Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung spreche ich die Glückwünsche des Hauses aus: der Frau Abgeordneten Dr. Gantenberg zum Geburtstag am 25. Dezember 1960
,
der Frau Abgeordneten Dr. Schwarzhaupt zum Geburtstag am 7. Januar 1961
.
Zum dritten spreche ich die Wünsche des Hauses zum Geburtstag dem Herrn Bundeskanzler aus.
Herr Bundeskanzler! Obwohl Ihr Geburtstag schon vor zwei Wochen festlich begangen wurde und das Präsidium des Bundestages Ihnen seine Glückwünsche ausgesprochen hat, ist es doch der Wunsch des Hauses, in dieser ersten Plenarsitzung des neuen .Jahres Ihrer herzlich zu gedenken. Der Respekt und der Glückwunsch des Deutschen Bundestages gilt im 86. Jahr Ihres weitgespannten Lebens und Wirkens zuerst dem Senior dieses Hauses. Sie, ein Gegner weichlicher Lässigkeit, sind vielen von uns zu einem Beispiel strenger Pflichterfüllung geworden.An der Arbeit dieses Hauses haben Sie von Anfang an als Bundeskanzler teilgenommen und damit als der Mann, der nach dem Willen des Grundgesetzes die Richtlinien der deutschen Politik bestimmt. Kraft Ihres hohen Amtes sind Sie damit zum ersten Partner dieses Hauses geworden in dem Dialog über das, was Recht und Notwendigkeit Deutschlands heute gebieten. Die Verfassung hat Ihnen mit der Regierungsgewalt auch' die Verantwortung gegenüber dem Parlament überbürdet, dem Sie dergestalt zweifach verbunden bleiben. Dieses Haus hat in den vergangenen Jahren stürmische Auseinandersetzungen erlebt. An dieser und jener Ihrer politischen Entscheidungen schieden sich die Geister. Aber diese Meinungsverschiedenheiten ändern nichts daran, daß dieses Haus der staatsmänmischen Größe des 85jährigen Bundeskanzlers mitRespekt begegnet und ihm einmütig seine herzlichen Glückwünsche ausspricht.
Ich glaube, man darf darin zugleich einen Ausdruck der Überzeugung sehen, daß der Bundestag es nicht für einen Gewinn hält, schwache Regierungen aus sich heraus zu setzen, sondern starken Regierungen gewachsen zu sein.
Dankbar aber, Herr Bundeskanzler, blicken wir in dieser Stunde nicht nur auf den Senior dieses Hauses und auf den parlamentarisch verantwortlichen Regierungschef, sondern wir blicken auf Sie als den Mann, in dessen Lebensweg und Gestalt drei Epochen deutscher Geschichte unter uns gegenwärtig sind. Ihr Leben umspannt das Kaiserreich, es umfaßt die Weimarer Republik und ihren Zusammenbruch. Wie kein anderer haben Sie sich der Hinterlassenschaft der großen Katastrophe zu stellen gehabt. Aus Anlaß Ihres 80. Geburtstages hatte ich die Ehre, vor dem Bundestag zu würdigen, welcher Erfolg Ihnen mit Gottes Hilfe dabei beschieden wurde. In den vergangenen fünf Jahren hat sich dem nicht wenig hinzugesellt. Versagt aber blieb Ihnen und uns allen auch in diesen Jahren die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands. Sie ist der bitterste und gefährlichste Part des Erbes, das uns die deutsche Geschichte in diesem Jahrhundert aufgebürdet hat.Meine Damen und Herren, der gegenwärtige Bundeskanzler ist nur fünf Jahre jünger als das große Werk eines anderen deutschen Kanzlers, Otto von Bismarcks. Heute, vor 90 Jahren, konnte er auf den Wogen des Sieges das Deutsche Reich proklamieren. Daß es 48 Jahre danach die Niederlage des ersten Weltkrieges überstanden hat, das hat Deutschland vor allem der Besonnenheit und Treue seines ersten Reichspräsidenten, Friedrich Ebert, zu verdanken.
Das deutsche Volk hatte noch lange nicht erfaßt, was es ihm und seinen Mitarbeitern verdankte, als über das Reich schon die Schatten der großen Katastrophe zu fallen begannen. Die eigene und die fremde Torheit, das wirtschaftliche Elend und eine seltsame politisch-parlamentarische Kraftlosigkeit waren die Chancen dessen, der zum Verführer von Millionen und zum Fluche Deutschlands geworden ist. Die Untaten seiner Herrschaft sind es, die das
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7852 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Präsident D. Dr. GerstenmaierVaterland zerrissen, die uns alle mit Schande undden Namen des Reiches mit Schmach bedeckt haben.Dennoch, meine Damen und Herren, gehört diese Stunde nicht der Totenklage um das Deutsche Reich. Wir gedenken heute mit der Erinnerung an seinen 90. Geburtstag eben nicht eines teuren Toten, sondern des Deutschen Reiches, das auch durch die Katastrophen und Folgen des zweiten Weltkrieges hindurch bis zum heutigen Tage nicht aufgehört hat zu bestehen.
Auch in seiner Verstümmelung und Erniedrigung ist es das gemeinsame Vaterland der Deutschen geblieben. Ungezählte seiner Städte und Dörfer, seiner Wälder und Seen sind zwar von ihm losgerissen, Millionen seiner Söhne und Töchter sind unterjocht, seine Hauptstadt ist bedroht — und dennoch lebt Deutschland. Darum gedenken wir des Deutschen Reiches heute, an seinem 90. Geburtstag, nicht als einer vergangenen, sondern als einer aus der Vergangenheit in die Zukunft der Deutschen greifenden, lebendigen Größe.
Der Deutsche Bundestag ist der legitime Platzhalter eines künftigen gesamtdeutschen Reichstages.
Ehrerbietig gedenken wir dessen, was groß war in der Geschichte des 90jährigen Reiches und was verpflichtend bleibt auf unserem Weg in die Zukunft. Wir verbinden uns dabei getreu mit denen, die gewaltsam von uns getrennt sind.Aber es wäre unter dem Rang dieser Stunde und dem inneren Ertrag dieser 90jährigen Geschichte für das deutsche Volk nicht angemessen, wenn sich mit diesem Gedenken auch nur ein Hauch von Rache oder Gewaltsamkeit verbände. Das Bekenntnis zum Deutschen Reich ist heute nur dann wahr und der geläuterten Einsicht in unsere nationale Geschichte angemessen, wenn es sich verbindet mit der Absage an alle Großmacht- und Gewaltträume, wenn es sich vereint mit der redlichen Hinwendung zu der Gemeinschaft mit unseren Nachbarvölkern und der freien europäisch-atlantischen Welt.Diese 90 Jahre sind für uns Deutsche eine Geschichte großartiger Erfolge, schwerer Opfer und gewaltiger Katastrophen. Wie könnten wir Deutsche dieser Geschichte besser innesein als so, daß bei uns neben der gelassenen und dankbaren Freude an unserer Freiheit auch der Opfermut und die Liebe zu den Brüdern jenseits des Vorhangs in Kraft und Ehren stehen. Und was könnten wir an diesem Tage Besseres wünschen als dies: daß Gottes Güte uns den hundertsten Geburtstag des Deutschen Reiches vereint und frei in einer Welt des Friedens erleben lasse.
Herr Bundestagspräsident, ich danke Ihnen sehr herzlich für die Worte, die Sie soeben auch im Namen des Deutschen
Bundestages an mich gerichtet haben. Ich habe mich gefreut, daß Sie mich zuerst als Mitglied dieses Hauses angesprochen haben; denn, meine verehrten Damen und Herren, wenn ich in diesem Saale bin, dann sitze ich immer viel lieber dort als hier, aus den verschiedensten Gründen.
aber nicht zuletzt deswegen, weil ich damit auch zeigen will, daß ich mich als einen der Ihrigen betrachte.
Herr Präsident, Sie haben von dem starken Führer der Regierung, dem starken Bundeskanzler gesprochen, dem, wenn ich den Wortlaut genau behalten habe, ein starker Bundestag gegenüberstehe. Dazu muß ich etwas sagen, und Sie, meine Damen und Herren, und Sie, verehrter Herr Präsident, werden mir das sicher auch gestatten.
Es kann niemand ein starker Bundeskanzler sein, wenn ihm ein schwaches Parlament gegenübersteht.
Ein Bundeskanzler — und das kann ich jetzt aus einer fast zwölfjährigen Erfahrung wirklich voll Überzeugung sagen — braucht ein starkes Parlament, auch wenn das Parlament nicht in allem seiner Meinung ist. Ein Bundeskanzler hat nicht die Wahrheit für sich gepachtet.
Ich bin Zeuge dafür, daß es so ist.
Deswegen, meine verehrten Damen und Herren, braucht er Widerspruch. Er braucht aber auch Widerspruch, um an diesem Widerspruch zu erstarken.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
ihn zu stärken und ihm auch mal beizubringen, daß er nicht richtig liegt. Das ist immer so gewesen und wird immer so bleiben.
Sie haben, Herr Bundestagspräsident, mich sehr gerührt durch die Worte, die Sie eben gesprochen haben. Sie haben mich auch sehr gerührt dadurch, daß Sie in so vollendeter Weise einen Abschluß gefunden und einen Wunsch ausgesprochen haben, der in Wahrheit mein tiefster Wunsch ist — und Gott gebe, daß wir ihn möglichst bald erfüllt sehen —: die Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit.
Meine Damen und Herren, ich gebe weiter folgendes bekannt.Für den verstorbenen Kollegen Maier ist mit Wirkung vom 20. Dezember 1960 der Herr Abgeordnete Hans Bay in den Bundestag eingetreten.. — Ich heiße Sie, Herr Abgeordneter, willkommen
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7853
Präsident D. Dr. Gerstenmaierund wünsche Ihnen eine gute Zusammenarbeit in diesem Hause.Schließlich: Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die Tagesordnung erweitert um die erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, Drucksache 2404, und um die erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, Drucksache 2410. Beide Gesetzentwürfe sollen in Verbindung mit dem Gesetzentwurf der Fraktion der FDP unter Punkt 15 der Tagesordnung nach Beschlußfassung über die Sammelübersicht 29 des Petitionsausschusses als dritter Punkt der Tagesordnung beraten werden.Die weiteren amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in das Stenographische Protokoll aufgenommen:Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 22. Dezember 1960 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des NotarrechtsGesetz zur Ausführung des Artikels 10 Absatz 2 des in Rom am 25. März 1957 unterzeichneten Vertrages zur Gründung der Europäischen WirtschaftsgemeinschaftGesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet der Landbeschaffung
Zweites Gesetz über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen
Zweites Gesetz zur Vorläufigen Neuregelung von Geldleistungen in der gesetzlichen UniallversicherungGesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes Zolltarifgesetz und Deutscher Zolltarif 1961Gesetz zu dem Abkommen vom 8. März 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geographischen BezeichnungenGesetz über den Vertrag vom 11. Mai 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kolumbien über den gegenseitigen Schutz von Werken der Wissenschaft, Literatur und KunstGesetz zur Änderung des Zollgesetzes
Zweites Gesetz über die weitere Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes zur Erleichterung der Annahme an Kindes StattGesetz über die Abwicklung des Reichsnährstands und seiner Zusammenschlüsse
Fünftes Gesetz zur Änderung des GetreidegesetzesGesetz zu der Erklärung vom 29. Mai 1959 über den vorläufigen Beitritt Israels zum Allgemeinen Zoll- und HandelsabkommenDrittes Gesetz zur Änderung des GüterkraftverkehrsgesetzesGesetz über Zuständigkeiten in der LuftverkehrsverwaltungGesetz über die Statistik der Wirtschaftsrechnungen privater HaushalteGesetz über das Zollkontingent für feste Brennstoffe 1961 und 1962In der gleichen Sitzung hat der Bundesrat zumGesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes
verlangt, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Sein Schreiben ist als Drucksache 2345 verteilt.Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 21. Dezember 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Zimmer, Corterier und Genossen betr. europäische Wirtschaftsbeziehungen - Drucksache 2292 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2312 verteilt.Der Herr Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes hat unter dem 20 Dezember 1960 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Mißbrauch des Verkaufsangebotes von VW-Aktien zu parteipolitischer Propaganda - Drucksache 2317 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2329 verteilt.Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Ernährung,Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 17. Dezember 1960 dieKleine Anfrage der Abgeordneten Hackethal und Genossen betr. Verbesserung des landwirtschaftlichen Ausbildungswesens und der Wirtschaftsberatung in der Bundesrepublik - Drucksache 2263 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2339 verteilt.Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 20. Dezember 1960 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Getreidepolitik - Drucksache 2277 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2342 verteilt.Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 21. Dezember 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Richarts, Bauknecht, Dr. Frey und Genossen betr. Agrarsubventionen - Drucksache 2289 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2343 verteilt.Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 20. Dezember 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Höcherl, Dr. Dollinger, Niederalt, Wacher, Seidl , Wieninger und Genossen betr. Expansionsstopp für Warenhäuser - Drucksache 2295 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2344 verteilt.Der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat unter dem 23. Dezember 1960 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Übernahme von Versicherten der Arbeiterrentenversicherung in die Angestelltenversicherung - Drucksache 2318 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2346 verteilt.Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 23. Dezember 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bach, Wilhelm und Fraktion der SPD betr. Verkehrslage der Saarwirtschaft - Drucksache 2319 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2350 verteilt.Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 23. Dezember 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Glüsing , Wendelborn, Dr. Stoltenberg, Müller-Hermann, Struve, Giencke und Genossen betr. Wettbewerbsverzerrungen im grenzüberschreitenden Güterverkehr auf der Straße - Drucksache 2296 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2351 verteilt.Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat unter dem20. Dezember 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr.Harm, Dr. Zimmer und Genossen betr. europäische Zusammen-arbeit auf dem Gebiet der Weltraumforschung - Drucksache 2291beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2353 verteilt.Der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft hat unter dem 30. Dezember 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schranz, Dr. Dr. h. c. Dresbach, Kühn und Genossen betr. Lebens- und Sachgefährdung durch die Einfuhr vorschriftswidriger Sichrheitsregelgeräte bei Ölverdampfungsbrennern, in Ölöfen, Öletagenkesseln, Ölherden usw. - Drucksache 2302 -- beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2367 verteilt.Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem 3. Januar 1961 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Rüstungskontrolle innerhalb der Westeuropäischen Union - Drucksache 2336 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2369 verteilt.Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 12. Januar 1961 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Fritz , Leicht, Schlick, Dr. Weber (Koblenz), Josten, Dr. Becker (Mönchengladbach) und Genossen betr. Entlastung des Rheingrabenverkehrs - Drucksache 2365 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2389 verteilt.Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung hat unter dem 11. Januar 1961 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. nicht erledigte Rechtsstreitigkeiten bei den Sozialgerichten - Drucksache 2139 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2407 verteilt.Der Herr Bundesminister der Finanzen hat am 22. Dezember 1960 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 9. November 1960 über die Anwendung des § 122 der Brennereiordnung berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2347 verteilt.Der Herr Bundesminister der Justiz hat am 22. Dezember 1960 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 14. Oktober 1959 über seine Prüfung, ob nunmehr ein Bedürfnis zum Erlaß eines Gesetzes über den Fristablauf besteht, berichtet. Der Prüfungsbericht ist als Drucksache 2352 verteilt.Der Herr Bundesminister für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft hat am 22. Dezember 1960 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 16. März 1960 über die Maßnahmen der Bundesregierung zur Überwachung der radioaktiven Verseuchung berichtet. Der Bericht ist .als Drucksache 2354 verteilt.Der Herr Präsident des Bundesrechnungshofes hat am 28. Dezember 1960 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 14. Oktober 1959 über die Übertragung von Aufgaben auf das Bundesverwaltungsamt berichtet. Der Bericht ist als Drucksache 2364 verteilt.Der Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem 22. Dezember 1960 die auf der 43. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommenen Texte derÜbereinkommen 112 über das Mindestalter für die Zulassung zur Arbeit in der Fischerei,Übereinkommen 113 über die ärztliche Untersuchung der Fischer,
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7854 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Präsident D. Dr. GerstenmaierÜbereinkommen 114 über den Heuervertrag der Fischer, Emptehlung 112 betreffend die betriebsärztlichen Diente in den Arbeitsstättenzur Kenntnisnahme übersandt. Sie sind mit Drucksache 2340 verteilt worden.Der Herr Präsident der Versammlung der Westeuropäsischen Union hat die Texte der während des Zweiten Teils der Sechsten Ordentlichen Sitzungsperiode angenommenenEmpfehlung Nr. 53 betr. den Beitritt des Vereinigten Königreichs zu den Gemeinschaften der Sechs und fiber die Entwicklung des politischen EuropasEmpfehlung Nr. 54 betr. die Teilnahme Großbritanniens an der Energiepolitik der SechsEmpfehlung Nr. 56 betr. den Stand der Europäischen SicherheitEmpfehlung Nr. 57 betr. die Bildung einer Atomstreitkraft im Rahmen der NATOEmpfehlung Nr. 58 betr. eine gemeinsame Verteidigungspolitik gegen subversive Kriegsführungübersandt, die mil Drucksache 2355 verteilt worden sind.Der Präsident der NATO-Parlamentarier-Konferenz hat unter dem 29. Dezember 1960 die auf der Sechsten Jahreskonferenz der Parlamentarier der NATO gefaßten Entschließungen sowie einen Bericht des Generalsekretärs über diese Tagung übersandt, die im Archiv zur Einsichtnahme ausliegen,Die von der Bundesregierung gemäß Artikel 2 Satz 2 des Gesetzes zu den Verträgen zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft and der Europäischen Atomgemeinschaft vorgelegten Entwürfeal einer Verordnung über die ersten Maßnahmen zur Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft,b) von Richtlinien auf dem Gebiet der Verfahren und der Verwaltungspraxis für die Einreise, für die Beschäftigung und Dir den Aufenthalt der Arbeitnehmer eines Mitgliedstaates und ihrer Familienangehörigen innerhalb der anderen Mitgliedstaaten dur Gemeinschaft- Drucksache 2337 sind vom Präsidenten im Benehmen mitdem Ältestenrat dem Ausschuß für Arbeit überwiesen worden.Der Herr Bundesminister des Innern hat am 9. Januar 1961 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 5. Mai 1960 Tiber des Zustandekommen eines geordneten wissenschaftlichen und technischen Informationswesens in der Bundesrepublik berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2392 verteilt.So weit die Mitteilungen.Ich komme zur Tagesordnung und rufe Punkt 1 auf:Fragestunde .Frage I/1 — des Herrn Abgeordneten Kohut — aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes:ist die Bundesregierung bereit, durch ihre Vertreter in den Organen der UFA darauf hinzuwirken, daß - ebenso wie der Vorsitzende der Fraktion der CDU/CSU - auch die Vorsitzenden der anderen beiden im Bundestag vertretenen Parteien die Möglichkeit erhalten, in der UFA-Wochenschau politische Erklärungen abzugehen?Zur Beantwortung der Herr Bundesinnenminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Antwort auf die Frage lautet wie folgt. Die UFA-Wochenschau wird von der Deutschen Wochenschau GmbH. in Hamburg hergestellt. An der Deutschen Wochenschau sind beteiligt: die UFA mit 48 %, der Bund mit 26 % und die Deutsche Bank sowie die Dresdner Bank mit je 13 %. Bei der Deutschen Wochenschau besteht ein Beirat, der die Aufgabe der redaktionellen Beratung hat. Zu diesem Beirat gehören Mitglieder aller Fraktionen dieses Hohen Hauses.
Ich nehme an, daß sich die Frage speziell auf das bezieht, was ich jetzt sagen werde. Wie die Deutsche Wochenschau auf Anfrage mitteilt, hat sie sich an den Herrn Bundeskanzler gewandt und ihn in
seiner Eigenschaft als Bundeskanzler - nicht als Vorsitzenden der CDU — gebeten, einige Worte zum Jahreswechsel zu sprechen.
Keine Zusatzfrage!
Die Fragen I/2 und I/3 — des Herrn Abgeordneten Dr. Bucher — sind vom Fragesteller zurückgestellt.
Aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes ist vom Fragesteller zurückgestellt die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut.
Ich rufe auf die Frage II /2 — des Herrn Abgeordneten Seuffert —:
Hal das Auswärtige Amt inzwischen festgestellt, welche Äußerungen der ehemalige General Unrein bezüglich der Gaskammer in Dachau gegenüber Lord Russel of Liverpool gemacht hat und welche Folgerungen daraus zu ziehen sind?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nach den von der Bundesregierung veranlaßten Erhebungen hat sich nicht feststellen lassen, daß General a. D. Unrein gegenüber Lord Russel of Liverpool die in der Presse wiedergegebenen oder andere strafrechtlich oder disziplinarrechtlich relevante Äußerungen getan hat. Daher sind Maßnahmen gegen General a. D. Unrein nicht ergriffen worden.
Zusatzfrage?
Welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung aus der Tatsache zu ziehen, daß diese von ihr soeben bekanntgegebenen Feststellungen mit dem Bericht von Lord Russel of Liverpool selbst nicht übereinstimmen können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Ermittlungen haben ergeben, daß die in der Presse wiedergegebenen Äußerungen nicht mit den Äußerungen übereinstimmen, die von dem Betreffenden in Wirklichkeit getan worden sind.
Besteht irgendeine Unklarheit darüber, Herr Staatssekretär, daß sich meine Frage sowohl vor 3 Monaten wie heute auf diejenigen Äußerungen bezog, die Lord Russel of Liverpool von Herrn Unrein berichtet hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Darüber besteht keine Unklarheit, Herr Abgeordneter, aber die Richtigkeit dieser Äußerung hat sich nicht bestätigt.
Zusatzfrage? — Herr Abgeordneter Kreitmeyer.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, ob es nicht zweckmäßig wäre, den Herrn Weihbischof von München, Herrn Neuhäuser, zu befragen? Er war nämlich — soweit ich weiß —4 1/2 Jahre lang in dem betreffenden Konzentrationslager.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7855
Herr Abgeordneter Kreitmeyer, keine Erklärungen! Ich muß strenger darauf achten, daß die Fragestunde sich so vollzieht: strenge Fragen, klare Antworten.
Wäre es nicht zweckmäßig sich von ihm bestätigen zu lassen, daß die bewußte Gaskammer nicht fertiggestellt worden war, weil die Häftlinge Sabotage verübt haben? Damit ist der Tatbestand wohl eindeutig geklärt.
Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mir liegt eine Äußerung des Herrn Weihbischofs Neuhäuser aus München vor, Der Herr Weihbischof hat erklärt, die Gaskammer im ehemaligen KZ in Dachau sei durch die Sabotage von Häftlingen niemals fertiggestellt worden, so daß hier niemand vergast werden konnte. Diese Erklärung hat der Herr Weihbischof in einer Ansprache am 23. Mai 1960 auf dem Gelände des ehemaligen KZ in Dachau abgegeben.
Zusatztrage? — Herr Abgeordneter Dr. Schmid.
Herr Staatssekretär, hat man sich irgendwelche Mühe gemacht, bei Lord Russel of Liverpool festzustellen, ob er bezeugen kann, daß Herr General Unrein diese Bemerkung gemacht hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Frage kann ich in dieser Form nicht beantworten, Herr Abgeordneter. Die Ermittlungen sind durch die Oberstaatsanwaltschaft in München im Rahmen ihrer Zuständigkeit geführt worden.
