Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Präsident des Deutschen Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die
Dreiundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — Drucksache V/304
dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 18. Mai 1966 überwiesen.
Der Bundesminister der Justiz hat am 17. Februar 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Börner, Seifriz, Iven und der Fraktion der SPD betr. Entschädigung bei Unglücksfällen in der zivilen Luftfahrt beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/324 verteilt.
Wir beginnen mit der
Fragestunde
.
Wir stehen bei den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Ich rufe die Frage V/16 des Herrn Abgeordneten Logemann auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Fernsprechteilnehmer, die bei Ferngesprächen noch auf Vermittlungsstellen von Fernämtern angewiesen sind, durch lange Wartezeiten und höhere Gebühren gegenüber Teilnehmern mit Anschlüssen an den vollautomatisierten Selbstwählferndienst immer stärker benachteiligt werden?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es ist der Bundesregierung bekannt, daß die Benutzer des handvermittelten Ferndienstes folgende drei Nachteile beklagen:
1. Längere Dauer bis zur Herstellung der Verbindung durch die Wartezeit bis zur Meldung der Beamtin und Zeitverlust durch Ausfüllen des Gesprächsblatts,
2. für jedes Gespräch wird mindestens die Gebühr für 3 Minuten erhoben,
3. es gibt keine Tageszeiten mit ermäßigten Gebühren.
Die aufgeführten Gegebenheiten können leider nicht beseitigt werden. Die langsamere Verbindungsherstellung ist systembedingt. Auf die 3-Minuten-Mindestgebühr kann aus personellen Gründen nicht verzichtet werden. Sonst würden die Zahl der Gespräche und verhältnisgleich hiermit der Personalbedarf stark ansteigen. Der Personalaufwand ist nämlich nur von der Gesprächszahl und nicht von der Gesprächsdauer abhängig. Am Personalmangel scheitert auch die Möglichkeit eines verbilligten Nachttarifs, denn gerade in den Abend-und Nachtstunden ist die Bereitstellung des erforderlichen Vermittlungspersonals besonders schwierig.
Um den Teilnehmern, die noch auf den handvermittelten Ferndienst angewiesen sind, einen Ausgleich für die hiermit verbundenen Nachteile zu bieten, wurden im Jahre 1964 die Gebühren für handvermittelte Inlandsferngespräche gesenkt, als die Gebühren für Gespräche im Selbstwählferndienst erhöht wurden. Infolgedessen ist heute ein längerdauerndes Gespräch im handvermittelten Ferndienst etwa 15 v. H. billiger als ein gleichlanges Gespräch über die gleiche Entfernung im Selbstwählferndienst.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß wir noch auf lange Zeit damit zu rechnen haben, daß bei den kleinen Ämtern die Benachteiligung durch die langen Wartezeiten erhalten bleiben und daß, obwohl Sie eine theoretische Gebührensenkung angeführt haben, in der praktischen Handhabung des Telefonverkehrs bei den kleinen Ämtern doch eine finanzielle Mehrbelastung für den Benutzer bleiben wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wie ich schon sagte, hängt die finanzielle Mehrbelastung u. a. von der Dauer des Gesprächs ab. Ein längeres Gespräch ist im handvermittelten Verkehr billiger als im Selbstwählferndienst, und die Statistik weist aus, daß die mittlere Gesprächsdauer im Ferndienst über 3 Minuten liegt.
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Logemann.
Metadaten/Kopzeile:
986 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß jetzt, wo immer mehr Ämter vollautomatisiert werden, die Wartezeiten bei den nichtautomatisierten kleinen Ämtern für die Fernsprechteilnehmer laufend noch länger werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In dieser Allgemeinheit ist mir nicht bekannt, daß die Wartezeiten für die Herstellung der Gespräche bei den kleinen Ämtern immer länger werden. Möglicherweise ergeben sich Schwierigkeiten dadurch, daß natürlich unmittelbar vor der Einführung des Selbstwählferndienstes in einem bestimmten Amtsbereich Vorbereitungen getroffen werden müssen, so daß vielleicht technische Einrichtungen lediglich für den Verkehr eines halben Jahres nicht so erweitert werden, wie wir sie erweitern müßten, wenn sie noch für lange Zeit benutzt werden könnten. Es ist mir aber nicht bekannt, daß allgemein die Wartezeiten im handvermittelten Ferndienst immer länger werden.
Noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Logemann.
Herr Staatssekretär, können die längeren Wartezeiten dadurch verursacht sein, daß das Personal bei den Fernämtern überlastet ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In dieser Allgemeinheit kann man nicht von Überlastung des Personals reden. Kurz vor dem Übergang auf den Selbstwählferndienst können wir natürlich keine allzu starke Personalvermehrung durchführen; denn das würde bedeuten, daß wir dem Personal bei Einführung des Selbstwählferndienstes unter Umständen Versetzungen und dergleichen in noch größerem Umfang zumuten müßten, als das jetzt vielleicht hier und da der Fall ist.
Frage V/17 des Herrn Abgeordneten Logemann:
Wann können die durch die in Frage V/16 aufgezeigten Benachteiligungen Betroffenen mit dem Anschluß an den vollen Selbstwählferndienst rechnen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Von 'den im Endzustand vorgesehenen 475 Knotenvermittlungsstellen für den Selbstwählferndienst werden nach Abschluß des laufenden Planungsprogramms 1966 nur noch 13 Knotenvermittlungsstellen an keinem Selbstwählferndienst teilnehmen, während 22 Knotenvermittlungsstellen den Selbstwählferndienst nur mit beschränktem Zielbereich mit vereinfachter Technik besitzen. Die Einführung des uneingeschränkten Selbstwählferndienstes bei den 13 bzw. 22 Knotenvermittlungsstellen hängt nur von der Bereitstellung der für die Unterbringung der technischen Einrichtungen benötigten Neubauten ab und sollte nach unserer Planung 1970 beendet sein. Bei der derzeit angespannten Haushaltslage, die es nicht gestattet, im Jahre 1966 die vorgesehenen
Neubauten zu beginnen, kann es jedoch zu erheblichen Terminverschiebungen kommen.
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage V/18 des Herrn Abgeordneten Logemann auf:
Bis wann ist die Umstellung der Anschlüsse auf vollautomatisierten Selbstwählferndienst bei den Ortsnetzen in den ländlichen Bereichen der Oberpostdirektion in Bremen zu erwarten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Umstellung des handvermittelten Ferndienstes auf den Selbstwählferndienst im Bereich der Oberpostdirektion Bremen, die im wesentlichen in den Jahren 1968 und 1969 abgeschlossen sein sollte, kann sich ebenfalls — entsprechend meinen, soeben gemachten Ausführungen verzögern.
Frage V/19 des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann:
Trifft es zu, daß die Deutsche Bundespost trotz rechtzeitigen Antrages es abgelehnt hat, eine Gedenkmarke anläßlich des 100. Geburtstages der großen deutschen Künstlerin Käthe Kollwitz herauszubringen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Deutsche Bundespost hat Käthe Kollwitz bereits 1954 im Rahmen der Wohlfahrtsmarken-Serie „Helfer der Menschheit" eine Briefmarke gewidmet. Der Wert 7 + 3 Pf der Wohlfahrtsmarken-Serie 1954 trägt ihr Kopfbild.
Es ist nicht üblich, zum hundertsten Geburtstag großer deutscher Künstler Gedenkbriefmarken auszugeben. Dafür sind betriebliche Gründe ausschlaggebend, die dazu zwingen, die Zahl der Neuausgaben einzuschränken. Nachdem ein Käthe-Kollwitzportrait bereits berücksichtigt ist, war es nicht möglich — im Hinblick auf viele andere hervorragende Persönlichkeiten, denen zum gleichen oder aus ähnlichem Anlaß keine Gedenkmarken gewidmet werden konnten —, zu ihrem hundertsten Geburtstag erneut eine Sondermarke auszugeben.
Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann!
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß angesichts der Tatsache, daß die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1967 in zahlreichen Ländern außerhalb ihrer Grenzen aus diesem Anlaß eine große Ausstellung von Werken von Käthe Kollwitz veranstaltet — das auch aus politischen Gründen, weil 'beispielsweise die sowjetisch besetzte Zone aus diesem Anlaß drei Marken herausgeben wird und bestrebt ist, im Ausland den Eindruck zu erwecken, daß diese große Künstlerin sozusagen eine Fürsprecherin und das Eigentum der sowjetisch besetzten Zone sei —, auch angesichts der Tatsache, daß andere Persönlichkeiten, die bereits auf deutschen Briefmarken in laufenden Reihen oder Sonderbriefmarken abgebildet gewesen sind, aus solchem Anlaß mit einer
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Breitag, den 18. Februar 1966 987
Kahn-Ackermann
Sondermarke gewürdigt worden sind, und angesichts der Tatsache, daß zahlreiche führende deutsche Persönlichkeiten des Kunstlebens und auch aus den Kultusministerien sich für die Herausgabe einer solchen Marke verwandt haben, die Bundespost Anlaß gehabt hätte, hier eine Ausnahme zu machen, und daß die Bemerkung, es sei nicht üblich, keine Entschuldigung dafür ist, sondern daß es vielmehr bestimmte Anlässe im Rahmen unserer kulturellen Repräsentation innerhalb und außerhalb Deutschlands geben kann, ,die es möglich machen müßten, hier Ausnahmen zuzulassen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, selbstverständlich wird jeder Einzelfall vom Herrn Postminister eingehend geprüft. Es ist aber klar, daß wir uns auch aus den Bedingungen des Betriebes heraus an eine gewisse Grundlinie halten müssen, die es uns in diesem Fall nach Prüfung der Angelegenheit nicht erlaubt hat, zum zweiten Male eine Marke mit dem Käthe-Kollwitz-Portrait herauszugeben.
Eine weitere Frage.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, sich mit Ihrem Minister und den zuständigen Herren doch einmal darüber zu unterhalten, ob .es nicht besser wäre, sich statt an betrieblichen Usancen bei der Herausgabe von Briefmarken an kulturpolitisch relevanten Ereignissen zu orientieren und bei dieser Unterhaltung zugleich zu besprechen, ob es nicht möglich wäre — ähnlich wie in der Französischen Republik —, nicht bloß die Köpfe, sondern auch gewisse bedeutende Werke von Künstlern .auf unseren Briefmarken darzustellen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich werde selbstverständlich dem Herrn Minister die von Ihnen hier vorgetragenen Gründe noch einmal unterbreiten, obwohl ich sicher bin, daß er sich ohnehin über die Verhandlungen im Bundestag so genau orientiert, daß er von sich aus schon die von Ihnen gewünschte Prüfung einleiten wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hellige.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, uns die Grundsätze, nach denen die Post Marken herstellt, einmal zu erläutern, nachdem Sie vor kurzer Zeit schon das 150jährige Bestehen der Farben Schwarz-Rot-Gold im Sinne der Post für unwichtig gehalten und sich nicht bereit gezeigt haben, eine Marke herauszubringen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte zunächst bemerken, daß ich das nicht als unwichtig bezeichnet habe. Wir müssen eben aus dem Grundsatz der Durchführbarkeit des Betriebes darauf dringen, daß die Zahl der Sonderbriefmarken soweit wie möglich beschränkt wird. Natürlich hat sich der Minister angesichts der großen Zahl von Anliegen, die an uns herangetragen werden, eine gewisse Leitlinie gesetzt, nach der entschieden werden muß. Das ist verständlich.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Hellige.
Wären Sie bereit, uns über diese Leitlinie einmal etwas zu sagen? Ich habe schon mehrfach darum gebeten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bei der Genehmigung von Sonderbriefmarken ist selbstverständlich vielerlei zu berücksichtigen. Ich sagte schon eingangs, daß jede Einzelheit geprüft wird. Ich bin im Augenblick nicht imstande, Ihnen den Vorgang der Einzelprüfung hier auseinanderzusetzen.
Eine weitere Frage. — Bitte, Herr Kollege!
Herr Staatssekretär, Sie haben eben in Ihrer Antwort wiederum darauf hingewiesen, daß betriebliche Gründe mit ausschlaggebend sein könnten. Sind Sie nicht der Auffassung, daß gerade beim 150jährigen Bestehen der Farben Schwarz-Rot-Gold politische Gründe viel ausschlaggebender sein müßten, vor allem auch im Hinblick auf die junge Generation, um durch die Darstellung solcher Symbole mitzuwirken, daß diese Demokratie im Bewußtsein des Volkes stärker verankert wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es ist selbstverständlich, daß jedes Ressort dazu beitragen muß, in diesem Sinne alles zu tun, was es im Rahmen seiner Zuständigkeiten tun kann. Ich sagte Ihnen aber schon, daß hier gewisse Grenzen gesetzt sind, die aus dem Betrieb kommen.
Eine weitere Frage.
Herr Staatssekretär, würden Sie mit mir darin übereinstimmen, daß das Bundespostministerium auf Grund seiner Möglichkeiten dazu eher in der Lage ist als andere Ressorts der Bundesregierung?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es ist sicher schwierig, hinsichtlich der Wirkungsmöglichkeiten einen Vergleich zu ziehen. Aber wir haben natürlich durch die Briefmarken eine Wirkungsmöglichkeit, die ja auch, wo es immer möglich ist, ausgenutzt wird.
Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg zu einer Zusatzfrage.
Metadaten/Kopzeile:
988 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, warum die Bundespost zum 90. Geburtstag des früheren Bundeskanzlers Dr. Adenauer keine Sondermarke herausgegeben hat.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich sagte schon, daß wir die Ausgabe von Sondermarken beschränken müssen. Die Sondermarken, die erscheinen, werden nach bestimmten Gesichtspunkten herausgegeben, die in jedem Einzelfall geprüft werden.
Herr Abgeordneter Könen zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da ich selbst Briefmarkensammler bin, möchte ich Sie fragen: Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß die eine oder andere der bis jetzt herausgekommenen Sonderbriefmarken des vergangenen Jahres durchaus dazu geeignet gewesen wäre, zugunsten Schwarz-Rot-Gold zurückzutreten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich sagte schon, daß die Auswahl der Briefmarken in jedem Einzelfall geprüft worden ist. Natürlich gibt es angesichts der großen Zahl von Anträgen eine Grenze, wo die einen zurückstehen müssen und die anderen noch zur Herausgabe führen.
Noch eine Frage!
Es sind genügend Fragen zu diesem Punkt gestellt worden; ich lasse keine weiteren Fragen zu.
Wir kommen zur Frage V/20 des Herrn Abgeordneten Dr. Hellige:
Ist die Bundesregierung bereit, Maßnahmen zu treffen, daß die Marken auf Paketkarten, Zahlkarten und Postanweisungen, unter denen sich häufig die sonst kaum verwendbaren hohen Werte zwischen 1 DM und 5 DM befinden, die rasch hohen Sammelwert gewinnen, in den Besitz der Adressaten der Sendungen kommen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Antwort ist: Nein. Die Wertzeichen für Pakete, Postanweisungen und Zahlkarten sind auch in der Vergangenheit noch nie dem Empfänger der Sendungen ausgehändigt worden.
Die Gebühren für Pakete, Postanweisungen und Zahlkarten werden in der Regel am Schalter bar bezahlt und durch Annahmemaschinen verrechnet. Nur in weniger als 1 v. H. aller Fälle werden Wertzeichen auf Paketkarten, Postanweisungen und Zahlkarten verklebt.
Bei den Paketen verbleiben die Paketkarten im allgemeinen beim Einlieferungspostamt. Es besteht deshalb schon aus diesem Grunde keine Möglichkeit, die auf den Paketkarten verklebten Freimarken dem Empfänger auszuhändigen.
Paketkarten, Postanweisungen und Zahlkarten werden als Belege für Nachforschungen und für Gebührenprüfungen benötigt. Diese Formblätter einschließlich der darauf verrechneten Gebühren sind urkundliche Unterlagen und müssen im Besitz der Deutschen Bundespost bleiben.
Herr Abgeordneter Dr. Hellige zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich täusche mich doch nicht, wenn ich annehme, daß mindestens in der Vergangenheit die Deutsche Bundespost diese wertvollen Urkunden nach kurzer Zeit als Kiloware verkauft hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nach Ablauf einer gewissen Frist wurden die Marken herausgeschnitten; denn die Urkunde verliert ja nach einer kürzeren oder längeren Zeit im allgemeinen ihren Wert als Urkunde. Wir können diese Urkunden nicht unbegrenzte Zeit aufheben. Tatsächlich wurden früher Briefmarken als Kiloware zum Verkauf angeboten.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie nicht bereit, durch eine einfache Umgruppierung des Formulars die Briefmarken auf den Teil kleben zu lassen, der den Empfängern ausgehändigt wird? Dadurch erwiesen Sie Hunderttausenden von Briefmarkensammlern, die Ihnen sehr viele Millionen ohne jede nennenswerte Gegenleistung einbringen, einen Gefallen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wenn die Wertzeichen für Pakete, Postanweisungen und Zahlkarten dem Empfänger ausgehändigt werden sollten, müßten folgende Vorkehrungen getroffen werden.
Die Wertzeichen für Postanweisungen und Zahlkarten müßten auf den Abschnitt für den Empfänger geklebt werden; die Paketkarten müßten zum Bestimmungsort befördert und mit einem Abschnitt für die Wertzeichen versehen werden; die Gebührenprüfung müßte zugleich nach der Annahme vor Abgang der Sendungen vorgenommen werden. Diese Maßnahmen hätten zur Folge: die Beförderung der Paketkarten würde mehrere Millionen DM Kosten verursachen, und die sofortige Gebührenprüfung würde die Beförderung eines Teiles der Sendungen verzögern.
Bitte, Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß auf ausländischen Paketsendungen, die häufig mit wertvollen Marken höherer Werte beklebt sind, oft die Marken fehlen, wenn die Pakete dem Empfänger ausgehändigt werden?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966 989
Bornemann, Staatssekretär im Bundesministerium für das. Post- und Fernmeldewesen: Mir ist bekannt, daß solche Fälle vorgekommen sind. Es ist mir aber nichts davon bekannt, daß das sehr häufig der Fall war.
Eine weitere Frage.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, diesem Phänomen einmal nachzugehen und darüber eine Mitteilung zu machen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es ist selbstverständlich Pflicht der Deutschen Bundespost, allen Unregelmäßigkeiten des Dienstbetriebes nachzugehen. Wir gehen solchen Fällen, soweit sie uns bekannt werden, sofort nach. Wir sind selbstverständlich auch bereit, hier eine entsprechende Mitteilung zu machen.
Die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Memmel aus der Drucksache V/303 zum Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen sind vom Fragesteller zurückgestellt worden.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Frage XIII/1 des Herrn Abgeordneten Dröscher:
Sind die Meldungen zutreffend, wonach durch die Ausgabenkürzungen im Bundeshaushalt 1966 und die Vorgriffe des letzten Jahres die Agrarstrukturverbesserungsmaßnahmen 1966 nahezu eingestellt werden müssen und bereits vorliegende Anträge für etwa 2000 Aussiedlungen und 4000 Althofsanierungen nicht zum Zuge kommen können?
Bitte, Herr Minister!
Die Förderung von Aussiedlungen und baulichen Maßnahmen in Altgehöften aus Bundesmitteln bereitet zwar gegenwärtig eine Menge Schwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten beruhen vor allem darauf, daß zur Fortsetzung der Förderungsaktion des Bundes zur Verbesserung der Agrarstruktur bis zur gesetzlichen Feststellung des Bundeshaushalts 1966 nur 80 % der Haushaltsansätze für 1966 zur Verfügung stehen und daß diese gekürzten Mittel naturgemäß im wesentlichen für die Abdeckung von Auszahlungsverpflichtungen aus den Vorjahren bereitgehalten werden müssen. Ich habe aber dafür Vorsorge getroffen, daß in dringenden Fällen neue Bewilligungen ausgesprochen werden können, insbesondere wenn davon die weitere Durchführung anderer agrarstruktureller Maßnahmen, z. B. der Flurbereinigung, oder von Maßnahmen der Dorfsanierung oder des Verkehrs abhängig ist. Der Bewilligungsstopp wird darüber hinaus weiter gelockert werden, sobald sich übersehen läßt, wie der Abruf der Mittel in den nächsten Wochen sein wird. Eine wesentliche Besserung tritt nach Verabschiedung des Haushalts 1966 ein.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.
Herr Bundesminister, trifft es zu, daß durch diesen plötzlichen Stopp der Maßnahmen eine langfristige Gefährdung der Strukturverbesserung deshalb eintritt, weil die mit der Arbeit beauftragten Dienststellen und Gesellschaften mit ihrem wertvollen Techniker- und Fachpersonal praktisch ab sofort monatelang ohne Einkommen sind, weil sie keine neuen Projekte mehr bearbeiten können?
Ich halte das für übertrieben, Herr Kollege.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Dröscher.
Ist die Bundesregierung auch heute noch der Ansicht, daß auf Grund der technischen und personellen Voraussetzungen die Agrarstrukturverbesserung über das bisherige Ausmaß hinaus nicht ausgedehnt werden kann?
Ich würde sie gern ausdehnen. Es gibt aber noch höhere Gesetze, besonders das der Stabilität, die uns durch das Haushaltssicherungsgesetz vorgeschrieben ist und die auch Sie bejahen, wie ich eineinhalb Tage lang zu hören Gelegenheit hatte.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Herr Minister, hätte die Investitionshilfe im Rahmen der Anpassungshilfe 1965 bei den Agrarstrukturmaßnahmen, wie sich heute zeigt, nicht doch sinnvoller eingesetzt werden können?
Man wird immer um Besserungen bemüht sein.
Ich rufe die Fragen XIII/2 bis XIII/4 des Herrn Abgeordneten Fritz auf.Trifft es zu, daß für Schlachtpferdetransporte — beispielsweise nach Frankreich — die Ausnahmegenehmigungen in der Regel erteilt werden?Ist der Bundesregierung bekannt, daß entgegen den deutschen Beförderungsbestimmungen die in Frage XIII/2 erwähnten Pferde aus zwei Waggons in einen Waggon umgeladen werden, sobald sie das deutsche Gebiet verlassen haben?Welche Maßnahmen ist die Bundesregierung bereit zu treffen, um bei Bejahung der Fragen XIII/2 und XIII/3 den allgemeinen Grundsätzen des Tierschutzes gerecht zu werden?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Höcherl vom 15. Februar 1966 lautet:Der Vollzug der tierschutzrechtlichen Vorschriften betr. Schlachtpferdetransporte ist bereits mehrfach Gegenstand von Anfragen in der Fragestunde des Deutschen Bundestages gewesen. Ich darf deshalb zunächst auf die Fragestunden am9. Oktober 1963
6. November 1963 2. Juli 1965 (Protokoll der 196. Sitzung Seite 9994)besonders hinweisen.
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990 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Vizepräsident Dr. DehlerZu Frage 1:Entsprechend den Vorschriften des § 3 a Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Tierschutzgesetzes vom 18. August 1961 püft das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft in Frankfurt/Main Anträge auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis für die Ausfuhr von Schlachtpferden in jedem einzelnen Fall, ob die vom Gesetzgeber aufgestellten Bedingungen zum Schutze der Tiere erfüllt sind. Ergibt diese Prüfung, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung vorliegen, so hat das Bundesamt keine Rechtshandhabe, die Ausnahmegenehmigung zu verweigern.Zu Frage 2:Es ist meinem Ministerium bisher nicht bekannt geworden, daß Pferde aus 2 Waggons in einen Waggon umgeladen werden, wenn der Transport das deutsche Gebiet verlassen hat.Zu Frage 3:Vom Europarat in Straßburg wird auf Grund einer Empfehlung der beratenden Versammlung des Europarates zur Zeit eine Konvention zur Regelung der internationalen Tiertransporte vorbereitet. Durch diese Konvention soll sichergestellt werden, daß die in den letzten Jahren an Umfang stark angewachsenen Transporte von lebenden Tieren über weite Entfernungen unter Bedingungen erfolgen, welche die Tiere vor Leiden oder Schmerzen bewahren. Diesem Anliegen wird durch Maßnahmen Rechnung getragen, durch die die für die jeweiligen Tierarten mit dem Transport auf der Schiene und Straße, zu Wasser und in der Luft verbundenen Belastungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Ein Sachverständigenausschuß des Europarates hat den Entwurf dieser Konvention bisher auf zwei Arbeitstagungen in Straßburg beraten. Die Bundesregierung begrüßt und unterstützt die Bemühungen des Europarates um die Ausarbeitung dieser internationalen Regelung. An den Arbeiten in Straßburg sind die Mitglieder der deutschen Delegation, der Vertreter des BML und des BMV angehören, in besonderem Maße beteiligt. .Die Fragen XIII/5 bis XIII/7 des Herrn Abgeordneten Reichmann sind zurückgestellt.Ich rufe die Fragen XIII/8 bis XIII/10 des Herrn Abgeordneten Wächter auf:Hat man bei der Festlegung der Berechnungsweise für die Abschöpfung bei Rindfleisch nach der EWG-Verordnung 14/64 die sich bei der Ausschlachtung ergebenden Gewichtsverluste voll berücksichtigt?In welchem Verhältnis stehen die Abschöpfungen bei Rindfleisch zu denen bei lebenden Rindern?Ist die Bundesregierung nicht der Meinung, daß durch die in der EWG-Verordnung 14/64 festgelegte Abschöpfung Rindfleisch billiger importiert werden kann als lebende Rinder?
