.Mit Ihrer Konjunkturprognose von 1,6 Prozent ste-en Sie inzwischen ziemlich allein da; das muss maninmal klar und deutlich sagen. Sogar der designierteorsitzende der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, sieht daskeptisch. Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihrerognosen nach unten korrigiert: auf nur noch 0,8, aller-öchstens auf 1,2 Prozent. Was interessant ist: Ihr eige-er Haushaltsplan geht von 1,7 Prozent aus. Das müssenie mir schon erklären; dazu ist nichts gesagt worden.as heißt, Sie müssen eigentlich mit weniger Steuerein-ahmen und damit rechnen, dass Sie mehr Ausgaben imusammenhang mit dem Arbeitsmarkt haben. Wie Sieiese Finanzierungslücke, die sich aus Ihren eigenenrognosen ergibt – einmal des Finanzressorts, das an-ere Mal des Wirtschaftsressorts –, schließen wollen, ha-en Sie nicht dargelegt.Als ganz großes Manko empfinde ich in diesem Jah-eswirtschaftsbericht, dass jegliche Visionen fehlen. Wirind in wirtschaftlich schweren Zeiten; das ist überhaupteine Frage. Wir leben auch nicht mehr in der Zeit desirtschaftswunders. Außerdem haben wir die Folgener Wiedervereinigung zu schultern. Sie müssten aberagen, wie Sie das angehen wollen. Wo sind die Kon-epte? Wo sind Ihre Strategien? Wie wollen Sie hier wie-er Arbeitsplätze schaffen? Wie wollen Sie den Standorteutschland nach vorn bringen? Dazu vermisse ich imahreswirtschaftsbericht jegliche Aussage.Richtig ist, wenn Sie schreiben: Das geschieht übereschäftigung und über Wachstum. Das ist vollkommenichtig. Volltreffer, könnte man sagen. Aber Sie stellenicht dar, wie es zu mehr Wachstum kommen soll undelche Reformen Sie zukünftig in Angriff nehmen wol-en. Sie sagen zwar: Die Reformanstrengungen des Jah-es 2003 haben sich gelohnt; endlich bewegt man sichach vorn. Es ist richtig, dass Sie Reformen in Angriffenommen haben – das will ich gar nicht leugnen –,uch unter unserer Mithilfe. Dass es unsere Mithilfe beiartz IV gegeben hat, können Sie nicht bestreiten. Aberit Hartz IV werden keine Arbeitsplätze geschaffen.
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14392 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Dagmar WöhrlMit Hartz IV soll dazu beigetragen werden, dass die Ver-mittlung besser funktioniert. Aber von den Gesetzen, dieSie ansonsten auf den Weg gebracht haben, war keineswachstumsorientiert. Alle sonstigen Gesetze und Refor-men haben im Gegenteil noch mehr Auflagen, nochmehr Bürokratie und noch mehr Hemmnisse gebracht.Das kann man auch beim Antidiskriminierungsgesetz,Ihrem letzten Gesellenstück, sehen.Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot und Grün,im Jahreswirtschaftsbericht ist vom Anspringen der In-landsnachfrage und des privaten Konsums die Rede.Lassen wir einmal das Prinzip Hoffnung außer Acht!
Sie wissen ganz genau, dass das nur dann eintreten wird,wenn auch wieder Investitionen getätigt werden, übri-gens auch Investitionen des Staates, des Bundes, HerrStiegler. Wie schaut es denn in dieser Beziehung beimBund aus? In Ihrer Regierungszeit gab es allein5 Milliarden Euro Investitionen weniger. Das heißt, eswird gespart bei der Straße, bei der Schiene, überall, alsobei der Infrastruktur – das hat auch der Minister ange-sprochen –, die für die Wirtschaft wichtig ist. UnsereInfrastruktur ist immer ein Standortvorteil gewesen.Diese vernachlässigen Sie vehement. Wenn im Bereichder Unternehmen nicht investiert wird, dann fehlen Bü-rogebäude oder Fabrikgebäude und man braucht sichnicht darüber zu wundern, wenn in der Bauindustrie imletzten Jahr 75 000 Arbeitsplätze verloren gegangen sindund in diesem Jahr voraussichtlich 50 000 Arbeitsplätzeverloren gehen werden.Jetzt haben Sie ein ganz neues Feld entdeckt. Anstattwachstumsorientierte Reformen anzugehen, ist es bei Ih-nen zu einer seltsamen Mutation gekommen. Früher hatIhr Kanzler gesagt: Wir machen keine Programme zulas-ten unserer Kinder und Kindeskinder. – Richtig! Dafürhaben Sie auch unseren Beifall bekommen. Jetzt heißtes: Kurzfristig können staatliche Maßnahmen zur Anhe-bung des Wachstumspotenzials wichtiger sein als Kon-solidierung. Das heißt: Bei Ihnen ist Sparen out undSchuldenmachen in. Sie wollen Wachstum nur noch aufeinem Weg erreichen: auf Pump, Pump, Pump.
Es ist eine verantwortungslose Politik, die Sie machen.Wir geben schon jetzt ein Sechstel des Bundeshaushaltsnur für Zinsen aus. Dabei wissen Sie ganz genau, dassdie Zinsen bei uns nicht auf dem niedrigen Stand bleibenwerden, auf dem sie momentan sind, und dass diese Zin-sen gezahlt werden müssen. Dabei habe ich von der Til-gung noch gar nicht gesprochen. Sie werden das nichtmehr zurückzahlen müssen, aber unsere Kinder und En-kel.
Deswegen ist die Politik, die Sie machen, das Verant-wortungsloseste, was ich in diesem Bereich je erlebthabe.
himnkhdD1dIsZftsHmmaLtmegwslhndWuwnSdtSuhb–gK
enn jetzt noch die neue Bewertung nach ILO kommennd ab 1. März eine monatliche Statistik erstellt werdenird – liebe Kollegin Dückert, Sie wissen es ganz ge-au – und dadurch nur derjenige, der weniger als einetunde die Woche arbeitet, als arbeitslos gelten wird,ann werden künftig 700 000 Arbeitslose aus dieser Sta-istik herausfallen. Mit diesen Gegebenheiten werdenie sich dann auseinandersetzen müssen. Dabei nützenns die geschönten Zahlen, die Sie uns vorlegen, über-aupt nichts.Unser Ticket für die zukünftige Entstehung von Ar-eitsplätzen ist Innovation.
Sie haben das Jahr 2004 zum Jahr der Innovation aus-erufen, aber dabei ist es leider auch geblieben, lieberollege Stiegler.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14393
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Dagmar WöhrlAllein in den letzten Jahren haben wir 3 Millionen Ar-beitsplätze in der Industrie verloren. Wir haben eineschleichende Deindustrialisierung; das dürfen wir nichtwegwischen. Das müssen wir bedenken, wenn wir Wirt-schaftspolitik machen.
Das ist eine Zeitbombe, auf der wir sitzen; denn was indiesem Bereich nicht produziert und nicht verdient wird,fehlt natürlich auf der anderen Seite als Nachfrage beimHandel, beim Handwerk und bei Dienstleistungen. Aufdiese Weise werden wir keine neuen Arbeitsplätze schaf-fen, sondern sie zukünftig vernichten.Früher waren wir in allen Spitzentechnologien Pio-nier. Woher kommen jetzt die Flachbildschirme und dieDigitalkameras? Sie kommen aus dem Fernen Osten.Früher waren wir die Apotheke der Welt; jetzt sind wirauf Platz fünf abgerutscht, hinter den USA, Japan, Eng-land und Frankreich.
Kollege Brüderle hat die Gentechnik angesprochen,eine für die Zukunft sehr wichtige Schlüsseltechnologie.Aber Ihre Novelle des Gentechnikgesetzes erschwert dieAnwendung der Grünen Gentechnik und treibt dieseSchlüsseltechnologie ins Ausland.
Die ersten Konzerne haben schon angekündigt, ihre For-schung ins Ausland zu verlagern. Ist sie erst einmal weg,wird sie nicht mehr zurückkommen. Dessen können Sieganz sicher sein. Wir werden dahin kommen, dass wiralle gentechnisch veränderten Produkte, die im Auslanderforscht, entwickelt, angebaut und zur Marktreife ge-bracht worden sind, hier in Deutschland nur noch konsu-mieren.Eine Zeitung hat es vor kurzem sehr treffend ange-merkt: Deutschland scheint vom Land der Pioniere, daswir einmal gewesen sind, zur Provinz der Endabnehmerzu werden. Das kann man angesichts der Politik, die Siehier auf den Weg bringen, nur unterstreichen.Herr Minister, in Ihrem Ministerium wird es hintervorgehaltener Hand ebenfalls gesagt: Das ist eine Spiel-wiese für die Grünen, eine Spielwiese für die Ökopartei,damit sie sich bei ihrer Klientel profilieren kann.
Leider wird hier aber nicht gesehen, dass dies demStandort schadet.Wir müssen uns darum bemühen, vor allem auf demGebiet der Innovationen wieder nach vorn zu kommen.In Bezug auf Patentanmeldungen sind wir gut; vor allemdie kleinen und mittleren Unternehmen liegen hier ander Spitze. Auch müssen wir neue Produkte schnell aufden Markt bringen. Hier sind wir langsamer als alle an-deren Länder.DvpsleRstelibbWESgbaevzpHnvmdrhnidHS
eswegen haben viele andere Länder immer die Naseorn. Hier müssen wir einen sehr schwierigen Aufhol-rozess bewältigen. Wir müssen in diesem Bereich bes-er werden, die Eigenverantwortung unserer Hochschu-n stärken und, indem wir die entsprechendenahmenbedingungen setzen, dafür sorgen, dass Hoch-chulen und Wirtschaft noch intensiver zusammenarbei-n.Erfreut habe ich zur Kenntnis genommen, dass end-ch auch der Energiepolitik in Ihrem Jahreswirtschafts-ericht breiterer Raum gegeben worden ist. Endlich ha-en Sie erkannt, dass Energiepolitik Standortpolitik undirtschaftspolitik ist; darüber sind wir froh. Aber dienergiepreise – einen der wichtigsten Aspekte – habenie in Ihrem Jahreswirtschaftsbericht mit keinem einzi-en Wort erwähnt.Sie hatten nicht einmal den Mut, Ihre Preistreiberei zuegründen und zu sagen, warum Sie die Staatsabgabenuf die Energiepreise seit 1998 um 10 Milliarden Eurorhöht haben. Kollege Stiegler, das könnte man als Sub-ention bezeichnen, da die Verbraucher diese Umlageahlen müssen.
Frau Kollegin, denken Sie an Ihre Redezeit.
Sie vergessen, dass hiervon über 600 000 Arbeits-
lätze in der energieintensiven Industrie betroffen sind.
err Minister Clement, ich glaube, auch für die Alumi-
iumindustrie sind die hohen Energiepreise, die Sie zu
erantworten haben, ein wichtiges Thema.
Wir brauchen Vertrauen, um aus der Krise zu kom-
en. Das schaffen wir nur durch Wachstum, aber nicht
urch ein Wachstum auf Pump. Sie müssen endlich die
ichtigen Richtungsentscheidungen treffen. Der Minister
at Anfang dieses Jahres gesagt: „Eine kräftige und
achhaltige Trendwende für den Arbeitsmarkt erwarte
ch erst 2006.“ Das erwarten auch wir; denn dann wer-
en wir wieder an der Regierung sein.
In diesem Sinne bedanke ich mich.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Thea Dückert.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!err Pofalla, vorhin haben Sie in Ihrer ersten Rede, dieie als Nachfolger von Herrn Merz gehalten haben, Ihre
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14394 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Dr. Thea DückertEnttäuschung über den Jahreswirtschaftsbericht zumAusdruck gebracht. Ich muss Ihnen sagen: Als ich IhreRede gehört habe, war auch ich enttäuscht; denn Sie alsneuer Stern am wirtschaftspolitischen Himmel derUnion haben die Chance vertan, die Gelegenheit zu er-greifen, uns zu sagen, wohin es mit Ihrer Wirtschafts-politik geht.
Ich muss Ihnen zugute halten, dass Sie einiges gesagtund einen Zehnpunktepakt angeboten haben. Wennman sich seinen Inhalt ernsthaft ansieht, wird die Enttäu-schung wirklich grenzenlos.
Sie haben zehn Punkte vorgeschlagen, die von vorne bishinten alter Wein in alten Schläuchen sind. Sie wollenzum Beispiel den Kündigungsschutz einschränken unddie Tarifautonomie abbauen. Sie müssten mir übrigenseinmal erklären, warum die Abschaffung von Betriebs-ärzten in kleinen Betrieben einen großen beschäftigungs-politischen Boom bringen soll.All dies haben Sie hier vorgetragen. Aber Sie habensich in keinem einzigen Punkt Ihres Zehnpunktepakteszu den Zukunftsfragen Innovation, Bildung und Investi-tionen geäußert. Ich verstehe das; denn Sie haben keineBegründung dafür, warum Sie, gerade was die notwendi-gen Investitionen in Bildung und ihre Finanzierung anbe-langt – als Stichwort nenne ich die Eigenheimzulage –,auf der Bremse stehen.
Es gibt viele andere Punkte, zu denen Sie ebenfallsgeschwiegen haben, und das angesichts einer Debatte, inder es um die Zukunft der wirtschaftlichen Entwicklunggeht. Sie haben sich sogar verstiegen – so etwas habe ichvon der Union überhaupt noch nicht gehört –, zu sagen,es sei schädlich, wenn Existenzgründerinnen und Exis-tenzgründer in diesem Lande öffentliche Fördermittel er-hielten.
Es tut mir wirklich Leid, Herr Pofalla, aber ich muss Ih-nen sagen: Wir brauchen in Deutschland auch den Mutvon Bürgerinnen und Bürgern zur Existenzgründung.Dabei helfen wir ihnen gerne. Ich bin froh, dass dieHilfe, die wir hier leisten, wirkt.
Meine Damen und Herren, wer heute die Zeitung auf-schlägt, kann die Überschrift lesen: „Deutsche Unter-nehmen starten optimistisch ins neue Jahr“. Das ist gut,weil es bestätigt, was im Jahreswirtschaftsbericht an vie-len Stellen belegt ist. Wenn man sich vor diesem Hinter-grund noch einmal die Rede von Herrn Pofalla zu Ge-müte führt, muss man feststellen, dass Sie mit ihrerNsWdvJ–sAwGLSSÜNBgnshashhadbtudleBSrdahwm4Dal9e
Die Realität, das sage ich Ihnen gerne, ist, dass dietarken Branchen der deutschen Wirtschaft heute volleuftragsbücher haben. Der Maschinenbau beispiels-eise rechnet für 2005 mit Rekordumsätzen. „Made inermany“ ist in dieser Branche, aber auch in anderen einabel, auf das wir wirklich stolz sein können.
ie reden das klein – auch die Entwicklung im Export –,ie nehmen noch nicht einmal zur Kenntnis, dass dieberschüsse im Export von Jahr zu Jahr zunehmen.ein, Sie recyceln wieder diese abgestandene These derasar-Ökonomie; sie ist für die deutsche Wirtschaft ei-entlich nichts anderes als üble Nachrede.
Die Achillesferse ist im Jahreswirtschaftsbericht ge-annt: die Binnenkonjunktur. Dort ist aber auch be-chrieben, dass genau hier sehr positive Zeichen zu se-en sind. Der Wirtschaftsminister hat auch auf einektuelle Meldung von Klaus Wübbenhorst aus der Ge-ellschaft für Konsumforschung hingewiesen, der geradeeute noch einmal an ganz aktuellen Zahlen dargelegtat, dass die Reformen positiv auf die Binnennachfrage,uf die Konsumnachfrage wirken und dass wir als Folgeer jüngst umgesetzten letzten Stufe der Steuerreformei der Konsumnachfrage vorankommen. Das ist die Si-ation: Die Daten und die Fakten in Deutschland zeigeneutlich, dass Sie Ihre Schwarzmalerei langsam einstel-n sollten.Aber die Entwicklung zeigt auch – das sehen wir zumeispiel am Arbeitsmarkt, auf dem es, wenn auch nurchritt für Schritt, vorwärts geht –, dass wir die erfolg-eichen Reformen, die in die richtige Richtung gehen,efinitiv fortsetzen müssen, dass wir in den Reform-nstrengungen nicht nachlassen dürfen. Der Minister hatier eine zentrale Zielmarke in den Raum gestellt, dieir in den Mittelpunkt unserer Bemühungen stellenüssen: Das Senken der Lohnnebenkosten auf unter0 Prozent.
as ist extrem wichtig für den Arbeitsmarkt, aber es istuch ein extrem schwerer Schritt. Wir haben es in denetzten Jahren immerhin geschafft, den CDU-Trend der0er-Jahre, steigende Lohnnebenkosten, zu stoppen undin wenig umzukehren.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14395
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Dr. Thea DückertEingedenk zentraler Rahmenbedingungen wie derschwierigen demographischen Entwicklung und imSinne unserer politischen Zielsetzung, weiterhin belast-bare, sichere soziale Sicherungssysteme zu haben, müs-sen wir jetzt mit der Reform der sozialen Sicherungssys-teme fortfahren. Das ist eine sehr schwere Aufgabe,deren Lösung noch einige Jahre dauern wird. Auch dazu,lieber Herr Pofalla, habe ich von Ihnen nichts gehört.Das ist auch gut so. Ich kann verstehen, dass Sie denCDU-Murks zur Reform der Krankenversicherung nichtvorgetragen haben. Ich kann auch verstehen, dass Siesich zu den notwendigen Reformen, die jetzt zeitnah an-stehen, etwa jener der Pflegeversicherung, nicht geäu-ßert haben. Aber da, wo Sie sich geoutet haben, wo Sieeinmal den Mut gehabt haben, über Ihre eigene Forde-rung nach Senkung der Lohnnebenkosten auf unter40 Prozent zu sprechen, da war das, was Sie uns vorge-tragen haben, wirklich traurig.Sie haben gesagt, wir sollten die Beiträge zur Arbeits-losenversicherung hier und sofort um 1,5 Prozent auf5 Prozent senken. Sie haben aber nicht gesagt, wie Siedas finanzieren wollen bzw. wie Sie das Geld woanderseinsparen wollen. Alle in diesem Saal wissen, warum Siehier schweigen. Das ist nämlich exakt die Summe – etwa20 Milliarden Euro –, die notwendigerweise in dieaktive Arbeitsmarktpolitik gesteckt wird, um die Men-schen, die viel zu lange arbeitslos waren, mithilfe vonQualifizierung, Umschulung, Lohnkostenzuschüssenoder auch den von Ihnen so beklagten Zuschüssen fürExistenzgründungen wieder an den Arbeitsmarkt heran-zuführen. Mit Ihrer Strategie, die Sie hier inhaltlich nichtaufbauen, kappen Sie für die Langzeitarbeitslosen dieBrücken in den Arbeitsmarkt. Leider haben Sie nicht denMut, das hier deutlich zu sagen.
Denken Sie bitte an die Redezeit.
Ja, ich denke an die Zeit. – Eines möchte ich Ihnen
noch sagen, weil Sie auch das hier bestritten haben: Die
im Jahreswirtschaftsbericht belegten Indikatoren zeigen
deutlich, dass die Reformen gewirkt haben. Die
Schwarzarbeit ist definitiv zurückgegangen.
Im europäischen Vergleich sind wir übrigens das einzige
Land, das 2003 bei der Entwicklung der Schwarzarbeit
einen Knick aufweisen kann.
Die Beschäftigtenzahlen steigen langsam, und zwar auch
durch eine höhere Quote bei der Selbstständigkeit. Die
Differenz zwischen Neugründungen und Insolvenzen ist
positiv. Die Zahl der Neugründungen in diesem Land
steigt weiter.
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um Beispiel die Probleme mit den Hinterlassenschaften
ei den Zuverdienstmöglichkeiten. Wir werden darange-
en, die Brücken in den Arbeitsmarkt zu stärken.
Ich danke Ihnen.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ernst Hinsken.
Die FDP hat bisher am meisten überzogen, Herr
iebel.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-en! Frau Dr. Dückert, Sie haben hier die Aussage ge-roffen, dass Kollege Pofalla in seiner Rede ständigchwarz gemalt habe.
amit liegen Sie weit daneben. Es war eine fulminantend richtungsweisende Rede,
n der er vor allen Dingen aufgezeigt hat, welche Politikie Bundesrepublik Deutschland braucht, um in der Weltünftig besser dazustehen, um bei uns Arbeitsplätze zuichern und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu er-eichen.
Verehrter Herr Minister Clement, im Geleitwort zumahreswirtschaftsbericht schreiben Sie unter anderem:Die Bundesregierung trägt mit den Maßnahmen derAgenda 2010 dazu bei, dass der Investitionsstand-ort Deutschland attraktiv bleibt usw.
as ist er aber nicht.
ir brauchen deshalb keine Agenda 2010, sondern einegenda für 2005; denn in wenigen Wochen erreichen
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14396 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Ernst Hinskenwir in der Bundesrepublik Deutschland mit ungefähr5 Millionen Arbeitslosen die höchste Arbeitslosigkeitseit Bestehen der Republik. Hier können wir nicht weiterzusehen.
Wir verlieren jeden Tag über 1 000 Arbeitsplätze. Je-den Tag gehen weitere 100 Betriebe über die Wupper.
Jeden Tag wächst die Staatsverschuldung um250 Millionen Euro. Jeden Tag zahlen die Bundesbürgerüber 100 Millionen Euro nur an Zinsen.
– Herr Kollege Stiegler, nehmen Sie das einmal zurKenntnis und seien Sie bereit, hier eine Umsteuerungvorzunehmen! – Jeden Tag zahlen die mittelständischenBetriebe 165 Millionen Euro Ökosteuer. Jeden Tagwächst die Bürokratie weiter. Des Weiteren ist anzukla-gen, dass die Verschuldung der BundesrepublikDeutschland allein seit 1998 um 13 Prozent gestiegenist.
– Ich spreche von 1998 bis jetzt. – Von 1999 bis jetztsind über 203 000 Unternehmen in Konkurs gegangen.Lassen Sie mich dazu einen Vergleich anstellen: In demZeitraum zwischen 1993 und 1998 haben 112 000 Unter-nehmen Konkurs angemeldet, also etwa die Hälfte. Soweit sind wir schon gesunken. So weit haben Sie dieBundesrepublik Deutschland nach unten geritten. Daskann so nicht weitergehen. Wir wollen umsteuern. Des-halb bringen wir Konzepte ein, die in die richtige Rich-tung weisen.
Allein im letzten Jahr sind über 400 000 Arbeitsplätzeverloren gegangen. Seit 1998 ist die Zahl der versiche-rungspflichtigen Arbeitsverhältnisse um 1,4 Millionengesunken. Dafür brauchen Sie sich nicht zu rühmen.Unser Wirtschaftswachstum ist das niedrigste in derEuropäischen Union. Allein das Handwerk befürchtet indiesem Jahr den Verlust von weiteren 200 000 Arbeits-plätzen.
Das ist eine Negativzahl nach der anderen. Aber Sie,Herr Minister Clement, malen ein rosarotes Bild, alswäre alles in Ordnung.
Wie schreibt Friedrich Schiller, dessen 200. Todestagwir dieses Jahr gedenken? „Herr, dunkel war der RedeSinn.“AWzsBKdusisDaab–nWi2eumvsgR2fwhM1nItlnf
uch das sei Ihnen ins Gedächtnis gerufen.Herr Clement, seit drei Jahren versprechen Sie eineende auf dem Arbeitsmarkt und bei den Staatsfinan-en. Was haben Sie erreicht? Ihre Politik – das sagte ichoeben – macht die Bürger arbeitslos und arm. Sie undundeskanzler Schröder können es einfach nicht. Frauollegin Wöhrl hat zu Recht gesagt, dass wir alle aufas Jahr 2006 warten, in dem eine Wende kommen wirdnd wir die Bundesrepublik Deutschland auch auf wirt-chaftlichem Gebiet wieder nach vorne bringen werden.Mit Schönreden allein ist es nicht getan. Bedauerlichst nur, Herr Minister, dass Sie das, was Sie uns sagen,elbst glauben.
azu fällt mir ein Sprichwort ein, das ich entsprechendbwandeln möchte: Kräht der Clement wie der Gockeluf dem Mist, dann ändert sich die Wirtschaft, aber sieleibt, wie sie ist.
Das habe ich speziell auf Herrn Clement umgemünzt.Ich darf bei dieser Gelegenheit noch sagen: Ein Landach dem anderen überholt uns beim Wohlstand: Dasirtschaftswachstum in den USA beträgt 4,4 Prozent,
n Großbritannien 4,4 Prozent und in Frankreich,5 Prozent. Der österreichische Bundeskanzler Schüsselrklärt mit Stolz: Deutschland liegt bereits weit hinterns. – Ist das für diese Bundesregierung nicht ein Ar-utszeugnis? Wir können ja nichts dafür.Sie in der Regierung haben in Ihrer Regierungszeitiele Fehler gemacht. Das ging los mit dem Schein-elbstständigengesetz, der Abschaffung der 630-DM-Re-elung, der Aufblähung der Mitbestimmung, demechtsanspruch auf Teilzeit – allein dadurch sind50 000 Arbeitsplätze verloren gegangen – und der Ein-ührung der Ökosteuer. Sie haben die Bürokratie ausge-eitet, anstatt sie abzubauen. Sie haben die Investitions-aushalte gekürzt und Sie haben die Ich-AGs eingeführt.eine Damen und Herren, was bringen uns diese80 000 vom Staat subventionierten Ich-AGler mit ei-em Kostenvolumen von circa 1 Milliarde Euro? Diech-AGs bringen die regulären Betriebe in Schwierigkei-en, die brav und fleißig Steuern und Sozialabgaben zah-en, damit die Ich-AGs überhaupt finanziert werden kön-en. Da stimmt doch etwas nicht.
Die Wirtschaftskrise hat praktisch alle Bereiche er-asst.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14397
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Ernst HinskenIm letzten Jahr sind in der Bauwirtschaft 50 000 Arbeits-plätze verloren gegangen. Für dieses Jahr ist ein weiteresMinus von 32 000 Arbeitsplätzen zu erwarten. Ichmeine, so kann es doch nicht weitergehen. HerrClement, ich bitte Sie, dies endlich zu verstehen, dieProbleme zu erkennen und die Sorgen und Nöte der Bür-ger ernst zu nehmen.In dieser Zeit, in der wir alle bei Neujahrsempfängenals Redner auftreten,
ergibt sich vielfach die Möglichkeit und Gelegenheit,nach der Veranstaltung mit den Anwesenden zu spre-chen. Da kommen Klagen über Klagen. Es kann nichtweggewischt werden, dass zum Beispiel das Handwerk– das Rückgrat des Mittelstandes – mit dem Rücken zurWand steht. Ein Drittel der Betriebe macht keinen Ge-winn mehr. Allein in den letzten fünf Jahren hat dasHandwerk 20 Prozent seiner Beschäftigten verloren. Esfällt auf den Stand der 70er-Jahre zurück. Es ist keinLicht am Ende des Tunnels zu sehen.Frau Kollegin Wöhrl hat darauf hingewiesen, was wirbrauchen. Wir brauchen vermehrt Innovationen. Wirmüssen – das soll gerade im Einsteinjahr nachdrücklichgesagt werden – mehr für die Bildung tun. Da sind wiralle zusammen gefordert, ganz gleich, auf welcher Seite.
Deshalb darf es in Bezug auf PISA für uns alle nicht„Geiz ist geil“ heißen, sondern es muss „Geist ist geil“heißen. Daran müssen wir arbeiten.
Ich habe die Rede von Herrn Minister Clement aufmerk-sam verfolgt. Ich habe festgestellt, dass sie vieles an In-halt hatte, aber keine einzige Vision. Herr Minister, ichmöchte wissen, wie Sie die Probleme der Bundesrepu-blik Deutschland bewältigen wollen, damit es wiederbesser wird.Was ist deshalb insbesondere für den Mittelstand zutun? Ich meine, sechs Vorhaben müssen ganz oben ste-hen, nämlich einmal die Arbeitslosigkeit reduzieren,dann die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Auslandstoppen und die Verschuldung und Bürokratie abbauen,wie es mein Heimatland Bayern macht. Da kann dieBundesregierung lernen, wie man vernünftige Politikmacht.
– Da brauchen Sie, Herr Pronold, überhaupt nichts zu sa-gen, Sie 17-Prozent-Mann. Sie haben das niedrigsteWahlergebnis in der Bundesrepublik Deutschland er-reicht. Immer den Mund aufreißen, aber keine Ahnunghaben und nichts verstehen.dvKem1ibCMZdvDnKgmbkswsDgwcsggds
Es gilt vor allen Dingen die Ich-AGs abzuschaffen,en Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit und das Betriebs-erfassungsgesetz auf den Prüfstand zu stellen, darausonsequenzen zu ziehen und es anders auszurichten.
Wir brauchen in der Bundesrepublik Deutschlandine dritte Aufbruchstimmung, eine Aufbruchstim-ung, wie wir sie nach der Fußballweltmeisterschaft954 hatten und wie wir sie nach der Wiedervereinigungm Jahre 1990 hatten. Ich hoffe, dass die dritte Auf-ruchstimmung spätestens im Jahre 2006 kommt.
Lassen Sie mich nochmals Schiller zitieren. In „Donarlos“ von Schiller heißt es: „Kardinal! Ich habe daseinige getan. Tun Sie das Ihre!“ In Abwandlung diesesitats, sage ich Ihnen, Herr Minister: Minister! Ich habeas Meinige getan! Tun Sie das Ihre! Machen Sie eineernünftige Politik, damit es in der Bundesrepublikeutschland auch in Sachen Wirtschaft endlich wiederach oben geht!Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Danke schön. – Das Wort hat jetzt der Abgeordnete
laus Brandner.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-innen und Kollegen! Kollege Hinsken hat seine Redeit den Worten beendet: Wir brauchen eine dritte Auf-ruchstimmung. – Bei der Schwarzmalerei
ann es keine Aufbruchstimmung geben. Wenn jemando schwarz malt, dass er im Kohlenkeller noch Schattenirft, Herr Hinsken, dann kann keine Bewegung in die-em Land entstehen.
as ist eine Rede gegen die Wirklichkeit in diesem Landewesen; denn tatsächlich ist die Schwächephase über-unden, tatsächlich haben wir den Pfad des kontinuierli-hen Wachstums beschritten. Das hängt konkret mit un-erer Politik zusammen. Umfassende Konzepte sindefragt und wir sind in der Arbeitsmarkt- und Beschäfti-ungspolitik, die sich ergänzen müssen, mit umfassen-en Konzepten angetreten. Arbeitsmarktpolitik und Be-chäftigungspolitik bedingen sich gegenseitig.
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Klaus BrandnerIch will gerne auf das eingehen, was Frau Wöhrl an-gesprochen hat, nämlich dass Hartz IV nur zu einer bes-seren Vermittlung führe. Genau darin liegt der Casusknacksus, um es deutlich zu sagen.
Natürlich ist bei der Arbeitsmarktpolitik das Vermitt-lungsgeschäft wesentlich. Wir alle wissen, dass durchbessere Vermittlung freie Arbeitsplätze deutlich schnel-ler und besser besetzt werden können. Es sind300 000 Arbeitsplätze gemeldet, das IAB und mancheUnternehmensverbände gehen von 900 000 freien Stel-len aus. Wenn wir also rund 1 Million freier Arbeits-plätze durch eine qualifiziertere Vermittlung besetzenkönnen, dann organisieren wir einen Wachstumsschub indiesem Land. Wir sollten die Angelegenheit nicht klein-reden.
Es gibt ein viel zu hohes Potenzial an Überstunden.Auch insofern kann die Arbeitsmarktpolitik natürlichImplikationen für die Beschäftigungspolitik liefern.Auch gibt es in diesem Lande, was alle beklagt haben,zu wenige Existenzgründungen. Jetzt hat die Arbeits-marktpolitik Facetten dafür geliefert, zusätzliche Be-schäftigung durch Existenzgründungen zu organisieren.Das reden Sie jetzt schon wieder klein. Statt zu helfen,statt notfalls unterstützend tätig zu sein, sodass der Be-stand dieser Existenzgründungen gesichert wird, tun Siewieder so, als wäre die Arbeitsmarktpolitik nur eineFrage besserer Vermittlung. Sie ist viel mehr. Sie liefertbeschäftigungspolitische Implikationen, und zwar in ei-nem außerordentlich großen Maß.
Wenn wir über Beschäftigungspolitik reden, dannmöchte ich Ihnen auch klar sagen, dass unsere Agen-da 2010 neben der Arbeitsmarktpolitik natürlich nochviele andere beschäftigungspolitische Implikationen hat,weil wir auch die Sozialpolitik den neuen Herausforde-rungen anpassen. Das haben Sie bisher nicht geschafft,wie Sie selbst nur zu gut wissen. Auf Details dazu werdeich noch eingehen.Richtig ist doch, dass Arbeitsmarktpolitik mit einernachhaltigen Beschäftigungspolitik ergänzt werdenmuss, damit die Arbeitslosigkeit in diesem Land redu-ziert werden kann. Aus internationalen Vergleichen wis-sen wir, dass es dabei keinen Königsweg gibt. Vielmehrkommt es auf ein stimmiges Gesamtkonzept an. DerSachverständigenrat sagt in diesem Zusammenhang überunsere Arbeitsmarktpolitik, dass dies die bedeutendstenReformen sind, die in den letzten Jahrzehnten durch eineRegierung angepackt worden sind.
Auch die internationale Anerkennung dieser Refor-men ist groß. Wir haben den Mut gehabt, diesen schwie-rigen Weg zu gehen. Menschen aus anderen LändernESBndduHnnmsbPsbFWmWwrPaslslSg–mmaKbzWNA
Unser Leitmotiv, der aktivierende Sozialstaat, wirdit dem Bild der Schaukel sehr schön beschrieben. Bes-er als Ludwig Stiegler das getan hat, kann ich das nichteschreiben. Aber ich weiß natürlich nur zu gut, Herrofalla, dass eine Schaukel dann sicher ist, wenn manich mit ihr bewegt. Je schneller und stärker man sichewegt, umso mehr macht die Bewegung Spaß undreude. Vielleicht hatten Sie als Kind keine Schaukel.ir brauchen diese Bewegung in unserem Lande. Wirüssen weg von „passiv“ und hin zu „aktiv“. Das ist dereg, den wir beschreiten müssen. Diesen Weg werdenir mit unseren Reformen offensiv gehen. Insofern wa-en viele Ihrer Redebeiträge, sowohl der von Herrnofalla als auch der von Herrn Brüderle, nichts anderesls der Versuch, wieder etwas schlechtzureden, was nichto schlecht ist.Damit meine ich auch die Entwicklung der Arbeits-osenzahlen. Das sage ich, obwohl wir uns darauf ein-tellen müssen, dass sie weiter steigen. Der Grund dafüriegt vor allem darin, dass wir jetzt endlich eine ehrlichetatistik haben, die ehrlichste, die es in der Nachkriegs-eschichte Deutschlands gegeben hat.
Herr Kollege, Sie wissen doch genau, dass Trainings-aßnahmen und andere arbeitsmarktpolitische Maßnah-en einzeln ausgewiesen werden, dass die Statistik alsouch von daher völlig transparent ist.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Niebel?
Nein, ich möchte meinen Gedanken jetzt zu Enderingen.Herr Pofalla hat eben wieder gesagt, wir hätten zur-eit den höchsten Stand der Arbeitslosigkeit seit deriedervereinigung.
ach einer dreijährigen Stagnationsphase, Herrustermann, gibt es in der Tat einen hohen Stand bei der
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14399
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Klaus BrandnerArbeitslosigkeit. Aber bitte nehmen Sie zur Kenntnis,dass die Arbeitslosigkeit im Durchschnitt des Jah-res 2004 immer noch unter dem Niveau des Durch-schnitts dessen war, was wir im Jahre 1997 von Ihnenübernommen haben. Der Jahresdurchschnitt im letztenJahr Ihrer Regierungsverantwortung ist höher gewesen,als er jemals war.
– Sie brauchen sich da gar nicht aufzuregen.Bei den Lohnnebenkosten ist die Situation ähnlich.Wir alle wissen, dass die Lohnnebenkosten für die inter-nationale Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere aber fürdie Dienstleistungen in diesem Land ein wichtiger Fak-tor sind. Deshalb haben wir die Sozialsysteme nachhal-tig reformiert und werden den Reformprozess weiter vo-rantreiben. Sie sind aber auch ein sozialer Pfeiler unsererArbeit in Deutschland.Angesichts der harten Daten müssen Sie zur Kenntnisnehmen, dass in den 80er-Jahren – in Ihrer Regierungs-verantwortung – die Lohnnebenkosten bei 32 Prozent la-gen. In den 90er-Jahren sind sie von 35,5 Prozent aufüber 42 Prozent im Jahr 1998 gestiegen.
Wir haben in dieser Situation trotz der viel größerenHerausforderungen einen Pfad der Kontinuität beschrit-ten.
Die deutsche Wiedervereinigung ist in der Tat zu berück-sichtigen. Der demographische Wandel hat sich verstärktund die Arbeitslosigkeit lag beständig auf einem hohenNiveau. Aber unter diesen Bedingungen haben wir esgeschafft, die Lohnnebenkosten sechs Jahre lang zu sta-bilisieren und jetzt sogar systematisch zu senken.
Das ist die Leistung dieser Regierung.Insofern besteht die beste Politik, um die sozialen Si-cherungssysteme zukunftsfest zu machen, in Investitio-nen in Bildung, Ganztagsschulen und in einer Innova-tionsoffensive, um die Grundlagen für ein nachhaltigesWirtschaftswachstum zu schaffen. Dafür treten wir einund das ist der Weg, den wir kontinuierlich weiter be-schreiten werden.
Lassen Sie mich etwas zu den Ausführungen vonHerrn Pofalla zur Arbeitslosenversicherung anmerken.In einem Presseartikel hat er gefordert, den Beitrag zurAdbdS4dFlfdstwzWS–DbtAsbAreMgitmdnmussSdaPu
Seien Sie doch froh, dass sie zurückgegangen sind.as ist doch ein Beleg dafür, dass die Effizienz der Ar-eitsmarktpolitik und der Bundesagentur für Arbeit kon-inuierlich verbessert wird und dass nur die notwendigenusgaben getätigt werden. Seien wir doch froh darüber,tatt es zu beklagen!
Mich hat allerdings überrascht, was in Fragen der Ar-eitsmarktpolitik sonst üblich ist. Was zum Beispiel dieltenpflegeausbildung angeht, hätten die Länder längsteagieren müssen. Es ist doch interessant, dass auf derinen Seite gefordert wird, Beiträge zu senken und keineittel für entsprechende Maßnahmen mehr zur Verfü-ung zu stellen, und auf der anderen Seite im Parlamentn einem Antrag gefordert wird, den Ländern mehr Mit-el zuzuweisen, damit sie ihre Aufgaben besser wahrneh-en können. Eine solche Politik dem Motto „Wasch miren Pelz, aber mach mich nicht nass!“ können wir Ihnenicht durchgehen lassen, Herr Pofalla. Das ist Populis-us – auch im Wahlkampf –, den wir offen ansprechennd Ihnen nicht durchgehen lassen werden.
Lassen Sie mich kurz auf einige weitere Punkte zuprechen kommen.
Nein, Herr Kollege, Sie haben Ihre Redezeit über-
chritten. Ihnen bleibt nur noch die Zeit für einen
chlusssatz.
Dann will ich mich auf die Feststellung beschränken,ass unsere Reformen für den Fortschritt stehen. Das istuch schon deutlich geworden. Bei dem von Herrnofalla vorgetragenen Reformkonzept handelt es sichm nichts anderes als um ein Abbaukonzept, das Angst
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14400 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Klaus Brandnermacht. Wir brauchen aber Mut in der Gesellschaft. Wirmüssen dafür eintreten, dass Reformen in der Gesell-schaft wieder als etwas Positives begriffen werden. Wirhaben dafür den Grundstock gelegt und werden in dieserschwierigen Phase mit Mut und Zuversicht dafür sorgen,dass Deutschland in der Aufwärtsentwicklung bleibt.
Es befindet sich nicht im freien Fall, wie es hier darge-stellt worden ist. Ich lade Sie dazu ein, dabei konstruktivmitzuhelfen.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Petra Pau.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung für
das Jahr 2005 gibt eine vorsichtige Wachstumsprognose
für das Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 1,7 Prozent
an. Zugleich wird eine noch höhere Arbeitslosenzahl als
2004 angenommen. Der Trend ist also genau umgekehrt,
als noch im Herbst vorausgesagt und auch im Deutschen
Bundestag von der Bundesregierung verkündet wurde.
Das Hauptproblem für 4,5 bis 5 Millionen unmittelbar
Betroffene und damit auch eines der Kardinalprobleme
für die Sozialsysteme bleibt also unverändert riesengroß.
Die Massenarbeitslosigkeit nimmt sogar zu. Das ist das
belastende Minus der Wachstumsprognose der Bundes-
regierung.