Wäre es Ihrer Meinung nach nicht angebracht gewesen — da es sich um eine politische Frage handelt, die im Bundestag zur Debatte stehen könnte —, den Lord etwa über die Botschaft in London zu fragen, ob der General diese Äußerung getan hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, Herr Abgeordneter, daß keine Veranlassung bestand, in diesem Fall in die Ermittlungen, die von den dafür zuständigen Organen eingeleitet worden waren, einzugreifen.
Ich danke für diese Auskunft.
Frage II/3 — des Herrn Abgeordneten Dr. Schranz
Treffen Pressemeldungen zu, nach denen Mitglieder in den Schulvorstand der deutschen Schule in Madrid gewählt wurden, die keinerlei Gewähr für eine reibungslose Zusammenarbeit mit den deutschen Stellen bieten?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich bitte um Erlaubnis, die vier Fragen im Zusammenhang beantworten zu dürfen. Sie stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang.
Einen Augenblick! Herr Staatssekretär, Sie wollen auch die Frage 11/6 — des Herrn Abgeordneten Rollmann —
mit beantworten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich wäre dankbar, wenn ich diese Fragen im Zusammenhang beantworten könnte.
Alle vier zusammen. Einverstanden. Ich rufe also noch auf die Fragen 1I/4 und II/5 — des Abgeordneten Dr. Schranz:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Betreuung der deutschen Auslandsschulen reibungsloser und zweckmäßiger vor sich gehen würde, wenn sie selbst eine Zuständigkeit in diesen Fragen besäße?
Hat die Bundesregierung die Absicht, in Verhandlungen mit den Ländern dahin gehend zu wirken, eine Zuständigkeit des Bundes für die deutschen Auslandsschulen sicherzustellen?
und die Frage II/6 — des Abgeordneten Rollmann—:
Entsprechen die in der Zeitung „Die Well" vom Mittwoch, dem 4. Januar 1961, in dein Artikel von Gottfried Grosse „Skandal um die deutsche Schule in Madrid" geschilderten Vorfalle im wesentlichen den Tatsachen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In der Mitgliederversammlung des Deutschen Schulvereins in Madrid am 12. 12. vergangenen Jahres wurden acht Vorstandsmitglieder neu und ein Vorstandmitglied wiedergewählt. Zwei der Neugewählten traten zurück. Sie wurden durch zwei bisherige Vorstandsmitglieder ersetzt. Zum Vorsitzenden des Vorstandes ist ein Mitglied der deutschen Botschaft bestimmt worden. Es hatte auch dem alten Vorstand angehört,Wenn auch die künftige Haltung der Neugewählten nicht voraussehbar ist, bietet die Tatsache der Besetzung des Postens des Vorsitzenden durch einen Angehörigen der Botschaft und die Mitwirkung von nunmehr drei früheren Vorstandsmitgliedern Aussicht auf eine gute Zusammenarbeit mit deutschen Stellen.Auslandsschulen werden allgemein durch selbständige ausländische Schulträger — in der Regel eingetragene Vereine nach dem Recht des Gastlandes — in eigener Zuständigkeit errichtet und verwaltet. Dieses Prinzip hat sich bewährt. — Die Bundesregierung fördert und unterstützt Auslandsschulen bzw. deren Träger durch Vermittlung deutscher Lehrer und durch finanzielle Beihilfen sowie durch Beratung. Nach Auffassung der Bundesregierung besteht unter Berücksichtigung der im Grundgesetz getroffenen Zuständigkeitsregelung keine Veranlassung, die bisherige Art der Betreuung deutscher Auslandsschulen zu ändern.Zu der dritten Frage darf ich antworten: Die Zuständigkeitsfragen sind geordnet. Das Auswärtige Amt ist zuständig für die Förderung und Unterstützung der Auslandsschulen, insbesondere für die
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7856 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Staatssekretär Dr. CarstensVermittlung von Lehrern und für finanzielle Beihilfen. Die Kultusministerkonferenz ist zuständig für die Anerkennung von Auslandsschulen als „deutsche Auslandsschulen" bzw. für die Verleihung der deutschen Prüfungsberechtigung. Diese Regelung hat sich im ganzen bewährt.
Keine Zusatzfrage. Herr Abgeordneter Rollmann, der Herr Staatssekretär hat auch Ihre Frage beantwortet. Sie hätten das Recht der Zusatzfrage. Verzichten Sie?
Frage III/1 — der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus — aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern:
Ist beabsichtigt, das preisgekrönte Lied von der „Grenzer-Kitty" dem Bundesgrenzschutz als besonders geeignet zu empfehlen?
Das Wort hat der Herr Bundesinnenminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Vielleicht erlauben Sie mir, Herr Präsident, daß ich auf die drei Fragen, die dieses Thema betreffen, zusammenfassend antworte.
Dann rufe ich dazu auf die Fragen III/2 und III/3 — des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen —:
Beabsichtigt der Herr Bundesinnenminister, das bei einem Preisausschreiben des Bundesgrenzschutzes zur Erlangung neuer Marschlieder mit dem ersten Preis von 300 DM ausgezeichnete Lied von der „Grenzer-Kitty", das in der Öffentlichkeit mit Heiterkeit aufgenommen worden ist, den Einheiten des Bundesgrenzschutzes zum Singen zu empfehlen?
Wer hat bei der in Frage III. 2. erwähnten Preisverteilung mitgewirkt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt keine ministerielle Singempfehlung für den Bundesgrenzschutz, und wir haben auch nicht die Absicht, eine solche Empfehlung einzuführen. Über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten, und ich möchte hier nur sagen, daß gesungen durchaus etwas anderes ist als gesprochen.
Ich fürchte, daß die „Grenzer-Kitty" durch das große politische Interesse, das man an ihr nimmt, vielleicht doch ungewöhnlich und ungebührlich bekanntwerden könnte.
Soweit es sich um die Frage handelt, wer mit gewirkt hat, darf ich den Kollegen Schmitt-Vockenhausen, der diese Frage gestellt hat, auf die Nr. 11 der „Parole" vom 15. November vergangenen Jahres verweisen, die er, soviel ich weiß, regelmäßig erhält.
Zusatzfrage? — Bitte sehr, Frau Abgeordnete Diemer-Nicolaus.
Herr Minister, nachdem Sie gesagt haben, daß sich über Geschmack streiten läßt, möchte ich doch fragen, ob das Ergebnis dieses Preisausschreibens charakteristisch für dichterische Wertungen in Ihrem Ministerium ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Verehrte Frau Kollegin, das Ministerium hat mit dieser Sache aber auch wirklich nicht das allergeringste zu tun. Ich habe leider noch keine Zeit gehabt, mir das Lied einmal vorsingen oder vorspielen zu lassen. Wenn das Interesse aber so anhält, werde ich das vielleicht doch einmal tun
und Ihnen, wenn es dann interessiert, meine eigene Meinung darüber mitteilen.
Zweite Zusatzfrage!
Trifft es dann auch nicht zu, daß ein qualifizierter Ministerialbeamter Ihres Ministeriums bei dieser Preisverteilung mitgewirkt hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Liebe Frau Kollegin, ich habe auf die „Parole" verwiesen, wo eingehend das Preisrichterkollegium usw. beschrieben wird. Aber hier handelt es sich nicht um dienstliche Vorgänge. Ich glaube, wir ziehen ein bißchen einen Grenzstrich zwischen dem, was das Ministerium als Ministerium tut, und dem, was der eine oder andere in einer liebenswürdigen Nebenfunktion tut.
Zusatzfrage? — Herr Abgeordneter Dr. Dresbach!
Frau Kollegin, darf man vielleicht wissen, in welches Genre ungefähr dieses Lied gehört: Ist es vielleicht etwas, wie man früher bei den Preußen sang: „Annemarie, wo geht die Reise hin?" oder dergleichen?
Meine Damen und Herren, ich finde die Diskussion sehr scharmant und würde sie gerne von mir aus fortsetzen. Ihre Frage war aber nicht zulässig, Herr Kollege Dresbach. Sie dürfen in der Fragestunde nur die Regierung fragen,
aber nicht eine Kollegin.
Das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.
Herr Minister, kann ich also annehmen, daß wir in der Frage des Geschmacks bezüglich der „Grenzer-Kitty" einer Meinung sind?
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7857
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich habe gerade gesagt, ich habe das Lied weder gespielt noch gesungen gehört, und wenn ich mir das vorspielen oder vorsingen lasse, dann würde ich lieber eine private Meinung darüber mitteilen und nicht etwa eine ministerielle. Wenn also Ihnen und Frau Kollegin Diemer-Nicolaus daran gelegen ist, können wir das gern demnächst einmal machen.
Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen, ist damit Ihre Frage erledigt?
Wir kommen jetzt zur Frage III/4 — des Herrn Abgeordneten Jahn —:
Wie hoch sind die Aufwendungen der Bundesregierung im Rechtsstreit vor dem Bundesverfassungsgericht wegen Maßnahmen der Bundesregierung auf dem Gebiet des Fernsehens?
Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Bundesinnenminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Antwort lautet wie folgt:
Die Höhe der Aufwendungen der Bundesregierung im Fernsehstreit, die durch die Anträge der Länder Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Hessen an das Bundesverfassungsgericht verursacht worden sind, steht nicht endgültig fest, da das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Die Auskunftserteilung der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag über die Höhe dieser Aufwendungen wird im Rahmen der Rechnungslegung nach Art. 114 des Grundgesetzes erfolgen.
Das Wort zu einer Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Jahn .
Sind Sie in der Lage, Herr Minister, wenigstens vorläufige Angaben zu machen, insbesondere über die Höhe der Anwaltskosten und über die Höhe der Kosten für die verschiedenen Gutachten, die die Bundesregierung vorgelegt hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Leider nein, Herr Kollege! Ich ziehe es vor, das dem Bundestag im Zusammenhang mit der Rechnungslegung gemäß Art. 114 des Grundgesetzes mitzuteilen.
Die Frage der Abgeordneten Frau Dr. Schwarzhaupt aus dem Geschäftsbereich des Ministers der Justiz ist zurückgezogen worden.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Ich rufe auf die Frage V/1 — des Abgeordneten Dr. Schmidt —:
Ist der Herr Bundesfinanzminister bereit, ein Auskunftsverfahren mit dem Institut der verbindlichen Zusage und Vorwegentscheidung des Finanzamtes — wie es seit langem in der steuerrechtswissenschaftlichen Literatur gefordert wird und sich im Ausland, u. a. in Schweden, längst bewährt hat — bei zwingendem und berechtigtem Interesse des Steuerpflichtigen zunächst im Wege einer Verwaltungsordnung zuzulassen?
Zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums das Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Schmidt, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten:
Nach geltendem Recht gibt es schon Möglichkeiten zu verbindlichen Auskünften der Finanzbehörden an einen Steuerpflichtigen über eine etwaige Abgabeschuld, bevor der Tatbestand verwirklicht ist. Diese Regelungen sind als Ausnahmeregelungen im Zollgesetz und in der Lohnsteuerdurchführungsverordnung vorgesehen. Das allgemeine Abgabenrecht der Abgabenordnung kennt eine Pflicht der Finanzämter zu verbindlichen Auskünften noch nicht. In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind aber bereits gewisse Grundsätze entwickelt worden. Es ist hervorgehoben worden, daß die Finanzämter nach geltendem Recht nicht gehindert sind, dem Steuerpflichtigen in geeigneten Fällen sowohl unverbindliche wie aber auch verbindliche Auskünfte über die steuerliche Behandlung eines noch nicht verwirklichten Tatbestandes zu erteilen. Diese Entscheidungen des Bundesfinanzhofs sind veröffentlicht. In der Praxis wird von den Finanzämtern in geeigneten Fällen von der vom Bundesfinanzhof aufgezeigten Möglichkeit, verbindliche Auskünfte zu erteilen, Gebrauch gemacht. Gegen den Erlaß einer allgemeinen Verwaltungsanordnung durch den Bundesfinanzminister, der die Finanzämter verpflichten würde, auf Verlangen verbindliche Auskünfte zu geben, bestehen bei uns erhebliche rechtliche und auch verwaltungstechnische Bedenken. Es erscheint uns zweifelhaft, ob eine umfassende Verpflichtung der Finanzverwaltung zur Erteilung verbindlicher Auskünfte ohne Gesetzesänderung im bloßen Verwaltungsweg eingeführt werden könnte. Bei einer Neufassung der Reichsabgabenordnung sollte allerdings auch nach unserer Auffassung ein Rechtsinstitut der verbindlichen Auskunftserteilung durch die Finanzbehörden in gewissen Grenzen neu eingeführt werden.
Ich rufe auf Frage V/2 — des Abgeordneten Riedel —:
Ist die Bundesregierung bereit, auf Grund der Erfahrung mit dem steuerlichen Auswanderer Alfons Müller, Wipperfürth, die bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen zu überprüfen und Ungleichheiten der Besteuerung zugunsten steuerlicher Defraudanten und die steuerlichen Unterschiede der im Wettbewerb stehenden Unternehmensformen abzubauen?
Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums,
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, nicht nur der Fall des „Auswanderers" Müller-Wipperfürth hat den Bundesfinanzminister veranlaßt, die bisherigen Rechtsgrundsätze für die Besteuerung inländischer Einkünfte von Steuerpflichtigen mit Wohnsitz im Ausland zu überprüfen. Die geltenden Rechtsgrundsätze über die Besteuerung solcher Einkünfte
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7858 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Staatssekretär Dr. Hettlageim Inland und im Ausland habe ich auf die Frage des Herrn Abgeordneten Priebe in der Sitzung des Deutschen Bundestages am 14. Oktober 1959 kurz dargestellt. Ich darf zusammenfassend folgendes in Erinnerung bringen:Das deutsch-schweizerische Doppelbesteuerungsabkommen von 1957 gewährt bei Einkünften aus Dividenden oder sonstigen Kapitalerträgen dadurch einen besonderen Vorteil, daß die Kapitalertragsteuer für Ausschüttungen einer deutschen Kapitalgesellschaft an eine Person mit Wohnsitz in der Schweiz nur 15 v. H. statt des Regelsatzes von 25 v. H. beträgt. Diese Ermäßigung der Kapitalertragsteuer entspricht der ständigen internationalen Übung, z. B. auch in den Doppelbesteuerungsabkommen mit den Vereinigten Staaten, mit Frankreich, den Niederlanden, Österreich, Schweden, Norwegen und Finnland. Diese Ermäßigung der Kapitalertragsteuer im Quellenstaat geht davon aus, daß in diesem bereits die Körperschaftsteuer erhoben wird und daher die Besteuerung der Dividenden als Einkünfte im wesentlichen im Wohnsitzstaat des Aktionärs und nur in geringem Umfang noch im Quellenstaat erfolgen soll. Weil nun aber in der Bundesrepublik die ausgeschütteten Gewinne mit einem geringeren Satz von 15 v. H. zur Körperschaftsteuer herangezogen werden, ist in zahlreichen Abkommen, auch in dem mit der Schweiz, vorgesehen, daß bei einer wesentlichen Beteiligung einer ausländischen Kapitalgesellschaft an einem inländischen Unternehmen die Kapitalertragsteuer dennoch mit dem normalen Satz von 25 v. H. zu leisten ist.I) Der größere steuerliche Vorteil entsteht im übrigen durch das Steuergefälle zwischen der Höhe der Einkommen- und Körperschaftsteuer in der Bundesrepublik einerseits und in der Schweiz andererseits. Dieses starke steuerliche Gefälle können wir nicht ändern.Bei einem neuen Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz wird die Bundesregierung darauf hinwirken, daß diese Steuervorteile für deutsche Steuerflüchtlinge künftig möglichst nicht entstehen. Der Steuervorteil würde wesentlich verringert werden, wenn der Körperschaftsteuersatz für ausgeschüttete Gewinne von zur Zeit 15 v. H. später einmal wieder erhöht werden sollte.
Das Wort zu einer Zusatzfrage hat der Abgeordnete Riedel.
Herr Staatssekretär, weiß die Bundesregierung, daß dem Herrn Müller und anderen auch aus der Tatsache, daß die Hersteller-Einzelhändler-Zusatzsteuer nicht besteht, steuerliche Vorteile und damit für den Fiskus negative Auswirkungen entstehen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das ist der Bundesregierung bekannt. Sie wissen, daß zur Zeit im Finanzausschuß des Bundestages eine Gesetzesvorlage beraten wird, durch die wieder eine Her steller-Einzelhändler-Zusatzsteuer eingeführt werden soll.
Ich rufe auf die Frage V/3, gestellt von Herrn Abgeordneten Rollmann:
Trifft es zu, daß Kinderzuschläge nach der Lastenausgleichsgesetzgebung und Kinderzuschüsse nach dem Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz an den Kindesvater unter Umständen — insbesondere bei Häufung - dem unehelichen Kinde nicht in vollem Umfange zugute kommen, weil nach t 1708 I BGB fur die Bemessung des Unterhalts lediglich die Lebensstellung der Mutter zugrunde gelegt werden darf?
Das Wort zur Beantwortung hat ,der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, Ihre Frage behandelt einen rechtlich etwas verwickelten Zusammenhang.
Wer Unterhaltshilfe ,aus dem Lastenausgleich bezieht, erhält auch für ein uneheliches Kind 47 DM monatlich, wenn er für dieses Kind unterhaltspflichtig ist. Das gilt vor allem dann, wenn der Kindesvater das uneheliche Kind in seinen eigenen Haushalt aufgenommen hat. Die Begrenzung der Alimentenverpflichtung durch § 1708 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf die Lebensstellung der Mutter hat für die Leistungen aus idem Lastenausgleich praktisch keine Bedeutung.
Zu den Renten der Angestelltenversicherung wind ein Kinderzuschuß gewährt, den auch der unterhaltspflichtige Erzeuger eines unehelichen Kindes f für die Dauer seiner Unterhaltspflicht erhält. Das Gesetz sorgt dafür, daß dieser Kinderzuschuß auch wirklich der Kindesmutter oder einer anderen Person zufließt, die das Kind überwiegend unterhält. Nach § 39 Abs. 8 des Angestelltenversicherungsgesetzes kann das Versicherungsamt die unmittelbare Zahlung des Kinderzuschusses an die Kindesmutter oder einen sonstigen Unterhaltspflichtigen anordnen.
Im übrigen wird die Zahlung des Kinderzuschusses an das uneheliche Kind nach § 76 des Angestelltenversicherungsgesetzes dadurch auch gesichert, daß der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes gepfändet werden kann.
Nun zu Ihrer engeren Frage. Nur in seltenen Fällen können Ansprüche eines unehelichen Kindes sowohl aus einer Angestelltenrente wie aus Leistungen 'des Lastenausgleichs zusammentreffen. Die Gesamtzuwendung an das uneheliche Kind aus diesen beiden Quellen kann in solchen wenigen Ausnahmefällen geringfügig gekürzt werden, jedoch nicht unter ,dem Durchschnittssatz von etwa 65 DM monatlich.
Keine Zusatzfrage.Ich ziehe hier die Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf Drucksache 2396 herein, die Herr Abgeordneter Dr. Bucher gestellt hat:
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7859
Präsident D. Dr. GerstenmaierWas verspricht sich die Bundesregierung von der neuerdings im kleinem Grenzverkehr mit der Schweiz eingeführten Beschränkung, daß die zugelassenen 250 g Kaffee nur auf zwei Raten eingeführt werden dürfen?Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Dr. Bucher, bei der Beantwortung Ihrer Frage bitte ich zunächst, Bezug nehmen zu dürfen auf eine Antwort, die ich in der gleichen Angelegenheit Herrn Abgeordneten Bühler in der Sitzung ,des Bundestages am 14. Dezember 1960 erteilt habe.
Sie fragen, was ,die Bundesregierung sich von der neuerdings eingeführten Regelung verspreche, daß im kleinen Grenzverkehr mit der Schweiz eine Freimenge von 250 g Kaffee nur in zwei Teilen, aber nicht auf einmal in das Bundesgebiet zollfrei eingeführt werden kann. Herr Abgeordneter, meine freimütige Antwort lautet: die Bundesregierung verspricht sich nichts davon.
Ich habe damals bereits ausgeführt, daß wir die Regelung, die das deutsch-schweizerische Abkommen über den kleinen Grenzverkehr neuerdings getroffen hat, nicht für glücklich halten. Ich habe damals gesagt, daß wir darauf hinwirken wollen, diese Regelung wieder zu beseitigen. In der Zwischenzeit ist eine Fühlungnahme darüber mit dem schweizerischen Vertragspartner eingeleitet worden. Einen internationalen Vertrag wie diesen können wir nur im Benehmen mit dem Vertragspartner ändern. Ich rechne damit, daß der schweizerische Vertragspartner keine Bedenken haben wird, den früheren Zustand wiederherzustellen. Weiter ist allerdings aus formellrechtlichen Gründen erforderlich, daß auch das Ratifikationsgesetz zu diesem internationalen Abkommen in diesem Punkte geändert wird. Ob das in einem vereinfachten Verfahren geschehen kann, wird geprüft. Ziel unserer Bemühungen ist jedenfalls, den früheren Rechtszustand wiederherzustellen, nach dem eine Freimenge von 250 g Kaffee monatlich auf einmal zollfrei in das Bundesgebiet eingeführt werden darf.
Frage VI/1 —des Herrn Abgeordneten Ritzel — aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft:
Ist der Bundesregierung die Summe der privaten Kredite bekannt, die aus der deutschen Wirtschaft seit der Währungsreform 1948 in das Ausland geflossen sind, und die summe des im übrigen im Ausland angelegten deutschen Kapitals?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Seit Januar 1950 sind von privater Seite langfristige Kredite und Darlehen in einem Gesamtbetrag von 2,3 Milliarden DM an das Ausland gewährt worden. Nach Abzug der Tilgungen betrug der Bestand Ende November 1960 1,9 Milliarde DM. Die kurzfristigen Kredite deutscher Geschäftsbanken beliefen sich zum gleichen Zeitpunkt auf 1,1 Milliarde DM. Die sonstigen privaten kurzfristigen Kredite oder Darlehen sind nicht bekannt. Die Summe des im übrigen, d. h. ohne private Kredite und Darlehen seit Anfang 1950 insgesamt von öffentlicher und privater Seite im Ausland lang- und kurzfristig angelegten Kapitals beträgt 13,7 Milliarden DM.
Mit Rücksicht auf ,die beschränkte Zeit darf ich es bei diesen knappen Bemerkungen bewenden lassen. Wir sind selbstverständlich gern bereit, Herrn Abgeordneten Ritzel noch Einzelheiten bekanntzugeben.
Danke sehr!
Keine Zusatzfrage.
Frage VI 2 — des Herrn Abgeordneten Riedel —:
die Bundesregierung der Auffassung daß Sammelbesteller,
die für Versandhäuser arbeiten, keine Tätigkeit ausüben?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort „Sammelbesteller" ist im Versandhandel kein eindeutiger Begriff, der eine festumrissene Tätigkeit bezeichnet. Die Tätigkeit der einzelnen sogenannten Sammelbesteller zeigt vielmehr sehr erhebliche Unterschiede. Die Frage, ob Sammelbesteller, die für Versandhäuser arbeiten, eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, kann daher auch nicht generell beantwortet werden. Eine Entscheidung kann jeweils nur für den einzelnen Fall getroffen werden. Zur Zeit schweben mehrere Gerichtsverfahren, die unter anderem die gewerberechtliche Einordnung von Sammelbestellern zum Gegenstand haben. Das Bundesministerium für Wirtschaft schlägt daher vor, die Entscheidungen der Gerichte zunächst abzuwarten.
