Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe an die Bemerkung, die der Herr Präsident eben wiedergegeben hat, leider die Mitteilung knüpfen müssen, daß der Bericht etwas länger werden wird. Ich werde aber trotz der Sprödigkeit der Materie versuchen, ihn lebendig zu gestalten.
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf in seiner 253. Sitzung am 5. März, also vor zwei Monaten, dem Finanzausschuß zur Beratung überwiesen. Der Finanzausschuß hat sich in neun zum Teil ganztägigen Sitzungen mit der Vorlage befaßt. Im Mittelpunkt des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes — ich wiederhole den Titel nicht noch einmal — steht die Senkung des Einkommensteuertarifs, die sich durchschnittlich um 15 % bewegt. Durch diese Steuersenkung soll die seit langem, ich darf wohl sagen, von der Gesamtbevölkerung, nicht etwa nur von der Wirtschaft, als untragbar empfundene Steuerbelastung gemindert und der ganzen Produktion ein gewisser Auftrieb gegeben werden.
In Zusammenhang mit dieser Tarifsenkung steht die Erhöhung des Grundfreibetrags von 750 auf 800 DM, des Freibetrags für die Ehefrau von 600 auf 800 DM und des Freibetrags für das dritte und jedes weitere Kind von 600 auf 840 DM. Die Bundesregierung hatte zu letzterem nur vorgeschlagen, den Freibetrag von 600 auf 720 DM zu erhöhen. Der Finanzausschuß ist dagegen der Meinung, daß diese Erhöhung für eine gerechte Begünstigung kinderreicher Familien nicht ausreicht. Er schlägt Ihnen daher die Erhöhung auf 840 DM vor.
Im Finanzausschuß ist auch der Antrag gestellt worden, den Freibetrag für das erste und zweite Kind zu erhöhen. Begründet worden ist das mit der eingetretenen Geldentwertung, die j a auch im wesentlichen der Grund für die Erhöhung der anderen Freibeträge ist. Es gab Kreise im Finanzausschuß, die der Meinung waren, daß schon die Aufwen-
dungen für das erste und zweite Kind drückend seien und daß das Vorhandensein des ersten und zweiten Kindes nicht gewissermaßen als eine natürliche Folge der Eheschließung anzusehen sei. Eine Mehrheit hat dieser Antrag aber nicht gefunden.
Außerdem ist der Antrag gestellt worden, den Grundfreibetrag sehr erheblich, nämlich auf 1500 DM zu erhöhen. Dieser Antrag ist hier ja schon in der ersten Lesung bei den Ausführungen des Kollegen Seuffert angeklungen. Damit verbunden war der Antrag, die Tabelle für die Einkommensteuer als solche so zu gestalten, daß im Endergebnis kein höherer Steuerausfall als nach der Regierungsvorlage eintrete. Auch für diesen Antrag hat sich eine Mehrheit nicht gefunden. Ebenso hat sich keine Mehrheit für den Antrag der Föderalistischen Union auf Drucksache Nr. 3830 gefunden. Eine Annahme dieses Antrags hätte nämlich wesentlich höhere Aufwendungen bzw. Mindereinnahmen beim Bundesfinanzminister zur Folge gehabt.
Auch der Gedanke, der von mehreren Seiten schon in der Debatte zur ersten Lesung angeklungen ist, die Tarifskala des Regierungsentwurfs in gewissen, meistens in den mittleren Gruppen mehr auseinanderzuziehen, ist nicht angenommen worden. Man hat vielmehr geglaubt, derartige an sich wahrscheinlich richtige Verfeinerungen der großen Steuerreform überlassen zu sollen.
Schließlich wurde beantragt, eine stärkere Begünstigung der Ehefrau vorzusehen, also nicht nur den Freibetrag von 600 auf 800 DM zu erhöhen, sondern darüber hinaus, und zwar in der Weise, daß der Freibetrag für die Ehefrau auf 1500 DM erhöht wird, also auf dieselbe Summe wie für den Ehemann. Dieser Antrag fand gleichfalls keine Mehrheit.
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Senkung des Einkommensteuertarifs bringt einen Ausfall an Einkommensteuer, der in viele Hunderte Millionen geht. Die Bundesregierung hofft diese Senkung dadurch auszugleichen, daß nach Ablauf einer gewissen Übergangszeit die zur Zeit im Einkommensteuerrecht geltenden Steuerbegünstigungen eingeschränkt bzw. abgebaut werden. Mit dieser Tendenz oder Konzeption der Bundesregierung, die eine absolut tragende für den ganzen Entwurf ist, hat sich der Ausschuß in sehr langen Beratungen beschäftigt, bei denen, wie Sie hören werden, vielfache Änderungsvorschläge gemacht wurden.
Es handelt sich — um das Gebiet abzugrenzen — um die Vorschriften des § 7 c — Förderung des Wohnungsbaues —, § 7 d — Förderung des Schiffsbaues —, § 10 — Begünstigung von Kapitalansammlungsverträgen —, § 32 b — Anwendung des Körperschaftsteuersatzes auf Gewinn aus Gewerbebetrieben — und um § 33 a — Freibeträge für Flüchtlinge, Vertriebene, politisch Verfolgte und Spätheimkehrer —. Die bezeichneten Begünstigungsvorschriften sollen nach der Regierungsvorlage am 31. Dezember 1954 auslaufen. Über die Übergangsregelung werde ich gleich zu sprechen haben.
Der Finanzausschuß hat sich ziemlich schnell auf den Standpunkt gestellt ich spreche immer vom Finanzausschuß oder jedenfalls meistens von der Mehrheit; ich bitte. mir zu ersparen, das jedesmal zu sagen —, daß mit Rücksicht auf die ganze Situation diese Konzeption der Bundesregierung akzeptiert werden sollte.
Ich möchte einer eingehenden Darstellung der in der Ausschußberatung gefundenen Regelung der §§ 7 c und d vorausschicken — schon um vollständig zu sein —, daß einige Änderungen des § 7 b vorgeschlagen werden, die die Praxis als angebracht erscheinen ließ, ohne damit, wie hoffentlich auch der Bundesrat — er ist nicht da — erkennen wird, der Gefahr zu erliegen, die auch der Finanzausschuß ebenso wie der Bundesrat sieht oder sah, nämlich neue Ansätze für zusätzliche Vergünstigungen zu eröffnen.
