Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 51. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Vor Eintritt in die Tagesordnung bitte ich den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Der Präsident hat für zwei Tage Urlaub erteilt den Abgeordneten Dr. Greve, Dr. Höck, Dr. Becker , Wittenburg, Haasler, Diekmann, Frau Dr. Jochmus, Knob-loh, Donhauser und Dr. Blank (Oberhausen).
Der Präsident hat für einen Tag Urlaub erteilt den Abgeordneten Dr. von Brentano, Frau Dr. Steinbiß, Dr. Atzenroth, Dr. Dehler, Graf von Spreti, Ehren, Dr. von Merkatz, Gockeln und Dr. Jentzsch.
Wir treten ein in die Beratung der Tagesordnung, Punkt 1:
Fragestunde .
Ich habe dem Hohen Hause mitzuteilen, daß der Herr Verkehrsminister und der Herr Minister für besondere Aufgaben Franz-Josef Strauß für diese Woche entschuldigt sind. Die Fragen, die die beiden Herren betreffen, können entsprechend einer Vereinbarung im Ältestenrat zu Beginn d e r Plenarsitzung gestellt und beantwortet werden, in der die Herren Minister wieder anwesend sein werden, d. h. wahrscheinlich am 4. November.
Ich rufe auf die Frage 1. Herr Abgeordneter Schneider!
Wird bei den zur Zeit stattfindenden Erörterungen über die Steuerreform auf die — auch vom Herrn Bundeskanzler in seiner Rede vor dem deutschen Handwerk am 20. Juni 1954 in Düsseldorf ausdrücklich geforderte — Vereinfachung des Steuerwesens entsprechend Bedacht genommen, die es besonders den Inhabern von Betrieben des Handwerks und des Mittelstandes selbst ermöglicht, eine ordentliche Steuererklärung abzugeben?
Der Herr Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, es ist seit langem das Bestreben der Bundesregierung, die Steuergesetze weitgehend zu vereinfachen. Die Komplizierung des Steuerrechts beruht ja hauptsächlich darauf, daß seit dem Jahre 1948 eine Reihe von volkswirtschaftlich notwendigen Sondervorschriften und Spezialbegünstigungen in die Steuergesetze eingebaut werden mußte und daß diese Begünstigungen nur nach und nach abgebaut werden konnten. Die Bundesregierung hat daher bereits in dem Gesetzentwurf über die sogenannte kleine Steuerreform vorgesehen, daß so gut wie alle diese seit 1948 eingeführten Sonderbegünstigungen mit Ende des Jahres 1954 auslaufen sollen. Das Hohe Haus hat bei der Beratung der sogenannten kleinen Steuerreform dem zugestimmt. Das ist also damals Gesetz geworden.
Bei der Vorlage über die sogenannte große Steuerreform ist die Bundesregierung daher davon ausgegangen, daß diese Vorschriften Ende 1954 auslaufen sollen. Es hat sich aber bei den Beratungen im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen gezeigt, daß wegen der noch bestehenden großen Wohnraumknappheit auf eine Sondervergünstigung für den Wohnungsbau — § 7 c — nicht verzichtet werden kann. Außerdem soll auch die bisher gestrichene Begünstigung von Kapitalansammlungsverträgen nach § 10 in einer neuen Form wieder eingefügt werden. Hieraus scheint man schließen zu müssen, daß bei der Beratung in dem zuständigen Ausschuß der Gedanke der Vereinfachung gegenüber dringenden volkswirtschaftlichen Erwägungen in den Hintergrund getreten ist. Die Bundesregierung hält aber nach wie vor an ihrem Ziel, Abbau der Sondervergünstigungen zugunsten der Tarifsenkung, fest. Es handelt sich ja darum, daß nicht nur das Einkommensteuergesetz, sondern daß auch die Durchführungsverordnungen und die Richtlinien erst dann weitgehend vereinfacht werden können, wenn alle diese Sondervergünstigungen wegfallen.
Was die Steuervordrucke betrifft, so darf ich sagen, daß wir, soweit es das demnächst in Kraft tretende neue Einkommensteuerrecht irgendwie erlaubt, für eine Vereinfachung der Steuervordrucke Sorge tragen werden. Wir haben die Absicht, für die Mehrzahl aller Fälle, also insbesondere für die von Ihnen genannten Betriebe des Handwerks und des Mittelstandes, ein stark vereinfachtes Steuererklärungsformular herauszugeben, so daß der große, komplizierte Steuererklärungsvordruck nur in den schwierigen Fällen von größeren Steuerpflichtigen benutzt zu werden braucht.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Zur Frage 2 Herr Abgeordneter Hübner.
Wird der beabsichtigte Ausbau neuer Museumsräume für die im Besitz der Deutschen Bundespost befindlichen Sammlungsgegenstände des früheren Reichspostmuseums Berlin in Berlin vorgenommen werden?
Wenn nein, welche Gründe haben den Herrn Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen zu einem solchen gegenteiligen Entscheid veranlaßt?
Zur Beantwortung der Vertreter des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Etwa die Hälfte der Museumsbestände des früheren Reichspostmuseums sind durch Kriegseinwirkungen in Verlust geraten oder im Gebäude des früheren Reichspostmuseums im Ostsektor von Berlin verblieben. Es ist selbstverständlich, daß die noch vorhandenen Teile der Sammlung einschließlich der Postwertzeichensammlung bei einer Übersiedlung des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen nach Berlin dorthin mitverlegt werden.
Für die Übergangszeit ist an einen Ausbau neuer Museumsräume in West-Berlin für die im Westen vorhandenen Sammlungsteile zunächst nicht gedacht. Die Frage der einstweiligen Unterbringung der vorhandenen Sammlungen muß jedoch gelöst werden. Dabei sind neben Berlin auch Frankfurt am Main und andere westdeutsche Städte in Betracht gezogen worden. Wenn nach reiflicher Überlegung die Sammlungsgegenstände vorerst in Frankfurt am Main verbleiben sollen, so sprechen hierfür verschiedene sachliche Gründe. Einmal bietet sich in Frankfurt am Main die billigste Lösung an, Sammlungen des Postmuseums einstweilen unterzubringen. Zum andern ist die Stadt Frankfurt für die Besucher des In- und Auslandes gegenwärtig zentral günstig gelegen, so daß mit einer größeren Besucherzahl gerechnet werden darf. Es bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung, daß das Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen die in Berlin bereits bestehende „Postgeschichtliche Sammlung Berlin" bis zur Verlegung der Sammlungen des Postmuseums nach Berlin nach Kräften unterstützen wird.
Ich habe eine Zusatzfrage.
Bitte, eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, Sie sprachen von der Möglichkeit einer billigen Unterbringung in Frankfurt am Main. Ich frage hierzu: beabsichtigt das Bundespostministerium, in Zukunft — in Abkehr von der bisherigen Übung — die Placierung von postalischen Einrichtungen nach den Meistgeboten interessierter Städte vorzunehmen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, das Postministerium beabsichtigt das nicht, sondern wird selbstverständlich die Sammlung wieder nach Berlin zurückverlagern, wenn Berlin wieder Hauptstadt geworden ist.
Eine weitere Zusatzfrage! Vizepräsident Dr. Schmid: Bitte!
Herr Staatssekretär, bedeutet der getroffene Entscheid, das Postmuseum zunächst nicht in Berlin unterzubringen, daß die dankenswerterweise von dem Vorgänger des jetzigen Herrn Bundespostministers eingelitete Verlegung von Dienststellen nach Berlin so lange nicht fortgesetzt werden soll, bis Berlin seine Hauptstadtfunktionen wieder erreicht hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, Herr Abgeordneter, das bedeutet es nicht!
Zu Frage 3 Herr Abgeordneter Dr. von Buchka!
In Vertretung des verhinderten Kollegen Dr. Rinke frage ich folgendes:
Was ist von seiten des Auswärtigen Amtes bisher getan worden, um in geeigneter Form im westlichen Ausland laufend für die dringend erforderliche Aufklärung über Deutschlands Rechtsansprüche auf die von der Sowjetunion und Polen annektierten deutschen Gebiete ostwärts der Oder-Neiße zu sorgen?
Bitte, Herr Bundesminister!
Dr. h. c. Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Ich beantworte die Frage wie folgt.
