Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 263. Sitzung des Deutschen Bundestages und begrüße alle anwesenden Abgeordneten.
Ich bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach der Abgeordnete Aumer für sechs Wochen wegen Krankheit, der Abgeordnete Dr. Königswarter für vier Wochen wegen Krankheit, der Abgeordnete Gerns für vier Wochen, der Abgeordnete Dr. Dr. Müller für drei Wochen, der Abgeordnete Dr. Pünder für drei Wochen, der Abgeordnete Birkelbach für zwei Wochen und der Abgeordnete Dr. Nölting für zwei Wochen, alle wegen dienstlicher Inanspruchnahme.
Meine Damen und Herren, ich unterstelle, daß das Haus mit der Erteilung des Urlaubs, soweit er über eine Woche hinausgeht, einverstanden ist. — Das ist der Fall.
— Herr Professor Nölting ist offensichtlich da.
— Ab morgen, Herr Professor, jawohl; wird notiert.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Dr. Dresbach, Lausen, Gibbert, Dirscherl, Gockeln, Dr. Sem ler, Pelster, Dr. von Brentano, Volkholz, Wönner, Dr. Reismann, Dr. Horlacher, Dr. Baur , Wagner, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Dr. Bartram (Schleswig-Holstein), Wallner, Reimann, Frau Strohbach, Rische, Harig und Dr. Schmid (Tübingen).
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Fassbender, Frau Wessel, Dr. Blank , Lemmer, Even, Dr. Veit, Höfler, Neumann, Mauk, Bauknecht, Schulze-Pellengahr, Kriedemann, Frau Thiele und Dr. Schöne.
Danke schön. Meine Damen und Herren, weiterhin habe ich die Freude, dem Herrn Abgeordneten Wittenburg zum 62. Geburtstag, den er am 2. Mai gefeiert hat, und dem Herrn Abgeordneten Hagge zum 60. Geburtstag, den er am 4. Mai gefeiert hat, Glückwünsche auszusprechen.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amtes hat unter dem 28. April 1953 die Kleine Anfrage Nr. 332 der Fraktionen der FDP, DP, FU betreffend Erklärung des Rates der Freien Tschechoslowakei vom 4. Juli 1952 — Drucksache Nr. 4235 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4309 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Arbeit hat unter dem 30. April 1953 die Kleine Anfrage Nr. 333 der Fraktion der SPD betreffend Verbesserung der Leistungen der Rentenversicherungen — Drucksache Nr. 4269 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4314 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 30. April 1953 die Frage 1 der Kleinen Anfrage Nr. 334 der Fraktion der SPD betreffend Einbeziehung von Berlinern in die Zusatzversorgungsanstalt des Bundes und der Länder sowie in die Zusatzkasse der Bundesbahnversicherungsanstalt — Drucksache Nr. 4270 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4315 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 28. April 1953 die Frage 2 der Kleinen Anfrage Nr. 334 der Fraktion der SPD betreffend Einbeziehung von Berlinern in die Zusatzversorgungsanstalt des Bundes und der Länder sowie in die Zusatzkasse der Bundesbahnversicherungsanstalt — Drucksache Nr. 4270 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4310 vervielfältigt.
Zur heutigen Tagesordnung habe ich folgendes zu sagen. In der Sitzung des Ältestenrats ist eine Verständigung darüber erzielt worden, daß in die Tagesordnung nach Punkt 2 aufgenommen wird die erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen des Hauses eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes, Drucksache Nr. 4311, und der dazu gestellte Antrag auf Umdruck Nr. 886. — Das Haus ist damit einverstanden.
Anschließend an diese Beratung soll dann Punkt 7, die zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung, behandelt werden.
Ich weise darauf hin, daß die nächste Fragestunde am Mittwoch, dem 3. Juni, stattfindet. Sperrfrist für eingehende Fragen: Freitag, der 29. Mai, 12 Uhr.
Auf Wunsch der Fraktion der SPD mit Zustimmung der übrigen Fraktionen des Hauses ist festgelegt worden, daß die morgige Plenarsitzung nicht um 9 Uhr, sondern um 10 Uhr beginnt. Ich bitte, freundlichst davon Kenntnis zu nehmen.
Damit, meine Damen und Herren, kann ich zur heutigen Tagesordnung kommen. Ich rufe zunächst auf den Punkt 1:
Erste Beratung des Entwurfs einer Verwaltungsgerichtsordnung und des Entwurfs eines Gesetzes über die Beschränkung der Berufung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Nr. 4278 der Drucksachen).
Die Regierung verweist auf die Ihnen vorliegende schriftliche Begründung in der Drucksache Nr. 4278. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine allgemeine Aussprache in der ersten Beratung zu verzichten. Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Angelegenheiten der Inneren Verwaltung zur Mitberatung zu überweisen.
— Sie sind mit der Überweisung einverstanden; diese Überweisung ist erfolgt.
Dann rufe ich auf den Punkt 2 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Fraktion der FU eingebrachten Entwurfs eines Kaffeesteuergesetzes (Nr. 4057 der Drucksachen);
h) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Kaffeesteuergesetzes ;
c) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Teesteuergesetzes .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, daß die Begründung der Gesetzentwürfe jeweils in 10 Minuten erfolgt und für die Aussprache insgesamt höchstens 60 Minuten verwandt werden. — Das Haus ist damit einverstanden. Wer wünscht, den Gesetzentwurf der Föderalistischen Union zu begründen? — Herr Abgeordneter Dr. Besold, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Föderalistische Union hat mit Drucksache Nr. 4057 den Entwurf eines Kaffeesteuergesetzes eingebracht. Dieses Problem ist ja nicht neu. Es hat den Bundestag bereits während seiner ganzen Arbeitsperiode beschäftigt, er konnte aber — wie dies auch bei manchen anderen Gesetzesproblemen der Fall ist — dieses Problem und die damit zusammenhängenden Fragen bisher nicht zufriedenstellend lösen.
Die Kaffeesteuersenkung wurde schon im Jahre 1950 durch einen Antrag der Bayernpartei und einen Antrag der SPD aufgerollt. Sie beschäftigte dann den Bundestag. Es kam eine gemeinsame Entschließung der Parteien des Finanz- und Steuerausschusses des Bundestags zustande, die darauf hinauslief, daß die Bundesregierung ersucht wurde, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Auch dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung hat lange auf sich warten lassen, und erst auf eine erneute Interpellation der Bayernpartei und des Zentrums hat dann auch die Bundesregierung Veranlassung genommen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, nachdem der Bundestag ersucht hatte, die
Kaffeesteuer von 10 bzw. 13 DM auf 5 bzw. 6,50 DM für 1 kg — also auf die Hälfte der bisherigen Sätze — herabzusetzen.
Wie gesagt, die Bundesregierung ist diesem Ersuchen nachgekommen, und der Gesetzentwurf ist dann dem Bundesrat vorgelegt worden . Dort wurde er in der 98. Sitzung am 18. und 19. Dezember 1952 behandelt. Der Berichterstatter des Finanzausschusses des Bundesrats hat namens des Ausschusses empfohlen, diesen Gesetzentwurf abzulehnen. Diese Ablehnung wurde durch Staatssekretär Dr. Ringe 1m a n n — den Berichterstatter — wie folgt begründet:
Das Bundesfinanzministerium sieht keine Deckung des Ausfalles. Nach den Angaben des Herrn Bundesfinanzministers würde der Ausfall 225 Millionen DM ausgemacht haben. Es kann nicht erwartet werden, daß der Ausfall durch erhöhten Verbrauch und das Zurückdrängen des zur Zeit noch sehr umfangreichen Schmuggels in Kaffee auch nur annähernd ausgeglichen werden kann.
Das war die Stellungnahme des Finanzausschusses des Bundesrats.
Demgegenüber hat aber — wie ja auch in der Wirtschaft völlig andere Auffassungen über dieses Problem bestehen — der Wirtschaftsausschuß des Bundesrats eine ganz konträre Auffassung bekanntgegeben. Er hat im Gegensatz zum Finanzausschuß vorgeschlagen, daß eine über den Regierungsentwurf hinausgehende Steuersenkung auf 3 bis 4 DM erfolgen müsse. Der Wirtschaftsausschuß des Bundesrats ist nämlich der Ansicht, daß dadurch der Schmuggel und der illegale Kaffeehandel ausgeschaltet werden würden. Der Berichterstatter des Wirtschaftsausschusses hat nach dem Sitzungsprotokoll die Ansicht des Wirtschaftsausschusses des Bundesrats wörtlich so wiedergegeben:
Der legale Konsum wird nur im Falle einer kräftigen Preissenkung steigen und schließlich auch den Einnahmeausfall ausgleichen.
Wenn also zwei derartig bedeutende Institutionen des Bundestages hier solch konträre Auffassungen vertreten, dann sieht man, daß das Problem noch nicht gelöst ist. Es muß aber gelöst werden, weil mit der Senkung der Kaffeesteuer auch andere Probleme engstens zusammenhängen.
Eines steht fest: daß der Herr Bundesfinanzminister schon bei der Debatte im Jahre 1950 der Ansicht war, den unerhörten Beeinträchtigungen der Wirtschaft, des Handels und auch der Steuerquellen des Staates müsse durch eine Bekämpfung des Schmuggels begegnet werden. Er war aber damals der Auffassung, daß Verwaltungsmaßnahmen, also ein verstärkter Einsatz von Polizeikräften und Verwaltungsmaßnahmen, allein ausreichen würden. Aus der soeben verlesenen Erklärung des Berichterstatters Ringelmann im Bundesrat geht aber hervor, daß noch im Dezember 1952 festgestellt worden ist, daß der Schmuggel in Kaffee durch erhöhte Anwendung von Verwaltungsmaßnahmen keineswegs in bedeutender Weise zurückgedrängt werden konnte. Somit bleibt nach wie vor die Tatsache bestehen, daß die Bevölkerung ihren Kaffeebedarf zum großen Teil auf dem Schwarzen Markt deckt und der Schmuggel durch Verwaltungsmaßnahmen allein nicht zu bekämpfen ist. Diese Maßnahmen sind als gescheitert anzusehen. Das Problem ist also, die in den Schwarzmarkt fließenden
Gelder in den legalen Markt und damit auch in die
Finanz- und Steuerkassen des Staates umzulenken.
Der Schmuggel bedeutet aber weiterhin auch eine schwere Beeinträchtigung der ehrlichen Produktion und des ehrlichen Handels. Er hat somit auch erhebliche Ausfälle an sonstigen Steuern, z. B. der Einkommensteuer, der Gewerbesteuer, der Umsatzsteuer usf. zur Folge, wie ja auch aus dem Mündlichen Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen vom 16. Mai hervorgeht. Die illegale Einfuhr des Kaffees bedeutet ferner auch eine starke Beeinträchtigung unserer mittelständischen Wirtschaft, insbesondere der gastronomischen Betriebe und der Einzelhandelsunternehmungen. Es muß also unter allen Umständen ein wirkungsvoller Schutz der steuerehrlichen Handelszweige und ein Schutz des Verbrauchers geschaffen werden, denn das ungelöste Problem führt durch den Schmuggel zu einer Senkung der Steuerkraft. Würde dagegen die Steuer gesenkt werden, dann würde auf der anderen Seite auch eine Verbesserung der Kaufkraft der Bevölkerung herbeigeführt.
Ich möchte darauf hinweisen, daß der Kaffee keineswegs — wie der Herr Bundesfinanzminister in einer Debatte einmal angedeutet hat - ein reines Genußmittel ist. Der Kaffee gehört heute genau so wie viele andere lebenswichtige Getränke zur Lebenshaltung des Volkes, auch des kleinen Mannes, der an diesem Lebensmittel zur Zeit nur teilhaben kann, wenn er den Boden des Rechts verläßt und seinen Bedarf auf dem illegalen Markt deckt, wo er den Kaffee zu dem seinem Einkommen entsprechenden Preis erhalten kann.
Im übrigen möchte ich Sie noch auf einige Zahlen hinweisen. Man glaubt immer, man könnte den Verbauch des Kaffees nicht so steigern, daß die im Steueraufkommen entstehenden Ausfälle gedeckt werden könnten. Zur Zeit beträgt der Verbrauch an legal eingeführtem Kaffee pro Kopf der Bevölkerung 850 gr im Jahr, das sind 212 Tassen pro Jahr, also noch nicht eine Tasse pro Kopf und Tag. Die statistischen Ergebnisse aus früheren Zeiten ergeben folgendes Bild: Der Verbrauch im Reichsgebiet betrug im Jahre 1938 2200 gr pro Kopf oder 550 Tassen Kaffee pro Kopf und Jahr. Wenn mit einer bedeutenden und einschneidenden Senkung der Kaffeesteuer erreicht werden kann, daß der Kaffeebedarf auf dem legalen Markt gedeckt wird, ist also eine Erhöhung der Einnahmen für den Staat zu erwarten. Dieser Ansicht ist nicht nur der Schreiber dieses Artikels, den ich hier vor mir habe, sondern auch das Wirtschaftsministerium hat diese Auffassung schon in einem Schreiben von 1950 vertreten, und sie ist erst neuerdings in einer Stellungnahme des Wirtschaftsausschusses des Bundesrats im Dezember vergangenen Jahres zum Ausdruck gekommen.
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Einen Augenblick noch, bitte.
Der Antrag der Föderalistischen Union und der Gesetzesantrag der SPD mögen vielleicht verschiedene Wege vorsehen, jedenfalls zielen sie auf die Lösung des Problems ab, woran bisher der Bundestag und die Bundesregierung vorbeigegangen sind. Wir sind der Ansicht, daß diese Frage noch, in
ser Session einer Lösung zugeführt werden muß,
weil sowohl der Verbraucher, insbesondere der kleine Mann, als auch die Wirtschaft, vor allem die mittelständische, schwersten bedroht sind, wenn das Problem ungelöst bleibt. Außerdem kann die Steuer- und Wirtschaftsmoral nur bei einem starken Eingriff, nämlich mit einer ganz erheblichen Herabsetzung der Kaffeesteuer gebessert werden.
Ich glaube, daß auch ein psychologisches Moment dafür spricht, der breiten Öffentlichkeit den Kaffeeverbrauch zu erleichtern. Die Kollegen, die mit der deutschen Delegation in der Türkei waren, werden mir bestätigen, daß mit einem Täßchen Kaffee nicht nur in der Familie, sondern auch innerhalb der Verwaltung freundschaftliche Beziehungen gepflogen werden.
Es wurde uns ein altes türkisches Sprichwort gesagt: „Ein Täßchen Kaffee dauert vierzig Jahre". Das heißt, man kann mit einer kleinen Höflichkeit echte und langdauernde Freundschaft anknüpfen. In Bayern haben wir ja dafür das Bier als entsprechendes Getränk. Wir wünschen, daß der Kaffee es auf der Bundesebene wird.
Zur Begründung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Kaffeesteuer Frau Abgeordnete Lockmann.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Seit 1950 bemüht sich die SPD durch die Stellung von Anträgen um die Senkung der Kaffee- und Teesteuer. Immer wieder haben sich Hindernisse aufgetan, so daß es nicht zu der gewünschten Senkung der Kaffee- und Teesteuer gekommen ist. Der letzte Antrag ist im vorigen Jahr gestellt worden. Der Ausschuß für Finanzen und Steuern hat als Ergebnis der Beratung den Vorschlag gemacht, die Bundesregierung zu ersuchen, dem Bundestag beschleunigt Gesetzentwürfe zur Senkung der Kaffee- und Teesteuer vorzulegen. Bei der Behandlung im Bundestag hat dann der Finanzminister mit der Drucksache Nr. 3829 erklärt, daß er zusammen mit dem Haushaltsgesetz für das Jahr 1953 im Monat November dem Bundeskabinett ein entsprechendes Gesetz vorlegen würde. Diese Gesetzesvorlage hat nun im Kabinett so lange geschmort, und wir haben noch nichts davon gehört, daß wir uns jetzt für verpflichtet halten, selbst Gesetzentwürfe einzubringen, um die Rechte des Parlaments, das ja die Vorlage gefordert hatte, zu wahren. So haben wir die beiden Initiativanträge Drucksachen Nrn. 4266 und 4267 gestellt, die später noch eingehend zu begründen sind.
Zur Begründung des Gesetzentwurfs betreffend Teesteuer Herr Abgeordneter Peters. — Wünscht nicht zu begründen; spricht für sich — aus dem Teetrinkerbezirk!
Meine Damen und Herren, die Gesetzentwürfe sind begründet. Ich eröffne die Aussprache. Wer wünscht das Wort? — Herr Abgeordneter Gundelach.
Meine Damen und Herren! Die mit den vorliegenden Anträgen beabsichtigte Senkung der Kaffee- und Teesteuer wird von meiner Fraktion unterstützt, wenngleich wir hier zum Ausdruck bringen, daß wir Kommunisten grundsätzlich gegen jede Besteuerung von Kaffee und Tee sind. Es ist bekannt, daß die Finanzpolitik der Regierung sich in den Einnahmen im wesentlichen auf die Besteuerung von Massenkonsumgütern aufbaut, auf Steuern, die zum größten Teil von der minderbemittelten Bevölkerung getragen werden müssen. Auf der Grundlage dieser volksfeindlichen Steuerpolitik zahlen selbst Rentenbezieher und Arbeitslose mit ihrem geringen Einkommen für Konsumgüter gleich hohe Steuern wie z. B. Personen mit sehr hohem Einkommen, ja Personen, die selbst Einkommen von Millionen im Jahr zu verzeichnen haben. Das hat mit der so viel gepriesenen Steuergerechtigkeit, von der Herr Finanzminister Schäffer hier in der Vergangenheit so oft gesprochen hat, nicht das geringste zu tun.
Die Kaffee- und Teesteuer gehört zu den ungerechtesten Steuern und wird daher von meiner Fraktion bekämpft.
Aus diesem Grunde unterstützen wir Kommunisten alle Anträge, die eine Senkung der Steuer für Kaffee und Tee zum Ziele haben.
Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.
— Frau Abgeordnete Lockmann!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es geht noch immer um die von der Sozialdemokratie seit 1950 geforderte Senkung der Kaffeesteuer.
— Es sollte so sein. — Als im Herbst vorigen Jahres der Bundestag wieder einmal eine Kaffeedebatte erlebte, bei der die Vertreter aller Parteien gebührend herausstellten, daß es sich hierbei um ein Volksgetränk und nicht um ein Genußmittel handle, und schließlich bei nur wenigen Stimmenthaltungen die Bundesregierung aufforderten, beschleunigt die Kaffeesteuer zu senken, machte man sich draußen Hoffnungen, daß der Kaffee nun wirklich endlich billiger und damit auch dem kleinen Mann zugänglicher werden würde. Der Herr Finanzminister Schäffer hat dann aber diese Vorfreude sehr bald zerstört. Er erklärte, er werde zwar nach dem nahezu einstimmigen Beschluß des Bundestags einen Gesetzentwurf zur Senkung der Kaffeesteuer vorlegen müssen; doch könne er das nur gleichzeitig mit dem nächsten Haushaltsgesetz tun, und selbstverständlich müßte dann der entsprechende Einnahmeausfall — der Minister bezifferte ihn auf 160 Millionen — bei den anderen Haushaltspositionen eingespart werden.
Die darin zum Ausdruck gekommene Ablehnung der Bundesregierung gegenüber dem kaffeefreundlichen Beschluß des Bundestags quittierte der Mann auf der Straße mit der treffenden Handbewegung: „Alles kalter Kaffee!" Wieder einmal war man nämlich in der Frage der leidigen Kaffeesteuer keinen Schritt weitergekommen. Den Profit daraus zog allein der Kaffeeschmuggel, den das Bundesfinanzministerium noch auf rund 20 000 t schätzt. Weiter florierte also schwarzer Kaffee. Nur ein Zehntel Schmuggelkaffee kann, wie hierzu bemerkt werden muß, vom Zoll beschlag-
nahmt werden, falls der Zoll nicht, wie seinerzeit bei Aachen, mit 15 von 25 Zöllnern einer Aufsichtsstelle selbst an dem Schmuggel beteiligt ist. Der Herr Finanzminister sollte vor allem bedenken, daß eine weitere Restriktion des Kaffeekonsums durch eine überhöhte Verbrauchsteuer letzten Endes auch auf eine Drosselung des deutschen Exports hinauslaufen würde, und zwar mit allen sich ergebenden negativen Folgen. Für den Etat und die gesamte Volkswirtschaft ist hierbei besonders an die Handelsbeziehungen zwischen Lateinamerika und der Bundesrepublik zu denken, da doch der Export darunter leidet, daß die Kaffeesteuer viel zu hoch ist. Zu diesem Punkte wäre es aber auch wichtig, einmal den Herrn Wirtschaftsminister zu hören, der sicherlich auch einen Teil Beweismaterial für diesen Zustand geben könnte. Beide Handelspartner sind lieferfähig und lief erwillig, und Deutschland lieferte auch bisher in dem in den Handelsverträgen vorgesehenen Umfang, nimmt aber von Brasilien den entsprechenden Kaffee nicht ab und hat infolgedessen in Brasilien bereits einen Aktivsaldo zu verzeichnen, so daß Brasilien demnächst seine Schulden in freien Dollars abdecken müßte. Aber auch Dollars sind dort knapp. Wer mit Brasilien einen Handelsvertrag schließt mit dem Ziel, Lieferungen und Bezüge auf höherem Niveau auszugleichen, muß das abnehmen, was das Land zu bieten hat, eben Kaffee.
Wenn wir auch nicht verkennen wollen, daß 160 Millionen DM ein Betrag sind, mit dem jeder Finanzminister sehr wohl rechnen muß, so ist diese Summe, gemessen an dem Bundesetat, der mit 27,2 Milliarden DM abschließt, doch eine nicht allzustark ins Gewicht fallende Position. Auffällig ist nämlich, daß der Bundesfinanzminister in dieser Hinsicht durchaus nicht so zimperlich war, als er kürzlich die Öffentlichkeit mit einem ganzen Strauß von Steuervergünstigungen überraschte, ohne deren Auswirkung ebenso pedantisch auszurechnen wie die einer Kaffeesteuersenkung. Gewiß, das sollte ein Wahlgeschenk sein, wenn auch nur an die Adresse der großen Einkommensbezieher. Aber gerade deswegen; und ich habe beim vorigen Mal in der Begründung gesagt: bei 850 Millionen DM Verteidigungsbeitrag im Monat, die jetzt 950 Millionen DM betragen sollen, darf man sich nicht allein auf überhöhte Verbrauchsteuern stützen; denn dann werden diese Verbrauchsteuern in Deutschland wirklich als festgeschriebene Steuern zu bezeichnen sein.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. — Doch; Herr Abgeordneter Peters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nur mit der Drucksache Nr. 4267 beschäftigen. Das ist die Vorlage der SPD: Entwurf eines Teesteuergesetzes. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß die Frage der Teesteuersenkung und der Kaffeesteuersenkung in diesem Hause schon eine lange Geschichte hat. Der Herr Finanzminister hat es trotz aller Vorlagen und aller Anträge, Interpellationen und Beschlüsse des Ausschusses für Finanz- und Steuerwesen verstanden, die Vorlage solcher Gesetzentwürfe von Mai 1950 bis zum 28. Dezember 1952 zu verzögern, und nach der Vorlage und nach der Zustimmung des Bundesrats zu dem Teesteuergesetz hat er diese eigene Vorlage in seinem Schreibtisch verborgen gehalten. Anfang des vergangenen Monats wurde nun in der Presse groß verkündet, die Regierungsparteicn hätten jetzt eigene Gesetzentwürfe für die Senkung der Kaffee- und der Teesteuer vorgelegt, und die sozialdemokratische Opposition bliebe freundlichst aufgefordert, diesen Anträgen zuzustimmen. Nun, die Dinge sind etwas anders gelaufen. Die SPD-Fraktion hat das getan, was man auf der anderen Seite anscheinend doch nicht tun durfte. Die SPD hat die entsprechenden Gesetzentwürfe vorgelegt, und die Damen und Herren der Regierungskoalition sind nunmehr von uns aufgefordert, uns e r en Anträgen zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, wenn man überall in der Welt, in China, in Italien, Japan, England, Holland usw. seine Tasse Tee billig und billigst trinken kann, so sollte man nunmehr auch den Deutschen — vor allem den Ostfriesen an der Küste — diese Möglichkeit wieder geben.
Die steuerliche Belastung und damit der Preis für dieses Getränk ist unerträglich hoch. Während man 1921 den Tee mit 80 Pf. Zoll per Kilo belastet hatte,
werden heute 3,50 DM Zoll und 15 DM Steuer erhoben. Dabei möchte ich erwähnen, Herr Pelster, daß die Teesteuer erst 1949, also vor noch gar nicht so langer Zeit, als völlig neue Verbrauchsteuer eingeführt wurde.
Die heutige Endbelastung von 19,47 DM für ein Kilo Tee ist über 24mal so hoch wie in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg.
Es gibt nach unserer Überzeugung kein stichhaltiges Argument für die Beibehaltung dieser unsozialen Übersteuerung. Der Genuß von Tee kann nicht als ein Luxus betrachtet werden, der mit einer abschreckenden Steuer- und Zollast geahndet werden müßte. Der starke Verbrauch von Tee in England, Holland und Ostfriesland weist ja schon darauf hin, daß das naßkalte Küstenklima den Genuß geradezu erforderlich macht. Man darf aber weder den sozial Schwachen durch zu hohe Steuern vom Teetrinken ausschließen, noch kann man den Teetrinker allgemein für jede Tasse dieses doch wirklich köstlichen Getränkes, die er zu sich nimmt, finanziell bestrafen. Als unverdiente Strafe aber muß er es ansehen, wenn er heute für ein Kilo Tee bis zu 36 DM zahlt im Gegensatz zu 4 Mark nach dem ersten Weltkrieg.
Soviel ich unterrichtet bin, will der Herr Finanzminister nachweisen, daß die Teesteuer aus Gründen der Schmuggelbekämpfung nicht gesenkt zu werden brauche. Wir werden im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen Gelegenheit haben, seine Zahlen und Argumente näher zu untersuchen. Aber, Herr Finanzminister, Sie können heute sehr schlecht mit dem Argument des Einnahmenausfalls gegen die Steuersenkung auftreten. Dem Hohen Hause liegt gerade heute der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung" vor. Die darin enthaltene Tabelle zeigt, daß Sie zwar auch den kleinen Einkommen geringe Steuererleichterungen gewähren wollen, aber bei den großen
Einkommen auf hohe Steuerbeträge verzichten, ohne daß ein triftiger Grund dafür gegeben ist. Sie setzen damit Ihre Politik der Begünstigung der Bezieher großer Einkommen fort und wollen sowohl bei der Frage der Teesteuer wie bei der Kaffeesteuer wiederum dem kleinen Mann durch die Verhinderung der Senkung eine echte Hilfe nicht gewähren. Im übrigen ist es auch so, daß man bei einer drastischen Senkung der Teesteuer von 15 DM auf 3 DM, wie wir es beantragt haben, mit mehr als einer Verdoppelung des legalen Konsums rechnen darf.
— Doch, man rechnet mit einem illegalen Absatz von 50 bis 60 % des gesamten Konsums! — Der Steuerertrag bleibt auch dann zwar geringer als bisher, aber der Ertrag aus der Verzollung vergrößert sich um mehr als das Doppelte. Zunehmen werden selbstverständlich auch die Erträge aus der Lohn-, Gehalts-, Einkommen- und Körperschaftsteuer und aus anderen Steuern. Eine Steuersenkung wird ebenfalls sehr günstige wirtschaftspolitische Ergebnisse zeitigen. Mit der erhöhten Einfuhr von Tee werden erhöhte Ausfuhren nach Indien, Ceylon usw. verbunden sein. Aus diesen Gründen tritt sowohl das Bundesministerium für Wirtschaft als auch der Wirtschaftsausschuß des Bundesrates für eine Senkung der Teesteuer auf 3 DM ein.
Ich habe in meinen heutigen Ausführungen bewußt auf die Argumente der Schmuggelbekämpfung verzichtet. Ich glaube aber doch darauf hinweisen zu müssen, daß die Besatzungsangehörigen als Teil ihrer Löhnung nach wie vor übergroße Mengen an Kaffee, Tee usw. beziehen. Schon aus diesem Grunde muß man immer noch mit einem außerordentlich starken Schmuggel rechnen, der nur bekämpft werden kann, wenn man zu einer drastischen Steuer- und Preissenkung kommt.
Ich bitte Sie, der Überweisung des von meiner Fraktion vorgelegten Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung. Es ist beantragt worden, die Gesetzentwürfe dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zu überweisen. Ich glaube, daß man auch die Überweisung an den Haushaltsausschuß vorsehen muß.
— Eben das habe ich vorweggenommen, Herr Abgeordneter Jaffé.
— Ja, das ist manchmal notwendig, Herr Abgeordneter Altmaier. — Ich darf also unterstellen, meine Damen und Herren, daß Sie mit der Federführung des Finanz- und Steuerausschusses und der Mitberatung durch den Haushaltsausschuß einverstanden sind. Ist das der Fall? — Ich stelle das fest. Damit ist der Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe den eingeschobenen Punkt auf:
Erste, zweite und dritte Beratung des von
den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP,
DP, FU eingebrachten Entwurfs
eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, für die allgemeine Aussprache in der dritten Beratung, falls sie gewünscht wird, eine Redezeit von 60 Minuten vorzusehen. Wird das Wort zur ersten Beratung gewünscht?
— Meine Damen und Herren, es tritt der einmalige Vorgang ein, daß ein Gesetzentwurf in der ersten Beratung schon einen Berichterstatter hat. Ich bitte den Herrn Berichterstatter, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Plenum hat sich am 29. April 1953 an Hand der Drucksache Nr. 4230 mit dem Antrag der Föderalistischen Union beschäftigt, in dem die Bundesregierung ersucht wurde, dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die Lieferungen von und nach Mitgliedstaaten der Montan-Union an Erzeugnissen, die dem Vertrag unterliegen, von der Umsatzausgleichsteuer, der Umsatzsteuerfreiheit für Ausfuhrlieferungen und der Ausfuhrrückvergütung ausgenommen werden, sobald die Gegenseitigkeit gewährleistet ist. Der Antrag wurde zur beschleunigten Erledigung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen überwiesen. Die Ausschüsse haben die Vorlage am 30. April 1953 bearbeitet. Die Eilbedürftigkeit ergab sich durch die am 1. Mai 1953 in Kraft tretende Neuregelung eines gemeinsamen Marktes für Stahl unter den sechs Ländern der Montan-Union, mit der alle Beschränkungen für den Export und Import von Stahl, Eisen und Walzwerkerzeugnissen wegfallen müssen. In der Begründung zur Drucksache Nr. 4230 ist bereits darauf hingewiesen, daß die Hohe Behörde sich nicht für die Beseitigung von solchen Funktionsstörungen zuständig fühlt, die durch einzelstaatliche Steuern ausgelöst werden.
Die Ausschüsse sind einstimmig zu dem Beschluß gekommen, die Bundesregierung möge allgemein, allerdings befristet bis zum 30. Juni 1954, ermächtigt werden, das Umsatzsteuergesetz vom 16. Oktober 1934 gemäß Art. 1 der Drucksache Nr. 4311 zu ändern. Ich darf noch erwähnen, daß bei der Beschlußfassung die Berlin-Klausel übersehen wurde. Es liegt bereits ein interfraktioneller Antrag vor, der dies ergänzt.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe auf zur Einzelbesprechung Art. 1, Art. 2, Einleitung und Überschrift. — Keine Wortmeldung. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die überwiegende Mehrheit. Ist angenommen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Wird das Wort zur allgemeinen Aussprache in der dritten Beratung gewünscht?
- Herr Abgeordneter Ewers, der Änderungsantrag ist zur dritten Beratung gestellt worden.
Wird zur allgemeinen Aussprache das Wort gewünscht? — Bitte schön, Herr Abgeordneter
Kreyssig, im Rahmen der Redezeit von 60 Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie wissen aus der Debatte vom Mittwoch voriger Woche, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion den eingebrachten Antrag mitunterstützt hat und ihn heute auch gutheißt. Trotzdem halte ich es für angebracht, etwas, was der Kollege Preusker — den ich heute nicht im Saale sehe — an einem Beispiel vorgetragen hat, richtigzustellen, um für alle, die vielleicht zunächst über die Folgen des Schumanplans etwas zu leichtfertig oder unvollkommen nachgedacht haben, dieses Beispiel zahlenmäßig zu berichtigen.
Das Beispiel, das ich Ihnen gebe und aus dem erklärlich wird, warum wir dieses Gesetz hier beschließen müssen, hat einen großen Vorzug: es ist dem Beratenden Ausschuß der Montanbehörde vorgetragen worden, ist von der Hohen Behörde geprüft und für richtig befunden worden. Es gibt also seitens der obersten Instanz, die wir auf dem Sektor von Stahl und Kohle haben, keine Möglichkeit, das Beispiel anzufechten oder als falsch zu erklären.
Die Situation, in der wir stehen, solange das heute zu beschließende Gesetz nicht in Kraft tritt, ist die folgende: Wenn wir davon ausgehen, daß eine Tonne Stabstahl einen Grundpreis von 410 DM hat, dann bekommt der deutsche Exporteur bei der Ausfuhr dieses Stabstahls nach Frankreich eine Rückvergütung von 16,40 DM. Da nach dem Montanvertrag — Art. 4 — verboten ist, daß eine Rückvergütung, die der Exporteur bekommt, dem Käut fer nicht zugute kommt, muß also der deutsche Stahl in Frankreich mit 393,60 DM angeboten werden.
Nun wissen Sie hoffentlich aus der Debatte voriger Woche, daß wir, obwohl von einem „gemeinsamen" Markt gesprochen wird, die groteske Situation haben, daß der deutsche Stahl in dem Augenblick, wo er über die französische Grenze geht, in Frankreich mit 20 % Produktionssteuer belastet wird. Das heißt, die Tonne deutschen Stabstahls kommt in Frankreich auf 473,32 DM zu stehen.
Nun kommt das Gegenbeispiel, nämlich wenn französischer Stahl in die Bundesrepublik exportiert wird, wobei das „Exportieren" eben eine groteske Sache ist, wenn man vermeintlich einen gemeinsamen Markt hat, auf dem ein einheitlicher neuer schöner europäischer Geist herrschen soll. Von Frankreich nach Deutschland sieht die Gegenrechnung folgendermaßen aus, wenn ich wiederum 410 DM als Grundpreis zugrunde lege: Der Preis wird um 16 % Produktionssteuer in Frankreich verringert, die der französische Exporteur vom französischen Staat zurückbekommt und die er nun ebenfalls nach Art. 4 des Montanvertrags dem deutschen Käufer nicht anrechnen darf. Diese Preisreduktion das kann jeder nachrechnen — macht 65 DM aus. Das heißt also, der französische Stahl wird mit 345 DM in der Bundesrepublik angeboten. Wird er in der Bundesrepublik von deutschen Abnehmern gekauft, kommen darauf 6 % Umsatzausgleichsteuer, also 20,50 DM.
