Protokoll:
3022

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 3

  • date_rangeSitzungsnummer: 22

  • date_rangeDatum: 16. April 1958

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:33 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 22. Sitzung Bonn, den 16. April 1958 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. h. c. Pferdmenges, Ritzel, Gehring und Höcker 1173 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1957 (Nachtragshaushaltsgesetz 1957) (Drucksache 299) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 (Haushaltsgesetz 1958) (Drucksache 300) — Erste Beratung —; Antrag der Fraktionen der DP, CDU/CSU betr. Angleichung des Haushaltsjahrs an das Kalenderjahr (Drucksache 237); Antrag der Fraktion der DP betr. Errichtung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung (Drucksache 59) (Schriftliche Begründung: Anlage 2, S. 1215); Antrag der Fraktion der FDP betr. Arbeitserleichterung für die Landfrauen (Drucksache 208) Etzel, Bundesminister 1174 A Schoettle (SPD) 1187 A Dr. Vogel (CDU/CSU) 1196 C Lenz (Trossingen) (FDP) 1205 C Schild (DP) 1209 D Ausschußüberweisungen 1212 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Lebensmittelgesetzes (Drucksache 316) — Erste Beratung — . 1212 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gewichtsbezeichnung an schweren, auf Schiffen beförderten Frachtstücken (Drucksache 254) — Erste Beratung — 1212 D Entwurf eines Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts (Drucksache 278) — Erste Beratung — 1213 A Siebzehnte Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Harmonisierte Eisen- und Stahlzölle) (Drucksache 253) 1213 A Nächste Sitzung 1213 C Anlagen 1215 22. Sitzung Bonn, den 16. April 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr.
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner 16.4. Frau Albertz 16. 4. Frau Albrecht 17. 5. Dr. Arndt 19.4. Dr.-Ing. E. h. Arnold 19.4. Bauknecht 10.5. Dr. Becker (Hersfeld) 19.4. Dr. Böhm 18. 4. Dr. Bucerius 19. 4. Dr. Burgbacher 16.4. Conrad 18. 4. Dr. Dehler 19. 4. Diehl (Horressen) 5.5. Dr. Elbrächter 16.4. Even (Köln) 19.4. Felder 30. 4. Frau Friese-Korn 31. 5. Dr. Furler 19.4. Gedat 18. 4. Gehring 19. 4. Geiger (München) 16.4. Gerns 16.4. Dr. Greve 21.4. Freiherr zu Guttenberg 16.4. Frau Hamelbeck 18.4. Heye 16.4. Hilbert 18.4. Höcherl 10.5. Höfler 16.4. Frau Dr. Hubert 17.5. Jacobs 24.4. Dr. Jordan 18.4. Frau Kipp-Kaule 19.4. Kirchhoff 18. 4. Koenen (Lippstadt) 19. 4. Kriedemann 19.4. Könen (Düsseldorf) 16.4. Kunze 15. 5. Leber 16. 4. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30.4. Dr. Maier (Stuttgart) 26.4. Maucher 16.4. Mauk 16.4. Frau Dr. Maxsein 18.4. Mellies 25.4. Merten 19.4. Dr. Meyers (Aachen) 16.4. Frau Nadig 16.4. Paul 30.4. Dr. Pferdmenges 18. 4. Rademacher 19. 4. Ramms 18.4. Scharnberg 16.4. Scheel 16.4. Schneider (Bremerhaven) 18.4. Dr. Schneider (Saarbrücken) 18.4. Schultz 16.4. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Schwarzhaupt 19.4. Simpfendörfer 19. 4. Teriete 16. 4. Walpert 19.4. Wehr 16.4. Frau Wolff (Berlin) 16.4. b) Urlaubsanträge Abgeordnete(r) bis einschließlich Bauereisen 26.4. Frau Dr. Brökelschen 26. 4. Dr. Eckhardt 30. 4. Eichelbaum 3.5. Dr. Frey 26. 4. Dr.. Friedensburg 30.4. Häussler 30. 4. Heinrich 15.5. Frau Herklotz 25. 4. Iven (Düren) 26. 4. Meyer (Oppertshofen) 26.4. Frau Niggemeyer 30. 4. Scheppmann 2.5. Sträter 26. 4. Struve 7.5. Dr. Wahl 15.5. Dr. Zimmer 26. 4. Anlage 2 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Dr. Preusker zu dem Antrag der Fraktion der DP betr. Errichtung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung (Drucksache 59). Die Fraktion der DP hat mit Drucksache 59 dem Bundestag einen Antrag vorgelegt, durch den die Bundesregierung ersucht werden soll, unverzüglich Verhandlungen mit den Ländern mit dem Ziel der Errichtung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung aufzunehmen und dem Bundestag die entsprechenden Gesetzesvorlagen zur Änderung des Grundgesetzes sowie die weiter hierzu erforderlichen Gesetzesvorlagen zuzuleiten. Die Fraktion der Deutschen Partei hat dieses Problem der Errichtung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung gerade zu Beginn der 3. Legislaturperiode aus den gleichen Gründen zur erneuten Erörterung gestellt, aus denen heraus auch die Bundesregierung selbst bei der Einbringung ihrer Steuervorlagen einen funktionierenden Finanzausgleich zwischen den reichen und den armen Ländern als Gretchenfrage der Zukunft eines gesunden bundesstaatlichen Aufbaus bezeichnet hat. Um jede Mißdeutung von vornherein auszuschließen: Sowohl die Entwicklung der letzten Jahre, wie auch die tatsächliche Gesetzgebung haben bewiesen, daß angesichts der im Grundgesetz verankerten Aufteilung der Steuern zwischen Bund und Ländern 1216 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. April 1958 und der Form der Mitwirkung von Bundesrat und Bundestag beim Zustandekommen von Steuergesetzen die Frage der Organisation unserer Finanzverwaltung keine Kardinalfrage eines mehr föderalistischen oder mehr unitarischen Bekenntnisses ist. Es herrscht wohl gegenwärtig auf allen Seiten Einmütigkeit darüber, daß in der Bundesrepublik nicht wie in einer europäischen Konföderation souverän bleibende Staaten vorsichtige Vereinbarungen über einen noch vor der Bewährungsprobe stehenden Staatenbund treffen, sondern daß hier vielmehr deutsche Bundesländer im historischen Bewußtsein ihrer untrennbaren Zusammengehörigkeit eine Regelung suchen, die sowohl-ein Höchstmaß an Eigenständigkeit der Entwicklung in den einzelnen Bundesländern wahrt wie auch gleichzeitig ein Höchstmaß an gemeinsamer Blüte auf allen Gebieten der Kultur, Wirtschaft und sozialen Wohlfahrt sichert. Die Frage des organisatorischen Aufbaus des Finanzwesens ist also in der Bundesrepublik kein Ding und Dogma an sich — über diese Zeiten sind wir erfreulicherweise hinausgewachsen —, sondern eine reine Vernunftfrage der größten Zweckmäßigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung. Es ist nun einmal mit dem Finanzwesen eines Staates etwas ganz Besonderes und Empfindliches. Es gibt viele Dinge, die in ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit vielleicht nicht minder wichtig sind, bei denen man aber die Durchführung völlig unbesorgt soweit dezentralisieren kann, wie man will. Ich darf als Beispiel vielleicht das Gebiet der Veterinärmedizin nennen. Die Bekämpfung der Tierseuchen ist für die menschliche Gesundheit zweifellos von überragender Bedeutung. Trotzdem kann es hier kaum eine Problematik wegen der zweckmäßigsten Durchführung geben, weil selbst bei völliger Dezentralisation keine grundlegenden Ermessensfragen aufgeworfen werden. Maul- und Klauenseuche ist nun einmal Maul- und Klauenseuche; sie kann in Schleswig-Holstein wie in Baden-Württemberg nur mit den gleichen Mitteln und in der gleichen Weise bekämpft werden. Demgegenüber gibt es in unserer Finanzverwaltung leider unendlich viele Ermessensentscheidungen von allergrößter wirtschafts-, sozial- und kulturpolitischer Bedeutung, ja schlechthin von entscheidender Bedeutung für die Eigenständigkeit der einzelnen Länder. Dieser Ermessensspielraum liegt hei unserer Finanzverwaltung der Natur nach vor allem 1. im Zeitpunkt, in der Zeitdauer und in der mehr oder weniger streng gehandhabten Art der Steuerveranlagung, Steuerprüfung und Festsetzung von Vorauszahlungen, 2. im Verfahren der Stundung und des Erlasses von Steuern, 3. im Verfahren bei der Bewertung aller Wirtschaftsgüter und des Vermögens sowie in der Anerkennung von Abschreibungen und Wertberichtigungen. Man mag die Dinge drehen und wenden wie man will. Es ist einmal gesagt worden, der Geldbeutel sei nun einmal der empfindlichste Körperteil, und daran ist sicherlich viel Wahres, wenn und solange Steueranteile des Staates am Einkommen von und mehr, zumindest in der Wirtschaft, wenn man alles zusammenrechnet, die Regel und nicht die Ausnahme sind. Man kann also das Problem der ungeteilten oder geteilten Finanzverwaltung nicht gut an den historischen Beispielen aus dem Steuerparadies vor dem 1. Weltkrieg oder der immer noch ungleich glücklicheren Weimarer Zeit messen, sondern nur an der harten Wirklichkeit unseres augenblicklichen Zeitalters einer ungeheuren deutschen Not und Armut, die trotz aller Erfolge im Wiederaufbau in den letzten zehn Jahren doch noch immer vorhanden ist. In bezug auf die in den letzten acht Jahren beim Wiederaufbau so überaus erfolgreich praktizierte Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik hat es das böse, wirklich ad absurdum geführte Schlagwort von „den Reichen, die immer reicher würden, und den Armen, die immer armer würden", gegeben. Wenn man dieses Schlagwort überhaupt irgendwo mit einer wenigstens halben oder Viertelberechtigung zitieren kann, dann wahrscheinlich noch am ehesten in bezug auf die Situation unserer Bundesländer: hier hat sich allmählich die Erkenntnis immer breitere Bahn gebrochen, daß eine Verwaltung der Finanzen, die einen recht unterschiedlichen Ermessensgebrauch nicht soweit wie nur irgend möglich auszuschließen vermag, in der Tat reiche Länder reicher und arme Länder ärmer machen kann. Es soll deshalb auch in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnert werden, daß insbesondere auch der Parlamentarische Rat in seinen Grundgesetzbeschlüssen aus ähnlichen Erwägungen von der ungeteilten Bundesfinanzverwaltung ausgegangen ist. Es waren nur die Militärgouverneure der Besatzungsmächte, die verhindert haben, daß diese gemeinsame bessere Erkenntnis Bestandteil des deutschen Grundgesetzes geblieben ist. Die Bundesrepublik ist inzwischen den damaligen Besatzungsmächten gegenüber in ihren Verfassungsbeschlüssen souverän geworden. Eigentlich sollte man schon das zum Anlaß nehmen, um nunmehr solche Fehlanweisungen der damaligen Besatzungsmächte im Sinne der besseren deutschen Auffassungen zu korrigieren. Wirklich nicht ohne Grund ist besonders in den beiden letzten Jahren die wirtschaftliche Schwäche des Kultuswesens in einzelnen Bundesländern kritisiert und dann verständlicherweise sogleich nach der Finanzhilfe des Bundes gerufen worden. Niemand kann ja im Ernst unsere Kinder in ihren Bildungs- und Lebenschancen entgelten lassen, daß sie zufällig in den armen Ländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz oder Bayern geboren sind oder aufwachsen müssen. Schließlich stehen wir doch alle auf dem Standpunkt, daß unsere Kinder das gleiche Recht auf die bestmögliche Ausbildung besitzen und wir alle die Pflicht haben, dafür zu sorgen. Ebenso ist in den letzten Jahren mit immer größerem Ernst darauf hingewiesen worden, daß aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bayern insbesondere ein großer wirtschaftlicher Wanderungsprozeß, vor allem nach Nordrhein-Westfalen, dem Rhein-Main-Gebiet und Baden-Württemberg, in Gang gekommen ist. Hier drohen Verödung und wachsende wirtschaftliche Schwächung gewissermaßen als eine sich selbst vorwärtstreibende Kettenreaktion auf der einen und Überbelastung in Bevölkerungsdichte sowie Investitionen auf dem Verkehrs-, Elektrizitäts-, Wasserversorgungs- und Gesundheitsgebiet auf der anderen Seite. Alle diese Entwicklungen schreien gebieterisch nach einer Korrektur. Der horizontale Finanzausgleich, der dies bewerkstelligen sollte, hat das nicht vermocht. Er ist, das muß ganz ungeschminkt festgestellt werden, am übergroßen Ermessensspielraum der geteilten Finanzverwaltung gescheitert. Sicherlich wird eine ungeteilte Bundesfinanzverwaltung noch kein automatisches Heilmittel sein. Sie vermag aber der Natur dieses besonders schwierigen Gebietes entsprechend die allein denkbare wettbewerbsneutrale Basis eines horizontalen Finanzausgleiches zwischen den armen und den reichen Ländern abzugeben. Manchem mag dies auf den ersten Blick fast etwas grotesk erscheinen. Aber entsprechend den Beschlüssen des Parlamentarischen Rates von 1948/49, der ja den föderativen Staatsaufbau wollte und gerade deshalb auch die ungeteilte Bundesfinanzverwaltung vorsah, ist es inzwischen harte Wirklichkeit geworden: Wer die Eigenständigkeit der Bundesländer unabhängig von ihren naturgegebenen wirtschaftlichen Vorteilen oder Nachteilen ernstlich will, wer die höchstmögliche Ausbildung unserer Menschen ohne Rücksicht darauf anstrebt, ob sie zufällig in „reichen" oder „armen" Ländern leben, wer nicht eine einseitige wirtschaftliche Wanderung möchte, der muß die Notwendigkeit der ungeteilten Bundesfinanzverwaltung bejahen. Die hier und da in der letzten Zeit als halbe Lösungen erwogenen sogenannten Kompromisse einer „ständigen Ministerpräsidentenkonferenz" werden auf dem Gebiet des horizontalen Finanzausgleichs mit Sicherheit noch unfruchtbarer bleiben als die „ständige Kultusministerkonferenz". Es ist einfach eine vor allem auf finanziellem Gebiet irreale Überforderung, von den Ländern zu erwarten, daß sie aktive Partner — nämlich Gebende und Nehmende — und zugleich neutrale Schiedsrichter in einer Person sein sollen. In früheren Jahren hat man die Bundesfinanzverwaltung häufig mit der Erwartung erheblicher laufender Verwaltungseinsparungen begründet. Diese lassen sich sicherlich auch erzielen, wenn man Aus- und Durchführungsanweisungen künftig nur einmal, statt bis jetzt zehnmal, erlassen muß. Wir begründen aber die nach unserer Meinung überfällige Errichtung der ungeteilten Finanzverwaltung im Bunde in allererster Linie mit der dringend gebotenen Beendigung einer kulturellen und wirtschaftlichen Verödungsgefahr in den schwachen Ländern und der Notwendigkeit der Beendigung einer kostspieligen Konzentration in den sogenannten starken Ländern. In beiden Fällen würde bei einem Beibehalten des derzeitigen Zustandes der Ruf nach dem totalen Wohlfahrts- und Versorgungsstaat zwangsläufig am bitteren Ende stehen, anstatt, wie die Fraktion der Deutschen Partei wünscht, die Forderung nach der größtmöglichen Eigenständigkeit und Unabhängigkeit des einzelnen wie auch der Gemeinden und der Bundesländer. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Eilers (Oldenburg) für die FDP- Fraktion zur ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 (Haushaltsgesetz 1958) (Drucksache 300), zur Beratung des Antrags der Fraktionen der DP, CDU/CSU betr. Angleichung des Haushaltsjahres an das Kalenderjahr (Drucksache 237) und zur Beratung des Antrags der DP betr. Errichtung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung (Drucksache 59). Die Beratung und der Beschluß über den Haushaltsplan ist eines der wesentlichsten Rechte des Parlaments. Wichtig dabei aber ist vor allem die rechtzeitige Verabschiedung vor Beginn des neuen Rechnungsjahres. Dies ist um so wichtiger, als die Ausgaben des Bundes große allgemeine volkswirtschaftliche Auswirkungen haben. Es muß deshalb I erwartet werden, daß der Entwurf des Haushaltsplans rechtzeitig vor Ablauf des alten Haushaltsjahres im Bundestag vorgelegt wird. Haushaltsberatungen müssen gründlich sein, wenn sie einen Sinn haben sollen. Nach meiner Ansicht wäre die Verlegung des Rechnungsjahres auf das Kalenderjahr ein gutes Mittel, in diesem Sinne zu wirken. Es ist erstaunlich, daß Bundesregierung, Bundestag und Länderregierungen die Angleichung des Haushaltsjahres an das Kalenderjahr zwar schon oft diskutiert haben, ohne jedoch zu einem Entschluß gekommen zu sein. Dieses ist um so mehr erstaunlich, als schon 1951 alle Bundesminister, bis auf den Bundeswirtschaftsminister, einer solchen Angleichung zustimmten. Der letzte war der Meinung, daß eine pünktlichere Verabschiedung des Haushaltsplanes auch bei dem jetzigen Haushaltsjahr ausreichen müsse. Die Finanzminister der Länder hielten 1951 die Angleichung des Haushaltsjahres an das Rechnungsjahr für unzweckmäßig. Nur der Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz war geneigt, der Verlegung zuzustimmen. Besonders bemerkenswert ist, daß der Bundesrechnungshof auch im Jahre 1951 eine Angleichung an das Kalenderjahr empfahl. Er stellte anheim, die damalige Bank deutscher Länder dazu zu hören. Geldmarktpolitische Erwägungen waren der Grund dazu. 1218 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. April 1958 Die Bank deutscher Länder nahm positiv wie folgt Stellung: Würde das Rechnungsjahr in Zukunft am 1. Januar beginnen, so könnte der Bund, der im Januar über besonders hohe Steuereinnahmen verfügt, die mit dem Beginn des Rechnungsjahres zusammenfallenden erhöhten Ausgaben voraussichtlich ohne Inanspruchnahme von Kreditmitteln finanzieren. Ein eventuell erhöhter Kreditbedarf der Länder könnte bei der im Januar üblichen Verflüssigung des Geldmarktes leichter befriedigt werden, als dies im April der Fall ist. Es will mir scheinen, allein diese Begründung wäre ein sehr gewichtiger Grund für die Verlegung auf das Kalenderjahr gewesen. Aber mitnichten! Alle Bemühungen waren umsonst. Erst im Jahre 1954 im Zusammenhang mit der Finanz- und Steuerreform wurde ein erneuter Versuch unternommen. Das Bundesfinanzministerium bat die vorher schon erwähnten Stellen nochmals um Äußerung. Am 4. März 1954 erörterten die Finanzminister der Länder abermals diese Frage. Einige Länder zeigten Neigung, andere nicht! Wie könnte es bei uns auch anders sein. Als scheinbarer Ausweg wurde vorgeschlagen, die Abteilungsleiter der Länderfinanzministerien zu der Angelegenheit zu hören. Am 19. Mai 1954 fand die Besprechung statt. Fast ohne Ausnahme waren diese Ministerialvertreter dagegen. Sie meinten, die Haushaltspraxis der Länder sei auf lokale Verhältnisse zugeschnitten und könnte deshalb nicht geändert werden. Darüber kann ich nur erstaunt sein, denn die Körperschaften, die den lokalen Verhältnissen am nächsten stehen, nämlich die Städte und Gemeinden, stimmten durch ihre Spitzenorganisationen einer Angleichung des Haushaltsjahres an das Kalenderjahr zu. Die Verwunderung über dies Versagen der Länderfinanzminister wird noch größer, wenn man einen Blick in die Geschichte wirft. 1871 hatte das Deutsche Reich für das Haushaltsjahr das Kalenderjahr bestimmt. 1877 wurde dann die Zeit vom 1. April eines Jahres bis zum 31. März des nächsten Jahres zum Haushaltsjahr bestimmt. In den Ländern aber, z. B. auch in Bayern, wurde das Kalenderjahr erst im Jahre 1920 aufgegeben. Es erhebt sich die Frage: Waren die Länder vor 1920 lokal weniger verbunden? Wie sieht es im übrigen in der Bundesrepublik aus? Die Bundesbahn arbeitet seit 30 Jahren mit dem Kalenderjahr, die Bundespost seit 2 Jahren. Auch die deutsche Sozialversicherung machte mit dem Kalenderjahr beste Erfahrungen. Die Verzahnung dieser Einrichtungen bzw. Institutionen mit dem Bundeshaushalt ist gegenwärtig sehr schwierig. Überschneidungen und zusätzliche Arbeiten verursachen ständig Mehrkosten. Viele wichtige Steuerarten werden schon jetzt nach dem Kalenderjahr veranlagt. Wie ist die Lage in Europa? Diese Frage ist wohl zeitgemäß. Die Montan-Union und der Gemeinsame Markt rechnen mit dem Kalenderjahr. In Frankreich, in Belgien und in den Niederlanden ist das Kalenderjahr das Haushaltsjahr. Ein internationaler Vergleich ist uns Deutschen also bisher erschwert. Welche anderen Gründe sprechen für die Verlegung? Die öffentlichen Haushalte des Bundes, der Länder und der Gemeinden geben der deutschen Volkswirtschaft Aufträge von vielen Milliarden DM. Dies trifft vor allem für die Bauwirtschaft als Schlüsselwirtschaft zu. Durch die Einführung des Kalenderjahres als Haushaltsjahr werden ein besserer Wettbewerb, die rechtzeitige Ausschreibung und Vergabe der Aufträge ermöglicht. Die öffentliche Hand kann günstigere Preise erzielen und dadurch erhebliche Ersparnisse erreichen. Wir wollen doch sparen!? Eine bessere, breitere Verteilung der Arbeiten auf baugünstige Monate ist möglich. Dies ist auch lohnpolitisch sehr wesentlich. Es werden weniger Überstunden, weniger Sonntags- und Nachtarbeit erforderlich. Auch deshalb sind die Arbeiten billiger. Die Betriebe brauchen geringere Betriebsmittel bei den Kreditinstituten anzufordern. Die bessere Ausnutzung der Baumaschinen und Baueinrichtungen, eine günstigere Arbeitsverteilung auf allen Gebieten ist möglich. In der Wirtschaft können weniger unproduktive Zeiten auftreten. Der Haushalt 1958 wird frühestens Ende Juni verabschiedet. Die Folge ist, daß die einzelnen Ministerien frühestens im Juli oder August Aufträge erteilen können. Es ist gar nicht daran zu denken, vor August in den einzelnen Betrieben der Bauwirtschaft, im Hoch- und im Tiefbau den Start für die praktische Arbeit zu geben. Bauten und Straßen werden wieder bis zum Wintereinbruch nicht fertig. Verkehrsstockungen werden unausbleiblich sein, weil auch in den langen Wintermonaten Baustellen in den Straßen nicht zu vermeiden sein werden. Das Kapital für diese Arbeiten liegt fest und ist ohne rechten Ertrag. Der Beginn des Rechnungsjahres mit dem 1. Januar dagegen läßt ausreichend Zeit für Arbeitsvorbereitungen bis zum Eintritt baugünstiger Witterung. Neben fiskalischen Vorteilen stehen allgemein günstige volkswirtschaftliche Auswirkungen. Die winterliche Spitze der Arbeitslosigkeit würde beim rechtzeitigen Einsetzen der Mittel der öffentlichen Hand etwa in der 2. Hälfte des Monats März oder spätestens im Monat April schneller abgebaut werden können. Millionen DM der Unterstützungen für Arbeitslose würden wahrscheinlich gespart und für produktive Zwecke freigemacht. Die Länder behaupten, ein Hindernis für die Umstellung des Rechnungsjahres auf das Kalenderjahr sei das jetzige Schuljahr, das mit dem Haushaltsjahr übereinstimme. Der Schuletat sei der größte Etat im Länderhaushalt. Nach meiner Auffassung Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. April 1958 1219 ist diese Begründung nicht durchschlagend. Notfalls wäre sogar zu überlegen, das Schuljahr ebenfalls mit dem Kalenderjahr Bleichlaufen zu lassen. Es würde sicherlich ein Vorteil mindestens erreicht, daß der Kummer mit der versagten Versetzung einiger Kinder gleich im Silvesterrausch ertränkt wäre. Auf keinen Fall sollte man die Zeugnisse vor Weihnachten ausgeben. Als weiterer Einwand wird vorgebracht, daß die rechtzeitige Verabschiedung des Haushaltsplans im Rahmen eines Kalenderjahres wegen des Sommerurlaubs der mit dem Haushalt befaßten Volks- und Ministerialvertreter zweifelhaft sei. Keine Begründung ist verwunderlicher als diese, denn: Sind bei der Post bisher Urlaubswünsche unerfüllt geblieben? Fahren Züge weniger, werden Briefe der Post weniger zugestellt oder Renten in den Urlaubsmonaten nicht pünktlich ausgezahlt? Auch im Ausland geht es. Warum dann nicht auch bei uns? Das Kalenderjahr ist ein natürlicher Rhythmus, menschlich und auch wirtschaftlich gesehen. Alles in allem, schneiden wir endlich den alten Zopf ab im Bund, in den Ländern, in den Gemeinden und schaffen wir eine moderne Frisur! Sie ist nicht nur schöner, sondern auch praktischer. Die Errichtung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung wird in diesem Zusammenhang noch stärkere Impulse auslösen können. Für eine steuerliche Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit ist sie unerläßlich. Die 1951 gehörten Sachverständigen verneinten bereits glatt, daß bei der gegenwärtigen Regelung eine gleichmäßige und gerechte steuer- liche Erfassung gesichert sei. Eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung könnte sparsamer und rationeller arbeiten. Als Beispiel mag nur verwiesen werden auf die 150 Ländererlasse in 9 Ländern zu dem § 7 c des Einkommensteuergesetzes. Diese Erlasse waren veröffentlicht. Die Zahl der nicht veröffentlichten Erlasse ist wahrscheinlich noch größer. Die Steuerfahndung ist zweifellos nicht beliebt. Bei der einheitlichen Durchführung könnten Übergriffe besser vermieden werden als in der gegenwärtigen Verwaltung bei den Ländern. Sie würde auch wirksamer sein. Die Betriebsprüfung hat mit der Steuerfahndung nichts zu tun. Dennoch kann man sich gegenwärtig des Eindrucks nicht erwehren, als würden einige Länder diese Betriebsprüfung zu einer Art Steuerfahndung mißbrauchen. Es ist wohl kein Zweifel darüber, daß alle sachverständigen Persönlichkeiten eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung als das Gebot der Stunde ansehen. Die FDP brachte bereits am 22. Mai 1951 einen entsprechenden Gesetzentwurf durch den inzwischen leider verstorbenen Bundestagsabgeordneten Höpker-Aschoff ein. Leider wurde dieser, wenn auch erst am 6. Mai 1953, in einer namentlichen Abstimmung abgelehnt, weil die notwendige Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Art. 108 des Grundgesetzes nicht erreicht wurde. Damals stimmten nur die Abgeordneten der FDP und der SPD geschlossen für diesen Antrag. Es ist erfreulich, daß nunmehr auch die CDU/CSU und die DP sich zu dieser alten Forderung der Freien Demokraten bekennen.
Gesamtes Protokol
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0302200000
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung spreche ich die Glückwünsche des Hauses dem Herrn Kollegen Dr. h. c. Pferdmenges zum 78. Geburtstag am 27. März aus,

(Beifall)

dem Herrn Kollegen Ritzel zum 65. Geburtstag am 10. April,

(Beifall)

dem Herrn Kollegen Gehring zum 60. Geburtstag am 15. April

(Beifall)

und dem Herrn Kollegen Höcker zum 72. Geburtstag am 15. April.

(Beifall.)

Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 28. März 1958 den nachfolgenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz über das Abkommen vom 15. Mai 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die Errichtung nebeneinanderliegender nationaler Grenzabfertigungsstellen, über die Grenzabfertigung in Zügen während der Fahrt und über die Bestimmung von Gemeinschafts- und Betriebswechselbahnhöfen im Verkehr über die deutsch-belgische Grenze
Gesetz zu dem Protokoll vom 1. Dezember 1956 zur Änderung des Internationalen Zuckerabkommens
Gesetz zu der Vereinbarung vom 31. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zollbehandlung von Müllergaze
Gesetz zu der Vereinbarung vom 29. Juni 1956 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Chile über die zollfreie Einfuhr von Chilesalpeter in der Zeit vom 1. Juli 1956 bis 30. Juni 1957
Zweites Gesetz zur Änderung des AngestelltenversicherungsNeuregelungsgesetzes (Zweites Änderungsgesetz-AnVNG)

Zweites Gesetz zur Änderung des PersonalgutachterausschußGesetzes
Der Herr Bundesminister für Verteidigung hat unter dem 29. März 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Standortübungsplatz für die Garnison Bergzabern bei Mühlhofen-Ingenheim-Barbelroth (Drucksache 181) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 314 verteilt worden.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 26. März 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen Ministerialdirektor Dr. Schiller (Drucksache 257) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 307 verteilt worden.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 27. März 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Abwicklung des JEIA-Vermögens (Drucksache 259) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 312 verteilt worden.
Der Herr Bundesminister für Verteidigung hat unter dem 28. März 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Wohnungsbau für Soldaten (Drucksache 273) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 311 verteilt worden.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 26. März 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betreffend den früheren „Oberreichsanwalt" Lautz (Drucksache 274) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 310 verteilt worden.
Der Herr Bundesminister für Verteidigung hat unter dem 27. März 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Finanzielle Leistungen der Bundesrepublik Deutschland an Frankreich (Drucksache 275) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 309 verteilt worden.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 28. März 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Überschreitung der Amtsbefugnisse durch Angehörige des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Drucksache 279) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 313 verteilt worden.
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem 3. April 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Ernennung des Bundestagsabgeordneten Dr. Vogel zum Vortragenden Legationsrat Erster Klasse im Auswärtigen Amt (Drucksache 289) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 319 verteilt worden.
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem 2. April 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Zeitungsberichte über Hinrichtung von Deutschen in der Fremdenlegion (Drucksache 291) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 320 verteilt worden.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 9. April 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Entschädigung für durch die damalige britische Besatzungsmacht beschlagnahmte Betriebe (Drucksache 290) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 321 verteilt worden.
Der Herr Präsident der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein hat unter dem 25. März 1958 gemäß II 6 und 9 des Branntweinmonopolgesetzes den Geschäftsbericht der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein mit der Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung der Verwertungsstelle für das Geschäftsjahr 1956/57 vorgelegt, der als Drucksache 306 verteilt wird.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 1. April 1958 auf Grund des Beschlusses des Deutschen Bundestages der 2. Wahlperiode in seiner 161. Sitzung über die Vergabe der Aufträge durch die ,,Eurofima" berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache 322 verteilt.
Der Herr Präsident des Bundesrechnungshofs hat unter dem 20. März 1958 in seiner Eigenschaft als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung ein Gutachten über die Organisation und Wirtschaftlichkeit des Bundesgesundheitsamtes vorgelegt, das im Archiv zur Einsichtnahme ausliegt. Unter dem 26. Februar 1958 hat er ein Gutachten über die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Kulturabteilungen des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums des Innern vorgelegt, das gleichfalls im Archiv ausliegt.
Ich komme zur Tagesordnung und rufe auf den Punkt 1:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1957 (Nachtragshaushaltsgesetz 1957) (Drucksache 299),
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 (Haushaltsgesetz 1958) (Drucksache 300) ;
c) Beratung des Antrags der Fraktionen der DP, CDU/CSU betreffend Angleichung des



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Haushaltsjahrs an das Kalenderjahr (Drucksache 237);
d) Beratung des Antrags der Fraktion der DP betreffend Errichtung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung (Drucksache 59) ;
e) Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betreffend Arbeitserleichterung für die Landfrauen (Drucksache 208).
Das Wort zur Einbringung des Haushaltsgesetzes hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

Franz Etzel (CDU):
Rede ID: ID0302200100
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! In meiner finanzpolitischen Programmrede am 13. März 1958 vor dem Hohen Hause habe ich bereits das Bedauern der Bundesregierung darüber zum Ausdruck gebracht, daß sie den Haushaltsplan des Jahres 1958 erst nach Inkrafttreten des neuen Rechnungsjahrs vorlegen kann. Indem ich heute den Haushaltsplan 1958 formell einbringe, wiederhole ich meine Entschuldigung. Die Ursache für die verspätete Einbringung liegt, wie bereits damals bemerkt, in der Notwendigkeit, die am 13. März 1958 eingebrachten Steuergesetze unter dem Gesichtspunkt der Einheit von Haushaltspolitik und Steuerpolitik mit den Bedürfnissen des Haushalts in Einklang zu bringen. So mußten Haushaltsplan und Steuergesetze gleichzeitig entwickelt werden. Die mit der Regierungsneubildung zusammenhängenden Probleme bedeuteten eine zusätzliche Verzögerung. Nachdem der Haushaltsplan seinen verfassungsmäßigen Weg über den Bundesrat gelaufen ist, kann ich ihn heute, versehen mit der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Bemerkungen des Bundesrates, vorlegen.
Ich habe die Hoffnung, in diesem Jahre durch eine besonders enge Zusammenarbeit mit dem Haushaltsausschuß des Bundestags zu einer schnellen Verabschiedung des Haushaltsgesetzes, tunlichst noch vor den Sommerferien, beizutragen. Es würde dann etwa zu dem gleichen Zeitpunkt wirksam werden wie der Haushaltsplan des vergangenen Jahres. Bis zum Inkrafttreten des Haushaltsgesetzes wird die Bundesregierung eine geordnete Finanzgebarung auf der Grundlage des Grundgesetzes sicherstellen.
Die verspätete Fertigstellung des Haushaltsgesetzes im vergangenen und in diesem Jahre ist aber, möchte ich ausdrücklich bemerken, kein Idealzustand. Ich bin daher entschlossen, ihn zu ändern. Die Vorarbeiten für den Entwurf des Haushaltsplanes 1959 sind im Bundesfinanzministerium bereits jetzt eingeleitet worden. Mit der Aufstellung des Entwurfs wird unverzüglich nach der Verabschiedung des Haushaltsplans 1958 begonnen werden. Wenn keine unvorhergesehenen Schwierigkeiten entstehen, soll der Entwurf des Haushaltsplans 1959 vor Weihnachten von der Bundesregierung fertiggestellt und den parlamentarischen Körperschaften zugeleitet werden. Damit wären wir dann wieder im normalen Rhythmus der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes.
Meine Damen und Herren, wenn ich heute den 9. Bundeshaushalt seit Bestehen der Bundesrepublik einbringe, so scheint es mir gerecht zu sein, des Mannes mit einigen Worten zu gedenken, der vor mir diese wichtige Aufgabe achtmal vollziehen durfte. Ich meine den jetzigen Bundesminister der Justiz, Herrn Fritz Schäffer.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die Grundtatsachen und Entwicklungstendenzen der gegenwärtigen und der zukünftigen Finanzlage sind durch seine Arbeiten und durch sein Wirken weitgehend bestimmt. Gerade im finanzpolitischen Ablauf stehen jede Legislaturperiode und jeder Finanzminister auf den Schultern der Vorgänger. Ich bin im Guten und im Bösen sein Erbe und könnte das Erbe, selbst wenn ich es wollte, nicht ausschlagen.
Ich gedenke heute Fritz Schäffers dankend, weil ich das viele Gute wohltuend empfinde, an das ich aus seiner Arbeit anknüpfen darf.
Der Aufbau einer ausgezeichneten Verwaltung und die Schaffung eines hervorragenden Mitarbeiterstabes sind sein unvergeßliches Verdienst.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich bin ihm dankbar für diese mir unerläßliche Hilfe, die meiner Arbeit ein solides Fundament gibt.
Seine Finanzpolitik war gekennzeichnet durch einen ausgeglichenen Haushalt, der die Grundlage für eine der stabilsten Währungen in der Welt wurde. Die sehr vollen Kassen waren nicht das Ergebnis seiner Politik, sondern besonderer Umstände, die außerhalb seines Einflußbereichs lagen. Die Wechsel, die auf die volle Bundeskasse gezogen wurden, wurden nicht von ihm ausgestellt. Er hatte den vollen Kassen eine andere Verwendung zugedacht. Selbst die übervolle Kasse hatte aber zeitweilig ihr Gutes, weil sie dämpfend auf eine überhitzte Konjunktur wirkte und damit übermäßigen Preissteigerungen entgegentrat. Bei hohen Ausfuhrüberschüssen waren die kontraktiven Wirkungen der Kaufkraftstillegungen aus Bundesguthaben bei der Notenbank durchaus erwünscht. Daneben sollen die mehrfachen, nicht unbeachtlichen Steuersenkungen von 1956 und 1957 nicht unerwähnt bleiben und nicht vergessen werden.
Fritz Schäffers Umsicht, sein sittlicher Ernst, mit dem er hausväterlich das sorgenvolle Amt des Haushaltsministers führte, sein unermüdlicher Fleiß und seine große Persönlichkeit sichern ihm ein dankbares Gedenken an die Zeit, da er auf dem Stuhle des Finanzministers saß, und ein ehrendes Andenken in dem Hause, in dem ich jetzt arbeite.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich bin glücklich, daß mich mit ihm freundschaftliche Bande verbinden, und dankbar für manchen guten Rat.
Meine Damen und Herren, damit komme ich zur finanzpolitischen Lage des Jahres 1958. Diese Situation, die dem Ihnen heute vorgelegten Haushaltsplan des Jahres 1958 zugrunde liegt, habe ich



