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    Deutscher Bundestag — 263. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. Mai 1953 12791 263. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. Mai 1953. Geschäftliche Mitteilungen 12792C Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Wittenburg und Hagge 12793A Nächste Fragestunde, — Sperrfrist für die Einreichung von Fragen 12793B Änderungen der Tagesordnung 12793B Kleine Anfrage Nr. 332 der Fraktionen der FDP, DP, FU betr. Erklärung des Rates der Freien Tschechoslowakei vom 4. Juli 1952 (Nrn. 4235, 4309 der Drucksachen) . 12793A Kleine Anfrage Nr. 333 der Fraktion der SPD betr. Verbesserung der Leistungen der Rentenversicherungen (Nrn. 4269, 4314 der Drucksachen) 12793A Frage 1 der Kleinen Anfrage Nr. 334 der Fraktion der SPD betr. Einbeziehung von Berlinern in die Zusatzversorgungsanstalt des Bundes und der Länder sowie in die Zusatzkasse der Bundesbahnversicherungsanstalt (Nrn. 4270, 4315 der Drucksachen) 12793A Frage 2 der Kleinen Anfrage Nr. 334 der Fraktion der SPD betr. Einbeziehung von Berlinern in die Zusatzversorgungsanstalt des Bundes und der Länder sowie in die Zusatzkasse der Bundesbahnversicherungsanstalt (Nrn. 4270, 4310 der Drucksachen) 12793B Erste Beratung des Entwurfs einer Verwaltungsgerichtsordnung und des Entwurfs eines Gesetzes über die Beschränkung der Berufung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Nr. 4278 der Drucksachen) 12793C Überweisung an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung 12793C Erste Beratung des von der Fraktion der FU eingebrachten Entwurfs eines Kaffeesteuergesetzes (Nr. 4057 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Kaffeesteuergesetzes (Nr. 4266 der Drucksachen) sowie mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Teesteuergesetzes (Nr. 4267 der Drucksachen) 12793C Dr. Besold (FU), Antragsteller . . 12793D Frau Lockmann (SPD), Antragstellerin 12795A, C Gundelach (KPD) 12795B Peters (SPD) 12796B Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen sowie an den Haushaltsausschuß 12797B Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Nrn. 4311 der Drucksachen, Umdruck Nr. 886) 12793B, 12797B Dr. Fricke (DP), Berichterstatter . . 12797C Dr. Kreyssig (SPD) 12798A Niebes (KPD) 12799C Naegel (CDU) 12799D Abstimmungen 12797D, 12800A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung (Nr. 4092 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Nr. 4294 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 887 bis 891, 893, 894) 12793B, 12800C Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 12800C, 12814A Wirths (FDP) 12807C Walter (DP) 12807D Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . 12808A, 12809C, 12810C, 12811D, 12813B Renner (KPD) 12808C, 12815B Seuffert (SPD) . . 12808D, 12810A, 12812A, 12813D, 12814D Dr. Meitinger (FU) 12810D Frau Lockmann (SPD) 12811A Niebes (KPD) 12811C Dr. Miessner (FDP) 12812D Raestrup (CDU) 12814B Abstimmungen 12807B, C, 12808A, B, C, 12810D, 12811B, 12812C, 12813A, 12814A, 12815A, 12817B Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Nr. 4296 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Bundesversorgungsge- setzes (Nr. 4177 der Drucksachen) . . . . 12817C Storch, Bundesminister für Arbeit 12817C, 12821D Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 12818A Frau Dr. Probst (CSU) 12818C Maerkl (FU) 12819B Bazille (SPD) 12819C, 12825B Dr. Mende (FDP) 12822A Renner (KPD) 12824A Arndgen (CDU) 12825C Löfflad (DP) 12826A Überweisung an den Kriegsopfer- und an den Haushaltsausschuß 12826B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland (Nr. 4295 der Drucksachen) . . . . 12826C Überweisung an den Kriegsopfer- und an den Rechtsausschuß 12826C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter (Schwerbeschädigtengesetz) (Nr. 3430 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (Nr. 4292 der Drucksachen; Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 892, 895) 12826C Geritzmann (SPD): als Berichterstatter 12826D Schriftlicher Bericht 12839 Kohl (Stuttgart) (KPD) 12827A, 12829B, C, D, 12830C, 12831A, C Günther (CDU) 12827C, 12830A Renner (KPD) 12827D, 12833A Pohle (SPD) 12832B Dr. von Golitschek (FDP) 12832C Dr. Atzenroth (FDP) 12832D Schmücker (CDU) 12833C Abstimmungen . . . 12827B, 12829A, C, 12830B, 12831A, B, D, 12833B, D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Neuregelung der Steigerungsbeträge und Grundbeträge in der Rentenversicherung der Angestellten (Nr 4271 der Drucksachen) 12834A Frau Döhring (SPD), Antragstellerin 12834A Storch, Bundesminister für Arbeit 12834D Horn (CDU) 12835A . Richter (Frankfurt) (SPD) 12835D Überweisung an den Sozialpolitischen Ausschuß 12836C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau (Nr. 3611 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Nr. 4290 der Drucksachen) 12836D Dr. Weber (Koblenz) (CDU), Berichterstatter 12836D Beschlußfassung 12838A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der tierischen Erzeugung (Tierzuchtgesetz) (Nr. 4161 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 4272 der Drucksachen) 12838A Schill (CDU), Berichterstatter . . 12838B Beschlußfassung 12838C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 885) 12838D Beschlußfassung 12838D Nächste Sitzung 12793B, 12838D Anlage: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen über den Entwurf eines Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter (Nr. 4292 der Drucksachen) 12839 Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 263. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter (Schwerbeschädigtengesetz) (Nrn. 3430, 4292 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Geritzmann. A. Behandlung des Gesetzentwurfs im Bundestag In der 219. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 18. Juni 1952 wurde der Entwurf eines Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter (Schwerbeschädigtengesetz) — Drucksache Nr. 3430 — dem Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen zur federführenden Behandlung unter Beteiligung des Ausschusses für Arbeit überwiesen. Der Kriegsopferausschuß hielt am 27. Juni 1952 eine öffentliche Informationssitzung ab, um den interessierten Organisationen und Dienststellen Gelegenheit zu geben, ihre Stellungnahme zum Regierungsentwurf mündlich vorzutragen. Ferner unternahm der Ausschuß vier Besichtigungsfahrten, um sich über die Besonderheiten der Beschäftigung Schwerbeschädigter in einigen Wirtschaftsbetrieben, über die Durchführung der Arbeitsvermittlung und über die Tätigkeit und Zusammenarbeit der Landesarbeitsämter, Arbeitsämter und Hauptfürsorgestellen bei Durchführung der Gesetze über die Beschäftigung Schwerbeschädigter an Ort und Stelle zu unterrichten. In insgesamt 31 Vollsitzungen und 11 Sitzungen von 3 Unterausschüssen hat der Ausschuß — soweit erforderlich unter Hinzuziehung von Sachverständigen — den Gesetzesstoff eingehend durchberaten. Anfang Februar 1953 wurden die bis dahin gefaßten Beschlüsse des Ausschusses in einer Gegenüberstellung mit dem Regierungsentwurf allen beteiligten Verbänden und Dienststellen zur schriftlichen Stellungnahme übersandt. Der Ausschuß für Arbeit befaßte sich am 27. März und 15. April 1953 mit dem Entwurf. B. Inhalt und Aufbau des Gesetzentwurfs Mit dem Entwurf des Schwerbeschädigtengesetzes soll die in § 27 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes enthaltene Ankündigung verwirklicht werden, die Beschaffung von Arbeitsplätzen für Beschädigte und Hinterbliebene sowie den Arbeitsschutz durch besonderes Gesetz zu regeln. Ein Schwerbeschädigtengesetz, das den Schwerbeschädigten für die Aufnahme und Ausübung einer Arbeitnehmertätigkeit Hilfe und Schutz bietet, besteht bekanntlich seit über 30 Jahren. Es hat sich als eines der wertvollsten sozialpolitischen Gesetze erwiesen. Doch die Pflichtquote für die Beschäftigung Schwerbeschädigter von 2 v. H. der Arbeitsplätze und gewisse andere Vorschriften genügten nicht mehr, um der Not der schwerbeschädigten Kriegs- und Arbeitsopfer zu steuern, deren Zahl durch den zweiten Weltkrieg um mehr als das Dreifache gestiegen war. Man half sich nach dem Zusammenbruch bis 1949 durch Gesetze und Verordnungen auf Zonen- und Länderebene, zunächst vielfach sogar auf noch kleinerer regionaler Ebene. Die hierdurch eingetretene verwirrende Rechtszersplitterung durch einheitliches Bundesrecht zu ersetzen, das den Nachkriegserfordernissen Rechnung trägt und die in neuerer Zeit gewonnenen Erfahrungen verwertet, ist der Zweck des neuen Gesetzes. Besondere Bedeutung kommt der Abgrenzung des Personenkreises, der Festsetzung der Pflichtquote, der Förderung der Beschäftigung von Kriegerwitwen und der Regelung der Ausgleichsabgabe bei Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht zu. Darauf wird bei Behandlung der einzelnen Abschnitte noch eingegangen. Die weitaus meisten Schwierigkeiten bei den Vorarbeiten ergaben sich bei Beratung der Vorschriften über die Regelung der Zuständigkeiten für die Durchführung. Obwohl der Kriegsopferausschuß den ernsten Willen aller beteiligten Dienststellen, den Schwerbeschädigten die beste gesetzliche Hilfe zu geben, durchaus anerkennt, hatte er doch den Eindruck, daß der Regierungsentwurf bei der Wahl des einzuschlagenden Weges sich zu stark von wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten hat leiten lassen. Der Kriegsopferausschuß betrachtet das Schwerbeschädigtengesetz in erster Linie als Fürsorgegesetz und ist der Auffassung, daß die praktische Durchführung nur auf dem Boden für- (Geritzmann) sorgerischen Denkens und Fühlens fruchtbar sein kann. Die Bundesregierung ihrerseits ist der Auffassung, daß es sich primär um ein Arbeitsvermittlungsgesetz mit besonderem fürsorgerischen Einschlag handelt und die wirksamste tatsächliche Hilfe bei der Eingliederung dieses Personenkreises in das Arbeitsleben durch die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung im Rahmen der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben unter selbstverständlicher Beachtung der Fürsorge- und Betreuungsbedürftigkeit des Personenkreises geleistet werden könne. Auch Sparsamkeitsgesichtspunkte wurden hierfür angeführt. Der Kriegsopferausschuß hat sich diesen Erwägungen insoweit nicht verschlossen, als er die Arbeitsvermittlung und die hiermit in engem Zusammenhang stehenden Aufgaben den Dienststellen der Bundesanstalt übertragen will. Die an sich erwünschte Lösung, die Arbeit der Hauptfürsorgestellen und der Bundesanstalt im Interesse einer engen Zusammenarbeit an das gegenseitige Einvernehmen zu binden, war aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Um so mehr erwies sich eine klare Abgrenzung und Feststellung der Zuständigkeiten von Fürsorge und Arbeitsverwaltung als notwendig. Unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Kriegsopferausschuß und dem Ausschuß für Arbeit, die noch nicht restlos bereinigt werden konnten, haben sich nur in folgenden Punkten ergeben: § 2 Abs. 1 und 2 des Entwurfs in der Fassung des Kriegsopferausschusses sieht vor, daß für die Gleichstellung bestimmter Gruppen körperbehinderter Personen, die nicht Schwerbeschädigte nach § 1 sind, mit den Schwerbeschädigten die Hauptfürsorgestellen zuständig sein sollen. Bundesregierung und Ausschuß für Arbeit halten die Zuständigkeit der Bundesanstalt für notwendig. Man ist dort der Auffassung, daß nur die Bundesanstalt, die die Arbeitsvermittlung sowohl für Schwerbeschädigte als auch für die sonstigen Beschädigten durchführt, den Umfang der nicht besetzten oder noch zu gewinnenden Pflichtplätze für Schwerbeschädigte und die Vermittlungshemmnisse im Einzelfall kennt, zu beurteilen in der Lage ist, ob die Gleichstellung notwendig ist und ob sie zu einer Beeinträchtigung der Unterbringung Schwerbeschädigter führt. Der Kriegsopferausschuß hingegen konnte in dieser Frage seinen Standpunkt nicht aufgeben. Die Gleichstellung betrachtet er in besonderem Maße als einen Fürsorgeakt, der zu den umfangreichen sonstigen Fürsorgebemühungen oft den unumgänglich notwendigen Schlußstein bilden muß, um einen Fürsorgebedürftigen vor dem wirtschaftlichen Abgrund zu bewahren oder das Schicksal einer notleidenden Familie wieder freundlicher zu gestalten. Nach allen Erfahrungen in den vergangenen Jahrzehnten besteht keinerlei Gefahr, daß die Hauptfürsorgestellen von der Gleichstellungsbefugnis in zu großem Umfang Gebrauch machen werden. In § 4 hat der Kriegsopferausschuß entsprechend den Wünschen des Ausschusses für Arbeit für die Bestimmung von Arbeitsplätzen für Schwerstbeschädigte (Absatz 1 Satz 2) und für Anrechnungen auf die Pflichtquote in bestimmten Fällen (Absätze 3 und 4) die Zuständigkeit der Bundesanstalt vorgesehen, allerdings mit der Einschränkung, daß der Hauptfürsorgestelle das Vorschlagsrecht eingeräumt werden soll. Dem Einwand, daß durch eine Anrechnungsbefugnis der Hauptfürsorgestellen Unordnung in das Überwachungsverfahren der Bundesanstalt hineingetragen würde, ist damit begegnet; andererseits ist sichergestellt, daß in diesen Angelegenheiten, die ausschließlich die Schwerstbeschädigten oder die am schwersten unterzubringenden Beschädigten betreffen, die Hauptfürsorgestelle die Initiative behält. Auch zu § 8 Abs. 4 ist der Kriegsopferausschuß in etwa den Wünschen des Arbeitsausschusses gefolgt und damit einverstanden, daß die Bundesanstalt für die Anrechnung von höchstens 2 Kriegerwitwen auf einen