Herr Abgeordneter Riedel zu eher Zusatztrage!
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung nicht der Auffassung, daß es sich hier weniger um die Personen, als um die Handlungen solcher Personen dreht? Weiß die Bundesregierung, daß von solchen Personen Umsätze von über 100 000 DM getätigt werden — das ist weit mehr, als im Durchschnitt ein deutsches Einzelhandelsgeschäft umschlägt — und daß diese Tätigkeit gewerbesteuer- und umsatzsteuerfrei ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mir ist nicht bekannt, Herr Abgeordneter, daß es Sammelbesteller gibt, die Umsätze von mehr als 100 000 DM jährlich vermitteln, ohne dadurch steuerpflichtig zu werden. Zumeist geben Sammelbesteller nur Bestellungen weiter. Ein vermittelter Umsatz von 100 000 DM legt die Vermutung nahe, daß es sich um einen Vertreter im Nebenberuf, nicht dagegen um einen Sammelbesteller handelt. Es ist Sache der unteren Verwaltungsbehörden — insbesondere der Finanzämter , dafür zu sorgen, daß den gesetzlichen Bestimmungen
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7860 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Staatssekretär Dr. Westrickvon den Steuerpflichtigen die gebührende Beachtung geschenkt wird.
Eine zweite Zusatzfrage!
Ich habe den Wunsch, Herr Staatssekretär, mit Ihnen wegen dieses Gegenstandes in Verbindung zu bleiben.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich stehe Ihnen dafür sehr gern zur Verfügung.
Wir kommen jetzt zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. Die Fragen VII/1 und VII/2 — des Herrn Abgeordneten Dr. Schellenberg — sind zurückgestellt.
Wir kommen zur Frage VII/3 — des Herrn Abgeordneten Dr. Dittrich —:
Beabsichtigt die Bundesregierung eine Änderung der Bestimmungen des AVAVG über die Förderung des Winterbaues, um zur Verbesserung der Auftragslage der Bauwirtschaft, die nicht im Brennpunkt steht, die Förderungsmittel neben privaten Bauherren auch den Kommunen zuteil werden zu lassen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat dem Bundestag und dem Bundesrat zum 30. September 1962 über die Auswirkungen der Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft Bericht zu erstatten und dabei gegebenenfalls auch Vorschläge für die Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu machen. Dabei wird die Bundesregierung auch prüfen, ob und inwieweit die Förderung anderer als privater Bauherren — insbesondere auch der Gemeinden — durch Zuschüsse oder Darlehen aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zugelassen werden könnte.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung bekannt, daß vor allem in den ostbayerischen Gebieten die Bauindustrie bei weitem noch nicht ausgelastet ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist uns bekannt. Wir werden aber, ehe wir neue Vorschläge machen können, erst die Erfahrungen eines Winters auswerten müssen.
Sie schließen aber die Möglichkeit einer Ergänzung des AVAVG in dieser Richtung nicht aus?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein!
Frage VII/4 — des Herrn Abgeordneten Leber —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den letzten Monaten von Firmen, die zu diesem Zweck besonders ins Leben gerufen wurden, oder auch von bestehenden Unternehmen Arbeiter, vor allem für Bauarbeiten, von Holland nach Deutschland verliehen worden sind und daß das verleihende Unternehmen in Holland von der leihenden Firma in Deutschland dafür sowohl eine Gehohr für die Verleihung als auch laufende Provisionen für die Dauer des Leihverhältnisses erhält?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Über die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung haben wir erfahren, daß in den letzten Monaten zwei holländische Firmen in Rundschreiben deutschen Unternehmen Leiharbeiter gegen Entgelt angeboten haben. Ob in den beiden bekanntgewordenen Fällen Arbeitnehmer auch tatsächlich vermittelt worden sind, haben wir nicht feststellen können. Die Bundesanstalt hat jedoch die beteiligten deutschen Firmen darauf aufmerksam gemacht, daß Leiharbeitsverhältnisse ungesetzlich sind. Sie hat auch mit dem niederländischen Staatsarbeitsamt Verbindung aufgenommen, um das Ausleihen von Arbeitern zu unterbinden. Das niederländische Staatsarbeitsamt hat mitgeteilt, daß eine Firma bereits nach acht Tagen ihre Tätigkeit eingestellt habe. Eine andere Firma, die in Düsseldorf einen Agenten eingesetzt hatte, ist vom Arbeitsamt Düsseldorf auf die Ungesetzlichkeit dieser Tätigkeit hingewiesen worden. Der Agent hat daraufhin seine Tätigkeit auch eingestellt.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung wirklich nicht bekannt, daß im Laufe des letzten Sommers nicht einzelne, sondern zahlreiche Bauarbeiter von Holland nach Deutschland gegen Entgelt verliehen worden sind, daß einzelne deutsche Firmen die Leute haben hängenlassen, weil sie gesagt haben, wir sind an einer weiteren Mietung nicht mehr interessiert, und daß die Leute nicht mehr das Fahrgeld hatten, um nach Holland zurückfahren zu können, und sich an Wohlfahrtsverbände wenden mußten? Diese Dinge sind doch auch in der Presse dargestellt worden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Tatbestände, die Sie soeben dargestellt haben, sind uns von der Bundesanstalt in Nürnberg übermittelt worden. Darüber hinaus haben wir in dem Sinne, wie Sie es soeben angedeutet haben, keine Erfahrungen gemacht.
Frage VII/5 — des Herrn Abgeordneten Leber —:Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß das Verleihen von Arbeitskräften, ganz gleich, ob es ausschließlich in der Bundesrepublik oder aber ob es von Firmen, die im Ausland ihren Sitz haben, in die Bundesrepublik hinein erfolgt, gegen anerkannte Grundsätze verstößt?
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7861
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung vertritt die Auffassung, daß das Ausleihen von Arbeitskräften gegen Entgelt, gleichgültig, ob es ausschließlich in der Bundesrepublik geschieht oder vom Ausland in das Bundesgebiet erfolgt, einen Verstoß gegen die Vorschriften des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung darstellen kann, wenn ein Arbeitgeber Arbeitskräfte regelmäßig Dritten für eine Beschäftigung zur Verfügung stellt, ohne selbst die Arbeit auf eigene Rechnung ausführen zu lassen und ohne selbst die Ausrüstung dieser Arbeiter mit den erforderlichen Werkzeugen zu übernehmen. Dieser Verstoß könnte nach den Strafvorschriften des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung und dem Strafgesetzbuch bestraft werden.
Eine Zusatzfrage?
Ist die Bundesregierung bereit, Maßnahmen zu erwägen, die das Verleihen von Arbeitskräften in der Bundesrepublik generell unmöglich machen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das betrifft ja Ihre dritte Frage, die ich gleich beantworten kann.
Dann rufe ich die Frage VII/6 — des Abgeordneten Leber — auf:
Gedenkt die Bundesrepublik das Verleihen von Arbeitskräften gegen irgendwie geartete Entgelte im Bereich der Bundesrepublik 711 dulden und es sich unter Umständen weiter ausbreiten zu lassen, oder gedenkt sie, es zu unterbinden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir haben die Bundesanstalt in Nürnberg angewiesen, das Ausleihen von Arbeitskräften gegen Entgelt sowohl innerhalb der Bundesrepublik als auch von Unternehmen im Ausland an Uunternehmen in der Bundesrepublik als mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht in Übereinstimmung stehend zu unterbinden.
Frage VII/7 — des Abgeordneten Simpfendörfer —:
Worauf ist es zurückzuführen, daß für einzelne Paragraphen des KOV-Neuregelungsgesetzes die Rechtsverordnung noch nicht erging, obgleich das Gesetz schon seit vielen Monaten verkündet ist und zum 31. Dezember 1960 Fristen zur Antragseinbringung gesetzt waren?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Bundesversorgungsgesetz in der Fassung vom 27. Juni 1960 enthält insgesamt acht Ermächtigungen für die Bundesregierung, Rechtsverordnungen zu erlassen. An den einzelnen Verordnungen wird in unserem Hause so nachhaltig wie überhaupt möglich gearbeitet. Der Ablauf dieser Arbeiten wurde und wird weiterhin durch die Schwierigkeit der zu behandelnden Rechtsfragen beeinflußt, die zahlreiche Besprechungen mit den beteiligten Bundesressorts erforderlich macht.
Im einzelnen kann ich Ihnen folgendes sagen.
Die Verordnung zu § 33, die zugleich die Verordnungen zu den §§ 41, 47 und 51 umfaßt und die Anrechnung des Einkommens bei der Ausgleichs- und Elternrente regelt, trägt das Datum vom 11. Januar 1961 und ist gestern im Bundesgesetzblatt verkündet worden.
Dem Entwurf einer Verordnung zu § 31 — das betrifft die Schwerstbeschädigtenzulage — hat der Bundesrat am 22. Dezember 1960 mit Änderungswünschen zugestimmt. Da die Bundesregierung diesen Änderungswünschen aber nicht in allen Punkten folgen kann, muß die Verordnung geändert und dem Bundesrat erneut zugeleitet werden.
Der Entwurf zu einer Verordnung zu § 13 — orthopädische Versorgung — wird bereits in den nächsten Tagen dem Bundeskabinett zugehen.
Die Arbeiten an der Verordnung zu § 30 — Berufsschadenausgleich — sind im Gange, so daß der Entwurf alsbald dem Bundeskabinett vorgelegt werden kann. Das gleiche gilt für die Verordnung zur Kriegsopferfürsorge — § 27 —, für die der Herr Bundesminister des Innern zuständig ist.
Soweit durch die Verordnungen für die Berechtigten neue Ansprüche entstehen — ich glaube, das ist der Sie bei dieser Anfrage bewegende Punkt —, ist sichergestellt, daß ein Antrag, der innerhalb von 6 Monaten nach Verkündung der Verordnungen gestellt wird, Rückwirkung auf den 1. Juni 1960 — das ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Neuordnungsgesetzes — hat.
Keine Zusatzfrage.
Frage VII/8 — des Abgeordneten Schneider —:
Wie weit sind die Erörterungen gediehen bzw. die praktischen Vorbereitungen für die Vereinfachung und Rationalisierung der Arbeit in den Rentenversicherungsanstalten getroffen, um eine Bereinigung und Ubersicht der Versichertenkonten zu schaffen und ein Rentenbild für jeden Versicherten aufstellen zu können, das ihm die Möglichkeit gibt, sich laufend über seine Leistungen und Ansprüche zu orientieren?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Aufstellung von Rentenbildern und Versichertenkonten, die es ermöglicht, jeden Versicherten laufend über seine Vorleistungen und Ansprüche zu unterrichten, setzt den Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen bei den Rentenversicherungsträgern voraus. Nur mit ihrer Hilfe können alle vorhandenen Versicherungsunterlagen schnell und wirtschaftlich bearbeitet werden.Mit den Aufsichtsbehörden der Rentenversicherungsträger und dem Bundesversicherungsamt wird bereits seit längerer Zeit dieser außerordentlich
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7862 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Staatssekretär Dr. Claussenschwierige Fragenbereich eingehend erörtert. Auch der Verband der Rentenversicherungsträger hat eine Kommission für diese Fragen eingesetzt, an deren Beratungen ständig ein Vertreter unseres Hauses teilnimmt.Obwohl über Einzelfragen, wie z. B. die Kennzeichnung der Versichertenkonten, schon konkrete Vorstellungen bestehen, sind' wegen des außerordentlich großen Umfangs der Aufgabe, der sich ständig ändernden Möglichkeiten der elektronischen Datenspeicherung und -verarbeitung sowie auch wegen der beachtlichen finanziellen Auswirkungen noch keine Beschlüsse gefaßt worden.Außerdem laufen noch praktische Versuche, die noch nicht abgeschlossen sind. Wir möchten durch diese praktischen Versuche klären, inwieweit die erforderlichen Versicherungsdaten in den Versicherungsunterlagen überhaupt vorhanden sind, wie sie am zweckmäßigsten gespeichert und verarbeitet werden können und in welcher Zeit für den gesamten Kontenbestand die Versicherungsdaten aufnehmbar sind.Deswegen ist es im Augenblick noch nicht abzusehen, wann wir in der Lage sein werden, für jeden Versicherten laufend ein Rentenbild aufzustellen. Sollten gesetzliche Maßnahmen notwendig sein, so werden wir nicht verfehlen, dem Hohen Hause entsprechende Vorschläge zu machen.
Aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung rufe ich auf Frage VIII/l — des Herrn Abgeordneten Merten —:
Triftt es zu, daß an die Truppen der Bundeswehr Fragebogen verteilt werden oder verteilt worden sind, in denen u. a. danach gefragt wird, welcher Partei der Befragte angehört?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In der Bundeswehr ist im Rahmen eines Forschungsauftrages des NATO Science Commitee durch einen amerikanischen Professor eine Befragung in ähnlicher Weise wie in anderen Staaten durchgeführt worden. Die Beantwortung der Fragebogen war freiwillig. Außerdem geschah sie in Abwesenheit dieses Professors und anonym. Auf dem Umschlag der Fragebogen stand der Aufdruck:
Bitte schreiben Sie nicht Ihren Namen und Ihre Dienststelle oder Ihren Truppenteil auf den Fragebogen.
Die Ergebnisse wurden für die Einheiten keiner deutschen Stelle, insbesondere nicht den Vorgesetzten, bekanntgegeben. Die Befragung soll vergleichende Untersuchungen in mehreren Staaten über den Stand der Bildung, über das persönlich? Erleben, den Werdegang, die politischen Kenntnisse und das politische Interesse der jungen Soldaten ermöglichen.
Eine Zusatzfrage?
Ist sichergestellt, Herr Staatssekretär, daß die Antwort auf die Frage nach der Parteizugehörigkeit in diesem Fragebogen für die Beantworter des Fragebogens keinerlei Folgen hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, zunächst war die Beantwortung freigestellt. Sehr viele Soldaten haben von der Beantwortung einzelner Fragen oder des ganzen Fragebogens abgesehen. Zweitens wurde nicht nach der Parteizugehörigkeit gefragt, wohl aber danach, welche Parteien gewählt worden waren. Drittens wurden diese Fragebogen von diesem amerikanischen Professor eingesammelt und nicht nach Dienststellen abgelegt, sondern auf einen großen Haufen gelegt. Es ist also absolut unmöglich, daß irgendein Mißbrauch mit diesen Dingen getrieben worden ist.
Außerdem ist diese Fragebogenaktion nicht auf unsere Veranlassung geschehen, wohl aber mit der Genehmigung des Verteidigungsministeriums im Rahmen eines internationalen Vergleichs.
Eine zweite Zusatzfrage?
Ist irgendeine Sicherheit dafür gegeben, daß die Ergebnisse dieser Aktion der deutschen Öffentlichkeit nicht bekannt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Ergebnisse sollen in folgender Form bekanntgegeben werden. Erstens soll ein Gutachten vergleichender Art dem zuständigen Verteidigungsministerium übergeben werden. Außerdem schreibt Professor Waldman — das ist ein früherer Österreicher, der 1938 oder 1939 nach Amerika emigrierte — ein Buch über den Stand der Bildung, über den beruflichen Werdegang, über die politischen Erkenntnisse und die politischen Auffassungen in den verschiedenen Staaten.
Frage VIII/2 - des Herrn Abgeordneten Schneider —:
Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit, auch alle diejenigen einzigen Söhne vorn Wehrdienst zu befreien, deren Vater als vermißt gelten, ohne daß eine Todeserklärung für diese beantragt werden muß?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Verteidigungsministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die einzigen lebenden Söhnen von Vätern, die als vermißt gelten, werden gemäß § 11 des Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes auf Antrag vom Wehrdienst befreit, ohne daß eine Tcdeserklärung beantragt werden muß. Nach dieser Bestimmung verfahren die Wehrersatzbehörden. Soweit einzelne Kreiswehrersatzämter anders entschieden haben, sind diese Entscheidungen inzwischen berichtigt. Ferner ist eine allgemeine Belehrung .der Kreiswehrersatzämter erfolgt.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7863
Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, ob die Entscheidung des Kreiswehrersatzamtes Witten an der Ruhr, das im anderen Sinne entschieden hatte, inzwischen aufgehoben worden ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jawohl, ist aufgehoben.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe auf die Frage IX /1 — des Herrn Abgeordneten Ritzel
\\Vds beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um endlich die Beachtung der Bestimmungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-
Ordnung zu erzwingen, wonach Belästigungen der Verkehrsteilnehmer und Anlieger durch Dampf- und Verbrennungsgase verboten tied unter Strafe gestellt sind?
Ihre Anfrage, Herr Kollege Ritzel, geht mit Recht davon aus, daß durch die Grundregeln der Straßenverkehrs-Ordnung und der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung die Belästigung und Gefährdung durch Abgase und Qualm bereits seit langem verboten sind. Trotzdem ist wegen der Bedeutung dieser Angelegenheit durch die Verordnung zur Änderung von Vorschriften des Straßenverkehrsrechts vom 7. Juli letzten Jahres folgende Spezialvorschrift erlassen worden:
Kraftfahrzeuge müssen so beschaffen sein, daß die Verunreinigung der Luft durch Abgase das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maße nicht übersteigt.
Die Überwachung der Kraftfahrzeuge ist, soweit es um die Rauchgasentwicklung geht, Sache der Polizei, Es gelang ihr nur sehr schwer, bei übermäßiger Rauchentwicklung eine gerichtliche Bestrafung zu erreichen, da ihr als Beweismittel neben den Zeugenaussagen im wesentlichen nur die photographische Aufnahme zur Verfügung stand. Inzwischen ist ein besonderes Meßgerät entwickelt worden. Dieser sogenannte Raugastester wird der Polizei die Bekämpfung von Belästigungen erleichtern.
Durch die bereits genannte Verordnung vom 7. Juli 1960 ist außerdem festgelegt worden, daß bei der periodischen technischen Kraftfahrzeugüberwachung in Zukunft nicht nur festgestellt werden muß, ob den Anforderungen der Verkehrssicherheit genügt ist, sondern daß auch die Geräuschentwicklung und die Abgasentwicklung zu prüfen sind. Ich hoffe, daß auch diese Maßnahme dazu beitragen wird, die Verhältnisse auf dem Gebiete ,der Abgaseentwicklung, die gegenüber den früheren Jahren trotz der starken Zunahme des Kraftfahrzeugbestandes wohl etwas besser geworden sind, weiter zu verbessern.
Unerfreulich ist nach wie vor das Qualmen der Zweitaktmotoren, an dessen Beseitigung seit langem gearbeitet wird. Die Lösung dieser Frage dürfte jetzt hoffentlich ,darin gefunden worden sein, daß die bauliche Weiterentwicklung des Zweitaktmotors nunmehr die Heraufsetzung des Mischungsverhältnisses von Treibstoff und 01 auf 40 zu 1 und mehr erlaubt. Damit dürfte in Zukunft die wesentliche Ursache ,des Qualmens bei den Zweitaktmotoren beseitigt sein.
Sehen Sie eine Möglichkeit, Herr Bundesverkehrsminister, dafür zu sorgen, daß die Abgase von den sogenannten Qualmern nicht nur nach einer Richtung — nach den bisherigen Vorschriften nach links, also ausgerechnet nach der Seite, wo der Überholvorgang stattfindet — abgelassen werden, solange es technisch noch nicht möglich ist, die Qualmerei überhaupt zu unterbinden?
Im wesentlichen müssen wir uns, glaube ich, darauf beschränken, zu versuchen, ;das Qualmen abzustellen, das ja insbesondere bei Lastkraftwagen dann auftritt, wenn die Einstellung der Zumischpumpe der Dieselkraftstoffzuführung nicht ;in Ordnung ist.
Gegen das Qualmen nach hinten, das insbesondere den dahinterfahrenden Kraftwagen belästigte, ist seinerzeit die Vorschrift ergangen, daß der Qualm unter einem bestimmten Winkel vor den Hinterrädern austreten müsse, damit er durch die Hinterradreifen möglichst noch weiter verteilt und beseitigt werde. Es ist auch erlaubt, über Dach abzuqualmen. Das wollen aber die Fahrer nicht, weil sie befürchten, daß dadurch bei Lastkraftwagen die Ladung beschädigt werde.
Zweite Zusatzfrage?
Ist Ihnen bekannt, Herr Bundesverkehrsminister, daß solche Bedenken gegen die Ableitung fiber Dach in den Vereinigten Staaten offensichtlich nicht bestehen? Dort kann man laufend beobachten, daß über Dach erbgequalmt wird. Ist Ihnen auch bekannt, daß bei der von Ihnen vorhin erwähnten Einrichtung tatsächlich nicht dafür gesorgt wird, daß der Qualm in die Hinterräder gerät, sondern weit darüber hinaus auf die Fahrbahn reicht und den Überholvorgang beeinträchtigt?
Herr Kollege Ritzel, die amerikanischen Verhältnisse sind mir bekannt. Deswegen hatte ich schon vor Jahren Wert darauf gelegt, daß auch in Deutschland diese Möglichkeit eröffnet werde. Es wird aber kein Gebrauch davon gemacht. Alle Bemühungen, das Abqualmen über Dach einzuführen, sind erfolglos gewesen. Die Fahrer haben das immer wieder abgelehnt. Bei der Vorrichtung, durch die die Gase unter einem Winkel von 45 Grad ausströmen, findet durch den Windwirbel, den die Hinterräder hervorrufen, eine bessere Verteilung der Abgase statt. Übrigens ist, wenn über Dach abgequalmt wird, natürlich nicht zu vermeiden, daß sich die schweren Gase hinterher auch niederschlagen.
Frage IX/2 — des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann —:
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7864 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Präsident D. Dr. GerstenmaierIst der Herr Bundesverkehrsminister der Auffassung, daß eine Heraufsetzung der Geschwindigkeitsbegrenzung in geschlossenen Ortschaften auf 60 km/h zur Erhöhung des Verkehrsflusses beitragen würde, zumal in Stadtkernen ohnehin nur geringere Geschwindigkeiten möglich sind?Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Bundesverkehrsminister.
Eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km in der Stunde in geschlossenen Ortschaften ist nur in der Schweiz und in Portugal vorgeschrieben. Die Kommission, die die Europäische Verkehrsministerkonferenz zur Prüfung dieser Frage eingesetzt hat, hat sich für den Verkehr in geschlossenen Ortschaften für eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km in der Stunde ausgesprochen.
Die Auffassung, daß ,die Flüssigkeit des innerstädtischen Verkehrs durch Erhöhung der zulässigen Geschwindigkeit auf 60 km verbessert werden könne, vermag ich nicht zu teilen. Die Leistungsfähigkeit einer Straße wird durch die mittlere Geschwindigkeit der Fahrzeuge und deren mittlere Abstände voneinander bestimmt. Je größer die Geschwindigkeit ist, um so größer müssen die Abstände werden. Die Abstände wachsen dabei nicht linear mit der Geschwindigkeit, sondern stärker, damit der nötige Bremsweg erhalten bleibt. Größere Abstände, bedingt durch höhere Geschwindigkeiten, beeinträchtigen also die Leistungsfähigkeit der innerstädtischen Straßen.
