Protokoll:
5102

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 5

  • date_rangeSitzungsnummer: 102

  • date_rangeDatum: 13. April 1967

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:31 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:43 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 102. Sitzung Bonn, den 13. April 1967 Inhalt: Amtliche Mitteilung . . . . . . . . . 4741 A Fragestunde (Drucksachen V/1618, V/1620) Fragen des Abg. Meister: Wirtschaftliche Situation der deutschen Obst- und Gemüsekonservenindustrie 4741 D Fragen des Abg. Baron von Wrangel: Bundeshilfe für die durch schwere Orkane geschädigte Forstwirtschaft Höcherl, Bundesminister . . . . . 4741 D Fragen des Abg. Dr. Stecker: Einfuhr minderwertiger Futtermittel aus den USA . . . . . . . . . 4742 A Frage des Abg. Schultz (Gau-Bischofsheim) : Postzensur disziplinarrechtlich bestrafter Arrestanten der Bundeswehr Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 4742 B Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) 4742 C Berkhan (SPD) 4742 D Ollesch (FDP) 4743 B Frage des Abg. Schultz (Gau-Bischofsheim) : Verneinende „Kritiksucht" auch im militärischen Bereich Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 4743 D Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 4744 A Dr. Kübler (SPD) 4744 B Fragen des Abg. Fellermaier: Auswirkungen des Überschallfluges auf Baudenkmäler und Kirchen Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 4744 C Fellermaier (SPD) . . . . . . . 4744 C Hörmann (Freiburg) (SPD) 4745 C, 4746 A Dr. Rau (SPD) . . . . . . . . . 4745 D Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) . 4745 D Frage der Abg. Frau Funcke: Aufgaben des Bundespresseamtes von Hase, Staatssekretär . . . . 4746 B Frau Funcke (FDP) . . . . . . . 4746 C Moersch (FDP) . . . . . . . . 4746 D Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Entwicklungshilfeprojekt Kenya Potato Company Ltd. — Unverschuldete Verluste privatinitiativer Entwicklungshilfe Dr. Hein, Staatssekretär . . . . . 4747 B Frage des Abg. Dr. Rutschke: Verschmutzung des Rheins Frau Strobel, Bundesminister . . . 4747 D Schoettle, Vizepräsident . . . . . 4748 A Opitz (FDP) . . . . . . . . 4748 A Ramms (FDP) 4748 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. April 1967 Frage des Abg. Spitzmüller: Maßnahmen zur Verhinderung von Pockenalarmen Frau Strobel, Bundesminister . . . 4748 B Spitzmüller (FDP) . . . . . . . 4748 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 4749 A Dr. Rinderspacher (SPD) 4749 B Frage des Abg. Rollmann: Einfuhr amerikanischer Pharmazeutika nach Europa vor ihrem Einsatz auf dem amerikanischen Markt Frau Strobel, Bundesminister . . 4749 C Kiep (CDU/CSU) 4749 D Frage des Abg. Dr. Bechert .(Gau-Algesheim): Gefährdungshaftung für Ölleitungen im Gebiet der Bundesrepublik Frau Strobel, Bundesminister . . . 4749 D Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) 4750 A Spitzmüller (FDP) 4750 B Moersch (FDP) 4750 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Folgerungen aus dem Auslaufen von Heizöl in den Main bei Flörsheim für die Sicherheitsbestimmungen Frau Strobel, Bundesminister . . . 4750 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 4750 D Frage des Abg. Schultz (Gau-Bischofsheim) : Derzeitige Aufgaben der Beamten und Angestellten des ehemaligen BM für die Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates Benda, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . . . 4751 A Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 4751 B Fragen des Abg. Liehr: Fernunterrichtswesen 4751 C Frage des Abg. Ertl: Konsequenzen aus dem Gutachten von Prof. Obermayer betr. Konfessionsschulen Benda, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 4751 D Ertl (FDP) . . . . . . . . . 4752 B Moersch (FDP) 4752 D Fragen des Abg. Hellenbrock: Visaerteilung an einreisende Kaufleute aus Ostblockländern . . . . . . . 4752 D Fragen des Abg. Seidel: Ausländerlager Zirndorf Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 4753 A Seidel (SPD) 4753 C Schoettle, Vizepräsident 4754 A Frage des Abg. Jung: Soziales Mietrecht Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister 4754 B Jung (FDP). . . . . . . . . 4754 B Fragen des Abg. Stiller: Behauptungen des Schriftstellers Dr. Enzensberger Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister 4754 C Stiller (CDU/CSU) 4754 D Ott (CDU/CSU) 4755 A Frage des Abg. Dröscher: Zahl der heute noch lebenden Versicherungsnehmer der Geburtsjahrgänge 1880 bis 1893 mit Altersversorgung auf Kapitalversicherungen von über 10 000 RM bei deutschen Lebensversicherungen . . . . . . . . . 4755 A Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) (CDU/CSU, FDP) (Drucksache V/48) ; Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/1582), Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksachen V/1581, zu V/1581) — Fortsetzung der zweiten Beratung — Schoettle, Vizepräsident . . . . . 4755 B Frau Funcke (FDP) . . . 4755 C, 4756 C Dr. Stecker (CDU/CSU) . . . . . 4755 D Spitzmüller (FDP) 4756 A Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 4756 B Seuffert (SPD) 4756 D Dr. Müthling (SPD) . . . . . . . 4757 C Orgaß (CDU/CSU) . . . . . . . 4758 A Dr. h. c. Strauß, Bundesminister . . 4762 A Windelen (CDU/CSU) . . . . . . 4766 B Frau Kurlbaum-Beyer (SPD) . . . 4767 D Mick (CDU/CSU) . . . . . . . 4768 D Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. April 1967 III Krammig (CDU/CSU) . . . . . . 4769 C D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 4770 B Schlee (CDU/CSU) . . . . . . . 4770 D Dr. Eckhardt (CDU/CSU) . . . . . 4771 C Jacobi (Köln) (SPD) . . . . . . 4772 D Schulhoff (CDU/CSU) . . . . . . 4773 C Moersch (FDP) . . . . . . . . 4774 A Dr. Schmid-Burgk (CDU/CSU) . . . 4774 D Dr. Staratzke (FDP) . . . . . . 4775 A Dr. h. c. Menne (Frankfurt) (FDP) 4776 A Nächste Sitzung 4782 C Anlagen 4783 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. April 1967 4741 102. Sitzung Bonn, den 13. April 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 14.31 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Adenauer 14. 4. Dr. Aigner * 14. 4. Dr. Artzinger * 14. 4. Becker (Pirmasens) 13.4. Behrendt * 13. 4. Dr. Birrenbach 14. 4. Blachstein 14. 4. Frau Brauksiepe 14. 4. Dr. Burgbacher 14. 4. Corterier ** 15. 4. Deringer * 14. 4. Dichgans * 14. 4. Dr. Dittrich * 14. 4. Dröscher * 13. 4. Eisenmann 21. 4. Dr. Friderichs 21. 4. Dr. Furler * 14. 4. Graaff 14. 4. Hahn (Bielefeld) * 14. 4. Hauck 14. 4. Höhne 24. 4. Illerhaus * 14. 4. Jaschke 18. 4. Junghans 13. 4. Klinker * 14. 4. Frau Dr. Krips 14. 4. Lange 13. 4. Lemmer 30. 4. Lenz (Brühl) 21. 4. Lenz (Trossingen) 23. 5. Frau Lösche 14. 4. Lücker (München) * 13. 4. Frau Dr. Maxsein 14. 4. Memmel * 14. 4. Mengelkamp 15. 5. Michels 14. 4. Müller (Aachen-Land) * 14. 4. Müller (Remscheid) 21. 4. Peters (Norden) 30. 6. Peters (Poppenbüll) 21. 4. Frau Pitz-Savelsberg 2. 6. Richarts * 14. 4. Riedel (Frankfurt) * 14. 4. Rösing 30.4. Dr. Rutschke ** 15. 4. Scheel 28.4. Schonhofen 15. 5. Dr. Serres ** 14. 4. Springorum * 14. 4. Dr. Steinmetz 14. 4. Strohmayr 14. 4. Für die Tèilnahme an Ausschuß- bzw. Fraktionssitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Struve 31.5. Unertl 21.4. Dr. Wahl 14. 4. Dr. Wilhelmi 14. 4. Wurbs 15. 4. Wuwer 21.4. Zoglmann 13.4. Anlage 2 Umdruck 147 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) - Drucksachen V/48, V/1581 - Der Bundestag wolle beschließen: Dem § 12 Abs. 2 wird folgende Nummer 12 angefügt: „12. die Leistungen aus dem Betrieb von Krankenanstalten und Altersheimen, soweit sie nicht gemäß § 4 Nr. 16 steuerfrei sind." Bonn, den 11. April 1967 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 3 Umdruck 165 Änderungsantrag der Abgeordneten Orgaß, Jacobi (Köln), Weimer, Frau Berger-Heise und Genossen zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) - . Drucksachen V/48, V/1581 -. Der Bundestag wolle beschließen: § 12 erhält folgenden neuen Absatz 3: „ (3) Die Steuer ermäßigt sich auf 7 vom Hundert für Lieferungen und Leistungen für den Bau, die Instandhaltung, die Instandsetzung und die Modernisierung von Wohnungen und Eigenheimen." Bonn, den 12. April 1967 Orgaß Frau Berger-Heise Jacobi (Köln) und Genossen Weimer Anlage 4 Umdruck 177 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur zweiten Beratung des von ,den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) - Drucksachen V/48, V/1581 -. 4784 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. April 1967 Der Bundestag wolle beschließen: § 14 Abs. 3 wird wie folgt geändert: „(3) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet diesen Betrag, auch wenn er nicht Unternehmer ist." Bonn, den 12. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 5 Umdruck 148 Änderungsantrag des Abgeordneten Schlee und Genossen zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 15 Abs. 8 wird hinter Nummer i folgende Nummer 1 a eingefügt: „1 a. unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer ,als der Abnehmer der Lieferung oder Empfänger der sonstigen Leistung ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 2), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann und ". Bonn, den 12. April 1967 Schlee Ott Freiherr von und zu Dr. Pohle Guttenberg Frau Dr. Probst Dr. Althammer Rainer Bauer (Wasserburg) Schlager Ehnes Schmidhuber Gierenstein Wagner Leukert Ziegler Niederalt Anlage 6 Umdruck 179 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) —Drucksachen V/48 und V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 15 Abs. 8 wird hinter der Nr. 1 folgende Nr. 2 eingefügt: „2. unter 'welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Abnehmer der Lieferung oder Empfänger der sonstigen Leistung ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 2), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann." Die bisherige Nummer 2 wird Nummer 3. Bonn, den 12. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 7 Umdruck 188 Eventualantrag der Abgeordneten Jacobi (Köln), Frau Berger-Heise und Genossen zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —; für den Fall der Ablehnung des Änderungsantrags der Abgeordneten Orgaß, Jacobi (Köln), Weimer, Frau Berger-Heise und Genossen auf Umdruck 165. Der Bundestag wolle beschließen: Hinter § 20 wird als § 20 a eingefügt: „Steuervergütung § 20 a (1) Bei Lieferungen und Leistungen für den Bau, die Instandhaltung, die Instandsetzung und die Modernisierung von Wohnungen und Eigenheimen werden dem Bauherrn auf Antrag 30 vom Hundert des nach § 14 Abs. 1 Ziff. 6 gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages vergütet. (2) Der Bundesminister der Finanzen kann durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zur Durchführung des Vergütungsverfahrens treffen." Jacobi (Köln), Frau Berger-Heise und Genossen Anlage 8 Umdruck 180 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: § 21 Abs. 3 wird um folgenden Satz ergänzt: „Die Sätze 1-3 gelten nur, wenn derjenige, der den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat, hinsichtlich des eingeführten Gegenstandes nicht oder nicht in vollem Umfang nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 zum Vorsteueralbzug berechtigt ist." Bonn, den 12. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. April 1967 4785 Anlage 9 Umdruck 181 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) —Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: § 26 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung zur Wahrung der Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung zur Beseitigung von Unbilligkeiten und Härtefällen oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens den Umfang der in diesem Gesetz enthaltenen Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen, des Vorsteuerabzugs und der zeitlichen Bindungen nach §§ 19 Abs. 4, 23 Abs. 4 und 24 Abs. 4 näher bestimmen." Bonn, den 12. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 10 Umdruck 159 Änderungsantrag der Abgeordneten Schulhoff, Regling, Opitz und Genossen zur zweiten Beratung des von 'den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: § 26 Abs. 1 erhält folgende Fassung: (1) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung zur Wahrung der Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung, zur Beseitigung von Unbilligkeiten in Härtefällen oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens den Umfang der in diesem Gesetz enthaltenen Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen, des Vorsteuerabzugs und der zeitlichen Bindungen nach §§ 19 Abs. 4, 23 Abs. 4 und 24 Abs. 4 näher bestimmen." Bonn, den 12. April 1967 Schulhoff, Regling, Opitz und Genossen Anlage 11 Umdruck 152 Änderungsantrag des Abgeordneten Moersch zur zweiten Beratung des von ,den Fraktionen der CDU/ CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 27 wird hinter ,dem Absatz 2 folgender Absatz 2 a eingefügt: „ (2 a) Auf Antrag ist anstelle von § 4 Ziff. 14 des Umsatzsteuergesetzes 1951 in der jeweils geltenden Fassung § 4 Nr. 21 dieses Gesetzes anzuwenden, soweit die Leistungen in den Kalenderjahren 1966 oder 1967 bewirkt werden oder bewirkt worden sind." 2. § 33 erhält folgende Fassung: „§ 33 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am. 1. Januar 1968 in Kraft. § 27 Abs. 3 sowie 'die in diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigungen treten am Tage nach seiner Verkündung in Kraft." Bonn, den 12. April 1967 Moersch Anlage 12 Umdruck 189 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 28 Abs. 1 wird folgender Satz 3 angefügt: „Für Wasserfahrzeuge der in Satz 2 bezeichneten Art, ihre Umbauten, für Großreparaturen an ihnen und für auftragsbezogene Vorräte im Sinne von Satz 2 kann der Unternehmer einen Abzug auch dann vornehmen, wenn sie bei ihm als Gegenstände des Vorratsvermögens am Schluß des Jahres 1967 in einem Freihafen vorhanden sind; anzuwenden in diesen Fällen sind die in § 25 (2) des Umsatzsteuergesetzes von 1951 bezeichneten Vergütungssätze." Bonn, den 12. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Anlage 13 Umdruck 150 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 28 wird 1. Absatz 2 letzter Satz gestrichen, 2. folgender neuer Absatz 8 angefügt: „(8) Weist der Unternehmer nach, daß er den Gegenstand erworben und nicht bearbeitet oder verarbeitet hat, so kann er neben dem abziehbaren Betrag gemäß Absatz 1 oder Absatz 7 einen weiteren Betrag in Höhe von 75 vom Hundert des Satzes der Ausfuhrhändlervergütung abset- 4786 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. April 1967 zen, der sich aus § 20 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1951 in der zuletzt geltenden Fassung ergibt. Zwei Drittel dieses Betrages sind gemäß Absatz 4 zu verrechnen. Der verbleibende Betrag ist gleichmäßig verteilt von den Vorauszahlungen des zweiten Kalenderjahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes abzusetzen." Bonn, den 12. April 1967 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 14 Umdruck 190 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48 und V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 28 wird folgender Absatz 8 angefügt: „Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung allgemein oder für einzelne Wirtschaftszweige, die in den Absätzen 1 und 7 bezeichneten Sätze und die nach Absatz 2 maßgeblichen Werte ändern, wenn dies aus konjunkturpolitischen Gründen erforderlich und haushaltsmäßig vertretbar ist." Bonn, den 13. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Anlage 15 Umdruck 158 Änderungsantrag der Abgeordneten Schulhoff, Regling, Opitz und Genossen zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: Der § 29 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz wird wie folgt geändert: An die Stelle der Worte „vor dem Tage der Verkündung dieses Gesetzes" treten die Worte „vor dem 1. Oktober 1967". Bonn den 12 April 1967 Schulhoff Balkenhol Bauknecht Dr. Besold Dr. Brenck Dr. Burgbacher Burgemeister Dr. Conring van Delden Enk Dr. Elbrächter Erhard (Bad Schwalbach) Erpenbeck Dr. Freiwald Dr. Frerichs Fritz (Welzheim) Gewandt Dr. Gleissner Gibbert Haase (Kassel) Dr. Hesberg Dr. Hofmann (Mainz) Hörnemann (Gescher) Dr. Klepsch Krug Lampersbach Ott Porten Dr. Reinhard Schlee Schmidhuber Dr. Schwörer Dr. Serres Dr. Sinn Stooß Unertl Weimer Wieninger Regling Haase (Kellinghusen) Dr. Müthling Ravens Seither Stein (Mainz) Dr. Tamblé Opitz Frau Funcke Geldner Jung Dr. Mülhan Ollesch Sander Schmidt (Kempten) Anlage 16 Umdruck 183 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 29 Satz 1 1. Halbsatz sollen an die Stelle „vor dem Tage der Verkündung dieses Gesetzes" die Worte „die vor dem 1. Oktober 1967" treten. Bonn, den 12. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Anlage 17 Umdruck 184 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 29 Satz 1 1. Halbsatz sollen an die Stelle „vor dem Tage der Verkündung dieses Gesetzes" die Worte „die vor dem 1. Oktober 1967" treten. Bonn, den 12. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Anlage 18 Umdruck 185 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581—. Der Bundestag wolle beschließen: § 30 Abs. 2 Satz 1 erhält folgende Fassung: „Selbstverbrauch liegt vor, wenn ein Unternehmer körperliche Wirtschaftsgüter, die der Abnutzung unterliegen und deren Anschaffungs- und Herstellungskosten nach den einkommensteuerlichen Vorschriften im Jahr der Anschaffung oder Herstellung Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. April 1967 4787 nicht in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden können, im Inland der Verwendung oder Nutzung als Anlagevermögen zuführt." Bonn, den 12. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Anlage 19 - Umdruck 186 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 30 wird hinter Abs. 8 folgender Abs. 9 angefügt: (9) Hat ein Wirtschaftsgut am Schluß des Jahres 1967 in fertigem oder unfertigem Zustand zum Anlagevermögen eines Unternehmens gehört und ist dafür ein Vorsteuerabzug nach § 28 nicht in Anspruch genommen worden, kann der Bundesminister der Finanzen unbeschadet der Vorschrift des § 131 der Reichsabgabenordnung die durch die Besteuerung nach Absatz 1 eintretende steuerliche Belastung auf Antrag des Unternehmers durch Steuererlaß angemessen mildern. Bonn, den 12. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Anlage 20 Umdruck 187 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48 und V/1581—. Der Bundestag wolle beschließen: In § 30 wird folgender Absatz 9 angefügt: „Die Bundesregierung kann, soweit es im gesamtwirtschaftlichen Interesse erforderlich ist, den in Absatz 1 bezeichneten Zeitraum sowie die in Absatz 5 bezeichneten Steuersätze und deren Anwendungszeitraum ändern." Bonn, den 12. April 1967 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 21 Umdruck 191 Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Funcke, Dr. Staratzke und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) — Drucksachen V/48, V/1581 —, Der Bundestag wolle beschließen: In § 30 wird nach Absatz 4 ein neuer Absatz 4 a eingefügt: „(4 a) Hat ein Unternehmer am 31. Dezember 1967 unfertige Wirtschaftsgüter in seinem Anlagevermögen, die nach ihrer Fertigstellung nicht in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden können, so ist die Bemessungsgrundlage gemäß Absatz 4 um 5 vom Hundert des Wertes zu mindern, mit dem das unfertige Wirtschaftsgut am 31. Dezember 1967 zu bewerten .war." Bonn, den 13. April 1967 Frau Funcke Dr. Emde Dr. Staratzke Mertes Anlage 22 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. April 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Leicht (Drucksache V/1618, Frage V/16): Ist die Bundesregierung bereit, falls bis zum 1. Mai 1967 eine Einigung über die Richtlinien zur Verteilung der 660 Millionen DM für Verkehrszwecke in den Gemeinden nicht erzielt wird, dem Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die sofortige Verwendung dieser 660 Millionen DM in 1967 für den Bundesfernstraßenbau möglich macht? Die Bundesregierung geht davon aus, daß der Bundesrat ihren Richtlinien-Entwurf bis zum 1. Mai 1967 ohne unannehmbare Änderungswünsche zustimmen wird. Sie sieht daher zunächst keine Veranlassung, im Sinne der Anfrage tätig zu werden. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dollinger vom 13. April 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Wagner (Drucksache V/1618, Fragen VI/4, VI/5 und VI/6) : Wann kann der Deutsche Bundestag mit der Vorlage der bereits von der Bundesregierung am 10. März 1966 angekündig ten Ergänzung der Stellungnahme zum Gutachten zur Sachverständigen-Kommission für die Deutsche Bundespost (zu Drucksache V/203) — insbesondere zu den im II. Teil Buchstabe D. Organisation gemachten Vorschlägen des Gutachtens — rechnen? Billigt die Bundesregierung den nur auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses der in Frage VI/4 erwähnten Kommission in das Gutachten aufgenommenen Vorschlag zur Aufspaltung des Post- und Fernmeldesektors in der Mittelinstanz mit den im Gutachten selbst angeführten organisatorischen, personalpolitischen und gebührentechnischen Konsequenzen? Ist die Bundesregierung bereit, die auch von der in Frage VI/4 erwähnten Gutachtenkommission als dringend notwendig anerkannte Reorganisation der Mittelinstanz unter Heranziehung des im Auftrag des Bundespostministeriums nach den Richtlinien des BWV-Gutachtens 1956 seit langem erstellten umfassenden Organisationsplans der Wiesemeyer-Fachkommission jetzt ohne jeden weiteren Aufschub in die Wege zu leiten? Die Bundesregierung hat in ihrer, dem Hohen Haus vorliegenden Stellungnahme zum Gutachten der Sachverständigen-Kommission vom 10. 3. 1966 ausgeführt, daß die Vorschläge der Kommission ausführlicher Untersuchungen bedürfen, bei denen alle in Betracht kommenden Gesichtspunkte abgewogen werden müssen. Besonders umfangreich gestalten sich die Untersuchungen über die Vorschläge 4788 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. April 1967 zur Neuordnung der finanziellen Beziehungen zwischen dem Bund und der Deutschen Bundespost. Auf ausdrückliches Ersuchen des Bundesministers der Finanzen werden die damit zusammenhängenden Fragen z. Z. durch einen Ausschuß geprüft, dem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen, Bundesministeriums für Wirtschaft, Bundeskanzleramtes, Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung und des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen angehören. Die Bundesregierung hält es nicht für zweckmäßig, jeweils zu einzelnen Vorschlägen der Sachverständigen, so auch über die Vorschläge zur Organisation, dem Hohen Haus gesonderte Stellungnahmen zuzuleiten. Sie beabsichtigt daher, ihre abschließende Stellungnahme nach Abschluß aller Untersuchungen zusammengefaßt vorzulegen. — Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen Dr. Dollinger hat im übrigen nach seinem Dienstantritt sofort in seinem Hause die zur Klärung der noch offenen Fragen erforderlichen Aufträge erteilt. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Schütz vom 13. April 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kiep (Drucksache V/1618 Frage XII/1) : Erfolgten kürzlich veröffentlichte Äußerungen hoher Beamter des Auswärtigen Amtes zu Fragen des Atomsperrvertrages im Einverständnis mit der Bundesregierung? Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat in letzter Zeit in diesem Hohen Hause, vor der Presse und bei öffentlichen Veranstaltungen verschiedentlich zu den Fragen Stellung genommen, vor die die Bundesregierung sich im Zusammenhang mit den möglichen Auswirkungen eines derzeit diskutierten Vertragsentwurfs über die Nichtverbreitung von Kernwaffen gestellt sieht. Außerdem haben die Sprecher der Bundesregierung und des Auswärtigen Amtes auf ähnliche Fragen von seiten der Presse zu verschiedenen Aspekten des gleichen Themas Stellung genommen. Diese Äußerungen geben einen Einblick in die vielfältigen Überlegungen der Bundesregierung zur gesamten Problematik, die mit einem solchen Vertrage aufgeworfen wird. Dazu kommt, daß Beamte des Auswärtigen Dienstes in Vorträgen ebenfalls verschiedene konkrete Aspekte des Nichtverbreitungsthemas behandelt haben. Soweit bei diesen Äußerungen die Vortragenden ausdrücklich ihre persönliche Meinung wiedergegeben haben, war ein Einverständnis nicht erforderlich. Diese Äußerungen erfolgten zudem in einem frühen Stadium der Meinungsbildung. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 13. April 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Stecker (Drucksache V/1618 Fragen XVII/6 und XVII/7) : Ist es richtig, daß jährlich einige 100 000 Tonnen amerikanisches Sojaschrot, das mit Sojaschalen verschnitten ist und daher nicht den deutschen gesetzlichen Bestimmungen über das Inverkehrbringen von Futtermitteln entspricht, aus den USA in die Bundesrepublik eingeführt wird? Welche Maßnahmen hat bei Bejahung der Frage XVII/6 die Bundesregierung vorgesehen, um bei der zollamtlichen Grenzabfertigung sicherzustellen, daß solch minderwertige Futtermittel nicht mehr eingeführt werden können? Es trifft zu, daß Sojaschrot, dem zusätzlich gemahlene Sojaschalen beigemischt sind, nach den deutschen gesetzlichen Bestimmungen (§ 24 der Futtermittelanordnung) nicht als Futtermittel in den Verkehr gebracht werden darf. In das Bundesgebiet werden jährlich 400 000 bis 500 000 t Sojaschrot aus den USA eingeführt. Ob diesen Erzeugnissen, die bei der Einfuhr zollmäßig als Rückstände aus der pflanzlichen Ölgewinnung tarifiert werden, zusätzlich Sojaschalen beigemischt sind, ist amtlich nicht bekannt. Aus Kreisen der Wirtschaft ist mir allerdings berichtet worden, daß in letzter Zeit aus den USA in verstärktem Umfange bei diesen Einfuhren gemahlene Sojaschalen zugesetzt worden sein sollen. Auf Grund der Mitteilungen aus Kreisen der Wirtschaft habe ich mit Schreiben vom 3. April 1967 die obersten Landesbehörden gebeten, den Inlandsverkehr mit eingeführtem Sojaschrot verstärkt zu überwachen; für die Überwachung sind die obersten Landesbehörden zuständig (§ 4 der Futtermittelanordnung). Außerdem ist vorgesehen, bei der zollamtlichen Abfertigung von diesen Waren Proben zu entnehmen und die Untersuchungsergebnisse den obersten Landesbehörden mitzuteilen.
Gesamtes Protokol
Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510200000
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:

Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt hat am 11. April 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Dehler, Dorn, Moersch, Dr. Rutschke, Dr. Mühlhan, Busse (Herford), Dr. Hellige und der Fraktion der FDP betr. Vorlage internationaler Abkommen zur Ratifikation — Drucksache V/1598 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/1626 verteilt.
Zu den in der Fragestunde der 101. Sitzung des Deutschen Bundestages am 12. April 1967 gestellten Fragen des Abgeordneten Burger, Drucksache V/1618 Nrn. VI/7, VI/8 und VI/9 *), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Bornemann vom 11. April 1967 eingegangen. Sie lautet:
Zu 1..
Die Selbstkosten eines handvermittelten Ferngesprächs sind wesentlich höher als die Selbstkosten eines Selbstwählferngesprächs. Desungeachtet hat sich die Deutsche Bundespost bemüht, den Fernsprechteilnehmern, die noch auf den handvermittelten Ferndienst angewiesen sind, einen gewissen Ausgleich für die hiermit verbundenen Nachteile zu bieten.
So wurden im Jahre 1964, als die Gebühren für Inlandsselbstwählferngespräche erhöht wurden, die Gebühren für handvermittelte Inlandsferngespräche nicht nur gehalten, sondern sogar gesenkt. Infolgedessen ist heute ein länger dauerndes Gespräch im handvermittelten Ferndienst etwa 20 v. H. billiger als ein gleichlanges Gespräch im Selbstwählferndienst während der Tageszeiten mit voller Gebühr.
Eine Anpassung der Gebühren des handvermittelten Ferndienstes an die Gebühren im Selbstwählferndienst wäre bei einem Automatisierungsstand von z. Z. fast 98 v. H. finanziell durchaus tragbar, zumal infolge des zu erwartenden Verkehrszugangs letztlich vielleicht sogar eine Mehreinnahme zu erwarten wäre. Aus personellen Gründen sehen wir uns jedoch außerstande, eine derartige Tarifänderung zu empfehlen. Schon heute bereitet es große Schwierigkeiten, für Dienstzweige mit durchgehendem Dienst das erforderliche Personal zu bekommen. Bei Anpassung des Handtarifs an den Tarif des Selbstwählferndienstes würde der Verkehr infolge der zu diesen Zeiten wirksamen Gebührenermäßigung abends, an den Wochenenden sowie an Sonn- und Feiertagen stark ansteigen. Gerade zu diesen Zeiten macht aber die Besetzung der Vermittlungsplätze schon heute allergrößte Schwierigkeiten. Bei der nach Anpassung des Tarifs in diesen Zeiten zu erwartenden Verdoppelung oder Verdreifachung des Verkehrs wäre die Deutsche Bundespost nicht in der Lage, die Fernplätze entsprechend zu besetzen. Aber auch dann, wenn beliebig viele Arbeitskräfte eingestellt werden könnten, läßt sich einer solchen Lösung nicht zustimmen. Die restlichen Fernvermittlungsstellen-Hand (Fernämter) befinden sich zumeist in kleineren Städten, in denen nach der in den nächsten Jahren zu erwartenden Aufhebung zahlreicher Fernvermittlungsstellen-Hand kaum postalische Beschäftigungsmöglichkeiten für die dann frei werdenden und arbeitstechnisch unterzubringenden Vermittlungskräfte bestehen. Aus personal-
*) Siehe 101. Sitzung, Seite 4676 D
fürsorglichen Gründen müssen wir deshalb bemüht sein, möglichst wenige Vermittlungskräfte neu einzustellen.
Zu 2.:
Infolge verschiedener in den vergangenen Jahren durchgeführter Rationalisierungsmaßnahmen konnte der Arbeitsaufwand für die Handvermittlung von Ferngesprächen gesenkt werden. Die Personalkosten sind jedoch derart gestiegen, daß die auf ein Gespräch bezogenen personellen Aufwendungen heute noch höher sind als in früheren Jahren. Genaue Angaben über Leistungen und Kosten für den handvermittelten Ferndienst sind nicht möglich, weil die betriebswirtschaftliche Ergebnisrechnung nicht zwischen dem handvermittelten Ferndienst und dem Selbstwählferndienst unterscheidet. Die Gewinne, die der Ferndienst in seiner Gesamtheit abwirft, kommen aber sicher nicht im handvermittelten Ferndienst, sondern im Selbstwählferndienst auf.
Zu 3.:
Eine Übergangslösung nach Ihrem Vorschlag würde für die Masse der Gespräche keine Verbilligung, sondern eine Verteuerung erbringen, denn nur bei einigen Weitverkehrszonen sind handvermittelte Gespräche teurer als die doppelte Gebühr für Selbstwählferngespräche in der verbilligten Zeit. Unabhängig davon läßt sich aber aus den unter 1. angeführten Gründen keine Gebührenermäßigung für handvermittelte Gespräche empfehlen, die zu einem Verkehrsanstieg außerhalb der Bürodienstzeit führen könnte.
Wir beginnen mit der
Fragestunde
— Drucksachen V/1618, V/1620 —
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich rufe die Fragen XVII/1 bis XVII/3 des Abgeordneten Meister auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die wirtschaftliche Situation
der deutschen Obst- und Gemüsekonservenindustrie?
Wie groß ist der Anteil der Staatshandelsländer und der nicht EWG-Länder an der Obst- und Gemüseeinfuhr, die in der Konservenindustrie verarbeitet wird?
Wie wirkt sich die in Frage XVII/2 erwähnte Entwicklung, die offenbar steigenden Trend zeigt, auf den deutschen Obst- und Gemüseanbau aus?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage XVII/4 des Abgeordneten Baron von Wrangel auf:
Ist die Bundesregierung bereit, Maßnahmen zu ergreifen, um der Forstverwaltung bei der Bewältigung ihrer Schwierigkeiten behilflich zu sein, die durch die schweren Orkanschäden erheblich gewachsen sind?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0510200100
Ich darf um die Erlaubnis bitten, die beiden Fragen des Abgeordneten Baron von Wrangel gemeinsam beantworten zu dürfen.




Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510200200
Einverstanden. Dann rufe ich die Frage XVII/5 des Abgeordneten Baron von Wrangel noch auf:
Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen der in Frage XVII/4 erwahnten Maßnahmen das Zonenrandgebiet besonders zu berücksichtigen, zumal in Schleswig-Holstein und Niedersachsen gerade im Zonenrandgebiet die Forstwirtschaft einen besonders bedeutsamen Wirtschaftszweig darstellt?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0510200300
Die Bundesregierung hat bereits eine Reihe von Maßnahmen für die Forstwirtschaft eingeleitet. In der Antwort auf die letzte Kleine Anfrage zur Forstwirtschaft, die ich im Namen der Bundesregierung am 29. März erteilt habe, sind die vom Kabinett beschlossenen Maßnahmen dem Haus mitgeteilt worden. Außerdem gab es eine Reihe von anderen Anfragen, die denselben Inhalt betreffen und bei deren Beantwortung die Bundesregierung weitere Mitteilungen abgegeben hat.
Zur zweiten Frage: Die vom Kabinett für die Forstwirtschaft beschlossenen Maßnahmen kommen selbstverständlich auch den Betrieben der Forst-und Holzwirtschaft in den Zonenrandgebieten zugute, teilweise sogar in verstärktem Umfange. Das gilt insbesondere für die Mittel des Investitionshaushaltes für den Wegebau und für sonstige Investitionen der Forstbetriebe.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510200400
Ich rufe die Frage XVII/6 des Abgeordneten Dr. Stecker auf:
Ist es richtig, daß jährlich einige 100 000 Tonnen amerikanisches Sojaschrot, das mit Sojaschalen verschnitten ist und daher nicht den deutschen gesetzlichen Bestimmungen über das Inverkehrbringen von Futtermitteln entspricht, aus den USA in die Bundesrepublik eingeführt wird?
Der Abgeordnete Dr. Stecker ist nicht im Saal. Die
Frage wird schriftlich beantwortet. Das gleiche gilt
für die Frage XVII/7 des Abgeordneten Dr. Stecker:
Welche Maßnahmen hat bei Bejahung der Frage XVII/6 die Bundesregierung vorgesehen, um bei der zollamtlichen Grenzabfertigung sicherzustellen, daß solch minderwertige Futtermittel nicht mehr eingeführt werden können?
Damit sind wir mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und .Forsten fertig.
Wir kommen zu dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Ich rufe folgende Frage des Abgeordneten Schultz (Gau-Bischofsheim) auf:
Treffen Nachrichten zu, wonach der Bundesverteidigungsminister einen Gesetzentwurf über die Zensur der Post disziplinarrechtlich bestrafter Arrestanten vorbereitet, während der Bundesjustizminister bestrebt sein soll, die Postzensur in den zivilen Gefängnissen zu lockern?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510200500
Ein vom Bundesminister der Verteidigung aufgestellter Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung der Wehrdisziplinarordnung enthält unter anderem eine Bestimmung über die Überwachung des Schriftverkehrs disziplinarer Arrestanten. Der Bundesrat hat diesem Gesetzentwurf am 7. April dieses Jahres zugestimmt. Die Bundesregierung wird ihn in Kürze im Bundestag einbringen.
Der Entwurf sieht vor, daß der Vollzugsleiter den Schriftverkehr disziplinarer Arrestanten ausnahmsweise überwachen kann, wenn und solange Anhaltspunkte dafür bestehen, daß ohne die Überwachung die Ordnung im Vollzug gefährdet wäre. Durch diese Bestimmungen sollen vereinzelt aufgetretene, aber nach Auffassung der Bundesregierung unbegründete verfassungsrechtliche Zweifel an der bisher durch Erlaß getroffenen gleichartigen Regelung beseitigt werden. Die Bundesregierung folgt mit diesem Gesetzentwurf einem Beschluß des Ausschusses für Verteidigung des Deutschen Bundestages vom 18. März 1965, durch den sie gebeten worden ist, zur Vermeidung verfassungsrechtlicher Zweifel im Bundestag ein Gesetz über die Einschränkung des Grundrechts des Artikels 10 des Grundgesetzes in diesem Falle vorzulegen.
Was den zweiten Teil Ihrer Frage betrifft, Herr Abgeordneter, so befindet sich die beabsichtigte Reform des Strafvollzugs noch in einem so frühen Stadium, daß sich eine endgültige Gestaltung von Einzelheiten noch nicht übersehen läßt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510200600
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schultz.
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht die Auffassung des Bundesrates, daß eine Regelung der Überwachung des Schriftverkehrs in der Wehrdisziplinarordnung erst zusammen mit der geplanten Strafvollzugsordnung getroffen werden sollte, so wie das der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu der Vorlage der Bundesregierung vorgeschlagen hat?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510200700
Ich glaube, Herr Abgeordneter, daß es notwendig ist, diese Frage .so schnell wie möglich zu regeln, und daß dies dem einmütig geäußerten Wunsch des Verteidigungsausschusses des Bundestages entsprechen würde.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510200800
Herr Abgeordneter Schultz!
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, ein oder zwei Umstände zu nennen, die die Regelung notwendig machen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510200900
Ich würde sagen, Herr Abgeordneter, die Tatsache, daß Zweifel an der verfassungsrechtlichen Gültigkeit der bisher bestehenden Regelung aufgetreten sind, sollte allein Veranlassung geben, die Sache jetzt gesetzlich zu regeln.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510201000
Herr Abgeordneter Berkhan!

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0510201100
Herr Staatssekretär, ist eingehend geprüft worden, ob man nicht überhaupt auf die Kontrolle der privaten Post von mit Arrest bestraften Soldaten verzichten kann?




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510201200
Herr Abgeordneter, diese Frage ist eingehend geprüft worden. Das Ergebnis ist gewesen, daß in Ausnahmefällen, nämlich wenn es zur Aufrechterhaltung der Ordnung des Stráfvollzugs, wie die Terminologie lautet, notwendig ist, darauf nicht verzichtet werden kann. Es kommen, wie Sie wissen, Fälle vor, bei denen den Arrestanten Gegenstände in die Arrestzelle eingeschmuggelt werden sollen, und das muß aus naheliegenden Gründen verhindert werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510201300
Herr Abgeordneter Berkhan!

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0510201400
Herr Staatssekretär, Gegenstände können, wenn ich das richtig übersehe, nur mit Paketen eingeschmuggelt werden. Ich rede hier nur von der Briefpost. Glauben Sie wirklich, daß diese Einzelfälle es erfordern, gesetzlich festzulegen, daß in Ausnahmefällen ein mit Arrest bestrafter Soldat noch zusätzlich dadurch in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt wird, daß seine Vorgesetzten seine Post lesen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510201500
Ich glaube, nicht so sehr diese Einzelfälle, Herr Abgeordneter, erfordern es als vielmehr die Tatsache, daß Zweifel an der Rechtsgültigkeit der bestehenden Regelung aufgetreten sind. Insoweit — ich wiederhole es — war sich der Verteidigungsausschuß des Bundestages einig, die Bundesregierung um die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs zu ersuchen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510201600
Herr Abgeordneter Ollesch!

Alfred Ollesch (FDP):
Rede ID: ID0510201700
Herr Staatssekretär, können Sie mir ein Beispiel dafür angeben, wie durch Briefe die Ordnung des Strafvollzugs gefährdet werden kann?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510201800
Herr Abgeordneter, ich habe schon erwähnt, daß es die Möglichkeit gibt, durch Briefe in Arrestzellen Gegenstände einzuschmuggeln, durch die die Ordnung des Strafvollzugs in einer sehr erheblichen Weise gefährdet werden kann, sei es, daß diese Gegenstände als Ausbruchswerkzeuge benutzt werden, sei es, daß der betreffende Arrestant mit diesen Gegenständen einen Selbstmordversuch unternimmt oder dergleichen. Hier gibt es, glaube ich, gewisse übergeordnete Gesichtspunkte, die in jedem Fall beachtet werden müssen. Aber ich betone noch einmal, es soll eine Regelung sein, die sich auf Ausnahmefälle beschränkt, nämlich auf Fälle, in denen die Ordnung des Strafvollzugs einen solchen Eingriff erfordert.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510201900
Herr Ollesch!


Alfred Ollesch (FDP):
Rede ID: ID0510202000
Herr Staatssekretär, sollte nicht nach Ihrer Meinung die Vorschrift so gefaßt werden, daß nicht schon der bloße Verdacht ausreicht, sondern daß eindeutig feststehen muß, daß die Ordnung gefährdet werden könnte? Denn die Gegenstände, die Sie in Ihrem Beispiel anführten — oder nicht anführten —, sind schon von außen fühlbar.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510202100
Es kommt etwas auf die Art an, mit der man eine solche Sache in der Hand hat, Herr Abgeordneter. Es braucht nicht durchweg der Fall zu sein. Aber ich betone noch einmal: der Gesichtspunkt, unter dem dieser Eingriff gerechtfertigt ist, ist ausschließlich der der Ordnung des Strafvollzugs.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510202200
Wir kommen zu den Fragen des Abgeordneten Fellermaier.

(Abg. Schultz [Gau-Bischofsheim] : Herr Präsident, die Frage III/1 ist noch nicht beantwortet!)

— Ich habe angenommen, daß die erste Frage auch zuerst beantwortet sei.

(Abg. Schultz [Gau-Bischofsheim] : Nein, sie ist noch nicht beantwortet!)

— Dann hat der Herr Staatssekretär die Sache sozusagen von hinten aufgezäumt.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510202300
Ich bedauere das sehr, Herr Präsident.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510202400
Ich rufe also die Frage III/1 des Herrn Abgeordneten Schultz (GauBischofsheim) auf:
Ist die Bundesregierung in der Lage, Beispiele für die verneinende „Kritiksucht" zu nennen, die sich nach Ansicht des Inspekteurs des Heeres auch im militärischen Bereich breitgemacht hat?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510202500
Im Rahmen seines erzieherischen Auftrags im Heer hat der Inspekteur des Heeres am 3. März 1967 bei der Heeresoffiziersschule in München in grundsätzlichen Ausführungen an die Fähnriche und Leutnante appelliert, zu ihrem Wort und zu ihrer Tat zu stehen, sich aber vor Überheblichkeit, Unbeherrschtheit und Voreingenommenheit zu hüten, ohne Murren die ihnen gegebenen Befehle und Aufträge auszuführen; nur wer zum Gehorsam bereit sei und den soldatischen Begriff der Befehlstreue kenne, könne als Anordnender und Befehlender überzeugend wirken. Und schließlich: die negierende Kritiksucht, die sich nicht nur in militärischen Bereichen breitgemacht habe, zu bekämpfen; man könne nur über solche Vorgänge umfassend urteilen, die man in all ihren Zusammenhängen kenne und überschaue.
Mit diesem Appell an die jungen Offiziere beabsichtigte der Inspekteur nicht, auf konkrete Einzelfälle hinzuweisen. Ihm lag daran, klarzumachen, daß man nicht urteilen soll, ohne ein klares Bild über die tatsächliche Sachlage zu haben.




Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510202600
Herr Abgeordneter Schultz!
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Staatssekretär, müßte ich nicht aus Ihrer Antwort eigentlich entnehmen, daß der Inspekteur des Heeres diese seine Feststellungen einfach ins Blaue hinein getroffen hat? Anders kann ich mir das danach nicht vorstellen. Es müssen doch konkrete Anlässe vorgelegen haben, und mir ging es darum, diese zu erfahren.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510202700
Ich glaube nicht, Herr Abgeordneter, daß es sich um konkrete Anlässe gehandelt hat. Vielmehr ist es so, daß dem Inspekteur des Heeres daran lag, den jungen Offizieren, den Leutnanten und Fähnrichen, klarzumachen, daß, wer Kritik üben will, sich zuvor ein Urteil über den Sachverhalt verschaffen muß.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510202800
Herr Abgeordneter Schultz!
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Staatssekretär, würden Sie z. B. die Kritik daran, daß die Betriebsstoffzuweisungen oder die Munitionszuweisungen nicht ausreichen, um den in einem anderen 'Befehl gesetzten Ausbildungszweck zu erreichen, schon als einen Ausdruck von Kritiksucht bezeichnen, und würden Sie daraus schließen, daß die Betreffenden die Zusammenhänge nicht kennen, und soll das für die Zukunft verhindert werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510202900
Das soll ganz gewiß nicht verhindert werden, Herr Abgeordneter. Ich würde auch den Schluß nicht ziehen, den Sie soeben gezogen haben.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510203000
Herr Abgeordneter Dr. Kübler!

Dr. Paul Kübler (SPD):
Rede ID: ID0510203100
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß es die Aufgabe des Inspekteurs ist, die Kritiksucht außerhalb des militärischen Bereichs in ihrer Größenordnung zu bewerten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510203200
Nein, das glaube ich nicht. Aber das hat der Inspekteur auch nicht getan.

Dr. Paul Kübler (SPD):
Rede ID: ID0510203300
Dann darf ich also Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie gegen die Äußerung über die Kritiksucht sind, die sich auch im nicht-militärischen Bereich breitmache.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510203400
Nein, Herr Abgeordneter, ich möchte diese. Ausführungen des Inspekteurs nicht kritisieren.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510203500
Keine weiteren Fragen.
Ich komme zu der Frage des Abgeordneten Fellermaier auf Drucksache V/1620 unter IV/1:
An welche Institute hat das Bundesverteidigungsministerium den Auftrag erteilt, schwingungstechnische Untersuchungen über die Auswirkungen des Überschallfluges auf Baudenkmäler und Kirchen durchzuführen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510203600
Herr Abgeordneter, mit der Durchführung der in Ihrer Frage genannten Untersuchungen soll das Kurt-Risch-Institut der Technischen Hochschule Hannover beauftragt werden. Im Dezember 1966 hat das Institut bereits im Rahmen eines Teilvertrags zusammen mit dem deutsch-französischen Forschungsinstitut St. Louis und französischen Dienststellen in Südfrankreich Untersuchungen über die Einwirkung von Überschallflügen auf Bauten durchgeführt. Der Vertrag über die Erstellung des Gesamtgutachtens wird in Kürze abgeschlossen werden. Mit der Vorlage dieses Gesamtgutachtens kann allerdings mit Rücksicht auf die Schwierigkeit der Materie nicht vor Ende des Jahres 1967 gerechnet werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510203700
Herr Abgeordneter Fellermaier!

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0510203800
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß Ihr Vorgänger im Amt, Herr Staatssekretär Gumbel, in der Fragestunde vom 1. April 1966 dem Hohen Hause auf eine Frage des Herrn Kollegen Hörmann (Freiburg) erklärt bat — ich darf hier zitieren, Herr Präsident, weil es nur so verständlich wird —, er habe bereits auf Grund eines anderen Vorganges vor Eingang des Schreibens des Freiburger Oberbürgermeisters die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig um ein Gutachten über die Auswirkungen von Überschallflügen gebeten? Können Sie mir, Herr Staatssekretär, erklären, wo dieses Gutachten der Bundesanstalt in Braunschweig nun ist, nachdem Sie hier von einer im Dezember vergangenen Jahres ergangenen Auftragserteilung sprechen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510203900
Das ist ein Mißverständnis, Herr Abgeordneter. Das Institut, welches ich erwähnte, das Kurt-Risch-Institut der Technischen Hochschule Hannover, ist schon seit längerer Zeit mit den Vorarbeiten für die Erstattung dieses Gutachtens beschäftigt. Wovon ich gesprochen habe, ist die formelle Auftragserteilung, die aus haushaltsmäßigen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich gewesen ist. Es ist in der Tat ursprünglich beabsichtigt gewesen, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig zu beauftragen. Man hat sich dann jedoch entschlossen, dieses andere, eben von mir erwähnte Institut zu beauftragen, weil es für die Erstattung dieses Gutachtens alle Voraussetzungen erfüllt und weil man in diesem Fall ein Institut beauftragen wollte, das in jeder Hinsicht gegenüber dem Bund und der Bundesregierung unabhängig ist. Ich glaube, das lag im Interesse der Sache.




Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510204000
Herr Abgeordneter Fellermaier!

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0510204100
Herr Staatssekretär, dann darf ich also aus Ihrer Antwort schließen, daß im April vergangenen Jahres der Auftrag vom Bundesverteidigungsministerium noch nicht erteilt war, während der Herr Bundesverteidigungsminister von Hassel am 1. Juli hier die Äußerung seines Staatssekretärs bestätigte und von einer Auftragserteilung sprach, wohingegen Sie hier richtigerweise feststellen, daß die Auftragserteilung erst zum Ende vergangenen Jahres geschehen konnte.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510204200
Herr Abgeordneter, es ist der Terminus der Auftragserteilung, der hier gewisse Schwierigkeiten bereitet. In einem viel früheren Stadium ist mit den Instituten Fühlung genommen und ihre Aufgabe umrissen worden. Die Institute haben mit der Arbeit zur Erstattung der Gutachten begonnen. Die förmliche Auftragserteilung, welche die Rechtsverpflichtungen des Bundes auslöst, ist jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt, hinsichtlich des Gesamtgutachtens sogar noch gar nicht erfolgt. Dies wird erst in Kürze geschehen, weil die haushaltsmäßigen Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Das ist aber ein Vorgang, der im Rahmen der Forschung und Entwicklung innerhalb des Verteidigungsressorts durchaus nicht anomal ist. Man kann Fragen dieser Art nicht anders behandeln, als daß man für die technischen Arbeiten der Institute einen gewissen Vorlauf gibt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510204300
Ich habe den Eindruck, daß die beiden gestellten Fragen in einer einzigen Antwort zusammengefaßt worden sind. Ich rufe deshalb auch die Frage IV/2 des Herrn Abgeordneten Fellermaier auf:
Welches Ergebnis brachten die in Frage IV/1 erwähnten Untersuchungen oder bis wann ist mit der Vorlage des Untersuchungsberichtes zu rechnen, nach dem der damalige Bundesverteidigungsminister von Hassel in der Fragestunde am 1. Juli 1966 eine Beschleunigung der Untersuchungen ankündigte?
Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Fellermaier.

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0510204400
Herr Staatssekretär, würden Sie hier vor dem Hohen Hause noch einmal präzisieren, was Sie mir in einem Schreiben mitteilten, daß nämlich eine Beschleunigung der Untersuchung deshalb nicht möglich sei, weil keine Haushaltsmittel vorhanden seien?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510204500
Das kann ich nicht bestätigen. Das Fehlen der haushaltsmäßigen Voraussetzungen hat sich nicht verzögerlich auf die Arbeiten ausgewirkt, weil die Arbeiten bereits vor dem förmlichen Abschluß des Vertrages begonnen worden sind.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510204600
Herr Abgeordneter Hörmann!

Hans Hörmann (SPD):
Rede ID: ID0510204700
Herr Staatssekretär, Ihr Amtsvorgänger hat mir die Auskunft gegeben, daß er bereits vor meiner Anfrage und vor Eingang des Briefes des Freiburger Oberbürgermeisters die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig um ein Gutachten gebeten habe. Ich frage jetzt also: Wo ist das Gutachten? Oder ist das rückgängig gemacht worden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510204800
Ich muß annehmen, Herr Abgeordneter, daß das rückgängig gemacht worden ist. Es ist nach den Verhandlungen, die mit der Anstalt in Braunschweig zunächst geführt worden sind, wohl rückgängig gemacht worden, als man sich entschloß, das Institut in Hannover zu beauftragen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510204900
Herr Abgeordneter Dr. Rau!

Dr. Friedrich Rau (SPD):
Rede ID: ID0510205000
Herr Staatssekretär, nachdem bis jetzt jedenfalls nicht feststeht, daß ein ursächlicher Kausalzusammenhang zwischen den Flügen und den Beschädigungen an den Gebäuden nicht besteht, ist vielleicht die Frage berechtigt, was bis jetzt zur Erhaltung der Baudenkmäler geschehen ist.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510205100
Ich wäre Ihnen dankbar, Herr Abgeordneter, wenn Sie mir gestatten würden, diese Frage schriftlich zu beantworten. Ich kann sie ohne entsprechende Vorbereitung jetzt nicht beantworten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510205200
Herr Dr. Rau!

Dr. Friedrich Rau (SPD):
Rede ID: ID0510205300
Dann will ich Sie — da ich hier keine Feststellung treffen kann — zum Schluß doch noch folgendes fragen: Werden Sie Verständnis dafür aufbringen, daß ich das Ergebnis meiner Nachforschungen bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt veröffentliche, vielleicht mit einer Stellungnahme aus Ihrem Ministerium, von Ihrem Minister oder von Ihnen, obwohl ich befürchten muß, daß weder die Bevölkerung noch einige Landesregierungen noch die für die Denkmalspflege zuständigen Stellen für den Ablauf dieser Angelegenheit Verständnis werden aufbringen können?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510205400
Ich würde volles Verständnis für Ihre Absichten haben, Herr Abgeordneter, wenn Sie mir zuvor Gelegenheit gäben, die Sache mit Ihnen noch einmal zu besprechen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510205500
Herr Dr. Bechert!
Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) : Herr Staatssekretär, wenn ich Sie recht verstanden habe, hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt den Auftrag deshalb nicht bekommen, weil sie zu sehr mit dem Bund verbunden erscheinen könnte. Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß das doch eine



Dr. Bechert (Gau-Algesheim)

sehr sonderbare Beurteilung der Tätigkeit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510205600
Es liegt mir völlig fern, Herr Abgeordneter, an der Tätigkeit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, vor der ich den allergrößten Respekt habe, irgendwelche Kritik üben zu wollen. Dies ist eine der Erwägungen gewesen, die damals angestellt worden sind. Es haben noch andere Erwägungen eine Rolle gespielt, auch Kostenerwägungen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510205700
Herr Abgeordneter Hörmann!

Hans Hörmann (SPD):
Rede ID: ID0510205800
Herr Staatssekretär, im Zusammenhang mit der damaligen Fragestellung sind noch mehrere Zusatzfragen gestellt worden, und mir wurde eine Beantwortung nach Überprüfung dieser Zusatzfragen zugesagt. Ich möchte diese jetzt nicht vortragen. Würden Sie bitte das Stenographische Protokoll der 36. Sitzung diesbezüglich nachprüfen und mir nach Ihrer Prüfung Bescheid geben, nachdem ich bis heute nichts mehr darauf gehört habe?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510205900
Das werde ich mit großem Vergnügen tun, Herr Abgeordneter.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510206000
Hierzu werden keine weiteren Fragen gestellt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts.
Ich rufe die Frage I/1 der Abgeordneten Frau Funcke auf:
Trifft es zu, daß zu den Aufgaben des Bundespresseamtes die laufende Unterrichtung des Bundespräsidenten und der Bundesregierung auf dein gesamten Nachrichtensektor und die Erforschung der öffentlichen Meinung als Unterlage für die politische Arbeit der Bundesregierung gehören?
Herr Staatssekretär von Hase, bitte!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510206100
Die Aufgabenstellung für das Presse- und Informationsamt ist in den Vorbemerkungen zum Bundeshaushaltsplan wie folgt umschrieben:
Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung hat den Bundespräsidenten und die Bundesregierung auf dem gesamten Nachrichtensektor laufend zu unterrichten. Es muß die hierfür erforderlichen Verbindungen zu den Nachrichtenträgern des In- und Auslandes unter Einsatz modernster technischer Mittel unterhalten. Ferner obliegen ihm die laufende Erforschung der öffentlichen Meinung als Unterlage für die politische Arbeit der Bundesregierung und die Förderung des deutschen Nachrichtenwesens im In- und Ausland, auch auf den Gebieten von Bildberichterstattung, Film, Funk und Fernsehen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510206200
Frau Funcke!

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0510206300
Herr Staatssekretär, wenn es so ist, daß zu den Aufgaben die laufende Unterrichtung der Bundesregierung und die Erforschung der öffentlichen Meinung gehören, warum ist dann das Erscheinen des „Spiegels der Frauenpublizistik" eingestellt worden, der gerade diese Aufgabe in hervorragender Weise gelöst hat, während der jetzt vorgesehene etwas spärliche Ersatz nicht die Erforschung, sondern allenfalls die Bildung der öffentlichen Meinung zum Inhalt hat?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510206400
Das Unterrichtungsmaterial, Frau Abgeordnete, das in dem alten „Spiegel der Frauenpublizistik" enthalten war, fließt jetzt in die gesamten Nachrichtenspiegel des Amtes ein. Überall, wo für die Bundesregierung etwas aus dem besonderen Sektor der Frau informationspolitisch von Interesse ist, wird es in die allgemeinpolitischen Spiegel aufgenommen bzw. in den Pressevorträgen vor Bundespräsident und Bundeskanzler erwähnt. Ich möchte also annehmen, daß in der Praxis sich hier beinahe eine bessere Bedienung eingestellt hat als vorher.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510206500
Frau Funcke!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510206600
Sind Sie nicht der Meinung, Herr Staatssekretär, daß mit dem, was bisher in vielen Seiten sorgfältig aus anderen Zeitschriften ausgezogen und zusammengestellt war, heute aber in einem Konzentrat von einer Seite dargeboten wird, die Bundesregierung und die öffentliche Hand wenig anzufangen wissen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510206700
Wir haben durch eine Umfrage die Erfahrung gemacht, Frau Abgeordnete, daß gerade bei den Persönlichkeiten, die unter einem außerordentlichen — wenn ich es einmal so sagen darf — „Papierdruck" stehen, nur das Erfolg hat, was in einem ganz kleinen Konzentrat angeboten wird.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510206800
Herr Abgeordneter Moersch!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0510206900
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung maßgeblicher Publizisten und der Verlegerverbände, daß die beabsichtigte Herausgabe dieser Zeitschrift den Prinzipien und den Aufgabenstellungen des Amtes widerspricht und daß es sich hier um ein Konkurrenzunternehmen zu privatwirtschaftlichen Organen handeln kann?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510207000
Diese Auffassung teile ich nicht, Herr Abgeordeter. Ich habe schon in der vorigen Fragestunde dargelegt, daß das neue Organ, das unter dem Titel „Das geht Sie an" und mit dem Untertitel „Aktuelle Beiträge für die Frau" erscheint, Anregungen aus der Politik der Bundesregierung, die von besonderem Interesse für die Frauenwelt sind, den verschiedenen Nachrichtenträgern übermitteln soll. Ich sehe



Staatssekretär von Hase
hier in keiner Weise irgendeine Einschränkung oder eine konkurrierende Gefährdung anderer Nachrichtenmittel.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510207100
Herr Abgeordneter Moersch!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0510207200
Herr Staatssekretär, wollen Sie damit zum Ausdruck bringen, daß nach Ihrer Auffassung und nach Auffassung des Amtes bisher die einschlägigen Fachkorrespondenzen nicht umfangreich genug und nicht sorgfältig genug über die Frauen interessierende Fragen berichtet haben, so daß eine Notwendigkeit bestünde, von Amts wegen Hilfe zu leisten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510207300
Das möchte ich damit nicht sagen, Herr Abgeordneter. Ich möchte nur sagen: Das Bessere ist der Feind des Guten. Wir sind ständig bemüht, unsere bisherige Arbeit auf diesem Gebiete einmal nach den finanziellen Möglichkeiten auszurichten, andernteils aber auch nach der Effektivität zu verstärken.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510207400
Keine weiteren Fragen.
Ich rufe auf die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, zunächst die Frage X/1 des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) :
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in Kenya das erste große landwirtschaftliche Entwicklungshilfeprojekt, Pflanzkartoffelvermehrung, das bisher rein von der Privatinitiative deutscher Kartoffelzüchter getragen wurde, vornehmlich durch Dürreschäden, die in diesem Umfange in den letzten 30 Jahren nicht zu verzeichnen waren, in Schwierigkeiten geraten ist mit der Gefahr einer notwendigen Liquidation, weil die in Verhandlungen seit mehr als einem Jahr, gestützt auf positive neutrale Sachverständigengutachten, in Aussicht gestellte Beteiligung der Deutschen Entwicklungsgesellschaft, Köln, nicht erfolgt ist?

Dr. Udo Hein (SPD):
Rede ID: ID0510207500
Herr Abgeordneter, darf ich die Fragen insgesamt beantworten?

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510207600
Dann rufe ich auch die Fragen X/2 und X/3 des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß für das in Frage X/1 erwähnte entwicklungshilfepolitisch wichtige und für Kenya ernährungspolitisch, agrarstrukturell und pflanzenzuchterisch höchst bedeutsame Projekt die privaten deutschen Kartoffelzüchter bis heute 415 000 DM investiert haben im Vertrauen auf staatliche Mithilfe im Rahmen der deutschen Entwicklungspolitik?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun zur Vermeidung von unverschuldeten Verlusten privatinitiativer Entwicklungshilfe und zur Vermeidung einer unausbleiblichen Beeinträchtigung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Entwicklungshilfepolitik in dem wichtigen ostafrikanischen Raum?

Dr. Udo Hein (SPD):
Rede ID: ID0510207700
Der Bundesregierung ist bekannt, daß deutsche Kartoffelzüchter die Kenya Potato Company Ltd. mit Sitz in Nairobi gegründet haben. Über die bisherige Geschäftsentwicklung der. Kenya Potato Company Ltd. war die Bundesregierung bisher nicht näher unterrichtet, da es sich um ein rein privates Vorhaben handelt.
Wie die Deutsche Entwicklungsgesellschaft in Köln mitteilt, hat bei der Gründung der Kenya
Potato Company Ltd. keine Zusage über eine finanzielle Beteiligung der Deutschen Entwicklungsgesellschaft vorgelegen. Die deutschen Gesellschafter der Kenya Potato Company Ltd. haben aber bei der Deutschen Entwicklungsgesellschaft ein beteiligungsähnliches Darlehen beantragt und ihr hierzu im November 1966 prüfungsfähige Unterlagen zugeleitet. Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft hat sich darauf im März 1967 zur Gewährung des Darlehens unter bestimmten Bedingungen bereit erklärt. Weitere Einzelheiten, Herr Abgeordneter, kann ich' an dieser Stelle zu meinem Bedauern nicht bekanntgeben, weil die Deutsche Entwicklungsgesellschaft ein bankähnliches Institut ist, dem eine weitgehende Verschwiegenheitspflicht obliegt. Die Geschäftsführung der Deutschen Entwicklungsgesellschaft ist aber gern bereit, Ihnen, Herr Abgeordneter, in einem persönlichen Gespräch Einzelheiten des Vorhabens mitzuteilen, falls die Geschäftspartner der Deutschen Entwicklungsgesellschaft damit einverstanden sind.
Über einen Antrag auf Absicherung der politischen Risiken für die Kapitalanlage in Kenya ist auf Bitten der ,Antragsteller noch nicht entschieden worden. Sonstige Förderungsmaßnahmen standen bisher auch nicht zur Diskussion.
Die Bundesregierung begrüßt jede von deutschen Unternehmern in Entwicklungsländern ergriffene privatwirtschaftliche Initiative. Sie ist bereit, gemeinsam mit den betreffenden Investoren, die die Bundesregierung jedoch zunächst über die wirtschaftlichen Grundlagen der Investition und über alle bedeutsamen Einzelheiten unterrichten müßten, zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen die für Auslandsinvestitionen zur Verfügung stehenden Förderungsmaßnahmen eingesetzt werden können, um das Vorhaben wieder auf eine gesunde Grundlage zu stellen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510207800
Keine Zusatzfrage.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen. Zunächst die Frage XI/1 des Abgeordneten Dr. Rutschke:
Welche Konsequenzen müßten nach Ansicht der Bundesregierung aus der Feststellung des Kölner Instituts fur gewerbliche Wasserwirtschaft gezogen werden, wonach die Verschmutzung des Rheins derart gefährliche Ausmaße annimmt, daß die Trinkwasserversorgung ganzer Städte auf dem Spiel steht?
Bitte, Frau Ministerin!

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510207900
Bei der Pressemeldung, auf die sich Herr Kollege Rutschke bezieht, handelt es sich um den Bericht über die Forschungsarbeit eines Wissenschaftlers, der u. a. festgestellt hat, daß durch die Einleitung industrieller Abwässer die Selbstreinigung des Rheins gehemmt wird. Die Kosten der Trinkwasseraufbereitung sind um so höher, je stärker die Verschmutzung ist. Die sich aus der Verminderung der Selbstreinigung ergebende Konsequenz ist, daß die Sanierung der Abwasserverhältnisse verstärkt fortgesetzt werden muß. Daß sich bisher keine Bedrohung der Trinkwasserversorgung ergeben hat, ist sowohl der intensiven Forschung auf



Bundesminister Frau Strobel
diesem Gebiet als auch der fachkundigen Arbeit der Werke zu verdanken, die für die Trinkwasserversorgung unmittelbar oder mittelbar auf das Rohwasser aus den Flüssen angewiesen sind.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510208000
Ich bitte doch, die Richtlinien für die Fragestunde zu beachten und mitzuteilen, wenn der Fragesteller nicht anwesend ist und die Frage von jemand anderem übernommen wird. Sonst kommt der amtierende Präsident in Schwierigkeiten. — Herr Opitz, Sie haben die Frage übernommen? — Bitte sehr!

Rudolf Opitz (FDP):
Rede ID: ID0510208100
Frau Ministerin, demnach teilt also das Ministerium nicht die Meinung, daß die Trinkwasserversorgung ganzer Städte gefährdet ist?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510208200
Im Augenblick nicht.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510208300
Herr Abgeordneter
Ramms!