Wenn ich mich also nun im einzelnen zu den §§ 7 c und 7 d wende, so darf ich feststellen, daß ja auch diesem Hause im ganzen wohlbekannt ist, wie viele Klagen in der nahen Vergangenheit darüber aufgetaucht sind, daß in weitem Umfang die Steuervergünstigungen aus den beiden Paragraphen in einer Art und Weise in Anspruch genommen worden sind, die nur als mißbräuchlich angesehen werden kann. Die Bundesregierung hat deshalb geglaubt, sowohl in § 7 c wie in § 7 d Vorschriften einbauen zu aussen, durch die die Möglichkeiten mißbräuchlicher Anwendung zumindest erheblich eingeschränkt werden. Diesem Grundgedanken ist der Finanzausschuß gefolgt. Hinsichtlich der Auswirkung oder der Formulierung dieser Einschränkungen hat er aber mannigfache Bedenken gehabt. Dem Zwecke, Mißbräuche zu verhindern, sollte insbesondere die nach der Regierungsvorlage vorgesehene Vorschrift dienen, daß die Zuschüsse und Darlehen, die nach §§ 7 c und d gegeben werden, weder unmittelbar noch mittelbar in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits aus Mitteln des Empfängers stehen dürfen und daß außerdem bei Darlehen zum Zwecke ihrer Hingabe keine Kredite aufgenommen werden können, die nach Laufzeit und Höhe dem hingegebenen Darlehen entsprechen. Dem gleichen Zweck der Ausschaltung von Mißbräuchen dient die Vorschrift, daß die Darlehen nach den §§ 7 c und 7 d nicht innerhalb von drei Jahren zurückgezahlt, abgetreten oder beliehen werden dürfen. Die Beseitigung der Mißbräuche gilt erstmals für solche Zuschüsse und Darlehen, die nach dem 31. Mai 1953 gegeben worden sind, also, wenn Sie wollen, sofort. Im Zuge der Einschränkung der bestehenden Steuervergünstigungen liegt der Vorschlag der Bundesregierung, die Begünstigungsvorschriften nun nicht nur zeitlich zu begrenzen, sondern sie auch der Höhe nach ganz erheblich einzuschränken. Zu diesem Zweck wünscht die Regierungsvorlage sowohl bei § 7 c als auch bei § 7 d eine Einschränkung dahingehend, daß die Zuschüsse und Darlehen als Betriebsausgabe höchstens bis zu 15 % des Gewinnes abgezogen werden können. Die Regierungsvorlage sieht aber hierfür Ausnahmen vor, und zwar in § 7 d für Schiffsneubauten, die im Rahmen des Bauprogramms der Bundesregierung mit Hilfe von Bundesmitteln durchgeführt werden. Hier ist eine Erhöhung dieser Grenze von 15 % auf 50 % vorgesehen, allerdings bei einer absoluten Höchstgrenze von 150 Millionen DM im Jahre.
Der Finanzausschuß ist in dieser Angelegenheit ohne einen offiziellen Auftrag mit maßgeblichen Vertretern — es sind alle gleich maßgeblich — des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen und des Ausschusses für Verkehrswesen in Verbindung getreten. Die Sachkunde der Vertreter dieser beiden Ausschüsse hat den Vertretern des Finanzausschusses zu der Ansicht verholfen, daß die von
der Bundesregierung vorgeschlagene Höchstbegrenzung eine zu starke Einschränkung der Anwendungsmöglichkeit der beiden Paragraphen darstellen würde und daß sie im Interesse der mit den §§ 7 c und 7 d beabsichtigten Zwecke, die ja niemand — auch nicht in der Regierung — auch nur von weitem als erreicht ansehen will, nicht gutgeheißen werden kann. Wir haben uns daher entschlossen, im Zusammenhang mit der aus einem Sondergesetz übernommenen Einfügung eines § 7 f, der Zuschüssen und Darlehen an die Lastenausgleichsbank zugunsten des Lastenausgleichsfonds unter bestimmten Voraussetzungen steuerliche Begünstigungen gewährt — das ist eine Fortsetzung des Gesetzes, das Sie, meine Damen und Herren, vor einigen Wochen für 1952 hier beschlossen haben —, einen neuen § 7 g in das Einkommensteuergesetz einzufügen, in dem nun zusammenfassend die Höchstgrenze für die Abzugsfähigkeit von Zuschüssen im Sinne der §§ 7 c, 7 d und auch 7 f festgelegt wird. Nach dieser Bestimmung dürfen Zuschüsse und Darlehen im Sinne dieser Vorschriften als Betriebsausgaben höchstens bis zu 50 v. H. des Gewinns abgezogen werden, gegenüber 15 v. H., wie es die Regierungsvorlage, allerdings für jeden Paragraphen einzeln, vorsah. Der Finanzausschuß war sich darüber einig, daß diese Höchstgrenze nicht für den Arbeitnehmerwohnungsbau gelten könne, der nach wie vor als das dringendste Problem anzusehen ist und für den Zuschüsse und Darlehen auch in Zukunft in unbegrenzter Höhe als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können. Hiernach kann nun der Steuerpflichtige, der Zuschüsse und Darlehen zu geben bereit ist, für beide Arten der Zuschüsse und Darlehen — 7 c und 7 d — insgesamt höchstens 30 v. H. seines Gewinns zur Verfügung stellen. Bis zu dieser 30 v. H.-Grenze hat er die volle Wahlmöglichkeit. Diese Höchstgrenze gilt aber nicht für Zuschüsse und Darlehen nach
7 d, mit denen Schiffsneubauten gefördert werden sollen, die im Rahmen des Bauprogramms der Bundesregierung, dem sogenannten Linienschiffsprogramm, mit Hilfe von Bundesmitteln durchgeführt werden. Sie gilt auch nicht für solche Schiffsneubauten — das ist eine etwas komplizierte, aber wohl gerechte Lösung —, die auf Grund eines vor dem 16. Januar dieses Jahres abgeschlossenen Bauvertrags mit einer Werft vor dem 16. April 1953 auf Kiel gelegt worden sind. Mit dieser letzten Festlegung und Konkretisierung hofft der Finanzausschuß einen an ihn herangetragenen und mit einer bei den Hansestädten sonst vielleicht nicht immer beobachteten Hartnäckigkeit der Interessenten verfochtenen Streit in einer alle beteiligten Stellen befriedigenden Weise geschlichtet zu haben, wenn es auch aus Gerechtigkeits- und finanziellen Gründen — so etwas vereinigt sich gelegentlich in Steuergesetzen — nicht möglich erschien, so weit zu gehen, wie die Reederverbände es wünschten, nämlich alle Bauabsichten, die sich bis jetzt in einem Bauvertrag mit einer Werft niedergeschlagen haben. ohne daß schon Darlehnsverträge abgeschlossen sind. in der bisherigen Weise, also noch 100%ig zu begünstigen.
