Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Die folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung hat am 2. März 1971 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Weigl, Roser, Ott, Dr. Jobst, Kiechle, Engelsberger, Biehle, Gerlach , Schedl, Niegel, Dr. Schulze-Vorberg und Genossen betr. Beurlaubung von Studenten der bayerischen Ingenieurschulen durch die Bundeswehr — Drucksache VI/1821 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V1/1897 verteilt.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
— Drucksache VI/1882 —
Wir kommen zunächst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Börner zur Verfügung. Ich rufe die Frage 60 des Herrn Abgeordneten Dr. Schwörer auf:
Ist der Bundesregierung die vom bayerischen Statistischen Landesamt aufgestellte Statistik über Straßenverkehrsunfälle durch Aufprall auf Bäume in Bayern bekannt, und liegen der Bundesregierung vergleichbare Unterlagen über Verkehrsunfälle auf den Bundesstraßen des Bundesgebietes vor?
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, der Bundesregierung ist die vom Bayrischen Statistischen Landesamt herausgegebene Statistik bekannt. Es handelt sich um eine Sonderuntersuchung in den Jahren 1966 bis 1968 über Straßenverkehrsunfälle durch Auffahren auf Bäume. Der Bundesregierung liegen vergleichbare Unterlagen über Verkehrsunfälle durch Auffahren auf Bäume auf Bundesstraßen nicht vor. In der deutschen Bundesstatistik gibt es spezielle Daten über die sogenannten Baumunfälle nicht. Die sogenannten Baumunfälle werden mit bei der Position „Auffahren auf einen Gegenstand neben der Fahrbahn" erfaßt. Dazu gehören aber auch Mauern, Brückengeländer, Licht- und Leitungsmasten und dergleichen.
Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 61 des Abgeordneten Dr. Schwörer auf:
Ist die Bundesregierung bereit, Konsequenzen aus dem Gutachten Professor Bitzels, Technische Hochschule München, nach dem die Schwere der Unfälle sich bei dem Aufprall auf Bäume in der Regel verdoppelt, zu ziehen und verkehrsgefährdende Straßenbäume an Bundesstraßen zu entfernen und auf die Innenminister der Länder dahin gehend einzuwirken, daß sie sich den Richtlinien anschließen, die das bayerische Innenministerium in Zusammenhang mit dem ADAC zum Problem der Straßenbäume erarbeitet hat?
Herr Staatssekretär!
Soweit Bäume an Bundesstraßen - nur für diese kann der Bund Weisungen erteilen — für die Verkehrsteilnehmer eine Gefahr bilden, werden sie beseitigt. Die obersten Straßenbaubehörden sind auf Grund der vom Bundesverkehrsministerium bekanntgegebenen Empfehlungen, die von Vertretern der Wissenschaft, der Verwaltung, der Automobilverbände, der Verkehrswacht und der Landschaftpflege erarbeitet worden sind, gehalten, im Rahmen der ihnen obliegenden Verkehrssicherungspflicht bestehende Pflanzungen auf ihre Verkehrssicherheit zu überprüfen. Das geschieht durch sogenannte Baumschauen, bei denen verkehrsgefährdende Bäume festgestellt und ihre Beseitigung veranlaßt wird. Das Bundesverkehrsministerium hat darüber hinaus zur Zeit im Gang befindliche Untersuchungen veranlaßt, die helfen sollen, das Problem der Bäume an Verkehrsstraßen zu klären. Bei den vom Bayerischen Innenministerium herausgegebenen Richtlinien handelt es sich um den sogenannten Alleebaum-Erlaß aus dem Jahre 1960, der Ende des vergangenen Jahres vom ADAC aufgegriffen worden ist.
Eine Zusatzfrage.
Könnte bei dieser sogenannten Baumschau den Vertretern der Straßenpolizei und den Vertretern der VerkehrsteilnehmerOrganisationen — ADAC usw. — ein besonderes Gewicht bei der Beurteilung der besonderen Gefährlichkeit von an Straßen stehenden Bäumen eingeräumt werden?
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6072 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971
Herr Kollege, nach unseren Informationen ist das der Fall.
— Ja.
Eine weitere Zusatzfrage.
Könnte das Bundesverkehrsministerium bei seinen Neuplanungen dafür sorgen, daß nicht wieder neue Alleen in dieser Form angelegt werden, wie sie jetzt, zum Teil hinderlich, bestehen, und daß an Stelle dieser Baumbestände in Zukunft nur noch mit Sträuchern oder mit ähnlichen Abgrenzungen gearbeitet wird?
Herr Kollege, das geschieht. Wie Ihnen sicherlich aus Ihrer früheren Tätigkeit im Verkehrsausschuß bekannt ist, sind die modernen Regelquerschnitte des Bundesfernstraßenbaus frei von solchen verkehrsgefährdenden Anpflanzungen.
Ich rufe die Frage 62 des Abgeordneten Dr. Schober auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den Plänen des Bundesverkehrsministers vom 23. Juli 1970 über die Auflösung von sechs Bundesbahndirektionen die Abgrenzung der Bezirke Hannover und Essen in einer Weise vorgenommen werden soll. die wirtschaftliche und strukturelle Zusammenhänge außer acht läßt, indem sie die Kreise Minden und Lübbecke ganz und den Kreis Herford teilweise vom übrigen Ostwestfalen-Lippe abtrennt?
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, die Auflösung von sechs Bundesbahndirektionen beruht auf Anträgen der Deutschen Bundesbahn, die am 23. Juli 1970 von der Bundesregierung geprüft und am 4. August 1970 vom Bundesminister für Verkehr genehmigt worden sind. Damit sind die neuen Direktionsgrenzen grundsätzlich festgelegt. Der gesamte Raum Ostwestfalen wird künftig von der neuen Bundesbahndirektion Essen betreut werden, während für die Räume Minden und Lübbecke die Bundesbahndirektion Hannover zuständig sein wird. Obwohl die Grenzziehung von der Deutschen Bundesbahn als die günstigste angesehen wird, wurde zwischen der Deutschen Bundesbahn und dem Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr vereinbart, daß vor Eintritt in die 3. Stufe des sogenannten Vollzugsplanes, in der die Abgrenzung praktisch werden soll, diese Grenzziehung im Raum Bielefeld/Herford noch einmal erörtert wird.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schober.
Herr Staatssekretär, darf ich davon ausgehen, daß Hoffnung besteht, daß Räume, die wirtschaftlich zusammengehören, durch neue Grenzziehungen bei Bundesbahndirektionen nicht auseinandergerissen werden?
Herr Kollege, die Deutsche Bundesbahn hat ein Interesse daran, daß ihre Kundenbedienung laufend verbessert wird. Deshalb wird auch dieser Gesichtspunkt mit in die Überlegungen einfließen.
Ich rufe die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Dr. Schober auf:
Hält es die Bundesregierung nicht für zweckmäßig — auch im Hinblick auf die kommerzielle Konzeption der Deutschen Bundesbahn —, den gesamten Wirtschaftsraum Ostwestfalen-Lippe von einer Generalvertretung der Deutschen Bundesbahn betreuen zu lassen, als deren Sitz sich Bielefeld anbieten würde?
Herr Kollege, für die Kunden der Deutschen Bundesbahn sind etwaige Grenzveränderungen bei den Bezirken der Bundesbahndirektionen und bei den Generalvertretungen nur von relativer Bedeutung, da die Betreuung in allen Bezirken nach gleichen Grundsätzen erfolgt. Es handelt sich mehr um verwaltungsinterne Änderungen, die auf die Verkehrsbedienung wenig Einfluß haben. Im vorliegenden Falle wird die neue Grenzziehung zwischen den Bundesbahndirektionen Hannover und Essen auch eine Neuaufteilung der Bezirke der Generalvertretungen erfordern.
Welche Folgerungen sich allerdings dadurch für die Generalvertretung Bielefeld ergeben, kann die Deutsche Bundesbahn noch nicht übersehen. Hierfür muß die endgültige Festlegung der Direktionsgrenzen abgewartet werden. Aber unter Bezugnahme auf die soeben auf eine Zusatzfrage gegebene Antwort möchte ich sagen, daß die Überlegung selbstverständlich auch für die Entscheidung zu diesem Punkt ihre Bedeutung hat.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schober.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß überlegt wird, den einheitlichen Wirtschaftsraum Ostwestfalen auch von einer Generalvertretung — möglicherweise mit Sitz in Bielefeld — betreuen zu lassen?
Diese Überlegung wird sicherlich in das Gespräch zwischen dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn und dem Herrn Minister von Nordrhein-Westfalen mit einfließen. Ich nehme an, daß die Landesregierung den Gesichtspunkt, den Sie soeben angedeutet haben, ebenso zur Geltung bringen will.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971 6073
Ich rufe die Frage 64 des Abgeordneten Lemmrich auf:
Wie hoch würden sich die Kosten für den Ausbau der oberen Donau von Kelheim bis Ulm zu einer Wasserstraße belaufen?
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, für den Ausbau der oberen Donau zwischen Kelheim und Ulm zu einer Wasserstraße wären 19 Staustufen notwendig. Davon sind 10 Staustufen für die Wasserkraftgewinnung errichtet worden.
Für den nachträglichen Ausbau der bereits staugeregelten Strecken zur Schiffahrtstraße und für den Bau der restlichen 9 Staustufen für Schiffahrtzwecke müßte mit Kosten in Höhe von mindestens 700 Millionen DM gerechnet werden. Dabei sind die Schwierigkeiten beim Ausbau des Donaudurchbruchs in der Weltenburger Enge und die dafür anfallenden Kosten im voraus schwer abzuschätzen.
Ich rufe die Frage 65 des Abgeordneten Lemmrich auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit eines Ausbaus der oberen Donau von Kelheim bis Ulm zur Wasserstraße?