Pflichtplatz für Schwerbeschädigte zuständig sein soll. Während der Ausschuß für Arbeit jedoch nur das Benehmen mit der Hauptfürsorgestelle hergestellt wissen will, wünscht der Kriegsopferausschuß, daß die Anrechnung auf Vorschlag der Hauptfürsorgestelle erfolgen soll. Der Ausschuß für Arbeit verweist auf die ausschließliche Zuständigkeit der Bundesanstalt für die Arbeitsvermittlung der Witwen und Ehefrauen, während der Kriegsopferausschuß auch diese Angelegenheit vom fürsorgerischen Standpunkt betrachtet. Insgesamt kann nach langwieriger und hingebungsvoller Arbeit aller Beteiligten eine erfreuliche Annäherung und Übereinstimmung der Auffassungen festgestellt werden. Der Erlaß gerade dieses Gesetzes ist außerordentlich dringend. Niemand wird die Verantwortung übernehmen wollen oder können, die Annahme des Gesetzes wegen der erwähnten geringfügigen Streitpunkte zu verzögern, denn viele Schwerbeschädigte draußen im Lande setzen auf dieses seit langem erwartete Gesetz ihre einzige große Hoffnung, wieder Arbeit zu erhalten. Aus 38 Paragraphen, die der Regierungsentwurf vorsah, sind nach den Beschlüssen des Kriegsopferausschusses 42 Paragraphen geworden. Die Einteilung in 9 Abschnitte ist die gleiche geblieben. Bei der folgenden Behandlung einzelner Vorschriften des Entwurfs kann nur auf die bedeutendsten Anderungen gegenüber dem Regierungsentwurf eingegangen werden. C. Der Entwurf im einzelnen Erster Abschnitt: Geschützter Personenkreis Bei der Abgrenzung des Personenkreises muß davon ausgegangen werden, daß der Schutz und die Wirksamkeit um so geringer ist, je größer der Personenkreis gezogen wird. Mit Rücksicht auf die außerordentlich angestiegene Zahl der Kriegsopfer nach dem zweiten Weltkrieg mußte der Ausschuß gegenüber den Wünschen auf Erweiterung des Personenkreises leider kurztreten. In den bisherigen Personenkreis der schwerbeschädigten Kriegs- und Arbeitsopfer hineingenommen sind jedoch die politisch Verfolgten mit Erwerbsminderungen um wenigstens 50 v. H., die ebenso wie die Kriegs- und Arbeitsopfer im Dienst für das ganze Volk zu Schaden gekommen sind, die Zivilblinden, die schon bisher unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Gleichstellung mit den Schwerbeschädigten hatten, sowie die Besatzungspersonenbeschädigten, bei denen das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 1945 eingetreten ist; die Besatzungspersonenbeschädigten nach dem ersten Weltkrieg sind bereits durch Einbeziehung in das Bundesversorgungsgesetz Schwerbeschädigte nach § 1 Abs. 1 Buchst. a. Andererseits sind zwei Personenkreise, die der Regierungsentwurf in den Personenkreis der Schwerbeschädigten hineingenom- (Geritzmann) men hatte, und zwar die Gehörlosen und (für eine Beschäftigung im Bergbau) die Bergmannsversorgungsscheininhaber, nach Anhörung von Sachverständigen und eingehender Beratung aus § 1 wieder herausgenommen worden. Bei der schon erwähnten notwendigen engen Abgrenzung des Personenkreises konnte der Ausschuß den Gehörlosen die Schwerbeschädigteneigenschaft nicht zuerkennen, weil ihre körperliche Beeinträchtigung anderer Art ist als die der Schwerbeschädigten; auf dem für sie geeigneten Arbeitsplatz sind sie nicht behindert, in gewissen Beschäftigungen sogar besser geeignet als hörende Arbeitskräfte. Ihre Arbeitsbetreuung wird sich deshalb in erster Linie auf die Sicherstellung der Eignung des Arbeitsplatzes und seiner Umgebung richten müssen, ohne daß Arbeitsplätze der Schwerbeschädigten beansprucht werden müssen. Bei den Bergmannsversorgungsscheininhabern mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um weniger als 50 v. H. ist in Abänderung des Regierungsentwurfs nur die Anrechenbarkeit auf Pflichtplätze im Bergbau (§ 6 Abs. 4), nicht aber die Zuerkennung der Schwerbeschädigteneigenschaft mit ihren sonstigen Vorteilen vorgesehen. Hinsichtlich der Gleichstellungen — § 2 — ist noch zu erwähnen, daß im wesentlichen die bisherigen Vorschriften übernommen worden sind. Abweichend hiervon soll bei den in Absatz 1 genannten Minderbeschädigten nicht mehr wie früher die Voraussetzung gelten, daß die Unterbringung der Schwerbeschädigten nicht beeinträchtigt wird. Es kommen fast nur die minderbeschädigten Kriegsopfer in Betracht, denen durch das Schwerbeschädigtengesetz eine Besserstellung verschafft werden muß, weil die Schwierigkeiten ihrer Unterbringung auf den gleichen Ursachen wie bei den Schwerkriegsbeschädigten beruhen, zumal sie bei den Vorschriften über die Ausgleichsrente im Bundesversorgungsgesetz nicht in ausreichendem Maße bedacht werden konnten. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit, den das Versorgungsamt festsetzt, ist im übrigen nicht gleichbedeutend mit dem Grad der Vermittlungsfähigkeit, der bei Minderbeschädigten oft geringer ist als bei manchen Beschädigten mit schweren Körperschäden. Die Frage der Zuständigkeit für Gleichstellungen ist bereits behandelt. Zweiter Abschnitt: Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber Zu § 3 schlägt der Kriegsopferausschuß vor, in den Kreis der in Anspruch zu nehmenden Arbeitgeber allgemein solche mit 7 und mehr Arbeitsplätzen einzubeziehen und die Pflichtquote für Betriebe nicht auf 6, sondern auf 8 v. H. festzusetzen. Damit würde im Bundesgebiet die Regelung getroffen, die in der amerikanischen Zone schon jetzt besteht. Im Grundsatz hält es der Ausschuß für günstiger, den Arbeitgebern von vornherein die Größe der Aufgabe deutlich zu machen und im Einzelfall er einen Nachlaß zu gewähren, als über die gesetzliche Quote hinauszugehen. Die Absätze 2 und 4 bieten ausreichende Handhaben, den Umfang der Beschäftigungspflicht den praktischen Notwendigkeiten und der verschiedenen Aufnahmefähigkeit in Verwaltung und Wirtschaft anzupassen. Zur Beurteilung des Gesamtumfanges der zu schaffenden Pflichtplätze läßt sich eine genaue Rechnung nicht aufstellen; jedoch schon nach den Schätzungen der Bundesregierung verbleibt bei der von ihr vorgeschlagenen Pflichtquote von 6 v. H. eine Fehlzahl von einigen zehntausend Pflichtplätzen, deren Ausgleich die Bundesregierung von der freiwilligen Entschließung der Arbeitgeber zur Aufnahme von Schwerbeschädigten und einer Erhöhung der Quoten für einzelne Zweige der Wirtschaft und im Einzelfall erwartet. Der Kriegsopfer- und mit ihm der Arbeitsausschuß konnte diesen Überlegungen nicht folgen, da durch eine Reihe von Umständen und Anrechnungsmöglichkeiten Pflichtplätze für die eigentlichen Schwerbeschädigten ausfallen werden. Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß z. B. das Land Bayern im Falle der Beibehaltung der Fassung des Regierungsentwurfs den Verlust von 33 000 Arbeitsplätzen für Schwerbeschädigte und hierdurch große Unruhe und vergrößerte Arbeitslosigkeit unter den Schwerbeschädigten befürchtet. Der Ausschuß bittet daher, seinem Vorschlag zu folgen, und erwartet von der Bundesanstalt, daß die Arbeitgeber bei Durchführung des Gesetzes nicht über das erforderliche Maß hinaus in Anspruch genommen werden. Bei den §§ 4 bis 7 ist es im wesentlichen nur zu kleinen Verfeinerungen gekommen, die keine grundsätzliche Bedeutung haben. Am bedeutsamsten erscheint, daß in kleinen Betrieben der Arbeitgeber selbst, wenn er Schwerbeschädigter ist, und auch in gewissem Umfange die in Hausgemeinschaft mit dem Arbeitgeber lebenden Verwandten und Verschwägerten auf den Pflichtplatz angerechnet werden sollen. In § 8 sind zugunsten der Witwen und Ehefrauen von Kriegs- und Arbeitsopfern gegenüber dem Regierungsentwurf zusätzlich Maßnahmen zur Arbeits- und Berufsförderung vorgesehen. Zu § 9, der die Erhebung einer Ausgleichsabgabe bei Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht vorsieht, war die Höhe der Abgabe stark umstritten. Die eine Seite hielt den Betrag von 50,— DM, insbesondere für kleinere Betriebe, für zu hoch, während die andere Seite als Ausgleich für die Nichtbeschäftigung eines Schwerbeschädigten die Zahlung eines Betrages bis zur Höhe eines vollen oder halben Monatslohnes forderte. Der Ausschuß hält den Betrag von 50,— DM unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Geldwertes für angemessen und verweist auf die in Absatz 3 vorgesehene Möglichkeit der Herabsetzung oder des gänzlichen Erlasses. Aus fürsorgerischen Gründen hält der Ausschuß ferner eine geringe Erweiterung des Verwendungszwecks der aufkommenden Gelder für notwendig. Dritter Abschnitt: Besondere Pflichten der Arbeitgeber und Betriebsräte, Vertrauensmann der Schwerbeschädigten In § 11 ist die in Absatz 2 des Regierungsentwurfs vorgesehene Verpflichtung der Arbeitgeber zur Erstattung von Einzelanzeigen über Entlassungen und sonstige Vorgänge gestrichen worden, deren Kenntnis an sich notwendig ist, um den Stand der Erfüllung der Beschäftigungspflicht für den einzelnen Arbeitgeber zu beurteilen. Diese Kenntnis muß sich das Arbeitsamt auf anderem Wege, und zwar mit Hilfe der Krankenkassenanzeigen nach § 24 des Kündigungsschutzgesetzes, verschaffen. § 12 entspricht der seit 30 Jahren bestehenden Rechtslage; neu ist nur die Verpflichtung der Arbeitgeber zur Führung eines Verzeichnisses der durch das Gesetz betreuten Personen. Diese Neu- (Geritzmann) erung ist für die praktische Durchführung des Gesetzes dringend erwünscht. Auch § 13 hat entsprechende Vorschriften im alten Schwerbeschädigtengesetz als Vorläufer. Der neue Absatz 6, der die Wahl eines Hauptvertrauensmannes vorsieht, geht auf die Anregung eines Beschädigtenverbandes zurück. Vierter Abschnitt: Kündigungsschutz Die Vorschriften über den Kündigungsschutz sind gegenüber der Regierungsvorlage nur insoweit geändert worden, als der Antrag des Arbeitgebers nicht beim Arbeitsamt, sondern unmittelbar bei der Hauptfürsorgestelle einzureichen ist. Wie die Bundesregierung hält es der Ausschuß für notwendig, die Entscheidung der Hauptfürsorgestelle nicht an eine bestimmte Frist zu binden. Die Zeitdauer, die die Entscheidung der Hauptfürsorgestelle benötigt, wird immer nur durch die notwendige Dauer sorgfältiger Erhebung aller Begleitumstände bestimmt werden können. Auf die Eilbedürftigkeit der Entscheidungen weist nur eine Sollvorschrift in § 17 Abs. 1 Satz 1 hin. Andererseits ist der Ausschuß dem Votum des Bundesrates beigetreten, wonach dem Schwerbeschädigten nach einer für ihn ungünstigen Entscheidung noch mindestens 4 Wochen der Betriebszugehörigkeit — nicht 2 Wochen, wie es die Bundesregierung vorgesehen hatte — verbleiben sollen. Hierdurch wird es ihm oft möglich werden, unmittelbar anschließend eine andere Beschäftigung aufzunehmen. Die sonstigen Vorschriften entsprechen dem bisherigen Recht. Fünfter Abschnitt: Durchführung des Gesetzes Entsprechend der Auffassung des Kriegsopferausschusses sind bei den Vorschriften über die Zuständigkeiten die Hauptfürsorgestellen der Bundesanstalt vorangestellt worden, um den Fürsorgecharakter des Gesetzes zu unterstreichen. Neben den Beschwerdeausschüssen, die nach § 27 a bei den Landesarbeitsämtern eingerichtet werden, muß nach Ansicht des Kriegsopferausschusses bei jedem Landesarbeitsamt ein besonderer beratender Ausschuß für die Aufgaben, die der Regierungentwurf in § 28 den „Ausschüssen für Schwerbeschädigte" übertragen wollte, tätig werden. Dieser beratende Ausschuß soll im Landesarbeitsamtsbezirk die Kraft ausstrahlen und die Initiative wecken, die nötig sind, um die gesetzliche Aufgabe bis zur geeigneten Unterbringung des letzten arbeitsfähigen Schwerbeschädigten zu erfüllen. Er soll mit Hilfe seiner Verwurzelung in der Wirtschaft sozusagen der wirtschaftspolitische Motor sein, der den Arbeitsämtern die Wege zur Unterbringung der Schwerbeschädigten ebnen hilft. Im übrigen soll zur Aufgabenverteilung, die der Entwurf in den §§ 21 und 22 vorgenommen hat, besonders darauf hingewiesen werden, daß gerade die klare Aufgabenverteilung und das beiderseitige Wissen um die eigene Zuständigkeit die Zusammenarbeit der beiden beauftragten Dienststellen fördern soll, die sonst wahrscheinlich in ein wenig sinn- und zweckvolles Neben- und Gegeneinanderarbeiten ausarten würde. Nicht zuletzt möchte der Ausschuß jedoch den Eingangssatz des § 20 herausgestellt wissen. Er besagt nicht weniger, als daß die Arbeitgeber soweit wie irgend möglich die Schwerbeschädigten in erster Linie freiwillig, also auf Grund eigener freier Entschießung, einstellen und beschäftigen sollen. Das Schwerbeschädigtengesetz bleibt in jedem Falle ein Gesetz des guten Willens. Daran ändert auch nichts, daß der Ausschuß bei seinen Wünschen für die Festlegung des Umfangs der Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber über den Entwurf der Regierung hinausgeht. Vielmehr bittet der Ausschuß die Mitglieder des Hauses, die selbst Arbeitgeber sind oder den Arbeitgeberkreisen nahestehen, zu würdigen, daß er sich bei der Abgrenzung des Personenkreises der Schwerbeschädigten große Zurückhaltung auferlegt hat und die Arbeitgeber bei der Handhabung der Durchführung des Gesetzes nicht mehr in Anspruch genommen wissen will, als dies zur Unterbringung der Schwerbeschädigten unbedingt erforderlich ist. Sechster Abschnitt: Fortfall des Schwerbeschädigtenschutzes Neu ist die Vorschrift des § 24 Satz 2, in dem ausdrücklich bestimmt wird, daß Beschädigte, deren Minderung der Erwerbsfähigkeit auf weniger als 50 v. H. herabgesetzt worden ist, noch für 1 Jahr dem Arbeitgeber auf den Pflichtsatz angerechnet werden. Neu gegenüber dem alten Schwerbeschädigtengesetz ist ferner die Ergänzung in § 25, daß auch die