Als Wirtschaftshemmnisse wird gern auf die hohen
Ölpreise und den im Vergleich zum Dollar zu starken
Euro verwiesen. Dass beide Faktoren Einfluss auf die
Wirtschaft und ihre Entwicklung haben, liegt auf der
Hand. Aber das sind nicht die einzigen Faktoren, die
hemmend wirken. Die entscheidende Schwachstelle ist
nach wie vor der Binnenmarkt. Diese Schwachstelle ist
hausgemacht; denn die Agenda-2010-Politik der Bun-
desregierung stärkt nicht den Binnenmarkt, sondern
schwächt ihn weiter. Allein durch Hartz IV und das
Arbeitslosengeld II wurden dem Binnenmarkt Milliar-
den Euro an Kaufkraft entzogen. Das senkt die Nach-
frage und gefährdet insbesondere kleine und mittelstän-
dische Betriebe. Ergo sind weitere Arbeitsplätze
gefährdet und es werden keine neuen geschaffen. Des-
halb hat die PDS im Bundestag immer gesagt: Hartz IV
ist nicht nur unter sozialen Gesichtspunkten falsch.
Hartz IV ist vielmehr auch in wirtschaftlicher Hinsicht
kontraproduktiv, allemal in ohnehin strukturschwachen
Regionen, und zwar sowohl im Osten als auch im Wes-
ten der Republik.
Obendrein werden Begehrlichkeiten geweckt, die un-
ter dem Strich ebenfalls negativ zu Buche schlagen wer-
den. Die so genannten 1-Euro-Jobs für Arbeitslosen-
geld-II-Empfänger im Bereich der gemeinnützigen
Leistungen waren noch nicht einmal eingerichtet, da
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14401
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Die Menschen in unserem Lande sind leider – das zei-gen auch die Umfragen – verunsichert. Aber sie sehengleichwohl immer stärker die Notwendigkeit, Verände-rungen vorzunehmen, um den gesellschaftlichen Wandelzu gestalten. Außerdem sehen sie in dieser Koalition ausSPD und Grünen immer stärker diejenige Kraft, die Er-neuerung in sozialer Verantwortung in Deutschland an-packt und auch schafft. Auch das ist die Botschaft desheutigen Tages.
Die Antwort der Opposition ist altbekannt: Sie be-steht in schiefen internationalen Vergleichen; da werdenÄpfel mit Birnen verwechselt. Immer wieder wird dieLokomotivfunktion der Bundesrepublik Deutschlandbeschworen. Wann hatten wir denn diese Lokomotiv-funktion? Das war Ende der 70er-Jahre, als JimmyCarter Helmut Schmidt sagte, Deutschland solle einesolche Funktion übernehmen. Unter den zu Beginn der80er-Jahre herrschenden Umständen hatte die Bundesre-publik Deutschland die Lokomotivfunktion.Ich möchte, wie es Frau Merkel in den letzten Tagengetan hat, die Statistik bemühen: Deutschland sei imRanking der OECD auf dem 18. Platz. Schauen Sie docheinmal genau nach: Auf dem 18. Platz standen wir auch1988, also vor der großen Aufgabe der Vereinigung. Dasist die Wahrheit.
Sie werden dieses Spiel weiterspielen, und zwar mitschiefen Vergleichen, die nicht weiterführen und die vorallem eines nicht bewirken: dass die Probleme gelöstwerden und dass Menschen verstärkt in Arbeit kommen.Das ist die Folge Ihres Schwarzredens und entsprechen-den Handelns.
Ich glaube, dass das, was wir in den letzten Jahren un-ter der Überschrift „Agenda 2010“ verstärkt und auchswvRdAradvOtSdDhVgirddbtDiccAuVchpPbsgkdaPsggsDnrdl
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14402 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Herr Pofalla oder Frau Merkel, Sie tragen vor, Siehätten tragfähige Konzepte zur Verbesserung der Wirt-schaftsentwicklung und der Beschäftigung in Deutsch-land. Frau Merkel hat gesagt: „Der inhaltliche Diskus-sionsprozess in der Union war sicherlich nicht immereinfach; aber diese Phase ist jetzt vorbei.“ Frau Merkelist klug genug, zu wissen, dass das, was sie da gesagthat, nicht stimmt. Es gibt in keinem einzigen Bereich einUnionskonzept, das die Differenzen und Widersprüchezwischen CDU und CSU auflöst. Ihr so genanntes Steu-erreformkonzept oder Ihr Gesundheitsreformkonzept ka-schiert die Widersprüche, mehr nicht. Deswegen habenSie diese misslungenen Entwürfe auch in der Schubladeverschwinden lassen. In der Anhörung des Finanzausschusses in der letztenWoche wurde Ihnen noch einmal attestiert: Ihr Steuerre-formkonzept ist unsozial, unfinanzierbar, fehlerhaft. Esfehlt der gesamte Bereich der Unternehmensbesteue-rung. Das wollen Sie bis zum Jahresende nachliefern.Das heißt, Sie haben kein Konzept für Bereiche, für dieSie sich reklamieren, ein Konzept zu haben.
Das gilt auch für den Bereich Familie. Jetzt endlichwollen Sie ein Konzept zur Familienpolitik erstellen –ebenfalls bis zum Jahresende. Ich frage Sie, meine Da-men und Herren: Was erzählen Sie im schleswig-holstei-nischen Landtagswahlkampf oder in Nordrhein-Westfa-len oder überhaupt bis zum Ende des Jahres? Wie sindSie überhaupt konzeptionell aufgestellt? Sie konstatie-ren, dass Sie für die Familienpolitik noch etwas erarbei-ten müssen.
Sie konstatieren, dass Sie für andere Bereiche noch et-was erarbeiten müssen. Sie sind weder inhaltlich nochtaktisch noch personell aufgestellt. Das ist Ihre Situation.
Ihr Prozess der inhaltlichen Klärung ist nicht abge-schlossen. Überall Fehlanzeige! Ihre rein mechanistischeSichtweise des europäischen Stabilitäts- und Wachstums-pakts würde zur Schwächung von Wirtschaft und Be-schäftigung in Deutschland führen. Auch in 2005 blei-ben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition,offensichtlich das, was Sie seit Jahren sind: unverbind-lich und widersprüchlich. Das ist keine Alternative, je-denfalls keine Alternative, die man den Bürgerinnen undBürgern in der Bundesrepublik ernsthaft zumuten sollte.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dietrich
ustermann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Derollege Poß hat gefragt, was wir denn den Bürgern inchleswig-Holstein vor der Landtagswahl erzählen.
ch will die Frage beantworten. Wir sagen ihnen: Frauimonis ist ökonomisch gescheitert. Wir sagen ihnen:ie Bundesregierung ist ökonomisch gescheitert. Ichill dafür den Beweis antreten.Wir sind am Anfang einer Debatte oder am Ende ei-er Debatte,
ie sich mit dem Jahreswirtschaftsbericht befasst, der imanuar, also zu Beginn des Jahres, Aussagen darüberrifft, in welche Richtung sich das Land entwickelt.enden wir uns dem zu, was die Bürger am meisten be-rifft! Ich vermute, das ist die Frage: Hast du Beschäfti-ung, hast du ein Einkommen, ja oder nein? Dazu erklärtie Regierung im Jahreswirtschaftsbericht selbst, dassie Zahl der Arbeitslosen, also der Menschen, die keinerbeit haben, im Jahresverlauf steigt.
as heißt, die Situation verschlechtert sich, Herr Kollegetiegler.
Ich will Ihnen das konkret an einem Beispiel belegen.ls der Bundeshaushalt für das Jahr 2005 aufgestellturde, im Juni letzten Jahres, ging das Kabinett für die-es Jahr von einer Arbeitslosenquote von 4,2 Millionenus. Im Herbst kam die Bundesagentur zu dem Ergebnis,ass sie 4,35 Millionen betragen wird. Der Jahreswirt-chaftsbericht geht jetzt von knapp 4,6 Millionen Ar-eitslosen aus. Das heißt, allein seit der Vorstellung desabinettvorschlages für den Haushalt dieses Jahres hatich nach Einschätzung der Bundesregierung die Zahler voraussichtlich Arbeitslosen um 400 000 erhöht. Füriesen Personenkreis zumindest hat sich also die persön-che Perspektive verschlechtert.Der Kollege Hinsken hat das ein bisschen anders for-uliert, indem er sagte: Rot-Grün macht arm und ar-eitslos. Genauso ist das. Sie machen arm, weil ein grö-erer Teil der Bevölkerung weniger zu tun und damiteniger Einkommen hat und weil die Zahl derjenigen
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14403
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Dietrich AustermannMenschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, im-mer größer wird. Sie machen auch den Staat arm, denn der Versuch,über hemmungsloses Schuldenmachen den Arbeitsmarktanzukurbeln,
hat ja nicht funktioniert. Wir haben die höchsten Schul-den – 53,7 Milliarden Euro an Schulden hat der Bund imletzten Jahr aufgenommen –, die wir je hatten, und wirhaben eine steigende Arbeitslosen- bzw. sinkende Be-schäftigtenzahl. Dennoch wird hier immer wieder ver-sucht, den Eindruck zu erwecken, dass man dadurch,dass man irgendwoher einfach immer mehr Kredite auf-nimmt, die Situation verbessern könnte. Genau das Ge-genteil ist der Fall. Spätestens nach ein bis zwei Jahrenrächt sich dieses Schuldenmachen auf grausame Weise.So liegen die Wachstumserwartungen im Vergleich zumVorjahr schon niedriger.Jetzt ist die Frage, welche Perspektiven der Wirt-schaftsminister dafür aufgezeigt hat, dass es später bes-ser wird. Wir sind es von ihm gewohnt, dass er jeweilszu Beginn des Jahres sagt, die Situation im Momentsieht zwar so und so aus, aber am Ende des Jahres wirdes 200 000 Arbeitslose weniger geben.
Im Jahreswirtschaftsbericht gibt es jedenfalls keine An-haltspunkte dafür, dass das so kommen wird. Auch ausAnkündigungen von konkreten Maßnahmen kann mandas nicht ableiten, denn es wurden keine konkreten Maß-nahmen angekündigt. Der Einzige, der konkrete Vor-schläge unterbreitet hat, wo man ansetzen könnte, umüber das Miniwachstum, das keine konkrete Verbesse-rung der Beschäftigungssituation mit sich bringt, hinaus-zukommen, war der Kollege Pofalla. Er hat ein Zehn-Punkte-Programm vorgestellt.
Kein anderer, und erst recht niemand aus den Regie-rungsparteien, hat einen einzigen konkreten Vorschlaggemacht. Sie haben nur über erneuerbare Energien undÄhnliches gesprochen. Dazu möchte ich Ihnen Folgen-des sagen: Der Kollege Schulz, der hier ein Gesichtmacht, als hätte er die konkreten Wirtschaftsdaten derBundesregierung gelesen, sagte, Sie hätten etwas für er-neuerbare Energien getan. Dazu sage ich Ihnen: Wir ha-ben schon im Bereich erneuerbare Energie gehandelt, dahatten Sie noch die Eierschalen der Göttinger Hausbeset-zerszene abzustreifen. Da haben wir uns schon umWindenergie, nachwachsende Rohstoffe und vieles an-dere mehr gekümmert.
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Es ist erfreulich, dass die Präsidentin mitdenkt. Ichill ganz klar sagen, wen ich gemeint habe: Es war derollege Trittin. Wir waren beide zu der Zeit in Göttin-en.
amals musste ich als Stadtdirektor dafür sorgen, dass erus einem besetzten Haus verschwindet und sich ordent-ichen Dingen zuwendet.
Meine Damen und Herren, ich bin gefragt worden,as wir in Schleswig-Holstein täten. Ich sage Ihnenoch einmal: Was im Großen für den Bund gilt, gilt inleicher Weise für die rot-grün regierten Bundesländer.ot-Grün macht arm und arbeitslos. In Schleswig-Hol-tein gibt es 40 000 Arbeitslose mehr als zu der Zeit, alsrau Simonis Ministerpräsidentin wurde.
Im letzten Jahr haben 10 000 Menschen ihre Beschäf-gung verloren. Innerhalb eines Jahres 10 000 Menschen!ie Situation bezüglich der Armut ist so schlimm, dass5 000 Kinder in Schleswig-Holstein heute Sozialhilfeeziehen. Sie haben sich auf aktuelle Daten bezogen. So hat derirtschaftsminister darauf verwiesen, dass die GfK he-ausgefunden hat, dass es im Dezember eine Verände-ung beim Konsum gegeben hat. Das hängt wohl irgend-ie mit Weihnachten zusammen. Schauen Sie sich ein-al die tatsächliche Situation an. Heute konnte man ininer neuen Studie lesen, dass sich die Kluft zwischenrm und Reich seit der Amtsübernahme durch die rot-rüne Bundesregierung vergrößert habe.
eutlicher kann man, glaube ich, gar nicht darstellen,ass Sie auf dem falschen Wege sind.Die Energiepolitik ist hierfür ein gutes Beispiel. Derirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein re-ete davon, dass er im ersten Halbjahr 2004 im Ver-leich zum Jahr 2003 ein gutes Wirtschaftswachstum ge-abt habe. Worauf ist das zurückzuführen? Im erstenalbjahr 2004 war das Kernkraftwerk Brunsbüttel ametz, im ersten Halbjahr 2003 nicht. Indem Sie mit Ihrerirtschaftspolitik für höhere Strompreise und insgesamtür höhere Energiekosten sorgen, verschlechtern Sie zu-leich die Situation der Menschen und der Betriebe.
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Dietrich AustermannLassen Sie mich abschließend ein Beispiel nennen,das meines Erachtens deutlich macht, wo und wie etwasfalsch läuft und warum es anders laufen muss. Die FirmaDräger in Lübeck, die 1 500 Mitarbeiter beschäftigt,überlegte, mit dem Teilkonzern Dräger Medical nachTschechien zu gehen. Man hat mit dem Betriebsrat ver-handelt. Die Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein hat – das war ihr einziger Beitrag zu diesemThema – die Geschäftsleitung beschimpft. Nach langemHin und Her gab es eine Einigung zwischen Betriebsratund Geschäftsleitung. Jeder hat gedacht, damit sei dieKuh vom Eis. Wochen später jedoch war in der Zeitungzu lesen, der Aufsichtsrat könne das Projekt noch nichtabschließen, weil der Bundesvorstand der IG Metall inFrankfurt noch keinen Termin gefunden habe, um sichmit dem Vorhaben zu befassen.Wenn Sie etwas für die Wirtschaft tun wollen, dannsorgen Sie dafür – das hat der Kollege Pofalla vorhin ge-sagt und das hat ja auch der Bundeskanzler im Rahmenseiner Agenda 2010 einmal angekündigt –, dass betrieb-liche Bündnisse möglich sind! Sorgen Sie dafür, dass inden Betrieben selbst entschieden wird, was für die Be-triebe gut und richtig ist, und dass nicht Gewerkschafts-fuzzis weit weg darüber entscheiden, was zum Wohle– in diesem Falle: zum Schaden – des Landes gemachtwird.Rot-Grün macht arm und arbeitslos und die Büchsen-spanner der Gewerkschaften stehen dabei und reibensich die Hände. Das muss anders werden, damit es inSchleswig-Holstein und in ganz Deutschland besserwird.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 15/4700 und 15/4300 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:
Beratung des Berichts des Rechtsausschusses
gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäfts-
ordnung zu dem Antrag der Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen,
Hartmut Koschyk, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Verbrechen wirksam bekämpfen – Genetischen
Fingerabdruck konsequent nutzen
– Drucksachen 15/2159, 15/4732 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Stünker
Christine Lambrecht
Dr. Norbert Röttgen
Jerzy Montag
Jörg van Essen
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Die DNA-Analyse ist keine Wunderwaffe beimampf gegen das Verbrechen. Aber sie ist ein äußerstirksames Instrument, um Straftaten aufzuklären, Straf-äter zu überführen, neue Straftaten zu verhindern, aberuch zu Unrecht Verdächtigte zu entlasten. In den USAind über 100 rechtskräftig zum Tode verurteilte „Straf-äter“ durch DNA-Analysen entlastet und dann entlassenorden. In Deutschland wurden zwischenzeitlich danker DNA-Analyse 18 000 Straftaten aufgeklärt, darunter40 Tötungsdelikte und 820 Sexualstraftaten.Wir registrieren in Deutschland 6,5 Millionen Straf-aten pro Jahr. Seit drei Jahren steigt diese Zahl an. Dieewerkschaft der Polizei schätzt, dass nur jede zehntetraftat entdeckt und zur Anzeige gebracht wird. Dieufklärungsquote beträgt nur 53 Prozent. Am höchstenst sie in Bayern mit fast 65 Prozent. Allein der Freistaatayern hat 20 Prozent aller DNA-Datensätze an dasKA geliefert.Zu viele Straftaten bleiben unaufgeklärt; zu vieletraftäter kommen ungeschoren davon. Das wollen wirndern. Wir wollen Deutschland sicherer machen.
ir wollen die Bürger besser, als es zurzeit möglich ist,or Straftaten schützen. Dabei kann der so genannte ge-etische Fingerabdruck helfen. Deswegen wollen wirhn zukünftig stärker nutzen, als es derzeit möglich ist.ie jetzige Rechtslage ist zu restriktiv. Die Vorausset-ungen für die Abnahme und Speicherung sind restrikti-er, als sie aus rechtsstaatlichen und verfassungsrechtli-hen Gründen sein müssten.Der genetische Fingerabdruck ist der Fingerabdruckes 21. Jahrhunderts. Deshalb wollen wir ihn zur Stan-ardmaßnahme bei jeder erkennungsdienstlichen Be-andlung machen.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14405
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Wolfgang BosbachDas heißt, nicht jeder Täter, nicht jeder Beschuldigte,nicht jeder Tatverdächtige muss eine Speichelprobe ab-geben, sondern nur derjenige, der ohnehin erkennungs-dienstlich behandelt wird. Die immer wieder gerne auf-gestellte Behauptung, zukünftig müsse jeder Eierdieb,jeder Ladendieb und jeder Schwarzfahrer
eine Speichelprobe abgeben, erfüllt den Tatbestand desgroben Unfugs. Man möge hier einmal die Namen derEierdiebe und der Schwarzfahrer nennen, die in den ver-gangenen Jahren erkennungsdienstlich behandelt wor-den sind. Das alles ist Unfug. Nur 12,7 Prozent aller Be-schuldigten werden erkennungsdienstlich behandelt, dasheißt, die große Masse nicht.Im Übrigen ist die im „Tagesspiegel“ gemachte Aus-sage, dass die Union einen DNA-Test für alle Verdächti-gen fordert, schlicht falsch. Wer gute Argumente hat,braucht keine absurden heranzuziehen. Wer absurde be-nutzt, hat keine guten.
Zudem ist es schlicht falsch, dass die Polizei wahllosund willkürlich erkennungsdienstliche Maßnahmendurchführen kann. Sie kann es nur, wenn die Vorausset-zungen der Strafprozessordnung gegeben sind. Zurzeitumfassen diese Maßnahmen die Abnahme des klassischenFingerabdrucks, die Aufnahme des berühmten dreige-teilten Bildes und die Beschreibung körperlicher Merk-male. Hinzutreten soll der so genannte Mundschleim-hautabstrich, die genetische Analyse. Mehr ist nichtgeplant.Die dagegen vorgebrachten Argumente überzeugennicht. Das erste Argument ist die viel beschriebeneAngst vor dem gläsernen Menschen. Wir wollen kei-nen gläsernen Menschen; wir wollen keinen Überwa-chungsstaat. Wir haben vor 15 Jahren einen Überwa-chungsstaat abgeschafft.
Beim BKA gibt es 80 000 anonyme Datensätze und300 000 bekannte Personen. Da müssten wir in Deutsch-land 300 000 gläserne Menschen haben. Sagen Sie unsdoch einmal, wo diese 300 000 gläsernen Bürger sind!Was wissen wir von ihnen außer einer Zahlenkombina-tion, die beim BKA gespeichert ist?Schon die Bezeichnung „genetischer Fingerabdruck“ist falsch. Untersucht werden nicht die Gene, die Trägervon Erbinformationen, sondern das Füllmaterial da-zwischen, der nicht codierende Teil des menschlichenErbgutes. Was kann man damit machen?
Man kann die Spur einer Person zuordnen oder mankann ausschließen, dass die Spur von einer bestimmtenPerson stammt. Das ist exakt das Gleiche wie beim klas-sischen Fingerabdruck. Es gibt eine Ausnahme: MankmWhlljsaddtnVkmnESeTbeKmWdBErbbwwuca–
er daran einen Zweifel hat, lese den „Stern“ – er istundertprozentig politisch korrekt und eine Lieblings-ektüre von vielen – von dieser Woche, Seite 148/149.Das zweite Argument ist, dass man falsche Spurenegen kann. Das ist das Lieblingsargument der Bundes-ustizministerin. Es ist ein geniales Argument; denn estimmt. Aufgrund dieses Arguments muss man aberuch den klassischen Fingerabdruck verbieten. Es gibtoch beim Legen falscher Spuren keinen Unterschiedarin, ob ich eine Kippe mit Speichel oder eine Zigaret-enpackung mit einem Fingerabdruck am Tatort depo-iere. In beiden Fällen kann man falsche Spuren legen.Das dritte Argument ist, dass jemand zu Unrecht inerdacht geraten kann. Richtig, das kann auch beimlassischen Fingerabdruck der Fall sein. Wer so argu-entiert, unterstellt den ermittelnden Polizeibeamtenichts anderes, als dass sie ihre Arbeit nicht beherrschen.
s ist doch einfach Unfug, zu sagen: Spur gefunden,pur analysiert, Spur verglichen, Täter gefunden! Nein,s muss doch gefragt werden: Hatte der Verdächtige eineatgelegenheit? Hatte er ein Tatmotiv? Wo war er zumesagten Zeitpunkt? Das alles gehört doch zur Arbeit derrmittelnden Polizeibeamten. Die DNA-Spur ersetzt dieriminalistik nicht.Dann kommt das vierte Argument, das Hauptargu-ent: dass man die Analyse auch missbrauchen könne.er so argumentiert, unterstellt den Labors bzw. den Lan-eskriminalämtern nichts anderes als kriminelle Energie.ei Autofahrern sind wir übrigens völlig schmerzfrei.ine Blutprobe enthält allerfeinstes genetisches Mate-ial. In Deutschland dürften Hunderttausende Blutpro-en abgezapft worden sein. Mir ist nicht ein einziger Fallekannt, in dem jemals etwas anderes untersucht wordenäre als die Blutalkoholkonzentration. Wir wollen nurissen, wie viel Schnaps der Betreffende im Blut hat,nd nicht, ob er Träger von Erbkrankheiten ist oder wel-he gesundheitlichen Merkmale er hat.Dazu schrieb mir vorgestern ein leitender Kriminalbe-mter, ein Kriminalhauptkommissar:Mittlerweile wundert es mich, dass ein junger Poli-
kehr anordnen und auch mit Zwang durchführenlassen darf, OHNE Richtervorbehalt, dass ein Ge-richtsmediziner eine Alkoholbestimmung durch-führen darf, OHNE dass die Probe anonymisiert ist.Kann sich Herr Beck gemeint ist der von den Grünen –nicht vorstellen, dass ein krimineller Medizinereventuell ein wenig Blut an Krankenkasse und Ver-sicherung schickt?
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Wolfgang BosbachDer Mann – er ist ein Praktiker – hat völlig Recht. Hierwird ja auch noch anonymisiert untersucht. Das heißt:Der Untersuchende weiß gar nicht, wer der Spurenlegerist. Was soll er denn mit dem Material anderes machen,als lediglich einen Zahlencode herzustellen?Als fünftes Argument sind natürlich, wie bei fast al-lem, die Bürgerrechte in Gefahr. Um welche Bürger-rechte geht es hier? Das Recht auf Erbinformation istselbstverständlich schützenswert. Es bleibt geschützt,das interessiert niemanden. Das Recht auf informatio-nelle Selbstbestimmung kann erkennbar nicht gemeintsein; denn der Mensch wird nicht entschlüsselt durchden nicht codierenden Teil. Mir geht es aber um andereBürgerrechte. Es gibt kein Bürgerrecht, unentdeckt eineStraftat zu begehen. Der Straftäter hat nicht das Bürger-recht, ungeschoren davonzukommen.
Aber es gibt das Recht der Bürger, vom Staat geschütztzu werden. Wir reklamieren für uns das staatliche Ge-waltmonopol. Wir sagen, dass nur eine Instanz Gewaltausüben darf, und das ist der Staat. Wenn wir das Mono-pol reklamieren, dann haben wir die Verpflichtung, un-sere Bürger so wirksam, wie wir können, vor Verbre-chen, vor Straftaten in allen Erscheinungsformen zuschützen. Der Bundeskanzler ist dafür, der Bundesinnen-minister ist dafür. Die Bundesjustizministerin weiß nochnicht genau, wofür oder wogegen sie ist. Die Innenmi-nister und die Justizminister der Länder sind dafür. Wel-che unbekannte Macht hindert diese Bundesregierung ei-gentlich daran, das zu tun, was sie tun müsste?
Sie auf der Regierungsbank müssen sich entscheiden,was Ihnen wichtiger ist: der stärkere Schutz der Bevöl-kerung vor Straftaten oder der Frieden in der Koalition.Diese Frage müssen Sie beantworten.
Kommen wir zum letzten Punkt. Besteht nicht ange-sichts des Antrags der Union doch Anlass zur Sorge? Ichkann nur sagen: Ja. Wissen Sie, wer sich Sorgen machenmuss? Die Ganoven müssen sich Sorgen machen. Siemüssen die Sorge haben, demnächst schneller überführtund dingfest gemacht zu werden.
Damit sie sich Sorgen machen, haben wir diesen Antraggestellt.Danke fürs Zuhören.
ZHiDdgMag–vfEfdeHbgw1gtdSwRtfz–
Rede von: Unbekanntinfo_outline
as Thema, das wir heute hier behandeln, ist eines, überas man wirklich ernsthaft diskutieren sollte.
Ich habe mich über Ihren Einstieg in dieses Themaefreut, weil Sie nämlich konzediert haben, dass derord an Herrn Moshammer innerhalb kürzester Zeitufgeklärt werden konnte, und zwar auf Grundlage deseltenden Rechts.
Das ändert nichts daran, dass dies geltendes Recht ist,erehrter Herr Dr. Röttgen.Mit anderen Worten: Dieser Fall bietet keinen Anlassür eine aufgeregte Debatte.
s ist auch nicht unsere Art, eine aufgeregte Debatte zuühren. Wir wissen nämlich schon seit einer ganzen Zeit,ass wir im Zusammenhang mit DNA-Untersuchungentwas ändern müssen. Das haben wir bereits in diesemause diskutiert, erst letzte Woche.Im Bundesministerium der Justiz wurde eine Prüfungegonnen, bei der wir uns mit den Ländern zusammen-eschlossen haben. Ein Ergebnis unserer Prüfung habenir bereits in geltendes Recht umgesetzt: Seit dem. April des letzten Jahres kann bei allen Straftaten ge-en die sexuelle Selbstbestimmung die DNA des Tä-ers gespeichert werden, wenn davon ausgegangen wer-en muss, dass er in Zukunft weitere erheblichetraftaten begehen wird. Das heißt, im letzten Jahr habenir bereits für Sexualstraftäter eine Erweiterung desechts vorgenommen.Sie haben aus der Verabredung mit den Justizminis-ern zitiert. Ich weiß nicht, worauf Ihr Zitat beruht. Of-enbar wissen Sie schon, was die Minister wollen, ichumindest weiß es nicht.
Ich weiß nicht, woher Sie den haben.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14407
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Bundesministerin Brigitte Zypries
Es gibt keinen abgestimmten Entwurf der Justizmi-nister. Die Verabredung war, dass sie das im April ge-meinsam vorstellen. Die Justizminister der Länder Bay-ern und Hessen haben sich aber offenbar nicht darangebunden gefühlt, die Ergebnisse einer von ihnen miteingesetzten Arbeitsgruppe abzuwarten, und stattdesseneinen Gesetzentwurf vorgelegt. Das verschafft uns dieMöglichkeit, unsere eigenen Vorstellungen offen zu le-gen.
Denn an die Verabredung brauchen wir uns dann nichtmehr zu halten.
Ich habe eben schon gesagt: Es wäre sinnvoll, wennman insofern eine ernsthafte Debatte führen würde. DerAntrag, über den wir hier heute diskutieren, ist – daskonzedieren Sie wahrscheinlich inzwischen selbst – inTeilen überholt. Ich habe es eben bereits gesagt: Sexual-straftaten sind bereits aufgenommen, und das ist das,was Sie in Ihrem Antrag fordern.
Was Sie ansonsten fordern, bleibt unklar. Denn Sie for-dern auf der einen Seite eine Gleichstellung der DNA-Analyse mit dem Fingerabdruck – das hat eben ja auchHerr Bosbach gemacht – und halten auf der anderenSeite in dem Antrag daran fest, dass eine Speicherungnur dann zulässig sein soll, wenn von dem Beschuldig-ten erhebliche Straftaten zu erwarten sind. So lautet aberauch der geltende Gesetzestext. Das entspräche dannnicht der hundertprozentigen Gleichstellung in § 81 bStPO.
– § 81 b beträfe die Gleichstellung mit dem Fingerab-druck und dem Lichtbild.
Genau das wäre es nicht. Das wird ja selbst von den Län-dern Hessen und Bayern nicht gefordert.
– Doch. Lesen Sie den Antrag! Den kann ich Ihnen ge-ben; den habe ich nämlich.
Das sind nur zwei Beispiele dafür, wie leicht man sich indiesem Geflecht verlaufen kann. Das zeigt, dass man mitdiesem Spannungsfeld sehr sorgfältig umgehen muss.DdgsDtescnpSvSRrevRWdcabblabPFeDrgdEwFzclädAeznzz
Das ist in der Tat ein grundrechtssensibler Bereich.enn es ist völlig unstreitig, dass die Feststellung undie Speicherung des Identifizierungsmusters einen Ein-riff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbe-timmung darstellen.
ies kann nur geschehen, wenn es in überwiegendem In-resse der Allgemeinheit ist und wenn dabei der Grund-atz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Das ist tägli-hes Geschäft bei der Grundrechtsdogmatik.Auf der anderen Seite – dies ist bei einer Abwägungatürlich auch zu berücksichtigen – ist der Staat ver-flichtet, die Bürgerinnen und Bürger bestmöglich vortraftaten zu schützen. Dazu gehören sowohl die Prä-ention als auch die schnellstmögliche Aufklärung vontraftaten. Darin sind sich die Regierungskoalition, dieechts- und Innenpolitiker von SPD und Grünen und da-in bin ich mir auch mit dem Herrn Bundesinnenministerinig.
Was wollen wir nun ändern? Es werden im Momentor allem drei Punkte diskutiert. Der eine Punkt ist derichtervorbehalt; das findet sich auch in Ihrem Antrag.ir werden zunächst – darüber wird auch schon längeriskutiert – eine Modifizierung bei der Spurenuntersu-hung vornehmen. Das heißt, bei der Untersuchung vonnonymen Spuren am Tatort ist der Richtervorbehalt ent-ehrlich. In Bezug auf die Entnahme von Körperzelleneim Beschuldigten und die sich anschließende moleku-r-genetische Untersuchung wollen wir am Richtervor-ehalt grundsätzlich festhalten. Das soll in einem für dieraxis wichtigen Fall nicht gelten, nämlich im Fall derreiwilligkeit, also dann, wenn die Betroffenen damitinverstanden sind, dass ihre Daten gespeichert werden.ann bedarf es künftig auch nach dem Gesetz keinerichterlichen Anordnung mehr. Bei Gefahr im Verzugeilt weiterhin: Der Richter muss nicht eingeschaltet wer-en, wenn die Untersuchung unaufschiebbar ist und derrmittlungserfolg sonst gefährdet wäre.Gestatten Sie mir, dass ich noch einmal darauf hin-eise: Es geht hier nur um künftige Strafverfolgung.ür die Feststellung während eines laufenden Verfahrensur Aufklärung einer Straftat sind jede DNA-Untersu-hung und jeder DNA-Abgleich heute grundsätzlich zu-ssig. Das ist gar nicht das Problem. Wir reden nur überie Speicherung mit Blick auf künftige Verfahren.
uch da wollen wir die DNA-Analyse ausweiten. Neu-re Studien des Bundeskriminalamtes zeigen uns, dassum Beispiel ein Vergewaltiger in der Regel ein krimi-elles Vorleben hat, das nicht unbedingt einen Sexualbe-ug haben muss, sondern in sehr vielen Fällen einen Be-ug zu kleineren Straftaten aufweist. Das gibt uns die
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Bundesministerin Brigitte Zypriesverfassungsrechtliche Legitimation, zu sagen: Wenn wiraufgrund empirischer Erkenntnisse wissen, dass das soist, dann dürfen wir die entsprechende Vorsorgemaß-nahme auch treffen. Deswegen werden künftig auchmehrfach begangene einfache Straftaten eine Speiche-rung rechtfertigen, wenn von diesem Täter in ZukunftStraftaten zu erwarten sind. Ob das so ist, muss eine Pro-gnose zeigen. Das ist das, was man unter „Negativpro-gnose“ diskutiert. Für diese ist entscheidend – so hat esdas Bundesverwaltungsgericht formuliert –, dass manangesichts aller Umstände des Einzelfalls, insbesondereangesichts der Art, der Schwere und Begehungsweiseder Taten, des Anlassverfahrens und der Persönlichkeitdes Täters, Anhaltspunkte für die Annahme hat, dass derBetroffene künftig mit guten Gründen als Verdächtigerwieder in den Kreis von potenziellen Beteiligten an einernoch aufzuklärenden Straftat kommen könnte.Wenn es darum geht, eine Straftat aufzuklären odersie zu verhüten – Letzteres wäre noch besser –, dannmuss der Eingriff gegen das Grundrecht des Täters aufinformationelle Selbstbestimmung in dieser Weise abge-wogen werden. Damit wird eine Abwägung getroffen,wie sie auch bei anderen Eingriffen vorgenommen wird,insbesondere beim normalen Fingerabdruck oder bei derErstellung von anderen erkennungsdienstlichen Merk-malen.Wir wollen in Zukunft auch die Zulässigkeit von sogenannten Reihengentests gesetzlich regeln. Bei diesenTests werden Teile der Bevölkerung zur Abgabe ihrerSpeichelprobe aufgefordert, um an der Aufklärung einerStraftat mitzuwirken; in der Regel geht es um Mord oderVergewaltigung. In diesem Bereich sind in der Praxis er-hebliche Unsicherheiten aufgetreten, weil unklar war, obdies ohne eine richterliche Entscheidung angeordnetwerden darf. Wir wollen deshalb eine klare Rechts-grundlage schaffen, die insbesondere klären soll, ob diesdurch einen Richter anzuordnen ist, und die die Aufklä-rungspflichten gegenüber den Betroffenen beschreibt.Meine Damen und Herren, aus diesen Eckpunktenkönnen Sie entnehmen, dass es eine völlige Gleichstel-lung der DNA-Analyse mit Lichtbildern und Fingerab-drücken nicht geben wird. Ich habe es eben schon einmalgesagt: Davon gehen auch der hessische und der bayeri-sche Antrag nicht aus, denn sie ändern eben nicht § 81 b,sondern § 81 a und erhalten damit auch den Richtervor-behalt.Genetische Daten sind etwas Besonderes und die For-schung hinsichtlich ihrer Auswertung ist noch langenicht abgeschlossen. Selbst wenn wir heute sagen kön-nen, dass zuverlässig nur bestimmte Dinge gemacht wer-den, muss der Gesetzgeber darauf Rücksicht nehmen,dass er eine richtige, sachgerechte und verfassungsmä-ßige Ausgestaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzipsvornimmt. Dabei muss er natürlich auch die Realität so-wie die Tatsache berücksichtigen, dass auch heuteerkennungsdienstliche Maßnahmen nur bei einemganz bestimmten Teil der Beschuldigten durchgeführtwerden, nämlich nur bei ungefähr 12 bis 14 Prozent vonihnen. Der Eindruck, dass jedem Beschuldigten in einemStrafverfahren und überhaupt jedem, der vernommenwshswgdleahefJgsuvlgesebimnsTsnalmosDd
Danke schön. – Das Wort hat jetzt der Abgeordnete
örg van Essen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Esibt kaum eine Entwicklung in der Kriminalistik, die eineolche Erfolgsgeschichte darstellt wie die Genanalyse,nd zwar auch deshalb, weil sie nicht nur zur Ergreifungon Tätern geführt, sondern in einigen Fällen auch deut-ich gemacht hat, dass es leider gravierende Fehlurteileegeben hat.Ich habe das in meiner eigenen dienstlichen Tätigkeitrlebt; ich war an einem Verfahren beteiligt, bei demich aufgrund der neuen Möglichkeiten ergeben hat, dassin wegen Mordes zu lebenslänglicher Haft verurteilterritischer Soldat mit Sicherheit nicht der Täter war.Das macht deutlich, dass dies ein Bereich ist, den wirn der Rechtspolitik in besonderer Weise betrachtenüssen. Ich bedauere, dass das in den letzten Wochenicht mit dem Tiefgang und nicht mit der Sorgfalt ge-chehen ist, die man gerade bei einem solch wichtigenhema erwarten kann.
Ich bedauere dies auch deshalb, weil ich der Auffas-ung bin, man sollte, bevor man Forderungen nacheuen gesetzlichen Bestimmungen stellt, erst einmal dielten Regelungen beurteilen.
Dazu müssen nach meiner Auffassung zwei Feststel-ungen getroffen werden: Erstens hat der Fall Mosham-er gezeigt, dass ein so schwerwiegendes Verbrechenffensichtlich mit den bestehenden Bestimmungen ganzchnell aufgeklärt werden konnte.
as ist die erste Feststellung.Meine zweite Feststellung ist, dass Datensätze nachen bestehenden Bestimmungen, wenn es um Alttäter
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14409
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Jörg van Essengeht, an das Bundeskriminalamt geliefert werden dür-fen. Ich stelle dankbar fest: Dort, wo Justizminister mei-ner Partei, der FDP, Verantwortung tragen – in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz –, ist dies in vol-lem Umfang geschehen.
Aber in meinem Heimatland, in Nordrhein-Westfalen,sind 3 000 Spuren leider noch immer nicht an das Bun-deskriminalamt geliefert worden. Wer weiß, wie wichtiges ist, neue Fälle mit alten Spuren vergleichen zu kön-nen, der legt natürlich erheblichen Wert darauf, dass einsolcher Missstand – in Nordrhein-Westfalen besteht eingravierender Missstand – abgebaut wird.
An der Diskussion, die wir bisher geführt haben, istmir aufgefallen, dass wir die Urteile des Bundesverfas-sungsgerichts zu dieser Frage nur gestreift haben.
Das bedauere ich;
denn das Bundesverfassungsgericht hat uns Vorgabengemacht.
Es ist immer gut, wenn die Politik die Vorgaben desBundesverfassungsgerichts, das für uns die Verfassungauslegt und damit die Grundlage unseres politischen Le-bens schafft, beachtet.
Wir, die FDP, legen Wert darauf, dies zu tun. Dennochdenke ich, wir sollten in dieser Diskussion offen seinund die Spielräume, die uns das Bundesverfassungsge-richt eröffnet, nutzen. Immerhin geht es um die Aufklä-rung, gegebenenfalls sogar um die Verhütung schwers-ter Straftaten. Diese klare und eindeutige Haltung wirdin dieser Diskussion unsere Linie sein.Da von den anderen Fraktionen angesprochen wurde,mit welchen Positionen sie in diese notwendige Debattegehen, will auch ich das für meine Fraktion tun. Erstens.Wir haben bereits den Antrag eingebracht, bei anony-men Spuren in Zukunft auf den Richtervorbehalt zuverzichten.
Diese Auffassung teilt auch der Bundesdatenschutzbe-auftragte. Eine anonyme Spur, durch die keine Rechteeiner bestimmten Person verletzt werden können, soll inZukunft ohne die Einschaltung eines Richters untersuchtund gegebenenfalls auch gespeichert werden dürfen. Dasist der erste Punkt.
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aran wird deutlich, dass wir diese wirklich wichtigeechtliche Frage auf ein vernünftiges Fundament stellenüssen. Auch müssen wir über die Aufbewahrung derroben diskutieren.Sofern es sich um freiwillige Tests handelt – auchierzu gibt es unterschiedliche rechtliche Auffassungen –,abe ich eine klare Meinung: Wenn jemand freiwilligeinen Speichel – beispielsweise für eine gentechnischentersuchung – abgibt, bedarf es grundsätzlich keinesichtervorbehaltes. Jeder ist selbst Herr über seine Da-en. Wenn man sie freiwillig hergibt, wie es auch im Falloshammer geschehen ist, dann ist selbstverständlicheine Beteiligung eines Richters notwendig.