Damit haben wir auf dem Gemeinsamen Markt dieser angeblich so schön funktionierenden Europäischen Gemeinschaft die Situation, daß der deutsche Stahl mit dem gleichen Grundpreis wie der französische Stahl in Frankreich 473,32 DM kostet und der französische Stahl bei uns 365,50 DM. Es gehört wohl wenig Überredung und Phantasie dazu, sich klarzumachen, was das bedeutet. Es bedeutet, daß wir ohne das Gesetz, das wir heute beschließen, Gefahr laufen, in kurzer Zeit 30-, 40-, 50 000 arbeitslose Stahlarbeiter an der Ruhr zu haben. Ja, es bedeutet sogar, daß der deutsche Stahl am Hochofen, wenn er verhüttet ist, von der französischen Konkurrenz geschlagen wird, und zwar aus einem merkwürdigen Grund: Obwohl im Montanvertrag der richtige Grundsatz aufgestellt worden ist, daß es Diskriminierungen nicht mehr geben dürfe, wird hier infolge der Nichtveränderung der steuerlichen Methoden und Grundlagen zwar eine Diskriminierung aufgehoben, die entstanden wäre, wenn man jemandem einen Preis anrechnete, der einen erheblichen Teil Steuern enthielte, die man nachher in seine eigene Tasche zurückbekäme. Aber diese Methode der Aufhebung einer „Diskriminierung" bedeutet zugleich eine produktionsmäßige und konkurrenzmäßige Diskriminierung der gesamten deutschen Stahlindustrie.
Meine Damen und Herren, ich möchte mit allem Nachdruck erklären, daß die sozialdemokratische Opposition nur Besorgnis und Unruhe verspürt angesichts der Tatsache, daß nach diesem denkwürdigen 1. Mai, der für die Bundesrepublik eine besondere Bedeutung bekommen hat, der Schumanplan sich in solchem Maße gegen die Industrie in der Bundesrepublik auswirkt. Wir empfinden keinerlei Genugtuung darüber, daß wir Ihnen diese Entwicklung vor Jahr und Tag auseinanderzusetzen versucht haben, um Sie davor zu warnen, voreilig oder fahrlässig einen Vertrag zu unterschreiben, dessen Bestimmungen darauf abgestellt waren — und hier kommt der erste kleineuropäische Wechsel, den wir einlösen sollen —, die anderen Industrien zu bevorzugen und den an sich schon ungünstigen Stand der deutschen Montanindustrie noch zu verschlechtern.
Nachdem ich Ihnen das einwandfreie, von der Hohen Behörde geprüfte und für richtig befundene Zahlenexempel vorgetragen habe, möchte ich Sie noch darauf aufmerksam machen, daß wir in einem Spezialfall die groteske Situation haben, daß, ausgehend vom gleichen Grundpreis, der Preisunterschied zwischen deutschem Produkt in Frankreich und dem gleichen Spezialprodukt französischer Herkunft in der Bundesrepublik 230 DM pro Tonne ausmacht.
Nun weiß ich — vielleicht wissen es auch unsere Stahlindustriellen —, daß der Vorwurf erhoben wird, Professor Erhards Politik der freien Preise auf dem Stahlsektor habe dazu geführt, daß die deutschen Stahlpreise überhöht seien, also über dem Preis lägen, der, auch nach Weltmarktmaßstäben, angemessen sei. Aber selbst wenn man das mit einrechnet und zugibt, daß der deutsche Stahl vielleicht billiger hergestellt und verkauft werden könnte, als es bisher der Fall gewesen ist, wird jeder vernünftige Mensch, der denken und rechnen kann, einräumen müssen, daß so phantastische Preisspannen, wie ich sie an dem Beispiel aufgezeigt habe — nämlich beinahe 25 % des Wertes oder gar in einem Ausmaß von 230 DM pro Tonne —, unmögliche Relationen sind, die man nicht bestehen lassen kann. Wir haben also die Situation, daß der „gemeinsame" Markt durch die Steuermethoden und Steuersysteme der Länder völlig verschoben und durcheinandergebracht wird.
Daraus ergab sich für uns die Notwendigkeit — unser Sprecher hat es vorigen Mittwoch bereits gesagt —, in Sorge um die Menschen, die in der Stahlindustrie tätig sind, und um die Folgen, die sich aus solchen Preiserhöhungen bzw. Preisunterbietungen ergeben müssen, uns zu entschließen, diesem Gesetz zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie die Muße gehabt haben, zu lesen, was die Hohe Behörde in Luxemburg sich für die Eröffnung des Stahlmarktes ausgedacht hatte. Sie werden sich entsinnen, daß, als am 12. Februar der Gemeinsame Markt für Kohle eröffnet wurde, ein Zug mit deutschem Koks über die Grenze nach Frankreich rollte, und zwar in einem feierlichen Akt über eine Grenze rollte, die angesichts des Gemeinsamen Marktes eigentlich nicht mehr bestehen sollte. Der Zug war mit Fahnen geschmückt, und viele Leute, vor allem die Europa-Enthusiasten, haben erklärt: Wunderbar! Die Zollschranken sind gefallen! Was alle miteinander dabei übersehen haben, war die Tatsache, daß es für diese Ware gar keinen Zoll gab, so daß das Feiern des angeblich gefallenen Zolls somit ins Leere ging. Das ändert nichts daran, daß diese Maßnahmen im Schumanplan im Prinzip wirklich getroffen werden, und am 1. Mai ist allerdings jeglicher Zoll für Stahl und Roheisen und für die Walzwerksprodukte in Fortfall gekommen. Diesmal hat sich nun Herr Monnet eine prachtvolle Zeremonie ausgedacht. Er ist mit den Mitgliedern der Hohen Behörde, mit den Gesandtschaften, die bei ihm als dem „Ministerpräsidenten von Kohle und Stahl" akkreditiert sind, am Vorabend des 1. Mai in ein luxemburgisches Stahlwerk gefahren und hat dort feierlich das Zeichen zum Anstechen für das, wie er gesagt hat, erste europäische Roh, eisen gegeben. Das ist dann herausgeflossen, und als das erste Bruchstück einigermaßen abgekühlt war, haben die neun Mitglieder der Hohen Behörde feierlich symbolisch ihre Hände auf dieses noch warme Stück Roheisen gelegt. Den deutschen Vertretern wird es dabei siedeheiß gewesen sein — vermute ich; denn als der Markteröffnungs-Beschluß gefaßt wurde - trotz aller Überlegungen und Argumente, die man hinsichtlich der unmöglichen Steuer- und Rückvergütungsbedingungen vorgebracht hat —, haben sich die deutschen Vertreter der Stimme enthalten. Die Hohe Behörde hat also — Sie entsinnen sich vielleicht der Diskussion vor zwei Jahren — mit den berühmten übriggebliebenen sieben Stimmen beschlossen, daß der Gemeinsame Markt für Kohle und Stahl so eröffnet wird, wie er augenblicklich vorliegt und wie er ohne Korrekturen von uns aus eben dazu führen würde, daß die deutsche Stahlindustrie konkurrenzunfähig wird.
Was die meisten nicht gewußt haben, was aber die zwei oder drei Fachleute, die dabeigewesen sind, gesehen haben, war die groteske Tatsache, daß um des schönen Symbols willen der Hochofen zu früh angestochen wurde und das angeblich „europäische Roheisen" für die Produktion unbrauchbar war, so daß es am nächsten Tage als „Luxemburger Werkschrott" in den Hochofen zurückwandern mußte.
So kann es einem mit Symbolen ergehen! Ich fürchte, wir werden bei dem Schumanplan und seinen Wirkungen, wenn wir bei symbolischen Handlungen bleiben, ohne die europäischen Realitäten gründlich zu untersuchen, solche Pannen noch öfter erleben.
Was von dem feierlichen Akt übriggeblieben ist, sind ungefähr 300 bis 400 Aschenbecher von 5 Pfund Gewicht; die hat nämlich jeder Teilnehmer aus diesem ersten Stück unbrauchbaren, angeblich europäischen Roheisens als Erinnerung bekommen.
Nun, meine Damen und Herren, wir hätten uns als Sozialdemokraten einen besseren Start für die Eröffnung des gemeinsamen Marktes für Roheisen, Stahl und Walzwerkerzeugnisse gewünscht. Wir bedauern für die Bundesrepublik und nicht zuletzt für Europa, daß es jetzt dazu gekommen ist, daß wir mit steuerlichen Maßnahmen eine Aktion durchführen müssen, weil der Hohen Behörde die höhere Einsicht gefehlt hat, — um nicht von wirtschaftlicher Unvernunft auf Grund eines Vertragstextes zu sprechen, der solche Unvernunft erlaubt. Wir bedauern, daß es für Europa keinen besseren Start gegeben hat als den heutigen, der uns veranlaßt, dieses Gesetz zu machen und ihm zuzustimmen.
Keine weiteren Wortmeldungen; ich schließe die allgemeine Besprechung.
— Herr Abgeordneter Niebes, bitte! — Meine Damen und Herren, ich empfehle doch, die Wortmeldungen rechtzeitig abzugeben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn nicht die Fehler der Politik, die hier gemacht wird, immer wieder zu Lasten der Arbeitnehmer gingen, dann könnte man jetzt vielleicht mit einer gewissen Ironie feststellen, daß Sie sich mit Ihrem Schumanplan selber in Schwierigkeiten bringen und festrennen. Meine kommunistischen Freunde und ich, wir sind von Anfang an, wie Sie wissen, gegen diesen Plan gewesen und haben ohne prophetische Gabe, von der vorhin wiederholt die Rede gewesen ist, festgestellt, daß sich dieser Plan zum Schaden des deutschen Volkes auswirken wird. Jetzt, nachdem er kaum in Kraft getreten ist, stellen sich bereits solche Fehler und Mängel heraus, die von einer katastrophalen Wirkung auf unsere Wirtschaft sind. Wir sind aber nicht dafür da, die Fehler zu beseitigen, die hier durch eine schlechte Politik gemacht werden. Da wir von Anfang an gesagt haben, wir machen nicht mit, und da wir auch heute noch auf dem Standpunkt stehen, daß wir keinesfalls Helfer am Krankenbett des sterbenden Kapitalismus sind, lehnen wir diese Vorlage ab.
Aber jetzt keine weiteren Wortmeldungen.
— Herr Abgeordneter Naegel!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon richtig, daß wir in ernster Überlegung geprüft haben, welche Maßnahmen wir ergreifen konnten, um bei Beginn des gemeinsamen Marktes dafür Vorsorge zu treffen, daß eine gewisse gleichwertige Wettbewerbsmöglichkeit bestehen bliebe, solange noch auf anderer Seite, d. h. bei anderen beteiligten Mächten, steuerliche Maßnahmen aus der Vergangenheit ergriffen wurden. Meines Erachtens ist von dem
Sprecher der SPD übersehen worden, daß es ja nicht Angelegenheit der Hohen Behörde ist, steuerliche Maßnahmen auf diesem Gebiet zu ergreifen, sondern daß in Steuerfragen die beteiligten Länder souverän sind und souverän bleiben. Infolgedessen konnten hier nur Einzelmaßnahmen der einzelnen Länder zur Anwendung kommen, um einen gewissen Ausgleich als Übergangsmaßnahme herbeizuführen.
Im übrigen darf ich darauf hinweisen: es handelt sich hier nur um ein prophylaktisches Gesetz. Wir haben in Übereinstimmung aller Fraktionen dieses Hauses lediglich beschlossen, der Regierung die Ermächtigung zu geben, gegebenenfalls eine Erhöhung der Umsatzausgleichsteuer für diese Stahllieferungen Platz greifen zu lassen.
Ich nehme an, daß man auf Grund dieser Überlegungen vieles von dem, was bisher gesagt worden ist, in einem andern Licht sehen muß. Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, daß der Versuch eines gemeinsamen Marktes für Kohle und auch für Eisen und Stahl der richtige Weg ist, um einmal trotz der Schwierigkeiten, die sich vielleicht anfangs gezeigt haben, zu einer gemeinsamen Ordnung, zu einer europäischen Wirtschaftseinheit zu kommen, die allein die Grundlage für eine bessere Zukunft sein kann.
Daß wir uns bei der Beratung des Schumanplans darüber keine Gedanken gemacht hätten, es könnten etwa Anfangsschwierigkeiten auftreten, entspricht durchaus nicht den Tatsachen. Es ist sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, daß es nach unserer Auffassung sogar sehr schwierig sein wird, von Anfang an gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, die nun einmal die Grundlage eines gemeinsamen Marktes sein müssen. Aber wir zögern nicht einen Augenblick, zu überlegen, welche Möglichkeiten sich bieten könnten, um die noch in Gang befindlichen Verhandlungen in eine bestimmte Richtung zu lenken und hierdurch auch die Grundlage für die Zukunft zu schaffen, damit wir wirklich in kürzester Frist zu einem echten gemeinsamen Markt für Kohle und auch für Eisen und Stahl für Europa kommen.
Meine Damen und Herren, jetzt liegen aber keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich stelle das fest und schließe die allgemeine Aussprache.
Ihnen ist zweifellos bereits aufgefallen
— ach, Herr Abgeordneter Renner, Sie sind wieder da! —, daß in Art. 2 auf Drucksache Nr. 4311 der 31. Juni 1954 vermerkt ist. Es handelt sich nicht um den Versuch, den gregorianischen Kalender durch einen Bonner Kalender zu ersetzen, sondern um einen Druckfehler. Ich bitte, ihn freundlichst zu berichtigen. „30. Juni 1954" muß es heißen?
In der Einzelbesprechung der dritten Beratung rufe ich lediglich den Art. 1 a auf. Die Fraktionen des Hauses haben im Umdruck Nr. 886 einen Antrag betreffend Einfügung der Berlin-Klausel gestellt. Das Wort wird zu diesem Antrag nicht gewünscht.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Umdruck Nr. 886 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit des Hauses; Art. 1 a ist angenommen.
Ich komme damit zur Schlußabstimmung über das Dritte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. — Das Gesetz ist gegen vier Stimmen angenommen worden.
Entsprechend der Vereinbarung nehmen wir jetzt zunächst den Punkt 7 zur Beratung:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Nr. 4294 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen. Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen hat mir erklärt, daß es ihm zu seinem Bedauern nicht möglich gewesen ist, einen schriftlichen Bericht zu erstatten, sondern daß der Bericht mündlich erstattet wird. Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe an die Bemerkung, die der Herr Präsident eben wiedergegeben hat, leider die Mitteilung knüpfen müssen, daß der Bericht etwas länger werden wird. Ich werde aber trotz der Sprödigkeit der Materie versuchen, ihn lebendig zu gestalten.
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf in seiner 253. Sitzung am 5. März, also vor zwei Monaten, dem Finanzausschuß zur Beratung überwiesen. Der Finanzausschuß hat sich in neun zum Teil ganztägigen Sitzungen mit der Vorlage befaßt. Im Mittelpunkt des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes — ich wiederhole den Titel nicht noch einmal — steht die Senkung des Einkommensteuertarifs, die sich durchschnittlich um 15 % bewegt. Durch diese Steuersenkung soll die seit langem, ich darf wohl sagen, von der Gesamtbevölkerung, nicht etwa nur von der Wirtschaft, als untragbar empfundene Steuerbelastung gemindert und der ganzen Produktion ein gewisser Auftrieb gegeben werden.
In Zusammenhang mit dieser Tarifsenkung steht die Erhöhung des Grundfreibetrags von 750 auf 800 DM, des Freibetrags für die Ehefrau von 600 auf 800 DM und des Freibetrags für das dritte und jedes weitere Kind von 600 auf 840 DM. Die Bundesregierung hatte zu letzterem nur vorgeschlagen, den Freibetrag von 600 auf 720 DM zu erhöhen. Der Finanzausschuß ist dagegen der Meinung, daß diese Erhöhung für eine gerechte Begünstigung kinderreicher Familien nicht ausreicht. Er schlägt Ihnen daher die Erhöhung auf 840 DM vor.
Im Finanzausschuß ist auch der Antrag gestellt worden, den Freibetrag für das erste und zweite Kind zu erhöhen. Begründet worden ist das mit der eingetretenen Geldentwertung, die j a auch im wesentlichen der Grund für die Erhöhung der anderen Freibeträge ist. Es gab Kreise im Finanzausschuß, die der Meinung waren, daß schon die Aufwen-
dungen für das erste und zweite Kind drückend seien und daß das Vorhandensein des ersten und zweiten Kindes nicht gewissermaßen als eine natürliche Folge der Eheschließung anzusehen sei. Eine Mehrheit hat dieser Antrag aber nicht gefunden.
Außerdem ist der Antrag gestellt worden, den Grundfreibetrag sehr erheblich, nämlich auf 1500 DM zu erhöhen. Dieser Antrag ist hier ja schon in der ersten Lesung bei den Ausführungen des Kollegen Seuffert angeklungen. Damit verbunden war der Antrag, die Tabelle für die Einkommensteuer als solche so zu gestalten, daß im Endergebnis kein höherer Steuerausfall als nach der Regierungsvorlage eintrete. Auch für diesen Antrag hat sich eine Mehrheit nicht gefunden. Ebenso hat sich keine Mehrheit für den Antrag der Föderalistischen Union auf Drucksache Nr. 3830 gefunden. Eine Annahme dieses Antrags hätte nämlich wesentlich höhere Aufwendungen bzw. Mindereinnahmen beim Bundesfinanzminister zur Folge gehabt.
Auch der Gedanke, der von mehreren Seiten schon in der Debatte zur ersten Lesung angeklungen ist, die Tarifskala des Regierungsentwurfs in gewissen, meistens in den mittleren Gruppen mehr auseinanderzuziehen, ist nicht angenommen worden. Man hat vielmehr geglaubt, derartige an sich wahrscheinlich richtige Verfeinerungen der großen Steuerreform überlassen zu sollen.
Schließlich wurde beantragt, eine stärkere Begünstigung der Ehefrau vorzusehen, also nicht nur den Freibetrag von 600 auf 800 DM zu erhöhen, sondern darüber hinaus, und zwar in der Weise, daß der Freibetrag für die Ehefrau auf 1500 DM erhöht wird, also auf dieselbe Summe wie für den Ehemann. Dieser Antrag fand gleichfalls keine Mehrheit.
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Senkung des Einkommensteuertarifs bringt einen Ausfall an Einkommensteuer, der in viele Hunderte Millionen geht. Die Bundesregierung hofft diese Senkung dadurch auszugleichen, daß nach Ablauf einer gewissen Übergangszeit die zur Zeit im Einkommensteuerrecht geltenden Steuerbegünstigungen eingeschränkt bzw. abgebaut werden. Mit dieser Tendenz oder Konzeption der Bundesregierung, die eine absolut tragende für den ganzen Entwurf ist, hat sich der Ausschuß in sehr langen Beratungen beschäftigt, bei denen, wie Sie hören werden, vielfache Änderungsvorschläge gemacht wurden.
Es handelt sich — um das Gebiet abzugrenzen — um die Vorschriften des § 7 c — Förderung des Wohnungsbaues —, § 7 d — Förderung des Schiffsbaues —, § 10 — Begünstigung von Kapitalansammlungsverträgen —, § 32 b — Anwendung des Körperschaftsteuersatzes auf Gewinn aus Gewerbebetrieben — und um § 33 a — Freibeträge für Flüchtlinge, Vertriebene, politisch Verfolgte und Spätheimkehrer —. Die bezeichneten Begünstigungsvorschriften sollen nach der Regierungsvorlage am 31. Dezember 1954 auslaufen. Über die Übergangsregelung werde ich gleich zu sprechen haben.
Der Finanzausschuß hat sich ziemlich schnell auf den Standpunkt gestellt ich spreche immer vom Finanzausschuß oder jedenfalls meistens von der Mehrheit; ich bitte. mir zu ersparen, das jedesmal zu sagen —, daß mit Rücksicht auf die ganze Situation diese Konzeption der Bundesregierung akzeptiert werden sollte.
Ich möchte einer eingehenden Darstellung der in der Ausschußberatung gefundenen Regelung der §§ 7 c und d vorausschicken — schon um vollständig zu sein —, daß einige Änderungen des § 7 b vorgeschlagen werden, die die Praxis als angebracht erscheinen ließ, ohne damit, wie hoffentlich auch der Bundesrat — er ist nicht da — erkennen wird, der Gefahr zu erliegen, die auch der Finanzausschuß ebenso wie der Bundesrat sieht oder sah, nämlich neue Ansätze für zusätzliche Vergünstigungen zu eröffnen.
Wenn ich mich also nun im einzelnen zu den §§ 7 c und 7 d wende, so darf ich feststellen, daß ja auch diesem Hause im ganzen wohlbekannt ist, wie viele Klagen in der nahen Vergangenheit darüber aufgetaucht sind, daß in weitem Umfang die Steuervergünstigungen aus den beiden Paragraphen in einer Art und Weise in Anspruch genommen worden sind, die nur als mißbräuchlich angesehen werden kann. Die Bundesregierung hat deshalb geglaubt, sowohl in § 7 c wie in § 7 d Vorschriften einbauen zu aussen, durch die die Möglichkeiten mißbräuchlicher Anwendung zumindest erheblich eingeschränkt werden. Diesem Grundgedanken ist der Finanzausschuß gefolgt. Hinsichtlich der Auswirkung oder der Formulierung dieser Einschränkungen hat er aber mannigfache Bedenken gehabt. Dem Zwecke, Mißbräuche zu verhindern, sollte insbesondere die nach der Regierungsvorlage vorgesehene Vorschrift dienen, daß die Zuschüsse und Darlehen, die nach §§ 7 c und d gegeben werden, weder unmittelbar noch mittelbar in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits aus Mitteln des Empfängers stehen dürfen und daß außerdem bei Darlehen zum Zwecke ihrer Hingabe keine Kredite aufgenommen werden können, die nach Laufzeit und Höhe dem hingegebenen Darlehen entsprechen. Dem gleichen Zweck der Ausschaltung von Mißbräuchen dient die Vorschrift, daß die Darlehen nach den §§ 7 c und 7 d nicht innerhalb von drei Jahren zurückgezahlt, abgetreten oder beliehen werden dürfen. Die Beseitigung der Mißbräuche gilt erstmals für solche Zuschüsse und Darlehen, die nach dem 31. Mai 1953 gegeben worden sind, also, wenn Sie wollen, sofort. Im Zuge der Einschränkung der bestehenden Steuervergünstigungen liegt der Vorschlag der Bundesregierung, die Begünstigungsvorschriften nun nicht nur zeitlich zu begrenzen, sondern sie auch der Höhe nach ganz erheblich einzuschränken. Zu diesem Zweck wünscht die Regierungsvorlage sowohl bei § 7 c als auch bei § 7 d eine Einschränkung dahingehend, daß die Zuschüsse und Darlehen als Betriebsausgabe höchstens bis zu 15 % des Gewinnes abgezogen werden können. Die Regierungsvorlage sieht aber hierfür Ausnahmen vor, und zwar in § 7 d für Schiffsneubauten, die im Rahmen des Bauprogramms der Bundesregierung mit Hilfe von Bundesmitteln durchgeführt werden. Hier ist eine Erhöhung dieser Grenze von 15 % auf 50 % vorgesehen, allerdings bei einer absoluten Höchstgrenze von 150 Millionen DM im Jahre.
Der Finanzausschuß ist in dieser Angelegenheit ohne einen offiziellen Auftrag mit maßgeblichen Vertretern — es sind alle gleich maßgeblich — des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen und des Ausschusses für Verkehrswesen in Verbindung getreten. Die Sachkunde der Vertreter dieser beiden Ausschüsse hat den Vertretern des Finanzausschusses zu der Ansicht verholfen, daß die von
der Bundesregierung vorgeschlagene Höchstbegrenzung eine zu starke Einschränkung der Anwendungsmöglichkeit der beiden Paragraphen darstellen würde und daß sie im Interesse der mit den §§ 7 c und 7 d beabsichtigten Zwecke, die ja niemand — auch nicht in der Regierung — auch nur von weitem als erreicht ansehen will, nicht gutgeheißen werden kann. Wir haben uns daher entschlossen, im Zusammenhang mit der aus einem Sondergesetz übernommenen Einfügung eines § 7 f, der Zuschüssen und Darlehen an die Lastenausgleichsbank zugunsten des Lastenausgleichsfonds unter bestimmten Voraussetzungen steuerliche Begünstigungen gewährt — das ist eine Fortsetzung des Gesetzes, das Sie, meine Damen und Herren, vor einigen Wochen für 1952 hier beschlossen haben —, einen neuen § 7 g in das Einkommensteuergesetz einzufügen, in dem nun zusammenfassend die Höchstgrenze für die Abzugsfähigkeit von Zuschüssen im Sinne der §§ 7 c, 7 d und auch 7 f festgelegt wird. Nach dieser Bestimmung dürfen Zuschüsse und Darlehen im Sinne dieser Vorschriften als Betriebsausgaben höchstens bis zu 50 v. H. des Gewinns abgezogen werden, gegenüber 15 v. H., wie es die Regierungsvorlage, allerdings für jeden Paragraphen einzeln, vorsah. Der Finanzausschuß war sich darüber einig, daß diese Höchstgrenze nicht für den Arbeitnehmerwohnungsbau gelten könne, der nach wie vor als das dringendste Problem anzusehen ist und für den Zuschüsse und Darlehen auch in Zukunft in unbegrenzter Höhe als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können. Hiernach kann nun der Steuerpflichtige, der Zuschüsse und Darlehen zu geben bereit ist, für beide Arten der Zuschüsse und Darlehen — 7 c und 7 d — insgesamt höchstens 30 v. H. seines Gewinns zur Verfügung stellen. Bis zu dieser 30 v. H.-Grenze hat er die volle Wahlmöglichkeit. Diese Höchstgrenze gilt aber nicht für Zuschüsse und Darlehen nach
7 d, mit denen Schiffsneubauten gefördert werden sollen, die im Rahmen des Bauprogramms der Bundesregierung, dem sogenannten Linienschiffsprogramm, mit Hilfe von Bundesmitteln durchgeführt werden. Sie gilt auch nicht für solche Schiffsneubauten — das ist eine etwas komplizierte, aber wohl gerechte Lösung —, die auf Grund eines vor dem 16. Januar dieses Jahres abgeschlossenen Bauvertrags mit einer Werft vor dem 16. April 1953 auf Kiel gelegt worden sind. Mit dieser letzten Festlegung und Konkretisierung hofft der Finanzausschuß einen an ihn herangetragenen und mit einer bei den Hansestädten sonst vielleicht nicht immer beobachteten Hartnäckigkeit der Interessenten verfochtenen Streit in einer alle beteiligten Stellen befriedigenden Weise geschlichtet zu haben, wenn es auch aus Gerechtigkeits- und finanziellen Gründen — so etwas vereinigt sich gelegentlich in Steuergesetzen — nicht möglich erschien, so weit zu gehen, wie die Reederverbände es wünschten, nämlich alle Bauabsichten, die sich bis jetzt in einem Bauvertrag mit einer Werft niedergeschlagen haben. ohne daß schon Darlehnsverträge abgeschlossen sind. in der bisherigen Weise, also noch 100%ig zu begünstigen.
Ich sagte schon, daß die Vorschrift zu § 7 d notwendig erschien, um das Linienschiffsprogramm der Bundesregierung nicht zu gefährden und die Finanzierung solcher Bauvorhaben sicherzustellen, bei denen der Reeder schon einen Vertrag mit der Werft vor dem 16. Januar 1953 abgeschlossen hat. Das ist kein willkürlicher Termin, sondern der Tag, an dem die Bundesregierung den Gesetzentwurf verabschiedet hat. Es wird einmal in der deutschen Steuergeschichte ein denkwürdiger Tag sein.
— Ich möchte annehmen, daß sogar Sie das glauben, Herr Seuffert!
Im Rahmen der Grenze von 50 v. H. kann der Steuerpflichtige, wenn er einen Zuschuß oder ein Darlehen an die Lastenausgleichsbank zugunsten des Lastenausgleichsfonds geben will, im Höchstfall 20 v. H. seines Gewinns verbuchen, nachdem über die 30 % schon in einer Weise verfügt ist, die ich eben geschildert habe. Durch diese Regelung glaubt der Finanzausschuß, wenn ich mich etwas üppig ausdrücken darf, einen sinnvollen Ausgleich zwischen den Bedürfnissen des Wohnungsbaus, des Schiffsbaus und des Lastenausgleichsfonds herbeigeführt zu haben.
Diese Begrenzungsvorschriften sollen nicht — das ist die letzte Ausnahme, mit der ich Sie langweilen muß — für rechtsverbindlich zugesagte Zuschüsse und Darlehen gelten. Die Bundesregierung hat diese Zubilligung nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen, sondern lediglich in der Begründung verbindlich erklärt, daß eine entsprechende Regelung in einer Einkommensteuerdurchführungsverordnung getroffen werden wird. Der Finanzausschuß hatte trotz seines gelegentlichen Mißtrauens gegenüber dieser Erklärung der Bundesregierung keinen Anlaß, Zweifel zu haben, und hat daher nicht verlangt, daß diese zugesagte Regelung in das Gesetz selbst aufgenommen wird.
— Sie werden uns dabei nicht helfen, Herr Renner.
Die Regierungsvorlage sieht vor, den § 9 a des Einkommensteuergesetzes zu streichen. Dieser Paragraph beschränkt die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden und hat ja in erster Linie eine Popularität in den Kabaretts erreicht. Mit Rücksicht darauf, daß die Anwendung des § 9 in der Praxis der Finanzämter zu außerordentlichen Schwierigkeiten geführt hat, hat der Finanzausschuß diesem Vorschlag zugestimmt.
Im Zusammenhang mit dieser Streichung glaubte nun die Bundesregierung, den Begriff der Betriebsausgaben einschränken zu müssen, um damit den Mißbrauch, der auf diesem Gebiet getrieben worden ist und der unter dem Namen „Unkostenproduktion" bekanntgeworden ist, wenigstens zu einem Teil einzuschränken. Die außerordentlich schwierige Frage der Abgrenzung von für den Betrieb notwendigen Ausgaben und solchen, die nicht nur aus betrieblichen Gründen, sondern auch und vielleicht sogar überwiegend aus privaten Gründen getätigt werden, glaubt die Bundesregierung damit lösen zu können, daß sie solche Betriebsausgaben nicht als abzugsfähig zulassen wollte, die bei wirtschaftlicher Führung des Betriebs unter Berücksichtigung der Auffassung des Verkehrs als unangemessen und, wie der Bundesrat in einer gewissen Abschwächung gesagt hat, als offensichtlich unangemessen betrachtet werden müssen.
Der Ausschuß war mit der Bundesregierung darüber einer Meinung, daß der mißbräuchlichen Gestaltung von Betriebsausgaben gesteuert werden muß. Er fürchtet aber, die Fassung der Bundesregierung birgt die Gefahr in sich, daß die Verwal-
tung zu weitgehend in die Betriebsführung eingreift. Der Finanzausschuß hat nach langen und besonders eingehenden Beratungen eine Formulierung des Begriffs der Betriebsausgaben gefunden, von der er glaubt, daß sie geeignet ist, die mißbräuchliche Gestaltung stark einzuschränken. Der Finanzausschuß beabsichtigt mit dieser Formulierung, solche Betriebsausgaben, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder eines Dritten — dieser Zusatz „oder eines Dritten" ist wichtig; da ist z. B. an ein Vorstandsmitglied gedacht, wenn ich schon konkret sein soll — berühren und die unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung als nicht angemessen anzusehen sind, auszuscheiden. Betriebsausgaben, die diese persönliche Lebensführung berühren, werden in der Regel diejenigen Aufwendungen sein, die, falls sie nicht durch den Betrieb veranlaßt wären, zu den Kosten der Lebensführung, die also natürlich nicht abzugsfähig sind, gehören würden. Damit ist eine Abgrenzung erreicht, die sich nur auf ein bestimmtes Gebiet der Betriebsausgaben bezieht und die verhindert, daß die Sorge vor zu weiten Eingriffen der Finanzverwaltung in die betriebliche Führung sich als gerechtfertigt erweist.
Der Finanzausschuß vertraut darauf, daß die Novelle als solche schon mit ihrer Tarifsenkung geeignet ist, die in Deutschland üblich gewordene Redewendung, daß x Prozent der Finanzminister bezahlt, wobei sie x recht hoch annehmen können, zu erschüttern — eine Einstellung, die ohnehin bei der wieder üblich oder gottlob oft auch notwendig gewordenen Sparsamkeit nicht mehr so zieht wie in den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch. Der Ausschuß glaubte daher, den finanz-
und wirtschaftspolitisch durchaus als bedenklich und in seinen Folgen geradezu unabsehbar anzusehenden Weg, den die Bundesregierung und dann auch der Bundesrat in ihren Vorschlägen beschritten haben, nicht mitmachen zu sollen und, was der Mehrheit entscheidend erschien, auch nicht mehr mitzumachen zu brauchen. Würde er doch dazu führen, daß die Bürokratie der Finanzämter, vor der wir, das gebe ich zu, alle eine Himmelangst haben, Eingriffe in das innere Betriebsleben vornehmen kann, die mit dem herrschenden und so bewährten Prinzip der Marktwirtschaft nicht vereinbar wären.
— Ich spreche wiederholt von der Mehrheit des Finanzausschusses, Herr Renner; das habe ich ein für allemal gesagt und mir die Erlaubnis erbeten, das nicht immer sagen zu müssen. Ich kann da für Sie keine Ausnahme machen.
— Wenn der Ausschuß sich dennoch nicht entschlossen hat — wie auch angeregt wurde —, von einer Ergänzung des § 4 Abs. 4 ganz abzusehen, so ließ er sich einmal von dem inzwischen wieder gesünder gewordenen Volksempfinden — gesünder geworden als in der Zeit, als damit politische Geschäfte gemacht wurden — leiten, das ein Aufhören der anstößigen, von einer kleinen Minderheit tatsächlich geübten Mißbräuche immer wieder verlangt und das andererseits wünscht, daß etwa erforderliche Eingriffe der Bürokratie vor den Finanzgerichten — der Ton liegt auf Gerichten —, also nicht vor der Finanzbürokratie — das ist ein entscheidender Unterschied! — bis in die höchste Instanz einer kritischen Betrachtung und Beurteilung unterworfen werden können. Diese letztere Möglichkeit ist bei der jetzt vorgeschlagenen und
Ihnen vorliegenden Fassung der Ergänzung des § 4 Abs. 4 gegeben, was im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium hier vorzutragen der Berichterstatter vom Ausschuß ausdrücklich beauftragt wurde.
Auf dem Gebiet der Sonderausgaben — ich komme nunmehr zum § 10 des Einkommensteuergesetzes — sieht die Regierungsvorlage, der Gesamtkonzeption des Entwurfs entsprechend, gleiche Einschränkungen und Begrenzungen vor wie bei 7 c — Wohnungsbau — und 7 d — Schiffbau —. Der Finanzausschuß hat sich der Auffassung der Regierung in diesem Punkte angeschlossen, konnte sich aber nicht damit einverstanden erklären, daß die Abzugsfähigkeit überschießender Beträge über die Höchstbeträge für Sonderausgaben völlig ausgeschlossen wurde. Er hat deshalb den Beschluß gefaßt, daß die Sonderausgaben, die die Festbeträge übersteigen, zur Hälfte abgezogen werden können, allerdings mit der absoluten und sich bei höheren Einkommen natürlich sehr verschlechternd, wenn Sie wollen, auswirkenden Bedingung, daß der absolute Höchstbetrag auf 50 v. H. der Festbeträge begrenzt wurde. Der Ausschuß hat also eine doppelte Hälftelung vorgenommen, die den außerordentlich rigorosen Schnitt, den der Regierungsentwurf in die vielleicht 1950 oder 1951 überhöhten Begünstigungen hinein gebracht hat, wieder mildert.