Ich darf Ihre erste Frage, Herr Kollege, grundsätzlich mit Ja beantworten. Bei der Festlegung der Berechnungsnachweise für die Abschöpfung bei Rindfleisch sind die durchschnittlichen Ausschlachtungsergebnisse von Rindern aller Klassen berücksichtigt worden. Daraus ergab sich ein Wertkoeffizient zwischen lebenden und geschlachteten Rindern von 1 : 1,90, der bei Berechnung der Abschöpfung für Fleisch zugrunde gelegt wird. Die Abschöpfungen werden in allen Mitgliedstaaten nach der gleichen Methode berechnet.
Zu Ihrer zweiten Frage. Die EWG-Verordnung Nr. 14/64 sieht grundsätzlich die Erhebung von Zöllen vor, die zur Zeit bei lebenden Rindern 13 % und bei geschlachteten 20 % des Zollwertes betragen. Abschöpfungen werden nur bei sinkenden Marktpreisen erhoben. Unterschreitet der Marktpreis 105 % des Orientierungspreises, wird die halbe Abschöpfung erhoben. Fällt der Marktpreis unter den Orientierungspreis, tritt die volle Abschöpfung in Kraft. Bei der Berechnung der Abschöpfung wird die Vorbelastung durch Zoll und Umsatzausgleichsteuer abgezogen. Deshalb kann der Abschöpfungssatz bei Rindfleisch niedriger sein als bei lebenden Rindern. Die Gesamtbelastung durch Zoll und Umsatzausgleichsteuer entspricht dem Wertverhältnis, das ich vorhin angegeben habe, so daß immer die Differenz bleibt, auf die Sie mit Recht Wert legen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die von Ihnen vorgetragene Berechnung der Abschöpfungsbeträge einschließlich Zölle für eingeführtes Rindfleisch und lebende Rinder nur dann eine Berechtigung hat, wenn die Ausschlachtungsergebnisse bei 55 % liegen? Das ist aber bei der hohen Zahl der eingeführten Rinder, die wöchentlich bekanntlich um 10 000 Stück schwankt, irreal. In Fachkreisen wird behauptet, daß man hier nur von einem Ausschlachtungsergebnis von 50 % ausgehen kann. Wenn das zutrifft, liegen die Abschöpfungsbeträge für eingeführtes Rindfleisch für 100 kg um 4 DM zu niedrig.
Ich gebe das ohne weiteres zu, aber ich habe ja erklärt, daß es sich hier um Durchschnittssätze handelt, die eine Marge nach oben und eine Marge nach unten haben. Wir haben zu entscheiden, ob wir eine gemeinsame europäische, alle gleich treffende Durchschnittsberechnung anwenden oder ob wir eine umständliche, verwaltungsmäßig kaum zu erfassende Individualberechnung anwenden wollen. Deshalb hat sich die Europäische Gemeinschaft auf diese Durchschnittsberechnung eingestellt und diese Toleranz in Kauf genommen.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, würden Sie nicht noch einmal gerade die Ausschlachtungsergebnisse der bei uns eingeführten Rinder überprüfen, um dann gegebenenfalls bei der EWG eine Revision zu beantragen?
Ich werde darum bemüht sein.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Ich rufe die' Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau auf. Zunächst die Fragen VI/1, VI/2 und VI/3 des Herrn Abgeordneten Baier:
Wie viele Studien- und Modellvorhaben zur Erneuerung von Städten und Dörfern wurden im Jahre 1965 beantragt?
Wie viele Studien- und Modellvorhaben zur Erneuerung von Städten und Dörfern wurden im Jahre 1965 bewilligt?
Welche Beträge wurden bisher einschließlich 1965 aus Kapitel 25 02 Titel 571 — Studien- und Modellvorhaben zur Erneuerung von Städten und Dörfern unter Berücksichtigung raumordnerischer Zielsetzungen —, getrennt für Stadterneuerungsmaßnahmen und Dorferneuerungsmaßnahmen, zur Verfügung gestellt?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Antworten auf Ihre Fragen, Herr Abgeordneter, lauten;
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966 991
Staatssekretär Dr. SchornsteinZu Frage 1: Auf dem Gebiet der Stadterneuerung wurden im Jahre 1965 von den Ländern 10 Anträge vorgelegt, auf dem Gebiete der Dorferneuerung ebenfalls 10 Anträge.Zu Frage 2: Im Jahre 1965 wurden 5 Anträge auf Förderung von Stadterneuerungsmaßnahmen und 1 Antrag auf Förderung von Dorferneuerungsmaßnahmen bewilligt.Zu Frage 3: Aus Kapitel 2502 Titel 571 sind in den Rechnungsjahren 1962 bis 1965 zur Verfügung gestellt worden für Stadterneuerungsmaßnahmen 40,7 Millionen DM, für Dorf erneuerungsmaßnahmen 3 Millionen DM — insgesamt 43,7 Millionen DM.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Baier.
Herr Staatssekretär, nachdem bereits in den vergangenen Jahren auf die Diskrepanz zwischen den geförderten Modellvorhaben der Dorferneuerung und der Stadterneuerung hingewiesen wurde und der zuständige Minister zugesagt hat, für einen besseren Ausgleich zu sorgen, frage ich Sie: Wie erklären Sie es sich, daß sich bei der Zahl der genehmigten Modelle von Dorferneuerungsmaßnahmen trotz der Bedeutung auch auf Grund des Raumordnungsgesetzes und der dort verankerten Zielsetzungen dennoch kein vertretbares Verhältnis ergeben hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gerade die Förderung der Maßnahmen zur Dorferneuerung wird dadurch sehr erschwert, daß die Mittel, die im Haushalt hierfür zur Verfügung stehen, im Dispositiv an den § 20 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes gebunden sind, d. h., sie sind nur im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues einsetzbar. Da aber die Dorferneuerungsmaßnahmen, im Gegensatz zu den Stadterneuerungsmaßnahmen, sich nicht vorwiegend im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues bewegen, konnten die von den Ländern hierfür gestellten Anträge nicht hinreichend gefördert werden. Nur ein Verzicht auf diese Zweckbindung würde es uns ermöglichen, Dorferneuerungsmaßnahmen in größerem Maße zu fördern als bisher.
Herr Abgeordneter Baier zu einer Zusatzfrage.
Das ist mir bekannt. Ich frage mich deshalb, Herr Staatssekretär, warum haben Sie in dem Haushaltsplanentwurf 1966 dennoch wieder diese Zweckbindung aufgenommen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir müssen die Mittel in dem Plan mit der Zweckbindung einstellen, wenn es Rückflußmittel sind. Die Zweckbindung kann nur durch Gesetz aufgehoben werden, also entweder durch Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder vorübergehend im Haushaltsgesetz, Aber wir würden diese Anregung,
Herr Abgeordneter, sehr gern aufgreifen und bei den Beratungen über den Haushalt 1966 noch einmal auf diese Anregung hinweisen.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Baier.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, darf ich zusammenfassend zu diesen Fragen einmal die Frage an Sie richten: Hat die Bundesregierung sichergestellt, daß bis zum Inkrafttreten des Städtebauförderungsgesetzes genügend und ausreichende Erfahrungen über Erneuerungsmaßnahmen in Städten und Dörfern vorliegen, und haben Sie eventuell vor, durch eine Verstärkung der Mittel dieses Haushaltsansatzes darauf hinzuwirken?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir haben eine doppelt so hohe Summe, als sie uns bewilligt worden ist, für das Jahr 1966 beantragt, nämlich 20 Millionen für die Stadt- und Dorferneuerungsmodelle. Leider sind wir auf die Hälfte heruntergedrückt worden, so daß wir auch nur die Hälfte der vorliegenden Anträge bewilligen und fördern können.
Noch eine Frage von Herrn Abgeordneten Baier.
Würden Sie vorliegende Erfahrungen auf dem Gebiete der Dorf- und Stadterneuerung auf Grund dieser Modellvorhaben alsbald auch veröffentlichen, diesem Hause zugänglich machen und in Ihrem Hause dafür sorgen, daß dieser bedeutsamsten Zukunftsaufgabe Ihres Ressorts mehr Gewicht innerhalb der Bundesregierung zukommt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir werden für geeignete Verbreitung der Erkenntnisse, die aus diesen Modellvorhaben gewonnen werden, sorgen und werden auch dem Hohen Hause, insbesondere dem federführenden Ausschuß über die Ergebnisse Bericht erstatten.
Herr Abgeordneter Dröscher, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, ob bei diesem Modellvorhaben für Dorfmaßnahmen alle Länder, insbesondere auch das Land Rheinland-Pfalz, beteiligt gewesen sied?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich kann im Augenblick nicht sagen, aus welchen Ländern Anträge für das Jahr 1966 vorgelegt worden sind. Aber in den vergangenen Jahren waren die Modellvorhaben so gut wie über alle Länder gestreut.
Metadaten/Kopzeile:
992 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Herr Abgeordneter Czaja, eine Zusatzfrage.
Ist es nicht so, Herr Staatssekretär, daß die Mittel nach Kap. 25 02 Tit. 571 nach den festliegenden Zielen der Raumordnung zu verteilen sind und die unmittelbar geltenden Grundsätze des Raumordnungsgesetzes insbesondere auch und vordringlich die Entwicklung von Gemeinden in strukturellen Minusgebieten und von Gemeinden am Rande übermäßiger Verdichtungsräume betreffen? Ist es nicht so, daß es sich dabei doch meist um Dörfer und kleinere Gemeinden handelt und die Dorferneuerung auch in der Entwicklung neuer Ortsteile in Dörfern besteht, also im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues ohne weiteres möglich wäre und das Verhältnis von 8 % für Dorferneuerung zu 100 % für Stadtsanierung unangebracht ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja. Ich gebe zu, sicherlich ist der Bedeutung der Maßnahmen für Dorferneuerung nicht entsprochen worden. Aber es ist uns nun einmal nach den vorliegenden Berichten bekannt geworden, daß bei der Dorferneuerung in der Hauptsache andere Maßnahmen erforderlich sind als Wiederaufbau von Wohnungen im sozialen Wohnungsbau. In den Hofruinen, die in den Dorfkernen durch das Aussiedeln der Höfe entstehen, werden eben nicht in der Hauptsache Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues errichtet. Da muß man etwas anderes machen. Da müssen Gewerbebetriebe, Einzelhandelsgeschäfte angesiedelt werden, die Ortsstraßen müssen verbreitert und Freiplätze angelegt werden. Dafür entstehen Kosten, die wir mit unseren Mitteln eben leider nicht finanzieren können, solange die Bindung an den § 20 besteht.
Herr Abgeordneter Dr. Czaja zu einer weiteren Zusatzfrage.
Sind Sie der Meinung, ,daß die Entwicklung von Entlastungsgemeinden in erster Linie etwas mit Aussiedlung und mit Arbeitsplatzansiedlung zu tun hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, durchaus nicht. Ich sprach jetzt nur von der Erneuerung der Dorfkerne, Herr Abgeordneter.
Eine weitere Frage.
Darf ich Sie fragen, ob der Gemeindetag und der Landkreistag die Richtlinien und Hinweise bezüglich der Möglichkeiten der Dorferneuerung in ausreichender Weise zur Verfügung gestellt bekommen hat.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966 993
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994 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966 995
— Das möchte ich nicht unbedingt ausschließen.
Ich rufe dann die Frage X/2 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen auf:
Ist die Bundesregierung bereit, in der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten auch Bestimmungen über die Dauer der Ruhezeit, vor allem über die Mindestruhezeit, aufzunehmen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Ich darf davon ausgehen, Herr Abgeordneter, daß Sie die Ruhezeit zwischen zwei Dienstschichten meinen, nicht etwa sonstige Ruhezeiten von Beamten, die man ja auch nicht gut durch Bestimmungen regeln kann.
Wenn Sie dies meinen, so darf ich antworten, daß nicht beabsichtigt ist, in die erst kürzlich neu gefaßte Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten eine Bestimmung über die Mindestdauer von Ruhezeiten aufzunehmen. Eine solche Bestimmung wäre für die Mehrzahl der Bundesverwaltungen ohne Bedeutung. Ein Bedürfnis für eine Regelung der Ruhezeit zwischen zwei Dienstschichten besteht nur bei der Deutschen Bundesbahn wegen der Abhängigkeit der Dienstpläne von der Fahrplangestaltung. Für den Bereich der Bundesbahn sind schon entsprechende Bestimmungen in den Dienstdauervorschriften für das Betriebs- und Verkehrspersonal getroffen worden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß die Verfügung der Deutschen Bundesbahn vom 3. Februar dieses Jahres mit den Verbesserungen der Dienstdauervorschriften eine ungünstigere Regelung der Ruhezeit für die betroffenen Beamten gebracht hat, und würden Sie diese Verfügung unter Beachtung des von Ihnen aufgestellten Grundsatzes nachprüfen?
Die Regelung, die am 3. Februar von der Bundesbahn ergangen ist und die Sie soeben zitierten, hat schon zu Beschwerden geführt.
Daraufhin hat der Herr Bundesminister für Verkehr die Hauptverwaltung der Bundesbahn aufgefordert, zu diesen Beschwerden Stellung zu nehmen. Ich möchte mich im gegenwärtigen Zeitpunkt, ehe die Stellungnahme vorliegt, nicht weiter dazu äußern.
Ich rufe die Frage
X/3 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen auf.
Sind die Arbeiten der Kommission für eine neue Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder inzwischen abgeschlossen?
Bei Beantwortung dieser Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, möchte ich anknüpfen an die Fragestunde vom 9. Dezember, wo Sie ja schon einmal zu diesem Thema gefragt hatten. Damals hatte mein Kollege Professor Dr. Ernst darauf hingewiesen, daß die Satzungskommission der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zum Abschluß ihrer Arbeiten noch einige Monate benötigen werde. Die Kommission, in der neben Vertretern der Anstaltsleitung die Tarifpartner paritätisch vertreten sind, hat in der Zwischenzeit weitergearbeitet. Wir sind dahin unterrichtet, daß etwa noch zwei bis drei Sitzungen zur Fertigstellung der neuen Satzung erforderlich sind.
Eine Frage, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.
In welchem Zeitraum würden diese zwei bis drei Sitzungen stattfinden, nachdem bei den Betroffenen verständlicherweise eine gewisse Unruhe herrscht, da sich die Verhandlungen schon über eine Reihe von Jahren hinziehen?
Das kann ich von hier aus schwer voraussehen. Aber Sie wissen, daß die Tarifpartner ständig bemüht sind, einen möglichst nahen Zeitpunkt des Inkrafttretens zu erreichen.
Ich rufe die Frage
X/4 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen auf.
Waren die Bemühungen der Bundesregierung bei der Neuregelung der Altersversorgung der Angestellten Im öffentlichen Dienst, die Versorgung derjenigen Angestellten besonders zu verbessern, die erst nach 1945 im vorgerückten Lebensalter in den öffentlichen Dienst getreten sind, erfolgreich?
In dieser Frage schweben, wie Sie wissen, noch Erörterungen innerhalb der Bundesregierung. Ich wollte diese Frage mit meinem Kollegen aus dem Bundesfinanzministerium in dieser Woche zu einer abschließenden Klärung bringen. Das war aus terminlichen Gründen nicht möglich. Wir treffen uns aber am kommenden Dienstag, und ich hoffe, daß dann eine Entscheidung so oder so fallen wird.
Eine Frage, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen,
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996 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Wären Sie bereit, Herr Staatssekretär, mich über das Ergebnis zu unterrichten?
Jawohl.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Ich rufe die Frage XI/1 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die amerikanischen Manöver „Marne-Mauler", an denen auch zwei deutsche Panzerbataillone teilnahmen, zu außerordentlichen Flur- und Straßenschäden in Unterfranken geführt haben?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, darf ich die drei Fragen • des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten?
Einverstanden? — Dann rufe ich auch die Fragen XI/2 und XI/3 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Steht das Schadensausmaß bei den amerikanischen Manövern „Marne-Mauler" noch in einem vernünftigen Verhältnis zum militärischen Wert dieser Übungen?
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, auch größere amerikanische Panzermanöver auf geeignete Gebiete bei günstiger Wetterlage zu beschränken, sie jedenfalls nach tagelangen Regenfällen bei anhaltendem Tauwetter auszuschließen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Auf Grund von Erkundigungen, die beim Bayerischen Staatsministerium der Finanzen eingeholt worden sind, ist der Bundesregierung bekannt geworden, daß bei dem Manöver „Marne-Mauler" in Unterfranken in der Tat beträchtliche Schäden sowohl an Fluren als auch an Straßen entstanden sind. Die genaue Höhe der Gesamtschäden ist im Augenblick noch nicht zu übersehen. Ursache der offenbar hohen Schäden dürfte im wesentlichen das für militärische Übungen ungünstige Wetter Ende Januar/Anfang Februar im Manövergebiet gewesen sein.
Die zweite Frage kann vom Bundesfinanzministerium allein nicht oder noch nicht beantwortet werden, da es sich hier überwiegend um eine militärische Frage handelt, die in Verbindung mit den zuständigen militärischen Stellen erst dann abschließend geklärt werden kann, wenn der Umfang der Schäden im einzelnen feststeht. Im übrigen sind den amerikanischen Streitkräften bei dem Manöver „Marne-Mauler" offenbar selbst schon Zweifel gekommen, ob die entstehenden Schäden in einem vernünftigen Verhältnis zum Übungszweck stehen; denn sie haben nach Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen das Manöver zur Vermeidung weiterer Schäden bereits vorzeitig am 4. Februar 1966 abgebrochen.
Zur dritten Frage, Herr Abgeordneter, möchte ich folgendes sagen. Von dem vorliegenden Einzelfall des Manövers „Marne-Mauler" abgesehen, haben die amerikanischen Streitkräfte auch sonst bereits eine gewisse Bereitschaft erkennen lassen, auf die Wetterlage Rücksicht zu nehmen und Manöver entweder abzubrechen oder zu verschieben, und zwar nicht allein in Bayern, sondern, wie Ihnen wohl aus der Presse bekannt ist, auch in der Pfalz, wo dieser Tage das Manöver „Winterpfeil" der 8. amerikanischen Infanterie-Division wegen der ungünstigen Wetterlage vorzeitig beendet wurde. Das Bundesfinanzministerium wird dennoch die Gelegenheit wahrnehmen, über die amerikanische Botschaft im Sinne Ihrer Anfrage, Herr Abgeordneter, an die amerikanischen Streitkräfte heranzutreten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg.
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, daß etwa zur gleichen Zeit und aus den gleichen Gründen, nämlich wegen des eingetretenen Tauwetters, die Bundeswehr auf ihr vorgesehenes Panzermanöver in Niedersachsen verzichtet hat und daß dafür in den. „Mitteilungen für den Soldaten", in denen darüber am 5. Februar berichtet wurde, als Grund genannt 'wurde, die schweren Panzerfahrzeuge hätten die ohnehin stark frostgeschädigten Straßen in Niedersachsen zerstört? Wenn das für Niedersachsen gilt, warum gilt das für amerikanische Manöver in Bayern nicht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Tatsache, von der Sie sprachen, Herr Abgeordneter, ist durchaus bekannt. Ich habe aber eben ausgeführt, daß auch die amerikanischen Streitkräfte mindestens in einem gewissen Umfange die Bereitschaft haben erkennen lassen, in ähnlicher Weise zu verfahren.
Eine weitere Frage?
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, daß in den gleichen „Mitteilungen für den Soldaten" betont wird, daß nach Schätzung von Fachleuten die Bundeswehr durch den Verzicht auf diese eine Übung Schäden in Höhe von 15 bis 20 Millionen DM vermieden hat, und würden Sie glauben, daß diese Schätzung etwa realistisch ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mir ist bekannt, daß fiktive Kosten in dieser Höhe hätten entstehen können. Ich bin überzeugt, daß die Größenordnung, die Sie eben genannt haben, durchaus realistisch ist. Deswegen erscheint mir Ihre Frage, ob eine vernünftige Relation zwischen dem militärischen Wert und den zivilen Schäden besteht, durchaus berechtigt.
Frage XI/4 des Herrn Abgeordneten Dröscher:Trifft es zu, daß die Ausbildung am Karabiner ein Bestandleil der Arbeitsbedingungen ist, mit denen die Arbeitnehmer bei gewissen Teilen der alliierten Dienststellen sich durch Anerkennung der Anwendbarkeit der USAREUR-Vorschriften auf das Arbeitsverhältnis einverstanden erklärt haben?Bitte, Herr Staatssekretär!
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966 997
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat von den US-Streitkräften die Auskunft erhalten, daß neu eingestellte Arbeitnehmer der zivilen Arbeitsgruppen in der Handhabung und dem Gebrauch des Karabiners unterrichtet werden und einmal im Jahr an einer Schießübung teilnehmen sollen. Es trifft zu, daß in den Einzelarbeitsverträgen auf das Trainingsprogramm Bezug genommen wird und dieses als Bestandteil der Arbeitsbedingungen gilt. Tatsächlich werden nach der erteilten Auskunft jedoch nur diejenigen Arbeitnehmer in der Handhabung des Karabiners unterwiesen, die auf Grund ihres Arbeitsauftrages Wachaufgaben zu erfüllen haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.
Sind Sie, Herr Staatssekretär, nicht mit mir der Meinung, daß durch dieses Vorgehen und durch diese Zumutung an die Arbeitnehmer gegen Art. 56 des NATO-Truppenstatuts verstoßen wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Frage möchte ich verneinen. Die Rechtsgrundlage für das Trainingsprogramm ist im Art. 12 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppen-Statut ausdrücklich enthalten. Danach kann die Behörde einer Truppe solche Personen, die im Dienste der Truppen stehen, ermächtigen, Waffen zu besitzen und zu führen, soweit diese Personen für den Schutz von Geld- und Sachwerten verantwortlich sind.
Eine weitere Frage?
Sind Sie nicht der Meinung, Herr Staatssekretär, daß dadurch die Stellung der zivilen Bediensteten bei den alliierten Truppen völkerrechtlich schwierig wird, — ich verweise auf die Folgen, die mit einer solchen Situation verbunden sind —?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich kann gegenwärtig einen völkerrechtlichen Aspekt hier nicht erkennen, wenn in unserem Bereich Personen, die im wesentlichen Wachaufgaben zu erfüllen haben, in einem geringen Umfang an der Waffe ausgebildet werden. Im Gegenteil, ich möchte meinen, daß eine Ausbildung an der Waffe die Gefahr einer unsachgemäßen Handhabung mildert und dadurch Unfälle vermeiden hilft.
Frage XI/5 des Herrn Abgeordneten Folger:
Was wird die Bundesregierung tun, damit die Sparprämien in Zukunft pünktlich nach Fälligkeit und nicht erst viele Monate später durch die Finanzämter an die Banken überwiesen werden?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nach § 4 Abs. 1 des Spar-Prämiengesetzes haben die Kreditinstitute frühestens sechs Monate vor und spätestens innerhalb einer Ausschlußfrist von sechs Monaten nach Ablauf der Festlegungsfrist den Prämienbetrag sowie Zinsen und Zinseszinsen von den Finanzämtern anzufordern. Das Spar-Prämiengesetz regelt nicht ausdrücklich, bis wann diese Beträge zu zahlen sind.