Herr Gehb, das ist eben nicht selbstverständlich.
ie Sie wissen, gibt es hierzu unterschiedliche rechtli-he Entscheidungen.
ch habe hier lediglich meine Auffassung deutlich ge-acht. Sie können ganz ruhig sitzen bleiben. Meine Po-ition jedenfalls ist klar und eindeutig.
Ein letzter Punkt ist mir ebenfalls außerordentlichichtig. Es ist so, dass für eine Untersuchung im Augen-lick nur einzelne Straftaten von Gewicht in Betrachtommen. Wie die Justizministerin, deren Auffassung inieser Frage ich teile, bin ich der Meinung: Auch eineülle von kleineren Straftaten kann insgesamt das Bildrgeben, dass ein Krimineller Straftaten von Gewichtegangen hat. In diesem Fall muss er anders behandelterden als derjenige, der beispielsweise eine Flascheier oder etwas anderes in einem Kaufhaus hat mitgehenassen.Das sind die Eckpunkte, mit denen wir in diese De-atte gehen. Wir sind offen für eine Diskussion, orientie-en uns gleichzeitig aber ganz klar an der Rechtspre-hung des Bundesverfassungsgerichts.Vielen Dank.
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Jörg van Essen
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-ChristianStröbele.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Wir wollen heute über den Bericht des Rechtsaus-schusses zu dem Gesetzentwurf und Antrag der Unionreden. Ich habe für die Union zwei gute und zweischlechte Nachrichten.Die erste schlechte Nachricht: Die Koalition hat sichbei der Debatte über den so genannten genetischen Fin-gerabdruck nicht zerstritten und wird dies auch nicht tun.
Wir haben uns gestern noch einmal zusammengesetzt: Inwesentlichen Punkten sind wir uns einig.
Jetzt kommt eine gute Nachricht für Sie –
ich will einmal aus dem Ritual ausbrechen, das in die-sem Hause sonst üblich ist –: Es gibt auch Anträge deranderen Seite, also der Opposition, bei denen man nachvielen Diskussionen und nach umfangreicher öffentli-cher Debatte sagen muss: Das Ziel dieses Gesetzentwur-fes ist richtig. – In diesem Sinne sage ich Ihnen: Das,was Sie im Dezember 2004 in Ihrem Antrag geschriebenhaben – dass bei anonymen Spuren der Richtervorbe-halt wegfallen sollte –, ist richtig.
Ich habe – das hatten Sie von mir im Rechtsausschuss javerlangt bzw. erbeten – aus den vielen Diskussionen, andenen ich beteiligt war, gelernt; das sage ich hier so klar.Da sind wir uns offenbar schon alle einig.Ich habe eine weitere gute Nachricht für Sie:
Auch in weiteren Punkten, die Sie in Ihrem Antrag vomJahr 2003 angesprochen haben, bahnt sich eine weitge-hende Verständigung an, also auch in der Frage: Was ist,wenn eine Speicherung freiwillig erfolgt? In diesem Fallbin auch ich der Auffassung, dass Einschränkungen derGrundrechte, hier: des Grundrechts auf informatio-nelle Selbstbestimmung, für den Grundrechtsinhaberdisponibel sind. Das tun wir ja auch selber, zum BeispielwrJsgsm–neliMfRvDgwFsesemdisbkNStrEsnihhdZtiüDIadddli
a bereits dann, wenn wir in der Wohnung einmal lautind, lassen wir andere mithören. Das ist zwar ein Ein-riff, aber einer, der mit Einverständnis geschieht. Das-elbe gilt für diesen Eingriff in das Grundrecht auf infor-ationelle Selbstbestimmung.Auch über andere Punkte kann man durchaus redenSie haben das angesprochen und dem habe ich michie verschlossen –, etwa über die Frage, ob es sich umine Straftat von besonderer Bedeutung handelt. Natür-ch muss man dabei einbeziehen, ob ein Täter das ersteal, das zweite Mal, das zehnte oder das 16. Mal straf-ällig wird; dass das bei der Beurteilung eine erheblicheolle spielt, ist für jeden Strafjuristen eigentlich selbst-erständlich.Ich füge noch einen Punkt hinzu, der mir in den vieleniskussionen immer wieder vorgehalten worden ist: Esab in Niedersachsen den Fall einer versuchten Verge-altigung, bei dem gar nicht einmal der Richter einenehler gemacht hat, sondern offenbar die Staatsanwalt-chaft: indem die Prognose nicht gestellt wurde, dass sotwas wieder passieren könnte, dass der Täter wiedertraffällig werden könnte. Deshalb ist keine Speicherungrfolgt. Da wird man darüber nachdenken können undüssen, ob man, damit so etwas nicht wieder passiert,em Richter – so ähnlich wie das auch beim Haftrechtt – bei besonders schweren Straftaten, bei denen dieegangene Tat eine Wiederholung geradezu indizierenönnte, Vorgaben macht. – Das war die zweite guteachricht für Sie.
Jetzt komme ich zur zweiten schlechten Nachricht fürie: Wir werden uns dem Antrag, den Sie gestellt haben,otzdem nicht anschließen.
s ist schon darauf hingewiesen worden – und das müs-en auch Sie erkennen –: Ihr Antrag spiegelt eigentlichicht mehr den aktuellen Diskussionsstand wider. Inm wird nur ein Punkt angesprochen. Doch inzwischenaben wir eine ganze Reihe von zusätzlichen Punkten,ie geregelt werden müssen. Wir müssen uns jetzt dieeit nehmen, uns anhand der Tatsachen, die uns die Jus-zminister der Länder hoffentlich mitteilen, genau zuberlegen, welche Bereiche wir wie regeln müssen.ann müssen wir da relativ zeitnah herangehen.Die schlechte Nachricht geht noch weiter: Ich folgehrer Auffassung nicht, Herr Bosbach – das können Sieuch nicht ernsthaft vertreten, wenn Sie die Entschei-ung des Bundesverfassungsgerichts gelesen haben –,ass es sich hier nicht um einen Grundrechtseingriff han-elt. Natürlich handelt es sich um einen Eingriff, näm-ch in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestim-
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Hans-Christian Ströbelemung. Für mich sind weiterhin die beiden Kriterienmaßgebend, die das Bundesverfassungsgericht in allenseinen Entscheidungen immer wieder betont hat:Erstens. Nicht bei jeder Straftat – es muss sich umeine schwerwiegendere Straftat handeln – ist eine solcheMaßnahme richtig und vom Grundgesetz her zulässig.Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßig-keit und daraus, dass es sich hier um einen Grundrechts-eingriff handelt.Zweitens. Den Richtervorbehalt möchte ich grund-sätzlich bis auf die Fälle beibehalten wissen, die wir hierangesprochen haben, bei denen ein genetischer Finger-abdruck nämlich keinen Sinn macht. Der Richter kannbei anonymen Spuren keine Abwägung vornehmen,wenn es gar keinen Beschuldigten gibt und er somit auchkeinen Beschuldigten kennen kann. Wie soll er danneine Prognose erstellen, ob dieser wieder straffälligwird? Das heißt, hier wäre das einfach unsinnig. Deshalbhabe ich das am Anfang auch gesagt.Mit anderen Worten: Bei vielen Dingen liegen wir inder Grundanalyse noch auseinander, bei vielen Einzel-forderungen sind wir uns aber auch mit der Oppositioneinig. Wir werden ein Gesetz verabschieden, das sicher-lich nicht in allen Punkten dem entspricht, was Sie in derÖffentlichkeit gefordert haben, durch das aber demRechnung getragen wird, was auch ich für richtig halte.Das habe ich immer wieder betont. Ich glaube, esherrscht Einigkeit hier im Saal – natürlich auch in mei-ner Fraktion – darüber, dass wir erstens die Begehungschwerer Straftaten so gut es irgendwie geht verhindernwollen und dass wir zweitens an einer schnellen Aufklä-rung interessiert sind, wenn solch schreckliche Straftatenwie zuletzt in München begangen werden.Unter dieser Voraussetzung gehen wir daran. Für unsist das Grundgesetz der Maßstab, an dem wir unsere Ge-setzgebung ausrichten.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass das bei Ihnennicht der Fall ist.
Das Wort hat der Kollege Dr. Wolfgang Götzer, CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Die heutige Debatte ist von der Union gemäߧ 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung erzwungen worden,weil unser Antrag, um den es heute geht, seit über einemJahr nicht behandelt und diskutiert wird. Die rot-grüneRegierungskoalition hat mit ihrer Mehrheit eine Bera-tung und Beschlussfassung darüber verhindert.
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Regen Sie sich wieder ab! Sie können gleich gerne zu-timmen und unsere Forderungen umsetzen. Daraufreuen wir uns.Es gibt zwar eine Menge öffentlicher Erklärungen derundesjustizministerin und des Bundesinnenministers,ie uns alle sehr vernünftig vorkommen; die Behandlungnd Umsetzung dort, wo es sich gehört, nämlich nicht inrgendwelchen Interviews von Illustrierten, sondern hierm Parlament, sieht aber ganz anders aus. Das erinnertin wenig an die Überschrift in der „Bild“-Zeitung, iner der Bundeskanzler bezogen auf die Sicherungsver-ahrung mit den Worten „Wegsperren für alle Zeit“ zi-iert wurde, und das, was nachher dabei herausgekom-en ist.Wir haben in unserem Antrag ganz klar formuliert,ass in Zukunft in all den Fällen, in denen bisher derlassische Fingerabdruck genommen werden kann, auchie DNA-Analyse möglich sein soll. In allernächstereit werden wir vonseiten der CDU/CSU-Fraktionierzu einen Gesetzentwurf einbringen mit dem Inhalt,ass der genetische Fingerabdruck zum erkennungs-ienstlichen Standard wird und dass ein gesonderterichterlicher Beschluss in Zukunft nicht mehr notwendigst. Mit anderen Worten: Die Polizei soll in Zukunftelbst über die Anwendung der DNA-Analyse entschei-en können.
Sie wissen, dass das bayerische Kabinett bereits ges-ern einen Gesetzentwurf beschlossen und damit auf demebiet der Verbrechensbekämpfung wie so oft die Initia-ive ergriffen hat.
Frau Ministerin, ich darf Ihnen die kleine Empfehlungeben, sich den Gesetzentwurf etwas näher anzusehen.öglicherweise hatten Sie noch nicht die Zeit dazu.uch mir liegt er vor. In § 81 a Abs. 2 Nr. 3 dieses baye-ischen Entwurfs ist ganz klar davon die Rede, dass dieNA-Analyse von der Polizei in Zukunft eigenverant-ortlich durchgeführt werden kann. Nichts anderes ha-en wir gesagt. Dabei bleiben wir auch.
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Dr. Wolfgang GötzerBayern sucht jetzt Verbündete im Bundesrat. Es gibteinige Landesinnenminister, deren Meinungen in unsereRichtung gehen und die Zustimmung signalisieren.Frau Ministerin, ich darf hierzu den schon vom Kolle-gen Bosbach zitierten Bericht der Arbeitsgruppe derJuMiKo erwähnen. Da steht klipp und klar – ich darf zi-tieren –:Die Arbeitsgruppe kommt mit großer Mehrheit
der DNA-Analyse als Standardmaßnahme.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Schily?
Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Kollege, Sie beschäftigen sich mit dem bayeri-
schen Entwurf. Ich hatte Gelegenheit, mit dem Kollegen
Beckstein über diesen bayerischen Entwurf zu reden. Er
sieht auch in der Systematik der Strafprozessordnung
keinen Unterschied zwischen der Entnahme von Körper-
zellen für eine DNA-Untersuchung zum Zwecke der
Speicherung nicht quantifizierender Elemente und der
Entnahme von Körperzellen für andere Zwecke, bei-
spielsweise eine Blutuntersuchung. Die Systematik der
Strafprozessordnung besagt: Die gewaltsame Entnahme
von Körperzellen ist ein Eingriff, der einen Richtervor-
behalt erfordert. Das ist meines Wissens – so hat es mir
jedenfalls der Kollege Beckstein geschildert – die Auf-
fassung der bayerischen Landesregierung.
Ich bin erstaunt, dass Sie hier etwas anderes vortra-
gen. Wem soll ich jetzt glauben? Ich muss ehrlich sagen:
Ich traue eher dem Kollegen Beckstein als dem, was Sie
hier vorgetragen haben.
Herr Kollege Schily, ich bin gerne bereit, diese Fragemit Ihnen, zusammen mit der bayerischen Justizministe-rin und dem bayerischen Innenminister in einem intensi-ven Gespräch zu klären. Ich kann Ihnen nur sagen, dassin der Neufassung des § 81 e Abs. 2 StPO steht, dassUntersuchungen in Zukunft an den beim Beschuldigtenerlangten oder nach § 81 a StPO entnommenen Körper-zellen zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künfti-gen Strafverfahren ohne Einschränkung zulässig seinsollen, wenn die Polizei wegen der Art oder Ausführungder Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sons-tiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme hat, dass ge-gen ihn künftig Strafverfahren zu führen sind. Künftigkann die Polizei also in diesen Fällen eigenverantwort-lich die Entscheidung über die DNA-Analyse treffen.Meine Informationen sind, dass dies aus rechtssystema-tdunBdAuswdsddaarEfwsDusSBvdhgFkukhddswsrrEnbnrskPbdj
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Lassen Sie mich zum Schluss kommen.
– Ich glaube, dass Ihnen das nicht gefällt, was ich sage.Zuhören ist aber eine parlamentarische Tugend, auchwenn einem der Inhalt nicht immer gefällt.Die DNA-Analyse muss zum Standard moderner Er-mittlungsmethoden und damit zum Fingerabdruck des21. Jahrhunderts werden. Unsere Kernforderung lautet,dass die DNA-Analyse künftig in all den Fällen möglichsein muss, in denen eine erkennungsdienstliche Erfas-sung mit Lichtbild oder Fingerabdruck zulässig ist.Selbstverständlich muss der Schutz vor Missbrauch si-chergestellt werden. Er wird auch sichergestellt. Aber ei-nes muss klar sein: Datenschutz darf nicht zum Täter-schutz werden.
Vorrang für uns hat der Schutz der Bürger vor Verbre-chen.
Daran werden wir Sie messen.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die CDU/CSU will in größerem Umfang als bisher üb-
lich DNA-Analysen zur Identifizierung potenzieller
Straftäter verarbeiten. Bundesinnenminister Schily will
das auch. Die PDS im Bundestag will das so nicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil
vom 14. Dezember 2000 die Ermittlungsarbeit mit dem
so genannten genetischen Fingerabdruck für grundge-
setzkonform erklärt, aber zugleich hohe Hürden gesetzt.
Diese sollen mit dem vorliegenden Unionsantrag erheb-
lich gesenkt werden. Nicht nur Straftaten von erhebli-
cher Bedeutung, auch andere Delikte sollen künftig zur
DNA-Analyse berechtigen. Diesem Vorschlag stimmen
wir nicht zu.
Nun führen die Befürworter der DNA-Analyse ganz
harsche Worte im Mund. Bayerns Ministerpräsident
spricht sogar von Technikfeinden, die Angst schürten,
anstatt Kriminalität zu bekämpfen. Ich finde: Das ist
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eil diese Debatte nur in der gebotenen Sachlichkeiterantwortlich geführt werden kann. Hierbei geht esämlich nicht um eine Lappalie, um irgendetwas, wasit populistischen Parolen und hitzigen Beiträgen zu ei-em vertretbaren Ergebnis geführt werden könnte. Es
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Christoph Strässergeht um nicht mehr und nicht weniger als einen verfas-sungsrechtlichen Zielkonflikt. Deshalb sollten wir mitdiesem Thema sehr verantwortungsbewusst umgehen.
Auf der einen Seite steht das Interesse der Gesell-schaft an einer möglichst weit gehenden Verhinderungbzw. Aufklärung von Straftaten. Daran gibt es überhauptkeinen Zweifel. Auf der anderen Seite steht selbstver-ständlich – da muss ich mich über einige Beiträge, dieich hier gehört habe, wirklich wundern – das durchArt. 2 und 1 des Grundgesetzes verbürgte Recht auf in-formationelle Selbstbestimmung, das seinen TrägernSchutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Ver-wendung oder Weitergabe der auf sie bezogenen indivi-dualisierten oder individualisierbaren Daten gewährt.Das ist eine klare Aussage, die sich aus beiden zentralenEntscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ausden Jahren 2000 und 2001 ergibt.
Wir debattieren hier also über grundlegende Werte,die unsere Gesellschaft gestalten.Ich bedanke mich ausdrücklich bei der Bundesregie-rung und der Bundesministerin der Justiz. Sie hat mit dererforderlichen Sachlichkeit und Vernunft Vorschläge ge-macht, die den Fortgang der Debatte auf rationalerEbene ermöglichen und auf deren Grundlage wir nachgründlicher Diskussion hier zu guten Ergebnissen kom-men werden.Diese Ernsthaftigkeit vermisse ich auch heute wiederin den Beiträgen von Ihnen aus der CDU/CSU. Sie su-chen leider auch mit dem Antrag, den Sie hier vorgelegthaben, aus meiner Sicht nicht die sachliche Diskussion.Den Vorwurf des Nichtstuns hätten Sie doch sehr leichtdadurch beseitigen können, dass Sie frühzeitig beantragthätten, diesen Antrag auf die Tagesordnung zu setzen,statt dies erst dann zu tun, wenn ein spektakulärer Falldiskutiert wird, von dem Sie glauben, Sie könnten ihnfür Ihre politischen Zwecke instrumentalisieren. Das istdoch die Wahrheit.
Wir wollen die Debatte um die Möglichkeiten und dieChancen, aber auch die Risiken einer DNA-Analyse,weil wir wissen, dass dies eine effektive, erfolgreicheund ausbaufähige Methode zur Verhinderung bzw. Auf-klärung von Straftaten ist. Wir stehen, wie ich noch aus-führen werde, jeder Ausweitung des Anwendungsbe-reichs der DNA-Analyse natürlich nicht von Anfang anund grundsätzlich ablehnend gegenüber. Das wissen Sie.Wer hier etwas anderes behauptet und das hier vorführenwill, hat nicht richtig zugehört.Wir wollen aber keine Schnellschüsse und kein Stück-werk, wie es sich aus Ihrem Antrag ergibt. Es ist schonmehrfach darauf hingewiesen worden, dass in dem An-trag zum Teil überholte Dinge noch einmal thematisiertwerden. Wir wollen ein Gesamtpaket mit verfassungs-rutrWgAhsdRncvwasvgScmbuWcdf–rvwnAHdszhgAdddudtzIdwD
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Ich schließe die Aussprache.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a bis d sowieZusatzpunkt 2 auf:a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-rung des Statistikregistergesetzes und sonsti-ger Statistikgesetze– Drucksache 15/4696 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
InnenausschussZtdüFbds
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro-tokoll vom 16. Oktober 2001 zu dem Überein-kommen über die Rechtshilfe in Strafsachenzwischen den Mitgliedstaaten der Europäi-schen Union– Drucksache 15/4230 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
InnenausschussAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Unionc) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-zung des Übereinkommens vom 29. Mai 2000über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union– Drucksache 15/4232 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
InnenausschussAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Uniond) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu demÜbereinkommen vom 29. Mai 2000 über dieRechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mit-gliedstaaten der Europäischen Union– Drucksache 15/4233 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
InnenausschussAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. ErnstDieter Rossmann, Jörg Tauss, Dr. Hans-PeterBartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder SPD, der Abgeordneten Grietje Bettin, VolkerBeck , Birgitt Bender, weiterer Abgeordne-ter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN sowie der Abgeordneten CorneliaPieper, Dr. Karl Addicks, Rainer Brüderle, weite-rer Abgeordneter und der Fraktion der FDPImpulse für eine internationale Ausrichtungdes Schulwesens – Den BildungsstandortDeutschland auch im Schulbereich stärken– Drucksache 15/4723 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzung
InnenausschussEs handelt sich um Überweisungen im vereinfach-en Verfahren ohne Debatte.Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen anie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zuberweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist derall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 a bis c und 23 eis l sowie Zusatzpunkt 3 auf. Dabei handelt es sich umie Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aus-prache vorgesehen ist.
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14416 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerTagesordnungspunkt 23 a:Zweite Beratung und Schlussabstimmung desvon der Bundesregierung eingebrachten Entwurfseines Gesetzes zu dem Vertrag vom 5. April2004 zwischen der Bundesrepublik Deutsch-land, der Republik Polen und der Tschechi-schen Republik über den Bau einer Straßen-verbindung in der Euroregion Neiße, im Raumzwischen den Städten Zittau in der Bundesre-publik Deutschland, Reichenau inder Republik Polen und Hrádek nad Nisou/Grottau in der Tschechischen Republik– Drucksache 15/4467 –
aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs-wesen
– Drucksache 15/4697 –Berichterstattung:Abgeordneter Henry Nitzsche
– Drucksache 15/4698 –Berichterstattung:Abgeordnete Bartholomäus KalbGunter WeißgerberFranziska Eichstädt-BohligJürgen KoppelinWir kommen zur Abstimmung.Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-sen empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-sache 15/4697, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ichbitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol-len, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Der Gesetzentwurf ist damit mit den Stimmendes ganzen Hauses angenommen.Tagesordnungspunkt 23 b:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-gierung eingebrachten Entwurfs eines Dreizehn-ten Gesetzes zur Änderung des Straßenver-kehrsgesetzes– Drucksache 15/3351 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
– Drucksache 15/4730 –Berichterstattung:Abgeordneter Gero StorjohannDer Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-sen empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-sache 15/4730, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die demGlhrGtuGGdzecsedgmCuGGisz
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14417
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KOM 597 endg.; Ratsdok. 12534/04– Drucksachen 15/4001 Nr. 1.9, 15/4462 –Berichterstattung:Abgeordnete Lothar Binding
Georg FahrenschonKerstin AndreaeDer Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-ng eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt füriese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthal-ngen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-en des ganzen Hauses angenommen.Tagesordnungspunkt 23 i:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- undWohnungswesen zu der Unter-richtung durch die BundesregierungWeißbuch zur Überprüfung der Verordnung
Nr. 4056/86 über die Anwendung der
EG-Wettbewerbsregeln auf den SeeverkehrKOM 675 endg.; Ratsdok. 13808/04– Drucksachen 15/4213 Nr. 2.49, 15/4675 –Berichterstattung:Abgeordneter Wolfgang Börnsen
Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-ng eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt füriese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit dentimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/SU und der FDP angenommen.Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-tionsausschusses.
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14418 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerTagesordnungspunkt 23 j:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 177 zu Petitionen– Drucksache 15/4667 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Sammelübersicht 177 ist mit den Stimmen desganzen Hauses angenommen.Tagesordnungspunkt 23 k:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 178 zu Petitionen– Drucksache 15/4668 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Sammelübersicht 178 ist mit den Stimmen derKoalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU und derFDP angenommen.Tagesordnungspunkt 23 l:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 179 zu Petitionen– Drucksache 15/4669 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Sammelübersicht 179 ist mit den Stimmenvon SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Gegen-stimmen von CDU/CSU angenommen.Zusatzpunkt 3:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Rechtsausschusses zuder Unterrichtung durch die BundesregierungEntwurf eines Rahmenbeschlusses über dieVorratsspeicherung von Daten, die in Verbin-dung mit der Bereitstellung öffentlicher elek-tronischer Kommunikationsdienste verarbeitetund aufbewahrt werden, oder von Daten, die inöffentlichen Kommunikationsnetzen vorhan-den sind, für die Zwecke der Vorbeugung, Un-tersuchung, Feststellung und Verfolgung vonStraftaten, einschließlich TerrorismusRatsdok.-Nr. 8958/04– Drucksachen 15/3696 Nr. 2.15, 15/4748 –Berichterstattung:Abgeordnete Axel Schäfer
Michael Grosse-BrömerJerzy MontagSibylle LaurischkDer Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-tung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt fürdiese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthal-tungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-mG
– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
– Drucksache 15/3980 –
– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-neten Uwe Schummer, Werner Lensing,Katherina Reiche, weiteren Abgeordneten undder Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Ent-wurfs eines Gesetzes zur Modernisierung derdualen Berufsausbildung in Deutschlanddurch Novellierung des Berufsbildungsrechts– Drucksache 15/2821 –
– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-neten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, ChristophHartmann , weiteren Abgeordnetenund der Fraktion der FDP eingebrachten Ent-wurfs eines Gesetzes zur Reform des Berufs-ausbildungsrechts– Drucksache 15/3325 –
– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-neten Cornelia Pieper, Christoph Hartmann
, Ulrike Flach, weiteren Abgeordneten
und der Fraktion der FDP eingebrachten Ent-wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Berufs-bildungsgesetzes– Drucksache 15/3042 –
– Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrateingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zurÄnderung des Berufsbildungsgesetzes– Drucksache 15/4112 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-schätzung
– Drucksache 15/4752 –Berichterstattung:Abgeordnete Willi BraseUwe SchummerGrietje BettinCornelia Pieperb) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14419
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastnerund Technikfolgenabschätzung
zu der Unterrichtung durch die BundesregierungBerufsbildungsbericht 2004– Drucksachen 15/3299, 15/4752 –Berichterstattung:Abgeordnete Willi BraseUwe SchummerGrietje BettinCornelia PieperZum Entwurf eines Berufsbildungsreformgesetzesder Bundesregierung liegt ein Entschließungsantrag derFraktion der FDP vor.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Stunde vorgesehen, wobei die FDPneun Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Wider-spruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der KollegeWilli Brase.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verabschiedenheute den Entwurf des Berufsbildungsreformgesetzes.Ich möchte zu Beginn darauf hinweisen, dass wir einesehr gründliche Beratung und im November 2004 einesehr ordentliche Auswertung der Anhörung vorgenom-men haben. Wir haben uns in diesem Gesetzesvorhabengemeinsam mit der CDU/CSU-Fraktion auf Kompro-misse geeinigt.Wir alle wissen, dass dieses Gesetz zustimmungs-pflichtig ist, also der Zustimmung durch den Bundesratbedarf. Ich glaube, mit Recht sagen zu können: Das, waswir heute vorlegen und verabschieden werden, begrün-det unsere Hoffnung, dass ein Vermittlungsverfahrenüberflüssig wird.
Ich möchte in diesem Zusammenhang allen Mitstrei-terinnen und Mitstreitern für die angenehme, faire undfruchtbare Arbeit danken. Ebenfalls möchte ich mich beiden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesminis-teriums für Bildung und Forschung bedanken.
Lassen Sie mich auf einige wenige Punkte eingehen,die die Diskussion und auch die Zielrichtung noch ein-mal deutlich machen:Erstens. Wir haben nach der Anhörung in unseremgemeinsamen Änderungsantrag die Qualitätssicherungals Aufgabe für die Berufsbildungsausschüsse und fürdie Landesausschüsse für berufliche Bildung aufgenom-men und festgeschrieben. Wir haben nicht festgelegt, inwelcher Art und Weise, mit welchen Formen, mit wel-chen Schritten die Qualitätssicherung in der Berufsbil-dung herbeizuführen ist. Wir wollten bewusst, dass diesdubnWsztBKbwdldQWjSgVawKmcdstzBBiudbtA§mmkhva
Wir haben in der Vergangenheit festgestellt, dass die-enigen Jugendlichen, die ihre Berufsausbildung anchulen absolvieren, häufig einen sehr erschwerten Zu-ang zum Arbeitsmarkt haben.
or diesem Hintergrund haben wir Überlegungen dazungestellt und Formen und Verfahren dafür entwickelt,ie zukünftig die vollzeitschulische Ausbildung mitammerprüfung verbessert wird. Dabei war es uns ge-einsam wichtig, dass die Entscheidung darüber, in wel-her Art und Weise vollzeitschulische Ausbildungurchgeführt wird, welche Ausbildungsgänge notwendigind, im Landesausschuss für Berufsbildung mit den be-eiligten Sozialpartnern getroffen wird und dass gleich-eitig durch Kriterien die Bundeseinheitlichkeit und daserufsprinzip eingehalten werden. Gerade diese stärkereeteiligung der Sozialpartner wird dazu führen, glaubech, dass die Akzeptanz solcher Ausbildungsgänge steigtnd vermehrt Jugendliche nach Abschluss der Ausbil-ung Zugang zum Arbeitsmarkt finden, also von Betrie-en eingestellt werden. Auch das ist notwendig und rich-ig.
Dass wir die Bildungsgänge für vollzeitschulischeusbildung entsprechend den inhaltlichen Kriterien in43 Abs. 2 konzipiert haben, sollte dazu führen – dasöchte ich hier noch einmal deutlich machen –, dassan nicht nur darauf schaut, den Kammerstempel zu be-ommen; entscheidend ist in diesem Fall, dass die in-altliche Qualität vollzeitschulischer Ausbildung nachorn gebracht wird; denn dann haben die Jugendlichenuch eine bessere Perspektive.
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Willi BraseAn die Länder geht daher der Appell: Bitte keine neueSparpolitik zulasten der Jugendlichen, sondern Quali-tätsoffensive für Beruflichkeit und Berufsprinzip! Dasist der richtige Weg.
Wir haben zur Neuausrichtung der Stufenausbil-dung den Passus aufgenommen: im Ordnungsverfahrenstets zu prüfen, ob es sinnvoll und möglich ist. Auchnach unserer Entschließung sollen bestehende Ausbil-dungsordnungen daraufhin überprüft werden, ob Stufen-ausbildung sinnvoll ist und wie sie vernünftig gemachtwerden kann. Das soll der Hauptausschuss in Form vonEmpfehlungen auf den Weg bringen. Wenn wir stärker indie Stufenausbildung hineingehen, dann wollen wirauch, dass die Ausbildungsverträge über die Regelaus-bildungszeit laufen. Damit wird den Jugendlichen mehrSicherheit gegeben. Alle Formen der zweijährigen Aus-bildungsverhältnisse werden davon nicht tangiert. Daswollten wir nicht. Aber wir sorgen dafür, dass es nichtwahllos zu verkürzter Ausbildung en masse kommt,
wovon manche träumen. Das ist nicht unser Ziel.Wir haben ebenso verhindert, dass es zu einer weite-ren Absenkung der Ausbildungsvergütungen kommt.Wir wissen, dass einige hier im Hause dies wollten.
Wie das im Kompromissverfahren so ist, muss man aneiner Stelle etwas geben, damit man an einer anderenStelle etwas bekommt. Ich bin dankbar dafür, dass wir indieser Frage standhaft geblieben sind. Die Verringerungder Ausbildungsvergütungen wäre der falsche Weg.
Wer sich die Zahlen vom Bundesinstitut für Berufsbil-dung anschaut, wird uns darin Recht geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Zuge der De-batte haben wir das Ganze noch einmal durchdacht undMaßnahmen aufgenommen, die auch die Interessen be-nachteiligter Jugendlicher stärker berücksichtigen. Ichglaube, dass wir so zwischen Berufsausbildungsvorbe-reitung und Ausbildung eine bessere Durchlässigkeit er-reichen. Unser Ziel ist es, dass gerade auch in der Be-rufsausbildungsvorbereitung wieder mehr Jugendlichemit mehr Praxis in Berührung kommen. Das haben wirin der vergangenen Legislaturperiode schon beschlossen,aber das fügt sich jetzt gut ein. Ich glaube, dass dieseDualität bei der Förderung der beruflichen Ausbildungrichtig ist. Deshalb haben wir ja im Entschließungsan-trag darauf hingewiesen, dass die bestehenden unter-schiedlichen Förderinstrumente der Bundesagentur fürArbeit, der Länder und der Wirtschaft im Bereich der sogmMVwkMterMsddSksdgßrMbdDeakScdCHdlveal
Wir haben sehr lange darüber diskutiert, wie wir dieitbestimmung und Beteiligung der Lehrer bei einererbesserung der Kooperation der Lernorte ein Stückeit sicherstellen können. Ich glaube, dass wir das nunlar formuliert und festgelegt haben. Wir haben dieöglichkeit eröffnet, dass Prüfungsausschüsse gutach-rliche Stellungnahmen Dritter, insbesondere der Be-ufsschulen, einbeziehen können. Nicht zuletzt solcheaßnahmen führen dazu, dass die Kooperation zwi-chen den schulischen und den betrieblichen Ausbil-ungsstätten verbessert wird. Aus der Debatte heraus hatas ja Eingang in das Gesetz gefunden. Weil es auch iminne der Jugendlichen ist, war es uns wichtig, dass zu-ünftig die Kooperation zwischen Betrieb und Berufs-chule verbessert wird.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Das Berufsbil-ungsreformgesetz eröffnet in Verbindung mit denemeinsam eingebrachten Änderungs- und Entschlie-ungsanträgen ein breites Handlungsfeld in der be-uflichen Bildung für alle Beteiligten, es wird dieodernisierung der Ausbildung vorantreiben und dieetriebliche Ausbildung sichern, die ja das entschei-ende Qualitätsmerkmal der Ausbildungspraxis ineutschland ist. Angesichts der Tatsache, dass wir imuropäischen Vergleich weniger arbeitslose Jugendlichels andere Länder haben – es sind immer noch zu viele –,ann man festhalten, dass der Weg richtig ist, der auf dieicherung von Qualität und die Ausweitung betriebli-her Berufsausbildung setzt und einheitliche Berufsbil-er im Bundesgebiet sicherstellt.Ich danke für das geduldige Zuhören.
Das Wort hat der Kollege Uwe Schummer, CDU/
SU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Frau Bulmahn, es gibt einen Konflikt innerhalber Regierung um die so genannten Elite-Unis, bezüg-ich des Verbots von Studiengebühren ist die Regierungor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert,
s gibt einen Konflikt um die Einheitsschule, es gibt aberuch Konsens – das ist der Lichtblick –, nämlich bezüg-ich der Berufsbildungsreform, zwischen Rot-Grün und
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Uwe Schummerden christlichen Demokraten bzw. den christlichen So-zialen. Wenn Sie also pragmatisch und ohne ideologi-sche Scheuklappen ein Thema anpacken, dann sind wirgerne vonseiten der Opposition bereit, mitzuziehen,
damit sich etwas bewegt zugunsten der Menschen in un-serem Land.
Das Berufsbildungsgesetz stammt aus dem Jahre1969; damals gab es eine große Koalition.
– Herr Kollege Rossmann, Sie sind heute aber geladen.Dabei besteht doch Konsens; gewöhnen Sie sich daran,zumindest bei diesem Thema. – Die letzte große Novel-lierung fand 1977 statt. Vor diesem Hintergrund hat dieUnionsfraktion bereits im März 2003 als erste FraktionEckpunkte für eine Novellierung des Berufsbildungsge-setzes in den Deutschen Bundestag eingebracht. Wir ha-ben im März 2004 einen konkreten Gesetzentwurf nach-geliefert. Es ist gut, dass auch die Bundesregierung imOktober 2004 entsprechend gesprungen ist. Wir habendurch die wirre Debatte über eine Ausbildungsplatzab-gabe Zeit vertan. Uns war immer klar, dass der sinnvolleund notwendige Ausbildungspakt durch eine längstüberfällige Modernisierung der Berufsausbildung er-gänzt werden muss.
Die Erosion bei der betrieblichen Ausbildung mussgestoppt werden. Diese erkennen wir daran, dass im letz-ten Jahr genauso viele Schulabgänger in Ersatzmaßnah-men gelandet sind wie in betrieblichen Ausbildungsver-hältnissen. Deshalb besteht hier Handlungsbedarf.Deshalb ist die Union auch bereit, hier etwas zugunstender Menschen mitzubewegen. Die duale Ausbildung – das haben Sie vollkommenrichtig gesagt, Herr Brase – ist ein Standortvorteil unse-res Landes. Bei uns ist die Jugendarbeitslosigkeit imDurchschnitt um ein Drittel geringer als in den europäi-schen Ländern, in denen es eine verschulte Berufsausbil-dung gibt. Das gilt sogar für Finnland, dessen Bildungs-system laut PISA-Studie vorbildlich ist. Auch Finnlandkann bei der dualen beruflichen Ausbildung vonDeutschland lernen.Es gibt eine starke Integrationskraft der dualen Aus-bildung in die Arbeitswelt hinein. So ist es gut und rich-tig, dass auf unser Streben hin in dem Berufsbildungsre-formgesetz endlich die Verbundausbildung rechtlichabgesichert wird. 40 Prozent aller Betriebe sind zu klein,um umfassend ausbilden zu können. Sie sind also defacto nicht ausbildungsfähig. Es macht daher Sinn, dasssie im Verbund mit anderen Betrieben oder mit überbe-trieblichen Ausbildungsstätten in die Lage versetzt wer-den, betriebliche Ausbildungsplätze bereitzustellen.Das STARegio-Programm im Rahmen des Ausbil-dungspaktes ist ein gutes Instrument, das fortgesetztwgBswdrfmkrdfwsBbgDÜNsAAwbBbssSWddBSaPwdMasUdüdbrG
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Die Verlängerung der Probezeit auf vier Monate isteine Antwort darauf, dass 25 Prozent der Auszubilden-den ihre Ausbildung abbrechen und hiervon ein Drittelsagt, dass sie aus persönlichen Gründen abbrechen, dasie den falschen Betrieb oder den falschen Beruf gewählthaben. Wir wollen verstärkt Blockunterricht einführen.Das bedeutet aber auch, dass innerhalb der ersten dreiMonate sechs Wochen in der Schule verbracht werden.Es bleibt zu wenig Zeit, um den Betrieb und den Berufkennen zu lernen. Deshalb ist es sinnvoll, dass wir ge-meinsam die Ausweitung der Probezeit auf vier MonateedskmJnepBHweLebbrmkDsfsddABdswsdsdtmKdfsdl
Nächste Rednerin ist die Kollegin Monika Lazar,
ündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Sieben von zehn jungen Leuten in Deutschlanderden beruflich ausgebildet. Sie absolvieren entwederine betriebliche Ausbildung oder einen schulischenehrgang. Leider gibt es viele, die in Warteschleifen aufine Ausbildung warten müssen. Unsere Gesetzesreformeschäftigt sich also mit einem ganz drängenden Pro-lem unseres Bildungswesens. Mit der Novelle zum Be-ufsbildungsgesetz, die wir heute abschließend beraten,achen wir einen wichtigen Schritt in Richtung Zu-unftsfähigkeit der beruflichen Bildung in Deutschland.
amit schaffen wir Perspektiven für viele junge Men-chen in unserem Land.Deshalb freut es mich besonders, dass wir diese Re-orm mit einer großen Mehrheit in diesem Hause verab-chieden können. Diese Reform ist ein gutes Beispielafür, dass der Föderalismus in unserem Lande im Bil-ungsbereich durchaus vernünftig funktionieren kann.lle haben sich auf die Arbeitsteilung eingelassen. Dieundesebene regelt die Mobilität und die Einheitlichkeiter Abschlüsse. Dabei arbeiten die Bildungs- und Wirt-chaftsseite zusammen. Der Weg zu diesen Abschlüssenird aber von denen gestaltet, die am nächsten dranind: von den Sozialpartnern für die betriebliche Seiteer Ausbildung und von den Bundesländern für diechulische.Ein besonderer Knackpunkt der Reform war für unsie Frage: Wie gehen wir in Zukunft mit den so genann-en vollzeitschulischen Ausbildungen um? Ich freueich, dass wir die Möglichkeit der Zulassung zurammerprüfung für diese Ausbildungsgänge jetzteutlich verbessern. Mit der Zulassung zur Kammerprü-ung sichern wir die tatsächliche Gleichwertigkeit vonchulischen und betrieblichen Ausbildungen. Ich bin mirarüber im Klaren, dass nicht alle in diesem Hause rest-os davon überzeugt sind.
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Monika LazarFest steht für mich aber, dass die Schule unter denklaren Anforderungen, die wir jetzt in das Gesetz ge-schrieben haben, eine sinnvolle Alternative zur dualenAusbildung ist und auch sein muss. Das ist eine Aufwer-tung, die gerade vor dem Hintergrund der Lehrstellen-knappheit dringend notwendig ist. Die Zulassung voll-zeitschulischer Ausbildungsgänge zur Kammerprüfungbringt neue Flexibilität mit sich und ist keine Gefahr fürdas duale Ausbildungssystem, sondern eine sinnvolleErgänzung.
Eine weitere Verbesserung sehe ich in den neuen Re-gelungen zur Arbeitszeit während der Ausbildung. Eswar bisher schon möglich, die Ausbildungszeit insge-samt zu verkürzen, sofern das Ausbildungsziel in dieserZeit erreicht wird. Unser neuer Gesetzentwurf geht nochmehr auf persönliche Bedürfnisse ein, indem er eine Ver-kürzung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeiteinschließt. Das ist für viele junge Leute eine großeHilfe, zum Beispiel für Mütter mit kleinen Kindern oderfür Menschen mit pflegebedürftigen Angehörigen. Da-mit wird klar, dass es nicht nur um persönliche, sondernauch um wichtige gesellschaftliche Anliegen geht.Diese Reform kann und darf aber nicht unser letztesWort in Sachen beruflicher Bildung gewesen sein. Wirmüssen mehr tun.