Verweigerung der Teilnahme an einer notwendigen beruflichen Bildungsmaßnahme zum zeitweiligen Verlust der Schwerbeschädigteneigenschaft führen kann. Siebenter Abschnitt: Beschwerde und Beschwerdeausschüsse Es erwies sich als verfassungsrechtlich nicht möglich, vorzusehen, daß im Beschwerdeverfahren eine Länderdienststelle, beispielsweise die Hauptfürsorgestelle, die Entscheidung einer Bundesdienststelle oder umgekehrt eine Bundesdienststelle die Entscheidung einer Länderdienststelle ändert oder aufhebt. Aus diesem Grunde mußte aus dem Regierungsentwurf nicht nur das an vielen Stellen des Gesetzes vorgesehene Einvernehmen zwischen Hauptfürsorgestelle und Bundesanstalt gestrichen, sondern auch die Bildung getrennter Beschwerdeausschüsse bei den Landesarbeitsämtern und Hauptfürsorgestellen, jene für Entscheidungen aus dem Aufgabenbereich der Arbeitsverwaltung, diese für Entscheidungen der Hauptfürsorgestellen, vorgeschrieben werden. Dem § 26 Abs. 2 des Regierungsentwurfs, wonach in Kündigungsangelegenheiten von Schwerbeschädigten des öffentlichen Dienstes oder der Bundesbahn und Bundespost die zuständige oberste Landes- oder Bundesbehörde endgültig entscheiden soll, konnte der Kriegsopferausschuß nicht zustimmen. Diesen Schwerbeschädigten ginge damit der besondere Kündigungsschutz verloren, den der in der freien Wirtschaft beschäftigte Schwerbeschädigte besitzt. Der Kriegsopferausschuß hat sich in sehr eingehenden und wiederholten Verhandlungen mit Sachverständigen um eine besondere Lösung der Frage, in welcher Art hier eine Beschwerdeinstanz geschaffen und tätig werden kann, bemüht. Er glaubt, sie in § 27 Abs. 3 gefunden zu haben. Dem Einwand, daß der öffentliche Dienst nicht mit den gleichen Maßstäben wie die freie Wirtschaft gemessen werden und in seine Personalpolitik nicht durch einen bei der Hauptfürsorgestelle bestehenden Ausschuß eingreifen lassen kann, muß entgegengehalten werden, daß die zuständige Dienstaufsichtsbehörde nach dem Vorschlag des Kriegsopferausschusses die Arbeitgebersitze im Beschwerde- (Geritzmann) ausschuß der Hauptfürsorgestelle einnimmt und von den 7 Ausschußmitgliedern nur 1 schwerbeschädigter Arbeitnehmervertreter und evtl. die sozial erfahrene Persönlichkeit nicht dem öffentlichen Dienst angehören. Es ist daher alles getan, um den besonderen Bedürfnissen des öffentlichen Dienstes gerecht zu werden. Achter Abschnitt: Sonstige Vorschriften Durch die Folgen des zweiten Weltkrieges sind viele Personen notleidend und auf dem Arbeitsmarkt betreuungsbedürftig geworden. Der Schwerbeschädigte jedoch trägt für die ganze Dauer seines Lebens einen schweren Körperschaden; oft mußte er beruflich umsatteln und im vorgerückten Lebensalter mit dem Aufbau einer Existenz neu beginnen. Es ist nur recht und billig, wenn ihm in § 30 vor allen anderen betreuungsbedürftigen Personenkreisen ein Vorrang eingeräumt wird, der nunmehr — nach Absatz 2 — ausdrücklich auch gegenüber dem Personenkreis des Gesetzes nach Artikel 131 des Grundgesetzes gelten soll. In § 32 a sind die Vorschriften über die Beschäftigung Schwerbeschädigter in Heimarbeit, ergänzt durch die im Ausschuß erarbeiteten weiteren Vorschriften, im Interesse besserer Lesbarkeit des Gesetzes zusammengefaßt. § 32 b Abs. 1 gibt den Dienststellenleitern die zusätzliche Aufgabe, darauf hinzuwirken, daß ein angemessener Anteil Schwerbeschädigter unter den Beamten erreicht wird. Nach Absatz 2 soll die Hauptfürsorgestelle auch bei vorzeitiger Pensionierung von Beamten und vor der Entlassung von Widerrufsbeamten, soweit es sich um Schwerbeschädigte handelt, gehört werden. Die im § 33 vorgesehene bevorzugte Berufszulassung muß nach Auffassung des Kriegsopferausschusses auch den Witwen und Ehefrauen im Sinne des § 8 Abs. 1 zugute kommen. Neunter Abschnitt: Ordnungwidrigkeiten, Straf-, Durchführungs-, Übergangs- und Schlußvorschriften Die Vorschriften des § 34 sind im Interesse der Rechtseinheitlichkeit redaktionell überarbeitet worden. § 34 a ist systematisch nunmehr besser untergebracht. Zu § 35 Abs. 1 konnte auf die im Regierungsentwurf vorgesehenen Durchführungsvorschriften zu § 2 — Gleichstellung — verzichtet werden, da der geänderte § 2 bereits die erforderlichen Vorschriften enthält. Auch Durchführungsvorschriften zu § 35 Abs. 1 Buchst. h bzw. g über die Verwendung der Ausgleichsabgabe durch die Hauptfürsorgestellen` erscheinen entbehrlich. Die Regelung der halbjährlichen oder jährlichen Anzeigenerstattung der Arbeitgeber nach § 11 und die Führung des Verzeichnisses nach § 12 Abs. 5 ist auch ohne eine ausdrückliche Ermächtigung möglich. Zu § 36 ist die Fassung des Bundesrates, der die Bundesregierung zugestimmt hat, übernommen worden. Im Land Berlin — § 36 a — zählen alle Körperbehinderten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 50 v. H. zu den Schwerbeschädigten; außerdem gilt dort einheitlich eine Pflichtquote von 10 v. H. Eine Umstellung der Berliner Vorschriften entsprechend den Vorschriften für das Bundesgebiet würde in Berlin zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Der im § 6 Abs. 2 getroffenen Regelung für Filialbetriebe kann sich Berlin z. Z. ebenfalls nicht anschließen. Es ist daher vorgesehen, daß bezüglich dieser 3 Punkte — Personenkreis, Pflichtquote, Filialbetriebe — die in Berlin bestehende Regelung weiter gilt. § 37 Abs. 1 Satz 2 bestimmt schließlich, daß die Vorschriften über die Ausgleichsabgabe in den Ländern, in denen z. Z. noch die Pflichtquote des alten Schwerbeschädigtengesetzes von 2 v. H. gilt, im Interesse eines reibungslosen Übergangs auf das neue Recht erst am 1. November d. Js. in Kraft treten. Bonn, den 16. April 1953. Geritzmann Berichterstatter
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    Für Ihre Einladung zum Deutschen Kriegsopfertag 1953 in Frankfurt danke ich, bedauere jedoch, zu dieser Kundgebung einen Vertreter meines Ministeriums nicht entsenden zu können. Die Kriegsopfer selbst anerkennen, daß ihre Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland einen hohen Stand erreicht hat. Dieses gute Ergebnis ist vor allem dem unermüdlichen Einsatz meiner Mitarbeiter zu verdanken. Die Leistungen dieser Beamten werden aber von ihrer Fachpresse, insbesondere der „Fackel" fortgesetzt in einer so verletzenden Art herabgewürdigt, daß gegen die Schrif tleitung der „Fackel" Strafantrag gestellt werden mußte. Bei dieser von mir nicht zu vertretenden Lage vermag ich zu meinem Bedauern einen anderen Standpunkt nicht einzunehmen.
    In vorzüglicher Hochachtung
    gez. Anton Storch
    Ob das die geeignete Form ist, mit einer Organisation, die rund 1,5 Millionen deutsche Kriegsopfer organisiert hat, zu verkehren, möchte ich denn doch ernsthaft in Zweifel ziehen.