1. Die Bundesregierung hat bei verschiedenen Anlässen unmißverständlich erklärt, daß sie die Oder-Neiße-Linie nicht als Staatsgrenze anerkennt und daß sie sich mit der entgegen dem Potsdamer Abkommen und der Atlantik-Charta durch Sowjetrußland und Polen einseitig vorgenommenen Abtrennung der deutschen Ostgebiete nicht abfinden kann. Sie betrachtet diese Gebiete als deutsches Staatsgebiet. Die endgültige Festlegung der deutschen Ostgrenze bleibt entsprechend dem Potsdamer Abkommen einer Friedenskonferenz vorbehalten.
2. Die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik wurden wiederholt auf diesen Tatbestand hingewiesen und aufgefordert, diesen Standpunkt bei gegebenen Anlässen stets zu vertreten. Entsprechende Arbeitsunterlagen wurden den Auslandsvertretungen zugeleitet.
3. Die deutsche Bundesregierung wird auch in Zukunft nichts unterlassen, um auf diese klare Rechtslage immer wieder in der ihr geeignet erscheinenden Weise aufmerksam zu machen.
Eine Zusatzfrage? — Diese Frage ist erledigt.
Zu Frage 4 Herr Abgeordneter Schneider !
Wie beurteilt die Bundesregierung die in den Memoranden des Verbandes der Berufspiloten Deutschlands e. V. aufgestellten Forderungen nach Eingliederung dieses Personenkreises in das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes?
Sind seitens der Regierung schon einmal Erhebungen über die damit gegebenenfalls verbundenen finanziellen Belastungen angestellt worden, und wie hoch werden diese veranschlagt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die von Ihnen, Herr Abgeordneter, angesprochene Frage ist bei uns im Hause bereits mehrfach geprüft worden. Sie ist insbesondere auch anläßlich des Ersten Änderungsgesetzes zum Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes eingehend erörtert worden. Dabei hat sich als unzweifelhaft ergeben, daß die Angehörigen der früheren Deutschen Lufthansa AG nicht Angehörige des öffentlichen Dienstes gewesen sind. Das Gesetz zu Art. 131 setzt das aber voraus. Infolgedessen ist ihre Einbeziehung in das Gesetz nicht möglich.
Soweit andere Berufspiloten am 8. Mai 1945 unmittelbar mit dem Reich einen Dienstvertrag hatten, sind sie nach Maßgabe der sich aus diesem Vertrag ergebenden Rechtsstellung und der Regelung, die diese Rechtsstellung im Gesetz zu Art. 131 gefunden hat, in das Gesetz einbezogen. Ob ein solches unmittelbares Dienstverhältnis zum Reich bestand, kann nur von der nach § 60 ,des Gesetzes zuständigen obersten Dienstbehörde und nur von Fall zu Fall entschieden werden.
Bei dieser rechtlichen Situation konnte von Erhebungen der von Ihnen erwähnten Art abgesehen werden, da ja im ersten Falle eine Einbeziehung in das Gesetz nicht möglich ist, im zweiten Falle die jeweilige Belastung von der Summe der Einzelentscheidungen abhängig sein wird.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Bitte!
Herr Staatssekretär, sehen Sie eine Möglichkeit, diesem Personenkreis auf andere Weise irgendwie zu helfen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Im Rahmen der unserem Ressort zur Verfügung stehenden Mittel sehe ich keine Möglichkeit; denn jede Erweiterung des Gesetzes zu Art. 131 würde dem Verfassungsbefehl des Art. 131, der sich nur auf Angehörige des öffentlichen Dienstes bezieht, zuwiderlaufen. Herr Abgeordneter, ich vermag im Augenblick nicht zu übersehen, ob bei anderen Ressorts, etwa beim Bundesministerium für Verkehr, derartige Möglichkeiten bestehen.
Erledigt? Schneider (DP): Danke sehr.
Zu Frage 5 Herr Abgeordneter Schneider !
Aus welchem Grunde wurden auf Verfügung des Bundesaufsichtsamtes für Versicherungswesen die Zahlungen der Versorgungskasse für die deutsche Luftfahrt an die ehemaligen Flugkapitäne bzw. deren Hinterbliebene eingestellt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Versorgungskasse für die deutsche Luftfahrt steht unter der Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen. Die Kasse befindet sich seit dem 16. März 1948 in Liquidation.
Wie bei allen übrigen privaten Versicherungsunternehmen reicht das der Versorgungskasse nach der Währungsumstellung verbliebene Deckungskapital nicht zur Erfüllung ihrer Versicherungsverbindlichkeiten aus. Die Versorgungskasse erhält daher Ausgleichsforderungen gegen die Länder und zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten nach dem Rentenaufbesserungsgesetz Rentenausgleichsforderungen gegen den Bund.
Das Bundesaufsichtsamt hat bei Prüfung der Umstellungsrechnung der Versorgungskasse festgestellt, daß das Deckungskapital nicht entsprechend der Satzung und den Vorschriften des Rentenaufbesserungsgesetzes vom 1. April 1951 ermittelt worden ist. Das Amt konnte für die Berechnung des Deckungskapitals nur solche Rentenansprüche und Anwartschaften von Flugkapitänen anerkennen, die ihnen nach der Satzung und den besonderen Versicherungsbedingungen für Luftfahrer zweifelsfrei zustehen. Flugkapitänen, die am 8. Mai 1945 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten oder als Luftfahrer arbeitsunfähig waren, steht hiernach kein Anspruch auf Ruhegeld und Hinterbliebenenrente, sondern nur ein Anspruch auf Kapitalabfindung zu. Das Bundesaufsichtsamt ist daher der Ansicht, daß die Satzung und die besonderen Versicherungsbedingungen für Luftfahrer keine Möglichkeit bieten, an Personen, die auf Grund der Einstellung der Tätigkeit der Deutschen Lufthansa nicht mehr bei dieser beschäftigt werden konnten, Renten zu zahlen. Diese Auffassung wird von den beteiligten Bundesressorts geteilt, von den Versicherungsnehmern der Versorgungskasse jedoch bestritten. Da es sich bei der Auslegung der Satzung und der besonderen Versicherungsbedingungen für Luftfahrer um eine Frage des privaten Versicherungsrechts handelt, für deren Entscheidung allein die ordentlichen Gerichte zuständig sind, wurden die Beteiligten in einer Besprechung am 22. Januar 1953 auf den Prozeßweg verwiesen. Es trifft jedoch nicht zu, daß das Bundesaufsichtsamt eine Verfügung erlassen hat, nach der die Versorgungskasse für die deutsche Luftfahrt die Rentenzahlungen an ehemalige Flugkapitäne und deren Hinterbliebene einzustellen hätte.
Die beteiligten Ressorts haben daneben wiederholt die Frage geprüft, ob und auf welche Weise den ehemaligen Flugkapitänen und deren Hinterbliebenen aus sozialen Gründen anderweitig geholfen werden könne. Sie haben dabei übereinstimmend festgestellt, daß die Versorgung dieses Personenkreises nur durch die Bereitstellung besonderer Haushaltsmittel zu ermöglichen sei. Für diese Frage ist jedoch die Zuständigkeit meines Hauses nicht gegeben. Aber hierüber sind meines Wissens Erörterungen im Bundesverkehrsministerium und Bundesarbeitsministerium angestellt worden.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Zur Frage 6 Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann.
Trifft es zu, daß beim Oberkommando der US-Besatzungsstreitkräfte in Deutschland in Heidelberg seit Februar dieses Jahres gegen 2000 Anträge auf Erhöhung der Nutzungsentschädigungen für von der US-Besatzungsmacht beschlagnahmte land- und forstwirtschaftliche Grundstücke liegen, über deren Bearbeitung weder das Bundesfinanzministerium noch die eigentlichen Antragsteller einen Bescheid erhalten können?