Ich sagte schon, daß die Vorschrift zu § 7 d notwendig erschien, um das Linienschiffsprogramm der Bundesregierung nicht zu gefährden und die Finanzierung solcher Bauvorhaben sicherzustellen, bei denen der Reeder schon einen Vertrag mit der Werft vor dem 16. Januar 1953 abgeschlossen hat. Das ist kein willkürlicher Termin, sondern der Tag, an dem die Bundesregierung den Gesetzentwurf verabschiedet hat. Es wird einmal in der deutschen Steuergeschichte ein denkwürdiger Tag sein.
— Ich möchte annehmen, daß sogar Sie das glauben, Herr Seuffert!
Im Rahmen der Grenze von 50 v. H. kann der Steuerpflichtige, wenn er einen Zuschuß oder ein Darlehen an die Lastenausgleichsbank zugunsten des Lastenausgleichsfonds geben will, im Höchstfall 20 v. H. seines Gewinns verbuchen, nachdem über die 30 % schon in einer Weise verfügt ist, die ich eben geschildert habe. Durch diese Regelung glaubt der Finanzausschuß, wenn ich mich etwas üppig ausdrücken darf, einen sinnvollen Ausgleich zwischen den Bedürfnissen des Wohnungsbaus, des Schiffsbaus und des Lastenausgleichsfonds herbeigeführt zu haben.
Diese Begrenzungsvorschriften sollen nicht — das ist die letzte Ausnahme, mit der ich Sie langweilen muß — für rechtsverbindlich zugesagte Zuschüsse und Darlehen gelten. Die Bundesregierung hat diese Zubilligung nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen, sondern lediglich in der Begründung verbindlich erklärt, daß eine entsprechende Regelung in einer Einkommensteuerdurchführungsverordnung getroffen werden wird. Der Finanzausschuß hatte trotz seines gelegentlichen Mißtrauens gegenüber dieser Erklärung der Bundesregierung keinen Anlaß, Zweifel zu haben, und hat daher nicht verlangt, daß diese zugesagte Regelung in das Gesetz selbst aufgenommen wird.
— Sie werden uns dabei nicht helfen, Herr Renner.
Die Regierungsvorlage sieht vor, den § 9 a des Einkommensteuergesetzes zu streichen. Dieser Paragraph beschränkt die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden und hat ja in erster Linie eine Popularität in den Kabaretts erreicht. Mit Rücksicht darauf, daß die Anwendung des § 9 in der Praxis der Finanzämter zu außerordentlichen Schwierigkeiten geführt hat, hat der Finanzausschuß diesem Vorschlag zugestimmt.
Im Zusammenhang mit dieser Streichung glaubte nun die Bundesregierung, den Begriff der Betriebsausgaben einschränken zu müssen, um damit den Mißbrauch, der auf diesem Gebiet getrieben worden ist und der unter dem Namen „Unkostenproduktion" bekanntgeworden ist, wenigstens zu einem Teil einzuschränken. Die außerordentlich schwierige Frage der Abgrenzung von für den Betrieb notwendigen Ausgaben und solchen, die nicht nur aus betrieblichen Gründen, sondern auch und vielleicht sogar überwiegend aus privaten Gründen getätigt werden, glaubt die Bundesregierung damit lösen zu können, daß sie solche Betriebsausgaben nicht als abzugsfähig zulassen wollte, die bei wirtschaftlicher Führung des Betriebs unter Berücksichtigung der Auffassung des Verkehrs als unangemessen und, wie der Bundesrat in einer gewissen Abschwächung gesagt hat, als offensichtlich unangemessen betrachtet werden müssen.
Der Ausschuß war mit der Bundesregierung darüber einer Meinung, daß der mißbräuchlichen Gestaltung von Betriebsausgaben gesteuert werden muß. Er fürchtet aber, die Fassung der Bundesregierung birgt die Gefahr in sich, daß die Verwal-
tung zu weitgehend in die Betriebsführung eingreift. Der Finanzausschuß hat nach langen und besonders eingehenden Beratungen eine Formulierung des Begriffs der Betriebsausgaben gefunden, von der er glaubt, daß sie geeignet ist, die mißbräuchliche Gestaltung stark einzuschränken. Der Finanzausschuß beabsichtigt mit dieser Formulierung, solche Betriebsausgaben, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder eines Dritten — dieser Zusatz „oder eines Dritten" ist wichtig; da ist z. B. an ein Vorstandsmitglied gedacht, wenn ich schon konkret sein soll — berühren und die unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung als nicht angemessen anzusehen sind, auszuscheiden. Betriebsausgaben, die diese persönliche Lebensführung berühren, werden in der Regel diejenigen Aufwendungen sein, die, falls sie nicht durch den Betrieb veranlaßt wären, zu den Kosten der Lebensführung, die also natürlich nicht abzugsfähig sind, gehören würden. Damit ist eine Abgrenzung erreicht, die sich nur auf ein bestimmtes Gebiet der Betriebsausgaben bezieht und die verhindert, daß die Sorge vor zu weiten Eingriffen der Finanzverwaltung in die betriebliche Führung sich als gerechtfertigt erweist.