Die Bundesregierung hat gegenüber diesem Beschluß des Ausschusses erklärt, daß sie die Festbeträge von 800 auf 1000 und von 400 auf 500 DM mit Rücksicht darauf erhöht habe, daß die Abzugsfähigkeit über die festen Beträge hinaus gestrichen werde. Sie hat sich aber im Verlaufe der Verhandlungen mit dem Vorschlage des Finanzausschusses bezüglich der überschießenden Beträge, wenn auch nicht expressis verbis einverstanden erklärt, so doch, wie wir den Eindruck haben, immerhin abgefunden.
Im Zusammenhang mit den Beschränkungen des § 10 bezüglich der Kapitalansammlungsverträge schlägt die Bundesregierung vor, die bisher nach § 41 des Einkommensteuergesetzes bestehende Möglichkeit, bei Kreditinstituten abgeschlossene Kapitalansammlungsverträge außerhalb der Sonderausgabenpauschale für Lohnsteuerpflichtige zu behandeln, zu streichen. Der Finanzausschuß ist auch in diesem Punkte der Meinung gewesen, daß dem Vorschlag der Bundesregierung zugestimmt werden könne. Vor allem wurde ihm die Zustimmung dadurch erleichtert, daß diese Möglichkeit erst mit Wirkung vom 1. Januar 1954 und nicht schon bei Inkrafttreten des Gesetzes beseitigt werden kann.
Aus den schon erwähnten Gründen der Tarifsenkung, verbunden mit der Beseitigung von Begünstigungsvorschriften, sieht der Regierungsentwurf weiterhin vor, daß § 32 b betreffend die Anwendung des Körperschaftsteuersatzes bei Einkünften aus Gewerbebetrieben bei der Einkommensteuer beseitigt wird. Im Grundsatz ist der Finanzausschuß bezüglich dieses Punktes mit der Bundesregierung einer Meinung. Er findet auch, daß es des Experimentierens, das seit der Währungsreform vom Wirtschaftsrat und vom Bundestag auf diesem Gebiet getrieben wird, nunmehr genug sei, denn die Vorschriften seien inzwischen so kompliziert geworden, daß mit ihnen nicht mehr gearbeitet werden könne. Auch habe man durch die häufigen Änderungen den hier in Frage kommenden Steuerzahler verärgert — das tut man auch sonst gelegentlich —, und es sei steuer-, wenn
nicht auch staatspolitisch sogar bedenklich, von dem Betroffenen jahrelang Bindungen zu fordern, denen man dann vorzeitig durch Gesetzesänderung die Grundlage entziehe. Man schloß sich der Meinung an, daß nicht nur für § 10 a — dessen Wiederaufleben in der bekannten Drucksache Nr. 3838 von den Koalitionsparteien gefordert wurde, ohne daß man damals die Tarifsenkung des Regierungsentwurfs auch nur voraussehen oder ahnen konnte -, sondern auch für § 32 b die Zeit abgelaufen sei, in der man auf solche Bestimmungen wie auf eine Krücke, die im Grunde niemandem gefiel, zurückgreifen müsse. Dies erschien um so eher tragbar, als der Entwurf neben der Tarifsenkung eine natürlich allgemein begrüßte erhebliche Herabsetzung des Plafonds beinhaltet. Der Finanzausschuß glaubte aber auch bezüglich der Vorschriften, die die Bundesregierung zu § 32 b für das Auslaufen vorgeschlagen hat, ihr nicht folgen zu können. Nach eingehenden Verhandlungen wurde eine Regelung gefunden, nach der Ende 1953 die Vorschrift des § 32 b endgültig beseitigt wird.
Eine Ende 1953 noch erforderliche Nachversteuerung soll in allen Fällen mit 10 v. H. vorgenommen werden, und zwar im Veranlagungszeitraum 1954. Es liegt im Interesse der Verwaltungsvereinfachung — von der als leitendem Gesichtspunkt sich der Finanzausschuß in diesem Fall, nicht sonst überall, hat beeinflussen lassen —, die Nachversteuerung nach den §§ 10 a und 32 a möglichst in naher Zukunft zu beenden. Nach den Beratungen im Finanzausschuß zu dieser Frage, in denen sich das Finanzministerium mit der gefundenen Regelung einverstanden erklärt hat, ist daher vorgesehen, daß die Verpflichtung zur Nachversteuerung der Entnahmen gemäß den §§ 10 a und 32 a durch Zahlung ebenfalls von 10 v. H. des als steuerbegünstigt in Anspruch genommenen Teiles der Gewinne bei der Veranlagung für 1952 abzulösen ist. Um aber Härten zu vermeiden, soll dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gegeben werden, zu beantragen, daß die Nachversteuerung erst bei der Veranlagung für 1953 bzw. 1954 durchgeführt wird.
Der Finanzausschuß glaubte weiterhin dem Vorschlag der Bundesregierung zustimmen zu sollen, die Vorschrift des § 33 Abs. 2 über steuerliche Vergünstigungen bei Wiederbeschaffung notwendigen Hausrats und notwendiger Kleidung sowie die Vorschrift des § 33 a betreffend den Freibetrag für Flüchtlinge, Vertriebene, Spätheimkehrer usw. mit Ablauf des Jahres 1954 auslaufen zu lassen. Der Abbau auch dieser Vorschriften liegt innerhalb der anzuerkennenden Gesamtkonzeption der Regierungsvorlage, in der die Tarifsenkung organisch mit der Beseitigung von Steuervergünstigungen für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen gekoppelt ist. Der Finanzausschuß war sich darüber klar, daß gerade die Beseitigung der Vorschriften der §§ 33 Abs. 2 und 33 a problematisch ist. Er hat aber dem Vorschlag der Bundesregierung zustimmen zu sollen geglaubt, weil die Vorschrift erst nach etwa 11/2 Jahren, also Ende 1954, fortfallen soll. Es darf angenommen werden, daß der größte Teil der Steuerpflichtigen, die diese Vorschriften für sich in Anspruch nehmen, sich dann so weit — wie das schöne Wort heißt — eingegliedert hat, ich möchte lieber sagen, eingebürgert hat, daß eine steuerliche Vergünstigung nicht mehr notwendig erscheint. Diejenigen, die bis Ende des Jahres 1954 dennoch aus zwingenden Gründen nicht in der Lage gewesen sind, sich wieder in den Wirtschaftsprozeß einzuschalten, wie — das ist vielleicht das beste
Beispiel — die Spätheimkehrer oder die Sowjetzonenflüchtlinge, haben die Möglichkeit, den § 33 Abs. 1, dessen großzügige Anwendung dem Ausschuß zugesagt worden ist, in Anspruch zu nehmen und dadurch eine steuerliche Hilfe zu bekommen, die ihnen ihr Dasein erleichtert, nicht nur ihr Dasein, sondern vor allen Dingen auch ihr Vorankommen.
Der Berichterstatter glaubt hinzufügen zu sollen, daß der Fortfall der beiden Bestimmungen in den §§ 33 Abs. 2 und 33 a eine ungewöhnliche und fast zu bezweifelnde finanzielle Rolle spielt. Nach den Berechnungen der Bundesregierung soll hier nämlich ein Betrag von nicht weniger als 250 Millionen DM im Jahr in Rede stehen.
Nach dem Regierungsvorschlag hat die Bundesregierung beabsichtigt, sich eine Ermächtigung geben zu lassen, durch eine Rechtsverordnung die Bewertungsfreiheit für geringwertige Anlagegüter zu regeln. Der Finanzausschuß war aber der Meinung, daß diese Frage ihre Regelung nicht im Wege einer Ermächtigung finden kann, sondern im Gesetz selber gelöst werden muß. Er wollte ganz sicher gehen. Der Ausschuß hat deshalb dem § 6 einen zweiten Absatz angefügt, in dem vorgeschrieben wird, daß Steuerpflichtige, die den Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für geringwertige bewegliche und abnutzbare Wirtschaftsgüter in voller Höhe über Betriebsausgaben absetzen können, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 600 DM nicht übersteigen. Zur Zeit gilt die geringere Grenze von 200 DM. Anträge auf eine höhere Grenze wurden abgelehnt. Die Erhöhung der Grenze von 200 auf 600 DM erscheint schon mit Rücksicht auf die Preisentwicklung geboten. Es soll hierbei nicht verkannt werden, daß die Gesetzgebung zu diesem Punkt in der Nachkriegszeit bereits eine wechselvolle Geschichte hinter sich hat.
Darüber hinaus soll in den Einkommensteuerrichtlinien erklärt werden, daß auch diejenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben ermitteln, die aber die Vorschriften des § 8 Abs. 3 bis 5 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung beachten, diese Sonderabschreibung für sich in Anspruch nehmen können.
Während der Ausschußberatungen wurde der Antrag gestellt, bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit einen Betriebsausgaben-Pauschbetrag zuzulassen, und zwar in Höhe von 5 % der Einnahmen mit einer absoluten Höchstgrenze von 1200 DM für das Jahr, also 100 DM monatlich. Unter Anerkennung der sachlichen Berechtigung dieses Antrags glaubte die Mehrheit des Ausschusses aber, hier sei es ausreichend, der Bundesregierung die Ermächtigung zu erteilen, eine derartige Regelung zu treffen. Eine solche Ermächtigung wurde deshalb in § 51 des Gesetzes aufgenommen.
Manche in bezug auf den Kreis der zu Begünstigenden darüber hinausgehende Anregungen oder Anträge fanden im Finanzausschuß keine Mehrheit, wiewohl man sich allgemein klar darüber war, daß diese in der Nachkriegsgeschichte der Einkommensteuer ebenfalls wechselvoll entschiedene Frage auch bei dem nunmehr vorliegenden und Ihnen zur Annahme empfohlenen Vorschlag, der dem Antrag Drucksache Nr. 3838 entspricht, manche Angriffsflächen für eine Kritik, die noch nicht einmal böswillig sein muß, bietet.
Eine wesentliche Rolle im Rahmen des Abbaues bestehender Vergünstigungen spielt der Vorschlag der Bundesregierung, von einer bestimmten Einkommensgrenze an die Zusammenveranlagung der Einkünfte von Ehegatten wiederherzustellen. Diese Bestimmung war zusammen mit der Vorschrift über die Betriebsausgaben, die ich schon behandelt habe, eigentlich Hauptgegenstand der Diskussion, und es trat das ein, was der Berichterstatter in anderer Eigenschaft, nämlich als Fraktionsredner, in der ersten Lesung des Gesetzes vor diesem Hause erklärt hat: unser kluger Bundesfinanzminister habe zwei Blitzableiter aufgestellt, auf die sich manche anderen Kritiken konzentrieren würden. Mit einer Leidenschaft, wie sie sonst im Finanzausschuß nicht üblich ist, wurde zu diesem Punkte gesprochen, und ich darf vielleicht sagen, wenn das nicht über den Rahmen der Berichterstattung hinausgeht, daß diese beiden Blitzableiter ihren Zweck voll erfüllt haben und manches andere Erwägenswerte, vielleicht sogar manches andere Wichtigere auf diese Weise ungeschoren geblieben ist.
Die Bundesregierung erwartet nun mit dieser Blitzableiterparagraphen, daß die Zusammenverarlagung der Ehegatten, die nach dem Gesetz bei einem Einkommen von zusammen 7200 DM beginnen, sich aber nach den Erklärungen der Regierungsvertreter erst bei einem gemeinsamen Einkommen von 9600 DM voll auswirken soll, ein steuerliches Mehraufkommen von 120 Millionen DM bringt. Der etwas anders geartete, Ihnen vorliegende Vorschlag des Bundesrats rechnet mit einem steuerlichen Mehraufkommen von 80 Millionen DM, immer aufs Jahr gerechnet.
Mitglieder des Finanzausschusses, die der Auffassung waren, daß der Vorschlag der Bundesregierung keine endgültige Lösung des Problems darstellen könne, sondern nur neue Probleme aufwerfe und auch neue Ungerechtigkeiten hervorzurufen geeignet sei, äußerten die Ansicht, daß das Problem der Haushaltsbesteuerung nicht im Rahmen dieser Gesetzesvorlage hätte angeschnitten werden sollen. Sie sprachen sich daher dafür aus, es bei dem geltenden Rechtszustand zu belassen, der nicht nur seit 1941 besteht, sondern auch schon, wie sich inzwischen nur teilweise herumgesprochen hat, von 1925 bis 1934 bestand — übrigens Jahreszahlen, die, wenn Sie sich an das Dritte Reich noch erinnern können, zu denken geben —, und abzuwarten, bis es der Bundesrepublik möglich sei, eine gerechte Regelung zu treffen, wie sie insbesondere das amerikanische Splitting darzustellen scheint.
Die Mehrheit des Ausschusses widersprach jedoch diesem Vorschlag mit dem Hinweis auf den dem Bundeshaushalt nicht zumutbaren Einnahmeausfall und auch auf die nach Meinung ihrer Befürworter mindestens bis zu einer gewissen Grenze gefundene Verbesserung.
Die in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Ausschuß beschlossene Annahme des Vorschlags des Bundesrats wurde in der zweiten Lesung wieder rückgängig gemacht, nachdem sich der Ausschuß davon überzeugt hatte, daß die Besteuerung der Einkünfte der Ehefrau nach Steuerklasse I besonders bei kinderreichen Familien eine Verschlechterung gegenüber dem geltenden Recht darstelle und daher mit der Grundtendenz des Gesetzentwurfs nicht zu vereinbaren sei. In diesem Zusammenhang spielte es eine Rolle, daß einige Zahlen, die das , Bundesfinanzministerium in der Finanzpolitischen Beilage des Bulletins vor einigen Wochen veröffentlicht hatte, bei näherer Betrachtung einer Nachprüfung nicht ganz standhielten.
Obwohl sich im Finanzausschuß für keine der beiden Lösungen, also weder für die Beibehaltung des jetzigen Zustandes noch für den Vorschlag des Bundesrates, eine Mehrheit fand, konnte sich der Ausschuß aber auch nicht für die Regierungsvorlage entscheiden, obwohl sein heißes Ringen an diesem Blitzableiter — ich weiß allerdings, daß es gefährlich ist, am Blitzableiter heiß zu ringen — die Schwierigkeit der Materie zur Genüge bezeugen dürfte. Es wird daher diesem Hohen Hause nicht erspart werden können, zu entscheiden, wie diese Frage der Besteuerung der Einkünfte der Ehefrau aus einem dem Ehemann fremden Betrieb geregelt werden soll. Denn nach der Vorlage besteht nunmehr ein Vakuum, oder besser ausgedrückt: nach der Vorlage besteht überhaupt kein Vorschlag für eine Änderung. Also wenn kein Antrag gestellt wird, bleibt der bisherige Zustand aufrechterhalten. Ich kann Ihnen als Berichterstatter natürlich keinen Rat geben; das würde meine Pflichten überschreiten, obwohl ich es gern täte.
Der Berichterstatter hat schon in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs als Fraktionsredner darauf hingewiesen, wie wenig es einleuchte, daß in diesem Gesetzentwurf angesichts der Kapitalmarkterfordernisse besonders auf dem Gebiet der Aktie bisher irgendeine gesetzliche Regelung oder Erleichterung nicht einmal von weitem zu erkennen sei. Von diesem Standpunkt aus ist der Entwurf durchaus unbefriedigend, denn er enthält keinerlei Senkung der Körperschaftsteuer, sondern befaßt sich nur mit den Gesellschaften, die Gewinne ausschütten. Diese dürften bei oberflächlicher, vielleicht aber auch bei näherer Betrachtung als in mancher Beziehung am wenigsten förderungsbedürftig erscheinen. Derselbe Gedankengang, den ich hier in Erinnerung an die erste Lesung vortrage, hat nun auch in den Erörterungen des Finanzausschusses einen breiten Raum eingenommen.
Wenn man sich trotz Anerkennung dieser Gedankengänge letzten Endes mit einer Variante, die gleich noch darzustellen ist, auf den Regierungsentwurf festlegte, so geschah es eben aus vordringlichen Gründen der Kapitalmarktförderung. Man meinte, daß die sichtbare Begünstigung der Gewinnausschüttung den Aktienmarkt am ehesten und am schnellsten heben dürfte und daher für den Augenblick, für diesen Augenblick das dringlichste sei, nachdem es ja, wie nicht oft genug beklagt werden kann, infolge der Unvollkommenheit dieses Hohen Hauses nicht gelungen ist, im Kapitalmarktförderungsgesetz, das wir hier verabschiedet haben, etwas in dieser Richtung zu tun. Es kann aber aus den Verhandlungen des Ausschusses hier ausdrücklich wiedergegeben werden, daß die Frage der Senkung des Körperschaftsteuersatzes nicht aus der Diskussion und auch nicht aus den Reformen verschwinden darf.
Der Finanzausschuß hat sich den Vorschlägen der Regierung grundsätzlich angeschlossen; er ist aber der Meinung, daß eine Herabsetzung des Körperschaftsteuersatzes für diese Ausschüttungen von 60 auf 40 % zu gering sei. Er hat beschlossen, den Satz von 40 auf 30 v. H. zu senken.
Im übrigen — und damit komme ich zum Schluß des ersten Teils der Regierungsvorlage; sie hat nur
zwei Teile — enthält die Regierungsvorlage eine Reihe von untergeordneten Vorschlägen bezüglich der Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft, der Gewerbesteuer und des Notopfers Berlin. Hier hat der Finanzausschuß überall den Vorschlägen der Regierung zugestimmt, und ich glaube, es ist entbehrlich, das hier zu begründen, zumal irgendwelche Verschiedenheiten in den Auffassungen im Ausschuß nicht zutage getreten sind.
Damit verlasse ich den Bericht über den ersten Teil der Drucksache Nr. 4092. Ich fasse zusammen: Der Finanzausschuß hat sich im wesentlichen mit den Vorschlägen der Regierung einverstanden erklärt und sich darauf beschränkt, mit einer gewissen Sachkunde — ohne eingebildet zu sein — in einigen nach seiner Auffassung zum Teil zweitrangigen Fragen Verbesserungen einzuführen.
Er hat dagegen nach sehr eingehenden Beratungen den Zweiten Teil, der die Überschrift trägt „Vorschriften zur Sicherung der Haushaltsführung", im ganzen ohne Änderungen gebilligt. Auch das geschah erst nach langen Überlegungen, und zwar bezogen sich die auf die sich nach der im Ersten Teil behandelten Einkommensteuernovelle ergebende Haushaltslage nun nicht nur des Bundes, sondern auch der Länder. Der Ausschuß konnte sich trotz mancher Differenzen über die Zahlen insbesondere des Haushaltsjahres 1952, die ja auch noch gar nicht endgültig vorliegen können, des Eindrucks nicht erwehren, daß die finanzielle Situation der Mehrzahl der Länder eine Heraufsetzung des Anteils des Bundes von 37 auf 40 % zuläßt und im Rahmen dessen liegt, was den Erörterungen der letzten Jahre, die der Ausschuß noch gut in Erinnerung hat, entspricht.
Es wäre hierzu im einzelnen noch eine Menge zu sagen, und es muß befürchtet werden, daß diese Ausführungen im Vermittlungsausschuß notwendig sein werden; hoffentlich aber nicht. Immerhin möchte der Berichterstatter nicht darauf verzichten, einige entscheidende Punkte in Kürze hier schon vorzutragen.
Die Bemessung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist von zwei Faktoren abhängig, dem Finanzbedarf des Bundes und der Leistungsfähigkeit der Länder. Aufgabe des Bundesgesetzgebers ist es, zwischen den natürlicherweise einander widerstreitenden Interessen des Bundes und der Länder einen angemessenen, gesamtfinanzpolitisch tragbaren Ausgleich zu finden. Der Ausschuß hat sich davon überzeugt, daß eine isolierte, die Situation ,der Länderhaushalte außer Betracht lassende und daher natürlich durchaus unvollkommene Beurteilung der Finanzlage des Bundes sogar einen höheren Bundesanteil als 40 % rechtfertigen würde. Dies soll hier nicht im einzelnen vorgetragen werden.
Jedoch sei kurz bemerkt, daß nach dem Herausbringen dieser Gesetzesvorlage den Bund eine ganze Fülle von neuen Anforderungen getroffen haben oder zu treffen im Begriffe sind — wenn die Einsicht, die der Bundesfinanzminister auf uns herabfleht, nicht bei uns eintreten sollte —, die die uns vorgelegte Rechnung verschlechtern. Ich denke z. B. an das Defizit aus 1951, das unentwegt vorgetragen wird, an die erheblichen Belastungen, die den Bund und allerdings auch die Länder in bezug auf die Beamtengehälter getroffen haben. Immerhin darf hier als gutes Positivum angemerkt werden, daß der große Unsicherheitsfaktor für den Bundeshaushalt 1953, nämlich die Höhe des Verteidigungsbeitrags, durch die inzwischen beendeten Verhandlungen beseitigt ist, — womit ich in keiner Weise etwas über das erzielte Ergebnis gesagt haben will. Der nunmehr vereinbarte Betrag hält sich jedenfalls — und das ist das in diesem Zusammenhang Entscheidende — im Rahmen des Haushaltsansatzes mit neun Milliarden DM. Es soll weiter hinzugefügt werden, daß in der uns vorgelegten neuesten Rechnung die Forderungen an den Bundestag, z. B. — auch ohne Werturteil aufgeführt — Senkung der Kaffee- und Teesteuer, gewisse Verbesserungen der Kriegsopferversorgung und der Leistungen an die 131er, noch nicht berücksichtigt sind.
Zusammenfassend kann man also sagen, daß nach der Ansicht des Ausschusses von der Bedarfsseite her der Anspruch auf eine 40 %ige Bundesbeteiligung an der Einkommen- und Körperschaftsteuer nicht bestritten werden kann.
Auf das etwas seltsame Zwischenspiel der von der Bundesregierung angebotenen Differenzierung des Bundeszugriffs in bezug auf die Schulzuschüsse im Gesamtbetrage von 200 Millionen DM soll hier, nachdem der Bundesrat solche Zuschüsse abgelehnt hat, nicht eingegangen werden. Man wird allerdings auf diese Angelegenheit beim horizontalen Finanzausgleich zurückzukommen haben.
Ich muß überhaupt — und das ist die letzte grundsätzliche Bemerkung — darauf aufmerksam machen, daß wir bei der Betrachtung dieser Dinge in den Gedankengängen eine scharfe Trennung zwischen dem vertikalen und dem horizontalen Finanzausgleich einhalten müssen. Diese Trennung wirkt sich insbesondere dahin aus, daß in diesem Rahmen — und damit komme ich nun auf die Lage der Länder — immer nur von der voraussichtlichen Haushaltssituation der Länder insgesamt — der Ton liegt auf insgesamt — ausgegangen werden kann.
Eine weitere Erkenntnis — das ist nun die unwiderruflich letzte — ist wichtig und hat sich, wie der Ausschuß feststellen zu müssen glaubt, noch nicht allgemein herumgesprochen. Das ist die Erkenntnis, daß die leistungsfähigen Länder begünstigt und die leistungsschwachen Länder benachteiligt werden, je mehr es dem Bundesrat — der inzwischen da ist — gelingen sollte, den Abführungsprozentsatz herunterzudrücken. Die vom Ausschuß angestellte Betrachtung der Durchschnittssituation der Länder berücksichtigt natürlich alle in letzter Zeit für die Länder eingetretenen Haushaltsverschlechterungen, also insbesondere die Besoldungsreform und die 20 %ige Erhöhung der Grundgehälter. Das ist nicht in jeder Beziehung dasselbe. Dennoch rechnen die Aufstellungen, die wir angesehen haben und die uns von einer besonders sachkundigen und gewandten Stelle des Bundesfinanzministeriums vorgetragen worden sind, bei dem Gesamthaushaltsplan der Länder mit einem geschätzten Überschuß von 225 Millionen DM im Haushaltsjahr 1953. Das ist natürlich weitgehend eine Schätzung. Die Länder sind geneigt, diese Summe und auch den für 1952 errechneten Überschuß von sogar 520 Millionen DM zu bestreiten.
Nicht zu Unrecht scheint das Bundesfinanzministerium — nach der Meinung der Mehrheit des Finanzausschusses — die Ansieht zu vertreten, daß dieser Überschuß oder das Ergebnis überhaupt in beiden Rechnungsjahren weitgehend von der Haushaltsführung im einzelnen abhängig ist, also auch von den Ausgaben, die nicht zwangsläufig ein-
treten, sondern beeinflußbar sind. Hier spielen in erster Linie die Investitionsausgaben eine Rolle. Der Bund vertritt nach der Ansicht der Mehrheit des Finanzausschusses mit Recht die Auffassung, daß die Investitionen der Länder, die ein steigendes Volumen aufweisen, bemerkenswert sind — vorsichtig ausgedrückt — und zu der Situation des Bundes selbst auf gleichem Gebiete in einem gewissen Mißverhältnis stehen. Man wird auf seiten der Länder nicht um eine Überlegung darüber herumkommen, in welchem Umfang vermögenswirksame Ausgaben von geringerem Dringlichkeitsgrad in den nächsten Jahren eingeschränkt oder sogar zurückgestellt werden können oder müssen. Tut man beides nicht, so werden hierzu außerordentliche Einnahmen verwendet werden müssen, was zur Folge hätte — und dieser Logik des Bundes können sich unseres Erachtens die Länder nicht verschließen —, daß in dem Zusammenhang, von dem ich augenblicklich spreche, etwaige Mehraufwendungen der Länder für Investitionen für die hier anzustellende Rechnung außer Betracht bleiben müssen. So viel ist zu der großen und grundsätzlichen Frage zu sagen, die der Bundesfinanzminister aus zwingenden und dem Ausschuß in seiner Mehrheit einleuchtenden Gründen in diesem Gesetzentwurf anzuschneiden oder sogar zu lösen sich anschickt.
Der Ausschuß ist, wie gesagt, in seiner Mehrheit auch mit dem Zweiten Teil der Vorlage einverstanden, und die zu § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 3 dieses Zweiten Teils beschlossenen Änderungen des soeben ausführlich dargestellten Kapitels ziehen nur die Folgerungen aus dem verspäteten Inkrafttreten des Gesetzes. Die Streichung der §§ 3 und 4
— Schulzuschüsse — entspricht, wie ich schon gesagt habe, dem Wunsche des Bundesrates. Ich glaube daher, von einer Erläuterung dieser Beschlüsse absehen zu können, und bin in der angenehmen Lage, Sie von dem Zuhören meines Berichts nunmehr erlösen zu können.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für diesen ausführlichen Bericht.
Ich rufe auf zur Einzelbesprechung der zweiten Beratung den Ersten Teil, Abschnitt I Art. 1 Ziffer 1, Ziffer 1 a, Ziffer 1 b. — Dazu keine Wortmeldungen.
— Also die einleitenden Texte von Art. 1, dann Ziffer 1, was ich aufgerufen habe.
— „Vor vor 1", dann „Vor 1", ich bitte um Entschuldigung. — Ziffern Vor vor 1 und Vor 1, 1, 1 a, 1 b. — Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen aufgerufenen Teilen des Art. 1 des Abschnitts I zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Zu Ziffer 2 liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Wirths, Meyer , Albers und Parzinger vor. Dieser Antrag konnte nicht mehr vervielfältigt werden.
Zur Begründung Herr Abgeordneter Wirths!
Meine Damen und Herren! Einige Kollegen des 18. Ausschusses haben diesen Antrag vorgelegt, der eine redaktionelle Ergänzung darstellt. Wir haben nach dem Erlaß des Wohnungseigentumsgesetzes in einer Reihe von Gesetzen dieses Gesetz zitieren müssen. Der Finanzausschuß war so freundlich, eine Reihe von Wünschen, die der 18. Ausschuß vorgetragen hat, zu akzeptieren. So finden Sie in einigen Änderungen des 11. Ausschusses wiederum die Zitierung des Wohnungseigentumsgesetzes bzw. der Eigentumswohnungen. In dem Abs. 2 — bezüglich der Änderungen des § 7 c — ist der Buchstabe h eingefügt worden: Die Deutsche Bau- und Bodenbank soll berechtigt sein, 7 c-Mittel zu empfangen und sie für die Vor- und Zwischenfinanzierung von Eigengeldanteilen beim Bau von Kleinsiedlungen, Eigenheimen und Kaufeigenheimen zu verwenden. Hier ist die redaktionelle Änderung einzufügen: „Und von Wohnungen im Sinne des Ersten Teils des Wohnungseigentumsgesetzes." Es ist das dasselbe, wie wir es in Buchstabe g und in Abs. 1 verschiedentlich haben.
Die Antragsteller bitten Sie, dieser redaktionellen Ergänzung zuzustimmen.
Das Wort wird dazu nicht gewünscht.
Meine Damen und Herren, es handelt sich, wie wohl klargeworden sein dürfte, um die Ziffer 2 Buchstabe a und hier wiederum um die vorletzte Zeile des Buchstaben h unter bb. Muß ich den Antrag verlesen,
oder ist er klar? — Keine Wortmeldungen. — Ich komme zur Abstimmung über diesen Änderungsantrag zu Ziffer 2. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zu Ziffer 2 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die der Ziffer 2 unter Berücksichtigung dieser Änderung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich rufe Ziffer 3 auf. Dazu liegt zu Buchstabe b Ziffer 1 d ein Änderungsantrag der Fraktion der Deutschen Partei auf Umdruck Nr. 890 vor.
Herr Abgeordneter Walter zur Begründung.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Unter 1 c der Ziffer 3 wird als Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit bei Zuschüssen und Darlehen verlangt, daß
der Bau oder Umbau. des Schiffs als im Jahr der Hingabe schiffahrts- oder fischereipolitisch förderungswürdig anerkannt ist.
Dann heißt es unter d weiter, daß Zuschüsse und Darlehen als „den zu fördernden Zwecken dienlich" anerkannt sein müssen. Es muß doch genügen, wenn Zuschüsse und Darlehen als förderungswürdig anerkannt sind. Der Zusatz unter Buchstabe d würde erfahrungsgemäß bedeuten, daß alle Anträge bürokratisch behandelt würden und daß eine gewisse Verzögerung eintreten würde. Wir sollten bereit sein, gerade bei dem Wiederaufbau unserer Handelsflotte jede bürokratische Behinderung zu vermeiden.
Ich bitte Sie daher, der Streichung dieser Worte zuzustimmen, um bei der Bewilligung und Erledi-
gung der Anträge keine bürokratischen Verzögerungen eintreten zu lassen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß Sie bitten, den Änderungsantrag abzulehnen. Die Fassung: „den zu fördernden Zwecken dienlich anerkannt" befindet sich seit längster Zeit in dem Einkommensteuergesetz. Die Fassung ist notwendig, weil sie auch ein wesentlicher Bestandteil des gesamten Bescheinigungsverfahrens ist.
Es ist leicht, von „bürokratischer Erschwerung" zu reden. Aber wenn die Handelsflotte wesentlich mit Mitteln des deutschen Steuerzahlers aufgebaut wird — und das ist der Fall —, dann ist eine Überwachung der Geldverwendung, auch wenn sie „bürokratische Schwierigkeiten" bringt, im Interesse des Steuerzahlers unbedingt notwendig.
Ich bitte, es bei der bisherigen Regelung zu belassen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 890, den Herr Abgeordneter Walter begründet hat. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Dieser Antrag ist — wenn ich recht sehe — gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die der aufgerufenen Ziffer 3 insgesamt zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; Ziffer 3 ist angenommen.
Ich rufe Ziffer 3 a auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Keine Änderungsanträge? Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 3 a zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Und eine ganze Reihe von Abgeordneten haben überhaupt nicht abgestimmt;
aber die Ziffer ist mit Mehrheit angenommen.
Herr Abgeordneter Niebes hat einen Antrag auf Einfügung einer Ziffer 3 b gestellt. Zur Begründung? — Niemand? —
Ich muß den Antrag ja wenigstens vorlesen; denn es kennt ihn sonst niemand. § 9 Abs. 4 soll folgende Fassung erhalten:
Hierzu gehört auch die Anschaffung und der Unterhalt von Fahrrädern und Hilfsmotorfahrrädern, die nicht der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen.
Auf eine Begründung wird verzichtet. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag des Abgeordneten Niebes zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich rufe Ziffer 4 auf. — Keine Wortmeldung. - Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 4 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Zu Ziffer 5 liegt ein Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Niebes betreffend § 10 Ziffer 5 h vor. Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner zur Begründung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag, den wir zu a) stellen, hat folgenden Inhalt:
Die Aufwendungen sind bis zu einem Jahresbetrag von 1200 Deutsche Mark in voller Höhe abzugsfähig. Dieser Betrag erhöht sich um je 900 Deutsche Mark im Jahr für die Ehefrau und für jedes Kind im Sinne des § 32 Abs. 4 Ziffer 4, für das dem Steuerpflichtigen Kinderermäßigung zusteht.
Darf ich gleich zu b) kommen? Präsident Dr. Ehlers: Bitte, ja.
In Ziffer 5 b) sollen die Worte „von je 500 Deutsche Mark" und „je 1000 Deutsche Mark" gestrichen werden. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, daß die derzeitig zugelassenen Aufwendungen zugunsten des Personenkreises, der in unserem Antrag genau umrissen ist, erhöht werden.
Sie haben die Begründung gehört. Das Wort wird dazu nicht gewünscht. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag, den der Abgeordnete Renner eben begründet hat, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Ich bitte die Damen und Herren, die die Ziffer 5 in der Ausschußfassung anzunehmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich rufe Ziffer 6 auf. Dazu liegt der Änderungsantrag Umdruck Nr. 889 unter Ziffer 1 vor. Zur Begründung Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Umdruck Nr. 889 ist, wie Sie aus der Berichterstattung haben entnehmen können, bereits im Ausschuß gestellt worden. Dort ist — wie auch hier in der Berichterstattung — schon festgestellt worden, daß dieser grundsätzliche Antrag selbstverständlich einen Umbau des Tarifs zur Begrenzung des Steuerausfalls und zur Anpassung der Vorschriften an den in diesem Antrag aufgestellten Grundsatz notwendig macht. Eines bitte ich Sie jedenfalls nicht zu sagen: daß Ihnen der Antrag neu sei. Eben dieser Antrag liegt Ihnen seit dreieinhalb Jahren vor. Wir haben ihn seit der ersten Steuerauseinandersetzung in diesem Bundestag gestellt und immer wiederholt. Sie haben sich bisher stets geweigert, auf ihn einzugehen. Auch das Bundesfinanzministerium hat sich geweigert, den Antrag ernsthaft zu bearbeiten und diejenigen Steuerstatistiken zur Verfügung zu stellen und die Berechnungen vorzunehmen, die zur Durchführung des Antrags notwendig wären, genau so wie es sich seit vier Jahren beharrlich
geweigert hat, diese und andere Probleme einer wirklichen großen Steuerreform überhaupt ernsthaft anzupacken.