Egon Wilhelm Theodor Ramms (FDP):
Rede ID: ID0510208400
Frau Ministerin, wissen Sie, daß das Wasser der Ruhr vom Speichersee bis zur Mündung siebenmal verbraucht wird?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510208500
Herr Kollege, ich weiß nicht, wie ich eine solche Frage beantworten soll. Es ist bekannt, daß die Verunreinigung der Gewässer stellenweise ganz besonders. stark ist. Aber es ist auch bekannt, daß die für die Trinkwasserversorgung notwendige Aufbereitung erfolgt, daß allerdings noch nicht genügend Abwasserreinigungsanlagen an unseren Flüssen bestehen.

Egon Wilhelm Theodor Ramms (FDP):
Rede ID: ID0510208600
Das wollte ich wissen. Schönen Dank!

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510208700
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage XI/2 des Abgeordneten Spitzmüller auf:
Was müßte nach Ansicht der Bundesregierung in Deutschland und auf internationaler Ebene geschehen, um die sich in letzter Zeit wieder mehrenden Pockenalarme künftig zu verhindern?
Frau Ministerin!

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510208800
Herr Kollege Spitzmüller, ich darf auf Ihre Frage antworten, daß nur die völlige Ausrottung der Pocken, die sich die Weltgesundheitsorganisation in einem Zehnjahresprogramm zum Ziel gesetzt hat, die Gefahr der Pockeneinschleppung völlig beseitigen kann.
Um den Impfschutz zu verstärken, darf seit dem 1. Januar dieses Jahres für Pockenimpfungen im internationalen Reiseverkehr nur noch ein Impfstoff verwandt werden, der bestimmten Mindestanforderungen entspricht. Im Merkblatt Nr. 23 des Bundesgesundheitsamtes wird auch für die Wiederimpfung die Nachschau empfohlen. Es erhebt sich natürlich
die Frage, ob diese Nachschau zur Pflicht gemacht werden kann und soll. Bisher ist eine solche Ergänzung der internationalen Vorschriften nicht erreicht worden. Ich prüfe allerdings jetzt, ob und wie eine innerstaatliche Regelung möglich und zweckmäßig ist.
Da auch die Impftechnik eine Rolle für den Impferfolg spielt, ist von mir mit der Bundesärztekammer abgesprochen worden, daß in einer gemeinsamen Veröffentlichung, die in Abständen wiederholt werden soll, die Ärzte auf die Wichtigkeit sorgfältiger Impfung und alle damit zusammenhängenden Probleme hingewiesen werden. Die Bundesregierung hat schon bisher alljährlich, insbesondere zu Zeiten des Weihnachtsurlaubs, den Familien von Urlaubern und Heimkehrern aus Pockenepidemiegebieten empfohlen, sich vorsorglich nachimpfen zu lassen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510208900
Herr Spitzmüller!

Kurt Spitzmüller (FDP):
Rede ID: ID0510209000
Frau Ministerin, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Gefahr der Einschleppung von Pocken weitgehend abgeschwächt werden könnte, wenn eine Nachschau international oder auf deutscher Ebene erreicht würde? Denn die Impfung allein besagt noch nichts. Vielmehr müßte der Erfolg der Impfung kontrolliert werden.

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510209100
Herr Kollege Spitzmüller, ich hoffe, daß eine größere Schutzgarantie gegeben ist, wenn man eine solche Nachschau erreicht. Ich weiß, daß dies innerhalb der Weltgesundheitsorganisation schon versucht worden ist. Die Weltgesundheitsorganisation konnte sich dazu aber nicht bereit finden, weil die Frage aufgetaucht ist: Was geschieht, wenn die Nachschau ergibt, daß die Impfung nicht angegangen ist? Darauf sind auch von den Fachleuten leider noch keine endgültigen Antworten gegeben worden.
Deshalb sage ich ja: ich prüfe, ob wir nicht für unsere innerdeutschen Reisenden, die in Pockengebiete reisen, die Nachschau zur Pflicht machen können, — aber dann nicht auf Grund der internationalen Bestimmungen, sondern auf Grund unserer eigenen Gesetze.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510209200
Herr Spitzmüller!

Kurt Spitzmüller (FDP):
Rede ID: ID0510209300
Wären Sie auch bereit, zu prüfen, Frau Bundesministerin, ob es nicht sinnvoll wäre, daß im innerdeutschen Fluglinienverkehr wieder Passagierlisten angelegt werden, um im Notfall die Namen der möglichen Kontaktpersonen ersten Grades parat zu haben?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510209400
Herr Kollege Spitzmüller, es ist selbstverständlich, daß diese Frage in dem Zusammenhang wieder diskutiert wird. Die Aufhebung der innerdeutschen Passagierlisten hat uns als Fluggästen — das müssen wir alle zugeben — eigentlich doch



Bundesminister Frau Strobel
sehr zugesagt, weil damit die Abwicklung schneller geworden ist. Jetzt ergibt sich, daß sie auch Nachteile hat. Ich werde zusammen mit meinem Kollegen Leber einmal festzustellen versuchen, was sich hier zur Verbesserung tun läßt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510209500
Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen! — Darf ich die Fragesteller bitten, sich an die Mikrophone zu begeben, so daß man sie deutlich sehen kann.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0510209600
Ich danke Ihnen für den Hinweis, Herr Präsident.
Frau Ministerin, sind von Ihnen im Zusammenhang mit der Frage des Kollegen Spitzmüller auch noch einmal die Argumente der Impfgegner geprüft worden, die ja gerade in diesen Wochen wieder sehr stark vorgetragen worden sind?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510209700
Herr Kollege Schmitt, nicht nur in diesem Zusammenhang, sondern auch im Zusammenhang mit auftretenden Impfschäden und der Versorgung der Impfgeschädigten prüfen wir seit einigen Wochen diese Fragen. Auch der Gesundheitsausschuß des Bundestages hat sich mit der Impfschädenfrage befaßt. Ich denke, daß wir dazu bald einen Vorschlag machen können.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510209800
Herr Abgeordneter Dr. Rinderspacher.

Dr. Fritz Rinderspacher (SPD):
Rede ID: ID0510209900
Frau Ministerin, welche Praktiken gibt es in bezug auf die Impfung, und welche Erfahrungen in bezug auf die Pockenimpfung hat man in vergleichbaren anderen Industrieländern gemacht?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510210000
Ich kann nicht sagen, daß es in den anderen Ländern wesentlich andere Erfahrungen gibt, da diese Länder alle den internationalen Vereinbarungen der Weltgesundheitsorganisation angeschlossen sind und sich an die Bestimmungen halten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510210100
Herr Dr. Rinderspacher!

Dr. Fritz Rinderspacher (SPD):
Rede ID: ID0510210200
Sind also in anderen Ländern Nachimpfungen oder Nachschauen nicht vorgeschrieben?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510210300
In anderen Ländern sind Impfungen genauso wie bei uns vorgeschrieben, wenn man in Länder reist, in denen diese Impfung verlangt wird, und wenn man zu uns zurückkehrt. Die Nachschau ist nach den internationalen Bestimmungen der WHO nicht vorgeschrieben. Auch auf ein Ersuchen von uns hat man sich dort nicht dazu entschließen können. Man hat lediglich gesagt, man solle den Impflingen und den Ärzten die Nachschau empfehlen.
Auch andere Länder sind gemäß ihren Verfassungsbestimmungen wie wir an die internationalen Bestimmungen dann gebunden, wenn sie beigetreten sind.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510210400
Ich rufe Frage XI/3 des Herrn Abgeordneten Rollmann auf:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach amerikanische Pharmazeutika erst einmal auf dem europäischen Markt angeboten und getestet werden, bevor sie auf dem amerikanischen Markt erhältlich sind?
Frau Ministerin, bitte!

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510210500
Herr Kollege Rollmann, es ist zutreffend, daß seit dem Jahre 1963 einzelne Arzneimittelspezialitäten, die von amerikanischen Herstellern entwickelt worden sind, in europäischen Ländern erstmalig auf den Markt gekommen sind. Die Hauptursache dafür war die Verzögerung in der Bearbeitung der Vertriebserlaubnis durch die amerikanische Zulassungsbehörde. Auf Grund dieser Sachlage haben sich amerikanische Firmen durch ihre Tochtergesellschaften oder durch Lizenznehmer gleichzeitig in den Vereinigten Staaten und in einem europäischen Land um die Zulassung zum Verkehr bemüht und diese in dem europäischen Land früher als in den Vereinigten Staaten erhalten. Es waren also — soweit wir das feststellen konnten — überwiegend verwaltungsmäßige Hindernisse in den Vereinigten Staaten, die in den erwähnten Fällen Anlaß dazu gaben. Diese Vorgänge, so meine ich, rechtfertigen nicht die Schlußfolgerung, daß die Arzneimittelprüfung in den europäischen Ländern weniger sorgfältig wäre als in den USA.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510210600
Herr Abgeordneter Kiep!

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0510210700
Frau Ministerin, sind Fälle bekannt, in denen ein pharmazeutisches Mittel, das hier bei uns in der Bundesrepublik eingeführt war, wieder aus dem Verkehr gezogen wurde, nachdem die amerikanischen Behörden die Genehmigung für den amerikanischen Markt abgelehnt haben?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510210800
Nein, es ist kein solcher Fall bekannt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510210900
Keine weiteren Fragen.
Ich rufe die Frage XI/4 des Abgeordneten Dr. Bechert (Gau-Algesheim) auf:
Besteht für die durch das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelegten Ölleitungen Gefährdungshaftung durch die für den Betrieb verantwortlichen Gesellschaften?
Bitte, Frau Ministerin!

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510211000
Herr Kollege Bechert, es besteht eine Gefährdungshaftung nach § 22 Abs. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes für den Fall, daß Öl aus einer Ölleitung in ein Gewässer gelangt und daraus einem anderen ein Schaden entsteht. Die Haftung gilt auch für reine Vermögensschäden und ist der Höhe nach



Bundesminister Frau Strobel
nicht begrenzt. Die für den Betrieb der Ölleitung verantwortliche Gesellschaft ist als Inhaber der Anlage und damit als Ersatzpflichtiger in einem Schadensfall anzusehen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510211100
Herr Dr. Bechert!
Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) : Frau Ministerin, in welcher Weise sind dann die Schäden und die Ansprüche aus den Unfällen geregelt worden, die die ENI-Ölleitung — also die Leitung, die von Genua nach Ingolstadt geht — bisher verursacht hat? Ist das befriedigend geregelt worden?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510211200
Herr Kollege Bechert, bei den beiden Ölunfällen in Dürrlauingen und in Völklingen, über die wir in einer Fragestunde hier ja schon einmal gesprochen haben, konnten wasserwirtschaftliche Schäden im wesentlichen durch vorsorgliche Abwehrmaßnahmen der örtlichen Ölwehren und Feuerwehren abgewendet werden. Für diese Abwehrmaßnahmen sind in jedem Einzelfall etwa 250 000 DM Kosten entstanden. Die Ansprüche auf Ersatz dieser Kosten sind bei der Versicherungsgesellschaft der Firma Süd-Petrol als sogenannte Rettungskosten angemeldet. Nach der wasserrechtlichen Genehmigung zur Errichtung der Ölleitung war die Firma Südpetrol verpflichtet worden, für die Erdölfernleitung eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, die Ersatzrechte von Geschädigten für jedes Schadensereignis bis zum Betrag von mindestens 10 Millionen DM abdecken muß.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510211300
Herr Abgeordneter Dr. Bechert!
Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) : Ist die in der Fragestunde des Bundestages anläßlich des vorigen Ölunfalles der ENI geforderte Überwachung des Betriebs der Ölleitung durch deutsche Sachverständige sichergestellt?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510211400
Die geforderte Überwachung des Betriebs der Ölfernleitung ist sichergestellt. In der Betriebszentrale Altheim kann der Betrieb der Ölleitung jederzeit kontrolliert werden. Bei den alle drei Monate stattfindenden Druckprüfungen der Leitung ist der Technische Überwachungsverein beteiligt. Dabei können selbst kleine Verlustmengen festgestellt werden. Dem Ausschuß für Gesundheitswesen geht in diesen Tagen der zugesagte Bericht über die Ölunfälle in Dürrlauingen und Völklingen zu, der sich auch ausführlich mit den Sicherheitseinrichtungen beschäftigt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510211500
Herr Abgeordneter Spitzmüller!

Kurt Spitzmüller (FDP):
Rede ID: ID0510211600
Frau Ministerin, ist Ihnen bekannt, ob auch eine verantwortliche Gesellschaft besteht, die die Gefährdungshaftung für die NATO-
Pipeline, die demnächst in Baden-Württemberg eröffnet wird, übernimmt?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510211700
Mir ist das in diesem Einzelfall nicht bekannt, aber grundsätzlich wird für jede Ölfernleitung eine Gefährdungshaftung sichergestellt werden müssen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510211800
Herr Abgeordneter Moersch!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0510211900
Ich frage, Frau Ministerin, ob ich aus Ihrer Antwort schließen kann, daß in diesem Falle die NATO oder das Verteidigungsministerium die Haftung übernimmt.

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510212000
Ich kann Ihnen diese Frage leider nicht beantworten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510212100
Keine weitere Zusatzfrage?
Nun noch die Frage VI der Drucksache V/1620 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen:
Ergeben sich aus dem Auslaufen von Heizöl in den Main bei Flörsheim in den letzten Tagen Folgerungen für die Bestimmungen zum Schutz der Gewasser?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510212200
Herr Kollege Schmitt, nach meiner Information sind beim Füllen im Shell-Hafen Flörsheim am 4. April 1967 rund 50 000 t Heizöl übergelaufen und zum Teil in den Main gelangt. Näheres über die Unfallursache ist mir nicht bekannt. Es ist Sache des Landes Hessen, die Unfallursache zu prüfen und festzustellen, ob bestehende Bestimmungen verletzt wurden und ob die geltenden Sicherheitsbestimmungen genügen.
Die Rahmenkompetenz des Bundes reicht nicht aus, Sicherheitsbestimmungen zum Schutz der Gewässer gegen das Auslaufen von Öl zu erlassen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510212300
Herr Schmitt-Vokkenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0510212400
Würden Sie, Frau Ministerin, mit mir bedauern, daß die Verbesserung der Kompetenzlage durch den Bundestag nicht geglückt ist?

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0510212500
Herr Kollege Schmitt, ich glaube, Sie wissen, daß ich das bedaure.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510212600
Keine weitere Frage aus diesem Geschäftsbereich.
Wir kommen zu der verbliebenen Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes, die vom Bundesminister des In-



Vizepräsident Schoettle

Fritz-Rudolf Schultz (FDP):
Rede ID: ID0510212700

Welche Aufgabe erfullen zur Zeit die Beamten und Angestellten des ehemaligen Bundesministeriums für die Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510212800
Die Aufgaben des bisherigen Bundesministeriums für die Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates, Herr Kollege Schultz, sind durch Erlaß des Bundeskanzlers vom 6. Januar dieses Jahres auf das Bundeskanzleramt übertragen worden.
Gleichzeitig hat Staatssekretär Dr. Mercker den Auftrag erhalten, im Einvernehmen mit dem Chef des Bundeskanzleramtes alle personellen und sachlichen Maßnahmen zu treffen, die zur Auflösung des Bundesministeriums für die Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates und zur Eingliederung seiner Aufgaben in das Bundeskanzleramt erforderlich sind.
Die wesentliche Aufgabe des bisherigen Bundesministeriums für die Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates war bekanntlich die Koordinierung der Landesverteidigung. Das noch bei der Dienststelle beschäftigte Personal ist mit Aufgaben betraut, die sich aus dieser Zuständigkeit des bisherigen Bundesministeriums für die Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates ergeben. Das auf die Dauer oder vorübergehend hierfür nicht benötigte Personal wurde an andere Dienststellen versetzt oder abgeordnet.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510212900
Herr Abgeordneter Schultz!
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß die Aufgaben der Koordinierung der Landesverteidigung nunmehr im Bundeskanzleramt wahrgenommen werden? Oder haben die Beamten, die dorthin gekommen sind, inzwischen andere Aufgaben zugewiesen bekommen?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510213000
Ich habe bereits gesagt, Herr Kollege Schultz, daß der Herr Staatssekretär Dr. Mercker den besonderen Auftrag hat, die Eingliederung der bisher von diesem Ministerium wahrgenommenen Aufgaben in das Bundeskanzleramt vorzunehmen, so daß sich die Aufgabenstellung der damit beschäftigten Beamten in diesem Bereich ergibt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510213100
Herr Abgeordneter Schultz!
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Darf ich fragen, Herr Staatssekretär, ob damit auch gemeint ist, daß sich Herr Staatssekretär Mercker auch selber in das Bundeskanzleramt eingliedert und die Aufgabe, die er bisher gehabt hat, dort weiter wahrnimmt.

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510213200
Der Herr Bundeskanzler hat veranlaßt, daß Herr Staatssekretär Mercker, der wesentlich mit dem Aufbau des für die Aufgaben des bisherigen Ministeriums für die Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates notwendigen Apparates beschäftigt war, nunmehr beauftragt worden ist, im Einvernehmen mit dem Chef des Bundeskanzleramtes Vorschläge für die künftige Organisation dieser Aufgabe vorzulegen. Dann wird über die von Ihnen gestellte Frage weiter entschieden werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510213300
Keine weitere Zusatzfrage? — Die nächsten Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern, die Fragen XIII/1, XIII/2 und XIII/3 des Abgeordneten Liehr, werden im Einvernehmen mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet.
Welche Bedeutung mißt die Bundesregierung dem Fernunteirichtswesen nach Art, Umfang und Qualität bei?
In welcher Weise können die Bildungswilligen vor Benachteiligungen durch unseriöse Fernunterrichtsinstitute geschützt und in der Bereitschaft, sich weiter zu bilden, gefördert werden?
Befürwortet die Bundesregierung eine Entwicklung, die das Fernunterrichtswesen in unser Schulsystem integriert, oder gibt sie anderen Ordnungsvorstellungen den Vorzug?
Die Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 6. April 1967 lautet:
Die Bundesregierung betrachtet, wie die Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung und meines Ministeriums bereits in früheren Fragestunden zum Ausdruck brachten, den Fernunterricht als eine bedeutsame Ergänzung unseres Bildungswesens. Sie sieht sich in dieser Auffassung bestärkt durch die Erfolge, die der Fernunterricht auch im Ausland zu verzeichnen hat. Ihr besonderes Interesse gilt zur Zeit der beruflichen Fortbildung durch Fernlehrgänge, deren Teilnahme im Rahmen des vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung entwickelten Förderungsprogramms durch Beihilfen gefördert werden kann (Individuelles Förderungsprogramm).
Teilnehmer am Fernunterricht genießen Schutz vor unseriösen Instituten durch strafrechtliche Bestimmungen und Vorschriften irber den unlauteren Wettbewerb. Darüber hinaus prüfen die Kultusminister der Länder, ob auch auf Grund gewerberechtlicher Vorschriften oder etwa durch Errichtung einer oder meherer Prüfstellen die Zuverlässigkeit von Fernlehrgängen überwacht werden könnte. Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn hierdurch in Kürze eine befriedigende Regelung herbeigeführt werden könnte.
Im Rahmen des erwähnten „Individuellen Förderungsprogramms" wird dem Schutz der Teilnehmer schon Rechnung getragen; die Institute müssen bestimmte Mindestanforderungen in fachlicher Hinsicht erfüllen und den Lehrgangsteilnehmern angemessene Kündigungen gewährleisten. Derartige Regelungen dürften — gemeinsam mit einer gezielten Bildungswerbung — die Bereitschaft der Interessenten zur Teilnahme an Fernkursen steigern. Die beste Werbung wird aber immer in den tatsächlichen Studienerfolgen zu sehen sein.
Eine Einordnung des Fernunterrichts in das System der allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen wäre Sache der Länder. Die Bundesregierung kann hierzu nur Vorschläge im Rahmen der Bildungsplanung für das ganze Bundesgebiet machen, also insbesondere im Deutschen Bildungsrat Anregungen geben. Welcher Organisationsform dabei der Vorzug zu geben wäre, wird von den Erfahrungen abhängen, die derzeitig und künftig mit den Fernunterrichtseinrichtungen regionaler wie überregionaler Art gemacht werden.
Ich rufe die Frage XIII/4 des Abgeordneten Ertl auf:
Welche Konsequenzen müssen nach Ansicht der Bundesregierung aus dem Gutachten von Prof. Obermayer gezogen werden, wonach die Konfessionsschulen verfassungswidrig sind?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510213400
Ich nehme an, Herr Kollege Ertl, daß es sich bei dem von Ihnen bezeichneten Gutachten um das Gutachten handelt, das Herr Professor Dr. Klaus Obermayer im Auftrage



Parlamentarischer Staatssekretär Benda
des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes erstattet hat. In diesem Gutachten hat Herr Professor Obermayer in der Tat die Auffassung vertreten, daß Art. 135 Abs. i der Bayerischen Verfassung und die Bestimmungen des neuen Bayerischen Volksschulgesetzes die in Art. 4 Abs. 1 des Grundgesetzes gewährleistete Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit verletzten. Andererseits hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof in einer neueren Entscheidung die gegenteilige Auffassung vertreten, nämlich festgestellt, daß das Bayerische Volksschulgesetz mit der Bayerischen Verfassung in Einklang stehe.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung Band 6 der Amtlichen Sammlung, Seite 339, festgestellt, daß die Erfüllung eines von der Glaubensüberzeugung und der religiösen Verantwortung für das Kind diktierten Wunsches von Erziehungsberechtigten, ihre Kinder an einer Schule unterrichten zu lassen, in der die Kinder eines Bekenntnisses unterrichtet werden, an der Lehrkräfte ebenfalls eines Bekenntnisses unterrichten und in der nicht nur der Religionsunterricht, sondern der gesamte Unterricht und die Erziehung dem Geiste dieses Bekenntnisses entspreche, nicht dem Grundrecht der Gewissensfreiheit widerspreche.
Dies, wie gesagt, ein nicht wörtliches, aber dem Inhalt genau entsprechendes Zitat aus der Amtlichen Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts.
Das Bundesministerium des Innern verfolgt selbstverständlich die sich aus Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage ergebenden Auffassungen. Das Bundesinnenministerium sieht jedoch keinen Anlaß, Konsequenzen aus dem Gutachten von Herrn Professor Dr. Obermayer zu ziehen.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0510213500
Herr Staatssekretär, ich darf aus Ihrer Antwort entnehmen, daß sie also anderer rechtlicher Auffassung sind als Herr Professor Ober-mayer, und 'darf in dem Zusammenhang auch gleich weiter fragen: Meinen Sie nicht, daß diese Frage gerade im Zusammenhang mit der jüngsten Note des Vatikans von besonderer Aktualität ist und daß die Bundesregierung jetzt erst recht verpflichtet ist, mit der Zielsetzung, die christliche Gemeinschaftsschule zur Regelschule zu machen, zu verhandeln?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510213600
Ich habe keinen Zweifel daran, Herr Kollege Ertl, daß die Frage eine durchaus aktuelle Bedeutung hat im Lichte von Vorgängen, die Sie erwähnt haben. Im übrigen glaube ich, daß das Bundesministerium des Innern als das für Fragen der Verfassung zuständige Ministerium immer auf einem guten Boden steht, wenn es sich an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hält.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510213700
Herr Abgeordneter Ertl!

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0510213800
Darf ich aus Ihrer letzten Antwort wiederum entnehmen, daß Sie von sich aus keine Schritte zur Herbeiführung einer Regelung unternehmen?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510213900
Wenn Sie mich persönlich fragen, Herr Kollege Ertl, darf ich sagen, daß ich nunmehr seit sechs Stunden in meinem neuen Amte bin und noch keinen Anlaß und keine Gelegenheit gehabt habe, diese spezielle Frage mit den zuständigen Herren meines Hauses zu erörtern.

(Beifall bei der CDU/CSU.) Vizepräsident Schoettle: Zwei Fragen!


Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0510214000
Wären Sie dann aber so freundlich, mir schriftlich eine Meinung Ihres Herrn Ministers zukommen zu lassen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510214100
Ich bin, Herr Kollege, zu jeder Freundlichkeit bereit.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510214200
Im übrigen, Herr Kollege, wenn ich sage, Sie hatten zwei Fragen, können Sie nicht noch eine dritte stellen.
Herr Moersch!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0510214300
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer letzten Antwort entnehmen, daß offensichtlich auch kein Zusammenhang zwischen der Meinung des Herrn Professors Obermayer und der Ankündigung des Herrn Bundesinnenministers über die geplante und notwendige Neuordnung des Verhältnisses von Kirche und Staat besteht?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510214400
Mir ist von einem solchen Zusammenhang nichts bekannt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510214500
Keine weitere Frage.
Die nächsten Fragen — XIII/5, 6 und 7 — des Abgeordneten Hellenbrock.
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Außenwirtschaft in ihren Bemühungen um Ostkontakte die Einreisebestimmungen, insbesondere die Modalitäten für die Visaerteilung an einreisende Kaufleute aus Ostblockländern (mit denen die Bundesrepublik keine diplomatischen Beziehungen unterhält), hinderlich sind?
Ist es der Bundesregierung bekannt, daß auch Angehörige der in Frage XIII/5 erwähnten Länder, so u. a. auch Handelsvertretungen dieser Staaten bei ihren Bemühungen um die Herstellung von wirtschaftlichen Beziehungen darüber Klage führen, daß die Visaerteilung zu lange dauert, Verlängerungsanträge ebenfalls Schwierigkeiten bereiten und hierbei auf die Freizügigkeit der Ostblockstaaten in der Visaerteilung verweisen?
Ist die Bundesregierung bereit, die Anregung zu prüfen, daß zur Entgegennahme von Visaanträgen aus den Ostblockstaaten generell die deutschen Handelsvertretungen ermächtigt werden, wie es z. B. im Falle Rumänien bislang der Fall war?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.



Vizepräsident Schoettle
Ich rufe die Frage XIII/8 des Abgeordneten Seidel auf:
Sind der Bundesregierung die kommunalen Schwierigkeiten der Stadt Zirndorf bekannt, die ihr durch die nachteiligen Auswirkungen des Ausländerlagers täglich entstehen?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510214600
Darf ich, Herr Präsident, vorschlagen, die Fragen 8 bis 10, die den gleichen Sachverhalt betreffen, zusammen beantworten zu können?

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510214700
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Fragen XIII/9 und XIII/ 10 auf:
Ist die Bundesregierung bereit, um die Stadt Zirndorf zu entlasten, ein zweites Ausländerlager außerhalb Bayerns zu errichten?
Ist die Bundesregierung bereit, Vorsorge zu treffen, damit die obdachlosen Ausländer der Stadt Zirndorf nicht zur Last fallen?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510214800
Zunächst zur Frage 1. Herr Kollege Seidel, der Bundesregierung sind in neuerer Zeit besondere kommunale Schwierigkeiten der Stadt Zirndorf auf Grund des dort befindlichen Sammellagers für Ausländer nicht bekanntgeworden. Die Bundesregierung hat der Stadt Zirndorf in den vergangenen Jahren als Ausgleich für die durch das Lager entstandenen Kosten insgesamt 130 000 DM zur Verfügung gestellt. Diese Mittel sind für den Ausbau der Versorgungseinrichtungen in Zirndorf verausgabt worden.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat mitgeteilt, daß auch in bezug auf die öffentliche Sicherheit in neuerer Zeit besondere Schwierigkeiten nicht mehr bekanntgeworden seien. Seit 1965 werden die Sicherheitsaufgaben im Lager von der bayerischen Landpolizei wahrgenommen.
Für die polizeilichen Aufgaben der Stadt Zirndorf außerhalb des Lagers hat die Stadt drei Polizeibeamte zusätzlich eingestellt, die vom bayerischen Staat bezahlt werden.
Auf Ihre zweite Frage, ob die Bundesregierung bereit ist, um die Stadt Zirndorf zu entlasten, ein zweites Ausländerlager außerhalb von Bayern zu errichten, darf ich antworten, daß insoweit die rechtlichen Möglichkeiten der Bundesregierung zur Errichtung eines Ausländerlagers begrenzt sind, da nach § 39 des Ausländergesetzes die Bundesregierung, und zwar mit Zustimmung des in Betracht kommenden Landes, nur für solche asylsuchenden Ausländer ein Sammellager errichten kann, deren Anwesenheit im Lager für die ordnungsgemäße Durchführung ihres Anerkennungsverfahrens erforderlich ist.
Das Problem liegt darin, daß die Kapazität des Lagers Zirndorf für diesen Personenkreis nur zu einem Teil in Anspruch genommen wird. In dem Lager befinden sich in einem erheblichen Umfange auch solche Ausländer, die für das Anerkennungsverfahren gar nicht mehr benötigt werden, da die Vernehmungen und Ermittlungen bereits abgeschlossen sind. Nur für diesen zweiten Personenkreis stellt sich die Frage der Errichtung eines zweiten Ausländerlagers.
Die Bundesregierung ist an einer solchen Maßnahme durchaus interessiert, hat aber die entsprechenden rechtlichen Schranken zu beachten, die ich dargestellt habe. Die Bundesregierung hat jedoch der Bayerischen Staatsregierung mitgeteilt, daß sie ein Ersuchen des Freistaates Bayern an die anderen Länder, ein Ausländerlager für den soeben bezeichneten Personenkreis zu errichten, nachdrücklich unterstützen würde. Zusätzlich hat die Bundesregierung eine Reihe von Maßnahmen .zur Entlastung des Lagers und damit der Stadt Zirndorf, deren Schwierigkeiten durchaus erkannt werden, eingeleitet oder vorgeschlagen, über die ich im Augenblick nicht im einzelnen vortragen möchte.
Zur dritten Frage: Die Bundesregierung ist in dieser Frage nicht zuständig. Diese Aufgabe obliegt ausschließlich der zuständigen Ordnungsbehörde sowie dem zuständigen örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträger in Bayern.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510214900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Seidel.

Max Seidel (SPD):
Rede ID: ID0510215000
Herr Staatssekretär, sind Ihnen die diesbezüglichen Berichte des Landratsamts Fürth an das Bayerische Staatsministerium des Innern bekannt, und wenn nicht, wären Sie bereit, diese Berichte anzufordern?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510215100
Dafür gilt das, was ich dem Kollegen Ertl in anderem Zusammenhang gesagt habe. Ich bin selbstverständlich bereit, dieser Frage und dem von Ihnen gegebenen Hinweis nachzugehen.

Max Seidel (SPD):
Rede ID: ID0510215200
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß es unter den Ausländern, die nach Zirndorf kommen, Auswanderungswillige gibt, die aber in der Stadt verbleiben, weil im Bundesgebiet keine Heimstätte für Auswanderer vorhanden ist?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510215300
Ich beziehe mich auf meine Antwort zu Ihrer vorigen Frage. Ich werde auch dieser Frage selbstverständlich nachgehen.

Max Seidel (SPD):
Rede ID: ID0510215400
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, um die Stadt Zirndorf zu entlasten, im. Benehmen mit den Ländern das Verteilungsverfahren so zu verbessern, daß der Stadt mit ihren 14 500 Einwohnern nicht mehr 600, sondern nur noch 200 bis 250 Personen im Ausländerlager zugemutet werden?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510215500
Auch insoweit kann ich nur eine Prüfung Ihrer Anregung gern in Aussicht stellen.

Max Seidel (SPD):
Rede ID: ID0510215600
Herr Staatssekretär, würden Sie mit den Ländern die Vereinbarung treffen, daß die



Seidel
Abschiebung von Ausländern durch die Ausländerbehörden anderer Stadt- und Landkreise nach der Stadt Zirndorf unterbleibt?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510215700
Ich darf Ihnen die gleiche Antwort geben, Herr Kollege.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510215800
Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, Herr Abgeordneter Seidel: Das Wort erteilt in diesem Hause der Präsident, auch in der Fragestunde. — Bitte, jetzt haben Sie das Wort.

Max Seidel (SPD):
Rede ID: ID0510215900
Herr Staatssekretär, welche Möglichkeiten sehen Sie, die im Bundeslager Zirndorf wegen Erlangung des Asylrechts untergebrachten Ausländer, deren Aufenthalt dort, wie Sie schon gesagt haben, für das weitere Verfahren nicht mehr erforderlich ist, ebenfalls nach dem sonst geltenden Schlüssel auf die einzelnen Bundesländer zu verteilen?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510216000
Es handelt sich in der Tat, wie Sie richtig annehmen, Herr Kollege Seidel, um das entscheidende Problem. Aus meiner Sicht — und .das ergibt sich, wie ich glaube, aus der Antwort, die ich zunächst gegeben habe — ist dieses Problem wohl nur durch die Errichtung weiterer Unterbringungsmöglichkeiten und dann allerdings durch eine sachentsprechende Verteilung zu lösen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510216100
Die Frage XIII/11 des Abgeordneten Brück (Holz) ist vom Fragesteller zurückgezogen.
Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Zunächst die Frage XIV/1 des Abgeordneten Jung:
Teilt das für das Mietrecht zuständige Bundesministerium die in letzter Zeit mehrfach öffentlich vorgetragenen Ansichten des Bundeswohnungsbauministers zu diesem Thema?
Ist der Abgeordnete Jung im Saal? — Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der Justiz.