Die Bundesregierung ist jedoch daran interessiert, daß die Prämien einschließlich der Zinsen den Kreditinstituten rechtzeitig, d. h. beim Ablauf der Festlegungsfrist, zur Verfügung stehen. Sie hat daher die Kreditinstitute in Abschnitt 16 Absatz 1 der Richtlinien zum Spar-Prämiengesetz aufgefordert, diese Beträge nach Möglichkeit nicht später als drei Monate vor Ablauf der Festlegungsfrist bei den Finanzämtern anzufordern.
Dieses Verfahren, Herr Abgeorneter, hat auch anscheinend zu keinen nennenswerten Schwierigkeiten geführt. Jedenfalls sind an das Bundesfinanzministerium bisher nur drei Beanstandungen herangetragen worden, die dritte übrigens erst gerade in diesen Tagen.
Wenn im Einzelfall die Überweisung nicht bis zum Ablauf der Festlegungsfrist vorgenommen war, so mag das an der Arbeitsbelastung gelegen haben, die die Finanzämter u. a. auch wegen der Durchführung des Spar-Prämiengesetzes zu tragen haben, oder auch daran, daß das Kreditinstitut die Prämie im Einzelfall nicht frühzeitig genug anfordern konnte.
Da das Spar-Prämiengesetz als Bundesgesetz von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt wird, hat die Bundesregierung — abgesehen von dem Erlaß allgemeiner Verwaltungsrichtlinien, von denen ich eben schon sprach — keine Möglichkeit, auf die Durchführung des Spar-Prämiengesetzes unmittelbar Einfluß zu nehmen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Folger.
Herr Staatssekretär, da ja allgemein bekannt ist, daß die Sparprämie häufig erst bis zu einem halben Jahr nach Fälligkeit ausbezahlt wird, frage ich, ob es denkbar ist, das Verfahren in der Weise zu vereinfachen, daß die Banken nur noch zu bestätigen brauchen, daß der Betrag eingezahlt worden ist und daß nicht darüber verfügt wurde, so daß eine verwaltungsmäßige Belastung der Finanzämter und der Finanzverwaltung praktisch nicht eintreten kann?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich kann, wie ich eben ausgeführt habe, nicht anerkennen, daß allgemein bekannt ist, daß wirklich solche Verspätungen erfolgt sind. Ich sagte, außer drei Einzelfällen sei an uns kein Fall herangetragen worden. Auch hat weder der Spitzenverband des privaten Bankgewerbes noch etwa der Sparkassen- und Giroverband jemals an uns eine Bitte dieses Inhalts herangetragen.
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998 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Staatssekretär GrundAber ich bin gern bereit, die Möglichkeit einer Vereinfachungsregelung, sofern sie schnell erreichbar ist, zusammen mit den Ländern zu prüfen. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß dieses Hohe Haus einstimmig einen Entschließungsantrag gebilligt hat, wonach die Sparförderung — also die allgemeine Sparförderung, die Förderung nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz und die Steuerbegünstigungen — vereinheitlicht werden soll. Bei der dadurch veranlaßten Prüfung werden wir insbesondere den von Ihnen vorgetragenen Vereinfachungsgedanken bevorzugt prüfen.
Herr Abgeordneter Könen zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich bei dieser Gelegenheit fragen, wann Ihre Überlegungen, den völlig absurden Papierkrieg abzuschaffen und eine Vereinfachung herbeizuführen, zu einem Erfolg führen werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich habe eben gesagt, wir werden diese Bemühungen, nachdem jetzt nach Ihren Erkundigungen offensichtlich größere Schwierigkeiten aufgetreten sind, neu aufnehmen. Ich kann aber seitens des Bundes nur im Sinne einer Koordinierung tätig werden. Ich bin gern bereit, bei der nächsten Besprechung, bei der wir die Ländervertreter in unserem Hause haben, auf dieses besondere Problem aufmerksam zu machen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich hatte gemeint, ob Ihre bisherigen, sich bereits über sehr lange Zeit erstreckenden Überlegungen über die Vereinfachung in dieser Besprechung schon zu konkreten Vorschlägen führen werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, wenn Sie die Vereinfachung oder Vereinheitlichung, die Harmonisierung der Sparförderungsmaßnahmen meinen, so muß ich sagen, daß bis dahin sicherlich noch ein langer Weg ist.
Ich meinte eine Vereinheitlichung, die zugleich eine Vereinfachung ist, weil der Papierkrieg einfach ins Lächerliche geht, wenn ich mich einmal so deutlich ausdrücken darf.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die unterschiedliche Regelung beim Spar-Prämiengesetz einerseits und beim Wohnungsbau-Prämiengesetz andererseits ist von diesem Hohen Hause bewußt so beschlossen worden. Ich erinnere daran, daß der Bundesrat von sich aus seinerzeit bei der Beratung einen Vereinfachungsvorschlag gemacht hat, dem aber das Hohe Haus und auch die Bundesregierung nicht glaubten folgen
zu können, weil beide einen Unterschied gerade bezüglich des Zeitpunkts der Überweisung der Prämien gewollt haben.
Ich habe an sich keine Frage mehr, aber — —
Die Fragestunde ist beendet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Die nicht erledigten Fragen werden schriftlich beantwortet, soweit sie nicht zurückgezogen sind.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes—Drucksachen V/255, zu V/255 —
Der Bericht wird eingebracht von dem Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Er hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, Ihnen den elften Bericht über die Lage der Landwirtschaft seit Bestehen des Landwirtschaftsgesetzes vorzulegen, und darf diesem großen Zahlenwerk einige Anmerkungen vorausschicken.Ich darf mit Ihrer Zustimmung damit beginnen, daß ich den Auftrag des Gesetzes noch einmal formuliere. Das Gesetz verlangt in seinem § 2 eine Bilanz von Ertrag und Aufwand von 6000 bis 8000 Testbetrieben aller Betriebsformen, gegliedert nach Größen, Typen, Systemen und Wirtschaftsgebieten, und die Auswertung dieser Ergebnisse im Lichte der allgemeinen volkswirtschaftlichen Statistik — insbesondere von Indexvergleichen — und aller geeigneten Unterlagen der landwirtschaftlichen Betriebswirtschaft.Diese Analyse und Auswertung des Lageberichts muß nach § 4 des Gesetzes durch eine Stellungnahme ergänzt werden, inwieweit einmal landwirtschaftliche Vollarbeitskräfte, auf die die ganze Rechnung bezogen wird, einen Lohn erzielen, der vergleichbaren Berufs- und Tarifgruppen entspricht, ferner ein angemessenes Entgelt für die Tätigkeit des Betriebsleiters erwirtschaftet und eine angemessene Verzinsung des Aktivkapitals erzielt wurde.Das Leitmodell des Landwirtschaftsgesetzes ist der bäuerliche Betrieb, der unter durchschnittlichen Produktionsbedingungen bei ordnungsgemäßer Führung eine nachhaltige moderne Existenz für eine bäuerliche Familie sichert. Interessanterweise hat sich der EWG-Vertrag in seinem Art. 39 für das gleiche Leitbild entschieden.Die Landwirtschaft, die heute noch 10,9 % der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung in ihren Reihen zählt, ist trotz aller Eigenständigkeit und Besonderheit ein voll integrierter Teil der modernen Volkswirtschaft, eingebunden in den Rahmen der europäischen und weltweiten Beziehungen, in denen unsere gesamte Wirtschaft steht. Entschei-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966 999
Bundesminister Höcherldende Impulse empfängt unsere Wirtschaft aus diesen Zusammenhängen, die zum Teil mitbestimmen, keineswegs aber mehr immer maßgeblich beeinflussen können. Es gibt keinen Wirtschaftszweig, in dem die Preishoheit in einem so weitgehenden Maße an die EWG abgegeben wurde, wie das im Bereich der Landwirtschaft der Fall gewesen ist. Das ist für die Preisdebatte, die in den letzten Tagen geführt worden ist, nicht ohne Bedeutung.Vom Großbetrieb mit seinen unentbehrlichen spezifischen Funktionen über den modernen Familienbetrieb, den Kleinbetrieb, der unter günstigen Umständen nachhaltig noch ein vollwertiges Einkommen nach heutigen Maßstäben bieten kann, reicht die Bandbreite der Betriebstypen und Betriebsformen über den Zuerwerbs- und Nebenerwerbsbetrieb zum Selbstversorgerbetrieb bis zur ländlichen Heimstätte.Es ist nicht Aufgabe des Berichts, diese Vielfalt der in ständigem Wandel stehenden Betriebsformen und -arten wiederzugeben. Der Bericht muß sich vielmehr in Vollzug des gesetzlichen Auftrags in einer Momentaufnahme auf eine kräftig vereinfachte Durchschnittsbetrachtung beschränken und an Hand dieser abstrakten Darstellung den Neigungswinkel der kommenden Entwicklungslinien bestimmen. Die Aussagekraft dieser Darstellung wird durch das Maß der Abstraktion und die geforderten Durchschnittswerte — natürlich auch negativ — bestimmt.Die entscheidende Gestaltung in der Wirtschafts-und damit auch in der Agrarpolitik hängt nach unserer Auffassung stets von dem Entschluß des Betriebsleiters ab. Staatliche Interventionen sind nach unserer Wirtschaftsordnung im Wirtschaftsablauf nur in der Form von Anregungen, Anreizen und marktkonformen Eingriffen gerechtfertigt. In diesem Zusammenhang muß in erster Linie auf die Verbesserung der Infrastruktur hingewiesen werden, die in den vergangenen 16 Jahren in der kulturellen, verkehrsmäßigen und gewerblichen Erschließung für die Entwicklung des ländlichen Raumes wahrscheinlich mehr geleistet hat, als alle unmittelbaren Beiträge zu leisten vermöchten.Diesem Bericht liegt das Wirtschaftsjahr 1964/65 zugrunde. Dieses Jahr war durch ungünstige Witterung gekennzeichnet. Die in allen bisherigen Grünen Berichten sichtbaren Grundtendenzen werden wiederum bestätigt. Wiederum wurde folgender Zug bestätigt. Die Zahl der Betriebe unter 10 ha hat um rund 45 000 abgenommen. Der Zuwachs kam den Betrieben über 10 ha, in stärkerem Maße den Betrieben von 20 bis 50 ha zugute. Die Maßnahmen der Aufstockung als entscheidende Komponente der Agrarstrukturverbesserung wurden durch dieses Ergebnis überzeugend bekräftigt und bestätigt.Der schon seit Jahren andauernde Prozeß des Ersatzes menschlicher Arbeitskraft durch Maschinen und verbesserte Betriebsorganisation hat sich im Berichtsjahr ebenfalls wieder herausgestellt. Die Zahl der Arbeitskräfte verringerte sich wiederum um 5,6 %. Dabei war in den unteren Bereichen derBetriebsgrößen und bei den Lohnarbeitskräften eine höhere Zahl von Abwanderungen zu beobachten als in den anderen Bereichen. Dem Rückgang des Arbeitskräftebestandes entsprach eine Investitionsrate von 4,3 Milliarden DM. Darunter waren allein 1,8 Milliarden DM Nettoinvestitionen.Das Fremdkapital — um einen dritten Zug herauszustellen — ist auf 18,8 Milliarden DM angestiegen
und beträgt zur Zeit 20 % des Aktivkapitals. Dieser Umstellungsprozeß offenbarte weiterhin die unveränderte Schwierigkeit in der Eigenkapitalbildung. Schuldenzuwachs und Nettoinvestitionen halten sich die Waage. Mit einem Kapitaleinsatz von durchschnittlich 59 000 DM je Arbeitskraft — ich sage: durchschnittlich und wiederhole es — übertrifft die moderne Landwirtschaft die Arbeitsplatzkosten und die Kapitalintensität vieler Zweige der gewerblichen Wirtschaft und gerät damit auch in die Eigengesetzlichkeit einer solchen Kapitalabhängigkeit.
Beunruhigend und bedrückend ist der relative Rückgang im Ertrag der Grünland- und Futterbaubetriebe.Ich darf mich einem zweiten Kapitel zuwenden, und zwar den neuen Erkenntnissen in der Effektivrechnung aus diesem Berichtsjahr.Erstens. Die Richtgröße für Familienbetriebe hat sich bei freier Entscheidung der bäuerlichen Betriebsleiter weiter erhöht. Ferner zeigt sich, daß die betriebliche Organisation, die stark von baulichen Investitionen abhängt, weiter an Raum gewinnt, wenn auch die Maschineninvestitionen noch einen Zuwachs von 17 % gegenüber dem vorletzten Bericht aufzuweisen haben.Zweitens. Bei der schwachen Eigenkapitalbildung ist die Landwirtschaft auf die Aufnahme von Fremdkapital angewiesen,
das der Kapitalmarkt nicht zu Bedingungen, die für die Landwirtschaft tragbar sind, zur Verfügung stellen kann, ganz besonders nicht bei der derzeitigen Verfassung des Kapitalmarkts.Nun zur Ertragsentwicklung. Der ausgewiesene Zuwachs von 5 % der nominellen Bruttoerlöse entspricht in dem gleichen Zeitraum nicht einmal dem realen Wachstum der gesamten Volkswirtschaft. Hier schlägt sich die im Interesse einer angemessenen Massenversorgung praktizierte Erzeugerpreisbildung nieder. Wir kennen die gleichen Erscheinungen in anderen Bereichen wie Energie und Verkehr. Hier zeigt sich wieder der Anteil der Gemeinwirtschaftlichkeit, den :die Landwirtschaft in einem hohen Maße aufzuweisen hat, natürlich auch mit all den Folgerungen, die mit einem solchen Tatbestand verbunden sind. Der Neigungswinkel des Nominalwie auch des Realeinkommens der Verbraucher steigt demgegenüber in einer stärkeren Relation.Bei den Grünland- und Futterbaubetrieben ist eine weitere Verschärfung der Relation von Aufwand und Ertrag festzustellen.
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1000 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Bundesminister HöcherlNun kommt ein schwieriges Kapitel, das bereits zu Diskussionen in der Öffentlichkeit geführt hat, einige methodologische Vorbemerkungen zur Vergleichslohnberechnung. Meines Erachtens könnte man schon mit gutem Grund darüber rechten, ob das Einkommen der in der Landwirtschaft tätigen Menschen, wie sich das Gesetz in § 4 ausdrückt, auch bei größter Pauschalierung ohne Rücksicht auf Arbeitgeber-Betriebsleiterposition auf der einen Seite und Arbeitnehmerposition auf der anderen Seite überhaupt in eine Beziehung gebracht werden kann. Das Landwirtschaftsgesetz ist in dieser Hinsicht meines Erachtens auslegungsbedürftig. Ich glaube auch, daß es in seinen Daten nicht mehr der derzeitigen Lage entspricht. Bei der Verabschiedung des Gesetzes ist man vom 15. Februar als Berichtstag ausgegangen. In der Zwischenzeit haben wir das Haushaltsjahr umgestellt. Wir kommen nun in bezug auf Zeit und Tagesordnung in Verdrückung. Ich glaube, daß auch hier ein Ausgleich und eine Revision notwendig wären. Unabhängig von der Darstellungspraxis aller bisherigen Grünen Berichte halte ich eine solche Gegenüberstellung von Unternehmereinkommen und Lohn, auch wenn sie durch einen Zinsansatz für das Aktivkapital und einen Betriebsleiterzuschlag modifiziert wird, zumindest für anfechtbar.Eine dem Sinne des Gesetzes entsprechende, an der Wirklichkeit orientierte Auslegung müßte zu dem Ergebnis kommen, daß die Vergleichslöhne nicht vollkommen objektive Maßstäbe sein können. Angemessen erschiene mir ein Vergleich mit dem Einkommen adäquater gewerblicher Unternehmungen. In dem Landwirtschaftsgesetz ist als Maßstab der Vergleichslohn gewerblicher Arbeitnehmer als Notbehelf genommen worden, weil vergleichbare Unterlagen über die Einkommen gewerblicher Unternehmungen nicht zur Verfügung stehen.Die bisherige Praxis ging davon aus, daß die Löhne der gewerblichen Arbeitnehmer, die in agrarisch-industriellen Mischgemeinden Tür an Tür mit den Landwirten leben, als geeigneter Maßstab für die Vergleichsrechnungen verwendet wurden. Inzwischen hat sich die Sozial- und Lohnstruktur so stark geändert, daß heute die durchschnittlichen Jahresarbeitsverdienste der Versicherten in der Arbeiterrentenversicherung — eine Zahl, die uns auf Grund der dynamischen Rente alljährlich wieder begegnet — als relativ beste und geeignetste Lösung zur Ermittlung des Vergleichslohnes angesehen wird. Das dürfte auch der Grund gewesen sein, weshalb sich der Beirat zu dem Vorschlag entschlossen hat, das Durchschnittseinkommen aller alters- und krankenversickerten Arbeitnehmer als Vergleichslohn zu empfehlen.Dadurch ergab sich ein höherer Vergleichslohn, der aber das eigentliche Anliegen des Vergleichs von Unternehmer- und Arbeitnehmereinkommen immer noch nicht deckt. Man wird sagen können, daß eine solche Relation, wie sie nun neuerdings gefunden wurde, nur als Mindestlösung angesehen werden kann.Leider ist die Erhöhung des Vergleichslohnes in der Öffentlichkeit mißdeutet worden. Ganz abwegig ist dabei der Versuch, aus einem Verdacht eine Tatsache zu machen. Die veränderte Relation ist in dem Bericht durchaus klargestellt worden. Im Text ist lediglich erwähnt worden, wie sich der geänderte Vergleichslohn in der Vergleichsrechnung auswirken würde.Da mir in einem hohen Maße an der Transparenz des Zahlenwerkes im Interesse der Landwirtschaft wie der Verbraucher liegt, habe ich beide Berechnungen und damit beide Relationen in den Bericht aufgenommen. Ich werde besorgt sein, dieses Rechnungswerk auf den modernsten Stand zu bringen, weil ich glaube, daß es nur mit modernsten Methoden möglich ist, eine solche Analyse, eine solche „Röntgenaufnahme" beweiskräftig vorzulegen.Der vorliegende Grüne Bericht bestätigt die schon in früheren Jahren gemachten Erfahrungen, daß der durchschnittliche jährliche Zuwachs an Betriebseinkommen je Vollarbeitskraft seit 1956/57 in den oberen Betriebsgrößenklassen bis zum Dreifachen des Zuwachses beträgt, wie er in Kleinbetrieben zu erreichen war. Der Einkommensabstand zwischen Betriebsgrößenklassen erweitert sich zunehmend.Die Einkommen in der Landwirtschaft zeigen in den verschiedenen Größenklassen, Bodennutzungssystemen und Einheitswertstufen eine unterschiedliche Entwicklung. Allgemein ergibt sich immer wieder, daß die Betriebe in Süddeutschland wegen der geringeren wirtschaftlichen und natürlichen Ertragsbedingungen schlechtere Einkommensverhältnisse als in Norddeutschland aufweisen. Mit der fortschreitenden Intensivierung und Kapitalausstattung der Betriebe werden sich auch innerhalb der Landwirtschaft die Einkommensunterschiede verstärken. Dabei schneiden nach wie vor die Futterbaubetriebe ungünstiger ab als die Hackfrucht- und Getreidebaubetriebe. Die Auswertung des Grünen Berichtes kann auf die Dauer, schon aus Gründen der inneren Gerechtigkeit, an diesem Tatbestand — der Unterschied wird nie voll auszugleichen sein — nicht vorübergehen.Der Auftrag des Landwirtschaftsgesetzes lautet, ein klares Bild von der Lage der Landwirtschaft, von den Ertragsverhältnissen der Landwirtschaft und der Entwicklung der Einkommen der landwirtschaftlichen Bevölkerung zu zeichnen. Im Vollzug dieses Auftrages haben die Grünen Berichte ihre Analyse von Jahr zu Jahr ausdehnen und verbessern können. Die Landwirtschaft befindet sich, wie auch die anderen Wirtschaftszweige, in einer so raschen, fast revolutionären Entwicklung, daß die Untersuchungsmethoden ständig modernisiert werden müssen, damit die Aussagekraft laufend erhöht und der Bericht noch überzeugender wird.Die Ansätze der Vergleichslohnregelung, die immer wieder Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten zwischen Sachverständigen gewesen sind und meines Erachtens der Natur der Sache nach auch immer bleiben werden, müssen ständig überprüft, der allgemeinen Entwicklung angepaßt und fortgeschrieben werden. Hier liegt weiterhin der Schwerpunkt der Arbeit des Beirates.Der Grüne Bericht weist wiederum aus, daß der vom Landwirtschaftsgesetz geforderte Angleichungs-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966 1001
Bundesminister Höcherlprozeß noch keineswegs abgeschlossen ist. Bei dem überwiegenden Teil der Betriebe konnte der Einkommensabstand in den letzten zehn Jahren zwar verringert, aber die volle Angleichung noch nicht erreicht werden. Das ist auch der Grund, warum die Bundesregierung im kommenden Jahre ihre Förderungsmaßnahmen fortsetzen wird. Hierbei kommt es in erster Linie darauf an, das Bewährte fortzusetzen.Im Mittelpunkt der zukünftigen Förderung hat nach wie vor die Agrarstrukturpolitik zu stehen. Das ist notwendig, weil wir in der Bundesrepublik im Vergleich zu Holland und Dänemark — um zwei Beispiele herauszugreifen — auf diesem Gebiet noch einen großen Nachholbedarf haben 'und weil es möglich ist, durch die Agrarstrukturpolitik den ländlichen Raum nach modernen Gesichtspunkten entscheidend zu sanieren. Ich darf noch auf einen Punkt hinweisen. Von der Übergabe der Preishoheit an die EWG habe ich bereits gesprochen. Dem wird die Übergabe der Zuständigkeit für die Handelspolitik und für die Sozialpolitik folgen. Dann bleibt als entscheidendes Feld für unsere Arbeit nur mehr die Strukturpolitik.Die Richtlinien des Grünen Planes für die Flurbereinigung müssen meines Erachtens schon im Jahre 1966 so ausgestaltet werden, daß ein gezielterer Mitteleinsatz und eine beschleunigte Durchführung der Maßnahmen sichergestellt werden. Die Beschleunigung der Zusammenlegung in den regulären Flurbereinigungsverfahren muß mehr als bisher gefördert werden. Es muß dafür Sorge getragen werden, daß der freiwillige Landtausch — das ist die richtige Bezeichnung für diesen Vorgang — stärker als bisher zum Zuge kommt.Bei der freiwilligen Landabgabe treffen wir auf eine Zurückhaltung, deren Beweggründe auf den verschiedensten Motiven beruhen. Die Skala dieser Motive reicht von verständlichen traditionellen, familiären und eigentumspolitischen Aspekten bis hin zu spekulativen Momenten. Breite Kreise sind zwar bereit, die Bewirtschaftung ihres Landes aufzugeben, sind aber begreiflicherweise nicht bereit, ihr Eigentum zu veräußern. Deshalb kommt der Pacht in diesem Zusammenhang eine zunehmend größere Bedeutung zu. Es ist in Aussicht genommen, denjenigen, die bereit sind, die Bewirtschaftung ihres Landes aufzugeben, besondere Anreize zur Verpachtung— z. B. durch Kapitalisierung. des Pachtzinses usw.— zu schaffen.Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei der Verbesserung der Agrarstruktur durch die steigenden Kosten. Deshalb kommt der Kostensenkung ein stärkeres Gewicht zu. Die Fertigbauweise; um ein Beispiel herauszugreifen, ist deshalb bei der Siedlung und Aussiedlung im verstärkten Umfange zu verwenden und durch Anreize auch entsprechend zu verstärken.Die Agrarstrukturverbesserung ist kein Selbstzweck. Sie leitet ihre Berechtigung von der im Grünen Bericht auch dieses Mal wieder ausgewiesenen nachhaltigen Ertragsverbesserung ab. Die Agrarstrukturverbesserung gehört meines Erachtens zu einem viel größeren Thema, nämlich zu dem Thema: Ausgleich des sozialen Gefälles zwischen Stadt und Land. Richtig verstanden verlangt schon das Grundgesetz in Art. 72 Abs. 2 Ziffer 3 im ganzen Bundesgebiet die Herstellung einheitlicher wirtschaftlicher Verhältnisse. Ein Ausfluß dieses Auftrages des Grundgesetzes ist in dem neuen Städtebauförderungsgesetz zu erblicken. Die Agrarstrukturverbesserung ist so gesehen ein entscheidender Teil der Raumordnung und unserer Siedlungsstruktur mit dem Ziel, auch den Lebensstandard der ländlichen Bevölkerung an die Umweltverhältnisse anzupassen.