Wann gedenkt die Bundesregierung die zur Regelung dieser nunmehr seit Jahresfrist anstehenden Fragen nötigen Verhandlungen mit den Alliierten zu führen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ein Rundschreiben des amerikanischen Hauptquartiers vom März 1953 an seine nachgeordneten Dienststellen über das „Einfrieren der Mieten" gab Anlaß zu der Vermutung, daß die amerikanische Besatzungsmacht
die Absicht habe, Anträge auf Änderung der Nutzungsvergütung für requirierte Grundstücke, die nach deutschen preisrechtlichen Vorschriften zulässig sind, nicht mehr zu genehmigen und die Nutzungsvergütungen unverändert fortzuzahlen. In einer Besprechung vom Juni 1953 mit Vertretern des Amtes des Amerikanischen Hohen Kommissars und des amerikanischen Hauptquartiers erklärten letztere, es sei nicht ihre Absicht, die Nutzungsvergütungen einfrieren zu lassen. Sie müßten aber darauf bestehen, daß zur Sicherung einer einheitlichen Handhabung der Entscheidung Anträge auf Änderung der Nutzungsvergütungen zentral durch das Hauptquartier behandelt und diesem über die Finanzminister der Länder durch das Bundesfinanzministerium zugeleitet würden.
Trotz der damit verbundenen Verwaltungsbelastung habe ich mich zunächst im Interesse der Betroffenen mit diesem Verfahren einverstanden erklärt und die Finanzminister der amerikanischen Besatzungszone mit Schreiben vom Juli 1953 gebeten, mir die Änderungsanträge zur Vorlage beim amerikanischen Hauptquartier einzureichen.
Nach Prüfung der Anträge habe ich ab Februar 1954 insgesamt 3409 Anträge auf Änderung der Nutzungsvergütung für requirierte Grundstücke aller Art an das amerikanische Hauptquartier weitergegeben, ohne daß mir trotz mehrmaliger Anmahnung bisher eine Entscheidung bekanntgegeben wäre. Ich habe mich deshalb mit Schreiben vom 18. September 1954 an die Finanzminister der Länder der amerikanischen Besatzungszone und an den Senator für Finanzen in Berlin damit einverstanden erklärt, daß ohne Anerkennung einer Rechtsverpflichtung des Bundes die Unterschiedsbeträge zwischen den Nutzungsvergütungen in der zur Zeit durch das amerikanische Zahlungsdokument ausgewiesenen Höhe und den von uns dem amerikanischen Hauptquartier vorgeschlagenen höheren Beträgen vorläufig aus Mitteln des Haushalts der Verteidigungsfolgekosten gezahlt werden. Unabhängig davon bin ich bemüht, die alsbaldige Entscheidung des amerikanischen Hauptquartiers über die vorliegenden Anträge sowie eine Änderung des derzeitigen Verfahrens zu erreichen.
Sind Sie mit der Antwort befriedigt?
Jawohl!
Zur Frage 7 Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann.
Bis zu welchem Termin ist mit dem positiven Ergebnis der interministeriellen Verhandlungen über die Gewährung von Zinsverbilligung bei der Kreditvergabe für Vorhaben der Wasserwirtschaft aus MSA-Mitteln zu rechnen?
Herr Abgeordneter, ich hoffe, Sie sind damit einverstanden, wenn ich die Antwort auf Ihre Frage etwas erweitere. Es ist von Anbeginn der Arbeit der Bundesregierung an üblich gewesen, zwischen den Zinssätzen für die verschiedenen Darlehen Unterschiede zu machen, und zwar je nach ihrem Verwendungszweck. So haben wir z. B. schon seit langem diejenigen Beträge, die wir für die Sicherung der Trinkwasserversorgung auf dem Lande gewährt haben, mit einem Zinssatz von 21/2 % ausgestattet. Der höchste Zinssatz für Wasserwirtschaftsdarlehen, die mehr gewerblichen Zwecken dienten, hat 7 % bei 100% Auszahlung betragen. Es ist selbstverständlich, daß wir bei dieser Methode bleiben, mit anderen Worten, daß wir die Zinssätze so gestalten, daß sie je nach dem verfolgten Zweck auch ertragen werden können.
Was ihre eigentliche Frage betrifft: der interministerielle Ausschuß tritt in der nächsten Woche erneut zusammen, und es ist sicher, daß er entsprechend den besonderen Bedürfnissen der verschiedenen Darlehensnehmer die Zinsfrage ebenso wie bisher, also nach den Zwecken unterscheidend, regeln wird.
Eine Zusatzfrage?
Eine Zusatzfrage. Ist dem Herrn Bundesminister bekannt, daß in einzelnen Fällen auch der Trinkwasserversorgung auf dem Lande bisher diese Zinsverbilligung abgelehnt worden ist?
Es kann sich da sicher nicht um von uns gewährte Darlehen handeln, weil wir die Zinsbedingungen in solchen Fällen zentral vorschreiben. Ich wäre also dankbar, wenn mir gegebenenfalls entsprechendes Material überlassen würde.
Frage 8. Herr Abgeordneter Dr. Arndt.
Wann ist endlich damit zu rechnen, daß die Novelle zum Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes eingebracht und insbesondere darin klargestellt wird, daß die sogenannten nicht-beamteten außerordentlichen Professoren und Privatdozenten selbstverständlich Angehörige des öffentlichen Dienstes im Sinne des BWGÖD sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es kann damit gerechnet werden, daß die von Ihnen, Herr Abgeordneter, erwähnte Novelle noch im November dem Bundesrat zum ersten Durchgang vorgelegt werden wird. Diese Novelle wird insbesondere Vorschriften über die Einbeziehung der geschädigten nichtbeamteten außerordentlichen Professoren und Privatdozenten enthalten.
Ich danke.
Eine Zusatzfrage? Dr. Arndt : Nein.
Nächste Frage, 9. Frage. Abgeordneter Ritzel.
Ich frage den Herrn Bundespostminister, aus welchem Grunde deutsche Postämter noch immer Mitgliedskarten der einstmaligen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei als Personalausweise anerkennen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Deutsche Bundespost verlangt, daß sich unbekannte Empfänger bei der Aushändigung von Postsendungen, für die Gewähr geleistet wird, über ihre Person durch Vorlage eines Ausweispapieres ausweisen. Bis zum Zusammenbruch wurden die von der NSDAP, ihren Gliederungen und angeschlossenen Verbänden ausgegebenen Ausweise — Mitgliedsbücher, Mitgliedskarten und ähnliche —
den von Behörden ausgestellten Ausweispapieren gleichgestellt und als vollgültig anerkannt, wenn sie den Bestimmungen entsprachen.
Diese Vorschrift ist aber aufgehoben und in den Dienstwerken usw. der Deutschen Bundespost gestrichen, so daß die Ausweise der ehemaligen NSDAP usw. der Post gegenüber keineswegs gültige Ausweispapiere sind.
Wenn im Einzelfall heute noch eine Mitgliedskarte der früheren NSDAP als Ausweispapier anerkannt worden ist, so kann dies nur auf ein bedauerliches Versehen eines Postbeamten zurückzuführen sein,
das nicht gebilligt wird.
Eine Zusatzfrage.
Bitte.
Ist dem Herrn Postminister bekannt, daß ein Postamt im Kreise Ziegenhain bei Kassel einen Postkunden aufgefordert hat, einen Ausweis mitzubringen, um irgendeine Sendung entgegenzunehmen, und daß auf der Mitteilung dieses Postamtes angegeben war, daß bei Abholung des Postgutes auch NSDAP-Mitgliedskarten als Personalausweise anerkannt werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf dazu vielleicht folgendes sagen. Die Deutsche Bundespost hat 350 000 Beschäftigte. Es kann da selbstverständlich vorkommen, daß irgendeiner von den 350 000 einmal einen solchen Lapsus vollbringt.
Eine Zusatzfrage! Ich frage den Herrn Vertreter des Herrn Bundespostministers, was der Herr Bundespostminister getan hat, um den betreffenden Postfunktionär, der sich des Lapsus schuldig gemacht hat, zu belehren und zur Verantwortung zu ziehen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, der Vorfall, von dem Sie sprechen, ist dem Bundespostminister zunächst noch nicht zur Kenntnis gebracht worden. Er wäre dann sofort eingeschritten.
Noch eine Zusatzfrage! Soll das heißen, Herr Vertreter des Herrn Bundespostministers, daß der Herr Bundespostminister keine Zeitungen liest, beispielsweise die „Bonner Rundschau" vom 24. September?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf dazu sagen, daß wir diesen Dingen selbstverständlich sofort nachgehen und für Abhilfe sorgen werden. Ich bitte aber, dafür Verständnis zu haben, daß bei einem solchen Großbetrieb immer einmal etwas vorkommen kann, was auch wir durchaus mißbilligen.
Zur Frage 10 Herr Abgeordneter Arndt.