Der Finanzausschuß vertraut darauf, daß die Novelle als solche schon mit ihrer Tarifsenkung geeignet ist, die in Deutschland üblich gewordene Redewendung, daß x Prozent der Finanzminister bezahlt, wobei sie x recht hoch annehmen können, zu erschüttern — eine Einstellung, die ohnehin bei der wieder üblich oder gottlob oft auch notwendig gewordenen Sparsamkeit nicht mehr so zieht wie in den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch. Der Ausschuß glaubte daher, den finanz-
und wirtschaftspolitisch durchaus als bedenklich und in seinen Folgen geradezu unabsehbar anzusehenden Weg, den die Bundesregierung und dann auch der Bundesrat in ihren Vorschlägen beschritten haben, nicht mitmachen zu sollen und, was der Mehrheit entscheidend erschien, auch nicht mehr mitzumachen zu brauchen. Würde er doch dazu führen, daß die Bürokratie der Finanzämter, vor der wir, das gebe ich zu, alle eine Himmelangst haben, Eingriffe in das innere Betriebsleben vornehmen kann, die mit dem herrschenden und so bewährten Prinzip der Marktwirtschaft nicht vereinbar wären.
— Ich spreche wiederholt von der Mehrheit des Finanzausschusses, Herr Renner; das habe ich ein für allemal gesagt und mir die Erlaubnis erbeten, das nicht immer sagen zu müssen. Ich kann da für Sie keine Ausnahme machen.
— Wenn der Ausschuß sich dennoch nicht entschlossen hat — wie auch angeregt wurde —, von einer Ergänzung des § 4 Abs. 4 ganz abzusehen, so ließ er sich einmal von dem inzwischen wieder gesünder gewordenen Volksempfinden — gesünder geworden als in der Zeit, als damit politische Geschäfte gemacht wurden — leiten, das ein Aufhören der anstößigen, von einer kleinen Minderheit tatsächlich geübten Mißbräuche immer wieder verlangt und das andererseits wünscht, daß etwa erforderliche Eingriffe der Bürokratie vor den Finanzgerichten — der Ton liegt auf Gerichten —, also nicht vor der Finanzbürokratie — das ist ein entscheidender Unterschied! — bis in die höchste Instanz einer kritischen Betrachtung und Beurteilung unterworfen werden können. Diese letztere Möglichkeit ist bei der jetzt vorgeschlagenen und
Ihnen vorliegenden Fassung der Ergänzung des § 4 Abs. 4 gegeben, was im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium hier vorzutragen der Berichterstatter vom Ausschuß ausdrücklich beauftragt wurde.
Auf dem Gebiet der Sonderausgaben — ich komme nunmehr zum § 10 des Einkommensteuergesetzes — sieht die Regierungsvorlage, der Gesamtkonzeption des Entwurfs entsprechend, gleiche Einschränkungen und Begrenzungen vor wie bei 7 c — Wohnungsbau — und 7 d — Schiffbau —. Der Finanzausschuß hat sich der Auffassung der Regierung in diesem Punkte angeschlossen, konnte sich aber nicht damit einverstanden erklären, daß die Abzugsfähigkeit überschießender Beträge über die Höchstbeträge für Sonderausgaben völlig ausgeschlossen wurde. Er hat deshalb den Beschluß gefaßt, daß die Sonderausgaben, die die Festbeträge übersteigen, zur Hälfte abgezogen werden können, allerdings mit der absoluten und sich bei höheren Einkommen natürlich sehr verschlechternd, wenn Sie wollen, auswirkenden Bedingung, daß der absolute Höchstbetrag auf 50 v. H. der Festbeträge begrenzt wurde. Der Ausschuß hat also eine doppelte Hälftelung vorgenommen, die den außerordentlich rigorosen Schnitt, den der Regierungsentwurf in die vielleicht 1950 oder 1951 überhöhten Begünstigungen hinein gebracht hat, wieder mildert.
Die Bundesregierung hat gegenüber diesem Beschluß des Ausschusses erklärt, daß sie die Festbeträge von 800 auf 1000 und von 400 auf 500 DM mit Rücksicht darauf erhöht habe, daß die Abzugsfähigkeit über die festen Beträge hinaus gestrichen werde. Sie hat sich aber im Verlaufe der Verhandlungen mit dem Vorschlage des Finanzausschusses bezüglich der überschießenden Beträge, wenn auch nicht expressis verbis einverstanden erklärt, so doch, wie wir den Eindruck haben, immerhin abgefunden.
Im Zusammenhang mit den Beschränkungen des § 10 bezüglich der Kapitalansammlungsverträge schlägt die Bundesregierung vor, die bisher nach § 41 des Einkommensteuergesetzes bestehende Möglichkeit, bei Kreditinstituten abgeschlossene Kapitalansammlungsverträge außerhalb der Sonderausgabenpauschale für Lohnsteuerpflichtige zu behandeln, zu streichen. Der Finanzausschuß ist auch in diesem Punkte der Meinung gewesen, daß dem Vorschlag der Bundesregierung zugestimmt werden könne. Vor allem wurde ihm die Zustimmung dadurch erleichtert, daß diese Möglichkeit erst mit Wirkung vom 1. Januar 1954 und nicht schon bei Inkrafttreten des Gesetzes beseitigt werden kann.