Natürlich gibt es auch im innerstädtischen Verkehr Straßen oder Zeiten, wo die Verkehrsbelastung so gering ist, daß große Fahrzeugabstände eingehalten werden können. Die Straßenverkehrsbehörden können deshalb innerhalb geschlossener Ortschaften eine höhere Geschwindigkeit als 50 km in der Stunde durch Aufstellung entsprechender Schilder zulassen. Sie machen davon aber nur sehr zögernd Gebrauch, weil sie den Gesichtspunkt der Sicherheit über den der Flüssigkeit des Verkehrs stellen. Hierbei wird besonders der hohe Anteil von Kindern und von Menschen über 60 Jahren an den zu beklagenden Toten und Verletzten im innerörtlichen Verkehr berücksichtigt. Diese Personenkreise können Geschwindigkeiten der Fahrzeuge um so weniger richtig einschätzen, je schneller sich diese Fahrzeuge bewegen.
Zusatzfrage!
Herr Minister, kann die Polizei nicht wenigstens ermutigt werden, in der Richtung vorzugehen, daß in den Ausfallstraßen und in den Außenbezirken der geschlossenen Ortschaften Geschwindigkeiten bis zu 60 km zur Erreichung eines besseren Verkehrsflusses zugelassen werden?
Das steht der Polizei in eigener Verantwortung zu. Sie zu ermutigen, etwas zu tun, was sie in eigener Verantwortung tun sollte, ist, glaube ich, nicht die Aufgabe des Bundesministers für Verkehr. Ich darf Sie aber, verehrter Herr Kollege, darauf hinweisen, daß z. B. der Bezirksausschuß einer großen bayerischen Stadt sich bei einer Gegenstimme für die Beibehaltung einer Höchstgeschwindigkeitsgrenze von 50 km ausgesprochen hat, als dort beantragt wurde, auf den Ausfallstraßen eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km zuzulassen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ritzel.
Herr Bundesverkehrsminister, ist Ihnen bekannt, daß — nach Veröffentlichungen der Schweizer Presse vor zwei Tagen — sehr positive Erfahrungen in bezug auf die generelle Festsetzung der Höchstgeschwindigkeitsgrenze in den Ortschaften auf 60 km mitgeteilt wurden?
Das ist mir sehr wohl bekannt. Auch wir haben ebenso positive Mitteilungen über eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km Jahr für Jahr veröffentlicht. Es handelt sich eben grundsätzlich darum, sehr verehrter Herr Kollege, daß überhaupt eine Geschwindigkeitsbegrenzung für den innerstädtischen Verkehr festgelegt ist. Das wirkt sich bereits sehr wesentlich auf die Verminderung der Schwere der Unfälle aus.
Ich rufe nunmehr auf die Frage IX/3 — des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut —:
Was hat der Herr Bundesverkehrsminister unternommen, als er vom Bund der Steuerzahler mit Schreiben vom 26. Mai 1955 auf die umfangreiche private Bautätigkeit des Ministerialdirektors Dr. Kunde, die in keinem Verhältnis zu dessen Einkünften stand, aufmerksam gemacht wurde?
Ist Herr Abgeordneter Dr. Kohut im Hause?
Herr Präsident, ich darf die beiden Kollegen Dr. Kohut und Könen bitten, damit einverstanden zu sein, daß ich ihre Fragen zusammen beantworte; denn beide Anfragen beziehen sich auf das Schreiben des Bundes der Steuerzahler an mich vom 26. Mai 1955, das ich am 22. Juni des gleichen Jahres beantwortet habe.
Bitte sehr. Ich rufe dann noch die Frage IX/4 — des Abgeordneten Könen — auf:
Hat sich die Erledigung des an den Herrn Bundesverkehrsminister gerichteten Schreibens des Bundes der Steuerzahler vorn 26. Mai 1955 — wie im Antwortschreiben vom 22. Juni 1955 erklärt wird — nur darauf beschränkt, daß Herr Ministerialdirektor Dr. Kunde gegenüber dem Herrn Bundesverkehrsminister die Behauptungen über seine Wohnungsbaufinanzierung als nicht zutreffend bezeichnet hat, oder hat der Brief des Bundes der Steuerzahler zu weiteren Untersuchungen Veranlassung gegeben?
Danke.Das Schreiben des Bundes der Steuerzahler wünschte Auskunft über die Bautätigkeit des genannten Beamten und über die angeführten Zinssätze. Im übrigen befaßte es sich in allgemeiner
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7865
Bundesminister Dr.-Ing. SeebohmForm mit dem Wohnungsbau der Beamten und dessen Finanzierung überhaupt.Auf Grund der angestellten Ermittlungen kann die Antwort auf die Anfragen nur dahin lauten, daß die Angaben des Bundes der Steuerzahler nicht zutrafen. Nach der Anfrage sollte nämlich der Beamte sechs bis sieben Häuser gebaut und Darlehen aus öffentlichen Mitteln zu Zinssätzen von 0,6 bis 0,7 % erhalten haben. Diese Angaben waren nachweislich falsch.Die Antwort ist auch mit dem das Wohnungsbaudarlehen gewährenden Bundeswohnungsbauministerium abgestimmt.Auf Grund der Ermittlungen bestand keine Veranlassung, den Angaben des Beamten zu diesem Vorbringen des Bundes der Steuerzahler keinen Glauben zu schenken. Rückfragen beim Bund der Steuerzahler und bei der Zeitschrift „Der Steuerzahler" brachten keine weiteren Angaben in dieser Sache.Die mir bekannten beiden Häuser des Beamten, die 1948 in Frankfurt und 1951 in Godesberg erstellt waren, sind im Zusammenhang mit später bekanntgewordenen Tatbeständen Angelegenheit eines Strafverfahrens, das zur Zeit vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts Bonn läuft. Daher möchte ich im Augenblick keine weiteren Angaben machen, bin aber natürlich bereit, nach Abschluß des Verfahrens weitere Angaben zu machen, falls dies dann noch gewünscht werden sollte.
Keine Zusatzfrage.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen.
Ich rufe die Frage X/1 — Frau Abgeordnete Rudoll — auf:
Hält der Herr Bundespostminister es für richtig, daß zum Beispiel Bewohner von Essen-Werden-Land beim Empfang von Einschreibsendungen, Eilpaketen, Telegrammen usw. die Landzustellungsgebühren zahlen müssen?
In der Fragestunde am 29. September 1955 ist zu einer ähnlichen Frage bereits eingehend ausgeführt worden, daß durch die Eil- und durch die Telegrammzustellung im Landzustellbereich erheblich höhere Kosten entstehen als im Ortszustellbereich. Auf die damaligen Ausführungen, die auch heute noch in vollem Umfang gelten, darf ich Bezug nehmen.
Die Abgrenzung der Orts- und der Landzustellbereiche wird einheitlich für das gesamte Bundespostgebiet dahin gehend vorgenommen, daß zum Ortszustellbereich der geschlossene Postort und mit ihm baulich zusammenhängende Häusergruppen gehören, während Wohnstätten, die vorn geschlossenen Ort durch unbebaute Wegestrecken getrennt sind, dem Landzustellbereich zugeteilt werden. Nach dieser Einteilung gehören die Wohnungen der Postbenutzer in Essen-Werden, auf die sich Ihre Frage bezieht, zum Landzustellbereich.
Eine Zusatzfrage!
Herr Bundespostminister, sind Sie bereit, nochmals eine Überprüfung vorzunehmen, weil ja durch den Krieg die Wohnungen mehr aus der City der Großstädte an die Peripherie gekommen sind? Kann nicht überprüft werden, ob hier nicht doch eine Änderung möglich ist?
Wenn sich die Voraussetzungen entsprechend der generellen Regelung im ganzen Bundesgebiet geändert haben, bin ich gerne bereit, in eine Überprüfung einzutreten.
Frage X/2 —Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen —:
Ist die Bundesregierung bereit, die den Kriegsblinden gewährten Gebührennachlässe für Fernsprechanschlüsse auch den Zivilblinden einzuräumen?
Zur Beantwortung der Herr Bundespostminister.
Die den Kriegsblinden gewährte Gebührenvergünstigung geht auf einen Beschluß des früheren Reichstages aus dem Jahre 1931 zurück. Entscheidend für den Beschluß war die Tatsache, daß damals mit den durch Verwundung erblindeten Teilnehmern des ersten Weltkrieges nur ein sehr beschränkter Personenkreis für die Vergünstigung in Betracht kam. Außerdem war ausdrücklich festgelegt worden, daß die Regelung auf Kriegsblinde beschränkt bleiben müsse.
Wenn jetzt entgegen den damaligen Überlegungen der Kreis der Begünstigten auf andere Schwerkriegsverletzte oder Schwerkörperbehinderte ausgedehnt werden würde, würden der Deutschen Bundespost Lasten aufgebürdet werden, die ihr als betriebsfremde Fürsorgeleistungen billigerweise nicht auferlegt werden können.
Zusatzfrage?
Herr Minister, haben Sie eine Vorstellung, in welchem Rahmen sich diese Lasten bewegen würden? Wie hoch sind die jetzigen Lasten, und wie hoch würden die eventuell noch zusätzlich auf Sie zukommenden Lasten sein?
Nein, diese Berechnungen sind bis jetzt nicht angestellt worden.
Und wie hoch sind die jetzigen Lasten?
Das kann ich Ihnen im Augenblick auch nicht genau sagen. Sie dürften sich um einige hunderttausend D-Mark bewegen.
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Könnten Sie das noch einmal genau feststellen lassen? Das ist doch sicher möglich.
Selbstverständlich. Ich werde Ihnen dann Bescheid geben.
Danke schön.
Ich rufe auf die Frage X/3 — der Frau Abgeordneten Dr. Steinbiß
Trifft es zu, daß, wie nach Zeitungsmeldungen von Ilerrn Kirchenpräsidenten Dr. Niemöller gesagt worden ist, dessen Telephongespräche abgehört werden?
Die Fragestellerin hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn Bundesministers Stücklen vom 18. Januar 1961 lautet:
Wie vor dein Deutschen Bundestag bereits wiederholt erklärt worden ist, üben die drei Mächte gemäß Artikel 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages cum Schutz der Sicherheit ihrer in der Bundesrepublik stationierten Truppen nur noch in bestimmten Füllen und in sehr begrenztem Umfang eine Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs aus. Die von den zuständigen Stellen der Alliierten Sireitkräfte ergehenden entsprechenden Auordnungen unterliegen dem Geheimschutz. Ich bin daher nicht in der Lage anzugeben, ob eine bestimmte. Person hinsichtlich ihres Post- oder Fernmeldeverkehrs einer Überwachung unterliegt oder nicht.
Ich rufe auf die Frage XI aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungsbau, gestellt vom Herrn Abgeordneten Büttner:
Ist die Bundesregierung bereit, den Gemeinden, die durch die Zunahme von Räumungsklagen infolge der Mieterhöhungen vermeint Obdachlosenunterkünfte beschaffen müssen, Sondermittel zur Verfügung zu stellen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Räumungsklagen werden infolge der Mieterhöhung nach dem Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht nicht zunehmen. Einmal bleibt der Mieterschutz auch für die von der Mieterhöhung betroffenen Wohnungen insoweit in vollem Umfange be- stehen, zum anderen erhält der Mieter, für den die erhöhte Miete nicht tragbar ist, nach dem Gesetz über die Gewährung von Miet- und Lastenbeihilfen vom 23. Juni 1960 eine Mietbeihilfe.
Die Obdachlosenfürsorge ist nach geltendem Recht keine Aufgabe des Bundes. Sie ist Aufgabe der Gemeinden. Der Bund kann daher hierfür auch keine Mittel zur Verfügung stellen. Ich muß deshalb die Frage mit Nein beantworten.
Eine Zusatzfrage?
Herr Minister, sind Sie denn be-bereit, nachdem Sie hier ausgeführt haben, daß die Räumungsklagen nicht zunehmen werden, und mir das Gegenteil bekannt ist, einmal durch eine Umfrage von den Ministerien der Länder entsprechende Zahlen anzufordern, damit amtliches Material vorliegt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir stehen in dauernder Verbindung mit den Ländern und wir werden diesen Bericht machen. Ich betone noch einmal, und zwar sehr nachdrücklich, daß mit dem Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft vermehrte Räumungsklagen unmöglich sind.
Noch eine Zusatzfrage? — Eine zweite Zusatzfrage!
Ist Ihnen, Herr Minister, bekannt, daß in den sogenannten weißen Kreisen, in denen die Wohnungsbewirtschaftung aufgehoben worden ist, die Gerichte auf dem Standpunkt stehen, daß der Vollstreckungsschutz in dem bisherigen Umfang nicht gewährt werden kann, da eine Wohnungsnot in dem Sinne nicht mehr vorhanden ist, und daß dann nur der spärliche Schutz nach der ZPO übrigbleibt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist mir nicht bekannt.
Wir kommen zur Frage XII/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt — als erster Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft:
Ist es richtig, daß EURATOM im Gegensatz zu den Vorstellungen der Bundesregierung auch Forschungsreaktoren mit einer Leistung von 150 Megawatt in ihre Förderung mit einbezieht?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten. Bei EURATOM bestehen Pläne, einen Versuchsleistungsreaktor zu entwickeln. Die Versuche zielen in erster Linie dahin, Atomkraftwerke wettbewerbsfähig zu machen. Seine Leistung soll 40 Megawatt elektrischer Leistung, also etwa 150 Megawatt thermischer Leistung, betragen. Mit auf deutsche Anregung hin ist die ursprüngliche Absicht von EURATOM, dieses Vorhaben in der gemeinsamen Kernforschungsstelle von EURATOM ohne wesentliche Mitwirkung der Industrie der Mitgliedstaaten selbständig durchzuführen, dahingehend geändert worden, daß eine Beteiligung der Industrie jetzt ausdrücklich vorgesehen ist. Eine erste Ausschreibung des Vorhabens soll bis zum 30. April 1961 Unterlagen für ein Vorprojekt erbringen. An der Ausschreibung beteiligen sich auch zwei deutsche Reaktorfirmen, jeweils in Zusammenarbeit mit französischen Unternehmen. Das Bundesatomministerium ist mit dem nunmehr eingeschlagenen Verfahren von Ausschreibungen, d. h. also der Heranziehung der Industrie der Mitgliedstaaten zu solchen Projekten, einverstanden.
Eine Zusatzfrage?
Treffen lie Pressemeldungen zu, wonach Herr Minister
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Dr. Schmidt
'Balke geäußert haben soll, daß die Hemmnisse, die in Deutschland den Bestrebungen des EURATOM entgegengesetzt werden, insbesondere von der deutschen Elektrizitätswirtschaft ausgehen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, Herr Abgeordneter, das ist in der Presse sehr summarisch dargestellt. Richtig ist, daß die Väter des ersten Atomprogramms gehofft hatten, daß die Kernreaktorentwicklung und der Bau von Leistungsreaktoren schneller vor sich gehen würden. Für diesen Bau sind ja entsprechend unserer wirtschaftspolitischen Konzeption Auftraggeber, also Elektrizitätsversorgungsunternehmen, notwendig.
Es ist aber nicht so, als ob Industrie und Elektrizitätswirtschaft nichts täten, sondern es sind an zahlreichen Stellen Vorprojekte in Arbeit. Ich darf Ihnen diese einmal aufzählen. Wir haben neben den Forschungsreaktoren, die in Betrieb sind — das sind fünf —, drei Forschungsreaktoren im Bau, haben drei Versuchsleistungsreaktoren in der Projektierung, vier Versuchs-Schiffsreaktoren in der Projektierung. Ein Versuchsatomkraftwerk ist in Kahl errichtet worden; ein weiteres ist im Bau, nämlich der Hochtemperaturreaktor in Jülich. Ich glaube also doch, daß die Entwicklung recht erfreulich ist. Richtig ist, daß sich erst wenige bereit finden, schon die großen Kraftwerke zu 100 Megawatt elektrischer Leistung zu errichten. Man ist vielmehr vorsichtiger und entwickelt zunächst in erster Linie kleinere und mittlere Typen.
Letzte Zusatzfrage!
Ist das auch die Vorstellung der EURATOM-Behörde?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das deckt sich im wesentlichen mit den Anschauungen von EURATOM.
Ich rufe auf Frage XII/2 — des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt —:
Werden die Chancen des EURATOM-Programms zur Errichtung von Leistungsreaktoren durch die Bundesrepublik voll ausgenutzt?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesatomministerium.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Auf Grund eines Abkommens zwischen EURATOM und den USA vom B. November 1958, das erst im Februar 1959 in Kraft getreten ist und das die Förderung des Baues von Leistungsreaktoren amerikanischen Typs in EURATOM-Raum zum Ziele hat, hat sich das Bundesatomministerium von Anfang an bemüht, auch in der Bundesrepublik einen oder zwei Reaktoren im Rahmen dieses Abkommens zu errichten. Die Erstellung solcher Leistungsreaktoren, also von Kernkraftwerken für die Energieerzeugung — im Unterschied zu Forschungsreaktoren, die der wissenschaftlichen Forschung und nicht primär der Stromerzeugung dienen —, ist in der Bundesrepublik grundsätzlich Sache der Elektrizitätswirtschaft selbst. Der Staat hat dabei aber zu helfen, bis Kernkraftwerke auch wirtschaftlich geworden sind. Die Hilfe des Staates für Atomkraftwerke erstreckt sich auf die Gewährung erheblicher Starthilfen.
Die Starthilfen bestehen nicht nur in der wesentlichen Unterstützung, die die Bundesrepublik den Elektrizitätsversorgungsunternehmen in Form einer beträchtlichen Übernahme der Haftpflicht auf Staatskosten gewährt, sondern auch in erheblichen Zuschüssen zu den Betriebskosten von Reaktoren, um das Risiko für das private Unternehmen auf das Risiko eines klassischen Kraftwerkes gleicher Größenordnung herabzudrücken.
Im Rahmen des genannten Abkommens USA—EURATOM haben zwei Elektrizitätsunternehmen, insbesondere eine südwestdeutsche Gruppe von Energieversorgungsunternehmen, Interesse für die Errichtung von Reaktoren gezeigt. Die Entscheidung über den Bau eines Reaktors in Südwestdeutschland wurde aber von der südwestdeutschen Gruppe zunächst, insbesondere auf Grund der veränderten Energiesituation zurückgestellt, ebenso wie ein niederländisches Projekt. Jetzt aber hat diese südwestdeutsche Gruppe die Absicht, den Auftrag für ein neues Vorprojekt zu vergeben. An den Kosten für dieses Vorprojekt wird sich der Bund zur Hälfte beteiligen. Im Rahmen des Abkommens USA/EURATOM ist bisher erst ein italienisches Projekt im Bau, ein belgischfranzösisches Projekt befindet sich im Planungsstadium.
Die Möglichkeiten für die Ausnutzung des USA/ EURATOM-Abkommens werden im Atomministerium wie von der Wirtschaft ständig weiter verfolgt, wobei für die Unternehmen die Kreditkonditionen und die Schutzrechtsfragen eine besondere Rolle spielen.
Zusatzfrage?
Wie hoch waren die Mittel, die von der EURATOM-Behörde zur Förderung deutscher Forschungs- und Leistungsreaktoren im Jahre 1960 Deutschland gewährt wurden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das kann ich Ihnen im einzelnen aus dem Kopf nicht sagen. Ich kann Ihnen nur sagen, daß in den ersten Jahren — einschließlich des Jahres 1960 — EURATOM von seinem großen Forschungshaushalt in Höhe von 215 Millionen Rechnungseinheiten — also Dollar — sehr wenig ausgegeben hat und daß die Zahlungen erst jetzt zum Anlaufen kommen. Wir haben auch jetzt gerade die Freude gehabt, am 21. Dezember durch ,die Unterzeichnung der Verträge über das Europäische Transuran-Institut in Karlsruhe zu einer Beteiligung
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7868 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Staatssekretär Dr. Cartellierivon EURATOM in der Bundesrepublik zu kommen. EURATOM beteiligt sich mit einem Investitionsbeitrag von 30 Millionen Mark und der Übernahme der gesamten Betriebskosten des Instituts. Wir hoffen, daß in der nächsten Woche, am 27. Januar, der Vertrag zwischen EURATOM und der Kernenergie Hamburg, also der Versuchsgesellschaft für Schiffsreaktoren, sowie der Firma INTERATOM über die Beteiligung an einem Schiffsreaktorprojekt zum Abschluß kommt.
Sind Sie der Auffassung, daß Deutschland angemessen — verhältnismäßig — an ,den Mitteln internationaler Art beteiligt ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich habe jetzt, Herr Abgeordneter, die Zahlen noch einmal verglichen und glaube, ,daß wir vom Jahre 1961 an entsprechend unserer Beteiligungsquote von 30 °/o auch beteiligt werden, wobei man noch berücksichtigen muß, daß EURATOM auch Forschungsaufträge nach Deutschland vergibt. Es hat z. B. Forschungsaufträge an Gesellschaften vergeben, die sich der Verbesserung der Brennelemente widmen, und weitere Forschungsaufträge an das Hahn-Meitner-
Institut in Berlin, an das Gmelin-Institut in Frankfurt, an das Battelle-Institut in Frankfurt sowie an weitere Institute.
Ich breche ab. Die letzte Frage wird am Freitag beantwortet. Wir kommen zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Beratung der Sammelübersicht 29 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen (Drucksache 2371).
Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. — Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Meine Damen und Herren, wie ich vor Eintritt in die Tagesordnung mitgeteilt habe, schiebe ich jetzt die Punkte 14 und 15 hier ein. Zunächst rufe ich also Punkt 14 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Fraktion ,der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes .
Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht wird. — Bitte sehr, Herr Dr. Imle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Fragen der Kriegsgefangenen und der Heimkehrer hat das Haus in seinen früheren Entschließungen stets eine Einmütigkeit gezeigt, wie sie sonst nicht immer an der Tagesordnung war. Wenn wir heute nun die dritte Novelle im ersten Durchgang beraten, darf ich eingangs vielleicht einmal darauf hinweisen, ,daß im zweiten Teil dieses Gesetzes eine starke Angleichung an das Lastenausgleichsgesetz erfolgt ist, daß aber bereits, als das erste Anderungsgesetz zum Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz verabschiedet wurde, die siebente Novelle des Lastenausgleichs vorlag und daß wir heute bei ,der dreizehnten Novelle angelangt sind, ohne daß inzwischen entsprechende Angleichungen beim Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz erfolgt sind. Wir haben lediglich 1954 eine erste Novelle gehabt, als man die 1953 heimgekehrten Kriegsgefangenen möglichst schnell in den Genuß der Kriegsgefangenenentschädigung kommen lassen wollte. Damals hat man den Termin — nach Inkraftsetzung 'des Gesetzes sollte ein Jahr gewartet werden, bis die ersten Entschädigungen ausgezahlt würden — einfach vorgezogen.Eine zweite Novelle wurde im Jahre 1956 verabschiedet. Hierbei war sich das Hohe Haus darüber klar, daß man nicht sämtliche Tatbestände, die eigentlich geregelt werden müßten, in dieses Gesetz einbeziehen konnte. Der Bundestag 'hat dann am 28. September 1956 eine Entschließung gefaßt, die ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten noch einmal kurz ins Gedächtnis zurückrufen darf. Der Bundestag beschloß damals auf Antrag sämtlicher Fraktionen einstimmig:Der Bundestag gibt der Erwartung Ausdruck, daß gerade dieses Gesetz nicht dem Buchstaben nach einengend, sondern so ausgelegt werden sollte, daß es bei natürlicher Betrachtungsweise ,den Personen zugute kommt, denen mit diesem Gesetz geholfen werden soll. Die unübersehbare Vielseitigkeit der Verhältnisse während und nach dem Zusammenbruch lassen eine Erfassung ,aller Tatbestände durch Anführung im einzelnen praktisch nicht zu. Es wird daher— und darauf möchte ich den Ton legen —auf eine aufgeschlossene, menschliche Auslegung ,der Gesetzesbestimmungen ankommen, die bestimmend und leitend für die Schaffung dieses Gesetzes gewesen ist.Diese Entschließung des Bundestages war wohl auch noch ein Ausfluß 'der Begeisterung, die durch das ganze Volk ging, als in den Jahren 1953 und 1955 ,die letzten großen Heimkehrerentlassungen erfolgten. Es ist freilich nicht immer so gewesen; denn als z. B. nach Abschluß der Legislaturperiode des 1. Bundestages und nach der Wahl des 2. Bundestages eine Umfrage durchgeführt wurde, mit welchen Fragen sich der neue Bundestag vordringlich befassen solle, stand auch die Forderung dabei, sich für die Rückführung 'der Kriegsgefangenen einzusetzen. Dies stand allerdings an 17. Stelle, während Fragen des Materiellen, wie Erhöhung der Löhne, Wohnungsbau usw., im Vordergrund standen. Aber diese Frage wurde zu einem Element des Volkes, als die Heimkehrer tatsächlich nach Hause kamen. Wir sollten daher der damaligen Entschließung, die auch Herr Bundespräsident Heuss und verschiedene Minister bei der Begrüßung in Friedland zum Ausdruck brachten, heute Rechnung tragen.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7869
Dr. ImleWie hat sich nun diese Entschließung des Bundestags ausgewirkt? Leider hat man damit die Verantwortung auf die Bürokratie verlagert. Bürokratie braucht nicht von vornherein etwas Schlechtes zu sein, wie es heute im allgemeinen angenommen wird. Die Verwaltung ist ja darauf angewiesen, die Gesetze nach bestem Wissen und Gewissen auszulegen. Wenn diese Gesetze keinen größeren Spielraum geben, dann kann trotz eines solchen Appells des Bundestages auch der Verwaltungsbeamte nicht mehr in sie hineinlegen, als wirklich in ihnen enthalten ist. Es sind denn auch Entscheidungen ergangen, über die man manchmal nur den Kopf schütteln kann. Ich möchte hier nur zwei Beispiele anführen.Wenn Mutter und Tochter in einem Lager zusammen waren, die Mutter nach einem Land der Bundesrepublik und die Tochter nach einem anderen entlassen wurde und für beide dieselben Tatbestände zutrafen, dann erhielt z. B. die Tochter die Entschädigung und die Mutter, die 83 Jahre alt war, erhielt sie nicht. Sie mußte dann bis zum Bundesverwaltungsgericht klagen, ehe es gelang, die Verwaltung zu veranlassen, die Revision zurückzunehmen. Oder der zweite Fall: Ein Volksdeutscher aus Litauen gerät in französische Gefangenschaft. Er wird von den Franzosen auf Grund eines Übereinkommens an die Sowjetunion ausgeliefert und kehrt von dort nach zahlreichen Jahren der Gefangenschaft zurück. Als er dann seinen Antrag auf Kriegsgefangenenentschädigung stellt, wird ihm bescheinigt, daß durch die Auslieferung an die Sowjetrussen seinem berechtigten Heimführungsanspruch entsprochen worden sei.Ich glaube, wir sind uns alle in diesem Hause wohl einig, daß das nicht im Sinne der Entschließung des Bundestags gelegen hat. Wir sollten daher dafür Sorge tragen, daß diese Dinge ein für allemal in Ordnung gebracht werden.Daß die Verwaltung die Entscheidungen vielfach durch eigene Richtlinien erschwert hat, kommt darin zum Ausdruck, daß z. B. in den Richtlinien des Bundesausgleichsamtes vom 13. Januar 1960, in welchen neue Bestimmungen über die Gewährung von Darlehen und Beihilfen getroffen wurden, cum grano salis gesagt wurde, daß alle diejenigen, die nach dem Währungsstichtag nach Hause gekommen seien, als eingegliedert angesehen werden müßten. Damit wurde der Stichtag des Gesetzes vorn 1. Januar 1947 durch eine Verwaltungsanordnung für die entsprechenden Behörden nachträglich auf den Währungsstichtag Juni 1948 verlegt. Wir sollten daher jetzt all diesen Dingen Rechnung tragen und für Klarheit sorgen.Ich darf zu dem Gesetzentwurf selbst noch folgendes sagen. Die Freie Demokratische Partei ist mit ihrer Fraktion der Auffassung, daß man nun auch in das Gesetz gewissermaßen als eine Vorleistung auf die Wiedervereinigung alle Zonenflüchtlinge, die Heimkehrer sind, einbeziehen sollte, und zwar alle, die den Ausweis C erhalten haben und nach dem Stichtag vom 3. Februar 1954 in die Bundesrepublik gekommen sind. Sie haben zunächst dort drüben ausgehalten, dann aber wegen Bedrohung von Leib und Leben flüchten müssen. Deswegen sollte man sie genauso stellen wie diejenigen, die unmittelbar nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft in die Bundesrepublik gekommen sind.Eine besondere Schwierigkeit betrifft § 2 Abs. 3 Satz 2, wonach als Kriegsgefangene nicht gelten „Deutsche, die außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes arbeitsverpflichtet wurden, auch wenn sie lagermäßig untergebracht waren". Diese Bestimmung hat zu zahlreichen Prozessen Anlaß gegeben. Es hat im großen und ganzen von den bewachenden Russen oder der Lagermannschaft abgehangen, wie der betreffende Insasse des Lagers eingeteilt wurde, ob er Munition herstellen oder Munition putzen mußte oder ob er auf die Kolchose geschickt wurde; in dem einen Fall war er nicht arbeitsverpflichtet, in dem anderen Fall war er arbeitsverpflichtet. Diese Bestimmung hat zu einer derartigen Unklarheit Anlaß gegeben, daß wir auch hier zu einer Bereinigung beitragen sollten.Weiterhin darf ich auf den Antrag der FDP-Fraktion hinweisen, für alle ehemaligen Kriegsgefangenen, die nach dem 1. Januar 1951 zurückgekehrt sind, eine ähnliche Bestimmung einzufügen, wie wir sie im Häftlingshilfegesetz haben, wonach nach einem zweijährigen Gewahrsam die Haftentschädigung für jedes Gewahrsamsvierteljahr um 250 DM erhöht wird. Während bezüglich der Häftlinge festgelegt ist, daß die Inhaftnahme aus persönlichen Gründen erfolgt sein muß, spricht eine Vermutung dafür, daß bei den ehemaligen Kriegsgefangenen immer solche persönlichen Gründe vorgelegen haben; denn diejenigen, die nach 1950 noch zurückgehalten wurden, sind ja alle aus diesen Gründen verurteilt worden.Ich sagte vorhin, daß his zur Verabschiedung der ersten Novelle zum Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz schon sieben Novellen zum Lastenausgleichsgesetz herausgekommen waren. Die achte Novelle zum Lastenausgleichsgesetz brachte etwas Entscheidendes. Bis dahin mußten Lastenausgleichsberechtigte, die einen Prozeß in der ersten Instanz geführt hatten, die Anwaltskosten selbst tragen. Das wurde mit der achten Novelle geändert: wenn sie den Prozeß gewonnen hatten, bekamen sie auch die Anwaltskosten vom Staat erstattet. Für die ehemaligen Kriegsgefangenen und ihnen Gleichgestellte besteht heute noch jene durch die achte Novelle aufgehobene Bestimmung. Wir sollten daher dafür Sorge tragen, daß diese Bestimmung des § 27 Abs. 4 des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes ersatzlos gestrichen wird.Eine weitere Neuordnung ist in § 28 erforderlich. Die Kriegsgefangenenentschädigung sollte nicht mehr auf beantragte Darlehen und Beihilfen angerechnet werden. Bisher ist das noch vorgeschrieben. Vielfach wurde mit großem bürokratischem Aufwand eine Nachprüfung in den Haushalten vorgenommen, wieweit die Entschädigung verbraucht oder verwertet war, und das lediglich wegen einer Entschädigung von vielleicht 600 oder 800 DM. Wir sind der Meinung, daß diese Bestimmung geändert werden muß.
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7870 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Dr. ImleDie Anhebung der Darlehnssumme von 35 000 auf 40 000 DM bei Darlehen zum Aufbau einer wirtschaftlichen Existenz entspricht der Regelung im Lastenausgleichsgesetz.Ferner sollte eine Bestimmung eingefügt werden, wonach die Höhe von Wohnraumbeschaffungsdarlehen bei einer Änderung der entsprechenden Bestimmung des Lastenausgleichsgesetzes jeweils angeglichen wird. Für die ehemaligen Kriegsgefangenen beträgt diese Summe heute noch 5000 DM, während sie nach dem Lastenausgleichsgesetz bereits auf 8000 DM angehoben ist.Schließlich beantragen wir, als § 44 a eine Härteklausel einzufügen. Diese Härteklausel würde bei Annahme durch das Hohe Haus der von mir schon mehrfach. erwähnten Entschließung vom September 1956 Rechnung tragen, weil hierdurch nämlich die obersten Landesbehörden mit dem Bundesvertriebenenministerium in Härtefällen die Entschädigung aus besonderen Gründen gewähren können. Im Sinne dessen, was der Bundestag damals mit seiner Entschließung wollte, nämlich in Abwandlung des Wortes aus dem Strafrecht „in dubio pro reo", wird hier gesagt: „Im Zweifel für den Heimkehrer und für ,den ehemaligen Kriegsgefangenen". Das würde eine erneute Rechtfertigung dieser Entschließung des damaligen Bundestages sein. Sollten wir uns nicht in dieser Frage durch alle Fraktionen hindurch zu einer Einigung im Bundestag zusammenfinden?
Herr Abgeordneter Maucher, wünschen Sie das Wort? — Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, namens der CDU/CSU-Fraktion folgende Erklärung zu diesem Gesetzentwurf abzugeben.
Der von der FDP-Fraktion dem Hohen Hause vorgelegte Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes ist nach Auffassung der CDU/ CSU-Fraktion aus dem Bestreben heraus geboren, bei dem großen und staatspolitisch wichtigen Verband der Heimkehrer einen politischen Erfolg zu erzielen.
— Ich glaube, Sie können sich das durchaus ersparen, denn die Vergangenheit hat es ja durch einige Tatbestände erwiesen. Die CDU/CSU-Fraktion ist bereit, das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz in seiner jetzigen Fassung zu überprüfen, hält aber den von der FDP vorgelegten Entwurf für nicht ausreichend überlegt. Die CDU/CSU-Fraktion wird sich dafür einsetzen, ein gerechtes und sinnvolles Verhältnis der Leistungen dieses Gesetzes zum gesamten Sozialgefüge in der Bundesrepublik zu wahren. Sie wird sich dafür bei den Ausschußberatungen einsetzen. Sie bittet das Hohe Haus, der Überweisung des Entwurfs an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen — federführend — und an den Haushaltsausschuß — mitberatend -zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Merten!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Initiative der Freien Demokraten bei der Novellierung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes grundsätzlich begrüßen. Ich möchte allerdings gleich dazu sagen, daß der Entwurf, der hier vorgelegt worden ist, außerordentlich lückenhaft ist
und daß meiner Ansicht nach viele sachliche und auch gesetzestechnische Fragen in diesem Entwurf nicht angesprochen sind, die bei einer abschließenden Novellierung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes hätten angesprochen werden müssen.
Es wird deswegen notwendig sein, in dieser Hinsicht noch einiges zu tun. Wir hätten es auch begrüßt, wenn eine derartige Angelegenheit interfraktionell besprochen worden wäre, bevor sie in erster Lesung auf die Tagesordnung kommt.
Erfahrungsgemäß erleichtert das die Arbeit im Ausschuß beachtlich und trägt auch wesentlich zu einer Beschleunigung der Gesetzgebungsarbeit bei. Das ist aber nun nicht mehr nachzuholen, obwohl uns eine solche Methode in der Ausschußberatung wahrscheinlich manche Vorteile gewährt hätte. Es gibt nämlich außer den Fragen, die in dem Entwurf der Freien Demokraten angesprochen sind, noch eine Menge anderer Dinge. Die Ausschußberatungen müssen diese Lücken füllen, und der Ausschuß muß noch andere berechtigte Forderungen, die in der Novelle gar nicht erwähnt sind, prüfen und überlegen, wie hier geholfen werden kann. Die Novellierung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes steht schon lange im Raum. Bei früheren Besprechungen von Parlamentariern mit der Leitung des Bundesvertriebenenministeriums wurde sogar von einem Entwurf dieses Ministeriums gesprochen. Das ist schon über ein Jahr her. Vermutlich ist dieser Referentenentwurf irgendwo steckengeblieben.Daß ein solcher Entwurf ein schweres Leben haben würde, ist für diejenigen nicht verwunderlich, die wissen, daß das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz eigentlich von Anfang an von der Bundesregierung immer ein bißchen stiefmütterlich behandelt worden ist. Das fing schon im 1. Bundestag damit an, daß wir keinen Entwurf der Regierung ins Plenum bekamen, sondern drei aus der Mitte des Hauses beraten mußten. Es ging damit weiter, daß der ordnungsgemäß verabschiedete Entwurf im Bundesgesetzblatt nicht verkündet wurde. Der 2. Bundestag mußte deshalb gleich am Anfang seiner Tagungen einen Beschluß fassen, der wohl ziemlich einmalig dasteht. Er mußte nämlich die Regierung auffordern, ein ordnungsgemäß verabschiedetes Gesetz endlich zu verkünden. Dadurch und durch fiskalische Bremsen ist die Ausführung dieses Gesetzes über viele Jahre hin verzögert worden. Aus dieser Verzögerung haben sich dann die Umstände ent-
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7871
Mertenwickelt, die heute zu einer Novellierung zwingen. Alle die Dinge, die in dem Gesetz vorgesehen waren — Existenzaufbauhilfen, Wohnraumhilfen und vieles andere —, sind erst zum Zuge gekommen, als ein großer Teil der ehemaligen Kriegsgefangenen schon jahrelang in der Heimat war.Aus diesen Verzögerungen wird aber nun nicht die Konsequenz gezogen, sich jetzt schneller und stärker um die Eingliederung der Heimkehrer zu bemühen. Ganz im Gegenteil! Vor genau einem Jahr sied Richtlinien des Bundesausgleichsamtes veröffentlicht worden, in denen es wörtlich heißt:Bei Berechtigten nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, die nur verhältnismäßig kurz in Gefangenschaft waren, insbesondere bei Rückkehrern zwischen dem 1. Januar 1947 und dem Währungsstichtag, wird häufig der Zusammenhang zwischen der Darlehnsgewährung und der Kriegsgefangenschaft nicht mehr bestehen.Mit anderen Worten heißt das folgendes: Wir haben die Durchführung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes ziemlich lange hinausgezögert. Das hat zur Folge, daß wir jetzt kurzerhand behaupten können: wer sich nicht inzwischen selber geholfen hat, dem können wir auch nicht mehr helfen.Für den einzelnen Heimkehrer hat das ziemlich groteske Auswirkungen. Ich darf das an dem Beispiel eines Arztes erläutern, der wenige Wochen vor dem Währungsstichtag zurückkam. Damals war er noch Student. Er war schwer krank und mußte sich um seine Gesundheit kümmern. Dadurch konnte er erst 1953 sein Examen machen. Anschließend mußte er drei Jahre praktisch tätig sein; das ist ein Teil seiner Ausbildung. Während dieser Zeit erhielt er 300 oder 400 DM. Jetzt ist er endlich soweit, sich eine eigene Praxis einrichten zu können. Er beantragt — völlig in Ordnung — nach dem Gesetz ein entsprechendes Existenzaufbaudarlehen. Sein Antrag muß jedoch auf Grund der Richtlinien abgelehnt werden, die ich soeben zitiert habe. Ähnliche Fälle haben sich auf dem Gebiete der Wohnraumbeschaffung ereignet.Wir sollten uns deshalb einmal im Ausschuß überlegen, was wir mit diesen Richtlinien machen. Wir sollten prüfen, ob man das so lassen kann oder ob nicht ,die Möglichkeit gegeben sein muß, bei solchen in der Praxis auftauchenden Fällen zu der großzügigen und menschlichen Auslegung des Gesetzes zu kommen, die der Bundestag 1953 in einer zu diesem Gesetz gefaßten Entschließung von der Bundesregierung dringend verlangt hat.Das Parlament ist sich auch selber schuldig, sich nicht durch Richtlinien der Verwaltung ausmanövrieren zu lassen, die dem Willen des Gesetzgebers stracks zuwiderlaufen. Es gibt keine gesetzliche Bestimmung, die die Bundesregierung ermächtigt, diejenigen, die 1947 und 1948 entlassen worden sind, einfach von der Darlehnsgewährung auszuschließen. Es wäre Sache des zuständigen Bundesministers, hier einmal nach dem Rechten zu sehen und die Dinge zu prüfen. Es ist nicht gut, wenn die entlassenen Kriegsgefangenen die bei der Ausführung eines solchen Gesetzes sich ergebende harte Praxis mit den schönen Reden vergleichen, die in Friedland und auch hier an dieser Stelle — sicher aus ehrlichem Herzen heraus — gehalten werden, und dann zu dem Ergebnis kommen, daß das eine zu dem anderen nicht paßt. Das ist deswegen bedauerlich, weil sich die Heimkehrer im Durchschnitt von Anfang an bemüht haben, eine positive Haltung zur demokratischen Grundordnung zu finden. Es war für viele von ihnen nicht ganz leicht, wenn sie nach langen Jahren des Kriegsdienstes und der Kriegsgefangenschaft plötzlich in völlig neue Verhältnisse hineingestellt wurden, mit denen sie irgendwie fertig werden mußten.Wir können den Heimkehrern ebenso wie der Organisation, die sie betreut, dem Heimkehrerverband, nur dankbar sein, daß es ihm in einer systematischen und umfassenden staatsbürgerlichen Bildungsarbeit gelungen ist, ein passives oder resignierendes oder gar feindseliges Abseitsstehen der Kriegsgeneration gegenüber dem demokratischen Staat zu verhindern und im Gegenteil die heimkehrenden Soldaten zu aktiven Mitarbeitern beim Aufbau und bei der Erhaltung der Demokratie zu machen. Hierfür haben ,die höchsten Stellen des Staates — ich denke hier auch an den verehrten Herrn Bundestagspräsidenten, der das erst im vorigen Jahr getan hat — dem Verband und den Heimkehrern häufig ihre Anerkennung ausgesprochen. Aber das allein genügt nicht. Es muß auch der Wille offenbar werden, den Heimkehrern in ihren materiellen Nöten beizustehen.Auf allen Tagungen von Heimkehrern hört man immer wieder, wie die verantwortlichen Amtsträger des Verbandes den Heimkehrern sagen, sie sollen sich vor unmäßigen und demagogischen Forderungen in acht nehmen, und wie sie Heimkehrer auffordern, im Interesse des Ganzen Maß zu halten. Aber dieses Verhalten darf, glaube ich, auf keinen Fall dazu führen, daß das Parlament oder die Regierung wegen mangelnder Lautstärke über die maßvollen Forderungen der Heimkehrer hinweggeht. Dieses Verhalten muß im Gegenteil dazu führen, daß man sich mit um so größerem Ernst mit diesen Wünschen und Forderungen befaßt und sie entsprechend den Möglichkeiten erfüllt, die sicher auf vielen Gebieten gegeben sein werden.
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7872 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
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7882 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Wir bestreiten nicht, daß man bei allen Bemühungen nicht ohne das Verbot in dem einen oder anderen Fall auskommen kann. Aber den Vorrang sollten Förderungsmaßnahmen haben. Ich darf darauf hinweisen, daß es außerhalb dieses Gesetzes weitaus wirksamere Möglichkeiten gibt. Hier Kräfte und Hilfen zu mobilisieren, ist eine Aufgabe, die uns allen gestellt ist.
Wir wollen nicht verkennen, daß viele der verantwortlichen Stellen ihre Verpflichtung erkannt haben, wobei die Förderungsmaßnahmen des Bundes im Bundesjugendplan nicht unerwähnt bleiben sollen. Aber niemand wird sagen wollen, daß wir genug oder gar zuviel getan hätten. Wir sind deshalb der Meinung, daß es weiterer Überlegungen bedarf, was für die Förderung des guten Jugendbuches, des guten Jugendschrifttums, der Jugendbüchereien und des Jugendfilms getan werden kann.
Sie dürfen versichert sein, daß wir bei der zweiten Lesung des Haushalts auf diese Fragen zurückkommen werden. Wir sind bereit, uns an einem interfraktionellen Antrag zu beteiligen, und werden gegebenenfalls eigene Anträge stellen; wir dürfen dann hoffentlich die Zustimmung aller Fraktionen dieses Hohen Hauses erwarten.
Das Wort hat der Abgeordnete Dürr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der FDP wird den vorliegenden Entwurf ablehnen. Sie begrüßt zwar, daß die Novelle Verbesserungen und Vereinfachungen des Verfahrens der Bundesprüfstelle bringt. Sie ist auch dafür, daß dem Versandhandel ein Vertriebsverbot für jugendgefährdende Schriften auferlegt wird, weil wegen des fehlenden persönlichen Kontaktes zwischen Besteller und Versender ein wirksamer Jugendschutz durch weniger einschneidende Maßnahmen nicht gewährleistet werden kann.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7883
DürrDie FDP lehnt die Novelle aber ab, weil die Aufnahme eines generellen Vertriebsverbots für Leihbüchereien nicht erforderlich erscheint, sofern die Tätigkeit der Leihbüchereiunternehmer in Zukunft besser überwacht wird als bisher. Wenn die Tätigkeit der Länderbehörden jedoch so bleibt wie in den letzten Jahren, ist auch die verschärfte Bestimmung des vorliegenden Entwurfs wirkungslos.Die FDP-Fraktion lehnt die Novelle insbesondere deshalb ab, weil das Vertriebsverbot für Lesezirkel nicht diese Unternehmen trifft, sondern in erster Linie ein Damoklesschwert für die von den Lesezirkeln verbreiteten Zeitschriften und damit eine nicht zu verantwortende Einschränkung der Pressefreiheit ist. Dies gilt besonders, weil die in Lesezirkeln enthaltenen Zeitschriften in letzter Zeit zunehmend politische Themen zur Diskussion stellen.Die FDP stellt fest, daß sie sich in dem Ziel eines wirksamen Jugendschutzes mit den Befürwortern der Novelle einig weiß. Die Meinungsverschiedenheiten, die zur Ablehnung des Gesetzes durch unsere Fraktion führen, bestehen nur über den Weg, auf dem dieses gemeinsame Ziel erreicht werden kann. In dem Bemühen um positiven Jugendschutz sind wir uns alle einig. Die FDP wird deshalb der nachher zu verabschiedenden Entschließung ihre Zustimmung geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Kemmer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein paar Worte zu der Entschließung.