Es handelt sich, wie gar nicht geleugnet werden soll, um einen Grundsatzantrag, der Sie noch einmal vor dem Grundsatz unserer Steuerpolitik zur Entscheidung stellen soll. Dieser Grundsatz besteht erstens darin, 413 jedes gesunde Steuersystem — und das scheint mir die erste Forderung der Steuermoral zu sein — auf einem ausreichenden, diskutablen steuerfreien Existenzminimum aufbauen muß. Bei den heutigen Verhältnissen glauben wir, daß unter dem Betrage von 1500 DM jährlich von einem diskutablen Existenzminimum für einen arbeitenden und verdienenden Menschen nicht die Rede sein kann. Sie wissen, daß auch der Bundesfinanzminister, in gewisser aber sehr unzureichender Weise unserem ständigen Drängen folgend, die Erhöhung dieses Existenzminimums jetzt von 750 DM jährlich um ganze 50 DM auf 800 DM jährlich vorgeschlagen hat. Sie wissen auch, daß das Gutachten des wissenschaftlichen Beirats des Finanzministeriums immerhin ein Existenzminimum von rund 1000 DM jährlich als unbedingt erforderlich bezeichnet hat. Wir glauben — und das ist angesichts der Preis- und Lebensverhältnisse weiß Gott nicht unbescheiden —, daß unter einem Betrage von 1500 DM jährlich als Existenzminimum von einer ausreichenden moralischen Grundlage des Steuersystems in dieser Beziehung nicht gesprochen werden kann.
Der zweite Grundsatz, den wir mit unserem Antrag anschaulich machen wollen, ist der, daß wir Wert darauf legen, daß Steuersenkungen von unten her erfolgen
und daß sie in erster Linie zugunsten derjenigen Einkommen erfolgen, die zum größten Teil in den Verbrauch gehen und gehen müssen und die deshalb unverhältnismäßig und unverhältnismäßig mehr als höhere Einkommen durch unsere übertrieben hohen Verbrauchsteuern belastet sind. Der Sinn der Einkommensteuer ist ja der Ausgleich der Verbrauchsteuerbelastung entsprechend der Leistungsfähigkeit der einzelnen Einkommen. Dieser Aufgabe wird unser heutiger Tarif und unsere heutige Art von Steuersenkungen, die sich immer und zwangsläufig vor allem gerade bei den hohen und höheren Einkommen und nicht bei dem Durchschnittseinkommen, dem mittleren Einkommen, auswirkt, nicht gerecht; ganz im Gegenteil. Wir glauben, daß die Entlastung des Durchschnittseinkommens das Wichtigste ist, was wir in unserer Steuerpolitik zu tun haben. Wir glauben, daß sie wichtiger ist als andere Dinge und andere Forderungen, denen stattzugeben Sie ohne Rücksicht auf fiskalische Einwände bereit sind, wie Senkungen der Körperschaftsteuer oder andere Adjustierungen auf dem Kapitalmarkt in anderen Einkommensarten, die für die Leute, für die wir hier sprechen, nicht in Betracht kommen.
Wir legen gerade deswegen auch auf die hohen Freibeträge Wert, weil sie sich als Steuersenkungsmaßnahme vor allem für das mittlere Einkommen entscheidend auswirken. Die Funktion der Freibeträge ist nicht allein und nicht in erster Linie, Einkommen unter 1500 DM jährlich steuerfrei zu stellen — das kann heute auch auf andere Weise erreicht werden —; es ist die Funktion dieser Erhöhung der Freibeträge und der Steuersenkung von unten, dem mittleren Einkommen, dem Durchschnittseinkommen, das durch die Verbrauchsteuerbelastung heute so unvergleichlich höher als
vor dem Kriege oder sonst unter normalen Verhältnissen belastet ist, endlich eine Entlastung zukommen zu lassen.
Das entspricht, wie Sie sicherlich nicht unterlassen können zu bemerken, unserer grundsätzlichen volkswirtschaftlichen Einstellung, die im Sinne der Politik der Vollbeschäftigung vollkommen logisch das Durchschnittseinkommen, das ausreichende Einkommen des Durchschnittsbürgers — auch dessen, der nicht so sehr vom Glück, nicht so sehr von materiellem Besitz oder von gesellschaftlicher Stellung begünstigt ist — als die wirkliche gesunde Grundlage der Volkswirtschaft einschließlich der Kapitalbildung und als den wirklichen Maßstab der Gesundheit einer Volkswirtschaft ansieht. Eben diesem Durchschnittsbürger, glauben wir, geben Sie mit Ihrer Steuersenkungsmethode zuwenig und dafür allerdings dem Überdurchschnittsbürger, den hohen und höchsten Einkommen zuviel. Wir möchten Sie mit diesem Antrag noch einmal auffordern, die Steuersenkungen da anzusetzen, wo sie notwendig sind, nämlich von unten und beim Durchschnittseinkommen.
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner hat davon gesprochen, daß es sich um einen grundsätzlichen Antrag handle und daß das Bundesfinanzministerium sich seit Jahren weigere, die Unterlagen, die zur Begründung dieses Antrages gewünscht werden, zu geben. Man möchte daraus fast die Schlußfolgerung ziehen, der Antragsteller will damit sagen, daß er die Unterlagen zur Begründung seines Antrages heute noch nicht hat. Dann wäre es aber empfehlenswert, einen Antrag von der Bedeutung, die er fiskalisch und haushaltswirtschaftlich haben muß, zuerst doch mehr zu durchdenken, als es hier der Fall ist. Denn erstens sind die Auswirkungen 'viel höher, als es klingt, und zweitens ist das System, das angestrebt wird, auf einem anderen Wege ja bereits erreicht.
Herr Kollege Seuffert, Sie sprechen von der Schonung der mittleren und kleineren Klassen. Ich bitte doch die Begründung des Gesetzentwurfs selbst und die Tabelle in der Begründung zu § 32 nachzulesen. In dieser Tabelle ist dargelegt, daß die Einkommen bis zu 1500 DM und 3000 DM als die kleinsten Einkommen heute prozentual und auch in der Kaufkraft g e ring e r herangezogen sind als im Jahre 1926! Ich bitte dann, die Jahreslohnsteuertabele herzunehmen. Ihr ist zu entnehmen, daß ein Familienvater mit zwei Kindern einkommensteuerpflichtig überhaupt erst wird, wenn das gesamte Lohneinkommen des Betreffenden 3737 DM übersteigt, daß ein Familienvater mit einem Kind zur Lohnsteuer überhaupt erst veranlagt wird, wenn sein Einkommen 3137 DM übersteigt, und daß auch der Verheiratete ohne Kind erst bei einem Einkommen von 2537 DM zur Lohnsteuer veranlagt wird und der Ledige bei einem Einkommen von mehr als 1737 DM. Wenn man diese Zahlen hier sieht, dann weiß man, daß in der Schonung der kleinen Einkommen das denkbar Mögliche bereits geschehen und gegenüber früher ein großer Fortschritt gemacht ist. Dazu nun, nachdem der Freibetrag für Ehefrau und Kinder auch
erhöht worden ist, noch eine Erhöhung des allgegemeinen Freibetrags — neben Sonderausgaben, neben Werbungskosten -- von 1500 DM zu schaffen, ist haushaltswirtschaftlich eine Unmöglichkeit. Es würde — die Zahlen habe ich früher genannt und muß sie heute wiederholen — einen weiteren Ausfall an Einnahmen von 1200 Millionen DM im Jahr bedeuten.
Zu den Erleichterungen, die diese Einkommensteuergesetzgebung — ich betone noch einmal: gerade den kleinen Einkommensteuerzahlern — gibt, noch den Betrag von 1200 Millionen DM hinzuzulegen, ist haushaltswirtschaftlich unmöglich. Wir müssen immer daran denken, daß wir durch die Hilfe der Steuerzahler der Not abzuhelfen haben und daß soziale Ausgaben durch die Leistungen des Steuerzahlers gedeckt werden müssen. Wer an die sozialen Ausgaben denkt, muß den Haushalt des Bundes gesund erhalten.
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß der Herr Bundesfinanzminister mich mißverstanden hat, aber ich fürchte, daß er mich hat mißverstehen wollen.
Ich habe nicht davon gesprochen, daß ich zur Begründung dieses Grundsatzantrages noch irgendwelches Material brauchte. Dieser Antrag ist oft und ausreichend begründet worden. Ich habe allerdings davon gesprochen, daß die Durchführung dieses Grundsatzes die Ausarbeitung gewisser Veränderungen in den Tarifen usw. selbstverständlich notwendig macht und daß zu diesen Ausarbeitungen, zur Ausführung von Tarifen, die auf diesem Grundsatzantrag beruhen, natürlich Berechnungen und Zahlen notwendig sind, die die Steuerverwaltung der Öffentlichkeit einstweilen noch vorenthält. So — und ich glaube, ganz klar — habe ich mich ausgedrückt.
Sie, Herr Bundesfinanzminister, haben noch einmal gesagt, der mit der Annahme dieses Antrags entstehende Ausfall betrage so und so viel; 1200 Millionen oder wieviel Sie gesagt haben. Nun, ich habe Sie bereits einmal sehr dringend gebeten und bitte Sie noch einmal dringend darum, derartige irreführende Angaben nicht zu machen.
Ich habe mehrfach und immer wieder dargelegt — Sie können das nicht widerlegen und nicht bestreiten —, daß der Ausfall, der durch die Durchführung eines solchen Antrags entsteht, durch den hiernach auszuarbeitenden Tarif begrenzt wird. Auch bei einer Steuersenkung von unten kann man den Ausfall begrenzen und auf die einzelnen Einkommensgruppen verteilen, genau so, wie man bei einer Steuersenkung von oben den Löwenanteil zunächst einmal auf die hohen und höchsten Einkommen verteilen kann. Diese Behauptungen über den angeblichen Ausfall sind, ich wiederhole das, irreführend. Wir sind uns ganz genau bewußt — ich habe es vorhin zum Ausdruck gebracht —, daß die Durchführung dieses Grundsatzes je nachdem, was fiskalisch möglich und was erwünscht ist, gewisse Ausarbeitungen in den Tarifen notwendig macht, von denen das Ergebnis abhängen muß.
Was die anderen Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers anlangt, so möchte ich — wir haben schon viele Steuerdebatten gehabt und haben heute nicht die letzte Steuerdebatte — im Augenblick die Einzeldebatte nicht mit grundsätzlichen Ausführungen belasten, sondern nur sagen: Wenn der Herr Bundesfinanzminister auf meine Darlegungen in der ersten Lesung eingegangen wäre, so hätte er sich mit der Frage beschäftigen müssen, welche Erleichterungen den kleinen und mittleren Durchschnittseinkommen heute schon in der Steuerbelastung zur Verfügung stehen würden, wenn ihnen seit der Währungsreform, d. h. seit wir hier und die jetzige Regierungsmehrheit für die Steuerpolitik in der Bundesrepublik verantwortlich sind, wenigstens entsprechend ihrem Einkommen dieselben Erleichterungen zugute gekommen wären, die den sehr hohen und allerhöchsten Einkommen zugute gekommen sind.
Der Herr Bundesminister der Finanzen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur eine kurze Bemerkung zu dem Wort „Irreführung", das ich nicht unwidersprochen hingehen lassen möchte. Meine Ausführungen sind nicht irreführend. Wenn etwas irreführend ist, Herr Kollege Seuffert, so ist es der Antrag, den Sie stellen.
In dem Antrag ist mit keinem Wort davon die Rede, daß für den Ausfall von 1200 Millionen DM, der eintreten würde, gleichzeitig ein Ausgleich geschaffen werden soll. Wenn Sie die politische Verantwortung für den Antrag übernehmen, müssen Sie auch die politische Verantwortung für die Änderung der Tarife übernehmen, die Sie dann für notwendig halten.
Das Wort hat der Abgeordnete Meitinger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Föderalistische Union hat bereits in ihrem Initiativantrag auf Drucksache Nr. 3830 den Standpunkt eingenommen, den heute die SPD für die beiden Änderungsanträge einnimmt. Wir unterstützen daher die beiden Änderungsanträge der SPD.
Bezüglich der Deckungsfrage möchte ich nur folgendes ausführen. Die Dinge müssen auch von der anderen Seite betrachtet werden. Aus der neuesten Berechnung des Instituts für Wirtschaftsforschung ergibt sich, daß trotz der erwarteten Steuerausfälle der Anteil der öffentlichen Hand am Sozialprodukt von 39,50 v. H. im Rechnungsjahr 1952/53 nur auf 39,35 v. H. im Rechnungsjahr 1953/54, d. h. nur um 0,15 v. H., sinkt. Wir können also den Änderungsanträgen mit ruhigem Gewissen zustimmen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der SPD auf Umdruck Nr. 889 Ziffer 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 6 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Ziffer 6 ist angenommen.
Die Fraktion der SPD hat den Antrag gestellt, eine Ziffer 6 a einzufügen. Zur Begründung hat das Wort Frau Abgeordnete Lockmann.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Mit der kleinen Steuerreform 1950 hatte man sich entschlossen, in die Steuerklasse II die Witwen und Witwer einzubeziehen. Man hatte dabei nicht bedacht, daß die Geschiedenen und die Ledigen nach Vollendung des 50. Lebensjahres eigentlich den gleichen Anspruch darauf gehabt hätten, in die Steuerklasse II übergeführt zu werden. Diese Ungleichheit vor dem Gesetz ist noch immer nicht beseitigt. Wir sollten jetzt zu einer Gleichheit vor dem Gesetz und zu einer gerechten Besteuerung kommen. Sie werden an Einzelbeispielen erfahren können, welche unterschiedlichen Steuersätze sich ergeben, je nachdem ob jemand geschieden oder verwitwet ist. Das ist ein Zustand, den wir nicht dulden sollten. Wenn Sie unserm Antrag zustimmen, ist diese Angelegenheit bereinigt.
Wird das Wort weiter gewünscht? — Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Antrag abzulehnen. Der Antrag ist als Teilstück einer kleinen Steuerreform unmöglich.
Meine Damen und Herren! Keine weitere Wortmeldung. Ich schließe die Besprechung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der SPD; den Frau Abgeordnete Lockman begründet hat, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf Ziffer 7, — Ziffer 8, — Ziffer 9. — Keine Wortmeldung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit. Ist angenommen.
Zu Ziffer 10 erübrigt sich eine ausführliche Begründung, Herr Abgeordneter Seuffert; es ist der Parallelantrag für die Lohnsteuer.
— Ist damit begründet.
Wird das Wort weiter zu dem Änderungsantrag Umdruck Nr. 889 Ziffer 2 gewünscht? — Nicht. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 889 Ziffer 2 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die der Ziffer 10 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Gegenprobe, bitte.
Das erste war die Mehrheit. Ziffer 10 ist angenommen.
Zu Ziffer 11 liegt erstens vor ein Antrag des Herrn Abgeordneten Niebes, den er selbst begründen will. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie wir hier wiederholt, auch aus dem Munde des Herrn Bundesfinanzministers, gehört haben, enthält dieses Gesetz als besonderes Kennzeichen einen kräftigen Abbau der bisherigen Steuervergünstigungen und nur einen außerordentlich mäßigen Abbau der Tarife. Wir sind also nicht der Meinung, daß dem Herrn Bundesfinanzminister durch dieses Gesetz so starke Mittel entzogen würden, wie er das hier dargestellt hat, und wir meinen auch nicht, daß es ein geeignetes Mittel wäre, der Öffentlichkeit, den Steuerzahlern und insbesondere den Lohnsteuerpflichtigen klarzumachen, daß man ihnen damit Steuervergünstigungen anböte, was in Wirklichkeit keineswegs der Fall ist. Man will also hier den Teufel mit Beelzebub austreiben.
Wie das aussieht, können wir an einem klassischen Fall sehen, nämlich bei der Position 11. Da heißt es, daß in § 41 Abs. 1 mit Wirkung ab 1. Januar 1954 in Ziffer 2 die Worte „Buchstaben a und b" und die Ziffer 3 wegfallen sollen. § 41 besagt: Wenn die Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziffer 1 und 2, Buchstabe a und b, die gestrichen werden sollen, den Betrag von 624 DM übersteigen, sollen sie nicht mehr vom Lohn abgezogen werden können. § 10 Abs. 1 Ziffer 2 a und b
— eben diese Buchstaben — enthält folgende Vorschrift: Beiträge und Versicherungsprämien zu Kranken-, Unfall-, Haftpflicht-, Angestellten-, Invaliden- und Erwerbslosenversicherungen, zu Versicherungen auf den Lebens- oder Todesfall und zu Witwen-, Waisen-, Versorgungs- und Sterbekassen sollen ab 1. Januar 1954 nicht mehr abzugsfähig sein. Zweitens sollen die Beiträge zu Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehen nicht mehr abzugsfähig sein. Wenn Sie das berücksichtigen, meine Damen und Herren, dann werden Sie finden, daß angesichts eines derart kräftigen Abbaus der Vergünstigungen es sich gar nicht mehr lohnt, davon zu reden, die Tarife seien so beträchtlich gesenkt worden.
Wir haben deshalb den Antrag gestellt, die in der Regierungsvorlage vorgesehene Position 11 Buchstabe a zu streichen und auch die Ausschußvorlage nicht anzunehmen, die vorsieht, diese Bestimmung unverändert zu lassen. Der alte Zustand des Einkommensteuergesetzes soll aber bestehen bleiben. Wir bitten Sie, diesem unserem Antrag Ihre Zustimmung zu erteilen.
Sehen wir uns nunmehr den § 41 an, so stellen wir fest, daß die Werbungskosten in diesem Paragraphen als Pauschale festgesetzt sind. Wir haben schon einmal bei einer früheren Gelegenheit den Antrag gestellt, die Werbungskosten beträchtlich zu erhöhen. Warum haben wir das getan? Wir haben das deswegen getan, weil die Sätze, die hier als Werbungskosten vorgesehen sind, den tatsächlichen Verhältnissen in keiner Weise mehr entsprechen. Sie wissen selbst — ich brauche Ihnen das eigentlich gar nicht besonders zu sagen —, daß die in den Werbungskosten erfaßten Ausgaben, seitdem das Gesetz verabschiedet worden ist, derart gestiegen sind, daß die Beträge, die hier vorge-
sehen sind, überhaupt nicht mehr ausreichen. Wir sind deshalb der Meinung, daß in Abs. 1 des § 41 des Einkommensteuergesetzes der Betrag von 312 DM für Werbungskosten durch den Betrag von 624 DM ersetzt werden muß.
Auch die Sonderausgaben, von denen in dem zweiten Absatz die Rede ist und die bisher pauschal in Höhe von 624 DM absetzbar waren, reichen aus den gleichen Gründen nicht mehr aus. Meine politischen Freunde und ich sind deshalb der Auffassung, daß man den Betrag von 624 DM für Sonderausgaben auf 936 DM erhöhen sollte. Im Interesse einer gerechten Steuerverteilung ist nach unserer Ansicht eine Zustimmung zu unseren Anträgen nötig. Gerade vom Standpunkt der Lohnsteuerpflichtigen, die dieses Gesetz am wenigsten berücksichtigt,
bitten wir Sie, den Anträgen zustimmen zu wollen.
Zu der gleichen Ziffer liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 887 vor, den Herr Abgeordneter Seuffert begründen wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Antrag Umdruck Nr. 887 handelt es sich, wie Sie dem Text des Antrags und den exakten Ziffern- und Buchstabenangaben sicher entnommen haben, um Genossenschaftsanteile. Bisher waren der Ersterwerb von Genossenschaftsanteilen und die Anlage von Sparkonten neben den Pauschalbeträgen, die für Sonderausgaben der Arbeitnehmer gelten, steuerbegünstigt.
Was die Sparkonten anlangt, so erscheint uns eine Aufrechterhaltung dieser Sonderbestimmung nicht mehr notwendig, nachdem wir jetzt das Prämiensparen haben und nachdem sich diese Bestimmung offenbar ohnehin nicht sehr stark ausgewirkt hat. Was hingegen die Genossenschaftsanteile betrifft, so bitten wir Sie, entgegen der Ausschußfassung diese Begünstigung des Ersterwerbs von Genossenschaftsanteilen, d. h. Anteilen von Verbrauchergenossenschaften, vor allen Dingen aber von Wohnungsbaugenossenschaften, bestehen zu lassen. Über diese Bestimmung ist in den letzten Jahren schon sehr viel geredet worden. Man hat sich über die Konkurrenz der verschiedenen Kapitalanlagen, Versicherungsprämien, Sparkonten und anderes mehr auseinandergesetzt. Man muß aber zugeben, daß Genossenschaftsanteile denn doch eine ganz besondere Anlage sind. Sie sind, im Gegensatz zu Sparanlagen und Versicherungsprämien, eine Anlage mit Verlustrisiko und stellen vor allen Dingen — und darauf kommt es uns an — in Verbindung mit dem sozialen Wohnungsbau und der Wohnungswirtschaft praktisch die einzige Möglichkeit für weite Arbeitnehmerkreise dar, zu einer Art von Miteigentum, nämlich genossenschaftlichem Miteigentum, an ihren Wohnungen zu gelangen. Es ist so, daß auf der einen Seite gerade die Arbeitnehmer auf diese Art des Miteigentums an Wohnungen angewiesen sind; denn sie werden sich nicht die Baukostenzuschüsse oder die Miteigentumsanteile leisten können, die auf andere Weise steuerbegünstigt sind. Auf der andern Seite sind die Genossenschaften, gerade die Wohnungsbaugenossenschaften, aber auch die Konsumgenossenschaften, auf die Werbung in erster Linie bei den Arbeitnehmern angewiesen. Deswegen spielt diese
Sonderbestimmung für sie eine besondere Rolle. Ich glaube deshalb, daß weder von dem Gesichtspunkt der Konkurrenz anderer Kapitalanlagen noch etwa von fiskalischen Gesichtspunkten aus — der Steuerausfall ist ja so minimal, daß er kaum zu schätzen sein dürfte — irgend etwas gegen unsern Antrag gesagt werden kann.
Keine weiteren Wortmeldungen; ich schließe die Besprechung.
Der weitestgehende Antrag ist derjenige, den der Abgeordnete Niebes für die kommunistische Gruppe begründet hat. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Umdruck Nr. 887 betreffend Ziffer 11, den der Abgeordnete Seuffert begründet hat. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der SPD Umdruck Nr. 887 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Meine Damen und Herren, wir wollen versuchen, es durch Aufstehen zu klären. Ich bitte die Damen und Herren, die für den Antrag sind, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist zu meinem Bedauern nicht klar. Ich bitte im Wege des Hammelsprungs auszuzählen. Wer für den Antrag ist, begibt sich durch die Ja-Tür.
Ich darf bitten, den Saal möglichst schnell zu räumen. — Ich bitte auch die letzten Nachzügler, den Saal zu räumen.
Ich bitte mit der Auszählung zu beginnen.
Ich bitte die Abstimmung zu beschleunigen. — Ich bitte die Abstimmung zu schließen.
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Für den Antrag haben gestimmt 142 Abgeordnete, gegen den Antrag 144 Abgeordnete bei einer Enthaltung. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 11 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; Ziffer 11 ist angenommen.
— Meine Damen und Herren, ich darf Sie freundlichst bitten, diese gute Besetzung des Hauses bis zur Beendigung der zweiten Beratung aufrechtzuerhalten; das erleichtert uns die Abwicklung der Abstimmung.
Ich rufe auf Ziffer 12, — 13, — 14, — 15. —
— Also ich darf zunächst — Ziffer 12 entfällt — über Ziffer 13 und Ziffer 14 in der Fassung der Ausschußvorlage abstimmen lassen. Ich bitte die Damen und Herren, die den Ziffern 13 und 14 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Zu Ziffer 15 Herr Abgeordneter Miessner, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß hat die Regierungsvorlage insofern ergänzt, als er der Regierung die Ermächtigung gegeben hat, bei den Einkünften
aus selbständiger Arbeit, also bei den freien Berufen, höhere Betriebsausgaben in Höhe einer Pauschale von jährlich 1200 DM zu gewähren. Die Gründe dafür sind bekannt. Sie gelten aber auch, und wohl noch in weit stärkerem Maße, für alle Einkünfte aus unselbständiger Arbeit, also für die Lohn- und Gehaltsempfänger. Wenn ein entsprechender Vorschlag für diese Gruppe von Einkommensbeziehern in der Ausschußvorlage nicht enthalten ist, so nicht etwa deshalb, weil ein solcher Antrag im Ausschuß abgelehnt worden wäre. Es ist über diese Frage ausführlich gesprochen worden. Lediglich aus der Verantwortung, die schnelle Verabschiedung der Steuervorlage nicht zu gefährden, ist von einer entsprechenden Ermächtigung abgesehen worden. Die an sich berechtigten Wünsche sind also nur zurückgestellt worden. Ich möchte aber doch die Regierung ausdrücklich bitten, bei einer eventuellen Ermächtigung für die Freiberufler den engen Zusammenhang mit den Festbesoldeten zu berücksichtigen und diese Dinge spätestens bei der großen Steuerreform auf eine gleiche Linie zu bringen.
Das Haus hat diese aufklärende Bemerkung zur Kenntnis genommen. — Keine weiteren Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Heren, die der aufgerufenen Ziffer 15 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich rufe auf Ziffer 16. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Art. 2 entfällt. Ich rufe auf Art. 3. — Ich bitte die Damen und Herren, die Art. 3 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Meine Damen und Herren, ich kehre noch einmal zu dem Fortfall des Art. 2 zurück. Der Herr Bundesminister der Finanzen wünscht dazu das Wort. Bitte!
— Zu Art. 2, der wegfällt. Dazu wünscht der Herr Bundesfinanzminister das Wort, er hat das Recht. jederzeit zu sprechen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz Stellung nehmen zu der Frage der gemeinsamen oder getrennten Veranlagung der Ehegatten, insbesondere der in einem fremden Betrieb nicht selbständig arbeitenden Ehefrau. Das ist die Bestimmung, um die es sich hier in dem Gesetzentwurf handelt. Wenn ich den Herrn Berichterstatter, wie ich hoffe, richtig verstanden habe. dann ist der Ausschuß zu einem Ergebnis nicht gekommen. Der Ausschuß hatte zunächst den Grundsatz ausgesprochen, daß es bei der bisherigen rechtlichen Regelung nicht bleiben könne. Er hat dann eine Wahl treffen wollen, welcher Weg gegangen werden solle, ob die vom Bundesrat oder die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung getroffen werden solle. Und dann sind, wenn ich es richtig verstanden habe, beide Regelungen abgelehnt worden, und ein neuer Weg ist nicht gefunden worden. Es steht also das Votum des Ausschusses fest: Die jetzige Regelung ist unhaltbar; aber ein Ausweg ist nicht genannt. Alle Vorschläge sind mit Mehrheit im Ausschuß abgelehnt worden.
Meine Damen und Herren, ich darf doch darauf hinweisen, daß auch in der Denkschrift des Deutschen Gewerkschaftsbundes ganz klar ausgesprochen ist, daß die jetzige Regelung auf diesem Gebiet ein Ding der Unmöglichkeit und eine Ungerechtigkeit ist.
In dieser Denkschrift des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist ausgesprochen, daß ein neuer Weg gefunden werden sollte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat gesagt, wenn man überhaupt zu einer getrennten Veranlagung aller Ehegatten käme — er war klug genug, zuzugestehen, daß das bei der heutigen Situation haushaltswirtschaftlich völlig unmöglich ist, und hat den Gedanken nicht verfolgt —, wäre es logisch, dann wenigstens den Weg zu gehen, den der Deutsche Bundesrat vorgeschlagen hat, also den Weg, daß grundsätzlich nicht mehrere Begünstigungen gleichzeitig gegeben werden — getrennte Veranlagung und niedrigere Steuerklasse —, sondern für den getrennt Veranlagten grundsätzlich die Steuerklasse I. Das ist die Situation, wie sie sich nach außen spiegelt.
Ich muß feststellen, daß schon durch die Beschlüsse des Ausschusses Einnahmeausfälle in beträchtlichem Maße eintreten und daß der Wegfall dieser Bestimmung die haushaltswirtschaftlichen Bedenken, die im Bundesrat vielleicht kommen — denn letzten Endes handelt es sich um eine Steuer, die nach wie vor zu 60 % den Ländern zufließt —, nur steigern wird. Wer will, daß das Gesetz überhaupt zustande kommt — das möchte ich in allem Ernst sagen —, muß nach meinem Dafürhalten auch wollen, daß in diesem Punkt irgendeine Regelung gefunden wird. Ich halte die Regierungsvorlage für die bessere. Ich würde mich unter Umständen noch damit abfinden können, einen Weg zu gehen, wie ihn der Bundesrat vorgeschlagen hat. Aber den jetzigen Zustand beizubehalten, bringt die Gefahr mit sich, daß der Gesetzentwurf im Bundesrat und auch in der Öffentlichkeit auf große Schwierigkeiten stößt, und ich möchte dringend bitten, einen Weg zu finden, der zur endgültigen Klärung dieser Frage führt.
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegenüber den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers möchte ich rein berichtigend feststellen: Das Votum des Ausschusses ist eindeutig — und das ist auch in der Berichterstattung zum Ausdruck gekommen —, daß mit diesem Gesetz und in diesem Rahmen eine Änderung des bisherigen Zustands nicht eintreten soll. Ich glaube, daran ist nicht zu deuteln. Wenn der Ausschuß in Erwägung gezogen hat, daß Änderungen des bisherigen Zustandes einiges für sich haben könnten, ist demgegenüber festzustellen, daß er sich ebenso eindeutig in seiner Mehrheit dafür ausgesprochen hat — das ist auch in der Berichterstattung vollkommen richtig betont worden —, daß diese Änderungen nicht bei diesem Gesetz, sondern allenfalls nur im Rahmen der wirklichen großen Steuerreform vorgenommen werden sollen.
Was die Schwierigkeiten in der Öffentlichkeit anlangt, so weiß ich nicht, ob der Herr Bundesfinanzminister über die Schwierigkeiten, die seine Vorlage in der Öffentlichkeit gefunden hat, richtig unterrichtet ist.
Ich möchte mich aber jetzt auf diese Bemerkungen beschränken, nachdem keinerlei Antrag zu
diesem Punkt vorliegt — auch nicht ein Antrag des Herrn Abgeordneten Schäffer — und über den Punkt bereits abgestimmt worden ist.
Herr Abgeordneter Seuffert, über den Punkt ist noch nicht abgestimmt worden, sondern ich konnte darüber nicht abstimmen, da der Ausschuß dazu keinen Antrag gestellt hat. — Herr Abgeordneter Wellhausen!
Sowohl der Herr Bundesfinanzminister wie der Kollege Seuffert haben meine Berichterstattung nicht kritisiert, aber erwähnt. Ich möchte doch, damit kein Mißverständnis aufkommt, folgendes sagen: Wir haben ein Vakuum geschaffen, indem wir zuerst — vielleicht war das falsch — im Finanzausschuß darüber abgestimmt haben, ob der jetzige Zustand beibehalten werden soll. Das war unsere erste Abstimmung, und diese Abstimmung hat dazu geführt, daß der Antrag, den jetzigen Zustand beizubehalten — den ich übrigens persönlich gestellt habe —, abgelehnt worden ist. Insofern, glaube ich, ist rein rechtlich — oder wenn Sie wollen, auch technisch — die Vorstellung des Herrn Minister Schäffer richtiger. Es hat aber ungeheuer wenig Zweck, darüber zu diskutieren, solange dieses Haus nicht irgendeinen Antrag — ich hätte bald gesagt: geboren — gestellt hat, über den wir hier abstimmen können. Insofern hatte unser Präsident — wie meistens — das richtige natürliche Empfinden.
Meine Damen und Herren, nach diesem Meinungsaustausch kehre ich zurück zu Art. 3. Ich bitte die Damen und Herren, die Art. 3 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe Art. 4 auf. — Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die Art. 4 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; Art. 4 ist angenommen.
Zu Art. 5 liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Raestrup, Schmücker, Dr. Freiherr von Fürstenberg, Dr. Köhler und Genossen Umdruck Nr. 888 vor.
Zur Begründung Herr Abgeordneter Raestrup, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 10 a war ursprünglich vom Mittelstand für die kleine Steuerreform erwünscht worden. Wir haben das damals von der CDU auch befürwortet. An Stelle des § 10 a ist dann, was für den Mittelstand meines Erachtens genau so günstig ist, die ermäßigte Steuertabelle gekommen. Aber jetzt sind wegen der Nachversteuerung des stehengebliebenen Gewinnes sowohl bezüglich § 10 a wie auch bezüglich § 32 a Schwierigkeiten entstanden. Es ist praktisch so gewesen, daß, wenn ein mittelständischer Betrieb 30 % von seinem Gewinn stehenließ, er eine Steuerermäßigung von 15 % bekam. Die Lösung, die die Regierungsvorlage zur Ablösung dieser Sache vorgeschlagen hat, war an sich sehr einfach. Der Steuerpflichtige konnte auf Antrag gegen eine Nachsteuer von 10 % über den stehengebliebenen Gewinn verfügen.
Leider hat — und für mich unbegreiflicherweise — der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen aus
dieser sehr gesunden K a n n-Vorschrift eine MußVorschrift gemacht und hat einfach gesagt: gleichgültig ob der Steuerpflichtige seinen Gewinn stehenläßt und auch in Zukunft stehenlassen will, er hat 10 % des stehengelassenen Gewinnes nachzuversteuern. Ich möchte Ihnen an einem Beispiel klarmachen, was das für den Mittelstand bedeutet. Wenn ein mittelständischer Geschäftsmann im Jahre 1951 bei einem Einkommen von 20 000 DM 30 % hat stehenlassen, so sind das 6000 DM gewesen. Diese 6000 DM hat er in seinem Geschäft festgelegt; damit arbeitet er. Jetzt muß er plötzlich einen Betrag von 600 DM als Nachsteuer zahlen. Kein Mittelständler wird es verstehen, wenn er diesen neuen Steuerzettel ins Haus geschickt bekommt. Ich verstehe wirklich nicht, daß der Finanz- und Steuerausschuß, der eigentlich dem Steuerfiskus gegenüber die Interessen der Steuerpflichtigen wahrnehmen sollte, fiskalischer ist als der Fiskus selbst. Ich meine, wenn der Finanzminister mit einer Kann-Vorschrift einverstanden ist, dann sollten wir daraus keine Muß-Vorschrift machen.
Genau so verhängnisvoll und unangenehm wie der § 10 a für die mittelständischen Betriebe wirkt sich der § 32 a für den großen Unternehmer aus, der heute noch den Mut besitzt, sein Werk in der Form einer offenen Handelsgesellschaft unter Haftung mit seinem ganzen Vermögen — im Gegensatz zu den anonymen Betrieben — weiterzuführen. Dieser Unternehmer muß, weil der § 32 b fortfällt, die Gesamtsumme des in den Jahren 1951, 1952 und 1953 stehengelassenen Gewinns mit 10 % nachversteuern. Nun soll man ihm wenigstens bezüglich § 32 a die Wahl darüber lassen, ob er nachversteuern oder den Betrag stehenlassen will. Vom Finanzminister ist mir das Bedenken entgegengehalten worden, es ließe sich verwaltungsmäßig schlecht kontrollieren, ob der Gewinn auch wirklich stehenbleiben würde. Ich will Ihnen dazu etwas sagen. Erstens ist eine verwaltungstechnische Schwierigkeit kein Grund, jemanden mit Steuern zu belasten. Zweitens aber habe ich auf Grund meiner Erfahrungen zu den Finanzbeamten, die heute die Betriebe revidieren, viel mehr Vertrauen. Ich habe augenblicklich die gesetzlich vorgeschriebene Steuerprüfung in meinem Hause. Ich kann Ihnen sagen, daß ich mich sehr gut mit diesen Herren stehe; aber sie sind so unheimlich klug, so schlau, daß sie noch nach 100 Jahren dahinterkämen, wenn einer nur 100 Mark von dem stehengelassenen Gewinn zu Unrecht entnommen haben sollte.