Dr. Gustav W. Heinemann (SPD):
Rede ID: ID0510216200
Herr Kollege, die Bundesregierung steht anläßlich einer vom Bundesrat ergriffenen Gesetzesinitiative zur Änderung des sozialen Mietrechts vor der Aufgabe, dazu Stellung zu nehmen. In dieser Stellungnahme wird die Bundesregierung einen eigenen Gesetzesvorschlag bringen. Die letzten Fragen dazu sind innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeklärt, stehen aber kurz .vor dem Abschluß.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510216300
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Jung.

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0510216400
Herr Minister, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß die Bundesregierung nach wie vor zum sogenannten Lücke-Plan steht?

Dr. Gustav W. Heinemann (SPD):
Rede ID: ID0510216500
Wir müssen da, glaube ich, in die Einzelheiten eingehen. Auch die Bundesregierung wird in Beantwortung dessen, was der Bundesrat vorgeschlagen hat, selber zu ,dem derzeitigen Gesetzeszustand Änderungsvorschläge unterbreiten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510216600
Keine weitere Frage. Ich rufe die Fragen des Abgeordneten Stiller auf:
Teilt die Bundesregierung die Meinung des Schriftstellers Dr. Enzensberger, welche er anläßlich der Verleihung des mit 6000 DM dotierten Nürnberger Kulturpreises zum Ausdruck gebracht hat, daß in unserem Land Personen wegen ihrer politischen Gesinnung vor Gericht gestellt werden, daß also die deutschen Gerichte permanent gegen die Artikel 4 und 5 des Grundgesetzes verstoßen?
Ist die Bundesregierung der Meinung, nachdem Herr Dr. Enzenberger die Summe des ihm gewidmeten Nürnberger Kulturpreises in Höhe von 6000 DM für die Unterstützung von Leuten, die wegen ihrer politischen Gesinnung in der Bundesrepublik vor Gericht gestellt worden sind, zur Verfugung stellen will, daß eine solche Verwendung kommunaler Haushaltsmittel für diesen Zweck politisch nicht verantwortbar und rechtlich nicht vertretbar ist?

Dr. Gustav W. Heinemann (SPD):
Rede ID: ID0510216700
Herr Kollege, das Grundgesetz macht weder den Bundestag noch die Bundesregierung nach jeweiligem Ermessen für alle Vorgänge zuständig, die sich in der Bundesrepublik ereignen. Das ist schon früher in Fragestunden hier festgestellt worden.
Die jetzt gestellte Frage läuft darauf hinaus, wer die politische oder die rechtliche Verantwortung für die Verwendung kommunaler Mittel in Nürnberg habe. Das kann nur die Stadt Nürnberg mit ihren politischen Organen sein. Die Bundesregierung enthält sich dazu einer Stellungnahme; insbesondere kann sie das, was in Nürnberg passiert, nicht zensieren.

(Beifall bei der SPD.) Vizepräsident Schoettle: Herr Abgeordneter Stiller.


Georg Stiller (CSU):
Rede ID: ID0510216800
Herr Minister, wird der Schriftsteller Dr. Enzensberger, nachdem er durch seine Behauptung, in der Bundesrepublik würden Personen wegen ihrer politischen Gesinnung verfassungswidrig vor Gericht gestellt, zweifellos dem Ansehen unseres Staates geschadet hat, noch weiterhin durch das Auswärtige Amt in befreundete Staaten als sogenannter Kulturträger entsandt werden?


Dr. Gustav W. Heinemann (SPD):
Rede ID: ID0510216900
Herr Kollege, das wäre wohl eine Frage, die das Auswärtige Amt beurteilen und beantworten müßte. Ich als Justizminister kann diese Frage nicht beantworten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510217000
Noch eine Frage.

Georg Stiller (CSU):
Rede ID: ID0510217100
Herr Bundesminister, ist der Bundesregierung bekannt, daß die Ausführungen des Schriftstellers Dr. Enzensberger, welche er anläßlich eines solchen Auftrages vor einiger Zeit in der bekanntlich sehr deutschfreundlichen Türkei über das heutige Deutschland gemacht hat, von .den türkischen Zuhörern mit Befremden aufgenommen wurden?




Dr. Gustav W. Heinemann (SPD):
Rede ID: ID0510217200
Das ist mir nicht bekannt.
Herr Präsident, ich muß noch die Antwort auf die Frage nachholen, ob die Bundesregierung die von Herrn Enzensberger vorgetragene Meinung teile, daß in der Bundesrepublik Personen lediglich wegen ihrer politischen Gesinnung verfolgt oder verurteilt würden. Darauf antworte ich mit einem runden Nein.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510217300
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Ott.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0510217400
Herr Bundesminister, wie denken Sie darüber, daß Enzensberger die Bundesrepubilk einmal mit einer Bananenrepublik verglichen hat?

Dr. Gustav W. Heinemann (SPD):
Rede ID: ID0510217500
Herr Kollege, solche im politischen Meinungskampf gefällten Urteile zu zensieren, ist nicht meine Aufgabe.

(Beifall bei der SPD und der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510217600
Die nächste Frage — XIV/4 — stellt der Abgeordnete Dröscher:
Wie hoch wird die Zahl der heute noch lebenden Versicherungsnehmer geschätzt, die ihre Altersversorgung auf Kapitalversicherungen von über 10 000 RM bei deutschen Lebensversicherungen aufgebaut hatten, und deren Vernichtung durch die Währungsreform hervorgerufen wurde, als sie schon zu alt waren, eine neue Vorsorge zu treffen — also etwa die Geburtsjahrgänge 1880 bis 1893?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Damit sind wir für heute am Ende der Fragestunde.
Wir kehren nun zu dem Punkt 2 der Tagesordnung zurück:
Zweite Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer)

— Drucksache V/48 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1582 — Berichterstatter: Abgeordneter Windelen
b) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuß)

— Drucksachen V/1581, zu V/1581 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Dr. h. c. Toussaint

(Erste Beratung 10. Sitzung)

Wir haben gestern die Beratung bei dem § 12 Abs. 2 Nr. 9 abgeschlossen.
Zu § 12 Abs. 2 liegt ein Antrag auf Umdruck 163 unter Ziffer 2 *) vor. Danach soll die Nr. 10 gestrichen werden. Es ist mir gesagt worden, die Streichung sei zwingend erforderlich.
') Siehe 101. Sitzung, Anlage 6
Der Änderungsantrag Umdruck 463 Ziffer 1 zu § 4 Nr. 11 ist zugunsten des Änderungsantrags 143 Ziffer 2 **) zurückgezogen worden. Wird dem zugestimmt? — Das ist der Fall.
Ich darf also feststellen, daß gemäß dem Änderungsantrag Umdruck 163 Ziffer 2 die Nr. 10 in § 12 Abs. 2 gestrichen wird. — Kein Widerspruch.
Damit kommen wir zu dem Antrag Umdruck 143 Nr. 11, wonach dem Abs. 2 folgende Nr. 11 angefügt werden soll: „die Leistungen gewerblicher Betriebe für die Städtereinigung und Müllabfuhr.". Wird zur Begründung des Antrags das Wort gewünscht? — Frau Funcke!

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0510217700
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Unter dem Gesichtspunkt, daß es sich um hoheitliche Aufgaben handelt, sind die von der öffentlichen Hand durchgeführten Arbeiten für die Müllbeseitigung und die Straßenreinigung steuerfrei. Wenn aber solche Aufgaben von den Kommunen an private Unternehmer übertragen werden, sollen sie nach den Vorschriften dieses Gesetzes mit 10 % besteuert werden. Das ist keine Frage der Besteuerung der Unternehmer — die können ja weiterwälzen —, sondern das ist eine ungleiche Besteuerung des Bürgers, dem der Müll abgeholt wird. Im einen Fall zahlt er die Gebühren netto und in dem anderen Fall mit einem Aufschlag von 10 %. Wir sind der Meinung, daß das nicht geht.
Da wir den Antrag, auch diese Leistungen völlig freizustellen, nicht durchgebracht haben, möchten wir bitten, die Müllabfuhr und Straßenreinigung durch private Unternehmer, soweit sie im Auftrag der Gemeinde erfolgt, im Interesse der Bürger in die 5-%-Liste aufzunehmen.

(Beifall bei der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510217800
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stecker.

Dr. Josef Stecker (CDU):
Rede ID: ID0510217900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es fällt mir in diesem Falle ganz besonders schwer, sehr verehrte Frau Kollegin, eine eine von der Ihrigen abweichende Meinung zu vertreten. Wir haben uns im Finanzausschuß ja mit vereinten Kräften darum bemüht, eine Gleichstellung dieser von privater Hand geleisteten Dienste mit den städtischen Diensten zu erreichen. Es ist in der Tat unbefriedigend, daß in den Fällen, in denen die Städte oder Gemeinden diese Aufgaben selbst durchführen, eine völlige Freistellung von der Steuer erfolgt, während da, wo
private Unternehmen das tun, eine volle Besteuerung stattfindet.
Aber ich kann diesem Antrag deswegen nicht zustimmen, weil er nur ein Einzelproblem anfaßt, nämlich das der Müllabfuhr. Ich kenne in meinem Bereich Fälle, in denen z. B. auch die Abwasserklärung für die Stadt mit auf privater Basis erfolgt. Ich sehe eigentlich nur eine Lösung, nämlich daß man auf die Dauer auch die öffentliche Hand dort besteuert, wo
**) Siehe 101. Sitzung, Anlage 5



Dr. Stecker
sie solche auch von Wirtschaftsunternehmen durchzuführenden Aufgaben löst. Aber das ist eine Sache, die nicht hier geregelt werden kann, sondern die wir vielleicht später einmal überprüfen sollten. Ich muß aus diesem Grunde bitten, den Antrag abzulehnen.

(Abg. Frau Funcke: Das ist nicht logisch! — Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Aber praktisch!)

— Ach, logisch bin ich meistens, gnädige Frau.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510218000
Herr Abgeordneter Spitzmüller!

Kurt Spitzmüller (FDP):
Rede ID: ID0510218100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wie schwer es dem Kollegen Stecker gefallen ist, für die Ablehnung zu plädieren, haben wir alle gemerkt. Ich möchte noch auf eines hinweisen. Es ist das auch ein Problem der Landbevölkerung. Nicht nur in meinem Landkreis, sondern weit darüber hinaus im ganzen Land ist es in der Regel so, daß die kreisfreien Städte oder die Großstädte eine städtische Müllabfuhr haben und sich die Gemeinden von weniger als 10- oder 20 000 Einwohnern zur Bewältigung der Müllabfuhr eines privaten Unternehmers versichert haben. Man sollte doch in diesem Nettoumsatzsteuergesetz nicht die Landbevölkerung mit der 10%igen Steuer belegen, während die Stadtbevölkerung keine Steuer auf die Müllabfuhr entrichten soll. Ich bitte also auch im Interesse der Bevölkerung auf dem flachen Lande, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510218200
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt (Wuppertal).

Dr. Otto Schmidt (CDU):
Rede ID: ID0510218300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem ist in Wirklichkeit sehr viel schwieriger, als es sich hier zunächst darbietet. Es handelt sich um den grundsätzlichen Unterschied von Gebühr und Preis. Der Preis richtet sich nach Marktgesetzen, und in den Preis geht zwangsläufig auch die Umsatzsteuer ein. Es würde in der Bundesrepublik selbstverständlich überhaupt nicht möglich sein, die Müllabfuhr auf privatwirtschaftlicher Basis zu betreiben, wenn sich nicht kostenmäßig ein Preis einschließlich Umsatzsteuer bilden könnte. Nur aus diesem Grunde können wir hier nicht ohne weiteres den privatwirtschaftlichen Bereich dem öffentlichen Bereich gleichsetzen. Tatsächlich wird es häufig so sein, daß die Gebührenlast für die öffentliche Müllabfuhr höher ist als der Preis plus Umsatzsteuer im privatwirtschaftlichen Bereich.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510218400
Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 143 Ziffer 11. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ein weiterer Antrag zu § 12 Abs. 2, und zwar auf Anfügung einer Nr. 12, liegt auf Umdruck 147 *) vor. Das Wort zur Begründung hat Frau Abgeordnete Funcke.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0510218500
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Bei diesem Antrag geht es darum, auf die Krankenanstalten, die nicht unter die Befreiung nach § 4 fallen, den ermäßigten Steuersatz von 5 % anzuwenden. Die Befreiungsvorschriften des § 4 erfassen den allergrößten Teil aller Krankenanstalten; nur 1,1 % der Krankenhausbetten fallen nicht unter diese Regelung. Unser Wunsch geht nun dahin, die große Diskrepanz im Steuersatz zwischen den steuerbefreiten 98,9 % der Krankenhausbetten einerseits und den mit 10 % versteuerten 1,1% andererseits zu überbrücken.
Nach § 4 Nr. 16 Buchstabe b sind Krankenanstalten dann befreit, wenn sie in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung dienen. Die Befreiung erstreckt sich aber auch auf die Betten der ersten Klasse in diesen Anstalten. Es ist nun nicht einzusehen, warum in einem städtischen Krankenhaus für das gesamte Bettenhaus der ersten Klasse der Steuersatz 0 gilt, während gleichzeitig bei den nicht begünstigten Krankenanstalten für Betten, die teilweise ebenfalls mit Kranken aus der Sozialversicherung belegt werden, ein Steuersatz von 10 % gilt. Wir haben Beispiele dafür, daß private Krankenanstalten aus finanziellen Gründen ihren Betrieb haben aufgeben müssen, in die öffentliche Hand übergegangen sind und dann den gleichen Verpflegungssatz bzw. Bettenpreis berechneten wie vorher. Es ist nicht einzusehen, warum ein Patient 10 % mehr soll zahlen müssen als ein anderer, obwohl Ausstattung und Charakter des Hauses unverändert bleiben und auch der Verpflegungssatz unverändert ist. Wir bitten also, eine Angleichung durch Einbeziehung jener 1,1 % der Krankenhausbetten in den ermäßigten Steuersatz von 5 % vorzunehmen.
Kostenmäßig kann diese Änderung angesichts der geringen Zahl der Krankenhausbetten, die davon betroffen sind, nicht viel ausmachen. Man würde damit aber der Bevölkerungsgruppe, die bei der schwierigen Frage der Abgrenzung von minderbemittelt und nicht minderbemitelt sowieso schon einer problematischen Differenzierung unterliegt, entgegenkommen und ihr einen allzu hohen Pflegesatz ersparen.

(Beifall bei der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510218600
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0510218700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die umsatzsteuerliche Behandlung derjenigen — wie gesagt, sehr wenigen — Krankenanstalten und ähnlichen Pflegeanstalten, die nicht unter die — schon immer bestehende und auch in diesem Gesetz fortgeführte Steuerbefreiung für derartige Anstalten fallen, weil sie nicht den in den Richtlinien vorgeschriebenen Nachweis führen können, daß sie in besonderem Maße der minderbemit-
*) Siehe Anlage 2



Seuffert
telten Bevölkerung dienen, ist ein altes Problem der Umsatzsteuer und kein neues Problem der Mehrwertsteuer. Daß auch diese Anstalten eine erhebliche gesundheitspolitische Bedeutung haben, kann gar nicht bestritten werden. Aber der Inhalt der Richtlinien, der sie von den 95 % derjenigen Anstalten abgrenzt, die steuerbefreit sind, kann natürlich von uns hier und vom Finanzausschuß nicht diskutiert werden.
Auf der anderen Seite besteht aber doch bei diesen Anstalten eine derartige Affinität zum einfachen Hotel- und Beherbergungsgewerbe, daß wir es nicht verantworten könnten, sie vom Hotelgewerbe, welches ja — ganz abgesehen von der Streitfrage, die wir hier gestern entschieden haben — unter allen Umständen 10 % auf die Beherbergungsleistungen zu zahlen hat, durch einen derartigen ermäßigten Steuersatz abzutrennen und damit zu begünstigen.
Deswegen müssen wir zu unserem Bedauern den Antrag ablehnen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510218800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0510218900
Bitte sehr.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510219000
Bitte, Frau Funcke!

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0510219100
Herr Kollege, ist Ihnen nicht bekannt, daß die Abgrenzung, was als Krankenanstalt anerkannt wird oder nicht, durch § 30 der Gewerbeordnung ganz eindeutig bestimmt ist?

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0510219200
Die Abgrenzung bei unserem Steuergesetz erfolgt nicht durch den § 30 der Gewerbeordnung, sondern durch die Richtlinien, die für die Anerkennung, daß in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung gedient wird, maßgebend sind. Das sind Richtlinien der Länder, und danach haben wir uns seit eh und je gerichtet.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510219300
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage? — Herr Stecker, bitte!

Dr. Josef Stecker (CDU):
Rede ID: ID0510219400
Herr Kollege Seuffert, sind Sie nicht auch der Meinung, daß sich gegebenenfalls eine Anstalt, die mit 5 % bei Vorsteuerabzug besteuert ist, günstiger steht als eine, die völlig befreit ist?

(Abg. Frau Funcke: Nein!)


Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0510219500
Wahrscheinlich steht sich eine derartige Anstalt bei 5 % und Vorsteuerabzug günstiger als bei vollständiger Befreiung.
Auf der anderen Seite könnte sich für ein Hotel der Unterschied zwischen einem Steuersatz von 10 und 5 % doch dahin gehend auszahlen, daß sich die Anstellung eines Arztes oder auch zweier Ärzte lohnen würde, um den ermäßigten Satz zu erlangen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510219600
Mir fehlt das Petitum in Ihrer Äußerung, Herr Kollege Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0510219700
Ich habe gesagt: Wir bedauern, den Antrag, ablehnen zu müssen.,

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510219800
Das Wort wird weiter nicht begehrt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Umdruck 147. Wer stimmt ihm zu? — Die Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ein Antrag auf Umdruck 164 *) will 'dem § 12 einen Absatz 3 anfügen, der lautet:
Die Steuer ermäßigt sich auf 3 vom Hundert für die Lieferungen von Wasser.
Wird 'der Antrag begründet? — Das Wort hat der Abgeordnete Müthling.

Dr. Hans Müthling (SPD):
Rede ID: ID0510219900
H err Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn im Rahmen der Versorgungsbetriebe für Wasser statt 5 % ein Steuersatz von 3 % beantragt worden ist, so soll damit eine Preissteigerung für den Verbrauch von Wirtschaftsgütern des lebensnotwendigen Bedarfs verhindert werden. Nach sehr sorgfältigen Berechnungen der Fachverbände und der kommunalen Spitzenverbände werden die auf diesen Wirtschaftsgütern ruhenden Vorsteuern durch diesen Steuersatz von 3 % ausgeglichen werden. Für die Verbraucher würde also im wesentlichen Steuerbefreiung eintreten. Damit würde die jetzt bestehende Steuerfreiheit für die Lieferung, für den Eigenbedarf und für die Einführung von Wasser nach den Vorschriften des Zolltarifs aufrechterhalten werden.
Ich bitte, aus dieser Aufzählung zu entnehmen, daß der schriftlich vorliegende Antrag noch in einem Punkt ergänzt werden muß. Es muß jetzt heißen: „Wasser im Sinne 'des Zolltarifs".
Namens meiner Fraktion übergebe ich dem Herrn Präsidenten folgende neue Fassung:

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 3 vom Hundert für die Lieferung, den Eigenverbrauch und die Einfuhr von Wasser (aus Nr. 22.01 - B des Zolltarifs).

Vom 'Steuersystem aus gesehen gibt es keine Schwierigkeiten, weil Wasser keinem konkurrierenden Wirtschaftsgut 'begegnet. Im Steuerrecht selbst ist diese Sonderstellung des Wassers immer anerkannt worden. Ich darf dafür zwei Beispiele nennen: Bei der Umsatzsteuernovelle 1954 wurde die Umsatzsteuerbefreiung der öffentlichen Hand sogar ,auf die privaten Wasserunternehmungen ausgedehnt. Aus der neuesten Zeit mag eine Bestätigung darin gesehen werden, daß der Bundestag noch am 27. Januar 1965 .die Vermögensteuer für alle Wasserwerke, also auch für die privaten und für die gemischtwirtschaftlichen, beschlossen hat.
Gegenüber den Steuerertragsberechnungen würde mit der Annahme eines solchen Antrags ein Steuerausfall von jährlich 23 Millionen DM eintreten. Vielleicht ist er auch etwas weniger; denn der Herr Bundesfinanzminister hat hier gestern eine Zahl von 20 Millionen DM genannt.
*) Siehe 101. Sitzung, Anlage 22



Dr. Müthling
Für den Antrag gibt es noch ein interessantes Vorbild in dem neuen französischen Mehrwertsteuergesetz. Dort ist der Normalsteuersatz von 16,8 % für Wasser auf 35 % dieses Satzes herabgesetzt worden.
Es bedarf jetzt der haushaltsmäßigen Überprüfung. Diese müßte zwischen der zweiten und der dritten Lesung liegen. Ich sehe deshalb davon ab, jetzt den Antrag auf Abstimmung zu stellen. Diese Abstimmung müßte vielmehr der dritten Lesung vorbehalten bleiben.

(Beifall 'bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510220000
Das heißt also praktisch, Herr Kollege Müthling, daß der Antrag Umdruck 164 jetzt aus der weiteren Debatte ausscheidet.

(Abg. Müthing: Ja!)

Auf Umdruck 165 *) liegt noch ein Antrag vor, wonach § 12 einen neuen Absatz 3 erhalten soll. Zur Begründung hat Herr Orgaß das Wort.

Gerhard Orgaß (CDU):
Rede ID: ID0510220100
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Es ist nicht einfach, diesen Änderungsantrag zu stellen; denn die Antragsteller beider Fraktionen, sowohl der Christlichen Demokraten als auch der Sozialdemokraten, die diesen Antrag gemeinsam stellen, haben nicht den absoluten Segen ihrer Ordensoberen. Daß wir dennoch ein wenig gegen den Stachel löcken, meinen wir aus einem ganz besonderen Verantwortungsbewußtsein tun zu müssen. Wenn dieser Antrag auch als Gruppenantrag deklariert wird, möchte ich doch von vornherein zum Ausdruck bringen, daß er kein Gruppeninteresse beinhaltet, sondern auf die gesellschaftspolitischen Strukturveränderungen in unserer Wirtschaft abzielt, die zugleich auch mit den volkswirtschaftlichen Zusammenhängen begründet werden müssen.

(Abg. Jacobi [Köln] : Sehr gut!)

Dieser Antrag hat vor allem deswegen eine ganz hohe Bedeutung — dessen sind sich die Antragsteller durchaus bewußt —, weil er wohl wie kaum ein anderer der gestellten Anträge, soweit ich es übersehen kann, eine Ausfallquote in der Größenordnung von, wie vom Finanzministerium genannt, 1,3 Milliarden DM zur Folge hätte. Das bedeutet, daß man um einen solchen Antrag schon reden, ringen und streiten muß. Die Frage, ob es diese Größenordnungen sind und welche Zusammenhänge sich daraus ergeben, ist eine ganz andere. Dazu bedarf es einiger Begründungen. Sie werden mir gestatten, einige dieser Begründungen zu nennen.
Als erstes ein paar Bemerkungen zur Vorgeschichte. Meine Damen und Herren, der Entwurf des neuen Nettoumsatzsteuerverfahrens ist nicht allein im Finanzausschuß beraten worden, sondern die jeweiligen Fachausschüsse, die mit den Auswirkungen konfrontiert werden, haben gutachtliche Stellungnahmen dazu abgegeben. So hat auch der Fachaus-
*) Siehe Anlage 3
schuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen auf Grund sehr eingehender Analysen eine gutachtliche Stellungnahme dem Finanzausschuß zugeleitet, und zwar schon im Sommer vergangenen Jahres, also sehr rechtzeitig während der Beratungen im Finanzauschuß. Der Ausschuß kam auf Grund von Analysen zu der Empfehlung, für die Wohnungswirtschaft einen geminderten Steuersatz einzusetzen, und das nicht etwa aus dem Gedanken — das möchte ich hier ausdrücklich betonen —, daß man der Bauwirtschaft in irgendeiner Form helfen wolle; dieses Problem stellte sich nicht. Es stellte sich vielmehr die Frage, wie es ja der Sinn des Nettoumsatzsteuerverfahrens ist, nach den Auswirkungen auf den Verbraucher im volkswirtschaftlichen Zusammenhang.
Das Bundesfinanzministerium hat diese Zahlen bestritten, weil sie angeblich nicht genügend abgesichert seien, und hat statt dessen andere Zahlen genannt, auf Grund von deren Hochrechnung es zu dem Ergebnis von Mindereinnahmen in Höhe von 1,3 Milliarden DM kam.
Den Wohnungswirtschaftsverbänden war es anheimgestellt, ein neutrales wissenschaftliches Gutachten anzufordern, um eine klare Aussage über die Diskrepanz zwischen den Zahlengrößen zu erreichen. Dieses Ifo-Gutachten lag im Februar 1967 vor. Es verwirft auf Grund ganz genauer Strukturanalysen die vom Bundesfinanzministerium berechneten Zahlen und erhärtet im wesentlichen die von der Wohnungswirtschaft genannten Zahlenreihen. Das wird jetzt vom Finanzministerium auch nicht mehr bestritten. Es müßte also neu sein, wenn das jetzt vor dem Plenum doch wieder bestritten werden sollte.
Die einzige Antwort, die wir Fachleute zu dieser Problematik jetzt überhaupt noch bekommen, ist: Ja, aber Sie kommen zu spät; jetzt ist die Suppe gegessen, und für Sie bleibt nichts mehr übrig. Dabei bleibt man immer noch bei diesen 1,3 Milliarden DM, obwohl 'im Ausschußbericht eine etwas vorsichtigere Formulierung gefunden ist, die nur noch von rund 1 Milliarde DM spricht und zuerkennt, daß die Einführung des Mehrwertsteuersystems in der Wohnungspolitik unerwünschte preispolitische Folgen hat. Das können Sie in dem Ausschußbericht zu Drucksache V/1581 auf Seite 6 nachlesen.
Jetzt müssen wir uns einmal darüber unterhalten, wieso es überhaupt zu der Differenz von 1,2 Milliarden DM kommt, die sich nach der Aussage des Finanzministeriums ergibt. Das kommt einfach daher, daß das Finanzministerium bei der Erstellung dieser Rechnung von vier falschen Prämissen ausgegangen und dadurch konsequenterweise zu falschen Ergebnissen gekommen ist.

(Abg. Jacobi [Köln] : Sehr richtig!)

Den Berechnungen des Bundesfinanzministeriums, die sich der Finanzausschuß zu eigen gemacht hat, lag nämlich erstens die Annahme zugrunde, daß im Jahre 1968, also dem Jahr der Umstellung, 500 000 Wohnungen gebaut würden. Meine Damen und Herren, niemand wäre wohl glücklicher als die Wohnungsbaupolitiker in diesem Hause, wenn diese Annahme zuträfe. Aber Sie wissen alle, daß



Orgaß
auf Grund der von uns selber beschlossenen Maßnahmen zum Finanzplanungsgesetz der ordentliche Haushalt hinsichtlich der Mittel für den Wohnungsbau erheblich hat bluten müssen. Auch auf Grund der Misere auf dem Kapitalmarkt in der vergangenen Zeit ist diese Zahl absolut unrealistisch. Alle Fachleute sprechen davon, daß die Zahl von bestenfalls 400 000 Wohnungen die realistische Größenordnung ist.

(Abg. Jacobi [Köln] : Sehr richtig!)

Schon diese Tatsache mildert die Differenz von 1,2 Milliarden DM.
Zweitens ist man von der Prämisse ausgegangen, daß sich infolge einer laufenden Steigerung der Baukosten die Kosten je Wohnung um jährlich 3 % erhöhen würden. Auch diese Annahme ist nicht realistisch. Es ist zuzugeben, daß die Bauwirtschaft in den vergangenen Jahren in mehrfacher Weise happig zugelangt hat, daß sich dadurch manche Preiserhöhung ergab, die abgewälzt wurde. Das war schon ein Ärgernis. Aber diese Zeit ist vorbei. Die Bauwirtschaft steht zur Zeit in einem harten Konkurrenzkampf. Wer sich die Mühe macht, sich die Statistik der Bauwirtschaft anzusehen, wird feststellen, daß die Annahme einer Erhöhung der Kosten um 3 % per anno nicht mehr realistisch ist. Das war die zweite falsche Prämisse, die das Finanzministerium aufgestellt hatte.
Die dritte Prämisse ist von erheblicher Bedeutung. Das Finanzministerium ging davon aus, daß die derzeitigen Baupreise nach dem jetzt noch geltenden Allphasenumsatzsteuersystem eine kumulierte Umsatzsteuer von durchschnittlich 8 % enthalten.

(Abg. Jacobi [Köln] : Das ist falsch!)

Hier hat sich das Finanzministerium durch das IfoGutachten wiederum korrigieren lassen müssen. Es bestreitet auch nicht mehr, daß der Durchschnittssatz der Umsatzsteuer nicht 8%, sondern 6,4 % beträgt.

(Abg. Jacobi [Köln] : Sehr richtig!)

Dies ist in dem Gutachten auf Grund genauer Berechnungen an Hand von Preisvergleichen und einer Reihe von repräsentativen Erhebungen dargelegt. Danach liegt die Spannweite der kumulierten Umsatzsteuer nach dem geltenden System zwischen 4,4 % bei Erdarbeiten und bis zu 9,2 % bei Herd- und Ofenarbeiten. Die durchschnittliche Belastung beträgt aber nur 6,4 %, während das Finanzministerium von 8 % ausgegangen ist.
Viertens ging das Finanzministerium davon aus, daß Leistungen für den Wohnungsbau nur mit dem ermäßigten Steuersatz von 5 % belegt werden sollen. Wer hat das aber gefordert? Wir haben in unserem Antrag nicht einen Satz von 5 %, sondern einen Satz von 7% verlangt.
Aus diesen Darlegungen ergibt sich die entscheidende Konsequenz, daß das Schreckgespenst, wir Abgeordneten würden hier durch die Annahme unseres Änderungsantrags ein Loch von 1,2 Milliarden DM aufreißen, wenigstens in dieser Größenordnung einfach eine Fiktion ist.
Ich werde Ihnen noch einiges andere dazu sagen. Denn hier kommt es vor allem darauf an, zu sehen, daß auch das Finanzministerium bei den Vorlagen, die es den Abgeordneten zugänglich gemacht hat, mit sehr heißer Nadel genäht hat. So ist u. a. auch eine Vorlage gekommen — das ist das Schreiben Nr. 125/66 vom 30. September 1966 —, die davon ausgeht, daß durch die Umstellung ,des Umsatzsteuerverfahrens beim Gut Wohnung sich ein Prozentsatz Mehrbelastung von 0 % ergibt, d. h. also, daß nur ,der künftige Wohnungsbau sich verteuern soll, der jetzige nicht.
Bei den inzwischen erfolgten Diskussionen mit den Vertretern des Finanzministeriums hat sich die Unrichtigkeit dieser Behauptung längst herausgestellt. Es wird nicht mehr bestritten, daß beispielsweise auf dem ganzen Gebiet der Instandhaltungskosten Verteuerungen eintreten. Diese sind einfach mit Null angegeben worden. Das ist unrealistisch, das ist unwahrhaftig. Denn von den insgesamt rund 19,5 Millionen Wohnungen im Bundesgebiet sind inzwischen etwa 13 Millionen in der Instandhaltung. Wenn man bedenkt, daß die durchschnittliche Wohnungsgröße von 65 qm bei einem Instandhaltungssatz von jährlich 3 DM je Quadratmeter eine Größenordnung von 2,6 Milliarden DM ergibt — was ebenfalls inzwischen nicht mehr bestritten wird —, dann kann man hier nicht einfach Null schreiben, um den Abgeordneten die Schwere der Entscheidung ein klein wenig zu erleichtern, — im Sinne einer Entscheidung rein fiskalischer Art.

(Zustimmung bei der SPD.)

Nun, ich möchte noch darauf hinweisen, daß das dritte Jahresgutachten der Fünf Weisen zur wirtschaftlichen Entwicklung auf Seite 116 ein Schaubild Nr. 48 veröffentlicht hat, das sowohl dem Finanzministerium als auch den Mitgliedern des Finanzausschusses zur Kenntnis gelangt ist. Es enthält die Feststellung, daß bei der inzwischen erfolgten Verschiebung des Preisniveaus insgesamt das Gut Wohnung auf ganz einsamer Höhe steht, daß also hier die Preise wie bei keinem anderen Gut gestiegen sind. Das ist zum Teil auch durch Maßnahmen gekommen, die wir politisch gewollt haben; das ist völlig klar und insoweit auch nicht zu beanstanden. Aber wir müssen gleichzeitig sagen, daß noch mehr kommt und daß wir uns dieser Konsequenz einfach nicht entziehen können.
Während das Finanzministerium einerseits im Falle der Zahl Null einfach hopp darüber hinweggeht, gibt es uns andererseits in einer anderen Drucksache zu verstehen, daß den Preisverteuerungen auch Preisermäßigungen gegenüberstünden. Da ist der Lebensmittelsektor besonders aufgeführt, von dem wir wissen, daß die Verteuerung für den Verbraucherhaushalt — für den Arbeitnehmerhaushalt — mit rund 35 % zu Buche schlägt, für den Rentnerhaushalt bereits mit 44 %. Das ist eine enorme Größenordnung. Es wird gesagt, hier trete eine Entlastung ein, und zwar ist das an Hand repräsentativer Güter nachgewiesen. Eines dieser repräsentativen Güter sind die Kochäpfel, von denen geschrieben wird, daß sie mit der Einführung des neuen Systems um 0,6 % biliger werden. Das



Orgaß
müssen wir uns einmal vor Augen halten, wie das plastisch überhaupt vor sich gehen kann. Nehmen wir an, daß 3 Pfund Kochäpfel etwa 1 DM kosten; das würden wir nach dem jetzigen System bezahlen. Ab 1968 würden wir aber dafür weniger zahlen, nämlich 1 DM minus 0,6 Pf.