Wir Bündnisgrünen haben schon lange eine gute Idee:die Stiftung Betriebliche Bildungschance. Ausgehendvon unserer Grundidee einer eigenverantwortlichen Bür-gergesellschaft wollen wir die Ressourcen für mehr Aus-bildung besser erschließen. Betriebe, die innovativ aus-bilden, werden ideell und finanziell durch die Stiftungdirekt gefördert. Jeder Betrieb, der ausbildet, kann ausden Stiftungsmitteln einen Teil der Ausbildungskostenerstattet bekommen. Eine weitere Aufgabe dieser Stif-tung soll in der Vernetzung von Akteuren wie Unterneh-men, Kammern, Arbeitsvermittlungen und Schulen be-stehen.Bildung ist nicht mit der beruflichen Ausbildung ab-geschlossen. Wer auf dem neuesten Wissensstand blei-ben will, muss sich auf lebenslanges Lernen einstellen.Leider ist es uns Grünen nicht gelungen, die Fort-bildung mit in das Gesetz aufzunehmen, obwohl nureine stetige berufliche Weiterbildung die Innovationsfä-higkeit in unserem Land sichern und stärken kann. Mitdem Gesellenbrief oder dem Diplom in der Hand mögendie Lehrjahre vorbei sein, lernen müssen wir aber unserganzes Leben lang. Wir brauchen einfache und bürger-nahe Anreize, um die Bereitschaft zur Weiterbildung inder Gesellschaft zu erhöhen.
Das gilt insbesondere für die Menschen, die nur eine ge-ringe Qualifikation haben oder ganz ohne Berufsausbil-dung dastehen. Ihr Armutsrisiko ist höher als das jederanderen gesellschaftlichen Gruppe.zgMaicmLsirFLsHsdkdsdMtdtbrueWbIidFZhsuA
Frau Kollegin Lazar, Sie haben heute Ihre erste Rede
m Deutschen Bundestag gehalten. Ich gratuliere Ihnen
echt herzlich und wünsche Ihnen persönlich alles Gute.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Cornelia Pieper,
DP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frauazar hat eben zu Recht festgestellt, dass junge Men-chen ohne Schul- oder Berufsabschluss die sozialenärtefälle von morgen darstellen. Es muss Aufgabe die-es Parlaments sein, nicht nur der Sozialpolitiker, son-ern auch der Bildungspolitiker, jungen Menschen, dieeinen Schul- oder Berufsabschluss schaffen, zu helfen;enn auch sie sollen ihren Lebensunterhalt verdienen,ich selbst eine Zukunft schaffen können.
Deswegen glauben wir Liberale, dass das Berufsbil-ungsreformgesetz der Schlüssel ist, um diesen jungenenschen die Chance auf eine hervorragende und quali-ätsorientierte Ausbildung zu verschaffen, insbesondereen praxisorientierten jungen Menschen. Die FDP-Frak-ion hat daher bereits im Jahre 2001 einen Antrag einge-racht, der darauf abzielt, ein duales und modulares Be-ufsausbildungssystem in Deutschland einzuführen. Fürns ist das heute zu verabschiedende Gesetz, Herr Tauss,in Lohn dafür, dass wir sehr frühzeitig den Finger in dieunde gelegt haben und Sie auf den richtigen Weg ge-racht haben.
ch weiß: Sie winken jetzt ab. Aber ich darf Sie daran er-nnern: Die Modularisierung und die Stufenausbil-ung waren für Sie am Anfang nicht selbstverständlich.ür uns dagegen ist es, wie gesagt, der Schlüssel für dieukunft eher praxisorientierter junger Menschen.Trotzdem ist Ihr Berufsbildungsreformgesetz nur einalber Schritt nach vorn. Für die FDP war und ist – ichagte es schon – die Modernisierung der Berufsbildungnd des Berufsbildungssystems eine äußerst wichtigeufgabe. Sie haben in Ihren Gesetzentwurf einige
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Cornelia Pieperwichtige Punkte aufgenommen, die auch uns wichtigsind; das hebe ich hier ausdrücklich hervor. Das betrifftnicht nur die Verbesserung der Lernortkooperation,sondern auch die Möglichkeit gestreckter Abschlussprü-fungen. Ebenfalls betrifft es die Verwertbarkeit von be-rufsbegleitenden Qualifikations- und Fortbildungsmaß-nahmen.
Trotzdem sage ich: Sie sind nicht weit genug gesprun-gen. Die Wirtschaft, insbesondere der Zentralverbanddes Deutschen Handwerks, bestätigt jetzt genau das, waswir immer befürchtet haben, dass nämlich mit einer nurhalbherzigen Einführung der Stufenausbildung – ichdenke insbesondere an die entsprechende Ergänzung des§ 21 des Berufsbildungsgesetzes im Änderungsantrag –zweijährige Berufsausbildungen eigentlich konterkariertwerden. Wir wollten die Stufenausbildung von Anfangan in allen Berufsbildern; wir wollen eine zweijährigeBerufsausbildung mit einem ordentlichen Abschluss, da-mit die jungen Menschen, die eher praxisorientiert sind,schnell einen Arbeitsplatz finden. Darum geht es doch.
Von daher glauben wir, dass Ihre Reform nur halbherzigist.Einen anderen Punkt möchte ich ebenfalls anspre-chen: Die Gefahr der Abwertung der dualen Berufsaus-bildung durch vollzeitschulische Ausbildung ist ausunserer Sicht nicht grundlegend gebannt. Die Zuständig-keit für die Zulassung von staatlichen Vollzeitschülernzur Kammerprüfung kann der Sache nach nur bei denBerufsbildungsausschüssen der Kammern liegen. In Ih-rem Gesetzentwurf wird das den Landesregierungenübertragen. Ob dazu das geforderte Benehmen mit denLandesausschüssen ausreichend ist, ist aus meiner Sichtder Dinge mehr als fraglich.
Ferner glauben wir, dass eine vernünftige Verschlan-kung der Berufsbildungsausschüsse in Ihrem Gesetz-entwurf nicht vorgesehen ist. Das ist schlecht. Stattdes-sen wird das am besten arbeitende Gremium, derStändige Ausschuss beim Berufsbildungsinstitut, abge-schafft – eine Entscheidung, die von der Wirtschaft, aberauch von den Gewerkschaften kritisiert worden ist undauf Unverständnis stößt.
Zum Bürokratieabbau tragen Sie mit Ihrem Gesetz-entwurf letztlich auch nicht bei; das wissen Sie. Sie wol-len aufwendigere Berufsbildungsstatistiken einführen,die natürlich auch mehr Kosten für die Kammern, für dieWirtschaft, in Sonderheit für die kleinen und mittelstän-dZsaBfmIvrgmfrbdGasuHgsusDdnslrh
hr Bundeswirtschaftsminister, Herr Clement, hat einenernünftigen Vorschlag gemacht, nämlich die lokale undegionale Arbeitsmarktsituation bei den Ausbildungsver-ütungen zu berücksichtigen.
Frau Kollegin Pieper, Sie müssen zum Schluss kom-
en.
Auch das ist ein Punkt, den wir noch einmal aufgrei-
en wollen. Wir werden dem Gesetzentwurf des Bundes-
ates zustimmen.
Im Interesse der Jugendlichen werden wir uns heute
ei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Bun-
esregierung der Stimme enthalten. Wir werden diesen
esetzentwurf nicht blockieren. Ein halber Schritt ist
ber noch kein ganzer; es gibt also noch viel zu tun.
Vielen Dank.
Das Wort hat die Ministerin für Bildung und For-chung, Edelgard Bulmahn.
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungnd Forschung:Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenerren und Damen! Mit dem Berufsbildungsreform-esetz, das wir heute in der abschließenden dritten Le-ung gemeinsam erörtern, hat die Bundesregierung diemfassendste Novelle zum Berufsbildungsgesetz seiteinem In-Kraft-Treten im Jahre 1969 vorgelegt.
er Gesetzentwurf enthält genau die Innovationen, mitenen die duale Berufsausbildung auch in Zukunft ei-en ganz wesentlichen Beitrag für die Qualifizierungehr vieler Menschen in unserem Land, aber auch dafüreisten wird, dass Unternehmen auch in Zukunft hervor-agend ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiteraben werden.
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Bundesministerin Edelgard Bulmahn
In den letzten Wochen und Monaten gab es zahlreicheGespräche zwischen den Regierungsparteien, zwischenRegierung und Opposition, zwischen Ländern und Bundsowie mit den Sozialpartnern. In diesen Gesprächen, dieganz überwiegend von einem konstruktiven Miteinandergetragen waren – das empfand ich als sehr positiv –, istes uns gelungen, tragfähige Kompromisse zu erarbeiten,ohne die grundsätzlichen Ziele der Reform infrage zustellen. Das, was wir hier erreicht haben, halte ich für eingutes Ergebnis.
In diesem Zusammenhang bedanke ich mich ganzausdrücklich bei den Berichterstattern, die hierbei einewichtige Aufgabe erfüllt haben, und ebenso dafür, dassdie Verabredungen und Absprachen von allen Beteilig-ten zuverlässig eingehalten worden sind. Dies ist einesehr wichtige Voraussetzung, um zu einem tragfähigenKompromiss zu kommen. Ich muss leider feststellen,dass Absprachen und Vereinbarungen in anderen Berei-chen nicht immer zuverlässig eingehalten worden sind.
Dies trifft, wie einer meiner Vorredner angesprochen hat,zum Beispiel auf die Absprachen in Bezug auf Spitzen-universitäten und Exzellenzzentren zu. Hinsichtlich die-ses Punktes waren sich die Wissenschaftsminister aucheinig, aber ihre Einigung ist dann leider von CDU-Seite– nicht von der Bundestagsfraktion, sondern von derLänderseite – infrage gestellt worden.
Zuverlässigkeit ist insofern ein wichtiger Punkt, um guteKompromisse und Ergebnisse tatsächlich umsetzen zukönnen.Meine sehr geehrten Herren und Damen, das Systemder dualen beruflichen Bildung ist wirklich zu Rechtweltweit anerkannt; darüber sind wir uns wohl einig.Diese hohe Anerkennung liegt darin begründet, dass estatsächlich allen jungen Menschen die Chance bietet,eine qualifizierte Beschäftigung aufzunehmen und damitihr Leben selbstverantwortlich zu gestalten. Gleichzeitigsichert das System der beruflichen Ausbildung der Wirt-schaft die Fachkräfte der Zukunft. Damit trägt es ganzentscheidend zur Wettbewerbsfähigkeit und zum Wohl-stand unserer Gesellschaft bei.
Damit dies so bleibt, muss sich die duale Berufsaus-bildung immer wieder neuen Herausforderungen stellen.Ziel der Bundesregierung war es deshalb von Anfang an,das Berufsbildungsgesetz auf der Grundlage bewährterPrinzipien so zu modernisieren, dass Ausbildung für allesichergestellt ist, dass neue Chancen sowohl für BetriebeauwBkgrtabgndpudzAuvhrdhKnJselDdRgketsVgzVDFddddpA
Das von uns hier Vorgelegte halte ich für einen ver-ünftigen Vorschlag. Damit geben wir dem Drittel derugendlichen, die sonst nach einer erfolgreich abge-chlossenen Berufsausbildung an einer Vollzeitschulerneut eine vergleichbare berufliche Ausbildung durch-aufen, die Chance, eine Kammerprüfung abzulegen.adurch erreichen wir – das ist hier schon gesagt wor-en –, dass die jungen Leute weder Lebenszeit nochessourcen vergeuden, indem sie zum zweiten Mal dieleiche berufliche Ausbildung machen. Vielmehr be-ommen sie im Anschluss an die Kammerprüfung einenrleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Beschäf-igung. Ich erwarte – das möchte ich ausdrücklich fest-tellen, weil ich das auch in meinen Gesprächen mit denertretern von Kammern und Schulen immer wieder klaresagt habe – eine stärkere und bessere Zusammenarbeitwischen Kammern, Betrieben und vor allen Dingenollzeitschulen, also den Fachschulen.
as ist für mich ein ganz wichtiger Punkt; denn dieachschulen und Kammern können, wenn sie schon vorer Prüfung gut zusammenarbeiten, gewährleisten, dassie Ausbildungen sehr nah beieinander liegen, wodurchie Beschäftigungschancen gewahrt bleiben.Zweitens. Jedes Jahr kämpfen wir für ein ausreichen-es Ausbildungsplatzangebot. Durch unsere Sonder-rogramme und die Maßnahmen der Bundesagentur fürrbeit können wir, was den Mangel an Ausbildungsplätzen
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Bundesministerin Edelgard Bulmahnbetrifft, nur bedingt Abhilfe schaffen. Mit dem Pakt fürAusbildung haben wir in diesem Jahr wirklich einendeutlichen Erfolg erzielt; denn es sind über 53 000 neuebetriebliche Ausbildungsplätze entstanden. Ich weiß al-lerdings sehr wohl, dass wir diese Aufgabe auch weiter-hin mit großem Engagement anpacken müssen.Nun erleichtern wir die Anrechnung von Qualifikatio-nen, die im Rahmen dieser Maßnahmen der Bundes-agentur für Arbeit erworben wurden, auf die sich an-schließende Ausbildungszeit. Das ist mir besonderswichtig, weil wir als einen Bestandteil des Paktes fürAusbildung Qualifikationsbausteine und Praktika her-vorheben, wodurch die Jugendlichen in Form einer Ein-stiegsqualifikation Teile einer vollständigen Berufsaus-bildung erwerben. Es ist für beide Seiten – sowohl fürdie Betriebe als auch für die Jugendlichen – wichtig,dass diese Qualifikationen nicht als nutzlos wahrgenom-men werden, sondern ohne Probleme als Teil der berufli-chen Ausbildung anerkannt werden.
Genau das ist die Zielsetzung, die wir mit dieser Bestim-mung verfolgen.Von mehreren Kollegen ist auf die Stufenausbildungeingegangen worden. Diese Kollegen bitte ich, daran zudenken, dass wir bis jetzt schon 320 Berufe geschaffenhaben. Das Spektrum unterschiedlicher Qualifikations-ebenen innerhalb der Berufsausbildung ist also sehrbreit. Es gibt Berufe, die auch mit einem niedrigerenschulischen Qualifikationsniveau erlernbar sind, und esgibt Berufe, die sehr hohe Qualifikationsanforderungenstellen. Die Anforderungsebenen in diesen 320 Berufensind sehr unterschiedlich. Deshalb sollte und darf mannicht alle Berufe über einen Kamm scheren. Die Ausbil-dung zu manchen Berufen dauert drei Jahre, andere kannman in nur zwei Jahren erlernen. Deshalb war es mir im-mer sehr wichtig, aus der Ausbildungsdauer kein Dogmazu machen, sondern aufgrund der Anforderungen desBerufsbildes zu entscheiden, in welchem Zeitraum maneinen Beruf erlernen kann.
Ich denke, genau das ist der richtige Weg, den wir gehensollten und müssen.Drittens. Das duale Berufsbildungssystem hat sichin Deutschland bewährt. Das kann man auch daran able-sen, dass die Jugendarbeitslosigkeit bei uns im interna-tionalen Vergleich gering ist. Was bisher zu kurz kam, istdie internationale Ausrichtung der beruflichen Ausbil-dung.
Das neue Berufsbildungsgesetz eröffnet auch hier dierichtigen Möglichkeiten. So ist es möglich, eine Ausbil-dung, die man im Ausland gemacht hat, in die Gesamt-ausbildung zu integrieren.
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estattet aber auch eine flexible Anpassung an die Be-ürfnisse einzelner Berufsbereiche. Dieses Instrumenta-ium wird durch die im Änderungsantrag enthaltenenegelungen zur Qualitätssicherung ergänzt, deren stetigentwicklung als Aufgabe für den Landesausschuss unden Berufsbildungsausschuss in den Gesetzentwurf auf-enommen wird.Fünftens. Im Bereich des Prüfungswesens haben wirie Durchführung von Abschlussprüfungen in zweieilen ermöglicht. Diese Erfahrung haben wir in denetzten Jahren und Jahrzehnten gewonnen. Nun schaffenir hier Klarheit und führen diese Möglichkeit ein. Da-urch wird die Durchführung von Prüfungen für beideeiten erheblich erleichtert.Sechstens. Wir haben die Gelegenheit genutzt, um dieerfahren im Bereich der beruflichen Bildung zu ver-chlanken, Gremien abzuschaffen oder zusammenzule-en und damit auch die Zuständigkeitsregelungen trans-arenter zu gestalten.Ganz sicher werden wir in den kommenden Jahrenuch die Verbundausbildung ausbauen und das STAR-egio-Programm weiter stärken. Ebenfalls werden wirie Berufe immer wieder modernisieren, wie wir dasuch in den letzten Jahren unter großen Anstrengungenemacht haben. Wir haben von den 320 Berufsausbil-ungen rund 160 modernisiert. Kurz: Ich denke, wirchaffen mit diesem Gesetz den Rahmen für eine guteusbildung für alle Jugendlichen, von der gleichzeitiguch die Unternehmen profitieren.Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Werner Lensing,
DU/CSU-Fraktion.
Lassen Sie sich überraschen, Herr Tauss!Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Frau Ministerin Bulmahn, ich habe Sie selten sontspannt und mit solch strahlenden Augen gesehen
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Werner Lensingwie heute bei Ihrem Beitrag, bei dem Sie auf einemKompromiss aufbauen konnten, den wir zwischen unse-ren Fraktionen erzielt haben. Ich denke, dass Ihnen dieseNovellierung ein Aufatmen beschert, nachdem unserhöchstes deutsches Gericht gleich zweimal – mit seineneindeutigen Urteilen zur Juniorprofessur und zu den Stu-diengebühren – aus verfassungsrechtlichen Gründen dieUmsetzung von Kernpunkten Ihrer Bildungspolitik ver-hindert hat und verhindern musste.
Sie, Frau Bulmahn, plagt halt zu sehr die unselige Um-ständlichkeit einer überstürzten Bildungspolitik und Ideo-logie.
Wir hingegen haben uns, unter anderem unter Federfüh-rung von Herrn Brase, den es einmal zu loben gilt
– natürlich nicht zu viel –, bei unseren interfraktionellenGesprächen mit der Bundesregierung vom Gedanken– und das ist jetzt entscheidend – realitätsbezogenerÜberlegungen und pragmatischer Handhabe leiten las-sen.
Von daher begrüße ich den erzielten Konsens generell,unterstützt er doch nicht nur die ausbildenden Betriebe:Er nützt vor allem auch den vielen jungen Menschen, dieeine duale Ausbildung absolvieren wollen.Der heutige Tag kennt letztlich eine eindeutige Ge-winnerin: die Jugend. Sie wird und sie soll zu unser al-ler Freude die wahre Nutznießerin des neuen Berufsbil-dungsgesetzes sein – und sie wird es sein.
Dies ist umso wichtiger, weil Ende Oktober 2004zwar 9 500 Ausbildungsplätze unbesetzt waren, aber zu-gleich immer noch 34 500 Jugendliche nach einem Aus-bildungsplatz suchen mussten – eine entschieden zuhohe Anzahl! Allerdings sind die Ausbildungsvoraus-setzungen immer noch nicht akzeptabel. Der BerlinerSPD-Bildungssenator hat es in einem völlig unerwarte-ten Akt der Einsicht Anfang dieser Woche auf den Punktgebracht – ich zitiere –:Wir entwickeln eine Schülergeneration, die auchnicht annähernd die Anforderungen der Wirtschafterfüllt.Hierauf mussten wir bei unseren Überlegungen zur No-vellierung des Berufsbildungsgesetzes Rücksicht neh-men und wir haben es getan. Wir haben auch berücksich-tigt, was man traurigerweise feststellen muss: dass dieMängel der jungen Menschen nicht zuletzt auch mit derBildungsferne und dem Desinteresse ihrer Familien zu-sammenhängen. Genau an diesem Punkt beginnt be-kanntlich ein verhängnisvoller Kreislauf: zuerst keineasggdB„SrIdBsgshClcSSDrzNEsblAA–SEbsdGnnbfB
hre Vorstellungen in diesem Bereich sind fataler Aus-ruck blanker Illusion. Der Leiter des neu gegründetenerliner Instituts für Qualitätssicherung im Bildungswe-en, Professor Dr. Köller, mahnt zu Recht eine grundle-ende Reform berufsvorbereitender Schulen an. Daherollen gerade den Schulen, die zur Ausbildungsfähigkeitinführen wollen, Chancen zur verstärkten Sozialarbeit,hancen zur Sprachförderung und Chancen zur Vermitt-ung von Basiskompetenzen eröffnet werden. Wir brau-hen eine stärkere Anbindung der Lehrkräfte in denchulen an die Praxis. Daher fordere ich: Praktiker in diechulen und Lehrer in die Betriebe!
as fördert den Weitblick und wird ein Mittel gegen be-ufliche Langeweile sein.Wir, die CDU/CSU, haben wesentliche Aspekte, dieum Teil heute auch schon gewürdigt wurden, bei derovellierung umgesetzt. Ich will nur drei benennen:Erstens. Durch die von der Unionsfraktion erreichteinführung sicherer Kriterien für die Zulassung vollzeit-chulisch Ausgebildeter zur Kammerprüfung könnenesagte Absolventen eine reguläre Kammerprüfung ab-egen, wenn deren schulischer Bildungsgang nach Inhalt,nforderung und zeitlichem Umfang einem anerkanntenusbildungsgang entspricht.
Herr Dr. Rossmann, ich merke Ihnen an, wie begeistertie von dieser Idee meiner Fraktion sind.
iner drohenden Verschulung der dualen Ausbildung ha-en wir durch diese Bedingungen einen Riegel vorge-choben. Daneben haben wir uns bemüht, das Problemer zeitraubenden Warteschleifen ebenfalls zu lösen.leichwohl – das ist schon angesprochen worden – kön-en die Länder die entsprechenden Rechtsverordnungenur im Benehmen mit dem Landesausschuss für Berufs-ildung erlassen. Pragmatisch gesprochen: Es ist allesrei von Ideologie.Zweiter Gedanke. Entsprechend den Vorschlägen vonaden-Württemberg können auf dem Kammerzeugnis
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Werner Lensingnun entweder die Abschlussnote der Berufsschule alsGanzes oder auch einzelne Zeugnisnoten der Schulengesondert ausgewiesen werden. Ich halte das deswegenfür enorm wichtig und entscheidend, weil auf diese Artund Weise der dringenden Notwendigkeit entsprochenwerden kann, Schüler und Lehrkräfte bei ihrer Arbeit zumotivieren.Drittens. Mit der Einführung eines Stimmrechts fürLehrerinnen und Lehrer in den Berufsbildungsaus-schüssen konnte die CDU/CSU-Fraktion die Attraktivi-tät der Berufsschulen in einem vertretbaren Maß weitersteigern. Ich weiß wohl, wie problematisch das ist. Wirsind jedoch begeistert und freuen uns.Ich komme auf den Anfang meiner Ansprache
und auf die Begeisterung der Ministerin darüber zurück,dass wir folgende Ziele erreicht haben:Erstens nenne ich die Aufwertung der Stufenausbil-dung, die Bündnisse für Ausbildung und das Schlichter-modell für die Schaffung moderner Berufsbilder.Zweitens nenne ich die Verbundausbildung und dieKooperation der Lernorte.Drittens haben wir mit der Unterbreitung und Durch-setzung von 15 weiteren ausbildungsfördernden Vor-schlägen nur einem gedient, nämlich unserer Jugend.
Frau Präsidentin, ich komme zu meinem Schlussge-danken. Wenn allerdings die Bundesregierung die Fesse-lung durch die Überregulierung am Arbeitsmarktnicht endlich löst,
dann wird es sowohl mit einem als auch ohne ein novel-liertes Berufsbildungsgesetz keine ausreichende Arbeitund auch keine Aussicht auf eine qualitätsreiche Ausbil-dung für unsere Jugend geben.Ich bedanke mich, nicht zuletzt für die Begeisterungin den Reihen der SPD.
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Ernst Dieter
Rossmann, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Lensing, Herr Schummer, wenn sich Ideologenwechselseitig Ideologie vorwerfen, dann sollten wir unsdarauf besinnen, dass Sie genauso Interessen vertretenwie wir; das ist auch so in Ordnung.
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Ich fühle mich deshalb ermutigt, Gemeinsamkeitenervorzuheben, wobei vielleicht ein Blick in die Ge-chichte hilft. Dieses Berufsbildungsgesetz ist jetzt5 Jahre alt und ist schon damals ein hervorragendes Ge-etz gewesen. Es ist in erster Lesung 1966 entstanden.as war übrigens in der Zeit, als die FDP aus der Regie-ung ausschied und es zur großen Koalition kam. Es istn der großen Koalition unter dem Arbeitsministeratzer beschlossen worden. Folgende kleine Bemerkungei mir erlaubt: Das waren noch Sozialausschüsse, Herrchummer.
Es war insoweit ein gutes Ergebnis, als auch in denebattenbeiträgen gesagt wurde – wenn ich das richtigachgelesen habe, war das der Kollege Diebäcker,DU –: Eine Reform der Berufsbildung ist in den sel-ensten Fällen spektakulär. Sie ist dann gut, wenn sieonsensual ist, weil sie viele Beteiligte braucht und vieleeteiligte mitnehmen muss. Sie ist dann erfolgreich,enn sie sich auf Veränderungen einstellt.Ich will einmal einen Blick zurück wagen: Was waror 35 Jahren, was ist jetzt? Damals gab es zwar nocheine Berufsbildungsstatistik, aber sicher ist, dass da-als die Quote der Betriebe, die ausgebildet haben,eutlich höher war, als sie es jetzt ist. Heute liegt dieennzahl bei 25 Prozent, vor 20 Jahren lag sie bei5 Prozent, vor 35 Jahren wahrscheinlich sogar bei0 bis 50 Prozent. Jetzt Verbundausbildung, Berufsbil-ungsplanung in der Region und Lernortkooperationenu verbessern, ist eine adäquate Reaktion darauf.
ir wissen auch, dass es damals nicht so viel schulischeusbildung gab. Heute liegt die Zahl der schulischenusbildungsverhältnisse bei rund 500 000, die der voll-eitschulischen bei 200 000. Ich bin sicher, damals lagiese Zahl eher bei 20 000 oder 30 000.Das heißt für unseren Blick in die Zukunft: Es istichtig, das duale Berufsbildungssystem als zentraleneil zu stärken. Gleichzeitig müssen wir anerkennen,ass es mittlerweile in der beruflichen Bildung einenualismus gibt. Auf diesen Dualismus – neben einerualifizierten schulischen Ausbildung muss eine berufli-he Ausbildung stehen – können wir nicht mehr verzich-en; wir müssen beide Elemente weiterhin anbieten undns um sie bemühen.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14429
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Dr. Ernst Dieter RossmannDas wird für die Zukunft – insofern wird daraus einTrialismus – noch wichtiger werden: Damals war esnoch unvorstellbar, dass es berufliche Bildung in diesemSinne auch an Hochschulen geben würde. Aber natürlichkommen wir in eine solche Entwicklung hinein, dassauch an den Hochschulen die Bachelor- und Masterab-schlüsse mehr und mehr zu einem Maßstab der berufli-chen Ausbildung werden. Das wird die Reformperspek-tive für das sein, was in 20 Jahren neu diskutiert werdenwird. Inwieweit hat man es geschafft, das klassische du-ale System mit der Perspektive für eine hochschulischeAusbildung zu verbinden? Dies ist bisher noch ungenü-gend geschehen, aber diese Durchlässigkeit muss herge-stellt werden: duale Ausbildung, schulische Ausbildung,hochschulische Ausbildung.
Ich spreche dies deshalb an, weil wir hier auch eine Zu-kunftsperspektive über das hinaus gewinnen können,was wir alles schon geregelt haben. Dies sollten wir imInteresse der Jugendlichen und der Qualitäten am Wirt-schaftsstandort Deutschland angehen.Eine kleine Bemerkung möchte ich machen, um einefachliche Differenz anzusprechen. Was passiert jetzt mitder Stufenausbildung? Dazu gibt es zwei verschiedeneBlickwinkel. Der eine Blickwinkel ist, dass man die Stu-fenausbildung, die gesetzlich schon lange möglich ist, sodurchstrukturiert, dass sich gewissermaßen eine Führungergibt, in deren Zuge man sich von Stufe zu Stufe weiter-entwickeln kann. Wenn es Ihnen darum geht – eine neueStrukturierung –, dann sollten wir uns zusammen enga-gieren. Wenn es Ihnen bei der Stufenausbildung – das istder andere Blickwinkel – darum geht, diese abbrechenzu können, und zwar gegen den Willen desjenigen, derden Einstieg geschafft hat, dann unterscheidet uns das.
An der Stelle jetzt den Kompromiss gefunden zu haben,dass derjenige, der für drei Jahre ein Ziel und anschlie-ßend eine Qualifikation hat, auch sicher sein kann, dassihm für drei Jahre diese Chance bleibt, ist etwas, wofürwir uns ganz vehement und ganz ideologisch immer wie-der einsetzen, weil wir ein Interesse an diesen jungenMenschen haben.
Ich will mit einem Bezug auf die damaligen Debattenenden. Das Berufsbildungsgesetz ist gegen Ende dergroßen Koalition verabschiedet worden. Es gab damalsfantastische Anträge – mich zumindest hat es gefreut,das lesen zu können –, unterzeichnet von Stücklen,CDU/CSU, und Genossen.
Das hatte historischen Wert. Willi Brase und HerrSchummer, vielleicht geht das, was jetzt von Ihnen par-lamentarisch mit erarbeitet worden ist, in eine spätereDMddHJwTwd5ZecggggIMmlzz2dFeLEug2sßj
Das Wort hat der Minister für Wirtschaft und Arbeit
es Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Horst Rehberger.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Es war eine sehr gute Entscheidung, dass imahre 2004 keine Ausbildungsplatzabgabe eingeführtorden ist.
rotz schwieriger Rahmenbedingungen hat es die ge-erbliche Wirtschaft geschafft, den nationalen Ausbil-ungspakt einzuhalten und durch die Schaffung von4 000 neuen Ausbildungsplätzen einen tatsächlichenuwachs von immerhin rund 14 000 Arbeitsplätzen zurreichen. Marktwirtschaft braucht eben nicht staatli-hen Zwang, sondern die Freiheit, unternehmensbezo-en die richtigen Entscheidungen treffen zu können.
Die Zahl der Ausbildungsplätze, insbesondere in Re-ionen mit hoher Arbeitslosigkeit, hätte noch deutlichesteigert werden können, wenn wir eine flexiblere Re-elung der Ausbildungsvergütung hätten.
n den beiden zurückliegenden Jahren waren bei mir iministerium wiederholt mittelständische Unternehmerit Lehrlingen. Weder die Unternehmer noch die Lehr-inge konnten es fassen, dass das Lehrverhältnis von deruständigen IHK nicht anerkannt werden durfte, weil diewischen ihnen vereinbarte Lehrlingsvergütung von00 bis 250 Euro pro Monat mehr als 20 Prozent unterer im einschlägigen Tarifvertrag festgelegten Höhe lag.
ür die jungen Leute hatte dies einen fatalen Doppel-ffekt und das war das Gegenteil einer vernünftigenösung.
rstens mussten sie sich mit einer außerbetrieblichennd damit eindeutig schlechteren Ausbildung zufriedeneben und zweitens erhielten sie nicht die 200 bzw.50 Euro Vergütung im Monat, wie es im Vertrag stand,ondern die staatlich festgelegten 150 Euro für die au-erbetriebliche Ausbildung. Welchen Vorteil soll das fürunge Menschen bringen?
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14430 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Minister Dr. Horst Rehberger
Jeder, der sich nur ein wenig in Ostdeutschland aus-kennt,
wird bestätigen, dass das, was ich hier geschildert habe,keine ungewöhnlichen Fälle sind.
Inzwischen ist es offenbar auch nicht mehr ungewöhn-lich, dass Lehrherr und Lehrling zwar die tarifvertraglichvorgegebene Vergütung in den Vertrag aufnehmen, inder Praxis aber niedrigere Vergütungen bezahlt werden.
Ich sage Ihnen offen: Ich finde es bedrückend, dass ge-standene Handwerksmeister und junge Auszubildendeden Weg eines Rechtsverstoßes gehen müssen, um etwasbildungspolitisch Gewolltes mit dem ökonomisch Mach-baren auf einen Nenner bringen zu können.
Hier im Bundestag muss ich sagen: Welches Bild vonunserem Staate bekommen 16-, 17- und 18-Jährige,wenn sie schon bei der Ausbildung einen solchen Weggehen müssen?
Der Bundesrat schlägt deshalb vor, anstelle der bishe-rigen Regelung der Ausbildungsvergütung im Berufsbil-dungsgesetz nur noch eine Untergrenze festzulegen, diebei circa 180 Euro in den alten Bundesländern und circa150 Euro in den neuen Bundesländern liegt.Damit wir uns nicht missverstehen: Selbstverständ-lich ist es den Tarifvertragsparteien sowie den einzelnenUnternehmern und Auszubildenden völlig unbenom-men, für ihren jeweiligen Verantwortungsbereich höhereVergütungen festzulegen. Das steht also gar nicht zurDebatte.
Aber man kann nicht alle über einen Leisten schlagen.Das ist das Entscheidende.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Pieper?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin mit meinen Ausführungen gleich am Ende
und bin dann gern bereit, die Zwischenfrage zuzulassen.
Nein, am Ende der Redezeit kann ich keine Zwi-
schenfrage mehr zulassen.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Auch wenn das vielleicht überraschend ist, so möchte
ch doch eine Zwischenfrage stellen. Herr Minister
r. Rehberger, ich möchte Sie fragen, ob es richtig ist,
ass das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
nter der Leitung von Herrn Clement an einer Lösung
er Frage der Angemessenheit der Ausbildungsvergü-
ungen sehr interessiert war und gern wollte, dass die lo-
ale und regionale Arbeitsmarktsituation angemessen
erücksichtigt wird, und somit den Gesetzentwurf des
undesrats unterstützt hätte, wobei dieser Gesetzentwurf
icht nur von CDU/FDP-Landesregierungen im Bundes-
at unterstützt wurde, sondern auch von einigen anderen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Pieper, das ist gar nicht überraschend, sondern
as ist Gedankenübertragung; denn genau darauf wollte
ch eben hinweisen.
s ist in der Tat so, dass den Betroffenen größere Spiel-
äume für die Vergütungsregelung eingeräumt werden
üssen.
Im Interesse einer guten Ausbildung der jungen Ge-
eration bitte ich Sie, dem Vorschlag des Bundesrats zu
olgen. Nicht zuletzt wegen der von Frau Pieper zu
echt angesprochenen weitgehenden Übereinstimmung
wischen der Auffassung des Bundeswirtschaftsminis-
ers und dem, was ich hier vorgetragen habe, fände ich es
underbar, wenn man dem Konsens, der in anderen Fra-
en bereits gefunden worden ist, hier noch einen Kon-
ens hinzufügen würde. Das käme der jungen Genera-
ion zugute.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie
indringlich: Helfen Sie mit, dass möglichst vielen jun-
en Menschen gute Ausbildungsplätze in der gewerbli-
hen Wirtschaft angeboten werden können.
Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!as geltende Bundesbildungsgesetz stammt aus demahre 1969. Es ist also mehr als 35 Jahre alt. Allein das
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14431
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Petra Pauzeigt, dass das Gesetz erneuert und den Bedingungen des21. Jahrhunderts angepasst werden muss.Hinzu kommt, dass es zwischen uns im vergangenenJahr einen auch bis jetzt noch nicht ausgestandenenKonflikt gab über die Zahl der verfügbaren Ausbil-dungsplätze und über den Weg, allen Jugendlichen eineAusbildung zu ermöglichen. Dieser Streit, Ausbildungs-umlage oder Ausbildungspakt, beantwortet allerdingsnoch nicht die Frage nach der Ausbildungsqualität.Hierzu muss das Berufsbildungsreformgesetz, über daswir hier sprechen, Maßstäbe setzen.Die Frage, die sich logisch stellt, lautet also: Ent-spricht der vorliegende Kompromissentwurf den Krite-rien für eine qualifizierte Berufsausbildung im 21. Jahr-hundert? Nach Prüfung der Vorlage und Beratung mitden zuständigen Abgeordneten in den PDS-Fraktionender Landtage lautet meine Antwort, dass diese Qualitäts-kriterien leider nicht gegeben sind.Sie wissen, dass wir mit unserer Kritik nicht alleinstehen. Zum Beispiel auch der DGB hat grundsätzlicheBedenken und hat deshalb einen eigenen Entwurf in dieDebatte gedrängt. Er kommt den Vorstellungen der PDSnäher als die Entwürfe, die heute zur Abstimmung ste-hen. Wir halten zum Beispiel die Qualitätsansprüche aneine moderne Berufsausbildung für unzureichend nor-miert. Dazu bedürfte es anspruchsvollerer Standards beiden Auszubildenden und ehrgeiziger Ziele für die Aus-zubildenden.Ich habe bereits in der ersten Lesung festgestellt, dassdie vorgeschlagene Arbeit mit Ausbildungsmodulensinnvoll sein kann. Sie darf allerdings nicht dazu führen,dass die Gesamtausbildung aus dem Blick gerät. DieseGefahr ist mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht ge-bannt.Auch das viel gelobte duale Ausbildungssystem wirddurch den vorliegenden Gesetzentwurf nicht gestärkt, imGegenteil. Wie Sie wissen, ziehen sich immer mehr– insbesondere große – Unternehmen aus der Berufsaus-bildung zurück. Diesem Trend müsste ein modernes Ge-setz Einhalt gebieten. Stattdessen versuchen Sie, die au-ßerbetriebliche Ausbildung aufzuwerten. Die Praxiszeigt, dass dies pure Theorie ist. Denn außerbetrieblicheAusbildung kann nicht auf demselben anerkannten Ni-veau angeboten werden, wie es den Betrieben möglichist.Außerdem geht Ihr Ansinnen wieder einmal zulastender Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Schließlich istnoch ein weiterer wichtiger Aspekt anzuführen, der zwarimmer wieder betont wird, im Gesetzentwurf aber unzu-reichend berücksichtigt ist: der richtige und wichtigeAnspruch auf lebenslanges Lernen.Kurzum: Die Reform der Berufsausbildung ist über-fällig, aber sie geht uns, der PDS im Bundestag, nichtweit genug.
Nächster Redner ist der Kollege Alexander Dobrindt,
CDU/CSU-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-egen! Wir sind gemeinsam angetreten, um die längställige Novellierung des Berufsbildungsgesetzes zu er-eichen,
nd zwar nicht deshalb, weil wir ein ausgesprochenesarmoniebedürfnis gegenüber Rot-Grün haben, son-ern weil im Interesse der jungen Menschen in unseremand ein modernes Berufsbildungsrecht dringend not-endig ist, das von zwei Leitgedanken geprägt ist. Ers-ens brauchen wir mehr Ausbildungsplätze für die jun-en Menschen in unserem Land und zweitens ist derrhalt des dualen Ausbildungssystems in Deutschlandwingend erforderlich.Wir, die CDU/CSU, haben die wesentlichen Beiträgeur Erreichung dieses Ziels in den vorliegenden Gesetz-ntwurf aufnehmen können. Die maßgeblichen Punkteus dem Gesetzentwurf der CDU/CSU wurden über-ommen, sodass wir trotz der von Ihnen zum Schlussingeschmuggelten Änderungen, die das Ergebnis – undie Zufriedenheit unserer Wirtschafts- und Arbeitspoliti-er; darauf komme ich gleich noch – etwas trüben, imndeffekt von einer zukunftsweisenden und substanziel-en Verbesserung für die ausbildungswilligen jungenenschen in unserem Land sprechen können.
Ich will aber ausdrücklich betonen, dass mehr Ausbil-ung in Deutschland nur dann möglich ist, wenn es aucher Wirtschaft in unserem Land wieder besser geht. Des-egen will ich es an dieser Stelle nicht versäumen, dennternehmen und Betrieben zu danken, die trotz derchwierigen Situation in einem hohen Maß die erfolgrei-he Nachvermittlung an Lehrstellen – nämlich doppelto viele wie im vergangenen Jahr – erreicht haben. Dasst das Ergebnis von freiwilligen Kraftanstrengungenausender von Betrieben, die ihrer Verantwortung nach-ommen, und zwar ohne die staatliche Zwangsregulie-ung durch eine rot-grüne Ausbildungsplatzabgabe.
enn wir mit einem neuen Berufsbildungsgesetz diesereiwillige Bereitschaft noch erhöhen können, dann wäreas sehr positiv.Der vorliegende Gesetzentwurf stellt zwar einenompromiss dar, aber dies rechtfertigt nicht, dass dieG Metall in ihrer gestrigen Pressemeldung von einemfaulen Kompromiss“ gesprochen hat, nur weil darineine Ausbildungsplatzabgabe vorgesehen ist.Meine Damen und Herren von Rot-Grün, nehmen Siehre Verantwortung wahr und erklären Sie den Gewerk-chaften, dass es unverantwortlich ist, wenn es um diexistenziellen Belange der jungen Menschen in unserem
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14432 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Alexander DobrindtLand geht, alle Leistungen schlechtzureden, nur weil wirder ideologischen Zwangsregulierung des Ausbildungs-marktes nicht folgen! Darin liegt Ihre Verantwortung.