Ich bitte Sie also, meine Damen und Herren, im Interesse des Mittelstandes und der selbständigen Unternehmer, die heute noch den Mut besitzen, einen Betrieb unter Haftung mit ihrem gesamten Vermögen zu führen, auf den Vorschlag des Finanzministeriums zurückzukommen und die vom Ausschuß konstruierte Muß-Vorschrift abzuschaffen und die Kann-Vorschrift wiederherzustellen. Das ist der Zweck unseres Änderungsantrags, den ich aus den vorgetragenen Gründen anzunehmen bitte.
Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausschußfassung des strittigen Art. 5 Abs. 2 unterscheidet sich von der Regierungsfassung nicht nur darin, ob eine Ablösung vorgenommen werden muß oder kann, sondern auch in den Bedingungen der Ablösung. Ob der Steuerpflichtige bei der einen oder der anderen Fassung
günstiger fährt oder ein größerer oder geringerer Ausfall für den Steuerfiskus entsteht, kann nicht allgemein entschieden werden, sondern richtet sich nach der Bilanz, die man dabei im Auge hat. Für die eine Bilanz ist das eine, für die andere das andere günstiger. Darum geht es und nicht um mittelständische allgemeine Interesssen.
Wir können die Bilanzen, um die es sich hier handelt, nicht so genau beurteilen, wie sie der Kollege Raestrup eben im Auge gehabt hat. Wir sind der Ansicht, daß die Herren, die sich für die in Frage kommenden Bilanzen interessieren, das unter sich ausmachen sollen. Die sozialdemokratische Fraktion wird sich bei diesem Streit der Stimme enthalten.
Keine weitere Wortmeldung. Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag Raestrup auf Umdruck Nr. 888. Ich bitte die Damen und Herren, die ihm zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist bei zahlreichen Enthaltungen angenommen worden.
Ich bitte die Damen und Herren, die Art. 5 unter Berücksichtigung dieser Änderung anzunehmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich rufe auf Abschnitt II, Art. 6, — Art. 7, — Abschnitt III, Art. 8, -- Abschnitt IV, Art. 9.
— Jawohl, Abschnitt II gesondert. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Abschnitt II — Körperschaftsteuer — zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Enthaltungen? Das erste war die Mehrheit. Abschnitt H ist angenommen.
Wenn Sie eine gesonderte Abstimmung wünschen, sagen Sie es bitte, damit die Sache vereinfacht wird.
Abschnitt III, Art. 8, — Abschnitt IV, Art. 9, — Abschnitt V, Art. 10, — Art. 11, — Abschnitt VI, Art. 12. — Ich bitte die Damen und Herren, die die aufgerufenen Artikel anzunehmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; sind angenommen.
Ich rufe auf: Abschnitt VII, Art. 13 und 14. — Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Zweiter Teil, § 1! Dazu hat der Abgeordnete Renner einen Antrag gestellt. Sie begründen den gesamten Antrag, Herr Abgeordneter Renner?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben den Antrag gestellt, den Abschnitt I „Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund" im Zweiten Teil „Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern in den Rechnungsjahren 1953 und 1954" zu streichen.
Zuerst einmal ein Bild der Zahlen. Was bedeutet diese ständige Erhöhung des Anteils des Bundes an diesen Hauptsteuerquellen? Ist-Ergebnis für den Bund aus dem Jahre 1951: 2278 Millionen DM. Ist-Ergebnis aus dem Jahre 1952: 3832 Millionen DM. Ansatz im Haushalt 1953: 5038 Millionen DM. Also mehr als ein Drittel des sogenannten Verteidigungsbeitrags von 13,9 Milliarden werden in der
Form aufgebracht, daß ständig der Anteil des Bundes an den Einkommen- und Körperschaftsteuern erhöht wird, wobei gleichzeitig die Einnahmen der Länder und damit der Gemeinden entsprechend herabsinken.
Nun haben wir uns im vorigen Jahr bei der Verabschiedung des Haushalts bereits eingehend über dieses Problem unterhalten. Damals wurde die scheinbar widerspruchsvolle Haltung des Bundesrats zu dem Anspruch des Herrn Bundesfinanzministers auf Erhöhung des Bundesanteils aufgezeigt. Heute will ich mich darauf nicht weiter einlassen, sondern ich will heute unserem „Gratwanderer" aus Bayern, dem heute als „so klug" präsentierten Finanzminister — natürlich von seinen eigenen Koalitionsparteien als klug herausgestellten Finanzminister — etwas vorhalten, was aus seiner Heimat stammt. Vielleicht wirkt es doch ein bißchen mehr auf ihn ein, da er doch ein Urbayer ist oder zu sein vorgibt, wenn man ihn mit Material schlägt, was seine eigenen Brüder in Bayern zu dem Problem zu sagen haben.
Vor mir liegt eine Stellungnahme der Stadtgemeinden und Kreisvertretungen Bayerns gegen die Politik der Herren Schäffer und Adenauer auf dem heute zur Entscheidung stehenden Sektor. In diesem Material wird eine Feststellung zitiert, die ich bereits im vorigen Jahr selber hier vorgetragen habe, nämlich die Feststellung des Deutschen Städtetages aus dem Jahre 1951, die lautet: „Die Finanzpolitik des Bundes und der Länder bedeutet den finanziellen Ausblutungsprozeß der Städte und Gemeinden."
Und nun sagen die lieben Bayern des Herrn Gratwanderers dazu folgendes. Im „Gemeindekurier", also einem urbayerischen Fachorgan, in dem keine Kommunisten mitarbeiten, Herr Schäffer, heißt es in einem Artikel:
Landkreise und Gemeindeverbände protestieren einmütig gegen die drohende Aushungerung im Finanzausgleich für 1953.
Was wird dort festgestellt?
Der bayerische Finanzminister Zietsch
— Parteizugehörigkeit ist ja klar, nicht wahr? — Klarer Fall! —
hat im Landtag
— so heißt es in dem Artikel; aus meiner Quelle stammt es nicht —
in seiner am 11. Februar gehaltenen großen Haushaltsrede den vom Bayerischen Ministerrat geplanten Finanzausgleich für den Staat und die Gemeinden bekanntgegeben. Der Verband der bayerischen Landkreise und der Verband der Landgemeinden haben sich veranlaßt gesehen, gegen diese Haushaltsvorlage, die eine Kürzung der Staatsleistungen an die Gemeinden und Gemeindeverbände vorsieht, auf das schärfste zu protestieren. Der Vorsitzende des Landkreisverbandes Landrat Dr. Held aus Freising
— das ist wieder einmal die Gegenseite, politisch gesehen —
brachte zum Ausdruck,
— so heißt es in dem Artikel
daß die neue Gemeindeordnung und Landkreisordnung die Selbstverwaltung auf ein Minimum reduzieren und daß,
- und das ist das Entscheidende —
wenn man die finanziellen Mittel der Landkreise so, wie es in dieser Haushaltsvorlage geschehen ist, auf ein Minimum beschneide, es den Gemeinden nicht mehr möglich sei, Einrichtungen zu schaffen, die der Wohlfahrt der Bevölkerung dienen und die Erfüllung ihrer überörtlichen kommunalen Aufgaben ermöglichen.
An einer anderen Stelle dieses Berichts wird festgehalten — was wir Kommunisten hier schon des öfteren gesagt haben —, daß die Städte-, Gemeinde- und Kreisparlamente auf Grund dieses ständigen Abbaues der Zuweisungen vom Land dazu übergehen, durch Schaffung anderer Einnahmequellen kommunaler Natur diesen Ausfall zu ersetzen. Herr Erler hat ja in seiner vor kurzem bekanntgegebenen Broschüre sich auch über diese Wechselwirkung zwischen Schäfferscher Politik und Ausweichpolitik in den Gemeinden geäußert und festgestellt, daß die Gemeinden nun gezwungenermaßen dazu übergehen müßten, die kommunalen Gebühren ständig zu erhöhen. Wenn man die Debatten bei den letzten Haushaltsverabschiedungen in den Gemeinden, vor allem in den Großstädten, einmal daraufhin untersucht, dann kommt man zu dem Ergebnis, daß die politischen Gewaltträger in den Gemeinden, ganz gleich, ob sie vom Blute des Herrn Schäffer sind oder ob sie die Fahne des Herrn 011enhauer in der Gemeinde hochhalten, ein und dieselbe Politik betreiben: ständige Erhöhung der Abgaben für Gas, Wasser, Strom, ständige Erweiterung der Konzessionsabgaben z. B.; und die neue Methode geht darauf hinaus, durch Aufnahme kommunaler Anleihen die Gelder hereinzubringen, die notwendig sind, um die Kriegsfolgelasten —etwa für die Wiederherstellung von Schulen, Krankenhäusern usw. — zu decken. Dabei gehen die Gemeinden dazu über, den Zinsen- und Tilgungsdienst für diese Anleihen, die ja überhaupt nur unter halsabschneiderischen Bedingungen zu bekommen sind, einfach aus dem ordentlichen Etat zu entnehmen, wodurch eine ständige Verschlechterung ,der Ausgabenseite des ordentlichen Etats eintritt. Wir haben also wirklich die eigenartige Folgeerscheinung, daß man entgegen einer gesunden kommunalen Finanzierungspolitik heute in Form dieser Anleihen über den ordentlichen Haushalt Ausgaben finanziert, die früher nur über den außerordentlichen Haushalt gingen, die aber, was den Zinsen- und Tilgungsdienst angeht, aus den Erträgen des ordentlichen Haushalts gedeckt werden müssen. — Das ist die Lage in den Gemeinden.
Und noch einmal: Sehen wir doch die Wechselwirkung! Jetzt verlangt der Bundesfinanzminister die Erhöhung des Bundesanteils auf 40%. Wer garantiert uns dafür, daß er bei zunehmender Verpflichtung aus der Wiederaufrüstungspolitik, die Herr Adenauer betreibt, diesen Bundesanteil nicht im laufenden Jahre bereits noch einmal in die Höhe treibt? Wer garantiert uns dafür? Es gibt keine Garantie. Aber den letzten beißen bei dieser Politik die Hunde; und die letzten sind unsere Gemeinden, denen die Durchführung ihrer eigentlichen Aufgaben heute bereits außerordentlich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird. Das ist die Wechselwirkung dieser Politik der Kriegsvorbereitungen, wie sie hier systematisch betrieben wird.
— Ja, daß Sie das nicht gern hören, kann ich Ihnen
gar nicht einmal übelnehmen. Aber es ist doch nun
nicht zu bestreiten, daß die Ursachen von mir richtig dargestellt worden sind
und daß auch die Auswirkungen von mir richtig dargestellt worden sind. Ich möchte Sie sehen, wenn Sie als kleine Stadtverordnete in Ihrer Gemeinde zu den Dingen Stellung nehmen müssen. Was machen Sie denn da?
Da stellen Sie sich hin und jammern über die Folgen der Schäfferschen Politik. In den Gemeinden jammern Sie über die Politik, die Sie hier mitmachen.
Sie führen diese Politik treuestens durch — das ist doch das Ungute an Ihrer politischen Haltung in der Heimatgemeinde und hier im Bundestag!
— Natürlich haben Sie ein doppeltes Gesicht! Sie berauben die Bürger und machen die Bürger in der Gemeinde für die Aufbringung der Gelder haftbar, die der Herr Schäffer in Form der ständigen Erhöhung des Bundesanteils der Einkommen- und der Körperschaftsteuer ihnen stiehlt. Das ist die Lage, und alle anderen Erklärungen gehen an diesem Tatbestand vorbei.
Aus diesem Grunde haben wir beantragt, diesen Vorschlag zu streichen. Wir gehen noch einen Schritt weiter. Bei den Beratungen der Haushalte in den Gemeinden hat sich überall herausgestellt, daß die Gemeinden dank der Verknappung der Zuschüsse vom Lande her nicht mehr in der Lage sind, auch nur anteilmäßig die Mittel aufzubringen, die zur Durchführung eines ausreichenden sozialen Wohnungsbaues benötigt werden, und daß sie auch nicht mehr die Gelder haben, um die notwendigen Schulhausreparaturen und Schulhausneubauten zu finanzieren. Im Regierungsentwurf — das sollte wohl die böse Absicht in etwa kaschieren — stand noch der Vorschlag, den Herrn Bundesfinanzminister zu verpflichten, 200 Millionen DM vom Bund an die Gemeinden zur Finanzierung des Schulhausbaues abzugeben. Im Ausschuß ist das gestrichen worden.
— Er wollte es nicht?
— Die Länder haben darauf verzichtet? Die Länder haben todsicher nur deshalb darauf verzichtet, weil sie hofften, diese Erhöhungsmaßnahme werde ihnen erspart. Nur das kann der Grund dafür sein, daß die Länder verzichtet haben. — Aber wir haben hier von dem Berichterstatter nichts darüber gehört, warum der Ausschuß diese Bestimmung gestrichen hat. Es ist doch ein Tatbestand, daß sie in dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Regierung enthalten war.
— Aber ich tue Ihnen ja gar nicht weh! Sie haben ja nur einen Mehrheitsbericht gegeben. Ich will Ihnen persönlich im Augenblick gar nichts. — Aber ich stelle fest, daß die Gemeinden— das beweist doch das Studium der kommunalen Haushaltspläne für das laufende Jahr — die Gelder gar nicht mehr
haben, um den Schulhausneubau zu finanzieren. Selbst wenn die Länder verzichtet haben sollten, muß man im Interesse der Gemeinden darauf bestehen, daß den Gemeinden die Wiederherstellung und der Aufbau der benötigten Volksschulen und höheren Schulen ermöglicht werden. Aus eigener Kraft können sie es heute nicht mehr. Sie können es nur dann, wenn der Bund auf seine Politik der Finanzierung des Krieges verzichtet, wenn die 14 Milliarden, die heute schon verpulvert werden, um unser Volk in einen neuen Krieg hineinzutreiben, zur Linderung unserer sozialen Not verwendet werden.
— Ja, endlich bin ich bei dem Thema, das Sie nicht hören wollen. Aber dieses „Thema" wird Ihnen im Wahlkampf oft genug vom deutschen Volk entgegengehalten werden. Seien Sie dessen sicher, das deutsche Volk wird Sie darauf hinweisen!
Wer also den Gemeinden helfen will, ihre gemeindlichen Aufgaben zu erfüllen, wer etwas tun will für die Bürger in den Gemeinden, wer etwas dazu beitragen will, den Gemeinden zu ermöglichen, ihre ureigensten kommunalen Aufgaben zu erfüllen, der muß sich gegen diese Politik Schäffers einstellen und der muß unserem Antrag stattgeben.
Deshalb bitte ich, die Dinge einmal von dem Gesichtspunkt und den Bedürfnissen der Gemeinden her zu sehen und nicht immer nur vom Standpunkt der Politik des Herrn Adenauer und von den Befehlen des Herrn Dulles aus.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Besprechung.
Herr Abgeordneter Renner hat beantragt, den
§ 1 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren,
die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine
Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Das zweite ist die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 1 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; der § 1 ist angenommen.
Herr Abgeordneter Renner hat beantragt, den
§ 2 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren,
die diesem Antrag des Herrn Abgeordneten Renner zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 2 in der Ausschußfassung anzunehmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; der § 2 ist angenommen.
Ich rufe § 3 auf. Herr Abgeordneter Renner hat beantragt, den Abs. 1 neu zu fassen und Abs. 2 und 3 in der Fassung der Drucksache Nr. 4092 wiederherzustellen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag des Herrn Abgeordneten Renner zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Dieser Antrag ist abgelehnt.
Herr Abgeordneter Renner hat beantragt, § 4 in der Fassung der Drucksache Nr. 4092 wiederherzustellen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich rufe auf Dritter Teil, § 1, — § 2, — § 3, — Einleitung und Überschrift Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen sowie der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Diese Ziffern sind bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. Damit ist die zweite Beratung dieses Gesetzentwurfs beendet.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes ;
b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Bundesversorgungsgesetzes .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen für die erste Beratung beider Gesetzentwürfe eine Redezeit von höchstens 90 Minuten vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Zur Begründung hat das Wort der Herr Bundesminister für Arbeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hohe Haus hat in seiner 248. Sitzung am 29. Januar dieses Jahres beschlossen, die Bundesregierung zu ersuchen, dem Hohen Hause unverzüglich ein Gesetz zur Änderung des Versorgungsgesetzes vorzulegen, das die Versorgungsbezüge und die Anrechnungsbestimmungen für die Berechnung der Versorgungsbezüge entsprechend dem veränderten Lohn- und Preisgefüge neu festsetzt. Diesem Ersuchen des Hohen Hauses ist die Bundesregierung durch den vorliegenden Gesetzentwurf nachgekommen. In diesem Gesetzentwurf finden Sie Leistungen vor allen Dingen für diejenigen Personen, die sich, weil sie als Kriegsbeschädigte nicht im Erwerbsleben stehen können, in besonders schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen befinden. An eine Erhöhung der Grundrenten konnten wir nicht denken, weil uns dafür die notwendigen Mittel nicht zur Verfügung stehen. Insgesamt werden die Ihnen hier vorgelegten Verbesserungen einen Kostenaufwand von ungefähr 270 Millionen DM ausmachen. Wir könnten diese Beträge meines Erachtens decken, weil wir schon bei der Festsetzung des Etats die Mittel so eingesetzt haben, daß wir derartige Beanspruchungen erfüllen können.
Ich möchte auf die Einzelheiten der Verbesserungen nicht eingehen. Sie finden alle diese Zahlen im Gesetz selbst und in der Begründung. Eine Sache ist hier allerdings mit angegeben, die von der bisherigen Regelung der Kriegsopferversorgung abweicht. Wir haben uns bei der Elternrente davon leiten lassen, daß die alten Eltern dann, wenn sie mehr als einen Sohn im Krieg verloren haben und damit mehr als eine Stütze für ihre Altersversorgung einbüßen mußten, eine besondere Zulage auch für den zweiten und dritten Ernährer erhalten. Sonst bewegen wir uns im Rahmen des bisherigen Gesetzes und legen Zulagen auf die bisher gewährten Renten. Wir wollen hoffen, daß wir
durch dieses Gesetz dort, wo die Not am größten ist, für die Kriegsopfer eine Erleichterung der Lebensmöglichkeiten schaffen können.
Das Wort hat Herr Staatssekretär Hartmann zum Punkt 3 b.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Punkt 3 b handelt es sich um ein Initiativgesetz des Bundesrates, zu dem die Bundesregierung ablehnend Stellung nehmen muß. Ich darf aus den Gründen, die in der Drucksache ausführlich wiedergegeben sind, nur folgendes hervorheben.
Es handelt sich hier nicht um eine Erhöhung der Leistungen an die Rentenberechtigten, sondern um eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Ländern und dem Bund über die Frage, ob die Länder jetzt nachträglich noch zu Lasten des Bundes einen Betrag von 60 Millionen DM — so hat ihn der Bundesrat selbst beziffert — bekommen sollen oder nicht. Daher ist auch weniger der Herr Bundesminister für Arbeit als in erster Linie das Bundesministerium für Finanzen hieran interessiert.
Es war der Wille des Gesetzgebers, das Kriegsopferversorgungsrecht zu vereinheitlichen. Da in einigen Ländern vorher höhere Leistungen gegeben wurden, mußten sich notwendig hinterher niedrigere Leistungen ergeben, und in der Übergangszeit bis zur Neuberechnung der Leistungen sind diese Mehrbeträge nach dem Grundsatz des Gesetzes von den Ländern aufzubringen, die vorher höhere Leistungen durch Landesgesetze normiert hatten. Zur Entlastung dieser Länder hat aber der Gesetzgeber im § 86 des Gesetzes vorgesehen, daß der Bundeshaushalt die in den ersten drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesversorgungsgesetzes entfallenden Mehrbeträge übernimmt.
In dieser Fassung hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt. Er mußte sich dabei darüber klar sein, daß die Umrechnung von mehr als 4 Millionen Rentenfällen mehr als sechs Monate beanspruchen würde. Diese sechs Monate sind auch nur eine Durchschnittszahl, die die finanzielle Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern vereinfachen sollte. Es war klar, daß ein Teil der Rentenberechnungen erst nachher erfolgen konnte.
Die Bundesregierung hat auch noch zwei weitere Maßnahmen ergriffen, die den Ländern die Tragung dieser Auswirkungen erleichtern sollten. Bei der Bemessung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer für 1951 ist ein Betrag von 30 Millionen zugunsten der Länder berücksichtigt worden. Ferner ist durch einen Erlaß des Herrn Bundesarbeitsministers vom 7. Februar 1951 bestimmt worden, daß bei einer Minderung oder Entziehung der Rente bis zum 30. Juni 1951 eine einmalige Zuwendung in Höhe der Hälfte des Rentenverlustes zu Lasten des Bundeshaushalts geleistet werden darf.
Der jetzige Initiativantrag des Bundesrates würde das Rechnungsjahr 1953 belasten. Der Bundesrat hat aber seinen Gesetzesvorschlag nicht mit einer Deckungsvorlage versehen, so daß die Bundesregierung im Falle der Annahme des Vorschlags genötigt sein würde, die Zustimmung gemäß Art. 113 des Grundgesetzes zu versagen.
Wenn ich mir in diesem Zusammenhang eine Anregung erlauben darf — ich habe eben schon auf
den mehr finanziellen Charakter dieses Gesetzes hingewiesen —, so würde es wohl zweckmäßig sein, daß sich federführend der Haushaltsausschuß des Hohen Hauses mit dem Initiativantrag des Bundesrats befaßt.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Probst.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Sämtliche demokratischen Parteien dieses Hohen Hauses haben sich im Oktober 1950 feierlich zu dem Recht der Kriegsopfer bekannt, wie es im Bundesversorgungsgesetz — in grundlegender Struktur — Gestalt gewonnen hat. Wir haben uns dabei zu einer Rente bekannt, die dem hundertprozentig erwerbsgeminderten Schwerkriegsbeschädigten den vollen Lebensunterhalt einschließlich des den Kriegsopfern zustehenden Anteils am kulturellen Leben des deutschen Volkes gewährt. Heute haben wir angesichts der Gesamtentwicklung, aber auch angesichts der Erfahrungen, die wir mit der Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes gemacht haben, die Verpflichtung, so rasch wie nur möglich an die Revision des vor dreieinhalb Jahren geschaffenen Gesetzes zu gehen und diese Überprüfung im Ausschuß mit aller gebotenen Verantwortung vorzunehmen.
Meine Herren und Damen, den Kriegsopfern, den Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen einschließlich der Eltern und Waisen steht ein gerechter Anteil am wachsenden Sozialprodukt zu. Die Renten und die Einkommensfreigrenzen müssen an das veränderte Lohn- und Preisgefüge und an die inzwischen angestiegenen Leistungen der übrigen Sozialgesetze angepaßt werden. Das Hohe Haus hat bereits am 29. Januar 1953 im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Gesetzes über die Gewährung einer doppelten Monatsrente — Drucksache Nr. 3901 —, die als Ausgleich für die in der zurückliegenden Zeit durch die Preiserhöhung eingetretene Minderung der Rentenkaufkraft gegeben wurde, eine Novelle zum Bundesversorgungsgesetz verlangt, in welcher die Versorgungsbezüge entsprechend dem veränderten Lohn- und Preisgefüge neu festgesetzt werden sollen.
Die Rente der Kriegerwitwe, die heute 50 % der Vollrente des erwerbsunfähigen verheirateten Kriegsbeschädigten beträgt, bedarf der Anpassung an den Prozentsatz anderer Sozialgesetze und des Beamtenrechts. Die erste Aufgabe der Mutter ist die Sorge für die Familie und die Erziehung der Kinder. Die Ruhensvorschriften müssen zur Diskussion gestellt werden. Die Elternrenten sind entsprechend neu zu gestalten, insbesondere in den Fällen, in denen einzige Kinder oder mehrere Kinder gefallen sind. Die Notwendigkeit einer Umgestaltung der derzeitigen Einkommensfreigrenzen hat das Hohe Haus schon bei der ersten Novelle zum Bun desversorgungsgesetz grundsätzlich bejaht, wobei die Fraktionen dieses Hohen Hauses sich darüber klar waren, daß diese erste Novelle zum Bundesversorgungsgesetz lediglich eine Sofortmaßnahme und nur eine Teillösung darstellt. Vor allem bedarf die Einkommensfreigrenze für das sogenannte „sonstige Einkommen", nämlich u. a. Ruhegehälter und auch Einkommen aus selbständiger Arbeit, einer Änderung. Der Einheitswert kann nicht das einzige Kriterium für den Ertragswert des Betriebs bleiben. Im allgemeinen muß gesagt werden, daß die Ausgestaltung der
Einkommensfreigrenzen besonders auch für die Hinterbliebenen- und Elternrente nicht nur in Relation zur Rente gesehen werden darf, sondern einer absoluten Erhöhung bedarf.
Über den Charakter der Grundrente habe ich — auch im Namen der Fraktion der CDU/CSU — schon des öfteren Grundsätzliches gesagt; ich darf mich im Zusammenhang mit der ersten Lesung der zweiten Novelle zum Bundesversorgungsgesetz darauf beziehen. Der Charakter der Grundrente muß erhalten bleiben.
Bei der ersten Lesung, die grundsätzlichen Charakter hat, verzichte ich bewußt auf die Behandlung von Einzelproblemen, so sehr sie uns auch am Herzen liegen: sei es die Heil- und Krankenbehandlung, sei es die Rentengestaltung selbst, sei es die soziale Fürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz, sei es die Frage einer verbesserten Kapitalisierung der Rente auch der Witwe zum Zwecke des Wohnungsbaues. Ich darf an dieser Stelle grundsätzlich zum Ausdruck bringen, daß neben der Anpassung des BVG an das veränderte Lohn- und Preisgefüge Härten des Gesetzes, die sich bei der Durchführung herausgestellt haben, gemildert und Lücken geschlossen werden müssen. Meine politischen Freunde und ich behalten sich vor, im Ausschuß entsprechende konkrete Anträge zu stellen. In diesem Sinne stimmen wir für die Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen.
Das Wort hat der Abgeordnete Maerkl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes werden Elternrenten und diesbezügliche Einkommensgrenzen um je DM 10 für ein Elternpaar und um je DM 5 für einen Elternteil erhöht. Die Föderalistische Union — Bayernpartei und Zentrum — hält diese Beträge für völlig unzureichend. Wenn man bedenkt, daß hiernach die Rente einer Mutter, die ihren Sohn, der ihren Lebensunterhalt bestritt, dem Vaterland geopfert hat, DM 55, gebunden an eine Einkommensgrenze von DM 90, betragen soll, so dürfte es gerechtfertigt erscheinen, sich hier einmal grundsätzlich mit dieser Materie zu befassen. Es gibt heute viele Eltern und Elternteile, die ihr sogenanntes „sonstiges Einkommen", also die Differenz von Elternrente zur gesetzlichen Einkommensgrenze, aus der öffentlichen Fürsorge beziehen müssen. Viele haben schon bei der ersten Geldentwertung Vermögen und ersparte Altersversorgung durch den Staat verloren. Die Erziehung und Ausbildung der Kinder waren die einzigen Investitionen und Rücklagen für den Lebensabend, beinhaltet von der Gewißheit, durch die Sorge der Kinder um den künftigen Lebensunterhalt im Alter der Existenzsorgen entledigt zu sein. Wenn man davon spricht, daß eine angemessene Erhöhung der Elternrenten, die ja nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gewährt werden, zwangsläufig Erhöhungen bei den Ausgleichsrenten der Witwen bringt, so darf doch darauf hingewiesen werden, daß erstens naturgemäß eine Erwerbstätigkeit der Eltern oder die Wiederverheiratung eines Elternteils Ausnahmen sind und zweitens die Witwenrenten nicht schuld daran sein dürfen, daß die Versorgung der Eltern, die ihren Ernährer verloren haben, durch unzureichende Renten in Frage gestellt ist.
Die Vorschläge des Bundesrats, wonach ein Elternpaar DM 90 bei einer Einkommensgrenze von DM 140 und ein Elternteil DM 60 bei einer Einkommensgrenze von DM 105 erhalten sollen, begrüßen wir als Mindestforderung und erwarten gerne, daß sich die Ausschußarbeit darüber hinaus erfolgreich für die Eltern unserer Gefallenen auswirken möge. Der vorliegende Gesetzesänderungs- und -ergänzungsentwurf bedarf der Aufnahme einer weiteren Änderung, und zwar, daß auch dann für einen gefallenen Sohn Elternrente zu bezahlen ist, wenn glaubhaft nachgewiesen werden kann, daß die noch lebenden Kinder, beispielsweise infolge Arbeitslosigkeit, nicht in der Lage sind, die Eltern zu ernähren, und billigerweise angenommen werden kann, daß der Gefallene auf Grund seiner Berufsausbildung den Eltern oder dem noch lebenden Elternteil durch einen Zuschuß hätte behilflich sein können.
Nicht nur aus sozialen, sondern auch aus moralischen Gründen, in Würdigung der Größe des Opfers, das nicht nur Witwen, sondern auch Väter und Mütter unserer Gefallenen gebracht haben, bitten wir, unsere Anregungen und Vorschläge im Ausschuß zu berücksichtigen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Bazille.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die auf Verlangen des Bundestages von der Bundesregierung heute vorgelegte zweite Novelle zum Bundesversorgungsgesetz gibt meiner Fraktion Veranlassung zu einer kritischen Prüfung, ob und inwieweit die Versorgung der deutschen Kriegsopfer sich noch in Einklang mit jenen Grundsätzen befindet, die sie in dieser Frage zur Richtschnur ihres Handelns gemacht hat.
Wir haben eine Lösung angestrebt, die als eine Sache des ganzen Volkes empfunden wird und sich der gebrachten Opfer würdig erweist. In solcher Meinung wurde von uns stets die Gemeinsamkeit dieses Anliegens auch auf der Gesetzgebungsebene des Bundestags betont. Deshalb glaubten wir auch bei der praktischen Anwendung der Versorgungsgesetzgebung durch die Bundesregierung eine wohlwollende, in Zweifelsfällen zugunsten der Betroffenen neigende Haltung voraussetzen zu können. Die deutschen Kriegsopfer und wir mit ihnen sind von der Bundesregierung auf das bitterste enttäuscht worden. Denn sie hat diese Grundsätze weithin nicht beachtet.
Auch wir erkennen an, daß in unserer Zeit Sparsamkeit in der Verwaltung erforderlich ist. Aber wir müssen uns dagegen verwahren, daß sie in der Kriegsopferversorgungspraxis zur Armlichkeit wird, zur Ärmlichkeit durch die Art und Weise, in der der Wille des Gesetzgebers in den Verwaltungsvorschriften ausgedrückt wird. Das Bundesversorgungsgesetz sollte der Grundstein für eine Entwicklung sein, die es jedem Kriegsbeschädigten und den Hinterbliebenen gestattet, mit der im Einzelfall notwendigen Hilfe der Gemeinschaft das Schicksal zu meistern. Wen der Schuß in die Lebenslinie traf, der braucht mehr als das tägliche Brot die Hoffnung, wieder herauszufinden aus der Trostlosigkeit seiner Lage. Zur Erfüllung dieser Hoffnung wäre es notwendig gewesen, das Bundesversorgungsgesetz als eine Basis zu betrachten, die
die Entwicklung in sich birgt, daß den Kriegsopfern im Zusammenhang mit der Zunahme unseres Sozialprodukts ein gerechter Anteil an den Lebens- und Kulturgütern unserer Nation zuteil wird. Er wurde ihnen von der Bundesregierung verweigert.
Die Regierung hat es nicht verstanden, den Willen des Gesetzgebers in die Tat umzusetzen. Alle Vorlagen auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung kamen zu spät und trugen in der Regel den Bedürfnissen nicht in ausreichendem Umfang Rechnung, so daß noch jedes Mal der Bundestag selber die Initiative ergreifen mußte. Das ist für die Bundesregierung beschämend und bedeutet nebenbei für die Mitglieder des Bundestages, die mit dieser Materie befaßt sind, eine zusätzliche, bei richtigem Funktionieren der Verwaltung vermeidbare Belastung, die oftmals dicht an die Grenze des physisch Möglichen beim einzelnen geführt hat und weiterhin führt.
Wir wollen als Ursache nicht den mangelnden Willen der Bundesregierung unterstellen; aber wir müssen einmal ganz offen aussprechen, daß die verwaltungsmäßige Besetzung der zuständigen Abteilung beim Bundesministerium für Arbeit einfach dem Problem der Versorgung eines so großen Personenkreises — das im übrigen mit einer Ausgabe verbunden ist, welche die Dreimilliardengrenze erheblich überschritten hat — nicht mehr gerecht wird und auch in der Vergangenheit nicht gerecht zu werden vermochte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für Ihre Einladung zum Deutschen Kriegsopfertag 1953 in Frankfurt danke ich, bedauere jedoch, zu dieser Kundgebung einen Vertreter meines Ministeriums nicht entsenden zu können. Die Kriegsopfer selbst anerkennen, daß ihre Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland einen hohen Stand erreicht hat. Dieses gute Ergebnis ist vor allem dem unermüdlichen Einsatz meiner Mitarbeiter zu verdanken. Die Leistungen dieser Beamten werden aber von ihrer Fachpresse, insbesondere der „Fackel" fortgesetzt in einer so verletzenden Art herabgewürdigt, daß gegen die Schrif tleitung der „Fackel" Strafantrag gestellt werden mußte. Bei dieser von mir nicht zu vertretenden Lage vermag ich zu meinem Bedauern einen anderen Standpunkt nicht einzunehmen.
In vorzüglicher Hochachtung
gez. Anton Storch
Ob das die geeignete Form ist, mit einer Organisation, die rund 1,5 Millionen deutsche Kriegsopfer organisiert hat, zu verkehren, möchte ich denn doch ernsthaft in Zweifel ziehen.
Die Kritik der Organisation am Bundesministerium für Arbeit ist leider sachlich allzu begründet. Man braucht sich nur die Vorlage der Bundesregierung, welche jetzt den Gegenstand der ersten Lesung bildet, anzusehen, um zu erkennen, daß diese Vorlage wieder einmal nicht das enthält, was der Bundesgesetzgeber sich, als er die entsprechenden Anträge verabschiedete, darunter vorgestellt hat.
Im übrigen kam in den Ausführungen meiner Vorrednerin, der Frau Kollegin Probst, ebenfalls ganz eindeutig zum Ausdruck: die Regierungsvorlage enthält nicht die Anpassung der Versorgung der deutschen Kriegsopfer an das veränderte Lohn- und Preisgefüge. Die Vorlage der Bundesregierung bringt nicht die notwendige und mit Recht erwartete Novellierung des Bundesversorgungsgesetzes im Sinne seiner Anlage. Sie stellt vielmehr den Versuch dar, dieses Gesetz auf die Basis der Wohlfahrt, auf die Basis der Versorgung nach dem Bedürftigkeitsprinzip abzuschwächen und damit seines Charakters zu entkleiden. Das Bundesversorgungsgesetz ist kein Wohlfahrtsgesetz, sondern es ist ein Rechtsgesetz. Den staatsbürgerlichen Pflichten im modernen Staat, die dem einzelnen auferlegen, Leben und Gesundheit für die Gemeinschaft zu opfern, stellt es jene Rechte gegenüber, die auf eine Versorgung abzielen, welche unabhängig von irgendwelchen Merkmalen der Bedürftigkeit auf der Rechtsgrundlage basiert. Hier handelt es sich nicht nur um sittliche Normen und um die Erfüllung moralischer Pflichten, sondern um ganz einfache Rechtsfragen, die in der Verfassung eines Rechtsstaates ihren Niederschlag finden und auch bei uns gefunden haben. Insbesondere in einer Zeit, in der man sich bereits wieder Gedanken über eine Wehrgesetzgebung macht, sollte man an diesen Rechtsgrundlagen nicht rütteln.