(Abg. Kähnen [Düsseldorf] : Wenn es nicht regnet!)

Ich möchte einmal sehen, wie die gedachte Steuererleichterung überhaupt dem Verbraucher zugute kommen kann. Eine ganze Reihe der gedachten Preiserleichterungen gerade auf dem Sektor der Ernährung werden nicht weitergegeben, weil der Verbraucher hier einem breiten Sortiment gegenübersteht, das er nur in kleinsten Partikeln bezieht. Deswegen kann zwar in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ein Abstrich gemacht werden, aber im einzelnen kann er sich nicht ergeben.
Ich glaube, es geht hier nicht nur um den sozialpolitischen, den gesellschaftspolitischen Aspekt — dazu müßte noch eine ganze Menge gesagt werden —, denn der Verbraucher kann nicht ausweichen, weil das Gut Wohnung eben nicht substituierbar ist. Wir können in unserem Kulturkreis nicht davon ausgehen, daß man, wenn bei den Wohnungen ein bestimmter Kosteneffekt eingetreten ist, dann mit einem Zelt vor die Tore der Stadt ausweicht.

(Abg. Dr. Strecker: Aber man kann sie ausweiten, Herr Kollege!)

— Genau, das kann man, Herr Kollege. Ich will gerade auf diesen Aspekt kommen.
Nun hat die Sache nicht nur einen sozialpolitischen Aspekt, sondern auch einen volkswirtschaftlichen Zusammenhang, und den, meine ich, sollten wir nüchtern sehen. Wir stellen also fest, daß sich durch den Übergang vom bisherigen System zum neuen System für den Wohnungsbau eine Belastung in einer Größenordnung von 800 Millionen DM ergibt. Auf diese Zahl kommen Sie, wenn Sie die prozentuale Verteuerung durch das neue System malnehmen mit der Größenordnung im sozialen Wohnungsbau, die von seiten des Ministeriums mit zwischen 20 und 22 Milliarden DM angegeben wird.
Jetzt ist aber die Frage zu stellen: Wieso soll gerade die Wohnungswirtschaft in erheblichem Maße jenes System auffangen und insgesamt zum Tragen bringen? Die Antwort, die uns zunächst gegeben wurde, war: Letztlich trägt alles der Verbraucher, und irgendwo muß es ja herkommen. Das ist in der Konsequenz nicht richtig. Denn erstens muß man davon ausgehen, daß es zwar der Verbraucher trägt, aber nicht schichtenspezifisch in gleicher Form, und zweitens muß man davon ausgehen, daß hier offensichtlich durch eine rein fiskalische Betrachtungsweise ein ökonomischer Effekt nicht bedacht ist.
Wenn wir uns die Kausalkette des volkswirtschaftlichen Zusammenhangs einmal ansehen, können wir von der unbestrittenen Prämisse ausgehen, daß das jetzige System eine steuerliche Plusbelastung ergeben würde. Daraufhin aber muß man
feststellen, daß ein Nachfragerückgang nach Wohnungsleistungen bei einem gewissen Sättigungsgrad eintreten würde. Das bedeutet zugleich, daß eine geringere Nachfrage der Wohnwirtschaft bei der Bauwirtschaft erfolgt. Das bedeutet Produktionsausfall in der Bauwirtschaft und folglich Mindersteuereinnahmen, und zwar sowohl bei der Nettoumsatzsteuer als auch bei allen anderen Steuerarten, insbesondere bei der Lohn- und Einkommensteuer. Wenn wir diese Kette jetzt einmal weiter gliedern, stellen wir fest, daß sich durch diese Minderproduktionsleistung der Bauwirtschaft auch eine geringere Nachfrage nach Vorleistungen — etwa dem Material — ergibt, die wiederum zum Produktionsrückgang führt: wiederum Steuerminderung aller Arten und auf der anderen Seite im Investitionsgüterbereich eine Nachfrageminderung nach Investitionsgütern, und hier wirkt sich dann die Leistung insbesondere noch einmal auf die Zuleistungsbereiche aus. Das muß man sehen, wenn man im Gesamtzusammenhang über die Dinge spricht.
Ich hatte eigentlich vor, Ihnen noch ein paar Zahlen zu nennen, die sich aus einer Veröffentlichung des IFO-Instituts vom Januar 1967 ergeben, in der die volkswirtschaftlichen Ausstrahlungen der Bauwirtschaft untersucht werden. Daraus ergibt sich, daß eine ungeheure Interdependenz zwischen der Bauwirtschaft einerseits und der gesamten übrigen Wirtschaft andererseits gegeben ist. Ich glaube, es ist sträflich, jetzt aus einem rein fiskalischen separaten Denken diesen volkswirtschaftlich zwingenden Gesamtzusammenhang zu vernachlässigen.
Sie haben neulich, Herr Minister Strauß — aber ich weiß nicht, ob Sie es waren oder ob es Herr Minister Schiller war; Sie sehen sich inzwischen auch so ähnlich —, bei der Einführung eines großen Finanzgesetzes vor der Presse Ihre Maßnahmen unter anderem damit begründet, daß Sie gewissermaßen mit der Wurst nach dem Schinken schmissen. Das ist nach einem alten deutschen Sprichwort richtig und logisch. Was aber hier geschehen ist, ist das genaue Gegenteil. Man möchte fast sagen: Sie schicken sich an, mit der Schinkenkeule nach dem Würstchen zu werfen; denn diese Zusammenhänge sind nicht ohne weiteres aus der Welt zu schaffen.
Man hat uns dann noch andere Argumente gebracht und gesagt, wir müßten doch erkennen, daß die Verzerrung im Mietgefüge außerordentlich stark sei. Nun, das ist richtig, das ist ein gesellschaftliches Ärgernis, das aber mit der Einführung dieses Systems in keiner Weise aus der Welt zu schaffen ist; im Gegenteil, wir verzerren dadurch das Mietgefüge noch weiter. Wir müssen sehen, daß allein durch die Umstellung des Systems eine Verteuerung der Wohnung um durchschnittlich 1353,— DM erfolgen wird. Es ist klar, daß das nicht ein einmaliger Akt ist, sondern sich auf Grund des Verhältnisses von eigenem Kapital zu langfristigem Fremdkapital auch in einer laufenden Verteuerung der Mieten von rund 10 DM pro Monat, nämlich zu etwa 5 % des Mietpreises, niederschlägt. Dazu kommen aber noch die laufenden Nutzungkosten, Regiekosten, Strom, Gas, Wasser und dergleichen, was jetzt alles



Orgaß
durch das neue Umsatzsteuersystem erhöht wird. Das bedeutet, daß die Instandhaltungskosten gerade auch infolge des hohen Wertschöpfungsanteils der Instandhaltung noch über den Kosten für die Bauleistungen liegen. Das, meine ich, muß dem Parlament deutlich vor Augen geführt werden, wenn es zur Entscheidung über einen solchen Antrag gezwungen wird.
Noch ein anderes Argument ist hier ganz kurz anzuführen. Man hat versucht, uns folgendes einzureden: Wenn sich das Wohnen einerseits verteuert, so haben wir doch andererseits die Aussicht, daß negative Auswirkungen über das Wohngeld aufgefangen werden. Nun, ich glaube, diejenigen, die so sprechen, sind sich über die Funktion des Wohngeldes bei dem jetzigen Mietgefüge nicht ganz im klaren.
Es muß zunächst in Erinnerung gerufen werden, daß die Obergrenze beim Wohngeld in der Klasse S, d: h. in Verdichtungsräumen, heute noch bei 3,70 DM pro qm liegt, daß wir aber inzwischen, wie ich erfahren habe, bei den neu zur Finanzierung gelangenden Wohnungen im sozialen Wohnungsbau bei 3,70 DM und mehr angekommen sind. Das bedeutet, daß selbst der soziale Wohnungsbau das nicht mehr voll auffängt.
Wir haben aber darüber hinaus im sozialen und steuerbegünstigten und im frei finanzierten Wohnungsbau inzwischen Finanzierungsmieten zwischen 5 und 7 DM, die in keiner Weise aufgefangen werden. Das wäre gut und richtig, wenn die Belegung der einzelnen Wohnungen mit den entsprechenden Einkommen parallel liefe. Aber genau das ist das gesellschaftliche Ärgernis, daß wir diesen Zustand nicht haben. Wir müssen erkennen — das ist eine nicht zu bestreitende Tatsache —, daß gerade die jungen und kinderreichen Familien, die heute noch am schwersten um eine Wohnung ringen, diejenigen sein werden, die von der Umstellung des Systems in der Zukunft am härtesten betroffen werden. Das ist eine gesellschaftspolitische Frage, auf die dieses Parlament eine Antwort geben muß.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510220200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?

Werner Jacobi (SPD):
Rede ID: ID0510220300
Herr Kollege Orgaß, ist es nicht andererseits so, daß beim Wohnungsgeld, wenn wir davon ausgehen, daß es bei den Beschlüssen des Finanzausschusses bleibt, auch mit Steigerungen zu Lasten der öffentlichen Hand zu rechnen ist, z. B. bei der Modernisierung, durch die Erhöhung der Mieten, die sich nicht nur bei Neubauten auswirken, so daß also mit der einen Hand genommen und mit der anderen Hand gegeben wird, jedenfalls also nicht nur eine Entlastung der öffentlichen Hand über die Mehrwertsteuer erfolgt.

Gerhard Orgaß (CDU):
Rede ID: ID0510220400
Ich glaube, Herr Kollege Jacobi, ich würde zustimmen. Ich meinte, es soeben angedeutet zu haben. Aber es gibt mir Gelegenheit, dazu noch etwas zu sagen.
Während nach dem Finanzplanungsgesetz die Mittel für den sozialen Wohnungsbau heute noch in Höhe von 150 Millionen DM gegeben werden, würde durch die Umstellung des Systems allein eine Entlastung des Staatshaushalts in Höhe von 180 Millionen DM gegeben werden. Das heißt: 150 Millionen DM werden gegeben, 180 Millionen DM werden genommen. Das ist doch ein Widersinn des Systems, und ich meine, wir sollten das überlegen.

(Zuruf: Das ist höhere Mathematik!)

Es ist außerdem noch gesagt worden — und vielleicht mag man diese Zahlen auch nicht bestreiten, die auf Grund der Ifo-Institut-Untersuchungen herausgekommen sind —, daß hier eine absolut überzogene Risikoquote eingeräumt ist — das habe ich vorhin dargelegt — und daß die Spanne in den Aussagen zwischen Finanzministerium und Ifo-Institut rund 630 Millionen beträgt. Das heißt: sie beträgt mehr als das, was der Antrag überhaupt bezweckt. Von da her allein kann jetzt bei der Ablehnung dieses Antrages, die Sie, Herr Kollege Stecker, ja gleich beantragen werden, nicht mehr von der Frage ausgegangen werden: „Wo sollen die 1,3 Milliarden her?" Denn diese 1,3 Milliarden sind eine fiktive Größe. Ich habe versucht, Ihnen mit wenigen Aspekten auch die Folgewirkung volkswirtschaftlicher Art und auch das Problem gesellschaftspolitischer Art darzulegen.
Und ein Weiteres muß auch gesehen und gesagt werden: daß der Eigentumsaspekt, unter dem wir wohl inzwischen alle stehen und angetreten sind, dabei einen erheblichen Einbruch erleiden würde. Wenn die Bauleistungen für das Eigenheim ohne weiteres Zutun um über 3 bis 31/2 % steigen, dann wird sich das in der Nachfrage nach Eigenheimen bemerkbar machen. Das aber würde dem Gedanken einer gesellschaftspolitischen Strukturveränderung im Sinne von Eigentum für alle genau zuwiderlaufen.
Und ein Letztes. Es werden noch wesentlich mehr Erhöhungen im sozialen Wohnungsbau auf uns zukommen. Gestern hat das Kabinett beschlossen, die Zinssätze bis zu 4 % anzuheben. Man rechnet damit, daß dadurch jährlich 100 bis 120 Millionen DM in die Tasche des Finanzministers zurückfließen werden. Außerdem sind sich die Fachleute darüber im klaren, daß wir in absehbarer Zeit an eine Novellierung der Zweiten Berechnungsverordnung herangehen müssen. Alles, was wir darin tun, wird zum Effekt haben, daß wir die einzelnen Positionen verteuern, die sich wiederum auf die Mieten auswirken werden.
Wir werden auch der Fehlbelegung entgegenwirken müssen — was sich durch die Erhöhung der Tilgungssätze allein nicht ergibt —, und das wird weitere Erhöhungen geben.
Wir müssen dabei auch eines bedenken: daß, wenn auf Grund der sich dadurch ergebenden Verteuerung durch die Gewerkschaften eine neue Lohnrunde eingeleitet wird, dies dann nicht zu Lasten der Gewerkschaften, sondern entscheidend auch mit zu Lasten derer geht, die diese Probleme nicht beachtet haben. Diese Auswirkungen müssen wir
4762 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode —.102. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. April 1967
Orgaß
sehen, und zu diesen Auswirkungen müssen wir stehen.
Meine Damen und Herren, jetzt habe ich Sie nur noch um Entschuldigung zu bitten, daß ich Sie so lange beansprucht habe. Ich glaube aber, daß die Vielschichtigkeit des Problems und die weitreichende Folgewirkung es rechtfertigen, dies für die Antragsteller aus beiden Fraktionen etwas ausführlicher darzustellen. Dabei muß davon ausgegangen werden, daß das Problem wirklich nur schemenhaft, in Umrissen angegriffen ist. Ich möchte Sie aber jetzt bitten, wenn Sie den Antrag ablehnen wollen, auch mit entsprechenden Begründungen zu kommen und nicht nur von den 1,3 Milliarden auszugehen. Wenn Sie das nicht schaffen, dann, meine ich, ist die Verantwortung an Ihnen, sich zu entscheiden, und ich bitte, daß Sie sich dann im Sinne der Antragsteller entscheiden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510220500
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0510220600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst darf ich dem Kollegen Orgaß für seine höchst intensiv vorgetragene volkswirtschaftliche und finanzmathematische Nachhilfestunde herzlich danken.

(Zuruf: Hoffentlich sitzt es!)

— Ich kann jedenfalls für die Beamten de's Finanzministeriums sagen, daß sie noch entwicklungsfähig sind, daß ihre Bildungsmöglichkeit nicht mit ihrem Examen endgültig abgeschlossen worden sind und daß sie von Reden dieser Art, sowohl was Stil wie Inhalt anbetrifft, noch einiges lernen können. Ich kann hier nicht für die Mitglieder des Finanzausschusses sprechen; aber angesichts der guten Zusammenarbeit, die alle meine Vorgänger, angefangen von Herrn Schäffer bis heute, über Jahre hinweg mit diesem Ausschuß aufrechterhalten haben, Kollege Orgaß, kann ich mir schwer vorstellen, daß der Finanzausschuß durchweg mit Persönlichkeiten besetzt ist, die so schreckliche Unzulänglichkeiten aufweisen, wie sie soeben aus Ihrer Rede zutage getreten sind.

(Beifall und Heiterkeit. — Abg. Jacobi [Köln] : Es kann jeder irregeführt werden! Abg. Frau Kurlbaum-Beyer: Nicht so abwertend, Herr Minister!)

Ich darf .auf das zurückkommen, was ich gestern gesagt habe: Der Ertrag der Umsatzsteuer nach Änderung des Steuersystems vom kumulativen Allphasensystem zum Nettoumsatzsteuersystem wird so gut wie plus minus null sein, obendrein nach den gestern schon beschlossenen oder den noch beabsichtigten Änderungen, die Aussicht haben durchzugehen. Der Ertrag der Umsatzsteuer ist keine Reservekasse, und die Einführung des neuen Steuersystems ist nicht ein neues Haushaltssicherungsgesetz unter der Maske einer steuerlichen Reform. Auch das habe ich gestern gesagt. Ich
habe gestern auch gesagt, daß durch die Einführung des neuen Systems etwa ein Drittel der umsatzsteuerpflichtigen Vorgänge nicht stärker und nicht weniger stark belastet werden wird als bisher, ein Drittel stärker belastet werden wird und ein Drittel weniger stark belastet werden wird. Die Tatsache, daß gerade im Lebensmittelkonsumbereich die stärksten Entlastungen mit absoluter Sicherheit vorauszusagen und auch nachzuweisen sind, spricht dafür, daß die Gesamtauswirkungen dieses Gesetzes nicht Ihren gesellschafts- und strukturpolitischen Vorstellungen widersprechen, sondern gerade nach dem Engelsehen und Schwabeschen Gesetz ihnen sogar entgegenkommen.
Ich habe zweitens gesagt, man kann dann nicht einfach von dem Grundsatz ausgehen, die steuerliche Belastung dürfe in Zukunft in keinem Falle, gleichgültig bei welchem Gut, höher werden als bisher, aber alle Entlastungen, die dieses System bringt, müßten dann selbstverständlich eingeführt werden. Das Ganze ist dann wieder eine Bilanzierung, bei .der zum Schluß plus minus null herauskommen muß. Dann hätte man, Herr Kollege Orgaß,
ich bedauere, daß Sie nicht an den Verhandlungen des Finanzausschusses teilnehmen konnten — eine andere Konstruktion wählen müssen, die dann zum Schluß wieder dasselbe Gleichgewicht ergeben hätte. Ich habe, wenn ich mich recht erinnere, gestern auch ausdrücklich davor gewarnt, durch Änderung wesentlicher Einzelteile dieses Gesetzes die ganze Konstruktion zu gefährden und es zum Schluß zum Einsturz zu bringen.

(Beifall von Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD.)

Ich möchte auch noch im Zusammenhang mit dem ja nicht aufrechterhaltenen, aber für die dritte Lesung wieder angekündigten Antrag sagen: Wir sollten uns vor der „französischen Krankheit" hüten, nämlich eine Reihe von weiteren gespaltenen Steuersätzen einzuführen, bis wir — das hört ja nicht mit dem auf, was hier vorgetragen worden ist; das wird Jahr für Jahr mit immer neuen Anträgen weitergehen — zum Schluß bei 1600 Ausnahmen sind, wie sie im gegenwärtigen französischen Umsatzsteuerrecht enthalten sind. Die Regelung mit der Pauschalierung bei der Forstwirtschaft ist kein Gegenbeweis. Das ist eine besondere Maßnahme, die nicht mit dem Umsatzsteuersatz, sondern mit der Pauschalierung zusammenhängt. Aber wenn wir für Wasser 3 %, für die Wohnungswirtschaft 7% nehmen, wenn man dann noch von der gesamtvolkswirtschaftlichen Konzeption ausgeht und sagt, daß die Bauwirtschaft eine Schlüsselwirtschaft sei, so wird das niemand bestreiten; aber, Herr Kollege Orgaß, auch der Automobilbau ist heute nicht mehr eine Angelegenheit der Reichen unseres Landes, sondern ist, wie die Produktions- und Absatzziffern des Volkswagenwerks beweisen, eine Angelegenheit der breiten Schichten unseres Volkes. Nach diesem Gesichtspunkt, es gehe um ein volkswirtschaftliches Schlüsselgewerbe, müßte man dafür eintreten, daß angesichts der Flaute beim Automobilabsatz der Umsatzsteuersatz auch hier von 10 auf 5 % gesenkt wird, um das Geschäft auf diesem Gebiet wieder zu beleben. Sie werden in 'diesem Jahr noch an 'das



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
denken, was ich heute hier im Zusammenhang mit diesem Thema gesagt habe. Ich möchte wegen des psychologischen Effekts, der in diesem Falle negativ wäre, dazu nichts Weiteres mehr sagen.
Ich habe davor gewarnt, die Gesamtkonstruktion zu gefährden und vorauszusetzen, daß auf keinem Gebiet mehr eine höhere Belastung als bisher eintreten darf.
Herr Kollege Orgaß, ich darf Ihnen hier einmal folgendes sagen. Ich weiß nicht, wie lange Sie schon im Bundestag sind. Ich habe die Ehre, ihm nun in der 5. Legislaturperiode anzugehören. Ich habe die Auseinandersetzungen bei Haushaltsberatungen und bei Steuergesetzen fast zwei Jahrzehnte lang — das sind die besten Jahrzehnte .des Lebens, die man in diesem Hause verbringt — verfolgt. Daraus weiß ich eines: Alle großen Redner zur Haushaltspolitik und zur Finanzpolitik, die sich hier ihre ersten Sporen erworben haben, haben bis zur Erschöpfung die Aussage strapaziert, das fiskalische Denken des Finanzministeriums stehe im Widerspruch zu den volkswirtschaftlichen Überlegungen und Erkenntnissen. Selbstverständlich sind auch die Beamten des Finanzministeriums nicht unfehlbare Computer, und auch der Computer ist nicht unfehlbar. Aber auch die wirtschaftswissenschaftlichen Institute haben keine höhere Lizenz dafür bekommen, daß sie unfehlbare Voraussagen bringen, daß man somit ihre Erkenntnisse gewissermaßen als höhere Heilsquelle betrachten kann.

(Beifall in der Mitte.)

Das steht also nicht drin. Ich habe nicht behauptet, daß Sie das falsch wiedergegeben haben. Ich habe nur behauptet, daß das, was Sie zitiert haben, eine wertvolle Informationsquelle ist, die aber nicht kraft göttlichen Erlasses mit dem Prädikat der Unfehlbarkeit und der totalen Zuverlässigkeit ausgestattet ist.

(Heiterkeit und Beifall in der Mitte.)

Mehr habe ich nicht behauptet. Wir haben ja allen Grund, hinsichtlich gewisser Prognosen, die gestellt worden sind, eine skeptische eigene Meinung zu bewahren, statt uns nur auf gedrucktes Papier zu .verlassen. Ich habe letzten Sonntag per Zufall in den Weissagungen des Bakis von Goethe folgenden schönen Satz gelesen: „Seltsam ist Prophetenlied; doppelt seltsam, was geschieht."
Ich glaube, wir sollten den hinter unseren Arbeiten und Überlegungen stehenden Kenntnissen und Erfahrungen gegenseitig so viel Respekt entgegenbringen, daß wir dieses Haus nicht einteilen in diejenigen, die in den Niederungen fiskalischen Denkens dem menschlichen Irrtum besonders ausgesetzt sind, und diejenigen, die auf den Höhen nationalökonomischer Kenntnisse sozusagen über den Wolken schweben und deshalb ein unfehlbares Urteil für sich in Anspruch nehmen können.
Nun darf ich aber, Herr Kollege Orgaß, Ihnen an Hand Ihrer zwei Beispiele sagen, daß Sie dieses Haus nicht richtig unterrichtet haben. Sie haben einmal davon gesprochen, daß in einem Schreiben des Finanzministeriums vom September letzten Jahres — also unter meinem vorletzten Vorgänger — bei
Wohnung ein Steuersatz von Null Prozent angeführt sei; aus Ihren Ausführungen ergebe sich aber mit zwingender Deutlichkeit, daß der Steuersatz nicht Null betrage, sondern darüberliege. Ich nehme an, daß Sie dieses Schreiben meinen, das auch ich hier habe.

(Abg. Orgaß übergibt ein Schreiben.)

— Wir haben genau das gleiche Schreiben. Ich bedanke mich, jetzt habe ich es doppelt; dann kann ich mich nicht verlesen.
Heiterkeit.)
Ich würde dem Hause nicht zumuten, mich noch anzuhören, wenn das nicht ein klassisches Beispiel wäre, wie dieses Haus nicht unterrichtet werden darf. Hier steht: „Verbrauchsart". Dann geht es los: „Ernährung, Wohnung, Heizung und Beleuchtung, Hausrat, Bekleidung, Reinigung und Körperpflege, Bildung, Unterhaltung und Erholung, Verkehr." Das war die erste Spalte. In der nächsten Spalte ist der Prozentsatz angegeben, zu dem im Durchschnitt der Arbeitnehmerhaushalt durch Ernährung, Getränke usw. belastet ist. Dann kommen als nächstes der Rentnerhaushalt und der Durchschnitt. Dahinter steht dann der Steuersatz in v. H.: bei Ernährung 5 %, bei Getränken 5 % bzw. 10 %, bei Wohnung 0%, bei Heizung und Beleuchtung 10 %. Das heißt doch nichts anderes, als daß im Zusammenhang mit dem einzuführenden Nettoumsatzsteuersystem der Steuersatz, der auf einer Leistung ruht, angegeben ist. Da bei der Mietleistung keine Umsatzsteuerbelastung vorliegt — etwas ganz anderes ist die Belastung der Baukosten durch die in sie eingegangenen Steuern —, ist hier diese Angabe „0 %" absolut richtig.

(Zuruf des Abg. Jacobi [Köln].)

Sonst müßte man z. B. bei Getränken die auf ihnen liegenden Verbrauchsteuerlasten anführen, und Sie müßten sagen: Wenn hier bei Getränken „10 %" steht, dann stimmt das nicht. Wir haben eine Sektsteuer, wir haben eine Branntweinsteuer, wir haben eine Biersteuer, wir haben eine sehr hohe Tabaksteuer, wir haben eine sehr hohe Mineralölsteuer. Dann wären all diese Sätze ebenfalls falsch.
Hier ist doch nur der Satz aufgeführt, der nach dem Nettoumsatzsteuergesetz bei der Umstellung vom alten auf das neue System in Zukunft als Umsatzsteuersatz darauf liegt. Es ist hier schlechthin unzulässig, zu sagen, daß die Angabe „0%" für eine Mietleistung falsch sei und wieder einmal ein typischer Fehler oder eine irreführende Maßnahme des Finanzministeriums sei.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wenn Sie schon alle Steuerlasten, die auf einem Gut oder auf einer Leistung ruhen, aufführen wollten, dann müßten Sie eine höchst komplizierte Berechnung anstellen, in die Sie auch alle Verbrauchsteuern mit einbeziehen müßten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510220700
Gestatten Sie eine Frage, Herr Minister?




Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0510220800
Ja.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510220900
Bitte, Herr Abgeordneter Könen.

Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0510221000
Herr Minister, wenn dem so ist, wie Sie sagen — Sie sprechen von Lebensmitteln und sonstigen Dingen und von Wohnungen mit 0 % und sagen, Herr Orgaß habe hier einen. Vorwurf erhoben, der nicht zu halten sei, denn mit „Wohnung" sei „Miete" gemeint —, wenn ich Ihnen folge auf dem Gebiet der Lebensmittel und ähnlichem, Körperreinigung, dann muß ich schon sagen: dann stimmt „Wohnung" auch nicht. „Wohnung — 0 %" ist falsch.

(Zurufe von der CDU/CSU: Wieso?)

— Weil er von der Miete spricht und nicht von der Wohnung.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0510221100
Herr Kollege, wir müssen uns auf eine gleiche Berechnungsgrundlage einigen. Ich habe nicht von steuerlicher Belastung geredet. Nehmen Sie Branntwein, nehmen Sie Sekt, nehmen Sie Bier: wenn man sagte, daß die steuerliche Belastung dieser drei 10 % sei, so wäre diese Aussage falsch, weil neben einer gewissen Last an direkten Steuern im Zusammenhang mit den Personalkosten — das wollen wir einmal weglassen — rein an indirekten Steuern auf Sekt, auf Branntwein und auf Bier schon eine relativ hohe Steuerlast liegt.
Wenn hier steht „Belastung des Verbrauchs durch die Nettoumsatzsteuer" — so heißt die Überschrift, Herr Kollege, „Belastung des Verbrauchs durch die Nettoumsatzsteuer" —, dann kann unten nichts anderes stehen als bei Getränken 10 %, bei Lebensmitteln 5 % und bei Wohnungen 0 %. Sie können doch nicht von verschiedenen Berechnungsgrundlagen ausgehen. Niemand wird bestreiten, daß sich die durch Steuern beeinflußte Höhe der Baukosten in der Miete niederschlägt. Das steht hier aber überhaupt nicht zur Diskussion. Zur Diskussion steht hier lediglich der Steuersatz nach dem Nettoumsatzsteuergesetz, der die einzelnen Güter und Dienstleistungen trifft. Sonst wäre auch die Angabe „10 %" für Bier falsch. Dann müßten Sie auch bei Bier statt 10 % einen höheren Prozentsatz nehmen, wenn Sie die Gesamtsteuerbelastung zugrunde legten. Hier handelt es sich um den Nettoumsatzsteuersatz und um nichts anderes, und beim Nettoumsatzsteuersatz ist keine andere Aussage als „0 %" zulässig.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510221200
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0510221300
Bitte schön.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510221400
Bitte.

Margarete Heise (SPD):
Rede ID: ID0510221500
Herr Minister, aber nicht zu bestreiten ist doch die Aussage des Kollegen Orgaß, daß durch diese Umstellung der Steuer auf die Mehrwertsteuer in der Zukunft jede zu bauende Wohnung um ungefähr 9 DM pro Monat mehr belastet wird.

(Abg. Dr. Schmidt aber Äpfel, und das andere sind Birnen!)

— Ich möchte gerne die Äpfel hören.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0510221600
Ich wollte darauf noch eingehen und werde durch Ihre Zwischenfrage in dieser Absicht noch bestärkt.
Das zweite Beispiel, das ich bringen wollte, ist die Zusammenstellung der Belastungsverschiebungen durch die Mehrwertsteuer bei wichtigen Nahrungsmitteln; das ist das andere Schreiben, das der Kollege Orgaß meint. Hier hat er unter sämtlichen aufgeführten Positionen eine, die besonders lächerlich klingen soll, nämlich Kochäpfel, herausgegriffen, die hier sozusagen an zweiter Stelle steht.
Man hat offensichtlich vom Finanzministerium — das läuft unter dem 7. April 1967 — eine Übersicht darüber gewünscht, was die Belastung bzw. Entlastung durch die Einführung des Nettoumsatzsteuer- bzw. Mehrwertsteuersystems sein wird. Diese Zusammenstellung lautet folgendermaßen:
Belastungsverschiebung in v. H. bei einem Mehrwertsteuersatz von 5 %:
Speisekartoffeln —1
Mischbrot —0,1 Zucker —1,6
Kochäpfel —0,6 Gemüsekonserven —5,8
Vollmilch + 0,4 Eier —1,4
Rindfleisch —1,0 Butter +0,7
Margarine —5,4
Da Sie aber von Substituierbarkeit gesprochen haben, Herr Kollege Orgaß — sofern die übrigen Lebensmittel alle durch Kochäpfel substituierbar wären, würde sich die Entlastung bei den Kochäpfeln nicht genügend auswirken —, würde ich Sie vor den hygienischen Folgen einer solchen Substitionstheorie lebhaft warnen.

(Heiterkeit. — Beifall in der Mitte.)

Nun darf ich auf Ihre Fragen eingehen, sehr verehrte Frau Kollegin. Zunächst einmal die finanzielle Auswirkung: Selbst wenn man den optimistischsten Maßstab anlegt, also nicht die Schätzungen des Finanzministeriums, sondern die Schätzungen des Ifo-Instituts zugrunde legt, besteht kein Zweifel, daß die Annahme dieses Antrags einen Einnahmeausfall von 600 Millionen DM erbringt. Dabei ist der Bereich der Althausreparaturen noch nicht einbezogen. Ich kämpfe hier doch nicht für eine höhere Belastung des Bauwesens. Es besteht ja doch nicht die Absicht,

(Zuruf von der SPD: Das ist aber die Wirkung!)




Bundesminister Dr. h. c. Strauß
sich hier gegenseitig mit solchen Argumenten zu unterhalten. Ich habe nur davor gewarnt, nachdem eine bestimmte Konstruktion aufgestellt ist, durch Änderung wesentlicher Elemente die Gesamtkonstruktion zu gefährden, abermals gespaltene Steuersätze einzuführen und von dem Irrglauben auszugehen, man könnte zwar Verbesserungen in Kauf nehmen, aber Verschlechterungen auf keinem Gebiet. Darum müßte jeder Antrag, Herr Kollege Orgaß, mit einer derart weitragenden Auswirkung von Ihrer Seite mit einem Vorschlag verbunden werden, wo durch eine Änderung der steuerlichen Belastung von 5 auf 10% bei einem anderen Gut der Ausgleich geschaffen werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)

Das wäre eine saubere Angelegenheit, der ich mich, da ich kein Feind eines niedrigen Steuersatzes für das Bauwesen bin, sicherlich nicht widersetzen würde. Ich widersetze mich nur der Durchlöcherung dieses Systems — an dem mir auch viel nicht paßt — mit dem Ergebnis, daß uns zum Schluß die Gesamtkonstruktion zusammenbricht.
Wir haben uns gestern über die Energieträger unterhalten. Bei den Energieträgern werden wir, wenn elektrischer Strom, Wärme und Gas von 10 % auf 5 % herabgestuft werden, es auch nicht verhindern können, daß alle Energieträger — siehe die Situation der Kohle — das gleiche für sich beanspruchen. Das wären wieder 570 Millionen DM. Wenn das so weitergeht, dann ist dieses Gesetz nicht zu halten. Wenn wesentliche Elemente herausgebrochen werden, hat es keinen Sinn mehr.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510221700
Herr Minister, gestatten Sie eine Frage?