Wieviel Beamte des höheren Dienstes sind im Bundesministerium der Finanzen mit der Bearbeitung und Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes betraut?
Wieviel Beamte des höheren Dienstes im Bundesministerium der Finanzen und im Bundesministerium des Innern sind im Vergleich dazu mit der Bearbeitung und Durchführung des Bundesgesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes beschäftigt?
Wieviel Beamte des höheren Dienstes ist die Bundesregierung bereit, zusätzlich im Bundesministerium der Finanzen einzustellen, um eine sachdienliche und unverzügliche Bearbeitung der mit der Wiedergutmachung zusammenhängenden Fragen zu gewährleisten?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich darf Ihre Fragen wie folgt beantworten, die zweite Frage im Einverständnis mit dem Bundesministerium des Innern.
Zunächst zu 1. Im Bundesministerium der Finanzen waren bisher mit der Bearbeitung und Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes 3 Beamte des höheren Dienstes ausschließlich und 1 weiterer Beamter des höheren Dienstes zur Hälfte betraut. 3 weitere Beamte des höheren Dienstes sind mit der Bearbeitung der Wiedergutmachung für Angehörige des öffentlichen Dienstes beschäftigt. Außerdem sind 3 Beamte des höheren Dienstes ausschließlich mit der Bearbeitung der damit zusammenhängenden Probleme des Rückerstattungsrechts betraut. Darüber hinaus werden laufend eine Reihe weiterer Beamter des höheren Dienstes mit Einzelfragen der Wiedergutmachung befaßt.
Zu 2. Für die Bearbeitung und Durchführung des Bundesgesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes sind im Bundesministerium der Finanzen 21/4 Arbeitskräfte und im federführenden Bundesministerium des Innern 81/2 Arbeitskräfte des höheren Dienstes eingesetzt.
Zu 3. Wie ich vor dem Hohen Hause bereits am Freitag letzter Woche ausführen durfte, ist der frühere Leiter der Rechtsabteilung des Bundesfinanzministeriums, der im Juli in den Ruhestand getreten war, beauftragt worden, sich der Arbeit an der Wiedergutmachung im weitesten Sinne im Bundesfinanzministerium anzunehmen. Er hat diesen Auftrag angenommen. Außerdem ist ein weiterer Hilfsarbeiter im Range eines Regierungsrats bereits einberufen worden.
Insgesamt werden dann 11 Beamte des höheren Dienstes ausschließlich und mehrere weitere Beamte mit einem Teil ihrer Arbeitskraft auf dem Gebiet der Wiedergutmachung in meinem Ministerium tätig sein. Ich bin der Überzeugung, daß bei dieser Personalbesetzung die Arbeiten mit der notwendigen Beschleunigung durchgeführt werden können.
Eine Zusatzfrage bitte! Ist die Rechtsstellung des Herrn Ministerialdirektors a. D. Wolff geklärt? Welche Sicherheit für sich und welche Befugnisse wird Herr Ministerialdirektor Wolff haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mit Herrn Ministerialdirektor Wolff besteht ein Dienstvertrag, der noch bis Ende Dezember dieses Jahres läuft. Für die weitere Zeit ist dann entweder ein Dienstvertrag oder ein Werkvertrag mit ihm abzuschließen. Über die Fassung dieses Vertrages wird zur Zeit noch mit ihm verhandelt.
Ich danke Ihnen.
Frage 11, Abgeordneter Hermsdorf!
Steht die Bundesregierung in Verhandlungen mit der britischen Luftwaffe betreffs Auswirkungen der Bombardierungen des Großen Knechtsands? Wenn ja, was kann sie über den Stand der Verhandlungen sagen?
Dr. h. c. Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Ich beantworte die Frage des Herrn Abgeordneten wie folgt. Nach dem deutsch-britischen Knechtsand-Abkommen steht das Übungsgebiet der britischen Luftwaffe nachts ständig zur Verfügung. Deshalb mußte der Große Knechtsand durch § 3 der Strom- und Schiffahrtspolizeiverordnung vom 25. Juli 1953 zur Nachtzeit ständig gesperrt werden. Eine Aufhebung dieser Bestimmung ist erst möglich, wenn durch eine Änderung des Abkommens von britischer Seite die Verpflichtung übernommen wird, die Nachtübungen ebenso vorher anzuzeigen wie die Tagesübungen. Diese Änderung ist von der Küstenbevölkerung, insbesondere von den Krabbenfischern, besonders gewünscht worden. Die Bundesregierung hat daher entsprechende Verhandlungen mit der Britischen Hohen Kommission, nicht mit der britischen Luftwaffe, geführt, die zu einem positiven Ergebnis geführt haben. Ein soeben vollzogener Notenwechsel ändert das deutsch-britische KnechtsandAbkommen dahin ab, daß auch Nachtübungen anzeigepflichtig werden. Die Aufhebung des § 3 der Strom- und Schiffahrtspolizeiverordnung vom 25. Juli 1953 kann daher nunmehr veranlaßt werden.
Über den Schadensersatz für etwaige Schäden, für die nach dem Abkommen eine alliierte Verantwortung besteht, werden in Kürze Besprechungen zwischen deutschen, englischen und amerikanischen Sachverständigen stattfinden. Im Rahmen dieser Besprechungen wird von deutscher Seite auch die Frage der Entschädigung für die in verschiedenen Küstenorten eingetretenen Gebäudeschäden aufgeworfen werden. Zunächst erhalten die Betroffenen aus Mitteln des Kap. 3511 Vorschüsse in Höhe von 75 bis 90% der Entschädigungsanträge.
Eine Zusatzfrage, bitte. Vizepräsident Dr. Schmid: Eine Zusatzfrage!
Sind bei diesen Verhandlungen Andeutungen gemacht worden, daß die Britische Hohe Kommission weiteres Übungsgelände im Kreis Wesermünde in Anspruch nehmen wollte?
Dr. h. c. Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Das ist bisher nicht der Fall.
Danke schön!
Zur Frage 12 Herr Abgeordneter Baur in Vertretung des Herrn Abgeordneten Dewald!
Ist die Bundesregierung bereit, die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Zweiten Verordnung über die Lebens- und Rentenversicherung aus Anlaß der Neuordnung des Geldwesens vom 27. Juli 1948 — Verordnungsblatt der Britischen Zone Seite 257 —, die zahlreiche langjährige, heute im Westen lebende Versicherungsnehmer aus der Ostzone sehr hart trifft, durch Bundesgesetz zu ändern, und sind im Bundesjustizministerium bereits Erwägungen in dieser Richtung angestellt worden?
Herr Minister!
Das Bundesjustizministerium hat den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Ansprüche aus Renten-und Lebensversicherungen, das an die Stelle der Zweiten Verordnung über die Lebens- und Rentenversicherungen aus Anlaß der Neuordnung des Geldwesens vom 27. Juli 1948 treten soll, bereits fertiggestellt und wird ihn in den nächsten Tagen dem Kabinett zur Beschlußfassung zuleiten. Der Entwurf sieht u. a. auch eine Beseitigung der Härten vor, die sich aus der bisherigen gesetzlichen Regelung für Versicherungsnehmer aus der Ostzone und aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie ergaben, wenn diese erst nach dem Währungsstichtag in das Bundesgebiet und nach Berlin übergesiedelt waren.
Die nächsten Fragen: 13, 14 und 15, werden zurückgestellt bis zum 4. November. Ich habe die Begründung zu Beginn der Sitzung gegeben.
Zur Frage 16 Herr Abgeordneter Meyer !
Meyer (SPD):
Ist dem Herrn Bundesminister für Arbeit, an den ich diese Frage richte, bekannt, daß in Lünen von 4200 Sozialrentnern, die 65 Jahre
alt sind, 316 neben der niedrigen Sozialrente noch Fürsorgeunterstützung beziehen?
Ist insbesondere bekannt, daß dieser Satz von 6,5% in nicht Bergbau treibenden Gebieten bei 10% liegt? In welcher Form soll den rund 350 000 Altrentnern geholfen werden, da ja die nach dem Rentenmehrbetragsgesetz herauskommende Erhöhung von der Fürsorgeunterstützung wieder abgezogen wird?
Hat der Herr Bundesminister für Arbeit Verhandlungen mit dem Herrn Bundesminister des Innern und den Ländern eingeleitet mit dem Ziel, die Fürsorgerichtsätze zu erhöhen oder wird er vorschlagen — ich denke an eine Novelle —, in das Rentenmehrbetrags-gesetz eine Bestimmung einzubauen, durch die die Altrentner voll in den Genuß der Rentenerhöhung kommen?