-Die Art und Weise, in der von der Bundesregierung immer wieder fiskalische Grundsätze und Gesichtspunkte überbetont werden, macht es meiner Fraktion langsam unmöglich, die Gemeinsamkeit auf die Dauer aufrechtzuerhalten, wenn hier nicht ein grundsätzlicher Wandel eintritt.
Bei jeder Gesetzesvorlage auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung haben wir die gleiche Problematik der Bewertung der Ausgabenseite gegenüber der Bewertung der Bedürfnisse, welche aus der Aufgabenstellung erwachsen.
Aber nicht nur diese Überbewertung der Ausgabenseite durch die Bundesregierung beschäftigt uns, sondern auch die weitere Tatsache, daß die Bundesregierung stets dazu neigt, die Ansätze, welche für die Ausgaben zugrunde gelegt werden, erheblich höher zu veranschlagen, als sie nach der praktischen Anwendung des Gesetzes notwendig wären. Ich habe nahezu bei jeder Vorlage auf diesem Gebiete diese Kontroverse mit der Bundesregierung gehabt, und die Tatsachen haben mir noch in jedem Falle recht gegeben. Auch beim Bundesversorgungsgesetz hat sich ganz eindeutig herausgestellt — und zwar insbesondere jetzt bei der Auszahlung der 13. Monatsrente —, daß die Voran-
schläge der Bundesregierung wieder einmal über das Ziel hinausschießen und daß nicht alles gebraucht wird, was der Bundestag beschlossen hat. Diese Art und Weise, Einsparungen zu Lasten der Kriegsopfer vorzunehmen, ist auf die Dauer einfach unerträglich und wird von meiner Fraktion zukünftig nicht länger mitverantwortet.
Wenn wir uns Einzelgebiete der Versorgung ansehen, dann erkennen wir, daß dieses Prinzip, einengende fiskalische Grundsätze anzuwenden, nahezu auf allen Sektoren der Verwaltungspraxis seinen Niederschlag gefunden hat. Ob es sich darum handelt, die orthopädische Versorgung zu modernisieren und an den veränderten Stand der Technik und der medizinischen Erkenntnis heranzuführen, ob es sich darum dreht, neue Arbeitshilfen zu entwickeln, um die Kriegsopfer zu befähigen, ein Optimum an Leistung im Beruf zu vollbringen, ob es sich um die Frage der Umsetzung von Beschädigten in wohnungsmäßiger Hinsicht an einen Arbeitsplatz handelt, überall erkennen wir, daß es die Bundesregierung an der Voraussicht und an der Einsicht fehlen läßt und stets nur auf dauerndes Drängen der Parlamentarier bereit ist, das Notwendige zu veranlassen. Das findet auch seinen Niederschlag etwa, in der Frage des Kleiderverschleißes, dessen Erstellung im Gesetz so geregelt ist, daß dem Bedürfnis des Einzelfalles Rechnung getragen werden kann. Die Regierungsvorlage beschränkt dieses Bedürfnis des Einzelfalles auf 10 DM monatlich, ohne danach zu fragen, ob etwa ein kriegsblinder Ohnhänder oder Schweramputierter mit verschiedenen Prothesen in der Lage ist, mit 10 DM bei den heutigen Textilpreisen seinen Kleiderverschleiß auszugleichen. Auch hier haben wir das Prinzip der Armlichkeit, das einfach nicht anerkennen will, daß besondere Bedürfnisse auch besondere Maßstäbe erfordern.
Aber ich möchte diese Einzelheiten aus der Gesetzespraxis und der Gesetzessystematik heraus hier bei der ersten Lesung nicht vertiefen. Es geht um das Grundsätzliche, um das Prinzipielle der Entwicklung der Versorgung der deutschen Kriegsopfer. Es geht darum, die deutschen Kriegsopfer an der Aufwärtsentwicklung teilnehmen zu lassen, die unser Volk in den letzten Jahren seit dem katastrophalsten Zusammenbruch unserer Geschichte wieder mitmachen konnte und mitmachen durfte. Wir sind der Auffassung, daß diese Aufwärtsentwicklung den deutschen Kriegsopfern eine gleitende Verbesserung ihrer Versorgung automatisch bringen müßte und daß es sich hier nicht darum handeln kann, offene Lücken in der Versorgung mit Behelfsmaßnahmen auszuflicken.
Das Bundesversorgungsgesetz in seiner Grundform war ein Ausgangspunkt, eine Basis für weitere Entwicklungen. Wir haben von der Bundesregierung erwartet, daß sie selbst aus der Praxis heraus dem Bundestag jene Vorlagen zuleitet, die dieser Tendenz entsprechen und die Weiterentwicklung des Versorgungsrechts sichtbar machen. Der heute in erster Lesung vorliegenden zweiten Novelle zum Bundesversorgungsgesetz kann das beim besten Willen nicht bescheinigt werden. Sie hält noch nicht einmal den alten Stand des Bundesversorgungsgesetzes aufrecht, geschweige denn, daß sie irgendwelche Entwicklungstendenzen aufweist.
Aus diesem Grunde wird es notwendig sein, im Ausschuß zu versuchen, dieser Novelle eine andere Gestalt und einen anderen Inhalt zu geben. Es
wird notwendig sein, die Erhöhung der Grund- und der Ausgleichsrenten zur Erhaltung ihrer Kaufkraft vorzunehmen; es wird notwendig sein, die Einkommensgrenzen des Bundesversorgungsgesetzes entsprechend zu erhöhen, damit keine sinnwidrigen Kürzungen der Ausgleichsrenten eintreten; es wird notwendig sein, die Grundrenten bei den Witwen, bei denen sie bisher geruht haben, zukünftig zahlbar zu machen; es wird notwendig sein, die Witwen- und Waisenversorgung über den bisherigen Stand hinaus zu verbessern und die Pensionen und ähnliche Bezüge und Renten aus der Sozialversicherung günstiger als bisher zu behandeln, damit nicht der Wille zur eigenen Vorsorge bei den Kriegsopfern ertötet wird. Daß in der Elternversorgung gewisse Verbesserungen unumgänglich sind, ist bereits angeklungen. Die Sätze der Pflegezulage müssen den tatsächlichen Aufwendungen angepaßt werden. Schließlich muß die Frage der Fristen des Bundesversorgungsgesetzes überprüft werden. Wir sind der Auffassung, daß die Fristen grundsätzlich verlängert und bis jetzt aufgetretene Fristhärten beseitigt werden müssen.
Wir bedauern, daß dieser Katalog nun im Ausschuß in der kurzen noch zur Verfügung stehenden Zeit von der Parlamentsseite her erarbeitet werden muß, weil die Bundesregierung dem Hohen Hause eine derartig dürftige und schlechte Vorlage zugeleitet hat. Aber wir hoffen, daß es durch die Arbeit und das Ergebnis der Beratungen des Ausschusses möglich sein wird, in der parlamentarischen Behandlung dieses Komplexes jene Gemeinsamkeit wiederherzustellen, die bei der Verabschiedung des Bundesversorgungsgesetzes gefunden worden war.
Das Wort hat der Herr Bundesarbeitsminister.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Abgeordnete Bazille ist hier auf eine Sache eingegangen, die mich zu gewissen Richtigstellungen zwingt. Ich bin seither zu jeder Veranstaltung der Kriegsopferverbände aus dem einfachen Grunde gegangen, weil ich mich diesen Menschen gegenüber verantwortlich fühle und es mir ein Herzensbedürfnis ist, die Lage dieser Menschen zu bessern. Nun hat „Die Fackel", das Organ des VdK, aber in einem Artikel Beamte meines Hauses, die eine besondere Arbeitsleistung vollbringen und letzten Endes durch ihr ganzes Leben bewiesen haben, daß sie im Interesse der arbeitenden und notleidenden Menschen alles einsetzen, in einer unmöglichen Form, die man einfach nicht billigen kann, heruntergesetzt. Ich habe dem Herrn Ministerialdirektor Eckert den Rat gegeben, gegen „Die Fackel" eine Beleidigungsklage anzustrengen.
Ein Mann, der jahrzehntelang im früheren Reichsarbeitsministerium einer der geachtetsten und fleißigsten Menschen war,
kann es sich einfach nicht gefallen lassen, daß in einer Zeitung einer Organisation steht, er sei wegen Unfähigkeit in Bayern abgeschoben worden. Er ist nie im bayerischen Dienst gewesen.
Alle, die mit diesem Mann im früheren Reichsarbeitsministerium zusammen waren, und alle, die
heute in meinem Ministerium mit ihm zusammenarbeiten, wissen, daß er sich nicht davor scheut, nächtelang durchzuarbeiten, wenn es sich darum handelt, für notleidende Menschen etwas zu tun.
Unter diesen Umständen ist es auch eine ganz große Selbstverständlichkeit, daß sich der Minister vor diesen Beamten stellt.
Sie können mich für alle Maßnahmen und für alle Taten, die aus meinem Ministerium herauskommen, angreifen. Ich bin der politische Repräsentant des Ministeriums und habe das zu ertragen. Das ist nicht schlimm. Das sind Dinge, die zum politischen Leben gehören. Aber wenn die Beamten ihre Pflicht tun, und zwar nach den Anweisungen ihres Ministers und nach den Anweisungen des Kabinetts, dann muß ich sie davor schützen, daß sie draußen durch den Schmutz gezogen werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mende.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nicht in den Hausstreit zwischen dem VdK und dem Bundesminister für Arbeit eingreifen. Wir wissen, daß auch innerhalb der einzelnen Kriegsopferverbände Streit herrscht, und vielleicht wird Herr Kollege Renner gleich auch seinerseits wieder Herrn Kollegen Bazille zu diesem Streit von seiner Warte aus etwas sagen. Also wir sollten hier nicht allzusehr, Herr Bundesarbeitsminister, diesen Hausstreit vertiefen, Ich gebe Ihnen Recht: in den Publikationsorganen der Verbände wird die Arbeit der parlamentarischen Vertreter hier nicht immer voll gewürdigt, ja, manchmal wird in sehr unsachlicher Weise polemisiert. Aber es ist nicht nur Ihr Ministerialdirektor, Herr Bundesarbeitsminister, der Zielscheibe zum Teil überspitzter und persönlicher Angriffe gewesen ist; es waren auch andere, auch ich selbst war in der „Fackel" einmal Opfer sehr unsachlicher Berichterstattung. Sie sehen, Ihr Ministerialdirektor befindet sich in guter Gesellschaft, wenn man so sagen darf.
Es ist das gute Recht des Kollegen Bazille von der Opposition, hier Kritik zu üben. Es ist auch sehr erfreulich, daß es Spannungen gibt und Kritik seitens der Verbände geübt wird. Entscheidend ist meines Erachtens nur, daß diese Kritik sachlich geführt wird und diese Spannungen sich fruchtbar auswirken. Ich könnte mir denken, daß bei einer sachlicheren Behandlung der Kriegsopferprobleme in den Publikationsorganen, vor allem auch jetzt vor dem Wahlkampf, den Kriegsopfern selbst der größte Dienst erwiesen werden wurde.
Wir haben im Dezember vorigen Jahres hier seitens unserer Fraktion angekündigt, daß wir eine Novelle zum Bundesversorgungsgesetz einbringen würden. Wir haben dann, als das Bundesarbeitministerium eine eigene Regierungsvorlage angekündigt hatte, von unserer Novelle Abstand genommen. Als Ziel nannten wir damals die etwa 20- bis 25 %ige generelle Rentenerhöhung, um jene Teuerung abzufangen, die sich seit dem Jahre 1950 allenthalben, nicht zuletzt durch außenpolitische und außerhalb des deutschen Einflusses liegende
Einwirkungen, bemerkbar gemacht hatte. Wir wissen, daß wir damals die Grund- und Ausgleichsrenten auf den Index von 1950 berechnet hatten und daß heute, im Jahre 1953, längst eine generelle Erhöhung fällig gewesen wäre. Wir nannten damals auch als eine Summe etwa 300 Millionen DM, weil wir glaubten, daß das etwa die Einsparungen wären, die in dem bisherigen Ansatz in der Kriegsopferversorgung zu verzeichnen wären. Diese Novelle hier verzeichnet Mehrausgaben in Höhe von 200 Millionen DM. Ich glaube, es ist noch nicht das letzte Wort über die Höhe der Mehrausgaben gesprochen. Ich bin durchaus der Meinung, die der Bundesrat in der Novelle verzeichnet hat, daß man noch weitergehen sollte und alle Einsparungen auf dem Kriegsopfersektor wieder rückfließen sollten zu einer Erhöhung der Leistungen für die Kriegsopfer und daß keineswegs eine andere Transferierung dieser Mittel statthaft sei.
Aber, Herr Kollege Bazille, Ihre allgemeine Verdammung dieser Novelle geht vielleicht doch zu weit. Ich bin der Meinung, es geht der Novelle genau so wie mancher schönen Frau: sie ist besser als ihr Ruf!
Vergessen Sie doch letzten Endes nicht den Umfang des Kriegsbeschädigtenproblems. Sie haben selbst genannt: Viereinhalb Millionen Rentenberechtigte, die einen Jahresaufwand von fast dreieinhalb Milliarden nötig haben. Jede kleine Veränderung wirkt sich sofort in hohen Millionenbeträgen aus. Es muß hier ausgesprochen werden: Das Bundesversorgungsgesetz als das erste große Sozialgesetz neben dem Wohnungsbaugesetz ist trotz aller Kritik das beste Kriegsopferversorgungsgesetz der Welt mit den höchsten Leistungen angesichts der gewaltigen Zahl der Kriegsopfer, die wir zu beklagen haben.
Meine Damen und Herren! Auch wir bekennen uns in dieser generellen Betrachtung des Gesetzes in der ersten Lesung zu der Grundrente als einem unverzichtbaren Ehrensold. Ich teile durchaus die Meinung des Kollegen Bazille und auch der Frau Kollegin Probst, daß im Ausschuß viele Verbesserungen noch eingearbeitet werden müssen, und ich folge wörtlich. Herr Kollege Bazille, der Aufzählung. die Sie hier eben gegeben haben. Ich möchte sie nicht wiederholen; sie entspricht auch meiner eigenen Auffassung.
Die Kapitalisierung, die seinerzeit, vor drei Jahren, nur auf das Achtfache des Jahresbetrages innerhalb eines Zehnjahreszeitraums angesetzt wurde, ist diesmal auf das Neunfache festgesetzt. Nun, damals wurde mein Wunsch, den ich hier vortrug, das gleich zu tun, mit versicherungsmathematischen Argumenten abgelehnt. Ich frage mich: Warum haben wir nicht schon damals, vor drei Jahren, statt der achtfachen die neunfache Jahresleistung bei der zehnjährigen Kapitalabfindung in Anrechnung gebracht? Ich frage mich auch: Was geschieht mit denen, die bisher nur einen achtfachen Jahresbetrag bekommen haben? Ich hoffe doch, daß für sie ein gewisser Härteausgleich stattfindet; denn ich sehe nicht ein, daß die bisher Abgefundenen sich mit dem Achtfachen begnügen müssen, während in einigen Wochen das Neunfache der Jahresrente gezahlt wird.
Zu dem Problem der Freibeträge folge ich Ihnen ebenfalls, Frau Kollegin Probst und Herr Kollege Bazille. Wenn man die Renten erhöht, muß man
analog auch die Freibeträge erhöhen. Ich glaube, hier müßte überhaupt der Schwerpunkt einer Änderung des Bundesversorgungsgesetzes liegen. Was ist denn das Entscheidendste für die Kriegsopfer? Daß sie in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden, daß sie also wieder in Arbeit und Brot kommen und sich als vollwertige und nicht als behinderte Menschen fühlen. Man kann aber nicht jemandem einen Anreiz zur Arbeit dadurch geben, daß man ihm an der Rente das abzieht, was er im Beruf verdient. Man kann ihn nicht für seine Arbeit durch Abzüge bestrafen. Daher stehe ich nach wie vor auf dem Standpunkt — und das ist auch der Standpunkt meiner Fraktion und Partei —, daß die Freibeträge nicht hoch genug angesetzt werden können, um den Arbeitsanreiz zu fördern. Im übrigen fließt ja über die Steuerleistung ein großer Teil jener Mehrausgaben in den Staatssäckel zurück.
Die Frage der Abfindung der Witwen und der besonderen Sicherstellung der Waisen liegt uns auch aus verschiedenen Gründen am Herzen. Sie wissen, daß es draußen das Bonmot von den „Onkelehen" gibt. Das heißt, eine Witwe verzichtet auf die Eheschließung und begnügt sich mit einer illegitimen Verbindung, weil sie bei der Eheschließung ihrer Rente verlustig gehen würde. Mir scheint, daß es unchristlich und unsozial ist. diesen Zustand der „Onkelehen" weiter zu dulden. Man sollte eine Möglichkeit finden, daß auch bei einer Eheschließung — vielleicht durch eine Kapitalabfindung — der Rentenanspruch der Witwe nicht verlorenginge oder zumindest zu einem Teil einmalig honoriert würde. Es würde uns allen ein Stein vom Herzen fallen, Herr Bundesarbeitsminister, wenn Sie einen Weg fänden, die „Onkelehen" in Zukunft zu vermeiden.
Was die Waisen anbetrifft, so weise ich hier auf die Klagen der Verbände hin. daß sich die Waisen selbst bei einer Eheschließung nachher nicht gerade einer besonderen Fürsorge erfreuen. Hier hat der Staat, hier haben Land und Gemeinden Vaterstelle oder bei den Vollwaisen_ Elternstelle zu vertreten. Mir scheint, daß das, was wir für unsere Vollwaisen und Halbwaisen tun, bei weitem noch nicht genügt, wenn ich mir vor allem die Berufsförderung und die Schulausbildung für Kriegerwaisen in den benachbarten Ländern, z. B. in Frankreich, ansehe.
Alles in allem hoffe ich, daß wir im Ausschuß jene Verbesserungen finden, die meine drei Vorredner hier bereits erwähnt haben, und ich hoffe vor allem, daß diese Novelle so schnell wie möglich auch in der zweiten und in der dritten Lesung hier verabschiedet wird. Denn am 3. Juli geht der Bundestag auseinander — so hat es der Ältestenrat heute vorgesehen —, und wir müssen uns daher mit Teillösungen begnügen. Wenn wir nach dieser Novelle 300 Millionen DM mehr aufwenden, ist das schon eine Teillösung. Der neue Bundestag möge seinerseits Wege finden, um vielleicht durch eine Strukturveränderung das Bundesversorgungsgesetz noch besser zu machen, als es ohnehin heute schon ist.
Mir scheint bei der Kritik am Bundesversorgungsgesetz nicht so sehr das Gesetz ein Gegenstand der Kritik zu sein als vielmehr die Art und der Geist, in denen die Ausführung erfolgt.
Der Wille des Gesetzgebers wird allzusehr draußen durch eine engstirnige Bürokratie in das Gegenteil verkehrt. Ich glaube, der Herr Bundesarbeitsminister sollte streng darauf achten, daß dem Willen des Gesetzgebers Rechnung getragen
und nicht durch allzu strenge Nachuntersuchungen der Renten und durch sonstige Behelligungen eine Unruhe in die Kriegsopfer hineingetragen wird, die wirklich nicht im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes liegt.
Ich greife Ihren Zwischenrufe auf, Herr Kollege Arndgen, daß die Ausführung des Bundesversorgungsgesetzes Ländersache sei und die Länder in erster Linie für die Durchführung verantwortlich seien. Daher haben wir vor zwei Jahren bereits seitens unserer Fraktion einen Antrag auf Änderung des Art. 87 des Grundgesetzes eingebracht, der zum Ziel hatte, die Kriegsopferversorgung in die bundeseigene Verwaltung zu überführen. Ich bedaure, daß wir in diesem Hause und im Ausschuß nicht die Zweidrittelmehrheit gefunden haben, die zur Schaffung einer bundeseigenen Kriegsopferverwaltung nötig gewesen wäre. Wir werden diesen Antrag weiter aufrechterhalten; und Sie werden sich kaum versehen, dann werden wir im neuen Bundestag diese Forderung wieder vorbringen. Denn wir glauben, daß eine echte unbürokratische Verwaltung nur auf Bundesebene unter der unmittelbaren Aufsicht des Bundesarbeitsministers und unter der unmittelbaren Überwachung durch dieses Parlament erfolgen kann.
Wir werden weiter fordern, daß eine Zentralisierung der verschiedenen Abteilungen stattfindet. Ich begnüge mich, Herr Kollege Bazille, nicht einmal mit einer Hauptabteilung. Ich gehe sogar noch weiter. In Frankreich gibt es ein eigenes Ministerium dafür, das Ministère des Anciens Combattants. Dieses Ministerium betreut die Kriegsopfer, die alten Kämpfer, die alten Soldaten und das Kriegsgräberwesen.
— Die anciens combattants haben nichts mit Naumann zu tun.
— Ich habe nichts damit zu tun; trösten Sie sich, Sie wissen ganz genau, Herr Kollege Heiland, daß ich damit gar nichts zu tun habe.
Ich könnte mir denken, daß wir vielleicht nach dem bewährten Beispiel Frankreichs eine Bundesstelle oder ein Staatssekretariat einrichten, unmittelbar unter dem Bundeskanzleramt oder dem Bundesarbeitsministerium. In diesem Staatssekretariat sollten betreut sein das Kriegsopferwesen, das Kriegsgräberwesen und das Kriegsgefangenenwesen. Ein Staatssekretariat für das Kriegsopfer-, Kriegsgefangenen- und das Kriegsgräberwesen würde wesentlich dazu beitragen, manches bürokratische Nebeneinander von heute endlich zu beseitigen und einem echten Anliegen der Kriegsopfer entgegenzukommen.
Diese Gedanken, die ich in einer generellen ersten Betrachtung in der kurzen Zeit nur andeuten konnte, werden sich durch unsere Vorschläge und Anträge sowohl im Ausschuß wie vielleicht auch im neuen Bundestag noch realisieren lassen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Reden wir von der Novelle!
Sie ist besser als ihr Ruf, meinte Herr Kollege Mende.
Sie ist so gut, wie der Herr Finanzminister „gut" ist für die Armen und Kleinen in unserem Lande. So gut ist sie, keinen Deut besser.
Wir haben heute zwei Vertreter aus zwei Parteien für eine Organisation sprechen hören: die Frau Kollegin Probst und den Herrn Kollegen Bazille. Herr Kollege Bazille , ist Ihnen heute bei Ihrer Kritik nicht Ihr Wort von 1950 bös im Ohr geklungen: „Das ist das Gesetz des guten Willens"? Haben Sie ganz vergessen, wie Sie damals, 1950, dieses Gesetz beurteilt haben? — Und zu den Ausführungen der Frau Probst: Ich bedaure da nur, daß nicht ein Mann für die CDU gesprochen hat; ich hätte dann etwas deutlicher werden dürfen.
Am 10. Dezember vorigen Jahres, nachdem der kommunistische Antrag auf Zahlung einer vollen 13. Monatsrente zu Weihnachten, der der Forderung der Kriegsopfer entsprochen hat, abgelehnt worden war, gab der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Kriegsopferfragen zur Beschönigung der kriegsopferfeindlichen Haltung der Mehrheit des Bundestages die folgende, heute schon mehrfach zitierte Erklärung ab:
Die genannten Fraktionen geben dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Zuwendungen an Kriegsopfer und Angehörige von Kriegsgefangenen ihre Zustimmung unter der Voraussetzung, daß die Gewährung einer einmaligen Zuwendung als Ausgleich für die in der rückliegenden Zeit durch die Preiserhöhung eingetretene Minderung der Rentenkaufkraft angesehen werden. Die genannten Fraktionen erwarten, daß die Bundesregierung eine Novelle zum Bundesversorgungsgesetz vorbereitet und dem Bundestag vorlegt, in welcher die Versorgungsbezüge entsprechend dem veränderten Lohn- und Preisgefüge neu festgesetzt werden.
Ich habe damals den Zwischenruf gemacht: „Das
nennt man weiße Salbe!"
Der Herr Minister sagt, die heutige Novelle verwirklicht die Forderungen des Bundestages. Er sagt, sie bringt die Angleichung an das veränderte Lohn- und Preisgefüge. Dabei wird die Erhöhung der Grundrenten nicht gebracht. Der Herr Minister sagt: Keine Mittel! Der VdK, für den die beiden Bundestagsabgeordneten hier gesprochen haben, verlangt eine Erhöhung der Grundrente um 30 %. Der Entwurf beseitigt nicht die Aufteilung der Rentenbezüge in Grundrente und Ausgleichsrente. Die Ausgleichsrente erfährt eine Erhöhung um erbärmliche 5 DM bis 10 DM im Höchstfall für den Schwerbeschädigten. Die Ausgleichsrente für die Witwen wird um ganze lächerliche 10 DM erhöht. Die Bezugsbedingungen für die Ausgleichsrente erfahren die lächerlich geringfügige Verbesserung, daß der voll Erwerbsunfähige einen Anspruch auf Ausgleichsrente nur dann haben soll, wenn sein „sonstiges Einkommen" statt bisher 130 DM pro Monat 145 DM pro Monat nicht übersteigt.
Hier ist zu Recht ausgesprochen worden, daß die „Verbesserungen", die diese Novelle bringt, längst durch die im Etat vorgesehenen Ausgabepositionen abgedeckt sind. Es mutet wie ein Witz an, daß man ganz nebenher auch noch dieses „Zehnpfennig-Gesetz", dieses „Teuerungsanpassungsgesetz" mit 3 DM pro Monat beseitigt hat. Darauf haben jetzt die Kriegsopfer, wenn die Novelle durch geht, nun keinen Anspruch mehr. Soll man sich darüber freuen oder soll man darüber weinen? Ich lasse die Frage offen.
Zusammenfassend stelle ich fest, daß die minimalen Erhöhungen der Rentenbezüge, die diese Novelle bringt, in krassem Mißverhältnis zu den Forderungen der Kriegsopfer und ihrer Organisationen stehen. Sie stellen keinen Ausgleich für die sprunghaft angestiegenen Lebenshaltungskosten dar; sie entsprechen nicht dem veränderten Lohn- und Preisgefüge. Das ist eine Feststellung, die nicht nur ich treffe. Wir Kommunisten werden zur zweiten Beratung der Novelle die Änderungsanträge stellen, die von den Kriegsopfern draußen in Hunderten von Protestkundgebungen und Entschließungen an die Mitglieder des Bundestages und an die Bundesregierung gefordert worden sind. Unsere Anträge werden vor allem darauf hinauslaufen, die Aufspaltung der Rentenbezüge in Grundrente und Ausgleichsrente zu beseitigen und eine Rentenverbesserung zu fordern, die besonders den Schwerbeschädigten, den Kriegerwitwen und -waisen sowie den Kriegereltern die von ihnen geforderte ausreichende Rentenversorgung garantiert.
Nun noch ein Wort an Herrn Bazille. Er weiß ganz genau, wie die Kriegsopfer draußen zu diesem Gesetz stehen. Er kennt aus eigenem Erleben die Praxis dieses Gesetzes. Wie können Sie sich heute hinstellen, Herr Kollege Bazille, und sagen: Es wird notwendig sein, im Ausschuß dafür zu sorgen, daß das und das und das verwirklicht wird! Sie wissen doch, daß das Ergebnis der Arbeit des Ausschusses mit dem identisch sein wird, was der Herr Finanzminister uns in dieser Novelle beschert hat. Sie haben doch auf diesem Gebiet genug Erfahrungen gesammelt. Ihr Hinweis auf die Möglichkeit, daß im Ausschuß etwas Besseres herauskommt, als die Novelle enthält, ist doch nichts anderes als eine Vertröstung der Kriegsopfer, die von Ihnen Taten sehen wollen und die Ihnen in Frankfurt eindeutig zum Bewußtsein gebracht haben, daß nun Schluß gemacht werden muß mit der Vertröstung der Kriegsopfer auf die Mildtätigkeit des Herrn Ministers oder auf den guten Willen dieser Adenauer-Mehrheit hier im Hause. Sie wissen doch genau, daß die Kriegsopfer Aktionen wollen gegen diese Regierung des Hungers und der Kriegsvorbereitung.
Das wissen Sie doch genau. Sich nun hinzustellen und zu sagen: der Ausschuß wird die Besserung bringen, das ist doch — nehmen Sie es mir nicht übel — nichts anderes als ein Ablenkungs- und Täuschungsmanöver an die Adresse der Kriegsopfer. Was die Kriegsopfer brauchen, ist auch nicht das, was Sie heute so bewußt in die Worte gefaßt haben, daß erst die Rentenversorgung gesichert werden müsse, ehe man an die Aufstellung einer neuen Wehrmacht herangehen könne.
Wer den Kriegsopfern helfen will, der muß sie in den Kampf gegen die Politik der Aufstellung eines deutschen Söldner-Kontingents führen, nicht wahr? Denn wer ihnen wirklich helfen will, muß
doch begriffen haben, daß man nicht Sozialgesetzgebung und Kriegsopferversorgung betreiben und gleichzeitig die Milliarden freimachen kann, die der Herr Finanzminister zur Finanzierung des Krieges braucht. — Herr Kollege Bazille, Sie haben Ihrer Fraktion heute bestimmt keinen guten Dienst mit der Ablenkung auf diesen Ausschuß getan.
Aber was wirklich gewollt ist, hat uns Herr Mende klar gesagt. Er hat gesagt: Wir haben nur noch ein paar Wochen, dann treten wir ab. — Glauben Sie denn, daß Sie mit dieser Novelle irgendeinen denkenden Kriegsbeschädigten dazu bringen können, den Koalitionsparteien die Stimme zu geben?
Halten Sie die Kriegsbeschädigten wirklich für idiotisch? Die werden Ihnen bei dieser Wahl die Stimme versagen. Die werden Ihnen bei dieser Wahl aber auch die Quittung für Ihre Kriegsvorbereitungspolitik geben.
Hier im Bundestag können Sie ja den Schmus noch machen.
Ich schließe ab mit der Feststellung: die Frau Probst möge ihre heutige Rede in der nächsten Kundgebung ihres Verbandes irgendwo im Lande einmal wiederholen. Dann bekommen die Koalitionsparteien den Beweis dafür, wie die Kriegsopfer draußen im Lande über die AdenauerSchäffersche Kriegspolitik denken.
— Warten wir ab. Diesmal fangen Sie sie nicht mehr mit dem Betrug, mit dem Sie sie jetzt vier Jahre hingehalten haben.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Bazille.
Meine Damen und Herren! Die Feststellungen des Herrn Bundesministers für Arbeit geben mir Veranlassung, noch einmal das Wort zu ergreifen. Der Herr Bundesminister für Arbeit scheint eine gewisse Fertigkeit darin zu haben, falsch zu zitieren. Er hat von dieser Stelle aus schon einmal, während ich krank war, mir in den Mund gelegt, daß das Bundesversorgungsgesetz das beste Gesetz der Welt sei, obwohl ich in Wirklichkeit gesagt hatte, daß dieses Gesetz angesichts der katastrophalen Situation, in der sich das deutsche Volk befindet, vorbildlich auch für die übrige Welt sei.
Nun hat er hier zitiert, in der „Fackel" sei geschrieben worden, sein Ministerialdirektor Eckert wäre wegen Unfähigkeit aus Bayern abgeschoben worden. So habe ich es verstanden und glaube, daß diese Wiedergabe dem entspricht, was der Herr Minister hier gesagt hat. Ich habe dazu ganz schlicht und einfach festzustellen: Das ist nicht wahr. Ich bitte den Herrn Bundesarbeitsminister und ich fordere ihn geradezu auf, dem Hohen Hause die Nummer der „Fackel" anzugeben, in der diese Stelle enthalten ist. Er wird dann sehr
schnell selbst erkennen, daß er dem Hohen Hause eine falsche Darstellung gegeben hat.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Arndgen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß bedauernd feststellen, daß die Ausführungen des Herrn Kollegen Bazille keine gute Ouvertüre zu der Beratung der jetzt vorliegenden Novelle zum BVG gewesen sind. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Renner hat gezeigt, daß, wenn Kritik geübt wird, es immer noch welche gibt, die Ihnen von der SPD über sind, auch Ihnen, Herr Kollege Bazille!
Auch heute ist hier wieder von „Schuld", von „Versäumnis" und von „beschämend" gesprochen worden. Diese Worte, meine Herren von der SPD, haben wir in den letzten Wochen schon mehrfach gehört, so daß man zu der Auffassung kommen muß, daß Sie schon in Wahlmethodik machen.
Diese Dinge ziehen nicht;
sie ziehen zumal nicht, wenn wir Maßnahmen für die Kriegsopfer beraten. Denn der Bundestag hat jedesmal, wenn es um die Kriegsopfer ging, eine große Einmütigkeit gezeigt.
Wir, die wir uns im Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen mit den einzelnen Paragraphen beschäftigen, müssen doch feststellen, daß uns auch das Bundesarbeitsministerium sachkundig zur Seite gestanden hat und daß seine zuständigen Abteilungen vielfach Überstunden gemacht haben, wenn es galt, die Formulierungen zu schaffen, die wir benötigten, um diese Gesetze zu verabschieden. Deshalb ist es zu bedauern, wenn hier immer wieder von „Schuld", von „Versäumnis" und von „beschämend" gesprochen wird. Ich möchte auch heute dem Bundesarbeitsministerium bescheinigen, daß es uns bei der Beratung der Gesetze für die Versorgung der Opfer des Krieges immer sachkundig, fleißig und bereitwillig unterstützt hat. Eine Bestätigung wird uns nachher auch das Schwerbeschädigtengesetz liefern, das wir heute noch verabschieden wollen. Es ist darum abwegig, immer wieder mit Beschuldigungen zu kommen.
In einem Punkt bin ich allerdings mit Herrn Kollegen Bazille einer Meinung, nämlich darin, daß das Bundesversorgungsgesetz, als es geschaffen wurde, ein Grundstein war, auf dem aufgebaut werden muß. In den hinter uns liegenden Jahren haben wir auf diesem Fundament schon weiter gebaut und einige Gesetze geschaffen, und ich glaube, daß diejenigen, 'die in dem nächsten Bundestag wieder erscheinen werden, noch öfter an dem weiteren Ausbau der Kriegsopferversorgung mitarbeiten werden. Aber dieses Bauen ist nur möglich, wenn man an die Arbeit geht, ohne sich gegenseitig zu beschimpfen.
Auch die Regierung und die Männer des Bundesarbeitsministeriums, wenn sie auch nicht dem Parlament angehören, sind Mitarbeiter bei der Schaffung von Gesetzen. Weil dem so ist, soll man in einem anderen Ton von den Dingen sprechen, als es heute geschehen ist.