Aus den schon erwähnten Gründen der Tarifsenkung, verbunden mit der Beseitigung von Begünstigungsvorschriften, sieht der Regierungsentwurf weiterhin vor, daß § 32 b betreffend die Anwendung des Körperschaftsteuersatzes bei Einkünften aus Gewerbebetrieben bei der Einkommensteuer beseitigt wird. Im Grundsatz ist der Finanzausschuß bezüglich dieses Punktes mit der Bundesregierung einer Meinung. Er findet auch, daß es des Experimentierens, das seit der Währungsreform vom Wirtschaftsrat und vom Bundestag auf diesem Gebiet getrieben wird, nunmehr genug sei, denn die Vorschriften seien inzwischen so kompliziert geworden, daß mit ihnen nicht mehr gearbeitet werden könne. Auch habe man durch die häufigen Änderungen den hier in Frage kommenden Steuerzahler verärgert — das tut man auch sonst gelegentlich —, und es sei steuer-, wenn
nicht auch staatspolitisch sogar bedenklich, von dem Betroffenen jahrelang Bindungen zu fordern, denen man dann vorzeitig durch Gesetzesänderung die Grundlage entziehe. Man schloß sich der Meinung an, daß nicht nur für § 10 a — dessen Wiederaufleben in der bekannten Drucksache Nr. 3838 von den Koalitionsparteien gefordert wurde, ohne daß man damals die Tarifsenkung des Regierungsentwurfs auch nur voraussehen oder ahnen konnte -, sondern auch für § 32 b die Zeit abgelaufen sei, in der man auf solche Bestimmungen wie auf eine Krücke, die im Grunde niemandem gefiel, zurückgreifen müsse. Dies erschien um so eher tragbar, als der Entwurf neben der Tarifsenkung eine natürlich allgemein begrüßte erhebliche Herabsetzung des Plafonds beinhaltet. Der Finanzausschuß glaubte aber auch bezüglich der Vorschriften, die die Bundesregierung zu § 32 b für das Auslaufen vorgeschlagen hat, ihr nicht folgen zu können. Nach eingehenden Verhandlungen wurde eine Regelung gefunden, nach der Ende 1953 die Vorschrift des § 32 b endgültig beseitigt wird.
Eine Ende 1953 noch erforderliche Nachversteuerung soll in allen Fällen mit 10 v. H. vorgenommen werden, und zwar im Veranlagungszeitraum 1954. Es liegt im Interesse der Verwaltungsvereinfachung — von der als leitendem Gesichtspunkt sich der Finanzausschuß in diesem Fall, nicht sonst überall, hat beeinflussen lassen —, die Nachversteuerung nach den §§ 10 a und 32 a möglichst in naher Zukunft zu beenden. Nach den Beratungen im Finanzausschuß zu dieser Frage, in denen sich das Finanzministerium mit der gefundenen Regelung einverstanden erklärt hat, ist daher vorgesehen, daß die Verpflichtung zur Nachversteuerung der Entnahmen gemäß den §§ 10 a und 32 a durch Zahlung ebenfalls von 10 v. H. des als steuerbegünstigt in Anspruch genommenen Teiles der Gewinne bei der Veranlagung für 1952 abzulösen ist. Um aber Härten zu vermeiden, soll dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gegeben werden, zu beantragen, daß die Nachversteuerung erst bei der Veranlagung für 1953 bzw. 1954 durchgeführt wird.
Der Finanzausschuß glaubte weiterhin dem Vorschlag der Bundesregierung zustimmen zu sollen, die Vorschrift des § 33 Abs. 2 über steuerliche Vergünstigungen bei Wiederbeschaffung notwendigen Hausrats und notwendiger Kleidung sowie die Vorschrift des § 33 a betreffend den Freibetrag für Flüchtlinge, Vertriebene, Spätheimkehrer usw. mit Ablauf des Jahres 1954 auslaufen zu lassen. Der Abbau auch dieser Vorschriften liegt innerhalb der anzuerkennenden Gesamtkonzeption der Regierungsvorlage, in der die Tarifsenkung organisch mit der Beseitigung von Steuervergünstigungen für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen gekoppelt ist. Der Finanzausschuß war sich darüber klar, daß gerade die Beseitigung der Vorschriften der §§ 33 Abs. 2 und 33 a problematisch ist. Er hat aber dem Vorschlag der Bundesregierung zustimmen zu sollen geglaubt, weil die Vorschrift erst nach etwa 11/2 Jahren, also Ende 1954, fortfallen soll. Es darf angenommen werden, daß der größte Teil der Steuerpflichtigen, die diese Vorschriften für sich in Anspruch nehmen, sich dann so weit — wie das schöne Wort heißt — eingegliedert hat, ich möchte lieber sagen, eingebürgert hat, daß eine steuerliche Vergünstigung nicht mehr notwendig erscheint. Diejenigen, die bis Ende des Jahres 1954 dennoch aus zwingenden Gründen nicht in der Lage gewesen sind, sich wieder in den Wirtschaftsprozeß einzuschalten, wie — das ist vielleicht das beste
Beispiel — die Spätheimkehrer oder die Sowjetzonenflüchtlinge, haben die Möglichkeit, den § 33 Abs. 1, dessen großzügige Anwendung dem Ausschuß zugesagt worden ist, in Anspruch zu nehmen und dadurch eine steuerliche Hilfe zu bekommen, die ihnen ihr Dasein erleichtert, nicht nur ihr Dasein, sondern vor allen Dingen auch ihr Vorankommen.
Der Berichterstatter glaubt hinzufügen zu sollen, daß der Fortfall der beiden Bestimmungen in den §§ 33 Abs. 2 und 33 a eine ungewöhnliche und fast zu bezweifelnde finanzielle Rolle spielt. Nach den Berechnungen der Bundesregierung soll hier nämlich ein Betrag von nicht weniger als 250 Millionen DM im Jahr in Rede stehen.
Nach dem Regierungsvorschlag hat die Bundesregierung beabsichtigt, sich eine Ermächtigung geben zu lassen, durch eine Rechtsverordnung die Bewertungsfreiheit für geringwertige Anlagegüter zu regeln. Der Finanzausschuß war aber der Meinung, daß diese Frage ihre Regelung nicht im Wege einer Ermächtigung finden kann, sondern im Gesetz selber gelöst werden muß. Er wollte ganz sicher gehen. Der Ausschuß hat deshalb dem § 6 einen zweiten Absatz angefügt, in dem vorgeschrieben wird, daß Steuerpflichtige, die den Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für geringwertige bewegliche und abnutzbare Wirtschaftsgüter in voller Höhe über Betriebsausgaben absetzen können, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 600 DM nicht übersteigen. Zur Zeit gilt die geringere Grenze von 200 DM. Anträge auf eine höhere Grenze wurden abgelehnt. Die Erhöhung der Grenze von 200 auf 600 DM erscheint schon mit Rücksicht auf die Preisentwicklung geboten. Es soll hierbei nicht verkannt werden, daß die Gesetzgebung zu diesem Punkt in der Nachkriegszeit bereits eine wechselvolle Geschichte hinter sich hat.