Aus dem Gutachten der Fachleute des Jugendschutzes, insbesondere aus der Stellungnahme der Mitgliederversammlung der Bundesprüfstelle wurde deutlich, daß einer der Gründe für die bisherige mangelnde Wirksamkeit des Gesetzes die unsystematische Antragstellung durch die Antragsberechtigten ist. Die mit der Verabschiedung des Gesetzes im Jahre 1953 verbundene Erwartung, daß die Bevölkerung bei der Erfassung jugendgefährdenden Schrifttums maßgeblich mitwirken werde, hat sich nicht erfüllt. Die Antragsberechtigten erhalten die Anregungen zur Prüfung einer Schrift im wesentlichen von vereinzelt im Bundesgebiet bestehenden, an Fragen des Jugendschutzes besonders interessierten Institutionen. Der Ausschuß war der Auffassung, daß die für die Durchführung des Gesetzes verantwortlichen Stellen ersucht werden sollten, das möglicherweise jugendgefährdende Schrifttum systematisch zu prüfen und zu beobachten. Es wäre wünschenswert, daß die Arbeit der antragsberechtigten Stellen mehr als bisher vertieft und koordiniert würde. Die Entschließung ersucht die Bundesregierung, dafür Sorge zu tragen.
Nun noch ein Wort zu einem Punkt 2 der Entschließung, den wir leider aus geschäftsordnungsmäßigen Gründen fallengelassen haben. Wir werden aber zur zweiten Beratung des Haushalts im Plenum interfraktionell einen Antrag stellen, der alle oder wenigstens einen Teil der Wünsche enthält, die mit den positiven Maßnahmen zur Förderung des guten Jugendschrifttums, des guten Jugendbuches und der Zeitschriften zusammenhängen.
Wird in dritter Be-Beratung weiterhin das Wort zu dem Gesetzentwurf oder zur Entschließung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Änderungsanträge liegen nicht vor.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei Gegenstimmen und bei Enthaltungen mit großer Mehrheit beschlossen.
Ich komme nunmehr zu Ziffer 2 des Ausschußantrages, zu der Entschließung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Soweit ich sehe, zwei Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Es ist so beschlossen.
Ich komme zu Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die einheitliche Ausbildung der Steuerbeamten (Drucksache 2048);
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 2366) ;
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Ich danke dem Abgeordneten Dr. Schmidt für seinen Schriftlichen Bericht. Er ist bedauerlicherweise inzwischen erkrankt. Zur Ergänzung seines Schriftlichen Berichts erteile ich das Wort dem Abgeordneten Krammig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Ihnen vorliegenden Schriftlichen Bericht des Finanzausschusses müssen zwei kleine Änderungen vorgenommen werden. Sie sind notwendig, damit die vorgesehene Zeit für Lehrgänge aufgeteilt werden kann. Im Namen des Ausschusses darf ich Sie bitten, in § 3 Abs. 3 Satz 1 und § 6 Abs. 2 Satz 1 jeweils das Wort „Abschlußlehrgang" durch das Wort „Lehrgang" zu ersetzen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Die gewünschten Änderungen werden Grundlage der Abtimmung sein.Ich komme in zweiter Beratung zu den einzelnen Bestimmungen des Gesetzentwurfs und rufe auf §§ 1 bis 11 sowie Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
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7884 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Vizepräsident Dr. Jaeger Damit komme ich zurdritten Beratungund eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort zur allgemeinen Aussprache gewünscht? — Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Herr Minister Wuermeling, stimmen Sie gegen das Gesetz?
Nicht. Dann ist es nur eine Gegenstimme. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Das Gesetz ist bei einer Gegenstimme angenommen.Ich rufe nun Punkt 5 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einesGesetzes zu dem Abkommen vom 21. Juli1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zurVermeidung von Doppelbesteuerungen undüber gegenseitige Amts- und Rechtshilfe aufdem Gebiete der Steuern vom Einkommen
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksachen 2370, Nachtrag zu 2370)
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Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Pietscher, für seinen Schriftlichen Bericht. Eine mündliche Ergänzung ist nicht notwendig.Ich rufe in zweiter Beratung Art. 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wollen nicht mehr Damen und Herren dem Gesetzentwurf zustimmen? Ich bitte noch einmal, das anzuzeigen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Ich komme zurdritten Beratung.Wird ,das Wort in der allgemeinen Aussprache gewünscht? — Das ist nicht der Fall. — Meine Damen und Herren, ich darf Sie um etwas mehr Ruhe für die Abstimmung bitten. — Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung der dritten Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen auf der Linken ohne Gegenstimmen angenommen.Wir kommen nunmehr zu Punkt 6 ,der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 23. Mai 1957 über den Austausch von Postpaketen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kuba ;Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 2324)
Ich ,danke dem Berichterstatter, ,dem Abgeordneten Iven , für den Schriftlichen Bericht. Ich komme zur Einzelberatung der zweiten Lesung und rufe Art. 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ,das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich komme zurdritten Beratung.Wird das Wort zur allgemeinen Aussprache gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich bitte diejenigen, die in der Schlußabstimmung dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Herr Abgeordneter Seuffert, stimmen Sie gegen das Gesetz? — Ja. Herr Abgeordneter Memmel? — Stimmenthaltungen, bitte! — Das Gesetz ist gegen zwei Stimmen ohne Stimmenthaltungen angenommen.Damit komme ich zu Punkt 7 der Tagesordnung:Zweite und ,dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 29. April 1957 zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten ;Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 2335)
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Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Dr. Wahl, für seinen Schriftlichen Bericht. Wir kommen zur Einzelberatung in zweiter Lesung. Ich rufe Art. 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift auf. — Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich komme zurdritten Beratungund eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kopf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht alle Erwartungen, die an die Gründung des Europarats geknüpft worden sind, haben sich erfüllt, aber unzweifelhaft hat der Europarat auf einer Reihe von Gebieten, insbeson-
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 3885
Dr. Kopfdere auf dem Gebiete der Schaffung von europäischen Konventionen, wertvolle und verdienstvolle Beiträge geleistet. Zu den wichtigsten Konventionen, die im Europarat ausgebildet worden sind, gehört die Konvention über Menschenrechte und gehört die Konvention, die heute dem Hohen Hause zur Beschlußfassung vorgelegt worden ist, das Übereinkommen vom 29. April 1957 zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten.Friedliche Beilegung von Streitigkeiten kann dazu dienen, Gefahrenquellen zu vermeiden, Kriege und Konflikte zu verhüten. Und so ist es ein uraltes Anliegen der Menschheit, Methoden ausfindig zu machen, welche derartige Streitigkeiten vermeiden können. In einem Standardwerk des Völkerrechts ist zu lesen, daß dieses Bestreben um Herausbildung einer gut funktionierenden Schiedsgerichtsbarkeit so alt sei wie die Geschichte der Menschheit selber. Aber der moderne Ansatzpunkt für die Ausbildung schiedsgerichtlicher Formen ist zu erblicken in der Entschließung der Internationalen Rechtsassoziation vom Jahre 1863. Damals ist die Schaffung eines vernünftigen und bindenden Schiedsgerichtsverfahrens erstmals in der Moderne zum Ausdruck gekommen, und die Haager Konferenzen haben wesentliche Beiträge dazu geleistet.Die Bundesrepublik hat sich bereits durch ihren Beitrag zur Westeuropäischen Union in Art. 10 des Brüsseler Vertrages der Gerichtsbarkeit des internationalen Gerichtshofs für die Austragung von Rechtsstreitigkeiten unterstellt, und sie hat sich weiterhin einverstanden erklärt, sich für einzelne ) Fragen einem Vergleichsverfahren zu unterstellen. Der vorliegende Konventionsentwurf aber geht über diese beiden Formen der gerichtlichen Entscheidung völkerrechtlicher Streit- und Rechtsfragen auf der einen Seite und dem Versuch, durch ein Vergleichsverfahren Konflikte auszuräumen, ganz wesentlich hinaus, indem er außer diesen beiden Methoden noch eine dritte Art einführt und begründet, nämlich das Schiedsverfahren. Diesem Schiedsverfahren, das durch besondere Schiedsgerichte ausgeübt werden soll, will sich die Bundesrepublik unterwerfen, und dieses Schiedsverfahren soll bindend sein. Die Bundesrepublik will ferner nach dem Vorschlag der Bundesregierung auch davon absehen, irgendwelche Vorbehalte bei der Annahme dieser Artikel, die das Schiedsverfahren regeln, zu treffen. Andere Mitgliedsstaaten des Europarats haben bei der Ratifikation dieser Konvention ausdrücklich gewisse Teile des Vertrages, die entweder das Vergleichsverfahren oder das Schiedsverfahren oder beide Verfahren regeln, von der Anwendung in ihrem Land ausgenommen. Die Bundesrepublik wünscht keine derartige Ausnahme. Sie wünscht die Konvention in vollem Umfange und so zur Annahme zu bringen, wie sie von den 15 Mitgliedsstaaten der Europarats vereinbart worden ist.Wenn die Bundesrepublik diese Konvention zu ihrer eigenen macht, wenn sie durch die Annahme dieses Genehmigungsgesetzes diese völkerrechtliche Vereinbarung in ihr innerstaatliches Recht übersetzt, leistet die Bundesrepublik einen wertvollen Beitrag für die Friedensordnung. Der Herr Berichterstatter hat im letzten Absatz in einer sehr einfachen und doch sehr klaren und überzeugenden Weise zum Ausdruck gebracht: „Das deutsche Volk verabscheut den Krieg und sehnt sich nach Frieden."Man muß aber, wenn man diese einfachen Worte liest, bedenken, daß wir mitten in einer seit Jahren währenden Kampagne stehen, innerhalb deren seitens der kommunistischen Staaten immer und immer wieder die Bundesrepublik als der Störer des Weltfriedens bezeichnet wird. Diese Kampagne ist geführt worden bei der Tagung der Vereinten Nationen in New York, sie ist geführt worden bei der Interparlamentarischen Konferenz in Tokio, und sie findet ihren Ausdruck auch in der Erklärung der Beratung von Vertretern der kommunistischen Arbeiterparteien vom 6. Dezember des letzten Jahres. In dieser sehr umfangreichen Erklärung liest man die Sätze, daß die imperialistischen Kräfte der USA, Englands und Frankreichs ein verbrecherisches Komplott mit dem westdeutschen Imperialismus eingegangen seien, daß in Westdeutschland der Militarismus wiedererstanden sei und daß den aggressiven Plänen des westdeutschen Imperialismus die vereinigte Macht aller friedliebenden Staaten und Völker Europas entgegengestellt werden müsse.Wir sind den Vertretern anderer Nationen dankbar, die auf den Tagungen und in den Gremien, bei denen mitzuwirken uns versagt ist, insbesondere in der Versammlung der Vereinten Nationen, diesen ständigen Vorwürfen und dieser Kampagne seitens der kommunistischen Welt wirksam und nachdrücklich und mit überzeugenden Argumenten entgegengetreten sind.
Es ist vielleicht nicht schwer, darzulegen, welch ungeheure Disproportion zwischen den im Westen bereitgestellten Truppen auf der einen Seite und dem Rieseneinsatz von Potentialen jenseits des Eisernen Vorhangs von der Zonengrenze bis einschließlich Rotchina auf der anderen Seite besteht. Aber es genügt nicht, daß wir uns gegen diese gezielten Angriffe und gegen diese planmäßige Kampagne, daß die Bundesrepublik der Störenfried des Weltfriedens sei, allein negativ wehren. Es ist notwendig, daß wir einen positiven Beitrag erbringen, und die Errichtung einer internationalen Rechtsordnung, der die Mitglieder der Völkerrechtsgemeinschaft sich freiwillig unterstellen, stellt einen derartigen positiven Beitrag dar. So erblicken wir in der vorbehaltlosen Annahme dieser Konvention, die den Frieden der Welt sichern soll, einen wesentlichen und wertvollen Beitrag der Bundesrepublik für eines der höchsten Güter der Menschheit, für die Erhaltung des Friedens.
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Schmid.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt in diesem Raum sicher keinen einzigen, der die Absicht haben könnte, gegen den Antrag, der uns vorgelegt worden ist,
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7886 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Schmid
zu polemisieren. Ich glaube, wir sind allesamt glücklich darüber, daß es gelungen ist, im Europarat diese Konvention zustande zu bringen, und daß die Bundesregierung sich entschlossen hat, ohne Vorbehalte zu unterzeichnen. Ich bin überzeugt, daß auch der Bundestag sein Votum dahin abgeben wird, diese Konvention ohne Einschränkung und ohne Vorbehalt Recht werden zu lassen, an das sich die Bundesrepublik gebunden fühlt.
Für mich ist dieser Augenblick, in dem wir über diese Konvention beraten, eine feierliche Stunde. Denn es kommt für uns Deutsche damit eine Entwicklung zu einem vorläufigen Abschluß, die ein halbes Jahrhundert alt ist, die von erlauchten Geistern eingeleitet wurde, nicht von Utopisten, die um die Welt nicht Bescheid wußten, sondern von Leuten, die um die Welt Bescheid wußten und die aus Erfahrungen gelernt hatten, daß Kriege sich nie rentieren, auch siegreiche Kriege nicht.
Es handelt sich hier nicht um Träume vom ewigen Frieden, obwohl solche Träume etwas Edles, etwas Nobles sind. Ich kann mir wenig edlere, erlauchtere Schriften über den Staat, das Verhältnis des Menschen zum Staat und der Staaten zueinander denken als Immanuel Kants Schriften vom ewigen Frieden,
und es tut mir leid, daß dieses Schriftehen — es ist ein kleines „Insel"-Bändchen — in unseren Schulen so wenig gelesen wird. Wir hätten dann vielleicht in der Schicht, die wir unsere Bildungsschicht nennen, mehr Menschen, die wissen, daß der einzelne sein Dasein sittlich nur dann voll verantworten kann, wenn sein Dasein als Individuum ganz ins Recht des Staates eingebettet ist, und daß der Staat dies nur dann kann, wenn sein Recht anderen Staaten gegenüber auch ins Recht eingebettet ist, daß also Völkerrecht voraussetzt, daß das Recht des Staates den einzelnen danz freistellen kann vom Dilemma, sich selber darüber entscheiden zu müssen, ob das, was sein Staat tut, etwas ist, dem er folgen darf oder nicht.Nun, wir haben keinen Weltstaat, wir haben keinen Weltgesetzgeber, wir haben kein Weltgericht und wir haben keine Weltpolizei. Heute noch ist die Staatenwelt eine Gesellschaft souveräner Wesenheiten, d. h. Wesenheiten, die beanspruchen, ausschließliche und alleinige Richter in ihren Sachen zu sein, vorausgesetzt daß sie sich nicht untereinander darüber einigen, Gerichte einzusetzen und Rechtsnormen festzusetzen, nach denen diese Schiedsgerichte tätig werden sollen. Friede ist ein kostbares Gut, unendlich kostbar; aber auch das Recht ist ein kostbares Gut, und es hat immer die Frage gegeben, wie ein Staat, der sein Recht in Anspruch nimmt und dem andere Staaten es bestreiten, zu seinem Rechte kommen kann. So große Geister wie Aristoteles oder der heilige Augustin haben gesagt, in diesem Falle müsse zunächst das Recht im Wege der Selbsthilfe durchgesetzt werden, denn ein Friede, den man durch Beugung unter Unrecht erkaufe, sei ein schlechter Friede und sei nichts sittlich Wertvolles. Diese Selbsthilfe der Staaten ist bis zu idesem Tage gewesen: die Gewalt, Einsatz von Macht, Repressalie oder der Krieg.Seit etwa hundert Jahren hat man versucht, an die Stelle der Selbsthilfe zur Durchsetzung des Rechtes Verfahren zu setzen, die den Rekurs zu den Waffen unnötig machen, Kriegsverhütungsmittel zu schaffen — wie der terminus technicus heißt —, und man hat dazu zwei Institutionen ausgebildet. Die eine nennt man die Vermittlung oder das Vergleichsverfahren. Hierbei schließen die beiden Staaten, die um Interessen im allgemeinen und nicht um Rechte im Streit liegen, miteinander eine Vereinbarung, ein Dritter möge zwischen ihnen vermitteln, früher meistens eine andere Regierung. Sie sind dann frei, den Vermittlungsvorschlag anzunehmen oder abzulehnen. Sie kaufen also die Katze nicht im Sack.Das andere Verfahren ist das Schiedsgerichtsverfahren. Hier verpflichten sich die Staaten, ihren Streitfall einem Schiedsgericht zu unterbreiten; sie verpflichten sich, seinen Spruch auszuführen, wie auch immer er ausfallen möge. Sie kaufen also hier praktisch die Katze im Sack. Es ist klar, daß die Staaten, diese souveränen Wesenheiten, nur sehr ungern ihre Streitigkeiten in dieser Weise der Entscheidung durch Dritte unterworfen haben. In einer Reihe von Fällen haben sie es getan, sogar in Fällen, in denen es um Krieg und Frieden ging. So ist etwa nach dem amerikanischen Sezessionskrieg in dem berühmten Alabamafall zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien am 8. Mai 1871 ein Schiedsvertrag geschlossen worden. Seitdem besteht zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten Freundschaft. Aber damals hatte man auf beiden Seiten schon mobil gemacht.Die Praxis dieser Schiedsgerichtsbarkeit und dieses Vergleichsverfahren war nicht derart, daß man mit Sicherheit damit rechnen konnte, daß durch Anrufung der Vermittlung oder durch Anrufung des Schiedsgerichts akute Krisen ausgeräumt werden könnten. Dazu dauerten diese Verfahren im allgemeinen zu lange. Es sind uns Fälle bekannt, bei denen Vergleichsverfahren 40 Jahre gedauert haben; fünf Jahre, vier Jahre, drei Jahre waren keine Seltenheit.Es ist klar, daß man mit solchen Rechtseinrichtungen feststellen kann, wer schuldig ist, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, daß man im allgemeinen aber nicht verhindern kann, daß das Kind in den Brunnen fällt. Deswegen haben sich verantwortliche Staatsmänner und Rechtsgelehrte überlegt, ob man nicht zu anderen Verfahren kommen könnte, die es möglich machen, zu verhindern, daß das Kind in den Brunnen fällt, die uns nicht darauf anweisen, nachher festzustellen, wer die Kosten zu bezahlen hat.Die beiden Haager Konferenzen vom Jahre 1899 und 1907 sind zu dem Behuf zusammengerufen worden, solche Verfahren auszubilden, den Staaten zu empfehlen, Konventionen herbeizuführen. Die Tendenz der Rechtsgelehrten war die, die Staaten sollten sich verpflichten, jeden Streitfall schiedsgericht-
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7887
Dr. Schmid
licher Entscheidung zu unterbreiten und nicht nur dann, wenn sie mochten. Sie sollten sich weiter verpflichten, permanente Schiedsgerichte zu schaffen, die man nicht erst in langen Verhandlungen zusammenstellen mußte. Sie sollten sich verpflichten, die Entscheidung auszuführen und unter internationale Kontrolle stellen zu lassen.Nun, nichts davon konnte auf den Haager Konferenzen erreicht werden. Der Haager Schiedshof war kein permanentes Gericht. Ein Obligatorium ist nicht geschaffen worden. Die Schiedsgerichtsbarkeit blieb etwas Fakultatives.Ein praktischer Amerikaner, der Staatssekretär Bryan, hat in den Jahren vor dem Weltkrieg einen Vorschlag gemacht, der auch in dieser Konvention seinen Niederschlag gefunden hat. Er hat gesagt: Wir werden die Staaten im allgemeinen nicht dazu bringen, daß sie, wenn es um Lebensinteressen geht, die Entscheidung einem Gericht überlassen. Aber wir können sie vielleicht dazu bringen, untereinander vermitteln zu lassen, wenn der Vermittler nicht ein dritter Staat, sondern ein Kollegium ist, das kein unmittelbares politisches Interesse hat, und wenn man dieses Kollegium ein für allemal schafft, so daß es permanent ist und man es lediglich anzurufen braucht, um es tätig werden zu lassen. Diese sogenannten Bryan-Vorschläge sind in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg in Verträgen zwischen den Vereinigten Staaten, Frankreich und England in die Tat umgesetzt worden. Höchstwahrscheinlich hat dieser Umstand entscheidend dazubeigetragen, daß die Vereinigten Staaten von Amerika sich in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg und im ersten Weltkrieg den Staaten der Entente verbundener fühlten als den Mittelmächten, die auf den Haager Konferenzen im wesentlichen nein gesagt haben. Bis zum Jahre 1924 waren etwa 30 solcher Vergleichsvertäge nach dem Bryan-Muster abgeschlossen worden.Es kam dann schließlich im Versailler Vertrag zur Völkerbundssatzung. In der Völkerbundssatzung ist unter anderem der Ständige Internationale Gerichtshof im Haag eingesetzt worden, ein permanentes Gericht, das aus einem festen Richterkollegium besteht, das jederzeit angerufen werden kann und das nach bestimmten, in Art. 38 seines Statuts festgelegten Normen urteilt wie irgendein staatliches Gericht, urteilt mit Verbindlichkeit für die Parteien, die das Gericht angerufen haben.Dieser Ständige Internationale Gerichtshof ist nun auch von der UNO übernommen worden, im wesentlichen in der alten Form. Aber auch heute ist es wie damals für die Staaten nicht obligatorisch, bei Streitigkeiten diesen Gerichtshof anzurufen. Auch heute noch bedarf es, um die Zuständigkeit zu begründen, eines sogenannten Kompromisses, d. h. einer Vereinbarung der entzweiten Staaten: Das Gericht soll in ihrem Streitfall entscheiden.Deswegen haben eine Reihe von Staaten, darunter das Deutsche Reich von Weimar, eine Reihe von Schiedsgerichts- und Vergleichsverträgen abgeschlossen. Es ist der Ruhm der Republik von Weimar, den ersten Schiedsgerichts- und Vergleichsvertrag umfassender Tendenz, universalistischer Tendenz abgeschlossen zu haben: im Jahre 1923 mit der Schweiz den sogenannten Gauß-Huber-Vertrag. Die Konvention, über die wir heute abstimmen werden, hält sich in wesentlichen Punkten an dieses Modell, an dem die deutsche Jurisprudenz und das deutsche Auswärtige Amt entscheidenden Anteil haben.In diesem Vertragsmodell werden die Schiedsgerichtsbarkeit und das Vergleichsverfahren gekoppelt. Wo sich die Parteien ein Recht bestreiten — so der Text des Vertrages —, rufen sie das Schiedsgericht an. Wo es um einen Interessenstreit geht, den der Richter nicht entscheiden kann, gehen sie vor eine Vergleichkommission, die ihnen einen Vergleichsvorschlag macht.Das sogenannte Genfer Protokoll von 1928, das eine ähnliche Kombination von Schiedsgericht und Vergleichsverfahren vorsah, ist vom Deutschen Reich seinerzeit aus einer Reihe von Gründen nicht ratifiziert worden. So wie es war, hätte es bedeutet, daß man in einem geordneten Verfahren den Status quo von Versailles nie hätte anfechten können. Deswegen war es notwendig, wenn auch die Bundesrepublik universal mit anderen Staaten durch Schiedsgerichts- und Vergleichsverträge verbunden sein sollte, eine Konvention zu schließen. Diese Konvention ist vor dem Europarat geschlossen worden, und wir haben heute über sie zu entscheiden.Ich finde, es ist gut, daß es eine eigene Europäische Konvention gibt. Denn Rechtsbeziehungen zwischen Staaten, die gerichtsfähig sind, sind um so intensiver, je mehr diese Staaten in den Grundwerten übereinstimmen, die für ihre eigene Existenz gelten sollen. Je weniger sie übereinstimmen, desto weniger leicht werden sie geeignet sein, ihre Streitigkeiten einem Gericht zu unterbreiten.Die Regelung, die jetzt in der Konvention getroffen ist, ist subsidiär. Alle Sonderregelungen gehen ihr vor. Also die Gerichtsverfahren, die in der EWG oder in der Kohle- und Stahl-Gemeinschaft oder in der WEU vorgesehen sind, und die bilateralen Verträge gehen als Sonderverträge, als leges speciales dieser lex generalis, dieser Konvention vor.Diese Konvention sieht auch Vorbehalte vor. Man kann also erklären: Das und das soll für uns gelten, die und ,die Bestimmungen sollen nicht für uns gelten. Wie Herr Kollege Kopf dargelegt hat, haben einzelne Staaten — leider — solche Vorbehalte geltend gemacht. Ich wiederhole, ich bin glücklich darüber, daß die Bundesregierung keinen Vorbehalt gemacht hat.Die Konvention sieht eine glückliche Mischung aller Möglichkeiten vor. Sie stellt drei Verfahren zur Verfügung. Dort, wo sich die Parteien ein Recht bestreiten, soll der Ständige Internationale Gerichtshof tätig werden. Dort, wo sie im Konflikt um Interessen stehen, soll primär das Vergleichsverfahren vor einer Vergleichskommission stattfinden. Erst dann, wenn die Vergleichskommission es nicht erreicht hat, die Staaten zusammenzubringen, sollen sie ein Schiedsverfahren durchführen, d. h. ein ad hoc zusammengesetztes Schiedsgericht7888 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18 Januar 1961Dr. Schmid
Ich glaube, unser Parlament wird bereit sein, die jeweilige deutsche Regierung daran zu erinnern, daß die Unterschrift unter dieser Konvention nur dann den vollen Wert hat, wenn jede deutsche Regierung entschlossen ist, was hier vereinbart ist, höher zu stellen als die Staatsräson der jeweiligen Situation.Neben diesem Rechtsverfahren gibt es die politischen Institutionen, die UNO mit ihrem Sicherheitsrat und mit ihrer Generalversammlung, wo man sich weniger darum bemüht, festzustellen, wer Recht und wer Unrecht hat, als so rasch wie möglich Maßnahmen zu beschließen, mit denen man ein drohendes Feuer verhindern oder ein schon beginnendes Buschfeuer rechtzeitig austreten kann. Diese Dinge sind notwendig neben den Verfahren zur friedlichen Regelung von Streitigkeiten. Bei diesen Dingen — UNO und Völkerbund — geht es wesentlich um Politik, d. h. um den richtigen Umgang mit der Macht, um die richtige Ausbalancierung der Machtverhältnisse. Das mag ein Wermutstropfen sein für jene, die glauben, daß der Friede allein durch Anwendung von Rechtsverfahren gesichert werden könne. Er kann dadurch weitgehend gesichert werden. Aber im entscheidendenFall, wenn das eintritt, was man den Grenznutzenwert nennt, wird wahrscheinlich immer die Politik, d. h. der richtige Umgang mit der Macht, notwendig sein, um den Frieden wirklich zu erhalten.Nun, das Ideal — Friede durch Recht — ist durch diese Konvention also nicht voll verwirklicht. Es bleibt weiter die Notwendigkeit politischer, d. h. pragmatischer und damit nicht justizgerechter Lösungen.Trotzdem sind wir mit dieser Konvention unendlich viel weitergekommen. Wir können uns beglückwünschen, daß die 15 Staaten, die im Europarat vereinigt sind, diese Konvention unterzeichnet haben. Ich wünsche, alle mögen sie ratifizieren und möglichst wenige mögen Vorbehalte anmelden. Denn wenn sich einmal ein Prinzip durchgesetzt hat — und sei es nur im Reich der Ideen —, dann pflegt, wie die Erfahrung zeigt, die Wirklichkeit sich dem Prinzip anzugleichen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die Kollegen Dr. Kopf und Professor Schmid hier über die Vorgeschichte und Bedeutung dieses Übereinkommens ausgeführt haben, war im Inhalt so umfassend und in der Form so eindrucksvoll, daß es mir wohl nicht gelingen würde, noch Wesentliches dazu beizutragen. Ich möchte deshalb auf die von mir beabsichtigten Ausführungen verzichten und lege nur Wert auf die Feststellung, daß auch die FDP-Fraktion das Zustandekommen dieses Übereinkommens und den Beitritt der Bundesrepublik wärmstens begrüßt. Wir hoffen nur, daß dieses Übereinkommen ein Anreiz, sich in naher Zukunft einem solchen Abkommen anzuschließen, für die Staaten sein möge, die zwar geographisch auch zu Europa gehören, aber eben nicht den europäischen Organisationen angehören und die ja immer besonderen Wert 'darauf legen, ihre Friedfertigkeit zu betonen.