Herr Staatssekretär!
Die Anstrengungen des Bundes, Bayerns und der Rhein-Main-Donau AG sind entsprechend dem Duisburger Vertrag von 1966 auf die Fertigstellung des Main-Donau-Kanals und den Ausbau der Donau zwischen Kelheim und Straubing gerichtet. Ein Ausbau der Donau zwischen Kelheim und Ulm zu einer Wasserstraße ist in absehbarer Zeit nicht beabsichtigt. Es stehen auch keine Mittel aus dem Haushalt des Bundes zur Verfügung. Im übrigen wäre zu gegebener Zeit die Wirtschaftlichkeit des Ausbaus der Donau oberhalb von Kelheim durch eine Nutzen-Kosten-Untersuchung nachzuweisen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lemmrich.
Herr Staatssekretär, beabsichtigt Ihr Haus, in absehbarer Zeit eine solche Nutzen-Kosten-Untersuchung durchzuführen?
Herr Kollege, ich sehe dazu im Moment keinen Anlaß, weil — ich habe das soeben in der Antwort auf Ihre Frage ausgeführt — aus verkehrspolitischen Erwägungen, die das Hohe Haus schon mehrfach diskutiert hat, der Ausbau der Rhein-Main-Donau-Schiffahrtstraße und der mittleren Donau nach unserer Meinung Vorrang hat vor der Untersuchung eines solchen Problems.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, welches Jahr würden Sie ins Auge fassen, in dem eine solche Untersuchung angestellt werden könnte? Vielleicht 1985?
Herr Kollege, ich halte das gegenwärtig für eine rein theoretische Frage. Ich nehme an, daß Ihre Fragestellung auf gewisse örtliche Diskussionen zurückgeht. Dazu ist meinerseits zu bemerken, daß es sicherlich verständlich ist, wenn regionale Interessen den Ausbau einer solchen Wasserstraße fordern. Wir müssen uns aber, wie Sie sicherlich wissen, nach größeren verkehrswirtschaftlichen Zusammenhängen und natürlich auch nach den Möglichkeiten des Haushalts richten.
Ich rufe die Frage 66 des Abgeordneten Dr. Kraske auf:
Ist die Bundesregierung in der Lage, vergleichbare Zahlen vorzulegen, in welchem Maße ausländische LKWs an Unfällen auf unseren Straßen beteiligt sind?
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, vergleichbares Material liegt der Bundesregierung nicht vor. In den laufenden Erhebungen des Statistischen Bundesamtes werden Straßenverkehrsunfälle nicht nach inländischen und ausländischen Fahrzeugen getrennt.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 67 des Abgeordneten Dr. Kraske auf:
Inwieweit ist gewährleistet, daß die auf unseren Straßen fahrenden LKWs den gleichen Sicherheitsvorschriften im weitesten Sinne unterworfen werden, die für deutsche LKWs gelten?
Herr Staatssekretär!
Gegen unvorschriftsmäßige, insbesondere verkehrsunsichere ausländische Kraftfahrzeuge wird mit den üblichen Mitteln eingeschritten. Das heißt es wird die Behebung der Mängel verlangt; notfalls wird der weitere Betrieb des Kraftfahrzeugs untersagt. Die Rechtsgrundlage hierfür gibt § 11 der Verordnung über internationalen Kraftfahrzeugverkehr.Die technische Beschaffenheit der ausländischen Kraftfahrzeuge richtet sich mit Ausnahme der Maße
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6074 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerund Gewichte nach den Vorschriften des Heimatlandes. Das ist Grundsatz des internationalen Straßenverkehrsrechts. Durch die zunehmende internationale Harmonisierung der Bau- und Betriebsvorschriften wird aber eine immer stärkere internationale Angleichung der technischen Beschaffenheit der Kraftfahrzeuge erreicht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kraske.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß es für ausländische Lkws — bisher jedenfalls — keine Vorschriften gibt, die die Fahrzeit, d. h. die Dienstzeit des einzelnen Fahrers beschränken und die den Einbau von Fahrtenschreibern sowie die Führung von Fahrtenbüchern verpflichtend vorschreiben?
Herr Kollege, diese Vorschriften sind EWG-Recht bzw. befinden sich in Vorbereitung. Es gibt darüber internationale Abreden und Abkommen. Ich habe, weil Ihre Zusatzfrage mit diesem Problem nicht direkt zusammenhängt, zur Zeit kein Material zur Hand. Ich bin jedoch gern bereit, Ihnen dazu schriftlich eine Übersicht zu geben.
Das Problem der Lenkzeit ist eine Frage, die schon sehr weit geregelt ist.
Eine weitere Zusatzfrage.
Können Sie sagen, ab wann es in diesen Fragen etwa eine verpflichtende allgemeinverbindliche EWG-Regelung geben wird?
Ich will Ihnen auch diese Antwort gern in der schriftlichen Zusatzantwort geben, da in dieser Hinsicht zumindest im EWG-Raum die Dinge schon sehr weit fortgeschritten sind.
Ich rufe die Frage 68 des Abgeordneten Röhner auf:
Ist die Bundesregierung bereit, auf die Deutsche Bundesbahn einzuwirken, daß über die Schülertarife hinausgehend für Klassenreisen zu Lehrzwecken besondere Fahrpreisermäßigungen gewährt werden?
Herr Präsident, ich bitte einverstanden zu sein, daß ich die Fragen des Herrn Kollegen Röhner gemeinsam beantworte, sofern der Herr Kollege zustimmt.
Der Herr Fragesteller ist einverstanden. Frage 69 des Abgeordneten Röhner:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß durch solche begünstigte Lehrfahrten von Schulklassen längerfristig ein Werbeeffekt, der sich auch wirtschaftlich auswirkt, erziele wird?
Herr Kollege, eine Ermäßigung für Schulklassen und die begleitenden Lehrer ist bei der Deutschen Bundesbahn bereits eingeführt. Schon von fünf Schülern an wird eine Ermäßigung von 50 % gewährt. Begünstigt sind Fahrten zu wissenschaftlichen und belehrenden Zwecken sowie Fahrten zur Erholung.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Röhner.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß trotz dieses mir bekannten Ermäßigungssatzes die Benutzung von Omnibussen vergleichweise noch billiger kommt?
Diese Frage kann ich im Moment nicht beantworten. So etwas wird von dem Konkurrenzangebot des betreffenden Omnibusunternehmers abhängen. Nach der Kostenlage des Gewerbes kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, daß die sehr weitgehenden Ermäßigungen der Deutschen Bundesbahn hier noch unterboten werden können.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, wenn dieses Kostengefälle vorhanden ist, noch einmal zu überprüfen, ob nicht zumindest ein gleicher Kostensatz bei Fahrten für Lehrzwecke seitens der Bundesbahn eingeräumt werden könnte?
Herr Kollege, die Bejahung Ihrer Frage würde bedeuten, daß ich hier eine politische Auflage an die Deutsche Bundesbahn ankündige, die nach § 28 a des Bundesbahngesetzes für den Bund Kostenfolgen hat. Sie werden verstehen, daß ich deshalb Ihre Frage nicht mit Ja beantworten kann. Ich bin aber der Meinung, daß die Attraktivität des Angebots der Deutschen Bundesbahn, die jetzt besteht, im Grunde ausreicht. Ich bin gern bereit, die Dinge nachzuprüfen, wenn Sie mir einen konkreten Fall aus Ihrem Wahlkreis oder Ihrer Kenntnis übermitteln.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971 6075
Ich rufe die Frage 70 der Frau Abgeordneten Tübler auf:
Trifft es zu, daß die in der Ostsee verkehrenden Fährschiffe der Deutschen Bundesbahn die auf ihren Fahrten anfallenden Abfälle in die See kippen?
Herr Präsident, wegen des Sachzusammenhangs wäre ich auch hier dankbar, wenn ich beide Fragen gemeinsam beantworten könnte, wenn die Frau Kollegin einverstanden ist.
Die Frau Kollegin ist einverstanden. Frage 71 der Frau Abgeordneten Tübler:
Wenn ja, ist die Bundesregierung bereit — auch ohne gesetzliche Verpflichtung —, die Deutsche Bundesbahn zu veranlassen, zur Verhütung der Verunreinigung der See die Abfälle ordnungsgemäß an Land zu beseitigen?
Frau Kollegin, wegen der beengten Schiffsverhältnisse ist es nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn nicht möglich, alle Abfälle an Bord zu stauen und während der kurzen Wendezeiten der Fährschiffe an Land zu bringen. Fährschiffe der Deutschen Bundesbahn waren daher bislang angewiesen, Kartons mit Abfallgut zu füllen, zu beschweren und außerhalb der Landzonen in der See zu versenken. Diese Maßnahme ging bereits über das in der internationalen Seeschiffahrt übliche Verfahren hinaus.
Weiterhin war die Deutsche Bundesbahn jedoch bemüht, die Abfallbeseitigung zu verbessern und in zufriedenstellender Weise zu lösen. Zu diesem Zweck hat sie einen Zerkleinerungsapparat entwickeln lassen, der den Abfall an Bord zerkleinert und es ermöglicht, größere Mengen zu speichern, die später an Land der Müllvernichtung zugeführt werden. Nach Anfangserprobungen wird ein Fährschiff während seiner Werftliegezeit in diesem Monat hiermit ausgerüstet. Die Erfahrungen mit dieser Anlage werden über das künftig anzuwendende Verfahren entscheiden.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin? — Bitte!
Herr Staatssekretär, würden Sie mit mir übereinstimmen, daß der augenblickliche Zustand, der an den Stränden der Ostsee vorhanden ist, unerträglich ist, und stimmen Sie mit mir überein, daß der Zerkleinerungsapparat erst eine Neueinführung darstellt?