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0510221800
Ja.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510221900
Aber es muß eine Frage sein, Herr Abgeordneter Jacobi. Ich habe jetzt schon mehrmals verzichtet zu intervenieren, obwohl es Vorträge waren.

Werner Jacobi (SPD):
Rede ID: ID0510222000
Herr Minister, hat sich aus der Sicht Ihres Hauses die Situation in diesen Tagen insofern geändert, als man vor Wochen in Gesprächen mit Ihren Mitarbeitern noch die Andeutung erhielt, es sei Luft in der Vorlage, so daß gewisse Änderungen noch erwägenswert seien?

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0510222100
Herr Kollege, ich habe nicht an allen Beratungen teilnehmen können; Sie konnten es ebenfalls nicht tun. Aber die Luft ist längst heraus, und wir fahren nur auf dem niedrigsten zulässigen Normaldruck.

(Heiterkeit.)

Zeitweise war eine Reserve von 750 Millionen DM drin, Herr Kollege Jacobi. Bis vor wenigen Tagen ist diese Reserve dann durch die weiteren Beratungen — Berlin usw. — auf 250 Millionen DM gesenkt worden, Wenn ich die Anträge, die gestern in
der Koalitionsbesprechung erörtert worden sind — von denen ein Teil ja angenommen werden wird —, mit einbeziehe, ist die Reserve auf 70 bis 50 Millionen DM gesunken. So weit ist die Reserve zusammengeschrumpft, so daß man angesichts der Risiken, die in diesem Gesetz stecken, und angesichts der Probleme, die wir heute noch vor uns haben, von Luft leider nicht mehr reden kann.

(Abg. Haase [Kassel] : Auf den Felgen fahren wir!)

Ich mache kein Hehl daraus, daß man sich im Finanzministerium ene Zeitlang sehr wohl überlegt hat, eine Linie zu verfolgen, auf 11 oder 12 % und dann auf 5,5 und 6 % zu gehen, um Luft und für mehr und mehr Ausnahmen eine größere Bewegungsfreiheit zu haben. Die politische Voraussetzung aber dafür — auch angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen —, daß dieses Gesetz überhaupt für das Plenum verhandlungsreif wurde, war die Beschränkung auf 5 und 10 % und auf die Beibehaltung des Gleichgewichts der Konstruktion, das jetzt natürlich durch die Annahme solcher Anträge ohne jeden Zweifel gefährdet wäre.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510222200
Gestatten Sie noch eine Frage? — Herr Brück!

Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0510222300
Herr Bundesfinanzminister, darf ich Sie in diesem Zusammenhang etwas fragen. Wir haben hier noch eine ganze Menge Änderungsanträge vorliegen. War es Ihrem Hause von gestern bis heute möglich, einmal festzustellen, welche Kosten diese Anträge insgesamt verursachen? Denn irgendwo muß ja hinterher auch das Geld herkommen, wenn diese Anträge eventuell alle angenommen werden?

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0510222400
Die Gesamtauswirkung aller Anträge, die hier gestellt worden sind, geht über die 3-MilliardenGrenze hinaus. Die Anträge, die Aussicht haben, durchzugehen — wie ich das aus den bisherigen Besprechungen innerhalb der Fraktion und Koalition beurteile —, vermindern die Reserve, die einmal 250 Millionen DM betragen hat, auf 70 bis 50 Millionen DM, — aber nur die wenigen, den Mitgliedern des Finanzausschusses und den Teilnehmern der Fraktionsberatungen bekannten Anträge.
Nun komme ich zu Ihrer Frage, sehr verehrte Frau Kollegin Berger-Heise. Ich unterstelle einmal, daß es richtig ist, daß durch die Annahme eines Mehrwertsteuersatzes von 10% die Baukosten um 3 % erhöht werden. Dazu stelle ich nur folgendes fest. Im Laufe der letzten Jahre sind aus einer Reihe von Gründen, die uns wohl bekannt sind und hier nicht mehr im einzelnen wiederholt und erläutert zu werden brauchen, über viele Jahre hinweg die Baukosten jährlich um 6% erhöht worden, ohne daß bei den vorausgehenden Verhandlungen die Frage der sozialen Auswirkungen für die Mieter von den in Betracht kommenden Verhandlungspartnern ernsthaft gewürdigt worden wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU.)




Bundesminister Dr. h. c. Strauß
Hier hat man einfach die Marktlage und den großen Boom ausgenutzt und das Ganze ohne Zweifel in der Miete mit verrechnet.

(Zuruf von der SPD: Das haben wir nicht zu verantworten!)

— Ich habe gesagt, was ich meine, daß sich nämlich die Partner unter Ausnutzung der Marktlage und des gewaltigen Auftragsbestandes keine großen Gedanken darüber gemacht haben, welches die Auswirkungen bei der Miete sein werden.
Zum anderen können wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge feststellen, daß heute die Bauwirtschaft sehr knapp kalkulieren muß, viel knapper als jemals, daß bei ihr Gewinne und Erträge nicht mehr die gleichen Größenordnungen wie früher erreichen. Wir können feststellen, daß Angebote auf Ausschreibungen, die im August oder Oktober stattgefunden haben, heute von den Bauherren, wenn sie noch keinen Vertrag geschlossen haben, nicht mehr angenommen werden, weil sie jetzt wieder Angebote zu wesentlich niedrigeren Preisen erhalten. Das wird erfreulicherweise auch noch eine Zeitlang andauern, so daß sich die 3 % Baukosten bestimmt nicht in Form einer mathematischen Relation auf die Miete umwälzen lassen, weil die Marktentwicklung überhaupt nicht in das volkswirtschafltiche Gesamtdenken, das hier zugrunde lag, einbezogen worden ist.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510222500
Herr Minister, gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Hauffe?

(Abg. Hauffe: Ist durch die Argumentation überholt!)


Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0510222600
Dias wollte ich dazu gesagt haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510222700
Das Wort hat der Abgeordnete Windelen.

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0510222800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe als Berichterstatter des Haushaltsausschusses, um die Beratung nicht zu verzögern, bewußt darauf verzichtet, hier das Wort zu nehmen. Ich hatte es aber auch zu einem Zeitpunkt getan, wo die Zahl der Anträge dazu keinen Anlaß bot. Das hat sich inzwischen geändert.
Wenn ich zu dem vorliegenden Antrag in Umdruck 165 Stellung nehme, möchte ich gar nicht nachprüfen, ob es sich dabei um 1,3 Milliarden oder 600 Millionen DM handelt. Ich glaube, auch die letzte Zahl ist noch so groß — über Deckung ist hier bisher nicht gesprochen worden —, daß man sie nicht einfach passieren lassen kann.
Der Haushaltsausschuß hat sich lediglich in zwei Sitzungen mit der Materie beschäftigt. Ich betone: in nur zwei Sitzungen. Er wollte sich deswegen auch kein Urteil zu den Einzelheiten anmaßen. Ich weiß — ich bin stellvertretendes Mitglied des Finanzausschusses und bekomme dessen Protokolle —, mit
welcher Intensität sich dieser monatelang in Hearings, in einer Vielzahl von Sitzungen, in einer Vielzahl von Einzelberatungen und Besprechungen mit dieser Vorlage beschäftigt hat.
Jetzt liegt uns das Ergebnis dieser Arbeit vor. Es ist natürlich ein Kompromiß, wenn Sie wollen, ein mehr oder weniger schlechter Kompromiß. Nichts ist leichter, als hier Unebenheiten und Abweichungen von der Forderung „absoluter Gerechtigkeit" herauszufinden.
Insoweit waren die Ausführungen des Kollegen Orgaß in weiten Teilen sicher durchaus schlüssig. Ich möchte ihm in dieser Hinsicht gar nicht widersprechen. Im Gegenteil, ich könnte eine ganze Reihe weiterer Beispiele anführen, wo ich vom Grundsatz der „absoluten Gerechtigkeit" her einiges einzuwenden hätte.
Der Ausgangspunkt für die Beratung im Haushaltsausschuß war vor allen Dingen, daß das Gesamtaufkommen erhalten bleiben müßte. Wir wollten keinen Reibach machen, aber auch nichts einbüßen.
Wir haben hierzu die Berechnungen nicht nur des Finanzministers herangezogen — man könnte sagen, er sei Partei —, sondern auch die des eben immer wieder zitierten Ifo-Instituts. Sie decken sich im wesentlichen, sie weichen nur um 1 % voneinander ab. Ich glaube, genauer geht es fast nicht. Das heißt also, der Finanzausschuß hat uns ein Ergebnis vorgelegt, das fast vollkommen die Forderung erfüllt, das Volumen zu erhalten.
Der Haushaltsausschuß hat der Vorlage deswegen insgesamt zugestimmt. Aber er hat es mit einer deutlichen Einschränkung getan. Er hat gesagt, daß Änderungsanträge mit finanziellen Auswirkungen, die zur zweiten oder zur dritten Beratung dieses Gesetzentwurfs eingebracht werden, durch seinen vorstehenden Beschluß nicht gedeckt sind. Für den Fall, daß Änderungsanträge eingebracht werden, die die Deckungsfrage erneut stellen, muß die Vorlage an den Haushaltsausschuß zurückgehen, und wir müssen dann wieder anfangen, unter neuen Aspekten zu beraten.
Wir waren uns in unseren Beratungen im Haushaltsausschuß bewußt, daß die Umsatzsteuer das Rückgrat der Bundesfinanzen ist. Wir waren uns bewußt, daß eine Operation am Rückgrat lebensgefährlich ist,

(Sehr gut! in der Mitte)

daß sie nur mit äußerster Behutsamkeit durchgeführt werden darf. Ich glaube, unter ärztlichen Gesichtspunkten wäre eine Sicherheitsmarge von 1 % schon ein unvertretbares Risiko. Wir sind selbst .dieses Risiko eingegangen. Aber, ich glaube, mehr darf man im Interesse unserer Bundesfinanzen hier nicht riskieren, vor allem nicht vor idem Hintergrund drohender Defizite kommender Jahre. Darüber ist ja hier noch nicht gesprochen worden, aber darüber wird hier noch zu sprechen sein, und dann werden wir uns mit den Konsequenzen zu beschäftigen haben.
Obschon ich nicht in Details gehen möchte — das hat der Herr Bundesfinanzminister mir inzwischen



Windelen
abgenommen —, möchte ich doch noch eines feststellen. Je mehr Ausnahmen wir in dieses Gesetz einbauen, desto schwieriger wird es zu praktizieren sein. Hier würde ein völlig neuer Steuersatz eingeführt werden. Das würde bedeuten, daß die Anwendung dieses Gesetzes sehr viel schwerfälliger werden müßte und damit automatisch sehr viel teurer für den Steuerpflichtigen, aufwendiger natürlich auch in der Finanzverwaltung.
Aber noch ein anderes. Hier ist sehr stark mit sozialen Auswirkungen dieses Gesetzes auf den Wohnungsbau argumentiert worden. Warum eigentlich nur dieser? Es gibt doch noch eine ganze Reihe anderer Bereiche, wo man .das gleiche hätte geltend machen können. Auch dazu hat der Bundesfinanzminister einiges gesagt. Ich möchte nur noch hinzufügen: Wenn wir hier einen Teil von 600 Millionen DM mindestens vielleicht sind es mehr, — herausbrechen, dann können wir den Steuersatz von 10% nicht halten. Dann müssen wir also den anderen Verbrauch stärker belasten, und dann tritt das ein, was der Finanzminister hier entwickelt hat, dann müssen wir die einkommensschwächsten Verbrauchergruppen relativ stärker belasten. Das wäre die notwendige Konsequenz.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Es ist die Frage gestellt worden, ob die Verteuerung des Wohnens bei neuen Bauten nicht dazu führen müßte, daß das Wohngeld steigt. Ja natürlich, das nehmen wir in Kauf. Aber es ist das schlechteste sozialpolitische Argument, daß wir alle Leute begünstigen müssen, damit auch ein kleiner Teil sozial Schwacher die Begünstigung bekommt. Das würde bedeuten, daß wir einen Ausfall von 600 Millionen DM in Kauf nehmen, um einen sozialen Effekt zu erzielen, den wir auch mit z. B. 60 Millionen DM gezielter Hilfe erreichen könnten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das ist das schlechteste sozialpolitische Argument, weil das die teuerste Sozialpolitik ist. Wir haben sie — ich bekenne das — in der Vergangenheit oft betrieben. Aber wir können uns das in der Zukunft nicht mehr leisten, Wohltaten mit der Gießkanne auszustreuen.
Ich darf Sie aber auch gerade bei dieser Vorlage an die Gesamtverantwortung des ganzen Parlaments erinnern, an die Gesamtverantwortung für einen ausgeglichenen Haushalt, an die Gesamtverpflichtung für den Verfassungsauftrag gemäß Art. 110 des Grundgesetzes einen nach Einnahmen und Ausgaben ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Man kann diese Verantwortung nicht nur auf den Bundeskanzler, nicht nur auf den Finanzminister, nicht nur auf den Finanzausschuß und den Haushaltsausschuß abwälzen.
Der Finanzminister hat vor Beginn dieser Beratung — und er hat es soeben noch einmal getan — einen eindringlichen Appell an dieses Haus gerichtet, und der Fraktionsvorsitzende der SPD hat etwas Ähnliches getan. Ich in ihm sehr dankbar für dieses Wort. Er hat als Prüfstein für diese Koalition bezeichnet „die Festigkeit in der Abweisung nicht gerechtfertigter Interessentenwünsche bei den bevorstehenden Debatten zur Umsatzsteuerreform und zum Bundeshaushalt". Ich bin Helmut Schmidt für dieses Wort sehr dankbar, und ich stelle mich voll dahinter.
Ich muß wirklich sagen — das gilt auch für meine Haushaltskollegen —, daß ich es langsam leid bin, daß immer wieder unterschieden wird — nicht expressis verbis, aber doch de facto — zwischen sogenannten sozialen Abgeordneten, die Wohltaten ausstreuend gern alle Wünsche erfüllen, gern jeder Bitte nachkommen, seien es die Winzer, seien es die Journalisten, seien es die Gastwirte, seien es die Mieter, oder wer immer es ist, den Kollegen, bei denen immer nur der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht das schmutzige Geld, und den Kollegen auf der anderen Seite, die uneinsichtig, stur und borniert all diese Wohltaten leichtfertig ablehnen mit der primitiven Begründung, daß sonst die Währung zum Teufel ginge. Zur gerechten Strafe werden diese uneinsichtigen Kollegen dann gleich postwendend an die zuständigen Verbände und Organisationen gemeldet, damit sie dort gemaßregelt werden.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Es tut mir leid, meine Damen und Herren Antragsteller: ganz so leicht wie Sie kann ich mir die Sache leider nicht machen. Ich verfüge dazu nicht über genügend Unbefangenheit. Die Erinnerung an die Vergangenheit ist in mir noch zu lebendig. Von der Zukunft reden wir später.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510222900
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kurlbaum-Beyer.

Lucie Beyer (SPD):
Rede ID: ID0510223000
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Antrag ist, wie wir aus dem Umdruck ersehen, von einer ganzen Anzahl Kollegen und Kolleginnen beider Fraktionen unterschrieben worden.
Ich möchte vorweg sagen, und zwar bei aller Einschränkung hinsichtlich der Ausführungen des Kollegen Orgaß, die über das Ziel hinausgegangen sind, daß hier eine echte Sorge vorliegt. Es ist auch durchaus so — das kann in den Protokollen nachgelesen werden —, daß wir es uns im Finanzausschuß auch in dieser Frage weiß Gott nicht leicht gemacht haben. Hier müssen aber auch andere Probleme gesehen werden, und auf die möchte ich jetzt hinweisen.
Zunächst die Frage des Ausfalls. Herr Kollege Orgaß, nach einem Gespräch mit den Kollegen meiner Fraktion — und das haben Sie doch sicher geführt — hätten Sie die Frage des Ausfalls von 1,2 Milliarden DM hier gar nicht mehr so breit darzustellen brauchen. Sie hätten dann nämlich wissen müssen, daß der Vertreter des Finanzministeriums, den ich zu unserer Arbeitskreissitzung hinzugezogen hatte, uns bereits deutlich gemacht hat, daß man im Finanzministerium von dem Jahr 1964 als Basis ausgegangen ist und daher natürlich ein höheres Bauvolumen angenommen hat — von irgendeinem Jahr mußten sie ja ausgehen — und daß dadurch in den von Ihnen hier dargelegten Punkten natürlich



Frau Kurlbaum-Beyer
eine Differenz entstanden ist. Diese Differenz wird ja jetzt auch vom Finanzminister nicht mehr bestritten. Trotzdem, Herr Kollege Orgaß, bleibt ein Betrag von mindestens 600 Millionen DM, und zwar ohne die Altbaurenovierung.
Nun, meine Herren und Damen, muß ich zusätzlich noch folgendes sagen. Im öffentlichen Hearing — und das ist eine Kritik für alle, die es angeht — ist deutlich geworden, daß über die effektive zusätzliche Belastung unterschiedliche Meinungen bestanden. Diese Meinungsverschiedenheiten wurden nicht ausgeräumt. Praktisch in letzter Minute bekamen wir dann das Ifo-Gutachten, und darauf ist es zurückzuführen, daß auch diese Differenz zwischen 1,2 Milliarden DM und 600 Millionen DM nicht früh genug geklärt werden konnte.
Worauf es mir ankommt, ist folgendes. Zunächst einmal möchte ich für die Öffentlichkeit klarstellen, daß es nicht generell um Mietpreiserhöhungen geht. Wenn überhaupt von Mietpreiserhöhungen gesprochen werden kann, so trifft das nur für Wohnungen zu, die ab 1968 gebaut werden.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, sehen wir uns nun einmal den Antrag genau an! Nach diesem Antrag soll erstens — dazu will ich aber nicht weiter sprechen — ein dritter Steuersatz eingeführt werden. Ich halte das schon für sehr problematisch; aber dazu ist genügend gesagt.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Der Antrag spricht von Lieferungen und Leistungen für den Bau, die Instandhaltung, die Instandsetzung und die Modernisierung von Wohnungen und Eigenheimen. Meine Damen und Herren, mit ,der Annahme dieses Antrags — diese Bemerkung richte ich jetzt an alle Mitglieder dieses Hauses — würde dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Denn die Rechnung wird ausgestellt für Baumaterialien. Wer aber will nachweisen, daß diese ganzen Baumaterialien, von den Steinen über die Leitungen bis zu allem, was für einen Bau notwendig ist, tatsächlich für den Bau von Wohnungen gebraucht werden und nicht etwa für gewerbliche und andere Bauten verwendet werden.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Wenn wir also kontrollieren wollten, ob diese Materialien ausschließlich für den Bau von Wohnungen verwendet werden, müßte das Finanzministerium meiner Meinung nach einen Riesenkontrollapparat aufbauen. Können wir, die wir uns in diesem Hause immer für die Verwaltungsvereinfachung ausgesprochen haben, das wollen?
Der zweite Punkt! Nach diesem Antrag würden auch alle Luxusbauten, die irgendwo gebaut werden, mit einem begünstigten Steuersatz belegt. Ich frage: wollen wir das, wenn wir sehen — der Minister hat bereits darauf hingewiesen —, was heute auf dem freien Markt an Mieten verlangt wird? Ich bin überzeugt, bei dem aufwendigen freien und Luxus-Wohnungsbau ist noch mehr Luft als 3 %;
sehen Sie sich hier die Wohnungsmieten einmal an! Hier ist zu hoffen, daß wir in nicht allzuferner Zeit auch hier marktwirtschaftliche Verhältnisse bekommen. Wir haben aber keine Veranlassung, diesem Teile des Wohnungsbaues eine solche Steuerbegünstigung zu bewilligen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich habe gestern bereits die Etatlage angesprochen. Für den Sektor „Sozialer Wohnungsbau" haben wir die preisgebundene Miete. Darauf haben Sie, Herr Kollege Orgaß, mit Recht hingewiesen. Aber beachten Sie bitte meine beiden bisherigen Kriterien! Sie wollen mit Ihrem Antrag einen Bereich begünstigen, den niemand in diesem Hause im Hinblick auf die Etatlage verantworten kann.
Was bleibt nun — Kollege Orgaß und alle, die diesen Antrag unterschrieben haben —, was bleibt? Natürlich der Soziale Wohnungsbau. Eine Verteuerung von 3 % könnte nur bedeuten: weniger bauen. Das wollen wir nicht. Es könnte in Frage kommen: höhere gebundene Mieten. Das wollen wir auch nicht. Es könnte drittens in Frage kommen eine Erhöhung der öffentlichen Zuwendungen für den Bereich „Sozialer Wohnungsbau", oder aber es geschieht das, was der Kollege Windelen hier bereits gesagt hat: es wird unter Umständen das Wohngeld entsprechend angehoben. Damit aber treffen wir dann auch gezielt diejenigen, um die es uns allen geht.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Bei uns wurde gestern von dem Kollegen Hauffe in der Fraktion auch ein Vorschlag gemacht. Er sagte in Kenntnis dieser Sache: „Kann man nicht unter Umständen dazu übergehen, für den sozialen Wohnungsbau eine Rückvergütung eines bestimmten Prozentsatzes der Umsatzsteuer vorzusehen?" Das ist eine Idee, die sicher gut gemeint ist. Sie sollte durchdacht werden.
Ich möchte aber allen in diesem Hause noch einmal sagen: dieser vorliegende Antrag würde, wenn wir ihn so annähmen, eine sehr große Ungerechtigkeit bedeuten. Das können wir nicht wollen. Wir müßten bei Annahme auch über die Frage des Satzes sprechen, und dann ergibt sich unter Umständen ein Umsatzsteuersatz von 11 %. Das aber bedeutete eine Erhöhung der Preise in allen Bereichen,

(Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

und diese trifft dann alle, auch alle sozial Schwachen.
Aus diesem Grund können wir, wenn wir gerecht bleiben wollen, unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte dem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510223100
Das Wort hat der Abgeordnete Mick.

Josef Mick (CDU):
Rede ID: ID0510223200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß ich jetzt an diesem Rednerpult stehe, liegt lediglich daran, daß



Mick
eine Frage, die ich dem Herrn Kollegen Windelen stellen wollte, nicht zugelassen wurde, weil Herr Kollege Windelen beim Präsidium als Berichterstatter gegolten hat. Ich habe aber inzwischen gehört, daß Sie eine Diskussionsrede gehalten haben, Herr Kollege Windelen. Deshalb polemisiere ich nicht gegen den letzten Teil Ihrer Rede, nachdem sich herausgestellt hat, daß es keine Berichterstattung sein sollte, sondern Ihre persönliche Meinung war. Daß ich eine andere habe, will ich hier nicht lange begründen, weil es etwas neben der Sache liegt. Ich glaube, Herr Kollege Windelen, daß — von mir aus gesehen — niemand mindere Achtung genießt, wenn er im Finanzausschuß oder im Haushaltsausschuß oder im Sozialausschuß oder etwa im Ausschuß für Arbeit ist.
Aber jetzt meine Frage. Sowohl der Herr Finanzminister als auch Sie, Herr Kollege Windelen, haben hier mit Deutlichkeit ausgesagt, daß diese Frage der Mehrwertsteuer für den Fiskus plus minus null ausgehen wird und ausgehen soll. Herr Kollege Windelen und die Väter des Gesetzes, können Sie mit derselben Sicherheit sagen, daß dieses Gesetz auch für die Verbraucher in ihrer Gesamtheit plus minus null ausgehen wird? Das scheint mir die entscheidende Frage zu sein, und gestatten Sie mir, daß ich hier sehr große Skepsis anmelde. Ich bin der Meinung, daß auf dem Sektor, wo wirklich fiskalisch Erleichterungen eintreten, diese Erleichterungen einfach nicht an den, der die höheren Kosten tragen muß, weitergegeben werden.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0510223300
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0510223400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist uns allen bekannt, daß die Weitergabe der Preisveränderungen und insbesondere der Preisermäßigungen, die sich durch das neue System ergeben werden, da und dort auf Schwierigkeiten stoßen wird. Aber ich möchte wegen der letzten Bemerkungen des Herrn Kollegen Mick eindringlich davor warnen, den Eindruck entstehen zu lassen, als würde es toleriert werden, daß Preisermäßigungen nicht weitergegeben werden und als werde auf der anderen Seite ein Freibrief für angebliche Preiserhöhungen ausgestellt. Ich glaube, wir sollten diesen Eindruck nicht entstehen lassen.
Ich möchte eines sagen: Wir legen großen Wert darauf, dieses Gesetz zum 1. Januar 1968 in Kraft treten zu lassen, u. a. deswegen, weil dieser Zeitpunkt nach der Konjunkturlage, die voraussichtlich
dann bestehen wird, besonders günstig ist und eine gewisse Garantie bietet, daß ungerechtfertigte Preiserhöhungen auf Grund der Steuer nicht berechnet und daß Preisermäßigungen weitergegeben werden.

(Vorsitz: Präsident D. Dr. Gerstenmaier.)

Ich glaube, wir sollten der ganzen Wirtschaft und allen Unternehmern von Anfang an mit aller Deutlichkeit sagen: Wer nach dem 1. Januar 1968 seine Angebote nicht auf das allerschärfste nach unten kalkulieren wird, wer nicht wirkliche Nettoangebote
ohne Steuer machen wird, der wird — das hoffen wir — aus dem Markt geworfen werden. Das sollte auch zu diesen Bemerkungen einmal festgestellt werden.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510223500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Krammig.

Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0510223600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es nach den ausgezeichneten Ausführungen meiner Kollegin Frau Kurlbaum sehr kurz machen. Ich möchte meine Argumente in acht Punkten zusammenfassen.

(Heiterkeit.)

— Haben Sie keine Sorge, ich bin nicht langatmig. Ich mache das sehr kurz. Das sollten Sie eigentlich bei mir schon festgestellt haben.

(Abg. Könen [Düsseldorf] : Wir dachten an die acht Punkte der SPD!)

— Nein, mein Lieber, es hat mit der SPD nichts zu tun, sondern es ist ein allgemeines Anliegen der Koalition.
1. Wie Frau Kurlbaum schon sagte, wird der Altwohnungsbestand von dem neuen Umsatzsteuersatz überhaupt nur betroffen, soweit Instandsetzungen usw. an ihm vorgenommen werden.
2. Die Differenzbelastung des neuen Wohnungsbaus gegenüber dem alten Wohnungsbau durch die Umsatzsteuer beträgt höchstens 3 %. Das macht bei einer Miete von 150 DM, volle Abwälzung unterstellt, 4,50 DM im Monat, bei einer Miete von 300 DM 9 DM im Monat. Das sind die Zahlen, über die wir uns unterhalten.
3. Diese zusätzliche Belastung kommt nicht von heute auf morgen, sondern mit der allmählichen Fertigstellung der Wohnungsbauten; nicht am 1. Januar tritt diese Belastung ein, sondern verteilt über das ganze Jahr mit der jeweiligen Fertigstellung der Bauten.
4. Der Ausfall — ob er 600 Millionen DM oder 1,2 Milliarden DM betragen wird, wird sich zeigen, wenn wir das Bauergebnis des Jahres 1968 vorliegen haben — muß ersetzt werden. Dazu gibt es eine Möglichkeit, nämlich die Steuerschraube auf einen Satz von 10,2 bis 10,5 % anzuziehen. Ist die Belastung nur 600 Millionen DM und nicht 1,2 Milliarden DM, dann können auch auf den Wohnungsbau nur 600 Millionen DM und nicht 1,2 Milliarden DM an Belastung zukommen, weil die Dinge wie kommunizierende Röhren zusammenhängen.
5. Wenn wir den Steuersatz erhöhen, verlagern wir vom Steuerträger, der das Gut Wohnung nutzt, die Steuer auf die Allgemeinheit; wir zahlen dann alle mit und subventionieren dadurch weiterhin indirekt den Wohnungsbau.
6. Wir streben an, daß die Altvorräte — wir werden im Verlaufe unserer Debatte auf dieses Thema noch zu sprechen kommen — am Stichtag des Inkrafttretens so weit wie möglich entlastet werden, damit sich das Preisbild mit dem Inkrafttreten der



Krammig
neuen Umsatzsteuer nicht nur nach oben entwickelt. Wir sind auf Grund des Aufkommens, das im Haushalt zur Deckung benötigt wird, nicht in der Lage, die Altvorräte in dem Maße zu entlasten, wie es notwendig wäre.
7. Wenn ich vor der Frage stehe, welcher Sache ich den Vorzug gebe, ob der Entlastung derer, die dann eine etwas billigere Wohnung bekommen, oder der Entlastung aller Verbraucher durch eine stärkere Entlastung der Altvorräte, fällt mir meine Entscheidung nichtschwer: die Allgemeinheit muß entlastet werden, nicht die Nutznießer einzelner Maßnahmen.
8. Herr Kollege Mick, wenn das Umsatzsteueraufkommen 1968, unter bestimmten Prämissen auf Grund der Ergebnisse des bisherigen Umsatzsteueraufkommens fortgeschrieben, 30 Milliarden DM betragen würde — falls das jetzige Umsatzsteuer-system beibehalten würde — und wenn wir mit der neuen Umsatzsteuer das gleiche Aufkommen erzielen wollen, ergibt sich daraus zwangsläufig, daß die volkswirtschaftlichen Lieferungen und Leistungen insgesamt nicht stärker belastet werden, als das zur Zeit der Fall ist. Sie sehen gerade an dem Beispiel des Wohnungsbaus, daß das Gut Wohnung, weil dort eine zur Zeit auf den Regelfall bezogene unzutreffende Umsatzsteuerbelastung gegenüber der allgemeinen Belastung vorliegt, in Zukunft diejenige Steuerbelastung trägt, die dem vollen Steuersatz entspricht. Das heißt mit anderen Worten: dort, wo die Umsatzsteuer heute zu gering ist, wird sie nach Inkrafttreten des Gesetzes höher sein, und dort, wo sie heute über den Satz hinausgeht, den wir vorgesehen haben, wird sie in Zukunft niedriger sein, so daß die durchschnittliche Belastung des Verbrauchers mit Umsatzsteuer unverändert bleibt.

(Beifall.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510223700
Keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Änderungsantrag? — Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Umdruck .165 der Abgeordneten Orgaß, Jacobi (Köln), Weimer, Frau Berger-Heise und Genossen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Meine Damen und Herren, das Präsidium stimmt spontan darin überein, daß das zweite die Mehrheit ist; der Änderungsantrag ist abgelehnt. Ich gratuliere dem Hause dazu, ohne mich in seine Entscheidungen einmischen zu wollen. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mich anhand einer Berechnung darauf aufmerksam gemacht, daß 'die bis jetzt angenommenen Änderungsanträge eine Mehrbelastung von 51,5 Millionen DM jährlich durch Einnahmeausfälle ergeben. Wir haben also eine Mindereinnahme von 51,5 Millionen DM durch .die bisher angenommenen Anträge.
Wer dem § 12 in der geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei vier Enthaltungen angenommen.
§ 13! Keine Änderungsanträge. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer
zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 13 ist einstimmig angenommen.
§ 14! Änderungsantrag auf Umdruck 177 *). Zur Begründung dieses Änderungsantrages hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Schmidt (Wuppertal).

Dr. Otto Schmidt (CDU):
Rede ID: ID0510223800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um ,eine geringfügige Klarstellung. Nach der Sondervorschrift des § 19 kann die alte Brutto-Umsatzsteuer angewendet werden. Es muß hier klargestellt werden, daß diejenigen, die für § 19 optiert haben, nicht das Recht haben, die Steuer gesondert auszuweisen, so daß also, wenn jemand das tun würde, er den Betrag der Steuer schulden würde, auch wenn er nicht Unternehmer ist. Es handelt sich um eine rein redaktionelle Klarstellung.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510223900
Wird dazu weiter das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 177 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
§ 14 in der so geänderten Fassung! Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 14 ist angenommen.
§ 15! Änderungsanträge Umdruck 148 **) und Umdruck 179***). Der Änderungsantrag Umdruck 148 ist der Antrag der Abgeordneten Schlee und Genossen, der Änderungsantrag 179 ist Fraktionsantrag der CDU und der SPD. Die Anträge sind im materiellen Inhalt gleich. Zur Begründung Herr Abgeordneter Schlee.