Die CDU/CSU hat substanzielle Verbesserungen inden Gesetzentwurf eingebracht. Wir haben Ihnen deut-lich gemacht, dass es uns auf drei entscheidende Punkteankommt. Erstens muss die Anzahl der ausbildungsfähi-gen Betriebe gesteigert werden. Zweitens muss die Ent-wicklung neuer Berufsbilder beschleunigt werden. Drit-tens muss es zu einer stärkeren Flexibilisierung undKostensenkung in der Ausbildung kommen. Dies allesmuss mit der Stärkung des dualen Ausbildungssystemseinhergehen, weil dies das oberste Qualitätsmerkmal un-serer Berufsausbildung darstellt und weil es wichtig ist,dass die Ausbildung praxisbezogen und anwendungsori-entiert in den Betrieben stattfindet.Deswegen bin ich außerordentlich froh darüber, dassdie beabsichtigte Gleichstellung von dualen Berufsbil-dungssystemen und schulischer Berufsausbildung vomTisch ist und in dem vorliegenden Gesetzentwurf nichtfestgelegt wird. Wir haben klare Grenzen gezogen, dieeine praxisfremde Ausbildung nicht zulassen. Ein ange-messener Anteil an fachpraktischer Ausbildung mussgewährleistet sein. Dies soll durch Lernortkooperationerreicht werden. Die Wirtschaftsverbände und die Kam-mern entscheiden mit, wie ein angemessener Teil fach-praktischer Ausbildung auszusehen hat. Wir haben dieentsprechende Regelung zeitlich befristet, sodass eineschleichende Verschulung der Berufsausbildung nichtmöglich ist.CDU und CSU haben „betriebliche Bündnisse“ in denEntschließungsantrag hineingeschrieben. Wir haben da-mit einen Meilenstein im Hinblick auf die weiter ge-hende Frage gesetzt: Was kann zukünftig vor Ort in denBetrieben, abweichend von tarifvertraglichen Vereinba-rungen, an Regeln getroffen werden? Wörtlich heißt es:Der Deutsche Bundestag begrüßt ausdrücklich beste-hende betriebliche Bündnisse für mehr Ausbildungund fordert die betrieblichen Partner auf, dieses In-strument der Steigerung des Ausbildungsplatzange-botes verstärkt zu nutzen.Ich hoffe darauf, dass dieses Instrument verwendet wird,um einmal ohne jegliche Aufgeregtheiten über die Höheder Ausbildungsvergütungen zu reden. Denn ich bleibedabei: Mir ist jeder Ausbildungsplatz lieber, der für500 Euro geschaffen wird, als derjenige, der für750 Euro nicht geschaffen wird.
Wir hätten eine klare Aufwertung der Stufenausbildungerreicht, wenn Rot-Grün nicht zuletzt noch Änderungenvorgenommen hätte, die die Wirkung der Stufenausbil-dung leider nicht voll entfalten lassen. Herr KollegeBrase, darüber haben wir bereits in der gestrigen Aus-schusssitzung diskutiert und wir haben deutlich daraufhingewiesen, dass wir das so nicht akzeptieren können.Darüber werden wir in aller Deutlichkeit noch einmal re-den müssen. Natürlich muss praktisch begabten Auszu-bAin„etrdduüsaCsmFMddkjeghPFHdhSkacBmwefledkdRDgeB
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-esregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zureform der beruflichen Bildung, Drucksache 15/3980.er Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-enabschätzung empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-mpfehlung auf Drucksache 15/4752, in Kenntnis deserufsbildungsberichtes 2004 auf Drucksache 15/3299 –
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14433
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerTagesordnungspunkt 5 b – den Gesetzentwurf in derAusschussfassung anzunehmen.Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen.– Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-entwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmender SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der CDU/CSU bei Enthaltung der FDP angenommen.Dritte Beratungund Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die demGesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben.– Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-entwurf ist damit mit derselben Mehrheit wie zuvor an-genommen.Abstimmung über den Entschließungsantrag derFraktion der FDP auf Drucksache 15/4753. Wer stimmtfür diesen Entschließungsantrag? – Gegenprobe! – Ent-haltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit den Stim-men der Koalition bei Enthaltung der CDU/CSU und beiZustimmung der FDP abgelehnt.Abstimmung über den von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf zur Modernisierungder dualen Berufsausbildung in Deutschland durch Novel-lierung des Berufsbildungsrechts, Drucksache 15/2821.Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-folgenabschätzung empfiehlt unter Nr. 2 seiner Be-schlussempfehlung auf Drucksache 15/4752, den Ge-setzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die demGesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen.– Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-entwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmender Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU und derFDP abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäfts-ordnung die weitere Beratung.Abstimmung über den von der Fraktion der FDP ein-gebrachten Gesetzentwurf zur Reform des Berufsausbil-dungsrechts, Drucksache 15/3325. Der Ausschuss emp-fiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung, denGesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die demGesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen.– Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-entwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmender Koalition bei Gegenstimmen der FDP und der CDU/CSU abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäfts-ordnung die weitere Beratung.Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus-schusses für Bildung, Forschung und Technikfolgen-abschätzung zu dem von der Fraktion der FDP ein-gebrachten Gesetzentwurf auf Drucksache 15/3042 zurÄnderung des Berufsbildungsgesetzes. Der Ausschussempfiehlt unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung, denGesetzentwurf für erledigt zu erklären. Wer stimmt fürdiese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthal-tungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-men des ganzen Hauses angenommen.Abstimmung über den vom Bundesrat eingebrachtenEntwurf eines Gesetzes zur Änderung des Berufsbil-dungsgesetzes auf Drucksache 15/4112. Der AusschusseGG–edFoFbDe2dtmb
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- undWohnungswesen
– zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer
, Dr. Klaus W. Lippold (Offen-
bach), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneterund der Fraktion der CDU/CSUDeutschland braucht Klarheit bei der Ver-kehrsinfrastruktur– zu dem Antrag der Abgeordneten HorstFriedrich , Joachim Günther
, Eberhard Otto (Godern), weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDPInvestitionen in Verkehrsinfrastruktur si-cherstellen– Drucksachen 15/2603, 15/2423, 15/3938 –Berichterstattung:Abgeordneter Albert Schmidt
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- undWohnungswesen zu dem Antragder Abgeordneten Horst Friedrich ,Joachim Günther , Eberhard Otto (Go-dern), weiterer Abgeordneter und der Fraktionder FDPKeine Kürzungen bei den Verkehrsprojektenin Ostdeutschland– Drucksachen 15/3203, 15/4096 –Berichterstattung:Abgeordneter Reinhard Weis
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- undWohnungswesen zu dem Antragder Abgeordneten Horst Friedrich ,Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther
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14434 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDPKurskorrektur bei Verkehrsinvestitionen – Fi-nanzierung des Bundesverkehrswegeplans2015 sicherstellen– Drucksachen 15/3470, 15/4097 –Berichterstattung:Abgeordneter Reinhard Weis
d) Beratung des Antrags der Abgeordneten RenateBlank, Dirk Fischer , Eduard Oswald,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derCDU/CSUInitiative für EU-Sonderprogramm „Verkehrs-projekte Europäische Einheit“– Drucksache 15/3720 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
FinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für TourismusAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschusse) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-gierungBericht zum Ausbau der Schienenwege 2004– Drucksache 15/4621 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für Tourismusf) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-gierungStraßenbaubericht 2004– Drucksache 15/4609 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für TourismusNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinenWiderspruch. Dann ist so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der KollegeDirk Fischer, CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Seit 1998 jagt nicht nur ein Verkehrsminister dennächsten, sondern auch eine verkehrs- und finanzpoliti-sche Fehlleistung die andere. Dabei ist ein gut funktio-nierendes Verkehrssystem das Schwungrad für eine posi-tive Wirtschaftsentwicklung. Stolpe und Eichel aber sindmit ihrer jahrelangen Kahlschlagspolitik bei den Ver-kehrsinvestitionen
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Die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung muss auf die Stei-erung der tatsächlichen Verkehrsleistungen in unseremand dringend wieder angemessen reagieren. Die Prog-rans AG prognostiziert in ihrer gestern veröffentlichenittelfristprognose zum Personen- und Güterverkehr – im-erhin im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr,au- und Wohnungswesen – im PKW-Verkehr eine Zu-ahme der Verkehrsleistungen um jährlich 0,4 Prozent bis008, im LKW-Verkehr sogar von jährlich 2,7 Prozent.ie am 18. Januar 2005 vom Statistischen Bundesamteröffentlichten vorläufigen Zahlen zur Güterverkehrs-eistung belegen diesen Trend. Schienengüterverkehr004: plus 8,2 Prozent;
innenschifffahrt 2004: plus 6,6 Prozent; Straßengüter-erkehr 2004: plus 4,5 Prozent. – Herr Kollege Schmidt,o erfreulich die 8,2 Prozent sind, so muss man doch im-er die Basis kennen. 8,2 Prozent von etwa 80 Milliar-en sind leider Gottes absolut viel weniger als 4,5 Pro-ent von 380 Milliarden.
as ist der markante Unterschied. Dennoch ist das eineür uns alle erfreulich positive Entwicklung.
Vor dem Hintergrund dieser Zahlen braucht Deutsch-and dringend Klarheit über die Verkehrsinfrastrukturfi-anzierung. Die Schere zwischen Wachstum und Investi-ionen öffnet sich aber auch 2005 gegenüber 2004eiter. Bundesfernstraßen: minus 262 Millionen Euro;chienenwege des Bundes: minus 697 Millionen Euro;undeswasserstraßen: minus 7,3 Millionen Euro. Als-Tüpfelchen darauf wieder einmal eine globale Minder-usgabe, diesmal in Höhe von 244 Millionen Euro! Woenn, wenn nicht bei den Investitionen, so frage ich,ird dieses Geld am Ende gestrichen? Sie haben die Ver-eilung noch nicht vorgenommen. Das wird bei den In-estitionen noch einmal kräftig negativ zu Buche schla-en.Ich gehe davon aus, dass die Koalition und die Bun-esregierung heute wieder einmal den Versuch unterneh-en werden, alles zu verharmlosen und alles schönzure-en. Aber was für uns und das Land zählt, sind schlichtnd ergreifend Fakten, Fakten, Fakten. Diese Faktenönnen Sie nicht bestreiten.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14435
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Dirk Fischer
– Herr Kollege Schmidt, wenn man in der Regierungs-verantwortung ist und Fakten nicht mehr ernst nimmt,dann ist man wirklich auf der schiefen Bahn. Ich warneSie! Orientieren Sie sich bitte an Fakten und nicht anWünschen!
Insbesondere durch die EU-Osterweiterung wird dieBedeutung unseres Landes als Verkehrsdrehscheibe wei-ter wachsen.
Für den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehrmit den neuen EU-Nachbarn geht die Verkehrspro-gnose 2015 von einem erheblichen Anstieg aus, aller-dings – das ist auch dabei wieder zu bedenken – auf ei-ner bisher relativ niedrigen Basis. Polen: Steigerung um275 Prozent gegenüber dem Verkehrsaufkommen von1997. Tschechien: plus 235 Prozent gegenüber dem Ver-kehrsaufkommen von 1997.Der nach dem Fernstraßenausbaugesetz und demBundesschienenwegeausbaugesetz formal festgestellteAusbaubedarf bleibt aber vor allem auf den Ost-West-Achsen weit hinter dem realen Ausbaubedarf zurück,obwohl hier aufgrund der Folgen des Zweiten Welt-kriegs und der langen Teilung unseres Landes ein beson-ders großer Nachholbedarf besteht. Selbst dieses festge-schriebene minimale Ausbauziel ist bei der derzeitigenFinanzplanung der Bundesregierung überhaupt nicht zuerreichen.
Deshalb, Herr Kollege Danckert, kann Deutschland ohneeine finanzielle Beteiligung der Europäischen Uniondurch ein Sonderprogramm „Verkehrsprojekte Europäi-sche Einheit“ – wir haben beantragt, dass sich die Bun-desregierung in Brüssel endlich dafür einsetzt – seinerFunktion als wichtigstes Transitland in Europa niemalsgerecht werden. Die Leute sollen hier fahren, aber siemüssen dafür bezahlen, weil wir das sonst nicht leistenkönnen; denn dieses Land trägt besondere Lasten derEuropäischen Union.Die nötige Klarheit bei der Verkehrsinfrastruktur-finanzierung hätte die Einführung der LKW-Maut brin-gen können. Wann aber hört die Bundesregierung end-lich auf, die klare gesetzliche Regelung des § 11 desAutobahnmautgesetzes vorsätzlich zu verletzen und denNutzern tief in die Tasche zu greifen,
ohne dieses Geld zusätzlich zugunsten gut ausgebauter,moderner Infrastruktur zu investieren? Das ist die völ-lige Diskreditierung des Gedankens der Nutzerfinanzie-rung.
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Der unprofessionelle Umgang der Bundesregierungit diesem für Deutschland so wichtigen Projekt hat lautundesminister Stolpe einen Schaden für unser Land inöhe von 4,6 Milliarden Euro verursacht.
ies ist das schlimme Resultat eines schlimmen Regie-ungsversagens.
Ein weiteres Beispiel einer unseriösen Investitionspo-itik à la Stolpe: Am 27. Oktober letzten Jahres ver-prach er unserem Ausschuss, dass die Schiene ab demahre 2008 zusätzlich 1 Milliarde Euro bekommen soll.arüber sei er mit Eichel einig.
ahrscheinlich hat er im Ausschuss in das sorgenvolleesicht des Kollegen Schmidt geschaut und gedacht, ihnüsse er dringend beruhigen.
uch wir haben es für eine positive Botschaft gehalten,ass es 1 Milliarde Euro mehr geben wird und dieseseld der Schiene zugute kommt. Was Stolpe uns abererschwiegen hat, ist: In einem Gespräch nur einen Taguvor vereinbarte er mit Eichel, die Finanzierung der zu-ätzlichen investiven Maßnahmen durch Kürzungen beien GVFG- und den Regionalisierungsmitteln insbeson-ere zulasten des Nahverkehrsangebotes in den Ländernicherzustellen. Ganz erstaunlich, dass Stolpe sich daranicht mehr so recht erinnern kann; denn das Ministeriumehauptet, die Meldung sei falsch. Aber die Vereinba-ung mit dem Finanzminister ist ja wohl schriftlich fest-ehalten worden.
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14436 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Dirk Fischer
Deswegen kann ich nur sagen: Kehren Sie an dieserStelle zur Darstellung des wahren Ablaufes zurück undführen Sie die Leute nicht an der Nase herum.
Wie dem auch sei: Der Bundesverkehrsminister musserklären, wie die versprochene Milliardensumme finan-ziert werden soll. Gegen den harten Widerstand der Län-der, die bei beiden Gesetzen – GVFG und Regionalisie-rungsgesetz – Zustimmungsrechte haben, wird dies wohlkaum durchsetzbar sein. Wenn aber nicht so, wie dann?Wir verlangen, dass uns der Minister auch erläutert, wie erglaubt, dieses Wort einlösen zu können, und dies mit kla-ren Beschlusslagen und belastbaren Aussagen unterlegt.Ansonsten bleibe ich dabei, dass er sich im Hinblick aufdas Jahr 2006, für das er sein definitives Ausscheidenangekündigt hat, immer mehr als ein Ankündigungsmi-nister im gleitenden Vorruhestand profiliert.Auch bei den Schienenweginvestitionen ist Klarheitbitter nötig. Die Investitionen in die Schienenwege derEisenbahnen des Bundes betragen im Jahre 2004 nurnoch 3,2 Milliarden Euro für Neubau und Bestandsnetz.Das heißt also, in diesem Bereich sind außer den2,5 Milliarden, die für das Bestandsnetz nötig sind, über-haupt nur noch 700 Millionen für Neu- und Ausbaumaß-nahmen verfügbar. Weitere rund 286 Millionen Eurosind von der Schiene zur Straße bzw. zu den Wasserstra-ßen umgeschichtet worden. Sie sind bis 2008 zurückzu-zahlen und werden bei diesen Verkehrsträgern neue Lü-cken reißen.Es kommt in den nächsten Jahren noch schlimmer. FürErsatzinvestitionen in das Bestandsnetz sowie für denNeu- und Ausbau der Schienenwege sind für 2005 3,5 Mil-liarden Euro, für 2006 3,1 Milliarden Euro, für 20073,0 Milliarden Euro und für 2008 2,0 Milliarden Eurovorgesehen. Das heißt, die Mittel fallen – anders kannman das nicht bezeichnen – die Treppe herunter.Ich komme zum Schluss. Mit dieser undurchsichtigenund fehlgesteuerten rot-grünen Finanz- und Investitions-politik muss endlich Schluss gemacht werden.
Wir brauchen zukunftsorientierte und verlässliche Inves-titionen in die Verkehrsinfrastruktur, damit es mit demWirtschaftsstandort Deutschland wieder aufwärts geht.Stellen Sie Ihre Investitionspolitik endlich auf ein tragfä-higes Fundament! Ich denke, die Anträge, die wir ge-stellt haben, bilden dafür eine sehr gute Basis.
Das Wort hat jetzt der Herr Staatssekretär Großmann.
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Wir haben also die Ausgaben deutlich gesteigert, zu-ächst mithilfe der Zinsgewinne aus dem Erlös der Ver-teigerung der UMTS-Lizenzen und – als diese wegfie-en – mit den Einnahmen aus der Maut. Selbst deninnahmeausfall bei der Maut im letzten Jahr haben wirurch eigene Vorschläge und mit Unterstützung desundesfinanzministers und der Haushälter überbrückenönnen.
Generell ist festzustellen, dass seit Übernahme deregierungsgeschäfte durch die Koalition die Bauinvesti-ionen des Bundes deutlich angehoben worden sind.
ie Daten der amtlichen Statistik belegen dies eindeutig.ie belegen auch, dass der Bund die einzige föderalebene ist, die so gehandelt hat.Die Ausgaben der Länder und Gemeinden für Bau-nvestitionen hingegen sinken seit 1997 kontinuierlich.as gilt besonders für die Verkehrsinfrastruktur.
s gibt Länder, die dies ehrlicherweise zugeben. Miriegt hier der Staatsanzeiger für Baden-Württembergom 11. Oktober 2004 vor – Herr Brunnhuber spitztchon seine Ohren –, in dem eine Schlagzeile „Wenigereld für Universitäten und Straßenbau“ lautet. Gott seiank gibt es Länder, die zugeben, dass sie anders han-eln als wir. Denn unsere Ausgaben sind in diesem Zeit-aum gestiegen.In Ihrem Antrag, meine lieben Kolleginnen und Kol-egen von der CDU/CSU, heißt es – das muss man sichinmal auf der Zunge zergehen lassen –, dass es beitraße und Schiene im Jahre 2004 erstmals seit Bestehener Bundesrepublik Deutschland keinen einzigen Neu-eginn eines Projektes geben wird. Sie müssten eigent-ich schamrot werden. Denn bei der Straße haben wirit 36 Projekten begonnen. Beispielhaft erwähne ichen Spatenstich bei der A 66 bei Wiesbaden, auf der4, Aachen–Köln, bei der B 112, Neuzelle–Guben, beier B 269, Überherrn–französische Grenze, bei der B 85
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Parl. Staatssekretär Achim Großmannbei Cham sowie die Grundsteinlegung für die TalbrückeSt. Kilian im Zuge der A 73 und den Tunnelanschlag fürden Guggenbergtunnel im Zuge der Ortsumfahrung Pei-ßenberg. Das sind, wie gesagt, nur wenige Beispiele ausden insgesamt 36 begonnenen Projekten.Bei der Schiene wurden 2004 17 Finanzierungsver-einbarungen mit 1,6 Milliarden Euro Investitionsvolu-men – das ist der Bundesanteil – abgeschlossen. Mit demBau – sprich: Spatenstich – wurde bei folgenden Vorha-ben begonnen: Buschtunnel zwischen dem Hauptbahn-hof Aachen und der belgischen Grenze – derzeit könnendie Züge dort nur 30 Kilometer pro Stunde fahren –,Umbau des Bahnhofs Frankfurt-Sportfeld, KLV-Termi-nal Ulm-Dornstadt, Gleiserneuerung zwischen Ham-burg-Harburg und Buchholz, Südhalle Dresden Haupt-bahnhof, Gleistragwerke. Außerdem ist Ende 2004 derGroßauftrag für den Rohbau des City-Tunnels in Leipzigvergeben worden.
Ich glaube, das ist eine Bilanz, die sich sehen lassenkann. Leider habe ich nicht die Zeit – es wäre auch er-müdend –, Ihnen die gesamte Liste vorzulesen.Es ist kein Geheimnis, dass es die Deutsche Bahn AG2004 etwas schwerer hatte. Die Finanzierungsvereinba-rungen mussten neu getroffen werden. Das kostet, wiewir wissen, Zeit. Über die Verkehrsinfrastrukturfinanzie-rungsgesellschaft ist es aber möglich, Mittel zwischenSchiene und Straße umzuschichten. 2004 sind deshalbkeine investiven Mittel verfallen. Das war schon einmalanders.
Damit ist das Maß an Flexibilität ermöglicht, das not-wendig ist, um den jeweiligen Verfügungsrahmen voll-ständig ausschöpfen zu können. Nutznießer ist nicht nurdie deutsche Bauwirtschaft, sondern die deutsche Volks-wirtschaft im Ganzen. Selbstredend ist diese Flexibilitätkeine Einbahnstraße zugunsten des Straßenbaus. Ich binzuversichtlich, dass die gemeinsam mit dem Vorstandder Deutschen Bahn AG vorgenommene Festlegung dereinzelnen Investitionsmaßnahmen in die Schieneninfra-struktur zukünftig zu einem vollständigen Mittelabflussführt.
Dann will ich mit der Legende aufräumen, was die1 Milliarde Euro mehr für die Schieneninfrastruktur imJahr 2008 betrifft. Ich habe das schon gestern im Aus-schuss dargestellt; aber auch wenn man den Sachverhaltaufklärt, bedeutet das nicht, dass unwahre Behauptungennicht aufrechterhalten werden. Wir haben durchgesetzt,dass die 66er-Liste, die mit der Bahn vereinbart wordenist, durchfinanziert wird; ansonsten kann man gar nichtdamit beginnen, solche Projekte umzusetzen. Das ist derentscheidende Durchbruch. Das bedeutet, dass wir 2008mehr Geld zur Verfügung haben.uhsHRBdGGVAteaHsbjewcrdsqefswtrlenbss3hAwbisßUchBdsnI
on daher ist es ganz normal, dass man die dergenda 2010 zugrunde gelegte Maßregel, darauf zu ach-n, welches Geld der Staat für welche Projekte einsetzt,uch an den Verkehrshaushalt anlegt.Angesichts der Leistungsgrenzen der klassischenaushaltsfinanzierung werden wir im Straßenbau ver-tärkt die Projektfinanzierung im Rahmen von Betrei-ermodellen anwenden. Dazu brauchen wir Pilotpro-kte; denn wir betreten Neuland. Deshalb sage icharnend: Auch PPP-Projekte müssen ihre wirtschaftli-he Effizienz beweisen und dürfen sich nicht auf eineeine Vorfinanzierung konzentrieren; denn sonst würdenie Projekte in Wirklichkeit teurer als das, was wir beab-ichtigen: den Bau preiswerter zu machen.
Demnächst werden wir über die Einleitung der Prä-ualifikationsverfahren der ersten A-Modell-Projektentscheiden. Weitere Projekte nach dem F-Modell sollenolgen. Erfahrungen aus bisherigen, auch problemati-chen F-Modellen – ich habe von Neuland und von Ent-icklungen gesprochen, die wir in unserem Land voran-eiben – werden dabei ausgewertet.Die Bundesregierung ist sich der Bedeutung eineristungsfähigen und modernen Infrastruktur in deneuen Ländern bewusst. Das spiegelt sich natürlich ins-esondere in dem hohen Realisierungsgrad und Baufort-chritt der Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ – hierind zwei Drittel des Gesamtvolumens von6 Milliarden Euro realisiert – und an dem nach wie vorohen Anteil der neuen Länder an den für den Neu- undusbau geplanten Investitionen in Höhe von 35 Prozentider.Herr Fischer, unter Mitwirkung der Länder Mecklen-urg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Bayernt speziell zur Frage der Kapazitätsauslastung der Stra-eninfrastruktur, was die Osterweiterung anbetrifft, einentersuchung durchgeführt worden. In dieser Untersu-hung kommt man zu dem Ergebnis, dass die jetzt vor-andene Verkehrsinfrastruktur plus der Projekte, die imundesverkehrswegeplan stehen, die Anforderungen,ie sich durch die EU-Osterweiterung ergeben, grund-ätzlich erfüllen. Ein Sonderprogramm ist nun wirklichicht erforderlich.Einige wenige Sätze zu den vorliegenden Berichten.n den Berichten 2004 über das Jahr 2003 werden der
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14438 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Parl. Staatssekretär Achim GroßmannEinsatz von 4,1 Milliarden Euro für die Schiene und derEinsatz von 4,653 Milliarden Euro für die Straße doku-mentiert. Hinzu kommen im Straßenbereich nicht inves-tive Mittel von 918 Millionen Euro. Das heißt, wir sindkontinuierlich dabei, die Straßen- und Schieneninfra-struktur unseres Landes aufzubauen.Natürlich wünschen wir uns, dass es mehr Mittel gibt.Dabei können Sie, sehr geehrte Damen und Herren vonder Opposition, helfen, beispielsweise dadurch, dass Sieuns darin unterstützen, Subventionsabbau zu betreiben,
und indem Sie den falschen Subventionsbegriff aus demKoch/Steinbrück-Papier relativieren. Ich möchte Sie bit-ten, bei Ihren Ministerpräsidenten darum zu werben, dieBlockade des Bundeshaushaltes 2005 zu beenden. Manmuss sich das einmal vorstellen: Damit wird verhindert,dass wir in die Straße und in die Schiene investieren. Esgibt also viel zu tun.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Horst Friedrich.
Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolle-ginnen und Kollegen! Das Jahr 2005 hat mit einem Er-eignis begonnen, das wir nicht mehr erwartet hatten: DieLKW-Maut in Deutschland funktioniert.
Das ist das Positive. Das Negative daran ist, dass die Ab-gabenbelastung für den Straßenverkehr damit auf dieneue Rekordhöhe von 53 Milliarden Euro angehobenwird, Herr Staatssekretär.
Als Sie die Regierungsverantwortung übernommen ha-ben, lag die Abgabenbelastung für den Straßenverkehrbei knapp 38 Milliarden Euro. Die Differenz ist ErgebnisIhrer Politik.Sie haben mit Einführung der Ökosteuer und derMaut die Chimäre verbreitet, damit werde eine giganti-sche Verlagerung der Güterströme von der Straße auf dieSchiene stattfinden. Die schon zitierte Prognose vonPro-Trans, von Ihnen selbst in Auftrag gegeben, belegtdeutlich, dass zwei Tatsachen unverrückbar sind, auchwenn Sie sie aus ideologischen Gründen noch immervöllig ignorieren:risLSJgknriddmwHhSaShb1grUhhud–Z–sIaegDnsKIe
Zweitens. Für den LKW-Verkehr wird bis zumahr 2008 ein Wachstum von jährlich 2,7 Prozent pro-nostiziert und damit deutlich mehr als für den Güterver-ehr auf der Schiene.Was ziehen Sie daraus für Konsequenzen? Sie haltenach wie vor an einer völlig ungleichgewichtigen Dotie-ung der Verkehrsträger in Deutschland fest, weil Sie auseologischen Gründen nicht eingestehen können, dasser Verkehrsträger Schiene, auch wenn er gut ist, nie-als in der Lage sein wird, auch nur annähernd zu einerirklichen Entlastung des Straßenverkehrs beizutragen.
Vor diesem Hintergrund ist es besonders interessant,err Staatssekretär, dass Sie jetzt behaupten, Sie hättenöhere Ausgaben getätigt. Wenn ich mir die Zahlen aufeite 33 Ihres Straßenbauberichts auf Drucksache 15/4609nsehe – diese Zahlen haben Sie visualisiert – und dieäulen vergleiche, komme ich zu dem Schluss, dass Sieinsichtlich der absoluten Höhe nicht die Verkehrsausga-en des Jahres 1992 erreicht haben. Auch in den Jahren999, 2000, 2001 und 2003 lagen die Ausgaben niedri-er als die durchschnittlichen Haushaltsansätze in unse-er Regierungszeit. Lediglich in den drei Jahren, als dieMTS-Erlöse gegriffen haben, waren die Ausgaben hö-er. Ich sage es aber noch einmal: Im gleichen Zeitraumaben Sie die Abgabenbelastung für den Straßenverkehrm fast 17 Milliarden Euro erhöht. Das ist die Bilanz, aner Sie sich messen lassen müssen.
Das ist weder Quatsch, Frau Kollegin Rehbock-ureich, noch Unsinn.
Der Herr Staatssekretär hat gesagt, unsere Anträgeeien unsinnig.In dem gleichen Bericht wird dokumentiert, dass diengenieurbauwerke in Deutschland, was ihren Zustandngeht, weiter auf dem Weg nach unten sind. Nur nochin knappes Drittel ist in der Einstufung gut oder sehrut. Ein weiteres Drittel ist gerade noch befriedigend.er Rest ist bestenfalls ausreichend mit der Tendenzach unten: kritisch oder ungenügend. Das sind auchchon 12 Prozent. Nehmen Sie dies doch einmal zurenntnis und kürzen Sie dort nicht weiter! Angesichtshrer Mittelfristplanung bis 2008 sind Ihre Zahlen dochher Wunsch und Wolke und durch nichts unterlegt.
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Horst Friedrich
Jetzt komme ich zu Ihren Aussagen von gestern, HerrStaatssekretär. Wenn ich Ihren schriftlichen Bericht, denSie selbst vorgelegt haben, richtig gelesen habe, stehtdort nichts anderes, als dass die 1 Milliarde in 2008 da-mit im Zusammenhang zu sehen ist, dass zu diesem Zeit-punkt der Mittelansatz für das GVFG und für die Regio-nalisierung geprüft wird.
In Kenntnis dessen, was Sie unter „zu prüfen“ verstehen,ist das nichts anderes als ein Tausch von der linken in dierechte Hosentasche. Das haben Sie mit der Maut vorge-macht. Sie haben die Fiktion vermittelt, mit Einführungder Maut sei eine Umstellung der Finanzierung möglich.Was haben Sie erreicht? Den Tausch von Steuermittelndurch so genannte Mauteinnahmen, die Sie immer nochnicht richtig handhaben, weil die von Ihnen selbst ge-gründete Gesellschaft, die Verkehrsinfrastrukturfinan-zierungsgesellschaft, eine taube Nuss ist; denn sie darf janichts.
Mich ärgert es schon ein bisschen, Herr Staatssekre-tär, dass Sie unsere Anträge als unsinnig bezeichnen undablehnen. In unserem Antrag vom 28. Januar 2004 ha-ben wir Sie zum Beispiel aufgefordert, die Ausdehnungder Anwendungsmöglichkeiten der A- und F-Modellevorzubereiten und einen entsprechenden Gesetzentwurfvorzulegen. Wieso ist das unsinnig? Jetzt lese ich, dassSie versuchen, das, was Herr Bodewig im Jahr 2000– zufälligerweise vor dem Landtagswahlkampf in Nord-rhein-Westfalen – versprochen hat, nämlich die A-Mo-delle umzusetzen, also den Anbau weiterer Spuren vonden Einnahmen aus der LKW-Maut abzutrennen, in tro-ckene Tücher zu bringen? Nur weil dies die Oppositionein Jahr früher gefordert hat, kann es doch nicht unsinniggewesen sein.Was das F-Modell angeht, sehr verehrter Herr Staats-sekretär, weiß ich überhaupt nicht mehr, was ich dazu sa-gen soll. Herr Stolpe geht durch das Land und sagt, manmüsse die Möglichkeiten dieses Modells ausschöpfen.Das heißt nichts weiter, als dass auch der PKW-FahrerMaut zahlen muss zur Finanzierung dieser Projekte.Gleichzeitig erklärt er vollmundig, mit ihm sei einePKW-Maut nicht zu machen. Entschuldigung, weiß derMinister überhaupt, wovon er redet und wie die Gesetzeaussehen?Wenn Sie mit dieser Verkehrspolitik die Sicherheitder Finanzierung der Infrastruktur gewährleisten wollen,dann ist das ungefähr wie bei der Bahn: Herr Mehdornsagt, dass er alle Mittel ausgibt, aber die Bauindustriebescheinigt uns, sie bekomme keine Aufträge und habedeswegen Probleme. Irgendwo muss ein schwarzes Lochsein. Die Frage ist nur, wo.Diese Politik ist nicht seriös und schon gar nicht plan-bar. Deswegen können Sie nicht von uns erwarten, dasswir diese Infrastrukturpolitik mittragen. Das wäre nichtim Interesse dessen, der hier die Hauptlast trägt, nämlichdes deutschen Autofahrers.NKkmRhzwwss–RwPdljAvvE3iGnnbkdlSbde4vngufbdVl
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Bevor uns hier noch Tränen der Rührungommen wegen Ihrer heldenhaften Forderungen nachehr Geld für Verkehrsinvestitionen, möchte ich in alleruhe mit einem Ammenmärchen aufräumen, das Sie unsier immer wieder erzählen. Es muss Ihnen selbst schonum Halse heraushängen und durch Wiederholungenird es nicht wahrer. Das Ammenmärchen lautet: Siearen die Helden der Investition. Wir haben gekürzt, ge-part, Kahlschlag – so hat es der Kollege Fischer ge-agt – betrieben.Liebe Leute, jetzt einmal ganz nüchtern und kühlich bin ja sehr geduldig, ich versuche es einmal mituhe –: Wie lausig war denn Ihre Abschlussbilanz? Ichill Ihnen nicht ersparen, dies ein weiteres Mal für dasrotokoll zu sagen: 1998 habt ihr Investitionsmittel füren Straßenbau in Höhe von 4,4 Milliarden Euro hinter-assen; heute betragen sie 4,7 Milliarden Euro. Was istetzt mehr, 4,7 oder 4,4 Milliarden Euro? Politik gegendam Riese zu machen heißt die Leute für dumm zuerkaufen.
Zweitens. Eure lausige Abschlussbilanz bei den In-estitionen in die Schiene wies nur noch 2,7 Milliardenuro auf. Das ist eine Tatsache. Heute stehen wir bei,7 Milliarden Euro. Das sind fast 40 Prozent mehr. Wasst denn mehr, 3,7 oder 2,7 Milliarden Euro? Jederrundschüler könnte diese Frage richtig beantworten,ur Sie wollen uns das Gegenteil weismachen. Sie kön-en sich Ihre scheinheilige Heldenpose sparen. Sie ha-en bei den Investitionen am Ende Ihrer Regierungszeitläglich versagt. Deswegen haben Sie jede Glaubwür-igkeit verloren, uns jetzt belehren zu können.
Wir haben es mit dieser Koalition aber auch geschafft,iebe Kolleginnen und Kollegen, die Investitionen in diechiene mit denen in die Straße gleichzustellen. Wir ha-en im Jahr 2003, genau dem Jahr, über das uns heuteer Bericht zum Ausbau der Schienenwege vorliegt,inen einmaligen Peak – das gebe ich zu – von,5 Milliarden Euro für den Schienenbau erreicht. Da-on konnten Sie vielleicht einmal träumen. Darüber hi-aus haben wir 7 Milliarden Euro im Regionalisierungs-esetz für die Bereitstellung von Nahverkehrsleistungennd für investive Bezuschussung in den Bundesländernür den öffentlichen Nahverkehr bereitgestellt. Wir ha-en in jedem Jahr 1,5 Milliarden Euro für das Gemein-everkehrsfinanzierungsgesetz, für die Verbesserung dererhältnisse in den Gemeinden und vor allem im öffent-ichen Verkehr bereitgestellt. Diese Gesamtbilanz macht
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Albert Schmidt
uns ein kleines bisschen stolz, aber nicht nur deshalb,weil das viel Geld ist, sondern auch wegen des Effektes:Wir hatten im letzten Jahr zum ersten Mal 10 MilliardenFahrgäste im öffentlichen Verkehr. Diese Erfolgsstorydes öffentlichen Verkehrs lassen wir uns von Ihnen nichtkleinreden und auch nicht kaputtmachen.
Herr Kollege Schmidt, gestatten Sie eine Zwischen-
frage?
Albert Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Eine Sekunde. – Auf diesen Erfolg sind wir stolz, wir
lassen uns ihn nicht kleinreden und von niemandem ka-
puttmachen.
Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage des Kollegen
Friedrich?
Albert Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Aber gern.
Herr Kollege Schmidt, Sie haben uns vorgehalten, wir
hätten im Jahr 1998 weniger als 5 Milliarden Euro inves-
tiert. Ausweislich des von der Bundesregierung selbst
vorgelegten Straßenbauberichts 2004 auf Seite 33 sind
die Istzahlen aufgelistet. Wenn ich nicht ganz blind bin,
so zeigt die Säule für das Jahr 1998 ungefähr
5,2 Milliarden Euro. Stimmen Sie mit mir überein, dass
diese Zahlen richtig sind, oder meinen Sie, dass die Zah-
len des Straßenbauberichts nicht die Realität wiederge-
ben?
Albert Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Richtig ist die Zahl 4,4 Milliarden Euro. Ich will Ih-
nen sagen, warum sie richtig ist: Das sind die Nettoin-
vestitionen. In Bezug auf die gesamte Berichterstattung
spreche ich die ganze Zeit von Nettoinvestitionen.
Wir können gern auch über Bruttoinvestitionen spre-
chen, bei denen wir beim Straßenbau nicht bei
4,7 Milliarden Euro, sondern deutlich über 5 Milliarden
Euro liegen. Meine Herrschaften, wir können nicht Äp-
fel mit Birnen vergleichen.
Das alles sind Taschenspielertricks, die den Blick auf die
Wahrheit nicht verstellen können.
Trotzdem, liebe Kolleginnen und Kollegen, stelle ich
gar nicht in Abrede, dass auch ich mir Sorgen mache.
Wir machen uns Sorgen um die zukünftigen Investitio-
nen, um die mittelfristige Planung. Wir sind alles an-
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in Absinken der Schienenbauinvestitionen im Jahr
008 auf unter 2,5 Milliarden Euro – weniger, als allein
as Bestandsnetz braucht – wäre in der Tat ein Desaster.
eshalb sage ich Ihnen: Die Horrormeldungen der letz-
en Tage, wonach, um dieses Loch zu vermeiden, Um-
chichtungsaktionen aus dem Regionalisierungsgesetz,
us dem GVFG, also aus dem Nahverkehr, in den Schie-
enbau zwischen zwei Ministern vereinbart worden
eien, haben uns sehr aufmerksam gemacht. Ich will es
anz klar und deutlich sagen – –
Herr Kollege, es möchte noch jemand eine Zwischen-rage stellen, Ihre Kollegin Eichstädt-Bohlig.Albert Schmidt (BÜNDNIS 90/DIERÜNEN):Lassen Sie mich diesen einen Satz noch sagen, Frauräsidentin: Einen solchen Verschiebebahnhof vomahverkehr zum Schienenbau machen wir nicht mit. Da-an gibt es überhaupt keinen Zweifel.
Frau Kollegin, bitte.