Darüber hinaus soll in den Einkommensteuerrichtlinien erklärt werden, daß auch diejenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben ermitteln, die aber die Vorschriften des § 8 Abs. 3 bis 5 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung beachten, diese Sonderabschreibung für sich in Anspruch nehmen können.
Während der Ausschußberatungen wurde der Antrag gestellt, bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit einen Betriebsausgaben-Pauschbetrag zuzulassen, und zwar in Höhe von 5 % der Einnahmen mit einer absoluten Höchstgrenze von 1200 DM für das Jahr, also 100 DM monatlich. Unter Anerkennung der sachlichen Berechtigung dieses Antrags glaubte die Mehrheit des Ausschusses aber, hier sei es ausreichend, der Bundesregierung die Ermächtigung zu erteilen, eine derartige Regelung zu treffen. Eine solche Ermächtigung wurde deshalb in § 51 des Gesetzes aufgenommen.
Manche in bezug auf den Kreis der zu Begünstigenden darüber hinausgehende Anregungen oder Anträge fanden im Finanzausschuß keine Mehrheit, wiewohl man sich allgemein klar darüber war, daß diese in der Nachkriegsgeschichte der Einkommensteuer ebenfalls wechselvoll entschiedene Frage auch bei dem nunmehr vorliegenden und Ihnen zur Annahme empfohlenen Vorschlag, der dem Antrag Drucksache Nr. 3838 entspricht, manche Angriffsflächen für eine Kritik, die noch nicht einmal böswillig sein muß, bietet.
Eine wesentliche Rolle im Rahmen des Abbaues bestehender Vergünstigungen spielt der Vorschlag der Bundesregierung, von einer bestimmten Einkommensgrenze an die Zusammenveranlagung der Einkünfte von Ehegatten wiederherzustellen. Diese Bestimmung war zusammen mit der Vorschrift über die Betriebsausgaben, die ich schon behandelt habe, eigentlich Hauptgegenstand der Diskussion, und es trat das ein, was der Berichterstatter in anderer Eigenschaft, nämlich als Fraktionsredner, in der ersten Lesung des Gesetzes vor diesem Hause erklärt hat: unser kluger Bundesfinanzminister habe zwei Blitzableiter aufgestellt, auf die sich manche anderen Kritiken konzentrieren würden. Mit einer Leidenschaft, wie sie sonst im Finanzausschuß nicht üblich ist, wurde zu diesem Punkte gesprochen, und ich darf vielleicht sagen, wenn das nicht über den Rahmen der Berichterstattung hinausgeht, daß diese beiden Blitzableiter ihren Zweck voll erfüllt haben und manches andere Erwägenswerte, vielleicht sogar manches andere Wichtigere auf diese Weise ungeschoren geblieben ist.
Die Bundesregierung erwartet nun mit dieser Blitzableiterparagraphen, daß die Zusammenverarlagung der Ehegatten, die nach dem Gesetz bei einem Einkommen von zusammen 7200 DM beginnen, sich aber nach den Erklärungen der Regierungsvertreter erst bei einem gemeinsamen Einkommen von 9600 DM voll auswirken soll, ein steuerliches Mehraufkommen von 120 Millionen DM bringt. Der etwas anders geartete, Ihnen vorliegende Vorschlag des Bundesrats rechnet mit einem steuerlichen Mehraufkommen von 80 Millionen DM, immer aufs Jahr gerechnet.
Mitglieder des Finanzausschusses, die der Auffassung waren, daß der Vorschlag der Bundesregierung keine endgültige Lösung des Problems darstellen könne, sondern nur neue Probleme aufwerfe und auch neue Ungerechtigkeiten hervorzurufen geeignet sei, äußerten die Ansicht, daß das Problem der Haushaltsbesteuerung nicht im Rahmen dieser Gesetzesvorlage hätte angeschnitten werden sollen. Sie sprachen sich daher dafür aus, es bei dem geltenden Rechtszustand zu belassen, der nicht nur seit 1941 besteht, sondern auch schon, wie sich inzwischen nur teilweise herumgesprochen hat, von 1925 bis 1934 bestand — übrigens Jahreszahlen, die, wenn Sie sich an das Dritte Reich noch erinnern können, zu denken geben —, und abzuwarten, bis es der Bundesrepublik möglich sei, eine gerechte Regelung zu treffen, wie sie insbesondere das amerikanische Splitting darzustellen scheint.
Die Mehrheit des Ausschusses widersprach jedoch diesem Vorschlag mit dem Hinweis auf den dem Bundeshaushalt nicht zumutbaren Einnahmeausfall und auch auf die nach Meinung ihrer Befürworter mindestens bis zu einer gewissen Grenze gefundene Verbesserung.
Die in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Ausschuß beschlossene Annahme des Vorschlags des Bundesrats wurde in der zweiten Lesung wieder rückgängig gemacht, nachdem sich der Ausschuß davon überzeugt hatte, daß die Besteuerung der Einkünfte der Ehefrau nach Steuerklasse I besonders bei kinderreichen Familien eine Verschlechterung gegenüber dem geltenden Recht darstelle und daher mit der Grundtendenz des Gesetzentwurfs nicht zu vereinbaren sei. In diesem Zusammenhang spielte es eine Rolle, daß einige Zahlen, die das , Bundesfinanzministerium in der Finanzpolitischen Beilage des Bulletins vor einigen Wochen veröffentlicht hatte, bei näherer Betrachtung einer Nachprüfung nicht ganz standhielten.
Obwohl sich im Finanzausschuß für keine der beiden Lösungen, also weder für die Beibehaltung des jetzigen Zustandes noch für den Vorschlag des Bundesrates, eine Mehrheit fand, konnte sich der Ausschuß aber auch nicht für die Regierungsvorlage entscheiden, obwohl sein heißes Ringen an diesem Blitzableiter — ich weiß allerdings, daß es gefährlich ist, am Blitzableiter heiß zu ringen — die Schwierigkeit der Materie zur Genüge bezeugen dürfte. Es wird daher diesem Hohen Hause nicht erspart werden können, zu entscheiden, wie diese Frage der Besteuerung der Einkünfte der Ehefrau aus einem dem Ehemann fremden Betrieb geregelt werden soll. Denn nach der Vorlage besteht nunmehr ein Vakuum, oder besser ausgedrückt: nach der Vorlage besteht überhaupt kein Vorschlag für eine Änderung. Also wenn kein Antrag gestellt wird, bleibt der bisherige Zustand aufrechterhalten. Ich kann Ihnen als Berichterstatter natürlich keinen Rat geben; das würde meine Pflichten überschreiten, obwohl ich es gern täte.