Im Zuge der Dorferneuerung müssen die Dörfer noch mehr als bisher mit modernen Versorgungseinrichtungen ausgestattet werden. Ein vordringliches Ziel ist dabei die Schaffung und Erhaltung einer hohen und großen Zahl gesunder bäuerlicher Vollerwerbsbetriebe bei gleichzeitiger Erhaltung und Sicherung von weitgestreutem Eigentum im ländlichen Raum. Um diesen Kern der Vollerwerbsbetriebe gruppiert sich eine Vielfalt von landwirtschaftlichen Betriebsgrößen und -arten sowie landwirtschaftlicher und gewerblicher Mischformen, die in gegenseitiger Abhängigkeit, in einer Symbiose, einer Lebensgemeinschaft zusammen existieren und nur so zusammen existieren können.
Die Schwierigkeiten, die sich bei der Vorlage dieses Haushalts ergeben, haben wiederum gezeigt, daß gerade auf dem Gebiet der Agrarstruktur die jährlichen Haushaltsfestlegungen nicht den notwendigen langfristigen Vorhaben gerecht werden. Im Rahmen der Bemühung der Bundesregierung um eine auf weite Sicht angelegte Finanz- und Haushaltspolitik wird es deshalb auch im Bereich der Agrarstrukturpolitik darauf ankommen, nach dem Beispiel der Verkehrsgesetzgebung, die auf Vierjahrespläne angelegt ist, eine größere und weitere Festlegung zu erreichen.Mit der- zunehmenden Entfaltung der Wirtschaft kommt es für die Landwirtschaft darauf an, sich stärker auf die Verhältnisse des Marktes einzustellen. Hierfür sind hohe Investitionen notwendig, und deshalb wird im Grünen Plan 1966 erstmalig durch Bereitstellung von Bundesmitteln ein allgemeines Investitionshilfeprogramm eingeleitet. Damit wird ein ganz neuer Weg beschritten. Es ist hierfür leider nur die bescheidene Summe von 133 Millionen DM als Anfang vorgesehen. Die Investitionshilfe, durch die die Bauern in die Lage versetzt werden sollen, ihre Betriebe durch Schwerpunktbildung und andere Formen der Spezialisierung umzustellen, wird nicht mehr wie bisher in Form von Einzelbeihilfen gewährt. Gewisse auslaufende Leistungen werden noch abgewickelt. Es bedeutet eine entscheidende Wende, daß die Investitionsbeihilfen im Rahmen eines Betriebsentwicklungsplanes durchgeführt werden, der die unternehmerische Initiative voll zur Geltung kommen läßt. Durch die Beihilfegewährung soll die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Betriebe verbessert werden. Leider, ich habe es
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Bundesminister Höcherlschon erwähnt, hat die finanzielle Enge nicht mehr Mittel zugelassen.Der Erfolg der Verbesserung der Betriebsstruktur hängt davon ab, daß mit ihr eine entsprechende Verbesserung der Marktstruktur einhergeht. Die beiden Gesetzgebungsversuche in der letzten Legislaturperiode haben das Ziel nicht erreicht. Wir werden uns bemühen, auf dem Sektor der Richtlinien zunächst vorläufig Ersatz zu schaffen, bis eine einheitliche Konzeption gemeinsam mit allen Beteiligten erarbeitet werden kann. Die mit einer solchen Marktstrukturverbesserung verbundene Stabilisierung der Märkte liegt im wohlverstandenen Interesse nicht nur der Erzeuger, sondern auch der Verbraucher. In der Steigerung der Qualitäten, der Verbesserung des Angebots sowie in der Verkürzung und Verbesserung der Absatzwege liegt noch eine interessante Chance, den Erzeugern einen höheren Anteil am Endverbraucherpreis zu sichern. Auf der anderen Seite müssen die Landwirte sich aber darüber im klaren sein, daß sie auf dem Markt nur dann bestehen können, wenn sie den gestiegenen Anforderungen der Verbraucher und den ernährungsphysiologischen Erkenntnissen — also nicht nur Volumen, sondern auch Qualität unserer Ernährung — Rechnung tragen. Dabei bin ich mir vollkommen darüber im klaren, daß jede Steigerung, von einem hohen Niveau aus gesehen, schon bis zum Marginalsatz reicht, was die Aufwendungen betrifft.Bei dem hohen Kapitalbedarf — auf eine Vollarbeitskraft entfällt, wie bereits dargelegt, in der Landwirtschaft heute ein Aktivkapital von rund 59 000 DM — ist die Landwirtschaft also auf einen hohen Einsatz von Fremdkapital angewiesen. Der Zugang zum Kapitalmarkt ist der kapitalbedürftigen, aber zinsempfindlichen Landwirtschaft nur dann möglich, wenn Zinsverbilligungsaktionen eine Brücke schlagen zwischen der Wirklichkeit des Kapitalmarkts und der Leistungsfähigkeit bei den Umschlagszahlen, die in der Landwirtschaft vorliegen. Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren für die verschiedensten Förderungszwecke Zinsverbilligungen durchgeführt. Im Mittelpunkt dieser Aktion steht der 1962 geschaffene sogenannte einheitliche Hofkredit. Sachgerecht wäre ein aus Rückflüssen zu speisender revolvierender Kreditfonds, der mit Zinssätzen arbeitet, die der Ertragskraft der Landwirtschaft angemessen sind.
Leider kann dieses Jahr weniger denn je für eine Ansammlung eines solchen Fonds genützt werden. Auch würde sich die Landwirtschaft in fühlbarem Maße vom Kapitalmarkt unabhängig machen können, wenn das in der Bundesrepublik sehr beliebte Bausparen durch eine entsprechende gesetzliche Änderung für notwendige Wirtschaftsgebäude in Anspruch genommen werden könnte.
Ich werde mich um eine solche gesetzliche Änderung bemühen.Der erwähnte einheitliche Hofkredit ist die Voraussetzung für die sinnvoll aufeinander abgestimmte Stufeninvestition nach Betriebsentwicklungsplänen. Dabei leuchtet ein, daß bei steigendem Kapitaleinsatz von einer angemessenen Höhe — und dabei sollte man nicht kleinlich sein — eine rechnungsmäßige Kontrolle des Betriebserfolges notwendig wird. Das erfordert ein Vertrautsein des Betriebsleiters mit den Erfordernissen einer betriebswirtschaftlichen Rechnungsführung. Aber auch hier muß man mit den Füßen auf dem Boden bleiben. Es ist billig zu verlangen, daß wenigstens regelmäßige Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben des landwirtschaftlichen Betriebs gemacht werden, gegebenenfalls unter Einschaltung einer landwirtschaftlichen Buchstelle, für die unter Umständen Zuschüsse ausgeworfen werden könnten, um dadurch den Betrieb transparenter und für den Betriebsleiter durchsichtiger und kontrollfähiger zu machen. Die dafür erforderliche Ausbildung und Beratung ist einer der Ansatzpunkte für eine engere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Die Zuständigkeit auf diesem Gebiet liegt bei den Ländern, die sich in dieser — wie in allen agrarpolitischen Fragen — in einem ganz hohen Maße kooperativ gezeigt haben. Zur Beschleunigung dieses Umstellungsprozesses möchte ich erwägen, künftig demjenigen Landwirt einen Bonus bei allen diesen Leistungen zu gewähren, der die bestehenden Ausbildungsmöglichkeiten voll in Anspruch nimmt.
Ausgelöst durch die Katastrophen des letzten Weltkrieges hat, wie in allen übrigen Wirtschaftszweigen, auch im Selbständigenbereich, so auch in der Landwirtschaft das Bedürfnis nach sozialer Sicherung seinen Einzug gehalten. Mit der Altershilfe für Landwirte ist ein besonders der Landwirtschaft angepaßtes System der sozialen Sicherung geschaffen worden, das in den letzten Jahren weiter ausgebaut wurde. Mit der Dritten Novelle zum Altershilfegesetz ist den besonderen Gegebenheiten des bäuerlichen Familienbetriebes — der ja das Leitbild unserer und auch der europäischen Agrarpolitik ist — durch die Stellung von Ersatzkräften bei Krankheit oder Abwesenheit des Betriebsleiters Rechnung getragen worden. Es ist nicht ohne Risiko, einen hochkapitalisierten Familienbetrieb auf vier Augen zu stellen und alles gesundheitliche und sonstige Risiko einfach durch eine Fiktion in Gedanken auszuschalten.
Durch diese Institution, die in der letzten Novelle des Altershilfegesetzes getroffen wurde, soll eine kontinuierliche Weiterführung des Betriebs auch in Notfällen erreicht werden.Der verstärkte Einsatz von Betriebshelfern und Dorfhelferinnen ist bei dem Arbeitskräftemangel weiterhin eine dringende Aufgabe. Hier entsteht auch eine Sonderaufgabe in der Symbiose zwischen Zuerwerbs- und Nebenerwerbsbetrieben auf der einen Seite und Vollerwerbsbetrieben auf der anderen Seite. Hier sind menschliche und wirtschaftliche Ergänzungen sichtbar, die noch mehr genützt werden sollten, die aber nicht Aufgabe einer gesetzlichen Regelung sein können, sondern die im Bereich
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Bundesminister Höcherldes Humanitären — wenn ich so sagen darf — sich selbst gestalten sollen.Die hochtechnisierte Wirtschaftsweise in der Landwirtschaft verlangt einen modernen Unfallschutz. Durch die Zuschüsse aus dem Grünen Plan ist es möglich geworden, bei annähernd gleichen Bedingungen die Leistungen der Unfallversicherung wesentlich zu verbessern. Der Grüne Plan sieht für 1966 wiederum einen beachtlichen Bundeszuschuß vor, so daß die Leistungen der Unfallversicherung im gleichen Umfang ohne Beitragsanhebung aufrechterhalten werden können.Die weitere Entwicklung der sozialen Sicherung wird in Zukunft' eine noch engere Zusammenarbeit der landwirtschaftlichen Alterskassen, der Berufsgenossenschaften und der Landkrankenkassen erfordern. Das Fehlen einer ausreichenden Krankenversicherung wird in weiten Kreisen der bäuerlichen Bevölkerung mit Recht als Mangel empfunden, zumal Untersuchungen, vor allem im Bereich der Bundeswehr, einen besonders schlechten Gesundheitszustand der landwirtschaftlichen Bevölkerung ergeben haben. Um einen Überblick über das Ausmaß des vorhandenen und des fehlenden Krankheitsschutzes zu bekommen, sind bereits Feststellungen eingeleitet worden, wobei auch berufsständische Erfahrungen mitverwertet werden sollen.Ein gesundes wirtschaftliches Wachstum hat zur Voraussetzung, daß alle Wirtschaftszweige und alle regionalen Bereiche der Wirtschaft gleichmäßig am Aufstieg der Gesamtwirtschaft teilnehmen. Meines Erachtens sind die Auswirkungen der Infrastruktur, also der sozialen, der gewerblichen, der kulturellen und der verkehrsmäßigen Erschließung, auf die Landwirtschaft bisher unterschätzt worden. Die kulturelle, verkehrsmäßige und gewerbliche Erschließung hat der Landwirtschaft mehr gegeben, als alle unmittelbaren Hilfen zu bringen und zu leisten vermochten. Deshalb muß die Agrarstrukturverbesserung durch entsprechende Maßnahmen auf dem Gebiet der Infrastruktur wirksam ergänzt werden.Bei der Erschließung des ländlichen Raumes zu einem ausgewogenen Wirtschafts- und Kulturbereich sind alle im ländlichen Bereich wirkenden Kräfte zu aktivieren. In der gewerblichen Erschließung des Landes liegt auch die Lösung des Problems der Neben- und Zuerwerbsbetriebe, deren Beitrag für die Stabilität des ländlichen Raumes nicht übersehen werden kann. Dabei ist vor allem darauf hinzuweisen, daß der Zuerwerbsbetrieb durch die hohe Technisierung eine immer größere Bedeutung bekommen wird. Es gibt Anzeichen und Beispiele aus anderen Ländern, die dieses Ziel schon einige Jahrzehnte früher erreicht haben, und ich glaube, daß hier ein Ansatzpunkt für einen besonders interessanten neuen Zweig der agrarpolitischen Überlegungen zu finden ist.Für die Agrarpolitik stellt sich dabei die Aufgabe, diesen Betrieben die Entscheidung zu erleichtern, welchen Weg sie in Zukunft gehen wollen: entweder den Betrieb ganz aufzugeben oder, unter Beibehaltung von Wohneigentum im Dorf, einen Hauptberuf außerhalb des eigenen landwirtschaftlichenBetriebes zu wählen, oder sich zu einem Vollerwerbsbetrieb aufzustocken — um diese drei Grundformen einmal herauszustellen —. Dabei darf unter keinen Umständen ein Druck auf die Entscheidung des einzelnen ausgeübt werden. Soweit sich diese Betriebe für die Bewirtschaftung von Grund und Boden entscheiden, soweit sie also keine ausreichende Fläche haben und sich trotzdem neben anderer Beschäftigung und anderen Erwerbsmöglichkeiten dafür entscheiden, haben sie vollen Anspruch auf die globalen Förderungsmaßnahmen des Bundes. Das gilt insbesondere auch, wenn es sich um Mittel für arbeitssparende — darauf kommt es in einem hohen Maße an —, überbetriebliche und qualitätsfördernde Zusammenschlüsse handelt; arbeitssparende deswegen, weil wir in einer Zeit, in einer Phase, in einem Entwicklungsstadium stehen, in dem die Arbeitszeit sich, sagen wir einmal, einem Durchschnitt von 42 Stunden annähert, nicht haben wollen, daß hier Arbeitszeiten anhalten, die auf Kosten der Gesundheit der Familie und vor allem der Frauen gehen.
Diejenigen Betriebsinhaber aber, die sich für den landwirtschaftlichen Vollerwerb entschließen, stehen vor folgenden Wegen: die innere oder flächenmäßige Aufstockung oder die Verbindung von beiden. Die Versserung der Produktivität bei den in Frage kommenden Betrieben ist im ersten Stadium vornehmlich durch Hebung der Gesamtproduktion bei intensiver Betriebsorganisation und Bewirtschaftung zu erreichen. Für Folgeinvestitionen stehen Mittel aus dem Grünen Plan und nach dem EWG-Anpassungsgesetz, der zweiten Quelle unserer Vorbereitung auf die Gemeinschaft, zur Verfügung. Bei einer Vergabe muß die Wirtschaftsberatung unter allen Umständen eingeschaltet bleiben.Trotz der zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtung in Großräumen und im weltwirtschaftlichen Rahmen kommt es nach wie vor ganz wesentlich auf die Stabilität der Landwirtschaft im nationalen Bereich an. Es ist der deutschen Landwirtschaft gelungen, bei steigender Bevölkerungszahl, und zwar durch Austreibung und erzwungene Flucht in Millionenzahlen, und höherem Verbrauch — hinzu kommt eine qualitative Verbesserung — die Versorgung mit Grundnahrungsmittel zu rund 75 % sicherzustellen, so daß in Krisenzeiten die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln im großen und ganzen gewährleistet ist. In der Euphorie des Tages sind viele nicht bereit, diese Leistung für die innere Stabilität und Sicherheit auch nur im geringsten zu würdigen.
Der Grad der großräumigen weltwirtschaftlichen Verflechtung hat dazu geführt, daß die Unterschiede zwischen Agrarexport- und -importländern herkömmlicher Form sich mehr und mehr verwischen. Die Bundesrepublik hat im letzten Jahr für 2 Milliarden DM Ernährungsgüter exportieren können und gleichzeitig Agrarerzeugnisse im Werte von über 13 Milliarden DM eingeführt. Wenn wir die Zeichen
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Bundesminister Höcherlrichtig deuten, ist es durchaus möglich, daß in Zukunft das Problem der Überproduktion, vor allem regionaler Art, wenigstens bei einzelnen Erzeugnissen durch entsprechenden Export gesteuert und behoben werden kann.
Die Vorteile von wirtschaftlichen Großräumen können sich nur dann voll auswirken, wenn alle Partner in gleichem Maße am Integrationsprozeß teilhaben. Über die nationalen Maßnahmen hinaus strebt die Bundesregierung an, bei der EWG-Kommission und beim Rat durchzusetzen, daß zur Förderung des Agrarexports durch die EWG in Zukunft das Bruttoprinzip und nicht mehr das Nettoprinzip angewandt wird.Eine starke Landwirtschaft im nationalen Rahmen ist im Interesse einer ausgewogenen Handelspolitik auch deshalb notwendig, weil die Verringerung der einheimischen Erzeugung weitere Importe in einem Ausmaß notwendig machen würde, das nicht immer durch Exporte von Industrieerzeugnissen abgesichert wäre.Für die Stabilität des nationalen Marktes ist auch die Kaufkraft der Landwirtschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die Landwirtschaft tritt als sicherer Käufer für industrielle und gewerbliche Erzeugnisse und Leistungen in einer Größenordnung von jährlich 18 bis 20 Milliarden DM auf. Das sollten sich einige Leute und Persönlichkeiten merken, die es für richtig halten,
im Gegensatz zum Ausland hier Gegensätze zwischen Landwirtschaft und Industrie oder Gewerbe zu konstruieren.
Auch eine Zahl von 13,2 Milliarden Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist für die Industrie von größtem Interesse, weil dadurch zum Ausdruck gebracht wird, daß hier ein Feld bearbeitet wird, das der Industrie für Gegenleistungen im Export große Möglichkeiten einräumt.
Die Zukunft der deutschen Landwirtschaft wird von zwei Komponenten beherrscht: der weiteren Entwicklung der EWG und der gegenseitigen Abhängigkeit von Agrarpolitik und allgemeiner Wirtschaftspolitik, von der ja die Agrarpolitik nur ein Teil ist. Die Integration der Landwirtschaft in die EWG ist wohl die schwierigste wirtschaftliche Aufgabe. Trotzdem ist es erfreulicherweise gelungen, bis heute 85 % der landwirtschaftlichen Erzeugnisse in die Marktordnung der EWG einzubeziehen. Dadurch wurde der Weg für eine echte Integration frei gemacht, die nach unseren Vorstellungen und nach dem Beispiel, das wir in unserer eigenen Geschichte erlebt haben, durch eine politische Gemeinschaft gekrönt werden soll. Es ist für die Landwirtschaft ehrenvoll, daß sie einen solchen Beitrag für dieses große geistige Abenteuer der europäischen Einigung leisten konnte. Bei diesem Zusammenwachsen ist bemerkenswert, daß die Einfuhr von Ernährungsgütern aus dritten Ländern nicht zurückgegangen ist. Gleichzeitig hat sich die einheimische Erzeugung, insbesondere die Erzeugung von tierischen Veredlungsprodukten, dank der gemeinsamen Marktorganisation in der EWG sogar ausdehnen können.Das Ziel eines freien Agrarmarktes ist in der EWG noch nicht erreicht. Eine Reihe von für die deutsche Landwirtschaft wichtigen und entscheidenden Marktregelungen, wie z. B. für Zucker und Trinkmilch, muß noch verabschiedet werden. Für Rindfleisch, Milch, Zucker und Ölsaaten müssen noch gemeinsame Preise gefunden und angewendet werden, die eine angemessene Entschädigung für die Leistung und einen angemessenen Ersatz für die Kosten enthalten müssen, wenn man wirklich von Preisen reden will und nicht von Konventionen.
Diese Arbeit muß noch vollzogen werden. Dabei darf keine Verstimmung zurückbleiben, weil jede Verstimmung und Benachteiligung eines Partners desintegrierend und nicht zusammenführend wirkt. Die Bundesregierung wird sich bemühen, daß die Preise für Verbraucher und Erzeuger nach den Gesichtspunkten, die angeführt worden sind, angemessen bleiben.Diese Ziele sind aber nur zu verwirklichen, wenn die Wettbewerbsbedingungen in der EWG angeglichen und harmonisiert werden. Eine gleichmäßige Wettbewerbspolitik ist nicht nur für den gewerblichen, sondern genauso für den landwirtschaftlichen Markt, wo sich die Dinge sehr versteckt verhalten, eine entscheidende Voraussetzung. Bei den künftigen Verhandlungen in Brüssel wird die Bundesregierung dafür zu sorgen haben, daß der deutschen Landwirtschaft aus der Entwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik keine Nachteile erwachsen.
Das ist für eine angemessene und eine sichere Versorgung auch vom Verbraucherstandpunkt aus von sehr entscheidender Bedeutung. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, daß ein gerechter Ausgleich zwischen den sich nur äußerlich stoßenden Interessen gefunden wird.Die zweite Komponente, nämlich die bereits angesprochene Abhängigkeit der Agrarpolitik von der allgemeinen Wirtschaftspolitik, erfordert, daß im System der sozialen Marktwirtschaft eine Koordinierung zwischen diesen beiden Zweigen der Wirtschaftspolitik herbeigeführt wird. Das heißt praktisch, daß auf der einen Seite bei agrarpolitischen Forderungen Rücksicht auf die gesamtwirtschaftliche Situation genommen werden muß und daß das auch umgekehrt gilt. Keiner hat dies besser erkannt und klarer formuliert — und damit lassen Sie mich schließen — als der vor wenigen Tagen von uns gegangene große deutsche Nationalökonom und Soziologe Wilhelm Röpke, dem in einem Nachruf der ehrenvolle Titel „Medicus humanitatis" verliehen wurde und der an seinem Lebensabend, in der höchsten Reife seiner Erkenntnisse, folgende Worte gesprochen hat:
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Bundesminister HöcherlIch setze voraus, daß wir entschlossen sind, der modischen Abwertung der Landwirtschaft durch einsichtslose Hohepriester der industriell-städtischen Massenzivilisation entgegenzutreten.
Und wir sind dazu 'entschlossen, weil wir wissen, daß gerade der Beruf des Landwirts und seine Lebensweise noch immer im höchsten Grade jene Werte und geistig-sittlichen Kräfte verkörpern, die in unserer Industriegesellschaft immer mehr zu verkümmern drohen.
Aber das sind Werte und geistig-sittliche Kräfte, ohne die diese Industriegesellschaft selber auf die Dauer kaum bestehen kann.
Das Haus wird den Bericht am 2. März besprechen.
Ich ziehe den Tagesordnungspunkt 16 vor:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Innenausschusses über den Antrag der Abgeordneten Schwabe, Marx (München), Folger, Seuffert, Dr. Müller (München), Haage (München), Porzner, Figgen und Genossen
betr. Antrag der Stadt München auf Übertragung der Olympischen Spiele
— Drucksachen V/72, V/299 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kempfler in Verbindung mit dem Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/298 —Berichterstatter: Abgeordneter Mengelkamp
Es liegen vor die Berichte des Innenausschusses von dem Herrn Abgeordneten Dr. Kempfler und des Haushaltsausschusses von dem Herrn Abgeordneten Mengelkamp. Ich danke den Herren Berichterstattern.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kempfler zur Ergänzung seines Schriftlichen Berichts.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bedeutung dieses Beratungsgegenstandes macht es notwendig, daß ich meinen Bericht mündlich ergänze und erläutere. Daß das in aller Kürze und Prägnanz geschehen soll, ist selbstverständlich.
Der Antrag der Abgeordneten Schwabe, Marx, Folger und Genossen gibt über das eigentliche Petitum hinaus dem deutschen Parlament die willkommene Gelegenheit der Stellungnahme zu einem Ereignis, das in der Öffentlichkeit stark beachtet wird, nämlich dem Antrag der Stadt München, die Ausrichtung der Olympischen Spiele 1972 dieser Stadt zu übertragen. Sowohl die Bundesregierung als auch die Bayerische Staatsregierung haben diesen Gedanken begrüßt und ihre Unterstützung zugesagt. Auch der Haushaltsausschuß, in den gegenwärtigen Zeitläuften etwas zurückhaltend, hat sich grundsätzlich bereit erklärt, die Übernahme eines Drittels der Kosten von insgesamt 500 bis 600 Millionen DM auf den Bund zu genehmigen.