Frau Kollegin, ich bin nicht der Meinung, daß die Verunreinigung der Ostsee auf die Deutsche Bundesbahn bzw. auf das Fährschiff „Theodor Heuss" zurückgeht. Hier liegen andere Ursachen vor. Aber ich gebe zu, daß wir alle uns gemeinsam bemühen müssen — auch die Deutsche
Bundesbahn will ihren Anteil leisten —, die Strände noch sauberer zu halten. Aber ich muß offen sagen, es gibt keinen Kausalzusammenhang zwischen dem bisherigen Versenken in offener See mit Beschwerung der entsprechenden Kartons und dem Schwemmgut, das vielleicht da und dort die Badestände in den letzten Monaten beeinträchtigt hat.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, sich sehr eingehend das Protokoll des Hearings zum Umweltschutz für offene Seen und Küsten anzusehen, um vielleicht auch für Ihren Bereich daraus noch weitere Konsequenzen zu ziehen?
Selbstverständlich, Frau Kollegin. Die drängendste Sorge ist die Ölverschmutzung. Sie wissen, daß wir uns da international bemühen, mit den Dingen fertig zu werden. Aber ich gebe zu, daß auch Küchenabfälle eine Beeinträchtigung bringen können.
Ich rufe die Frage 72 des Abgeordneten Dr. Kempfler auf :
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Deutsche Bundesbahn auch dann ein Wagenstandgeld für Samstag erhebt, wenn der Empfänger eine ihm an diesem Tage bereitgestellte Wagenladung am folgenden Werktag abnimmt?
Herr Präsident, auch hier wäre ich dankbar, wenn ich beide Fragen mit Einverständnis des Herrn Fragestellers gemeinsam beantworten könnte.
Der Fragesteller ist damit einverstanden. Frage 73 des Abgeordneten Dr. Kempfler:
Erscheint diese Regelung vom sozialen Standpunkt aus gerechtfertigt, da sie die Unternehmen entweder daran hindert, ihren Beschäftigten ein volles freies Wochenende zu geben, oder ihnen im Falle der Freizeitgewährung finanzielle Nachteile auferlegt?
Herr Kollege, ich darf auf die Antwort Bezug nehmen, die ich in dieser Angelegenheit dem Herrn Kollegen Schwabe in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 24. April 1969 gegeben habe.Seit dem 1. Januar 1968 wird grundsätzlich kein Wagenstandgeld mehr erhoben, wenn der Empfänger eine ihm am Samstag bereitgestellte Wagenladung erst am folgenden Werktag abnimmt. Die Bundesbahn verzichtet allerdings nicht auf die Erhebung dieser Gebühr an Samstagen, wenn der Empfänger schon an einem der vorhergehenden Tage mit der Entladung in Verzug gekommen war. Eine Ausnahme gilt ferner für die Zeiten des Wagen-
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6076 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerhochbedarfs, d. h. dann, wenn die Güterwagen so knapp geworden sind, daß zur Vermeidung von erheblichen Schäden bei der verladenden Wirtschaft der Güterwagenumlauf beschleunigt werden muß.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kempfler.
Herr Staatssekretär, weiß die Bundesregierung, daß dieser Wagenbenutzungshochstand im ganzen letzten Jahr für fast alle Klassen mindestens ein halbes Jahr lang ausgerufen war und daß die Gebühr erhoben wurde?
Herr Kollege, das wissen wir. Seit Dezember 1970 ist dies allerdings nicht mehr der Fall. Das hatte konjunkturelle Ursachen, wie Ihnen sicher bekannt ist, und auch Ursachen, die in einer gewissen zögernden Ablieferung von Neuwagen für die Deutsche Bundesbahn durch die Waggonindustrie, die durch die Hochkonjunktur begründet war, lagen. Ich hoffe, daß sich das in den nächsten Monaten nicht wiederholt.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kempfler.
Herr Staatssekretär, wir dürfen also damit rechnen, daß im Jahre 1971 die Ausnahme nicht zur Regel und die Regel nicht zur Ausnahme wird?
Herr Kollege, das habe ich Ihnen soeben ja schon angedeutet. Diese Situation hat konjunkturelle Ursachen gehabt, und nach der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung ist wohl mit einer solchen das ganze Jahr andauernden Spitze 1971 nicht zu rechnen.
Ich muß aber, zum Ausgangspunkt Ihrer Frage zurückkommend, noch sagen, daß die Regelung des Wagenstandgeldes ja im Rahmen der Tarifkommission mit der Wirtschaft abgesprochen wird und daß es also hier darum geht, einen Kunden zu belasten, der zögert, weil ein anderer Kunde der Bundesbahn bei Hochbedarf diesen betreffenden Waggon dringend braucht.
Ich rufe Frage 74 des Herrn Abgeordneten Dr. Apel auf.:
Ist der Bundesregierung bekannt, deß es fast alle unsere westeuropäischen Nachbarstaaten nicht zulassen, daß Führerscheine, die durch eine Fahrprüfung auf einem Fahrzeug mit automatischer Gangschaltung erworben werden, ohne weiteres auch zum Fahren von Personenkraftwagen mit traditioneller Gangschaltung berechtigen?
Herr Kollege, der Bundesregierung ist bekannt, daß in einigen westeuropäischen Staaten, z. B. in Luxemburg, in Österreich und in der Schweiz, die Fahrerlaubnis auf Fahrzeuge mit automatischer Kraftübertragung beschränkt wird, wenn die Ausbildung ausschließlich auf einem solchen Fahrzeug erfolgte. In den Fällen, in denen die Ausbildung auf Fahrzeugen mit mechanischer und auf solchen mit automatischer Kraftübertragung erteilt wurde, wird nach Kenntnis der Bundesregierung keine Beschränkung auferlegt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Apel.
Herr Staatssekretär, haben Sie bei dieser Antwort nicht doch übersehen, daß es — wir haben darüber hier schon einmal diskutiert — in der Tat in der Bundesrepublik keinerlei Verpflichtung gibt, bei der Ausbildung auch Unterricht auf Fahrzeugen mit traditionellem Getriebe zu erteilen, sondern daß es sich dabei nur um eine Empfehlung handelt, an die niemand gebunden ist?
Herr Kollege, diese Empfehlung wird aber nach unserer Kenntnis von allen Fahrschulen verwirklicht. Ich kenne ja etwas den Hintergrund Ihrer heutigen Frage, weil wir über sie hier schon einmal eine Diskussion gehabt haben, und möchte hinzufügen, daß es sich Herr Bundesminister Leber wegen der großen Bedeutung dieses Problems für die Verkehrssicherheit vorbehalten hat, die Dinge, was die gegenwärtige Regelung anbetrifft, noch einmal zu überprüfen. Wir streben hier im Grunde — wie in vielen anderen Fragen der Verkehrspolitik — eine EWG-konforme Regelung an.
Ich muß aber darauf hinweisen, daß diese Frage nicht ausschließlich vom Bundesverkehrsminister bzw. von der Bundesregierung entschieden werden kann, sondern daß die Bundesländer hier wesentlich mitzureden haben. Und die Auffassungen sind zur Zeit doch divergierend.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Apel.
Herr Staatssekretär, sind Sie, wenn Sie von EWG-Harmonisierung sprechen, bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß Frankreich, Italien und die Niederlande samt und sonders sehr strikte Vorschriften haben, die es nicht zulassen, daß Prüfungen auf Automatik-Fahrzeugen überhaupt abgelegt werden, geschweige denn, daß eine Prüfung dieser Art zum Fahren mit einem Fahrzeug mit traditionellem Getriebe berechtigt? Und sind Sie angesichts dieser Tatsache bereit, Ihre Untersuchungen zu beschleunigen, um zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen?
Herr Kollege, selbstverständlich
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971 6077
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerwerden die Untersuchungen in naher Zukunft abgeschlossen sein. Nur darf ich noch einmal daran erinnern, daß es hier nicht um eine Regelung geht, die wir innerhalb der EWG durch die Bundesregierung oder durch den Bundesverkehrsminister endgültig treffen könnten, sondern daß es auch hier darum geht, daß die Bundesländer ein sehr wesentliches Recht der Mitbestimmung haben und daß wir auch von daher eine Einigung anstreben müssen, um eine Harmonisierung zu erreichen.
Ich rufe Frage 75 des Abgeordneten Dr. Apel auf:
Ist die Bundesregierung wirklich der Meinung , daß das Antragsverfahren für Fahrpreisermäßigungen für kinderreiche Familien bei der Deutschen Bundesbahn, wobei für den Antragsteller insgesamt vier Wege erforderlich sind — Erwerb des vorgeschriebenen Antrags beim zuständigen Fahrkartenschalter der Deutschen Bundesbahn, Bestätigung durch die Meldebehörde, Abgabe des Antrags am zuständigen Fahrkartenschalter zur Überprüfung, Abholung des genehmigten Antrags —, sich nur auf den unbedingt erforderlichen Nachweis beschränkt?
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, nach Ansicht der Bundesbahn sind die gegenwärtigen — übrigens vor kurzem vereinfachten — Kontrollmaßnahmen im sogenannten Familientarif unerläßlich. Die Bundesregierung sieht sich leider nicht in der Lage, dieser Auffassung entgegenzutreten.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es wirklich für notwendig, daß der Bürger erst bei der Bundesbahn das Formular abholt, dann zur Meldebehörde geht, dort bescheinigt bekommt, daß er und seine Kinder noch leben, noch existent sind, dann das Formular bei der Bahn abgibt, nach einigen Tagen dort erneut erscheint, das Formular entgegennimmt und dann berechtigt ist, diese Kinderermäßigung in Anspruch zu nehmen? Meinen Sie nicht wirklich, daß man das so vereinfachen kann, daß nur eine Instanz, nämlich die Meldebehörde, dies übernimmt und daß damit die Schwierigkeiten wirklich beseitigt werden?