Bundesfinanzminister Etzel
Ihnen in meiner Rede vom 13. März 1958 bereits in großen Linien vorgetragen. Sie muß in dem kontinuierlichen Fluß gesehen werden, der sich aus den laufenden Einnahmen und aus den durch ständige Erfüllung unserer Staatsaufgaben erstehenden Ausgaben ergibt. Die Haushaltswirtschaft des Bundes ist eben ein ununterbrochen fortfließender Prozeß, in dem der jetzige Haushaltsplan nur eine rechnerische Zäsur und ein Glied in der ununterbrochenen Kette der Haushalte darstellt.
Wenn die Lage der Bundesfinanzen seit der Gründung der Bundesrepublik gut war, so darf sie auch heute noch als befriedigend bezeichnet werden. Das große Sammelbecken einer gefüllten Bundeskasse, das bei Beginn des Haushaltsjahres 1957 noch rund 7 Milliarden DM enthielt, läuft aber langsam leer, und immer mehr muß der Bundesfinanzminister darauf bedacht sein, Zulauf und Ablauf des Stroms der Haushaltswirtschaft im Gleichgewicht zu halten und keinen Raubbau an den Quellen und keine Dürre in der Versorgung zu dulden.
Mit dem Abbau der Kassenbestände von Monat zu Monat wird die Finanzlage des Bundes angespannter, und es bedarf bei der Disposition in die Zukunft hinein daher einer immer größeren Vorsicht und Umsicht. Noch ist der Haushaltsplan des Jahres 1958 ein Zwischenstadium, noch wirkt das große Sammelbecken der Kassenbestände regulierend. Die vollen Auswirkungen der aufgelösten Kassenreserven und der gesteigerten Ausgaben werden wir erst in den Haushaltsplänen 1959 und 1960 zu meistern haben.
Wir sollten aber heute schon mit großer Sehschärfe erkennen, daß die im letzten Haushaltsjahr aus den Kassenbeständen einmalig gedeckten, neugeschaffenen Ausgaben in Höhe von 5,9 Milliarden DM und die im jetzigen Haushalt nochmals aus der Kassenfülle einmalig gedeckten 3 Milliarden DM in der Zukunft durch neue, ständig fließende Quellen gedeckt werden müssen.
Erschreckend ist es, immer wieder Stimmen zu hören, die diesen Tatbestand nicht nur völlig verkennen, sondern die so tun, als ob die jetzigen Ausgaben bereits in vollem Umfange durch ständige Einnahmen gedeckt seien, ja, als ob diese Einnahmen daneben noch unbegrenzt steigerungsfähig seien und so neue Ausgaben geschaffen werden könnten.
Am letzten Tage des Rechnungsjahres 1957, dem 31. März dieses Jahres, betrug der Kassenbestand nur noch 2,8 Milliarden DM und war damit innerhalb von zwölf Monaten um mehr als 4 Milliarden DM gesunken. Diese Entwicklung wird sich im Laufe der nächsten Monate fortsetzen. Der Zeitpunkt ist erkennbar, in dem die Bundeskasse auf einen geringen Betriebsmittelbestand zurückgegangen sein wird und der Bund zur Deckung mindestens seines außerordentlichen Bedarfs an den Kapitalmarkt herantreten muß. Im Laufe des Rechnungsjahres 1958 wird der Bund erstmalig wieder mit einer größeren Anleihe an den Kapitalmarkt herantreten. Wir schätzen heute, daß dies im Frühjahr 1959 notwendig sein wird, wenn der Kassenbestand des Bundes etwa unter 500 Millionen DM gesunken sein wird.
Das Problem, das sich dem Finanzminister stellt, ist also, die neu fließenden Einnahmequellen — bestehend aus höheren Steuereinnahmen durch Zunahme des Sozialprodukts, Einziehung von Veranlagungsrückständen und höherem Anteil an den Einkommen- und Körperschaftsteuern — an die Stelle der einmaligen Deckung aus Kassenreserven treten zu lassen, bis auch der Teil der ständigen Ausgaben, der bis jetzt aus einmaligen Einnahmen gedeckt wurde — nämlich aus Kassenreserven —, durch ständig fließende Einnahmen gedeckt wird, oder anders ausgedrückt, einen Ausgabenstopp so lange zu errichten, bis alle ständigen Ausgaben wieder durch ständige Einnahmen gedeckt werden.
Eine schwere Vorbelastung für die Finanzentwicklung des Bundes in den nächsten Jahren stellen da. bei die Ausgabereste aus den Vorjahren dar. Es handelt sich dabei um vom Parlament genehmigte Ausgaben, die in dem Jahr, in dem sie bewilligt waren, nicht ausgegeben wurden. Wirtschaftlich sind sie also Verpflichtungen des Finanzministers entweder gegenüber Dritten, soweit nämlich diese Posten sich bereits zu vertraglichen Verpflichtungen des Bundes entwickelt haben, oder gegenüber den Ressorts, die noch nicht zu vertraglichen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten wurden, die aber vom Finanzminister weitgehend bedient werden müssen, weil sie das Parlament bewilligt hat.
Solche Ausgabereste, meine Damen und Herren, bestehen immer, da ja die Haushaltswirtschaft ein ständig fließender Strom von Einnahmen und Ausgaben und das Jahr nur eine Zäsur innerhalb dieses Stromes ist. So bestehen am Ende eines jeden Haushaltsjahres Reste von nicht getätigten Ausgaben, denen aber auch Reste an Einnahmen oder Bestände gegenüberstehen. In normalen Zeiten kann dieser Resteüberhang mit etwa 5 v. H. gleichbleibend angenommen werden. Das wären bei einem ordentlichen Etat von 37,6 Milliarden DM, wie ich ihn jetzt vorlege, Ausgabereste von rund 1,9 Milliarden DM.
Dieses normale Verhältnis würde nicht beunruhigen. Aber das Verhältnis hat sich nun leider grundlegend geändert.
Am Ende des Jahres 1956 bestanden Ausgabereste, d. h. noch offene Ausgabebewilligungen für die Folgezeit, in Höhe von rund 6 Milliarden DM; davon betrugen die Verpflichtungen aus Resten des Wehrhaushalts rund 3,7 Milliarden DM, also rund 60 v. H.
Am Ende des soeben abgeschlossenen Finanzjahres 1957 sind diese Ausgabereste auf rund 7,8 Milliarden DM angewachsen, davon allein 6 Milliarden DM, also über 80 v. H. im Wehrhaushalt.
Diese überhöhten Ausgabereste verwirren das Finanzbild des Bundes außerordentlich und erschweren eine zuverlässige Meinungsbildung über die tatsächliche Lage der Bundesfinanzen.



Bundesfinanzminister Etzel
Die entscheidende Frage ist dabei: Stehen den Ausgaberesten entsprechende Deckungsmittel gegenüber? Ende 1956 mit seinen Ausgaberesten von rund 6 Milliarden DM bestanden Kassenreserven von rund 3 Milliarden DM und daneben noch eine Rücklage, die vom Kassenbestand des Bundes getrennt ausgewiesen war, in Höhe von rund 4 Milliarden DM. Das waren zusammen 7 Milliarden DM. Ausgaberesten von rund 6 Milliarden DM standen also Deckungsmittel von rund 7 Milliarden DM gegenüber. Das war, meine Damen und Herren, noch ein beruhigendes Bild.
Ende 1957 waren die Kassenbestände und sonstigen Reserven auf rund 3 Milliarden DM geschmolzen, während die Ausgabereste auf rund 7,8 Milliarden DM gestiegen waren.
Und nun mußte ich außerdem noch etwas Besonderes tun. Die 3 Milliarden DM, die an sich zur Dekkung der Ausgabereste gedacht waren, mußten Zur Deckung des neuen Haushalts in die Einnahme genommen werden. Das Ganze ist, so glaube ich jedenfalls, eine außergewöhnliche Maßnahme, die mit den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Haushaltsgebarung unter normalen Verhältnissen nur schwer in Einklang zu bringen wäre. Ihr Problem besteht darin, daß in Zukunft für die Ausgabereste keine Deckung mehr vorhanden ist, obwohl sie bedient werden müssen, weil ja die Ressorts entsprechende Maßnahmen eingeleitet haben. Es müssen insofern also zusätzliche Deckungsmittel beschafft werden, oder es müssen die Dispositionen entsprechend gekürzt werden.
Im Jahre 1958 habe ich mir dadurch geholfen, daß ich in das Ausgabesoll nur die Beträge eingesetzt habe, die voraussichtlich auch tatsächlich ausgegeben werden können. Die Frage, ob mit den neuen Ausgabebewilligungen alte Ausgabereste oder neue Verwendungszwecke bedient werden, ist also offengelassen worden. Entscheidend war nur die Frage, w a s insgesamt ausgegeben werden soll und kann. Damit wurde aber nicht geklärt, was mit den Resten geschieht, die vom Standpunkt der parlamentarischen Bewilligung neben den neu bewilligten Ausgaben stehenbleiben. Diese Frage wird spätestens 1959 neu untersucht und entschieden werden müssen.
Auf jeden Fall ist festzustellen, daß aus dem Kassenbestand und den Rücklagen des sogenannten Juliusturms von rund 7 Milliarden DM Ende 1956 nunmehr ein negativer Juliusturm ungedeckter Verpflichtungen des Finanzministers in fast gleicher Höhe entstanden ist. Die Lösung dieses Problems wird darin gesucht werden müssen, daß ab 1959 die Reste in die laufenden Ausgaben eingebaut werden müssen, wobei auf der Deckungsseite für rund 6 Milliarden DM ungedeckte Ausgabereste neue Deckungsmittel beschafft werden müssen. Ich meine hier mit diesen neuen Deckungsmitteln die vorher erwähnten Einnahmequellen, nämlich den weiteren Zuwachs des Sozialprodukts, Ausgabenminderungen an anderen Stellen und Kreditaufnahmen als Nachholfinanzierung. Der zusätzliche
Deckungsbedarf kann mit etwa je 3 Milliarden DM
für die Jahre 1959 und 1960 angenommen werden.
Es stände dann zu hoffen, daß auf diesem Wege endlich wieder Soll und Ist in ihre normale Ordnung gebracht werden. Alles dies würde auch dazu dienen, die öffentliche Meinungsbildung über die Finanzpolitik und die Finanzwirtschaft des Bundes zu fördern. Die Verzerrung der normalen Verhältnisse von Einnahmen und Ausgaben der vergangenen Rechnungsjahre untereinander hat, wie mir scheint, nicht wenig zu Mißverständnissen und Fehlurteilen geführt. Aus diesen Erfahrungen der letzten Jahre werden wir auch bei der planmäßigen Neuordnung des Haushaltsrechts einige Folgerungen für die Technik des Jahresabschlusses zu ziehen haben. Da der Bundesfinanzminister soweit wie möglich einen gläsernen Haushalt und offene Bücher vorlegen möchte, habe ich diese verwickelten finanztechnischen Probleme etwas breiter dargestellt, als es sonst notwendig und üblich ist.
In diesem Zusammenhang noch eine kurze Bernerkung über die sogenannten Bindungsermächtigungen. Sie bestehen selbständig neben den Ausgaberesten und unterscheiden sich von ihnen dadurch, daß sie von vornherein nicht als feste Ausgabenansätze für das betreffende Haushaltsjahr gedacht sind, sondern lediglich den Fachminister im Einvernehmen mit dem Finanzminister ermächtigen, in einem bestimmten Umfange bereits Maßnahmen zu Lasten künftiger Haushaltsjahre einzuleiten, ohne aber vor diesen Haushaltsjahren Barmittel in Anspruch nehmen zu können. Der Bundesfinanzminister und auch Sie, meine Damen und Herren, werden diese Bindungsermächtigungen immer mit besonderer Aufmerksamkeit sehen müssen, bedeuten sie doch eine Ermächtigung, in begrenztem Umfang zunächst noch ungedeckte Ausgaben zu begründen und damit einen Vorgriff auf künftige Jahre zu machen.
Nach diesen mehr allgemeinen Bemerkungen komme ich nun zu der Behandlung des Haushalts 1958 im besonderen. Ich wende mich zunächst dem Gesamthaushalt zu. Der neue Haushaltsplan schließt im ordentlichen Haushalt mit rund 37,6 Milliarden DM und im außerordentlichen Haushalt mit 1,6 Milliarden DM, zusammen also mit 39,2 Milliarden DM ab. Er ist im ordentlichen Haushalt um 2,2 Milliarden DM höher und im außerordentlichen Haushalt um 370 Millionen DM niedriger als im Vorjahr. Der Gesamthaushalt ist wiederum in einem Jahr um 1,8 Milliarden DM angewachsen.
Der Ausgleich des neuen Haushalts war nicht leicht. Die ursprünglichen Mehranforderungen der Ressorts, deren sachliche Dringlichkeit vielfach nicht bestritten werden konnte, mußten von 6,5 Milliarden DM auf 1,8 Milliarden DM herabgesetzt werden.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Von dem verbleibenden Mehrbedarf entfällt auf die Bundeswehr allein 1 Milliarde DM. Bei dieser Sachlage war es nicht möglich oder jedenfalls nicht durchsetzbar, den Mehrbedarf für 1958 durch Kürzungen an anderen Stellen auszugleichen.



Bundesfinanzminister Etzel
Gestatten Sie mir an dieser Stelle ein Wort über die vermehrten Ausgaben, die sich durch den erhöhten Personalaufwand ergeben. Dieser Punkt ist in den Haushaltsausgaben immer besonders neuralgisch. Ich möchte ihn daher mit einigen wenigen Sätzen besonders behandeln. Wenn man den Personalzuwachs gerecht beurteilen will, so muß man zwischen dem Zuwachs im Verteidigungsbereich und im zivilen Verwaltungsbereich unterscheiden. Es ist mehr als verständlich, daß der Personalzuwachs im Verteidigungsbereich größer ist. Die Vermehrung der Bundeswehr bringt eine vermehrte Einstellung an Beamten, Angestellten und Arbeitern mit sich. Im zivilen Bereich beträgt der Personalzuwachs an Beamten und Angestellten bei den Ministerien 407 Beamte und 225 Angestellte; dazu tritt bei den nachgeordneten Dienststellen ein Zuwachs von 371 Beamten und 964 Angestellten. Der Zuwachs bei den Beamten macht rund 1 v. H., der Zuwachs bei den Angestellten rund 2,4 v. H. der Gesamtzahl aus.
Der finanzielle Aufwand für diesen Personalmehrbedarf beträgt insgesamt rund 25 Millionen DM. Ich glaube, das ist ein Betrag, der sich angesichts der Aufgabenvermehrung, insbesondere im europäischen Bereich, im Kartellbereich, in vertretbaren Grenzen hält. Im einzelnen muß dieser Punkt natürlich noch im Haushaltsausschuß und bei späteren Lesungen erörtert werden.
Der Ausgleich des Gesamthaushalts 1958 konnte nur durch vier Maßnahmen hergestellt werden:
1. wurden die Steuereinnahmen sehr optimistisch, aber keinesfalls ohne sachliche Grundlage geschätzt;
2. wurde, wie erwähnt, der restliche und letzte Bestand der Rücklage aus dem sogenannten Juliusturm mit 3 Milliarden DM unter die ordentlichen Deckungsmittel eingestellt;
3. wurden die Ausgabebewilligungen auf die Beträge beschränkt, die in diesem Rechnungsjahr tatsächlich ausgegeben werden;
4. wurden zum Schließen der letzten Lücke eine Bundesanleihe und andere Kredite in Höhe von 1,6 Milliarden DM erwartet.
Da in den öffentlichen Haushalten nach meiner Meinung die Ausgaben sich weitestmöglich nach den Einnahmen richten sollen, wende ich mich zunächst der Deckungsseite des Haushalts, insbesondere den Steuereinnahmen zu.
Die Steuerschätzungen, die ich in meiner letzten Rede bereits vor Ihnen erläutert und begründet habe, sind inzwischen in der öffentlichen Meinung zum Teil heftig kritisiert worden. Gelegentlich ist der Bundesfinanzminister ein etwas leichtfertiger Optimist genannt worden. Ich muß zugeben, daß in der Tat ein weiteres Ansteigen des Bruttosozialprodukts um 7 v. H. nach der Entwicklung der Wirtschaft in der Welt und auch bei uns in den letzten Monaten für das nächste Jahr vielleicht nicht sehr wahrscheinlich ist. Es gibt allerdings außerhalb des Zuwachses des Sozialprodukts noch andere Komponenten und Fakten, die unseren Schätzungen zugrunde liegen und die diese Hoffnung im letzten dennoch rechtfertigen können.
Richtig ist auch, daß in der Schätzung der Einkommen- und Körperschaftsteuer die Auswirkungen der neuen Steuergesetze noch nicht berücksichtigt worden sind. Das war aber auch noch nicht möglich, weil nicht feststeht, in welcher Form die Regierungsvorlage schließlich zum Gesetz erhoben wird.
Alles dieses glaubte ich aber vertreten zu können und zu sollen, damit mir nicht der Vorwurf des Zweckpessimismus gemacht werden kann. Ich brauche diese optimistischen Einnahmeschätzungen auch, um weiteren Wünschen auf Ausgabeerhöhungen oder Einnahmesenkungen entgegenzutreten, wozu sie auch immer dienen und woher sie auch immer kommen mögen. Eine Finanzpolitik am Rande des Defizits, um deren Bewilligung ich Sie in meiner letzten großen Rede gebeten habe, stellt den Finanzminister notwendig auch immer mit dem Rücken gegen die Wand, wenn er das Verfassungsgebot zum Ausgleich des Haushaltsplans in Art. 110 des Grundgesetzes ernst nimmt.
Die Steuerschätzungen berücksichtigen auch die verspätete Veranlagung zur Einkommensteuer für die Jahre 1956 und 1957. Über ,die Höhe dieser einmaligen „Reserve" des Bundesfinanzministers bestehen in der Öffentlichkeit vielfach falsche Vorstellungen.

(Abg. Dr. Vogel: Sehr richtig!)

Die Aufforderungen zur Steuererklärung für 1956 sind von den Finanzämtern inzwischen versandt worden; die Steuererklärungen sollen bis Ende dieses Monats abgegeben werden. Die Veranlagung für 1956 wird trotz ihrer ungewöhnlichen Kompliziertheit bei der Ehegattenbesteuerung wohl bis zum Jahresende durchgeführt werden können. Im September etwa sollen die Steuererklärungen für 1957 versandt und im Oktober/November eingefordert werden. Die Veranlagung für 1956 wird vermutlich ganz und die für 1957 zum Teil bis zum 31. März 1959, d. h. noch im Rechnungsjahr 1958, durchgeführt werden können. Bedenkt man, daß seinerzeit mit der Veranlagung für 1955 auch erst im Oktober 1956 begonnen wurde, so würde der frühere Rhythmus der Neuveranlagung Ende dieses Jahres voraussichtlich wieder erreicht sein.
Die einmalige Mehreinnahme aus der verspäteten Einkommensteuerveranlagung ist im Vergleich zu anderen Jahren nicht übermäßig hoch. Wenn gelegentlich gesagt wird, daß die zurückgestellten Einkommensteuer-Zahlungen aus Mehrgewinnen gegenüber dem Vorjahr sich auf mehrere Milliarden DM belaufen, so ist das sicher falsch. Man kann die Steuerreserve aus der verspäteten Einkommensteuerveranlagung für Bund und Länder auf höchstens 1,8 Milliarden DM schätzen. Da die Bankeinlagen aber von Wirtschaftsunternehmen und Privaten von 1956 auf 1957 um mehr als 11 Milliarden DM gewachsen sind, darf angenommen werden, daß die Abschlußzahlungen bei den Einkommensteuerpflichtigen deren Liquidität im Durchschnitt kaum beeinträchtigen werden. Wirtschaftlich gesehen haben diese Steuerpflichtigen einen zinslosen Staatskredit genossen, den das Verfas-



Bundesfinanzminister Etzel
sungsgerichtsurteil über die Ehegattenbesteuerung ihnen ganz unerwarteterweise beschert hat.
Unter den Deckungsmitteln verdienen auch die Einnahmen aus Schutzzöllen und aus Finanzzöllen ein kurzes Wort. Die Ansätze dafür bleiben mit 2,1 Milliarden DM trotz der erwarteten Zuwachsrate des Bruttosozialproduktes unverändert. Der Grund dafür liegt in den Zollausfällen, die die Vierte konjunkturpolitische Zollsenkung und die Erste Senkung der Binnenzölle innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft mit sich bringen. Dieses Einfrieren der Einnahmen aus Zöllen könnte der Finanzminister in mir mit einem weinenden Auge sehen, der Europäer in mir aber sieht es mit zwei lachenden Augen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Vierte konjunkturpolitische Zollsenkung im Deutschen Zolltarif 1958 hat die Bundesrepublik zu einem Land mit ausgesprochen niedrigen Schutzzöllen gemacht. Die Zollbelastung für zollbare gewerbliche Güter beträgt durchschnittlich nur noch etwa 8 v. H. und für landwirtschaftliche Güter noch 14 v. H. Im Vergleich zu anderen europäischen und auch außereuropäischen Ländern muß diese Zollbelastung vor allem bei den gewerblichen Einfuhrwaren als niedrig angesehen werden. Sie ist bereits so niedrig, daß die Zölle bei uns als Mittel der Konjunkturpolitik kaum noch von Bedeutung sind. Weitere Zollsenkungen wären, wenn sie im deutschen Wirtschaftsinteresse lägen, nur ausnahmsweise noch möglich, weil das Zollsatzniveau des künftigen gemeinsamen Außenzolltarifs der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wahrscheinlich höher liegen wird.
Die Verbrauchsteuern, die neben den beiden Türmen der Einkommen- und Körperschaftsteuer mit 17,6 Milliarden DM und der Umsatzsteuer mit rund 13 Milliarden DM in der öffentlichen Meinung vielfach ein Aschenbrödeldasein führen, erbringen rund 7,7 Milliarden DM. Daran ist die Tabaksteuer allein mit 3,2 Milliarden DM fast zur Hälfte beteiligt. Den zweiten großen Brocken unter den Verbrauchsteuern stellt die Mineralölsteuer mit 1,8 Milliarden DM dar.
Nach diesem kurzen Überblick über das Problem des Haushaltsausgleichs und der Deckungsmittel wende ich mich nunmehr den Ausgaben zu. Auch hier muß ich mich auf einige grundsätzliche Bemerkungen zu den wichtigsten Ausgabengebieten des Bundes beschränken.
An die Spitze stelle ich den größten und wichtigsten Block der Bundesausgaben, die Ausgaben für die soziale Sicherheit. Gerade die Sozialausgaben des Bundes sind, einschließlich des Wohnungsbaues und der Versorgungsausgaben, auf nunmehr rund 15 Milliarden DM und damit auf rund 40 v. H. des ordentlichen Haushalts gestiegen. Von diesen rund 15 Milliarden DM entfallen allein 3,7 Milliarden DM auf die Kriegsopferversorgung und 4,8 Milliarden DM auf die Bundeszuschüsse an die Träger der Sozialversicherung.
Die Rentenreform als Teil der Sozialreform wurde im vergangenen Jahr im wesentlichen abgeschlossen. Die Anpassungsklausel für den Bundeszuschuß an die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten ist bereits nach einem Jahr wirksam geworden. Die Bemessungsgrundlage für 1958 liegt um 6,1 v. H. höher als im Jahre 1957. Im gleichen Verhältnis mußte sich der Bundeszuschuß um 2,8 Millionen DM auf nunmehr 3,6 Milliarden erhöhen.
In den letzten Monaten wird eine Neuordnung und Verbesserung der Kriegsopferversorgung erörtert. Auch der Bundesfinanzminister hält hier eine gewisse Änderung im Rahmen des bisherigen Gesamtaufwands für möglich. Die Vorschläge der Geschädigtenverbände, die einen Mehraufwand von sage und schreibe 4,3 Milliarden DM erfordern und die Gesamtlasten der Kriegsopferversorgung auf 8 Milliarden DM erhöhen würden, sind schon aus finanzpolitischen Gründen undurchführbar.
Von einzelnen Teilreformen abgesehen, wird man — auch im Vergleich zu anderen Ländernsagen dürfen, daß der Sozialstaat bei uns in dem Maße verwirklicht ist, das gesamtwirtschaftlich noch vertretbar erscheint. Grenzüberschreitungen in der Richtung über den Wohlfahrtsstaat hinaus zum kollektiven Versorgungsstaat könnten nur mit einem Verlust an Wohlstand und Lebensstandard aller erkauft werden.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Nur eine weiter ansteigende Produktivität und der Verzicht auf weitere Arbeitszeitverkürzungen ermöglichen eine weitere Steigerung des Wohlstandes und damit auch der Sozialleistungen.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Ohne Mehrproduktivität oder Mehrarbeit muß eine Erhöhung der Sozialleistungen unausweichlich zunächst zu höheren Steuern und nach den Erfahrungen in anderen Ländern alsbald auch zu einer Gefährdung der Währung und der auf ihr ruhenden gesellschaftlichen Ordnung führen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Es scheint mir wichtiger, den erreichten Wohlstand zu sichern, weitere Preissteigerungen und Steuererhöhungen zu vermeiden, anstatt versorgungsstaatlichen Traumvorstellungen nachzugehen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

aus denen es nur ein böses Erwachen mit bitterem Enttäuschen geben kann. Das allgemeine Wohl, dessen Hüter und Förderer allein der soziale Rechtsstaat sein kann, ist nicht gleich der Summe aller Interessentenwünsche, so gerechtfertigt diese Wünsche im einzelnen manchmal auch erscheinen mögen. Das Verfassungsgebot eines ausgeglichenen Staatshaushalts und der Schutz der Währung machen den Finanzminister zum Anwalt unabänderlicher wirtschaftlich-finanzieller Tatsachen und zum ständigen Mahner des Maßhaltens.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Bundesfinanzminister Etzel
Den zweitgrößten Ausgabenblock im Bundeshaushalt stellen die Lasten dar, die die Verteidigung der nationalen Sicherheit uns auferlegt. Im Entwurf des Haushaltsplans 1958 finden Sie für die Verteidigungsausgaben insgesamt 10,7 Milliarden DM, von denen 10 Milliarden DM auf die Bundeswehr und rund 700 Millionen DM auf Leistungen an verbündete Truppen im Bundesgebiet entfallen.
Für den Ausbau der Bundeswehr sind in den Jahren seit 1955 bis heute insgesamt rund 15 Milliarden DM bewilligt worden. Ausgegeben wurden davon rund 9 Milliarden DM, so daß dem Bundesminister für Verteidigung mit der weiteren Bewilligung von 10 Milliarden DM in 1958 insgesamt rund 16 Milliarden DM zur Verfügung stehen. Nach den bisherigen Erfahrungen darf angenommen werden, daß von diesen Gesamtbewilligungen im Jahre 1958 tatsächlich nicht mehr als die neu veranschlagten 10 Milliarden DM kassenmäßig benötigt werden.
Neben den Haushaltsbewilligungen von zusammen rund 16 Milliarden DM — ich wiederhole: alten und neuen — sind für Verteidigungszwecke mit Zustimmung des Hohen Hauses noch zusätzlich Bindungsermächtigungen bis zu 15,2 Milliarden DM als Vorgriff auf die Haushaltsbewilligungen der folgenden Rechnungsjahre erteilt worden.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Es würde den Rahmen meiner Haushaltsrede sprengen, wenn ich Ihnen die einzelnen Verwendungszwecke des neu bewilligten Betrags von 10 Milliarden DM näher erläuterte; sie sind ja in den Vorlagen ausgewiesen. Ich darf mich auf einige Punkte beschränken, die ein besonderes Interesse verdienen. Die Tatsache, daß wir eine Bundeswehr neu aufbauen müssen, führt zu einem unverhältnismäßig hohen Anteil der einmaligen Ausgaben mit rund 6 Milliarden DM, während die fortdauernden Ausgaben nur 4 Milliarden DM erfordern. Zu diesen Neubewilligungen für einmalige Zwecke treten die nicht verbrauchten Ausgabebewilligungen früherer Jahre mit fast 6 Milliarden DM hinzu.
Vordringlich unter diesen einmaligen Ausgabezwecken sind Bauten zur Unterbringung der Bundeswehrsoldaten, die im kommenden Jahr mit 2,3 Milliarden DM beinahe doppelt so hoch sind wie im vergangenen Jahr. Daneben ist der Wohnungsbau für die große Zahl verheirateter Soldaten besonders dringlich geworden, der in den vergangenen Jahren mit dem Bedarf nicht recht Schritt gehalten hat. Für diesen Zweck sind bisher schon 450 Millionen DM bewilligt, aber nur zum kleineren Teil ausgegeben worden; dazu tritt im neuen Jahr eine Bewilligung von rund 110 Millionen DM. Die bisherige Entwicklung zeigt, daß die Finanzierung von Wohnungen für Soldaten infolge technischer Verzögerungen im Verwaltungsablauf dazu führt, daß die Fertigstellung der Bauvorhaben erheblich hinter der Bewilligung der Darlehen zurückbleibt. Um für die Zukunft eine frühzeitigere Planung und Finanzierung der Wohnungsbauten für Soldaten zu ermöglichen, sind zu den genannten Haushaltsbewilligungen weitere rund 240 Millionen DM an Bindungsermächtigungen zusätzlich vorgesehen. Für den SoldatenWohnungsbau steht also insgesamt ein Programm von rund 800 Millionen DM bereit.
Auch die staatsbürgerliche Erziehung und Bildung und die fachliche Weiterbildung der Soldaten sowie ihre Betreuung in der Freizeit und die Fürsorge sollen nach den Zahlen des Haushalts nicht zu kurz kommen; dafür sind rund 60 Millionen DM vorgesehen.
Der Haushaltsplan 1958 enthält keine Ansätze mehr zur Zahlung von Stationierungskosten an verbündete Mächte. Die Bundesregierung hat 1957 erklärt, daß sie letztmalig derartige Zahlungen in Höhe von 1,2 Milliarden DM leiste, nachdem nunmehr ihre eigene Verteidigung durch die Bundeswehr in vollem Aufbau ist. Lediglich für Berlin zahlen wir noch Besatzungskosten und Auftragsausgaben an die dortigen Besatzungsmächte mit unverändert 220 Millionen DM. Dieser Betrag dient in der Hauptsache der Entlohnung deutscher Bediensteter bei den ausländischen Streitkräften sowie dem Besatzungswohnungsbau, der Freimachung beschlagnahmter Liegenschaften und für Beschaffungen der Besatzungsmächte in Berlin. Diese Besatzungskosten tragen also dazu bei, den Berliner Arbeitsmarkt zu entlasten, die gewerbliche Wirtschaft dort mehr zu beschäftigen und den Wohnungsbau zu vermehren.
In der Bundesrepublik schreitet die Freimachung der Wohnungen von Angehörigen der verbündeten Truppen weiter fort. Zur Zeit sind nur noch rund 300 Wohnungen in privatem Eigentum von Stationierungskräften beansprucht. Der größte Teil der dafür vorgesehenen Ersatzbauten wird im Laufe dieses Jahres fertig. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß in den letzten Jahren zur Räumung beschlagnahmter Wohnungen aus Besatzungs- und Stationierungskosten sowie aus allgemeinen Bundesmitteln rund 90 000 Wohnungseinheiten mit einem Aufwand von schätzungsweise 5 Milliarden DM neu gebaut worden sind.
Ich habe die Ausgaben für die nationale Sicherheit etwas breiter dargestellt. Die weiteren Ausgabenbereiche kann ich nur in kürzeren Zusammenhängen erläutern. Sie dienen der nationalen Sicherheit nach innen. Sie sind daher von keiner geringeren politischen Bedeutung als die Verteidigungsausgaben.
Ich beginne mit den Ausgaben zur Förderung der Landwirtschaft. Der Agrarhaushalt, der sich in den letzten vier Jahren von rund 570 Millionen DM auf 2,2 Milliarden DM im Jahre 1957 vervierfacht hat, ist abermals um rund 200 Millionen DM auf 2,4 Milliarden DM angestiegen. Darin sind die Mittel für den Grünen Plan mit rund 1,3 Milliarden DM enthalten, die ebenfalls um rund 130 Millionen DM höher sind als im Vorjahr. Im Jahre 1958 sollen erstmalig wesentliche Teile der Landwirtschaftsförderung durch Darlehen, die früher aus dem Bundeshaushalt flossen, dem Kapitalmarkt entnommen werden. Der Bundeshaushalt enthält für Zinsverbilligungen Mittel, die wesentlich höhere Darlehnsaufnahmen als in den früheren Jahren ermöglichen.
1180 Deutscher Bundestag - 3, Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. April 1958
Bundesfinanzminister Etzel
Neben der Bundeshilfe für die Landwirtschaft werden noch rund 230 Millionen DM aus Lastenausgleichs- und ERP-Mitteln gewährt, Allein die Umsatzsteuervergünstigung für die Landwirtschaft bedeutet einen Einnahmeverzicht des Bundes von schätzungsweise 350 Millionen DM, also eine zusätzliche stille Leistung. Unter den vielgestaltigen Hilfsmaßnahmen wiegen für den Finanzminister die Milchsubventionen mit 400 Millionen DM und die Düngemittelsubventionen mit nunmehr 316 Millionen DM am schwersten. Im vergangenen Jahr hat es bei der Milchsubvention eine erhebliche Haushaltsüberschreitung um rund 70 Millionen DM gegeben, die sich im kommenden Jahr nicht wiederholen soll. Die 400 Millionen DM sind ein Höchstbetrag, innerhalb dessen die Richtlinien für die Förderung der Qualitätsmilch etwas strenger gefaßt worden sind.
Mit unguten Gefühlen sieht der Finanzminister die Entwicklung der Düngemittelsubvention, die nunmehr bereits im vierten Jahre gezahlt wird. Dafür ist bisher insgesamt über 1 Milliarde DM ausgegeben worden, von der nicht zu sagen ist, ob sie tatsächlich mehr der Landwirtschaft oder der Düngemittelindustrie zugute gekommen ist.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Mit nicht geringen Sorgen erfüllen den Finanzminister auch die Kosten der Vorratshaltung. Sie betrugen 1950 noch rund 96 Millionen DM. Für 1957 waren sie mit rund 206 Millionen DM veranschlagt und infolge einer Haushaltsüberschreitung wegen des starken Anwachsens der Brotgetreidebestände — nicht zuletzt aus entbehrlichen Getreideeinfuhren — auf über 260 Millionen DM angeschwollen. Im Jahre 1958 werden die Kosten der Vorratshaltung die erschreckende Höhe von über 330 Millionen DM erreichen; darin sind die Kosten für die Notstands-Bevorratung noch nicht enthalten. Die Kosten der Vorratshaltung steigen paradoxerweise nicht zuletzt deshalb so erheblich an, weil es gilt, die Überbestände, den sogenannten Getreideberg, wieder auf das von der Bundesregierung beschlossene Ausmaß zurückzuführen. Diese Abbaumaßnahmen können nur durch eine verbilligte Getreideausfuhr ins Ausland durchgeführt werden. Nach Durchführung dieses Abbaues sollte das Getreidepreisgesetz grundlegend überprüft werden, um ein Wiederanschwellen des Getreideberges über die festgelegte Höchstgrenze hinaus zu verhindern. Gleichzeitig müssen die deutschen Verpflichtungen zu Getreideeinfuhren aus internationalen Handelsverträgen planmäßig verringert werden.
Die Förderung der ländlichen Siedlung, in erster Linie zugunsten der Vertriebenen, liegt der Bundesregierung besonders am Herzen. Zu diesem Zweck sind für das Haushaltsjahr 1958 rund 215 Millionen DM vorgesehen. Daneben sollen etwa 100 Millionen DM am Kapitalmarkt als weitere Siedlungskredite aufgenommen werden; die Kosten der Geldbeschaffung und der Zinsverbilligung trägt der Bundeshaushalt.
Auf weitere Finanzfragen der Landwirtschaftspolitik, z. B. die Betriebsbeihilfen zur Verbilligung von Dieselkraftstoff oder die Zinsverbilligung für
die verschiedenen Zwecke, und insbesondere auf
Einzelmaßnahmen des Grünen Plans einzugehen,
muß ich mir leider aus zeitlichen Gründen versagen.
Der Landwirtschaftshaushalt folgt in diesem Jahr in seiner Größenordnung als drittgrößter Einzelplan hinter dem Sozial- und dem Verteidigungshaushalt und vor dem Verkehrshaushalt. Mit seinen 2,4 Milliarden DM erfordert er über 6 v. H. des gesamten Bundeshaushalts. In früheren Jahren, zuletzt im Jahre 1955, erforderte er nur etwas mehr als 2 v. H. des Gesamthaushalts. Diese große Steigerung ist in erster Linie auf die teilweise automatischen Klauseln der Siedlungsgesetze, des Landwirtschaftsgesetzes von 1956 und insbesondere auf die Grünen Pläne zurückzuführen. Der Finanzminister bedauert diese Maßnahmen nicht. Er möchte nur wünschen, daß die Ausgaben dafür mehr als bisher den strukturverbessernden Schwerpunkten und weniger den vielfältigen Preissubventionen zuflössen.
Nicht dem Gewicht, wohl aber der Bedeutung nach möchte ich hinter dem Landwirtschaftshaushalt den Wohnungsbau einreihen. Für ihn sind wiederum 1,5 Milliarden DM vorgesehen, zu denen Bindungsermächtigungen zu Lasten künftiger Jahre mit rund 1,3 Milliarden DM treten. Von den ordentlichen Haushaltsmitteln entfällt nicht ganz die Hälfte mit 670 Millionen DM auf den sozialen Wohnungsbau im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Rund 100 Millionen DM erfordern die Wohnungsbauprämien, die erfreulicherweise weiter angestiegen sind.
Am schwierigsten gestaltet sich die Finanzierung des Wohnungsbaues für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler und Zuwanderer aus der Sowjetzone. Angesichts der großen Bewilligungsüberhänge aus früheren Jahren, die im Jahre 1958 hoffentlich energisch in fertiggestellte Wohnungsbauten umgesetzt werden, konnte die Neubewilligung auf rund 300 Millionen DM ermäßigt werden. Gleichzeitig wurden aber neue Bindungsermächtigungen bis zu der ungewöhnlichen Höhe von über 1 Milliarde DM in Aussicht genommen, um die frühzeitige Planung und Finanzierung von Wohnungsbauten für Flüchtlinge und Vertriebene in den Jahren 1959 und 1960 schon jetzt zu sichern.
Auch der Bergarbeiterwohnungsbau wird aus dem Aufkommen der Kohlenabgabe, verstärkt um die Rückflüsse aus früheren Darlehen, mit 265 Millionen DM — um 27 Millionen DM höher als im Vorjahr — gefördert.
Für das Wohnungsbauprogramm der Bundesregierung stehen also im Jahre 1958 dem Bundeswohnungsbauminister insgesamt 3,2 Milliarden DM zur Verfügung, davon 1,3 Milliarden DM als Bindungsermächtigungen. Dazu treten im kommenden Jahr nochmals 660 Millionen DM aus Mitteln des Lastenausgleichs. Das sind, glaube ich, wahrlich stolze Zahlen, die der Finanzminister nur mit großen Anstrengungen und durch Kürzungen an anderen Stellen des Haushalts ermöglichen konnte.
Jetzt komme ich zum Verkehrswesen. Auch die Förderung des Verkehrswesens in allen Zweigen beansprucht von Jahr zu Jahr höhere Mittel. Die