    (Abg. Arndgen: Und wie war die Verkehrsform der Organisation?)

    Die Kritik der Organisation am Bundesministerium für Arbeit ist leider sachlich allzu begründet. Man braucht sich nur die Vorlage der Bundesregierung, welche jetzt den Gegenstand der ersten Lesung bildet, anzusehen, um zu erkennen, daß diese Vorlage wieder einmal nicht das enthält, was der Bundesgesetzgeber sich, als er die entsprechenden Anträge verabschiedete, darunter vorgestellt hat.
    Im übrigen kam in den Ausführungen meiner Vorrednerin, der Frau Kollegin Probst, ebenfalls ganz eindeutig zum Ausdruck: die Regierungsvorlage enthält nicht die Anpassung der Versorgung der deutschen Kriegsopfer an das veränderte Lohn- und Preisgefüge. Die Vorlage der Bundesregierung bringt nicht die notwendige und mit Recht erwartete Novellierung des Bundesversorgungsgesetzes im Sinne seiner Anlage. Sie stellt vielmehr den Versuch dar, dieses Gesetz auf die Basis der Wohlfahrt, auf die Basis der Versorgung nach dem Bedürftigkeitsprinzip abzuschwächen und damit seines Charakters zu entkleiden. Das Bundesversorgungsgesetz ist kein Wohlfahrtsgesetz, sondern es ist ein Rechtsgesetz. Den staatsbürgerlichen Pflichten im modernen Staat, die dem einzelnen auferlegen, Leben und Gesundheit für die Gemeinschaft zu opfern, stellt es jene Rechte gegenüber, die auf eine Versorgung abzielen, welche unabhängig von irgendwelchen Merkmalen der Bedürftigkeit auf der Rechtsgrundlage basiert. Hier handelt es sich nicht nur um sittliche Normen und um die Erfüllung moralischer Pflichten, sondern um ganz einfache Rechtsfragen, die in der Verfassung eines Rechtsstaates ihren Niederschlag finden und auch bei uns gefunden haben. Insbesondere in einer Zeit, in der man sich bereits wieder Gedanken über eine Wehrgesetzgebung macht, sollte man an diesen Rechtsgrundlagen nicht rütteln.
    -Die Art und Weise, in der von der Bundesregierung immer wieder fiskalische Grundsätze und Gesichtspunkte überbetont werden, macht es meiner Fraktion langsam unmöglich, die Gemeinsamkeit auf die Dauer aufrechtzuerhalten, wenn hier nicht ein grundsätzlicher Wandel eintritt.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Bei jeder Gesetzesvorlage auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung haben wir die gleiche Problematik der Bewertung der Ausgabenseite gegenüber der Bewertung der Bedürfnisse, welche aus der Aufgabenstellung erwachsen.
    Aber nicht nur diese Überbewertung der Ausgabenseite durch die Bundesregierung beschäftigt uns, sondern auch die weitere Tatsache, daß die Bundesregierung stets dazu neigt, die Ansätze, welche für die Ausgaben zugrunde gelegt werden, erheblich höher zu veranschlagen, als sie nach der praktischen Anwendung des Gesetzes notwendig wären. Ich habe nahezu bei jeder Vorlage auf diesem Gebiete diese Kontroverse mit der Bundesregierung gehabt, und die Tatsachen haben mir noch in jedem Falle recht gegeben. Auch beim Bundesversorgungsgesetz hat sich ganz eindeutig herausgestellt — und zwar insbesondere jetzt bei der Auszahlung der 13. Monatsrente —, daß die Voran-