Ich bin mit denjenigen, die hier zu der Novelle gesprochen haben, der Meinung, daß wir im Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenf ragen wie bei früheren Gelegenheiten so auch jetzt Formulierungen finden werden, die uns, wie bisher, in Kriegsopferfragen auf eine einheitliche Linie bringen werden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Löfflad.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß es notwendig ist, das Bundesversorgungsgesetz bzw. die jetzt vorliegende Novelle zum Anlaß parteipolitischer oder gar persönlicher Auseinandersetzungen zu machen. Alle Fraktionen dieses Hauses haben, genau wie bei der Beratung und Verabschiedung des Bundesversorgungsgesetzes, auch heute wieder betont, daß das Bundesversorgungsgesetz einer Verbesserung bedarf. Wie weit die einzelnen Fraktionen im Ausschuß gehen können, werden ja die Beratungen beweisen. Auch meine Fraktion steht auf dem Standpunkt, daß das Bundesversorgungsgesetz den heutigen Lebensverhältnissen nicht mehr entspricht. Deshalb ist eine allgemeine Erhöhung nicht allein der Renten, sondern auch der Pflegezulage und des Sterbegeldes sowie eine Verbesserung und Erweiterung der Kapitalabfindung notwendig.
Das Bundesversorgungsgesetz wurde aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, von der Verwaltungsbürokratie verwässert, so daß es in vielen Teilen nicht mehr dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Ich denke nur an den ärztlichen Dienst. Vor Erstellung eines endgültigen Rentenbescheides kam es in sehr vielen Fällen vor, daß plötzlich Beschädigte mit 60, 70 °/o nicht mehr unter die Gruppe der im Bundesversorgungsgesetz Bedachten fielen, weil ihr Leiden plötzlich anlagebedingt war. Auch hier müssen wir dafür sorgen, daß die Verwaltung die Novelle nicht wieder verwässert und gerade das, was der Gesetzgeber will, ins Gegenteil verkehrt. Ich behalte mir vor, bei der Beratung der Novelle konkrete Anträge meiner Fraktion zu stellen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; damit ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Beschlußfassung über die beiden Vorlagen. Zu Punkt 3 a ist Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen vorgeschlagen. Ein anderer Antrag ist nicht gesellt. Ich darf die Zustimmung des Hauses annehmen.
Zu Punkt 3 b ist Überweisung an den Haushaltsausschuß vorgeschlagen. Auch dem ist nicht widersprochen. Ich nehme daher die Zustimmung des Hauses an. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland .
Dazu verweist die Regierung auf die gedruckte Begründung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Aussprache zur ersten Beratung zu verzichten und eine Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen und zur Mitbearbeitung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vorzunehmen. Sind Sie damit einverstanden? — Es ist nicht widersprochen; damit ist die Überweisung erfolgt.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter (Nr. 3430 der Drucksachen).
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgef angenenfragen (Nr. 4292 der Drucksachen). (Erste Beratung: 219. Sitzung).
Dazu liegt der Schriftliche Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen vor. Wird noch mündlich berichtet? — Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Geritzmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der 219. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 18. Juni 1952 wurde der Entwurf eines Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, das Schwerbeschädigtengesetz, Drucksache Nr. 3430 dem Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen zur federführenden Behandlung unter Beteiligung des Ausschusses für Arbeit überwiesen. Der Kriegsopferausschuß hielt am 27. Juni 1952 eine öffentliche Informationssitzung ab, um den interessierten Organisationen und den Dienststellen Gelegenheit zu geben, ihre Stellungnahme zum Regierungsentwurf mündlich vorzutragen. Ferner unternahm der Ausschuß vier Besichtigungsfahrten, um sich über die Besonderheiten der Beschäftigung Schwerbeschädigter in einzelnen Wirtschaftsbetrieben, über die Durchführung der Arbeitsvermittlung und über die Tätigkeit und Zusammenarbeit der Landesarbeitsämter, Arbeitsämter und Hauptfürsorgestellen bei der Durchführung des Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter an Ort und Stelle zu unterrichten. In insgesamt 31 Vollsitzungen und 11 Sitzungen von 3 Unterausschüssen hat der Ausschuß — soweit erforderlich unter Hinzuziehung von Sachverständigen — den Gesetzesstoff eingehend durchberaten. Anfang Februar 1953 wurden die bis dahin gefaßten Beschlüsse des Ausschusses in einer Gegenüberstellung mit dem Regierungsentwurf allen beteiligten Verbänden und Dienststellen zur schriftlichen Stellungnahme übersandt. Der Ausschuß für Arbeit befaßte sich am 27. März und 15. April 1953 mit dem Entwurf.
Auf die einzelnen Paragraphen des Gesetzes möchte ich nicht näher eingehen; ich verweise auf den Schriftlichen Bericht*).
Ich bitte, die zu dem Gesetzentwurf eingebrachten Petitionen als erledigt zu betrachten und dem Gesetzentwurf mit den aus der Ihnen vorliegenden Zusammenstellung ersichtlichen Änderungen Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf § 1. Dazu liegt ein Änderungsantrag der KPD vor, Umdruck Nr. 895 Ziffer 1. Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben zu § 1 einen Änderungsantrag gestellt, dessen Begründung zum Teil in dem Bericht des Ausschusses enthalten ist. Dort heißt es, „daß der Schutz und die Wirksamkeit um so geringer ist, je größer der Personenkreis gezogen wird. Mit Rücksicht auf die außerordentlich angestiegene Zahl der Kriegsopfer nach dem zweiten Weltkrieg mußte der Ausschuß gegenüber den Wünschen auf Erweiterung des Personenkreises leider kurztreten." Man hat nun in Konsequenz dieses Kurztretens ausgerechnet die Gehörlosen und die Bergmannsversorgungsscheininhaber nach Anhörung von Sachverständigen aus dem Gesetz herausgenommen, nachdem ihre Berücksichtigung in der Regierungsvorlage vorgesehen war. Es wäre sehr interessant gewesen, aus den Berichten einmal zu erfahren, welche Begründung eigentlich die Sachverständigen für die Herausnahme der Gehörlosen vorgebracht haben.
Wir sind der Meinung, daß der Ausschuß sowohl wie der Bundestag nicht päpstlicher sein sollten als der Papst. Wenn schon die Bundesregierung in diesen Personenkreis die Gehörlosen mit hineingenommen hat, dann lag nach unserer Auffassung keine Veranlassung vor, nun diese Menschen herauszunehmen. Wir haben deshalb in unserem Antrag zu § 1 die Einfügung eines Buchstaben b) in Abs. 2 verlangt, wonach Personen, die von Geburt an taub oder bis zum achten Lebensjahre ertaubt sind und die Umgangssprache nicht auf natürlichem Wege erlangt haben, wieder in den Personenkreis des Gesetzes aufgenommen werden sollen.
Ferner beantragen wir die Einfügung eines Buchstaben c), auf Grund dessen die Inhaber des Bergmannsversorgungsscheines, solange sie im Steinkohlen- oder Erzbergbau beschäftigt sind, in dem Gesetz berücksichtigt werden sollen. Bei § 2 beantragen wir eine entsprechende Änderung. Es ist doch eine Tatsache, daß die Bergmannsversorgungsscheine schon jetzt nicht viel Wert haben; wenn sie aber diesen Paragraphen in der vorliegenden Fassung beschließen, verliert der Bergmannsversorgungsschein überhaupt jede praktische Bedeutung. Das kann nach unserer Auffassung nicht dem Sinn eines solchen Gesetzes entsprechen.
Wir ersuchen Sie deshalb, unserem Antrag zu § 1 zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen zu § 1 liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem soeben begründeten Änderungsantrag
*) Siehe Anlage Seite 12839 zustimmen, die Hand zu erheben. — Gegenprobe!
Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die § 1 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben.
— Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf § 2. Dazu liegt ebenfalls ein Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 2 vor. Die Begründung ist vorhin schon mit gegeben worden. Wir kommen zur Abstimmung, da keine Wortmeldungen vorliegen. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Bitte die Gegenprobe! — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die § 2 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben.
— Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf § 3. Dazu liegen ein Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 892 Ziffer 1 und ein Änderungsantrag der KPD auf Umdruck 895 Ziffer 3 vor. Zur Begründung des ersten Änderungsantrages hat das Wort Herr Abgeordneter Günther.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte das Hohe Haus, der Regierungsvorlage zuzustimmen. Die in der Ausschußvorlage vorgeschlagene Lösung würde in der mittelständischen Wirtschaft, vor allen Dingen im Handwerk und ganz besonders im Bauhandwerk zu großen Schwierigkeiten führen, weil diese Betriebe kaum in der Lage sein würden, einen Schwerbeschädigten so unterzubringen, wie es eigentlich vom wirtschaftlichen Standpunkt notwendig wäre. Das würde vor allen Dingen zu einer Belastung der Betriebe führen, die ohnehin nicht mit großem Verdienst, hingegen mit Verlusten rechnen müssen. Die Großwirtschaft ist eher in der Lage, Schwerbeschädigte irgendwie in ihren Betrieben einzusetzen. Dadurch wird für sie kein wirtschaftlicher Schaden eintreten.
Durch die vom Ausschuß vorgeschlagene Regelung kann aber ein großer Kreis von Betrieben der mittelständischen Wirtschaft, vor allen Dingen des Handwerks, außerordentlich geschädigt werden, wenn keine Möglichkeit einer Einsetzung des Schwerbeschädigten gegeben ist. Wenn auch zu guter Letzt Möglichkeiten bestehen, sich von der Beschäftigungspflicht zu befreien, so weiß doch jeder, daß das in der Kleinwirtschaft außerordentlich schwierig ist und der Betriebsinhaber oder der Handwerksmeister nicht in jedem Falle diesen Weg beschreiten kann. Ich glaube, daß sich auch die Regierung etwas dabei gedacht hat, als sie die Regierungsvorlage gemacht hat. Ich halte es für richtig, bei der Fassung, wie die Regierung sie vorgelegt hat, zu verbleiben, und darf das Hohe Haus bitten, dem Antrag zuzustimmen, die Regierungsvorlage wiederherzustellen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser § 3, der den Umfang der Beschäftigungspflicht regeln soll, ist der Angelpunkt des Gesetzes. In all den Jahren, in denen ein Einstellungszwang bestanden hat — und das war bekanntlich der Fall in der Zeit nach der Beendigung des ersten Weltkrieges bis zum Zusammenbruch nach 1945, als in den von den Besatzungsmächten
gebildeten Ländern unterschiedliche Regelungen
getroffen worden sind —, hatte sich herausgestellt
— und das weiß jeder, der in der praktischen Arbeit zugunsten der Kriegsopfer gestanden hat —, daß es keinen Betrieb gibt, der in der Lage ist, einen Arbeitsplatz auszuweisen, der unter ganz normalen Bedingungen, ohne jede weitere Belastung des Betriebseigentümers, nicht auch von einem Kriegsbeschädigten ausgefüllt werden könnte. Einen derartigen Betrieb gibt es nicht.
Darum kann man auch von diesem Beschluß des Ausschusses, der die Verpflichtung auf Einstellung eines einzigen Schwerbeschädigten bereits statuiert hat, wenn der Betrieb nur 7 Arbeitsplätze aufweist, nicht so reden, als sei er eine unerträgliche Belastung für den kleinsten Betrieb.
— Nun, aber ich habe eine Ahnung von Kriegsbeschädigtenarbeit. Von dem Wert einer Arbeit habe ich eine Ahnung.
— Na, das sollten Sie mir gerade nicht bestreiten; Sie kennen mich ja ein bißchen aus der Vergangenheit.
— Ja, „Ach, Renner", „Ach, Renner"! Warum widerspreche ich Ihnen denn bei Ihrem Verrat an den Kriegsopfern? Weil bei Ihnen Ihr e Interessen maßgebend sind und nicht die der notleidenden Kriegsopfer! Machen Sie mir doch nicht solche pflaumenweichen Unterbrechungen, damit haben Sie bei mir sowieso verspielt.
Wenn Sie einmal die Ausweichmöglichkeiten nachprüfen wollten, die dieses Gesetz j a auch enthält — wovon Sie aber nicht reden, bisher wenigstens nicht —, wenn Sie also einmal davon Kenntnis genommen hätten, welche Ausweichmöglichkeiten der Inhaber eines kleinen Betriebes hat, dann würden Sie sich nicht hierhinstellen und im Brustton der Überzeugung aussprechen können, daß diese Änderung, die der Ausschuß getroffen hat, eine unerträgliche Belastung für die kleinen Betriebe ist. Der Betriebsinhaber kann ja als Schwerbeschädigte sogar Personen aus seinem eigenen Familienkreis in seinem Betrieb einstellen, und er soll ja nach ihrem eigenen Gesetz die große, billige, herrliche Ausweichmöglichkeit haben, eine Abfindung zu zahlen, wenn er nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, Schwerbeschädigte direkt einzustellen.
Sie kommen also dem kleinen Unternehmer und natürlich auch dem großen Unternehmer so weit entgegen, wie Sie das überhaupt nur irgendwie verantworten können angesichts der ungeheuer hohen Zahl von Schwerbeschädigten, die einzustellen sind und die Sie j a einstellen müssen, weil Sie für eine echte Rentenversorgung keine Gelder freigeben. Sie müssen sie ja schon einstellen, um sie nicht verhungern zu lassen. Das ist doch der Ausgangspunkt, von dem aus man an die Beurteilung dieses Gesetzes herangehen müßte.
Die bisherige Regelung, daß bei den Behörden bis zu 10 % Schwerbeschädigte eingestellt werden sollten, hat sich meines Wissens überall bewährt. Daß sie nicht auch überall dort, wo sie bereits Landesgesetz ist, praktiziert worden ist, steht auf einem anderen Blatt.
Aber nun zu einer entscheidenden Frage, dem
Buchstaben c des § 3, der so formuliert ist:
c) die öffentlichen und privaten Betriebe, die nicht unter Buchstabe b fallen, auf wenigstens 8 vom Hundert.
Wir sind der Meinung, daß aus diesen 8 vom Hundert 10 vom Hundert gemacht werden sollten. Wir sind der Meinung, daß die Betriebe, die größeren Unternehmer in der Lage sind, ohne jede wirkliche Belastung ihres Betriebes auch 10 % Schwerbeschädigte einzustellen.
— Auch 10 %. Wenn Sie das den öffentlichen Betrieben, den kommunalen Betrieben zumuten können, wenn Sie das den Ministerien und den kommunalen Dienststellen zumuten — was Sie ja beabsichtigen —, dann frage ich Sie: Warum soll der private Unternehmer ausgeschlossen sein? Und Sie brauchen doch die Arbeitsplätze angesichts der ungeheuren Zahl von Schwerbeschädigten, die nach Arbeit drängen! Sie haben doch allein im Lande Nordrhein-Westfalen 6000 Schwerbeschädigte, für die Sie keine Arbeitsplätze haben. 6000 in einem Land!
— Nein, aber Sie brauchen eine Erhöhung Ihrer Einstellungszwangsziffer! — Wir sind also der Meinung, daß die privaten Betriebe durchaus in der Lage sind und daß es durchaus zumutbar ist, ihnen durch das Gesetz die Einstellung von 10 % Schwerbeschädigten aufzuerlegen.
Nun verwahren wir uns aus der Kenntnis der Praxis der Betriebe heraus mit allen Mitteln dagegen, daß der Bundesregierung im Wege der Rechtsverordnung die Möglichkeit gegeben wird, dieses Gesetz in der Form zu unterhöhlen, daß man zwar auf der einen Seite sagt: Wir können eventuell die Einstellungsziffer erhöhen; aber wir dürfen auch notfalls bis auf 4 vom Hundert der Pflichtsätze heruntergehen. Wer die soziale Einstellung unseres Adenauer-Kabinetts kennt, der kann diesem Kabinett einen solchen Freibrief nicht geben.
Außerdem sind wir der Meinung — und das sagen wir auch in unserem Änderungsantrag zu § 3 c —, daß die Landesarbeitsämter auch nicht berechtigt sein sollen, darüber zu entscheiden, ob bei dem privaten Arbeitgeber die Voraussetzungen gegeben sind, von der Pflichtzahl herunterzukommen, also sich vor der Einstellung der vorgeschriebenen Zahl von Schwerbeschädigten zu drücken.
Alles in allem wiederhole ich noch einmal: der
§ 3 ist der Angelpunkt dieses Gesetzes. Jede Abschwächung der Einstellungszwangsverpflichtung
bedeutet, daß Hunderte und aber Hunderte, ja,
Tausende und aber Tausende von Schwerbeschädigten arbeitslos bleiben, daß sie darauf angewiesen sind, nur mit den Hungerrenten zu vegetieren,
die Sie für sie übrig haben. Hier wird sich entscheiden, ob Sie Ihr oft hier ausgesprochenes Wort,
die Phrase, wahrmachen wollen, die beste Versorgung für den Schwerbeschädigten bestehe darin,
daß man ihm einen Arbeitsplatz gibt. Hier haben
Sie Gelegenheit, ihm den Platz zu schaffen. Drükken Sie sich also nicht an dieser Verpflichtung dadurch vorbei, daß Sie in der von mir aufgezeigten
Art die Einstellungszwangsverpflichtungen bei den
privaten Unternehmern auf 8 v. H. herabdrücken.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über den weitestgehenden Antrag, den der KPD auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 3. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit. Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich lasse jetzt über den Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 892 Ziffer 1 abstimmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, eine Hand zu erheben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Meine Damen und Herren, es ist keine Klarheit über das Ergebnis zu bekommen. Wir müssen also durch Auszählen abstimmen. Diejenigen, die für den Antrag sind, gehen durch die Ja-Tür. Darf ich bitten, den Saal sehr schnell zu verlassen.
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
— Ich bitte doch, die Einzugsgeschwindigkeit zu erhöhen.
Die Auszählung ist beendet. Ich bitte, die Türen zu schließen.
Das Ergebnis der Abstimmung ist: Mit Ja haben 130, mit Nein 135 gestimmt. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 3 in der Fassung der Vorlage zustimmen, eine Hand zu erheben. —
Darf ich bitten, Platz zu nehmen. Es ist so nicht zu übersehen, wer mit Ja oder wer mit Nein stimmt. Ich bitte also diejenigen, die dem § 3 in der Fassung der Vorlage zustimmen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen einige Stimmen mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf §§ 4, — 5, — 6. Zu diesen Paragraphen liegen weder Wortmeldungen noch Änderungsanträge vor. Ich bitte diejenigen, die diesen aufgerufenen Paragraphen in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe nun auf § 7 mit einem Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 4. Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben bei § 7 den Antrag gestellt, den Abs. 2 zu streichen Dieser Absatz behandelt die Anhörung des Beratenden Ausschusses, um die Beschäftigungspflicht ganz oder teilweise zu 'reduzieren, und sagt, daß dafür einem anderen Arbeitgeber die Beschäftigung Schwerbeschädigter über die für diesen Arbeitgeber maßgebliche Pflichtzahl hinaus ermöglicht werden soll.
Einen solchen Paragraphen muß man aus zwei Gründen ablehnen: erstens, weil der Beratende Ausschuß des Landesarbeitsamts auch hier nur ein Anhörungsrecht hat, also kein Recht hat, entscheidend mitzuwirken; zweitens müssen wir deshalb auf der Streichung bestehen, weil uns — und das sei sehr deutlich gesagt — die Körperbeschädigten und die Schwerkriegsbeschädigten wirklich zu schade sind, als Austauschobjekt der Unternehmer unter sich zu dienen. Wenn dieser Paragraph stehenbleibt, haben die Unternehmer die Möglichkeit, eine Verschiebung der Arbeitskräfte vorzunehmen, und die Leidtragenden sind dabei die Schwerbeschädigten.
Ich darf vielleicht gleich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten einen Änderungsantrag zu § 8 einbringen.
Ja, auch gleich zu § 8!
Bei § 8 haben wir ebenfalls eine Streichung beantragt. Hier heißt es am Schluß des ersten Absatzes: „bei Vorliegen entsprechender fachlicher Voraussetzungen bevorzugt einzustellen", und zwar handelt es sich um .die erwerbsfähigen Ehefrauen von Verschollenen usw. Auch hier sind wir für Streichung, weil man mit diesem Paragraphen, wenn er bestehenbleibt, alles tun kann, was man will. Die zuständigen Stellen bestreiten einfach das Vorhandensein der fachlichen Voraussetzung. Wir sind der Meinung, daß man ein Gesetz so nicht verabschieden kann, sondern ganz konkret sagen muß, was man eigentlich mit einem solchen Gesetz will und was nicht. Aber sie bauen hier einen Kautschukparagraphen nach dem anderen ein. Wir lehnen es ab, einer solchen Bestimmung zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die bei § 7 dem Änderungsantrag der KPD zustimmen, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
§ 8. Hier liegt ebenfalls ein Änderungsantrag der KPD vor; er ist bereits eben mit begründet worden. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir können also sofort abstimmen. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag der KPD zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; abgelehnt.
Ich bitte dann diejenigen, die dem § 7 und § 8 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; also angenommen.
Ich rufe auf § 9. Auch dazu ein Änderungsantrag der KPD. Das Wort hat Herr Abgeordneter Kohl.
Das müssen Sie mir schon überlassen, Herr Abgeordneter Kunze!
— Ich habe absolutes Verständnis dafür, daß Sie diese Dinge nicht gern hören!
Meine Damen und Herren! Wir haben hier die Streichung des § 9 beantragt. § 9 behandelt die Schaffung einer sogenannten Ausgleichsabgabe. Diese Ausgleichsabgabe ist eigentlich ein Freibrief für den Unternehmer, der nicht gewillt ist, Körperbeschädigte in seinem Betrieb zu beschäftigen.
— Kein Oh, oh! Ich spreche aus der Praxis, und ich bin bereit — viel eher, als Sie es verstehen können, lieber Herr —, Ihnen das nachzuweisen, weil ich darin über einige Erfahrung verfüge. Die Frage der Ausgleichsabgabe ist nicht eine Angelegenheit, die neu in diesem Gesetz auftaucht,
sondern die Ausgleichsabgabe ist für die Unternehmer, wenn sie es aus irgendwelchen Gründen ablehnen, einen Körperbeschädigten in ihrem Betrieb einzustellen, ein Freibrief, mit dem sie sich von all diesen Dingen freikaufen können. Meine Damen und Herren, überlegen Sie bitte einmal: Die Regierungsvorlage sah 30 DM vor, die Ausschußvorlage sieht 50 DM vor. Nehmen Sie weiter die Ziffern, die als Grundlage für die Einstellung betrachtet werden, also meinetwegen zehn Körperbeschädigte in einem verhältnismäßig großen Betrieb. Wenn der Unternehmer nicht daran denkt, Körperbeschädigte einzustellen, dann kommt er mit einer ganz kleinen Geldbuße, die er monatlich oder jährlich zahlt, um die ganze Geschichte herum. Wir sind der Auffassung, daß dieser Paragraph gestrichen werden muß, weil wir wünschen, daß den Körperbeschädigten auch in dieser Frage ihr Recht wird. Wir lehnen den § 9 ab und ersuchen Sie, im Interesse der Körperbeschädigten der Streichung zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. — Zu Umdruck Nr. 892 Ziffer 2 hat das Wort zur Begründung Herr Abgeordneter Günther.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist meines Erachtens unmöglich, daß durch dieses Gesetz irgendwie eine neue Steuer eingeführt wird. Wir sind gerade dabei, eine Steuerreform, wenn auch eine kleine Steuerreform, zu machen, die morgen in dritter Lesung verabschiedet wird. Da geht es doch nicht an, daß man auf dem Umwege über dieses Gesetz eine Steuer für diejenigen macht, die meinetwegen hier nicht in der Lage sind, die Einstellungen von Kriegsbeschädigten und Schwerbeschädigten vorzunehmen. Auch die Regierung hat in ihrem Entwurf den Betrag von 30 DM eingesetzt. Nach dem jetzigen Rechtszustand sind es 25 DM. Ich glaube, daß die Regierung auch hier die Auffassung vertreten hat, daß die 30 DM an sich gerechtfertigt sind. Es ist auch laut Statistik usw. zu erwarten, daß so viele Schwerbeschädigte überhaupt gar nicht in Frage kommen, die eingesetzt werden können. Ich habe eben noch vom Arbeitsminister gehört, daß die Zahl derjenigen die eventuell einzugliedern sind, sich bei 40- bis 50 000 bewegt. Es ist also unmöglich, daß sämtliche Betriebe, die eben praktisch auch keine Schwerbeschädigten einstellen können, nun zu einer Belastung von 50 DM herangezogen werden.
Ich bitte, dem Änderungsantrag zuzustimmen, d. h. die Regierungsvorlage wiederherzustellen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der KPD, Umdruck Nr. 895 Ziffer 6. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über Umdruck Nr. 892 Ziffer 2. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte dann diejenigen, die dem § 9 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe § 10 auf. Dazu liegen weder Änderungsanträge noch Wortmeldungen vor. Ich darf also sofort abstimmen lassen. Ich bitte diejenigen, die der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Zu § 11 liegt ein Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 7 vor. Keine Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe! — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die dem § 11 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
§ 12. — Keine Wortmeldungen, keine Änderungsanträge. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
§ 13 mit Änderungsantrag der KPD, Umdruck Nr. 895 Ziffer 8. Das Wort hat Herr Abgeordneter Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben den Antrag gestellt; in Abs. 2, in dem es darum geht, daß der Vertrauensmann der Schwerbeschädigten im Betrieb zu wählen ist, eine klare Formulierung zu wählen. Der Ausschußbericht sieht vor, daß ein Vertrauensmann zu wählen ist, „der ein Schwerbeschädigter sein soll". Wir schlagen vor, an Stelle des Wortes „soll" das Wort „muß" zu setzen. Nur ein Schwerbeschädigter ist in der Lage, die Interessen der Schwerbeschädigten zu vertreten.
Einen weiteren Änderungsantrag haben wir zu Abs. 5 des § 13 eingereicht. In diesem Absatz heißt es:
Das Amt des Vertrauensmannes erlischt vorzeitig, wenn er es niederlegt, aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder die bürgerlichen Ehrenrechte oder die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, verliert.
Wir sagen in Satz 2:
Die schwerbeschädigten Arbeitnehmer des Betriebes können jederzeit mit Mehrheit die Absetzung des Vertrauensmannes von seinem Amt beschließen.
In der Ausschußvorlage hat man eine Art Anleihe bei dem Betriebsverfassungsgesetz gemacht und versucht, die Gedankengänge, die dort festgelegt sind, einzubauen, indem man die Arbeitgeber mit einschaltet. Der Arbeitgeber soll das Recht haben, einen Antrag auf Abberufung des Schwerbeschädigten-Vertrauensmannes zu stellen, eine Formulierung, die gar nicht die Zustimmung der Arbeiter, auch nicht die der Schwerbeschädigten finden kann; denn nicht der Vertrauensmann der Arbeitgeber, sondern der Vertrauensmann der Schwerbeschädigten soll er sein. Man sagt auch, daß ein Antrag an den Beschwerdeausschuß des Landesarbeitsamts gerichtet werden soll, wenn mindestens ein Viertel der schwerbeschädigten Arbeitnehmer des Betriebes die Abberufung verlangen. Meine Damen und Herren, Sie sind immer so gute Gralshüter der Demokratie. Hier haben Sie Gelegenheit, den schwerbeschädigten Menschen, die in Betrieben beschäftigt werden, wirklich demokratische Grundregeln beizubringen, indem Sie ihnen das selbstverständliche demokratische Recht zugestehen, darüber zu entscheiden, wer ihr Vertrauen genießt
und wer es nicht mehr genießt, und ihnen dann das Recht geben, diesen Menschen abzuberufen. Wir ersuchen Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst über den soeben begründeten Änderungsantrag der KPD. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte dann diejenigen, die dem § 13 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe die §§ 14, — 15, — 16, — 17 auf. Zu diesen Paragraphen liegen weder Wortmeldungen noch Änderungsanträge vor. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe § 18 auf. Dazu liegt vor ein Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 9. Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
Meine Damen und Herren! Wir beantragen, den Abs. 2 zu streichen. In der Vorlage wird der Hauptfürsorgestelle eine Aufgabe übertragen, die ihr im Hinblick auf ihre anderen Aufgaben absolut wesensfremd ist. Man verlangt in der Vorlage nicht mehr und nicht weniger, als daß die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zu erteilen hat zu Entlassungen, wenn dem Schwerbeschädigten ein angemessener Arbeitsplatz gesichert ist oder wenn der Arbeitgeber seiner Beschäftigungspflicht genügt hat oder zum dritten, wenn der Schwerbeschädigte das 65. Lebensjahr vollendet hat und wirtschaftlich ausreichend gesichert ist, Diese in dem Gesetz festgelegten drei Bestimmungen stellen, sagen wir es ganz deutlich, eine Aufgabe dar, die in einen ganz anderen Bereich gehört, aber nicht in den Bereich der Hauptfürsorgestelle. Die Hauptfürsorgestelle kann einfach nicht das tun, was Sie ihr auferlegen wollen, nämlich mitzuhelfen, daß Körperbeschädigte von einem Betrieb in den anderen Betrieb geschoben werden, wenn es den Unternehmern paßt. Nehmen Sie den letzten Fall: „wenn der Schwerbeschädigte das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet hat und wirtschaftlich ausreichend gesichert ist". Sie kennen ja die Rentensätze, Sie haben vorhin über diese Frage sehr eingehend diskutiert. Wer von Ihnen wagt denn zu behaupten, daß die Schwerbeschädigten irgendwie ausreichend gesichert sind, wenn sie das 65. Lebensjahr erreicht haben? Da hilft auch keine Hauptfürsorgestelle. Sie wollen dieser Stelle eine Aufgabe aufbürden, die sie in Mißkredit bringt. Dazu geben wir uns nicht her. Wir verlangen die Streichung dieser Bestimmung.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den soeben begründeten Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 9. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte dann diejenigen, die § 18 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die große Mehrheit; angenommen.
Ich rufe § 19 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 10 vor. Eine besondere Begründung wird nicht gegeben. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die diesem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; abgelehnt.
Dann bitte ich diejenigen, die § 19 in der Fassung der Vorlage annehmen wollen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe § 20 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 11 vor. Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
Wir haben bei diesem Antrag das Problem angesprochen, das den Kern dieses Gesetzes darstellt. Tatsächlich haben wir auf diesem Gebiet ländermäßig einen gewissen Dualismus. Die Hauptfürsorgestellen sind zum großen Teil der Dienstaufsicht der Innenministerien unterstellt, während die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes in die Zuständigkeit der Arbeitsministerien fällt. Es ergeben sich zwangsläufig — das weiß jeder, der die Praxis kennt — Reibungen, die auch mit der Annahme dieses Gesetzes nicht beseitigt werden. Sie haben beispielsweise in diesem Gesetz vorgesehen, daß die Berufsberatung in die Zuständigkeit des Arbeitsamtes fällt. Wir sind der Meinung, daß das nicht richtig ist, sondern daß gerade die Berufsberatung eine der Hauptaufgaben der Hauptfürsorgestelle sein muß, weil sie die Lage und die Mentalität der Körperbeschädigten viel besser kennt als die üblichen Berufsberater bei den Landesarbeitsämtern, die ihre Berufsberatung nach einer ganz anderen Richtung und einer ganz anderen Zielsetzung durchführen. Wir sind der Meinung, daß das Gesetz, um eine wirkliche Klärung zu schaffen, einmal diesen Dualismus beseitigen sollte und zum anderen die Hauptfürsorgestellen, die bisher in den einzelnen Ländern den Innenministerien unterstellt sind, der Dienstaufsicht der Arbeitsministerien unterstellen sollte, um eine Einheitlichkeit in der gesamten Schwerbeschädigtenversorgung zu schaffen. Wenn Sie das nicht tun, schaffen Sie weitgehend die Möglichkeit, daß die jetzt vorhandenen Reibungsflächen aufrechterhalten werden. Sie werden dann nie zu einer Einheitlichkeit kommen. Weil wir gerade auf diesem so wichtigen Sektor die Einheitlichkeit wünschen, treten wir dafür ein, daß die Durchführung dieses Gesetzes in den wesentlichsten Punkten auch für die Zukunft zu einer Angelegenheit der Hauptfürsorgestellen gemacht wird.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den soeben begründeten Änderungsantrag. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die § 20 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf § 21 mit dem Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 12. — Das Wort ist nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Dann bitte ich diejenigen, die § 21 in der Fassung der Vorlage annehmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf §§ 22, — 23, — 24. Dazu liegen Änderungsanträge und Wortmeldungen nicht vor. Ich bitte diejenigen, die der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; die aufgerufenen Paragraphen sind angenommen.
Ich rufe auf § 25 mit dem Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 13. Zur Begründung ist das Wort nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben.
— Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die § 25 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf § 26; dazu keine Änderungsanträge und keine Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die § 26 in der Fassung der Vorlage annehmen, die Hand zu heben.
— Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf § 27 mit Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 14. — Das Wort ist nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die § 27 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf § 27 a mit Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 895 Ziffer 15. — Das Wort ist nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die § 27 a in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
§ 28 entfällt. §§ 29, — 29 a, — 30, — 31, — 32, — 32 a, — 32 b, - 33, — 34, — 34 a, — 35, — 36,36 a, — 37. § 38 entfällt. Da keine Wortmeldungen und Änderungsanträge vorliegen, bitte ich diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist zweifellos die Mehrheit; angenommen.
Einleitung und Überschrift: ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Damit, ist die zweite Beratung beendet. Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Für die allgemeine Aussprache sieht der Ältestenrat eine Gesamtredezeit von 60 Minuten vor. Ich nehme Ihre Zustimmung dazu an. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Pohle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 27. September 1951 hat die Fraktion der SPD in diesem Hause den Antrag eingebracht:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag bis spätestens 30. November 1951 den Entwurf eines neuen Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter gemäß § 27 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes vom 20. Dezember 1950 vorzulegen.
Am 14. November 1951 hat dieses Hohe Haus beschlossen, diesen Antrag unverändert anzunehmen. Heute liegt das Ergebnis einer nahezu einjährigen Ausschußarbeit in der Drucksache Nr. 4292 vor.
Ich habe namens der SPD-Fraktion die Erklärung abzugeben, daß sie wegen der besonderen Dringlichkeit der Unterbringung Schwerbeschädigter unter Zurückstellung aller weitergehenden Wünsche dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Ausschußfassung unverändert ihre Zustimmung geben wird. Das Anliegen der noch arbeitslosen Schwerbeschädigten im Bundesgebiet, durch Ausfüllung eines durch dieses Gesetz verfügbar gemachten Arbeitsplatzes einen neuen Lebensinhalt zu bekommen, ist unser gemeinsames Anliegen. Ohne bürokratische Hemmungen und Behördenzuständigkeitsstreit sollte unserer Meinung nach dieses Gesetz durchgeführt werden, in dessen Mittelpunkt der Schwerbeschädigte Mensch steht, dem wir die gesetzliche und die menschliche Hilfestellung schuldig sind.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Golitschek.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei begrüßt es, daß nunmehr eine bundeseinheitliche Regelung in der Frage der Beschäftigung Schwerbeschädigter an Stelle der bisherigen Vielfalt der Landesgesetze bzw. Zonenbestimmungen tritt. Sie ist der Überzeugung, daß die Wiedereingliederung der Schwerbeschädigten in den Arbeitsprozeß und in die Erwerbstätigkeit und, damit verbunden, die Herausführung aus Not und Verzweiflung eine unserer wichtigsten Aufgaben ist. Meine Fraktion weiß, daß dieses Gesetz nicht allen Wünschen der Beteiligten gerecht werden kann. Sie glaubt, daß die bei der Durchführung eventuell auftretenden Anfangsschwierigkeiten und Härten im Wege von Verwaltungsmaßnahmen schnell überwunden werden können. Gegebenenfalls werden sie Gegenstand einer Novellierung sein müssen. Im Interesse eines raschen Inkraftsetzens des Gesetzes und damit im Interesse einer schnellen beruflichen Eingliederung der Schwerbeschädigten sieht meine Fraktion davon ab, Änderungsanträge zu stellen, und wird dem Gesetz zustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth.