Herr Kollege, die Meldebehörde kann das allein nicht übernehmen. Sie kann nur bestätigen, daß der Familienstand des Berechtigten so und so aussieht. Der Berechtigte muß sich schon auch an die Bundesbahn wenden.
Nach meiner Erfahrung ist es bei der Bundesbahn so, daß diese Sache an kleinen Bahnhöfen sehr vereinfacht gehandhabt wird, daß aber in Großstadtbahnhöfen — und ich nehme an, Ihre Anfrage bezieht sich auf Hamburg der laufende Schalterbetrieb von diesem Formularkram möglichst frei gehalten werden soll und daß deshalb ein zweiter Weg zur Bahn, zum Fahrkartenschalter notwendig ist. Ich darf darauf hinweisen, daß es sich hier um eine sehr großzügige Regelung der Bundesbahn, um einen sehr ermäßigten Tarif handelt, der bei den europäischen Bahnen sonst kein Beispiel hat. Von daher müssen natürlich gewisse Überlegungen hinsichtlich des Schutzes gegen Mißbrauch angestellt werden.
Ja, Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre es denn wenigstens möglich, daß man die besonderen Formulare, die je keinerlei Engagement beinhalten, sondern nur bedrucktes Papier sind, nicht extra am Bahnhof abholen muß, sondern sie z. B. bei der Meldebehörde selbst käuflich erwirbt? Damit wäre ein Gang gespart.
Herr Kollege, das ist ein interessanter Vorschlag zur Vereinfachung des Verfahrens. Wenn die Meldebehörde, die ja in der Regel den Ländern untersteht, da mitmacht, habe ich keinen Einwand gegen eine solche Regelung.
Ich rufe die Frage 76 des Abgeordneten Seefeld auf:
Hält es die Bundesregierung im Interesse der Verbesserung des Verkehrsablaufs und der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer für erstrebenswert, an den durch zeitweiligen Nebel gefährdeten Autobahnteilstücken Nebelwarnanlagen zu installieren?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Nach Auffassung der Bundesregierung ist es im Interesse der Verkehrssicherheit anzustreben, solche Stellen des Autobahnnetzes zu entschärfen, an denen, durch die besondere örtliche Lage bedingt, eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer durch plötzlich auftretenden Nebel entsteht.
Eine sehr weitgehende Ausstattung nebelgefährdeter Bereiche kann jedoch nicht erwogen werden.
Es ist in Aussicht genommen, das Autobahnnetz auf solche Punkte hin zu untersuchen, sofern die zur Zeit eingeleiteten Untersuchungen mit Nebelwarnanlagen positive Ergebnisse erbracht haben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Seefeld.
Herr Staatssekretär, entspricht es den Tatsachen, daß in Ihrem Auftrag bei der Bundesanstalt für Straßenwesen solche Untersuchungen im Gange sind? Können Sie sagen, wann etwa mit dem Ende dieser Untersuchungen gerechnet werden kann?Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
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6078 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971
Herr Kollege, ich kann Ihnen heute keinen festen Termin nennen. Es ist richtig, daß die Bundesanstalt für Straßenwesen in der sogenannten Eschinger Senke, nördlich von München an der Autobahn, eine solche Untersuchung bzw. Aufstellung von bestimmten Versuchsgeräten vorgenommen hat. Um zu einem aussagefähigen Ergebnis zu kommen, müßte man aber einen Beobachtungszeitraum von mindestens einem Jahr haben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, unabhängig von der Zeitspanne, die Sie soeben genannt haben, ist in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, daß Sie beabsichtigen, schon in diesem Jahre im Lande Baden-Württemberg erste solche Versuche zu unternehmen. Entspricht das den Tatsachen?
Es liegt ein Antrag des Innenministeriums von Baden-Württemberg vor. Über diese Sache ist noch nicht abschließend entschieden. Es ist ja auch eine Frage der zur Verfügung stehenden Geräte und vor allem natürlich auch ein Kostenproblem.
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Griesinger.
Darf ich aber Ihrer Antwort entnehmen, Herr Staatssekretär, daß Sie die Notwendigkeit sehen, in Baden-Württemberg, wo wir - das betrifft meinen Heimatkreis Ludwigsburg — eine besonders nebelgefährdete Autobahnstrecke haben und wo in der letzten Zeit sehr schwere Unfälle vorgekommen sind, eine Erprobung der neuen Nebelwarnanlage vorzunehmen?
Frau Kollegin, es gibt viele Stellen — nicht nur in Bayern und in Baden-Württemberg -, an denen ähnliche klimatische Voraussetzungen bestehen. Uns geht es darum, jetzt einige bekannte Geräte zu testen, die allerdings - das möchte ich deutlich sagen — die allgemeine Vorsicht des Autofahrers bei Nebel nicht ersetzen können, sondern nur eine zusätzliche Hilfe sind. Wir müssen erst einmal wissen, was die zur Verfügung gestellten Geräte wirklich bringen. Eine Ankündigung, jetzt überall in bestimmten Tälern im Mittelgebirgsbereich solche Dinge zu installieren, könnte nach meiner Auffassung zu einer gewissen Sorglosigkeit des Kraftfahrers führen. Wenn er nämlich weiß, daß dort ein derartiges Gerät installiert ist, verläßt er sich vielleicht auch darauf. Wir sind von einer positiven Bewertung dieser Dinge noch weit entfernt. Erst muß die Wissenschaft sich ein abschließendes Urteil bilden. Erst dann wissen wir, wie hoch die Kosten sind, und ich hoffe, daß Sie uns bei der entsprechenden Haushaltsplandiskussion unterstützen; denn im Grunde handelt es sich um eine nützliche zusätzliche Hilfe zur Steigerung der Verkehrssicherheit.
Ich rufe die Frage 77 des Abgeordneten Seefeld auf:
Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß die Kennzeichnung der im Notfalleinsalz befindlichen Kraftfahrzeuge von Ärzten durch den nach der Straßenverkehrs-Zulassung-Ordnung neuerdings zugelassenen gelb blinkenden Dachaufsatz ausreicht, und kann die Zahl der Ärzte angegeben werden, die bisher von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben?
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge von Ärzten während des Notfalleinsatzes durch den nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zugelassenen gelbblinkenden Dachaufsatz ausreicht. Insbesondere in Verbindung mit der Bestimmung der neuen Straßenverkehrs-Ordnung, wonach bei Verkehrsstauungen auf Autobahnen und Kraftfahrtstraßen eine Gasse für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen gebildet werden muß, wird der Dachaufsatz das rasche Vorwärtskommen des Notfallarztes erleichtern. Die Bundesregierung hat keine Unterlagen über die Zahl der Ärzte, die bisher von dem gelbblinkenden Dachaufsatz Gebrauch gemacht haben.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist in Ihrem Hause bekannt, daß die Ärztekammer Niedersachsen eine Untersuchung vorgenommen hat, die unter anderem zu dem Ergebnis geführt hat, daß das gelbe schwache Licht kritisiert werde, weil es z. B. bei Sonnenbestrahlung kaum richtig wahrgenommen werden könne?
Ich nehme an, Herr Kollege, daß Sie auf den in der Öffentlichkeit einmal vorgetragenen Wunsch, Blaulicht zu bekommen, anspielen. Dazu kann ich nur sagen, daß das von den beteiligten Stellen des Bundes und der Länder immer abgelehnt worden ist, weil man den Kreis derer, die Blaulicht führen dürfen, im Interesse auch der Verkehrssicherheit möglichst eingrenzen sollte. Um das den Ärzten zuzubilligen, gibt es auch Berufungsfälle, die Ihnen sicher aus Ihrer früheren Tätigkeit bekannt sind. Wir haben eine Zahl. Wir haben z. B. erfahren, daß der Deutsche Ärzteverlag in Köln bisher nach Angaben 2000 Dachaufsätze verkauft haben soll. Ich gebe diese Zahl hier mit Vorbehalt wieder. Wenn das so ist, zeigt das doch — ganz abgesehen von der Verteilung über den ADAC —, daß man sich hier mit diesem gelben Dachaufsatz befreundet hat. Aus den schon genannten Gründen kann ich hier allerdings keine endgültigen Zahlen bekanntgeben.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971 6079
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, es ist richtig, daß ich auf das Blaulicht anspielen wollte. Ihnen, vermute ich, ist ja auch bekannt, daß in Kreisen der Ärzteschaft ein solcher Wunsch besteht. Ich wollte Sie fragen, ob Sie der Meinung sind, daß sich insbesondere auch angesichts der Erfahrungen, die in letzter Zeit im Ausland gemacht worden sind, solche Blaulichtaufsätze besser bewährt haben als die gelb blinkenden.
Herr Kollege, wir sehen keinen Anlaß, von unserer bisherigen Haltung abzuweichen.
Ich rufe die Frage 78 des Herrn Abgeordneten Bauer auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung hinsichtlich eines zukünftig möglichst abgasfreien Wagenparks bei der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost — unbeschadet der Vergebe und Forderung einschlägiger Forschungsaufträge — aus der Tatsache, daß einmal im innerdeutschen Bereich „Elektromobile" von namhaften Firmen erprobt wurden und darüber hinaus in den USA, Italien, Frankreich und Japan in den letzten Jahren laufend leistungsfähige Fahrzeuge dieser Art in zahlreichen Formen entwickelt und vorgestellt worden sind?