Herr Minister!
Die Fragen, die hier gestellt worden sind, möchte ich in drei Punkten beantworten.
Erstens. Die besonderen Verhältnisse in Lünen sind mir nicht bekannt.
Zweitens. Bekannt ist mir, daß 10 % der Fürsorgeunterstützungsempfänger Sozialrentenempfänger sind, das sind 2,5 bis 3 % der Gesamtzahl der Sozialrentenempfänger. Dazu kommt, daß bei der Fürsorge die Sozialrentenempfänger unter die gehobene Fürsorge fallen, d. h. daß ihnen ein höherer Betrag als dem einfachen Fürsorgeempfänger zugesprochen wird.
Drittens. Im Rahmen der Vorbereitung einer allgemeinen Sozialreform werden die Fragen geprüft, wie alle sozialen Leistungen des Bundes zusammengefaßt draußen für den einzelnen übersichtlicher gemacht werden können.
Keine weitere Frage? — Dann ist dieser Punkt erledigt.
Herr Abgeordneter Walter zur Frage 17! Walter :
Ist dem Herrn Bundesminister für Arbeit bekannt, daß ein Teil der deutschen Angestellten bei der belgischen Besatzung im Bundesgebiet am Ende des ersten Halbjahres 1954 ohne Begründung um eine Gehaltsgruppe zurückgestuft wurde und auf Vorstellungen hin auch das zuständige Arbeitsamt keine Gründe für dieses unrechtmäßige Vorgehen bekanntgab? Findet das Verhalten des Arbeitsamtes die Billigung des Herrn Bundesministers für Arbeit, daß bei Kündigung der zurückgestuften Angestellten im Falle der Arbeitslosigkeit die Unterstützung für sechs Wochen gesperrt werden soll?
Herr Minister!
Nach der Direktive Nr. 11 der britischen Besatzungsmacht ist es u. a. Aufgabe der Präsidenten der Landesarbeitsämter, eine engere Anpassung der Löhne für Arbeiter und Angestellte, die von der Besatzungsmacht beschäftigt werden, an die Sätze der Angestellten und Arbeiter deutscher Betriebe herbeizuführen. Auf Grund dieser Ermächtigung sind im
Bezirk des Landesarbeitsamtes Nordrhein-Westfalen im Laufe des letzten Jahres Überprüfungen der Eingruppierungen vorgenommen worden. In einer Anzahl von Fällen hat diese Überprüfung eine zu hohe Einstufung ergeben. Die belgische Besatzungsmacht hat in diesen Fällen den in Betracht kommenden Beschäftigten fristgerecht gekündigt und nach Ablauf der Kündigungsfrist eine Weiterbeschäftigung mit einem den Tätigkeitsmerkmalen entsprechenden Gehalt angeboten. Der Betroffene hat die Möglichkeit, sich beschwerdeführend an einen für diese Zwecke beim Arbeitsamt gebildeten Lohnausschuß, der sich aus Vertretern des Arbeitsamts, der Gewerkschaften und des Kreisbesatzungskostenamts zusammensetzt, zu wenden und bei ablehnender Entscheidung an einen beim zuständigen Landesarbeitsamt gebildeten Ausschuß.
Bei der Überprüfung der Einstufungen sind auch Fälle festgestellt worden, in denen die Beschäftigten zu niedrig eingestuft worden waren. In diesen Fällen wurde eine Höhergruppierung veranlaßt. Für den Fall, daß die Zurückstufung zu Recht erfolgt ist und der Betroffene das neue Arbeitsangebot zu tariflichen Bedingungen ablehnt, hat das Arbeitsamt auf Grund der Vorschriften des AVAVG nach Belehrung über die Rechtsfolgen eine Sperrfrist zu verhängen. Ob die Zurückstufung zu Recht erfolgt ist, kann natürlich nur von Fall zu Fail geprüft und beurteilt werden.
Weitere Fragen? — Dann ist der Punkt erledigt.
Frage 18! Herr Abgeordneter Dr. Stammberger.
Beabsichtigt die Bundesregierung zu veranlassen, daß — entsprechend dem Vorbild des Arbeitsministeriums von Baden-Württemberg — auch die ihr unterstellten Bundesbehörden im Schriftverkehr mit der Bevölkerung in Zukunft die üblichen Höflichkeitsregeln, insbesondere bei Anrede und Briefschluß, anwenden?
Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine solche 'Absicht besteht, Herr Abgeordneter. Wir sind im Augenblick dabei, die endgültige Geschäftsordnung der Bundesministerien fertigzustellen. Ich nehme an, daß der allgemeine Teil noch im Laufe dieses Jahres herauskommen wird. Dieser wird eine Vorschrift enthalten, daß im Schriftverkehr mit Privatpersonen von der Höflichkeitsanrede und von der üblichen Schlußformel Gebrauch gemacht werden soll, wenn der Inhalt des Schreibens dies angebracht erscheinen läßt oder das zu beantwortende Schreiben eine entsprechende Anrede enthält. Für den Bereich des Bundesministeriums des Innern haben wir bereits — im Vorgriff auf diese beabsichtigte Regelung — im April dieses Jahres eine Anordnung getroffen, daß schon jetzt entsprechend verfahren werden soll. Wir haben die übrigen Ressorts davon unterrichtet und haben bei Gelegenheit einer früheren Umfrage festgestellt, daß auch dort Anrede und Schlußformel im Verkehr mit Privatpersonen schon jetzt weitgehend gebraucht werden.
Der Punkt ist erledigt.
Frage 19 wird am besten zusammen mit Frage 23 beantwortet, weil es sich praktisch um denselben Gegenstand handelt. Ich bitte daher die beiden Abgeordneten, ihre Frage zu stellen, und den Herrn Minister, auf beide Fragen zu antworten.
Zunächst Herr Abgeordneter Geiger .
In Vertretung des verhinderten Abgeordneten Geiger darf ich fragen:
Wie weit sind die Verhandlungen mit den Vertretern der Spitzenverbände der Krankenkassen und des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger über die Neuordnung der Verhältnisse in der Rentnerkrankenversicherung gediehen, und wann kann damit gerechnet werden, daß die Bundesregierung dem Bundestag einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegt?
Dann Herr Abgeordneter Traub, bitte!
Wird das Gesetz über die Neuregelung der Krankenversicherung der Rentner — wie von dem Herrn Bundesminister für Arbeit angekündigt — noch im Laufe des Monats Oktober 1954 dem Bundestag zur Beratung vorgelegt?
Ist mit der gesetzlichen Neuregelung der KVdR auch die Neufestsetzung bzw. Erhöhung des bisherigen Pauschbetrages zur KVdR verbunden?
Herr Minister zur
Beantwortung beider Fragen!
Der Gesetzentwurf zur Neuordnung der Krankenversicherung der Rentner ist fertiggestellt und soll anschließend in den nächsten 14 Tagen noch einmal mit den Bundesverbänden der Krankenkassen, dem Verband der deutschen Rentenversicherungsträger, den Sozialpartnern und natürlich auch den Ressorts der Bundesregierung besprochen werden. Wie nehmen an, daß es gelingt, diesen Entwurf noch Ende des Monats im Kabinett zu verabschieden. Ich habe nirgends gesagt, daß es möglich sei, ihn noch im Laufe des Monats ins Parlament zu bringen. Das ist eine Unmöglichkeit.
Die Verhandlungen mit den Vertretern der Spitzenverbände der Krankenkassen und des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger haben zu einem Übereinkommen geführt. Danach können bis zum Inkrafttreten eines neuen Gesetzes den in Schwierigkeiten befindlichen Krankenkassen Darlehen bis zu 50 % des ihnen seit dem 1. Januar 1953 entstandenen Fehlbetrages gegeben werden. Die Träger der Rentenversicherung wollen zu diesem Zweck vorerst 37 Millionen DM zur Verfügung stellen. Die endgültige Abdeckung dieser Darlehen wird in den Übergangsbestimmungen des neuen Gesetzentwurfs geregelt werden.
Zusatzfragen! Zunächst Herr Abgeordneter Geiger! — Keine Zusatzfrage. Dann Herr Abgeordneter Traub.