Bundesfinanzminister Etzel
Zahlen verdienen auch hier in Erinnerung gebracht zu werden: Im Jahre 1954 waren es 1,1 Milliarden DM, im Jahre 1955 1,3 Milliarden DM, im Jahre 1956 1,6 Milliarden DM, die 1957 sprunghaft auf 2,4 Milliarden DM stiegen, und im Jahre 1958 werden fast 2,5 Milliarden DM erreicht.
Der größte Teil dieses Bedarfs entfällt auf den Straßenbau bei Bundesfernstraßen, für den nunmehr über 1,1 Milliarden DM veranschlagt sind. Um eine gleichmäßige und frühzeitige Planung des Straßenbauprogramms und der Straßenbauaufträge zu ermöglichen, werden dazu noch 250 Millionen DM Bindungsermächtigungen und 150 Millionen DM Kredite der Öffa vorgesehen. Alles in allem sind dem Straßenbau also insgesamt 1,5 Milliarden DM, teilweise als Vorgriff auf spätere Jahre, zugedacht.
Bei der Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes im Jahre 1955 hat der Bundestag die Bundesregierung zur Vorlage eines Zehn-Jahres-Plans für den Ausbau der Bundesfernstraßen mit den besonderen Mitteln dieses Gesetzes aufgefordert. Inzwischen hat der Bundesminister für Verkehr mit dem Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen vom September 1957 einen Ausbauplan veröffentlicht, der weit über die Ziele des Verkehrsfinanzgesetzes hinausgeht. Sein Ausbauplan will ein Fernstraßennetz schaffen, das den Anforderungen der nächsten 20 Jahre voraussichtlich genügen wird. Leider sind die dafür vorgesehenen Mittel, die nach den Preisen von 1955 schon rund 23 Milliarden DM betrugen, im Rahmen der künftigen Bundeshaushalte nicht zu beschaffen. Soll dieser höchst notwendige Ausbau der Bundesfernstraßen in den kommenden Jahren verstärkt gefördert werden, so müssen dazu neue Einnahmen auf der Grundlage eines vorbereiteten Straßenbaufinanzierungsgesetzes geschaffen werden. Die erforderlichen Mehrbeträge können nicht durch Einsparungen in anderen Haushalten beschafft werden.
Der Bundesfinanzminister wäre bereit, das Aufkommen der Mineralölsteuer aus dem Kraftverkehr über einen festen Sockelbetrag von etwa 600 Millionen DM hinaus und das Aufkommen etwaiger zusätzlicher Belastungen aus dem geplanten Straßenbaufinanzierungsgesetz ganz für Zwecke des Straßenbaus zu binden. Eine solche Zweckbindung der Abgaben des Kraftverkehrs für die Ausgaben des Straßenwesens widerspricht zwar dem Gesamtdeckungsgrundsatz, der mit Recht das geltende Haushaltsrecht beherrscht. Dennoch rechtfertigt die so enge innere Verknüpfung dieser Abgaben des Kraftverkehrs mit den Kosten des Straßenwesens eine begrenzte — ich sage: begrenzte — Ausnahme, insbesondere wenn damit eine erhebliche Verbesserung des Straßenbaus erreicht werden kann. Dieses Ja-Sagen zu einer erweiterten Zweckbindung der Abgaben des Kraftverkehrs für die Verbesserung des Straßenwesens fällt mir angesichts der sicheren Mehrbelastung des Bundeshaushalts in den kommenden Jahren nicht leicht. Wenn ich mich dennoch dazu — abweichend von der früheren Auffassung — bekenne, so wollen Sie daraus bitte meine Bereitwilligkeit zu einem aufgeschlossenen Finanzdenken entnehmen.
Am richtigsten erschiene es mir, einen Ausbauplan für das gesamte deutsche Straßennetz einschließlich der Landstraßen erster und zweiter Ordnung aufzustellen und für dessen Zwecke neben den bundesrechtlichen Abgaben des Kraftverkehrs auch die Kraftfahrzeugsteuer der Länder zu binden. Das Straßennetz ist verkehrstechnisch und wirtschaftlich längst zu einer Einheit geworden, der auch ein • einheitliches Straßenbauprogramm gegenüberstehen sollte. Leider läßt die Kompetenzordnung des Grundgesetzes eine solche gesamtwirtschaftliche Betrachtung des Straßenwesens nicht zu.
Im übrigen darf ich mir vorbehalten, auf das Gesamtproblem der Finanzierung des Straßenbaues zu gegebener Zeit bei der Einbringung des Entwurfs eines Straßenbaufinanzierungsgesetzes zurückzukommen.
Im Verkehrshaushalt, der so viele wichtige und reizvolle Finanzprobleme umschließt, erwähne ich nur noch kurz den Ausbau der Binnen- und Seewasserstraßen, für die der neue Haushaltsplan mit 330 Millionen DM 50 Millionen DM mehr als im Vorjahr enthält. Der größere Teil dieser Mittel entfällt auf weitere Wasserbauten, unter denen als besondere technische Leistungen der Bau einer Staustufe in der Elbe bei Geesthacht, die Vertiefung des Fahrwassers der Unterweser, der Tunnel unter dem Nord-Ostsee-Kanal bei Rendsburg im Zuge der Europastraße 3, der Ausbau des Jade-Fahrwassers im Zusammenhang mit der neuen Ölumschlaganlage in Wilhelmshaven und der Ölrohrleitung bis Köln und nicht zuletzt die Kanalisierung der Mosel erwähnenswert sind. Die Zufahrten zu den deutschen Seehäfen müssen wegen der ständig größer werdenden Schiffstypen vertieft werden. Dementsprechend werden von Jahr zu Jahr große Mittel für die Vertiefung der Elbe und der Weser und des Emder Fahrwassers sowie des Nord-Ostsee-Kanals vorgesehen.
Wir haben heute mit 3,9 Millionen Tonnen eine der modernsten und rationellsten Handelsflotten der Welt, die dank der großen Steuererleichterungen und der Aufbaudarlehen des Bundes in wenigen Jahren aufgebaut werden konnte. Die bisherigen Förderungsmaßnahmen beschränkten sich auf die Fracht- und Trampschiffahrt. Aus einmaligen und außerordentlichen Zusammenhängen sind im neuen Bundeshaushaltsplan Mittel für den Umbau eines Fahrgastschiffes, der ehemaligen französischen „Pasteur" zur künftigen „Bremen" als verzinsliche und tilgbare Bundesdarlehen in Höhe von 34 Millionen DM vorgesehen, die sich je zur Hälfte auf die Jahre 1958 und 1959 verteilen. Die Reederei, der Norddeutsche Lloyd, hat der Bundesregierung dargelegt, daß es sich hier um eine wirtschaftlich vertretbare Investition handelt, die nur mit Bundeshilfe verwirklicht werden kann. Sie werden es verstehen, daß der Bundesminister der Finanzen dieser Beweisführung angesichts der nicht übersehbaren Entwicklung des Atlantik-Verkehrs mit Düsenflugzeugen nur sehr zögernd gefolgt ist.
Der Ausbau der deutschen Luftfahrt schreitet fort. Der Einsatz der großen Düsenflugzeuge steht unmittelbar bevor. Er erfordert nicht bloß erhebliche



Bundesfinanzminister Etzel
Bundesmittel für den Ankauf von Flugzeugen durch die Deutsche Lufthansa, sondern auch den Ausbau der Lufthäfen in Frankfurt und Köln-Wahn. Die Rentabilität der Deutschen Lufthansa ist auf absehbare Zeit nicht herzustellen, weil das Platzangebot im Welt-Luftverkehr, vor allem auf den Strecken vom und nach dem Bundesgebiet, dies nicht zuläßt. Die Betriebsrechnung der Lufthansa erfordert auch im kommenden Jahr einen Bundeszuschuß von 15 Millionen DM.
Auch die Wirtschafts- und Finanzlage der Deutschen Bundesbahn hat sich trotz der Tariferhöhung Anfang des Jahres nicht entscheidend verbessert. Die Mehreinnahmen aus der Tariferhöhung mit rund 650 Millionen DM werden durch die Erhöhung der Gehälter und Löhne und die Arbeitszeitverkürzungen größtenteils wieder ausgeglichen. Immerhin wird es nach dem Voranschlag des Bundes möglich, aber auch unvermeidlich sein, die Subvention aus Steuergeldern an die Deutsche Bundesbahn, die im vergangenen Jahr noch rund 1,3 Milliarden DM betrug, auf 825 Millionen DM zu ermäßigen. Dabei ist berücksichtigt, daß der Deutschen Bundesbahn künftig die Beförderungsteuer mit jährlich rund 400 Millionen DM nicht mehr gestundet werden kann. Eine Stundung würde wegen der Belastung auch der übrigen Verkehrsträger mit der Beförderungsteuer dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung widersprechen. Vergleicht man die Bruttohilfe des Bundes an die Bundesbahn von rund 1,3 Milliarden DM im Vorjahr mit der von 825 Millionen DM in diesem Jahr und berücksichtigt man ferner die Mehreinnahmen aus der Tariferhöhung mit 650 Milionen DM, so ergibt sich, daß die Bundes-bahn tatsächlich im kommenden Jahr rund 200 Millionen DM mehr als im Vorjahr erhält. Die Steuerzahler müssen auch nach der letzten Tariferhöhung an jedem Tag des Jahres an die Bundesbahn noch über 2 Millionen DM als Subventionen zahlen. Die Bundesbahn bleibt nach einem alten Wort leider immer noch die größte Wohlfahrtsanstalt des Bundes — mit einer eigenen Eisenbahn.
Dieser unerfreuliche Zustand könnte nach meiner Meinung in angemessener Zeit wesentlich verbessert werden. Ob angesichts der veränderten Verkehrsverhältnisse und des Wettbewerbs des Kraftwagens eine ausgeglichene Jahresbilanz der Bundesbahn erreicht werden kann, mag zweifelhaft sein. Eine Verringerung des Jahresverlustes könnte wahrscheinlich auch kaum mehr von der Einnahmeseite her erreicht werden. Wohl aber ist eine wesentliche Verminderung unrentierlicher Kosten durch ein Bündel betriebswirtschaftlicher und technischer Rationalisierungsmaßnahmen zu erreichen. Bei der Erörterung der letzten Tariferhöhungen der Bundesbahn hat das Hohe Haus einstimmig die Berufung eines unabhängigen Sachverständigenkreises beschlossen, der Vorschläge zu diesem Zwecke machen soll. Der Bundesfinanzminister wird die Arbeit dieses Kreises wie alle Bemühungen um eine höhere Wirtschaftlichkeit der Deutschen Bundesbahn nachhaltig fördern.
Die Deutsche Bundespost bietet demgegenüber ein erfreulicheres Bild. Sie hat zwar im vergangenen Jahr
erstmalig einen Betriebsverlust auszuweisen, der im wesentlichen auf die Erhöhung der Gehälter und Löhne und die Arbeitszeitverkürzung für ihre Bediensteten zurückzuführen ist. Für das Jahr 1958 muß die Bundespost, wenn sie nicht alsbald eine Gebührenerhöhung im allgemeinen Postverkehr beschließt, mit einem Jahresverlust von etwa 200 Millionen DM rechnen. Um der Bundespost eine gewisse Hilfe aus dem Bundeshaushalt angedeihen zu lassen, wird der Bund die geplante Bundesanleihe von rund 200 Millionen DM im Innenverhältnis mit dem Schuldendienst auf den Bundeshaushalt übernehmen und in die Vermögensrechnung der Bundespost zur Verbesserung ihrer Eigenkapitalausstattung einbringen. Die gesetzlichen Ablieferungen der Deutschen Bundespost an den Bundeshaushalt bleiben unberührt bestehen und sind im Bundeshaushaltsplan für 1958 mit rund 294 Millionen DM veranschlagt.
Dann, meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein Wort zur Förderung der Wissenschaft in Deutschland sagen. Bei aller Gedrängtheit meines Berichts über den Stand der Bundesfinanzen kann ich einfach nicht darauf verzichten, diese Bemerkungen zur Förderung der Wissenschaft aus Bundesmitteln zu machen. In den vergangenen Jahren hat der Bund die Wissenschaften in erster Linie im Rahmen der bundeseigenen Forschungsanstalten und einzelner Sonderanlässe im Haushalt des Innenministeriums gefördert. Im kommenden Jahr wird der Bund insgesamt rund 800 Millionen DM zur Förderung von Forschung und Wissenschaft einschließlich der wehrtechnischen Forschung aufbringen gegenüber rund 570 Millionen DM im Vorjahr.

(Abg. Dr. Vogel: Sehr gut!)

Dazu kommen die Leistungen der Länder mit etwa 800 Millionen DM und die Mittel von nicht staatlichen Förderungseinrichtungen, insbesondere dem Stifterverband, mit rund 14 Millionen DM. Das sind zusammen rund 1,6 Milliarden DM gegenüber rund 1,3 Milliarden DM im Vorjahr.
Zu diesen öffentlichen Leistungen tritt noch die beachtliche Förderung der Forschung in den Industriebetrieben, die mit 500 Millionen DM jährlich angenommen wird. Dabei wird gerne übersehen, daß auch diese Leistungen wegen ihrer steuerlichen Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben im Durchschnitt etwa zur Hälfte zu Lasten der öffentlichen Haushalte, nämlich über Steuerermäßigungen, gehen. Für die Forschung werden bei uns erfreulicherweise aus öffentlichen und privaten Mitteln zusammen inzwischen jährlich rund 2 Milliarden DM aufgebracht; das sind immerhin 1 % des Bruttosozialprodukts.
In den letzten Jahren hat sich gezeigt, daß der Bund auf eine kulturpolitische und finanzielle Initiative zur Förderung der überregionalen Forschung nicht verzichten darf. Die verfassungsmäßige Kompetenz der Länder als Träger der Kulturverwaltung, insbesondere für die wissenschaftliche Lehre und Forschung an den Universitäten, wird dadurch nicht berührt. In den Auseinandersetzungen um eine kulturpolitische Initiative der Bundesregierung im Be-



Bundesfinanzminister Etzel
reich der Forschung wird gelegentlich übersehen, daß das Grundgesetz in Art. 74 Nr. 13 dem Bund die Gesetzgebung über die Förderung der wissenschaftlichen Forschung zuweist. Das schließt zugleich das Recht und nach meiner Meinung auch die Pflicht für den Bund in sich, im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten Mittel für solche wissenschaftlichen Einrichtungen bereitzustellen, die nicht, wie z. B. die Universitäten, von einem Land finanziell getragen werden können.
Die Haushaltsansätze zur allgemeinen Förderung der überregionalen Forschung waren in den letzten Jahren recht gering. Sie begannen 1956 mit 50 Millionen DM, stiegen 1957 auf 12 Millionen DM, und für 1958 sind es 85 Millionen DM. Dazu treten nochmals 17 Millionen DM, die der Bund an Stelle der Länder zur Finanzierungsmasse des Königsteiner Abkommens beiträgt, damit die Länder ihrerseits den ersparten Betrag nunmehr im zweiten Jahr zur Förderung des technischen Nachwuchses dem Ausbau der Ingenieurschulen zuführen können.
Nachdem vor einigen Monaten der Wissenschaftsrat als unabhängiges Beratungsorgan auf der Grundlage eines Verwaltungsabkommens zwischen Bund und Ländern gebildet worden ist, hat auch die finanzielle Förderung der wissenschaftlichen Forschung durch den Bund einen festeren organisatorischen Boden bekommen. Nach Anhören des Wissenschaftsrats wird der Bund die im neuen Haushaltsplan vorgesehenen 85 Millionen DM einigen Schwerpunkten zuführen. Es ist unsere
Sorge, daß diese Mittel nicht verzettelt, sondern in erster Linie den wissenschaftlichen Bauten und Beschaffungen zugeführt werden, die bisher nicht ausreichend finanziert waren.
Ein kurzes Wort noch zur Förderung der Atomkernenergie. Auch hier sind die ursprünglich sehr geringen Mittel im Laufe von drei Jahren schon auf eine beachtliche Höhe angestiegen. 1956 betrugen sie erst 45 Millionen DM, 1957 schon 84 Millionen DM, und 1958 sollen 142 Millionen DM im Haushalt des Atomministers für diese Zwecke ausgegeben werden. Das Atom-Programm der Bundesregierung soll in drei Stufen verwirklicht werden: von der Forschung über die Entwicklung zur Energieerzeugung.
Für die Atomforschung ist noch viel zu tun. Die bestehenden wissenschaftlichen Institute müssen modernisiert und erweitert, und neue Institute müssen gebaut werden. Dafür sind im Jahre 1958 55 Millionen DM vorgesehen. Der Bund dringt mit der Nachwuchsförderung für die Atomwissenschaft sogar schon bis in die höheren Schulen vor. Er wird dafür 6 Millionen DM spenden, damit schon die Schüler mit der Bedeutung der Kernforschung und Kerntechnik für friedliche Zwecke vertraut werden und in den oberen Klassen der höheren Schule dafür kleine Arbeitsgemeinschaften gebildet werden können.
Dem zweiten Stadium des Atom-Programms, der Entwicklung auf allen Gebieten der Kernenergie, dienen zwei größere Anlagen bei Karlsruhe und bei Jülich. Beide Anlagen werden aus Bundesmitteln gefördert. Bei dem rüstig fortschreitenden Bau des Forschungsreaktors in Karlsruhe zeigt sich bereits, wie sehr solche Investitionen die finanziellen Möglichkeiten der Träger übersteigen; der Bund hat nachträglich erhebliche Mittel für Karlsruhe bereitgestellt. Das geschah vor allem durch die Übernahme der Kosten für die Kernbrennstoffe.
Die dritte Stufe des deutschen Atom-Programms sieht den Ausbau mehrerer Versuchskraftwerke vor, die nach Entwürfen von Reaktorentwicklungsgruppen der deutschen Industrie errichtet werden sollen. Diese Versuchsreaktoren sind die Vorstufe für die eigentlichen späteren Leistungsreaktoren zur allgemeinen Energieversorgung aus Atomkerneneregie. Das Programm der Versuchsreaktoren soll auf sieben Jahre verteilt werden und wird erhebliche Bundesmittel erfordern. Im neuen Haushaltsplan sind für die Planungsarbeiten zunächst 13 Millionen DM eingesetzt.
Bei allen diesen Vorhaben wird der Schutz vor radioaktiven Strahlungen nicht vernachlässigt. Der Betrag für Forschungsarbeiten im Strahlenschutz ist im neuen Haushaltsplan wesentlich erhöht worden.
Ich kann es mir nicht versagen — Sie werden mir das nachfühlen können —, auch noch einen kurzen Blick auf die finanziellen Leistungen des Bundes für die europäischen Einrichtungen und darüber hinaus auf den Bundesbeitrag zur Entwicklung anderer Länder zu werfen.
Unser finanzieller Beitrag zu den europäischen Einrichtungen wächst naturgemäß von Jahr zu Jahr mit deren größerer Wirksamkeit. Das gilt vor allem von der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Der neue Haushaltsplan enthält dafür erstmalig einen Verwaltungskostenbeitrag von je 4 Millionen DM für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft. Schwerer wiegen die Beiträge zu den Sondereinrichtungen dieser überstaatlichen Gemeinschaften. Erstmals erscheinen dort 84 Millionen DM als Beitrag für die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete von Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Nach den Gründungsverträgen werden sich diese Ausgaben in den nächsten Jahren stufenweise erhöhen. Sie steigen von 85 Millionen DM im Jahre 1958 allmählich bis auf rund 320 Millionen DM im Jahre 1962.
An Sondermitteln für europäische Einrichtungen sind vorgesehen: 35 Millionen DM als Beitrag zum Forschungs- und Investitionshaushalt der Europäischen Atomgemeinschaft, 63 Millionen DM als Kapitaleinzahlung bei der Europäischen Investitionsbank, 2 Millionen DM als Kapitaleinzahlung an die Versorgungsagentur der Europäischen Atomgemeinschaft und 2,5 Millionen DM als Kapitaleinzahlung bei der Europäischen Gesellschaft für die chemische Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe. Insgesamt enthält der Haushaltsplan als deutschen Beitrag zur Förderung europäischer Wirtschaftszusammenschlüsse rund 200 Millionen DM.
Zur Förderung von Investitionen in den Entwicklungsländern verfügt die Bundesregierung aus Be-



Bundesfinanzminister Etzel
willigungen früherer Jahre noch über fast 100 Millionen DM. Dazu treten neue Bindungsermächtigungen von weiteren 50 Millionen DM. Die einzelnen Maßnahmen verteilen sich auf mehrere Länder. Vor der Bewilligung einer Förderung aus deutschen Mitteln werden die Vorhaben sorgfältig geprüft. Als ein besonderes Beispiel deutscher Wirtschaftshilfe an das Ausland nenne ich einen von Bundes wegen geförderten Kredit von 660 Millionen DM zum Ausbau eines Stahlwerkes in Indien.
Die Weltbank hat zwei Anleihen im Betrage von rund 735 Millionen DM in der Bundesrepublik untergebracht, die ebenfalls den weniger entwickelten Länder zugute kommen.
Zum Schluß meines Berichts möchte ich mich nun dem zur Zeit schwierigsten Teilproblem der Finanzpolitik des Bundes zuwenden, nämlich den Finanzhilfen des Bundes für einzelne Länder und dem Gesamtproblem des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern. Wie im Vorjahr gewährt der Bund 1958 einzelnen Ländern Finanzhilfen zur Verminderung ihres Haushaltsfehlbedarfes, nämlich an Berlin, an das Saarland, an die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Die Finanzhilfe für Berlin beruht auf dem Dritten Überleitungsgesetz und wird von Jahr zu Jahr auf der Grundlage eines Gutachtens des Bundesrechnungshofes neu festgesetzt. Sie betrug im vergangenen Jahr 900 Millionen DM und ist für das neue Jahr mit demselben Betrag im Entwurf des Haushaltsplans eingesetzt. Berlin selbst beantragt einen höheren Betrag, über den zur Zeit noch verhandelt wird.
Das Saarland erhält nach den Bestimmungen des Eingliederungsgesetzes wie im Vorjahr erneut eine Haushaltshilfe von 65 Millionen DM. Damit soll die Abdeckung einer Verpflichtung des Saarlandes an Frankreich sichergestellt werden. Inzwischen hat sich gezeigt, daß die Haushaltslage des Saarlandes sich im ganzen günstiger entwickelt hat, als angenommen wurde. Dementsprechend wurde die Bundesfinanzhilfe für 1957 bisher nur zu einem kleinen Teil beansprucht. Die schwebenden Erörterungen über eine besondere Devisenhilfe an das Saarland zur erweiterten Einfuhr von deutschen Waren werden durch die Haushaltsentscheidung über die Bundeshilfe an das Saarland nicht berührt.
Eine besondere Bundeshilfe zur Förderung ihrer Wirtschaftskraft erhalten die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Für Niedersachsen sind wiederum 70 Millionen DM als Darlehen aus dem außerordentlichen Haushaltsplan des Bundes vorgesehen. Daneben erhält Niedersachsen aus dem regionalen Förderungs-Programm des Bundes noch einen Zuschuß zur Stärkung seiner Wirtschaftskraft, vor allem im Zonenrandgebiet.
Schleswig-Holstein soll wie in den Vorjahren auch für 1958 noch einmal eine Bundeshilfe zur Förderung seiner Wirtschaftskraft erhalten, die mit 45 Millionen DM als Darlehen und mit 25 Millionen DM als Zuschuß gegeben wird. Aus dem regionalen Förderungs-Programm erhält Schleswig-Holstein daneben keine weiteren Mittel. Schleswig-Holstein ist ein gutes Beispiel dafür, wie mit einer gemeinsamen Bemühung von Land und Bund im Laufe mehrerer Jahre ein wohlabgewogener Plan zur Förderung der Wirtschaft erfolgreich durchgeführt werden kann. Aus dem Armenhaus der Bundesrepublik ist ein aufsteigendes Land mit blühender Wirtschaft geworden, das in absehbarer Zeit keiner Finanzhilfe des Bundes mehr bedarf. Bundeshilfen an einzelne Länder zur Steigerung ihrer Wirtschaftskraft führen, wie das Beispiel Schleswig-Holstein zeigt, nur dann zu einem Erfolg, wenn sie auf der Grundlage einer zuverlässigen Analyse der Wirtschafts- und Haushaltslage des Landes in einem ausgewogenen Mehrjahresplan schrittweise verwirktlicht und für bestimmte Schwerpunktvorhaben eingesetzt werden. Die einfache Deckung eines Fehlbetrages im Landeshaushalt aus Bundesmitteln wäre eine kaum zu vertretende Behelfsmaßnahme, die auf die Dauer zu keiner Besserung führt.
Auch das Land Rheinland-Pfalz hat kürzlich im Bundesrat eine Bundeshilfe von 50 Millionen DM zur Förderung seiner Wirtschaftskraft in einzelnen Landesteilen, insbesondere in der Eifel und in der Westpfalz, beantragt. Eine Stellungnahme zu diesem Antrag war der Bundesregierung ebenso wie dem Bundesrat bisher noch nicht möglich.
Über die Wünsche einzelner Länder auf Bundeshilfen kann abschließend erst verhandelt werden, wenn die Länder untereinander einen Steuerkraftausgleich im weitestmöglichen Umfange herbeigeführt haben. Die Bundesregierung erwartet hierzu Vorschläge der Länder. Sollten diese Vorschläge die finanzschwachen Länder nicht ausreichend in den Stand setzen, durchschnittlich die gleichen Verwaltungsleistungen zu erbringen wie die finanzstarken Länder, so wird die Bundesregierung in ihrer Gesetzesvorlage an das Hohe Haus weitergehende Vorschläge zu diesem Ziele machen.
Der Haushaltsplan 1958 enthält noch eine allgemeine Bundeshilfe für regionale Hilfsmaßnahmen zugunsten besonders wirtschaftsschwacher Bezirke. Dafür sind wiederum 95 Millionen DM als Beitrag zur Steigerung der Wirtschaftskraft vor allem der Zonenrandgebiete vorgesehen, die teils als Darlehen, teils als Zuschüsse gewährt werden.

(Abg. Niederalt: Sehr gut!)

Auch der Wiederaufbau von Helgoland wird wiederum mit einer Bundeshilfe von 4,4 Millionen DM gefördert.
Solche Einzelmaßnahmen des Bundes zugunsten einzelner Länder vermögen aber das Gesamproblem des Finanzausgleichs zwischen dem Bund und den Ländern nicht befriedigend zu lösen. Es zeigt sich heute schon, daß der Kompromiß des Finanzverfassungsgesetzes von 1955 — also eines sehr jungen Gesetzes — den inzwischen schon wieder veränderten Verhältnissen nicht gerecht wird. Die damaligen Teilmaßnahmen waren sicherlich ein Fortschritt gegenüber der Vergangenheit, genügen aber offensichtlich noch nicht, um einen hinreichend anpassungsfähigen Finanzausgleich zwischen Bund



Bundesfinanzminister Etzel
und Ländern auf längere Zeit zu sichern. Die angespannte Finanzlage einzelner Länder hat den Bundesrat bei seiner Stellungnahme zu dem Haushaltsplan 1958 veranlaßt, eine Hilfe des Bundes für alle Länder in Höhe von 650 Millionen DM zu fordern. Diese Bundeshilfe soll teils durch die Überführung bisheriger Bundessteuern in die Länderkassen, teils durch die Übernahme bisheriger Länderlasten auf den Bundeshaushalt verwirklicht werden. So wird vorgeschlagen, das Notopfer Berlin künftig in die Körperschaftsteuer einzubauen und damit zum größeren Teil mit rund 340 Millionen DM aus dem Bundeshaushalt in die Länderhaushalte umzuleiten. Daneben schlägt der Bundesrat vor, die Bergmannsprämie mit 130 Millionen DM ganz auf den Bundeshaushalt und die Kosten der Wiedergutmachung in Berlin zu 90 v. H. statt bisher 60 v. H. auf den Bund zu übernehmen, was im kommenden Jahr eine Entlastung der Länder um rund 180 Millionen DM bringen würde.
Diese Vorschläge sind für die Bundesregierung nicht annehmbar. Die Gründe für ihre Ablehnung hat sie in ihren Bemerkungen zu der Stellungnahme des Bundesrates im einzelnen dargelegt. Ich darf mich hier darauf beziehen. Die Gründe für die Ablehnung lassen sich in zwei Punkten zusammenfassen:
Zum ersten. Der Deckungsvorschlag des Bundesrates für die verlangte Zuführung von 650 Millionen DM an die Länder ist nicht zu verwirklichen. Die Bundesregierung hätte erwartet, daß der Bunrat eine Kürzung der Bundesausgaben oder eine Vermehrung der Bundeseinnahmen im ordentlichen Haushalt zur Sicherung des Haushaltsausgleichs vorgeschlagen hätte. Statt dessen schlägt der Bundesrat lediglich vor, den außerordentlichen Haushaltsplan des Bundes durch Verschuldung um 650 Millionen DM aufzustocken. Alle Kenner des Kapitalmarkts, insbesondere die Deutsche Bundesbank, halten es für nicht möglich, daß der Bund im kommenden Rechnungsjahr statt 1,6 Milliarden DM rund 2,2 Milliarden DM am Kapitalmarkt aufnimmt. Praktisch aber führt der Deckungsvorschlag des Bundesrates darauf hinaus, die Gesamtsumme der öffentlichen Ausgaben, die ohnehin schon überhöht sind, um die geforderten 650 Millionen DM noch einmal zusätzlich zu erhöhen, also die Ausgaben um 650 Millionen DM zu vergrößern. Das hält die Bundesregierung nicht für vertretbar.
Zum zweiten. Die vom Bundesrat angeregten Maßnahmen kämen zu rund einem Drittel dem finanzstärksten Land der Bundesrepublik, dem Land Nordrhein-Westfalen, zugute,

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

das sich nach objektiver Feststellung bei ausgeglichenem Haushalt bereits in einer guten Finanzlage befindet und für wichtige Länderaufgaben mehr ausgeben kann, als es die anderen Länder für die gleichen Aufgaben können.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Eine solche Auswirkung scheint der Bundesregierung nicht vertretbar und ist wohl auch bei den
Vorschlägen des Bundesrates kaum hinreichend bedacht worden. Die Steuereinnahmen von Nordrhein-Westfalen je Einwohner sind trotz des bisherigen unzulänglichen Finanzausgleichs zwischen den Ländern immer noch um mehr als ein Viertel höher als in Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.