Wird weiterhin das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache und komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimme! — Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen! Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum nächsten Punkt der Tagesordnung — das ist Punkt 8 —:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Schulze-Pellengahr, Ruhnke, Dr. Dahlgrün, Dr. Schneider und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes (Drucksache 1025) ;
Vizepräsident Dr. Jaeger
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 2378)
.
Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten von Lindeiner-Wildau, für seinen Schriftlichen Bericht und darf ihm zu dessen Ergänzung das Wort erteilen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes liegt Ihnen in der Drucksache 2378 ein Schriftlicher Bericht vor, so daß es dem Berichterstatter nur noch obliegt, ergänzend kurz darzulegen, warum eine solche Novelle notwendig erscheint. Dies um so mehr, als erfreulicherweise festgestellt werden kann, daß sich das Bundesjagdgesetz in den nun fast neun Jahren seit seiner Verkündung als so gut erwiesen hat, daß an seiner Konzeption nichts geändert zu werden braucht und auch nichts geändert werden soll.
Der Antrag des Ernährungsausschusses, der Ihnen vorliegenden Novelle zuzustimmen, ist im wesentlichen durch drei Ursachen veranlaßt. Insbesondere ist dies ein im Juli 1960 ergangenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach diejenigen Jäger, die bisher keine Jägerprüfung abgelegt haben, ihren Jagdschein am 1. April dieses Jahres nur dann erneuern können, wenn sie die Jägerprüfung vorher abgelegt haben. Hiervon würden im Bundesgebiet nach einer allerdings grob überschläglichen Schätzung sicher mehr als 30 %, also mehr als 50 000 der bisher Jagdausübungsberechtigten, betroffen werden. Diese Absicht hat bei Verkündung des Bundesjagdgesetzes dem entsprechenden § 15 nicht zugrunde gelegen. Hier erscheint eine Rechtsbereinigung notwendig und auch eilig; denn die Folgen dieser höchstrichterlichen Entscheidung sowohl für die betroffenen Jäger als auch vor allem für die Jagdgenossenschaften, mit denen der weitaus größte Teil der betroffenen Jäger Jagdpachtverträge abgeschlossen hat, sind tatsächlich nicht übersehbar, wenn nicht der Ihnen vorgeschlagene Passus angefügt wird, durch den der ursprüngliche Sinn des § 15 nunmehr eindeutig klar formuliert wird.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß in der Ihnen vorliegenden Drucksache 2378 auf Seite 7 unter Ziffer 8 ein technisches Versehen unterlaufen ist. Die darin abgedruckte Neuformulierung, das heißt der Zusatz zu § 15, ist dort nicht in der vom Ausschuß beschlossenen Form wiedergegeben. Dieser Zusatz soll folgenden Wortlaut haben:
Für Bewerber, die vor dem 1. April 1953
— das ist der Tag des Inkrafttretens des Bundesjagdgesetzes —
einen Jagdschein besessen haben, entfällt die Jägerprüfung.
Herr Präsident, diese Berichtigung ist Ihnen bereits zugegangen.
Ein weiterer Grund für eine Änderung liegt in der rasch fortgeschrittenen technischen Entwicklung der Jagdwaffen und der Jagdmunition. Hier war in § 19 eine Änderung nötig geworden, weil anderenfalls die Jagd auch mit solchen Waffen hätte ausgeübt werden können, die nicht zuverlässig wirken. Dadurch wäre aber diese Tierquälerei, zu der es auf diese Weise kommt, nicht mehr strafbar. Hier mußte also dein technischen Fortschritt Rechnung getragen werden, so daß der Bestimmung des § 1 Abs. 3, wonach die Jagd nach den anerkannten Grundsätzen der Waidgerechtigkeit auszuüben ist, wieder volle Geltung verschafft wird; denn unter Waidgerechtigkeit verstehen wir in erster Linie humanes Jagen.
Der dritte Grund ist summarisch in einer Anzahl von Änderungswünschen zu suchen, die sich aus der Handhabung und aus der nun schon bald neunjährigen Praxis mit diesem Gesetz ergeben haben, und zwar auf dem Gebiete sowohl der Jagdausübung wie der Verwaltung und Geschäftsführung der Jagdgenossenschaften. Auch sie ändern an der Konzeption des Gesetzes nichts und verlagern auch nicht etwa die Interessen des einen zugunsten derer des anderen, also etwa die Interessen der Jäger zugunsten derer der Grundeigentümer in gemeinschaftlichen Jagdbezirken, oder umgekehrt. Sie dienen vielmehr entweder einer besseren Handhabung des Gesetzes oder sie schließen kleine Lücken oder unterstreichen vorhandene Bestimmungen, so daß dadurch auch inzwischen eingetretene Entwicklungen berücksichtigt werden oder, was auch nötig ist, eingetretenen oder eintretenden Fehlentwicklungen entgegengewirkt werden kann.
So kann zusammenfassend gesagt werden, daß durch die Ihnen heute vorliegende Novelle jene Konzeption schärfer herausgearbeitet werden soll, die dem Bundesjagdgesetz seit 1952 zugrunde liegt. Namens des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bitte ich daher das Hohe Haus, diesem Gesetzentwurf in der Fassung der Drucksache 2378 zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Die Änderung in Ziffer 8 wird zur Grundlage der Abstimmung gemacht.
Ich komme in zweiter Lesung zur Einzelberatung. Ich rufe auf Art. 1 mit den Nummern 01 —, 1 —, 2 —, 3 —, 4 —, Nr. 5 entfällt. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zu Nr. 6 und dem Antrag Umdruck 733 Ziffer 1. — Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter von Lindeiner-Wildau!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche jetzt nicht als Berichterstatter, sondern möchte Ihnen nur kurz den vorliegenden Änderungsantrag begründen.
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7890 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
von Lindeiner-WildauEs handelt sich um drei Änderungen rein redaktioneller Art, durch die lediglich vermieden werden soll, daß der Bundesrat aus Gründen der konkurrierenden Gesetzgebung noch den Vermittlungsausschuß anruft, während, wie ich Ihnen vorhin bei § 15 vorgetragen habe, die Novelle eiliger Verabschiedung bedarf. Gegenüber dem Vorschlag des Ernährungsausschusses hat sich also hier materiell nichts geändert.Bei Nr. 6 könnte seitens des Rechtsausschusses des Bundesrats gesagt werden, es müsse den Ländern überlassen bleiben, ob sie die Erfüllung der Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Jagdscheines von einem behördlichen Verwaltungsakt im Einzelfall oder generell von einer gesetzlichen Regelung abhängig machen. Diese Beweglichkeit, meinen wir, sollte hier vorsorglich eingeräumt werden.In Nr. 12 betreffend § 22 folgt der Ernährungsausschuß einem Wunsch des Innenausschusses.. Die bisherige Fassung lautet:Die Länder können Ausnahmen zu wissenschaftlichen Zwecken zulassen.Es geht hier um die ganzjährig geschützten jagdbaren Tiere. Tatsächlich wird es nötig sein, zur Erhaltung dieser Wildarten auch einmal bestandesregulierend einzugreifen. Dergleichen Beispiele haben wir gegenwärtig in Bayern, wo die nach dem Kriege in Europa eingewanderte Türkentaube überhandgenommen hat, oder in der Eifel, wo es Wildkatzen sind und anderes mehr.Wahrscheinlich wird der Bundesrat sagen, daß die Länder eine beweglichere Gesetzgebung brauchen. Andererseits würde hier der Gedanke des generellen Schutzes durchbrochen werden, wenn nicht die Ausnahmegenehmigung auf bestimmte Fälle beschränkt würde. Der Vorschlag, zu sagen: „Die Länder können Ausnahmen bei Störung des biologischen Gleichgewichts, bei schwerer Schädigung der Landeskultur und zu wissenschaftlichen, Lehr- und Forschungszwecken zulassen", ändert ebenfalls materiell nichts an dem, was Ihnen der Ausschuß in der Drucksache 2378 zur Annahme vorschlägt.Gleiches gilt für die Nr. 13 betreffend § 36. Hier ist als Begründung lediglich zu sagen: Der Bundesrat könnte sagen, die Ausschußfassung greife in das Gesetzgebungs- und Organisationsrecht der Länder unzulässig ein. Ich darf daher wiederholen: der alleinige Zweck dieses Änderungsantrages ist die Erhaltung des Rahmencharakters dieses Gesetzes.
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer dem Antrag der Abgeordneten von Lindeiner-Wildau und Genossen auf Umdruck 733 Ziffer 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Nr. 6 mit der nunmehr beschlossenen Änderung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist beschlossen.
Meine Damen und Herren, durch ein Versehen der Verwaltung ist mir Umdruck 735 erst jetzt zugeleitet worden. Ich sehe daraus, daß auch zu Nr. 4 ein Änderungsantrag gestellt ist. Ich darf jetzt zu Nr. 4 zurückkehren und erteile zur Begründung des Antrags Umdruck 735 dem Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen das Wort.
Der Antrag Umdruck 735 bringt ein Anliegen des Innenausschusses, das auch in den Beratungen dort einstimmig vertreten worden ist, hier erneut vor. Wir stimmen dem Grundsatz, den die Kollegen aus dem Ernährungsausschuß entwickelt haben, daß kleine Jagden hier keine Jagden sind, durchaus zu. Wir glauben aber, daß es in Einzelfällen bei der Teilung von Jagdgebieten doch notwendig wird, Ausnahmemöglichkeiten zu schaffen. Da die Erteilung der Ausnahmen auf die Behörden der Länder delegiert werden und die Ausnahmen ausdrücklich dahin begrenzt werden, daß sie nur einer besseren Reviergestaltung dienen dürfen, haben wir hier die Möglichkeit, unbillige Härten zu beseitigen. Wir bitten um Zustimmung zu diesem Antrag.
Wird hierzu das Wort gewünscht? — Herr von Lindeiner-Wildau!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es sich nur darum handelt, der besseren Reviergestaltung zu dienen, dann, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, wäre natürlich der § 5 des Bundesjagdgesetzes ausreichend genug, in dem ja für die Reviergestaltung eine Verbesserungsmöglichkeit vorgesehen ist. Der Antrag scheint mir in der Formulierung nicht gut möglich, weil der Unterschied zwischen gemeinschaftlichen und Eigenjagdbezirken nicht genügend berücksichtigt worden ist. Es würden noch die §§ 7 und 11 und noch andere Paragraphen geändert werden müssen, aber das ließe sich überbrücken. Jedoch fragen wir uns, ob irgend jemandem damit gedient wird, daß nun eine einmal eingeführte Grenze noch etwas unterschritten wird. Erfahrungsgemäß wird dann immer noch Weiteres gefordert.
Wir haben doch Erfahrung darin. Es ist selbstverständlich denkbar bei der, ich möchte sagen, gesellschaftspolitischen Bedeutung, die der Besitz eines Eigenjagdbezirkes hat, daß dem Besitzer bei unbilligen Härten — wenn es sich um wenige Morgen oder um einige wenige Hektar handelt —, zumal wenn es um einen Eigenjagdbesitzer und um eine Enteignung, also nicht um schuldhaftes Handeln oder eine freiwillige Abgabe geht, im Wege eines Härteausgleichs über eine kleine Klippe geholfen werden kann.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7891
von Lindeiner-WildauWenn man aber so weit geht, wie hier formuliert ist, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, die Ausnahmeregelung generell den Ländern zuzugestehen, besteht doch eine gewisse Gefahr. Sie sagten selber: kleine Reviere, keine Reviere. Wir sind uns wohl darüber einig, daß dann die Reviergröße so ins Schwimmen gerät, daß wir sagen müssen: wenn schon eine Härteklausel in das Gesetz hineinkommt, müßte sie etwas enger begrenzt werden. Man könnte eine Prozentzahl für die Verschiebung der unteren Teilungsgrenze festlegen, sagen wir: 5 ha, nicht darunter. Wir müssen uns aber darüber klar sein, daß, wenn sich diese 5-ha-Härteklausel eingespielt hat, in Kürze Weiteres gefordert wird. Nur bei scharfer Begrenzung könnte der Antrag erwogen werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will ja nicht unterstellen, daß Sie sinnlose Anträge stellen. Den Grundgedanken des Antrags hatten Sie nämlich selbst in der Drucksache 1025 vorgetragen. Ich bin durchaus mit Ihnen der Meinung, daß die Bestimmung eng ausgelegt werden muß. Es ist ganz klar, daß die Länderbehörden ohnehin nicht unter die übliche Grenze heruntergehen. Das gilt besonders auch für den § 7. Wir sollten auch unter diesem Gesichtspunkt dem Grundgedanken Ihres eigenen früheren Antrags zustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kempfler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem ursprünglichen Antrag Drucksache 1025 war, wie der Kollege Schmitt-Vockenhausen schon erwähnt hat, der Passus, dessen Wiederaufnahme jetzt beantragt wird, schon in einer veränderten Fassung enthalten. Der Innenausschuß hat als mitberatender Ausschuß gebeten, die ursprüngliche Fassung wiederaufzunehmen, die sich von dem jetzigen Antrag durch die Voraussetzung unterscheidet, daß der Teil von geringerer Größe an den Jagdausübungsberechtigten eines angrenzenden Jagdbezirks verpachtet wird. Nachdem aber in diesem Antrag ausdrücklich zur Voraussetzung gemacht ist, daß die ganze Aktion einer besseren Reviergestaltung dienen muß, habe ich an sich gegen den Antrag des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen keine Bedenken.
Das Wort hat der Abgeordnete Dahlgrün.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe gegen den Änderungsantrag des Herrn Kollegen Schmitt-Vockenhausen keine Bedenken, wenn wir die Fassung nehmen, die in der Drucksache 2378 Nr. 4 — Entwurf -- enthalten ist. In dem Antrag des Herrn Kollegen Schmitt-Vockenhausen müssen die Worte eingefügt werden: „an den Jagdausübungsberechtigten eines angrenzenden Jagdbezirkes". Wenn Herr Kollege Schmitt einverstanden ist, können wir dem Antrag, glaube ich, alle zustimmen.
Die Formulierung des Antrags liegt nicht schriftlich vor; ich kann nicht darüber abstimmen lassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antragsteller sind mit dem Vorschlag des Kollegen Dahlgrün einverstanden. Ich glaube, daß sich aus der alten Fassung für die Abstimmung Klarheit ergibt.
Vielleicht können Sie die Formulierung noch einmal vorlesen. Ich kann an sich nur über schriftliche Anträge abstimmen lassen.
Der Antrag lautet jetzt: Änderungsantrag zur zweiten Beratung — Drucksachen 1025, 2378 —: Der Bundestag wolle beschließen:
In Artikel I Nr. 4 wird dem § 11 Abs. 2 folgender zweiter Satz angefügt: „Die Länder können die Verpachtung eines Teiles von geringerer Größe an den Jagdausübungsberechtigten eines angrenzenden Jagdbezirkes zulassen, soweit dies einer besseren Reviergestaltung dient."
Ich danke Ihnen. Inzwischen ist das hier notiert worden; wir können also abstimmen, da es festgehalten ist.Wer dem so berichtigten bzw. ergänzten Antrag auf Umdruck 735 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich komme nunmehr zu Nr. 4 mit der beschlossenen Änderung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Nr. 5 entfällt; Nr. 6 ist bereits verabschiedet.Ich rufe auf die Nrn. 7, 8, 8 a — Nr. 9 entfällt —, Nrn. 10 und 11. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Ziffern zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich komme zu Nr. 12 und rufe auf den Antrag Umdruck 733 Ziffer 2. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Wird das Wort zur Aussprache gewünscht? — Das ist nicht der Fall.Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Abgeordneten von Lindeiner-Wildau und Genossen, Umdruck 733 Ziff. 2, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Wer nunmehr Nr. 12 mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte7892 Deutscher Bundestag --- 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961Vizepräsident Dr. Jaegerich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich rufe auf Nr. 13 und dazu den Antrag Umdruck 733 Ziffer 3. Wird das Wort zur Begründung gewünscht?
Wird das Wort zur Aussprache gewünscht? — Das ist nicht ,der Fall.Wer dem Antrag der Abgeordneten von Lindeiner-Wildau und Genossen, Umdruck 733, Ziffer 3, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Wer der Nr. 13 mit der nunmehr beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. —Es ist so beschlossen.Die Nrn. 14 und 15 entfallen.Ich rufe auf die Nrn. 15 a, — 16, — 16 a, 17, —18. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Nummern zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich komme zu Art. I als Ganzem in der Ausschußfassung mit den soeben beschlossenen Änderungen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich rufe auf Art. II, -- 111, IV, – - V, Einleitung und Überschrift. — Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich komme zurdritten Beratung.Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache.Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Nach interfraktioneller Vereinbarung ist Punkt 9 der Tagesordnung für heute abgesetzt, weil der federführende Bundesminister durch den Staatsbesuch des Präsidenten von Pakistan um diese Zeit bereits beansprucht ist.Ich komme zu Punkt 10 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Zollabkommen vom 18. Mai 1956 über die vorübergehende Einfuhr von Wasserfahrzeugen und Luftfahrzeugen zum eigenen Gebrauch, über die vorübergehende Einfuhrgewerblicher Straßenfahrzeuge und über Behälter .Das Wort zur Begründung und Aussprache wird nicht gewünscht. Ich schlage Überweisung an den Außenhandelsausschuß als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen als mitberatenden Ausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Punkt 11 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 16. Februar 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigten Arabischen Republik über den Luftverkehr .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 11. Mai 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland über Gastarbeitnehmer .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für Arbeit vor. Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzierungshilfe für Entwicklungsländer aus Mitteln des ERP-Sondervermögens (Drucksache 2288).Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zur Beratung im Unterausschuß „Wirtschaftsentwicklung fremder Völker" vor. -Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Die Punkte 14 und 15 sind bereits erledigt. Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung einer Straßenverkehrsunfallstatistik (Drucksache 2310).Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. lch schlage Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen vor. Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Wir kommen nun zu Punkt 17 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Länderfinanzausgleichsgesetzes 1058 und des Fünften Überleitungsgesetzes .