Herr Kollege Schmidt, stimmen Sie mit mir – unab-ängig von der Erfahrung, wie die Bilanz bei der Oppo-ition aussah, als sie das Zepter an die rot-grüne Regie-ung abgeben musste –, überein, dass zwei Fraktionen,ie dem Bürger ständig Steuersenkungen versprechen,berhaupt nicht in der Lage sind, einen Antrag zu stel-en, in dem gefordert wird, mehr Mittel für Investitionenereitzustellen, egal ob für Schiene, Straße oder Wasser-traße, und dass das praktisch Scheinanträge sind, dieberhaupt nicht der politischen Zielsetzung dieser Frak-ionen entsprechen?Albert Schmidt (BÜNDNIS 90/DIERÜNEN):Verehrte Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig, das WortScheinanträge“ würde ich jetzt nicht unbedingt benut-en. Vielmehr scheint mir das Wort „Scheinheiligkeit“ngebracht zu sein; denn wenn jemand etwas fordert,as er selber viel schlechter gemacht bzw. nicht hinbe-ommen hat, dann betrachte ich dies zumindest als dasrwecken eines falschen Anscheins. Insofern kann ichhrer Einschätzung nur zustimmen.Ich möchte noch etwas zu dieser 1 Milliarde Euro sa-en, die im Jahr 2008 angeblich verschoben werden soll.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14441
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Albert Schmidt
Wir sind uns erstens in der Koalition absolut einig, dasses ausgeschlossen ist, dass 2008 nur noch 2,3 MilliardenEuro für den Schienenbau zur Verfügung stehen. Weilwir uns in diesem Punkt absolut einig sind, gibt es dieseProtokollerklärung zu einer Sitzung des Bundeskabinettsvom Juni 2004, in der Folgendes festgehalten ist: DieserBetrag muss, vereinfacht gesprochen, um mindestens1 Milliarde Euro aufgestockt werden.Zweitens sind wir uns absolut einig, dass im Jahr2007 – so steht es im Gesetz – die Revision des Regiona-lisierungsgesetzes ansteht. Das heißt, dann muss neuverhandelt werden, wie es weitergehen wird.Eine Bemerkung zum Regionalisierungsgesetz. Eswar unser Verdienst, liebe Kolleginnen und Kollegen,die Dynamisierung hineingeschrieben zu haben. Ichkenne kein einziges Bundesgesetz, in dem mit einem Zu-wachs von jährlich 1,5 Prozent – das sind ein paar hun-dert Millionen Euro – über fünf Jahre eine solche Sicher-heit gewährt, ein solches Füllhorn für gute Zweckeausgeschüttet wird, in diesem Falle für die Zwecke desNahverkehrs. Es ist eine Sache der Rationalität, dass diesnach fünf Jahren überprüft werden muss, ganz abgese-hen davon, dass es im Gesetz so vorgesehen ist.Ich bin sehr dankbar dafür, dass der StaatssekretärAchim Großmann gestern im Ausschuss und heute hierim Plenum deutlich gemacht hat, dass solche schlichtenStreichungen und Kürzungen nicht geplant seien.
Ich sage aber genauso deutlich: Wir werden dies sehr ge-nau überwachen und dieses Thema auch in den Koali-tionsverhandlungen 2006 erörtern.
Auf diesen Punkt werden wir besonders viel Sorgfaltverwenden, Herr Kollege Kalb, denn wir wollen hier inDeutschland nicht weniger Nahverkehr, sondern wirwollen, dass die Erfolgsstory des Nahverkehrs fortge-schrieben wird.Vor dem Hintergrund immer neuer Kürzungsbegehrenmüssen sich die Länder fragen lassen, was die Regiona-lisierungsmittel und die GVFG-Mittel in dieser Hinsichtso angreifbar und anfechtbar macht. Ich will es ihnen sa-gen: Die Mittelverwendung ist nicht transparent genug;das ist das eigentliche Problem. Wir brauchen Nach-weise der Bundesländer, dass sie die Mittel, die wir ih-nen in großer Fülle überweisen, tatsächlich zweckbe-stimmt verwenden.An diesem Punkt sind die Länder am Zug. Wenn siedie Revisionsverhandlungen für 2007 selbst so vorberei-ten wollen, dass sie für sie erfolgreich verlaufen, dannerwarte ich, dass Berichte auf den Tisch gelegt werden,in denen jedes Bundesland nachweist, wofür es die Mit-tel für den Nahverkehr, die wir ihm überwiesen haben, indiesem Jahr und in den kommenden Jahren zweckbe-stimmt einsetzt. Nur dann wird man erfolgreich verhan-deln können.knmkügBnknBsDtwBBbwgaaGsJdmiekDKzsfstsudv
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema Ver-ehrsleistung ist bereits angesprochen worden. Nichtur der öffentliche Verkehr – auf Schiene und Straße,it Bussen und Bahnen –, sondern auch der Güterver-ehr auf der Schiene entwickelt sich positiv. Ich versteheberhaupt nicht, warum man dazu zynische Bemerkun-en machen sollte.
Herr Fischer hat die Feststellung des Statistischenundesamtes vorgelesen, dass die Leistung des Schie-engüterverkehrs in Deutschland – gemessen in Tonnen-ilometern – allein im letzten Jahr um 8,2 Prozent zuge-ommen hat. Das ist für mich kein Grund, eine zynischeemerkung zu machen, sondern vielmehr ein Grund, zuagen, dass es in diesem Bereich vorangeht.
as ist nämlich eine enorme Leistung, erst recht, weil sierotz eines gedämpften Wirtschaftswachstums erbrachturde.
Das ist nicht nur die Leistung der Deutschenahn AG; auch das sage ich ganz klar. Vor allem NE-ahnen, private bzw. nicht staatliche Eisenbahnen, ha-en daran aufgrund ihrer zum Teil zweistelligen Zu-achsraten wesentlichen, zunehmenden Anteil. Ihre An-ebote sind innovativ. Das ist es, was wir wollen: dass,uch im privaten Güterverkehr, Leben in der Bude bzw.uf dem Schienensystem entsteht. Das ist für uns einrund, zu konstatieren, dass wir auf dem richtigen Wegind. Sie können sich ausrechnen, wie weit wir in zehnahren wären, wenn wir diese Zahlen fortschreiben wür-en. Ich will aber nicht so vermessen sein und anneh-en, dass das möglich wäre; denn der Zuwachs betrugn nur einem Jahr 8 Prozent. Aber dann wären wir voniner Verdopplung der Leistung des Schienengüterver-ehrs gar nicht weit entfernt.
as überfordert vielleicht die Rechenkünste mancherollegen; hierbei geht es nämlich um Prozentrechnung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie michum Schluss sagen: Investitionen in die Verkehrswegeind essenziell und unverzichtbar. Kürzungen sind dasalsche Signal. Wer nicht investiert, glaubt nicht mehr aneine Zukunft. Deshalb brauchen wir gesicherte Investi-ionen in den Bestand, die Erhaltung und die Moderni-ierung unseres gesamten Verkehrssystems. Dass Straßend Schiene dabei gleich behandelt werden, dafür wer-en wir auch in Zukunft sorgen. Darauf können Sie sicherlassen.
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Das war ein lustiges Bild: das Leben in der Bude und
auf dem Schienenstrang.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Renate Blank.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Der bis-herige Verlauf dieser Debatte zeigt, dass Rot-Grün unserLand auch verkehrspolitisch gegen die Wand gefahrenhat.
Jeder weitere Tag ist ein schlechter Tag für den Innova-tionsstandort Deutschland und für die Infrastruktur inDeutschland.
Vor fünf Jahren wurde eine Regierungskommissionzum Thema Verkehrsinfrastrukturfinanzierung gebildet,die ermittelt hat, dass der Investitionsbedarf für Straße,Schiene und Wasserstraße pro Jahr mindestens 12 Mil-liarden Euro beträgt.
In der aktuellen mittelfristigen Finanzplanung bis zumJahr 2008 sind weniger als 8 Milliarden Euro pro Jahrausgewiesen. Das ist ein Armutszeugnis für die Bundes-regierung. Aber die Bundesregierung hat ja immer Kom-missionen gebildet und Gutachten erstellen lassen, ohneihre Ergebnisse jemals umzusetzen.Zu wenig Geld für die Infrastruktur ist ökonomischund ökologisch schädlich; denn pro Jahr entstehen Stau-kosten in Höhe von rund 100 Milliarden Euro. ImDurchschnitt, Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün,steht jeder Autofahrer 65 Stunden pro Jahr im Stau.Diese Zeit könnte sinnvoller genutzt werden, zum Bei-spiel für Weiterbildung. Zustand und Gebrauchswert derBundesfernstraßen und der Brücken werden immerschlechter. Die finanziellen Mittel, die für ihre Erhaltungund Nutzungsfähigkeit bereitgestellt werden müssen,steigen von Jahr zu Jahr. Dadurch wird der Spielraum fürNeu- und Erweiterungsinvestitionen immer enger.Meine Damen und Herren, der Verkehrsbereich istkein Zuschussgeschäft, sondern eine sprudelnde Geld-quelle. Jährlich fließen mehr als 50 Milliarden Euro anEinnahmen aus der Mineralölsteuer in die Kasse des Fi-nanzministers. Das ist genug Geld, um ein insgesamtkomfortables Verkehrsnetz vorzuhalten. Den Verkehrs-träger Straße, der zehnmal mehr einbringt, als er kostet,ständig zu schröpfen, ist schlichtweg ungeheuerlich.IdodnggSd3gaMaBdcNdhdSzsnutoüBlWw–bddkLdtiwseE
m Jahr 2003 sind gerade einmal 4,6 Milliarden Euro inen Straßenbau investiert worden; ich rede von Investiti-nen und von Istzahlen, Kollege Schmidt.Die Gesamtausgaben für die Schienenprojekte nachem geltenden Bedarfsplan betrugen sage und schreibeur 2,3 Milliarden Euro; das ist im Bundesschienenwe-eausbaugesetz nachzulesen. Obwohl man zu dem Er-ebnis gelangt ist, dass allein die Investitionen in denchienenbestand einen Umfang von jährlich 2,5 Milliar-en Euro erreichen sollten, stehen im Haushalt nur,2 Milliarden Euro. Für den Neubau bleiben dadurcherade noch 700 Millionen Euro. Wie und wann dannlle im Bundesschienenwegeausbaugesetz festgestelltenaßnahmen umgesetzt werden, bleibt mir ein Rätsel –ber wahrscheinlich nicht nur mir. Ich erwähne zweieispiele: Die ICE-Trasse Nürnberg–Erfurt, Teilstücker Transeuropäischen Netze, bleibt dabei auf der Stre-ke, ebenso der notwendige Ausbau der S-Bahn vonürnberg nach Erlangen. Rot-Grün vernachlässigt alsoen öffentlichen Personennahverkehr. Mit bestandser-altenden Maßnahmen im Umfang von 10 Milliar-en Euro bis 2008 versucht man trickreich, für diesetrecke geflossene EU-Fördergelder nicht zurückzahlenu müssen.Die rot-grüne Verweigerungshaltung beim Wasser-traßenausbau ist gänzlich unverständlich. Die Ableh-ung eines noch aus der Opposition heraus gefordertennd noch mit dem Investitionsprogramm 1999 folgerich-ig in Aussicht gestellten Wasserstraßenausbaugesetzesffenbart, dass Reden und Handeln bei Rot-Grün nichtbereinstimmen. Der umweltfreundliche Verkehrsträgerinnenschifffahrt wird wieder einmal schnöde vernach-ässigt. Ausgerechnet die Grünen, die sich immer alsahrer des Umweltschutzes darstellen, sind hier dieirklichen Blockierer.
Da geht es nicht ums Wachstum, es geht um die Aus-aumaßnahmen und um eine ganzjährige Befahrbarkeiter Wasserstraßen.
Mit der vollzogenen EU-Osterweiterung sind auf dieeutsche Verkehrsinfrastruktur zusätzliche Lasten zuge-ommen: Seit Mai 2004 hat der deutsch-tschechischeKW-Verkehr um 40 Prozent zugenommen, dereutsch-polnische um 30 Prozent. Beide werden garan-ert weiter wachsen. Damit diese Zuwächse bewältigterden können, fordern wir die Bundesregierung auf,ich auf europäischer Ebene initiativ für die Schaffungines Sonderprogramms „Verkehrsprojekte Europäischeinheit“ einzusetzen.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14443
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Renate BlankZum Baurecht. Wir haben insgesamt 150 nicht imBau befindliche Maßnahmen mit einem Volumen vonrund 4,7 Milliarden Euro planfestgestellt. Für 18 Maß-nahmen im Volumen von rund 1 Milliarde Euro lief bzw.läuft die Fünfjahresfrist in den Jahren 2004/2005 ab. Da-mit müssen wir Planungskosten in den Wind schreiben,nur weil Rot-Grün nicht in der Lage ist, die Verkehrsin-vestitionen zu erhöhen. Auf die LKW-Maut ist der Kol-lege Fischer schon eingegangen; dazu will ich nichtsweiter sagen. Die Planungskosten, in etwa 15 Prozent,gehen zulasten der Länder. Gerade Baden-Württemberghat sehr viele planfestgestellte Baumaßnahmen.
Und da werfen Sie, Herr Staatssekretär, Baden-Württem-berg seine Planungskosten vor! Dabei dürfte doch klarsein, dass diese sich irgendwo im Haushalt des Landeswiderspiegeln. Ich würde sagen: Bringen Sie die Maß-nahmen zum Laufen, dann müssen die Länder die Pla-nungskosten, die sie verausgabt haben, nicht in denWind schreiben.
Wie Sie das alles weiter abwickeln wollen, HerrStaatssekretär, wundert mich auch. Denn nach Erkennt-nissen der Bundesregierung – das haben Sie in Beant-wortung unserer Kleinen Anfrage ausgeführt – betragendie Aufwendungen für Vorhaben mit bestandskräftigemBaurecht etwa 3 Milliarden Euro. Hier ist also auf jedenFall noch sehr viel zu tun, damit Baurecht nicht verfälltund uns in Deutschland nicht der Verkehrsinfarkt droht.Wir brauchen dringend mehr Geld. Deswegen sind un-sere Anträge, Herr Staatssekretär, keinesfalls unsinnig,sondern sie sind folgerichtig gestellt.
Kollege Schmidt, die Grünen haben sich von einigenLebenslügen verabschiedet. Ich nenne nur Ihre Aussage,dass mehr Verkehr auf die Schiene verlagert werdenkann.
– Das ist schon länger her. – Die Grünen gibt es jetzt seit25 Jahren. Herr Kollege Schmidt, es wurde bemerkt,dass Sie das Strickzeug abgelehnt haben – ich will jetztnicht davon reden, ob das diskriminierend ist odernicht –
und dass Sie sich lieber einen kleinen VW wünschen.Ich überreiche Ihnen jetzt keinen kleinen VW, sonderneinen Transporter, mit dem alle Lebenslügen der Grü-nen, zum Beispiel die Möglichkeit der Verlagerung desVerkehrs auf die Schiene, abtransportiert werden kön-nen. Ich hoffe, dass Sie nach 25 Jahren irgendwann ein-mal in der Realität ankommen.gdtIhfegDprMSRwntdsAEmk
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Peter Danckert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-
en! Irgendwie erhält die Debatte eine interessante Wen-
ung, jetzt werden hier nämlich schon Geschenke ver-
eilt.
ch weiß nicht, ob das witzig war.
Das ist aber keine Bestechung.
Wenn man die Anträge der Opposition liest, über dieeute mit abgestimmt werden soll, dann hat man das Ge-ühl, dass
in Bild von etwas gemalt wird, das sich irgendwo in derroßen weiten Welt, aber nicht in Deutschland abspielt.as ist wirklich so absurd wie nur irgendetwas.
Wir haben das modernste Infrastruktursystem Euro-as, wenn nicht sogar der Welt, und Sie malen ein düste-es Bild von Deutschland. Das ist wirklich grotesk. Dieenschen draußen können sehr gut beurteilen, wie dieituation ist. Unsere Bahn wird immer besser – Frauehbock-Zureich wird nachher etwas dazu sagen – undir haben ein ganz modernes Straßennetz, an dem wiratürlich weiterarbeiten müssen; das ist gar keine Frage.
Lassen Sie uns heute dort erst einmal eine ganz nüch-erne und unaufgeregte Bilanz ziehen. Schauen Sie sichen Straßenbericht 2004 an! Ich meine, diese Bilanzieht in vielen Details sehr gut aus. Auch Sie haben Ihrennteil daran gehabt; das will ich gar nicht bestreiten.
s ist wirklich absurd, dass Sie jetzt so vortragen, dassan das Gefühl haben muss, man sei im Dschungel. Dasönnen die Leute draußen sehr gut beurteilen.
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Dr. Peter Danckert
Ich möchte zwei Details vor die Klammer ziehen, dieuns und der Welt beweisen, wie die Situation inDeutschland ist.Erstens. Im nächsten Jahr gibt es bei uns ein Welt-sportereignis, nämlich die Fußball-WM 2006.
Für dieses Ereignis werden alle zwölf Austragungsortemit einem Verkehrsleitsystem, das seinesgleichen su-chen wird, bestens angebunden sein. Ich kann an dieserStelle die Bahnhöfe in den Austragungsorten mit einbe-ziehen.
Ich danke an dieser Stelle der Bahn, der Bundesregie-rung und dem Bundesverkehrsministerium. Auch hierwerden wir uns nach einem erheblichen Aufwand allerBeteiligten bestens präsentieren.
Es ist geradezu grotesk, dass Sie an dieser Stelle immernur das Negative und nicht das Positive nennen.
In einem zweiten Bereich haben wir – nicht allein,sondern in Fortführung der Arbeit früherer Regierun-gen – ebenfalls etwas ganz Wesentliches getan. Ichnenne hier das Stichwort „Radwege an den Bundes-straßen“. Inzwischen haben wir 16 000 km Radwege anetwa 40 000 km Bundesstraßen. 40 Prozent der Bundes-straßen werden von Radwegen begleitet. Dieses Themaist für die Verkehrssicherheit ungeheuer wichtig. Daskann man doch nicht einfach unter den Tisch fallen las-sen! In den letzten 15 Jahren ist dafür fast 1 MilliardeEuro zusätzlich aufgewendet worden. An dieser Stellesollten wir alle auf dem Teppich bleiben und das Positivesehen.
Radwege sind für die Verkehrssicherheit sehr wichtig.Dies wird auch draußen bemerkt, weil sie nachgefragtwerden. Wir tun etwas dafür. Ich denke, das ist etwasganz Wichtiges.Lassen Sie mich an dieser Stelle etwas zu einemThema sagen, das in Ihren Anträgen gestreift wird, dieVerkehrsprojekte in Ostdeutschland. Diese sind aufeinem sehr guten Weg. Wer sich in den neuen Ländernauf den Straßen bewegt, merkt, dass sie inzwischen fastvollkommen sind. Egal, ob man von Berlin aus nachLeipzig, Halle oder Dresden fährt, überall sind die Ver-kehrswege so weit, wie sie sein sollten. Das, was wir inFortführung dessen, was Sie getan haben – das will ichgar nicht unter den Tisch kehren –,gjesuimdsnnktudwgw9BsAL3ugwbjsPDwddhh–nhHbeScw
emacht haben, hat dazu geführt, dass die Verkehrspro-kte „Deutsche Einheit“ auf einem guten Weg sind.
Eine Zahl finde ich sehr bemerkenswert. Inzwischenind seit 1991 154 Milliarden Euro für Verkehrsprojektend Infrastrukturmaßnahmen ausgegeben worden. Dasst wirklich eine gewaltige Summe. Das ist vielleicht ananchen Stellen nicht immer genug, aber immerhin sindavon 60 Milliarden Euro in die neuen Länder geflos-en. Das ist eine großartige Leistung. Diese Summe istämlich im Verhältnis zur Bevölkerung überproportio-al. Auch da ist genügend für die Entwicklung der Ver-ehrsinfrastruktur getan worden. Es wurden überpropor-ional Leistungen erbracht, die uns allen zugute kommennd die übrigens auch von den Menschen anerkannt wer-en. Es ist eben nicht so, dass sie das Gefühl hätten, sieürden an dieser Stelle vernachlässigt. Wir sollten unsemeinsam bemühen, auf diesem Wege fortzufahren.
Die wichtigen Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ie die A 20 sind fast zu 100 Prozent fertig gestellt,0 Prozent sind tatsächlich fertig und 10 Prozent sind imau. Diese West-Ost-Verbindung an der Ostseeküste istehr wichtig. Auch da hat sich etwas getan.Ich nenne in diesem Zusammenhang ebenfalls die4. Diese ist mit 450 Kilometern im Süden der neuenänder ein gewaltiges Vorhaben, davon sind inzwischen30 Kilometer fertig gestellt. Auch das muss man sehennd anerkennen. Das wird ebenso von der Bevölkerungesehen. Das ist notwendig und muss zu Ende geführterden. Wir sollten nicht so tun, als ob es große Pro-leme gegeben hätte. Wir sind dabei, die Verkehrspro-ekte „Deutsche Einheit“ zügig umzusetzen. Ich unter-telle einmal, dass dies auch der gemeinsame Wille desarlaments ist.
iese Projekte werden fortgeführt werden. Das ist auchichtig, damit notwendige Benachteiligungen – das warer Ausgangspunkt – ausgeglichen werden können. Anieser Stelle haben wir nichts zu beklagen. Es liegt über-aupt keine Gefährdung vor, wie es in einem Antrageißt.Wir haben also sehr viel erreicht. Wir müssen unsdas will ich auch im Sinne von Albert Schmidt beto-en – für die Jahre 2005 und folgende gemeinsam bemü-en – in erster Linie wäre ich sehr dankbar, wenn unseraushalt für 2005 verabschiedet werden könnte; Sie ha-en im Bundesrat eine völlig unnötige Blockadehaltungingenommen, aber sei es drum, so sind nun einmal diepielregeln –, die Mittel bereitzustellen, die wir brau-hen, um die Infrastrukturmaßnahmen fortzuführen. Dasird sehr schwierig sein.
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Dr. Peter DanckertAn dieser Stelle will ich eine allgemeine Bemerkungmachen. Auf welcher Seite des Hauses wir auch immersitzen, müssen wir uns – so will ich es einmal formulie-ren – eines Tages darüber im Klaren sein, ob wir weiterin dem bisherigen Umfang konsumieren oder ob wir be-reit sind, zu investieren.
– Bitte keinen Beifall von der falschen Seite.
Wir dürfen nicht nur in Bildung investieren. Wenn wirumsteuern wollen, dann müssen wir uns darüber einigsein. Hier ist das Stichwort Eigenheimzulage zu nen-nen; das wäre nämlich der erste Schritt in die richtigeRichtung.
Wenn wir auf die Eigenheimzulage verzichten würden,könnten wir diese Mittel in Bildung und meinetwegenauch in Verkehrsinfrastruktur investieren. Darüber müs-sen wir uns klar sein; denn wir konsumieren sehr viel inDeutschland. Ich weiß nicht, ob Sie, die Sie eben Beifallgeklatscht haben, sich dessen bewusst sind, was es be-deutet, wenn wir den Konsum einschränken würden,
und welche Konsequenzen das für unsere Bevölkerunghätte.
Ich wiederhole mich: Investitionen in Bildung undForschung sind unabdingbar, aber – aus unserer Sicht –auch in Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen.
Das wird ein ganz wichtiges Arbeitsfeld sein. Das istwenig geeignet, um parteipolitische Süppchen zu ko-chen. Das ist nicht in unserem Sinne. Die Bürger erwar-ten, dass wir nicht nur fordern, wenn wir über Infrastruk-turmaßnahmen reden, sondern auch sagen, woher dasGeld kommen soll.
Wenn wir Ihren Anträgen, Herr Fischer, folgen und dasVolumen in Ihren Anträgen hochrechnen, dann kommenwir auf einen Milliardenbetrag. Sie müssten sagen, wo-her das Geld für diese Maßnahmen kommen soll. DieAntwort auf diese Frage wird mit Ihren Anträgen, diewir ablehnen, nicht gegeben.Vielen Dank.
BglJbS–pdVDWzwzdwsw8z2mtzwfsfoanmWsdd
ie alle eines feststellen: Es ist zu wenig Geld für dieerkehrsinfrastruktur vorhanden.
as könnten Sie wenigstens einmal zugeben.
ir möchten mit Ihnen diskutieren und fragen, wie manu mehr Geld für diesen Haushaltstitel kommt. Icherde nachher einige Vorschläge machen, möchte aberunächst einmal auf die LKW-Maut eingehen.
Gott sei Dank können wir seit 1. Januar sehen, dassie Technik funktioniert. Aber es gibt auch hier schonieder Fragen. Diese Fragen müssen im Parlament ge-tellt und von der Regierung und von Toll Collect beant-ortet werden. Alle gingen davon aus, dass täglich circa00 000 LKWs auf Autobahnen unterwegs sind und be-ahlen. Nur so kommt übrigens die Summe von netto,1 Milliarden Euro für den Haushalt des Bundes zusam-en. Wir haben von Toll Collect gehört, dass in der letz-en Woche an einem Spitzentag nur 500 000 LKWs be-ahlt haben. Jetzt gibt es drei Möglichkeiten. Entwederar die Berechnungsgrundlage falsch, was fürchterlichatal wäre, weil dann die Menge und die Summe nichttimmen, oder aber es gibt so viele Mautpreller, die ein-ach durchfahren, weil die Kontrolldichte nicht stimmt,der, was genauso schlimm wäre, die LKWs weichenuf parallele Bundesstraßen aus. Das sind Fragen, dieicht einfach so weggedrückt werden können. Wiröchten vielmehr exakt wissen, Herr Staatssekretär:as ist wirklich Realität? Nicht nur wir Parlamentarier,ondern auch die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf,ass diese Fragen richtig und sauber beantwortet wer-en.
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Georg BrunnhuberEs ist merkwürdig, wie die Regierung und auch dieKolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition mitdem Mautgesetz umgehen. In § 11 Mautgesetz istschwarz auf weiß festgeschrieben, dass die Einnahmenaus der LKW-Maut zusätzlich zum Haushaltsbasisjahr2003 insbesondere den Straßeninvestitionen zugeführtwerden sollen. Daran besteht überhaupt kein Zweifel.Das wischen Sie kalt lächelnd weg. Damit begehen Sienicht nur Wortbruch, sondern brechen auch ein geltendesGesetz. Sie tun so, als wäre das eine Lappalie.
Das sehen übrigens nicht nur wir so, sondern das ha-ben Sie selbst bei der Debatte über das Mautgesetz imMärz 2003 genauso gesehen. Ich habe mir aus dem Pro-tokoll der betreffenden Sitzung einen Auszug mit derRede des Kollegen Albert Schmidt herausgesucht.
Mit Genehmigung der Frau Präsidentin möchte ichaus diesem Protokoll zitieren:Von daher haben sie– die Transportunternehmen –auch Anspruch darauf, verlässlich zu erfahren, dassdie Gelder reininvestiert werden. Akzeptanz gewin-nen wir nur, wenn wir glaubhaft machen können,dass nicht jedes Jahr darum gezittert werden muss,ob der Bundesfinanzminister das Geld für diesenZweck einsetzt, … sondern dass dieses Geld– man höre! –gleichsam mit einem rosa Schleifchen umwundenwird, in die Schatulle der Verkehrsinfrastrukturfi-nanzierungsgesellschaft gelegt wird und damit demVerkehrswegebau gewidmet ist.
Herr Kollege Schmidt, wenn Sie konsequent wären,dann müssten Sie diese Bundesregierung heute an denPranger stellen;
denn sie bricht dieses Wort, das Sie uns hier gegeben ha-ben.
Bezogen auf das Zitat könnte man noch sagen, dass ausdem rosa Schleifchen inzwischen ein schwarzer Trauer-flor geworden ist.
Die Frage ist jetzt, wie wir dazu kommen, dass mehrfür Investitionen bereitgestellt wird. Dazu schlage ichIhnen im Namen meiner Fraktion vor,iVarsreWiMsVatfwnhtldcmwrvrIdspigWsbdpZ
n aller Sachlichkeit darüber zu diskutieren, ob wir dieerkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft nichtnders ausstatten sollten. Dazu könnten wir uns in Eu-opa umschauen, um zu sehen, welche intelligenten Lö-ungen andere gefunden haben. Das kleine Land Öster-eich hatte die gleichen Probleme wie wir. Dort hat manrkannt, dass die Infrastruktur, die für ein modernesirtschaftsland gebraucht wird, aus dem Haushalt alleinrgendwann nicht mehr zu finanzieren ist.Deshalb sollten wir überlegen, die Einnahmen aus deraut nicht beim Finanzminister durchfließen zu lassen,ondern sie direkt dorthin zu geben, nämlich an dieerkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft, wo sieuch wieder entsprechend verwendet werden. Dann hät-en wir schon einmal 2 Milliarden Euro ausschließlichür die Verkehrsinfrastruktur gesichert. Anderenfallsird der Finanzminister – ich gebe zu: jeder Finanzmi-ister, auch einer unserer Couleur – dann, wenn Haus-altslöcher vorhanden sind, zunächst einmal seinen An-eil kassieren.
Daher mein Angebot, dass wir unter uns Verkehrspo-itikern vernünftig darüber diskutieren. Wir wollen dochie Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Wir brau-hen uns hier doch nicht gegenseitig Vorhaltungen zuachen, wobei Sie uns sicherlich gestatten werden, dassir als Opposition mehr fordern als die Bundesregie-ung.Das wäre ein intelligenter Vorschlag, um zu mehr In-estitionsmitteln zu kommen. Auch hätten wir dann dieiesige Chance, den Investitionsstau abzubauen. Dass einnvestitionsstau besteht, merken wir doch alle, merkenie Bürgerinnen und Bürger, die täglich unterwegs sind.Es muss in diesem Hause doch auch einmal möglichein, dass vernünftige Ideen, auch wenn sie von der Op-osition kommen, von der Bundesregierung nicht sofortn den Papierkorb geworfen werden, sondern dass manemeinsam darüber diskutiert.
ir bieten Ihnen das an. Wenn Sie intelligent genugind, dann machen Sie mit. Alle profitieren davon, ins-esondere unsere Bürgerinnen und Bürger und vor allemie deutsche Wirtschaft, die dann auch wieder Arbeits-lätze schaffen kann. Herzlichen Dank.
Das Wort hat die Abgeordnete Karin Rehbock-ureich.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-gen! Herr Brunnhuber, Ihre Rede hat sich zum Ende hinvon allen anderen Reden, die wir gehört haben, etwasunterschieden.
Wir sind immer zu Gesprächen bereit, wenn es um mehrVerkehrsinfrastrukturinvestitionen geht. Ich bitte aberdarum, sich zuerst das Thema vorzunehmen, das ganzoben auf der Tagesordnung steht, und zwar den Subven-tionsabbau. Bei diesem Thema schleichen Sie sich aberim Bundesrat immer wieder davon.Ich will auf einige Zahlen eingehen, die hier verbrei-tet werden. Es ist abenteuerlich, wenn man sich bei ei-nem Investitionsvolumen für die Verkehrsinfrastrukturvon 10 Milliarden Euro bis einschließlich 2008 – denndie 1 Milliarde wird noch hinzukommen –
von Ihnen sagen lassen muss, wir hätten die Investitio-nen gegen die Wand gefahren.
Frau Blank, wenn Sie verbreiten, wir hätten imJahr 2003 nur 2,3 Milliarden Euro in die Schieneninfra-struktur investiert,
und aus dem Bericht zum Ausbau der Schienenwege zi-tieren, dann bitte ich darum, dass auch richtig zitiertwird. Auf Seite 6 werden die Maßnahmen des Bedarfs-plans aufgeführt. Was an dieser Stelle nicht genannt wirdund was Sie nicht erwähnen, sind die Investitionen in dieErhaltung des Netzes.
– Die hat sie in der Tat völlig unter den Tisch fallen las-sen. Dabei handelt es sich aber um einen beträchtlichenBetrag. Im Berichtszeitraum 2003 geht es um eine Grö-ßenordnung von 4,5 Milliarden Euro.
Es sind auch keine ideologischen Gründe, KollegeFriedrich, aus denen wir noch in dieser Größenordnungin die Verkehrsinfrastruktur, und zwar in die Schiene, in-vestieren; vielmehr sprechen die Gründe der Vernunftdafür. Angesichts der Zuwächse im Güterverkehr musseinem klar sein, dass wir alle Verkehrsträger auf denWeg bringen und für die Zukunft fit machen müssen.
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Die Strecke Berlin–Hamburg zeigt, dass die Verkehrs-rojekte „Deutsche Einheit“ weit gediehen sind.0 Prozent der Investitionssummen fließen in diese Pro-ekte.
– Bei dem Projekt Erfurt–Nürnberg geht es nicht umie Frage, ob dieses Projekt auf den Weg gebracht wird;s geht vielmehr darum, wie dies geschehen soll.Sie stellen immer wieder die EFRE-Mittel infrage.llein für den Schienenausbau im Osten sind in den ver-angenen Jahren EU-Mittel in Höhe von 700 Millionenuro geflossen.
a es sich bei dieser Förderung immer um eine Kofinan-ierung handelt, kommen entsprechende Bundesmittelinzu.Wir leiden gegenwärtig im Schienenbereich auch da-unter, dass Großprojekte, für die zunächst Kosten inöhe von 4 Milliarden veranschlagt wurden, letztlichMilliarden gekostet haben. Das haben Sie übrigens inhrer Regierungszeit mitverantwortet. Sie haben seiner-eit zugeschaut.
Die Folge war, dass das Bestandsnetz in Ihrer Regie-ungszeit verrottet ist. Sie haben nicht darauf geachtet,ass regelmäßig Mittel in den Erhalt des Bestandsnetzesließen. Der Mittelbedarf bei der Bestandserhaltung istrst von der rot-grünen Regierung ermittelt worden. Wirind diejenigen, die seit 1998 dafür sorgen, dass regel-äßig Mittel in den Erhalt des Bestandsnetzes fließen.
Wir haben außerdem zusätzliche Mittel in den Be-eich Schiene fließen lassen. Die Gelder für das Zu-unftsinvestitionsprogramm, ZIP, wurden auf die Haus-altsmittel draufgesattelt. Das ZIP hat es imerichterstatterzeitraum ermöglicht, 18 000 Maßnahmen
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Karin Rehbock-Zureichdurchzuführen, zum Beispiel in den Bereichen der Lang-samfahrstellen sowie der Leit- und Sicherungstechnik.Nun möchte ich auf die Diskussion über die Maut-einnahmen eingehen. Es ist zwar richtig, dass sie zu denHaushaltsmitteln hinzukommen. Aber, Herr Brunnhuber,nirgendwo ist zu lesen – auch nicht im Protokoll –:Haushaltsmittel plus ZIP-Mittel plus Mauteinnahmen.Dies ist so nicht richtig.
Als die Mauteinnahmen 2003 ausgelaufen sind, war klar,dass die zukünftigen Mauteinnahmen ein Ersatz für dieZIP-Mittel sein werden.
– Richtig, Herr Fischer, Haushaltsmittel plus ZIP-Mittel.Aber Sie werfen ständig alles in einen Topf. Sie könnensich nicht herausreden. Ihre Bewertung ist nicht richtig.
Es wurde bereits mehrfach infrage gestellt, ob esmöglich sein wird, 2008 Regionalisierungsmittel inHöhe von 1 Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen. Ei-nes ist klar: Diese Mittel benötigen wir. Es wurde von-seiten der Bundesregierung mehrfach versichert, dasshier nicht nach dem Prinzip „linke Tasche, rechte Ta-sche“ verfahren wird und dass die Regionalisierungsmit-tel nicht in die Investitionsmittel fließen werden. Einesist aber auch klar: 2007 werden wir bei der Revision sehrgenau darauf achten müssen, wohin die Regionalisie-rungsmittel geflossen sind. Die Länder haben gegenüberdem Bund die Berichtspflicht, darzulegen, für welcheZwecke sie
die ihnen zur Verfügung gestellten 7 Milliarden Euroverwendet haben. Für mich heißt Revision Berichts-pflicht und Transparenz. Das wünsche ich mir.
Frau Kollegin, denken Sie daran, dass Ihre Redezeit
bereits abgelaufen ist.
Ich möchte nur noch einen kurzen Satz aus einer Pres-
semitteilung Baden-Württembergs vom April 2004 zitie-
ren, in der es um die Regionalisierungsmittel geht. Darin
heißt es, für GVFG-Vorhaben in den Bereichen des
ÖPNV und des kommunalen Straßenbaus stünden rund
210 Millionen Euro zur Verfügung; hinzu kämen umge-
schichtete Regionalisierungsmittel. So viel zu Transpa-
renz und Verwendung. Hier besteht Handlungsbedarf.
Vielen Dank.
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Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-mpfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- undohnungswesen auf Drucksache 15/3938. Der Aus-chuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfeh-ung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der CDU/SU auf Drucksache 15/2603 mit dem Titel „Deutsch-and braucht Klarheit bei der Verkehrsinfrastruktur“.
er stimmt für diese Beschlussempfehlung des Aus-chusses? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be-chlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD undündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/SU und FDP angenommen worden.Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnunges Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/423 mit dem Titel „Investitionen in Verkehrsinfrastruk-ur sicherstellen“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-ehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be-chlussempfehlung ist mit den Stimmen deroalitionsfraktionen gegen die Stimmen der beiden Op-ositionsfraktionen angenommen worden.Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr,au- und Wohnungswesen auf Drucksache 15/4096 zuem Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Keineürzungen bei den Verkehrsprojekten in Ostdeutsch-and“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag aufrucksache 15/3203 abzulehnen. Wer stimmt für dieseeschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-en? – Die Beschlussempfehlung ist wiederum mit dentimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegenie Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommenorden.Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr,au- und Wohnungswesen auf Drucksache 15/4097 zuem Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Kurs-orrektur bei Verkehrsinvestitionen – Finanzierung desundesverkehrswegeplans 2015 sicherstellen“. Der Aus-chuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/3470bzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-ung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dieeschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koali-ionsfraktionen gegen die Stimmen der beiden Opposi-ionsfraktionen angenommen worden.Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagenuf den Drucksachen 15/3720, 15/4621 und 15/4609 anie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-chlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist derall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Gesundheit und So-ziale Sicherung zu dem Antrag
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14449
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Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmerder Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, DetlefParr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordne-ter und der Fraktion der FDPZusätzliche Kranken- und Pflegeversiche-rungsbeiträge bei Versorgungsbezügen durchdas GKV-Modernisierungsgesetz rückgängigmachen– Drucksachen 15/2472, 15/4451 –Berichterstattung:Abgeordneter Detlef ParrIch weise darauf hin, dass wir über die Beschluss-empfehlung später namentlich abstimmen werden.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei dieFDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Wi-derspruch. Dann ist so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächstder Abgeordnete Carl-Ludwig Thiele.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrtenKolleginnen und Kollegen! Mit diesem Antrag möchtedie FDP erreichen, dass die von Rot-Grün und der Unionbeschlossene kalte Enteignung durch die Gesundheits-reform rückgängig gemacht wird.
Die gesetzlichen Krankenversicherungen haben imletzten Jahr einen Überschuss von 3 Milliarden Euro er-zielt. Durch die Verbeitragung der Betriebsrenten undDirektversicherungen wurden Millionen Menschen, diezusätzlich private Altersvorsorge betrieben haben, imletzten Jahr 2 Milliarden Euro abgenommen. Wohlge-merkt: Das war keine Sparmaßnahme, sondern ein zu-sätzliches Abkassieren bei Menschen, die mühsam ge-spart und für ihre Altersvorsorge etwas zurückgelegthatten.
Diesem Antrag liegt eine – ich bitte sehr um Nach-sicht – Riesensauerei zugrunde, mit der das Vertrauenvon Millionen Versicherten missbraucht wurde. Jahre-lang war trotz anders lautender Äußerungen bekannt,dass die Rente allein den Lebensabend nicht sichernkann. Jahrelang hat es Aufforderungen gegeben, zusätz-liche Altersvorsorge zu betreiben. Jahrelang wurde vonGewerkschaften, von Steuerberatern und von Betriebendarauf hingewiesen, zusätzliche Altersvorsorge zu be-treiben: durch Betriebsrenten, durch Direktversicherun-gen. Diesem Appell sind Millionen von Bürgern gefolgt,indem sie auf Konsum verzichteten und Teile ihres Ein-kommens in Betriebsrenten und Direktversicherungeneinzahlten.
Nachdem dies von diesen Personen nicht nur jahre-,sondern jahrzehntelang betrieben wurde, hat der Gesetz-gdvkfMsfPlfVDdesdbBwdsaKksgcsdBaRhDGhnuDSkRsgbhr
Seit 1990 bin ich Mitglied des Deutschen Bundesta-es. Ich habe es noch nicht erlebt, dass eine so weit rei-hende gesetzliche Regelung in einer solchen Weise be-chlossen wurde. Sie wurde beschlossen, ohne dassieser Punkt mit dieser Tragweite vorher in einem dereiträge in den Debatten am 18. Juni, am 9. September,m 26. September 2003 auch nur von einem einzigenedner, der an den Verhandlungen beteiligt war, über-aupt angesprochen worden war. Das Ganze wurde imezember Gegenstand öffentlicher Erörterung. Dasanze ist auch von den Verhandlungsführern – Gesund-eitsministerin Schmidt und Herrn Seehofer – überhaupticht angesprochen worden, obwohl sie die Regelungnd die Bedeutung dieser Regelung sehr wohl kannten.as einzige Motiv von Frau Schmidt und Herrneehofer war, dass mehr Geld in die Krankenkassenommt – ohne Rücksicht auf die Versicherten, ohneücksicht auf den Rechtsstaat. Allein 2 Milliarden Euroind im letzten Jahr auf diesem Weg den Menschen ab-enommen worden, die eine zusätzliche Altersvorsorgeetrieben haben.Die Präsidentin des Bundesfinanzhofs, Frau Ebeling,at zu Recht festgestellt: „Die Geldnot des Gesetzgebersechtfertigt nicht jeden Eingriff.“
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14450 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Carl-Ludwig ThieleFür die FDP kann ich nur feststellen: Recht hat die Präsi-dentin des Bundesfinanzhofs. Recht muss auch Rechtbleiben. Deshalb muss diese Regelung rückgängig ge-macht werden.