Der Innenausschuß als federführender Ausschuß empfiehlt deshalb Ihnen, meine Damen und Herren, die Annahme des Antrags, wie er in der Drucksache V/299 näher dargelegt ist. Ich bitte, diesen Antrag anzunehmen, um darzutun, daß es sich bei der Einladung zu den Olympischen Spielen nicht nur um den Wunsch einer einzelnen deutschen Stadt, sondern um ein Anliegen des ganzen Volkes handelt.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für die Ergänzung seines Berichtes. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir stimmen dann ab über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/299. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Ich darf einmütige Annahme des Antrags feststellen.
Ich rufe dann den Tagesordnungspunkt 4 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, Dr. Lohmar, Dr. Rau und der Fraktion der SPD
betr. Änderung des Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts
hier: Hochschullehrer, wissenschaftliche Assistenten und Lektoren
— Drucksache V/173 —
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Rau.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hochschulwesen in der Bundesrepublik ist nach meiner Einschätzung der Dinge an einen Punkt gelangt, wo die seit Jahrzehnten geführte theoretische Diskussion über die Hochschulreform beginnt, in das Stadium der Realisierung zu treten. Vielleicht wird der eine oder der andere das für einen übertriebenen Optimismus halten. Aber ich glaube, daß dieser Optimismus begründet ist durch die Erwartung, die wir richten können auf die Neugründung von Hochschulen einerseits und auf die in den Ländern in Bewegung gekommene Gesetzgebung auf der anderen Seite. Beides — Akte der Neugründung von Hochschulen und die Gesetzgebung — sind im Grunde Dinge, die von außen an die Universitäten herankommen. Es hat den Anschein, daß in Beziehung auf die wissenschaftlichen Hochschulen der Satz des Archimedes gilt: Gib mir einen Ort außerhalb der Erde, und ich werde die Erde bewegen. Das soll kein Vorwurf gegen diejenigen sein, die in den bestehenden Hochschulen sich bisher abgemüht haben. Viel theoretische, gute Vorarbeit in den Hochschulen ist geleistet, und vereinzelt sind auch immer Maßnahmen der Hochschul-
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Dr. Raureform in den Hochschulen getroffen worden. Aber was fehlt, ist die umfassende Reform.Selbst der Wissenschaftsrat hat sich bewußt zurückgehalten und hat nur zu einzelnen Fragen des Hochschulwesens wirklich reformerische Theorien, reformerische Ideen entwickelt, z. B. gerade in Beziehung auf die Neugründungen und in Beziehung auf die Neugliederung der Lehrkörper.Sie werden sagen: Das ist eine Länderangelegenheit. Das trifft auch im großen und ganzen zu. Aber die Hochschulreform hat eine beamtenrechtliche Seite. Das Beamtenrecht der Hochschullehrer ist bekanntlich im Beamtenrechtsrahmengesetz des Bundes geregelt, und zwar in den §§ 105 bis 114. Damit ist eine Mitverantwortung des Bundes gegeben. Dieser Teil des Beamtenrechtsrahmengesetzes ist in einer verhältnismäßig phantasielosen Weise den Bestimmungen nachgebildet worden, die in dem Gesetz über die rechtlichen Verhältnisse der beamteten Lehrer an wissenschaftlichen Hochschulen vom Jahre 1939 enthalten sind. Es wäre verhängnisvoll, wenn ausgerechnet der Bund die Entwicklung, die sich jetzt mit den Neugründungen und den Ländergesetzen anbahnt, hemmte.Der Wissenschaftsrat warnte schon in seiner ersten Publikation von 1960 vor „Flickwerk und halben Maßnahmen", gerade auf diesem Gebiet. Deshalb hat dann auch der Wissenschaftsrat im Jahre 1964 einen besonderen kleinen Empfehlungsband zu der Frage der beamtenrechtlichen Neugliederung und überhaupt der personalrechtlichen Neugliederung der Lehrkörper der Hochschulen veröffentlicht.Nach 1960 ist der Gedanke aufgekommen, daß auch die Gesetzgebung ein Mittel zum Ingangsetzen einer umfassenderen Hochschulreform sein könne. Es hat sich gezeigt, daß dies noch in einem stärkeren Maße der Fall ist, als man vielleicht zu jener Zeit noch angenommen hatte. Dabei zeigte sich aber sehr bald — schon bei dem Berliner Hochschullehrergesetz —, daß man an die Grenzen stößt, die das Beamtenrechtsrahmengesetz steckt.Ich darf einige Zitate aus der allerneuesten Zeit bringen, nämlich aus den Arbeiten des baden-württembergischen Kultusministeriums sowohl an einem Hochschulgesetz wie dann auch bei den Neugründungen für Konstanz und Ulm, aber besonders für Konstanz. Ich bemerke ausdrücklich, daß es sich hierbei nicht, wie man vielleicht glauben könnte, um den SPD-Entwurf handelt, sondern um den Entwurf der Regierung bzw. des Kultusministeriums von Baden-Württemberg. Da heißt es z. B. zu den §§ 25 bis 36 in der Begründung:Der Entwurf berücksichtigt die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Neugliederung des Lehrkörpers an den wissenschaftlichen Hochschulen, soweit dies nach der durch das Beamtenrechtsrahmengesetz gegebenen Rechtslage möglich ist. ... Sobald die zu erwartende Änderung des Beamtenrechtsrahmengesetzes vollzogen ist, kann diese Bezeichnung . . .Das ist das eine. In der Denkschrift für Konstanz ist dieses Thema noch einmal aufgegriffen worden. Da heißt es:Für die vom Wissenschaftsrat empfohlene Anwendung der Bezeichnung „außerordentlicher Professor" auf den wissenschaftlichen Rat, die auch vom Kultusministerium angestrebt wird, bedarf es noch einer Änderung des Beamtenrechtsrahmengesetzes.Aus diesen und ähnlichen Gründen hat schon in der vergangenen Legislaturperiode die SPD-Fraktion dieses Hauses eine Initiative unterbreitet und die Formulierungen einer Novellierung des Hochschullehrerteils des Beamtenrechtsrahmengesetzes des Bundes vorgeschlagen.Wir sind jetzt in dieser Legislaturperiode, wie Sie aus dem Antrag sehen, einen anderen Weg gegangen. Wir wollen sozusagen nur das Thema stellen. Dem dient jetzt auch die kurze Begründung, die ich hier geben will, damit dann die Bundesregierung Gelegenheit hat, in möglichst kurzer Frist selbst einen Novellierungsvorschlag, also eine Gesetzesvorlage diesem Hause zu unterbreiten.Worum geht es nun eigentlich? Abstrakt gesprochen, geht es, wie ich schon andeutete, darum, Prinzipien, die im Bereich der Hochschulreform anerkannt sind, nun auch im Beamtenrecht ihren Niederschlag finden zu lassen, nämlich da, wo es notwendig ist.Konkret geht es im einzelnen um folgendes. Es ist immer die Rede davon, daß die Hochschullehrer eine Gemeinschaft gleichberechtigter Gelehrter sein sollen. Dennoch haben wir in dem Gesetz, um das es hier geht, noch immer die altüberkommene Zweiklasseneinteilung in Ordinarien und Extraordinarien ohne jeden inhaltlichen Sinn. Schon der preußische Kultusminister C. H. Becker hat diese Einteilung als überholt bezeichnet, und der Wissenschaftsrat hat sich dem angeschlossen. Wie das praktisch aussieht, habe ich selbst in meiner eigenen Hochschulerfahrung erlebt: Wenn man Entwicklungspläne macht, kommt immer wieder der Antrag auf zusätzliche Extraordinarien, und das, was unseren Hochschulen eigentlich not tut, nämlich Parallel-Lehrstühle für die verschiedenen Fächer zu schaffen, kommt nicht zustande. Man muß diese alte Institution hier nun endlich beseitigen. — Das ist der eine Punkt.Der zweite Punkt bezieht sich nicht auf die Lehrstuhlinhaber, sondern auf die Nichtordinarien, wie es in der Fachsprache heißt, d. h. auf die jungen Gelehrten, die sich habilitiert haben, die Hochschullehrer sind, aber einen Lehrstuhl noch nicht innehaben. Diese jungen Gelehrten sind bis zum heutigen Tag nach dem Gesetz Beamte auf Widerruf, und wenn ein außerplanmäßiger Professor, dem ja doch bei der Ernennung attestiert wird, daß er Lehrstuhlreife besitzt, aus irgendwelchen Gründen nun doch nicht auf einen Lehrstuhl berufen wird, dann bleibt er sein ganzes Leben Beamter auf Widerruf. Daß nicht schon früher entdeckt worden ist, daß das ein Mißbrauch dieses Instituts ist, ist für mich er-
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Dr. Raustaunlich. Man hätte diesen Zustand längst beseitigen müssen, und es ist hohe Zeit, daß wir es hier durch eine Novellierung des Bundesgesetzes tun. Wenn in den Diskussionen zur Frage der Wissenschaftspolitik, die in der letzten Zeit in diesem Hause geführt worden sind, von Abwanderung die Rede war, so sollte man darauf hinweisen, daß der Grund nicht nur bei den niedrigen Gehältern — das ist schon gesagt worden — und bei der ungenügenden Ausstattung der Institute usw. liegt; vielmehr spielt auch die korporationsrechtliche Stellung und all das, wovon in der Wissenschaftsdebatte die Rede war, eine Rolle. Dazu gehört aber auch die beamtenrechtliche Stellung der jungen Gelehrten. Wenn immer das Damoklesschwert des Widerrufs über dem jungen Gelehrten schwebt, wird er entweder nicht den nötigen Mannesmut vor seinem Brotherrn aufbringen — was die Erfahrung schon sehr häufig gezeigt hat —, oder aber der junge Gelehrte wird aus Furcht vor diesem Abhängigsein auf unübersehbare Zeit davon abgehalten, die Hochschullaufbahn einzuschlagen.Es ist dringend notwendig, diesen jungen Gelehrten einen angemessenen Status zu geben. Ich hoffe, daß die Bundesregierung, wenn Sie unserem Antrag folgen, hier Remedur schafft.Ein weiteres Thema ist die Frage des Mittelbaues. Darüber will ich jetzt nicht sehr viel sagen. Das ist eine Frage, über die man so oder so denken kann. Ich will jetzt in meinen Ausführungen auch nicht schon zuviel präjudizieren. Ich will diese Dinge nur als Beispiele nennen, damit Sie sehen, worum es geht. — Der Mittelbau muß an den Aufgaben, die die Hochschule hat, orientiert werden. Alte Zöpfe, die mehr ein Flickwerk sind — im Sinne dessen, was der Wissenschaftsrat gesagt hat —, müssen abgeschnitten werden. Wir sehen, ob es möglich ist, in den Hochschullehrerteil Sondervorschriften für den Mittelbau aufzunehmen. Das ist noch eine offene Frage.Das Tutorenproblem ist im Bundesbeamtenrechtsrahmengesetz überhaupt nicht behandelt, obwohl es durchaus denkbar ist, daß es aus vielerlei Gründen auch beamtete Tutoren geben sollte. Auch hier sei mir erlaubt, ein kurzes Zitat aus der Stellungnahme der Regierung zur Denkschrift Konstanz zu bringen:Deshalb schlägt der Gründungsausschuß z. B. vor, in den ersten Semestern mehr die „handwerklichen Kenntnisse" zu vermitteln,— „handwerkliche Kenntnisse" ist kein sehr glücklicher Ausdruck —die einzelnen Lehrveranstaltungen aufeinander abzustimmen, die Vorlesungen durch Arbeiten in kleinem Kreis unter Anleitung von Tutoren zu begrenzen...Also auch hier wird vorgeschlagen, Tutoren einzusetzen. Ihre rechtliche Stellung hat, wie gesagt, im Beamtenrechtsrahmengesetzes bisher keine Berücksichtigung gefunden.Eine weitere Frage wird dann noch die Neukonstruierung des Mittelbaus in den Kliniken sein, die ganz besonders schwierig ist.Damit Sie sich nicht allzusehr darüber wundern, daß in dem Antrag auch von künstlerischen Mitarbeitern gesprochen ist, darf ich vielleicht erwähnen, daß es immerhin einzelne Länder gibt, die der Ansicht sind, daß auch die Hochschullehrer an künstlerischen Hochschulen genauso wie die an wissenschaftlichen Hochschulen emeritiert werden oder daß zumindest die Länder die Möglichkeit haben sollten, solche Leute zu emeritieren. Es wird kein Land dazu gezwungen, aber es sollte wenigstens die Möglichkeit dazu bestehen, die jetzt nach § 114 nicht besteht. § 114 bezieht sich ja hauptsächlich auf die künstlerischen Hochschulen. Sie werden mir zugeben, daß man nicht recht einsehen kann, daß ein mittelmäßiger Wissenschaftler, wenn er einen Lehrstuhl innehat, auf jeden Fall das Recht zur Emeritierung hat und die Hochschule damit von seiner Lehrtätigkeit auch weit über die Altersgrenze hinaus . weiterhin Gebrauch machen muß, daß aber Menschen wie Schmidt-Rottluff oder Paul Klee — ich nenne Tote und Lebende, um die Sache zu illustrieren — oder die Sintenis und im musikalischen Bereich Boris Blacher oder Hindemith den Hochschulen nicht über die Altersgrenze hinaus erhalten werden sollen. Mir geht es dabei gar nicht darum, daß diese Professoren mehr Geld verdienen, sondern mir geht es darum, daß sie auch im hohen Alter dem Lehrkörper ihrer Hochschule angehören sollen.Ich habe zu diesen Fragen bewußt ein paar Ansichten ganz konkret vorgetragen, weil ich der Meinung bin, Sie sollten wissen, um welche Fragen es sich handelt. Ich wollte damit noch nicht präjudizieren, wie das nachher aussehen soll. Das ist dann Sache der Vorlage, die von der Regierung kommen wird. Es ist aber auf alle Fälle notwendig, die Fesseln zu beseitigen, die der Hochschulreform gegenwärtig vom Bundesbeamtenrecht her angelegt sind. Deshalb bitte ich alle Fraktionen, diesem Antrag unserer Fraktion auf Drucksache V/173 die Zustimmung zu geben.
Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Martin.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt diesen Antrag der SPD. Er ist in der Tat notwendig, um bestimmte Schritte in der Hochschulreform wirklich tun zu können. Herr Rau, der in der Unterrichtsverwaltung und in der Hochschulverwaltung ein erfahrener Mann ist, hat hier eine Reihe von Prinzipien erörtert und gleichzeitig gesagt, daß er die Sache nicht präjudizieren wolle. Dafür bin ich besonders dankbar. Ich möchte nur einiges, im wesentlichen antwortend, dazu sagen.Zunächst einmal, Herr Rau, kann ich mich mit dem Gedanken, daß man den archimedischen Punkt finden müsse, von dem aus man den Kosmos der Universität aus den Angeln heben könne, nicht recht befreunden. Wenn ich mich recht erinnere, stammt er von dem Göttinger Soziologen Barth, und
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1008 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Dr. Martinder entsprechende Aufsatz ist einmal in der „Neuen Gesellschaft" erschienen, wo er der Sache nach auch hingehört. Dort ist gesagt, es habe sich gezeigt, daß die Hochschulreform nicht von den Hochschulen selbst ausgehen könne. Man könne sich nicht an dem berühmten Zopf aus dem Sumpf ziehen, und es bedürfe des Anstoßes der Parlamente und der Regierungen. Ich denke, daß man diesen Gedanken sehr sorgfältig behandeln muß; denn die deutsche Universitätstradition geht davon aus, daß auch die Organisation der Universität und der Aufbau des Lehrkörpers unmittelbar Ausdruck des Wesens von -Wissenschaft ist. Die große Leistung von Humboldt bestand darin, daß er für seine Zeit den adäquaten Ausdruck für die Wissenschaft in der Gestalt der von ihm geschaffenen Universität fand. Das trifft ja jetzt schön zusammen, Herr Rau, da Sie aus Berlin kommen.
— Darf ich den Gedanken noch zu Ende bringen. — Der Gedanke ist ja in der Schrift über die Einrichtung der Berliner wissenschaftlichen Anstalten entwickelt worden.Herr Rau, bitte!
Herr Dr. Martin, ist Ihnen nicht klar geworden, daß ich die theoretische und die geistige Vorarbeit, die in den Hochschulen geleistet wird, gewürdigt habe? Wenn ich noch ein anderes Bild aus dem Automobilbetrieb gebrauchen darf: Es ist zwar alles da, das Gas-Luft-Gemisch, der Motor läuft auch; es bedarf aber der Kupplung, des Einkuppelns, damit die Dinge jetzt in Gang kommen. Nur so sehe ich die Rolle des Gesetzgebers.
Herr Kollege Rau, ich will den Gedanken ja nicht allgemein ablehnen. Es kommt bei dem Gedanken, den Sie geäußert haben, auf die feine Differenzierung an, und darauf wollte ich jetzt noch zu sprechen kommen. Was ich sage, ist gar nicht aggressiv. Es kommt auf die Form an, wie man mit der Wissenschaft kooperiert. Hier meine ich, daß wir in dieser Hinsicht entschieden auf die Wissenschaft selber angewiesen sind. Das heißt praktisch, daß die Hochschulreform aus den Hochschulen selber kommen muß, daß wir, die Legislative, dazu allerdings Hilfestellung zu leisten haben. Auf diesen Punkt werden wir uns wohl einigen. Ganz konkret heißt das, daß wir den Vorschlag dés Hochschullehrerverbandes, der jetzt unterwegs ist, noch abwarten müssen.
Wir haben in der vorigen Woche gesagt, daß es auf zwei Dinge ankomme: finanzielle Hilfe für die Universität und synchron damit die Reform der Hochschulen. Um was geht es? Es kommt auf die Intensivierung des Unterrichts an, um mit den großen Studentenmassen fertig zu werden. Es kommt zweitens darauf an, Raum für die Forschung in den Universitäten selber zu schaffen. Beides ist notwendig; beides muß in der Hochschulreform geleistet werden, und zwar deshalb, weil sich das Wesen der Wissenschaft selber gewandelt hat. Der
Wissenschaftsrat selber hat darauf aufmerksam gemacht, um was es hier geht. Wissenschaft ist heute nur in der Zusammenarbeit vieler mit großen apparativen Einrichtungen möglich.
Dieser Zusammenarbeit steht aber vieles in der Struktur der Lehrkörper entgegen. Herr Rau hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Abwanderung der Wissenschaftler hiermit etwas- zu tun hat. Ich glaube, es ist wichtig, einmal die Motive zu sehen und in welcher Reihenfolge sie geäußert und dargestellt. werden. Von denen, die abwandern, werden drei Dinge genannt: erstens das Klima an den Universitäten, der sogenannte hierarchische Aufbau der Universitäten, zweitens die größeren Forschungsmöglichkeiten, und erst an dritter Stelle die Besoldung. Das heißt, eine echte Reform an dieser Stelle wäre ein Beitrag, um der- Abwanderung der Wissenschaftler zu begegnen.
Man darf aber nicht verkennen, daß die Reform an den Universitäten in vollem Gange ist. Das, was wir hier fortsetzen, ist vom Wissenschaftsrat 1960 mit dem Aufbau und Ausbau des Mittelbaues an den Universitäten begonnen worden. Für den Sommer erwarten wir ein Gutachten des Wissenschaftsrates. Dieser Vorschlag beinhaltet dasselbe, nämlich die Intensivierung des Unterrichts an den Universitäten zu ermöglichen und den Forschern Gelegenheit zu wissenschaftlicher Arbeit zu geben. Wenn der Gedanke richtig ist, daß wir dabei auf die Mithilfe, die Anregungen und den Beitrag der Wissenschaft selber angewiesen sind, würde ich es für richtig halten, dieses Gutachten noch abzuwarten, ehe wir Gesetze beschließen.
Zusammenfassend möchte ich folgendes sagen. Wir begrüßen diesen Vorschlag und sind dankbar für die Intensität, mit der er hier vorgetragen worden ist. Wir werden im Ausschuß im Sinne und im Geist der Hochschulreform an dieser Sache mitarbeiten. Da es sich um ein kulturpolitisch wesentliches Anliegen handelt, beantrage ich, diesen Antrag an den Kulturpolitischen Ausschuß zur Mitberatung zu überweisen.
Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind wohl alle dankbar dafür, daß dieses Thema nun doch von diesem Bundestag abschließend beraten werden soll, zumal es in den vergangenen Jahren nicht ganz unstrittig gewesen ist, ob der Bund mit den Rahmengesetzgebungskompetenzen eigentlich eingreifen sollte, oder ob es nicht vielmehr reine Ländersache sei, diese Frage zu lösen. Ich wundere mich allerdings ein wenig darüber, Herr Dr. Rau, daß wir nicht schon bei der Großen Anfrage in der vergangenen Woche diesen Antrag mit behandelt haben, zumal es sich hier um eine sehr bedeutsame Sache handelt. Thematisch hätte er dort noch besser hineingepaßt, und das Haus wäre auch besser besetzt gewesen.
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MoerschIch freue mich besonders darüber, daß nun auch vom Wissenschaftsrat her Anstöße für diese Reform gekommen sind. Wir sind uns wohl darüber klar, daß man Reformhochschulen eben nicht aufbauen kann, wenn man nicht eine größere Beweglichkeit im Beamtenrechtsrahmengesetz selbst schafft. Das hat gerade die Vorlage aus Baden-Württemberg gezeigt. Insofern darf ich Sie nur daran erinnern, daß die Verantwortlichkeit des Bundes in einem viel höherem Maße gegeben ist, als es oftmals von anderer interessierter Seite dargestellt wird. Auch das beweist dieser sehr nützliche Antrag, den Sie gestellt haben. Ich stimme dem Herrn Kollegen Dr. Martin zu, daß wir im Kulturausschuß diese Frage mitberatend behandeln sollten. Im Kulturausschuß werden wir sicherlich — aber nicht nur bei dieser Gelegenheit — über die Hochschulen und die beamtenrechtlichen Fragen zu sprechen haben. Wir müssen das auch im Zusammenhang mit den Besoldungen an den Instituten sehen, die nicht öffentlich-rechtlicher Art sind, sondern als eingetragene Vereine oder ähnlich firmieren; denn dort besteht bei personellen Entscheidungen ein entscheidendes gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis zu den Hochschulen. Wir müssen eine Gleichgewichtigkeit, eine Chancengleichheit schaffen. Das alte Ideal, daß unter allen Umständen die beamtenrechtliche Sicherung vorhanden sein soll, ist bei den jüngeren Wissenschaftlern und Forschern keineswegs mehr so verbreitet. In Instituten privatrechtlicher Art haben wir jetzt die Situation, daß diese Institute zwar über sehr teure Apparaturen verfügen, daß die korrespondierenden Besoldungsvorschriften es manchmal aber nicht erlauben, diese teuren Apparaturen wirtschaftlich zu nutzen. Es fehlt nicht nur an jungen Wissenschaftlern, Forschern und Assistenten, sondern zum Teil auch an den notwendigen technischen Hilfskräften. Dazu hat die Starrheit der Besoldungsordnung geführt. Auch das sollte nach meiner Ansicht mit berücksichtigt werden.Wir werden schließlich eine Gesamtdarstellung bekommen. Insofern sind wir nun einen Schritt weiter. Nach dem ersten Beschluß des Kabinettsausschusses für Wissenschaftspolitik werden die drei unmittelbar beteiligten Ministerien das ganze Gebiet gemeinsam beraten und Vorschläge machen. Aber auch die Antragsteller wissen sehr genau, daß wir mit einer Frist von schätzungsweise anderthalb Jahren bis zur Verabschiedung der Gesetzesänderung rechnen müssen und daß deshalb die akuten Fragen, die gerade jetzt in vielen Instituten anstehen, noch nicht gelöst werden können. Die Antragsteller selbst. haben ja als Datum für die Vorlage des Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung den 31. Dezember 1966 vorgeschlagen. Eine beschleunigte Beratung liegt also in gemeinsamem Interesse.Aber wie gesagt: wir müssen den Zusammenhang sehen und uns von vornherein über die finanziellen Konsequenzen in anderen Bereichen im klaren sein. Hier geht es natürlich auch um ein Kernstück des Beamtenrechts. Ohne mich jetzt auf Einzelheiten einzulassen, möchte ich erklären, daß es uns darauf ankommt, .daß in diese neuen Bestimmungen möglichst wenig Einzelvorschriften eingebaut werden, damit die Beweglichkeit in jedem Fall gewahrt bleibt. Die Hochschulreform muß sich von innen heraus den wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen anpassen können. Jede komplizierte oder perfektionierte gesetzliche Vorschrift würde diesem Interesse nur entgegenstehen. Ich bin sicher, wir werden von allen interessierten Seiten gute Vorschläge hören können; wir werden uns aber auch die jetzigen Systeme im Ausland anzusehen haben, damit wir nicht in einigen Jahren auch auf diesem Gebiet von Reform zu Reform eilen müssen.Der Staat sollte den Rahmen abstecken, innerhalb dessen sich dann allés andere selbst entwikkeln kann. Es wäre unter Umständen auch kein Schaden, wenn wir bei unserem föderalistischen Aufbau da und dort zu konkurrierenden Lösungen kämen; so würden wir dann Vergleichsmaßstäbe besitzen. Der Bund kann nur die Aufgabe haben, eine Entwicklung dieser konkurrierenden Systeme nicht weiter zu behindern.Die Fraktion der Freien Demokraten stimmt dem Antrag der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion im Prinzip zu. Das Hohe Haus wird noch genügend Gelegenheit haben, die Einzelheiten in weiteren Debatten zu besprechen. Wir sind uns hoffentlich alle darüber einig, daß hier Eile geboten ist. Die günstigen Ansätze zu einer Reform der Hochschulen und des Studienganges, wie sie der Wissenschaftsrat vorschlägt, und die Bemühungen, bei den Neugründungen auch neue Formen einzuführen, sollten jedenfalls nicht behindert werden.