Herr Minister, ist es richtig, daß Sie vor etwa 10 Tagen in einer Besprechung mit dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger
und mit den Vertretern der Krankenkassen — Sie haben ja vorhin auf diese Besprechung hingewiesen — es abgelehnt haben, den Pauschbetrag für die Rentnerkrankenversicherung zu erhöhen? Und ist es richtig, daß Sie diese Spitzenverbände aufgefordert haben, eine Zwischenlösung in eigener Verantwortung zu suchen?
Ich frage Sie weiter, Herr Minister: Sind Sie gewillt, in dem Gesetzentwurf über das Verbände-recht der Sozialversicherungsträger die Selbstverwaltung dadurch zu stärken, daß eine ständige Spitze aller Zweige der Sozialversicherung geschaffen wird, die solche Fragen künftig in eigener Zuständigkeit erledigt, wenn es Ihrem Ministerium nicht gelingt, solche Fragen in Ordnung zu bringen?
Herr Minister!
Ich habe es tatsächlich abgelehnt, zur Zeit eine Erhöhung der Prozentsätze, die die Rentenversicherungsträger bisher zu zahlen hatten, für eine Übergangszeit vorzunehmen. Es ist eine allgemeine Erkenntnis, daß die heutige Form der Rentnerkrankenversicherung ungesund ist und daß eine gesetzliche Neuordnung der Verhältnisse herbeigeführt werden muß. Für die Übergangszeit habe ich mir die allergrößte Mühe gegeben, eine Verständigung unter den Beteiligten herbeizuführen; denn wenn wir eine gesetzliche Maßnahme hätten durchführen müssen, dann hätte es viel länger gedauert als die Regelung, die jetzt zwischen den Beteiligten gefunden worden ist.
Inwieweit man in der Zukunft zu einer wirklichen echten Zusammenarbeit auch der Selbstverwaltung in den Sozialversicherungsträgern kommen kann und wird, wird sich im wesentlichen aus der Reform der Sozialversicherung, die zur Zeit in Vorbereitung ist, ergeben müssen.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, ist dann wenigstens damit zu rechnen, daß der Gesetzentwurf über die Neuregelung der Rentnerkrankenversicherung Anfang November dem Bundestag vorgelegt wird? Sie wissen ja, daß die Verträge zwischen den Krankenkassen und den Ärzten abgelaufen sind und daß hier raschestens eine Lösung gefunden werden muß.
Herr Minister!
Dieser Gesetzentwurf wird Anfang November in den Bundesrat gehen. Das Hohe Haus wird sich frühestens Ende November/Anfang Dezember mit dieser Frage beschäftigen können, wenn nicht ein Initiativantrag eingebracht wird.
Aber auch die Frage über die Schwierigkeiten, die sich jetzt zwischen den Krankenkassen und den Ärzten ergeben haben, ist für die Versicherungsträger insofern als erledigt anzusehen, als sich die Vertreter der Rentenversicherungsträger damit einverstanden erklärt haben, daß die notwendiger Aufbesserungen für die Ärzte ebenfalls im Rahmen der Übereinkunft geregelt werden.
Ich danke, Herr Minister.
Damit ist diese Frage erledigt.
Frage 20 wird aus den zu Beginn der Sitzung mitgeteilten Gründen bis in den November zurückgestellt.
— Der Minister ist nicht anwesend;
aus diesem Grunde ist er außerstande, die Frage zu beantworten. Da die Frage sehr persönlich gestellt ist, kann sie wohl nicht durch einen Vertreter beantwortet werden.
Frage 21 ist ebenfalls zurückgestellt, da der Herr Bundesminister für Verkehr nicht anwesend sein kann.
Ist in dem Entwurf des Haushaltsplans 1955 dem einstimmigen Beschluß des Bundestages vom 6. Mai 1954 zu Kap. 4009 betreffend Bewiligung von Mitteln zur Schaffung eines Krankenhauses bzw. einer Abteilung für hirnverletzte Kriegsbeschädigte in Tübingen Rechnung getragen?
Ist es richtig, daß die gewerblichen Berufsgenossenschaften ihre Sonderklinik für Unfallverletzte in Tübingen jetzt ohne Abteilung für Hirnverletzte errichten, nachdem die vom Bund geforderte erste Rate für 1953 nicht zur Verfügung gestellt wurde?
Ist die Bundesregierung bereit, die Staatliche Bauverwaltung sofort mit der Erstellung der Bau-Unterlagen für die Errichtung eines eigenen Hirnverletzten-Krankenhauses mit 80 bis
100 Betten in engster wirtschaftlicher und baulicher Verbindung mit der Unfall-Sonderklinik in Tübingen zu beauftragen, um sicherzustellen, daß Kosten erspart werden können und die vereinbarte dreijährige Räumungsfrist eingehalten werden kann?
Herr Minister!
Der für das Rechnungsjahr 1955 vorgesehene Zuschußbetrag konnte nicht mehr in den vorliegenden Haushaltsplan 1955 aufgenommen werden, weil nach dem Entwurf zum Finanzanpassungsgesetz die Verwaltungskosten der Kriegsopferversorgung künftig durch die Länder zu tragen sind.
Von dem Hauptvorstand der gewerblichen Berufsgenossenschaften wird die Verknüpfung einer Hirnverletztenstation der Kriegsopferversorgung mit der Sonderstation der Berufsgenossenschaften nicht für zweckmäßig erachtet.
Eine Bereitstellung von Bundesmitteln zur Errichtung eines eigenen Hirnverletzten-Krankenhauses kommt im Hinblick auf die geplante Überleitung der Verwaltungskosten der Kriegsopferversorgung vom Bund auf die Länder nicht mehr in Betracht.
Ich möchte Ihnen aber dazu folgendes sagen. Ich habe die Absicht, mich auf dem schnellsten Wege, wenn mein Kollege Hohlwegler von der Landesregierung Baden-Württemberg aus Amerika zurück ist, mit ihm zusammenzusetzen, um diese Dinge zu einem gesunden Ende zu führen.
Eine Zusatzfrage bitte!
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, sind Sie sich der Verantwortung bewußt, die das Kabinett auf sich genommen hat, daß sich diese Geschichte nun ein ganzes Jahr verzögert hat? Ich habe im Sommer hier auf diese Schwierigkeiten hingewiesen und möchte nur sagen: Wenn Sie jetzt betonen — ich habe mir schon im Sommer gedacht, daß das geschehen würde —, daß durch die Neuregelung der Verteilung der Finanzen künftig das Land zuständig ist, warum haben Sie dann einen Brief des Arbeitsministeriums von Baden-Württemberg vom 21. Juli nicht beantwortet, in dem noch einmal besonders gefordert wurde, daß Sie die Mittel für diesen Zweck zur Verfügung stellen? Warum haben Sie drei Monate gewartet und nicht schon vor drei Monaten gesagt: „Wir sind hier nicht mehr zuständig!"?
Herr Minister, bitte.
Ich kann Ihnen nur sagen: Über diese Frage habe ich mit meinem Kollegen Hohlwegler persönlich gesprochen, und ich habe geglaubt, daß damit die Beantwortung seines Briefes als überholt anzusehen sei. Herr Kollege Hohlwegler wird Ihnen wahrscheinlich auch gesagt haben, welche Schwierigkeiten sich dem Projekt in Tübingen entgegengestellt haben. Er wird bestätigen, daß wir uns alle Mühe gegeben haben, die dortigen Verhältnisse zu einer Gesundung zu bringen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, warum haben Sie dann den Brief des Arbeitsministerium von Baden-Württemberg vom 8. September, in dem die Beantwortung des Briefes vom Juli angemahnt wurde, auch nicht beantworten lassen?
Herr Minister!
Ich kann Ihnen natürlich im Moment diese Frage nicht beantworten, weil ich meine Akten nicht hier habe.
Danke schön.
Frage 24 wird aus den zu Beginn der Sitzung mitgeteilten Gründen zurückgestellt.
Bei Frage 25 verzichtet Herr Abgeordneter Platner — zumindest in der heutigen Sitzung — auf die Stellung der Frage.
Frage 26. Herr Abgeordneter Platner! Platner :
Ist dem Herrn Bundesminister der Finanzen bekannt, daß der Bundesgrenzschutz bisher keinen eigenen Übungsplatz zur Durchführung der notwendigen Veranstaltungen zur Verfügung hat und sich daher darum bemühte, daß ihm der frühere Truppenübungsplatz Schwarzenborn in Hessen zur Verfügung gestellt wird?