Albrecht Schlee (CSU):
Rede ID: ID0510224000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um eine Vervollständigung des Gesetzestextes, für deren Notwendigkeit es eigentlich nicht leicht Beispiele gibt, deren logische Konsequenz aber leicht darzustellen ist.
Sie wissen, daß nach § 10 die Steuer nach dem Entgelt bemessen wird und daß zum Entgelt auch das gehört, was ein anderer als der Empfänger der Leistung oder Lieferung zahlt. Wir haben gestern beschlossen, daß aus diesem Entgelt ausgeklammert wird, was aus öffentlichen Kassen als Zuschuß geleistet wird. Im übrigen ist diese Bestimmung notwendig, um Umgehungen zu vermeiden. Auch was ein anderer insbesondere auf Grund bürgerlichrechtlicher Verpflichtungen zur Abgeltung einer Lieferung oder Leistung leistet, muß für die Steuerberechnung herangezogen werden, um, wie gesagt, Umgehungen bei der Steuerberechnung zu vermeiden. Aber da das Entgelt ja auch dazu bestimmt ist, die Steuerbelastung auf den Abnehmer der Lieferung weiterzuwälzen, können sich natürlich Fälle er-
*) Siehe Anlage 4 **) Siehe Anlage 5 ***) Siehe Anlage 6



Schlee
geben, bei denen man demjenigen, der an Stelle des eigentlichen Abnehmers das Entgelt zahlt, den Vorsteuerabzug einräumen muß. Und wie immer, wenn eine Lage sich erst in der Zukunft entwickelt und man sie heute noch nicht so weit übersieht, daß man sie gesetzlich regeln kann, zieht man sich auch hier auf eine Rechtsverordnung zurück. Das ist der Sinn dieses Antrages, den die beiden Koalitionsparteien bereits angenommen haben.
Ich darf allerdings darauf hinweisen, daß auch hier eine Berichtigung notwendig ist. Es muß nicht „§ 10 Abs. 1 Satz 2", sondern „§ 10 Abs. 1 Satz 3" heißen.
Ich bitte um Annahme des Antrages.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510224100
Keine weiteren Wortmeldungen. Wer den Bleichlautenden Änderungsanträgen Umdruck 148 und Umdruck 179 zustimmt, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Beide Änderungsanträge sind angenommen.
Wer dem § 15 in der so geänderten Fassung zustimmt, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? —.§ 15 ist einstimmig angenommen.
Zu § 16 und § 17 liegen keine Änderungsanträge vor. Ich rufe beide Paragraphen auf. Wird das Wort gewünscht? — Keine Wortmeldungen.
Wer den §§ 16 und 17 zustimmt, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Beide Paragraphen sind einstimmig angenommen.
Zu § 18 liegen die Änderungsanträge der Fraktion der FDP Umdruck 143 Ziffern 12 und 13 vor. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? — Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0510224200
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es ist alte Übung in unserem Steuerrecht, daß der Termin für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung und die Zahlung der Umsatzsteuer jeweils der 10. des folgenden Monats ist. Inzwischen hat sich aber in der Praxis längst herausgestellt, daß diese Frist zu kurz ist, zumal normalerweise ein Wochenende zwei Tage umfaßt und auch immer mehr Betriebe auf die Hilfe von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten angewiesen sind, so daß also die Arbeit nicht in der kurzen Frist geleistet werden kann. Die Finanzämter haben deswegen die Übung, daß sie keinen Verzug darin sehen, wenn die Frist bis zum 15. überschritten wird. Weil das so ist, halten wir es für gut und richtig, daß der Gesetzgeber jetzt auch im Gesetz aus dieser Praxis die Konsequenz zieht und den Termin auf den 15. verschiebt.
Meine Herren und Damen, wir muten ganz besonders im Anfang, aber auch laufend je nach der Größe der Organisation des Betriebes den Steuerpflichtigen in der Bearbeitung der Steueranmeldung mehr zu als bisher, und wir sollten hier, so meine ich, eine Geste machen, die im Grunde mehr als eine Geste ist, und sollten das legalisieren, was durch die Verwaltungsübung schon Praxis ist. Ich glaube also, es wäre richtig, hier den Steuerpflichtigen entgegenzukommen. Es kostet nichts.

(Abg. Seuffert: Oho!)

— Es kostet lediglich einen um fünf Tage späteren Eingang von Zahlungen von den wenigen Leuten, die bisher noch nicht von der Vergünstigung Gebrauch gemacht haben, die sie rein von der Verwaltungsseite her in Anspruch nehmen könnten. Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Kollege Seuffert, daß es noch viele Leute gibt, die zum 10. des Monats zahlen, und erst recht nicht wird es sie geben, wenn sie jetzt nach dem neuen Gesetz die erschwerten Bedingungen bei der Abrechnung haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510224300
Wird dazu das Wort gewünscht? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Eckhardt!

Dr. Walter Eckhardt (CSU):
Rede ID: ID0510224400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht mir genauso wie vorhin dem Kollegen Stecker: Ich würde Ihnen sicherlich hinsichtlich der Verschiebung des Voranmeldungstermins vom 10. auf den 15. eines Monats sehr gern zustimmen. Das würde ich um so lieber tun, als ich den Berufsständen, in deren Namen Sie doch im wesentlichen gesprochen haben, nahestehe.

(Zuruf: Der Steuerpflichtigen!)

— Nein, das ist nicht in erster Linie die Frage der Steuerpflichtigen, sondern das ist die Frage der Arbeitsbelastung der Steuerbevollmächtigten und Steuerberater, die die Arbeit bis zum 10. des Monats vielfach nicht erledigen können. Das ist mir natürlich genau bekannt. Das ist aber nicht in erster Linie eine Frage des Bundes, sondern eine Frage der Länder. Die Länder haben die Aufgabe der Verwaltung nicht nur dieser Steuer, sondern auch anderer Steuern. Sie müssen auf diese anderen Steuern Rücksicht nehmen.
Die Länder haben sich — das wissen wir — strikt gegen eine Verlängerung dieses Termins ausgesprochen. Würden wir den Termin statt auf den 10. auf den 15. festsetzen — damit würde auch die Schonfrist weiter hinausgeschoben, die die Länder gewähren —, dann müßten wir mit einer Folge rechnen, die niemand in diesem Hause wünschen kann. Wir müßten mit einem Einspruch der Länder rechnen, und das würde das Inkrafttreten des Gesetzes unter Umständen wesentlich verzögern. Wir sind aber daran interessiert, daß dieses Gesetz so bald wie möglich in Kraft tritt, weil die beteiligte Wirtschaft und auch die beteiligten Steuerberater und Steuerbevollmächtigten wissen müssen, woran sie sind.
Es handelt sich hier um Fragen, die nicht wir klären können. Den beteiligten Berufsständen, insbesondere den örtlich zuständigen Kammern der Steuerbevollmächtigten und der Steuerberater, auch der Bundessteuerberaterkammer und der Bundeskammer der Steuerbevollmächtigten wäre zu empfehlen, sich wegen einer Neufestsetzung der Termine mit den Landesministerien in Verbindung zu setzen.



Dr. Eckhardt
Ich bitte Sie deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, den von Frau Funcke begründeten Antrag abzulehnen.
Ebenso bitte ich, den Antrag abzulehnen, in § 18 Abs. 3 die Zahl 1200 durch die Zahl 2000 zu ersetzen. Das würde zwar, wie gesagt wird, auf die Dauer gesehen den Fiskus nichts kosten. Zunächst einmal würde aber die Liquidität der Finanzkassen beeinträchtigt. Der Betrag von 1200 stellt ja bereits eine Erhöhung dar; vorher waren 800 vorgesehen. Ich glaube, daß wir uns mit dieser Erhöhung zunächst einmal zufrieden geben müssen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510224500
Keine weiteren Wortmeldungen. Wir stimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck 143 Ziffer 12 ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das zweite- war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich rufe den Änderungsantrag Umdruck 143 Ziffer 13 auf. Zur Begründung hat Frau Abgeordnete Funcke das Wort.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0510224600
Herr Präsident! Meine Her-und Damen! Es ist schon der Antrag auf Ablehnung unseres Antrages gestellt worden, bei dem es um folgendes geht. Der Entwurf bestimmt, daß eine monatliche Abrechnung mit genauer Festlegung des Umsatzes, der Vorsteuern, der abzugsfähigen Beträge, der Rückrechnung von Skonti usw. bereits erforderlich ist bei einem Steuerbetrag von über 100 DM. Wir sind der Meinung, daß dies für den Steuerpflichtigen und für den Staat eine ungeheure Belastung darstellt. Es war davon die Rede, daß die Finanzämter schon kaum in der Zeit vom 10. bis zum Monatsende damit fertig werden, die eingehenden Steuern zu verbuchen. Eine solche Beschäftigung mit Bagatellbeträgen ist wirklich nicht geeignet, die Belastung der Finanzämter zu vermindern.
In unserem Änderungsantrag ist übrigens ein Druckfehler enthalten. Die Zahl 2000 läßt sich nicht durch 12 teilen. Es muß deshalb 2400 heißen. Es soll also erst von einem Steuerbetrag von 200 DM an monatlich abgerechnet werden. Bei Steuerbeträgen bis zu 600 DM im Vierteljahr soll eine vierteljährliche Abrechnung erfolgen können. Das würde nach unserer Meinung zu einer Rationalisierung führen, zu einer Erleichterung für die Steuerpflichtigen, für die steuerberatenden Berufe und für den Staat. Selbst wenn dadurch ein paar Steuerpflichtige erst im Januar den Betrag für das letzte Vierteljahr anstatt nur für Dezember zahlten, wäre das nicht so schlimm; denn dem stünde dann bei den Finanzämtern wieder eine erhebliche Arbeitsentlastung gegenüber.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510224700
Herr Abgeordneter Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0510224800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich schließe mich der Empfehlung an,
die Herr Dr. Eckhardt gegeben hat, diesen Antrag abzulehnen. Ich möchte nur die Gelegenheit benutzen, darauf hinzuweisen, wozu es führen kann, wenn man sich das System und das Gesetz nicht ganz klarmacht. Zur Entscheidung über den Antrag darf ich empfehlen, den nachfolgenden Satz zu lesen: „Das Finanzamt kann auf Antrag gestatten, daß anstelle .des Kalendervierteljahres ,der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum ist." Bei diesem System kann es nämlich durchaus im Interesse des Steuerpflichtigen liegen, monatlich statt vierteljährlich abzurechnen, um seine Vorsteuern früher abrechnen zu können und erstattet zu bekommen. Deswegen ist extra eine Antragsmöglichkeit vorgesehen. Wenn Sie die Zahl der Fälle verdoppeln, in denen über solche Anträge entschieden werden muß und in denen der Steuerpflichtige überlegen muß, ob er einen solchen Antrag stellen will, so werden Sie in der Tat eine wesentliche Belastung beider Teile hervorrufen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510224900
Keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 143 Ziffer 13. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
§ 18 in der nicht geänderten Fassung! Wer zuzustimmen wünscht, gebe ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen ist § 18 angenommen.
§ 19. Hierzu liegt der Änderungsantrag Umdruck 143 Ziffer 14 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht?

(Abg. Frau Funcke: Das ist eine Parallele zu § 18! Das gehörte dazu!)

— Ist das erledigt? (Zurufe: Erledigt!)

— Darüber braucht also nicht mehr abgestimmt zu werden. — Das steht auch in meiner Vorlage: gegenstandslos, wenn der Antrag Umdruck 143 Ziffer 12 abgelehnt wird.
Also § 19 ohne Veränderungen. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einzelnen Enthaltungen ist § 19 angenommen.
§ 20 ohne Änderungsanträge. Wird dazu das Wort gewünscht? — Keine Wortmeldungen. Wer § 20 zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 20 ist angenommen.
Ein § 20 a soll eingefügt werden gemäß dem Antrag Umdruck 188 *). Herr Abgeordneter Jacobi zur Begründung.
Jacobi (Köln) {SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sachlage, die sich auf Grund der Beratungen heute ergeben hat, und die Tatsache, daß, wie ich soeben höre, nicht mit einer
*) Siehe Anlage 7



Jacobi (Köln)

Rücküberweisung der Vorlage an den Finanzausschuß zu rechnen ist, zwingen mich dazu, im gegenwärtigen Augenblick den Antrag zurückzuziehen. Ich möchte mir vorbehalten, bei der dritten Beratung auf das Petitum zurückzukommen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510225000
Der Antrag ist also zurückgezogen. Damit ist er hier auch nicht zur Diskussion gestellt.
Ich rufe den § 21 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und der SPD auf Umdruck 180 *) vor. Wird der Antrag begründet? — Herr Abgeordneter Krammig, bitte sehr!

Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0510225100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorschrift des § 21 Abs. 3 des Entwurfs soll sicherstellen, daß bei mißbräuchlicher Verwendung eingeführter Gegenstände, für die eine Zoll- oder Verbrauchsteuervergünstigung besteht, eine Einfuhrumsatzsteuer auf später entstehende oder unbedingt werdende Zoll- oder Verbrauchsteuerschulden dann erhoben werden kann, wenn der mißbräuchlich Verwendende kein gewerblicher Unternehmer ist. Die bisherige Entwurfsfassung geht über dieses Ziel hinaus. Sie belastet insbesondere die importierende Wirtschaft, soweit sie Produkte einführt, die über Zoll- und Steuerverkehre abgewickelt werden. Hier entstehen entweder keine Abgabenschulden oder aber nur bedingte. Teilweise werden die eingeführten Gegenstände auch zu verkaufsfähigen Produkten weiterverarbeitet oder verarbeitet. Die Entwurfsfassung würde zu einer unnötigen verwaltungsmäßigen Belastung sowohl der Wirtschaft als auch der die Steueraufsicht ausübenden Zollverwaltung führen, weil bei allen Waren, die eingeführt werden sind oder auch nur in geringfügigem Umfang Anteile eingeführter Waren enthalten, bis zum endgültigen Verkauf festgehalten werden müßte, wie hoch die jeweiligen Anteile sind, die gegebenenfalls nach § 21 Abs. 3 später noch einer weiteren Einfuhrumsatzsteuer zu unterwerfen wären. Bei normalem Geschäftsablauf ist diese Festhaltung sowie die nachträgliche Erhebung einer weiteren Einfuhrumsatzsteuer. deswegen unnötig, weil der betroffene Unternehmer sie nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 als Vorsteuer geltend machen kann.
Es erscheint daher nicht vertretbar, den normalen Ablauf des wirtschaftlichen Geschehens in diesem Umfang zu belasten, um einige wenige Ausnahmefälle erfassen zu können. Die von den Regierungsfraktionen auf Umdruck 180 vorgeschlagene Ergänzung schränkt daher den Anwendungsbereich der Vorschrift auf den beabsichtigten Umfang ein Sie stellt die nachträgliche Erhebung von Einfuhrumsatzsteuer bei mißbräuchlicher Verwendung abgabenbegünstigter eingeführter Waren sicher, ohne dabei die Wirtschaft und die Verwaltung unnötig zu belasten. Ich bitte Sie daher im Namen der beiden Fraktionen, dem Antrag auf Umdruck 180 zuzustimmen.
*) Siehe Anlage 8

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510225200
Wird dazu das Wort gewünscht? — Keine Wortmeldungen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 180. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Änderungsantrag ist einstimmig angenommen.
Wer § 21 in der durch den soeben angenommenen Antrag geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. Gegenprobe! Enthaltungen? — § 21 ist in der so geänderten Fassung einstimmig angenommen.
Ich rufe auf die §§ 22, — 23, — 24, — 25. — Der zu § 23 Abs. 4 vorliegende Antrag ist inzwischen erledigt. Wird zu den §§ 22 bis 25 das Wort gewünscht? — Keine Wortmeldungen. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die §§ 22 bis 25 sind einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 26. Dazu liegen zwei Änderungsanträge vor, die gleichlautend sind. Oder täusche ich mich? — Herr Abgeordneter Schulhoff zur Begründung!

Georg Schulhoff (CDU):
Rede ID: ID0510225300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist völlig richtig, die beiden Anträge sind gleichlautend. Nur ist dieser Antrag — die Parteien sind davon verständigt worden — auf Vorschlag eines Vertreters des Finanzministeriums etwas geändert worden.
Es heißt in § 26 Abs. 1:
Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung zur Wahrung der Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung, zur Beseitigung von Unbilligkeiten in Härtefällen oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens den Umfang der in diesem Gesetz enthaltenen Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen sowie des Vorsteuerabzugs näher bestimmen.
Unser Antrag geht dahin, hinter „bestimmen" einzufügen:
sowie die zeitlichen Bindungen nach §§ 19 Abs. 4, 23 Abs. 4 und 24 Abs. 4 verkürzen.
Das würde heißen, daß die Optionsklammer unter Umständen auf dem Wege der Billigkeit verkürzt werden kann.
Ich bitte um Annahme des Antrags.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510225400
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter. Im Umdruck 181 *) heißt es „ ... von Unbilligkeiten und Härtefällen ...", bei Ihnen heißt es „ ... von Unbilligkeiten in Härtefällen ...". Den Text mit „und" hätte ich als weitergehenden Antrag ausgelegt und hätte zuerst darüber abstimmen lassen. Aber, bitte sehr, meine Herren, wenn wir uns so verständigen können — um so besser.

(Zuruf: „Und" ist richtig!)

*) Siehe Anlage 9



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem so korrigierten Antrag 159 *), dann identisch mit Umdruck 181, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Wer dem § 26 in der so geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 26 ist in der geänderten Fassung angenommen.
Zu § 27 liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 152 **) Ziffer 1 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Herr Abgeordneter Moersch, bitte sehr!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0510225500
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Finanzausschuß ist dafür zu danken, daß er im § 4 unter Nr. 21 eine Änderung der ursprünglichen Fassung vorgenommen hat, die im Sinne der Gerechtigkeit für die Ergänzungsschulen notwendig war. Die bisherige Regelung brachte eine Ungleichmäßigkeit in der Besteuerung von Schulen. Sie war und ist deshalb verfassungsrechtlich bedenklich. Ich verweise hier auf Art. 3 Abs. 1 und auf Art. 80 des Grundgesetzes.
Im Gegensatz zu allen anderen Änderungen des Umsatzsteuergesetzes von 1951 bringt die Neufassung des § 4 Nr. 21 nicht nur die Beseitigung einer bloßen Unzweckmäßigkeit oder Ungereimtheit, sondern endlich die Korrektur der Ungerechtigkeit. in der Behandlung sachlich gleichliegender Fälle. Diese Änderung steht nun seit fast genau neun Jahren zur Debatte. Ich habe diesen Antrag heute gestellt, weil ich dem Hohen Haus Gelegenheit geben möchte, diese Ungerechtigkeit auch jetzt noch für das unmittelbar geltende Recht zu beseitigen.
Dabei bin ich mir natürlich darüber im klaren, daß die Gesetzessystematik eigentlich ein Achtzehntes Umsatzsteueränderungsgesetz verlangte. Der Umfang der Angelegenheit ist jedoch materiell so gering, daß ich Sie bitten möchte, diese Änderung mit in die Schlußvorschriften dieses Gesetzes einzufügen.
Ich darf darauf aufmerksam machen, daß die Textfassung des § 4 Nr. 21 bewußt vom bisherigen Rechtszustand abrückt. Bliebe es bei der Vorlage des Ausschusses, so entstünde folgende Situation: Die Finanzämter versenden zur Zeit Formulare für die Veranlagung 1966. Diese Veranlagung beginnt im Mai. Kurz nach der Verabschiedung dieses Gesetzes müßten also die Finanzämter von einer Rechtslage ausgehen, die sinngemäß vom Gesetzgeber inzwischen mißbilligt worden ist. Das scheint mir nicht dazu geeignet zu sein, das Vertrauen in unsere Rechtsordnung zu stärken.
Da ich die Bedenken wegen der Gesetzessystematik jedoch kenne und befürchte, daß sich eine Mehr heit meinen guten Gründen aus formellen Erwägungen verschließt, möchte ich zugleich die Bitte äußern, daß unter allen Umständen bei der dritten
*) Siehe Anlage 10 **) Siehe Anlage 11
Lesung eine Willensäußerung des Hohen Hauses stattfindet, die der Verwaltung aufträgt, bei strittigen Fällen — bei ganz wenigen Ergänzungsschulen — schon jetzt bei der Veranlagung 1966 so zu verfahren, wie es das neue Nettoumsatzsteuerrecht vorsieht.
Ich bitte um Zustimmung zu dem Antrag auf Umdruck 152.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510225600
Wird dazu .das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Seuffert!

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0510225700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag mag ganz gut gemeint sein, aber ich glaube, man sollte dagegen protestieren, daß dann, wenn dieses Haus unter mehreren möglichen schwierigen sachlichen Lösungen die eine entgegenkommendere gewählt hat, das damit quittiert wird, daß die andere, sachlich an sich ebenso mögliche Lösung als verfassungswidrig, als krasses Unrecht usw. bezeichnet wird. Mit solchen Argumentationen können wir hier nichts anfangen. Im übrigen kennt jeder, der über das Funktionieren eines Umsatzsteuergesetzes Bescheid weiß, die Gründe, warum eine solche rückwirkende Steuerabrechnung einfach nicht möglich ist. Der Antrag muß abgelehnt werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510225800
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir stimmen über den Änderungsantrag Umdruck 152 Ziffer 1 des Abgeordneten Moersch ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Nun stimmen wir über § 27 in der ungeänderten Fassung ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — .§ 27 ist angenommen.
Zu § 28 liegen drei Änderungsanträge vor. Ich beginne mit dem Änderungsantrag Umdruck 189 *) der Fraktion der CDU/CSU. Zur Begründung hat Herr Schmid-Burgk das Wort.

Dr. Klaus Schmid-Burgk (CDU):
Rede ID: ID0510225900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den besonderen Verhältnissen der Werften ist vom Ausschuß dadurch Rechnung getragen worden, daß auf das Vorratsvermögen, das bei den Werften ja in den halbfertigen Schiffen besteht, der Vergütungssatz für die fertigen Schiffe angewandt wird und nicht etwa der Vergütungssatz für das Material. Dieser Vergütungssatz beträgt bei den Inlandswerften 7 % und bei den Freihafenwerften, die ja schon das Material, wenn auch unvollkommen, entlastet bekommen haben, 3,8 %.
Bei der jetzt getroffenen Formulierung ist es dadurch, daß in einem vorderen Satz die Entlastung des Vorratsvermögens auf das Inland beschränkt
*) Siehe Anlage 12



Dr. Schmid-Burgk
wird, ausgeschlossen, daß die Freihafenwerften diesen Vergütungssatz bekommen. Mit dem Änderungsantrag soll bezweckt werden, die Freihafenwerften insoweit den Inlandswerften gleichzustellen. Ich bitte um Annahme.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510226000
Wird dazu das Wort gewünscht? — Keine Wortmeldungen.
Wer dem Antrag Umdruck 189 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung ist dieser Änderungsantrag angenommen.
Ich rufe den Änderungsantrag Umdruck 150 *) Ziffern 1 und 2 der Fraktion der FDP auf. Herr Dr. Staratzke!

Dr. Hans-Werner Staratzke (FDP):
Rede ID: ID0510226100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat den Änderungsantrag Umdruck 150 ganz einfach aus der Sorge heraus eingebracht, daß die in der Entwurfsfassung des Gesetzes vorgesehene ungenügende Entlastung für das Vorratsvermögen die von der Bundesregierung und der Bundesbank eingeleiteten Konjunkturbelebungsmaßnahmen weitgehend negativ beeinflussen muß. Bei der nur etwa 50%igen Entlastung dieser Warenvorräte, die man zum Stichtag ja mit etwa 100 Milliarden DM ansetzt, werden gegenüber den Ankurbelungsbemühungen spätestens ab Mitte dieses Jahres entgegengesetzte Kräfte wirksam werden. Niemand kann eine solche Entwicklung wollen, auch noch nicht einmal das Risiko eingehen, daß eine solche Entwicklung eintritt.
Meine Damen und Herren, der heute noch vorgelegte Ermächtigungsantrag Umdruck 190 der CDU/CSU-Fraktion ändert an dieser Sorge nichts; denn eine vorgesehene Ermächtigung bietet der Wirtschaft in diesem Fall keine Sicherheit, obwohl sie hier dringend notwendig wäre.
Meine Damen und Herren, für alle Warenläger, sowohl für die im Betrieb hergestellten Waren wie für die bezogenen oder angeschafften Waren, ist die Entlastung von der kumulativen Umsatzsteuer ungenügend. Das wissen alle Kollegen in diesem Hause, die irgendwo direkt mit der Wirtschaft etwas zu tun haben. Die Folge dieser unzureichenden Regelung wird zwangsläufig sein, daß weite Kreise der gesamten Wirtschaft bemüht sein werden, bis zum Jahresende ihre Läger auf ein Minimum abzubauen. Ich glaube, daß das jeder tun wird, wenn er nicht gegen alle ökonomischen Regeln verstoßen will. Das bedeutet aber wiederum, daß die Dispositionen der Wirtschaft, und zwar aller Stufen und aller Bereiche, lange vorher zurückgehen werden und damit der Effekt jeder Konjunkturbelebung, nämlich die Dispositionsfreudigkeit, in allen Wirtschaftsstufen und -bereichen stark geschmälert statt verstärkt wird.
Nun wissen wir selbstverständlich auch, daß eine volle Entlastung dieser Vorräte etwa das Doppelte von dem kostet, was jetzt vorgesehen ist. Deshalb
*) Siehe Anlage 13
sehen wir in diesem Antrag auch nur eine bessere Entlastung der sogenannten bezogenen Waren, d. h. im Handel, unter Zugrundelegung der Sätze der Ausfuhrhändlervergütung vor, um den aufgezeigten Gefahren für den Wirtschaftsablauf und die Konjunkturbelebung wenigstens an den konjunkturell wichtigsten Stellen zu begegnen.
Mit diesem Änderungsantrag befinden wir uns in voller Übereinstimmung mit der Meinung des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen. Der Wirtschaftsausschuß hat in seiner Sitzung am 9. März dieses Jahres, nach der zweiten Lesung im Finanzausschuß, festgestellt, die bei den Vorräten vorgesehene Regelung trage den wirtschaftlichen Gegebenheiten und den konjunkturellen Notwendigkeiten nicht ausreichend Rechnung, da die Wirtschaft hier Zurückhaltung bei Bestellungen üben werde. Meine Damen und Herren, wir haben in der Tat einen Kompromißvorschlag vorgelegt, insofern als wir eine bessere Entlastung nur der bezogenen Waren in Höhe von 75 % der Sätze der Ausfuhrhändlervergütung gemäß § 20 dies Umsatzsteuergesetzes vorgesehen haben. Von diesen 75 % sollen zwei Drittel im ersten Jahr, d. h. im Jahre 1968, zu verrechnen sein. während ein Drittel im zweiten Jahr, also im Jahre 1969, abzusetzen ist. Es soll also eine Verteilung der Entlastung auf 24 Monate erfolgen.
Wenn man jetzt an die Manövriermasse oder an das Mehrwertsteueraufkommen oder an die Satzveränderung denkt, glauben wir — und das ist das Entscheidende —, daß eine solche Lösung entschieden billiger ist als die zu erwartenden Einnahmeausfälle bei Steuern aller Art, nicht nur bei der Umsatzsteuer, in diesem und möglicherweise im nächsten Jahr.
Deshalb bitten wir das Hohe Haus, im allseitigen Interesse der Konjunkturbelebung diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP.)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510226200
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Eckhardt.

Dr. Walter Eckhardt (CSU):
Rede ID: ID0510226300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zentrale Bedeutung dieses Antrags ist uns nicht nur bekannt, sondern wir sind alle davon überzeugt, daß es bei der Übergangsregelung für den Systemwechsel in erster Linie auf eine ausreichende Entlastung der Vorräte ankommt. Zu dieser Überzeugung hat sich der Finanzausschuß stets geschlossen und haben sich ebenso die entsprechenden Gremien der Koalitionsparteien bekannt.
Wir glauben aber, daß der vorliegende Antrag wenigstens in seiner jetzigen Fassung noch nicht geeignet ist, all den Problemen Rechnung zu tragen, die in Verbindung mit dieser Frage zu prüfen sind.
Wir sind insbesondere der Meinung, daß wir unmöglich im jetzigen Augenblick bereits einen Antrag annehmen können, der den öffentlichen Haushalt mit einer runden Milliarde Mark belastet. Wir



Dr. Eckhardt
glauben, diese Frage _noch einmal sorgfältig prüfen zu müssen, um in Verbindung mit dem Bundesfinanzministerium zu einer Lösung zu kommen, die allen Interessen gerecht wird, insbesondere auch natürlich den Interessen des Einzelhandels und des Handwerks, auf denen die Hauptlast der Überwälzung der neuen Steuer im Rahmen des Systems der Mehrwertsteuer künftig liegen wird. Wir sind deshalb gezwungen, darum zu bitten, den Antrag abzulehnen, und behalten uns vor, in dritter Lesung einen Antrag zu stellen, der den Interessen gerecht wird, die hier auf dem Spiele stehen.
Ich bitte Sie, den Antrag in der vorliegenden Fassung abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510226400
Das Wort hat Herr Dr. Menne.

W. Alexander Menne (FDP):
Rede ID: ID0510226500
Meine Damen und Herren! Ich habe mit großer Freude gehört, daß Sie einen Antrag einbringen wollen, der die in dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf enthaltene Regelung berichtigt.

(Abg. Seuffert: Das ist nicht gesagt, Herr Menne! Das muß noch geprüft werden!)

— Ich habe das so verstanden. Wenn Sie aber schon sagen, daß das nicht gesagt ist, muß ich meine Bedenken hier sehr genau zum Ausdruck bringen.
Meine Damen .und Herren, Herr Professor Schiller versucht die Konjunktur anzukurbeln. Ich spreche jetzt nicht über seine Maßnahmen, ich spreche aber darüber, daß Sie hier — bei ungenügender Entlastung der Lager — Gegendampf geben! Sie geben Volldampf nach rückwärts! Denn jeder Unternehmer wäre töricht, wenn er sich nicht entschließen würde, zum Ende des Jahres die Vorräte gewaltig zu reduzieren. Ich sage Ihnen voraus: die Umsätze des letzten Vierteljahres werden erheblich reduziert werden. Mir ist bekannt, daß in vielen Werken heute schon gerechnet wird, was die Vorlage eigentlich bedeutet, und daß die Entscheidungen so aussehen werden, wie ich es Ihnen sage. Man wird entscheiden: Zurück mit der Produktion im letzten Vierteljahr dieses Jahres!
Meine Damen und Herren, geht es dann ab 1. Januar nächsten Jahres gleich wieder mit Volldampf voraus? — Nein, das kann es nicht; denn die Fabriken müssen dann erst auf den Eingang ihrer Rohstoffe und Halbfabrikate warten, bevor sie in die Voll-Produktion gehen können. Ich behaupte also, daß wir mit dieser Bestimmung für mindestens sechs Monate eine starke Verringerung der Produktion herbeiführen und damit die Bestrebungen, die Konjunktur anzukurbeln, von denen ja jeden Tag gesprochen wird, für dieses halbe Jahr und wahrscheinlich für noch länger so ungünstig beeinflussen werden, daß wir darüber sehr erstaunt sein werden. Ich kann nur davor warnen.
Wir sind bei unserem Antrag, den Kollege Staratzke begründet hat, keineswegs davon ausgegangen, daß es leicht ist, auf Einnahmen in Höhe von 1 Milliarde DM zu verzichten. Ich weise aber auf das hin, was auch Kollege Staratzke ausgeführt hat: Wenn für die sechs Monate ein so großer Rückgang der Produktion, wie ich ihn voraussehe, einsetzt, werden wir wahrscheinlich einen höheren Steuerausfall haben als jene 1 Milliarde DM. Das sollte sorgfältig geprüft werden.
Insofern begrüße ich es, daß mein Vorredner eine Regelung in Aussicht gestellt hat, die uns alle befriedigt. Ich glaube aber, daß das etwas unwahrscheinlich ist. Ich möchte daher dringend davor warnen, ohne eine neue Regelung in der gleichen oder in einer ähnlichen Art, wie sie unser Antrag vorsieht, das Gesetz in der dritten Lesung zu akzeptieren. Ich möchte eigentlich dazu raten, die politischen Betrachtungen einmal etwas zur Seite zu stellen und unseren Antrag heute schon anzunehmen. Das wäre die beste Lösung. Sie würden dadurch eine gewisse Beruhigung in die Wirtschaft bringen.
Ich muß Ihnen sagen, daß mir einer der fünf Sachverständigen einen langen Brief geschrieben und sich voller Sorge zu dieser Klausel geäußert hat. Er hat von ihr gesagt,. daß sie uns in die größten Schwierigkeiten bringen wird. Er hat also ungefähr dasselbe ausgesprochen, was auch ich sage, und das war einer der fünf Gutachter. Seinen Namen möchte ich hier nicht nennen, weil ich dazu nicht befugt bin. Aber Sie können es mir glauben: so steht es in dem Brief.
Ich möchte mich daher noch einmal dafür aussprechen, den Antrag meiner Fraktion anzunehmen, um wieder etwas Ruhe in die Wirtschaft zu bringen. Sie ist stärker beunruhigt, als Sie glauben.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510226600
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stecker.