(Abg. Dr. Vogel: Hört! Hört!)

Im übrigen würden die Änderungsvorschläge des Bundesrates zum Finanz- und Lastenausgleich zwischen Bund und Ländern Dauermaßnahmen darstellen, die nicht auf das Jahr 1958, das in einzelnen Ländern anerkanntermaßen vorübergehende Finanzschwierigkeiten bringt, beschränkt blieben.
Zu diesem ganzen Fragenkreis des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern habe ich bereits in meiner Rede vom 13. März die grundsätzliche Bereitwilligkeit der Bundesregierung zu einer umfassenden Überprüfung der geltenden Finanzverfassung erklärt. Ich wiederhole das heute. Ich wäre im Rahmen eines solchen Gesprächs bereit, auch eine Beteiligung der Länder und Gemeinden an der Umsatzsteuer, etwa zu einem Drittel, zu erörtern, wie sie von kommunalen Spitzenverbänden kürzlich gefordert worden ist und wie sie sich unter der Weimarer Reichsverfassung bewährt hat. Auch der moderne österreichische Finanzausgleich beteiligt die Länder und Gemeinden an der Umsatzsteuer.
Die Bundesregierung wäre auch bereit, die Übernahme bestimmter Länderlasten, wie z. B. der Ausgleichsforderungen oder bestimmter Aufwendungen für die wissenschaftliche Forschung, auf den Bund zu erörtern. Natürlich müßte dann gleichzeitig der Anteil der Länder an der krisenempfindlichen Einkommen- und Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung etwaiger Lastenverschiebungen vermindert werden. Die Verminderung des Länderanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer brauchte aber keineswegs in jedem Lande dem neuen Landesanteil an der Umsatzsteuer zu entsprechen. Vielmehr wäre dann die Umsatzsteuer durch einen entsprechenden Schlüssel für ihre Umverteilung auf die Länder und Gemeinden zu der großen Ausgleichsteuer im System des Finanzausgleichs zu machen. Bei der Vorbereitung einer solchen verbesserten und dauerhaften Finanzverfassung wäre der gesamte Aufgabenbereich des Bundes und der Länder, wie er sich in seinen Entwicklungstendenzen abzeichnet, neu zu überdenken.
Die Bundesregierung kann dabei auch an den finanziellen Bedürfnissen der Gemeinden nicht einfach deshalb vorübergehen, weil die Verfassung die Sorge dafür ausschließlich den Ländern zugewiesen hat.
Wir sollten die Finanzverfassung und den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern den wesentlich veränderten wirtschaftlichen und sozialen Tatsachen in einer großzügigen, modernen und entwicklungsfähigen Form anpassen. Unsere Finanzverfassung, die wir in ihrer heutigen Form 1949 ja gar nicht haben wollten, sollten wir baldmöglichst etwas wirtschafts- und ausgleichsfreundlicher gestalten, was für einen wohlverstandenen Föderalis-



Bundesfinanzminister Etzel
mus im künftigen Deutschland nur nützlich sein könnte.
Eine solche Gesamtüberprüfung der Finanzverfassung und des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern braucht einzelne Maßnahmen zur Überwindung einer Finanzkrise bei einzelnen Ländern im Jahre 1958 nicht aufzuhalten. Eine solche Zwischenlösung für 1958, die zur Zeit von den Finanzausgleich-Sachverständigen des Bundesfinanzministeriums und der Länder geprüft wird, kann zu Entschließungen über eine Bundeshilfe an einzelne Länder führen, sobald die Länder untereinander in einem verbesserten Länderfinanzausgleich alles Zumutbare zur gegenseitigen Hilfe getan haben. Bis dahin muß die Bundesregierung den Forderungen des Bundesrates auf Übertragung von 650 Millionen DM aus dem Bundeshaushalt an alle Länder widersprechen.
Damit darf ich, meine Damen und Herren, meinen Bericht über den Stand der Bundesfinanzen und meine Erläuterungen zum Haushaltsplan 1958 beenden. Die Aussprache im Plenum des Hohen Hauses und insbesondere die Beratungen im Haushaltsausschuß werden noch viele weitere Gegenstände behandeln müssen, deren politische und finanzwirtschaftliche Bedeutung unverkennbar ist. Meine Haushaltsrede konnte und sollte nur die wichtigsten Zusammenhänge dartun.
Die Finanzpolitik des Bundes steht vor außergewöhnlich schweren Aufgaben. Das Jahr 1958 gibt nur einen geringen Vorgeschmack von dem, was uns an Schwierigkeiten in den folgenden Rechnungsjahren bevorsteht.
Ich bitte Sie inständig, meine Damen und Herren, und beschwöre Sie geradezu, dies nicht nur bei Ihrer Kritik, sondern auch bei etwaigen Anträgen auf Ausgabeerhöhungen oder Einnahmesenkungen zu bedenken. Wir alle tragen doch eine gemeinsame Verantwortung dafür, daß der Haushalt auch in Zukunft ausgeglichen bleibt. Wenn wir uns am Rande des Defizits bewegen, wenn wir gesehen haben, wie die Kassenfülle abnimmt und die Ausgabereste ihre langen Schatten in die nächsten Jahre werfen, dann können wir die Schwierigkeiten nur bewältigen, wenn wir alle entschlossen sind, keine neuen Ausgaben entstehen zu lassen, über deren Deckung wir uns nicht vorher gemeinsam verständigt haben.
In den klassischen Demokratien, insbesondere in Großbritannien, ist es ein ungeschriebener Verfassungsgrundsatz, daß das Parlament Anträge zur Erhöhung von Ausgaben und zur Verminderung von Einnahmen nur im Einvernehmen mit der Regierung stellt. Aus ähnlichen Überlegungen verlangt unsere Verfassung in Art. 113 die ausdrückliche Zustimmung der Bundesregierung zu Beschlüssen des Bundestags und des Bundesrats über Mehrausgaben. Dieses verfassungsmäßige Zustimmungsrecht der Bundesregierung bleibt natürlich auch für die diesjährigen Haushaltsberatungen vorbehalten. Der Bundesfinanzminister wäre aber dankbar, wenn die Bundesregierung ihre Zustimmung aus Art. 113 des Grundgesetzes angesichts der offen dargelegten Zahlen und Entwicklungstendenzen weder zu erteilen noch zu versagen brauchte und die Regierungsvorlage im wesentlichen unverändert verabschiedet würde.
Wenn die Bundesregierung entschlossen ist, durch einen ausgeglichenen Haushalt die Wirtschaftsentwicklung positiv zu beeinflussen und die Währung zu sichern, so sieht sie gleichzeitig in dem vorgelegten Haushaltsplan ein Instrument zu günstiger Beeinflussung des Konjunkturablaufs. Die großen Aufgaben, die durch den Haushalt finanziert werden, sichern in weitem Umfang der deutschen Wirtschaft Beschäftigung und Einkommen und ergänzen damit die am 13. März 1958 eingebrachten Steuergesetze. Die Bundesregierung hofft, daß die deutsche Wirtschaft auch in der weiteren Zukunft vor krisenhaften Rückschlägen bewahrt bleibt. Sie ist entschlossen, notfalls — aber nur notfalls, d. h. wenn diese Voraussetzungen, die zur Zeit nicht bestehen, eintreten sollten — alle Möglichkeiten einer aktiven Konjunkturpolitik, darunter auch die Mittel der Haushaltspolitik, einzusetzen, um die wirtschaftliche und gesellschaftliche Ordnung vor den zerstörenden Folgen einer schweren Krise zu bewahren.
Ich bitte Sie daher, die Regierungsvorlage für das Haushaltsgesetz und den Haushaltsplan 1958, die ich in einigen wesentlichen Teilen begründen und erörtern durfte, in der ersten Lesung zu würdigen und sie alsdann dem Haushaltsausschuß zur Prüfung zu überweisen.
Gleichzeitig zur Beratung steht heute noch unter Punkt 1 a der Tagesordnung der Nachtragshaushalt an. Ich will zu dem Nachtragshaushalt keine besonderen Ausführungen machen, sondern verweise hier auf die schriftliche Begründung und auf die Antwort der Bundesregierung auf die Stellungnahme des Bundesrats.
Den Antrag unter Punkt 1 c der Tagesordnung — Beratung des Antrags der Fraktionen der DP, CDU/CSU betr. Angleichung des Haushaltsjahrs an das Kalenderjahr — befürworte ich persönlich. Ich bin schon immer ein Anhänger dieser Auffassung gewesen.

(Abg. Dr. Vogel: Sehr gut!)

Ich bitte, den Antrag zuständigkeitshalber an die in Frage kommenden Ausschüsse zu verweisen.
Ebenfalls bitte ich, den Antrag unter Punkt 1 d auf Errichtung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung an die Ausschüsse zu verweisen.
Zu Punkt 1 e — Arbeitserleichterung für die Landfrauen — stelle ich den gleichen Antrag.

(Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0302200200
Meine Damen und Herren! Sie haben die Haushaltsrede des Herrn Bundesministers der Finanzen sowie seine Darlegungen zum Nachtragshaushaltsgesetz 1957 und zu den übrigen Vorlagen gehört. Wir treten in die allgemeine Beratung in erster Lesung ein. — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schoettle.




Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0302200300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat seine heutige Rede zur Einbringung des Bundeshaushalts 1958 mit einer Entschuldigung begonnen, die angesichts des Termins — gute vierzehn Tage nach Ablauf des alten Haushaltsjahrs — höchst sinnvoll erscheint, wenn auch die Gründe, die der Herr Minister für die außerordentliche Verzögerung — es sind mehr als vier Monate — vorgebracht hat, keineswegs zu überzeugen vermögen. Wenn es richtig ist, was Herr Etzel an einer anderen Stelle seiner Rede sagte: daß die Haushaltswirtschaft des Bundes ein ununterbrochen fließender Prozeß sei, dann ist nicht einzusehen, warum eine Bundestagswahl und eine Regierungsneubildung den längst zur Routine gewordenen Vorgang der Haushaltsgestaltung und -planung im Schoße der Verwaltung so über jedes Maß hinaus verzögern mußten.

(Abg. Niederalt: Aber die Steuergesetze!)

— Die Steuergesetze sind eine fragwürdige Begründung für die Verzögerung der Einbringung des Haushalts.
Im übrigen möchte ich gleich hier einer Bemerkung des Herrn Bundesfinanzministers, die er zweimal gemacht hat, widersprechen: daß der Haushalt nur eine Zäsur im Ablauf der Verwaltung sei. Das scheint mir eine völlige Verkennung der Funktion des Haushalts und der Jährlichkeit des Haushalts als einer Kontrollmöglichkeit für das Parlament zu sein.

(Beifall bei der SPD.)

Wenn man den Haushalt zu einem nur technischen Mittel herabwürdigt, dann ist es um die Kontrolle der Verwaltung und der Regierung durch das Parlament, durch das Budgetrecht des Hauses, schlecht bestellt.

(Beifall bei der SPD.)

Ich nehme aber an, daß es eher eine façon de parler bei dem Herrn Bundesfinanzminister war als der Ausdruck einer echten Überzeugung. Ich kann mir denken, daß er im Laufe seiner Tätigkeit — er ist ja noch neu im Amt — sogar auch diese Seite der Dinge in vollem Umfang erfaßt. Ich nehme es ihm nicht übel, wenn er es heute noch nicht getan hat. Er braucht ja auch eine gewisse Zeit.
Meine Damen und Herren, die Regierung, deren Neubildung und die offenbare Umbildung ihrer politischen Vorstellungen gerade im Bereich der Finanzwirtschaft eine Begründung für die Verzögerung der Einbringung des Haushalts sein sollen, ist in ihrem Wesen ja kaum verändert worden. Nur für uns ist in diesem Zusammenhang interessant, daß der frühere Bundesfinanzminister, Herr Schäffer, jetzt in der Rosenburg residiert und daß der neue Bundesfinanzminister offenbar zuerst eine neue finanzpolitische Konzeption zu entwickeln hatte. Man kann sehr wohl die Frage stellen, ob diese Konzeption wirklich so neu ist oder ob sie nicht vielmehr den Versuch darstellt, aus der durch die bisherige Finanzpolitik selbst geschaffenen Not eine Tugend zu machen. Auf alle Fälle setzt die Verzögerung der Einbringung des Bundeshaushalts
das Parlament unter einen außerordentlichen Druck und macht eine sorgfältige Beratung des Haushalts nahezu unmöglich.
Auch die Hoffnung, die der Herr Bundesfinanzminister heute vormittag ausgesprochen hat, daß der nächste Haushalt, also der für 1959, vor Weihnachten 1958 von der Bundesregierung fertiggestellt und den parlamentarischen Körperschaften zugeleitet werden könne, vermag diejenigen nicht zu beruhigen, die im Parlament damit befaßt sind, den Bundeshaushalt zu beraten. Es ist nämlich ein Irrtum, zu glauben, daß wir damit wieder — um mit dem Herrn Minister zu sprechen - in den normalen Rhythmus der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes geraten wären. Selbst wenn wir das erreichen, was er in Aussicht gestellt hat, ist das keineswegs ein normaler Rhythmus; denn den hat es überhaupt noch nicht gegeben, solange die Bundesrepublik besteht. Ich darf Sie daran erinnern, daß das Haushaltsgesetz für 1954 am 26. Mai, für 1955 am 12. Juli, für 1956 am 24. Juli und für 1957 am 26. Juni in Kraft trat, also immer weit ab vom Beginn des Haushaltsjahrs, der nach dem Grundgesetz und nach der Reichshaushaltsordnung bekanntlich auf den 1. April gelegt ist.
Diese Verzögerungen waren in keinem Fall die Schuld des Parlaments. Das muß man ausdrücklich feststellen. Sie waren vielleicht bei den heutigen Gepflogenheiten niemandes Schuld. Aber man soll nicht so tun, als ob man dadurch, daß man den Haushalt gerade noch vor Weihnachten einbringt, wirklich zum normalen Rhythmus zurückkehre. Ich bin der Meinung — und ich glaube, alle diejenigen, die die Dinge kennen, sind derselben Meinung —: solange sich die Bundesregierung nicht entschließen kann, die Vorarbeiten für den Bundeshaushalt zu einem viel früheren Zeitpunkt als bisher zu beginnen, so daß der Entwurf schon im Oktober eingebracht und dann vom Parlament ordnungsgemäß beraten und verabschiedet werden kann, so lange wird es keinen normalen Zustand auf diesem Gebiet geben.

(Sehr gut! bei der SPD.)

Gerade weil eine Wende der Haushalts- und Finanzpolitik eingetreten und gleichzeitig ein Rekordhaushalt mit 39,2 Milliarden DM in der Endsumme eingebracht wurde, ist es doppelt zu bedauern, daß dieses Haus unter Zeitdruck geraten muß.
Der neue Haushalt spiegelt nur zu einem geringen Teil bereits die Konsequenzen der Gesamtpolitik der vergangenen Jahre wider, die sich unweigerlich und mit verhängnisvollen Wirkungen in der öffentlichen Finanzwirtschaft niederschlagen müssen. Der Herr Bundesfinanzminister hat am 13. März in diesem Hause davon gesprochen, daß das gute Wetter der letzten Jahre in den Finanzen von Bund, Ländern und Gemeinden umgeschlagen habe und daß es den Anschein habe, als ob die Jahre 1959 und 1960 stürmisch würden. Das ist in der Tat nicht nur ein Anschein, sondern eine starke Gewißheit. Dabei ist es nicht etwa so, wie gelegentlich mit der unverkennbaren Absicht der Ablenkung gesagt wird, daß nur die ungezügelte Ausgabefreudigkeit des Parlaments in der Bewilligung



Schoettle
von hohen Sozialleistungen die Verantwortung für den Wetterumschlag trüge, — wobei man die Frage aufwerfen muß, ob dann nicht die Mehrheit dieses Hauses, die ja in der Vergangenheit auch so aussah wie jetzt, eine entscheidende Schuld an diesem Wetterumschlag zu tragen hätte.

(Beifall bei der SPD.)

Denn schließlich gehört zur Verabschiedung von Gesetzen ja immer eine Mehrheit.
Die Peitsche, die der Herr Bundesfinanzminister auch heute wieder geschwungen hat — die Inanspruchnahme des Vetorechts nach dem Grundgesetz —, ist bisher immer nur theoretisch gehandhabt worden. Sie ist niemals in der Praxis eingesetzt worden, auch nicht gegenüber der eigenen Mehrheit und gerade da nicht, weil man nämlich nicht den Mut hatte, es zu tun, aus politischen Rücksichten, wie ich verstehe.
Die Gesamtpolitik der gegenwärtigen Regierung und insbesondere — das muß ausgesprochen werden — ihre Rüstungspolitik hat alle Voraussetzungen geschaffen, um die öffentliche Finanzwirtschaft in der Bundesrepublik in eine Sackgasse zu treiben, aus der es in Wirklichkeit nur drei mögliche Auswege gibt: nämlich entweder das Zurückschneiden wichtigster Aufgaben zugunsten des sich unweigerlich ausdehnenden Verteidigungsaufwandes oder neue steuerliche Belastungen, die sich auch schon am Horizont ankündigen — die Gespräche sind darüber ja in vollem Gange — oder eine inflationäre Entwicklung mit allen ihren Gefahren, die hoffentlich niemand in diesem Hause und in der Regierung will; ich glaube, darüber sind wir einer Meinung. Das zu sagen, meine Damen und Herren, bedeutet nichts als die Feststellung einer unangenehmen Wahrheit, einer Wahrheit übrigens, die ein hoher Beamter der Regierung, der sich allerdings rechtzeitig inzwischen eine andere Tätigkeit ausgesucht hat, mir schon vor beinahe zwei Jahren ins Ohr geflüstert hat. Er sagte mir damals: Herr Abgeordneter, wenn einmal die ganzen Rüstungskosten auf uns zukommen, dann landen wir mit unseren Finanzen im Keller.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Damit Sie jetzt nicht in den Versuch geraten, in der falschen Richtung zu suchen, welcher hohe Beamte das gewesen sein könnte, will ich Ihnen verraten: es ist keiner von den Sozialdemokraten in der Bundesverwaltung — die man dank Ihrer Personalpolitik mit der Lupe suchen kann —; ganz im Gegenteil, das sage ich ausdrücklich, ganz im Gegenteil!

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Der Herr Bundesfinanzminister hat heute seinem Amtsvorgänger noch nachträglich ein Kränzchen gewunden. Ich verstehe das, und wenn es sich nur um die menschlichen und verwaltungsmäßigen Fähigkeiten des früheren Bundesfinanzministers handelt, bin ich in vollem Umfange bereit, mich einer solchen Kundgebung anzuschließen.

(Beifall in der Mitte.)

Anders aber steht es mit den finanzpolitischen Dingen. — Meine Damen und Herren, Klatschen ist ja auch ein Vergnügen.

(Lachen in der Mitte. — Zuruf: Sie werden doch nichts dagegen haben?)

— Nein, im Gegenteil! Ich freue mich, wenn Sie sich körperlich betätigen; vielleicht haben Sie es so notwendig wie ich.

(Heiterkeit.)

Ich sage also noch einmal: der Herr Bundesfinanzminister hat seinem Amtsvorgänger nachträglich ein Kränzchen gewunden. Diese kollegiale Verbeugung steht freilich in einigem Widerspruch zu dem Umstand, daß der heutige Bundesfinanzminister doch wohl in erster Linie deshalb an seinem Platz steht, weil die Politik seines Vorgängers Schiffbruch erlitten hat

(Sehr gut! bei der SPD)

und von so vielen Seiten und unter so vielen Gesichtspunkten einer immer stürmischer werdenden Kritik unterworfen war, daß schließlich nichts anderes übrigblieb als das „Ausweichquartier Rosenburg". So gesehen sind die Passagen in der Etatrede des Herrn Bundesfinanzministers, die sich mit der postumen Rechtfertigung der Juliusturm-Politik befassen, auf die Formel zu bringen: Make the best of it! Es ist aber höchstens das Zweitbeste; denn der Herr Bundesfinanzminister hat gleichzeitig dem Hause das Bild eines negativen Juliusturms in Gestalt der Ausgabenreste und der Bindungsermächtigungen vorgeführt, deren Schwerpunkt — man könnte schon beinahe sagen: naturgemäß — wiederum beim Verteidigungshaushalt liegt. Trotz aller Verschleierungsversuche ist es eben doch der Verteidigungshaushalt, d. h. die Rüstungspolitik dieser Regierung, die zum Dreh- und Angelpunkt der Finanzwirtschaft des Bundes geworden ist.

(Beifall bei der SPD.)

Dieser Haushaltsentwurf 1958 ist vom Deutschland-Union-Dienst wiederum mit der Überschrift „Haushalt der Sozialleistungen" versehen worden. Dies ist ganz einfach eine Irreführung und nichts weiter.

(Sehr gut! bei der SPD.)

Ich werde auf das Thema „Sozialhaushalt" noch zu sprechen kommen. Aber schon hier sei gesagt: die Öffentlichkeit wird beschwindelt, wenn man ihr weismacht, daß der Schwerpunkt im Bundeshaushalt 1958 bei den Sozialleistungen liege. Es ist einfach ein mit der Wahrheit in Widerspruch stehendes Rechenkunststück,

(Beifall bei der SPD)

wenn man behauptet, daß 40 % aller Etatansätze beim Sozialhaushalt liegen. Leider gebraucht auch die Bundesregierung in ihren offiziellen Darstellungen diesen Trick. Was wird in diese 40 % Sozialhaushalt alles hineingebaut! Dazu zählt man die Pensionslasten für die Bundesbediensteten, die eine einfache Arbeitgeberverpflichtung sind und immer waren und mit dem, was wir unter Sozialleistung verstehen, überhaupt nichts zu tun haben,

(Beifall bei der SPD)




Schoettle
die Aufwendungen für die 131er, die man im besten Falle als eine Kriegsfolgelast bezeichnen kann. Über deren Höhe können Sie in den Allgemeinen Vorbemerkungen 1958 Aufschluß bekommen.
Über Form und Inhalt der Allgemeinen Vorbemerkungen zum Bundeshaushalt wäre noch etwas zu sagen. Man hätte sie so rechtzeitig bekommen müssen, daß man Gelegenheit gehabt hätte, sie zu studieren. Der oberflächliche Eindruck ist der: sie liegen weit unter dem Niveau ihrer Vorgänger. Das ist zu bedauern, weil hier ein Ansatz für eine vernünftige Entwicklung zu dem war, was man die Grundlagen einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nennen konnte. Leider ist da ein Rückschritt eingetreten.
Zurück zu dem, was ich sagen wollte. Auf Seite 287 der Allgemeinen Vorbemerkungen zum Bundeshaushaltsplan 1958 können Sie nachlesen, daß die Leistungen für die Gruppe der 131er in den Haushaltsjahren 1956, 1957 und 1958 ohne die Abfindungszahlungen der Gemeinden und anderer Körperschaften rund 4312,8 Millionen DM ausmachen. Das ist immerhin ein Brocken im Bundeshaushalt, der sich sehen lassen kann, zumal wenn man überlegt, in welcher Weise gegen die Opfer des Dritten Reichs im Zusammenhang mit der Diskussion über die Wiedergutmachung polemisiert worden ist.

(Beifall bei der SPD.)

Ferner wird in die Sozialleistungen die Kriegsopferversorgung hineingeheimnißt. Sie ist schließlich auch eine Kriegsfolgelast und nichts anderes. Man soll doch die Dinge beim richtigen Namen nennen und nicht optische Eindrücke erwecken, die mit der Wirklichkeit in Widerspruch stehen. Die Beiträge zum Lastenausgleich usw. usw., das alles nennt man doch offenbar aus Gründen der Propaganda den „Sozialhaushalt". Wir halten das — ich sage das noch einmal — für eine Irreführung, zumal wenn gelegentlich aus den gleichen durchsichtigen Gründen auch noch die Beiträge der Sozialversicherten in die öffentlichen Leistungen hineingerechnet oder ihnen zugeschlagen werden.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Das ist doch nun wirklich eine Übertreibung. Ich sage das nicht an die Adresse der Bundesregierung, sondern an die Adresse gewisser Leute, die glauben, man könne der Öffentlichkeit ein X für ein U vormachen.
Man soll endlich damit aufhören und die Dinge wieder da hinstellen, wo sie hingehören. Dann wird sich zeigen, daß der Verteidigungshaushalt mit seinen 10,7 Miliarden DM in diesem Entwurf rund 27 % des Haushaltsvolumens beansprucht. Und wenn nicht alles trügt, neigt dieser Einzelplan 14 dazu — wie der junge Kuckuck im fremden Nest —, alles andere hinauszumanövrieren.

(Beifall bei der SPD.)

Es ist deshalb kein Wunder, wenn sich die Sorgen aller Eingeweihten mehr und mehr gerade diesem Punkt zuwenden, auch wenn es nicht immer öffentlich zugegeben wird. Ich möchte nicht die Debatte über die Rüstungskosten vorwegnehmen, die wir
in der kommenden Woche zu führen haben werden. Man darf gespannt sein, ob sich die Bundesregierung in dieser Debatte dazu verstehen wird, die Karten in vollem Umfang auf den Tisch zu legen. Ich befürchte, die Rechnung, die da aufgemacht werden wird, wird Lücken haben, zumal da die Kosten der letzten Beschlüsse der Mehrheit dieses Hauses über die Ausrüstung der Bundeswehr mit Raketen und atomaren Waffen — das steht ja doch im Hintergrund — noch gar nicht in die Rechnung eingestellt werden können. Es gibt zu viele Unbekannte in dieser Rechnung.
Eines wissen wir heute schon — und die Verantwortlichen wissen es auch —, das ist die Tatsache, daß die jetzt schon einigermaßen übersehbaren Kosten der Rüstung jedes volkswirtschaftliche und finanzpolitische Kalkül sprengen werden. Wir haben sehr zuverlässige Zahlen zur Verfügung. Ich will es mir aber ausnahmsweise einmal bequem machen und eine Quelle benutzen, die unverdächtig ist. Es ist der „Rheinische Merkur", der in seiner Nr. 13 — freilich im Wirtschaftsteil, also etwas an der rückwärtigen Front — unter der Überschrift „Fragezeichen hinter der Rüstung" sich mit diesen Dingen beschäftigte. Schon der erste Satz dieses Artikels läßt aufhorchen, denn da wird gesagt:
Nicht nur dem Politiker bereitet die beabsichtigte Ausrüstung der Bundeswehr mit Raketenwaffen Kopfschmerzen, ....
— man hat manchmal den Eindruck, das sei, was die Haltung der Mehrheit dieses Hauses betrifft, eine maßlose Übertreibung des „Rheinischen Merkur" —auch dem Wirtschaftler gibt sie zu denken.
Der „Rheinische Merkur" stellt dann fest, daß für die Erstausstattung der Bundeswehr bis zum Ende des Haushaltsjahres 1960 50 bis 55 Milliarden DM aufgewendet werden müssen, von denen bisher, also bis 1957, rund 9 Milliarden DM verausgabt seien, so daß also in den nächsten drei Haushaltsjahren zwischen 41 und 46 Milliarden DM zu verkraften wären.

(Zuruf von der SPD: „Maßhalten"!)

Da 10 Milliarden DM in dem Haushaltsentwurf veranschlagt sind, den wir jetzt beraten, hat der „Rheinische Merkur" durchaus recht, wenn er kopfschüttelnd feststellt, daß dann in den beiden Jahren 1959 und 1960 zuerst mindestens 15 und dann gar 20 Milliarden DM allein für die Bundeswehr im Haushalt „verkraftet" werden müßten.
Halten Sie sich das jetzige Haushaltsvolumen mit seinen annähernd 40 Milliarden DM vor Augen und stellen Sie die beiden Zahlen, die ich genannt habe, gegenüber, dann werden Sie das Bild von dem jungen Kuckuck im fremden Nest durchaus begreifen. Wenn man nicht annimmt, daß das Volumen der künftigen Haushalte allein durch die Entwicklung der Verteidigungsausgaben maßlos in die Höhe getrieben wird, so muß man davon ausgehen, daß andere Ausgaben so stark beschnitten werden müßten, daß man das Haushaltsvolumen zwar hält, andere Dinge aber, falls man die Verteidigungs-



Schoettle
lasten sich in der angedeuteten Weise weiterentwickeln läßt, unter die Räder kommen. Der „Rheinische Merkur" hat auch recht, wenn er sagt, daß es sich dabei nur um die Ausstattung mit konventionellen Waffen handelt, nicht um die Ausstattung mit Raketen- und Atomwaffen, deren Kosten — immer nach diesem, dem Herrn Bundeskanzler doch nicht ganz fremden Blatt — außerhalb jeder Kalkulation liegen.
Der „Rheinische Merkur" zerstört auch die bei manchen Leuten vorhandene naive Ansicht, daß nach dem Abschluß der Aufstellung der Bundeswehr die Sache etwa billiger werden könnte. Im Gegenteil:
Wenn nämlich die Neubeschaffung der nach den heutigen Vorstellungen benötigten Ausrüstung abgeschlossen sein wird, muß sogleich mit der notwendigen Modernisierung begonnen werden, da ja die waffentechnische Entwicklung nicht stillsteht.
Auch das ist ein Zitat aus dem „Rheinischen Merkur", ebenso wie die Feststellung, daß für den Unterhalt von je 100 000 Mann ohne Neuanschaffungen und ohne neue Kasernen fast 2 Milliarden DM angesetzt werden müssen. Da die Bundeswehr Ende dieses Jahres nach den jetzigen Planungen 200 000 Mann stark sein soll, kann man sich die Kosten aus dieser Position leicht selber ausrechnen.
Der „Rheinische Merkur" deutet — für seine Verhältnisse sehr zart — an, welche Lösung man ins Auge fassen könnte: Weitere Verzögerung im Tempo für die eigentliche Aufstellungsperiode der Bundeswehr. Es dürfe eben sagt er — nicht so sein, daß der Haushalt auf Biegen oder Brechen auf die Planungen der Militärs und Techniker einfach Rücksicht zu nehmen habe, vielmehr müßten sich die Militärs und Techniker in ihren Planungen in einen vorher einigermaßen umrissenen Haushaltsrahmen einfügen, wir nicht" — auch das ist ein Zitat — „in eine heillose Defizitwirtschaft hineingeraten wollen".
Meine Damen und Herren, ob diese vorsichtige Andeutung einmal zur Maxime der Regierungspolitik werden wird, das wage ich in allem Ernste zu bezweifeln. Was not tut, will ich deutlicher sagen als der „Rheinische Merkur". Not täte ein wirklicher Stopp der immer mehr zum Unsinn ausartenden militärischen Planungen im Bonner Pentagon. Das wäre der einzige wirkliche Weg zur Abwendung einer finanzpolitischen Katastrophe, die das ganze Gefüge unserer Volkswirtschaft in Mitleidenschaft ziehen muß.

(Beifall bei der SPD.)

Sehr viel wahrscheinlicher allerdings erscheint es uns bei der Mentalität der entscheidenden Leute hier in Bonn, daß man weiter die finanzpolitischen Tatsachen zu verschleiern versuchen wird und dem Dilemma dadurch entgehen möchte, daß man die Belastungen der Steuerzahler weiter erhöht und wichtige Aufgaben des Bundes zurückschraubt und vernachlässigt. Es ist ja kein Geheimnis, daß man sich im Schoße der Regierung mit dem Gedanken der Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer beschäftigt, die dann im wahrsten
Sinne des Wortes eine Wehrsteuer wird — wenn sie kommt. Das Schwergewicht der öffentlichen Belastung wird dann vermutlich noch stärker auf den Bund verlagert, und die Möglichkeit, den Ländern und Gemeinden aus ihrer wachsenden finanziellen Schwierigkeit zu helfen, würde noch unwahrscheinlicher, als sie sowieso schon ist. Daß diese Schwierigkeiten nicht eine Erfindung der Sozialdemokratie sind, zeigt — wenn wir die Tatsachen nicht schon selber gekannt hätten — eine Bemerkung des Herrn Bundesfinanzministers in seiner schon erwähnten Rede vom 13. März zu den Steuergesetzen. Dort sagte er nämlich:
Der Bund steht nun mit der veränderten und angespannten Lage seiner Finanzen nicht allein. Bei den Ländern und Gemeinden sind ähnliche Anzeichen teils schon früher, teils auch schärfer aufgetreten.
Die Konsequenz aus einer solchen Einsicht wäre in der Tat eine gründliche Neuordnung der Finanzverfassung und des Finanzausgleichs. Zu unserem Bedauern sind die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern, d. h. zwischen Herrn Etzel und den Länderfinanzministern, gescheitert.
Es ist ein bescheidener Trost — immerhin ein Trost —, daß der Bundesfinanzminister in seiner heutigen Rede im Zusammenhang mit den Bundeshilfen für einzelne Länder für die Zukunft wenigstens eine umfassende Überprüfung der geltenden Finanzverfassung für möglich hielt, und zwar einschließlich einer Beteiligung der Länder und Gemeinden an der Umsatzsteuer. Wir möchten diese Bereitschaft ausdrücklich festhalten, weil wir der Überzeugung sind, daß ohne eine solche baldige Revision der Finanzverfassung Länder und Gemeinden in zunehmendem Maße unfähig werden, die ihnen aufgetragenen Aufgaben zu erfüllen.
Ich muß nun leider nochmals zum Verteidigungshaushalt zurückkommen. Er zeichnet sich gegenüber dem Einzelplan 14 vom Vorjahr nicht nur durch einen um eine bescheidene Milliarde höheren Endbetrag aus, sondern auch durch eine Vorbemerkung folgenden Inhalts:
Ausgaben aus übertragenen Bewilligungen früherer Rechnungsjahre dürfen geleistet werden, soweit ihnen entsprechende Minderausgaben im Rahmen der veranschlagten Gesamtausgaben von 10 Milliarden DM gegenüberstehen.
Das klingt für den Nichteingeweihten ganz so, als ob hier dem Herrn Bundesverteidigungsminister eine Bremse bei seinem stürmischen Drang nach vorne angelegt würde. Die Frage, die uns interessiert, ist deshalb die: Ist es tatsächlich so gemeint, oder wird nicht vielmehr hinter den Kulissen dasselbe Spiel weitergespielt, vor dem Herr Schäffer kurz vor den Septemberwahlen kapitulieren mußte? Damals steckte sich bekanntlich Herr Strauß hinter den Herrn Bundeskanzler und erreichte gegen den Widerstand des damaligen Finanzministers die Freigabe der Ausgabeermächtigungen aus den Jahren 1955 und 1956 — runde 3,5 Milliarden DM. Dabei handelte es sich keineswegs um Geld, sondern



Schoettle
um Ermächtigungen. Aber jetzt, nach der Kapitulation von Herrn Schäffer, mußten sie in barer Münze honoriert werden, obwohl das Geld inzwischen ausgegeben oder anderwärts festgelegt war. Wenn Sie, meine Damen und Herren, nun fragen, wo das Geld verausgabt oder festgelegt worden ist, das sich Herr Strauß noch ein zweites Mal im Bunde mit dem Herrn Bundeskanzler herausholte, dann darf ich Ihnen folgendes in die Erinnerung rufen. Es ist zu einem entscheidenden Teil von ihnen in Ihrer berühmten Kuchenkommission verteilt worden. Dabei sind freilich auch manche guten Zwecke berücksichtigt worden, auf deren Bewilligung — und auf unsere Mitwirkung dabei — wir
ausgesprochen stolz sind.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß nach den Feststellungen in den Allgemeinen Vorbemerkungen zum Haushalt 1958 mindestens seit 1955 die Ansätze für die Verteidigungskosten als überhöht betrachtet werden müssen. Ich erinnere mich an Zeiten, als wir das auch behauptet haben, und an das Echo, das wir bei diesen Behauptungen gefunden haben; heute kann man es schwarz auf weiß in einer Regierungsdrucksache nachlesen, und das ist immerhin auch schon etwas. Es ist nicht so, daß die Opposition den früheren Finanzminister zu verteidigen hätte, obwohl er sicher seine Meriten hat. Immerhin scheint er damals die richtige Auffassung vertreten zu haben, daß nämlich das Parlament die alten Ermächtigungen, denen kein Pfennig Kasse gegenüberstand, erneuern müsse, ehe sie honoriert werden.
Aber gerade das wollte offenbar Herr Strauß damals nicht, und deshalb frage ich nach der wirklichen Bedeutung und dem Gewicht der überraschenden Vorbemerkung zu dem Einzelplan auf Seite 6, die ich vorhin zitiert habe. Es könnte nämlich auch so sein, daß Herr Schäffer zwar nachträglich recht bekäme, so als ob der Ausgabe der alten Reste Geld bei dem neuen Haushaltsansatz von 10 Milliarden DM — nach dem Wortlaut dieser Vorbemerkung — gegenübersteht. Und man fragt sich: Wer war hier zweiter Sieger? War es Herr Strauß oder Herr Schäffer oder sein Nachfolger? Oder man kann auch die Frage aufwerfen: Ist es überhaupt möglich, Reste aufrechtzuerhalten und freizugeben, gleichzeitig aber ihre Einsparung aus den neuen Mitteln zu verlangen? Warum beseitigt man die Reste nicht? Dann ist man sie endlich los! Oder hat vielleicht Herr Strauß — das ist der Sinn meiner Frage — auch hier doch noch einen Fuß in der Türe, aus der er vorher hinauskomplimentiert worden ist?
Der Herr Bundesfinanzminister hat bereits mehrmals erklärt, daß er im Haushalt nur diejenigen Ausgaben veranschlagen werde, die tatsächlich in einem Haushaltsjahre effektiv werden können. Das entspräche durchaus dem Grundgesetz und der Reichshaushaltsordnung, nach deren Vorschriften nur wirkliche Ausgaben veranschlagt werden dürfen. Aber erstens hat der Verteidigungshaushalt schon immer eine Ausnahme gemacht und wurde unter ein besonderes Tabu gestellt. Wir sind da mißtrauisch und wir glauben nicht ohne weiteres,
daß der ansonsten sehr lobenswerte Grundsatz des Herrn Bundesfinanzministers gerade im Bereiche Strauß angewandt worden ist. Zweitens werden wir ganz allgemein den Bundeshaushalt daraufhin prüfen müssen, ob wirklich alle Haushaltsansätze unter dem Gesichtspunkt etatisiert worden sind, daß sie in einem Jahr auch tatsächlich verkraftet werden können, wie der schöne Fachausdruck heißt.
Wir sind auch mißtrauisch gegenüber der Ausdehnung einer anderen Art von Festlegungen im Bundeshaushalt: gegenüber der Ausdehnung von Bindungsermächtigungen, in denen nach unserer Auffassung sich wieder ein unkontrollierbarer Berg von Ausgabenermächtigungen auftürmt. Nach unserer Meinung sollte man endlich Schluß machen mit den verschiedenen Arten von Türmen, mit den Geldtürmen und mit den Verpflichtungstürmen. Wir sollten gerade in der schwierigen Lage, in die wir nicht zuletzt durch die Politik der Regierung im finanzwirtschaftlichen Bereich geraten sind, wieder zu einer übersehbaren und kontrollierbaren Ordnung zurückkehren.