Herr Kollege, Bundesbahn und Bundespost verfolgen — nicht zuletzt auf Grund ihres reichhaltigen Erfahrungsschatzes auf diesem Gebiet - mit regem Interesse die technische und wirtschaftliche Entwicklung der Elektromobile sowie anderer abgasfreier oder -armer Kraftfahrzeugantriebe. inwieweit die auf diesem Gebiet momentan recht stürmische Entwicklung in absehbarer Zeit einen Einfluß auf die Zusammensetzung des Kraftfahrzeugparks haben wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Dies wird u. a. insbesondere von der Preiswürdigkeit und Wirtschaftlichkeit der angebotenen Fahrzeuge abhängen. Im übrigen unterliegen die Kraftfahrzeuge beider Unternehmen den gesetzlichen Bestimmungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung auch hinsichtlich der Verunreinigung der Luft durch Abgase.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bauer.
Wie äußern Sie sich, Herr Staatssekretär, zu meinem Eindruck, daß es kaum vorstellbar ist, daß im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland noch keine entsprechenden Entwicklungen solcher Fahrzeuge verwendbar sein sollen, nachdem u. a. in Osaka 300 Elektromobiltypen gezeigt worden sind, in den USA 30 und in Japan 25 derartige Fahrzeuge entwickelt wurden und bereits in der Weimarer Republik das Elektromobil im Bereich der Post ständig im Straßenverkehr zu sehen war?
Herr Kollege, dieser Einsatz des Elektromobils war mit Kostenfolgen verbunden, die die Post veranlaßt haben, das Elektromobil abzuschaffen. Das ist die Lage. Es geht ja hier nicht um die Frage, was erfunden worden ist, sondern es geht darum, ob das, was erfunden worden ist, auch die Anforderungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit erfüllen kann. Wir wären gerade in den Innenstädten - z. B. auch mit Rücksicht auf die Bediensteten der Deutschen Bundespost — gern bereit, hier die Abgasbelästigung zu vermeiden. Sie kennen ja das Problem des Briefkastenleerers der Bundespost. Das ist also sicher unbestritten. Bisher gibt es einige Versuchsmodelle. Es gibt meines Wissens auch einen Omnibus, der zur Zeit in einem städtischen Verkehrsbetrieb probeweise läuft. Wenn sich herausstellen sollte, daß die Kosten für die Anschaffung und die Wartung dieses Fahrzeuges in vertretbarer Relation zu denen der heutigen benzingetriebenen Fahrzeuge stehen, wird die Post das prüfen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bauer.
Kann ich, Herr Staatssekretär, seitens des Bundesverkehrsministeriums die Zusicherung bekommen, daß diese Forschungsvorhaben, von denen ja zwei vergeben worden sind, etwas stärker forciert werden und daß ernsthaft geprüft wird, inwieweit z. B. die Bundespost als angeblich größter Kraftfahrzeughalter in der Bundesrepublik zur Reduzierung der Abgasbelästigung im innerstädtischen Verkehr dadurch etwas beitragen kann, daß man zügig an den Einsatz eines wirtschaftlichen „Emobil"-Modells herangeht?
Herr Kollege, in diesem ganzen Komplex geht Qualität vor Schnelligkeit. Das heißt, wir müssen erst zu wirklich stichhaltigen Ergebnissen kommen, und die Wirtschaftlichkeitsfragen müssen gelöst sein. Es geht ja nicht um einen Prototyp, sondern es geht darum, zu erreichen, daß die Industrie in absehbarer Zeit ein solches Fahrzeug baut. Dann wird die Deutsche Bundespost die Anschaffung solcher Fahrzeuge für ihren Fahrzeugpark sofort in Erwägung ziehen und entsprechende Prüfungen durchführen. Wenn sich Ihre Meinung als richtig erweisen sollte, wird sie auch positiv entscheiden.
Ich rufe die Frage 79 des Herrn Abgeordneten Bauer auf:Hält die Bundesregierung nach der im Rahmen der abschließenden Auswertung des TEE-Zug-Unglücks bei Altrang geäußerten Beurteilung, ursächlich könne letztlich nur ein Unwohlsein des Lokomotivführers gewesen sein, eine Zugsicherung lediglich durch mechanisch-selbsttätig ausgelösten Bremseffekt für die Geschwindigkeiten dieser Züge noch für ausreichend?
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6080 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971
Herr Kollege, zur Überwachung des Triebfahrzeugführers werden zwei technische Einrichtungen verwendet: die sogenannte Sicherheitsfahrschaltung und die induktive Zugbeeinflussung. Die Sicherheitsfahrschaltung bringt den Zug bei Dienstunfähigkeit des Triebfahrzeugführers an beliebiger Stelle der Strecke zum Halten. Die induktive Zugbeeinflussung bremst den Zug bei Unachtsamkeit des Triebfahrzeugführers an den entsprechend ausgerüsteten Gefahrenpunkten der Strecke ab.
Die Frage des Einsatzes eines zweiten Mannes im Führerstand ist ihrer besonderen Wichtigkeit wegen bereits seit langem in der Eisenbahn-Bau-
und Betriebsordnung geregelt. Er ist danach vorgeschrieben, wenn das führende Triebfahrzeug keine Sicherheitsfahrschaltung hat oder — bei vorhandener Sicherheitsfahrschaltung — mit einer Geschwindigkeit von mehr als 140 km/h gefahren wird.
Die langjährigen Erfahrungen mit dieser Regelung, die insbesondere auch bezüglich der Geschwindigkeitsgrenze von 140 km/h für den Einsatz eines Beimannes bereits 14 Jahre in Kraft ist, lassen diese Maßnahme grundsätzlich als ausreichend erscheinen. Ob die abschließende Klärung der Unfallursache eine Änderung der zur Zeit bestehenden gesetzlichen Vorschriften notwendig machen wird, kann erst nach Beendigung der Untersuchungen entschieden werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bauer.
Können Sie, Herr Staatssekretär, meinen Eindruck bestätigen, der sich aus den Bildern von dem Unfallgeschehen ergibt, daß es sich bei dem Triebfahrzeug um ein ausländisches Fahrzeug handelt, und können Sie eine Aussage darüber machen, ob dieses Triebfahrzeug mit den entsprechenden Einrichtungen der induktiven Zugsicherung — mit Auslösung auch bei Geschwindigkeitsüberschreitung — ausgestattet war?
Herr Kollege, ich kann Ihren Eindruck bestätigen, daß es sich um ein ausländisches Triebfahrzeug handelt. Alle anderen Fragen möchte ich mit Rücksicht auf die noch schwebenden Untersuchungen heute nicht beantworten.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bauer.
Würde, unbeschadet des endgültigen Resultats der Auswertung, das Bundesverkehrsministerium gerade im Hinblick auf die Sicherheit der Fahrgäste solcher Paradezüge der Deutschen Bundesbahn, wie die TEE-Züge es heute sind, besonders prüfen, ob und inwieweit die zusätzliche Besetzung des Führerstandes mit einem zweiten Lokführer angebracht ist?
Herr Kollege, diese Frage kann man eben nicht unabhängig von dem Ergebnis der Untersuchungen und den sonstigen Umständen beurteilen, denn immerhin hat sich die bisherige Regelung, die ich Ihnen gerade skizziert habe, über 14 Jahre bewährt. Deshalb möchte ich die Frage heute, Ihr Verständnis voraussetzend, nicht beantworten, weil sonst der Eindruck entstehen könnte, daß ich ein Untersuchungsergebnis präjudizieren will.
Ich rufe die Frage 80 des Herrn Abgeordneten Mursch auf:
Auf welche Weise ist sichergestellt, daß beim Neubau von Bundesfernstraßen durch geeignete Schutzmaßnahmen der Lärm wirkungsvoll bekämpft wird ?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren wird beim Neubau von Bundesfernstraßen auf eine möglichst geringe Lärmbelästigung der Bevölkerung geachtet. Dies geschieht z. B. dadurch, daß Straßen in ausreichender Entfernung von den Wohngebieten entlang geführt oder in Einschnitte verlegt werden oder daß möglichst geringe und nicht zu lange Steigungen vorgesehen werden. Außerdem kommen auch noch bauliche Lärmschutzmaßnahmen wie z. B. Bepflanzungen, Dämme und Wände zur Anwendung. Weiterhin werden keine Einwendungen erhoben, wenn von seiten Dritter Lärmschutzanlagen an Bundesfernstraßen auf bundeseigenem Gelände errichtet werden, sofern hierdurch die Verkehrssicherheit und die Standfestigkeit der Straßenanlagen nicht gefährdet sind.
Erst kürzlich hat der Bundesminister für Verkehr die obersten Straßenbaubehörden der Länder erneut gebeten, künftig bei Planungen der Bundesfernstraßen den Belangen des Lärmschutzes insbesondere bei der Wahl der Linienführung besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Es wurden Hinweise zu diesem Problem gegeben und eine von der Bundesanstalt für Straßenwesen erarbeitete Zusammenstellung möglicher baulicher Maßnahmen übersandt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Mursch.Mursch (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär Börner, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß eine Mitteilung des Bundesministers für Verkehr, die mir vor vier Wochen zugegangen ist, überholt ist, in der der Bundesverkehrsminister gesagt hat, er könne keine Anweisungen geben, Lärmschutzeinrichtungen an Bundesfernstraßen zu errichten, da der von einer Straße ausgehende Verkehrslärm zu denjenigen Einwirkungen gehöre, die von den Grundstückseigentümern in der Regel ohne einen Ausgleichsanspruch hingenommen werden müßten?
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971 6081
Herr Kollege, dieses Problem läßt sich überhaupt nicht generell, sondern nur von Fall zu Fall beurteilen. Ich habe ja angedeutet, daß die Auftragsverwaltung angewiesen ist, bestimmte Grundsätze zu beachten und bestimmte Gesichtspunkte, für die einige Beispiele genannt wurden, bei ihrer Arbeit zu berücksichtigen.