Dr. Josef Stecker (CDU):
Rede ID: ID0510226700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Menne, ich möchte Sie vor allem um eines bitten: nicht zur Beunruhigung der Wirtschaft von dieser Stelle aus und in diesem Maße beizutragen.

(Zustimmung bei den Regierungsparteien. — Widerspruch bei der FDP. — Zuruf rechts: Die Wahrheit muß Wahrheit bleiben!)

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß der Bundesfinanzminister und alle Sprecher hier im Hause eindeutig erklärt haben, daß wir im nächsten Jahre aus dieser Steuer nicht mehr als in diesem Jahr vereinnahmen wollen.

(Zuruf von der FDP: Darum geht es ja gar nicht!)

Das ist ein entscheidendes Moment, unserer Wirtschaft zu sagen, daß wir nicht mehr Steuern erheben wollen, als wir in diesem Jahre erheben. — Ja, bitte schön!

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510226800
Herr Abgeordneter Moersch zu einer Frage.




Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0510226900
Herr Stecker, sind Sie sich bei diesem Vorwurf nicht darüber im klaren gewesen, daß gerade die Unsicherheiten, die in diesem Gesetz und in der ganzen Beratung darinstecken, in den letzten Monaten entscheidend mit zur Investitionsdämpfung beigetragen haben, weil die Unternehmer auf Grund solcher Vorlagen einfach nicht mehr investieren wollten?

Dr. Josef Stecker (CDU):
Rede ID: ID0510227000
Aber, Herr Kollege Moersch, da waren ganz andere Faktoren als ein noch nicht beschlossenes Mehrwertsteuergesetz maßgebend. Man kann die Dinge auch übertreiben. Es ist doch nicht so, daß die Wirtschaft nur nach steuerlichen Tatbeständen disponiert.
Ich möchte hier nur eines klarstellen, was unser Sprecher gesagt hat.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510227100
Herr Abgeordneter Staratzke möchte noch eine Frage stellen.

Dr. Josef Stecker (CDU):
Rede ID: ID0510227200
Bitte!

Dr. Hans-Werner Staratzke (FDP):
Rede ID: ID0510227300
Herr Kollege Stecker, ist Ihnen bekannt, daß zur Zeit durch Rundschreiben in der gesamten Wirtschaft bekanntgegeben wird, man möge so disponieren, daß die Vorräte am Ende des Jahres am niedrigsten sind? Heute schon per Rundschreiben in der gesamten Wirtschaft!

(Abg. Seuffert: Hoffentlich bezahlen die Leute, die Rundeschreiben machen, nachher den Schaden, den sie anrichten! Man sollte sie persönlich dafür haftbar machen!)

Da kann von einer Mißmacherei oder davon, daß man eine Gefahr sehe, keine Rede sein. Die ist ja schon da.

Dr. Josef Stecker (CDU):
Rede ID: ID0510227400
Herr Kollege Staratzke, ich weiß, daß in dem Bereich, den Sie als Verbandsgeschäftsführer betreuen, auch andere Überlegungen angestellt worden sind, wie man nämlich eine Geschäftspolitik machen kann, die es erlaubt, daß man bis zum 1. Januar verkaufen kann. Das ist nicht nur von der Steuer abhängig, sondern auch von der Preispolitik, die man macht, von der, die man vor dem 1. Januar macht, und von der, die man nach dem 1. Januar macht. Glauben Sie ja nicht, daß die Unternehmer so ohne weiteres volle Läger hinnähmen. Sie sind durchaus bemüht, diese auch an den Mann zu bringen.
Ich möchte mit diesen Worten nur erreichen, daß hier nicht in einer Hektik etwas entschieden wird, was am Ende für die Wirtschaft viel gravierender ist. Hier „aus der Lameng" über 1 Milliarde zu verfügen, geht, das muß ich sagen, einfach über das hinaus, was mir zumutbar ist. Ich habe nur zu wiederholen — —

(Zuruf des Abd. Dr. h. c. Menne [Frankfurt] .)

— Herr Menne, ich darf Sie bitten, mich ausreden
zu lassen. — Ich wollte nur richtigstellen, was Herr
Kollege Eckhardt ausgeführt hat: daß wir das Problem auch sehen, daß wir es sehr ernst sehen und daß wir prüfen werden, was man tun kann, um jede schädliche Wirkung auszuschalten. Wir haben nicht gesagt, daß wir einen Änderungsantrag vorlegen werden, der etwa in Ihre Richtung zielt, sondern wir haben erklärt, daß wir das Problem nach jeder Richtung hin gründlich überlegen wollen und daß wir in der dritten Lesung — nach gründlichen Beratungen, auch mit Ihnen — zu Lösungen zu kommen hoffen, die der Wirtschaft das Gefühl vermitteln, daß keine untragbaren Belastungen auf sie zukommen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510227500
Herr Dr. Menne zu einer Frage.

W. Alexander Menne (FDP):
Rede ID: ID0510227600
Herr Kollege, was Sie zuletzt sagten, höre ich gerne. Aber glauben Sie mir, die Beunruhigung ist da. Sie ist nicht erst durch mich ausgelöst worden. Ich möchte Sie fragen: Warum müssen wir denn dieses Gesetz so eilig behandeln? Man hatte doch sonst auch immer Zeit. Man könnte sich die Dinge in Ruhe überlegen. Ich habe nicht den Eindruck, daß bei diesem wichtigen Gesetz genügend Zeit zur Beratung zur Verfügung stand.

Dr. Josef Stecker (CDU):
Rede ID: ID0510227700
Herr Kollege Menne, wir sind seit Jahren bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs. Wir haben es jetzt eilig — das muß ich sagen —, damit wirklich Ruhe in der Wirtschaft eintritt, damit man weiß, welches Recht am 1. Januar kommenden Jahres gilt. Aber, Herr Kollege Menne, ich glaube, wir sollten den Disput über diese Sache nicht weiterführen. Wir können ihn jetzt nicht mit der sachlichen Gründlichkeit, die wir tauch diesem Problem wünschen, führen. Wir bitten, diesen Antrag jetzt abzulehnen und uns Zeit zu lassen, bis zur dritten Beratung das Problem noch einmal zu durchdenken.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510227800
Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0510227900
Herr Präsident, meine Herren und Damen! Wenn hier davon die Rede ist, daß wir über ein für die Damen und Herren der Koalition anscheinend neues Problem heute nicht in der Hektik abstimmen wollen, muß ich doch zunächst einmal darauf hinweisen, daß dieses Problem überhaupt nicht neu ist, sondern uns bereits vor einem Dreivierteljahr in dem Hearing sehr eingehend beschäftigt hat. Man kann sich daher jetzt doch nicht damit herausreden, daß man sagt, man müsse erst anfangen zu überlegen. Dieses Problem hat mit allen denkbaren Argumenten — ich bringe noch ein paar mehr — im Juni vorigen Jahres den Finanzausschuß beschäftigt, und nicht nur ihn. Die Dinge sind im Finanzausschuß und im Wirtschaftsausschuß dieses Hauses sehr intensiv diskutiert worden. Darum ist es doch einfach nicht möglich

(Abg. Seuffert: Sagen Sie das doch Herrn Menne, wenn er sagt, das sei hektisch!)




Frau Funcke
— Doch nicht in dieser Frage! Er hat das mit der Art und Weise verglichen, wie die Dinge zum Teil behandelt wurden. Bei den Gaststätten haben wir uns nicht soviel Zeit genommen wie bei den Fragen, die hier anstehen. Ich glaube auch, es war ein falscher Zungenschlag, hier zu sagen, daß erst der Antrag der FDP-Fraktion die Wirtschaft veranlasse, mit Rundschreiben den Wirtschaftsablauf zu verlangsamen. Die Rundschreiben sind veranlaßt durch den Bericht zur 2. Lesung, der nun allerdings eine völlig unzureichende Entlastung der Altvorräte beinhaltet; und das beunruhigt die Wirtschaft mit Recht.
Meine Herren und Damen, es gibt doch drei Gründe, warum diese Entlastung hinreichend sein muß; es hat keiner beantragt, daß sie 100 %ig sein muß. Der erste ist doch der, der hier schon deutlich angeklungen ist: die Tatsache, daß die Tendenz, die Läger herunterzudisponieren, verstärkt wird und alle die Bemühungen, die wir mit dem Investivhaushalt eingeleitet haben, praktisch nicht zur Auswirkungkommen, weil gegenläufig der Rückwärtsgang .eingeschaltet wird.
Der zweite Grund ist der — und das ist für diejenigen interessant, die heute soviel von dem 'Konsumentenpreis gesprochen haben —: Je niedriger die Läger am Stichtag sind, um so größer ist oder Warenhunger am Tage nach dem Stichtag. Das bedeutet, daß die Bestellungen dann. auf einmal eingehen, und jeder, der ein bißchen von Volkswirtschaft versteht, weiß, wenn Bestellungen in einem größeren Maße eingehen, werden die Preise anziehen. Wir haben also eine völlig ungleiche Wirtschaftsentwicklung, und genau dies haben wir seit fünf Jahren, während der wir uns mit dem Gesetz beschäftigt haben, als die unglücklichste Situation bezeichnet, in der man das Gesetz einführen kann. Wir wollen eine ruhige, nicht überhitzte Situation, aber um alles in der Welt nicht einen Auftragsboom am Tage nach der Einführung. Wir müssen also dafür sorgen, daß wir am Einführungstag eine gleichmäßige, ruhige Wirtschaftsentwicklung haben..
Der dritte Grund, meine Herren und Damen, ist .dieser: Wie kalkuliert der Kaufmann am Tage X? Er wird sich ganz schlicht sagen: Eine Ware, die ich bisher mit 100 DM brutto verkauft habe, kann ich jetzt zunächst für 96 DM verkaufen, weil ich ja die Umsatzsteuer mit 4 % nicht mehr einkalkulieren muß. Außerdem kriege ich vom Staat eine Entlastung von — sagen wir — 3 bis 5 oder 6 %; ich komme also auf einen Ausgangsnettopreis von etwa 91 und darauf schlage ich die 10 %.
Das heißt also, je besser wir entlasten, um so sicherer sind wir, daß wir am Tage nach der Einführung einen möglichst ähnlichen Preis haben wie am Tage vor der Einführung. Das ist doch genau das, was wir alle miteinander wollen. Ich denke, wir wollen das Gesetz möglichst einmütig verabschieden. Keinem von uns, egal, ob von der Opposition oder Koalition, kann daran gelegen sein, daß wir eine Marktbeunruhigung durch dieses Gesetz bekommen. — Das sind die drei entscheidenden Gründe.
Nun sprechen Sie von einer Milliarde Ausfall; die haben auch wir errechnet, nämlich 800 Millionen DM im ersten Jahr für die zusätzliche Entlastung der bezogenen Ware. Davon gehen 200 Millionen DM ab, die mit der 120 %-Regelung bereits in dem Gesetz enthalten sind. Wir kommen also auf 600 Millionen DM im ersten Jahr und 400 Millionen DM im Jahre 1969.
Nun, meine Herren und Damen, wer sich irgendwie der Illusion hingibt, daß wir zum Ausgleich des negativen Wirtschaftstrends in den nächsten Monaten mit weniger als 600 Millionen DM in diesem Jahr auskommen, dem müssen wir, glaube ich, einfach sagen, daß er die Dinge nicht ernsthaft genug sieht. Wenn wir mit 600 Millionen DM in diesem Jahr überkommen, soll Herr Professor Schiller dankbar sein, daß wir es ihm so billig gemacht haben.
Nun darf ich Ihnen eines sagen. Sie müssen natürlich damit rechnen, daß wir, wenn wir nicht hinreichend entlasten, mit einer erheblichen Teilwertabschreibung auf die Vorräte rechnen müssen. Damit ergibt sich auch wieder eine Mindereinnahme für den Staat, die natürlich beim Bund etwas geringer ist; aber die Länder werden sich da wehren. Auch dies sollte man mit in Rechnung stellen. Wenn Sie einigermaßen hinreichend entlasten, wird die Frage der Teilwertabschreibung keine Rolle mehr spielen; denn um ein paar Zehntel Prozent wird keiner den Kampf mit dem Finanzamt über die Teilwertabschreibung aufnehmen; aber um 4 oder 5 % lohnt sich schon ein solcher Kampf.
Meine Herren und Damen, die Fraktion der FDP besteht deswegen auf der heutigen Abstimmung über ihren Antrag. Wir haben nicht die Hoffnung, daß das Ergebnis Ihrer konzertierten Aktion, die Sie jetzt noch in der nächsten Woche einleiten wollen, günstiger sein wird als das, was wir heute vorschlagen, jedenfalls nach den Äußerungen zu schließen, die man hier hörte. Auf der einen Seite will man, wie Herr Dr. Eckhardt sagte, den Wünschen aller Interessenten noch nachkommen, und auf der anderen Seite will man dabei möglichst viel Geld sparen. Diese Quadratur des Zirkels wird Ihnen wahrscheinlich auch nicht bis zur dritten Lesung gelingen; Sie werden nichts Günstigeres vorschlagen können, als wir Ihnen heute mit unserem Antrag vorlegen.
Wir bitten daher um Abstimmung.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510228000
Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0510228100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bekannt und auch schon gesagt worden, daß sich die Koalitionsfraktionen vorgenommen haben, die Auswirkungen der Regelung in § 28 bis zur dritten Lesung noch einmal zu überdenken und zu prüfen. Ich möchte aber, ebenso wie der Kollege Dr. Stecker das vorhin getan hat, davor warnen, hierin irgendwelche Zusagen zu sehen. Nach unserer Beurteilung der Lage, insbesondere nach den



Seuffert
Erklärungen, die uns der Bundesfinanzminister bereits gegeben hat, muß ich die Vermutungen von Frau Kollegin Funcke durchaus bestätigen. Eine Regelung des finanziellen Ausmaßes, wie hier beantragt ist, wird nicht in Frage kommen.
Ich möchte es aber nicht unwidersprochen lassen
— auch darin stimme ich mit dem Kollegen Stecker überein —, wenn von der Tribüne dieses Hauses falsche Konjunkturprognosen gestellt werden, die die Wirtschaft beunruhigen. Wenn es finanziell so außerordentlich ungünstig ist, am 31. Dezember 1967 Vorräte zu haben, oder wenn, wie der Herr Kollege Dr. Menne sagt, jeder Unternehmer bestrebt sein wird, seine Vorräte vor diesem Termin abzustoßen oder zu verringern, dann müssen ja bis zum 1. Januar 1968 eine Menge von Vorräten und Waren zu billigen Preisen auf den Markt kommen. Das kann gar nicht so unerwünscht sein. Es gibt ja immer noch zwei Leute dazu, nicht wahr, und auch Leute, die anbieten müssen.
Und, Herr Kollege Dr. Menne, — —

(Abg. Moersch: In der Wirtschaft haben wir immer richtiger gelegen als Ihre Fraktion!)

— Ja, das hat man genau gesehen.

(Heiterkeit bei .der SPD. — Abg. Moersch: Das kann man wohl sagen!)

— Herr Kollege Menne, mit solchen Pauschalbemerkungen kommen wir ja nicht durch. Aber ich habe eben eine konkrete Bemerkung gemacht, und ich mache eine zweite konkrete Bemerkung. Den Produzenten, den uns der Herr Kollege Dr. Menne — —

(Zuruf von der FDP.)

— Darf ich weitersprechen? — D e n Produzenten, den uns Herr Kollege Dr. Menne hier an die Wand gemalt hat, der imstande wäre, den Gedanken zu fassen,

(Zuruf von der FDP)

— i c h rede, Herr Kollege Dorn! — aus spekulativen Gründen und aus falschen Spekulationen künstlich seine Produktion zu drosseln und es zu riskieren, am 1. Januar 1968 auf sein neues Material und seine Vorräte warten zu müssen, der in dieser Weise die Arbeitsplätze seines Unternehmens riskiert —, wenn ihn nicht, hoffentlich, sein Betriebsrat darin hindert —, der dann aus dem Markt geworfen wird und hoffentlich fliegt, für den werden wir keinen Finger rühren;

(Beifall bei der SPD)

und den Verbandsgeschäftsführern, die den Leuten falsche Ratschläge geben, wünsche ich, daß sie für diese Ratschläge und ihre Folgen persönlich zivil in Haftung genommen werden.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510228200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0510228300
Nein.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510228400
Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Schmidt!

Dr. Otto Schmidt (CDU):
Rede ID: ID0510228500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich in dieser Schlußphase unserer Beratungen doch noch einmal das Wort ergreife, so eigentlich nur, weil ich etwas bestürzt bin über Äußerungen unseres verehrten Herrn Kollegen Menne zu dem Gesetz überhaupt. Er fragte, warum wir das Gesetz überhaupt verabschieden, was uns eigentlich dazu dränge, — —

(Zuruf von der FDP: Hat er nicht gesagt!) — Doch!


(Widerspruch von der FDP. — Zuruf von der SPD: Doch, hat er gesagt!)

— Doch, Herr Menne; ich glaube das deutlich gehört zu haben. Es ist leider .der gleiche Ton, wie ich ihn von führenden Industriellen in diesen Tagen in der Wirtschaftspresse gelesen habe. Ich muß sagen, daß erstaunt mich einigermaßen. Wenn wir als hochindustrialisierte Nation darangehen, ein modernes Umsatzsteuerrecht zu schaffen, und zwar nicht in erster Linie um der Harmonisierung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft willen, sondern um unserer Wirtschaft willen, und unserer Wirtschaft durch dieses Gesetz eine Chance geben, wie sie sie einmalig in der Geschichte dieses Jahrhunderts bekommt, nämlich völlig entlastet zu werden — bis auf den letzten Heller und Pfennig — von Umsatzsteuer und sich in der Nettorechnung bis an den Vorletzten in der Kette, nämlich den Einzelhändler und den Handwerker, völlig zu entlasten, um die gesamte Überwälzung der Umsatzsteuer einem relativ schwachen Gliede zu überlassen, dann muß ich mich allerdings fragen, verehrter Herr Menne: Hat eigentlich unsere deutsche Wirtschaft immer noch nicht kapiert, was für eine Morgengabe sie hier für einen neuen Wirtschaftsabschnitt in die Wiege gelegt bekommt? Ich kann nur sagen: ein Unternehmer, der nicht begreift, was für Chancen sich ihm am 1. Januar des nächsten Jahres eröffnen, der verdient nicht, Unternehmer zu heißen. Der kluge Unternehmer wird sicherlich auch die kleine Übergangsfrist so meistern, daß er am 1. Januar nicht nur im Markt ist, sondern die Chance benutzt, seinen Marktanteil zu erhöhen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510228600
Das Wort hat Herr Dr. Menne.

(Zuruf von der SPD: Herr Menne, bitte nicht im Zorn!)


W. Alexander Menne (FDP):
Rede ID: ID0510228700
Herr Kollege, mit dem Zorn ist es eine eigenartige Sache. Zornig bin ich nicht gewesen. Aber ich hielt es und halte es noch für richtig, Ihnen die Auswirkungen dieses Paragraphen des Gesetzes zu sagen. Zunächst einmal freue ich mich, daß Sie durch diese Ausführungen aufmerksam geworden sind. Das ist schon etwas.

(Lachen bei den Regierungsparteien.)




Dr. h. c. Menne (Frankfurt)

Der nächste Punkt ist: Herr Dr. Schmidt, ich habe nichts davon gelesen oder gehört, daß die deutsche Industrie oder die deutsche Wirtschaft das Mehrwertsteuergesetz ablehnte. Ich habe auch keine dahin gehende Erklärung hier abgegeben. Ich sprach nur über einen Paragraphen, ich sprach zur Frage der Läger, der Vorräte. Und da habe ich Ihnen zu sagen versucht, daß die Unternehmer, die ja — auch ihrer Belegschaft, auch ihrem Betriebsrat gegenüber, Herr Seuffert —, verpflichtet sind, Geld zu verdienen, sich überlegen, was das richtige Verhalten in diesem Falle ist. Entlasten Sie die Unternehmer richtig, dann wird gar nichts von dem eintreten, was ich geschildert habe. Wenn es aber so bleibt, wie es jetzt im Gesetz steht, habe ich die Befürchtung — und sie ist nicht unbegründet —, daß solche Dinge eintreten können. Ich wollte gerade der Großen Koalition einen guten Rat geben, indem ich sagte: Seien Sie an diesem Punkt vorsichtig, sonst werden Sie das, was Ihr Wirtschaftsminister will, für ein halbes Jahr nicht erreichen. Ich weiß, daß — unser Finanzminister hat schon genug Sorgen — eine Milliarde, die dann fehlt, sehr viel bedeutet; aber ich behaupte, diese Milliarde wird noch größer werden, wenn Sie nicht eine günstigere Entlastung der Altvorräte vorsehen. Was wollen Sie denn als Unternehmer machen? Sie müssen doch zu erreichen versuchen, daß die Dinge richtig laufen, und dann treten solche Erscheinungen auf.
Ich darf Ihnen sagen, daß ich keine Beunruhigung in die Kreise der Wirtschaft hineintragen möchte. Die Wirtschaft ist genügend beunruhigt. Die Beunruhigung trage ich also nicht erst durch meine Ausführungen hier im Plenum in die Wirtschaft. Sie können hingehen, wohin Sie wollen: Die Mehrwertsteuer als solche findet heute — das war nicht immer so — Unterstützung. Es gibt natürlich Gegner; aber es sind nicht viele. Fragen wie die Entlastung der Altvorräte, wie der Sofortabzug bei den Investitionen und ähnliches mehr sind aber Fragen, die naturgemäß die Unternehmer beschäftigen. Wir sprechen hier über die Entlastung der Altvorräte, und da glauben wir von meiner Fraktion, daß es richtiger ist, das auf die Weise zu tun, wie wir es in unserem Antrag dargestellt haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Die Armut kommt von der Powerteh! Wo sollen wir es hernehmen?)

— Das weiß ich; da kann man aber leider nichts machen, das ist schon eine ganz alte Geschichte.
Ich würde jedenfalls dazu raten, Herr Seuffert, daß auch Sie von Ihrer Seite freundlich über diese Dinge nachdenken und, selbst wenn Sie unseren Antrag heute ablehnen, eine neue Formulierung einbringen, der wir zustimmen können. Wir würden das sehr gern tun; denn wir sind, wenn es nötig ist, Seiner Majestät getreue Opposition.

(Heiterkeit. — Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510228800
Wir stimmen dann ab über die Ziffer 1 des Änderungsantrages der Fraktion der FDP auf Umdruck 150. Wer zustimmt, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Dann darf ich wohl feststellen, daß Abs. 2 in der vorliegenden Form angenommen ist.
Das gleiche gilt für die Absätze 3, 4, 5 und 6.
Wir kommen dann zu Abs. 7. Dort ist in Nr. 1 Bezug genommen auf die Anlage 2, Liste der bei der Übergangsregelung für das Vorratsvermögen dem Pauschalsatz von eins vom Hundert unterliegenden Gegenstände. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen dann über die Anlage 2 zu Abs. 7 Nr. 1 ab. Wer zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Die Liste ist gebilligt.
Ich kann dann wohl feststellen, daß der Abs. 7 in der vorliegenden Form angenommen ist.
Der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 150 unter Ziffer 2 auf Einfügung eines neuen Abs. 8 ist wohl mit der Ablehnung der Ziffer 1 gegenstandslos geworden, — oder muß darüber abgestimmt werden?

(Abg. Frau Funcke: Nein!)

Jetzt in der zweiten Lesung ist er jedenfalls gegenstandslos.
Wir haben weiter den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 190 *) vorliegen, nach dem dem § 28 ein Absatz 8 angefügt werden soll. Dazu hat der Abgeordnete Dr. Eckhardt das Wort.

Dr. Walter Eckhardt (CSU):
Rede ID: ID0510228900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir behalten uns vor, diesen Antrag in der dritten Lesung nochmals zu stellen, und ziehen ihn für die zweite Lesung zurück.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510229000
Frau Abgeordnete Funcke wünscht noch das Wort.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0510229100
Herr Präsident! Meine Herren und Damen: Ich möchte noch eine Klärung vornehmen. Wir haben soeben absatzweise abgestimmt. Das war insofern nicht richtig, als beide Absätze absolut zusammengehören. Es darf jetzt nicht der Eindruck entstehen, als habe die FDP auch noch diese ganz bescheidene Geschichte mit den 120 % abgelehnt. Das ist ja die bescheidenste Regelung, die vorläufig überhaupt vorgesehen ist. Daß wir die Sache mit den .120 % abgelehnt haben, hängt mit dem Verbesserungsvorschlag zusammen, den wir zu dem zweiten Absatz gemacht haben.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510229200
Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 190 ist zurückgezogen.
Wir haben nun über den § 28 insgesamt abzustimmen. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltung der FDP ist der § 28 angenommen.
*) Siehe Anlage 14
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 102. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 13. April 1967 4781
Vizepräsident Dr. Dehler
Ich rufe den § 29 auf. Hierzu liegen auf den Umdrucken 158 *) und 183 **) Änderungsanträge vor. Diese Änderungsanträge sind gleichlautend.

(Zuruf: Und Änderungsantrag Umdruck 184! ***)


— Der Änderungsantrag Umdruck 184 liegt mir nicht vor.

(Abg. Dr. Stecker: Er ist auch gleichlautend und kann als erledigt betrachtet werden!)

Zur Begründung des Änderungsantrags der Abgeordneten Schulhoff und Genossen Umdruck 158 hat der Abgeordnete Schulhoff das Wort.

Georg Schulhoff (CDU):
Rede ID: ID0510229300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bereits festgestellt worden, daß die Änderungsanträge auf den Umdrucken 158 und 183 identisch sind. Es handelt sich um einen Antrag einer Gruppe, der dann von der Fraktion der CDU/CSU übernommen worden ist. Inzwischen haben wir uns auch mit der Fraktion der SPD verständigt. Es handelt sich also jetzt um einen Antrag der Koalition.
Der Antrag beschäftigt sich mit der in § 29 behandelten Umstellung langfristiger Verträge. Hier ist nur ein Teil eines Satzes geändert worden. In dem Gesetzentwurf hieß es: „vor dem Tage der Verkündigung dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist". Es soll nun heißen: „vor dem 1. Oktober 1967 abgeschlossen worden ist". Es handelt sich hier um eine zivilrechtliche Angelegenheit. Die Steuereinnahmen werden davon nicht berührt.
Ich bitte um Annahme des Änderungsantrags.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510229400
Wir stimmen über die übereinstimmenden Änderungsanträge auf den Umdrucken 158 und 183 ab. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Wir können nun über den so veränderten § 29 abstimmen. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 30 auf. Hierzu liegen der Änderungsantrag der Fraktion CDU/CSU auf Umdruck 185 ****), der Änderungsantrag der Fraktion CDU/CSU auf Umdruck 186 *****) und der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Umdruck 187******) vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Herr Abgeordneter Dr. Schmidt.

Dr. Otto Schmidt (CDU):
Rede ID: ID0510229500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe die Anträge auf den Umdrucken 185 und 186.
Bei dem Antrag Umdruck 185 handelt es sich darum, die Wirtschaftsgüter im Begriffsbereich des *) Siehe Anlage 15
**) Siehe Anlage 16
***) Siehe Anlage 17
****) Siehe Anlage 18
*****) Siehe Anlage 19
******) Siehe Anlage 20
Selbstverbrauchs auf körperliche Wirtschaftsgüter zu beschränken. Das ist eine Klarstellung, die ausschließen will, daß etwa Firmenwerte, Wertpapiere, Urheberrechte, Patentrechte oder dergleichen in die Definition des Selbstverbrauchs einbezogen werden könnten. Ich glaube, das ist eine Klarstellung, die im allgemeinen Interesse liegt.
Bei dem Antrag Umdruck 186 handelt es sich um eine neue Ermächtigung für den Bundesfinanzminister, um bei der Besteuerung des Selbstverbrauchs Härten im einzelnen zu vermeiden. Da geht es insbesondere um folgendes. Wenn ein sogenanntes altes Investitionsgut nach Inkrafttreten des Mehrwertsteuergesetzes veräußert wird, muß der Erwerber dieses Investitionsgut der Besteuerung nach dem Selbstverbrauch unterwerfen, obwohl es beim Vorunternehmer noch nicht von der alten kumulativen Umsatzsteuer entlastet worden ist; denn für Altinvestitionen gibt es allgemein keine Entlastung. Es gibt noch einige Parallelfälle, wo unter Umständen nicht über § 131 geholfen werden kann. Dazu soll diese Ermächtigung nach dem Antrag Umdruck 186 dienen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510229600
Dann liegt noch ein noch nicht verteilter Antrag der Abgeordneten Frau Funcke, Dr. Staratzke und Genossen auf Umdruck 191 *) vor.

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Der ist gerade verteilt worden! Ich beantrage, diesen Antrag abzulehnen!)

— Zunächst Frau Abgeordnete Funcke zur Begründung. Bitte sehr.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0510229700
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es gibt bei der Entlastung der Altvorräte und bei der Investitionsteuer einige Grenzfälle, auf die Herr Kollege Dr. Schmidt hingewiesen hat. Wir würden einer Ermächtigung zustimmen. Trotzdem stellen wir für einen Sonderfall einen Antrag; denn da reicht uns die mögliche Ermächtigung nicht aus, weil sie keinen Rechtsanspruch gibt und im Umfang nicht festgelegt ist.
Es gibt den Fall, daß ein Unternehmen am Tage X ein unfertiges Anlagegut, also eine noch nicht montierte Maschine oder ein halbfertiges Gebäude, in der Bilanz als Teilfertigung aktiviert. Ein solches Wirtschaftsgut wird nicht beim Vorlieferanten entlastet. Wenn es da noch wäre, würde es als Fertigware mit den Umsatzsteuerrückvergütungssätzen entlastet werden. Wenn es andererseits erst nach dem Tage X beschafft wird, würde als Bemessungsgrundlage für die Investitionsteuer nur der Nettopreis zugrunde gelegt werden. Aber dieses halbfertige Wirtschaftsgut trägt noch kumulierte Umsatzsteuer, es wird nicht durch die Vorräteregelung entlastet. So wird diese kumulierte Umsatzsteuer jetzt erneut Grundlage für die Investitionsteuer. Ich glaube, das ist wirklich nicht berechtigt. Wir haben das offensichtlich nicht hinreichend gesehen.
*) Siehe Anlage 21



Frau Funcke
Deswegen bitten wir, bei diesen in der Bilanz vorhandenen teilfertigen Anlagegütern eine 5%ige Entlastung vorzunehmen, nicht in Form einer Rückvergütung vom Staat, sondern nur bei der Bemessung der Grundlage, auf der die Investitionsteuer berechnet wird, weil sonst, wie gesagt, Investitionsteuer auf alte, kumulierte Umsatzsteuer gezahlt wird. Ich glaube, dieses Anliegen ist billig.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510229800
Herr Abgeordneter Dr. Schmidt (Wuppertal).

Dr. Otto Schmidt (CDU):
Rede ID: ID0510229900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Antrag der FDP abzulehnen. Sein Grundanliegen wird durch die Ermächtigungsvorschrift gedeckt, die wir beantragt haben. Sie geht insofern viel weiter als der FDP-Antrag, als sie Wirtschaftsgüter betrifft, die in fertigem oder in unfertigem Zustand zum Anlagevermögen des Jahres 1967 gehört haben. Auf der anderen Seite ist die generelle Regelung, wie sie hier vorgesehen wird, durchaus nicht in allen Fällen gerechtfertigt. Die Einschränkung der Bemessungsgrundlage ist willkürlich. Die Einzelfälle, die hier auftreten können, müssen nach meiner Auffassung unter Umständen differenzierter entschieden werden, und daher diese Ermächtigungsvorschrift.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510230000
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir kommen ,zur Abstimmung über den Änderungsantrag auf Umdruck 185. Wer zustimmen will, gebe bitte Zeichen. Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 186 zustimmen will, gebe bitte Handzeichen. — Ebenfalls einstimmige Annahme.
Wir kommen zu Umdruck 187.

(Zurufe: Nein!)

— Ist der Antrag Umdruck 187 gegenstandslos? — Herr Abgeordneter Dr. Eckhardt, wollen Sie das klären?

Dr. Walter Eckhardt (CSU):
Rede ID: ID0510230100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch diesen Antrag ziehen wir für die heutige Lesung zurück und behalten uns vor, ihn in der dritten Lesung erneut zu stellen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510230200
Der Antrag auf Umdruck 187 ist zurückgezogen.
Dann stimmen wir über den Änderungsantrag auf Umdruck 191 ab. Ich bitte um das Handzeichen.
— Gegenprobe! — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir stimmen dann über den § 30 insgesamt ab. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Bei Enthaltungen bei der FDP ist § 30 mit den beschlossenen Änderungen angenommen.
Ich rufe dann die §§ 31, 32 und 33 auf. Ihr Antrag, Herr Abgeordneter Moersch, ist gegenstandslos. Wer .dem § 33 sowie der Einleitung und Überschrift zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Damit sind wir am Ende der zweiten Lesung des Gesetzes.
Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Freitag, den 14. April 1967, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.