(Beifall bei der SPD.)

Nun eine weitere Frage an den Herrn Bundesfinanzminister. Es ist in der letzten Zeit viel davon die Rede gewesen, daß die Verbündeten der Bundesrepublik, die Truppen auf deutschem Boden stationiert haben, auch für dieses Jahr wieder Stationierungskosten fordern. Wegen dieser Frage hat sich geradezu eine Art von Abkühlung des Verhältnisses zwischen der Bundesrepublik und Großbritannien herausgestellt. In der heutigen Rede des Herrn Ministers fanden wir darüber keine Andeutungen, wenigstens nicht über diese aktuelle Phase der Entwicklung, und im Haushalt steht, worüber wir uns an sich freuen, nichts. Unsere Frage lautet, und Pressemeldungen geben zu dieser Frage Anlaß: Hat sich das Kabinett gerade jetzt vor der Reise des Herrn Bundeskanzlers nach London mit diesem Problem beschäftigt? Was ist da beschlossen worden, und was kommt möglicherweise noch auf den Haushalt zu? Man kann in der deutschen Tagespresse Andeutungen in dieser Richtung lesen. Aber es wäre vielleicht nicht ganz ohne Nutzen, wenn man auch offiziell hier eine Mitteilung an das Haus bekäme; denn schließlich muß das eines Tages, wenn materielle Verpflichtungen — nach welcher Seite immer, ob gegenüber dem einzelnen Alliierten mit seinen hier stationierten Truppen oder gegenüber der NATO — eingegangen werden, im Haushalt honoriert werden, und das sollte das Haus jetzt auch wissen.

(Beifall bei der SPD.)

Denn schließlich ist die letzte Frage gerade unter dem Gesichtspunkt des Haushaltsausgleichs zwingend.
Zum Haushaltsausgleich selber wäre vieles zu sagen. Er ist in diesem Jahr auch nur mit Hängen und Würgen erreicht worden, und mancher unsichere Posten ist geblieben. Die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers zu diesem Punkt haben auch gezeigt, wie schwierig die Aufgabe war. Unsicher scheinen uns vor allem die optimistischen



Schoettle
Steuerschätzungen des Herrn Bundesfinanzministers zu sein. Seinem Vorgänger konnte man mit Recht den umgekehrten Vorwurf machen. Er malte die Szene immer in den schwärzesten Farben und hatte dafür dann bei den Kasseneingängen in der Regel eine größere Aktionsfähigkeit, als der Haushaltsplan eigentlich zuließ. Herr Etzel bewegt sich offenbar auf der entgegengesetzten Seite. Sein Optimismus bezüglich der Steigerung des Sozialprodukts um 7 % wird heute nur noch von ganz wenigen Leuten geteilt.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Auch hier liegt nach meiner Auffassung eine Gefahr.
Nur im Vorübergehen möchte ich mich mit zwei Fragen beschäftigen, die auch dieser Haushaltsplan wieder aufwirft, aber nicht beantwortet. Das eine ist die endliche Angleichung von Haushaltsjahr und Kalenderjahr. Die Schwierigkeiten sind nicht zu verkennen. Wir kennen sie alle; sie liegen zum Teil bei den Ländern. Aber sie sollten wirklich einmal in Angriff genommen werden. Dem Hohen Hause liegt ja ein Antrag in dieser Richtung vor. Wir Sozialdemokraten werden jedenfalls alle Bemühungen unterstützen, die endlich zu einer Lösung dieses Problems führen.
Die zweite Forderung, die zu erheben wir nicht müde werden, ist die Forderung nach der Entwicklung einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die endlich auch die öffentliche Finanzwirtschaft in einen zwingenden Verbund mit den übrigen Bereichen der Volkswirtschaft bringt. Ansätze dazu sind vorhanden. Der Herr Bundesfinanzminister hat sogar vor einiger Zeit, fast überraschenderweise, anerkannt, daß eine solche volkswirtschaftliche Gesamtrechnung wünschenswert ist. Man sollte also jetzt endlich aufhören, nur den Mund zu spitzen, sondern sollte auch wirklich pfeifen.
Ein sehr besorgniserregendes Kapitel dieses Haushaltsplans sind die wieder erhöhten Personalaufwendungen. Der Herr Minister hat in seiner Rede fast den Eindruck erweckt, als ob er diesen Punkt zu bagatellisieren wünsche. Wir finden, ein solches Bemühen wird den Tatsachen nicht gerecht. Die Aufblähung der Verwaltung ist eine Tatsache. Es will in diesem Zusammenhang wenig besagen, daß der zivile Bedarf hinter dem Bedarf des Verteidigungsministeriums zurücksteht. Auch da erinnere ich wieder an den jungen Kuckuck. Wenn das Verteidigungsministerium allein einen Mehraufwand von 443 Millionen DM gegenüber den 312 Millionen DM insgesamt bei der zivilen Verwaltung hat, so ist das auch nicht durch den Aufbau dieses Ministeriums zu rechtfertigen. Daß man dort sehr großzügig ist, um es einmal milde auszudrücken, zeigt schon die Inflation der Generäle, die wir in diesem Bundeshaushalt haben,

(Hört! Hört! bei der SPD)

eine Inflation, die nach meiner Auffassung wieder einmal Zeugnis dafür ablegt, daß man bei uns in Deutschland bei allem Militärischen mit außerordentlichen Maßstäben mißt, sehr im Gegensatz zu manchem unserer Verbündeten,

(Sehr wahr! bei der SPD)

und daß es auch heute noch manchmal so aussieht, als ob vor militärischen Forderungen die Zivilisten in der Verwaltung die Hände an die Hosennaht nähmen.
Wir sind der Meinung, daß bei dem gesamten Komplex der Personalaufwendungen in jedem Fall und bei allen Ressorts die Berechtigung von Stellenanforderungen sorgfältig geprüft werden muß.

(Sehr richtig! bei der SPD und bei der CDU/CSU.)

Wo immer eine Überrollung der Vorjahresansätze
stattfindet, sollten die Personalanforderungen auf
den Stand des Vorjahres zurückgeschnitten werden.

(Abg. Niederalt: Sehr richtig!)

Die Kollegen aus der Mehrheit, die so viel gute
Vorsätze gefaßt haben, dürfen dabei unserer entschlossenen Bundesgenossenschaft versichert sein.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Allerdings, Herr Kollege Niederalt, kann ich mir eine Bemerkung nicht verkneifen, die an Ihre Adresse gerichtet ist. Sie haben, worin wir Ihnen folgen, in einem weitverbreiteten Interview scharfe Kritik an der Vielzahl der Beamtenstellen geübt. Wir haben das auch getan, dabei allerdings im Haushaltsausschuß nicht nur mit dem Blick zum Publikum gearbeitet, sondern wirklich sachlich geprüft, was nötig war und was nicht. Das können Sie sich von den Angehörigen Ihrer eigenen Regierung, die im Haushaltsausschuß tätig waren, sagen und bestätigen lassen.
Aber es bleibt festzustellen, Herr Niederalt und meine Damen und Herren: kein Beschluß, der neue Beamtenstellen schuf, ist ohne die Regierungsmehrheit erfolgt.

(Beifall bei der SPD.)

Herr Niederalt hätte sich nicht an die Öffentlichkeit zu wenden brauchen; die einzig richtige Adresse wäre seine eigene Fraktion gewesen.

(Erneuter Beifall bei der SPD. — Abg. Niederalt: Das war auch mit der Sinn der Sache!)

Wir Sozialdemokraten werden jedenfalls im Haushaltsausschuß keine Politik mit der Holzaxt treiben und in jedem Falle die sachlichen Begründungen prüfen. Wir haben ja auch ein Interesse daran, daß die Verwaltung funktioniert und daß sie nicht durch zum Teil optisch sehr eindrucksvolle, aber in der Sache vielleicht doch falsche Beschlüsse gehemmt wird.
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihr Augenmerk auf einen Vorgang lenken, der eine etwas schärfere Beleuchtung verdient, einen Vorgang, der sich im Bereich des Auswärtigen Amts abgespielt hat. Ich will nicht zu den kürzlichen Personalveränderungen, zu dem Revirement Stellung nehmen, weder der Sache noch der Person wegen, weil ich glaube, daß das auf einer anderen Ebene zu geschehen hat, obwohl dazu auch hier mancherlei gesagt werden könnte. Ganz entschieden aber wenden wir uns neuen den Versuch des verantwortlichen Res-



Schoettle
sortchefs, des Herrn Bundesaußenministers, unter Berufung auf die Organisationsgewalt der Bundesregierung neue Planstellen zu schaffen, ohne daß das Parlament sie vorher bewilligt hat.

(Hört! Hört! und Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Die Konsequenzen eines solchen Verfahrens — wenn es von diesem Hause geduldet würde — lassen sich leicht ausrechnen. Sie werden dann in keinem Bereich, in keinem Ressort mehr ein Halten finden.

(Zustimmung bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Überhaupt ist die Bundesregierung nur allzugern bereit, das Parlament auch in kleinen Fragen vor vollendete Tatsachen zu stellen. Ich sage: in kleinen Fragen. Aber diese kleinen Fragen sind manchmal bezeichnender als die ganz großen dramatischen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den völlig illegalen Beschluß der Bundesregierung, den Beamten des Bundespräsidialamtes und des Bundeskanzleramtes eine eineinhalbfache Ministerialzulage zu bewilligen. Hier hat sich die Regierung zwar schließlich eines besseren besonnen, aber der Vorgang selbst scheint mir bezeichnend zu sein.
Ich habe in einem anderen Zusammenhang kritisiert, daß, offenbar aus Gründen der Optik, auch der Wohnungsbau in den Sozialhaushalt einbezogen wurde. Ich möchte dazu nun auch hier noch einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Die Zurechnung der Förderungsmittel für den Wohnungsbau zu den sozialen Leistungen wäre nur dann vertretbar, wenn unter den sozialen Leistungen wirklich alle Leistungen verstanden würden, die für eine bessere Gesellschaftsordnung und für die Weiterentwicklung der Gesellschaft eingesetzt werden. Hier handelt es sich aber in der Regel einfach um wirtschaftspolitische Förderungsmaßnahmen, die die Unterversorgung des Wohnungsmarktes beseitigen sollen und die aus der Leistungskraft der Wirtschaft allein bisher nicht gedeckt werden konnten. Nicht umsonst stehen rund die Hälfte der Förderungsmittel im außerordentlichen Haushalt. Das heißt doch wohl, daß man annimmt, daß damit werbende Anlagen durch Darlehen gefördert werden sollen.
In der Wohnungsbauförderung werden in aller Regel keine verlorenen Zuschüsse gegeben wie in den Bereichen der Sozialfürsorge. Es handelt sich fast ausschließlich um Darlehen an Wirtschaftsträger, die zu verzinsen und zu tilgen sind. Es bildet sich also ein besonderes öffentliches Vermögen, und im Haushalt sind ja auch nicht unbeträchtliche Einnahmen aus sogenannten Rückflüssen veranschlagt, also aus Zins- und Tilgungsbeträgen früherer öffentlicher Förderungsdarlehen. Die Mehrzahl der öffentlichen Förderungsmittel geht überdies an natürliche Personen, und zwar an private Bauherren. Sie beschaffen also nicht nur Wohnungen, sondern schaffen auch persönliches Vermögen, dazu noch meist mit Steuervergünstigungen. Schon deshalb können diese Förderungsmittel nicht als Sozialleistungen angesprochen werden.
Lassen Sie mich schließlich noch ein Argument anführen. Die Wohnungsbauförderung ist in einer Zeit
rückläufiger Konjunktur ein Beitrag zwar nicht zur Förderung der Konsumkonjunktur, aber doch zur Förderung einer Investitionskonjunktur. Denn die verstärkten Investitionen im Wohnungsbau werden damit eine der Stützen der gegenwärtigen Wirtschaftskonjunktur. Ich glaube, ich muß das sagen, um die Förderung des Wohnungsbaues aus dem Bereich der sozialen Wohltaten in den nüchternen Bereich zu rücken, in den sie wirklich gehört.
Schließlich noch eine Bemerkung zum Verkehrshaushalt, ohne in Details zu gehen; dazu haben wir noch reichlich Gelegenheit. Der neue Haushaltsplan sieht erhöhte Ansätze für den Straßenbau vor. Wir anerkennen das. Aber wir stellen zugleich fest, daß die großen verkehrspolitischen Probleme dadurch bei weitem nicht gelöst sind. Für den schönen Zehnjahresplan des Herrn Seebohm ist eine befriedigende Finanzierung noch nicht in Aussicht. Die Bemerkungen des Herrn Bundesfinanzministers zu diesem Thema in seiner Rede von heute früh sind im höchsten Fall eine Abschlagszahlung. Wir nehmen gern zur Kenntnis, daß der Minister bereit ist, eine Zweckbindung bestimmter Steuern aus dem Kraftverkehr und darüber hinaus noch der Mittel aus einem geplanten Straßenbaufinanzierungsgesetz ins Auge zu fassen. Das wird wahrscheinlich längst nicht ausreichen, selbst wenn man dazu noch die Kraftfahrzeugsteuer der Länder nähme. Zum anderen möchte ich doch die etwas nachdenkliche Bemerkung des Herrn Bundesfinanzministers unterstützen, daß es sich bei Zweckbindungen dieser Art um vorübergehende Maßnahmen handeln muß, in diesem Falle, meine ich, um eine Maßnahme zur Bewältigung eines akuten Notstandes. Denn beim Straßenbau in seiner Gesamtheit handelt es sich tatsächlich um einen solchen, man kann schon beinahe sagen, Notstand von nationalem Ausmaß, den zu beseitigen nur möglich ist, wenn man wirklich gründliche und durchgreifende Lösungen sucht. Sosehr ich im allgemeinen — aus demselben Gesichtspunkt, den der Herr Bundesfinanzminister angeführt hat, nämlich aus dem Prinzip der Gesamtdeckung im Haushalt — Bedenken gegen die Zweckbindung von Mitteln habe, würde ich doch sagen, hier muß etwas wirklich Entscheidendes geschehen, wenn wir nicht eines Tages vor einer absoluten Katastrophe in unserem Straßenverkehr stehen wollen.

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Wir können uns von dem jetzigen Stand der Dinge gerade in diesem Bereich keineswegs als befriedigt erklären und sind der Überzeugung, daß hier — ich will auch das mit aller Schärfe aussprechen — ein weit vordringlicheres Problem auf der Tagesordnung steht als etwa der Ausbau der Bundeswehr nach den Plänen des Herrn Strauß.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Der Herr Bundesfinanzminister hat heute morgen auch die These aufgestellt, daß bei uns der Sozialstaat in dem Maße verwirklicht sei, das gesamtwirtschaftlich noch vertretbar erscheine. Er hat weiterhin von versorgungsstaatlichen Traumvorstellungen gesprochen oder von einem kollek-



Schoettle
tiven Versorgungsstaat — das ist ein neuer Terminus, der mir eigentlich in diesem Zusammenhang noch nicht begegnet ist —, Traumvorstellungen, aus denen es nur ein böses Erwachen mit bitteren Enttäuschungen geben könne. Es ist nicht recht klargeworden, gegen wen sich diese Warnungen des Herrn Ministers richten. Wir Sozialdemokraten jedenfalls sagen ganz offen und bekennen das ohne Scheu: wir ringen um den sozialen Rechtsstaat in seiner vollen Bedeutung,

(Beifall bei der SPD)

der allerdings bei uns etwas anders aussehen mag als bei manchen Leuten in der politischen Nachbarschaft der Mehrheit dieses Hauses.
Der Herr Finanzminister hat kürzlich auch von einem Marsch am Rande des Defizits gesprochen und das als eine Maxime bei seiner Haushaltspolitik bezeichnet, von einem Marsch am Rande des Defizits, an den ihn nach unserer Meinung der Umfang der Rüstungsausgaben geführt hat; ich habe das schon ausgeführt. An dieser Stelle möchte ich aber versichern, daß wir Sozialdemokraten jeden Versuch der Regierung bekämpfen werden, sich bei dieser Gratwanderung am Rande des Defizits durch die Streichung von sozialen Ausgaben und Verpflichtungen etwa Marscherleichterung zu verschaffen.

(Beifall bei der SPD.)

Militärische Sicherheit wird auch von innen her fragwürdig, wenn sie durch soziale Unsicherheit erkauft wird. Wir haben für diese Warnung begründeten Anlaß. Denn bisher hat in unserem Lande stets die soziale Stabilität Schaden erlitten, wenn der Marsch in die Rüstung begann. In unüberlegten, unproduktiven Ausgaben wurden die öffentlichen Finanzen zu Lasten der Bevölkerung erschöpft. Nicht durch soziale Überanstrengungen, wie manche glauben machen wollen, sondern immer wieder durch Rüstungsexperimente wurde unser Volk in finanzielle, währungspolitische und schließlich auch wirtschaftspolitische Schwierigkeiten geführt.

(Beifall bei der SPD.)

Diese geschichtlichen Erfahrungen beginnen langsam zunehmend in unserer sozialen Wirklichkeit wieder spürbar zu werden. Ein Beispiel dafür haben wir gehabt, als im Vorwege der Etatberatung die Streichung der Subventionen für Getreide und Zukker und die Tariferhöhungen bei der Bundesbahn erfolgten. Von diesen Streichungen wurden die Empfänger niedriger Einkommen am meisten betroffen. Eine der Folgen ist, daß die Gemeinden wegen der Verteuerung der Lebenshaltung gezwungen sind, die Fürsorgerichtsätze zu erhöhen. Auf diese Weise hat die Bundesregierung eine Art negativen Finanzausgleich zwischen Bund und Gemeinden vorgenommen.
Die Manipulationen zur Ausbalancierung des Rüstungsetats sind aber in dem Bereich der konkreten sozialen Leistungen hervorgetreten. Ein Blick in den Haushalt lehrt, daß die sozialen Ausgaben insgesamt niedriger angesetzt worden sind als im Vorjahr, obwohl sich die Gesamtausgaben
des Bundes zu einem Rekordetat summiert haben. Insgesamt sind 1958 rund 302 Millionen DM weniger an sozialen Leistungen als 1957 eingesetzt worden bei einem Mehr an Gesamtausgaben von rund 2 Milliarden DM. Das hat zu einem Rückgang des Anteils der Sozialausgaben im Gesamthaushalt —wenn man nicht die berühmten 40 % akzeptiert, und das tun wir unter gar keinen Umständen — von 27 auf 25 % geführt. 1950 betrug dieser Anteil noch 37,6 % und 1953 noch 30,5 %. Für das Etatjahr 1958 sind somit die Ausgaben für soziale Zwecke erstmalig nicht nur in der Relation zu den Gesamtausgaben, sondern auch in ihrer absoluten Höhe niedriger als im vorangegangenen Jahr. Besonders auffällig ist es, daß in diesem Rekordetat rund 60 Millionen DM für die Kriegsopferversorgung, also für die Opfer und Leidtragenden der beiden letzten Kriege, gestrichen worden sind.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Was hat die Regierung eigentlich dazu veranlaßt? Hier hat sie offenbar ohne viel Bedenken die rückläufige Zahl der Versorgungsempfänger zum Anlaß für erhebliche Kürzungen genommen. Will sie damit zu erkennen geben, daß sie nicht den Willen zu einer Verbesserung der Leistungen im Etatjahr 1958 hat? Eine Frage, die offenkundig berechtigt ist!
Ich komme zu einem anderen Fragenkomplex; er steht zwar mit dem vorhergehenden in Zusammenhang, gleichwohl muß ich ihn etwas einleiten. Es ist ja nicht Zufall, daß bei dieser ersten Beratung zwei Komplexe in den Vordergrund treten, die nicht nur haushaltspolitisch, sondern auch allgemeinpolitisch von überragender Bedeutung sind: die Sozialpolitik und der Verteidigungshaushalt. Bei diesen beiden großen Komplexen besteht offenkundig die Gefahr, daß sie und sie vor allem als Gegensätze und bei der Verteilung der Gewichte im Haushalt als einander feindlich und sich ausschließend behandelt werden. Denn entscheidend gerade bei diesen beiden Punkten ist die Grundhaltung, der gesellschaftspolitische Ausgangspunkt der im inneren Kräftespiel mächtigsten Gruppe. Wir haben zur Mehrheit dieses Hauses, die damit angesprochen ist, und zu der von ihr getragenen Regierung nicht das Vertrauen, daß sie in der Auseinandersetzung mit den großen gesellschaftlichen Problemen unserer Zeit und unseres Landes die gewaltige Bedeutung des sozialen Fundaments der Demokratie erkennt und ihre militärpolitischen Pläne und Absichten den unerläßlichen Aufgaben der sozialen Aufrüstung der Demokratie unterwirft.

(Beifall bei der SPD.)

Genauso wenig Vertrauen, aber um so mehr Sorge haben wir in einer anderen Richtung: daß nämlich die innere Verfassung unseres geteilten Deutschlands unter dem Einfluß der Haupt- und Grundtendenzen der gegenwärtig in der Bundesrepublik herrschenden Kräfte mehr und mehr abgleitet in die Richtung des Gestrigen, der unbewältigten Vergangenheit unseres Volkes, wie diese Erscheinung letzthin genannt worden ist. Nicht als ob ich etwa behaupten wollte, meine Damen und Herren, wir stünden bereits wieder am Vorabend
Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 22. Sitzung. Borm, Mittwoch, den 16. April 1958 1195
Schoettle
einer bewußt antidemokratischen Periode; obwohl manche Züge unserer gegenwärtigen Staatspraxis in dieser Richtung auch zu Sorgen Anlaß geben.

(Zustimmung bei der SPD.)

Aber es läßt sich nicht leugnen, daß sich im. Zeichen der militärischen Wiederaufrüstung der Bundesrepublik auch eine Umschichtung im Atmosphärischen in diesem Lande vollzogen hat,

(Sehr richtig! bei der SPD)

daß die Gestrigen und Vorgestrigen in ihren Irrtümern und Verbrechen sich bestätigt fühlen und sich frecher hervorwagen, als es noch vor einigen Jahren möglich war. Fälle wie der des Studienrats Zind in Offenburg oder der Prozeß gegen die SS-Mörder von Brettheim mit der dort erlebten Art des Auftretens der Angeklagten und ihrer Eideshelfer — und es gibt eine Reihe ähnlicher Fälle —

(Abg. Dr. Menzel: Schörner!)

sind nur Symptome einer unter der Oberfläche unseres Wirtschaftswunderlandes vor sich gehenden gefährlichen Rückwärtswendung. Wer Augen hat zu sehen, wer Ohren hat zu hören, der sollte beide Organe dazu benützen, um rechtzeitig zu sehen und zu hören, was hier unter der Oberfläche vor sich geht,

(Beifall bei der SPD)

und ich meine, wir alle wären verpflichtet, in dieser Richtung das zu gebrauchen, w as uns die Schöpfung gegeben hat.

(Erneuter Beifall bei der SPD.)

Eine solche gefährliche Rückwärtswendung wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht die tatsächlichen oder vermeintlichen allgemeinen Tendenzen der offiziellen Politik der letzten Jahre die Voraussetzungen und die Atmosphäre dafür geschaffen hätten.

(Abg. Dr. Menzel: Sehr richtig!)

Wir Sozialdemokraten — und hoffentlich wir nicht allein — beobachten diese Tendenzen mit großer Sorge und warnen die Verantwortlichen davor, die Dinge leicht zu nehmen oder gar der Entwicklung weiter Vorschub zu leisten. Was an uns liegt, werden wir tun, um einem neuen Marsch ins Unheil entgegenzutreten.
Zum Schluß, meine Damen und Herren, melde ich für die Beratung des Bundeshaushalts noch für eine Reihe von Fragenkomplexen sozialdemokratische Bedenken, Wünsche und Forderungen an, ohne damit einen vollständigen Katalog dieser Bedenken, Wünsche und Forderungen aufstellen zu wollen. Wir werden erstens unsere alte Forderung nach einer , parlamentarischen Kontrolle der Geheimfonds wieder stellen und immer wieder stellen. Wir werden damit keine Ruhe geben. Die Entwicklung dieser Fonds und ihre Handhabung durch die Regierung, soweit Spuren Vermutungen und Schlüsse zulassen, deuten darauf hin, daß diese Mittel weder für einwandfreie noch für staatspolitisch begründete Zwecke verwendet werden. Was für den Bundesnachrichtendienst an parlamentarischer Kontrolle möglich ist, sollte in jedem anderen Falle möglich sein, wenn diejenigen, die diese Fonds verwalten, die Kontrolle nicht zu scheuen haben, nämlich die Schaffung von Kontrollkommissionen, die auch der Opposition — und ich sage das mit Nachdruck, weil ich die Opposition als ein Element des Government in einem demokratischen Lande ansehe — die Sicherheit geben, daß alles in Ordnung ist.

(Beifall bei der SPD.)

Zweitens. Wir erklären, daß im Bereich des Bundesinnenministeriums folgende Fragen vor allem geprüft werden sollen — auch hier kein vollständiger Katalog; es gibt eine Reihe von Fragen, die ich hier nicht aufführe —: a) die Notwendigkeit eines Fortbestehens des Bundesgrenzschutzes in der jetzigen Form überhaupt; b) die Forderungen des Bundesministers des Innern für die Ausrüstung des Bundesgrenzschutzes — braucht diese Polizeitruppe im Hinblick auf den Aufbau der Bundeswehr wirklich noch Panzerfahrzeuge und Kanonen in dem geforderten Umfange? —;

(Hört! Hört! bei der SPD)

c) die Frage, ob der Paßkontrolldienst auch jetzt noch, nachdem die Grenzübertrittsvorschriften an allen deutschen Grenzen — die Zonengrenze leider ausgenommen — so entscheidend gemildert worden sind, im bisherigen Umfange nötig ist.
Das sind Fragen, mit denen man sich beschäftigen muß, denn ich glaube, daß hier Möglichkeiten für wirkliche Einsparungen bestehen, wenn man nur den Mut hat, sie anzugehen.

(Sehr gut! Sehr wahr! bei der SPD.)

Mit dieser Aufzählung will ich beileibe nicht sagen — ich wiederhole es —, daß wir gerade beim Bundesinnenministerium nicht noch zahlreiche andere Sorgen, Wünsche und schwere Bedenken hätten; dafür bürgt schon die Person des Ressortchefs.

(Beifall bei der SPD.)

Drittens. Wir werden. unsere Forderung nach einer weit stärkeren Förderung der Wissenschaften, der Schulen, der technischen Lehranstalten, der Studierenden wieder stellen. Was bis jetzt in diesem Bereich der Kulturpolitik getan worden ist, ist auch nach den Bemerkungen des Herrn Bundesfinanzministers von heute früh und nach dem, was im Bundeshaushaltsplan steht, weit hinter dem Notwendigen zurückgeblieben. Das Scheitern der Verhandlungen der Länder mit dem Bundesfinanzminister hat die Problematik nur noch verschärft, die aus der materiellen Unfähigkeit der Länder zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Bereich der Kulturpolitik entstanden ist.
Viertens schließlich ein Wort zum Problem der Wiedergutmachung. Diese Frage wird im Bundeshaushaltsplan durch gewisse Ansätze berührt, und sie ist in der letzten Zeit vor allem dadurch wieder in die öffentliche Diskussion getreten, daß Herr Bundesjustizminister Schäffer und andere Mitglieder der Mehrheit dieses Hauses in öffentlichen Versammlungen erklärt haben, die Wiedergutmachung



Schoettle
bringe die Währung in Gefahr. Es ist eigenartig: Wiedergutmachung bringt die Währung in Gefahr, die Entwicklung des Sozialhaushalts bringt die Währung in Gefahr, aber wir haben nodi kein Wort davon gehört, auch nicht offiziell, daß etwa die Rüstungslasten die Währung in Gefahr bringen könnten.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Deshalb ist es nötig, hier einige Bemerkungen zur Wirklichkeit der Wiedergutmachung zu machen. Mit dem 1. April 1958 ist bekanntlich die Anmeldefrist abgelaufen. Nach Schätzungen des Bundesfinanzministers und nach meiner eigenen Überzeugung dürfte die Wiedergutmachung einen Betrag von 16 bis 18 Milliarden DM, verteilt auf sechs Haushaltsjahre bis zum Jahre 1963, erfordern, so daß auf ein Haushaltsjahr rund 2 1/2 bis 3 Milliarden DM entfallen. Davon haben 50 % der Bund und 50 % die Länder zu tragen — falls diese Summe wirklich erreicht wird —, so daß der Bund jährlich höchstens 1 1/2 Milliarden zur Verfügung stellen müßte. Man kann also von einer Währungsgefährdung durch diesen Akt moralischer Rehabilitierung des deutschen Volkes doch eigentlich nicht sprechen.

(Zustimmung bei der SPD.)

Endlich noch ein Wort zum Thema Berlin. Die Stadt und das Land Berlin sind zwar für den Bund eine finanzielle Belastung — das ist unbestritten —, aber sie sind auch eine nationale Verpflichtung. Im Haushalt dieses Jahres stehen 900 Millionen. Das Land Berlin hat deutlich erklären lassen und auch entsprechende Unterlagen dafür geliefert, daß diese 900 Millionen nicht ausreichen, um das finanziell Notwendige im Rahmen des Haushalts des Landes Berlin zu befriedigen. Der Bundesrechnungshof hat ein Gutachten erstattet, das ungefähr auf dasselbe hinausläuft wie der Haushaltsansatz des Bundesfinanzministers. Bleibt es dabei, so würde das allerdings bedeuten — und das ist ziemlich offenkundig —, daß in den für Berlin entscheidenden Sektoren der Wirtschaft durch die Beschränkung des Aufbauplanes und des sozialen Wohnungsbaus Energien gelähmt würden, die bisher zu dem erfreulichen Wiederaufstieg der isolierten Stadt Berlin beigetragen haben.

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Es würde damit die Gefahr einer Steigerung der Arbeitslosigkeit heraufbeschworen. Uns erscheint es unter allen Gesichtspunkten unmöglich, eine solche Entwicklung zu vertreten. Wir warnen vor einer solchen Politik und sind der Meinung, daß auch jetzt ernsthaft Wege gesucht werden müssen, um die Haushaltslage des Landes Berlin so zu stabilisieren, daß diese von der Sowjetzone umbrandete Insel der Freiheit in der Lage bleibt, den erstaunlichen wirtschaftlichen Aufschwung fortzusetzen, den sie genommen hat und den sie vollenden muß im Interesse von uns allen.

(Beifall bei der SPD.)

Ein Wort zum Schluß. Wir Sozialdemokraten betrachten diesen Haushalt wie jeden zuvor unter sachlichen und unter politischen Gesichtspunkten.
An seinen sachlichen Teilen mitzuarbeiten, sind wir durchaus bereit; dafür haben wir Sozialdemokraten in der Vergangenheit Beweise erbracht. Seine Gesamtgestalt werden wir mit, den Maßstäben unserer eigenen politischen Auffassung messen und ihn dementsprechend auch in den letzten, in den Plenarentscheidungen der zweiten und dritten Lesung behandeln.

(Anhaltender Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0302200400
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.