Ich schließe die Aussprache. Der Antrag soll an den Innenausschuß überwiesen werden, der federführend sein soll. Nach dem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Martin soll er weiterhin zur Mitberatung an den Kulturausschuß gehen. Einverständnis? — Es ist so beschlossen.Ich rufe den Punkt 18 der Tagesordnung auf:Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr.Anpassung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung an den technischen Fortschritt und an die wirtschaftliche Entwicklung— Drucksache V/222 —Dieser Punkt der Tagesordnung ist in der Annahme angesetzt worden, daß eine Aussprache nicht notwendig ist. Es soll aber nun doch debattiert werden. Das ist heute aus Zeitgründen nicht mehr möglich. Der Punkt wird deswegen im Einverständnis mit dem Haus abgesetzt.Wir behandeln nun die Punkte 5 bis 9 der Tagesordnung. Zunächst soll der Punkt 7 :begründet werden. Anschließend werden die Tagesordnungspunkte 5, 6, 8 und 9 gemeinsam begründet, und dann wird die Aussprache eröffnet.
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Vizepräsident Dr. DehlerIch rufe zunächst den Punkt 7 der Tagesordnung auf:Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP betr. Besoldungsreform— Drucksache V/271 —Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Wagner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der CDU/ CSU habe ich die Ehre, den Antrag zur Besoldungsreform — Drucksache V/271 — zu begründen. Zu Punkt 1 des Antrages muß ich in Ihre Erinnerung zurückrufen, daß der Deutsche Bundestag ausgangs der letzten Legislaturperiode aus der Regierungsvorlage eines Vierten Änderungsgesetzes beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften die neue Ortszuschlagstabelle und die Verbesserungen der Kinderzuschlagsregelungen herausgelöst und verabschiedet hat. Im übrigen hat er die in unserem Antrag zitierte Entschließung gefaßt, die das Ersuchen an die Bundesregierung enthielt, in Fortführung der Vorlage zum Vierten Änderungsgesetz die anstehenden und nicht mehr behandelten Punkte einer befriedigenden Lösung zuzuführen. Die weiterhin mit der Entschließung erbetenen Maßnahmen zur Besoldungsanpassung sind durch das unlängst verabschiedete Fünfte Besoldungserhöhungsgesetz, soweit es der Haushalt zuließ, bereits erfüllt worden. Wir sind davon überzeugt, daß die Bundesregierung der Entschließung des Deutschen Bundestages loyal nachkommen wird.Wenn wir heute diese Entschließung noch einmal zum Gegenstand unseres Antrages gemacht haben, dann deshalb,
weil wir auf die Dringlichkeit dieser Maßnahmen hinweisen wollten und, Herr Kollege Schmitt-Vokkenhausen, weil wir darüber hinaus hoffen, daß das Bundeskabinett in einer Grundsatzentscheidung positiv dazu Stellung nehmen und in das neue Fünfte Änderungsgesetz zusätzliche Verbesserungen der Besoldungsvorschriften, die in erster Linie sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen, aufnehmen wird.Zu Punkt 2 unseres Antrages. Am Ende der letzten Legislaturperiode hat der damalige Bundesinnenminister Höcherl unter dem Stichwort „Besoldungsreform" Vorstellungen über eine Neuordnung des Besoldungswesens entwickelt, die die Zustimmung der Beamtenorganisationen gefunden haben. Eine aus Experten zusammengesetzte Kommission im Bundesinnenministerium hat auf der Grundlage dieser Vorstellungen weitere Vorarbeit geleistet.Ausgangspunkt dieser Bemühungen war die Erkenntnis, daß das mit dem Bundesbesoldungsgesetz aus dem Jahre 1957 eingeführte System nicht mehr durch einzelne punktuelle Maßnahmen weiterentwickelt werden kann. Seit 1957 sind in diesem Besoldungssystem so zahlreiche Änderungen vorgenommen worden, daß die innere Systemgerechtigkeit bedroht ist. Weitere Änderungen würden diese Spannungen in Zukunft noch erhöhen.Aber zur Forderung nach einer Besoldungsreform hat auch die Erkenntnis beigetragen, daß die traditionelle Aufgliederung der Gehaltsbestandteile modernen Anforderungen nicht mehr entspricht. Vor allem dadurch, daß sich im Gesamtbereich der Bundesrepublik die Lebenshaltungskosten weitgehend angeglichen haben, wird die Aufteilung der Bezüge in das mehr leistungsbezogene Grundgehalt und in den mehr vom Alimentationsprinzip beherrschten Ortszuschlag überflüssig.Bei der Besoldungsreform sollte auch eine dritte Erwägung Platz greifen, nämlich die, daß das Besoldungsrecht entscheidender Vereinfachung bedarf. Die Frage des Ortszuschlages ist dazu ein Teilstück; aber darüber hinaus ist eine Prüfung weiterer Instrumente des Besoldungsrechts nach unserer Auffassung angebracht. Beispielsweise kann man hier die Frage stellen, ob nicht ein einfacherer Weg zur Berücksichtigung des Lebens- und Dienstalters des Beamten als das jetzige System der Festsetzung des Besoldungsdienstalters gefunden werden kann. Weiter muß man fragen, ob es auch in Zukunft noch angebracht ist, das Hinausschieben des Besoldungsdienstalters bei einzelnen Beförderungsvorgängen weiter beizubehalten.Meine Damen und Herren, die Länder haben mit der Regelbeförderung einen Weg beschritten, mit dem aus Besoldungsgründen das Prinzip der Zuweisung eines Amtes im Sinne der Übertragung eines bestimmten Aufgabenbereiches, einer abgegrenzten Verantwortlichkeit gelockert wird. Bei der Besoldungsreform sollten wir ernsthaft prüfen, ob man an Stelle der Regelbeförderung nicht besser Differenzierungen innerhalb einer Besoldungsgruppe einführen sollte; denn nach bisheriger Übung sind Zuweisung eines Amtes und damit die automatische Einweisung in eine Besoldungsgruppe aufs engste miteinander verbunden.Das in diesem Punkt des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP verfolgte Anliegen ist, die Bundesregierung zu bitten, die Vorstellungen über die Besoldungsreform zu konkretisieren und auszusagen, ob sie den Weg, den Bundesminister Höcherl vorgeschlagen hat, auch weiter begehen will. Nur so kann für die Beamten der Weg in die Zukunft deutlich gemacht werden.Nach dem Zeitplan für die Besoldungsreform fragen wir deshalb, weil diese Maßnahmen erhebliche finanzielle Auswirkungen nach sich ziehen werden. Bei einer langfristigen Vorausschau für die nächsten Jahre müssen die zu ergreifenden Schritte in die Haushaltsberechnungen und Vorberatungen einbezogen werden. Damit wird aber gleichzeitig eine Aussage darüber gemacht, welcher Rang einer geordneten und angemessenen Beamtenbesoldung zugemessen wird.Zu Punkt 3. In diesem Hohen Hause ist Übereinstimmung in der Frage erzielt worden, daß innere Besoldungsgerechtigkeit auch Besoldungsharmonie in Bund und Ländern bedingt. Wir haben uns des öfteren darum bemüht. Sinn und Zweck unseres
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WagnerAntrages ist es, die Bundesregierung nochmals zur Überprüfung aller Möglichkeiten in diesem Bereich anzuregen. Wir gehen hierbei davon aus, daß der Begriff Besoldungsharmonie zwei Dinge umfaßt, nämlich einheitliche Besoldung und einheitliche berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Wir sind der Meinung, daß der Zeitpunkt, zu dem eine neue Konzeption für die künftige Gestaltung des Besoldungsrechts vorgelegt wird, im besonderen Maße geeignet ist, ein Gespräch zwischen Bund und Ländern über die Harmonisierung im Bereich der Besoldung des öffentlichen Dienstes zu führen.Meine sehr verehrten Damen und Herren, namens der Fraktion der CDU/CSU bitte ich Sie, unseren Antrag dem Innenausschuß zur Beratung zu überweisen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5, 6, 8 und 9 auf:
5. Beratung des Antrags der Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, Gscheidle, Wilhelm, Collet, Gertzen, Haar , Hansing, Kunze, Lautenschlager, Frau Renger, Schonhofen, Urban und der Fraktion der SPD
betr. Studienkommission zur Ausarbeitung
von Vorschlägen für das Beamtenrecht
— Drucksache V/181 —
6. Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. einheitliche Richtlinien zur Bewertung der Dienstposten und über Harmonisierung der Stellenpläne
— Drucksache V/185 —
8. Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Abschlußgesetz zur Gesetzgebung zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes
— Drucksache V/184 —
9. Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Abschlußgesetz zur Gesetzgebung nach Artikel 131 GG
— Drucksache V/183 —
Die Anträge werden einheitlich begründet. Gleichzeitig zur Stellungnahme zu Punkt. 7 hat das Wort der Abgeordnete Gscheidle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die hier zur Verhandlung stehenden Punkte haben nicht unbedingt einen inneren Zusammenhang, aber sie betreffen alle das öffentliche Dienstrecht, und es sind mehr zeitökonomische Gründe, die uns heute veranlassen, das alles zusammenzuziehen.
Zunächst erscheint es mir wichtig, doch darauf hinzuweisen, daß es bei einer solchen zusammengefaßten Debatte für jeden Diskussionsredner nicht sinnlos ist, frühere Debatten einmal kurz zu überfliegen, inwieweit man frühere Stellungnahmen noch vortragen, sich darauf beziehen kann oder ob inzwischen andere Entwicklungen das eine oder andere überholt haben. Dieser Mühe habe ich mich unterzogen, und ich muß sagen, die SPD-Fraktion schneidet dabei nicht schlecht ab. Ob Sie zu dem gleichen Ergebnis kommen, weiß ich nicht. Ich darf Ihnen die Anführung jener Zitate im allgemeinen schenken, die mir beim Durchlesen aufgefallen sind; aber an einigen Punkten werde ich doch darauf hinweisen.Der jetzige Landwirtschaftsminister ist nicht mehr anwesend. Während seiner Amtszeit als Innenminister hat er ja die Meinung vertreten, daß die von uns vor Jahren dargestellte Gefahr der unterschiedlichen Entwicklung bei den Stellenplänen übertrieben sei; er meinte, von dort her drohe keine solche Gefahr.Meine Damen und Herren, das war einer der entscheidenden Irrtümer unter vielen anderen. Nicht daß wir sagen wollen, wir waren ganz frei von Irrtümern; wir haben uns auch einige Male geirrt. Aber in diesem Punkte glaube ich doch, daß wir rechtzeitig eine Gefahr für das gesamte öffentliche Dienstrecht gesehen haben. Sie werden sich sicherlich alle noch an jene Debatten um den Art. 75 erinnern, Änderung der Verfassung und dergleichen mehr; ich komme an anderer Stelle darauf zurück. Uns scheint, daß auch heute noch nicht voll akzeptiert wird, daß die Einheitlichkeit des öffentlichen Dienstrechts allein mit der Änderung des Art. 75 nicht zu schaffen ist. Sehen Sie, die einfache Kontrollfrage, die Sie sich stellen können, ist: Hätten wir denn heute nicht den beklagenswerten Zustand im öffentlichen Dienstrecht, wenn wir den Art. 75 geändert hätten? Dazu ist es wichtig, einmal nachzulesen: Wie war es denn seinerzeitig mit der Änderung von Art. 75? Mit der Einführung von Mindest- und Höchstbeträgen, meine Damen und Herren, hätten wir es nicht gehalten. Das ist unstreitig. Wir haben im Augenblick im öffentlichen Dienst eine große Unzufriedenheit — ich glaube nicht, daß hier jemand ist, der das bestreiten wollte —, und zwar einfach deshalb, weil sich die Beförderungsmöglichkeiten und auch die Anstellungsmöglichkeiten unterschiedlich entwickelt haben. Es ist doch ganz interessant, die Frage zu stellen: Warum haben sie sich denn so unterschiedlich entwickelt? Wir sagen — und wir sagen das nicht zum erstenmal —: Das war ein Ausweichen im Hinblick auf eine unterbliebene Besoldungsanpassung auf andere nicht adäquate Mittel innerhalb des Dienstrechts.Es ist nicht nur dieser Punkt. Es wird in Ihrem Antrag auch von einer Vereinfachung gesprochen; ein Grundsatz, der in den Diskussionen des Innenausschusses nie umstritten war. Eine solche Vereinheitlichung und Vereinfachung stößt doch in der Diskussion laufend auf neues Dienstrecht. Wenn wir untersuchen, warum dieses — beinahe hätte ich gesagt — Unkraut gewachsen ist, dann doch deshalb, weil man in der Besoldung nicht vorankam.
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GscheidleDa hat man hier noch ein Zulägelchen und dort noch etwas geschaffen usw.Wir beklagen heute alle diese Entwicklung. Es war ja nun nicht nur die Entwicklung der Stellenpläne, sondern Sie werden sich noch an jene Diskussion über die Einführung einer Besoldungsordnung L erinnern. Ich sehe Herrn Dorn hier. Herr Dorn hat davon gesprochen: Das ist ein Dammbruch, wenn wir die Lehrer herausnehmen. Wir sind noch heute fest davon überzeugt, Herr Dorn, das war falsch gesehen. Wer in eine Besoldungsordnung A und B, die ihre Systematik und ihre Entwicklung hat, die für Laufbahnbeamte geschaffen wurde, versuchen will, Beamte hineinzunehmen, die nach ihrer Vor- und Ausbildung und nach ihrer Aufgabenstellung Nichtlaufbahnbeamte sind, der bringt Sprengstoff in die Besoldungsordnung A hinein. Sie dürfen nicht nur die Entwicklung in den Ländern sehen. Sehen Sie, es ist doch erschreckend, zu hören, daß die Diskussion nunmehr bereits darüber geführt wird, ob der Volksschullehrer nach A 13 gebracht werden soll. Wo ist denn der Punkt, den Sie zeitlich und im Besoldungsrecht fixieren wollen, an dem Sie die ganzen Dinge in eine Ordnung, nämlich in eine Ordnung zu diesem Punkt, bringen?Wir bemühen uns — gemeinsam, darf ich durchaus sagen —, in der Anpassung der Stellenpläne des Bundes den davonlaufenden Ländern nachzukommen. Wir rennen mit hängender Zunge hinterher. Welche Vorstellungen wir auch entwickeln, ob es nun ein Dreistufenplan oder ein Zweistufenplan ist, — in dem Augenblick, wo wir einen solchen Plan erfüllt haben, sind die Länder wieder weitergelaufen. Das ist etwas, was uns sicherlich in gleichem Maße wie Sie beunruhigt. Denn unter dem Strich ist es doch mehr als fraglich, ob es den Staat billiger kommt, auf diesem Umwege eine Befriedigung der Wünsche seiner Bediensteten zu versuchen — in diesem Falle wird es gar nicht erreicht — oder aber von vornherein zu erkennen, daß, wenn sich die Einkommensentwicklung so gestaltet hat, daß der öffentliche Dienst angepaßt werden muß, dies auch getan werden muß. Der öffentliche Dienst muß nicht führen. Die Anpassung muß nicht sofort erfolgen. All das sind Dinge, über die man auf Grund der Haushaltssituation und der Gesamtverantwortung reden kann. Aber die Unterlassung einer notwendigen Besoldungsanpasssung führt zu verquollenen Lösungen, die unter dem Strich gleichviel kosten, aber bei den Beamten eine enorme leistungshemmende Wirkung durch die ständige Diskussion und Unruhe nach sich ziehen.Was ist denn das Ergebnis dieser von den Ländern kommenden Bündelung der Eingangsgruppen? Sie können nicht mehr nach dem Inhalt der Amtsgeschäfte in Eingangs- und Beförderungsgruppe differenzieren. Damit stellt sich sofort die Frage, wie sie den Aufstiegsbeamten aus der darunterliegenden Laufbahngruppe behandeln wollen. Auch den können Sie dann logischerweise nur noch schlecht nach dem Amtsgeschäft differenzieren. Dann haben Sie im Verlauf der Entwicklung sofort eine Verzahnung von zwei Besoldungsgruppen. Hinzu kommt, daß Sie einen gewissen Inflationswert in ein Beförderungsamt gebracht haben. „Sie" ist jetzt kein Vorwurf an diese Seite des Hauses , sondern ich meine „Sie" im Sinne von „wir". Wir schaffen damit einen Inflationswert auf die Entwicklung bezogen. Sehen Sie, ein Oberregierungsrat a. D. kann durchaus ein Mann sein, der etwas Überdurchschnittliches geleistet hat, der aber in seinem Beruf nicht mehr hat erreichen können, als Oberregierungsrat zu werden.
Bei dieser Entwicklung, Herr Brück, ist dieser Mann doch, ob er a. D. ist oder ob er sich im 65. Lebensjahr befindet, einfach deshalb unzufrieden, weil er erkennt, wie ein Amt, das er mit vielen Versetzungen und sehr viel Leistungswillen erreichen konnte, heute etwas ist, was man sozusagen nach Zeitablauf automatisch erreicht. Wir kommen damit in die Problematik der sogenannten strukturellen Überleitung hinein. Ist eine solche Stellenplanumgestaltung mit ihrer Beförderungauswirkung nicht Anlaß zu strukturellen Überleitungsmaßnahmen? Sind wir dieser Meinung, dann kommen wir in die Problematik des 131er-Gesetzes hinein. Die 131 er können wir dann nicht hängen lassen.Wenn wir uns das alles überlegen, ist doch die Frage zu stellen: Wo fangen wir das überhaupt ein? Eine interessante Frage! Wir könnten hier Vorstellungen dazu entwickeln. Wir sind aber der Meinung, hier sollte man nicht in eigener Küche etwas brauen, sondern, wenn irgendwie möglich, versuchen, in einer Diskussion miteinander Grundsätze zu entwickeln, eine politische Zielvorstellung auszudiskutieren, nach der dann die zuständigen Ministerien weiterarbeiten und Vorlagen erstellen könnten. Wichtig erscheint uns auf jeden Fall die Erkenntnis, daß für die Zukunft jeder Faktor, der das öffentliche Dienstrecht beeinflußt, wegen der Wirkungen auf lange Sicht ausdiskutiert werden und ein adäquates Mittel für seine Beantwortung gesucht werden muß. Einkommensentwicklungen in der freien Wirtschaft können nur durch Besoldungsanpassungen beantwortet werden und nicht durch Verbesserung der Beförderungsverhältnisse.Wie stark hier der Inflationswert geworden ist, kann ich Ihnen an einem Inserat deutlichmachen. Ich hatte vor einigen Tagen in Stuttgart Gelegenheit, in einer Zeitung unter „Stellengesuche„ zu lesen: „Junger, leistungswilliger Verwaltungsfachmann sucht verantwortungsvollen Posten in der Industrie ." Er hat die Ochsentour im öffentlichen Dienst satt. Sehen Sie, das ist eine Vorstellung, die hier so wächst, und Sie müssen sich darüber klar sein: die bestimmenden Faktoren — —(Abg. Dorn: Das war aber eine anständigeTour, mit 29 Jahren!)— Natürlich! Aber, Herr Dorn, deshalb nehme ich doch das Beispiel. An diesem Mann wird deutlich, was hier als Beförderungswelle laufend hervorgekommen ist und wie die Exspektanzen für eine Beförderung sich laufend dadurch verändern. Es warGscheidledoch die normale Exspektanz, wenn ich das sagen darf, in einer Verwaltung nach dem 50. Lebensjahr Amtmann zu werden. Das war vor Jahrzehnten eine Spitzenstellung. Jetzt ist es das nicht mehr. Sie kommen aus diesem Kreis nicht heraus, wenn Sie nicht einen mutigen Schritt machen, weil der Mann, der jetzt auf Grund der Stellenvermehrungen seine Möglichkeit, in die zweite Beförderungsgruppe befördert zu werden, mit dem 35. Lebensjahr sieht. Wenn Sie den Stellenplan die nächsten zehn, zwanzig Jahre lassen, pendelt sich das wieder in ein Durchschnittsalter bei 40 bis 45 Jahren ein. Sie haben aber den Druck der Beamten, die auf diese einmalige Situation der sogenannten Beförderungsaktion hinweisen. Und dann kommen Sie in den Teufelskreis, laufend die Exspektanzen halten zu müssen, indem Sie laufend die Stellenschichtungen ändern.
— Stimmt im übrigen nicht, Herr Berg. Aber damit wir nicht falsch diskutieren — ich hatte es vorher schon gesagt —: „Sie" ist in diesem Zusammenhang im Sinne von „wir" gemeint und bezieht sich auf diese Entwicklung.
— Natürlich; selbstverständlich! Ich will ja auch nur versuchen, das darzustellen, um es hinterher leichter zu haben, alle jene Anträge hier kurz begründen zu können.Wir kommen bei all diesen Überlegungen zu dem Ergebnis, daß die allseitig geforderte Einheitlichkeit des öffentlichen Dienstrechts mehrere Maßnahmen notwendig macht. Man muß sich einmal darüber klar werden: wie kann ich einen Amtsinhalt möglichst objektiv im Hinblick auf die notwendige Eingruppierung in die Besoldungsordnung erfassen? Und zum anderen darüber: wie kann ich für den Bund, für die Länder und für die Gemeinden an Arbeitsbeispielen Orientierungspunkte für die Eingruppierung setzen? Zunächst: Was ist mittlerer Dienst, gehobener und höherer Dienst, und dann innerhalb dieser einzelnen Laufbahngruppen: Was sind Eingangsämter, was sind Beförderungsämter, was sind Spitzenämter? Das wurde hier oft angeregt. Wir haben uns die Mühe gemacht, einen sehr detaillierten Vorschlag zu machen. Er ist untergegangen. Man hat gesagt: „So ins Detail wollen wir nicht gehen. Wir machen eine Anregung. Das wird dann schon gemacht." Wenn ich nicht irre, hat der frühere Innenminister gesagt, die Kommission, die hier den Auftrag hat, ist zügig am Arbeiten, und demnächst liegen Ergebnisse vor.