Ist der Herr Bundesminister der Finanzen bereit, sich dafür einzusetzen, daß dem Bundes-
grenzschutz für seine Zwecke der frühere
Truppenübungsplatz Schwarzenborn zur Verfügung gestellt wird?
Bitte, Herr Staatssekretär Hartmann!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, dem Bundesfinanzministerium ist bekannt, daß dem Bundesgrenzschutz bisher kein Übungsplatz — den Ausdruck Truppenübungsplatz möchte ich in diesem Zusammenhang nicht gebrauchen —
zur Ausbildung zur Verfügung steht. Auch ist bekannt, daß sich der Bundesgrenzschutz bisher wiederholt darum bemüht hat, daß ihm für den genannten Zweck der ehemalige Übungsplatz Schwarzenborn zur Verfügung gestellt wird.
Zum zweiten Absatz: Das Land Hessen hat im Jahre 1947 auf dem ehemaligen Übungsplatz Schwarzenborn eine Lungenheilstätte für 300 Kranke errichtet. Hierzu gehört ein landwirtschaftlicher Betrieb, der 106 ha Gelände bewirtschaftet. Die mit dem Lande Hessen über dieses Gelände abgeschlossenen Verträge laufen am 31. März 1955 aus. Der Bundesgrenzschutz bemüht sich seit längerer Zeit, auf dem Übungsplatz Schwarzenborn schon jetzt Übungsschießen durchzuführen. Wegen der damit verbundenen Störung der Kranken und der Beeinträchtigung des Gutsbetriebes ist eine Vereinbarung über eine Mitbenutzung des Übungsplatzes mit dem Lande Hessen bisher nicht zustande gekommen.
Dem Bundesfinanzministerium ist vor wenigen
3) Tagen bekanntgeworden, daß die amerikanische Besatzungsmacht den größten Teil des ehemaligen Übungsplatzes Schwarzenborn als Übungsgelände angefordert hat. Bei dieser Sachlage kann eine Erklärung über die Bereitstellung des Geländes für Zwecke des Bundesgrenzschutzes zur Zeit nicht abgegeben werden.
Dieser Punkt ist erledigt.
Zur letzten Frage — Frage 27 — Herr Abgeordneter Platner!
Hat der Herr Bundesminister der Justiz bereits in Erwägung gezogen, eine Erhöhung der Gebühren für Sachverständige im Rahmen gerichtlicher Verfahren in den entsprechenden Gesetzen herbeizuführen?
Bitte, Herr Minister!
Der Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung durch Beschluß vom 18. Juli 1952 ersucht, den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, das eine umfassende organische Reform des derzeitigen Gebühren- und Kostenwesens zum Inhalt hat. Da eine solche Reform eine gründliche Vorbereitung erfordert, hat die 20. Konferenz der Justizminister am 3. und 4. Dezember 1952 auf Anregung des Bundesjustizministeriums mehrere Kommissionen mit dem Auftrag eingesetzt, Vorentwürfe für die Reform der Kostengesetzgebung auszuarbeiten. Die Kommission zur Vorbereitung der Reform ,des Gerichtskostengesetzes und der Nebengesetze befaßt sich auch mit der Reform der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige. Bei den Beratungen der Kommission, an denen das Bundesjustizministerium beteiligt ist, wird auch erörtert, inwieweit eine weitere Erhöhung der bereits durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Kostenrechts vom 7. August 1952 erhöhten Sachverständigengebühren gerechtfertigt ist.
Keine weitere Zusatzfrage? — Dann ist die Fragestunde abgeschlossen
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Wahl der Mitglieder kraft Wahl des Richterwahlausschusses.
Es handelt sich um die Drucksache 900, die Ihnen vorliegt. Nach dem Wortlaut des Richterwahlgesetzes muß die Wahl nach den Grundsätzen des Verhältniswahlsystems erfolgen. Sie haben vor sich zwei Vorschläge liegen, die beide in der erwähnten Drucksache abgedruckt sind, einen Vorschlag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/ BHE, DP und einen Vorschlag der Fraktion der SPD. Ich bitte Sie, Ihr Kreuz in dem Kreis anzubringen, der zu dem Vorschlag gehört, den Sie zu wählen wünschen. Befinden sich alle Anwesenden im Besitz der Drucksache 900? — Das ist der Fall. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Zettel einzusammeln.
Ich möchte vorher bekanntgeben, daß auf Grund einer Vereinbarung des Ältestenrats vom 19. Oktober entsprechend dem Verfahren bei der Wahl des Herrn Bundespräsidenten die Berliner Stimmen nicht gesondert geführt werden. Ich mache weiter darauf aufmerksam, daß Abstimmung mit verdeckten Zetteln vorgeschrieben ist. Ich bitte die Herren Schriftführer, mit dem Einsammeln zu beginnen.
Meine Damen und Herren, haben alle Mitglieder des Hauses, die sich an der Abstimmung beteiligen wollen, ihre Stimme abgegeben?
— Dann bitte ich Sie, sich zu beeilen.
Die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich schlage Ihnen vor, meine Damen und Herren, daß wir, während die Auszählung vorgenommen wird, schon mit der Behandlung des Punktes 3 der Tagesordnung beginnen. — Sie sind einverstanden. Ich rufe also Punkt 3 der Tagesordnung auf:
a) Große Anfrage ,der Abgeordneten Dr. Starke, Frau Dr. Brökelschen, Dr. Henn, Wacher und Genossen betreffend Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1954; hier Förderungsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet (Drucksache 741);
b) Große Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Brökelschen, Dr. Starke, Wacher , Dr. Henn und Genossen betreffend Richtlinien der Bundesregierung für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen (Drucksache 745);
c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Starke, Frau Dr. Brökelschen, Dr. Henn, Wacher und Genossen betreffend Weiterführung der Förderungsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet im Haushaltsjahr 1955 (Drucksache 742);
d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Henn, Frau Dr. Brökelschen, Dr. Starke, Wacher und Genossen betreffend Anwendung der Richtlinien der Bundesregierung für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen auf Aufträge der Besatzungsmächte (Drucksache 743);
e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Wacher , Dr. Starke, Frau Dr, Brökelschen, Dr. Henn und Genossen betreffend Richtlinien der Bundesregierung für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen (Drucksache 744).
Auf Grund einer Vereinbarung der Anfragenden bzw. Antragsteller zu den Punkten 3 a bis e werde ich zur Begründung der Anfragen und Anträge diese in folgender Reihenfolge aufrufen: zunächst 3 a, dann 3 c,. dann 3 b, d und e.
Zur Begründung der Großen Anfrage unter Punkt 3 a erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Starke.
Dr. Starke , Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Großen Anfrage Drucksache 741, die ich zu begründen habe, darf ich eingangs darauf hinweisen, daß wir zuletzt am 26. Mai dieses Jahres in diesem Hause über die Zonengrenzfragen debattiert haben. Damals haben wir von der Regierung die Erklärung bekommen, im Bundeshaushalt seien 120 Millionen DM bereitgestellt. Sie wissen alle, daß dieser Betrag aus dem Bundeshaushalt sich jetzt in der Abwicklung befindet, meist im Bereich der Länder. Nun haben wir in den vergangenen Monaten eine wirtschaftliche Entwicklung gehabt, die einen allgemeinen Aufschwung mit sich gebracht hat. Wir haben Produktionszahlen, die die Ziffern vergangener Jahre übersteigen. Wir haben ein weiteres Absinken der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Sie wissen wie ich, daß alle diese Vorgänge zugleich auch eine Besserung der Situation in den Zonenrandgebieten mit sich bringen. In diesem Sinne können wir auch die Regierungserklärung vom 26. Mai verstehen, in der auf diese Punkte schon hingewiesen worden ist.
Auf der anderen Seite liegt mir nun daran, in diesem Zusammenhang — wie am 26. Mai — noch einmal festzustellen, daß meine politischen Freunde und meine Fraktion die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, die auch in einem allgemeinen Sinne dem. Zonenrandgebiet zugute kommt, bejahen und ihr Einverständnis mit dieser Politik ausdrücklich erklären.