Dr. Rudolf Vogel (CDU):
Rede ID: ID0302200500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal zwei Dinge vorwegnehmen, die bis jetzt noch nicht hinreichend erörtert worden sind: erstens den Antrag der DP, dem sich die CDU angeschlossen hat, auf Angleichung des Haushaltsjahrs an das Kalenderjahr, und zweitens einige Worte zum Nachtragshaushalt.
Wir haben von jeher den Standpunkt vertreten, daß die Einführung des 1. Januar als Beginn des Haushaltsjahrs eine wünschenswerte Errungenschaft wäre und haben das auch Jahr für Jahr immer wieder durchzusetzen versucht. Leider sind wir dabei am Widerstand der Länder gescheitert. Jetzt ist der Antrag erneut eingebracht worden, und wir geben uns der Hoffnung hin, daß es vielleicht diesmal gelingen wird, den Widerstand auf der Seite der Länder zu überwinden und zu einer Verständigung mit ihnen zu gelangen, damit diese von der gesamten Wirtschaft und, wie ich soeben hörte, auch von der Opposition gewünschte Angleichung endlich Tatsache wird. Es ist unbestreitbar, daß für die gesamte Bauwirtschaft, sowohl für den Hochbau als auch für den Tiefbau, das Kalenderjahr, mit dem 1. Januar beginnend, einen wesentlichen Fortschritt bedeuten würde.
Ich möchte dann noch ein paar Worte zum Nachtragshaushalt sagen. Meine Freunde haben es nicht für sehr glücklich gehalten, daß dieser Nachtragshaushalt überhaupt eingebracht worden ist. Ich glaube, die Entwicklung in den letzten Wochen hat gezeigt, daß er ohnehin nur zusammen mit dem ordentlichen Haushalt beraten werden kann, wenn auch die Verabschiedung vielleicht etwas vor der Verabschiedung des ordentlichen Haushalts erfolgen könnte. Wir haben es nicht für vorteilhaft gehalten, daß in einen Nachtragshaushalt, der einige politisch begründete neue Stellenanforderungen, der vor allen Dingen auch den Haushalt für das . neu eingerichtete Kartellamt enthält, Anforderungen hineinkamen, die sicherlich genauso gut im ordentlichen Haushalt ihren Platz gefunden hätten. Die Arbeit ist für den Haushaltsausschuß dadurch nicht erleichtert worden.
Lassen Sie mich auch noch einige Bemerkungen vorweg zu dem machen, was der Herr Bundesfinanzminister in seiner Einbringungsrede vortrug. Wir finden diese Rede sehr offen und wir finden, daß er in sehr vielen Dingen kein Blatt vor den Mund genommen hat, daß er vielmehr etwas ein-



Dr. Vogel
geleitet hat, was wir für sehr begrüßenswert halten, nämlich eine rückhaltlose Offenheit über die Absichten und Pläne seines Hauses. Auf der anderen Seite hat er von sich aus — und auch das fanden wir nicht nur menschlich sehr schön, sondern auch politisch richtig — der Tätigkeit seines Vorgängers, der acht Jahre hindurch dieses Haus aufgebaut und geführt hat, in ehrenvoller Weise gedacht. Ich schließe mich diesen Worten für meine Freunde vollinhaltlich an, auch wenn wir in der Vergangenheit, sicher vor allen Dingen auch die Mitglieder des Haushaltsausschusses, manchmal unsere Sorgen mit dem vorangegangenen Herrn Bundesfinanzminister hatten. In einem Punkte stimme ich sogar mit meinem Herrn Vorredner überein

(Abg. Schoettle: Hoffentlich fällt's nicht zu schwer!)

— das fällt mir keineswegs schwer, Herr Schoettle —, wenn ich offen ausspreche, daß auch wir manchmal gewünscht hätten, er hätte von dem Art. 113 des Grundgesetzes öfter Gebrauch gemacht.

(Abg. Dr. Gülich: Er hat gar keinen Gebrauch gemacht!)

— Das wissen wir sehr wohl, Herr Professor Gülich. Ich glaube, wir wären in manchen Dingen vielleicht von Schwierigkeiten verschont geblieben, wenn man von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte.
Lassen Sie mich nun gleich den Stier bei den Hörnern fassen und auf die Punkte eingehen, die nicht nur in diesem Haushalt, sondern meiner Überzeugung nach in jedem Haushalt der freien Welt heute eine entscheidende Rolle spielen. Das sind die Rüstungsausgaben. Ich kenne keinen Haushalt in einem vergleichbar großen Industriestaat, der nicht dieselbe Sorge über Rüstungsausgaben verursacht, von der auch wir in der Bundesrepublik gequält werden. Glauben Sie ja nicht, meine Damen und Herren von der Opposition, daß wir etwa diese Lasten von 10,7 Milliarden DM in irgendeiner Weise leichtnehmen. Sie dürfen vielmehr sicher sein, daß wir sie mit der gleichen Sorge, aber von ganz anderen Gesichtspunkten aus sehen, als Sie sie sehen. Ich möchte darum hier einmal die Frage aufwerfen — und diese Frage wird ja wohl in der nächsten Woche noch ausführlicher diskutiert werden, als das jetzt der Fall ist —, ob wir überhaupt jetzt schon von uns sagen könnten, wir hätten, verglichen mit anderen, gleich finanzstarken Ländern das gleiche wie andere für die Verteidigung der freien Welt aufgewandt. Auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, werden uns ja eines Tages einmal klipp und klar sagen — ich hoffe, daß das auf Ihrem Bundesparteitag in Stuttgart geschieht —, was Sie von Ihrer Seite für das Limit dessen halten, was die deutsche Volkswirtschaft an Verteidigungslasten vertragen kann.
Ich darf in Ihre Erinnerung zurückrufen, daß ich zweimal bei ähnlichen Anlässen, zu Ihnen gewandt, gesagt habe, wir sollten uns doch zumindest über einen Punkt völlig einig sein. Es sollte nämlich zwischen uns überhaupt keine Differenzen darüber geben, daß die Bundesrepublik zunächst einen Stand
ihrer Verteidigung erreichen muß, der mit dem, was drüben in der DDR und in der Tschechoslowakei bereits seit Jahren latent vor uns steht, vergleichbar ist. Wir wären dann in der gemeinsamen Sorge um die deutsche Sicherheit vielleicht doch einen wesentlichen Schritt weiter.
Ich möchte auch noch ein Weiteres sagen, um das gleich vorwegzunehmen; ich halte ursprünglich vor, es später zu erörtern. Auch wir werden uns bemühen, den Einzelplan 14 mit derselben Sorgfalt und mit derselben Genauigkeit zu betrachten, mit der wir auch andere Haushalte in der Vergangenheit durchberaten haben. Sie werden schließlich nicht leugnen können, daß — die Streichung, der berühmte Sternchenregen — die Kürzung der Generalstellen im vergangenen Jahr letzten Endes auf dem Antrag meiner Freunde und nicht zuletzt von mir selbst beruhte, so daß wir für uns in Anspruch nehmen können: auch wir haben das gekürzt, was wir nicht für notwendig halten. Wir sind fest entschlossen, das bei den neuen, auch in unseren Augen überhöhten Anforderungen für Generäle und Oberste ebenfalls zu tun.

(Beifall in der Mitte.)

Auf der anderen Seite dürfen wir nicht einen Augenblick das aus dem Auge verlieren, was letzten Endes doch für uns eine Existenzfrage, die Existenzfrage schlechthin, ist. Wir haben gesagt: dieses Volk hat einen Anspruch auf soziale Sicherheit, aber dieses Volk hat in gleicher Weise Anspruch auf äußere Sicherheit wie jedes andere freie Volk dieser Welt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Niemals aber haben wir darüber einen Zweifel offengelassen — der Herr Finanzminister Schäffer hat das in den vergangenen Jahren, glaube ich, genauso klar zum Ausdruck gebracht wie ich hier als Sprecher meiner Fraktion daß wir unter keinen Umständen zulassen werden — das sage ich heute, nach den Ausführungen meines verehrten Herrn Vorredners, noch einmal mit doppeltem Nachdruck —, daß die notwendigen Ausgaben für die Sicherheit des deutschen Volkes irgendwie die Sicherheit der Währung beeinträchtigen.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

Bis jetzt sehe ich, offen gesagt, auch noch keinen Grund, warum in diesem Haushalt und wahrscheinlich auch in dem nächsten Haushalt sonderliche Befürchtungen dieser Art auftreten sollten.
Herr Kollege Schoettle, Sie haben vorhin die Rüstungsausgaben mit einem Kuckucksei verglichen. Ich wende mich gegen eine solche Verniedlichung. Es ist ein offensichtliches Straußenei.

(Heiterkeit.)

Es hat auch die Größe eines solchen Eies, mit 10,7 Milliarden DM.

(Abg. Schoettle: Eine biologische Abnormität! — Abg. Dr. Gülich: Der Strauß hat ein Kuckucksei gelegt!)




Dr. Vogel
— Dazu dürfte er physisch nicht in der Lage sein.

(Fortgesetzte Heiterkeit.)

Sehen Sie sich doch einmal das an, was England im Verhältnis zu uns aufgebracht hat wir wollen von Frankreich und anderen Ländern ganz schweigen — oder was selbst Italien mit seinen uns doch bekannten sozialen Sorgen bis jetzt geleistet hat. Dann werden Sie vielleicht auch zu der Überzeugung gelangen, daß wir uns ernstlich überlegen müssen — das werden wir in der nächsten Woche diskutieren —, wo der Punkt liegt, bis zu dem wir gehen können, ohne daß wir volkswirtschaftlich einen Schaden anrichten.
Nun lassen Sie mich einmal untersuchen, ob wir uns die wirtschaftlichen Sorgen überhaupt zu machen brauchen — jedenfalls im Augenblick —, die hier vorhin an die Wand gemalt worden sind. Mein Herr Vorredner hat es vermieden — ich erkenne es dankbar an —, hier etwa in irgendeiner Weise eine Krisenpsychose heraufzubeschwören. Er sieht wahrscheinlich — genauso wie ich es sehe —, daß wir doch — in Übereinstimmung mit so ziemlich allen wirtschaftswissenschaftlichen Instituten, übrigens in Übereinstimmung auch mit dem Gewerkschaftsinstitut — gegenwärtig keineswegs den Zustand erreicht haben, den die Amerikaner mit ihrer „recession" im Augenblick zu beklagen haben. Wir geben uns keinem Zweifel darüber hin, daß die Zeit eines Booms vorüber ist und daß wir uns wieder volkswirtschaftlichen Zuständen nähern, die keineswegs als Hochkonjunktur anzusprechen sind, deren Produktivitätsfortschritte aber durchaus noch fast doppelt so hoch über dem liegen, was man stets einen normalen Produktivitätsfortschritt nannte. Wir haben uns in den Jahren vor 1914 mit einem Produktivitätszuwachs von rund 2 % pro Jahr zufriedengegeben und haben das für durchaus angemessen gehalten. Wir lagen im Jahre 1955 bei 15 % und hatten im vergangenen Jahr 7,5 % zu verzeichnen. Der Bundesfinanzminister hat für das kommende Haushaltsjahr 7 % geschätzt. Auch ich habe — wahrscheinlich mit ihm zusammen - meine Zweifel, ob diese geschätzte Rate erreicht werden kann. Jedenfalls spricht manches dafür, daß sie nicht wesentlich unterschritten wird.
Weswegen ich mich für verpflichtet halte, gerade darauf einzugehen, ist die Tatsache, daß mit dieser Schätzung auch der neue Haushalt in irgendeiner Form steht oder fällt. Denn entweder ist diese Schätzung richtig und werden Steuereinnahmen in der erwarteten Höhe eintreffen, oder wir werden uns nicht nur „am Rande des Defizits" bewegen, sondern mitten in einem Defizit sein. Dieses Defizit wird uns dann um so härter treffen, als die Kassenreserven, wie das der Herr Bundesfinanzminister mit seltener Eindringlichkeit ausgeführt hat, in den kommenden Haushaltsjahren, vor allen Dingen im Haushaltsjahr 1959, nicht mehr zur Verfügung stehen werden.
Es hat in der deutschen Öffentlichkeit vielleicht Aufsehen erregt, daß einer der größten deutschen Konzerne — ich spreche hier vom Siemens-Konzern — bei seiner Generalgesellschafterversammlung den Mut aufbrachte, offen zu sagen, daß man sich mit diesem Abflauen des Booms in den vergangenen Jahren durchaus einverstanden und sogar darüber befriedigt erkläre, weil man die Sicherheit einer stetigen Kalkulation den ungewissen Risiken eines solchen Booms auf -die Dauer doch vorziehe. Die Stimmen, die diesem Ausspruch Beifall zollten, haben sich in der letzten Zeit gemehrt. Ich glaube, im allgemeinen sieht man im Ausland wohl nicht ohne einen gewissen Neid nach Deutschland herüber, wo sich entgegen der Lage in England, entgegen der Lage in Finnland, in den Niederlanden, in Schweden usw. immerhin noch eine Konjunktursicherheit abzeichnet, die von der Lage in sehr vielen anderen Ländern der freien Welt erfreulich absticht.
Lassen Sie mich hier auch gleich eine Sorge mit erwähnen. Es wäre völlig verfehlt, wenn wir nur auf unsere eigene Wirtschaftsentwicklung starrten. Wir tun gut daran, die Wirtschaftsentwicklung in der Sowjetzone mit scharfen Augen zu verfolgen. Es ist gut für uns, zu wissen, daß in der Sowjetzone der Produktivitätsfortschritt nicht 7,5 % wie bei uns betrug, sondern nach den Statistiken von drüben, deren Wert vielleicht einigermaßen zweifelhaft ist, immerhin bei 7 % lag, wenn auch auf der anderen Seite die Steigerung des privaten Verbrauchs nicht 7,5 % wie bei uns ausmachte, sondern nur 4,6 %. Hier wird das Dilemma und das Elend drüben nur zu deutlich gemacht. Wir tun gut daran, diese Entwicklung sehr aufmerksam zu beobachten, genauso wie es für uns eine notwendige Pflicht ist — gerade auch im Zusammenhang mit den erfolgreich abgeschlossenen Handelsvertragsverhandlungen mit der Sowjetunion —, die Fortschritte auch jenseits des Eisernen Vorhangs genauestens zu verfolgen und zu registrieren. Ganz offensichtlich wird drüben mit einem Investitionsaufwand unerhörten Ausmaßes der Versuch gemacht, die freie Welt wirtschaftlich einzuholen, um den eigenen Leuten gegenüber den Beweis zu erbringen, daß das kommunistische System in der Lage sei, einen Wettbewerb mit der freien Welt auszuhalten.
Wir werden uns in den nächsten Jahren — das hat uns auch der Bundesfinanzminister mit wünschenswerter Deutlichkeit vor Augen gestellt — vor der außerordentlichen Aufgabe sehen, in unserer Bundesrepublik durch freiwilliges Sparen Investitionsleistungen zu ermöglichen, die den Fortgang unserer Konjunktur und damit auch die weitere Erhöhung des Lebensstandards der breitesten Schichten des deutschen Volkes gewährleisten. Das wird eine der wesentlichen Aufgaben der nächsten Jahre sein. Wir werden darüber nachzudenken haben, ob der Sparprämienplan des Herrn Bundesfinanzministers genügt oder vielleicht auch noch andere Mittel eingesetzt werden müssen, um dieses vordringliche Ziel zu erreichen.
Zunächst jedenfalls möchte ich feststellen, daß die bisherige Entwicklung bei uns noch keinerlei Anlaß zur Sorge bietet. Wir erlebten im vergangenen Jahr offensichtlich den Vorgang, daß sich die Wirtschaft



Dr. Vogel
in Erwartung von Preissteigerungen Lager zugelegt hat, die über das normale Maß hinausgingen. Diese Lager werden jetzt abgebaut, und wir nähern uns langsam wieder dem Zeitpunkt, wo die Wirtschaft gezwungen sein wird, von neuem Lager aufzubauen, um dem gesteigerten Konsum Rechnung zu tragen.
Die Bundesnotenbank, die uns ja in ihren Monatsberichten ein überaus aufschlußreiches Material über den Stand der Wirtschaft, der Finanzen, der Devisen liefert, hat in ihrem jüngsten Bericht vom Monat März mit Recht darauf hingewiesen, , daß wir in der nächsten Zeit aus drei, vielleicht auch aus vier Gründen eine nicht unerhebliche Steigerung der Investitionstätigkeit zu erwarten haben: erstens durch einen verstärkten Zwang zur Rationalisierung in den Betrieben selbst; zweitens durch das strukturelle Wachstum bestimmter Industriezweige, vor allen Dingen in der chemischen Industrie, der Atomindustrie usw.; drittens — auf Grund der günstigen Chancen auf dem Kapitalmarkt — durch die Möglichkeit erhöhter Kapitalbeschaffung, vor allen Dingen für die großen Werke; viertens — als Folge einer wesentlich verbesserten Lage auf dem Pfandbrief- und Hypothekenmarkt — durch die Steigerung der Hochbauprojekte, die im Januar dieses Jahres um 160 Millionen DM höher lagen als im Januar des Jahres 1957.
Es hat sich also zunächst einmal eine Prognose als falsch erwiesen, die in der Vergangenheit von manchen Stellen sehr emsig gepflegt worden ist, nämlich die Prognose — mit den Prognosen ist das ja überhaupt so eine Sache —, daß durch die Ausgabe ) von Milliarden aus öffentlichen Rückstellungen, aus dem Juliusturm, zwangsläufig inflationäre Erscheinungen ausgelöst werden müßten. Die Entwicklung des Jahres 1957 hat erwiesen, daß das nicht der Fall zu sein braucht.

(Abg. Dr. Conring: Sehr richtig!)

Wir haben im vergangenen Jahr einen Konsumstoß von über 10 Milliarden DM erlebt, der zu einem großen Teil aus den Rentennachzahlungen und aus einer ganzen Reihe ähnlicher Leistungen herrührte. Von diesem Konsumstoß von 10 Milliarden DM sind nicht weniger als 4 Milliarden DM zusätzlich gespart worden. Wir haben wohl allen Anlaß, gerade diesen breitesten Schichten des deutschen Volkes für die damit bewiesene Mäßigung und Selbstdisziplin unseren Dank abzustatten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Dieses ungewöhnliche Sparen, das sich zum Glück auch im Frühjahr dieses Jahres fortgesetzt hat, hat nicht zuletzt auch die Normalisierung des Kapitalmarktes in Deutschland ermöglicht mit den wohltuenden Folgen, die heute überall sichtbar werden. Eine der wohltuendsten davon ist unbestreitbar die Senkung des Zinsfußes; die Herausgabe von Hypotheken und Pfandbriefen zu 7 %, vielleicht sogar in einiger Zukunft zu 61/2 oder 6 % stellt doch einen ganz erstaunlichen und von uns durchaus begrüßten Vorgang dar.
Wir hatten ursprünglich nicht ohne Sorge die Ausweitung des Bargeldumlaufs in Deutschland be trachtet, und in der Tat konnte eine Ausweitung allein im Jahre 1957 um rund 2 Milliarden DM bis
zu einer Höhe von 17,5 Milliarden DM am 30. November 1957 einige Besorgnisse auslösen. Aber wir konnten feststellen, daß der Bargeldumlauf am 15. März 1958 wieder auf 16,2 Milliarden DM zurückgegangen war. Ich sehe in dieser Flexibilität des Geldumlaufs ein Zeichen dafür, daß im Grunde genommen nicht mehr Geld im Umlauf ist, als es den Terminerfordernissen der Wirtschaft entspricht und als wir tatsächlich brauchen. Es ist also nicht so, daß heute in irgendeiner Form Besorgnisse über den allzu großen Geldumlauf geäußert zu werden brauchten.
Ich darf vielleicht auch noch ein paar andere Ziffern hier anführen, die für den sozialen Standard unseres Volkes im vergangenen Jahre und in diesem ersten Vierteljahre bezeichnend sind. In dem Steuereinnahmenausweis, den das Bundesfinanzministerium herausbringt, können Sie folgende Ziffern sehen. Das Tabaksteueraufkommen ist gegenüber dem Jahre 1954/55 in dem Rechnungsjahr 1956/ 1957 um 20 % auf 2,8 Milliarden DM gestiegen. Das Biersteueraufkommen ist um 25 % gestiegen, und die Einnahmen aus dem Branntweinmonopol sind sogar um 37 % gestiegen. Ich fürchte, das wird uns im Haushaltsausschuß allerdings neue Anforderungen von der Stelle für Suchtgefahren bringen. Allerdings haben auch die Ausgaben für Lotto und Toto im Rechnungsjahr 1956/57 in Deutschland nicht weniger als eine runde Milliarde D-Mark erreicht.
Wenn man diese Ziffern ansieht, dann wird man zumindest sagen können, daß dieses Volk einen Lebensstandard erreicht hat, der sich durchaus neben dem Lebensstandard auch sehr wohlhabender Völker der freien Welt sehen lassen kann. Herr Kollege Wehner, Sie haben neulich — ich glaube, es war in Hamburg — bei einer Versammlung den Ausspruch getan, daß „man den Lebensstandard des deutschen Arbeiters verteidigen müsse". Wir glauben, daß dazu gar keine Notwendigkeit besteht. Wir sind stolz darauf, daß wir durch unsere Wirtschaftspolitik dazu beigetragen haben, daß dieser Lebensstandard heute da ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir haben nicht das geringste Interesse daran, diesen Lebensstandard in irgendeiner Weise absinken zu lassen. Wir sind doch nicht so töricht, daß wir alle bisherigen Erkenntnisse der Sozial- und der Konjunkturwissenschaft beiseite stellen, die uns heute eindeutig klarmachen, daß jede große Konjunktur sich nur auf der Kaufkraft breitester Schichten des Volkes aufbauen kann. Diese Kaufkraft zu erhalten, wird mit eines der obersten Ziele unserer Wirtschaftspolitik sein. Darüber hinaus gleichzeitig die Eigentumsbildung bei den breitesten Massen zu fördern, ist eine der großen Aufgaben, die wir uns gleichfalls gestellt haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Brese: Maßhalten!)

— Auf das Maßhalten, Herr Kollege Brese, werde ich auch noch zu sprechen kommen.
Ich möchte nun noch einige andere Dinge ansprechen. Herr Kollege Schoettle, ich glaube, Sie haben den Absatz in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers, in dem er von den Traumvorstellungen



Dr. Vogel
auf sozialem Gebiet sprach, offensichtlich etwas mißverstanden. Ich glaube nicht, daß die Auslegung, die Sie ihm gegeben haben, wirklich zutreffend ist. Ich bin der Ansicht, daß gerade Herr Etzel sowohl in den Jahren, in denen er Vorsitzender des Wirtschaftspolitischen Ausschusses war, wie auch nachher immer das Bestreben gezeigt hat, den Grundsatz, den ich vorhin aussprach, von der Notwendigkeit eines hinreichenden und eines guten Einkommens der breitesten Bevölkerungsschichten in der Weltöffentlichkeit zu vertreten, und daß er keinerlei Ursachen hat, diesen Grundsatz in irgendeiner Weise zu verniedlichen oder zu begrenzen.
Wenn wir — lassen Sie mich gleich darauf etwas näher eingehen — in diesem Jahre nicht erneut eine so große Ausweitung der Sozialausgaben zu verzeichnen haben, wie das im vergangenen Jahr der Fall war, dann hat das schließlich seine wohlerwogenen Gründe. Wir werden nun einmal nicht jedes Jahr einen so gewaltigen Sprung vorwärts machen können, wie das — das ist auch von Ihrer Seite unbestritten — im letzten Jahr der Fall war; denn daß die Rentenreform eine große und weithin sichtbare Tat war, wird heute wohl von niemandem in Deutschland ernsthaft bestritten werden. Daß der neue Haushalt schon von der, ich möchte es einmal so nennen, Erweiterungsklausel des Rentenreformgesetzes in Anspruch genommen worden ist, und zwar mit 208 Millionen DM mehr, zeigt doch, daß es sich hier um einen „dynamischeren" Fortschritt von Jahr zu Jahr handelt. Das zweite große Werk, die Reform der Krankenversicherung, ist allerdings nicht schon in diesem Jahr zu erwarten, sondern wird erst im nächsten oder vielleicht übernächsten Jahr kommen; das liegt in den Schwierigkeiten dieses Problems begründet. Ganz bestimmt aber werden Sie uns nicht den Vorwurf machen können, wir wollten in diesem Haushalt in irgendeiner Form zum Ausdruck bringen, wir sähen das soziale Problem als minder wichtig an als ein anderes der großen Probleme unseres deutschen Volkes.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Lassen Sie mich noch mit einigen Worten zu einem Thema sprechen, das ebenfalls Ihrer Aufmerksamkeit bedarf. Wir haben den Höhepunkt in der Anhäufung unserer Gold- und Devisenvorräte überschritten. Ich glaube, daß wir darüber eigentlich nicht traurig zu sein brauchten. Unser Bestand an Gold und Devisen betrug im Oktober 1957 23,68 Milliarden DM; wir haben zur Zeit einen Bestand von 22,7 Milliarden DM, davon 10 Milliarden DM in Gold. Im Januar hatten wir, und das war ein gewisses Alarmsignal, zum ersten Male einen Einfuhrüberschuß zu verzeichnen, und zwar von 112 Millionen DM. Im Februar schlug das Pendel wieder zurück; da hatten wir einen ungewöhnlich hohen Ausfuhrüberschuß: über 500 Millionen DM. Ich bin der Überzeugung, daß wir einen Ausfuhrüberschuß von über 4 Milliarden DM, wie wir ihn im Jahre 1957 hatten, weder in diesem Jahre noch in den folgenden Jahren wieder werden verzeichnen können.
Wir müssen uns allerdings darüber im klaren sein, daß die Ausfuhr nach wie vor unserer größten Aufmerksamkeit bedarf. Deutschland ähnelt in seiner Wirtschaftsstruktur heute England. Für England ist
die Ausfuhrfrage d i e Frage schlechthin. Auch für das deutsche Volk kommt die Zeit, in der wir den Fragen des Exports und der Exportförderung auch im Haushalt sehr viel mehr Beachtung werden schenken müssen, als das bisher der Fall zu sein brauchte.

(Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einen Blick auch auf den neu abgeschlossenen Handelsvertrag mit Rußland werfen. Wir dürfen nicht übersehen, daß 65 % unseres Exportes in die westeuropäischen Industrieländer gehen, daß der Handel mit Sowjetrußland bisher aber nur 1 % unserer Ausfuhr betrug und nach dem neuen Handelsvertrag wahrscheinlich nur 2 % ausmachen wird. Bei den Nachforderungen, mit denen die Regierung bisher an uns herantrat, haben wir im Haushaltsausschuß feststellen müssen, daß die übergroßen Getreide- und Futtermittelvorräte, die wir in Deutschland angehäuft haben, ein Problem für sich darstellen; wir betrachten es mit steigender Sorge. Die Weiterveräußerung dieser übermäßigen Vorräte kostet uns in diesem Haushaltsjahr 79 Millionen DM. Wenn nun ein Teil der deutschen Warenlieferungen nach der Sowjetunion mit Getreidelieferungen aus der Sowjetunion bezahlt werden soll, so werden wir, fürchte ich, für den Wiederverkauf dieses Getreides noch erhebliche Mittel als indirekte Exportsubvention bereitstellen müssen. Auch diese Zusammenhänge sollte man bei einer Betrachtung der Ausweitung unseres Exports nach Sowjetrußland nicht verschweigen.
Wenn sich im Zusammenhang mit den letzten Ereignissen an Rhein und Ruhr besorgte Blicke auch auf die Kohlenhalden gerichtet haben, so möchte ich für diesen Bereich doch einmal eine Vergleichszahl nennen. Von den 12 Millionen t, die gegenwärtig in Europa auf den Halden liegen, entfallen nur 2,98 Millionen t auf Deutschland mit einer Jahresproduktion von immerhin über 120 Millionen t, aber nicht weniger als 5,85 Millionen t auf Frankreich mit einer Jahresproduktion von etwas über 50 Millionen t und auf Belgien mit einer noch geringeren Produktion 2,78 Millionen t. Diese Sorgen lasten also ungleich schwerer auf den anderen Ländern der Montanunion, wenn wir auch diese Sorgen keineswegs kleinschreiben wollen.
Aber alles das, was wir bis jetzt gemeinsam erreicht haben — und wir haben immerhin auch an Ersparnissen dank des wieder erwachten Sparsinns in unserem Volke über 23 Milliarden DM anhäufen können —, darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Bundesrepublik nach wie vor ein armes Land ist. Diese Vorstellung, daß wir ein armes Land sind, das nicht in der Lage ist, Kapitalexport in großem Ausmaße zu betreiben, dürfen wir auch bei den künftigen Verhandlungen nicht ganz übersehen. Wir haben, soweit es mir in Erinnerung ist, seit der Währungsreform für 1,5 Milliarden an Kapital exportieren können. England hat seit 1945 — allerdings mit einem Vorsprung von drei Jahren; aber auch England hatte von 1945 bis 1950 seine Umstellungssorgen — nicht weniger als 21 Milliarden Mark an Kapital exportieren können. Das zeigt deutlich, um wieviel besser die



Dr. Vogel
Grundstruktur eines Landes ist, das eben nicht wie das deutsche Volk zwei Inflationskatastrophen erlebt hat.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.) Infolgedessen dürfen auch keine allzu großen Erwartungen an uns gestellt werden, daß wir etwa in der Lage wären, auch für die in der wirtschaftlichen Entwicklung begriffenen Länder allzu große Summen auszuwerfen. Andere Länder sind dank ihres erhaltenen Kapitals in anderem Maße dazu in der Lage, als wir es zur Zeit sind.

Immerhin haben wir im vergangenen Jahr 1957 eine Neukapitalbildung von nicht weniger als 14 Milliarden DM zu verzeichnen. Der Ausfluß dieser neuen Sparansammlung zeigt sich deutlich auf dem gesamten Geldmarkt und auf dem Kapitalmarkt. Ich habe die Rückwirkungen auf den Baumarkt schon kurz gestreift. Es bedeutet aber gleichzeitig — Herr Kollege Willeke, das ist für die Kommunalpolitik ein besonderer Trost — die Möglichkeit für die Kommunen, in einem ganz anderen Maße, als das bis jetzt der Fall ist, Anleihen auf dem Geldmarkt unterzubringen. Sie haben davon auch sehr reichlich Gebrauch gemacht.
Bei dieser Gelegenheit kann ich einen kleinen Einwurf nicht unterlassen. Nach der letzten mir vorliegenden Statistik betrug die Gesamteinnahme der deutschen Gemeinden an der Steuer, die heute praktisch einzig und allein d i e Steuer der Gemeinden ist, der Gewerbesteuer, 10,5 % mehr gegenüber dem Jahr 1956, während alle anderen Steuern kaum ein ähnliches Mehraufkommen zu verzeichnen haben. Sie werden wahrscheinlich sofort einwerfen, daß das auf eine Reihe von Großstädten und von mittleren, besonders kapitalkräftigen Gemeinden beschränkt ist, und Sie werden mit vollem Recht sagen, daß die Dorfgemeinden und die Kleinstädte, die keine Industrie haben, wahrscheinlich die Leidtragenden dabei sind.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Da stimme ich völlig mit Ihnen überein. Insgesamt gesehen zeichnet sich in meinen Augen beinahe auch das Problem eines Ausgleichs zwischen den kapitalstarken und den anderen Gemeinden in einem anderen Maße als bisher ab; um das hier gleich einmal einzuflechten.
Meine Damen und Herren, wir kommen auch nicht an der Tatsache vorbei, daß wir nicht nur ein kapitalschwaches Land sind, sondern daß wir darüber hinaus nach wie vor ein schutzloses Land sind. Diese Tatsache wird auch durch den Aufbau unserer Bundeswehr in keiner Weise beeinträchtigt. Nichts kann doch die ungeheure Gefährdung unserer Existenz klarer beleuchten als das ständig an einem Zwirnsfaden hängende Schicksal von 2,5 Millionen unserer Brüder und Schwestern im Westsektor von Berlin. Leistungen werden ja nie gern aufgebracht, Herr Kollege Schoettle, das wissen wir alle. Aber über die Notwendigkeit, hinreichende Leistungen für Berlin aufzubringen, besteht in diesem Hohen Hause überhaupt keine Meinungsverschiedenheit.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Nur setzt das - das muß ich mit einem kleinen
Akzent auch einmal sagen — natürlich auch eine
gewisse Selbstkritik Berlins an seinen eigenen Ausgabewünschen voraus — ich will mich in dieser Beziehung ganz vorsichtig ausdrücken —, und da haben wir nicht immer die feste Überzeugung, daß alle diese Wünsche in vollstem Umfang berechtigt sind.
Zu den bisherigen Ausgaben für die Bundeswehr in dem Maße, wie der Haushalt sie verzeichnete, waren wir durch eine Reihe von Verträgen mehr oder weniger stark verpflichtet. Ich finde es außerordentlich nützlich, daß uns in den immer sehr lesenswerten Vorbemerkungen, die wir auch in diesem Jahr in Gestalt eines dicken Bandes vorgelegt bekommen haben, gerade die Entwicklung unserer Zahlungsverpflichtungen auf diesem Gebiet vom Jahre 1949 bis zum Jahre 1957 so ausführlich dargestellt worden ist.
Wer sich diese Seiten einmal zu Gemüte führt, wird doch an einem nicht vorbeikommen können. Er wird sich vor der bewundernswürdigen Zähigkeit verneigen müssen, mit der der verflossene Finanzminister Fritz Schäffer mit unseren früheren Besatzungsmächten und heutigen Verbündeten verhandelt hat. Er hat hier ein Musterbeispiel seiner vielgerühmten Hartnäckigkeit geliefert. Denn was da allein an Forderungen von der anderen Seite abgewandt werden konnte, stellt doch immerhin eine Leistung in Milliardenhöhe dar.
Ich bitte doch bei aller Kritik an den Ansätzen der vergangenen Jahre eines nicht ganz zu vergessen. Das ist, glaube ich, ein Argument, über das es keinen Streit geben sollte; ich als kleines Mitglied des Hohen Hauses darf hier wohl das ruhig aussprechen, was ein Finanzminister nicht ohne weiteres aussprechen kann. Ich möchte nämlich einmal die Frage stellen: Wie hoch wären denn die Stationierungskosten ausgefallen und welche Forderungen hätte die Gegenseite mit Recht erhoben, wenn in den vergangenen Jahren seit 1945 bei uns nicht diese Ansätze für Verteidigungszwecke im Haushalt gestanden hätten?