Ich nehme an, daß es sich bei der Mitteilung, die Sie soeben zitiert haben, um das Schreiben vom 5. Februar 1971 handelt. Darin haben wir auf bestimmte rechtliche Schwierigkeiten hingewiesen. Das steht nicht im Gegensatz zu dem, was ich Ihnen soeben gesagt habe. In jenem Schreiben des Herrn Ministers ist Ihnen nur dargestellt worden, welche rechtlichen Schwierigkeiten und Konsequenzen sich ergeben. Auf der anderen Seite habe ich Ihnen heute dargelegt, daß wir uns gleichwohl im Rahmen des Möglichen bemühen werden, dem Lärmschutz stärkere Beachtung zu schenken.
Im übrigen richtet sich unsere Aufforderung nicht nur an die Straßenbaubehörden der Länder — nämlich die Trassenführung so zu legen, daß möglichst keine Siedlung belästigt wird —; vielmehr handelt es sich indirekt auch um einen Aufruf an die Kommunalpolitiker, die Bebauung nicht neben eine bestehende oder bekanntermaßen geplante Straße zu quetschen, wie es in den letzten Jahren leider in Dutzenden von Fällen im Vorfeld der Großstädte und auch anderswo geschehen ist. Das ist das wirkliche Problem.
Eine weitere Zusatzfrage.
Mursch (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, wären Sie dann bereit, meine erneute Anfrage hinsichtlich der Lärmschutzmaßnahmen, die beim Bau der Westtangente Hamburg vorgesehen sind, dahin zu beantworten, daß Sie sagen, welche Lärmschutzmaßnahmen dort vorgesehen sind? Ich denke dabei selbstverständlich nur an Maßnahmen, die finanziell vertretbar sind, und verweise im übrigen auf die Richtlinien, die Sie am 1. Februar an die Länder als Träger der Auftragsverwaltung herausgegeben haben.
Ich bin gern bereit, Ihnen dazu noch eine schriftliche Mitteilung zugehen zu lassen. Nur darf ich darauf hinweisen, daß zur Erreichung eines optimalen Lärmschutzes bei den heute bestehenden Straßen eine ungeheure Summe von Milliarden D-Mark erforderlich wäre.
Ich rufe die Frage 81 des Herrn Abgeordneten Mursch auf:
Ist der Bundesminister für Verkehr bereit, neue Erkenntnisse, die sich bei den in die Wege geleiteten Versuchen über wirkungsvolle Schutzmaßnahmen ergeben, unverzüglich beim Bundesfernstraßenbau in der Praxis zu verwenden?
Herr Kollege, der Bundesminister für Verkehr ist selbstverständlich bereit, gewonnene Erkenntnisse beim Bundesfernstraßenbau anzuwenden. Hierbei müssen aber die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein, und die Maßnahmen müssen auch wirtschaftlich vertreten werden können.
Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Pieroth auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß BundesbahnassistentenAnwärter mit gleichem Dienstalter bei der Bundesbahndirektion Mainz eher zu Bundesbahnassistenten ernannt werden können, als dieses z. B. bei der Bundesbahndirektion Saarbrücken der Fall ist, und ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen der Organisationsänderungen hinsichtlich der Neuordnung der Bundesbahndirektion dafür zu sorgen, daß entsprechende Bestimmungen erlassen werden, die eine Angleichung der Laufbahnverhältnisse in den einzelnen Laufbahnen ermöglichen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, die Deutsche Bundesbahn bewirtschaftet die Planstellen für zahlenmäßig starke Laufbahnen dezentral durch die Bundesbahndirektionen. Die durch den Altersaufbau, die Fluktuation und die wechselnde Zahl der Dienstposten zwischen den Direktionsbereichen mögliche unterschiedliche Entwicklung der Ernennungsverhältnisse in den einzelnen Laufbahnen wird durch zentrale Steuerungsmaßnahmen der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn mehrmals im Jahr weitgehend ausgeglichen. Hierdurch wurden die von Ihnen erwähnten Unterschiede in der Laufbahn der Bundesbahnassistenten bei den Bundesbahndirektionen Mainz und Saarbrücken inzwischen bereits beseitigt.
Im Zusammenhang mit der eingeleiteten Organisationsreform hat die Deutsche Bundesbahn im Einvernehmen mit der Personalvertretung besondere Richtlinien erlassen, die unter anderem die Harmonisierung der Laufbahnverhältnisse gewährleisten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pieroth.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, wann diese Laufbahnunterschiede zwischen den Bundesbahndirektionen Saarbrücken und Mainz beseitigt worden sind?
Nach unseren Informationen innerhalb der letzten Monate. Ich bin aber gern bereit, Ihnen weitergehende genaue Auskünfte schriftlich nachzureichen.
Keine weitere Zusatzfrage.
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6082 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenDann rufe ich die Frage 83 des Herrn Abgeordneten Pieroth auf:Ist die Bundesregierung bereit, Untersuchungen darüber einzuleiten, welche automatischen Sicherungen bei Verkehrsampeln eingebaut werden kennen, um zu verhindern, daß Ampeln infolge technischen Versagens z. B. an einer Kreuzung zur gleichen Zeit Grün zeigen oder daß eine Ampel vollständig ausfällt, während die anderen Signalanlagen arbeiten, und dadurch erhebliche Gefahren für die Verkehrsteilnehmer entstehen, oder ist die Bundesregierung der Auffassung, daß automatische Sicherungen nur bei Bahnübergängen erforderlich sind?
Herr Kollege, bei Beachtung der bestehenden Richtlinien für den Entwurf, Bau und Betrieb von Lichtsignalanlagen im Straßenverkehr sind derartige Gefahren, wie sie in der Fragestellung zum Ausdruck kommen, ausgeschlossen. Nach unserer Kenntnis betrachten es die ausführenden Firmen als eine ihrer vornehmsten Aufgaben, derartige Unzulänglichkeiten auszuschließen. Besondere Untersuchungen sind deshalb nicht erforderlich.
Sofern ein Fall technischen Versagens vorkommt, kann es sich nur um Anlagen eines älteren Typs handeln, die noch nicht den Bedingungen der Richtlinien entsprechen.
Wenn sich die Zuständigkeit der Bundesregierung für die Sicherung von Lichtsignalanlagen auch nur auf solche Anlagen erstrecken kann, die an Straßen in der Baulast des Bundes stehen, so ist die Bundesregierung dennoch bereit, bei den zuständigen Gremien auf diese Besonderheiten, die in Ihrer Frage angesprochen wurden, hinzuweisen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pieroth.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, die Untersuchung eventuell dann ins Auge zu fassen, wenn ich Ihnen Material über einen Unfall mit tödlicher Folge für einen jungen Schüler zuleiten würde, und zwar über einen Unfall, der dadurch entstanden ist, daß eine Ampel zur gleichen Zeit doppelseitig auf Grün stand?
Ich bin gern bereit, den Dingen nachzugehen. Ich bitte aber um Verständnis dafür, daß ich dann, wenn es sich um keine Bundesstraße handelt, den zuständigen Landesminister einschalten muß. Ich halte auch eine Erörterung dieses Problems im Rahmen der Ausschüsse der Länderverkehrsministerkonferenz für angebracht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Wir kommen dann zur Frage 84 des Herrn Abgeordneten Walkhoff. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zu den Fragen 85 und 86 des Herrn Abgeordneten Hein.-Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Antworten auf beide Fragen werden als Anlage abgedruckt.
Dann rufe ich die Frage 87 des Herrn Abgeordneten Schmidt auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die auf CFt-Dienstposten tätigen CF Fu-Beamten sozial den Ingenieuren gleichzustellen, nachdem von beiden die gleiche Arbeit verrichtet wird, oder wäre sie bereit, den CF Fu-Beamten die Möglichkeit einzuräumen, auf einer Ingenieurakademie der Deutschen Bundespost die Ausbildung zum Ingenieur zu ermöglichen?
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, eine besoldungsmäßige Gleichstellung der auf Dienstposten des gehobenen fernmeldetechnischen Dienstes tätigen gehobenen Beamten der Fachrichtung Funk mit den Ingenieuren des gehobenen fernmeldetechnischen Dienstes ist aus laufbahnrechtlichen Gründen nicht möglich. Die Beamten der Fachrichtung Funk sind keine Ingenieure im Sinne der Bundeslaufbahnverordnung. Nur diese können aber eine ruhegehaltfähige Technikerzulage erhalten.
Die Beamten der Fachrichtung Funk erfüllen in der Regel auch nicht die landesrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung zum Studium an einer Ingenieurakademie oder Fachhochschule.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 88 des Herrn Abgeordneten Dr. Hermesdorf auf:
Vermag die Bundesregierung die Gründe für die ab 1970 geltende Änderung postalischer Ortsnarren bei kommunalen Neugliederungen anzugeben, nach der ausschließlich der Name der neugebildeten Gemeinde Verwendung findet und die Namen der Ortschaften, die in der neuen Gemeinde aufgegangen sind, nicht einmal als Bindestrich-Zusatz erscheinen, auch wenn es sich urn historisch gewachsene und allgemein bekannte Bezeichnungen handelt?
Herr Staatssekretär!
Herr Präsident, ich bitte um Ihre Zustimmung, die beiden Fragen des Kollegen Dr. Hermesdorf gemeinsam beantworten zu dürfen, wenn der Herr Kollege einverstanden ist.