Nach Gesprächen mit vielen Kolleginnen und Kolle-gen anderer Fraktionen gehe ich davon aus, dass mindes-tens 80, wenn nicht sogar 90 Prozent der Abgeordnetendes Bundestages bei der Abstimmung damals überhauptnicht wussten, dass diese Regelung Teil des Gesetzes ist.
Sie sind richtig hinters Licht geführt worden. Auch alsMitglied des Finanzausschusses bin ich, wie die meistenanderen, erst im Dezember auf diese Regelung aufmerk-sam geworden.
– Wenn Sie alle das wussten, dann stimmen Sie gutenGewissens gegen unseren Antrag! Sie alle haben einschlechtes Gewissen. Sie von Rot-Grün hatten die Sorge– das weiß ich –, der erste Baustein der Agenda 2010würde fallen, wenn diese Regelung zurückgenommenwürde. Deshalb haben Sie diese Regelung ohne Diffe-renzierung beibehalten.Parallel dazu ist im Alterseinkünftegesetz beschlos-sen worden, dass die Lebensversicherungen besteuertwerden, aber nur neue Verträge nach dem neuen Rechts-status. Im Gegensatz dazu sind hier Altverträge in einerForm betroffen – die Menschen konnten überhaupt nichtmehr umdisponieren –, die Anfang letzten Jahres Zehn-tausende Mitglieder der SPD dazu trieb, aus der SPDauszutreten.
Herr Abgeordneter.
Meine sehr verehrte Präsidentin, ich komme zum
Schluss.
Bitte.
Altersvorsorge ist wichtig und notwendig. Wer Ver-
trauen beim Aufbau einer privat finanzierten Altersvor-
sorge durch einen solch sorgsam geplanten und der Öf-
fentlichkeit verschwiegenen Eingriff verspielt, der hat
Schwierigkeiten, dieses Vertrauen wieder zurückzuer-
werben. Wenn die Politik nicht mehr planbar ist und
nicht mehr berechenbar ist, dann hat sie ein Glaubwür-
digkeitsproblem.
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Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus Kirschner.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-en!
Warten Sie doch ab! – Der Antrag der FDP mit demitel „Zusätzliche Kranken- und Pflegeversicherungs-eiträge bei Versorgungsbezügen durch das GKV-Mo-ernisierungsgesetz rückgängig machen“ ist – Herr Kol-ege Thiele, ich sage das ungern, aber das ist leider dieahrheit – ein schillerndes Beispiel für puren undeuchlerischen Populismus.
Doch, das ist so.Meine Damen und Herren von der FDP, Sie tun so, alsb Sie Sachwalter der Krankenversicherten wären, undordern als Fraktion Vertrauensschutz für die Bezieheron Betriebsrenten, Versorgungsbezügen und andereninkünften, während es Beschlusslage der FDP – damituss man sich doch einmal auseinander setzen – ist, dieesetzliche Krankenversicherung komplett abzuschaf-en.
ach Ihrer Beschlusslage müssten sich alle bislang ge-etzlich Versicherten – darauf gehe ich gerne näher ein –rivat versichern. Dass dies für die Mehrheit der Men-chen in unserem Land, insbesondere für die Kranken,ür die Familien, für die Bezieher niedriger und mittlererinkommen und für die Rentner, für die Sie sich ja jetztngeblich mit Ihrem Antrag einsetzen, erheblich teurerürde, das schert Sie sonst in der Regel nicht.
Lieber Herr Kollege Thiele, ich werde Ihnen nicht denefallen tun, nur über ein Segment Ihrer Politik zu dis-utieren, wie es Ihnen gerade gefällt, sondern ich setzeich mit der Haltung der FDP insgesamt auseinander.Allein die Verwaltungskosten verschlingen bei denrivaten Krankenversicherungen mit 12,3 Prozent deresamtausgaben mehr als doppelt so viel wie bei denesetzlichen Krankenkassen. Ginge es nach der FDP
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14451
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Klaus Kirschner– Sie haben ja die Zahl von 2 Milliarden Euro genannt,die die Bezieher von Versorgungsbezügen und Betriebs-renten jetzt insgesamt abführen müssen –,
müssten von den Rentnerinnen und Rentnern, wenn dasAusgabevolumen der GKV von circa 140 MilliardenEuro jährlich privatisiert würde, allein 9 Milliarden Euromehr an Verwaltungskosten aufgebracht werden. Demstehen die von Ihnen genannten 2 Milliarden gegenüber.Auch das muss man einmal der Öffentlichkeit sagen.
Meine Damen und Herren von der FDP, Sie forderndoch Wettbewerb. Die Verwaltungsausgaben der gesetz-lichen Krankenkassen in Höhe von 5,39 Prozent zeigen– ich wusste doch, was Sie sagen; dafür braucht man jakein Hellseher zu sein –, dass der Wettbewerb die ge-setzlichen Kassen – nur dort findet ja überhaupt einerstatt; um die Privatversicherten findet ja kein Wettbe-werb mehr statt, da die nur theoretisch, aber in der Praxisüberhaupt nicht wechseln können – zu wirtschaftlichemHandeln zwingt. Die Verwaltungskosten bei den gesetz-lichen Krankenkassen fallen also gegenüber denen derPKV-Unternehmen geradezu bescheiden aus. Ich sageIhnen noch eines: Aus einer solchen Privatisierung er-wächst wahrlich kein Effizienzgewinn, weder in Bezugauf Qualität noch auf Wirtschaftlichkeit. Letzten Endeswären die Versicherten diejenigen, die die Zeche bezah-len müssten.
Ich möchte jetzt gern auf Ihre Klage, verehrter HerrKollege Thiele, dass hier überfallartig etwas durchge-setzt wurde,
eingehen. Vertreter Ihrer Partei waren doch bei den Kon-sensgesprächen zum GKV-Modernisierungsgesetz imSommer 2003 dabei.
Die Kolleginnen und Kollegen Ihrer Partei – Herr Kol-lege Parr ist ja anwesend – sind ausgestiegen, weil siemit der einzigen Forderung, die von ihnen gebetsmüh-lenartig wiederholt worden ist, nämlich nach Einführungvon Kostenerstattung – was ja den ersten Schritt in diePrivatisierung darstellen würde –, bei keinem der ande-ren Beteiligten auf Gehör stießen und damit keineChance zur Umsetzung sahen. Deshalb sind Sie dochausgestiegen.
Sie haben sich der Gesamtverantwortung entzogenund versuchen stattdessen jetzt mit Ihrem Antrag, popu-listisch Stimmen zu fangen. Das wird Ihnen nicht gelin-gcedEgeUd3sUSfteVrdakbbrgedrdaffngtrddGuShVgcfnis
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14452 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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– Ich weiß natürlich, dass Ihnen das nicht gefällt. Aber,verehrter Herr Kollege Dr. Kolb, ob es Ihnen gefällt odernicht: Wir werden nicht schweigen und werden der Be-völkerung deutlich machen, wohin Ihre Vorstellungenletzten Endes führen. Sie nehmen sich in populistischerWeise ein Segment heraus, das bei der Bevölkerung si-cherlich nicht gerade Freude ausgelöst hat. Ich sage abernoch einmal: Wenn die Bevölkerung vor die Alternativegestellt wird: ein Gesamtversorgungssystem mit einembreiten Leistungskatalog oder ein abgespeckter Leis-tungskatalog, den Sie im Rahmen einer so genanntenGrundversorgung einführen wollen, dann wird der An-teil der Bevölkerung, der sich für Ihren Vorschlag aus-spricht, nur so hoch sein, wie es Ihren Wahlergebnissenentspricht.
Deshalb wird es Sie, meine Damen und Herren vonder FDP, sicherlich nicht überraschen, wenn ich namensmeiner Fraktion ankündige, dass wir Ihren Antrag – wieschon im Ausschuss – auch hier ablehnen werden.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Michael
Hennrich.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Die FDP fordert in ihrem Antrag – ich denke, dass dieserAntrag in erster Linie auf Sie, werter Herr KollegeThiele, zurückzuführen ist – die Rücknahme der höhe-ren Beitragszahlungen auf Betriebsrenten und andereVersorgungsbezüge. Damit finden Sie große Zustim-mung bei der Klientel der Rentner und natürlich auchgroße Zustimmung bei den Angehörigen der freien Be-rufe, die über die Versorgungsbezüge der entsprechen-den Versorgungswerke – bei Ihnen, Herr Thiele, ist esdas Versorgungswerk der Rechtsanwälte –
im besonderen Maße betroffen sind. Aber Sie leisten da-mit keinen Beitrag zur Lösung der Finanzprobleme inden gesetzlichen Krankenversicherungen.
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Ich möchte auf die finanzielle Situation der GKV zu-ückkommen. Es bestand jährlich ein Defizit von rundMilliarden Euro. Hätten wir denn einfach zuschauenollen, wie unser solidarisch finanziertes Gesundheits-ystem an die Wand fährt?
Das denke ich auch. – Also mussten wir handeln. Lie-er Kollege Thiele, im Gegensatz zu Ihnen und Ihrerartei haben wir Verantwortung übernommen, obwohlir in der Opposition waren. Sie waren, wie es der Herrollege Kirschner schon ausgeführt hat, zu Beginn deronsensgespräche dabei und haben sich dann verab-chiedet.
etzt kommt der eigentliche Treppenwitz: Über die Län-er Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-ürttemberg, in deren Regierung die FDP vertreten ist,aben Sie im Bundesrat doch wieder zugestimmt.
as ist nichts anderes als Populismus.
Ich hätte erwartet, dass Sie in Ihrem Antrag auch Al-ernativen aufzeigen. Das haben Sie nicht getan. Ich willhnen einmal mögliche Alternativen nennen. Das wärenöhere Beiträge oder das Ausgrenzen von Leistungen.Wollen wir einmal die einzelnen Möglichkeitenurchgehen: Höhere Beiträge gingen insbesondere zu-asten der jüngeren Generation. Wäre das gerecht vorem Hintergrund, dass wir alle wissen, dass wir das so-iale Netz, das wir momentan haben, für künftige Gene-ationen nicht mehr aufrechterhalten können? Vieleunge Familien haben heute keinerlei finanziellen Spiel-aum. Ist das die Alternative der FDP gewesen? Ich weißs nicht.Die andere Alternative wäre die Ausgrenzung voneistungen. Damit hätten wir gerade die finanziellchwächeren in unserer Gesellschaft getroffen. Das Pro-lem, das wir heute ohnehin schon haben, hätten wir zu-ätzlich verschärft.
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Michael HennrichEntscheidend war, dass wir die Lasten ausgewogenzwischen den Generationen sowie zwischen den finanzi-ell Schwachen und denjenigen, die mehr leisten können,verteilen. Das ist der Grund dafür, dass wir uns entschie-den haben, auf die Versorgungsbezüge die vollen Bei-tragssätze zu erheben.Hinzu kommt – das muss man ausdrücklich er-wähnen –: Im Jahr 1970 haben die Rentner mit ihrenBeitragszahlungen noch 70 Prozent ihrer Ausgaben ge-deckt. Jetzt, in diesem Jahr, sind es gerade noch40 Prozent. Wenn man das unter dem Grundsatz der Ge-nerationengerechtigkeit betrachtet, kommt man zu demErgebnis, dass die hier getroffene Entscheidung richtigwar.Ich weiß, dass viele Rentnerinnen und Rentner dieseMaßnahmen als ungerecht empfinden und diese für vieleeine soziale Härte darstellen. Ich habe erst heute wiedermehrere Briefe zu diesem Themenkomplex beantwortet.Weil wir das wissen, haben wir gerade in Bezug auf dieBetriebsrenten und die Direktversicherungen, die inForm von Einmalzahlungen ausgezahlt werden, Rege-lungen getroffen, die sozial abfedern und es ermögli-chen, dass die Beiträge gestaffelt geleistet werden kön-nen. Ich sage es noch einmal: Wir hatten schlicht undergreifend keine Alternativen.Herr Thiele, ein rechtlicher Aspekt kommt hinzu. Seit20 Jahren zahlen freiwillig Versicherte auf die monatlichausgezahlten Betriebsrenten die vollen Beiträge. Warumsollen diejenigen besser gestellt werden, die sich ihreBetriebsrente oder Direktversicherung auf einmal aus-zahlen ließen? Weshalb soll der freiwillig Versicherteschlechter gestellt werden als der Pflichtversicherte?Soll er dafür bestraft werden, dass er sich bewusst fürdas GKV-System entschieden hat? Ist das die Politik derFDP?Ich will gar nicht verschweigen, dass die jetzt gefun-dene Lösung weitere rechtliche Probleme aufwirft.Stichworte sind auf der einen Seite die Direktversiche-rung, die vom Arbeitnehmer aus versteuertem Einkom-men bedient wird,
und die Kapitallebensversicherung auf der anderenSeite.
Warum muss derjenige, der monatlich Beiträge aus sei-nem versteuerten und der Sozialversicherungspflicht un-terliegenden Einkommen in eine Direktversicherung ein-zahlt, Beiträge an die GKV zahlen und warum ist diesbei der Kapitallebensversicherung nicht der Fall? Dakann ich Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herrenvon SPD und Grünen, schon jetzt nur viel Spaß mit derBürgerversicherung wünschen; diese Probleme habenSie bei einer Gesundheitsprämie schlicht und ergrei-fend nicht.
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Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Birgitt Bender.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vor-iegende Antrag muss für uns Anlass sein, über die Fi-anzierungsbasis der gesetzlichen Krankenversiche-ung zu reden. Der Sachverständigenrat hat uns bereitsor einigen Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass dieinanzierungsbasis zu schwinden drohe, weil die Lohn-uote sinkt. Denn die Finanzierungsbasis der gesetzli-hen Krankenversicherung sind die beitragspflichtigenrbeitnehmerentgelte. Wenn deren Anteil am Volksein-ommen abnimmt, dann bekommt die GKV ein Pro-lem.Dies wirft ein Licht auf ein Strukturproblem, dasarin liegt, dass die Finanzierung der Gesundheitsver-orgung in unserem Land einseitig auf die Lohneinkom-en ausgerichtet ist. Historisch ist dies gut zu erklären:unächst einmal war diese Versicherung eine reinerankengeldversicherung; das Krankengeld wurde nacher Lohnhöhe ausgezahlt. Auch war es eine reine Arbei-erversicherung; die Arbeiter hatten bekanntlich kein an-eres Einkommen als ihren Lohn. Heute aber macht dasrankengeld 5 Prozent der Leistungsausgaben aus, wäh-end 95 Prozent der GKV-Ausgaben vom Lohn unab-ängig sind.Auch in der Bevölkerung hat sich etwas verändert:ie Einkommensquellen sind heute vielfältiger. Ver-ögenseinkommen ist nicht mehr ein Privileg wenigereicher, sondern zum Beispiel auch für die Alterssiche-ung von Bedeutung. Die einseitige Ausrichtung auf dieohneinkommen bedeutet kurzfristig aber einen Druckn Richtung Anstieg der Beiträge; langfristig führt sieazu, dass die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Kran-enversicherung überhaupt infrage gestellt ist.Darüber hinaus stellt sich ein Gerechtigkeitspro-lem, weil in unserem System nicht die Höhe des tat-ächlichen Einkommens des Versicherten für die Höheeines Beitrags maßgeblich ist.
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Birgitt Bender– Herr Kollege Kolb, vielleicht sollten Sie einmal richtigzuhören. Die FDP scheint das noch nicht verstanden zuhaben.Je nach Einkommensquelle kann bei gleicher Höhedes Einkommens der Beitrag durchaus unterschiedlichhoch ausfallen. Daher ist es richtig, alle Einkommensar-ten gleichzustellen. Dies ist der Hintergrund der Diskus-sion, die wir heute führen. Es geht nicht nur darum,durch die hier angesprochene Verbeitragung der Be-triebsrenten kurzfristig die Beiträge zu stabilisieren, son-dern es geht auch um einen Beitrag der Älteren zur nach-haltigen Finanzierung des Systems sowie um mehrGerechtigkeit.Herr Kollege Thiele, Sie haben sicherlich die Ausfüh-rungen des Sozialgerichts München nachgelesen.
Die Richter haben uns bestätigt, dass die bis zur Gesund-heitsreform geltende Besserstellung von Versorgungs-empfängern dem Grundsatz der Beitragsgerechtigkeitwidersprach, und dem Gesetzgeber attestiert, dass dieneue Regelung weitaus eher zur Gleichbehandlung bei-trägt. Die Richter haben ferner darauf hingewiesen, dassdie volle Beitragspflicht für Versorgungsleistungen ei-nen Beitrag zur Generationengerechtigkeit darstellt.Unser Argument, dass es angesichts der wachsendenKluft zwischen Beitragseinnahmen und Leistungsausga-ben innerhalb der Krankenversicherung der Rentner einGebot der Solidarität der Rentner mit den Erwerbstäti-gen ist, wenn Erstere einen höheren Finanzierungsanteilübernehmen, ist vom Gericht ausdrücklich anerkanntworden.Meine Damen und Herren, die Debatte, die wir heuteführen, gibt einen Vorgeschmack auf die Debatten, diewir erleben werden, wenn wir über eine veränderteFinanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung ineinem größeren Rahmen reden. Eines ist ganz sicher:Bei einer Debatte über eine große Reform der Kranken-versicherung wird man sich nicht auf Klientelpolitik be-schränken können.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Monika Brüning.
Sie ist die letzte angemeldete Rednerin in dieser Debatte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurz
nach In-Kraft-Treten der Gesundheitsreform hat die FDP
mehrere Anträge in den Bundestag eingebracht, um ein-
zelne Regelungen dieser Reform – Praxisgebühr, höhere
Beitragsbelastung bei der Zusatzversorgung – rückgän-
gig zu machen. Heute stimmen wir über den Antrag ab,
der die Anhebung der Beiträge auf Versorgungsbe-
züge betrifft.
Ich möchte auf das Vorgehen der FDP mit einem Wort
aus der Bibel antworten: „Alles hat seine Zeit.“
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s wäre verantwortungsvoller gewesen, sich mit den in-
altlichen Positionen in die Konsensverhandlungen ein-
ubringen und die Reform mitzugestalten, vor allem
enn man bedenkt, dass es um ein so zentrales Thema
ie die gesundheitliche Versorgung der Bürgerinnen und
ürger ging.
Wir als Union haben uns der Verantwortung gestellt.
urch unsere Teilnahme an den Konsensgesprächen
onnten wir sogar einige von der Regierung geplante
inschnitte für Rentner verhindern. Bundesfinanzminis-
er Eichel hatte nämlich vor, die hälftige Zahlung des
rankenversicherungsbeitrages durch Rentenversiche-
ungsträger und Rentner zulasten der Rentner aufzuhe-
en. Davon konnten wir die Regierung abhalten.
Natürlich haben wir es uns nicht leicht gemacht, die
entner mit Versorgungsbezügen zusätzlich zu belasten.
ber erinnern wir uns doch, in welcher Situation sich die
esetzliche Krankenversicherung vor der Reform be-
and!
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Thiele?
Nein. Wir wollen alle abstimmen.
Der durchschnittliche Beitragssatz hatte eine Schwin-el erregende Höhe von über 14 Prozent erreicht. Wieir mittlerweile außerdem wissen, hatten die Kranken-assen Schulden in Milliardenhöhe angesammelt. Dieinanzlage war insgesamt desolat.Um das System zu stabilisieren, gab es kurzfristigeine andere Wahl, als alle Beteiligten maßvoll in dieparmaßnahmen einzubeziehen: Ärzte, Krankenkas-en, Pharmaunternehmen, Versicherte und Patienten. Beien Rentnern mit zusätzlichen Versorgungsbezügen hat-en wir abzuwägen zwischen dem Vertrauensschutz ei-erseits und der Solidarität zwischen den Generationenndererseits.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14455
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Monika BrüningDie Frage des Vertrauensschutzes ist eine sensibleFrage. Darin sind wir uns einig. Sie ist hier sicherlichnicht ganz unproblematisch. Selbstverständlich wäre esuns lieber gewesen, wenn wir mit Übergangsfristen hät-ten arbeiten können. Die Aussage vonseiten der FDP,dass Vertrauensschutz nicht gewahrt wurde, vermag ichjedoch bei allen Bedenken so nicht zu teilen.Grundsätzlich wird dem Gesetzgeber ein durchausgroßer Gestaltungsspielraum eingeräumt, wenn es da-rum geht, ernste Gefahren für die sozialen Sicherungs-systeme abzuwehren. Dass eine Finanzlücke von mehre-ren Milliarden Euro grundsätzlich hierzu zählt, dürfteunstrittig sein. Die derzeit anhängigen Musterklagen derSozialverbände werden in der Frage des Vertrauens-schutzes sicherlich Klärung bringen.Übrigens hat das Sozialgericht München mit demHinweis auf die intergenerative Solidarität die ersteMusterklage der Sozialverbände gegen die Verdopplungder Krankenkassenbeiträge auf Versorgungsbezüge ab-gewiesen. Das Gericht hat am 30. November 2004 ent-schieden, es sei ein Gebot der Solidarität der Rentner mitden Erwerbstätigen, deren Anteil an der Finanzierungdes Gesundheitswesens nicht höher steigen zu lassen.Sicherlich haben die heutigen Rentner während ihresArbeitslebens die damaligen Rentner mitfinanziert. Daswill niemand kleinreden. Aber in früheren Zeiten warendie Beitragssätze niedriger und der Umfang der Leis-tungsausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherungerheblich geringer. Somit mussten die heutigen Rentne-rinnen und Rentner nur einen kleineren Anteil der Leis-tungsaufwendungen finanzieren, als dies heute der Fallist.Die Entlastungen, die den Kassen aus den zusätzli-chen Einnahmen erwachsen, müssen zeitnah an die Ver-sicherten weitergegeben werden. Die Beiträge und damitdie Lohnnebenkosten müssen endlich sinken. Das sindwichtige Schritte auf dem Weg zu mehr Wachstum undArbeit. Denn das muss ganz klar gesagt werden: Wir alsUnion haben der Gesundheitsreform zugestimmt, weilmit ihr ein Beitrag zur Konsolidierung der gesetzlichenKrankenversicherung und damit zur Senkung der Lohn-nebenkosten erreicht werden sollte.Ein Jahr nach In-Kraft-Treten der Reform zeichnensich schon erste Wirkungen und Erfolge ab. So erzieltendie gesetzlichen Krankenkassen im ersten Halbjahr 2004einen Überschuss von 2,4 Milliarden Euro. Leider isttrotzdem der Beitragssatz in der GKV nur um 0,1 Pro-zentpunkte zurückgegangen. Das liegt auch an der Fi-nanzsituation der Kassen. Gesundheitsministerin Schmidthatte in den Konsensgesprächen die Gesamtverschul-dung für Ende 2003 noch mit 4 Milliarden Euroangegeben. 2004 wurden dann Berechnungen der Bun-desbank bekannt, nach denen es sich um etwa 8 Mil-liarden Euro handelte. Hier hat das Bundesgesundheits-ministerium also mit falschen Zahlen operiert. Das istnicht akzeptabel und fördert sicher nicht das Vertrauender Bürgerinnen und Bürger in die Zahlenkünste der rot-grünen Regierung.
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Zu einer Kurzintervention erhält der Abgeordnete
hiele das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich werde mich kurzassen. – Sehr geehrte Frau Brüning, nachdem Sie darge-tellt haben, wie gut die Gesundheitsreform war, ver-tehe ich nicht, dass die Union im November einen An-rag mit dem Titel „Wirkungen und Nebenwirkungen desKV-Modernisierungsgesetzes – Kritische Bestandsauf-ahme“ eingebracht hat. Wir haben uns in dem Antrag,er gleich zur Abstimmung stehen wird, ausschließlichuf einen Punkt konzentriert. In Ihrem Antrag, zu demur wenige Vorredner in der Sache gesprochen haben,aben Sie ausgeführt – ich zitiere –:Es ist gerechtfertigt, die Regelungen zur Erhebungvon Beiträgen auf Betriebsrenten und Direktversi-cherungen im Hinblick auf deren Auswirkungenund unter dem Aspekt der Wahrung des Vertrauens-schutzes durch die Verfassungsressorts prüfen zulassen und den Deutschen Bundestag über das Er-gebnis der Prüfung zu unterrichten.enn Sie keine Bedenken hätten, dann hätten Sie diesenntrag nicht stellen müssen. Wenn Sie aber diese Beden-en haben, dann könnten Sie unserem Antrag zustim-en, weil sie durch seine Annahme ausgeräumt werdenürden.
An dieser Stelle abschließend ein Wort an die Regie-ung: Wenn das Justizministerium bei der Gesundheits-eform geschlafen hat, dann vermute ich, dass die Ant-ort auf Ihren Antrag nicht anders ausfallen wird, als sieisher ausgefallen ist. Die einzige Regelung, diesen Ver-rauensbruch rückgängig zu machen und neue, dann aberifferenzierte, detailgenaue Beratungen aufzunehmen,estünde darin, diesen Teil zurückzunehmen und überiesen Aspekt neu zu beraten.Herzlichen Dank.
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Möchten Sie antworten, Frau Kollegin Brüning? –Nein. Dann schließe ich damit die Debatte.Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-empfehlung des Ausschusses für Gesundheit und SozialeSicherung auf Drucksache 15/4451 zum Antrag derFraktion der FDP mit dem Titel „Zusätzliche Kranken-und Pflegeversicherungsbeiträge bei Versorgungsbezü-gen durch das GKV-Modernisierungsgesetz rückgängigmachen“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag aufDrucksache 15/2472 abzulehnen. Die Fraktion der FDPhat namentliche Abstimmung verlangt. Jetzt müssen Siealso über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab-stimmen.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, dievorgesehenen Plätze einzunehmen. – Ist das geschehen?Sind alle Plätze besetzt? – Dann eröffne ich jetzt die Ab-stimmung.Darf ich hören, ob ein Mitglied des Hauses anwesendist, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat?
– Das ist offensichtlich der Fall. Dann warte ich noch ei-nen Moment.Zweiter Versuch: Ist ein Mitglied des Hauses anwe-send, das noch nicht abgestimmt hat? – Ich sehe nicht,dass sich jemand meldet. Dann schließe ich die Abstim-mung.1)Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mitder Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstim-mung wird Ihnen später bekannt gegeben.Wir setzen die Beratungen fort.Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-gierung eingebrachten Entwurfs eines ViertenGesetzes zur Änderung des Seemannsgesetzes– Drucksache 15/4638 –
a) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
– Drucksache 15/4744 –Berichterstattung:Abgordnete Anette Kramme
– Drucksache 15/4745 –Berichterstattung:Abgordnete Volker KröningutkwdduDsGliswCSGzzuGSdsAkd1) Ergebnis Seite 14458 A
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Wenn wir nichts unternehmen, werden in diesem Jahr
weitere 100 oder 200 Tankstellen in den Grenzregionen
schließen müssen.
Zweitens. Mehr als 1 000 Arbeitsplätze sind durch
diese Maßnahme vernichtet worden und wenn wir nicht
bald handeln, werden weitere Arbeitsplätze vernichtet.
Ein dritter Punkt müsste insbesondere die Grünen
nachdenklich stimmen: Natürlich führt dieser Tourismus
zu Staus an den jeweiligen Grenzen und damit zu erheb-
lichen Belastungen der Anwohner und der Umwelt. Ge-
rade in den letzten Monaten hat es wiederholt enorme
Protestaktionen gegeben.
Schließlich ein Punkt, der den Finanzminister beson-
ders interessieren müsste:
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Nun gibt es natürlich auch in den Grenzregionen an-
erer Länder ähnliche Probleme, wenn sie auch nicht so
ravierend sind, weil die Benzin- und Dieselpreise dort
icht ganz so hoch sind. Wie Sie wissen, hat Italien als
rstes Land reagiert und gibt seinen Bürgern besondere
öglichkeiten, im Grenzbereich günstiger Benzin ein-
ukaufen. Frankreich plant eine ähnliche Regelung. Es
ann nicht überraschen, dass in manchen betroffenen
emeinden alle politischen Parteien dafür sind, dass bei
hnen besondere Lösungen eingeführt werden. Auch
enn es nicht unbedingt populär ist, sage ich als Finanz-
olitiker dazu ganz deutlich: Nein.
ir können nicht auf der einen Seite immer kritisieren,
ass die Steuergesetzgebung zu kompliziert ist, und ei-
en Subventionsabbau fordern und auf der anderen Seite
urch solche Insellösungen neue Subventionen und in
rheblichem Umfang auch eine neue Bürokratie be-
chließen.
Deshalb kann unsere Antwort nur sein – dies steht
uch in unserem Antrag; wir bitten, ihm zuzustimmen –:
ie Bundesregierung muss endlich handeln. Sie muss
uf die EU-Länder einwirken, sodass die Steuern auf
enzin und Diesel stärker vereinheitlicht werden. Nur so
ann man das Problem ordnungspolitisch vernünftig lö-
en.
Der Finanzminister hat sich im Rahmen einer Klei-
en Anfrage sinngemäß geäußert, dass man wartet, bis
ie anderen auf dem gleichen Steuerniveau sind. Das
ird nichts. Wir werden eine Vereinheitlichung nur er-
eichen, wenn wir mit unseren Steuern ein Stück herun-
ergehen.
Abschließend sage ich: Wenn hier nicht bald gehan-
elt wird, dann werden noch in diesem Jahr einige
00 Existenzen mehr kaputtgehen und einige 1 000 Ar-
eitsplätze gefährdet. Dies kann nicht unser Ziel sein.
eshalb lautet unserer Bitte: Stimmen Sie unserem An-
rag zu, mit dem wir die Bundesregierung auffordern,
ndlich zu handeln.
Bevor wir die Debatte fortsetzen, gebe ich das vonen Schriftführerinnen und Schriftführern ermitteltergebnis der namentlichen Abstimmung über die Be-chlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit undoziale Sicherung zum Antrag der Abgeordnetenr. Thomae, Detlef Parr, Heinrich L. Kolb, weiterer Ab-eordneter und der Fraktion der FDP mit dem Titel
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Vizepräsident Dr. Norbert LammertPetra ErnstbergerKarin Evers-MeyerVolker KröningDr. Hans-Ulrich KrügerHorst Schmidbauer
Barbara WittigDr. Wolfgang WodargElke FernerGabriele FograscherRainer FornahlHelga Kühn-MengelUte KumpfDr. Uwe KüsterSDHilvia Schmidt
agmar Schmidt
einz Schmitt
Waltraud Wolff
Heidi WrightAnnette Faße Horst Kubatschka Ulla Schmidt Verena Wohlleben„Zusätzliche Kranken- und Pflbei Versorgungsbezügen durcrungsgesetz rückgängig macheEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 526;davonja: 485nein: 41JaSPDDr. Lale AkgünGerd AndresIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldHermann BachmaierErnst Bahr
Doris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Sören BartolSabine BätzingUwe BeckmeyerKlaus Uwe BenneterDr. Axel BergHans-Werner BertlPetra BierwirthLothar Binding
Kurt BodewigGerd Friedrich BollmannKlaus BrandnerWilli BraseBernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannEdelgard BulmahnMarco BülowUlla BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryMarion Caspers-MerkDr. Peter DanckertDr. Herta Däubler-GmelinKarl DillerMartin DörmannPeter DreßenElvira Drobinski-WeißDetlef DzembritzkiSebastian EdathySiegmund EhrmannHans EichelMartina EickhoffMarga ElserGernot ErlerGDLIrGURADMKGAWHBAMNHRRDGPMGSGJWIrFEKCLJUUHKLADDWFKRAENegeversicherungsbeiträgeh das GKV-Modernisie-n“ bekannt. AbgegebeneSbdabriele Frechenagmar Freitagilo Friedrich
is Gleickeünter Gloserwe Göllnerenate Gradistanacngelika Graf
ieter Grasedieckonika Griefahnerstin Grieseabriele Gronebergchim Großmannolfgang Grotthausans-Joachim Hackerettina Hagedornlfred Hartenbachichael Hartmann
ina Hauerubertus Heileinhold Hemkerolf Hempelmannr. Barbara Hendricksustav Herzogetra Heßonika Heubaumabriele Hiller-Ohmtephan Hilsbergerd Höferelena Hoffmann
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hristine Lehderckhart Leweringötz-Peter Lohmannrika Lotzr. Christine Lucygairk Manzewskiobias Marholdothar Markaren Marksilde Mattheislrike Mehletra-Evelyne Merkellrike Mertenngelika Mertensrsula Moggichael Müller
hristian Müller
esine Multhauptranz Münteferingr. Rolf Mützenicholker Neumann
ietmar Nietanr. Erika Oberolger Orteleinz Paulaohannes Pflugoachim Poßr. Wilhelm Priesmeierlorian Pronoldr. Sascha Raabearin Rehbock-Zureicherold Reichenbachr. Carola Reimannhristel Riemann-Hanewinckeleinhold Robbeené Röspelr. Ernst Dieter Rossmannarin Roth
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14459
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Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeHans-Joachim FuchtelDr. Jürgen GehbNorbert GeisEberhard GiengerGeorg GirischMichael GlosRalf GöbelDJPDUKRMMMKOHGKHUSUMJBERKHSDDBSIrBSVGEJJKMNTRGGDDWDDHBKVWUWDDESDr. Reinhard Göhnerosef Göppeleter Götzr. Wolfgang Götzerte Granoldurt-Dieter Grilleinhard Grindelichael Grosse-Brömerarkus Grübelanfred Grundarl-Theodor Freiherr vonund zu Guttenberglav Guttingolger Haibacherda Hasselfeldtlaus-Jürgen Hedrichelmut Heiderichrsula Heineniegfried Heliasda Carmen Freia Hellerichael Hennrichürgen Herrmannernd Heynemannrnst Hinskenobert Hochbaumlaus Hofbauerubert Hüppeusanne Jaffker. Peter Jahrr. Egon Jüttnerartholomäus Kalbteffen Kampetermgard Karwatzkiernhard Kaster
olker Kaudererlinde Kaupackart von Klaedenürgen Klimkeulia Klöcknerristina Köhler
anfred Kolbeorbert Königshofenhomas Kossendeyudolf Krausünther Krichbaumünter Kringsr. Martina Krogmannr. Hermann Kueserner Kuhn
r. Karl A. Lamers
r. Norbert Lammertelmut Lamparbara Lanzingerarl-Josef Laumannera Lengsfelderner Lensingrsula Lietzalter Link
r. Michael Lutherorothee Mantelrwin Marschewski
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atherina Reichelaus Riegertr. Heinz Riesenhuberannelore Roedelranz Romerr. Klaus Roseurt J. Rossmanithr. Norbert Röttgenr. Christian Rucklbert Rupprecht
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14460 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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rag weiter, dass beachtli-gehen, weil die Leute im kurz erklären, wie das inördlichen Münsterland angt.chöne Gegend!)SWD3f9nh9Ddie in meinen Wahlkreis fahülfing einen Flächenwahlkreer Unterschied beim Spri,54 Cent aus. Mir selber pasahre in einen Ort hinein un3,9 Cent kostet. Da ich etwaehme ich mir vor, auf dem Rüalb Stunden später beträgt8,9 Cent. Ich denke, solche Eiese Preissprünge sind wesenie Franzosen regional ausgleic
Marianne TritzDr. Antje Vogel-SperlDr. Antje VollmerDr. Ludger VolmerMargareta Wolf
Fraktionslose AbgeordneteMartin HohmannNeinFDPDaniel Bahr
Rainer BrüderleAngelika BrunkhorstErnst BurgbacherHelga DaubJörg van EssenUlrike FlachOtto FrickeHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherDr. Christel Happach-KasanUlrich HeinrichBDMDHGSHISMDGWir setzen die Debatte zum Tagesordnungspunkt 9fort. Ich erteile das Wort der Kollegin Ingrid Arndt-Brauer, SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Ich denke, der vorliegende Antrag„Mineralölsteuerentwicklung und Tanktourismus“ ist ei-ner aus der langen Serie „Ökosteuer – nein danke“ von-seiten der CDU/CSU, die wir jedes Jahr – anfangs mehr-mals im Jahr, im Moment gibt es, so glaube ich, nureinen pro Jahr – auf den Tisch bekommen.
Ich denke, es wird langsam langweilig. Ich warte vor al-len Dingen immer noch auf eine Aussage darüber, wieSie die 10 Milliarden Euro, die zum Beispiel imJahr 2003 in die Rentenkasse geflossen sind, aufbringenwollen. Dazu habe ich noch keinen Vorschlag gehört.Vielleicht machen Sie sich darüber einmal Gedankenund sagen Sie uns das im nächsten Jahr.
Zurück zum Antrag. Es ist richtig, dass es dieÖkosteuer gibt. Dadurch erhöhten sich die Spritpreiseim Laufe der Jahre um 18 Cent.
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s ist also ein munteres Hin- und Hergefahre, das dietraßen natürlich belastet – das ist keine Frage –, aberen kleinen Grenzverkehr am Laufen hält und, so denkech, uns alle bereichert.
Sie haben Lösungen angesprochen, die im Auslandraktiziert werden. Ein Beispiel dafür ist Italien. Dieusnahmeregelung mit Drittstaaten in Italien läuft aus.ach meinen Erkenntnissen gibt es auch keine Aussichtuf Verlängerung. Da Deutschland von wenig Drittstaa-en umgeben ist, wird bei uns die italienische Regelungicht zum Erfolg führen.Sie haben als weiteres Beispiel Frankreich ange-ührt. Frankreich hat die Genehmigung bekommen, diereise regional um höchstens 3,54 Cent zu senken. Da-ei geht es allerdings nicht um die Grenzregionen. Wenn
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14461
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Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Scheuer?
Ja.
Bitte schön.
Frau Kollegin, es ist wunderbar und sehr nett, wenn
Sie aus der Lebenswirklichkeit Ihres Wahlkreises erzäh-
len.
Ich bestreite auch nicht, dass Ihre Region schön ist. Aber
ich frage Sie: Sind Sie schon einmal im Grenzgebiet zu
Österreich gewesen?
Ja.
Sind Sie schon einmal im Grenzgebiet zu Tschechien
gewesen? Sind Sie schon einmal im Grenzgebiet zu Po-
len gewesen? Wissen Sie, dass unsere Städte, die an der
Grenze liegen, massiv belastet sind?
Ich komme aus der unnachahmlich schönen Region
Passau. Bereits 6 bis 7 Kilometer vor der Grenze zu
Tschechien bilden sich in der Altstadt Autoschlangen zur
Tankstelle, weil aus dem Zollhäuschen an der Grenze in
Passau leider eine Tankstelle gemacht wurde. Wie re-
agieren Sie darauf? Diese Lebenswirklichkeit könnten
Sie auch einmal in Ihre Überlegungen einbeziehen. Mich
interessiert, was Sie bzw. die Bundesregierung dagegen
machen wollen.
Sehr geehrter Herr Kollege, ich kenne Passau sehrgut, Ich habe selber sechs Jahre in Bayern gelebt.
Aber ich möchte dazu anmerken: An der österreichi-schen Grenze wird wahrscheinlich nur getankt; imGrenzgebiet in Polen wird zudem noch eingekauft. Daskönnen wir wohl nur verhindern, wenn wir die Grenzenwieder dichtmachen. Das wollen Sie sicherlich nicht.
Es gibt ein Gefälle zu den Ländern im Osten und teil-weise zu den Ländern im Süden, das sich aber nicht nurbeim Tanken bemerkbar macht. Dieses Gefälle kannman in meinen Augen – das haben Sie in Ihrem letztenPunkt vorgeschlagen – nur durch eine Harmonisierungausgleichen. Die Harmonisierung der Steuersätze ist dasEndziel. Das wird auch irgendwann kommen. Wenn wirdie Ökosteuer absenken, wird es den Tourismus weiter-hgdnkrdNNswwkdUwTsuWWMkkswWedrBbnlDn
Zu dem, was Sie ansprechen, kann ich nur sagen: Wirönnen zwar den Spritpreis beeinflussen. Aber ich ga-antiere Ihnen, dass die Industrie die Preise durchsetzt,ie sie am Markt erzielen kann. Das ist auch in denachbarländern so. Das wird dazu führen, dass in denachbarländern die Spanne immer kleiner wird, weilich so die Mineralölgesellschaften einen größeren Ge-inn verschaffen können. Wenn wir die Preise senken,ird das nicht dazu führen, dass keiner mehr zum Tan-en ins Ausland fährt. Im Gegenteil: Die Spannen wer-en bleiben. Es wird immer Unterschiede geben. Dienterschiede gibt es bereits innerhalb einer Stadt. Ichundere mich immer wieder – das ist aber Fakt –, dassankstellen in räumlicher Nähe Preise mit einem Unter-chied von 3 Cent am Markt durchsetzen können.Sie sind doch eigentlich auf der Seite der Deregulierernd da sollten Sie auch bleiben.Wir machen es ähnlich:ir lassen alles, wie es ist.
ir freuen uns, wenn
enschen aus den Nachbarländern zu uns einkaufenommen. Menschen aus dem gesamten Norden Europasaufen bei uns Alkoholika ein. Dagegen haben Sie an-cheinend nichts einzuwenden und fordern nicht irgend-elche Sondersteuern.
ir hoffen auf eine zügige Umsetzung der Energiesteu-rrichtlinie durch die benachbarten Mitgliedstaaten. Wirenken, es wird über kurz oder lang eine Harmonisie-ung geben. Darauf freuen wir uns.
is dahin werden wir mit der Ökosteuer ebenso gut le-en wie in den vergangenen Jahren. Vielleicht fällt Ihnenächstes Jahr, wenn Sie einen Antrag zur Ökosteuer stel-en, auch etwas zur Gegenfinanzierung ein.
arauf freuen wir uns alle. In diesem Sinne: Einen schö-en Abend noch.