— Zumindest ist die Zeitfixierung natürlich so unbestimmt, daß er sagen kann: Ich habe es nicht „früher" versprochen, wenn es noch nicht da ist. Wir waren natürlich der Meinung, dieses „demnächst" ist in Anbetracht der Unruhe etwas, was vor Jahren vorgelegen hätte, zumindest für eine Diskussion mit den Ländern.Ein zweiter Punkt ist: Man muß sich darüber im klaren sein, daß bei dieser Entwicklung einigeGrundfragen des Beamtenrechts einer neuen Grundsatzdiskussion bedürfen. Das ist nämlich die Frage: Inwieweit ist es richtig, für den gesamten öffentlichen Dienst, Kommunen, Länder und Bund zu sagen, die Schichtung in den einzelnen Planstellen und damit die Beförderungsmöglichkeiten müßten überall gleich sein? Erste Frage: Ist es richtig, daraus zu folgern, daß sich bei den Betriebsverwaltungen Bahn und Post die Beförderungsverhältnisse im höheren Dienst aus einem Vergleich zum Durchschnitt der Stellenpläne in den Ländern ergeben müssen? Zweite Frage: Ist es überhaupt gerecht, zu sagen, die Beförderungsverhältnisse innerhalb einer obersten Bundesbehörde — beim Zoll, bei der Finanzverwaltung, im Auswärtigen Amt oder sonstwo — müssen vergleichbar zueinander sein?Wir diskutieren doch in zwei Richtungen. Wir sagen einmal, wir wollen eine Bewertung der Amtsgeschäfte, so daß jeder entsprechend den Anforderungen, die an ihn gestellt werden, auch als Beamter eingestuft wird. Das ist eine Betonung des Leistungsprinzips vom Amtsinhalt her. Auf der anderen Seite diskutieren wir das Laufbahnprinzip und sagen: das muß aber alles gleich sein, und da, wo der einzelne mit dem Gedanken des Amtsinhalts nicht weiterkommt, hilft ihm vielleicht der Vergleich zu anderen Behörden. Das muß ausdiskutiert werden. Man kann doch nicht einmal so und einmal so fahren.Das sind wichtige Fragen, und so gäbe es noch mindestens acht solche Fragen hier zu entwickeln. Wir sind der Meinung, dafür wäre eine Studienkommission richtig, die sich zusammensetzt aus Leuten, die Verwaltungspraxis haben, also aus den Ministerien — natürlich dem Innenministerium —, dem Bundesrechnungshof, dem Bundespersonalausschuß, weiter Leuten aus den Spitzenorganisationen, die sehr detaillierte Vorstellungen dazu haben und die gleich mit in die Diskussion und damit in die Verantwortung genommen werden sollten, damit nicht jeder für sich sein Süppchen kocht, dazu Vertretern aus Lehre und Rechtsprechung. Das war unser früherer Vorschlag.Vielleicht haben einige von Ihnen den Gedanken: Was soll das, die SPD-Fraktion bringt wieder ihre alten Anträge, sie legt sie jetzt neu vor. Aber beim Durchlesen auch der Debatte über unseren alten Antrag zeigt sich, er war damals gut, und er ist heute noch gut. Es gab damals eine Diskussion, ob für die benennende Behörde nicht das Innenministerium zuständig sei, ob unser Vorschlag der Koordinierung mit den Ländern so richtig sei, und dergleichen mehr. Darüber kann man reden, das ist nicht der Kernpunkt der Angelegenheit. Der Kernpunkt ist doch, ob die Zustände im öffentlichen Dienstrecht uns nicht veranlassen müssen, einer solchen Kommission eine solche umfassende Aufgabe zu stellen, damit wir eine Grundlage haben.Sie werden antworten — vielleicht tut es der Herr Innenminister nachher —: Wir haben ja eine solche Kommission, die Kommission Bund/Länder. Sie unterzieht sich dieser Aufgabe, sie arbeitet daran. Wir bezweifeln nicht die Qualifikation der Herren, die in dieser Kommission tätig sind. Aber wir sind doch
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1014 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Gscheidlealle so lebenserfahren, zu wissen, daß es ein Unterschied ist, ob ich eine Kommission bilde aus leitenden Herren des federführenden Bundesministeriums und der federführenden Ministerien in den Ländern, die weisungsgebunden neben ihren allgemeinen Amtsgeschäften dies tun müssen und die von ihrem Beruf her verständlicherweise mehr am überkommenen Recht kleben — ich meine das durchaus nicht negativ, ich meine es im positiven Sinne der Kontinuierlichkeit der Entwicklung des Beamtenrechts —, oder ob ich es sozusagen freigestellten, losgelösten, nicht weisungsgebundenen Herren übertrage. Das ist unsere Meinung.Herr Wagner, Sie hören so freundlich zu. Deshalb darf ich — ganz freundschaftlich gemeint — zur Begründung der Wiedereinreichung unseres alten Antrags Sie zitieren. Sie hatten damals als Gründe, warum man das nicht tun sollte, eine Reihe von Punkten genannt, über die man reden kann. Interessant aber war Ihre Schlußbemerkung — ich zitiere —:Die Forderung, eine besondere Studienkommission einzusetzen, ist nach unserer Auffassung nur dann gerechtfertigt, wenn entweder der Sachverhalt völlig unübersichtlich geworden ist, wenn die Grundlagen sich entscheidend geändert haben oder wenn über den einzuschlagenden Weg in der Gesetzgebung keine Vorstellungen bestehen.Herr Wagner, ich nehme nicht an, daß Sie jetzt hingehen und sagen: jawohl, das ist heute so weit. Aber eins werden Sie mir sicherlich zugeben — so weit kennen wir uns —, und bezogen auf den damaligen Zeitpunkt und die damalige Situation und auf den heutigen Zeitpunkt und die heutige Situation werden auch Sie nicht umhin können, zu sagen: Es ist unübersichtlicher geworden, weil wir einfach an einige Kernpunkte des Laufbahnrechts, an einige Kernpunkte des Beamten- und des Besoldungsrechts stoßen, wo wir Entscheidungen brauchen, und es wäre im Sinne der Sache, im Sinne einer Lösung auf lange Zeit, wenn dazu eine Vorarbeit durch eine unabhängige Kommission geleistet würde.Darf ich mir nun gestatten, gleich auf Ihren eigenen Antrag einzugehen. Sie haben ihn gut begründet; aber Sie haben natürlich bei Ihrer Begründung — wofür ich Verständnis habe —, auch bei der Zitierung des Entschließungsantrages, auf den Sie sich unter Punkt 1 beziehen, die einleitenden Bemerkungen weggelassen. In diesem Entschließungsantrag heißt es: sofort einzubringen nach der Wahl des neuen Bundestages. Mit der Einbringung Ihres Antrags unter Punkt 1 setzen Sie sich doch zumindest der Gefahr aus, daß man meint, Sie glaubten nicht, daß Ihre Regierung es entsprechend einem Entschließungsantrag auch sofort macht. Sie sagen einfach: Es erscheint uns notwendig, da einmal Druck auszuüben. Mein Freund Schmitt-Vockenhausen hat durch Zwischenruf schon seine Bemerkung dazu gemacht.Im zweiten Punkt fordern Sie etwas, was Sie im ersten Punkt schon haben. Unter Punkt 2 IhresAntrags wollen Sie die Grundzüge und den Zeitplan l festlegen. Auch daran sind wir interessiert.
— Das ist auch eine Erklärung.Der zweite Teil des Punktes 2 fordert die Regierung auf, gleichzeitig dem Parlament einen Gesetzentwurf zuzuleiten, mit dem das Besoldungsrecht in Richtung auf diese Reform weiterentwickelt wird. Sie haben bei Ihren eigenen Ausführungen — wenn Sie es nachlesen, werden Sie es bestätigen — zur Begründung Ihres Punktes 1 soviel hineingepackt, daß für Ihre zweite Forderung nichts übrigbleibt. Wenn die Bundesregierung dem nachkommt, was Sie unter Punkt 1 gefordert und erläutert haben, können Sie den Punkt 2 nicht aufrechterhalten.
— Gut, im Zweifel kann man sich über einen Stufenplan einigen.In Punkt 3 kommen Sie zu Vorschlägen für die Vereinheitlichung zum gleichen Zeitpunkt. Um es vorab zu sagen: Wir stimmen diesem Antrag zu. Die Anträge gehen nun alle in den Innenausschuß.Ich wollte nur darauf hinweisen: Sie haben zur Begründung des Punktes 1 soviel an übereinstimmenden Grundsätzen, die im Ausschuß für Inneres mit erarbeitet wurden, vorgetragen, daß im Punkt 2 der zweite Satz keine Bedeutung mehr hat. Es wird für 'die Bundesregierung 'schwer sein, neben dem Punkt 1 noch das unter Punkt 2 vorzulegen.
— So? Das habe ich nicht gehört. Aber ich werde es nachlesen.Bei Punkt 3 meinen wir, wir müßten neben unserer Studienkommission noch mehr bringen. Deshalb haben wir unseren Antrag zur Vereinheitlichung mit Hilfe eines Verwaltungsabkommens wieder eingebracht. Es ist nicht unsere Aufgabe, hier für die Bundesregierung Konzeptionen zu entwickeln. Nur für den Fall, daß Sie später einmal sagen, wir hätten keine gehabt, will ich Ihnen eine andeuten. Unseres Erachtens müßte die Bundesregierung sich darüber im klaren sein: Wenn sie die Einheitlichkeit des öffentlichen Dienstrechtes will, bedarf es eines sehr mutigen Schrittes, sich nämlich wieder an die Spitze der Entwicklung zu setzen. Das ist etwas, was Geld kosten wird.
— Ich komme auf Ihre Frage, die ich dahinter vermute, Herr Brück, zu sprechen. — Das bedeutet, Sie müssen mit den Ländern in einer freiwilligen Vereinbarung zunächst einen Zeitpunkt fixieren. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen sich sowohl die Länder als auch der Bund verpflichten, in dienstrechtlichen Fragen — ausgenommen Besoldungsanpas-
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Gscheidlesungen, die tunlichst ebenfalls gemeinsam vorzunehmen wären — keine Regelung zu treffen, die über eine bereits getroffene maximale Regelung auf diesem Gebiet hinausgeht. Bis zu diesem Zeitpunkt X müßte die Bundesregierung eine in sich logische und gerechte Konzeption über das gesamte Dienstrecht in Zusammenarbeit mit den Ländern vorlegen können. Zu diesem Zeitpunkt gilt es nun, Vorsorge zu treffen, daß sich von dann an nicht wiederholen kann, was in der Vergangenheit zu diesen betrüblichen Entwicklungen geführt hat.Unseres Erachtens ist schwergewichtig der Versuch, zu einheitlichen Richtlinien für die Bewertung von Amtsgeschäften zu kommen und zum andern der Versuch, einheitliche Richtlinien für die Aufstellung von Organisations- und Stellenplänen zu erstellen. Hier ist verfassungsrechtlich nichts zu machen. Wir greifen in die Organisationsgewalt, in das Haushaltsrecht der Länder ein. Hier können die Länder nur freiwillig auf etwas verzichten, in einer gegenseitigen vernünftigen Regelung durch Verwaltungsabkommen, oder wie immer das in der Diskussion letztlich als rechtliche Möglichkeit stehen wird, sich einem sachlich überzeugenden Gesichtspunkt der Einheitlichkeit im Dienstrecht zu unterwerfen.Dann kommt auch die Frage des Art. 75. Ich vermute, darauf bezog sich Ihr Zwischenruf, Herr Kollege Brück. Sie können alle unsere Aussagen zu Art. 75 nachlesen, Sie werden immer feststellen: wir haben nie nein gesagt. Wir haben immer nur gesagt: Art. 75 allein schafft Ihr Ziel nicht. Der Art. 75 allein — im Wissen, daß er nicht ausreicht — legt einen Verdacht nahe, in der Öffentlichkeit und im Parlament. Ich darf nur an die Ausführungen meines Freundes Schmitt-Vockenhausen erinnern, der in humorvoller, aber treffender Weise gesagt hat: solange nur der Bremser Lokomotivführer werden will — in der Besoldungssache —, ist das, politisch gesehen, eine schlechte Sache. Wenn es sich um die Einheitlichkeit im Dienstrecht handelt, ist auch das eine eventuell notwendig werdende Konsequenz, — aber nur im Zusammenhang mit dem anderen, nur unter der Voraussetzung, daß das andere gelöst ist. Sonst wird es nicht wirksam.Eine ganz ernste Bemerkung noch; ich will mich bemühen, die Zeit genau einzuhalten, die man mir eingeräumt hat. Der Bund muß sich darüber im klaren sein, dieser mutige Schritt, den wir von ihm fordern, ist im Augenblick — ich vereinfache das jetzt, nur um das deutlich für denjenigen zu machen, der nicht mit dem Beamtenrecht zu tun hat — noch möglich. Jetzt könnten wir es noch schaffen, indem wir sagen: Gut, diese Beförderungsaktion ist eine Besoldungsmaßnahme geworden, dann wenigstens eine gerechte! Jeder bei gleichem Amtsinhalt um eine Gruppe höher, dann aber auch nicht scheuen vor dem Übergang aus der Besoldungsordnung A zu B und nicht den höheren Dienst auf der Strecke lassen. Der höhere Dienst hat ohnedies durch die Entwicklung nivellierender Tendenzen, die ihre Berechtigung hatten, teilweise gelitten. Wenn diese Beförderungsmaßnahme, die als Besoldungsersatz gilt, vor dem höheren Dienst haltmacht — und das ist zur Zeit der Fall —, dann ist das eine doppelte Benachteiligung des höheren Dienstes. Sie kennen die Unruhe der Staatsanwälte und der Richter, die berechtigte Unruhe einer anderen Gruppe. Hier muß man sehen, daß berechtigt Klage geführt wird. Hier muß etwas getan werden. Es ist falsch, im einfachen, mittleren und gehobenen Dienst Maßnahmen zu beschließen und im höheren Dienst Angst zu haben, von A 16 nach B 3 zu gehen. Dann muß man eben B 3, wenn Sie wollen, besoldungsrechtlich zu A 17 machen. Und wenn man das gehabt hat, schneidet man unten wieder ab, und dann hat man es eingefangen. Macht es der Bund nicht in den nächsten zwei Jahren, dann ist der Preis, den der Bund zu zahlen hat, daß er um zwei Beförderungsgruppen heraufgeht, um den gleichen Effekt zu haben. Macht er es nicht in den nächsten fünf, sechs Jahren, dann — davon bin ich mit meinen Freunden fest überzeugt — ist der Preis im öffentlichen Dienst, daß Sie die Dienstbezeichnungen streichen müssen, weil sie dann jeglichen Sinn verloren haben. Da möchten wir doch warnen. Da möchten wir doch bitten, in der Zusammenarbeit im Innenausschuß — das ist ein guter Ausschuß, das darf ich sagen — alles, was hier vorgetragen wird, einschließlich Ihres Antrages, nicht im Detail zunächst, aber in der großen Konzeption, auszudiskutieren, damit man weiß, wo es hingeht, damit nicht der eine wieder hier und der andere dort bastelt und die Länder, auf sich allein gestellt, wieder dies oder jenes versuchen.In den letzten zwei Minuten, die ich noch habe, habe ich einige Bemerkungen zur Begründung der Anträge betreffend die Schlußgesetzgebung zum BWGöD und zu Art. 131 zu machen. Ich kann mir vorstellen, Sie werden in der Diskussion nachher sagen: „Was soll das? Wir sind beim 131er-Gesetz und beim Wiedergutmachungsgesetz durch die Beschlüsse dieses Hauses — Haushaltssicherungsgesetz — zu dem Zeitpunkt, wo Sie die neue Vorlage wollen, mit dem Alten noch nicht herumgekommen." Richtig! Aber wenn wir uns, die wir den meisten Ärger im Ausschuß mit den Fragen hatten, überlegen, warum denn der eine oder andere Ärger so groß war, dann werden Sie doch nicht darum herumkommen, zuzugestehen, daß das mit dem Termin zusammenhing. Lassen Sie mich als ganz persönliche Meinung sagen: Wer immer in diesem Hause versuchen will, die Schlußgesetzgebung zu Art. 131 in den letzten Jahren der Legislaturperiode zu machen, der wird Entscheidungen hinnehmen müssen, die in einer ruhigen Stunde von seinem Sachverstand einer herben Kritik unterworfen werden.Unser Antrag ist ein politisch zu wertender Antrag. Wir wollen damit die Bundesregierung darauf aufmerksam machen, daß wir 20 Jahre nach Kriegsende eine Schlußgesetzgebung brauchen. Die Rangordnung auf der Tagesordnung ist nicht zufällig. An erster Stelle, noch vor der 131er-Gesetzgebung, steht die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes. Ist es 20 Jahre nach dem Krieg nicht eine berechtigte Forderung an die Regierung, eine Schlußgesetzgebung vorzulegen, damit die Opfer erkennen, welches die endgültige Regelung ist? Mit der Wiedergutmachung im öffentlichen Dienst hängt die
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GscheidleGesetzgebung zu Art. 131 zusammen. Deshalb die Forderung: macht auch hier eine Schlußgesetzgebung.Die Bundesregierung hatte die Absicht und sicherlich auch die Hoffnung, daß ihre letzte Vorlage die Schlußgesetzgebung wäre. Es ist nicht zu bestreiten, daß sie Härten enthält. Wer immer mit diesem Personenkreis zu tun hat, bekommt im Augenblick täglich Briefe. Zugegeben, viele davon hängen mit dem Haushaltssicherungsgesetz zusammen. Aber vieles ist auch nicht logisch begründet, so daß wir dem Petenten gegenüber nicht sagen können, sein Wunsch sei nicht berechtigt. Wir müssen zugeben, daß in diesem Gesetz Verzerrungen sind. Wir können sie nur erklären mit der politischen Entscheidung, die an die Haushaltslage gebunden war. Trotzdem müssen wir uns bemühen, die Verzerrungen herauszubringen.Der Sinn unseres Antrages ist also, a) eine Schlußgesetzgebung zu verlangen und b) darauf hinzuwirken, daß sie rechtzeitig vorgelegt wird, damit wir mit den Beratungen nicht wieder in das Ende der Legislaturperiode kommen, und c) wollte ich Ihnen den Zusammenhang zwischen den beiden Gesetzen darstellen. Ich danke Ihnen herzlich für die Aufmerksamkeit.
Wir bitten, all unsere Anträge dem Ausschuß für Inneres zu überweisen, damit sie dort in Zusammenhang mit dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion beraten werden können.
Wir fahren fort mit der Beratung der Punkte 5 bis 9. Das Wort hat Herr Abgeordneter Brück.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen! Meine Herren! Ich möchte für die Fraktion der CDU/CSU zu den Anträgen unter den Tagesordnungspunkten 6, 8 und 9 Stellung nehmen. Zu dem Antrag der SPD unter Tagesordnungspunkt 5 wird nachher noch mein Kollege Wagner das Wort ergreifen.Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Gscheidle zu einigen Grundsatzfragen wäre sehr viel zu sagen. Wir könnten bis zum späten Nachmittag diskutieren. Dabei wäre unsererseits nicht nur Kritik zu üben, sondern es würde sich herausstellen, daß unsere Meinungen in einigen Punkten zwar etwas voneinander abweichen, daß wir aber in anderen Punkten die gleichen Überlegungen anstellen.
— Ja, Herr Kollege Schmitt.Ich darf mit der L-Besoldung beginnen. Ich habe am Samstag mit erfahrenen Männern aus diesem Bereich zusammengesessen, die sich bereits in der Weimarer Zeit mit diesen Fragen beschäftigt haben. Da wurde z. B. die Frage erörtert, ob es richtig ist, die L-Besoldung einzuführen, also praktisch diesenPersonenkreis aus der Besoldungsordnung A herauszunehmen. Ich will jetzt gar nicht davon sprechen, ob dann nicht andere Gruppen wie z. B. die Steuerbeamten oder die Soldaten für sich das gleiche fordern würden. Aber wie soll die L-Besoldung denn aussehen? Es wurde gesagt — meines Erachtens nicht ganz zu Unrecht —: Wenn die Lehrerbesoldung der einzelnen Länder eine gewisse Einheitlichkeit aufweisen soll, müßte man zunächst einmal dafür Sorge tragen, daß die Ausbildungsvoraussetzungen der verschiedenen Länder einheitlich gestaltet werden; denn sonst würden sich aus der L-Besoldung in den verschiedenen Ländern wieder Differenzierungen ergeben. Ferner wurde in dem genannten Gespräch gesagt, es könnte sich vorläufig bestenfalls um Gruppenbesoldungen der Länder handeln insoweit, als in einigen Ländern eine gewisse Einheitlichkeit der Ausbildungsvoraussetzungen bestehe. Man sieht, die Dinge sind außerordentlich schwierig.Herr Kollege Gscheidle hat das Land Hamburg angesprochen. Natürlich werden in Hamburg jene Überlegungen angestellt. In anderen Ländern taucht das jetzt auch schon wieder auf. Ich muß Ihnen offen gestehen, diese Fragen sind sehr ernst. Aber das ist nur ein Beispiel.Ich komme nun zu Punkt 6 der Tagesordnung, nämlich dem Antrag betr. einheitliche Richtlinien zur Bewertung der Dienstposten und über Harmonisierung der Stellenpläne. Wir haben alle zu wiederholten Malen hier und an anderer Stelle ausgeführt, daß es durchaus richtig und sinnvoll wäre, wenn die Stellenpläne in stärkerem Maße harmonisiert würden. Wir streben diese Harmonisierung selbstverständlich an. Ich habe mich noch heute morgen, aber auch in den letzten Tagen und Wochen mit dieser Frage auch privat immer wieder beschäftigt. Sie hat schon vor Jahren eine Rolle gespielt, als wir nie daran dachten, daß wir uns einmal mit ihr beschäftigen würden, also zu einer Zeit, als ich jedenfalls noch ein ganz junger Mensch war. Alle Fachleute, die es auf diesem Gebiet gibt, die aus einer reichhaltigen Erfahrung einem noch etwas vortragen und zur Überlegung geben können, sagen, es sei enorm schwierig. Ich erkenne durchaus das gute Wollen des Kollegen Gscheidle an, und er weiß, daß das ein echtes Anliegen von uns allen ist. Ich bin mit ihm auch der Meinung, daß die Frage des Verwaltungsabkommens, die nun im Zusammenhang angesprochen ist, im Ausschuß einmal sehr ernsthaft diskutiert und daß überlegt werden sollte: Hat das Verwaltungsabkommen im letzten einen Zweck? Ich darf dazu fragen: Wer schließt das Verwaltungsabkommen ab? — Die Regierung. Frage: Müssen sich die Länder bzw. die Parlamente an solche abgeschlossenen Abkommen halten? In diesem Jahr haben wir mehrere Landtagswahlen. Dann kommt ein neues Parlament, es kommt eine neue Regierung.
— Ja, das habe ich auch einmal gefragt, Herr Kollege Schmitt. Man hat mir gesagt, auch der Staatsvertrag, selbst wenn er von den Parlamenten ratifiziert würde — das wäre ja das, was Sie gemeint
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Brück
haben, Herr Kollege Schmitt —, wäre nicht der Weisheit letzter Schluß. Ich bin verfassungsrechtlich nicht genügend orientiert, um das genau beurteilen zu können.