Ich nehme an, der Herr Fragesteller ist damit einverstanden. Dann rufe ich noch die Frage 89 auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die ab 1970 geltende Änderung postalischer Ortsnamen bei kommunalen Neugliederungen die wirtschaftlichen Interessen bekannter Fremdenverkehrsorte und vieler kleinerer und mittlerer Industriebetriebe empfindlich schädigt?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, die Deutsche Bundespost verwendet ausschließlich die von der zuständigen Landesregierung bestimmten Gemeindenamen, weil die postbetriebliche Grundeinheit für die Leitung der Sendungen das Gemeindegebiet ist.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971 6083
Parlamentarischer Staatssekretär BörnerDie Namen von Ortschaften, die in eine neugebildete Gemeinde eingegliedert worden sind, haben keinerlei postbetriebliche Funktion.Hinzu kommt, daß Doppelnamen, da sie zum großen Teil 16 Schreibstellen überschreiten, unvorteilhaft und kostenaufwendig für die moderne Datenverarbeitung sind. Schließlich erfordert auch die von der Deutschen Bundespost geplante Verwendung von automatischen Lesegeräten klare und kurze Anschriften.Im übrigen wird der postalische Name nur zur Anpassung an einen neuen kommunalpolitischen Namen geändert. Von einem solchen postalischen Nachvollzug raumordnerischer Maßnahmen sind keine empfindlichen Schädigungen von Fremdenverkehrsorten und Industriebetrieben zu erwarten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hermesdorf.
Herr Staatssekretär, warum läßt die Deutsche Bundespost es nicht zu, daß die alten Ortsnamen als Zusatz unter dem neuen Gemeindenamen oder an einer anderen Stelle der Anschrift erscheinen, da eine solche Regelung wegen der einheitlichen Postleitzahlen und des vorangehenden neuen Gemeindenamens doch keine verwaltungsmäßige oder technische Schwierigkeiten mit sich bringen kann?
Herr Kollege, ich habe ja eben angedeutet, daß es hier nicht um das Problem der normalen Briefzustellung geht, sondern darum, daß dann — die Post automatisiert ja immer mehr —in der Datenverarbeitung der Name für die Codezahl zu lang wird.
-- Das nützt ja nichts. In der Datenverarbeitung müssen Sie ja den vollen Namen übertragen können; damit wird auch der Leitweg programmiert. Das ist technisch also etwas schwierig. Ich bin gern bereit, Ihnen diese Bedenken der Fachleute der Post in einem Schreiben noch einmal näher zu erläutern.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß diese der Mentalität eines Monopolbetriebes entspringende Neuregelung die Bevölkerung sehr verärgert und besonders in den ländlichen Gebieten beträchtliche Schwierigkeiten verursacht, da viele neugeschaffene Gemeinden eine große Flächenausdehnung besitzen — in einigen Fällen über 150 qkm — und oft aus vielen Kleingemeinden mit eigenem Ortsnamen gebildet worden sind?
Herr Kollege, das Problem ist sicher da besonders kompliziert, wo die betroffene Bevölkerung von den postalischen Konsequenzen einer solchen Neuordnung nachträglich erfährt. Ich habe deshalb daraus die Konsequenz gezogen, die entsprechenden Herren der Post anzuweisen, bei kommunalen Neugliederungen vorher auch auf die postalischen Konsequenzen hinzuweisen. Dann werden solche Diskussionen praktisch überflüssig. Ich meine, das müßte im Interesse des Kundendienstes der Post die richtige Weise sein, wie man die Dinge regeln kann.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen! Ich darf meiner Freude Ausdruck geben, daß auf Grund der Prägnanz der Fragestellungen und der Antworten aus Ihrem Geschäftsbereich 27 Fragen beantwortet werden konnten.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für Städtebau und Wohnungswesen auf. Die erste Frage, Frage 90, hat Herr Abgeordneter Dr. Schneider gestellt:
Wie viele Grundeigentümer waren an den Verkaufsgewinnen in Höhe von 50 Milliarden DM beteiligt, von denen Bundesminister Lauritzen in diesen Tagen gesprochen hat?
Herr Staatssekretär Ravens steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, Herr Minister Lauritzen bezog sich in seinen Ausführungen über die in den Jahren 1960 bis 1969 aufgetretenen Wertsteigerungen durch eine Umwidmung von Ackerland in Bauland auf die Veröffentlichung einer Untersuchung in der Zeitschrift „Der Städtetag" vom November 1970. Diese Untersuchung ist von Martin Thiemann angestellt worden und trägt den Titel „Die Baulandpreise und ihre Entwicklung". Darin sind die Ergebnisse der Arbeit des Untersuchungsausschusses „Kommunales Vermessungs- und Liegenschaftswesen" des Deutschen Städtetages verarbeitet.Dieser Ausschuß hat auf Grund seiner laufenden Bodenmarktbeobachtungen ermittelt, welche Wertänderungen Grundstücke bei der Umwidmung von Ackerland in Bauland im Durchschnitt erfahren. Die in den Jahren 1960 bis 1969 in der offiziellen Statistik ausgewiesenen Umwidmungen mußten dann nur noch mit diesem Durchschnittswert multipliziert werden und ergeben den zitierten Wertzuwachs von etwa 50 Milliarden DM. Eine im übrigen sehr vorsichtige Repräsentativerhebung der vorgeschriebenen Art kann naturgemäß keine Auskunft darüber geben, bei wem im einzelnen der Wertzuwachs angefallen ist. Auch die amtliche Statistik des Statistischen Bundesamtes erlaubt solche Zurechnung nicht, da sie als reine Umsatzstatistik nur die Kauffälle der jeweiligen Periode erfaßt. Die errechneten Wertzuwächse schließen im übrigen die realisierten wie auch die nicht realisierten Gewinne ein.
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6084 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider.
Wenn ich Sie recht verstanden habe, Herr Staatssekretär, machen Sie sich diese Berechnungsart zu eigen, und die Bundesregierung sieht sich nicht imstande, die Zahl der Fälle bekanntzugeben.
Wir haben diese Untersuchung sehr sorgfältig geprüft und sind zu der Überzeugung gekommen, daß sie den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 91 des Abgeordneten Dr. Schneider auf:
Für welche Zwecke wurden die veräußerten Grundstücke verwendet und wie hoch waren die Verkaufsgewinne bei der öffentlichen Hand, insbesondere bei Bund, Ländern und Gemeinden?
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, Sie gehen bei Ihrer Frage — wohl fälschlicherweise — davon aus, daß es sich bei den erwähnten Flächen um Gewinne aus jährlichen Veräußerungen handelt. Ein Umwidmungsgewinn entsteht jedoch auch dann, wenn das betreffende Grundstück nicht verkauft, sondern vom Eigentümer selbst entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans genutzt wird. Deshalb bezieht sich die Aussage meines Ministers wie auch die Untersuchung auf alle in den letzten zehn Jahren in die Bebauung einbezogenen Grundstücksflächen.
Wie Sie der Beantwortung Ihrer ersten Frage entnehmen können, können die Gewinne, die bei Kommunen angefallen sind, ebenfalls nicht ermittelt werden, weil wir keine Käuferstatistik, sondern eine Umsatzstatistik führen, und zwar im Statistischen Bundesamt. Die Situation kann man jedoch durch folgende zwei Informationen ein wenig verdeutlichen: Rund zwei Drittel aller Umsätze an baureifem Land vollziehen sich zwischen privaten Eigentümern, 8 % zwischen privaten Eigentümern und Bundesbaugesellschaften. Der Rest entfällt auf die öffentliche Hand. Dabei sind die Umsätze von Bund und Ländern relativ unbedeutend.
Zweitens. Nach der amtlichen Statistik für die Preise für baureifes Land im Jahre 1968, das als ein typisches Jahr gelten kann, lagen die Verkaufspreise der privaten Eigentümer um rund 50 % über den Verkaufspreisen der Kommunen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider.
Kann die Bundesreigerung Auskunft darüber geben, wie Bundesländer, beispielsweise Staatsforstverwaltungen, Grund und Boden verkauft haben?
Die Bundesregierung gibt dem Bundestag jährlich einen Bericht über die Veräußerung bundeseigenen Grundbesitzes mit dem dafür erzielten Wert. Diese Berichte liegen dem Parlament jährlich in Form von Drucksachen vor, und wir werden auch in diesem Jahr wieder einen solchen Bericht veröffentlichen.
Bitte schön!
Wenn ich Sie also recht verstanden habe, kann nicht gesagt werden, wie hoch der tatsächlich erzielte Verkaufsgewinn gewesen ist. Dieser Betrag von 50 Milliarden DM bezieht sich auf den Wertzuwachs, der auf Grund der Wertsteigerungen auf dem Grundstückssektor insgesamt eingetreten ist.
Nein, Herr Kollege, die Wertsteigerung bezieht sich nicht auf den Wert von Grund und Boden allgemein, sondern diese 50 Milliarden DM Wertzuwachs in den letzten 10 Jahren beziehen sich auf Umwidmungsgewinne aus der Umwidmung von einer ursprünglichen Nutzung als Ackerland zu einer anderen Nutzung, nämlich als Bauland. Diese Zahl ist in dieser Untersuchung dadurch errechnet worden, daß man die jeweiligen neuen Preise, die in der Preiskartei bei den Kommunen und Landkreisen festgehalten sind, den insgesamt umgewidmeten Flächen gegenübergestellt hat. Dies ist, um es noch einmal deutlich zu sagen, nicht der erzielte Erlös in Geld. Ein solcher Wertzuwachs ergibt sich vielmehr auch in den Fällen, in denen ein Eigentümer eine von Ackerland zu Bauland werdende Fläche nicht veräußert, sondern behält und sie selber entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplanes bebaut. Diese wenigen Fälle sind hier mit einbezogen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling.
Herr Staatssekretär, sind damit dann auch jene Wertzuwächse einkalkuliert, die der Freistaat Bayern Herrn von Finck durch Rückgabe von Grundstücken ermöglicht hat?
Herr Kollege Dr. Sperling, eingerechnet sind in dieser Untersuchung — —
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971 6085
Entschuldigen Sie, Herr Staatssekretär, die Frage steht nicht in dem Sachzusammenhang, den die Richtlinien für die Fragestunde erfordern. Es bleibt Ihnen natürlich unbenommen, Herr Kollege, Fragen zu dem angesprochenen Sachverhalt einzubringen.