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14462 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Nächster Redner ist der Kollege Joachim Günther für
die FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen! Stellen Sie sich einmal vor, Sie wohnen in einer
grenznahen Region und im Nachbarland ist vieles we-
sentlich billiger, das Einkaufen, wie in Polen, oder das
Tanken, wie in fast allen Ländern um uns herum. Das
Ganze verbinden Sie dann noch mit einem schönen Fa-
milienausflug und schon scheinen alle glücklich zu sein.
Aber der Schein trügt. Das ist das Problem: Dadurch
kommt zwar ein Teil unserer Bevölkerung in eine güns-
tige Situation, aber ein anderer Teil wird in eine existen-
zielle Krise gestürzt. Unserem Land gehen allein durch
den Tanktourismus – das kann man der Presse entneh-
men – im Jahr rund 1,5 Milliarden Euro verloren.
Deutschlands Steuerpolitik erlebt ein weiteres Desaster.
Ich nenne die rund 5 000 Arbeitsplätze im Tankstellen-
gewerbe und, was in Ihrem Antrag, der sich auf Tank-
stellen bezieht, natürlich nicht enthalten ist, den Bereich
Handel, Handwerk und Gewerbe. Sie sind durch diese
ideologisch verbohrte Steuerpolitik von Rot-Grün be-
droht. Kaum ist die Maut – hier muss man sagen: bisher
ohne Kompensation – auf den Weg gebracht, schon spre-
chen unsere so genannten Ökogutmenschen von einer
weiteren Verteuerung im Mineralölbereich.
Diese Unterschiede, die zu den Nachbarländern beste-
hen, hat mein Kollege von der CDU/CSU bereits darge-
legt. Die menschlichen Schicksale, die viele unserer
Bürger im grenznahen Raum erleiden müssen, scheinen
einigen hier ein kleineres Übel zu sein als das Einge-
ständnis,
dass diese Ökosteuer eine verfehlte Politik war.
Als ich vor Monaten die erste Sonderregelung für
grenznahe Gebiete forderte, verschanzte man sich hin-
ter der typischen Ausrede, das sei mit der EU nicht
machbar. Inzwischen schlagen aber andere Bereiche
ebenfalls Alarm. Schauen Sie sich die Einzelhändler, die
Gastronomen, die Bäcker an: Viele sind durch diesen
Tanktourismus unmittelbar in Mitleidenschaft gezogen
worden und viele kämpfen um ihre Existenz.
Nun kann man allgemein dazu sagen, dass es das
schon immer gab, dass im Ausland Dinge billiger als
hier sind; aber diese Antwort ist zu leicht. Es mag sein,
dass es Preisunterschiede gibt; es mag sein, dass es Ge-
haltsunterschiede gibt. Die Grenzen wollen wir deshalb
nicht dichtmachen. Aber die Steuerunterschiede, die hier
hervorgerufen wurden, hat Deutschland allein zu verant-
worten. Wir haben die Chance, hieran etwas zu ändern.
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teht das Thema Ökosteuer, dieses Mal in Verbindungit dem Tanktourismus, auf der Tagesordnung. Gerecht-ertigt wird die erneute Diskussion seitens der Opposi-ion mit einer Korrelation zwischen Ökosteuer, Tanktou-ismus und dem Wegfall von Arbeitsplätzen inrenznahen Regionen. Einer genauen Betrachtung hältiese Behauptung allerdings nicht stand, schon gar nichtann, wenn die Aspekte gesamtwirtschaftlich betrachteterden.Zwischen den Jahren 1989 und 1994 wurde die Mine-alölsteuer, wie die Kollegin von der SPD-Fraktionben schon gesagt hat, durch die damalige Bundesregie-ung Kohl um umgerechnet 28 Cent erhöht. Begründeturde diese Maßnahme damit, dass die einigungsbe-ingten Zusatzkosten für die Modernisierung und Erwei-erung der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bundes-ändern diese Erhöhung erforderlich mache.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14463
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Peter HettlichSo weit, so gut. Ich kann mich jedenfalls nicht mehran große Proteste in der Öffentlichkeit erinnern, obwohlder damalige Betrag das Doppelte der von Ihnen ach sogescholtenen Ökosteuer ausmachte.
– Das ist doch Quatsch. – Diese Steuererhöhung wurdedamals akzeptiert, weil die Einsicht vorhanden war, dassdie Wiedervereinigung nicht zum Nulltarif zu haben warund deshalb auch außergewöhnliche Anstrengungen sei-tens der Steuerzahler wie die Einführung des Solidarzu-schlag erforderlich waren.Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass derKollege Michelbach von der CSU noch in der letztenWoche die sofortige totale Abschaffung des Solidarzu-schlags gefordert hat. Damit hätten wir dann eine wei-tere Lücke. Wir schaffen die Ökosteuer ab, wir schaffenden Solidarzuschlags ab. Dann sind wir bei einer Lückevon 20 Milliarden Euro angekommen. Allerdings müs-sen Sie mir erklären, wie Sie das gegenfinanzieren wol-len.Bei der Sozialversicherung hat die Regierung Kohlder Mut verlassen. Da waren Sie nicht konsequent. Siehaben nicht, wie es hätte sein müssen, die einigungsbe-dingten Mehrkosten bei der Sozialversicherung überSteuern finanziert, sondern haben die Beiträge weiter er-höht. Seit 1989 sind die Sozialversicherungsbeiträge uminsgesamt 7 Prozent gestiegen. Damit wurde der FaktorArbeit erheblich verteuert. Das trug zu einem nicht uner-heblichen Teil zu den aktuellen Problemen am Arbeits-markt bei.Unabhängig davon haben wir als Grüne schon langevor der Endlichkeit der Erdölreserven und den negativenFolgen der verkehrsbedingten Emissionen gewarnt.Lange Zeit hat sich aber nichts geändert.
– Warten Sie mal ab! – Der Mineralölverbrauch und da-mit auch die Emission klimaschädlicher Gase stiegenweiter an.Wir haben uns im Jahre 1998 mit unserem Koalitions-partner SPD darauf verständigt, diesem Prozess durchein geeignetes Lenkungsinstrument entgegenzuwirken,statt dabei einfach nur weiter zuzusehen.
Mit der Ökosteuer ist uns dies in zweierlei Hinsichtgelungen. Zum einen stagnieren die Jahresfahrleistungenund der Mineralölverbrauch in Deutschland bzw. steigennur noch in geringem Maße. Zum anderen wurden dieEinahmen aus der Ökosteuer dazu verwendet, den Ren-tenversicherungsbeitrag zu senken und auf einem Ni-veau von derzeit 19,5 Prozent zu halten.
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Anders sieht es in den Grenzgebieten von Polen under Tschechischen Republik aus. Hier besteht auf denrsten Blick zunächst einmal ein mengenmäßig größeresroblem. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, habenie sich schon einmal überlegt, was die Tankpreise inolen oder in der Tschechischen Republik für die dortigeevölkerung bedeuten? Für die sind das beileibe keineünstigen Treibstoffpreise. Würde man das Durch-chnittseinkommen der Polen oder der Tschechen zu denortigen Treibstoffpreisen in Relation setzen, dann er-ielte man einen Äquivalenzpreis, der in Deutschland ei-em Preis von 2,50 Euro pro Liter entspräche.
Rechnen Sie das einfach einmal nach! Aber das krie-en Sie offenbar nicht hin.
ollen Sie allen Ernstes, dass in Polen und in der Tsche-hischen Republik die Mineralölsteuer auf das deutscheiveau angehoben wird? – Nein, das wollen Sie nicht.ber Sie wollen die Ökosteuer abschaffen; denn Tank-onderzonen wollen Sie ja nicht. Das hat der Kollegeernhardt eben ausgeschlossen. Dann sollten Sie denürgerinnen und Bürgern aber auch reinen Wein ein-chenken und ihnen sagen, dass dann eben demnächstit Rentenversicherungsbeiträgen von mehr als1 Prozent zu rechnen ist, und sollten sagen, welcheirkungen auf die Arbeitsplätze eintreten würden. Sieissen doch genau, dass eine Senkung der Beiträge umProzentpunkt zwischen 30 000 und 60 000 Arbeits-lätze schafft. Umgekehrt würde eine Steigerung dereiträge also zwischen 30 000 und 60 000 Arbeitsplätzeernichten. Haben Sie darauf eine Antwort? – Nein.Wann stellen Sie eigentlich eine Anfrage zum Friseur-ourismus, zum Lebensmitteltourismus, zum Biertouris-us? Mir fallen auch noch andere grenznahe Dienstleis-ungen ein, die ich jetzt aber nicht benennen will.
ollen Sie auch dafür Sonderregelungen oder Chipkar-en haben? – Nein, auch das wollen Sie nicht. Sie for-ern in Ihrem Antrag immer noch die Einführung destalienischen Chipkartenmodells, obwohl Sie wissen,ass die EU-Energierichtlinie dieses Modell gar nichtehr zulässt.
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14464 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Peter HettlichSie haben keine Antworten auf diese Fragen. Das er-innert mich an meine alte Englischlehrerin, die in sol-chen Fällen immer sagte: Kommen Sie mir bloß nichtmit Argumenten!Danke schön.
Die letzte Bemerkung war sicherlich keine Aufforde-
rung an den letzten Redner in dieser Debatte. Das Wort
hat der Kollege Ernst Hinsken für die CDU/CSU-Frak-
tion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Für den tausendfachen Tanktourismus in der Bundesre-
publik Deutschland
trägt einzig und allein die Bundesregierung die Verant-
wortung.
Insbesondere der Tanktourismus im Grenzland brennt
uns auf den Nägeln. Wir bekommen fast täglich Hilfe-
rufe betroffener Tankstellen. Monat für Monat schließen
Tankstellen in diesen Regionen. Nach Angaben des Mi-
neralölwirtschaftsverbandes sind bisher insgesamt
300 Tankstellen von der Schließung betroffen. Umsatz-
einbrüche von bis zu 80 Prozent sind keine Seltenheit.
Herr Kollege Hinsken, schon zu diesem frühen Zeit-
punkt möchte der Kollege Rose Ihnen eine Zwischen-
frage stellen.
Ja.
Trotz der Überraschung wird die Zwischenfrage
genehmigt. – Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident! Da er mit seiner Feststellung Recht
hat, dass einzig und allein die Bundesregierung die
Schuld trägt, möchte ich den lieben Kollegen Hinsken
fragen, ob er bereit wäre, zu bestätigen, dass die CSU-
Landesgruppe spätestens seit der Verabschiedung des
rot-grünen Gesetzes zum Einstieg in die ökologische
Steuerreform vom 24. März 1999 auf die schädlichen
Auswirkungen auf die Wirtschaft – besonders auf die
Energie verbrauchende Wirtschaft – aufmerksam ge-
macht hat, dass auch ich persönlich in vielen parlamen-
tarischen Anfragen – beispielsweise im Januar 2003, im
August 2003,
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m Januar 2004, im März 2004 oder im Juni 2004 – ein
mdenken der Bundesregierung wegen des Riesenpro-
lems des Tanktourismus gefordert habe und dass die
undesregierung bisher alle entsprechenden Vorstöße
nd Vorschläge kaltherzig abgeschmettert hat?
ären Sie bereit, das zu bestätigen? Ein klares Ja reicht
ir.
Selbstverständlich, Herr Kollege Rose. Sie treffen denagel auf den Kopf. Die Probleme des Grenzlands unduch der Tankstellenbesitzer wurden ebenso wie die Be-astung durch die Ökosteuer von der Bundesregierungisher immer wieder negiert. Deshalb pflichte ich Ihnenei, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist, dass dienternehmen in Deutschland – gerade auch mittelständi-che Betriebe im Grenzland – jährlich bis zu0 Milliarden Euro zusätzlich aufbringen müssen. Dasst eine Benachteiligung. Eine solche Kostenbelastungann nicht ohne weiteres getragen werden. Insofern binch Ihnen für Ihre Zwischenfrage dankbar, weil sie denagel auf den Kopf trifft
nd bestätigt, dass die Bundesregierung nichts für denereich übrig hat, um den es heute geht.
Viele der 1 200 Tankstellen in diesem Bereich stehenuf der Kippe. 5 000 Arbeitsplätze sind in Gefahr. Ausiner Studie der Universität Leipzig geht hervor, dassährlich Steuerausfälle in Höhe von über 1 Milliardeuro zu verzeichnen sind. Die Mineralölsteuer erbrachteit 43,2 Milliarden Euro rund die Hälfte aller Bundes-teuern. Hauptursache für den Tanktourismus ist abericht die Mineralölsteuer – diese gibt es auch in anderenändern –, sondern die Ökosteuer, die Benzin und Die-el in Deutschland um gut 15 Cent pro Liter verteuertat. Im Jahr 2000 lag der Unterschied noch bei 3 Cent;etzt beträgt er das Vierfache. Diesel ist mit Ausnahmeer Schweiz in Deutschland am teuersten. Benzin ist au-er in den Niederlanden überall deutlich günstiger alsei uns. Entlang der deutschen Grenze zu Belgien,uxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen undschechien nimmt der Tanktourismus deshalb zu. Dieundesregierung steckt den Kopf in den Sand.
abei könnte sie so viel Geld einnehmen.Frau Staatssekretärin Hendricks, wie kann man ange-ichts leerer Kassen zulassen, dass das Geld wegen derkosteuerbelastung ins Ausland fließt, statt es in derundesrepublik Deutschland zu halten?
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14465
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Ernst HinskenDas Wichtigste ist, dass Sie endlich etwas dagegen tun.Die Antwort der Bundesregierung auf unsere Anfragezeigt, dass sie viel zu wenig über den Tanktourismusweiß. Fehlanzeige Nummer eins: Keine Informationüber die Anzahl der Tankstellen in den Grenzregionen!Fehlanzeige Nummer zwei: Keine Aussagen darüber,wie viele Tankstellen bereits schließen mussten, wieviele Arbeitsplätze dabei verloren gingen und wie hochdie Steuerausfälle sind! Die Beantwortung der Fragen,die meine Kolleginnen und Kollegen gestellt haben, istmangelhaft. Während sich die Bundesregierung weigert,etwas zu tun, haben andere Staaten längst reagiert.
– Das ist schon von meinem Vorredner, dem KollegenBernhardt, gesagt worden. Er hat den Finger auf die of-fene Wunde gelegt. Wenn Sie in der Lage sind, dem zufolgen, was er ausgeführt hat, dann wissen Sie auch, woUnterschiede und Benachteiligungen für uns bestehen.
Ich halte es für unmöglich, dass die BundesministerEichel und Clement gegen den französischen Vorstoßnichts unternehmen und daraus keine Konsequenzen zie-hen. Sie lassen die deutschen Unternehmen im Stich,obwohl es eine Möglichkeit gäbe. Mitte 2003 hat Bun-desminister Clement der Forderung der Interessenge-meinschaft mittelständischer Mineralölverbände dasWort geredet und sich für eine Senkung des Mineralöl-steuersatzes zugunsten grenznaher deutscher Tankstellenausgesprochen. Gemacht hat er aber bisher nichts. Klein-laut hat er sich zurückgezogen, obwohl er die Hoffnunggeweckt hat, dass er das Problem erkannt hat und lösenwill.Wäre der politische Wille vorhanden, würde nichtwochenlang, ja sogar monatelang geprüft, sondern end-lich gehandelt. Der Freistaat Bayern hat bereits im Bun-desrat die Bundesregierung aufgefordert, sich endlichdes Problems anzunehmen. Aber es herrscht Schweigenim Walde. Sie tun einfach nichts. Sie verzögern und hal-ten hin und sehen tatenlos zu, dass viele Existenzen vordie Hunde gehen, obwohl die betroffenen Menschen umjeden Pfennig ringen. Es ist aber noch viel schlimmer– ich muss es leider noch einmal sagen –: Man schafftdamit die Voraussetzungen dafür, dass weiterhin Hun-derte Millionen, vielleicht sogar 1 Milliarde Euro insAusland abwandern, obwohl diese Gelder dringend inder Bundesrepublik Deutschland benötigt werden.Fragen Sie einmal die Grenzlandabgeordneten – obdas nun der Kollege Scheuer, der vorhin eine Zwischen-frage gestellt hat, die Kollegin Kaupa oder der KollegeDr. Klaus Rose ist –, die sich täglich mit diesem Themaauseinander setzen müssen! Fragen Sie die Kollegen ausden neuen Bundesländern wie Kollegin VeronikaBellmann, die ebenfalls den Finger auf die offeneWunde gelegt hat! Fragen Sie die Mitglieder des Finanz-ausschusses, die sich mit dem Thema eingehend be-schäftigt haben! Leider Gottes ist festzustellen, dass Sienicht bereit sind, das Notwendige und Erforderliche zutun.BmugzemsdvngrRWDfvÜAhPWdKwUvh
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14466 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Aus deutscher Sicht sind zusätzliche rechtlich ver-indliche Vorgaben der Kommission nicht der richtigeeg zu einem effektiven und bürgernahen Umwelt-chutz, sondern führen eher zu zusätzlichem bürokra-ischen Aufwand bei der Bewältigung der Umweltpro-leme in den Städten. Die bestehenden Instrumente aufationaler und europäischer Ebene sind hinreichend ge-ignet, das Globalziel einer Verbesserung der Lebens-ualität in städtischen Gebieten zu erreichen. Die Bun-esregierung hat der Kommission in ihrer Stellungnahmeu dieser Mitteilung die von mir gerade beschriebenenedenken und Vorbehalte mitgeteilt.Die Bundesregierung begrüßt also das Anliegen derommission. Dies darf aus unserer Sicht jedoch nichtit einer Einschränkung der kommunalen Selbstverwal-ung einhergehen.
n der vorliegenden Form lehnt die Bundesregierung dieitteilung der Kommission ab und plädiert allenfalls fürine unverbindliche Empfehlung auf freiwilliger Basis.Nur in Klammern sei hinzugefügt – ich kann das hierufgrund der kurzen Redezeit nicht weiter ausführen –:ieles ist bei uns schon nationales Recht; ich habe be-eits darauf hingewiesen. Natürlich unternehmen wirroße Anstrengungen, weniger Fläche zu verbrauchen.ir betreiben eine integrierte Städtebau- und Stadtent-icklungspolitik, in der die ökologischen Gesichts-unkte eine große Rolle spielen. Wir sind hierbei insge-amt, glaube ich, sehr gut aufgestellt.Der EU-Umweltrat hat am 14. Oktober 2004 die voner niederländischen Präsidentschaft vorgeschlagenenatsschlussfolgerungen zur Mitteilung der Kommissioninstimmig angenommen. Wichtig erscheint in diesemusammenhang, dass diese Schlussfolgerungen bedeu-ende Elemente der deutschen Stellungnahme aufgreifen.azu gehören: erstens das Subsidiaritätsprinzip, zwei-ens der Verweis auf bestehende Rechtsvorschriften,rittens die Freiwilligkeit von Aktionen und Maßnah-en sowie viertens vonseiten der Kommission die Über-rüfung der Frage, ob Umweltmanagementpläne undläne für einen nachhaltigen Stadtverkehr notwendigind.Für die Stadtentwicklung in Deutschland ist es vonesonderer Wichtigkeit, das Zieldreieck von sozialen,konomischen und ökologischen Anliegen ständig imlick zu behalten. Unsere städtebaulichen Instrumenten Deutschland sind so ausgerichtet, dass diese Entwick-ung zukunftsfähig gestaltet werden kann. Wir sollten aniesen bewährten Instrumenten festhalten.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14467
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Parl. Staatssekretär Achim GroßmannDie politische und planerische Herausforderung ist,Lösungen zu finden, die – ich will es noch einmal beto-nen – für ökonomische, für soziale und für Umweltanlie-gen gleichermaßen einen Gewinn bringen. Den Mehr-wert für alle drei Bereiche sollten wir nicht zugunsteneines einzigen Anliegens opfern.Vielen Dank.
Ich gratuliere dem Parlamentarischen Staatssekretär
Großmann zur Punktlandung bei seiner Redezeit
und erteile nun dem Kollegen Peter Götz für die CDU/
CSU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Wir behandeln heute, Herr Staatssekretär, eine Vor-lage der Europäischen Kommission, die für den UmgangBrüssels mit der kommunalen Selbstverwaltung inDeutschland typisch ist. Unter dem Vorwand der Um-weltpolitik versucht die Kommission ständig, schlei-chend Teile des Städtebaurechts von der nationalen aufdie europäische Ebene zu verlagern. Dagegen sollten wiruns eindeutig wehren.
Die Europäische Kommission verfügt über keinerleiKompetenzen im Bereich der Stadtentwicklung.
Wir sollten dies vielleicht deutlicher sagen, Herr Staats-sekretär, als Sie es eben zum Ausdruck gebracht haben.
CDU und CSU wollen nicht, dass die kommunale Pla-nungshoheit durch die Europäische Kommission ausge-höhlt wird. In Deutschland sind die Städte und Gemein-den sehr wohl in der Lage, ihre städtebaulicheErneuerung und Entwicklung im Rahmen ihrer verfas-sungsrechtlich verbürgten Selbstverwaltungsrechte ei-genverantwortlich zu steuern und zu gestalten.Umweltschutzbelange – Sie haben es angesprochen –müssen bei der städtebaulichen Entwicklung und Erneu-erung von den Gemeinden schon heute im Planungspro-zess berücksichtigt werden
und mit den anderen Belangen abgewogen werden.
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Das Gleiche gilt übrigens auch für die Wasserversor-ung. Die Kommission bastelt auch ständig an Vorschrif-en dafür. Die Wasserversorgung gehört nach unseremerständnis genauso zum Kernbereich der kommunalenelbstverwaltung.
DU und CSU wollen, dass die kommunale Planungs-oheit unangetastet bleibt. Wir wollen keine neue Büro-ratie, die sagt, wie es in den Kommunen gehen soll.ir wollen keine neue Bürokratie, weder aus Brüsseloch aus Berlin. Wir brauchen auch keinen neuen Brüs-eler Kontrollapparat, der viel Geld des Steuerzahlerserschlingt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, schon heute habenahezu 70 Prozent aller Bestimmungen, die aus Brüsselommen, Auswirkungen auf die Kommunen. Nach un-erem Verständnis gilt es nun, nicht weiter an diesemad zu drehen, sondern den Umfang der Bestimmungenieder auf das Notwendigste zurückzuführen. Wir for-ern die Bundesregierung auf, sich dem Votum des Bun-esrates anzuschließen und entsprechend ihrer Stellung-ahme dafür zu sorgen, dass diese Strategie aufuropäischer Ebene nicht weiter verfolgt wird, vielleichtoch deutlicher, als Sie es, Herr Staatssekretär, eben zumusdruck gebracht haben. Wir fordern die Bundesregie-ung auch auf, sich in Brüssel endlich qualifiziert, früh-eitig und konsequent darum zu kümmern, dass die EU-ommission nicht ständig neue Vorlagen produziert, die
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14468 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Peter Götzhier im Parlament nur mehr oder weniger zustimmendzur Kenntnis genommen werden können.Über Belange des Städtebaus, des Wohnens, derRaumordnung müssen nicht teure Beamte in der Europäi-schen Kommission entscheiden. Die gewählten kommu-nalen Vertreter vor Ort kennen ihre Gemeinde besser. Siekönnen durchaus die unterschiedlichen Belange selbstabwägen und ihre Entscheidungen eigenverantwortlichtreffen. Deshalb müssen anders lautende Ansinnen derEuropäischen Kommission bereits im Keim erstickt wer-den.
Ich hätte mir gewünscht – ich sage das an die Adresseder Kolleginnen und Kollegen im Verkehrs-, Bau- undWohnungsausschuss –, diese Zielstellung in einem ge-meinsamen fraktionsübergreifenden Antrag zu formulie-ren. Aber leider war das nicht möglich; Rot-Grün hatsich wie bei vielen anderen vernünftigen Vorschlägen imAusschuss verweigert.In jedem Fall würde uns interessieren, wie Sie denWiderspruch auflösen wollen, dass Sie in Ihrem rot-grü-nen Koalitionsvertrag das Bestreben der Kommission,die nachhaltige Stadtentwicklung zum Leitbild euro-päischer Städtebau- und Wohnungspolitik zu machen,begrüßen, die Bundesregierung aber in ihrer Stellung-nahme zu der gleichen Thematik zu Recht, wie ich finde,Bedenken gegen diese Strategie geltend macht. Sie soll-ten sich nach meiner Meinung darauf verständigen, wasSie wirklich wollen.Im EU-Verfassungsvertrag, mit dem wir uns im Deut-schen Bundestag demnächst ebenfalls befassen werden,haben die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und da-mit die kommunale Selbstverwaltung zu Recht einenneuen Stellenwert erhalten. Die nationalen Parlamentewerden auf diesem Gebiet gegenüber der EU gestärktwerden. Europapolitik wird mehr denn je zur Innenpoli-tik. Wir brauchen für die EU-Vorlagen einen wirksamenParlamentsvorbehalt, damit wir frühzeitig aktiv mitwir-ken können und nicht immer, wie auch heute bei diesemTagesordnungspunkt, ohnmächtig hinterherhinken. Des-halb ist es nur zu begrüßen, dass CDU und CSU in die-sen Tagen einen Gesetzentwurf zur Ausweitung derMitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages in Ange-legenheiten der Europäischen Union eingebracht haben.Ich lade Sie alle ein, dieses Gesetz mitzutragen.Es liegt an uns, wie wir in Zukunft mit Vorlagen derEuropäischen Union wie der heutigen umzugehen ha-ben. Wir von der Union wollen weder ein zentral organi-siertes Europa noch ein zentralistisches Deutschland.Wir wollen ein Europa, in dem die Menschen stolz aufihre nationale Identität sein können, ein Europa, das einehohe Akzeptanz in der Bevölkerung genießt. Dies wirdumso leichter erreichbar sein, wenn sich die EU um diefür die Gemeinschaft wichtigen Zukunftsthemen küm-mert und das, was die Menschen eigenverantwortlich aufkommunaler Ebene entscheiden können, auch dort ent-scheiden lässt.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ieber Kollege Götz, ich kann schon sagen, warum wiricht zu einem gemeinsamen fraktionsübergreifendenntrag gekommen sind.
it Ihrer Rede jetzt haben Sie nämlich ein Stück weitas Kind mit dem Bade ausgeschüttet.
Der Herr Staatssekretär hat vorhin sehr deutlich ge-acht, dass es um zwei Aspekte geht.Der erste Aspekt betrifft das Konzept, das die EU imahmen ihrer Strategie für die städtische Umwelt vor-elegt hat. Dieses Konzept halten wir alle für sehr gutnd sehr qualifiziert. Wir empfehlen unseren Ländernnd vor allen Dingen unseren großen Städten, es umzu-etzen. Ich glaube, dass die Umweltmanagementplanungtockholms vorbildhaft für unsere großen Städte ist.ede Stadt sollte bis 2006 folgende Ziele erreichen: einenkologisch effizienten Verkehr, sichere Produkte, einenachhaltigen Energieverbrauch, Umweltmanagement-lanung, eine ökologisch effiziente Abfallwirtschaft undine gesunde Innenraumwelt. Das alles sind Ziele, dieir für unterstützenswert halten.
Moment! Im Bereich der gesunden Innenraumwelt gibts durchaus noch viel Handlungsbedarf.Wir wollen keinen bürokratischen Apparat – das hater Herr Staatssekretär eben sehr deutlich gesagt; in die-em Punkt sind wir uns einig – und auch keine zentralis-ischen Vorgaben. Aber ich glaube schon, dass wir diempfehlungen, die sich aus diesem Konzept ergeben,ier sehr ernsthaft diskutieren sollten. Aber dazu habenie nicht einen Satz gesagt.
ür unsere Länder und unsere Städte und zum Teil auchür den Bund besteht an dieser Stelle durchaus nochandlungsbedarf.Wir sind uns einig – auch darüber haben wir im Aus-chuss diskutiert –, dass wir kein zentrales Konzept ha-en wollen, das eine bürokratische Kontrolle beinhaltet.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14469
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Franziska Eichstädt-Bohlig
– Die Konsequenz ist, dass wir uns mit den Inhalten be-fassen müssen und dass wir in den Diskussionen mitunseren Ländern und unseren Städten für diese Inhaltewerben. Wir sollten entsprechende Empfehlungen aus-sprechen.
Diesen Aspekt habe ich in Ihrem Beitrag hier und auchim Ausschuss vermisst. Ich halte es für sehr wichtig,dass wir so vorgehen.Der zweite Aspekt betrifft den neuen EU-Struktur-fonds, den es ab 2007 geben soll. Dabei geht es sowohlum die Geldproblematik als auch um die Problematikder Ausgestaltung. Ich trete dafür ein, dass hierbei diesehr positiven Erfahrungen mit dem Urban-Programmund auch die Erfahrungen mit der Stadterneuerung inumfassender Form berücksichtigt werden. Die Ziele, dievon der EU vorgegeben werden, sollten dabei eine zen-trale Rolle spielen.Ich halte es für richtig, dass wir jetzt den Verfahrens-vorschlag der EU nicht weiter verfolgen; darüber sindwir uns einig. Es reicht aber nicht, nur die Inhalte zu kri-tisieren. Wir müssen vielmehr sehr genau auf dasschauen, was schon erreicht wurde. Darauf hat der HerrStaatssekretär vorhin hingewiesen. Wir müssen sehen,an welchen Stellen wir noch eigenen Handlungsbedarfhaben. In diesem Punkt können wir von der EU lernen.Ich fände es gut, wenn unsere Städte ein Umweltma-nagement wie Stockholm betreiben würden. Ich glaube,es gibt eine Reihe von Städten, die hinsichtlich des städ-tischen Nahverkehrs Nachholbedarf haben.
Dieses Thema muss engagiert weiter verfolgt werden.Auch beim Thema Zersiedelung gibt es einen ent-sprechenden Handlungsbedarf. Ich hätte es als gut emp-funden, wenn es gelungen wäre, im Baugesetzbuch dieErschließung von neuen Gebieten von ihrer Anbindungan den öffentlichen Nahverkehr abhängig zu machen. Esgibt also noch eine Reihe von Punkten, bei denen wirvon der EU lernen können.In dem Sinne danke ich Ihnen ganz herzlich für dieMitarbeit und hoffe, dass wir unsere Vorhaben umsetzen.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Eberhard Otto,
FDP-Fraktion.
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ach meiner Auffassung ist das Konzept ein Versuch, inie Planungshoheit des Bundes, der Länder und derommunen einzugreifen.Ein weiterer wichtiger Punkt ist: Warum brauchen wiriese Strategie überhaupt? Neben der fehlenden Kompe-enz der EU für Raumordnung und Bauleitplanung istus meiner Sicht auch kein dringender Handlungsbedarforhanden, da es ja bereits ein von den Mitgliedstaatenrarbeitetes europäisches Raumentwicklungskonzeptibt. Dieses enthält Zielstellungen zur Entwicklung dertädte. Die angestrebten Vereinheitlichungen, die denommunen Vorgaben machen würden, die den lokalenedürfnissen oft nicht entsprechen würden, sind über-lüssig und zudem eine unnötige Gleichmacherei. Bei-pielsweise werden die Mitgliedstaaten angehalten, eineindestbesiedelungsdichte bei der Flächennutzung fest-ulegen. Besiedelungsdichten von weniger als 40 bis0 Personen pro Hektar sollen vermieden werden. Abererade das ist in einem Flächenland, wie mein Heimat-and Mecklenburg-Vorpommern eines ist, gar nichtachbar.
eswegen muss die Planungshoheit der Kommunen er-alten bleiben.Weiterhin sieht das Konzept Berichtspflichten vor.iese würden den Verwaltungsaufwand vergrößern undohe Kosten verursachen. Wir als Liberale stehen ja füren Bürokratieabbau. Alle zusätzlichen bürokratischenufwendungen lehnen wir ab.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass be-eits mit dem kürzlich verabschiedeten Europarechtsan-assungsgesetz Bau umfangreiche umweltrechtlicheegelungen in das Baurecht einschließlich des Städte-aurechts aufgenommen wurden. Da das so ist, lehnteine Fraktion die vorgeschlagenen Maßnahmen ab.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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14470 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005
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Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Spanier,
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!Aus drei Gründen halte ich die abendliche Debatte fürwichtig:
Ich halte sie erstens für wichtig, weil sie zeigt, dass wiruns sorgfältig mit europäischen Vorhaben auseinandersetzen. Ich glaube, das ist von Bedeutung und sollte inallen Bereichen so sein. Ich halte sie zweitens für wich-tig, weil sie zeigt, dass wir das rechtzeitig tun, zu einemZeitpunkt, zu dem es noch keine Vorschriften bzw.Richtlinien aus Europa gibt, die wir dann umsetzen müs-sen. Ich halte sie drittens für wichtig – das möchte ichausdrücklich betonen –, weil wir uns alle, also alle Frak-tionen im Deutschen Bundestag zusammen mit der Bun-desregierung und dem Bundesrat, in der Sache einigsind; das ist das Entscheidende.Die Zielsetzung der Europäischen Kommission hatHerr Staatssekretär Achim Großmann vorhin erläutert.Ich möchte, so wie es gerade Frau Eichstädt-Bohlig ge-tan hat, ausdrücklich unterstreichen: In der Sache haltenwir diese Zielsetzung für richtig. Sowohl in Europa alsauch in der Bundesrepublik Deutschland betreiben wireine Stadtentwicklungspolitik unter dem Leitbild derNachhaltigkeit. Daran gibt es nichts zu deuteln. Deswe-gen spricht nichts dagegen, dass Europa in die gleicheRichtung denkt. Es spricht nichts dagegen, dass mögli-cherweise Empfehlungen entwickelt werden. Es sprichtnichts dagegen, dass es einen Austausch zwischen denKommunen der einzelnen Mitgliedstaaten über dieseThematik gibt.Das Vorhaben der Europäischen Kommission geht je-doch weiter. Das Übel liegt in den konkreten Absichten.
Es sind gesetzliche Vorschriften zur Erstellung von Um-weltmanagementplänen für alle Hauptstädte und alleStädte mit mehr als 100 000 Einwohnern und Berichts-pflichten geplant.
Nichts gegen Umweltmanagement; das ist sicherlichein vernünftiges Instrument. Aber warum muss dies aufeuropäischer Ebene vorgeschrieben werden und warummüssen Berichte erstattet werden?
Ich nenne nur den Plan zum nachhaltigen städtischenNahverkehr. Wir wollen nichts anderes. Deswegenfreuen wir uns auch, dass die Europäische Kommissiondies für richtig hält. Aber wir sind gegen eine Berichts-pflicht der Kommunen gegenüber Brüssel, gegen einenBhzmücwwwvdnwdwmGWldKprrssivlUmglukpatlADAdVg
ir wollen keine überflüssigen EU-Vorgaben. Wir wol-en keine überflüssigen bürokratischen Kontrollen durchie EU. Es ist unsere ganz klare Position: Es gibt keineompetenz der Europäischen Union in der Städtebau-olitik. Hier wird eindeutig der Grundsatz der Subsidia-ität verletzt; das ist bereits gesagt worden.Das heißt aber nicht, dass wir grundsätzlich gegen eu-opäische Richtlinien sind. Das haben wir auch bewie-en, indem wir gemeinsam mit dem Europarechtsanpas-ungsgesetz europäische Vorgaben fachpolitisch gezieltn nationales Recht umgesetzt haben. Ich denke, das warernünftig. Genauso sind wir beim UVP-Gesetz und zu-etzt bei dem Gesetz zur Einführung der Strategischenmweltprüfung verfahren, obwohl wir da keine Ge-einsamkeit erzielt haben – das sei hier aber nur er-änzt.Das Entscheidende ist – das ist das gemeinsame An-iegen aller drei Entschließungsanträge –, dass wir diesenterschwellig – ja, ich würde schon sagen: offen-undig – angestrebte Kompetenzerweiterung der Euro-äischen Union im Bereich der Stadtentwicklungspolitikblehnen.
Noch einmal: Die inhaltlichen Ziele, die hier disku-iert werden, sind durchaus vernünftig. Manchmal ge-ingt es jedoch einfach nicht, zu einem gemeinsamenntrag zu kommen.
ie Akzentsetzung ist vielleicht etwas unterschiedlich.ber das sollte uns nicht hindern, gemeinsam der Bun-esregierung den Rücken zu stärken, damit bereits imorfeld verhindert wird, dass im Sommer 2005 das um-esetzt wird, was die Kommission hier vorhat.Herzlichen Dank.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 154. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Januar 2005 14471
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Wolfgang Spanier
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
Kollege Klaus Hofbauer, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und
Kollegen! Herr Spanier, da wir uns in den Sachfragen so
einig sind, sollten wir uns auch in dem entscheidenden
Punkt einig sein,
dass diese Dinge nicht in Brüssel geregelt werden sollen,
dass wir vielmehr national versuchen sollten, diese
Ideale und Ziele umzusetzen.
Wir bemühen uns zurzeit, eine gemeinsame Verfas-
sung zu verabschieden. Zu den Zielen dieser Verfassung
gehört unter anderem eine klare Kompetenzabgren-
zung, eine Beschränkung der europäischen Regelungs-
wut. Dieser Kommissionsvorschlag widerspricht jedoch
allen Idealen der zukünftigen Verfassung. Deswegen
müssen wir verhindern, dass dieser Vorschlag in Kraft
tritt.
Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig, erlauben Sie mir,
eine Bemerkung zu dem zu machen, was Sie gesagt ha-
ben. Sie haben unter anderem angesprochen, dass die
Strukturpolitik bei dieser Initiative eine entscheidende
Rolle spiele. Aber eines muss uns bewusst sein – hier
herrscht zum Teil in diesem Hause Einigkeit –: Wir wol-
len die Zahlungen nach Brüssel reduzieren. Wir wollen
nicht erst die Gelder nach Brüssel überweisen, um dann
auf Umwegen mit vielen Auflagen ein paar Cent zurück-
zubekommen. Gerade das Argument der Strukturpolitik
spricht ganz entschieden gegen diesen Kommissionsvor-
schlag, den wir mit allen Mitteln ablehnen sollten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube
feststellen zu dürfen, dass wir bereits national so viele
Regelungen, so viele Vorschläge, Gesetze und Verord-
nungen haben, dass man diese Ideale auch mit unseren
Regelungen umsetzen kann.
Wenn Stockholm ein gutes Beispiel ist, warum müssen
wir es in ganz Europa regeln? Wir wollen keinen europäi-
schen Einheitsbrei, insbesondere nicht in der Kommu-
nalpolitik, insbesondere nicht auf der untersten Ebene.
Wir wollen Vielfalt und Entfaltungsmöglichkeiten der
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ommunen, die wir durch einen solchen Vorschlag ganz
ewaltig einschränken würden.
Ich möchte meine Redezeit nicht in Gänze beanspru-
hen. Wir sollten alles daran setzen, die Ideale dieser
erfassung, die wir in Zukunft haben werden, durchzu-
etzen. Deswegen sollten wir verhindern, dass dieser
ommissionsvorschlag in Kraft treten kann.
Danke schön.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu der
nterrichtung durch die Bundesregierung über eine Mit-
eilung der EU-Kommission zur Entwicklung einer the-
atischen Strategie für städtische Umwelt, Druck-
ache 15/4280. Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis
er Unterrichtung durch die Bundesregierung eine Ent-
chließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
ält sich der Stimme? – Das Erste war die Mehrheit.
amit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der
oalition angenommen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, interfraktio-
ell ist vereinbart, die heutige Tagesordnung um die
eratung einer Beschlussempfehlung des Ausschusses
ür Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu
inem Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines
trafverfahrens zu erweitern und diese jetzt sofort als
usatzpunkt 5 – wie üblich ohne Aussprache – aufzuru-
en. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist offenkundig
er Fall. Dann ist das so beschlossen.
Ich rufe also diesen Zusatzpunkt 5 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung
Antrag auf Genehmigung zur Durchführung
eines Strafverfahrens
– Drucksache 15/4775 –
Wir kommen sofort zur Abstimmung. Der Ausschuss
ür Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
mpfiehlt in seiner verteilten Beschlussempfehlung auf
rucksache 15/4775, die Genehmigung zur Durchfüh-
ung eines Strafverfahrens zu erteilen. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstim-
ig angenommen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen
undestages auf morgen, Freitag, den 28. Januar 2005,
Uhr, ein.
Ich wünsche Ihnen allen noch einen schönen Abend.
Die Sitzung ist geschlossen.