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 7893
Vizepräsident Dr. JaegerAuf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor, den Entwurf dem Finanzausschuß zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Nun folgt Punkt 18 der Tagesordnung.Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Blohm, Horn, Frau Dr. Steinbiß und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Ausübung des Berufs der medizinisch-technischen Assistentin .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor, den Entwurf an den Ausschuß für Gesundheiswesen als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Arbeit als mitberatenden Ausschuß zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Punkt 19 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Kreditermächtigung aus Anlaß der Erhöhung des Beitrages der Bundesrepublik Deutschland an den Europäischen Fonds .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.Ich schlage Überweisung an den Wirtschaftsausschuß als federführenden Ausschuß und an denHaushaltsausschuß als mitberatenden Ausschuß vor.Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Punkt 20 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 8. April 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Regelung von Grenzfragen und anderen zwischen beiden Ländern bestehenden Problemen (Drucksache 2341).Auf Begründung und Aussprache wird auch hier verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten als federführenden Ausschuß und an den Haushaltsausschuß als mitberatenden Ausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Nun folgt Punkt 21 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 28. April 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über den Luftverkehr .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen vor. — Es erfolgt kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe auf Punkt 22 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierungeingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu demAbkommen vom 20. Juli 1960 zwischen derBundesrepublik Deutschland und der Republik Pakistan über den Luftverkehr .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe auf Punkt 23:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Erklärung vom 12. November 1959 über den vorläufigen Beitritt Tunesiens zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor Überweisung an den Außenhandelsausschuß. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe auf Punkt 24:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen (Drucksache 2357) .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor Überweisung an den Finanzausschuß. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Auch bei Punkt 25:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 17. November 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigten Arabischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen (Drucksache 2358)schlage ich Überweisung an den Finanzausschuß vor — auf Begründung und Aussprache wurde verzichtet —; es ist so beschlossen.Ich komme zu Punkt 26:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung - federführend -- und an den Ausschuß für Inneres - mitberatend --. -- Widerspruch erhebt sich nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe auf Punkt 27:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 14. Juli 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerken-
Metadaten/Kopzeile:
7894 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961
Vizepräsident Dr. Jaegernung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor Überweisung an den Rechtsausschuß. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe auf Punkt 28:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Abkommens vom 14. Juli 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor Überweisung an den Rechtsausschuß. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe auf Punkt 29:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Übereinkommen vom 27. September 1956, 26. September 1957 und 4. September 1958 über das Personenstands- und Namensrecht .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor Überweisung an den Ausschuß für Inneres. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe auf Punkt 30:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs .Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht nur zur Entlastung des Herrn Präsidenten, sondern weil wir es für notwendig halten, schon in der ersten Beratung etwas zu diesem Gesetzentwurf zu sagen.Die Grundtendenz des Gesetzentwurfs wird von unserer Fraktion begrüßt. Leider Gottes ist es ja unumgänglich, die zunehmenden Unfälle im Straßenverkehr auch mit Strafverschärfungen und ähnlichem zu bekämpfen. Aber wir haben Einwendungen gegen zwei Bestimmungen, einmal gegen den vorgesehenen Abs. 5 des § 315 a. Hier soll ein Fahrzeug, das bei der Tat benützt worden ist, eingezogen werden können, wenn es dem Täter oder einem Teilnehmer gehört. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung zeigt, daß sie — und das wird auch in der Begründung ausgeführt — ganz grundsätzlich von den bisherigen Möglichkeiten der Einziehung abweicht; denn bisher ist eine Einziehung von Gegenständen nur möglich, wenn sie z u r Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens gebraucht worden sind. Das ursprüngliche Muster war wohl die Flinte des Wilderers oder der Prägestock des Münzfälschers.
Ein weiterer Anwendungsbereich liegt auf dem Gebiet der Zoll- und Steuerdelikte. Schließlich hat die Rechtsprechung die Anwendung des § 40 Strafgesetzbuch auf Taten ausgedehnt, wo ein Kraftfahrzeug zur Begehung von Entführungs- und Notzuchtdelikten verwendet wurde. Auch das kann man ohne weiteres noch gutheißen, denn hier wurde die betreffende Sache, das Kraftfahrzeug, z u r Begehung der Straftat benutzt.Der vorliegende Gesetzentwurf dagegen sieht eine Einziehung auch in dem Fall vor, daß das Kraftfahrzeug b e i Begehung einer Straftat benützt wird. Das geht uns zu weit. Selbst gegenüber dem Verkehrsrowdy, auf den hier besonders hingewiesen wird, ist es angebracht, nur mit seiner Tat konformen, wenn auch ganz energischen Mitteln vorzugehen; d. h. man soll ihm meinetwegen die Fahrerlaubnis auf Lebenszeit entziehen, dann kann er eben solche Verkehrsstraftaten nicht mehr begehen. Aber eine Entziehung des Kraftfahrzeugs, die praktisch eine zusätzliche Vermögensstrafe gegen ihn ist, hat mit der Tat nichts zu tun und dient auch nicht der Verhinderung einer Wiederholung. Denn wenn es sich um einen Verkehrsrowdy handelt, ist es ihm auch zuzutrauen, daß er sich ein Fahrzeug auf illegale Weise besorgt.Vollends aber geht diese Maßnhame gegenüber den in der Begründung ebenfalls erwähnten Gleichgültigen zu weit. Deshalb möchten wir unsere Bedenken hiergegen schon jetzt anmelden.Ferner ist zu bedenken, welche Wirkung die Einschränkung, daß das Fahrzeug dem Täter gehören muß, in Wirklichkeit haben kann. Denn diese Bestimmung könnte sich gerade gegenüber solchen Typen von Menschen wie Verkehrsrowdys und Rücksichtslosen als ein Anreiz erweisen, das Fahrzeug nicht voll zu bezahlen, so daß es unter Eigentumsvorbehalt steht und ihnen nicht weggenommen werden kann. Die absurde Folge wäre, daß das Fahrzeug dem genommen werden kann, der es voll bezahlt hat, nicht dagegen dem, der es nicht voll bezahlt hat.Der zweite Punkt ist von geringerer Bedeutung. Der Gesetzentwurf sieht die Abschaffung der Rechtsmittel überhaupt in einem Umfang vor, der uns doch etwas bedenklich erscheint. Es ist zuzugeben, daß es hier sehr viele Bagatellfälle gibt, wo es wirklich nicht notwendig ist, daß Rechtsmittel gegeben sind. Aber die Bestimmung, die hier vorgesehen ist, erstreckt sich ja nicht nur auf Verkehrsübertretungen, sondern ganz allgemein — mit einer bestimmten Ausnahme — auf Übertretungen, und da es dort eine Berufung ohnehin schon jetzt nicht gibt, gibt es dann in diesen Fällen überhaupt kein Rechtsmittel mehr.Ich könnte mir allenfalls denken, daß man umgekehrt vorgeht, indem man als Regel die Revision zuläßt und für Ausnahmefälle die Möglichkeit er-
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Dr. Bucheröffnet, die Revision in einem einfachen Verfahren zu verwerfen, ebenso wie das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde in einem vereinfachten Verfahren verwerfen kann, „wenn weder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage zu erwarten ist, noch dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein schwerer und unabwendbarerNachteil entsteht".
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Es wird Überweisung an den Rechtsausschuß —federführend — und an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen vorgeschlagen. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 31 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung ,des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1961 (Drucksache 2380).
Aussprache ist nicht vorgesehen. Es wird Überweisung an den Wirtschaftsausschuß — federführend — und an den Haushaltsausschuß vorgeschlagen. — Ich höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 32:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes .
Keine Aussprache. Es ist Überweisung an dein Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen — federführend — und an den Haushaltsausschuß vorgesehen. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 33:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes .
Es ist Überweisung an den Finanzausschuß vorgesehen. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 34:
Erste Beratung ,des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Altersgrenze der Berufssoldaten .
Vorgesehen ist Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung — federführend —, ,an den Ausschuß für Inneres und an den Haushaltsausschuß. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 35 wird übermorgen aufgerufen.
Tagesordnungspunkt 36:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1956 auf Grund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes (Drucksachen 1518, 2169).
Es liegt bereits ein Mündlicher Bericht vor. Zunächst wünscht Herr Abgeordneter Dr. Stecker den Bericht zu ergänzen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es handelt sich um die Entlastung der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1956. Der Haushaltsausschuß und der Rechnungsprüfungsausschuß als Unterausschuß haben sich in eingehenden Beratungen mit der Rechnung 1956 befaßt. Zugrunde lagen die Bemerkungen des Rechnungshofs zu der Haushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1956 und der Bericht des Bundesrechnungshofs über die Prüfung von Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit sowie die Denkschrift des Präsidenten des Bundesrechnungshofs über die hauptsächlichen Prüfungsergebnisse; ferner der Bericht des Präsidenten des Bundesrechnungshofs über seine Tätigkeit als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung. Im einzelnen sind die verschiedenen Bemerkungen und Beanstandungen im Ausschuß beraten worden; die noch bestehenden Vorbehalte betreffen schwebende Angelegenheiten. Ich kann mich insoweit auf den Mündlichen Bericht Drucksache 2169 beziehen. Ich bitte namens des Haushaltsausschusses, den Ziffern I bis IV/ 3 zuzustimmen. Über die Ziffer IV/ 4 der Entschließungsanträge, die die Tätigkeit von Beamten in Organen wirtschaftlicher Unternehmen betrifft, wird Herr Kollege Dr. Schild sprechen.
Herr Abgeordneter Schild!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß und der Rechnungsprüfungsausschuß bitten das Hohe Haus, einen besonderen Antrag zu beschließen, der in Ziffer IV/ 4 Drucksache 2169 enthalten ist und der nicht mehr und nicht weniger beinhaltet, als daß die Bundesregierung endlich Richtlinien über die Tätigkeit der Beamten in den Organen der Bundesunternehmungen herausgibt. Diese Frage steht seit Jahren zur Debatte.Ich darf zunächst daran erinnern, daß in früheren Jahren bei Entscheidungen über die Entlastung der Bundesregierung für die Haushalte und für die Haushaltsjahre bis zum Jahre 1956 der Rechnungsprüfungsausschuß und der Haushaltsausschuß ständig Bemerkungen in ihren schriftlichen und mündlichen Berichten gemacht haben, die sie vom Bundesrechnungshof übernommen hatten und in denen darauf hingewiesen wird, daß bei den wirtschaft-
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Dr. Schildlichen Unternehmungen des Bundes weder formell noch materiell alles in Ordnung ist.
In diesem Jahre sind die Feststellungen des Bundesrechnungshofes so ernst, daß es ohne Berichterstattung und ohne Debatte darüber nicht abgehen soll. Deshalb hat der Haushaltsausschuß den Wunsch geäußert, daß hierüber nicht nur dieser Mündliche Bericht angefertigt wird, sondern auch eine mündliche Erörterung erfolgt. Ich darf zunächst auf den Komplex eingehen.Der Bund ist an etwa 500 Unternehmungen im Bundesgebiet direkt oder indirekt beteiligt. Von diesen Unternehmungen werden schätzungsweise 6- bis 700 000 Arbeitnehmer beschäftigt. Es handelt sich also um einen Komplex, der hinsichtlich der Zahl der beschäftigten Menschen und des eingesetzten Kapitals recht groß ist. Mit diesem ungeheuren wirtschaftlichen Unternehmungsbesitz sind natürlich eine Reihe von Ordnungsproblemen verbunden; sie erfordern eine besonders scharfe Beobachtung. Diese Unternehmen ressortieren bei verschiedenen Ministerien. Für die gewerblichen und industriellen Unternehmungen ist in erster Linie der Herr Bundesschatzminister zuständig. Bei seinem Ministerium ressortieren etwa 370 Unternehmungen mit direkter und indirekter Beteiligung. Für öffentlich-rechtliche Unternehmungen der Bank- und Kreditwirtschaft ist in erster Linie der Herr Bundesfinanzminister zuständig. Soweit es sich um Verkehrsunternehmungen handelt — um nur eines herauszugreifen: z. B. die Lufthansa —, ist der Herr Bundesverkehrsminister zuständig. Soweit es sich um wohnungswirtschaftliche und mit der Wohnungswirtschaft im Zusammenhang stehende Siedlungsunternehmungen handelt, ist der Herr Bundesminister für Wohnungsbau zuständig.
— Ich sagte ja: der größte Teil des gewerblichen Vermögens ressortiert beim Herrn Bundesschatzminister. Die Sach- und Fachgebiete sind aber aufgeteilt, so daß ein Teil der 500 Unternehmungen den Fachressorts untersteht und von diesen beeinflußt und gelenkt wird.Das Hohe Haus hat mit diesen Unternehmungen hinsichtlich der Beurteilung ihrer Tätigkeit, ihres Status und ihrer Position verhältnismäßig wenig zu tun. Es ist bei der Gründung von Unternehmungen eingeschaltet, wenn es sich darum handelt, über die Einzelpläne der entsprechenden Ressorts das Kapital bereitzustellen. Ein Plenarbeschluß muß herbeigeführt werden, wenn eine Unternehmung verkauft oder privatisiert werden soll. Dazu sind unter Umständen besondere Gesetze erforderlich. Das Hohe Haus wird beteiligt, wenn es sich darum handelt, Fallissements in Ordnung zu bringen, Löcher zu stopfen, Unterbilanzen zu regulieren.
— Die werden bestimmt nicht privatisiert, Herr Kollege Mommer.Sonst ist, abgesehen von den Veröffentlichungen, die insbesondere aus dem Bundesschatzministerium kommen, wenig über den Gesamtkomplex dieser Unternehmungen zu erfahren. Vor allen Dingen ist irgendeine Gesamtrechnung, eine Funktionsbilanz, nicht vorhanden.Der Bundesschatzminister hat erstmalig den Versuch gemacht, durch seine Schrift „Der Bund als Unternehmer", die im Jahre 1959 erschienen ist, einen Einblick in das Bilanzwesen einiger großer Konzerne zu geben. Das Bundesfinanzministerium hat in den Vorbemerkungen zum Haushalt 1956 eine große Zusammenfassung über die wirtschaftlichen Unternehmungen des Bundes — der Zahl, Art und Größe nach — gegeben, allerdings nicht hinsichtlich der Kapitalzusammensetzung, der Bilanzen und der Gewinn- und Verlustrechnungen. Eine im Jahre 1957 erschienene große private Schrift hat die gesamten Unternehmungen der öffentlichen Hand zahlenmäßig und in ihrem Zusammenhang beleuchtet. Es ist die Schrift von Herrn Dr. Stassmann, die im Bund-Verlag erschienen ist.Irgendeinen Überblick über die wirklichen Zusammenhänge, die Konzernbildung, die sich auch bei den Bundesunternehmungen vollzogen hat, und vor allem eine Darstellung der Rechte und Pflichten der Beamten der einzelnen Ressorts, die in den Organen dieser Unternehmungen als Aufsichtsräte, Verwaltungsräte, als Vertreter des Bundes im Sinne des Gesellschaftsrechts, also als Gesellschafter, tätig sind, gibt es nicht. Diese Dinge spielen jedoch seit Jahren eine sehr entscheidende Rolle. Manche Fehlentwicklung und manche Fehlleistung von Unternehmen, die wir in den letzten Jahren im Haushaltsausschuß und in anderen Fachausschüssen diskutieren mußten, rührten doch daher, daß hier nicht mit der Ordnungsmäßigkeit vorgegangen worden ist, die man voraussetzen muß.Nun gibt es zwei Kriterien, die in der Fachsprache der Betriebswirtschaft und der Wirtschaftsprüfungswissenschaft entscheidend sind. Das erste Kriterium ist die sogenannte ständige Prüfungsbereitschaft; wir müssen verlangen, daß die Unternehmungen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist, eine ständige Prüfungsbereitschaft aufweisen. Das zweite Kriterium ist, daß in diesen Unternehmungen, insbesondere in den größeren unter ihnen, eine ständige Innenrevision eingerichtet ist. Das Vorhandensein dieser beiden Dinge — ständige Prüfungsbereitschaft und Innenrevision — wird in dem Bericht des Bundesrechnungshofes für das Jahr 1956 bestritten. Wenn auch die Formulierungen, die ich jetzt gewählt habe, nicht in dem Bericht enthalten sind, so ist der Extrakt aus diesem Bericht letzten Endes auf diese Formulierungen zuzuschneiden.Diese Gedanken lassen sich nur verwirklichen, wenn das Hohe Haus in einer entsprechenden Entschließung seinen Willen gegenüber der Bundesregierung kund tut. Deshalb die Ziffer 4 unseres Entschließungsantrages. Hier wird nicht mehr und nicht weniger gesagt, als daß die von der Bundesregierung seit April 1959 angekündigten Richtlinien über die Tätigkeit und Verantwortlichkeit und das Zusammenspiel von Beamten in Aufsichtsräten und Organen der wirtschaftlichen Unternehmungen nun
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Dr. Schildendlich bekanntgegeben werden sollten. In drei Monaten sind es fast zwei Jahre, seit wir auf die Richtlinien warten. Es wäre doch wohl verhältnismäßig einfach für die Bundesregierung, diese Richtlinien herauszugeben.In diesen Richtlinien sollen die in dem Entschließungsantrag untter aa), bb) usw. genannten Rechtsvoraussetzungen für die Tätigkeit der Beamten in Organen der wirtschaftlichen Unternehmungen geklärt werden.Schließlich sollen die Beamten in ,den Unternehmen auch besondere Maßnahmen treffen. Die für die gewöhnlichen Privatunternehmungen, Aktiengesellschaften, GmbH's usw. notwendigen Prüfungsvorgänge sollen auch für die Bundesunternehmungen, soweit sie Aktiengesellschaften oder juristische Personen anderer Art sind, Geltung haben. Ich verweise auf § 81 des Aktiengesetzes hinsichtlich der Zwischenberichte. Ich verweise auf die Innenrevision. Ich verweise darauf, daß auch in Unternehmen des Bundes Geschäftsführungen und Vorstände möglichts nicht aus einzelnen, sondern je nach Lage der Verhältnisse aus mehreren Personen bestehen sollen.Alle diese Punkte sind in dem Entschließungsantrag zusammengefaßt. Mit dem Antrag verfolgen wir das Ziel, aus der mehr empfehlenden Diskussion und aus den empfehlenden Worten des Bundesrechnungshofes zu einem politischen Beschluß zu kommen.
Ich danke den Herren Kollegen Dr. Stecker und Dr. Schild für den Schriftlichen und für den ergänzenden Bericht.
Wird das Wort. gewünscht? Herr Abgeordneter
Dr. Stecker!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte aus dem vielfältigen Material, das uns vom Bundesrechnungshof vorgelegt worden ist, einen Komplex herausgreifen, den ich zusammenfasse unter dem Begriff: Modernisierung und Elastizierung des Grundstücksverkehrs der öffentlichen Hand. Ich will dazu einige Beispiele anführen, die bei uns zur Diskussion gestanden haben.Der Bundesrechnungshof stellt fest, daß beim Landerwerb eine Entschädigung in Land grundsätzlich nur dann erfolgen darf, wenn eine Existenzgefährdung des Eigentümers vorliegt. Nun sind wir der Meinung, daß es schon aus praktischen Gründen aber auch aus grundsätzlichen Erwägungen richtig ist, immer da, wo es möglich ist, eine Entschädigung in Land vorzunehmen, wo immer die öffentliche Hand Land braucht.Weiter wird es vom Bundesrechnungshof als mit den rechtlichen Bestimmungen nicht vereinbar angesehen, beim Grunderwerb für eine Straße eine Gemeinde einzuschalten. Es sei nach dem Fernstraßenrecht zwar zulässig, daß die LandesbehördenI die untergeordneten Stellen damit beauftragten. Aber die Gemeinden seien nun einmal selbständige Körperschaften und dürften damit nicht beauftragt werden. Ich weiß nicht, wieweit es nach dem geltenden Fernstraßenrecht schon möglich ist; aber daß es praktisch und sehr wünschenswert ist, sehr oft die Kommunen mit ihrem sehr viel elastischeren und praktischeren Apparat einzuschalten, das dürfte für uns alle außer Zweifel sein.Sodann hat der Rechnungshof es als unzulässig angesehen, in einem Einzelfall mehr Land zu kaufen, als im Augenblick gebraucht werde. Als Beispiel ist ein Fall erwähnt worden, in dem man für den Ruhrschnellweg im Augenblick 1 ha Land brauchte, aber 16 ha zum Preis von 2,50 DM erwarb. Wer die Verhältnisse kennt, wird sagen müssen, daß es äußerst praktisch und sehr wirtschaftlich ist, solch einen geschlossenen Komplex zu kaufen und damit in sehr vielen Einzelfällen auszugleichen. Ein Grundstückspreis von 2,50 DM pro qm im Ruhrgebiet ist doch auch durchaus vorteilhaft.Ferner hat der Bundesrechnungshof mit Recht festgestellt, daß verschiedene Bauvorhaben begonnen wurden, bevor das Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden war. Das führt zu sehr unwirtschaftlichen Anstrengungen bei der Verwaltung. Man verhandelt mit 99 Grundstückseigentümern erfolgreich, und bei dem hundertsten bleibt man hängen. Dann muß man doch die ganze Sache aufhalten, um das Planfeststellungsverfahren einzuleiten. In der Tat sollten alle Behörden nur noch nach Einleitang des Planfeststellungsverfahrens mit den Arbeiten beginnen.Die Bemerkungen des Bundesrechnungshofs und die Diskussionen, die im Anschluß daran geführt wurden, geben Veranlassung, darauf hinzuweisen, daß die Straßenbauverwaltungen der Länder anscheinend sehr oft nicht mit genügend Verwaltungspersonal ausgestattet sind. Die Feststellung, daß die Verzögerungen im Straßenbau mehr auf den Schwierigkeiten beim Grunderwerb beruhen, also mehr auf der Verwaltungsseife liegen, als durch die technischen Möglichkeiten bedingt sind, ist, glaube ich, immer häufiger zu treffen. Es wäre vielleicht gut, wenn die Bundesregierung in diesem Sinne auf die Straßenbauverwaltungen der Länder einwirkte.Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind einige Einzelbeispiele. Sie scheinen uns zu zeigen, daß der Grundstücksverkehr bei den Behörden allgemein zu schwerfällig, zu formalistisch ist und daß das Wirtschaftliche dabei zu kurz kommt. Ein Grundstück, das heute bei raschem Zupacken noch zu erträglichen Bedingungen zu haben wäre, wird teuer, weil der Gang der Verhandlungen und der viel zu komplizierte Instanzenzug Verzögerungen und neue Momente hineinbringen, die oft Geld kosten.
Das Bundesfinanzministerium, das für diese Dingewohl zuständig ist, sollte ernsthaft überlegen, wieweit man hier die Gesetze, Verordnungen und An-
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Dr. Steckerordnungen modernisieren kann, wieweit man hier vereinfachen und delegieren kann.Das möchte ich zu diesem Komplex bemerkt haben.
Ich kann dann die Aussprache schließen. Zur Abstimmung steht der Antrag des Ausschusses.
Der Abgeordnete Schoettle hat das Wort zur Abstimmung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage für meine Fraktion getrennte Abstimmung, und zwar in der Weise, daß über die Ziffern I und II zusammen und über den Rest der Entschließung, die der Ausschuß vorgelegt hat, also die Ziffern III und IV, ebenfalls zusammen abgestimmt wird.
Es besteht kein Bedenken, ,daß wir so verfahren. Ich stelle also von der Drucksache 2169 zunächst ,die Teile I und II zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, das Handzeichen zu geben. — Gegenprobe! — Ich bitte, die Abstimmung durch Erheben zu wiederholen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Das Präsidium ist unschlüssig; wir stimmen durch Hammelsprung ab. —
Ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. Es sind 129 Ja-Stimmen und 80 Nein-Stimmen, also insgesamt 209 Stimmen abgegeben worden. Für die Beschlußfähigkeit sind nach § 49 der Geschäftsordnung, ,da 'die Berliner Abgeordneten stimmberechtigt sind, 260 Stimmen erforderlich. Das Haus ist also nicht beschlußfähig. Damit ist ,die Sitzung beendet.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Freitag, den 20. Januar, 9 Uhr.