Ich rufe die Frage 92 des Herrn Abgeordneten Baier auf:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach der Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen das sogenannte „Intensivprogramm" halbiert hat?
Herr Kollege Baier, die Pressemeldungen treffen nur insoweit zu, als der Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen nach langwierigen Verhandlungen mit den Länderministern und -senatoren sich für das Anlaufjahr 1971 mit einer Reduzierung der Ergebniszahlen des sogenannten Intensivprogramms einverstanden erklären mußte. Die vom Bund zunächst erhobene Forderung, im Intensivprogramm 50 000 Wohnungen zusätzlich zu fördern, ließ sich nicht durchsetzen. Die Länder sahen sich nicht in der Lage, die Komplementärmittel in der erforderlichen Höhe aufzubringen, da nach ihren Darstellungen hierfür die eigenen Haushaltsverhandlungen zu weit fortgeschritten oder durch Beschlüsse ihrer Landtage bereits fixiert waren. Aus diesem Grunde konnte für das Jahr 1971 die Zielvorstellung für diesen Teil des langfristigen Wohnungsbauprogramms nicht eingehalten werden. Gleichwohl erscheint mir das Ergebnis, das mit den Ländern in Verhandlungen bis zur Ministerpräsidentenebene nunmehr erreicht wurde, beachtlich, zumal wenn man in Betracht zieht, daß die Wohnungsbaumaßnahmen des Intensivprogramms zugunsten alter Menschen, kinderreicher Familien, schwerbehinderter Personen und junger Ehepapare vorgesehen sind. Dieser Personenkreis muß, um ihm eine stetigere Miete zu gewährleisten, mit höheren und langfristig wirksamen öffentlichen Subventionen gefördert werden. Aus diesem Grunde ist ein angemessener Anteil der zusätzlichen Bundesmittel als Kapitalsubvention einzustellen.
Die schriftliche Zusage der Länder, die uns jetzt vorliegt, bestätigt, daß 1971 im Intensivprogramm über den Einsatz von 250 Millionen DM Bundesmitteln zusätzlich mindestens 25 000 Wohnungen für den vorgenannten Personenkreis gefördert werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Baier.
Herr Staatssekretär, halten Sie angesichts dieser Sachlage die Äußerung Ihres Ministers für vertretbar und verantwortbar — ich beziehe mich hier auf die Informationen zum langfristigen Wohnungsbauprogramm vom Juli 1970, die Sie uns zugeschickt haben, und auf ein Zeitungsinserat aus dem Jahre 1970, in dem Sie schreiben: „Schon im nächsten Jahr 100 000 Wohnungen mehr" —, weil Sie doch damit Versprechungen gemacht und Hoffnungen geweckt haben, die Sie nun doch nicht erfüllen können?
Herr Kollege Baier, die Bundesregierung ist in ihre Verhandlungen hineingegangen mit der festen Vorstellung, mit den Ländern gemeinsam ein zusätzliches Programm für Kinderreiche, junge Familien, alte Alleinstehende in Höhe von 50 000 Wohnungen jährlich zu erreichen. Sie hat für 1971 aus den von mir genannten Gründen, die nicht beim Bund, sondern im wesentlichen auch in der vorgeschrittenen Haushaltssituation der Länder lagen, für dieses Jahr eine um 25 000 höhere Zahl von Wohnungen als im Jahre 1970 nicht erreichen können. Das mindert aber nichts daran, daß es sich hier um eine zusätzliche Anstrengung der Bundesregierung handelt, den Wohnraum zu schaffen.
Sie haben noch die Möglichkeit einer weiteren Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie bestätigen mir aber, daß die von Ihnen seit einem halben Jahr immer wieder genannte Zahl von 50 000 Wohnungen im Intensivprogramm nunmehr um die Hälfte gekürzt werden muß?
Nein, Herr Kollege Baier, ich habe nur gesagt: für 1971 als Anlaufjahr. Wir bleiben in den Verhandlungen mit den Ländern, um zu einer Steigerung dieses Satzes zu kommen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt .
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der bayerische Innenminister Merk erhebliche Kritik an der Bundesregierung geübt und so getan hat, als ob der Rückgang des Wohnungsbaus in Bayern daran liege, daß der Bund nicht genügend Mittel zur Verfügung stellt, und trifft es zu, daß Bayern, wenn es größere eigene Anstrengungen machen würde, durchaus mehr Wohnungen mit Unterstützung des Bundes bauen könnte?
Herr Kollege Schmidt, mir sind diese Äußerungen bekannt, zumal die bayerische Staatsregierung aus ihren Akten u. a. einen Brief des Herrn bayerischen Staatsministers des Innern an den Herrn bayerischen Ministerpräsidenten veröffentlicht hat, der sich mit diesem Thema beschäftigt. Mir ist aber auch bekannt, daß der Herr bayerische Staatsminister des Innern in einem Fernschreiben dem Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen bestätigt hat, daß er sich in vollem Umfang mit dem für Bayern nach der Einwohnerzahl nach unserem Schlüssel vorgesehenen Anteil am Sozialprogramm beteiligen und die dafür notwendigen Haushaltsmittel in seinem Haushalt ebenfalls bereitstellen wird.
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6086 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1971
Ich rufe die Frage 93 des Herrn Abgeordneten Baier auf:
Wie viele Wohnungen sollen im Rahmen des langfristigen Wohnungsbauprogramms nunmehr 1971 erstellt werden?
Herr Kollege, das langfristige Wohnungsbauprogramm sieht ein Bündel von Maßnahmen vor, die ich noch einmal kurz in Erinnerung rufen darf.
Als erstes nenne ich das Sozialprogramm, d. h. die Förderung nach § 19 a des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Hier sind wir von 99 Millionen DM Darlehen auf 180 Millionen DM Darlehen im Haushalt gegangen, und zwar neben den Mitteln, die vorher als Aufwendungsbeihilfen gegeben wurden, heute aber nicht mehr gewährt werden. Zahlenmäßig wirkt sich diese Verstärkung der Mittel in den Ergebniszahlen der Länderförderung im sozialen Wohnungsbau aus.
Das Intensivprogramm sieht nochmals erstmalig 250 Millionen DM vor. Darüber haben wir eben schon gesprochen.
Mit einer ganz neuartigen Förderungsmethode startet die Bundesregierung zunächst für fünf Jahre ein Regionalprogramm, das für Personenkreise bestimmt ist, deren Einkommen bis 40 % über der Einkommensgrenze des § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes liegen kann. Innerhalb dieses Programms stellt der Bund jeweils für ein Jahresprogramm rund 1,7 Milliarden DM innerhalb von etwa 14 Jahren bereit. Hiermit werden in einem Jahresprogramm 50 000 Wohnungen vom Bund allein gefördert.
Die Mittel für die Instandsetzung und die Modernisierung wurden erhöht. Für die einkommensschwachen Hauseigentümer wurde der Ansatz verdoppelt. Außerdem fördert der Bund diese Maßnahme wiederum mit Zinszuschüssen. Innerhalb des Instandsetzungs- und Modernisierungsprogramms sollen ebenfalls jährlich 50 000 Wohnungen verbessert werden.
Die Bundesregierung erwartet auf dieser Grundlage und auf Grund der jetzt von den Ländern bekanntgewordenen Programmzahlen, daß mit dieser gemeinsamen Anstrengung mit den Ländern, für die ich dankbar bin, im Jahre 1971 zwischen 200- und 250 000 Wohnungen mit öffentlichen Mitteln gefördert werden können.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Baier.
Herr Staatssekretär, wann wird das langfristige Wohnungsbauprogramm, dessen Vorlage vom Minister anläßlich der Plenardebatte am 10. Februar angekündigt wurde, dem Hohen Hause zugeleitet?
Herr Kollege Baier, das langfristige Wohnungsbauprogramm ist Bestandteil des Haushaltsgesetzes, das durch den Deutschen Bundestag verabschiedet wurde. Dort sind alle Voraussetzungen geschaffen. Sie wissen als Mitglied des Haushaltsausschusses, daß dort eine Reihe von Einsatzrichtlinien beschlossen wurden. Die Bundesregierung wird, unmittelbar nachdem jetzt die letzten Besprechungen mit den Ländern stattgefunden haben, dem Deutschen Bundestag Mitteilung machen, daß dieses Programm nun auf der Grundlage der mit dem Haushaltsgesetz beschlossenen Maßnahmen durchgeführt wird. Sie bereitet eine Novellierung des Zweiten Bundesbaugesetzes vor. Diese Aufgaben sind in unserem Hause beschleunigt in Arbeit genommen worden.
Herr Kollege Schmidt zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß das langfristige Wohnungsbauprogramm der Bundesregierung insbesondere deswegen so ausgeweitet werden mußte, weil frühere Bundesregierungen durch ständige Reduzierung der Mittel für öffentlich geförderte Wohnungen seit 1963 hier sehr wenig getan haben und wir dadurch in ein gewisses Defizit geraten sind?
Einen Augenblick, bitte! Die Frage lautet: „Wie viele Wohnungen sollen im Rahmen des langfristigen Wohnungsbauprogramms nunmehr 1971 erstellt werden?" Ich bitte um Verständnis, daß ich mich an die Richtlinien der Fragestunde halte.
Ich danke dem Herrn Staatssekretär,
Wir stehen am Ende der Fragestunde. Ich mache vor allem die Herren Fraktionsgeschäftsführer darauf aufmerksam, daß wir morgen früh möglicherweise bereits um 9.10 bis 9.20 Uhr am Ende der Fragestunde stehen, so daß dann die weitere Tagesordnung aufgerufen werden kann.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der Sitzung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 5. März, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.