Herr Kollege Schmitt und auch Herr Kollege Gscheidle und alle übrigen sind sicher mit mir der Meinung: Wenn tatsächlich der gute Wille auf allen Ebenen vorhanden ist, könnte das ein Weg sein. Wir haben nur bis jetzt feststellen müssen, daß alles noch so gute Wollen immer wieder von irgendeiner Seite durchkreuzt worden ist. Wir sind selbstverständlich bereit, über diese sehr ernste Frage — sie ist wirklich sehr, sehr ernst zu nehmen — im Ausschuß zu diskutieren.Ich darf nur am Rande folgendes sagen. Im Innenministerium sitzen in der Beamtenabteilung immerhin zwei sehr hohe Beamte, die von einer Verwaltung kommen, wo man seit vielen Jahrzehnten beispielsweise ein ausgezeichnetes System der Dienstpostenbewertung exerziert hat. Diese Bewertung ist in ausgezeichneter Weise immer wieder fortentwikkelt worden. Sie gefällt nicht jedem, aber sie ist ein System, das nicht nur in unserem Lande, sondern auch außerhalb unseres Landes Anerkennung gefunden hat. Ich könnte mir vorstellen, daß die Sache verhältnismäßig einfach wäre und daß sich diese beiden erfahrenen Männer — ich darf ruhig die Namen nennen: Herr Ministerialdirektor Dr. Brockmann und Herr Ministerialdirigent Hering — sicherlich auch schon Gedanken darüber gemacht haben, ob man das nicht generell übertragen kann. Schön wäre es, Herr Kollege Gscheidle, wenn wir es endlich hinbekämen; darüber besteht, glaube ich, in diesem Hause keinerlei Meinungsverschiedenheit. Wir sind also durchaus bereit, bei allen Überlegungen, die zu der für uns alle sehr wichtigen Frage angestellt werden, mitzuhelfen, damit wir vielleicht zu besseren Verhältnissen als in der Vergangenheit kommen.In diesem Zusammenhang möchte ich, ohne jemandem eine Schuld vorwerfen zu wollen, ein Wort an alle — auch außerhalb dieses Hauses — richten. Hoffentlich trägt es mit dazu bei, daß alle der Sache einsichtig und wohlwollend gegenüberstehen, damit wir zu einem positiven Ergebnis gelangen.Nun, meine verehrten Damen und Herren, darf ich noch ein paar Worte zu den Tagesordnungspunkten 8 und 9 sagen, nämlich zum Abschlußgesetz zur Gesetzgebung zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes und zum Abschlußgesetz zur Gesetzgebung nach Artikel 131 GG. Man hat — quer durch alle Reihen — immer wieder versucht, diesen beiden Personengruppen auch im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Ich möchte den Antragstellern aber einmal folgendes sagen, und Herr Kollege Gscheidle hat es eben schon ganz kurz angesprochen. Ich — und ich darf hier auch im Namen der CDU/CSU-Fraktion sprechen — vertrete eigentlich eine Meinung, die auf guten, althergebrachten Grundsätzen beruht. Wenn man eine Sache ( konstruiert, in diesem Falle die Vierte Novelle zum 131 er Gesetz, sollte man sie doch auch, von der rechtlichen Seite her gesehen, erst einmal anlaufen lassen, um praktische Erfahrungen zu gewinnen. Das möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen.Zum anderen, meine Damen und Herren, müssen hier ja doch vier Gesetze gesehen werden, die noch nicht angelaufen sind, nämlich die Vierte Novelle, das Dritte Gesetz zur Änderung beamten- und besoldungsrechtlicher Vorschriften, das Siebente Änderungsgesetz zum BWGöD und das Soldatenversorgungsgesetz. Über die finanzielle Auswirkung des letzten Gesetzes möchte ich nicht sprechen. Die drei anderen Gesetze aber, die Siebente Novelle, das Vierte Änderungsgesetz zu Art. 131 und das Dritte Beamtenrechtsänderungsgesetz, haben doch ein finanziell nicht unbeträchtliches Volumen. Wir sollten auch hier erst einmal die finanziellen Auswirkungen abwarten, um zu sehen, was dann noch möglich ist. Wir können uns ja immer nur nach dem Möglichen richten.Lassen Sie mich dazu als Kölner noch ein Wort sagen. In diesen Tagen, wo das vaterstädtische Fest im Anmarsch ist, hören Sie jeden Abend, verehrter Herr Kollege Wehner,
— jeden Abend! — ein altes Karnevalslied von Jupp Schmitz, in dem es heißt: „Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?" Ich meine, das sollten wir bei aller Fröhlichkeit und Freude nie vergessen. Wir sollten auch hier daran denken, daß wir letztlich alles irgendwie honorieren müssen.
— Ja, das weiß ich, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen. Ich möchte nur im Interesse aller nicht — und das ist ehrlich gemeint; das soll in diesem Sinne kein Vorwurf sein —, daß neue Hoffnungen geweckt werden, ehe alte Verpflichtungen eingelöst sind. Das ist mein Anliegen.
Ich bitte Sie wie die anderen Diskussionsredner daher, die Anträge an den Ausschuß für Inneres zu überweisen, damit wir dort überlegen können, in welcher Form ihnen entsprochen werden kann.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dorn.
— Herr Abgeordneter Wagner, der Abgeordnete Dorn steht auf der Liste, die mir übergeben worden ist.
— Bitte, Herr Abgeordneter Wagner!
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1018 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der Antrag der Fraktion der SPD auf Einsetzung einer Studienkommission zur Ausarbeitung von Vorschlägen für das Beamtenrecht hat zunächst sicherlich etwas Bestechendes. Der Herr Bundesinnenminister hat auf Bühlerhöhe betont, ein solcher Vorschlag sei erwägenswert. Der Antrag der SPD ist nun nichts Neues. Ein wortgleicher Antrag lag dem Deutschen Bundestag in der letzten Legislaturperiode vor. Nach sehr sorgfältigen Ausschußberatungen haben sich damals die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP dafür entschieden, den Antrag abzulehnen.
Für unsere ablehnende Stellungnahme waren zwei Überlegungen maßgeblich.
1. Die Einsetzung einer Studienkommission ist nicht notwendig, weil eine vergleichende Übersicht über das europäische Beamtenrecht durch mehrere Untersuchungen europäischer Organisationen, durch wissenschaftliche Ausarbeitung im Auftrag der Beamtenverbände und durch eine Arbeitsgruppe im Bundesministerium des Innern vorliegt oder zu erwarten ist.
2. Die Forderung, eine besondere Studienkommission einzusetzen — der Kollege Gscheidle war so freundlich, diesen Teil meiner Argumentation schon zu zitieren —, könnte nur dann gerechtfertigt sein, wenn entweder der Sachverhalt völlig ungeklärt wäre oder wenn über den einzuschlagenden Weg beim Gesetzgeber keine Vorstellungen bestünden und wenn dieses Dilemma nicht durch Arbeiten des zuständigen Ressorts gelöst werden könnte.
Damals waren wir der Meinung, daß keine dieser beiden Voraussetzungen vorliegt. Nach unserer Auffassung gilt unsere damalige Begründung auch heute noch. Die Darlegungen der SPD-Fraktion im Ausschuß haben uns nicht überzeugt.
— Unsere Skepsis bleibt auch heute.
Dazu kommt ein Weiteres. Der Deutsche Bundestag hat in der Zwischenzeit eine beachtliche Zahl von Kommissionen beauftragt, auf den verschiedensten Gebieten entweder Vorschläge auszuarbeiten oder Gutachten zu erstellen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, .daß jede Stellungnahme einer solchen Kommission in irgendeiner Form auch den Weg beeinflußt, den wir nach unserer Entscheidung gehen wollen.
Ich bin der Auffassung, daß wir einen etwas gefährlichen Weg gehen, weil damit immer von Gruppierungen außerhalb des Parlaments Ziele gesteckt werden, die in erster Linie Aufgabe dieses Hauses und Aufgabe der Regierung sein sollten.
Ihre Feststellung, man müsse in diesem speziellen Fall eine Studienkommission einsetzen, begründen Sie vor allem damit, daß der Sachverhalt —
Beamtenrecht — ungeklärt sei und daß der Gesetzgeber keine klaren Vorstellungen über eine Bereinigung und Klarstellung entwickeln könne. Ich persönlich meine: ehe man ein solches Urteil fällt, sollte man sich zuerst einmal über die bisherigen Arbeitsergebnisse orientieren und sich vergewissern, ob diese Behauptung auch zutrifft. Deshalb bin ich dafür, daß der Herr Bundesinnenminister bei den Beratungen im Ausschuß Gelegenheit nimmt, das Ergebnis seiner Arbeitsgruppe erst einmal vorzutragen. Wenn uns dieses Ergebnis bekannt ist, sollten wir entscheiden, ob darüber hinaus die Einsetzung einer Studienkommission erforderlich ist.
Aus diesen Überlegungen heraus stimmen wir der Überweisung des Antrags an den Innenausschuß zu.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dorn.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme im Auftrag meiner Fraktion zu den Tagesordnungspunkten 5 bis 9 gemeinsam Stellung. Die Vorschläge, die der Kollege Gscheidle heute unterbreitet hat, sind zum Teil nicht ganz neu. Sie sind aber von Ihnen, Herr Kollege Gscheidle, sehr gescheit begründet worden. Darüber gibt es keinen Zweifel.
— Natürlich, deswegen haben wir ihn ja in unserem „blauen" Bericht von gestern ganz besonders erwähnt. Auch wir stimmen der Überweisung der einzelnen Anträge an den Innenausschuß zu. Dort werden wir uns über die Problematik unterhalten müssen.Ich bin mit dem Kollegen Gscheidle darüber einig, daß die Entwicklung im Besoldungsrecht, zum Teil auch im Beamtenrecht — aber ganz besonders im Besoldungsrecht — in .den letzten Jahren nicht sehr befriedigend gewesen ist. Auch ich bin der Meinung, daß eine nicht ganz durchdachte Besoldungspolitik der letzten Jahre mit der ganzen Veränderung des Stellenkegels und der Stellenplangestaltung uns die Unruhe gebracht hat. Von den Kommunen ausgehend — Herr Kollege Gscheidle, das werden Sie nicht bestreiten können — über die Landtage — dort allerdings mit differenzierten Auffassungen und Wertungen — haben wir uns mit dieser schwierigen Situation auseinandersetzen müssen. Ich habe acht Jahre lang im Landtag von Nordrhein-Westfalen für meine Freunde diese Dinge behandeln müssen. Wir haben uns immer wieder auch innerhalb des Landes mit besonderen Initiativen in bestimmten Bereichen des öffentlichen Dienstes auseinandersetzen müssen, die vor allen Dingen aus den Ländern Hessen und Hamburg kamen.Herr Kollege Gscheidle, Sie haben gesagt, man sollte vom Bund erwarten, daß er diese Dinge steuert. Eine Änderung des Art. 75 des Grundgesetzes — die Freien Demokraten haben sie in der vorigen Legislaturperiode unterstützt — könne nur einen Teilbereich dieser Problematik regeln, und
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Dorndiese Änderung sei nur dann sinnvoll, wenn sich der Bund nunmehr entschieden mit einem mutigen Schritt an die Spitze der Entwicklung stellen würde. — Herr Kollege Gscheidle, das ist ein großes Wort gelassen ausgesprochen. Leider haben Sie nichts über die vielen Milliarden gesagt, die für einen solchen mutigen Schritt ohne Zweifel bereitgestellt werden müßten. Darüber muß man sich unterhalten. Ich bin durchaus der Meinung, daß nicht alles in Ordnung ist und daß vieles geschehen muß. Aber man muß sich auch über die Konsequenzen, die sich aus solchen Entscheidungen ergeben, einigen und klar werden.Nun kann man natürlich sagen, die Besoldungsordnung, die wir heute haben, sei eigentlich überholt, und sie sei in vielen Dingen nicht befriedigend. Ich muß hier mit dem Kollegen Brück sagen: Herr Kollege Gscheidle, ob uns die Besoldungsordnung L auch nur einen Schritt weitergebracht hätte, ist für mich heute immer noch sehr zweifelhaft. Sehen wir uns doch einmal in Ruhe die Diskussionen der letzten Monate in bestimmten Ländern und in den Landtagen über die Eingruppierung der Lehrer an, und vergleichen wir die Ergebnisse miteinander. Was dabei herausgekommen ist, beweist genau die Richtigkeit dessen, was ich damals für meine Fraktion zur Ablehnung der Einführung der Besoldungsordnung L gesagt habe. Innerhalb unserer Besoldungsordnung ist eine vernünftige Eingruppierung und Einstrukturierung der gesamten Beamtenschaft durchaus möglich und akzeptabel. Das Durcheinander, das wir in den Besoldungsordnungen haben, ist nicht durch die Verschiedenartigkeit der Beamtenlaufbahnen entstanden und verschärft worden. Es ist vielmehr dadurch entstanden, daß man bestimmte Dinge, die man in ruhigen Zeiten — nicht vor Wahlen — in den Besoldungsgesetzen hätte ändern können, sehr lange aufgespart hat. Ich nehme hier keine Partei aus, auch meine eigene Partei nicht. Man hat immer versucht, vor den Wahlen Bonbons zu verteilen.Herr Kollege Gscheidle, Sie haben gesagt, die Länder seien uns weggelaufen; deswegen müßten sie durch eine große Umarmungsaktion des Bundes — so habe ich Sie verstanden — wieder eingefangen werden. Es hat sich doch sehr deutlich gezeigt, daß die Entwicklungstendenzen in den Ländern sehr unterschiedlich gewesen sind. Ich will hier nicht zur Lauftechnik, aber zu dem Lauftempo einiges sagen. Einige Länder haben sich bei dem Davonlaufen im Rahmen der Besoldungsgesetzgebung wie eine deutsche Viermal-hundert-Meter-Staffel aufgeführt, die vor der Frage stand, ob noch eine Goldmedaille drin ist oder nicht. Andere Länder haben einen Zehntausend-Meter-Läufer auf die Bahn geschickt; sie haben von vornherein ganz andere Ziele über langfristige Jahresentwicklungen abgesteckt, um eine Beruhigung in die Besoldungsordnung hineinzubringen.
— Nun, mag sein, Herr Kollege Wehner, nur habe ich mich, da ich sportlich sehr interessiert bin, an die Disziplinen gehalten, die auch olympiareif sind.Wenn das Sackhüpfen es demnächst auch sein sollte, können wir vielleicht in diesem Hause auch darüber diskutieren.
Meine Damen und Herren, ich will nur noch wenige Worte zu den Problemen sagen. Da ist einmal die Frage, ob eine Studienkommission eingesetzt werden soll oder nicht. Ich möchte mich hier dem Vorschlag des Kollegen Brück anschließen, der sagt, daß der Innenminister uns erst einmal aus seinem Arbeitsbereich, aus seiner Gruppe vortragen soll, welche Vorstellungen er hat. Wenn das nach unserer Auffassung unbefriedigend sein sollte, werden wir jederzeit bereit sein, uns bei der guten Zusammenarbeit im Innenausschuß über eine Studienkommission oder auch eine andere Gruppe zu verständigen.Nun, meine Damen und Herren, aber zu dem Problem, das aufgeworfen worden ist. Damit lassen Sie mich zu den beiden letzten Punkten kommen, die nach meiner Meinung angesprochen werden sollten. Es geht hier um das Problem der Besoldungsreform. Auch in der Formulierung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP wird schon deutlich, daß wir mehr wollen als eine Verbesserung der Besoldungsstruktur in bestimmten Bereichen, daß wir mehr wollen als eine augenblickliche Heraufsetzung einiger Gehaltsgruppen oder eine Klärung der Fragen der Berufsausbildung und ihrer besonderen Eingliederung in die Beamtenlaufbahn. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich hier ad personam einen Diskussionsvorschlag unterbreiten, der mit Sicherheit noch nicht ganz in die beamtenpolitische Entwicklung und in die Beamtenrechtssituation der augenblicklichen Zeit paßt und der immer, wenn ich in Beamtenkreisen darüber gesprochen habe, dort schockierend gewirkt hat und auf Ablehnung gestoßen ist. Aber, Herr Minister, ich meine, man sollte die Frage einer wirklichen Reform auch einmal unter dem Gesichtspunkt betrachten, ob es nicht möglich sein könnte, die Frage des Besoldungsdienstalters innerhalb des Beamtenrechts und der Beamtenbesoldung anders anzufassen, als das bisher gewachsen ist. Ich will damit nicht auf das Beispiel mit dem 29jährigen Amtmann hinaus, das der Kollege Gscheidle angesprochen hat. Aber, meine Damen und Herren, es hat sich doch gezeigt, daß der Beamte zu der Zeit, da er eine Familie gründet, da er kleine Kinder hat, die die Schule noch besuchen, und nicht in die Beförderungsmöglichkeit auf Grund der Ochsentour kommen kann, immer zu den Kreisen gehörte, die einkommensmäßig bei uns sehr niedrig liegen. Ich habe mir einmal vorgestellt, daß man doch versuchen sollte, die Beamten in jungen Jahren hier über den Weg der Raffung des Besoldungsdienstalters in eine bessere Situation zu bringen, daß man ihnen meinetwegen fünf oder sechs Besoldungsdienstaltersstufen, die jetzt vorhanden sind und die die Beamten durchlaufen müssen,- streicht, um sie von Anfang an in eine bessere Besoldungsdienstaltersituation zu bringen. Man kann dann ja meinetwegen in den letzten zehn Jahren der Tätigkeit des Beamten im öffent-
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Dornlichen Dienst — vom 55. bis zum 65. Lebensjahr — hier im Rahmen der Staatsausgaben einen Ausgleich und eine längerfristige Steigerung im Besoldungsdienstalter schaffen, natürlich so, daß die Besoldungssituation des Beamten trotzdem noch gut bleibt.Ich bin wirklich der Meinung, daß man hier auch einen Anreiz bieten könnte, jüngere Beamte davor zu bewahren, daß sie nach einigen Dienstjahren den Wunsch haben, wieder aus dem öffentlichen Dienst auszuscheren, um in die private Industrie oder Wirtschaft zu gehen. Ich meine, Herr Minister, daß auch in Ihrem Hause darüber einmal Überlegungen angestellt werden sollten. Die Überlegung ist nicht ganz neu, das gebe ich zu; aber sie ist bisher leider in der Auseinandersetzung über eine wirkliche Reform des Besoldungsrechts nicht so diskutiert worden, daß man zu einer intensiven Prüfung der Dinge kommen konnte.Nun noch eine letzte Bemerkung zu den Anträgen der Fraktion der Sozialdemokraten, die Abschlußgesetze zum BWGöD und zum 131er-Gesetz jetzt zu fordern. Herr Kollege Gscheidle, ich bin völlig mit Ihnen einig, wenn Sie die Situation einer Verabschiedung eines solchen Gesetzes kurz vor einer Wahl oder ein Jahr vor der Wahl sehr kritisch beurteilen. Aber ich meine, wir haben in der vorigen Legislaturperiode eine Lösung gefunden, die weite Bereiche dieser Gesetzgebung in ihrem Charakter bereits zu einem Abschluß gebracht hat. Übriggeblieben sind eine Reihe von Problemen gerade im 131er-Recht, die in unserem eigenen Initiativgesetzentwurf enthalten waren, die wir nicht haben durchsetzen können. Aber gerade in Anbetracht dessen, daß durch das Vorschaltgesetz nunmehr auch das Gesetz zu Artikel 131 in seiner Wirksamkeit um ein Jahr hinausgeschoben worden ist, sollten wir jetzt versuchen, die wirklichen Möglichkeiten, die sich in der Anwendung der letzten Novelle auf den einzelnen Betroffenen ergeben, und die Mängel, die vielleicht bei der Durchführung der letzten Novelle noch auftreten können, abzuwarten. Wir werden mit Sicherheit ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes spüren, welche Mängel sich bei der letzten Novelle noch herausstellen. Dann kann man diese Dinge gleich mit in das Abschlußgesetz hineinpacken, um zu einem wirklichen Abschluß dieser Problematik im Rahmen des Beamtenrechts zu kommen.Meine Damen und Herren! Ich habe bereits gesagt, wir Freien Demokraten werden der Überweisung der Anträge an den Innenausschuß zustimmen. Wir sind sicher, daß es uns gelingen wird, im Innenausschuß zu einer weitgehend befriedigenden Regelung der anstehenden Probleme zugunsten der Beamtenschaft zu kommen.
Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende der Beratung der aufgerufenen Tagesordnungspunkte. Ich komme zur Abstimmung.Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Antrag Drucksache V/181 dem Innenausschuß zu überweisen. — Widerspruch erhebt sich nicht; es ist so beschlossen.Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Antrag Drucksache V/185 dem Innenausschuß — federführend — und zur Mitberatung dem Haushaltsausschuß zu überweisen. — Auch hier erhebt sich kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Der Antrag Drucksache V/271 soll dem Innenausschuß überwiesen werden. — Hierüber besteht Einverständnis des Hauses; es ist so beschlossen.Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag Drucksache V/184 dem Ausschuß für Kriegs- und Verfolgungsschäden — federführend — sowie zur Mitberatung und gemäß § 96 der Geschäftsordnung dem Haushaltsausschuß, ferner dem Innenausschuß zur Mitberatung zu überweisen. — Widerspruch erhebt sich nicht; es ist so beschlossen.Der Antrag Drucksache V/183 soll dem Innenausschuß — federführend — sowie zur Mitberatung und gemäß § 96 der Geschäftsordnung dem Haushaltsausschuß überwiesen werden. — Auch hier erhebt sich kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. März 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen über die Förderung und den Schutz von Kapitalanlagen— Drucksache V/140 —Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — Drucksache V/293 —Berichterstatter: Abgeordneter Matthöfer
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Das Wort zur Aussprache wird nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem Gesetz einschließlich Einleitung und Überschrift in zweiter Beratung zustimmen will, der gebe ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist in zweiter Beratung angenommen.Wir kommen zurdritten Beratung.Keine Wortmeldungen. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, der erhebe sich. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 11 bis 13 auf:Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG füreine Richtlinie des Rats zur Aufhebung derBeschränkungen der Niederlassungsfreiheit
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Vizepräsident Frau Dr. Probstund des freien Dienstleistungsverkehrs für die selbständigen Tätigkeiten1. bestimmter Hilfsgewerbetreibender des Verkehrs und der Reisevermittler
2. der Lagerhalter .3. des Zollagenten
eine Richtlinie des Rats über die Einzelheiten der Übergangsmaßnahmen auf dem Gebiet der selbständigen Tätigkeiten1. einiger Hilfsgewerbetreibender im Verkehr und der Reisevermittler
2. der Lagerhalter
3. des Zollagenten — Drucksachen V/164, V/230 — Berichterstatter: Abgeordneter RavensBeratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG füreine Richtlinie des Rats über das Recht der Landwirte, die Angehörige eines Mitgliedstaates sind und sich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen haben, auf Zugang zu Genossenschafteneine Richtlinie des Rats über das Recht der Landwirte, die Angehörige eines Mitgliedstaates sind und sich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen haben, auf Zugang zu den verschiedenen Arten von Krediten— Drucksachen V/166, V/285 —Berichterstatter: Abgeordneter RavensBeratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten geänderten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Änderung von Artikel 11 der Verordnung Nr. 23 hinsichtlich Orangengeänderten Entwurf für eine Entschließung des Rats betreffend die Finanzierung der Subventionen für die Apfelsinenerzeuger— Drucksachen V/162 , V/294 — Berichterstatter: Abgeordneter ReglingEs handelt sich um Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über Vorschläge der Kommission der EWG. Die Ausschüsse empfehlen Kenntnisnahme von den Vorschlägen sowie darüber hinaus in einem Falle die Annahme einer Entschließung.Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Ist das Haus damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam abstimmen? — Ich höre keinen Widerspruch.Ich komme zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf den Drucksachen V/230, V/285 und V/294. Wer zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Zolltarif-Verordnung (Deutscher Zolltarif 1966)— Drucksachen V/133, V/284 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. SerresWünscht der Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Anträge werden nicht gestellt. Ich empfehle dem Hause, von dem Bericht Kenntnis zu nehmen. — Ich stelle fest, daß dies der Fall ist.Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:Beratung des Schriftlichen Berichts des Rechtsausschusses zu dem Bericht des Bundesministers des Auswärtigen betr. Verfolgung von Ansprüchen deutscher unehelicher Kinder gegenüber Mitgliedern der in Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte— Drucksachen V/106, V/297 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Hauser
Wünscht der Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Das Wort zur Aussprache wird ebenfalls nicht gewünscht.Ich komme zur Abstimmung über den Ausschußantrag auf Drucksache V/297. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf:Beratung des Antrags der Abgeordneten Herold, Seidel, Freiherr von und zu Guttenberg, Röhner, Dr. Starke , Geldner und Genossen und der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Verbleib der Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach— Drucksache V/262 —Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Der Antrag soll an den Haushaltsausschuß als federführenden Ausschuß sowie an den Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen überwiesen werden. Besteht damit Einverständnis? — Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.Punkt 18 ist abgesetzt.Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:Beratung des Antrags der Abgeordneten Börner, Seifriz, Iven und der Fraktion der SPD betr. Sicherheit in der Zivilluftfahrt— Drucksache V/241 — Das Wort hat Herr Abgeordneter Börner.
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1022 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1966
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der antragstellenden Fraktion der SPD bitte ich, auf dem Antrag auf Drucksache V/241 das Datum „1. März 1966" durch das Datum „1. April 1966" zu ersetzen. Gleichzeitig bitte ich darum, heute über den Antrag abzustimmen, da er einen zeitlich befristeten Auftrag an die Bundesregierung enthält, den diese auch erfüllen will.
Herr Wagner, bitte, zur Geschäftsordnung!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach einer Auskunft der Bundesregierung hält diese es für möglich, den Termin 1. April 1966 für die Erstattung des Berichts an das Hohe Haus einzuhalten. Wir sind deshalb damit einverstanden, daß unmittelbar über den Antrag abgestimmt wird.
Sie haben gehört, daß der Herr Kollege Wagner mit der sofortigen Abstimmung über den Antrag einverstanden ist. Ich höre im übrigen keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Ich stelle den Antrag auf Drucksache V/241 mit der von dem Abgeordneten Börner vorgetragenen Änderung zur Abstimmung. Wer dafür ist, der gebe ein Handzeichen. — Gegenstimmen? — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Damit stehen wir am Ende der Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 2. März 1966, vormittags 9 Uhr ein und schließe die heutige Sitzung.