    (Bazille)

    schläge der Bundesregierung wieder einmal über das Ziel hinausschießen und daß nicht alles gebraucht wird, was der Bundestag beschlossen hat. Diese Art und Weise, Einsparungen zu Lasten der Kriegsopfer vorzunehmen, ist auf die Dauer einfach unerträglich und wird von meiner Fraktion zukünftig nicht länger mitverantwortet.
    Wenn wir uns Einzelgebiete der Versorgung ansehen, dann erkennen wir, daß dieses Prinzip, einengende fiskalische Grundsätze anzuwenden, nahezu auf allen Sektoren der Verwaltungspraxis seinen Niederschlag gefunden hat. Ob es sich darum handelt, die orthopädische Versorgung zu modernisieren und an den veränderten Stand der Technik und der medizinischen Erkenntnis heranzuführen, ob es sich darum dreht, neue Arbeitshilfen zu entwickeln, um die Kriegsopfer zu befähigen, ein Optimum an Leistung im Beruf zu vollbringen, ob es sich um die Frage der Umsetzung von Beschädigten in wohnungsmäßiger Hinsicht an einen Arbeitsplatz handelt, überall erkennen wir, daß es die Bundesregierung an der Voraussicht und an der Einsicht fehlen läßt und stets nur auf dauerndes Drängen der Parlamentarier bereit ist, das Notwendige zu veranlassen. Das findet auch seinen Niederschlag etwa, in der Frage des Kleiderverschleißes, dessen Erstellung im Gesetz so geregelt ist, daß dem Bedürfnis des Einzelfalles Rechnung getragen werden kann. Die Regierungsvorlage beschränkt dieses Bedürfnis des Einzelfalles auf 10 DM monatlich, ohne danach zu fragen, ob etwa ein kriegsblinder Ohnhänder oder Schweramputierter mit verschiedenen Prothesen in der Lage ist, mit 10 DM bei den heutigen Textilpreisen seinen Kleiderverschleiß auszugleichen. Auch hier haben wir das Prinzip der Armlichkeit, das einfach nicht anerkennen will, daß besondere Bedürfnisse auch besondere Maßstäbe erfordern.
    Aber ich möchte diese Einzelheiten aus der Gesetzespraxis und der Gesetzessystematik heraus hier bei der ersten Lesung nicht vertiefen. Es geht um das Grundsätzliche, um das Prinzipielle der Entwicklung der Versorgung der deutschen Kriegsopfer. Es geht darum, die deutschen Kriegsopfer an der Aufwärtsentwicklung teilnehmen zu lassen, die unser Volk in den letzten Jahren seit dem katastrophalsten Zusammenbruch unserer Geschichte wieder mitmachen konnte und mitmachen durfte. Wir sind der Auffassung, daß diese Aufwärtsentwicklung den deutschen Kriegsopfern eine gleitende Verbesserung ihrer Versorgung automatisch bringen müßte und daß es sich hier nicht darum handeln kann, offene Lücken in der Versorgung mit Behelfsmaßnahmen auszuflicken.
    Das Bundesversorgungsgesetz in seiner Grundform war ein Ausgangspunkt, eine Basis für weitere Entwicklungen. Wir haben von der Bundesregierung erwartet, daß sie selbst aus der Praxis heraus dem Bundestag jene Vorlagen zuleitet, die dieser Tendenz entsprechen und die Weiterentwicklung des Versorgungsrechts sichtbar machen. Der heute in erster Lesung vorliegenden zweiten Novelle zum Bundesversorgungsgesetz kann das beim besten Willen nicht bescheinigt werden. Sie hält noch nicht einmal den alten Stand des Bundesversorgungsgesetzes aufrecht, geschweige denn, daß sie irgendwelche Entwicklungstendenzen aufweist.
    Aus diesem Grunde wird es notwendig sein, im Ausschuß zu versuchen, dieser Novelle eine andere Gestalt und einen anderen Inhalt zu geben. Es
    wird notwendig sein, die Erhöhung der Grund- und der Ausgleichsrenten zur Erhaltung ihrer Kaufkraft vorzunehmen; es wird notwendig sein, die Einkommensgrenzen des Bundesversorgungsgesetzes entsprechend zu erhöhen, damit keine sinnwidrigen Kürzungen der Ausgleichsrenten eintreten; es wird notwendig sein, die Grundrenten bei den Witwen, bei denen sie bisher geruht haben, zukünftig zahlbar zu machen; es wird notwendig sein, die Witwen- und Waisenversorgung über den bisherigen Stand hinaus zu verbessern und die Pensionen und ähnliche Bezüge und Renten aus der Sozialversicherung günstiger als bisher zu behandeln, damit nicht der Wille zur eigenen Vorsorge bei den Kriegsopfern ertötet wird. Daß in der Elternversorgung gewisse Verbesserungen unumgänglich sind, ist bereits angeklungen. Die Sätze der Pflegezulage müssen den tatsächlichen Aufwendungen angepaßt werden. Schließlich muß die Frage der Fristen des Bundesversorgungsgesetzes überprüft werden. Wir sind der Auffassung, daß die Fristen grundsätzlich verlängert und bis jetzt aufgetretene Fristhärten beseitigt werden müssen.
    Wir bedauern, daß dieser Katalog nun im Ausschuß in der kurzen noch zur Verfügung stehenden Zeit von der Parlamentsseite her erarbeitet werden muß, weil die Bundesregierung dem Hohen Hause eine derartig dürftige und schlechte Vorlage zugeleitet hat. Aber wir hoffen, daß es durch die Arbeit und das Ergebnis der Beratungen des Ausschusses möglich sein wird, in der parlamentarischen Behandlung dieses Komplexes jene Gemeinsamkeit wiederherzustellen, die bei der Verabschiedung des Bundesversorgungsgesetzes gefunden worden war.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Bundesarbeitsminister.