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Wir wollen dieses Thema aus nationalpolitischen Gründen hier nicht vertiefen. Aber in einem Zeitpunkt, in dem auch in London — vielleicht schon heute am Nachmittag — erneut Verhandlungen über diese Dinge gepflogen werden, ist es notwendig, die Zwangslage, in der wir uns in den vergangenen Jahren befunden haben, richtig einzuschätzen und daraus auch bestimmte Konsequenzen zu ziehen.
Jedenfalls stehe ich mit meinen Freunden auf dem Standpunkt: die Forderungen an unsere Verbündeten wären unzumutbar, wollten wir uns nicht selbst die gleichen Leistungen auferlegen, die wir zu ihrem und unserem Schutz von den anderen heute fordern.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Diese Dinge bedürfen zwar einer gerechten Aushandlung zwischen den Verbündeten, unsere An-



Dr. Vogel
Sicht dazu muß aber doch klar ausgesprochen werden.
Meine Damen und Herren, ich darf Ihre besondere Aufmerksamkeit auf eine völlig neue Entwicklung in unserem Haushalt lenken. Mein Herr Vorredner hat hier schon über die Frage der Wiedergutmachungsleistungen gesprochen. Sie wird auch noch in den kommenden Monaten der Gegenstand von Verhandlungen zwischen Bund und Ländern sein. Mit dem gleichen Nachdruck erkläre auch ich für meine Freunde, daß wir uns niemals gegen eine wirklich angemessene Wiedergutmachung gewandt haben. Nur hatten wir zu verzeichnen, daß der Betrag von 8 Milliarden DM, der ursprünglich bei der Einbringung des Gesetzes als erforderlich bezeichnet wurde, inzwischen bereits auf 18 Milliarden DM angestiegen ist.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Das ist immerhin ein Vorgang, der auch haushaltsmäßig bestimmte Konsequenzen auslöst. Aber wir bitten Sie, daraus nicht zu folgern, daß die Bereitschaft meiner Freunde gemindert ist, im Rahmen des volkswirtschaftlich Möglichen das zu tun, was die Ehre des deutschen Volkes gegenüber den früher Verfolgten und Bedrückten gebietet. Darin sind wir uns, glaube ich, völlig einig.
Im Zusammenhang damit wird der Hinweis für Sie von Interesse sein, daß wir heute bereits Auslandsleistungen nach Gesetzen und Verpflichtungen haben, die eine Höhe von 4 Milliarden DM pro Jahr erreicht haben. Das ist eine völlig neue Entwicklung bei uns, die wir vor allen Dingen im Hinblick auf die Anhäufung von Gold- und Devisenvorräten in Höhe von 22,3 Milliarden DM etwas schärfer sehen müssen, als das bis jetzt der Fall war. Darunter fallen die Rüstungseinfuhren, darunter fallen die Zahlungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz, darunter fallen die Zahlungen an die Europäische Atomgemeinschaft — um nur einmal die größten Ziffern vorwegzunehmen — und zum erstenmal auch die Zahlungen nach dem Londoner Schuldenabkommen mit fast 400 Millionen DM pro Jahr. Das sind Dinge, die uns in den nächsten Jahren wahrscheinlich weitaus mehr beschäftigen werden, als das in der Vergangenheit der Fall war.
Nun lassen Sie mich auch einmal zu einigen Wünschen und Sorgen kommen, die im Zusammenhang mit diesem Haushalt offen ausgesprochen werden müssen. Herr Kollege Schoettle, Sie dürfen versichert sein, nicht nur Sie haben bei einem 39,2-
Milliarden-Haushalt Sorgen, sondern auch wir haben bestimmte Sorgen. Auch wir haben im Zusammenhang damit Wünsche hier vorzutragen, selbst auf die Gefahr hin, daß man diese Dinge in der Presse vielleicht wieder allzu groß aufbauscht und daß daraus mit leichter Hand sofort wieder das Wort „Krise" gemacht wird. Eine Krise herbeizuführen ist immerhin, glaube ich, schon eine Angelegenheit, die weitaus ernsterer und weitaus schwerwiegenderer Begründungen bedarf als das, was ich jetzt vortragen möchte.
Ich möchte zunächst einmal einiges zu den Personalien sagen. Hier hat der Bundesfinanzminister
recht, wenn er sagt, die neu ausgebrachten 2050 Stellen im Bundeshaushalt 1958 bringen insgesamt nur eine Mehrbelastung von 25 Millionen DM mit sich. Aber wir sind uns völlig darüber im klaren, daß diese 25 Millionen DM alle Jahre nicht nur wiederkehren, sondern sich automatisch steigern. Wir sind uns auch darüber im klaren gewesen, daß wir nach einer sehr dankenswerten Veröffentlichung, die mein Kollege Niederalt vor einigen Tagen in Bayern vorgenommen hat, in den Jahren 1955 bis 1957 nicht weniger als 6193 neue Dienstposten in der Verwaltung — wenn Sie wollen — zu beklagen haben

(Hört! Hört! in der Mitte)

und daß der Mehraufwand dafür runde 75 Millionen DM erfordert. Ich verschließe meine Augen keinesfalls vor bestimmten zwingenden Notwendigkeiten; das haben wir auch in der Vergangenheit nicht getan. Wir nehmen genauso wie Sie für uns in Anspruch, die einzelnen Anforderungen nach ihrer Notwendigkeit und nach ihrer Begründung hin sorgfältig überprüft zu haben. Sie können uns natürlich mit Recht sagen, daß die Mehrheit dieses Hauses diese Mehranforderungen gebilligt hat. Aber Sie werden schwerlich leugnen können, meine Damen und Herren von der Opposition, daß Sie in der Mehrzahl dieser Fälle — wir wollen einmal von dem Verteidigungshaushalt absehen — in der Bewilligung mit uns einer Meinung waren und daß Sie häufig genug — ich sage das nicht ohne einen gewissen Seitenblick —, wenn Sie bei uns die Absicht spürten, etwas zu kürzen, vielleicht aus dem begreiflichen Bestreben heraus, uns auch einmal einen Seitenstich zu versetzen, Ihrerseits eher bereit waren, etwas zu bewilligen, als wir es waren, daß das Pendel dann wohl auch hin und wieder nach der anderen Seite ausgeschlagen hat. Aber insgesamt ist ein großer Teil dieser neuen Stellen die zwangsläufige Folge von Gesetzen, die dieses Hohe Haus beschlossen hat. Daran kommen wir leider nicht vorbei.
Nehmen Sie nur einmal die Neuanforderungen im Haushalt 1958. Da sehen Sie das neue Kartellamt mit 88 neuen Stellen, von denen wir genau wissen, daß es einige hundert werden.

(Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Essen] : Einige hundert?)

— Natürlich, Frau Weber, es werden einige hundert werden; denn dieses Kartellamt stellt erst einen Anfang dar. — Nehmen Sie den Flugsicherungsdienst, nehmen Sie die notwendigen Korreferate zum Gemeinsamen Markt, nehmen Sie die neue Abteilung mit 84 neuen Posten, die im Bundeswirtschaftsministerium als Pendant zum Gemeinsamen Markt entsteht. Das sind Zwangsläufigkeiten, an denen wir leider nicht vorbeisehen können.
Wir haben uns trotzdem entschlossen, jetzt eine Art von Überrollung eintreten zu lassen und — wir laben beim Einzelplan 10, beim Ernährungsministerium, einen Anfang gemacht — nur diejenigen Ausgaben zu bewilligen, die wir auf Grund zwingender gesetzlicher Vorschriften, auf Grund tarifpolitischer Vorschriften und aus sonstigen zwin-



Dr. Vogel
genden politischen Erfordernissen für notwendig halten, wobei wir einen möglichst strengen Maßstab anlegen wollen.
Der Bundeskanzler selber hat — Herr Kollege Niederalt hat diesen Ausspruch, ich glaube, mit einem gewissen Vergnügen, zitiert — am 29. Oktober 1957 in seiner Regierungserklärung gesagt:
Ein Ministerium ist ähnlich wie ein Polyp, der, sicher oft gegen die Absichten seines Ministers, seine Polypenarme ausstreckt, um immer mehr zu bekommen.
Wir können den Herrn Bundeskanzler zu dieser
Einsicht nur beglückwünschen, und ich hoffe, — —

(Abg. Schoettle: In seinem unmittelbaren Amtsbereich hat er einen ganz hübschen Polypen!)

— Ja, aber das ist nur ein sehr kleiner Polyp (Abg. Wehner: Aber ein sehr saugkräftiger!)

im Vergleich zu den Polypenarmen, die seine Minister ausgestreckt haben. Wer sich z. B. das anschaut, was in der Folge des Organisationserlasses des Herrn Bundeskanzlers eingetreten ist, der kann nur mit Bedauern feststellen, daß wir den alten Vorgang wieder erleben: daß überall da, wo Aufgaben an andere Ressorts abgegeben worden sind, das abgebende Ministerium das Bestreben zeigt, seinen vollen Personalstand zu wahren, und in dem neuen Hause die Stellen neu, also doppelt erscheinen. Wir hatten diesen Vorgang schon einmal bei der Übergabe der Kompetenz für Geld und Finanzen vom Bundesfinanzministerium zum Bundeswirtschaftsministerium zu beklagen und sehen ihn jetzt, glaube ich, in voller Blüte von neuem bei den parallelen Anforderungen des Bundeswirtschaftsministeriums, des Auswärtigen Amtes, des Atomministeriums und des Bundesfinanzministeriums im Hinblick auf die Fragen der supranationalen Behörden.
Derartige Dinge bedürfen unbedingt einer schärferen Kompetenzabgrenzung, als sie bisher vorhanden ist, und wir richten an das Bundeskabinett die dringende Bitte, sehr bald zu einer solchen Kompetenzabgrenzung zu gelangen und im Zusammenhang damit auch die meiner Überzeugung nach reichlich überflüssigen Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen einzelnen Häusern so bald wie möglich zu beseitigen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Ich spreche hier von den Abgrenzungen zwischen Bundesinnenminister und Bundesverteidigungsminister, zwischen Auswärtigem Amt und Bundeswirtschaftsministerium und von der leidigen neuen Frage der Zuständigkeit für die Wasserwirtschaft usw. — Alles das sind Dinge, die aus der Welt geschafft werden können und möglichst bald aus der Welt geschafft werden sollten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir möchten auch an das Bundeskabinett die dringende Bitte richten, sein Augenmerk schärfer als bisher auf die Flut von neuen Gesetzesvorlagen zu richten. Wir glauben, daß die Entwürfe vieler
fleißiger Referenten in den Bundesressorts durchaus Anerkennung verdienen; aber ob sie unbedingt über das Bundeskabinett immer an das Hohe Haus weitergeleitet werden müssen, das ist eine ganz andere Frage.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie muß verneint werden!)

Dieses Haus hat wahrhaftig nur allzuwenig Zeit für die Behandlung der großen Anliegen unserer Nation, und es sollte nach Möglichkeit davon verschont werden, sich mit zu vielen kleinen, unbedeutenden Vorlagen zu befassen, die allein dem Ressorteifer und dem Fleiß einzelner Referenten entspringen, für deren Behandlung aber eine zwingende Notwendigkeit für uns nicht vorliegt. Mehr noch als bisher sollte auch bei dieser Gelegenheit darauf geachtet werden, welche haushaltsmäßigen Folgen ein großer Teil dieser Entwürfe zwangsläufig haben muß.
Ich darf in diesem Zusammenhang eine Bemerkung über das Verhältnis zwischen Bund und Ländern machen, obwohl das eine Angelegenheit ist, die in einem anderen Zusammenhang ausführlicher diskutiert werden soll. Sie, Herr Bundesfinanzminister, haben, glaube ich, bei den Argumenten, die gegen die Beschlüsse des Bundesrates im ersten Durchgang des Haushalts sprechen, ein Argument übersehen oder vergessen; ich weiß nicht, ob Sie es mit Absicht getan haben. Sicher aber spricht die Entwicklung des Steueraufkommens im letzten Vierteljahr ebenso sehr gegen die Ansprüche, die die Länder auf die 650 Millionen DM erhoben haben, wie die beiden anderen Argumente, die Sie genannt haben. Es ist kein Zweifel, daß das Steueraufkommen und vor allem die Reserve — sie ist auch von Ihnen erwähnt worden —, die sich wegen der zu späten Veranlagung zur Einkommen- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1956 und 1957 ergeben wird, die Länder ungleich mehr begünstigen werden als den Bund.

(Abg. Niederalt: Aber es bleibt die Unterschiedlichkeit in der Finanzstärke!)

- Auf die komme ich gleich noch zu sprechen.
Daß der interne Finanzausgleich zwischen den Ländern eine Sonderaufgabe darstellt, die sich mit jedem Jahre zwingender für uns ergibt, wird davon gar nicht berührt.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Ich bin der Überzeugung — ob alle meine Freunde mir hier zustimmen werden, weiß ich nicht —, daß auf die Dauer gesehen eine Existenzberechtigung nur ein Land haben kann, das finanziell in der Lage ist, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Nur Länder, die finanzkräftig genug sind, ihre Landeshoheit aufrechtzuerhalten, werden sich behaupten können.

(Abg. Dr. Gülich: Das ist aber interessant!)

— Das ist eine sehr interessante Angelegenheit, und ich glaube, Herr Professor Gülich, gerade Sie als früherer Finanzminister des Landes SchleswigHolstein werden sich dieser Überzeugung zuallerletzt entziehen können. Wir müssen aber vorerst



) Dr. Vogel
einmal zu einem neuen Ausgleich zwischen den Ländern gelangen. Auf weite Sicht werden wir hier — das ist meine persönliche Auffassung; sie braucht nicht die Auffassung meiner Fraktion zu sein —nicht um eine Neuordnung herumkommen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Darin stimme ich, glaube ich, mit sehr vielen kundigen Leuten in Deutschland, nicht nur mit den Finanzwissenschaftlern, überein.
Wir sind weiter der Auffassung, daß wir die bis jetzt angelegte Sonde der Sparsamkeit nicht nur beim Verwaltungsaufbau und bei der Stellenausstattung der einzelnen Bundesressorts ansetzen sollten; vielmehr hat die gleiche Sparsamkeit beim Verwaltungsaufbau der deutschen Bundeswehr obzuwalten.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Zwei Dinge sind hier zu unterscheiden: auf der einen Seite das notwendige Maß an Sicherheit, das wir hundertprozentig bejahen, das erreicht werden muß, auf der anderen Seite die Kosten, die damit verbunden sind. Hier ist vor allem die Frage zu stellen, was für uns wichtiger ist: eine effektive Abwehrkraft aufzubauen oder einen Verwaltungsapparat von solchen Ausmaßen, daß er keineswegs ein Vorteil für die Verteidigungsstärke der Bundeswehr zu sein braucht.

(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Angesichts einer Zahl von bereits 70 000 zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr sind, glaube ich, derartige Besorgnisse durchaus angebracht, und wir werden uns bei der Behandlung des Einzelplans 14 von niemandem in der Sorgfalt übertreffen lassen, die Dinge auf ihren Nutzen hin genau zu überprüfen. In einer ganzen Reihe von Fällen haben wir Einsparungen erzielen können, und wir hoffen sie auch im kommenden Jahre zu erzielen.
Ich muß noch auf einen anderen Fall zu sprechen kommen, der meine Freunde bewegt hat und uns zu einer sehr dringenden Bitte an das Bundeskabinett veranlaßt. Ich meine die Finanzierung des von Frankreich aufgekauften Passagierschiffes „Pasteur", ein Musterbeispiel, wie wir es in der Zukunft nicht wieder zu erleben hoffen. Am Schluß der zweiten Legislaturperiode ist bei der Beratung des Verkehrshaushalts ein Beschluß des Bundestages zustande gekommen, wonach für Bundeszuschüsse für Passagierschiffe kein Leertitel ausgebracht wird. Trotzdem haben wir erleben müssen, daß Ressortmitglieder hier Bindungen eingegangen sind, die heute schwer oder nur unter sehr großem Schaden rückgängig gemacht werden können.

(Sehr gut! in der Mitte. — Abg. Wehner: Das schadet aber dem Minister nichts!)

— Ich komme jetzt gleich darauf zu sprechen, Herr Kollege Wehner. Ich möchte hier ganz offen aussprechen, daß wir diesen Fall zum Anlaß nehmen werden, uns einmal genauestens schildern zu lassen, wie es überhaupt zum Eingehen derartiger Verpflichtungen kommen konnte, die eine glatte
Desavouierung des Beschlusses dieses Hohen Hauses darstellen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP.)

Wir möchten auch hier mit allem Nachdruck erklären, daß wir hoffen, es habe sich hier um den letzten Fall dieser Art gehandelt.
Es wirft auch kein gutes Licht auf die Disziplin der Ressorts, wenn wir auf der anderen Seite feststellen, daß neue Anforderungen von nicht weniger als 6,5 Milliarden DM an den Bundesfinanzminister gestellt worden sind.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Ich hätte gewünscht, daß sich die anderen Ressorts bei der auch ihnen bekannten Finanzlage des Bundes ein wenig aufgeschlossener gezeigt hätten, so daß nicht erst hier ein Abstrich bis auf 1,8 Milliarden DM einschließlich der Verteidigungsausgaben hätte vorgenommen werden müssen.
Noch ein offenes Wort an den Herrn Bundesfinanzminister. Ich glaube nicht, daß die Art, wie der kleine Grenzverkehr gehandhabt wird, vor allen Dingen die Herabsetzung der zollfrei nach Deutschland eingeführten Mengen auf winzige Grammbeträge, dem Bundesfinanzminister heute einen wesentlichen finanziellen Vorteil einbringt.

(Zustimmung in der Mitte.)

Die daraus resultierende Verärgerung nicht nur unserer Mitbürger, sondern vor allen Dingen der Ausländer, die erfreulicherweise in immer größerer Zahl zu uns kommen, wiegt schwerer als die Vorteile, die Sie daraus haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP.)

Ich möchte darum bitten, die bisherigen Maßnahmen zu überprüfen. Vielleicht könnte das, wenn man sich hier etwas großzügiger erwiese, auch der Ausgangspunkt dafür sein, das auch von Ihnen angeführte notwendige Heer von 35 000 Zoll- und Finanzbeamten ein wenig zu reduzieren.

(Abg. Krammig: Was sagen die Geschäftsleute im Grenzbezirk dazu?)

— Die Geschäftsleute im Grenzbezirk werden sich zunächst einmal darüber beschweren, aber ich glaube, daß die frühere Regelung großzügiger war, und sie hat sich auch jahrelang behaupten können, ohne daß ein wesentlicher Schaden angerichtet worden ist.

(Abg. Krammig: Dann müssen wir das Zollgesetz ändern!)

Lassen Sie mich noch einmal — ich bin zu Beginn meiner Darlegungen schon darauf zu sprechen gekommen — eines ganz offen aussprechen. Wenn ich an all das denke, was in den nächsten Jahren unvermeidlich noch auf uns zukommen wird, so kann ich mich einer gewissen Besorgnis nicht erwehren. Unbestreitbar werden wir nach dem, was wir aus den Zeitungen entnehmen können und was die bisherigen Verhandlungen schon ergeben haben, auch mit einer Verkürzung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst auf 45 Stunden rechnen müssen. Das wird generell eine ganz erhebliche Steigerung der



Dr. Vogel
Verwaltungskosten mit sich bringen. Die Verwaltungskosten bei Bund und Ländern betragen schon über 16 Milliarden und sind gegenüber dem Vorjahr um rund l'/2 Milliarden gestiegen. Ich weiß nicht, ob dieser Prozeß auf die Dauer weitergeführt werden kann, ohne daß letzten Endes der Haushaltsausgleich vor allem bei den Ländern beeinträchtigt wird. Ich sehe es vor allen Dingen einmal unter diesem Gesichtspunkt; ich glaube, die Frage ist ernst genug, daß wir sie aufmerksam betrachten.
Ich habe bereits angedeutet, daß wir nur mit einer sehr, sehr verkürzten Behandlung der einzelnen Haushalte überhaupt das Ziel schaffen können, das wir alle hier im Hohen Hause uns gesteckt haben: den Haushalt noch bis zu den großen Ferien zu verabschieden. Das wird allerdings nicht nur an die Gesundheit der Mitglieder des Haushaltsausschusses, sondern darüber hinaus auch an die Disziplin aller Fraktionen des Hohen Hauses gewisse Anforderungen stellen. Ich habe daher die dringende Bitte, daß man uns in dieser Arbeit nicht hindert, sondern sie fördert; denn wenn wir im Haushaltsausschuß nicht rechtzeitig zu Rande kommen, wird auch ein sehr vitales, menschliches Interesse des Hohen Hauses berührt; die Ferien können dann nämlich nicht so zeitig anfangen, wie wir uns das eigentlich vorgenommen haben.
Wir werden trotz der Kürze der Zeit auf eine Reihe von Problemen ein überdurchschnittliches Maß an Beratungszeit verwenden müssen, nicht nur auf den Verteidigungshaushalt, von dem wir bereits gesprochen haben, sondern genauso auf das Problem des Straßenbaues und auch auf die Förderung von Forschung, Wissenschaft und Nachwuchsfragen. Das werden wohl die Kernprobleme sein.
Wir sind der Überzeugung, daß wir keine Ursache haben, uns in irgendeiner Weise von Depressionshypnosen beeinflussen zu lassen. Wir glauben, daß der Bundesfinanzminister und das Bundeskabinett immer noch hinreichende Möglichkeiten in ihrer Hand haben, falls tatsächlich der Einsatz von staatlichen Mitteln zur Steigerung der Konjunktur notwendig sein sollte. Bis jetzt ist das unserer Überzeugung nach nicht nötig. Kein Volk kann sich auf die Dauer Jahre hindurch in einer Boomstimmung halten. Wir haben in den vergangenen Jahren gewisse Folgeerscheinungen zu beklagen gehabt. Es gibt auch heute leider noch Menschen, die glauben, die Produktivität müsse alle Jahre um 15 % steigen, und wenn der Satz darunter sinke, müsse man Alarmrufe ausstoßen.
Wir sind keinesfalls dieser Überzeugung. Wir möchten vielmehr den Appell wiederholen — auch der Bundesfinanzminister hat ihn in einem Nebensatz anklingen lassen —, den wir auch in den vergangenen Jahren an unsere Freunde und an das Hohe Haus gerichtet haben. Wir haben auf unsere Fahne von jeher die Parole geschrieben: Maßhalten in allen Dingen!

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Wenn wir in der Ausgabenwirtschaft das Notwendige für die Verteidigung, für die innere Stabilität
und für die soziale Sicherheit des deutschen Volkes tun, können wir all diese Probleme sehr wohl unter einen Hut bringen. In einem solchen Maßhalten können wir durchaus nicht nur zu dem kommen, was wir die Verteidigung des Lebensstandards des deutschen Volkes nennen, sondern darüber hinaus auch zur notwendigen Verteidigung der Freiheit dieses Volkes und damit auch der Freiheit der freien Welt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0302200600
Das Wort hat der Abgeordnete Lenz.

Hans Lenz (FDP):
Rede ID: ID0302200700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie in jedem Jahr hat auch in diesem das hohe Haus die Einbringung des Haushalts — in diesem Jahr eines 40-Milliarden-Haushalts — mit Gelassenheit und die Rede des Finanzministers ohne seelische Erschütterung hingenommen. Ob das gut, ob das richtig ist, sei dahingestellt. Trotzdem scheint es mir -- mein Gefühl kann mich täuschen —, daß in der heutigen Rede ein neuer Akzent zu spüren war.
Ich habe den Eindruck, daß die Bundesregierung heute den Haushalt nicht eingebracht, sondern durch den Mund des Herrn Bundesfinanzministers der Volksvertretung mitgeteilt hat. Die alten Fuhrleute des Haushaltsausschusses wissen, wie riskant es ist, bei der Vorlage des Haushalts allzu viele Versprechungen zu machen. Denn wir wissen, daß wir in einigen Monaten klüger sein werden und daß die Haushaltssuppe, die heute so ein wenig unter dem Motto „Hoffnungslos, aber nicht verzweifelt" serviert wurde, wiederum heißer gekocht ist, als wir sie dann bei den letzten Abstimmungen — wir wollen einmal sehen, wann sie stattfinden — zu uns nehmen. Die Regierung hat gesagt, man bitte freundlichst zu entschuldigen, daß der Haushalt so spät komme, man wolle es gewiß nicht wieder tun. Nun, wir sind gebrannte Kinder und hören die Botschaft. Es gehört schließlich zum altehrwürdigen Metier des Finanzministers, auch über dem ohnedies gewohnt grauen Alltag der Finanzen immer noch ein paar ganz besonders düstere Wolken aufziehen zu lassen, damit unsere — des Parlaments — bewährte Bewilligungsfreude gelähmt wird und das 40-Milliarden-Projekt nicht noch einige große Aufgaben aufgeladen bekommt.
Betrachtet man nämlich den Haushaltsplan — sehr viel Zeit hatten wir dazu ja nicht; im großen ganzen haben ihn die Fraktionen gestern frühbekommen—, so hat man den Eindruck, daß er so sehr viel Sensationelles nicht enthält, auch nicht so viel Neues an gedanklichem Fortschritt, aber vielleicht einige Enttäuschungen. Diese Enttäuschungen zeigen uns, daß wir so ganz allmählich doch in einen recht verhängnisvollen Kurs unserer Finanzpolitik hineingeraten. Ich darf gleich am Anfang sagen: Was wir an Fritz Schäffer hatten, mögen wir seine Thesen geteilt haben oder nicht, das wußten wir alle in diesem Hause. Es war Ordnung in den Finanzen,



Lenz (Trossingen)

und wir konnten nie überrascht werden, daß kein Geld mehr da war; es war höchstens umgekehrt.

(Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Essen] : Sehr richtig!)

Aber jetzt haben wir alle — verehrte Frau Kollegin Weber, ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht — ein wenig das unbehagliche Gefühl, daß es um eine mit vielen Worten verbrämte Aufweichung nicht nur unserer guten Mark, sondern unserer letztlich nicht sehr phantasievollen, aber doch ganz soliden finanzpolitischen Prinzipien geht. Ich weiß nicht, ob wir auf diese Weise nicht langsam in den leider sehr deutlich spürbaren internationalen Entwertungsstrudel hineinkommen.
Zunächst möchte ich Herrn Kollegen Schoettle auch im Namen meiner Freunde beipflichten, wenn er sich gegen die Behandlung des Parlaments, die in der verspäteten Einbringung des Entwurfs und der Forderung nach überstürzter Verabschiedung liegt, kräftig zur Wehr gesetzt hat. Man muß sagen, daß hier eine prächtige Logik vorliegt. Man nimmt sich selber vier Monate mehr Zeit als eigentlich üblich, verlangt aber von uns, verlangt vom Haushaltsausschuß, verlangt vom Plenum, daß diese Verspätung eingeholt und der Haushalt zum selben Zeitpunkt wie im Vorjahr verabschiedet wird.

(Zuruf des Abg. Wehner: „Obrigkeit".)

Ich will gar nicht besonders dramatisch werden,
Herr Kollege Wehner, es steckt natürlich darin. Ich
sage auch: der Haushalt ist uns „mitgeteilt" worden.
Wir wissen genau, daß ein Haushaltsplan, der erst am Ende des Rechnungsjahrs, für das er bestimmt ist, fertig wird, an sich seinen Sinn verliert. Hinzu kommt, daß die Exekutive, was wir überhaupt nicht leiden können, eigentlich, solange wir den neuen Haushalt nicht verabschiedet haben, Herr der Situation ist und allein regiert. Aber wir möchten unsere Pflicht nach gründlicher Prüfung des Haushaltsentwurfs nachkommen. Wir haben ein kräftiges Mißtrauen gegen alle Versuche, etwas zu schnell an den kritischen Augen des Haushaltsausschusses vorbeiziehen zu lassen. Wer besondere Eile hat, hat Grund dazu. Diese Gründe können nur sein, daß man eine sorgfältige Aufhellung dieses oder jenes Punktes nicht wünscht. Ein paar von diesen Punkten kennen wir schon. Sie werden im Ausschuß gebührend zur Sprache gebracht werden.
Dazu kommt vielleicht noch ein Zweites. Wenn der Finanzminister die Lage schon mit Düsterkeit gezeichnet hat, können wir schlecht in voller Unbekümmertheit über seinen Haushaltsplan leichtfertig hinwegsehen. Schließlich haben wir — wir, das Parlament, die neueste Gesetzgebung — das berühmte Drittel Sozialprodukt, das für öffentliche Zwecke benötigt wird, weit überschritten. Es ziemt sich wohl schon aus diesem Grunde, den geradezu furchtbaren Trend zu weiteren Ausgabenerhöhungen mit aller Sorgfalt zu untersuchen. Ich glaube, der Ausschuß ist sich darüber klar, daß er beschleunigt arbeiten muß. Aber er sollte sich jedem Versuch einer Überrollung mit Schärfe entgegenstellen.
Ich möchte auch persönlich feststellen, daß ich den Eindruck bekommen habe, daß nach unserer Auffassung die Regierung diese Zeit nicht hätte zu nehmen brauchen. Der Entwurf, der doch in einer ganzen Menge von Punkten nach wie vor die kräftige Hand des Vorgängers verrät, war ja praktisch im Oktober vorigen Jahres fertig. Es ist eine für mein Empfinden überflüssige Pause eingetreten, die, soweit man sehen kann, einiges Geld gekostet hat.
In der Öffentlichkeit ist sehr viel darüber gesprochen worden, und man hat dem neuen Herrn Bundesfinanzminister Kränze gewunden, mit welcher Energie er die Mehranforderungen der Ressorts zurückgedämmt hat. Man spricht von der Summe von 4,7 Milliarden DM. Eine Heldentat, die sein Vorgänger offenbar nie vollbracht hat! Dies ist aber nicht wahr. Wenn ich mich recht entsinne, waren es bei Herrn Schäffer immer mindestens 4, manchmal sogar 6 bis 7 Milliarden DM, die dem sogenannten Rotstift zum Opfer fielen; und damals hatten wir volle Kassen.
Jetzt hat man offenbar die letzte Schublade des Juliusturms aufgezogen. Ich frage: hat man sich wirklich ernsthaft um Kürzungen oder Streichungen bemüht, oder ist nicht sogar ein Teil dieser 4,7 Milliarden DM vom Vorgänger des Herrn Etzel abgesägt worden? Hat man nicht — sonst wäre der Haushalt in seinem Volumen ja nicht so groß bzw. größer geworden — vielleicht doch ein wenig zu konzessionsfreudig manchem Ressort recht gegeben? Wo sind die Kürzungen und Streichungen, die wirklich wehgetan haben?
Ich habe den Eindruck, daß auch dieser Haushalt in Wirklichkeit leider den Weg einer neuen Ausgabenförderung gegangen ist. Man versucht zwar, es nicht wahrzuhaben, aber ich kann es nicht sehen. Wenn man die Einzelpläne durchblickt, findet man die alten Bekannten wieder. Ich verbrenne mir jedes Jahr an dieser Stelle den Mund, und ich tue es auch diesmal wieder, wenn ich voller Besorgnis auf diese Ausgabensteigerungen und auf die immer größer werdende Knechtschaft des einzelnen in der öffentlichen Finanzverstrickung hinweise.
Mit einer Logik, die sich nur gegen sich selbst richten kann, hat der Finanzminister davon gesprochen, daß die Fordernden letzten Endes auch immer die Zahlenden seien. Aber ich finde in diesem Haushaltsplan nichts, was darauf hindeutet, daß man aus dieser Erkenntnis Konsequenzen gezogen hat. Wir hören die Sorgen der Zukunft, wir hören den Jammer um die kommenden großen Verpflichtungen. Aber man hört in der Öffentlichkeit schon gar nicht mehr hin, wenn wir dieses Thema anschlagen. Wir haben es lange genug gehört, und immer war die Kasse noch voll. Und jetzt werden wieder die sogenannten Juliusturm-Milliarden als eine Form von „Fritz-Schäffer-Gedächtnisfonds"

(Heiterkeit — Beifall rechts)

zum Ausgleich in den Topf geworfen, damit der
verfassungsmäßige Haushaltsausgleich gewahrt
wird. Aber wir alle wußten doch — wir sind ja nicht Auguren, sondern ganz ernsthafte Leute —, daß am Ende dieses Rechnungsjahrs das gleiche Bild erscheint, daß nämlich die Kasse noch nicht leer und andererseits der Berg der Verpflichtungen noch



Lenz (Trossingen)

höher ist. Ich komme zum Verteidigungshaushalt, dessen Verpflichtungen ja diesen Berg bilden, noch zurück. Ich will nur sagen, daß ich immer wieder Schmunzeln begegne, wenn man die Sache mit der Einstellung der 3 Milliarden DM Kassenmittel drannimmt. War das denn nicht der Hauptvorwurf gegen Fritz Schäffer?, fragte man allgemein, und man kann diese Frage nur bejahen. Es wäre eine Leistung gewesen, diese 3 Milliarden DM für ihre wirkliche Bestimmung zu sichern und dafür einmal die Ausgaben so hart anzupacken, wie es unser immer bescheidener werdender Anteil am Ergebnis der nationalen Arbeit verlangt. Dieser Haushalt bringt all unsere alten Freunde wieder, und er hat infolgedessen kein Geld für die notwendigen großen Aufgaben, bei deren Lösung wir von Jahr zu Jahr mit den gleichen Unzulänglichkeiten weiterwursteln.
Wir machen uns aber auch darin nichts vor, daß dieser Haushaltsplan eine Anzahl Risiken mehr enthält als seine Vorgänger. Ich weiß, offengestanden, wirklich nicht, Herr Minister, was es nach den leider sehr enttäuschenden Einnahmen des Jahres 1957 für einen Sinn haben kann, mit den Schätzungen für das Jahr 1958 über das Zulässige weit hinauszugehen. Den Satz auf Seite 12 der Haushaltsrede, wo es vom „Zweckpessimismus" heißt: „Ich brauche diese optimistischen Einnahmeschätzungen auch, um weiteren Wünschen nach Ausgabeerhöhungen und Einnahmesenkung entgegenzutreten", habe ich nicht verstanden. Höhere Titel auf der Einnahmeseite können doch nur bedeuten, Platz für neue Ausgaben zu schaffen.
Nach den Äußerungen kurz nach Ihrem Amtsantritt, Herr Minister, in denen Sie uns Hoffnung machten, Sie würden diesen Haushalt von soundso vielen Subventionstiteln befreien, waren wir voller Erwartung. Was ist geschehen? Als die Bundesbahn ihre neuen Tarife erhielt und der Steuerzahler für diese Preiserhöhungen rund 700 Millionen DM aufzubringen hatte, dachten wir: jetzt ist die neue Weiche gestellt. Schauen wir in den Haushalt, so stellen wir zu unserem Schrecken fest, daß die neue Subvention der Bundesbahn noch größer ist als die alte abzüglich der Tariferhöhung. So ist es auch in anderen Haushalten. Wo Einnahmetitel vergrößert worden sind, marschieren auf dem Rücken dieser Titel neue Ausgaben in die Arena des Haushalts ein.
Die von dem Föderalisten Fritz Schäffer mit erstaunlich geringer Begeisterung gegebenen Kassendarlehen an die Länder sind im Haushaltsplan 1958 unter den Rückeinnahmen aufgeführt. Wer in diesem Hohen Hause glaubt schon, daß diese Darlehen zurückgezahlt werden?! Da wir gerade bei den Ländern sind, frage ich, wer der Ansicht ist, daß der Bund in diesem Jahr bei den Bundesanteilen und den übrigen Streitfragen mit den Ländern keine Federn lassen muß? Ich habe den Eindruck, daß sich der Herr Bundesfinanzminister durch freundliche Gespräche auf einiges eingelassen hat und, wie wir glauben, leider einen Teil dieser Zeche wird bezahlen müssen. Wir haben in den letzten Jahren in diesem Hause aus schmerzhaften Erfahrungen immer mehr und mehr gelernt, daß es ein verhängnisvolles Unterfangen ist, in dem kalten, glasklar abgegrenzten Gebiet der Finanzbeziehungen zwischen
Bund und Ländern mit allgemeinen und freundlichen Redewendungen neue Diskussionen zu entfachen. Wer hier die Tür aufmacht, bekommt sie nicht mehr zu, und man hört ja, daß der Herr Finanzminister allerhand Entgegenkommen angekündigt hat, um aus dieser bösen Sache herauszukommen. Wer die Erklärungen des Bundesrats zum Bundeshaushalt liest, wird das dunkle Gefühl nicht los, daß die Länder diesmal an einem recht starken Hebel sitzen.
Aber diese Risiken sind neu geschaffen worden, und man fragt sich, wie der Herr Bundesfinanzminister auf die Dauer auch nur bei 50 % igem Erfolg die im Winde flatternden Einnahme- und Ausgabezahlen wieder zu einem Ausgleich zusammenbringen will. Denn darüber sind wir uns klar: der jetzige Ausgleich steht auf dem Papier. Schon aus diesem Grunde lehnen wir es ab, an dem beabsichtigten Schnellkochkurs für Budgetverabschiedungen teilzunehmen.

(Beifall bei der FDP.)