Der Berichterstatter hat schon in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs als Fraktionsredner darauf hingewiesen, wie wenig es einleuchte, daß in diesem Gesetzentwurf angesichts der Kapitalmarkterfordernisse besonders auf dem Gebiet der Aktie bisher irgendeine gesetzliche Regelung oder Erleichterung nicht einmal von weitem zu erkennen sei. Von diesem Standpunkt aus ist der Entwurf durchaus unbefriedigend, denn er enthält keinerlei Senkung der Körperschaftsteuer, sondern befaßt sich nur mit den Gesellschaften, die Gewinne ausschütten. Diese dürften bei oberflächlicher, vielleicht aber auch bei näherer Betrachtung als in mancher Beziehung am wenigsten förderungsbedürftig erscheinen. Derselbe Gedankengang, den ich hier in Erinnerung an die erste Lesung vortrage, hat nun auch in den Erörterungen des Finanzausschusses einen breiten Raum eingenommen.
Wenn man sich trotz Anerkennung dieser Gedankengänge letzten Endes mit einer Variante, die gleich noch darzustellen ist, auf den Regierungsentwurf festlegte, so geschah es eben aus vordringlichen Gründen der Kapitalmarktförderung. Man meinte, daß die sichtbare Begünstigung der Gewinnausschüttung den Aktienmarkt am ehesten und am schnellsten heben dürfte und daher für den Augenblick, für diesen Augenblick das dringlichste sei, nachdem es ja, wie nicht oft genug beklagt werden kann, infolge der Unvollkommenheit dieses Hohen Hauses nicht gelungen ist, im Kapitalmarktförderungsgesetz, das wir hier verabschiedet haben, etwas in dieser Richtung zu tun. Es kann aber aus den Verhandlungen des Ausschusses hier ausdrücklich wiedergegeben werden, daß die Frage der Senkung des Körperschaftsteuersatzes nicht aus der Diskussion und auch nicht aus den Reformen verschwinden darf.
Der Finanzausschuß hat sich den Vorschlägen der Regierung grundsätzlich angeschlossen; er ist aber der Meinung, daß eine Herabsetzung des Körperschaftsteuersatzes für diese Ausschüttungen von 60 auf 40 % zu gering sei. Er hat beschlossen, den Satz von 40 auf 30 v. H. zu senken.
Im übrigen — und damit komme ich zum Schluß des ersten Teils der Regierungsvorlage; sie hat nur
zwei Teile — enthält die Regierungsvorlage eine Reihe von untergeordneten Vorschlägen bezüglich der Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft, der Gewerbesteuer und des Notopfers Berlin. Hier hat der Finanzausschuß überall den Vorschlägen der Regierung zugestimmt, und ich glaube, es ist entbehrlich, das hier zu begründen, zumal irgendwelche Verschiedenheiten in den Auffassungen im Ausschuß nicht zutage getreten sind.
Damit verlasse ich den Bericht über den ersten Teil der Drucksache Nr. 4092. Ich fasse zusammen: Der Finanzausschuß hat sich im wesentlichen mit den Vorschlägen der Regierung einverstanden erklärt und sich darauf beschränkt, mit einer gewissen Sachkunde — ohne eingebildet zu sein — in einigen nach seiner Auffassung zum Teil zweitrangigen Fragen Verbesserungen einzuführen.
Er hat dagegen nach sehr eingehenden Beratungen den Zweiten Teil, der die Überschrift trägt „Vorschriften zur Sicherung der Haushaltsführung", im ganzen ohne Änderungen gebilligt. Auch das geschah erst nach langen Überlegungen, und zwar bezogen sich die auf die sich nach der im Ersten Teil behandelten Einkommensteuernovelle ergebende Haushaltslage nun nicht nur des Bundes, sondern auch der Länder. Der Ausschuß konnte sich trotz mancher Differenzen über die Zahlen insbesondere des Haushaltsjahres 1952, die ja auch noch gar nicht endgültig vorliegen können, des Eindrucks nicht erwehren, daß die finanzielle Situation der Mehrzahl der Länder eine Heraufsetzung des Anteils des Bundes von 37 auf 40 % zuläßt und im Rahmen dessen liegt, was den Erörterungen der letzten Jahre, die der Ausschuß noch gut in Erinnerung hat, entspricht.
Es wäre hierzu im einzelnen noch eine Menge zu sagen, und es muß befürchtet werden, daß diese Ausführungen im Vermittlungsausschuß notwendig sein werden; hoffentlich aber nicht. Immerhin möchte der Berichterstatter nicht darauf verzichten, einige entscheidende Punkte in Kürze hier schon vorzutragen.
Die Bemessung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist von zwei Faktoren abhängig, dem Finanzbedarf des Bundes und der Leistungsfähigkeit der Länder. Aufgabe des Bundesgesetzgebers ist es, zwischen den natürlicherweise einander widerstreitenden Interessen des Bundes und der Länder einen angemessenen, gesamtfinanzpolitisch tragbaren Ausgleich zu finden. Der Ausschuß hat sich davon überzeugt, daß eine isolierte, die Situation ,der Länderhaushalte außer Betracht lassende und daher natürlich durchaus unvollkommene Beurteilung der Finanzlage des Bundes sogar einen höheren Bundesanteil als 40 % rechtfertigen würde. Dies soll hier nicht im einzelnen vorgetragen werden.