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    Rede von Anton Storch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Abgeordnete Bazille ist hier auf eine Sache eingegangen, die mich zu gewissen Richtigstellungen zwingt. Ich bin seither zu jeder Veranstaltung der Kriegsopferverbände aus dem einfachen Grunde gegangen, weil ich mich diesen Menschen gegenüber verantwortlich fühle und es mir ein Herzensbedürfnis ist, die Lage dieser Menschen zu bessern. Nun hat „Die Fackel", das Organ des VdK, aber in einem Artikel Beamte meines Hauses, die eine besondere Arbeitsleistung vollbringen und letzten Endes durch ihr ganzes Leben bewiesen haben, daß sie im Interesse der arbeitenden und notleidenden Menschen alles einsetzen, in einer unmöglichen Form, die man einfach nicht billigen kann, heruntergesetzt. Ich habe dem Herrn Ministerialdirektor Eckert den Rat gegeben, gegen „Die Fackel" eine Beleidigungsklage anzustrengen.

    (Abg. Horn: Sehr richtig!)

    Ein Mann, der jahrzehntelang im früheren Reichsarbeitsministerium einer der geachtetsten und fleißigsten Menschen war,

    (Zuruf links: Bei Hitler!)

    kann es sich einfach nicht gefallen lassen, daß in einer Zeitung einer Organisation steht, er sei wegen Unfähigkeit in Bayern abgeschoben worden. Er ist nie im bayerischen Dienst gewesen.

    (Zuruf rechts: Pfui!)

    Alle, die mit diesem Mann im früheren Reichsarbeitsministerium zusammen waren, und alle, die


    (Bundesarbeitsminister Storch)

    heute in meinem Ministerium mit ihm zusammenarbeiten, wissen, daß er sich nicht davor scheut, nächtelang durchzuarbeiten, wenn es sich darum handelt, für notleidende Menschen etwas zu tun.

    (Abg. Horn: Sehr gut!)

    Unter diesen Umständen ist es auch eine ganz große Selbstverständlichkeit, daß sich der Minister vor diesen Beamten stellt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie können mich für alle Maßnahmen und für alle Taten, die aus meinem Ministerium herauskommen, angreifen. Ich bin der politische Repräsentant des Ministeriums und habe das zu ertragen. Das ist nicht schlimm. Das sind Dinge, die zum politischen Leben gehören. Aber wenn die Beamten ihre Pflicht tun, und zwar nach den Anweisungen ihres Ministers und nach den Anweisungen des Kabinetts, dann muß ich sie davor schützen, daß sie draußen durch den Schmutz gezogen werden.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)