Aber ich glaube — ich glaube es sogar zu wissen —, daß der Herr Finanzminister auch die dunkelste Steile seines Haushaltsentwurfs kennt und daß er angesichts der riesigen Fragezeichen seiner Einnahmeseite hierauf seine Hoffnungen setzt. Sie ahnen es, meine Damen und Herren: es ist der Verteidigungshaushalt. Ich möchte nicht in einen falschen Verdacht kommen. Die Freien Demokraten bejahen die Notwendigkeit — die bittere Notwendigkeit —, für unsere Sicherheit große finanzielle Opfer zu bringen. Was ich hier meine, betrifft die haushaltsmäßige Behandlung des Einzelplans 14 mit seiner kurzen aber überaus wechselvollen Geschichte. Dieser Einzelplan 14 ist ja alles in allem genommen der eigentliche Vater des berühmten Juliusturms, wenn man die Besatzungsmittel abzieht, die inzwischen völlig verschwunden sind. Man kann sagen, daß der Verteidigungshaushalt seit seinem Bestand alle, die Bundesregierung und den Bundestag, zum Narren gehalten hat. Einmal waren über 5 Milliarden eingestellt, und nur 100 Millionen wurden ausgegeben, und so ging es Jahr für Jahr und geht es weiter. Herr Schäffer bekam die Prügel, weil der Verteidigungsminister ihm nicht die richtigen Zahlen geliefert hat.
Ich glaube, daß die Sache diesmal nicht wesentlich anders ist, allerdings nicht mehr mit einigen Milliarden, aber sicherlich und wahrscheinlich mit einer ganzen runden Milliarde, die nach meinem Empfinden zuviel drinsteht, weil der Verteidigungsminister sie trotz aller Versicherungen nicht wird ausgeben können. Man könnte sie vielleicht als eine Manövriermasse verwenden, man könnte vielleicht die Steuern senken oder könnte den Straßenbau ein wenig bedienen. Wie hat man in den letzten Jahren mit den Zahlen des Verteidigungshaushalts gespielt! Noch kurz vor den Septemberwahlen hat der Herr Bundesverteidigungsminister erklärt, daß er schon in den ersten 9 Monaten des Rechnungsjahrs 1958 mindestens 10 Milliarden DM ausgeben werde; auch seinen 57er Ansatz wolle er ganz ausschöpfen. Man kann annehmen, daß 2 Mil-



Lenz (Trossingen)

liarden DM von diesen 57er Mitteln übrigbleiben werden und daß auch 1958 keine 9 Milliarden DM, geschweige denn 10 Milliarden DM ausgegeben werden. Er hat schließlich auch noch seine Ausgabenreste, von denen heute schon gesprochen wurde und von denen wir wissen, daß sie doch einen ganz entscheidenden Beitrag zu dem berühmten Zerwürfnis zwischen Kanzler und Finanzminister geleistet haben. Wenn man jetzt den Haushaltsplan von 1958 ansieht, ergibt sich, daß Herr Schäffer nachträglich recht behalten hat. Die Verpflichtungen aus den alten Ermächtigungen sollen aus neuen Mitteln getragen werden. Man kann die Beteiligten dazu nur beglückwünschen. Aber ich bleibe dabei: der 10-Milliarden-Ansatz für 1958 ist vielleicht kein Kuckucksei, Herr Schoettle, vielleicht kein Straußenei, Herr Dr. Vogel, aber er scheint mir ein Windei zu sein; es dürften höchstens 9 Milliarden DM, wenn nicht weniger benötigt werden. Hier ist eine Kernfrage des Haushalts 1958. Ich habe mich sehr gefreut, Herr Kollege Vogel, daß Sie Ihre Bereitschaft erklärt haben, dieses Problem ganz sauber und gründlich auszudiskutieren.
Wenn man dieser Ansicht folgt — und warum sollte sie falsch sein, nachdem sie sich in ein paar Jahren als richtig erwiesen hat? —, dann wird klar, daß das Wort des Finanzministers vom Wandeln hart am Rande des Defizits vielleicht Material für Schlagzeilen und kluge Aufsätze, aber noch nicht Wirklichkeit ist. Die Folge dieser neuen Haushaltspolitik, die der neue Minister eingeschlagen hat, wird leider nur sein, daß wir weiter im Besitz von Mitteln bleiben und daß er neue Konzessionen an Interessenten, an Länder, an Alliierte usw. finanzieren muß. Später wird — darüber sind wir uns wohl auch klar — der Katzenjammer kommen, und wir haben uns vorher der Mittel beraubt, um unseren Verpflichtungen gerecht werden zu können. Dieses Defizit — Herr Dr. Vogel, Sie haben es auch angesprochen, und es ist Ihnen ebenfalls klar —, nicht das des jetzt vor uns liegenden Haushaltsentwurfs, sehen wir vor uns, wenn wir in die finanzielle Zukunft blicken. Deshalb stehen wir mit so großen Vorbehalten den Erklärungen von heute früh gegenüber, die letztlich allen Versprechungen zu bieten haben, die aber wahrscheinlich nicht eingehalten werden können. Ist es denn nicht irgendwie köstlich, zu hören, daß „leider" keine andere Möglichkeit bestanden habe, als die 3 Milliarden Kassenmittel zu Deckungsmitteln zu machen? Sicher werden wir, sicher wird das Haus wieder angegriffen werden, daß wir so etwas mitgemacht haben. Wir werden zu Recht angegriffen werden, daß wir diese Sünde wider den Geist des Haushalts wiederum begehen, daß wir neuen Ausgaben Tür und Tor öffnen. Darauf ergeben sich dann in der Öffentlichkeit die Sätze vom „Milliardentaumel des Parlaments" und ähnliche Bemerkungen mehr. Hier liegt der Grund: weil wir immer wieder in unserer Mehrheit ja dazu sagen, daß man den Haushalt mit der Kasse decken kann!
Zu vielen der hier berührten Themen könnten geistreiche Beiträge geliefert werden, aber ich will Ihre Zeit nicht zu sehr in Anspruch nehmen. Ich
nenne nur die Einheit der öffentlichen Finanzen, das angeblich so bedenkliche Steigen der öffentlichen Ausgaben an allen Fronten, Probleme des Wohlfahrtsstaates, die gewaltigen Sozialaufwendungen, die Bemühungen der Bundesregierung um eine Vereinfachung und Einschränkung der Verwaltung. Ich weiß nicht, ob der Kollege Bergmeyer anwesend ist; auch er weiß, es hat keinen Sinn, darüber zu sprechen. Wer glaubt denn ernstlich daran, daß sich in den festgefahrenen Gleisen noch allzuviel rangieren ließe!

(Abg. Niederalt: Dann müssen wir resignieren!)

— Leider können diejenigen, die laufend mit diesen Dingen zu tun haben, das Gefühl der tiefen Resignation nicht loswerden.
Der Herr Bundesfinanzminister sprach von den stürmischen Zeiten, die im nächsten Jahre und im übernächsten Jahre heranrücken. Warum schafft man sich, wenn man das glaubt oder wenn man das weiß, zu den Schwierigkeiten, die man ohnehin schon hat, noch zusätzlich Konflikte?
Über ein Wort des Herrn Finanzministers — es steht, glaube ich, nicht in der Regierungserklärung, aber es ist in der Öffentlichkeit gesagt worden —, über den Satz, daß sich die Bundesregierung um eine Beschränkung der Personalausgaben bemühen werde, haben wir doch ein wenig — entschuldigen Sie! — lächeln müssen. Man betrachte nur diesen Haushaltsplan, der — das Wort stammt, glaube ich, von Ihnen, Herr Kollege Schoettle — personell geradezu aus den Nähten platzt!
Man darf in diesem Punkt nicht immer nur auf die Zahl der 2050 Stellenvermehrungen blicken, man muß auch einmal auf die Stellenhebungen sehen, auf die Stellenhebungen, mit denen sich vornehmlich die Ministerien gesegnet haben. Auch hier muß leider von einer gewissen Konzessionsfreudigkeit oder Uninteressiertheit des Finanzministers gesprochen werden. Mir haben Ressortvertreter gesagt, daß er sich im allgemeinen an diesen Dingen nicht beteiligt habe, Ressortvertreter, die mit einer legitimen Kombination von Herzklopfen und Magenbeschwerden zu den Referentenbesprechungen gekommen und dann herausgegangen sind und gesagt haben: Der neue Herr, er ist ja gar nicht so schlimm.

(Heiterkeit.)

Da kann man doch nur ganz gerade heraus fragen: Wo liegt denn das Geld? Wo denn sonst, wenn nicht bei den Ausgaben für neue Beamte und Angestellte! Die kosten nicht nur die 25 Millionen D-Mark im Jahre, die sich da summieren, sondern diese neuen Beamten schaffen sich neue Aufgaben, und für diese neuen Aufgaben verschaffen sie sich neue Mittel.

(Abg. Niederalt: Das ist es! — Das ist der Kern!)

Leider ist da eine neue Art eingezogen, die uns Schwaben, die wir für sparsam gelten, gar nicht so recht gefällt, und die mit der gebotenen Leistung



Lenz (Trossingen)

nichts zu tun hat. Ich spreche damit ein heikles Thema an, auch auf die Gefahr hin, mir Feinde zu schaffen. Man muß sich in der Tat einmal fragen, wie viele Leute in Bonn sehr hohe Gehälter beziehen. Man wird da erstaunliche Feststellungen machen. So ein schlichter Ministerialdirektor mit 35 000 DM Brutto ist schon gar nichts mehr. Von einem Ressort erzählt man sich, daß es doppelt so viele Planstellen bekommen habe, als es sich vorsichtigerweise selber ausgerechnet hatte.

(Lebhafte Zurufe. — Abg. Dr. Gülich: Deutlicher werden!)

— Bei der ersten Lesung ist man im allgemeinen ein wenig allgemein. Gerade mit Rücksicht auf solche Dinge, Herr Kollege Gülich, sind wir nicht gewillt, die Haushaltsberatungen im Geschwindschritt zu durcheilen, selbst wenn wir alle wohl der Meinung sein werden — ich habe das wenigstens den Ausführungen von Herrn Kollegen Vogel entnommen —, man solle einen Teil der Personalfragen ausklammern.
Über etwas hat der Herr Finanzminister nicht gesprochen: über den Ausverkauf seines eigenen Hauses aus Anlaß der Kabinettsbildung. Die planmäßige Schwächung des Finanzressorts, die dabei stattgefunden hat, wirft schwere Fragen auf, die die Linie der deutschen Finanzpolitik unmittelbar berühren. Es wird sich herausstellen, ob der Regierungschef gut beraten war, als er aus einem der besten Bonner Ministerien einzelne Stücke herausriß und sie guten Freunden gab oder zur Herstellung der konfessionellen Parität verwendete. Mit einem schwachen Finanzminister ist uns nicht gedient.
Warum hat man andererseits — um einen Gegenvorschlag zu machen — kein Europaministerium geschaffen, das die doch so dringend notwendige Koordinierung der Europafragen in den Bürokratien hätte vornehmen können? Man fragt sich: Mit wem spricht eigentlich jetzt Herr Hallstein, wenn er nach Bonn kommt? Immer nur mit den Europaabteilungen der einzelnen Fachministerien, oder überhaupt nicht? Das wäre doch immerhin etwas gewesen. Nachdem kürzlich von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, klar herausgestellt worden ist, daß die Organisationsgewalt kein Reservat der Regierung ist, wird man sich vielleicht fragen müssen, ob man nicht von unserer Seite einmal hier im Parlament ein Wort dazu sagen sollte.
Nun, ich möchte den Haushaltsausschußberatungen nicht allzusehr vorgreifen. Wir versprechen, an diesen Beratungen mit der im Haushaltsausschuß seit Jahr und Jahr geübten Fairneß und Sachlichkeit mitzuarbeiten und bei der Lösung der vielen Fragen mitzuwirken. Aber wir stellen jetzt schon .mit Nachdruck fest, daß wir gegen die Gesamtanlage des Haushalts schwere Bedenken haben und daß uns der hier vorliegende Kompromiß zwischen alten, guten und neuen, bedenklichen Plänen nicht gelungen zu sein scheint. Die 40 Milliarden, die es zu verteilen gibt, flößen uns Schrecken ein, weil nur noch Statistiken, aber keine Menschen
mehr hinter den von Jahr zu Jahr ansteigenden Zahlen sichtbar sind. Wir haben immer das verteilt, was die Verteidigung unverbraucht gelassen hat. Jetzt verkriecht man sich hinter angeblichen Dauerlasten, die sowohl eine Steuersenkung als auch ein Verbleiben bei den bisherigen Ausgabezahlen unmöglich machen. Das ist und bleibt unser Haupteinwand gegen diesen Haushalt, daß er den Versuch einer wirklichen Bändigung der Ausgaben-wünsche und damit einer Beendigung dieser modernen Form der Sklaverei überhaupt nicht mit Ernst unternommen hat.
Herr Bundesfinanzminister, ich pflege bei der Haushaltsrede mit irgendeinem klassischen Zitat zu beginnen oder zu schließen. Ich habe in Hebbels Nibelungen nachgesucht, ob Hebbel den König Etzel irgend etwas Gescheites sagen läßt.

(Heiterkeit.)

Es ist mir nicht recht geglückt, und ich habe wiederum zu meinem Landsmann Schiller gegriffen, der Wallenstein in seiner weltanschaulichen Verstrickung sagen läßt — und das scheint mir ein wenig auf Ihre Lage zu passen, der Sie sich vielleicht in der Lage Wallensteins befinden —:
„Eine Mauer
Aus meinen eigenen Taten baut sich auf, die mir die Umkehr türmend hemmt."

(Beifall bei der FDP und SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0302200800
Meine Damen und
Herren, es ist nur noch ein Redner gemeldet. Ich schlage Ihnen vor, daß wir durchverhandeln. Das wird besser sein, als uns um halb drei wieder zusammenzufinden.
Das Wort hat der Abgeordnete Schild.

Dr. Heinrich Schild (CDU):
Rede ID: ID0302200900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Freunde von der Fraktion der Deutschen Partei habe ich bei der ersten Lesung dieses Haushaltsplanes folgende Ausführungen zu machen.
Wir danken zunächst dem Bundesfinanzminister für die, aus unserer Sicht gesehen, neue Linie der Haushaltspolitik, die wir längst nicht so pessimistisch beurteilen wie mein Herr Vorredner; sie betrifft das Thema „Haushalts- und Finanzpolitik am Rande des Defizits".

(Zurufe von der FDP: New look!)

Nun, wir haben auch bei den vergangenen Haushalten immer eine Thematik gehabt. Der Bundesfinanzminister hat manchmal das Thema gestellt „Haushalt der Stabilität", ein andermal „Haushalt der sozialen Vorsorge", und manche andere Thematik ist in den letzten vier Jahren von dem Bundesfinanzminister vermerkt worden. Wir hoffen, daß die verkündete Thematik in den nächsten vier Jahren nicht geändert wird, d. h. daß es bei der Haushalts- und Finanzpolitik am Rande des Defizits bleibt, mit anderen Worten: daß der Ausgabenstopp, von dem Sie sowohl von dieser Stelle aus wie

Dr. Schild
auch sonst in der Öffentlichkeit gesprochen haben, verwirklicht wird.
Für die Beurteilung der Möglichkeiten dieses Ausgabenstopps und dessen, was Sie hier heute gesagt haben, ist es nicht nur sehr interessant, den Wortlaut Ihrer Rede zu verfolgen. Viel mehr Material steckt ja in den Allgemeinen Vorbemerkungen, für die Sie persönlich verantwortlich zeichnen und von denen Sie sagen, daß sie keinen Kabinettsbeschluß darstellen und nicht etwa Material sind, für das das gesamte Bundeskabinett verantwortlich ist.
In diesen Allgemeinen Vorbemerkungen haben mich eine ganze Anzahl Dinge interessiert, die man doch als Ergänzung Ihrer Haushaltsrede hinzuziehen muß, wenn man sich ein Gesamtbild über die Situation machen will, vor der wir stehen.
Ich möchte von der Frage des Ausgabenstopps ausgehen und den Herrn Bundesfinanzminister fragen: Ist diese Erklärung ehrlich oder nicht? Sie haben bei einer Gelegenheit, bei der auch ich anwesend war, gesagt: An die Zahlen, die ich Ihnen in diesem Haushalt unterbreite, überhaupt an die Zahlen, die ich Ihnen vorlege, glaube ich persönlich. — Nun, in den vier .Jahren der zweiten Legislaturperiode habe ich — das muß ich sagen -nicht immer an alle Zahlen geglaubt. Da Sie in der Öffentlichkeit gesagt haben, daß Sie an diese Zahlen glauben, müssen wir das Grundsätzliche Ihrer Rede zu den Allgemeinen Vorbemerkungen in Relation setzen.
Ausgabenstopp heißt für mich: es bleibt jetzt im wesentlichen bei den im Haushaltsplan 1958/59 eingesetzten Ausgaben, soweit sie durch die Innenpolitik bedingt sind. Ob man hei den außenpolitischen Ausgaben zu einem Ausgabenstopp oder überhaupt zu einer Veränderung nach oben oder unten kommt, hängt nicht allein von uns ab. Ob wir dagegen bei allen innenpolitischen Ausgaben — also auf dem Gebiete der Investitionen, auf dem Gebiete der Sozialpolitik und auf allen möglichen anderen Gebieten — zu einer bestimmten Begrenzung, zu einem festen Plan unserer Ausgaben kommen, hängt doch unmittelbar mit der Frage des Ausgabenstopps zusammen.
Aus irgendeiner Seite der Vorbemerkungen kann man entnehmen, daß die Steuereinnahmen von Bund und Ländern für 1958/59, 1959/60 und 1960/61, also schon für drei Jahre vorgeschätzt sind. Bei dieser Vorschätzung kommen Sie für diese drei Jahre bereits auf eine Steuermehreinnahme von 7 Milliarden DM für Bund und Länder. Diese Vorschätzung gibt doch zu denken! Sie veranschlagen — und zwar steht das auf den Seiten 207 und 208 der Allgemeinen Vorbemerkungen — für 1958 59 für Bund und Länder 45,7 Milliarden, für 1959/60 49,3 Milliarden und für 1960/61 52,5 Milliarden DM an Steuereinnahmen. Sie rechnen also mit einer zusätzlichen Steuereinnahme. Für die Verteilung dieser Mehreinnahmen legen Sie den augenblicklich zwischen Bund und Ländern bestehenden Verteilungsschlüssel zugrunde. Es ergibt sich die Frage, was mit diesen Steuereinnahmen bei einem effektiven Ausgabenstopp und auch unter der Tendenz: Haushalt am Rande des Defizits geschieht.
Diese Zahlen haben mir zu denken gegeben, weil diese Grundfrage hier nicht erörtert ist, wie ja sehr viele wesentliche grundsätzliche Fragen in Ihrer Rede nicht berührt worden sind. Die Rede ist nicht nur hinsichtlich dessen interessant, was Sie gesagt haben, sondern auch besonders hinsichtlich dessen, was Sie nicht gesagt haben. Bei einem effektiven Ausgabenstopp wird von Ihnen für die kommenden Jahre eine erhöhte Steuereinnahme geschätzt, in bezug auf die man fragen muß, was mit ihr geschieht.
Zweitens ist in den Vorbemerkungen gerade mit Rücksicht auf den Ausgabenstopp von einer Relation zwischen Sozialprodukt und Steuereingängen die Rede. Ich vermisse eine Antwort auf die selbstverständliche Frage, ob diese Relation zwischen Sozialprodukt und Steuereingängen in der Zukunft dieselbe bleiben soil oder nicht. Diese Frage wird in den Vorbemerkungen umschifft; man bekommt darauf keine klare Antwort. Es wird zwar dargestellt, wie in den letzten Jahren die Entwicklung des Sozialprodukts und im Verhältnis dazu die Entwicklung der Steuereinnahmen gewesen ist. Die Schwankungen sind nicht allzu groß. Aber für die Frage des Ausgabenstopps ist doch auch entscheidend, ob man eine Finanzpolitik mit der Aussicht auf einen gleichbleibenden Zuwachs des Sozialprodukts und damit auf steigende Einnahmen betreibt, wie sie auf den Seiten 207 und 208 effektiv dargestellt worden sind. Meine politischen Freunde
werden Sie bei den Beratungen im Haushaltsausschuß auf diese Grundsatzfrage ansprechen, ob es bei der bisherigen Relation zwischen Sozialprodukt und Steueraufkommen bleiben soll oder ob Sie beabsichtigen, diese Relation zu verändern.
Einige entscheidende Frigen, die wir immer wieder vorzubringen haben, sind in den Vorbemerkungen von Ihnen dankenswerterweise zu einem Teil gelöst. Wir haben in den letzten Jahren wiederholt gesagt, daß sich der Überblick über die Haushaltspläne und die Haushaltsfragen für die Mitglieder dieses Hoben Hauses letzten Endes nicht auf Grund des Studiums der Einzelpläne ergeben kann, sondern daß wir in einer globalen Zusammenstellung so etwas wie einen Funktionsplan haben müssen, aus dem wir erkennen können, wie denn alle diese großen Ausgaben funktionsmäßig verteilt werden. Wir sind Ihnen dankbar dafür, daß Sie in den Vorbemerkungen drei Funktionspläne veröffentlicht haben, für das Jahr 1956/57, für das laufende Jahr 1957/58 und auch für das Jahr 1958/59. Es ist nicht einfach, sich diese Zahlen in ihren gegenseitigen Beziehungen, in ihren Größenordnungen und periodischen Abläufen vorzustellen. Immerhin gewinnt man daraus einen klaren Überblick über den funktionellen Ablauf dieses Haushaltsplanes. Sie haben auch den Versuch gemacht - das erkennen wir dankbar an -, für bestimmte Ausgaben einmal den Funktionsplan von Bund und Ländern in Auswirkung auf die Haushaltspläne von Bund und Ländern gemeinsam darzustellen. Ich verweise



Dr. Schild
auf die von Bund und Ländern gemeinsam durchgeführte Förderung der Wissenschaft, die Sie in den verschiedenen Jahren unter Hinweis auf das Königsteiner Abkommen dargestellt haben. Aber wenn man die Gesamtfinanzlage unserer Bundesrepublik einschließlich der sozialen Belastungen — man muß ja immer wieder die Gesamtlast von Steuern und Sozialabgaben sehen — funktionsmäßig nachprüfen will, so findet man auch heute noch nicht das notwendige statistische Material so sach- und zeitgerecht zusammengestellt, wie das notwendig wäre, wenn wir uns im Haushaltsausschuß und im Plenum eine genaue Vorstellung machen wollten, was für die einzelnen funktionellen Aufgaben in unserer Bundesrepublik ausgegeben wird; wir sind auf Schätzungen angewiesen.
Es steht hier z. B. die Frage: Was wird für den Wohnungsbau denn nun in Wirklichkeit an öffentlichen Zuschußmitteln von Bund, Ländern und Gemeinden und anderen Sozialkörperschaften gegeben? Die Frage ist für 1955 rückwirkend geklärt, da haben wir die Statistiken; noch nicht geklärt ist sie für 1956/57, erst recht nicht für 1957/58, und für 1958/59 fehlt uns in der Praxis jede Vorstellung von der eigentlichen Größenordnung. Aber für die Beurteilung der Lastenverteilung auf Bund, Länder und Gemeinden und für die Beurteilung der Möglichkeit der Herbeiführung einer neuen Finanzverfassung spielen doch gerade diese Zahlen eine entscheidende Rolle, und zwar nicht nur in der Rückschau auf die vergangenen Jahre, sondern bezogen auf einen bestimmten gegenwartsnahen Zeitpunkt.
Wir bitten Sie deshalb, in Verbindung mit den Ländern und mit allen geeigneten Bundesbehörden diesen Funktionshaushaltsplan so zeitnah vorzuziehen, auf allen Ebenen — nicht nur auf Bundes- und Länder-Ebene —, und soweit das möglich ist, mit Schätzungszahlen zu arbeiten — die dann ja in irgendeiner Weise kontrollierbar sind —, so daß wir einen klaren Überblick über die gesamte Ausgabenpolitik in unserer Bundesrepublik haben.
Damit komme ich zu einem für meine politischen Freunde sehr wesentlichen Punkt Ihrer Rede, nämlich Ihren Bemühungen, zu einer neuen Finanzverfassung zu kommen. Diese neue Finanzverfassung hat ja im tiefsten Grunde zwei Grundsatzprobleme zu lösen: auf der einen Seite irgendwie, so oder so, die Bestimmungen des Grundgesetzes zu ändern, die das Steueraufkommen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verteilen, und auf der anderen Seite eine Reform der Haushaltsordnung durchzuführen, ohne die es letzten Endes auch keine echte Finanzverfassungsregelung gibt. Nach allen Erfahrungen der letzten Jahre sind wir nicht der Überzeugung, daß in diesem Hohen Hause und mit den anderen entscheidend en parlamentarischen Stellen eine Grundgesetzänderung nach dieser Richtung hin zu erreichen ist. Denn wer jeweils an der Neuordnung oder Beibehaltung dieser Hoheitsrechte, seien es die des Bundes, seien es die der Länder, interessiert ist, das wechselt parteilich gesehen im Laufe der Entwicklung.

(Heiterkeit rechts.)

Ich habe es in diesen vier Jahren erlebt, daß gewisse Parteien, die früher stark zentralistisch orientiert waren, heute an einem föderalistischen Prinzip orientiert sind; und auch das Umgekehrte ist der Fall gewesen.
Ich darf für die Fraktion der Deutschen Partei in Anspruch nehmen, daß wir dort, wo es sich um einen gesunden Zentralismus handelt, diesem Hohen Hause bereits unsere entsprechenden Vorschläge, so bezüglich der Finanzverwaltung und der Erziehungsverwaltung, vorgelegt haben. Bei dem ganzen Spiel um die Verfassungsänderungen spielt der Gesichtspunkt der Vorläufigkeit — demnächst treten wir in das zehnte Jahr dieser vorläufigen Verfassung ein — eine gewisse Rolle. Aber auch beim Spiel um die Machtpolitik zwischen den Parteien haben wir nicht den Eindruck, daß es gelingen wird, das Grundgesetz zu ändern. Trotzdem müssen wir uns mit einer neuen Finanzverfassung befassen. Wir müssen versuchen, in irgendeiner Form zu einem Akkord mit den Ländern zu kommen. Meine politischen Freunde sehen vorläufig keinen anderen Weg als den eines großen politischen Versuchs, zu einem Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern zu kommen, der etwas Ähnliches wie eine Neuregelung der Finanzverfassung enthält. Daß ein solcher Versuch auf freiwilligem Wege vor sich gehen muß, ist eine Selbstverständlichkeit.
In diesem Staatsvertrag müssen auch die Dinge geregelt werden, um die wir in diesem Parlament uns mit dem Bundesrat und mit den Ländern zumindest seit vier, fünf Jahren in jedem Jahre erneut streiten. Das ist zunächst die gemeinsame Behandlung aller Fragen der Förderung der Wissenschaft, insbesondere der Ausbau des Königsteiner Abkommens, und ist zweitens die Förderung des Verkehrs- und Straßenbauwesens, worüber immer wieder neue Pläne, wer dieses und wer jenes zu verantworten hat, kursieren. Drittens gibt es hier eine ganze Reihe anderer Fragen, auf dem kulturpolitischen Gebiet, auf dem Gebiet des Erziehungswesens, Fragen der Investitionen für die Kulturpolitik, beispielsweise die Volksschulen, ferner das gesamte Krankenhausproblem, das die ganze Bevölkerung interessiert, Fragen, bei denen die Zuständigkeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bisher immer strittig gewesen ist. Man ist hier grundsätzlichen Zweckmäßigkeiten ausgewichen. Wir wünschen und hoffen, daß es möglich ist, im Wege eines Staatsvertrages diese Dinge zu klären, wobei es dem Geschick der Bundesregierung überlassen bleiben sollte, solche Staatsverträge unter Umständen mit einzelnen Ländern oder gegebenenfalls mit der Gesamtheit der Länder abzuschließen, damit endlich die wichtigsten Dinge auf dem Gebiet des Haushalts und der Finanzverfassung, die alle gemeinsam interessieren müssen, geklärt werden, ohne daß es einer Grundgesetzänderung bedarf.
Weiter darf ich im Namen meiner politischen Freunde auf die nach wie vor sehr große Sorge wegen der ständigen Zunahme des Bundesvermögens hinweisen. Schon im vorigen und im vorvorigen Jahre haben wir darauf aufmerksam gemacht, daß das Bundesvermögen von Jahr zu Jahr mehr zu-

Dr. Schild
nimmt, sowohl hinsichtlich des realen Grundvermögens wie vor allem hinsichtlich der Finanzvermögen und hierbei wieder der Darlehnsvermögen des Bundes. Nach den Vorbemerkungen hat das Bundesvermögen die Summe von etwa 65 Milliarden DM erreicht — allein das Darlehnsvermögen hat im Jahre 1957/58 die Summe von 12,5 Milliarden DM erreicht —, so daß der Bund als Bank hier eine sehr große Rolle spielt. Daneben fungiert das ERP-Vermögen mit rund 7 Milliarden DM ebenfalls als Darlehnsvermögen. Unter diesen Umständen müssen wir unsere größten Besorgnisse anmelden. Diese Sorgen sind natürlich auch durch die ganze Entwicklung bedingt, die mit dem Juliusturm zusammenhängt. Wir wünschen, daß etwaige Bewegungsmittel, etwaige Verfügungsmittel, von denen Sie ja im Augenblick noch nicht gesprochen haben — aber während der Beratungen werden wir wohl zu der einen oder anderen Position kommen —, nicht dazu benutzt werden, den Bund weiter in seiner Stellung als Bankier zu stärken.
Damit steht und fällt die Antwort auf die Frage, die Sie angeschnitten, aber bisher noch nicht beantwortet haben: Was wird aus der Subventionspolitik? In den Vorbemerkungen geben Sie bei der Erörterung der Subventionspolitik für den Wohnungsbau an, daß sich die Regierung noch Gedanken darüber macht, ob die Kapitalsubvention, d. h. aus Darlehen des Bundes, weitergeführt werden soll oder ob die Subvention aus Kapitalmarktmitteln zu Lasten des Bundes durchgeführt werden soll oder ob überhaupt an die Stelle der Kapitalsubvention eine andere Subventionsart treten soll, von der in den Vorbemerkungen substantiiert noch nicht die Rede ist. Das sind aber letzten Endes die Grundsatzfragen, zu denen man beim Beginn einer Legislaturperiode die Haltung der Regierung wissen muß. Welche grundsätzliche Haltung hat die Regierung in der Frage der Subventionspolitik, nicht nur für das Jahr 1958/59, sondern auch für die kommenden drei Jahre?
Auch das lehrt die Erfahrung unseres parlamentarischen Lebens: die Entscheidungsfreiheit über solche Grundsatzfragen ist verhältnismäßig kurzfristig. Das parlamentarische Schaltjahr der Unpopularität, in dem auch Fehlentwicklungen auf allen Gebieten der Subventionspolitik bereinigt werden können, läuft nach unserem Empfinden schon etwa am 31. März 1959 ab. Ab 31. März 1959 sind nicht mehr nur sachliche politische Gesichtspunkte für Entscheidungen maßgebend, sondern da kommen schon andere, in der Demokratie liegende parteipolitische Erwägungen hinzu. Deshalb sind wir brennend daran interessiert, wie Sie die Frage der Subventionspolitik für die nächsten vier Jahre innerhalb des Kabinetts und unter Ihrer Führung zu lösen gedenken.
Mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Zeit will ich mich auf diese grundsätzlichen Bemerkungen beschränken. Es ist selbstverständlich, daß wir die Regierungspolitik, wie sie bisher in den Grundsatzfragen der allgemeinen Sozialpolitik und in ihrer Abstimmung mit den notwendigen Verteidigungsfragen betrieben worden ist, auch in Zukunft innerhalb der Koalition bejahen. Ich möchte aber noch einmal auf die Vorbemerkungen zurückgreifen, wo Sie, Herr Minister, an einer Stelle sagen: Es kommt darauf an, zu prüfen, was noch zumutbar und was gegenüber dem Steuerzahler in der allgemeinen Lastenverteilung und in der Lastenquote vertretbar ist. Um diese Zumutbarkeit und Vertretbarkeit bei den großen Positionen dieses Haushaltsplans und ihren Relationen handelt es sich bei der Auseinandersetzung im Haushaltsausschuß und in der zweiten und dritten Lesung.
Eine bedeutende Tageszeitung hat vor einiger Zeit über Ihre grundsätzlichen Ausführungen, die Sie etwa bis Mitte März in der Öffentlichkeit gemacht haben, geschrieben: „Laßt Etzel nicht allein!" Seien Sie überzeugt, daß die Fraktion der Deutschen Partei Ihren guten Willen, Ihre guten Absichten und die von Ihnen betonte Überzeugung zu ästimieren weiß und hinter Ihnen steht.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0302201000
Weitere Wortmeldungen zu Punkt 1 der Tagesordnung liegen nicht vor.

(Abg. Wehner: Hört! Hört!)

— Es scheint auch dabei bleiben zu sollen. (Abg. Wehner: Ein müdes Haus!)

— Ein Haus, dessen Besetzung eine gewisse Streuung aufweist ...

(Heiterkeit.)

Wir haben nunmehr die einzelnen Vorlagen zu überweisen. Zu Punkt 1 a ist Überweisung an den Haushaltsausschuß vorgeschlagen, zu Punkt 1 b ebenfalls, zu Punkt 1 c zusätzlich an den Finanzausschuß als mitberatenden Ausschuß, zu Punkt 1 d nur Überweisung an den Finanzausschuß, zu Punkt 1 e Überweisung an den Haushaltsausschuß als federführenden Ausschuß und den Finanzausschuß als mitberatenden Ausschuß. Weitere Anträge werden nicht gestellt. — Widerspruch erhebt sich nicht; dann ist so beschlossen. Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung, die erste Lesung des Haushalts, erledigt.
Ich rufe auf Punkt 2:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Lebensmittelgesetzes (Drucksache 316).
Nach einer Übereinkunft der Fraktionen im Ältestenrat soll ohne Debatte Überweisung an den Ausschuß für Gesundheitswesen als federführenden Ausschuß und an den Rechtsausschuß erfolgen. Ist das Haus einverstanden? — Dann ist so beschlossen. Punkt 2 ist erledigt.
Ich rufe auf Punkt 3:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gewichtsbezeichnung an schweren, auf Schiffen beförderten Frachtstücken (Drucksache 254).



Vizepräsident Dr. Schmid
Auch hier ist ein Übereinkommen im Ältestenrat erfolgt, wonach die Vorlage ohne Debatte an den Ausschuß für Arbeit überwiesen werden soll. Ist das Haus einverstanden? — Dann ist so beschlossen. Punkt 3 ist erledigt.
Ich rufe auf Punkt 4:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts (Drucksache 278).
Auch hier soll auf Grund einer Vereinbarung im Ältestenrat die Vorlage ohne Debatte an den Rechtsausschuß überwiesen werden. Ist das Haus einverstanden? — Dann ist so beschlossen. Punkt 4 ist erledigt.
Ich rufe auf Punkt 5:
Beratung der Siebzehnten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Harmonisierte Eisen- und Stahlzölle) (Drucksache 253).
Auch hier liegt eine Vereinbarung im Ältestenrat vor. Danach soll die Vorlage ohne Debatte an den Außenhandelsausschuß überwiesen werden. Ist das Haus einverstanden? — Dann ist so beschlossen.
Nunmehr käme Punkt 6, Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen Dr. Fritz Rauhut, Würzburg, gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 4. Juli 1957 und 28. November 1957 (Drucksache 176).
Hier hat der Herr Vorsitzende des Immunitätsausschusses gebeten, die Sache abzusetzen. Der Herr Berichterstatter ist nicht anwesend. Außerdem scheint noch eine Erhebung vorgenommen werden zu müssen. Ist das Haus einverstanden? — Dann ist auch das beschlossen. Damit ist die Tagesordnung erledigt.
Ich berufe die nächste Sitzung ein auf Freitag, den 18. April, vormittags 9 Uhr, und schließe die Sitzung.