Jedoch sei kurz bemerkt, daß nach dem Herausbringen dieser Gesetzesvorlage den Bund eine ganze Fülle von neuen Anforderungen getroffen haben oder zu treffen im Begriffe sind — wenn die Einsicht, die der Bundesfinanzminister auf uns herabfleht, nicht bei uns eintreten sollte —, die die uns vorgelegte Rechnung verschlechtern. Ich denke z. B. an das Defizit aus 1951, das unentwegt vorgetragen wird, an die erheblichen Belastungen, die den Bund und allerdings auch die Länder in bezug auf die Beamtengehälter getroffen haben. Immerhin darf hier als gutes Positivum angemerkt werden, daß der große Unsicherheitsfaktor für den Bundeshaushalt 1953, nämlich die Höhe des Verteidigungsbeitrags, durch die inzwischen beendeten Verhandlungen beseitigt ist, — womit ich in keiner Weise etwas über das erzielte Ergebnis gesagt haben will. Der nunmehr vereinbarte Betrag hält sich jedenfalls — und das ist das in diesem Zusammenhang Entscheidende — im Rahmen des Haushaltsansatzes mit neun Milliarden DM. Es soll weiter hinzugefügt werden, daß in der uns vorgelegten neuesten Rechnung die Forderungen an den Bundestag, z. B. — auch ohne Werturteil aufgeführt — Senkung der Kaffee- und Teesteuer, gewisse Verbesserungen der Kriegsopferversorgung und der Leistungen an die 131er, noch nicht berücksichtigt sind.
Zusammenfassend kann man also sagen, daß nach der Ansicht des Ausschusses von der Bedarfsseite her der Anspruch auf eine 40 %ige Bundesbeteiligung an der Einkommen- und Körperschaftsteuer nicht bestritten werden kann.
Auf das etwas seltsame Zwischenspiel der von der Bundesregierung angebotenen Differenzierung des Bundeszugriffs in bezug auf die Schulzuschüsse im Gesamtbetrage von 200 Millionen DM soll hier, nachdem der Bundesrat solche Zuschüsse abgelehnt hat, nicht eingegangen werden. Man wird allerdings auf diese Angelegenheit beim horizontalen Finanzausgleich zurückzukommen haben.
Ich muß überhaupt — und das ist die letzte grundsätzliche Bemerkung — darauf aufmerksam machen, daß wir bei der Betrachtung dieser Dinge in den Gedankengängen eine scharfe Trennung zwischen dem vertikalen und dem horizontalen Finanzausgleich einhalten müssen. Diese Trennung wirkt sich insbesondere dahin aus, daß in diesem Rahmen — und damit komme ich nun auf die Lage der Länder — immer nur von der voraussichtlichen Haushaltssituation der Länder insgesamt — der Ton liegt auf insgesamt — ausgegangen werden kann.
Eine weitere Erkenntnis — das ist nun die unwiderruflich letzte — ist wichtig und hat sich, wie der Ausschuß feststellen zu müssen glaubt, noch nicht allgemein herumgesprochen. Das ist die Erkenntnis, daß die leistungsfähigen Länder begünstigt und die leistungsschwachen Länder benachteiligt werden, je mehr es dem Bundesrat — der inzwischen da ist — gelingen sollte, den Abführungsprozentsatz herunterzudrücken. Die vom Ausschuß angestellte Betrachtung der Durchschnittssituation der Länder berücksichtigt natürlich alle in letzter Zeit für die Länder eingetretenen Haushaltsverschlechterungen, also insbesondere die Besoldungsreform und die 20 %ige Erhöhung der Grundgehälter. Das ist nicht in jeder Beziehung dasselbe. Dennoch rechnen die Aufstellungen, die wir angesehen haben und die uns von einer besonders sachkundigen und gewandten Stelle des Bundesfinanzministeriums vorgetragen worden sind, bei dem Gesamthaushaltsplan der Länder mit einem geschätzten Überschuß von 225 Millionen DM im Haushaltsjahr 1953. Das ist natürlich weitgehend eine Schätzung. Die Länder sind geneigt, diese Summe und auch den für 1952 errechneten Überschuß von sogar 520 Millionen DM zu bestreiten.
Nicht zu Unrecht scheint das Bundesfinanzministerium — nach der Meinung der Mehrheit des Finanzausschusses — die Ansieht zu vertreten, daß dieser Überschuß oder das Ergebnis überhaupt in beiden Rechnungsjahren weitgehend von der Haushaltsführung im einzelnen abhängig ist, also auch von den Ausgaben, die nicht zwangsläufig ein-
treten, sondern beeinflußbar sind. Hier spielen in erster Linie die Investitionsausgaben eine Rolle. Der Bund vertritt nach der Ansicht der Mehrheit des Finanzausschusses mit Recht die Auffassung, daß die Investitionen der Länder, die ein steigendes Volumen aufweisen, bemerkenswert sind — vorsichtig ausgedrückt — und zu der Situation des Bundes selbst auf gleichem Gebiete in einem gewissen Mißverhältnis stehen. Man wird auf seiten der Länder nicht um eine Überlegung darüber herumkommen, in welchem Umfang vermögenswirksame Ausgaben von geringerem Dringlichkeitsgrad in den nächsten Jahren eingeschränkt oder sogar zurückgestellt werden können oder müssen. Tut man beides nicht, so werden hierzu außerordentliche Einnahmen verwendet werden müssen, was zur Folge hätte — und dieser Logik des Bundes können sich unseres Erachtens die Länder nicht verschließen —, daß in dem Zusammenhang, von dem ich augenblicklich spreche, etwaige Mehraufwendungen der Länder für Investitionen für die hier anzustellende Rechnung außer Betracht bleiben müssen. So viel ist zu der großen und grundsätzlichen Frage zu sagen, die der Bundesfinanzminister aus zwingenden und dem Ausschuß in seiner Mehrheit einleuchtenden Gründen in diesem Gesetzentwurf anzuschneiden oder sogar zu lösen sich anschickt.
Der Ausschuß ist, wie gesagt, in seiner Mehrheit auch mit dem Zweiten Teil der Vorlage einverstanden, und die zu § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 3 dieses Zweiten Teils beschlossenen Änderungen des soeben ausführlich dargestellten Kapitels ziehen nur die Folgerungen aus dem verspäteten Inkrafttreten des Gesetzes. Die Streichung der §§ 3 und 4
— Schulzuschüsse — entspricht, wie ich schon gesagt habe, dem Wunsche des Bundesrates. Ich glaube daher, von einer Erläuterung dieser Beschlüsse absehen zu können, und bin in der angenehmen Lage, Sie von dem Zuhören meines Berichts nunmehr erlösen zu können.