Ich habe das Wort nur zur Abgabe einer Erklärung erbeten. Wie sich schon bei der Begründung einiger in der zweiten Lesung abgelehnter Änderungsanträge gezeigt hat, bestehen Befürchtungen, daß das auf seinen reinen Wortlaut beschränkte Gesetz zu Schwierigkeiten führen könnte. Auch der Ausschuß hat wohl ähnliche Erwägungen angestellt; denn er hat in § 35 Rechtsverordnungen vorgesehen, die solche Erschwerungen mildern sollen. Ich bitte daher die Bundesregierung, dafür zu sorgen, daß die in § 35 Abs. 1 vorgesehenen Rechtsverordnungen alsbald erlassen werden, und zwar möglichst so, daß sie noch mit der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten können.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Renner. — Darf ich etwaige
weitere Redner bitten, ihre Wortmeldungen rechtzeitig anzubringen. Wenn man nämlich die Rednerliste nicht hat und deshalb schon zur Abstimmung klingelt, wird man etwas verwirrt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz entspricht nicht den Ansprüchen und Forderungen, die die Beschädigten draußen über ihre Organisationen an die Bundestagsabgeordneten bzw. an die Bundesregierung herangebracht haben. Das Gesetz läßt bedauerlicherweise sehr viele Lücken offen. Wir bedauern vor allem, daß es nicht gelungen ist — was wir mit unseren Anträgen beabsichtigt haben —, eine reinliche Scheidung der Kompetenzen der an der Durchführung dieses Gesetzes beteiligten Behörden zu erzielen. Unsere Auffassung war die, daß das rein Verwaltungsmäßige, also das, was sich auf die Beschaffung von Arbeitsplätzen und auf den Einsatz von Schwerbeschädigten an diesen Arbeitsplätzen bezieht, Sache der Arbeitsbehörden sein soll. Wir waren und sind darüber hinaus der Auffassung, daß das Fürsorgerische, das, was den Beschädigten in Form einer fürsorgerischen Arbeitsbetreuung zugute kommen muß, durch die Hauptfürsorgestellen durchgeführt werden sollte. Leider ist diese reinliche Scheidung im Gesetz nicht zu erzielen gewesen. Wir bedauern darüber hinaus das Fehlen eines ausreichenden Mitbestimmungsrechts der verschiedenen Gruppen der Körperbeschädigten, ihrer Organisationen und der Gewerkschaften in den Instanzen der Verwaltung. Wir bedauern, daß dem Herrn Bundesarbeitsminister in der Form von Rechtsverordnungen so viele Möglichkeiten gegeben sind, das Gesetz in seiner Durchführung einzuengen. Wir bedauern vor allem die Ausschaltung eines bestimmten, schonungsbedürftigen Personenkreises, dessen Einschaltung in den Arbeitsprozeß immer auf große Schwierigkeiten gestoßen ist. Ich denke an die Gehörlosen.
Trotz all dieser Mängel werden wir dem Gesetz in der von Ihnen beschlossenen und auch von Ihnen zu verantwortenden Form notgedrungen zustimmen, denn die 40 000 arbeitslosen Schwerbeschädigten draußen im Lande, von denen Sie sprechen und denen Sie, Herr Minister, immer im Sinne von „Arbeitstherapie" anstatt von Rentenerhöhungen die materielle Sicherstellung zugedacht hatten, zwingen dazu, diesem erbärmlichen Gesetz die Zustimmung zu geben. Insbesondere die allein in unserm Industrieland Nordrhein-Westfalen noch herumlaufenden 8000 erwerbslosen Schwerbeschädigten zwingen uns, dieser erbärmlichen Gesetzesvorlage unsere Zustimmung zu geben. Also nehmen Sie es mir nicht übel, Herr Minister: Einmal mehr haben Sie da eine Arbeit geleistet, die zwar ihren großen Auftraggebern gefallen mag, die aber den Kriegsopfern, den Schwerbeschädigten, nicht gerecht wird.
Einmal mehr muß Ihnen das öffentlich quittiert werden. Wie die Kriegsopfer über Sie denken, ist Ihnen ja heute auch schon von anderer Seite aus gesagt worden.
Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe nun die §§ 1 und 2 auf. Ich bitte diejenigen, die der Vorlage zustimmen, die Hand zu
heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 3 auf. Zu diesem Paragraphen ist ein Änderungsantrag der Abgeordneten Günther und Schmücker eingegangen, der 20 Unterschriften trägt. Zur Begründung hat der Abgeordnete Schmücker das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben den Antrag aus der zweiten Lesung noch einmal aufgenommen. Ich möchte Sie abermals daran erinnern, daß der Regierungsvorschlag doch auf Grund der statistischen Unterlagen hergestellt worden ist, daß also das Anliegen, das wir alle gemeinsam haben, mit der alten Regierungsfassung durchaus schon erfüllt wird.
Dann darf ich noch ein Zweites sagen: Wir machen in diesem Hohen Hause immer wieder den Fehler, daß wir den Kleinbetrieb schematisch mit dem Großbetrieb gleichsetzen. Ein Kleinbetrieb von sieben Mann ist aber nicht gleich dem hundertsten Teil eines Großbetriebs von 700 Mann. Ein Kleinbetrieb ist ein eigener Organismus. Es gibt Kleinbetriebe, die durchaus die Möglichkeit haben, mehr Schwerbeschädigte einzustellen; es gibt aber auch solche, die nicht Posten zur Verfügung haben, die von Schwerbeschädigten eingenommen werden können. Das kann doch jeder feststellen, wenn er sich in seiner Nachbarschaft einmal umsieht.
Ich habe also die dringende Bitte, diesen Antrag richtig aufzufassen und ihm die Zustimmung zu geben.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem bereits in der zweiten Lesung gestellten und jetzt wieder aufgenommenen Antrag, in § 3 Abs. 1 die Fassung der Regierungsvorlage wiederherzustellen, zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ja, meine Damen und Herren, es ist genau wie in der zweiten Beratung: das Bild ist nicht ganz klar. Das liegt an wenigen Stimmen. Wir kommen an einer Auszählung nicht vorbei. Ich darf bitten, sie zu beschleunigen.
Ich bitte um schnelle Räumung des Saals. Solange der Saal nicht geräumt ist, kann ich nicht mit der Auszählung beginnen lassen.
Ich bitte mit der Auszählung zu beginnen.
In einer Minute wird die Türe geschlossen.
Die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte, die Türen zu schließen.
Meine Damen und Herren, auch der zweite Versuch hat keine Änderung gebracht. Mit Ja haben gestimmt 128, mit Nein 134 Mitglieder des Hauses; der Antrag ist also abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über § 3. Ich bitte diejenigen, die dem § 3 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe nun auf die §§ 4 bis 37, Einleitung und Überschrift und bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz als Ganzem ihre Zustimmung geben, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Dann ist das Gesetz einstimmig in dritter Beratung verabschiedet.
Wir haben dann noch abzustimmen über den Ausschußantrag unter b), die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Neuregelung der Steigerungsbeträge und Grundbeträge in der Rentenversicherung der Angestellten .
Der Ältestenrat schlägt für die Begründung 10 und für die Aussprache 40 Minuten vor. Ich nehme die Zustimmung des Hauses an. Zur Begründung hat das Wort Frau Döhring.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Antrag auf Neuregelung der Steigerungsbeträge und Grundbeträge in der Angestelltenversicherung beinhaltet zum Teil ein Problem, das die SPD schon einmal, und zwar im Jahre 1950, dem Bundestag unterbreitet hatte. Damals wurde der Antrag an die Regierung als Material überwiesen. Leider haben wir seitdem nichts mehr von der Sache gehört, obwohl der Herr Arbeitsminister in der seinerzeitigen Debatte ausführte, man wisse, wie es wörtlich im Protokoll heißt, nur allzugut, daß wir in sehr kurzer Zeit zu einer Neuordnung der Renten kommen müßten.
Die Rente setzt sich bekanntlich zusammen aus Grundbetrag und Steigerungsbetrag. Obwohl der Grundbetrag in der Angestelltenversicherung beträchtlich höher liegt als in der Invalidenversicherung, wirkt sich doch bei einer längeren Versicherungsdauer die Berechnung der Angestelltenrente infolge der niedrigeren Steigerungsbeträge, die bekanntlich 0,7 v. H. gegenüber 1,2 v. H. in der Invalidenversicherung betragen, nicht so günstig aus. Deshalb entspricht es einer gerechten Festsetzung der Renten, eine Erhöhung der Steigerungsbeträge in der Angestelltenversicherung vorvorzunehmen. Es handelt sich hierbei bekanntlich um Forderungen, die von den Angestellten schon des öfteren vorgebracht worden sind. Die Beseitigung dieser Ungerechtigkeit dürfte wichtiger sein als eine organisatorische oder eine verwaltungstechnische Änderung. Immerhin ist unser vorliegender Antrag nicht loszulösen von der Regierungsvorlage über die Errichtung einer Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Wir stehen aber auf dem Standpunkt, daß ungeachtet einer Diskussion über die Errichtung einer solchen Anstalt die Leistungsfragen der Angestellten vorweg geregelt werden sollten.
Die beantragte Erhöhung der Steigerungsbeiträge steht in keinem direkten Zusammenhang mit dem Haushaltsplan, da die Steigerungsbeträge grundsätzlich von den Versicherungsträgern selbst aufzubringen sind. Aber selbst wenn die von der Regierung beabsichtigte und in den zuständigen Ausschüssen bereits beschlossene Abschöpfung in Form von Hergabe von Schuldverschreibungen an Stelle von Barmitteln — man kann auch sagen: in Form einer Zwangsanleihe bei den Rentenversicherungsträgern — durch die Mehrheit dieses Hauses etwa beschlossen werden sollte, könnten und müßten die Mittel für die Erhöhung der Steigerungsbeträge aus den dann noch nach den Unterlagen des Arbeitsministeriums verbleibenden 90 Millionen DM entnommen werden. Die Erhöhung der Steigerungsbeträge wäre also damit wirtschaftlich gedeckt.
Zu Punkt 2 des Antrags der Fraktion der SPD möchte ich kurz auf folgendes hinweisen. Der Grundbetrag in der Angestelltenversicherung besteht aus einer Vielzahl von Beträgen, und zwar: Grundbetrag von 37 DM monatlich, plus 15 DM nach dem Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz, ergibt 52 DM monatlich. Dazu kam 1951 die 25%ige Rentenerhöhung, ergab 65 DM monatlich, plus 5 DM Grundrentenerhöhung nach dem Gesetz vom Dezember vorigen Jahres. Es dürfte sicherlich in diesem Hause Einigkeit darüber bestehen, daß eine solche umständliche Berechnung eine schlechte Regelung ist und daß der Grundbetrag vielmehr neu festgesetzt bzw. auf einen Nenner gebracht werden sollte. Es handelt sich also hierbei lediglich um eine Vereinfachung der Berechnung, damit jedermann ohne lange Überlegungen und ohne lange Rückfragen eine Rente auch selbst berechnen kann.
Es ist für die SPD selbstverständlich — und ich möchte nicht vergessen, das hier besonders zu betonen —, nicht etwa die Arbeiter und Arbeiterinnen, denen in der Invalidenversicherung wohl ein höherer Steigerungsbetrag zusteht, die jedoch infolge des niedrigeren Grundbetrages benachteiligt sind, in unseren sozialpolitischen Erwägungen außer Betracht zu lassen. Vielmehr behalten wir uns dazu weitere Anträge vor.
Für heute geht es darum, meine Herren und Damen, die Ungerechtigkeit in der Rentenfestsetzung der Angestellten nunmehr unverzüglich zu beseitigen, und deshalb richte ich namens meiner Fraktion an das Hohe Haus die dringende Bitte, dem Antrag zuzustimmen und damit die Bundesregierung zur umgehenden Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs zu verpflichten.
Das Wort hat der Herr Bundesarbeitsminister.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Ihrer 195. Sitzunng am 21. Februar 1952 haben Sie in diesem Hohen Hause beschlossen, daß beim Bundesarbeitsministerium ein Beirat gebildet werden soll, der sich mit der Neuordnung der Sozialversicherung und vor allen Dingen ihrer Leistungen beschäftigen soll. Mir ist deshalb der heute hier vorgetragene Antrag nur insoweit verständlich, als die Begründerin selbst sagte, die Angelegenheit hänge mit dem Antrag auf Errichtung der Bundesanstalt für Angestellte zusammen. Ich persönlich bin der Meinung, daß man, wenn man eine neue Ordnung herstellen will, vor allen Dingen dazu übergehen muß, die Rentenformel nicht nur für
einen Versicherungsträger, sondern auch für den anderen, d. h. in diesem Falle für die Invalidenversicherung, neu festzulegen. Früher hatten wir für die Rentenberechnung bei den Rentenversicherungsanstalten sehr einfache Grundlagen. Wir hatten einen Grundbetrag, der klar und eindeutig war, und wir hatten darüber hinaus auch die Steigerungsbeträge. Man spricht heute davon, daß es unbedingt eine Ungerechtigkeit sei, wenn bei einem anderen Grundbetrag auch andere Steigerungsbeträge gegeben werden. Ich verstehe das nicht ganz. Diejenigen, die die Angestelltenversicherung bei ihrer Schaffung und bei ihrer Fortentwicklung beeinflußt haben, waren sehr maßgebende Leute aus der Angestelltenschaft selbst. Sie haben sehr wohl gewußt, was sie mit dieser gegenüber der Invalidenversicherung anderen Regelung wollten.
Ich bin also der Meinung, Sie sollten doch in diesem Hause der Arbeit des Beirats nicht mit derartigen Beschlüssen wieder besondere Schwierigkeiten machen. Die Arbeit des Beirats hat bebegonnen. Es werden dort alle Fragen der Sozialversicherung und vor allen Dingen der Rentenversicherungen bearbeitet. Es wird dort in Verbindung mit dem Ministerium eine Vorlage erarbeitet, die den Versicherungsnehmern beider Versicherungsträger gerecht wird.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte schon vorweg sagen, daß meine politischen Freunde sich nicht dazu entschließen können, so wie es die Frau Kollegin beantragt hat, dem Antrag bei dieser Lesung die Zustimmung zu geben, um — wie man gesagt hat — damit die beschleunigte Vorlage eines Entwurfes zu erreichen. Wir glauben, daß über diesen Antrag auch wegen seiner — ich möchte das einmal so sagen — nicht ganz eindeutigen Formulierung sehr gründlich gesprochen werden muß.
Jedenfalls ist nach meinem Dafürhalten die Ziffer 1 nicht ganz eindeutig formuliert.
— Wir werden darüber im Ausschuß zu sprechen haben.
Ich schließe mich an sich den Ausführungen des Herrn Ministers an und möchte hinzufügen, auch uns ist seit langem sehr wohl bekannt, daß mit guten Gründen aus der Angestelltenschaft eine Korrektur des bisherigen Zustandes gefordert wird. Aber wir haben uns bei früheren Diskussionen hier sehr häufig darüber beklagt, daß die Rentenberechnung nachgerade zu einer besonderen Wissenschaft für sich geworden ist und daß es dringend erforderlich ist, diese Dinge wieder in eine einfache klare Übersicht zu bringen, die auch von den einfachen Rentnern draußen verstanden wird. Ich glaube, es ist unbedingt erforderlich, daß der Beirat zunächst einmal die notwendigen Vorlagen vorbereitet.
Ich kann nicht verstehen, warum in der Begründung des Antrags ausgeführt worden ist, daß die Leistungsfragen unter allen Umständen vor Organisationsfragen zu stehen haben. Ich glaube jedenfalls, daß in diesem Hause niemand ist, der um einer Organisationsfrage willen sich unterfangen würde, etwa den Leistungsstand der Versicherungen zu verschlechtern, oder der das Notwendige dafür nicht tun wollte. Weil das aber hier ausgesprochen worden ist, lassen Sie mich sagen, daß die angeschnittene Organisationsfrage, also die Frage der Errichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, von uns als eine absolut vordringliche Angelegenheit angesehen wird
und wir entschlossen sind, die Regelung mit aller Energie noch in dieser Legislaturperiode zu betreiben.
Die diesbezügliche Vorlage ist mir bis zur Stunde nicht zu Gesicht gekommen.
In der Ziffer 2 des Antrags ist die Neuregelung des Grundbetrags in der Angestelltenversicherung angesprochen. Diese Frage gehört doch aus den vorhin dargelegten Gründen der Herbeiführung einer einfachen und klaren Übersicht ebenso in die Invalidenversicherung wie in die Angestelltenversicherung. Ich vermag nicht einzusehen, warum man in diesem Antrag diese Einzelfrage bei der AV vorweg lösen und sich nicht dazu bekennen möchte, daß sie zu einem Gesamtkomplex gehört, für den in vernünftiger Vorarbeit des Ministeriums eine Regelung gefunden werden muß.
Aus all diesen Gründen sind wir nicht imstande, dem Antrag jetzt im Plenum unsere Zustimmung zu geben. Ich beantrage namens meiner Freunde, diesen Antrag dem Sozialpolitischen Ausschuß zur Einzelberatung zu überweisen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere außerordentlich, daß der Herr Bundesarbeitsminister und der Herr Kollege Ho r n die Auffassung vertreten, dieser Antrag könne heute nicht von dem Hohen Hause angenommen, d. h. der Bundesregierung zur Durchführung überwiesen werden. Der Antrag will der Bundesregierung die Möglichkeit geben, einen zweckentsprechenden Gesetzentwurf zur Regelung dieser ohne Zweifel wichtigen und vordringlichen Frage auszuarbeiten.- Sie wissen alle, daß dieser Bundestag nur noch wenige Wochen Gesetzgebungsarbeit leisten kann.
Es ist nicht unsere Schuld, wenn diese Frage noch nicht gesetzlich geregelt worden ist. Die SPD hat in den Jahren 1948/49 im Wirtschaftsrat einen Antrag eingebracht, den Grundbetrag und den Steigerungsbetrag in der Angestelltenversicherung denen der Invalidenversicherung und die der Invalidenversicherung denen der Angestelltenversicherung anzupassen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat vor zwei Jahren einen ähnlichen Antrag gestellt. Damals haben die Sprecher der Regierungskoalition vorgeschlagen, diesen Antrag der Bundesregierung als Material zu überweisen. Es ist also nichts Neues, was wir hier vorschlagen. Die Bundesregierung hatte Zeit genug und auch die Verpflichtung, die Angelegenheit in diesen Jahren durchzuarbeiten und dem Bundestag noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zu unterbreiten.
Wir haben in dieser Drucksache den Antrag gestellt: erstens auf Erhöhung des Steigerungsbetra-
ges in der Angestelltenversicherung von 0,7 auf 1 % und zweitens auf eine Neufeststellung des Grundbetrags unter Berücksichtigung der verschiedenen Zulagen.
Wie liegen denn die Dinge praktisch? Es wird gewährt: eine Zulage von 15 DM, eine Zulage von 25 % der Renten und eine Grundbetragserhöhung für die Rentner von 5 DM — ohne Zweifel ein sehr interessantes, vielgestaltiges Bild, das in der Verwaltung nur Mehrarbeit erfordert und dem Versicherten nicht die gewünschte Klarheit gibt. Wir sind deshalb der Auffassung, daß diese Zulagen grundsätzlich mit dem bereits vorhandenen Grundbetrag zusammengefaßt und als neuer Grundbetrag gewährt werden sollten. Dabei hat selbstverständlich der Bund einen Teil der Mittel wie bisher aufzubringen; denn es ist nicht möglich, daß die Angestelltenversicherung dies aus den Beiträgen allein tragen kann.
Anders liegen die Verhältnisse bei dem Steigerungsbetrag. Hier ist sehr wohl die Versicherung in der Lage, die Erhöhung zu tragen. Das beweist die Tatsache, daß ein Überschuß vorhanden ist, den der Bundesfinanzminister als Zwangsanleihe für sich reklamiert, anstatt daß er den Rentnern, Witwen und Waisen zur Erhöhung ihrer Bezüge, die ohne Zweifel kümmerlich und kärglich und zum Leben nicht ausreichend sind, gewährt wird.
Herr Kollege Horn hat von einer gründlichen Prüfung gesprochen. Eine gründliche Prüfung bedeutet nach seinen Ausführungen, daß eine gemeinsame Regelung für die Invaliden- und Angestelltenversicherung auf diesem Gebiet erfolgen müßte! Jetzt verlangt Herr Kollege Horn eine gemeinsame Regelung! Vor zwei Jahren haben Sie, meine Damen und Herren, die von uns beantragte gemeinsame Regelung abgelehnt und unseren Antrag noch nicht einmal dem zuständigen Ausschuß zur Prüfung überwiesen, sondern lediglich als Material der Bundesregierung zugeleitet. So haben Sie die sozialen Belange der Invalidenrentner und der Angestelltenrentenempfänger behandelt. Heute suchen Sie einen Weg, der über den Juli hinausführt, ohne daß es zu einem Gesetz kommt. Diesen Weg können wir mit Ihnen nicht beschreiten.
Auch die Ausführungen des Herrn Bundesarbeitsministers sind für mich mehr als befremdend. Er verweist heute ganz schüchtern auf seinen Beirat. Wir haben vor über Jahresfrist die Einsetzung einer unabhängigen Studienkommission beantragt, die diese sozialpolitischen Probleme eingehend prüfen und der Regierung und den gesetzgebenden Organen entsprechende Vorschläge machen sollte. Sie haben einen Beirat beim Bundesarbeitsminister errichtet. Was hat denn dieser Beirat bis jetzt geleistet? Wie oft ist er denn zusammengetreten? Welche Aufgaben haben Sie ihm denn übertragen? Bitte, sagen Sie, Herr Bundesarbeitsminister, das doch dem Hohen Haus! Welche Vorschläge hat er Ihnen gemacht? Wieweit haben Sie diesen entsprochen? Ich habe nichts davon gehört, daß zu irgendeiner der Vorlagen wie Fremdrentengesetz, Sozialgerichtsbarkeit, Errichtung eines Bundesversicherungsamtes, Bundesanstalt für Angestelltenversicherung usw. der Beirat vom Bundesarbeitsministerium gehört wurde und dabei mitgearbeitet hat.
Ich weiß nichts davon, und ich glaube auch nicht 1 daran, solange mir hier der Beweis dafür nicht gegeben wird.
Der Herr Bundesarbeitsminister verweist nicht nur bei dieser, sondern auch bei allen anderen Fragen auf den Beirat. — Dazu war vor zwei Jahren die Zeit! Warum haben Sie von der Mehrheit dieses Hauses denn den Antrag, den wir gestellt haben, gegen unsere Stimmen — wir wollten ihn im Ausschuß bearbeiten und dann im Bundestag darüber beschließen lassen — als Material der Bundesregierung überwiesen? Sie hatten Zeit, diese Dinge zu regeln, und Sie haben die Zeit bewußt verstreichen lassen. Deshalb sind wir verpflichtet und genötigt, diesen Initiativantrag zu stellen. Wir beantragen, daß die Regierung beauftragt wird, diesem Hause umgehend einen Gesetzentwurf zur Neuregelung vorzulegen, damit wir in der Lage sind — und dafür wollen wir vor den Angestellten auch gern die Verantwortung übernehmen —, diese Gesetzesmaterie abschließend noch in diesem Bundestag zu behandeln.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Es ist zunächst der Antrag auf Überweisung an den Sozialpolitischen Ausschuß gestellt. Ich bitte diejenigen, die dieser Überweisung zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. — Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Nr. 4290 der Drucksachen).
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Weber.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau — Drucksache Nr. 3611 —ist vorgelegt worden entsprechend einem Beschlusse des Hohen Hauses vom 7. März 1951, in dem die Bundesregierung ersucht wurde, die Verordnung über die Gebührenbefreiung beim Kleinwohnungsbau vom 27. August 1936 an das Erste Wohnungsbaugesetz anzupassen. Der Entwurf wurde in der 229. Plenarsitzung vom 11. September 1952 an den Rechtsausschuß — federführend — und zur Mitberatung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen überwiesen. Beide Ausschüsse haben sich in mehreren Sitzungen mit dem Gesetzentwurf befaßt.
Die Gründe, die für den Erlaß des Gesetzes maßgebend sind, sind in der Begründung so umfassend dargelegt, daß ich darauf verweisen kann. Ebenso kann ich zur Abkürzung bezüglich der Einzelbestimmungen auf die sehr sorgfältige Begründung des Gesetzes Bezug nehmen. Ich glaube in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich mich darauf beschränke, Ihnen die Erörterung der Punkte darzulegen, die in
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den Ausschußverhandlungen umstritten waren, und der Punkte, in denen Änderungen vorgenommen worden sind.
Die Gründe waren kurz gefaßt folgende: Die Verordnung von 1936 stellte es auf das Subjekt, den Bauträger, ab. Von diesem Grundsatz ist man im Ersten Wohnungsbaugesetz abgewichen und hat objektive Voraussetzungen für die Gewährung von Grundsteuervergünstigung und die Förderung des sozialen Wohnungsbaues geschaffen. Nach der Verordnung von 1936 wurde bei Darlehnsgewährung die Gebührenvergünstigung nur dann gewährt, wenn der Baulustige das Darlehen von der öffentlichen Hand oder von öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten bekam. Benachteiligt waren dadurch die privaten Bausparkassen.
Diese Ungleichheit mußte beseitigt werden. Die Rechtsprechung suchte zwar diesen Ungleichheiten abzuhelfen; einzelne Gerichte haben es durch eine ausdehnende Anwendung der Verordnung von 1936 getan. Die Mehrheit der Gerichte verhielt sich aber ablehnend, so daß hier eine widerspruchsvolle Rechtsprechung entstand. Einzelne Länder glaubten nun, in der Weise eingreifen zu sollen, daß sie die Niederschlagung der anfallenden Gerichtsgebühren anordneten. Andere, wie Bayern und SchleswigHolstein, schufen zu diesem Zweck eigene Gesetze. Es war also dringend erforderlich, diese Dinge nunmehr im Bundesgebiet einheitlich zu ordnen.
Ich habe bereits betont, daß ich auf die Einzelheiten des Gesetzes nicht einzugehen brauche. Die Änderungen sind nicht allzu bedeutend. In § 1 ist ein Abs. 1 a eingefügt worden, der auf einer Anregung des Bundesrats anläßlich des ersten Durchgangs beruht. Der Bundesrat hat eine gewisse Er) weiterung der Vergünstigung der Gebührenfreiheit für den Erwerb unbebauter Grundstücke vorgeschlagen, die zur Weiterveräußerung bestimmt waren, sei es, daß Unternehmer Grundstücke erwarben, um sie mit Wohnungen zu bebauen, die für ihre Betriebsangehörigen bestimmt waren, sei es, daß Gemeinden oder Gemeindeverbände Grundstücke erwarben, um sie für den sozialen Wohnungsbau zu verwenden und sie zu diesem Zwecke weiter zu veräußern.
Die Bundesregierung hat diese Anregung aufgegriffen. Der 18. Ausschuß hat sie noch erweitert, indem er sich auf den Standpunkt gestellt hat, daß ganz allgemein Geschäfte, die den Erwerb eines unbebauten Grundstücks betreffen, wenn das Grundstück zum Zwecke der gewinnfreien Weiterveräußerung an einen Dritten erworben wird, der auf dem Grundstück Gebäude errichtet, die überwiegend Wohnungen der in Abs. 1 bezeichneten Art enthalten, die Gebührenvergünstigung erhalten sollten.
Der Rechtsausschuß hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Es war dann nur notwendig, eine Schutzbestimmung einzubauen, nach der eine Nacherhebung der Gebühren stattzufinden hat, wenn die Grundstücke nicht in dieser Weise gewinnf rei weiterveräußert werden. Der Bundesrat hatte für die Nacherhebung eine Frist von zwei Jahren vorgeschlagen; die Ausschüsse haben diese Frist auf fünf Jahre erstreckt, um denjenigen, die derartige Grundstücke zum Zwecke der Weiterveräußerung für den sozialen Wohnungsbau erwerben, genügend Zeit zu lassen, dieses Vorhaben zu verwirklichen.
Umstritten war der § 2, der den als gemeinnützig anerkannten Wohnungsunternehmen und den Organen der staatlichen Wohnungspolitik die bisherige Gebührenbefreiung im vollen Umfang weitergewährt. Der Rechtsausschuß hatte ursprünglich vorgeschlagen, daß sich die Gebührenbefreiung wie in § 1 auch hier nicht auf die Gebühren beziehen sollte, die für die Beurkundung und die Beglaubigung des Geschäfts zu entrichten sind, und hatte deshalb hinter „Gerichtsgebühren" eingefügt: „mit Ausnahme der Beurkundungs- und Beglaubigungsgebühren". Der 18. Ausschuß glaubte jedoch, damit werde eine Erschwerung und ein Rückschritt gegenüber der bisherigen Regelung eintreten. Der Rechtsausschuß war zu seinem Vorschlag in der Erwägung gekommen, daß Opfer, die im Interesse der Allgemeinheit gebracht werden, grundsätzlich nicht auf einen einzelnen Stand, der sich infolge seiner numerischen Schwachheit noch nicht einmal besonders dagegen wehren kann, abgewälzt werden dürften. Man hielt aber die Frage für nicht so bedeutend, daß man der Regierungsvorlage, die diese Ausnahme nicht vorsah, nicht doch zustimmen könnte, denn die im 18. Ausschuß gehörte Gemeinschaft des deutschen Notariats hatte sich selber mit dieser von der Regierung vorgeschlagenen Regelung einverstanden erklärt. Der Rechtsausschuß glaubte infolgedessen, sich nicht weiter für die zunächst erhobene Forderung einsetzen zu müssen.
Die Änderungen in § 3 sind ebenfalls nicht bedeutend. Sie sind zunächst einmal dadurch hervorgerufen, daß der Abs. 1 a in § 1 eingefügt wurde. Daraus erklärt es sich, daß in Ziffer 1 von Abs. 1 jetzt Abs. 1 und 2 von § 1 besonders erwähnt werden müssen und daß nunmehr eine Ziffer 1 a eingefügt wird, die die Voraussetzung für die Befreiung beim Erwerb eines unbebauten Grundstücks behandelt.
Der Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen glaubte, den Nachweis für die Voraussetzung möglichst leicht gestalten zu sollen. Er hat deshalb einen Abs. 2 eingefügt, den der Rechtsausschuß später ebenfalls gebilligt hat. Danach genügt es, daß der Bauherr, der die Bescheinigung oder den Bewilligungsbescheid noch nicht vorlegen kann, versichert, daß es sich um ein Geschäft im Sinne des § i handelt. Diese Versicherung hat zur Folge, daß ihm vorerst die Gebührenbefreiung erteilt wird. Er ist aber verpflichtet, ebenfalls innerhalb einer ausreichenden Frist, nämlich von fünf Jahren, die Bescheinigung oder den Bewilligungsbescheid nachzubringen. Wenn er das nicht tut, fällt die Vergünstigung fort; die Gebühren werden also in voller Höhe nacherhoben.
Im § 4 Abs. 1 ist vorgesehen, daß das Gesetz am Tage nach seiner Verkündung in Kraft tritt. In Abs. 2, der eine Übergangsvorschrift enthält, ist eine Datumsänderung erforderlich geworden. Die Übergangsvorschrift geht dahin, daß bei der Weiterveräußerung von Kleinwohnungen, die nach der Verordnung über die Gebührenbefreiung beim Kleinwohnungsbau vom 27. August 1936 innerhalb einer Frist von vier Jahren gebührenfrei sein soll, auch nach Ablauf dieser Frist noch die Vergünstigung gewährt wird, wenn die Veräußerung bis zum 31. Dezember 1953 vorgenommen wird.
Der § 5 enthält die Berlin-Klausel in der dem jetzigen Stand der Gesetzgebung angepaßten Form.
Ich habe die Ehre, namens des Rechtsausschusses zu beantragen, dem Entwurf eines Gesetzes über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau in der aus der Zusammenstellung in Drucksache Nr. 4290 ersichtlichen Fassung zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die. zweite Beratung ein. Ich rufe auf die §§ 1, — 2, — 3, — 4, — 5, —Einleitung und Überschrift. Hierzu sind weder Änderungsanträge gestellt noch Wortmeldungen eingegangen. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen sowie der Einleitung und Überschrift zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; damit sind die §§ 1 bis 5 sowie die Einleitung und Überschrift angenommen. Die zweite Beratung ist beendet.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Ich rufe dann auf die §§ 1 bis 5, Einleitung und Überschrift und bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte in der Schlußabstimmung diejenigen, die dem Gesetz als Ganzem zustimmen, sich von den Plätzen zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig in dritter Beratung verabschiedet.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der tierischen Erzeugung (Nr. 4161 der Drucksachen);
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Nr. 4272 der Drucksachen). (Erste Beratung: 257. Sitzung.)
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Schill.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei dem vorliegenden Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der tierischen Erzeugung urn ein Initiativgesetz des Bundesrats. Ich kann vielleicht kurz die Begründung vortragen:
In § 10 Abs. 3 des Tierzuchtgesetzes vom 7. Juli 1949 sind die obersten Landesbehörden für Landwirtschaft ermächtigt worden, zur Verbesserung der Geflügelzucht Bestimmungen über die Erzeugung von Küken in Brütereien zu treffen. Auf Grund dieser Ermächtigung haben die Landwirtschaftsminister der Länder entsprechende Rechtsverordnungen erlassen. Es erscheint aus verschiedenen Gründen, insbesondere aus dem Grunde einer größeren Rechtsklarheit, zweckmäßig, diese Verordnungen durch Gesetze zu ersetzen. Hierbei besteht kein zwingendes Bedürfnis, ein Bundesgesetz zu erlassen, vielmehr kann die Materie ebenso wie bisher durch landesrechtliche Normen geregelt werden. Den beabsichtigten Landesgesetzen könnte aber entgegengehalten werden, der Bund habe durch § 10 Abs. 3 des zu Bundesrecht gewordenen Tierzuchtgesetzes seine Gesetzgebungskompetenz in Anspruch genommen. Um den Weg für eine Landesgesetzgebung in eindeutiger Weise freizugeben, soll § 10 Abs. 3 aufgehoben werden.
Dieser Paragraph hat folgenden Wortlaut:
Zur Verbesserung der Geflügelzucht trifft die oberste Landesbehörde für Landwirtschaft Bestimmungen über die Erzeugung von Küken in Brütereien.
Der Ernährungsausschuß hat in seiner Sitzung am 15. April 1953 das vorliegende Initiativgesetz des Bundesrats ohne Änderungen einstimmig angenommen. Ich darf namens des Ernährungsausschusses das Hohe Haus bitten, dem Gesetz die Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf die §§ 1, — 2, — Einleitung und Überschrift. — Wortmeldungen liegen nicht vor, Änderungsanträge auch nicht. Ich bitte also diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen sowie der Einleitung und Überschrift zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen. Damit ist das Gesetz in zweiter Beratung angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldung. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Ich rufe auf die §§ 1, — 2, — Einleitung und Überschrift. — Ich bitte diejenigen, die zustimmen, das Handzeichen zu geben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz als Ganzem ihre Zustimmung geben, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen! Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Wir kommen zu Punkt 10:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse — .
Ich nehme die Zustimmung des Hauses zu diesen Überweisungen an.
Ich habe dann die nächste, die 264. Sitzung des Deutschen Bundestages zu berufen auf Mittwoch, den 6. Mai, 10 Uhr vormittags.
Die 263. Sitzung ist geschlossen.