Es ist in diesem Zusammenhang aber zugleich eine andere Tatsache zu betonen. Wir nehmen so häufig die Worte in den Mund, daß sich unsere wirtschaftliche Entwicklung sozusagen rein marktwirtschaftlich vollzieht, daß sie also sozusagen außerhalb des engeren staatlichen Geschehens liege. Wir wissen aber alle — wenn wir uns die Statistiken ansehen, ja, wenn wir insbesondere daran denken, welch großer Anteil am Sozialprodukt über die öffentliche Hand geleitet wird —, daß dem in diesem Umfang nicht so ist, sondern daß die öffentliche Hand mit den gewaltigen Mitteln, die sich bei ihr vereinigen — gleichgültig, ob bei Bund, Ländern oder Gemeinden —, einen entscheidenden Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung und insbesondere auf die Richtung dieser wirtschaftlichen Entwicklung im einzelnen ausübt.
Es ist nun in diesem Gesamtzusammenhang unser ganz besonderes Anliegen — und das darf ich ausdrücklich betonen —, daß dann, wenn diese Fragen — wie heute die Frage der Zonenrandgebiete — zur Debatte stehen oder wenn es sich darüber hinaus um die anderen Gebiete, wie die Sanierungsgebiete, handelt, die sich ja teilweise räumlich mit den Zonenrandgebieten decken, nicht immer wieder ein Einwand kommt, den wir angesichts der tatsächlichen Entwicklung, wie ich sie eben aufzuzeigen versuchte, nicht gerne hören. Ich meine den Einwand, daß sich der Staat um diese Fragen — insbesondere solche wirtschaftlicher Natur — nicht zu kümmern habe. Ich bin vielmehr der Ansicht, daß wir uns zu dem Satz bekennen müssen — und meine politischen Freunde vertreten dies ausdrücklich —, daß der Staat mit diesen großen und reichen Mitteln, die durch seine Hände laufen, vor allem dort einzugreifen hat, wo es notwendig ist, wo es insbesondere nationalpolitisch notwendig ist. Und zu diesen nationalpolitischen Fragen gehören die Fragen des Zonenrandgebiets.
Angesichts der von mir bereits charakterisierten wirtschaftlichen Entwicklung gerade auch der letzten Sommermonate darf ich nun Ihr ganz besonderes Augenmerk noch einmal auf folgendes lenken: Bei einer allgemein im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auch gegebenen Besserung der Situation in den Zonenrandgebieten, die also gewissermaßen von dieser Entwicklung gleichsam besser mitgetragen werden, als es eben in der zurückliegenden Zeit war, läuft nicht alles gut. Mit der Steigerung der wirtschaftlichen Tätigkeit, mit dieser günstigeren wirtschaftlichen Entwicklung in den westlichen Schwerpunktgebieten des Bundesgebiets ist dort bereits Facharbeitermangel eingetreten. Wir haben aber darüber hinaus eine Entwicklung vor uns, die mit dem Abkommen von London und den jetzigen Beratungen in Paris in Zusammenhang steht. Diese Entwicklung wird gleichfalls wieder eine verstärkte Einwirkung des Staates auf das allgemeine wirtschaftliche Geschehen bringen, allerdings nicht in dem Sinne, daß wir glauben, etwa wieder zu planwirtschaftlichen Maßnahmen zurückkehren zu müssen. Nein. Aber es wird — und das werden Sie mit mir sagen — ganz unerläßlich sein, daß sich der Staat der wirtschaftlichen Entwicklung und insbesondere der Richtung, in der sie läuft, in verstärktem Maße annimmt. Gerade aus diesen Gründen begrüßen wir es, daß wir uns -in einem solchen Zeitpunkt, wo diese neue Entwicklung vor uns liegt, noch einmal über die Fragen dieser östlichen Randgebiete des Bundesgebietes unterhalten.
Wir haben auch einen besonderen Anlaß, das heute festzustellen. In diesem Hause ist eine Kleine Anfrage gestellt worden, die in der Drucksache 808 beantwortet worden ist. Diese Antwort ist vom Herrn Bundeswirtschaftsminister unterschrieben. Ich darf hier noch einmal sagen, daß diese Beantwortung der Kleinen Anfrage in den Zonenrandgebieten, in den Ostgebieten der Bundesrepublik einen sehr schlechten Eindruck gemacht hat.
Ich habe mich unterdes davon überzeugt, daß diese schriftlich abgegebene Beantwortung nicht in dem Sinne gemeint gewesen ist, wie sie draußen verstanden worden ist. Wir dürfen aber doch nicht vergessen, daß bei allen diesen Fragen das psychologische Moment eine ganz große Rolle spielt.
Ich darf dieses Moment charakterisieren. Die 120 Millionen DM aus dem Bundeshaushalt haben sich, wie ich vorhin schon sagte, in der Abwicklung befunden und befinden sich noch darin. Als im September diese Kleine Anfrage kam, hat praktisch draußen nicht nur der kleine Mann, sondern haben auch größere Betriebe, oder um was es sich sonst handelt, von diesem Geld noch nichts gemerkt. Die Sache befand sich sozusagen noch im Verhandlungsstadium. Wenn dann eine solche Beantwortung einer Kleinen Anfrage herauskommt, aus der man so den Eindruck haben könnte — wie gesagt, der Eindruck ist falsch, wie ich durch Erkundigungen erfahren habe —, daß nun ein Schlußpunkt gesetzt werden soll, dann ist es unvermeidlich, daß die Menschen draußen glauben, dieser Schlußpunkt befinde sich bereits vor dem, worüber Sie im Augenblick verhandeln,
daß also gewissermaßen ihr Anliegen gar nicht mehr zum Zuge kommt. Es ist sicherlich verwunderlich, wenn man dann in der Zentrale feststellt, daß diese Dinge eigentlich nicht so gesehen werden, wie ich jetzt versucht habe, sie hier vor Ihnen auszubreiten. Auch aus diesem Grunde sind wir dankbar. daß wir diese Fragen heute noch einmal aufgreifen können.
So lassen Sie mich denn, bevor ich im einzelnen zu der von mir zu begründenden Drucksache 741 komme — ich habe das mit den Damen und Herren, die die weiteren Anträge und Anfragen zu Punkt 3 der Tagesordnung zu begründen haben, ausdrücklich abgesprochen —, einige wenige allgemeine Erwägungen anstellen, auf die es mir ebenso wie meinen politischen Freunden, mit denen ich mich darin in völliger Übereinstimmung befinde, ganz besonders ankommt. Wir müssen feststellen, daß es trotz des Beschlusses des Bundestages, der die Grundlage für alle die Maßnahmen ist, die unterdessen getroffen worden sind oder die sich jetzt in der Entwicklung befinden, noch immer an einem Programm der Bundesregierung fehlt. Ich stelle mir dieses Programm etwa so vor, daß es alle Gebiete der staatlichen Verwaltung erfaßt, .daß es sich auf die Tätigkeit aller Ressorts, auf die Tätigkeit aller Referate in den Ministerien des Bundes bezieht. Ein solches Programm muß eine Leitlinie sein, sowohl für die innere Tätigkeit der Verwaltung, wie auch für uns, die wir uns mit diesen Fragen zu befassen haben und die wir diese Fragen immer wieder hier im Bundestag, aber auch in den Besprechungen mit den Ministerien zu vertreten haben.
Ich darf in diesem Zusammenhang einmal ausdrücklich auf die kürzlichen Ausführungen des Herrn Bundesministers für Vertriebenenfragen, des Herrn Bundesministers Oberländer, hinweisen, der im Namen der Bundesregierung gerade auch diesen Gesichtspunkt in den Vordergrund gerückt hat. Ich darf auch noch einmal daran anknüpfen, daß es nicht so sehr darauf ankommt, Befugnisse an die Verwaltung zu verleihen, sondern daß es mehr darauf ankommt, daß bei dem Einsatz der Mittel, von denen ich vorhin sprach —
ein Drittel des Sozialprodukts wird ja durch die öffentliche Hand verausgabt —, in allen Ressorts, in allen Referaten, die Fragen gebührend berücksichtigt werden, die uns am Herzen liegen und die ich heute im einzelnen zu berühren brauche, weil sie immer wieder erörtert worden sind. Dann wäre das erreicht, was ich mit diesem Wort „eine Leitlinie für die ganze Verwaltung" meine.
Wir haben einen Ansatzpunkt dazu: das ist der vielleicht nicht überall bekannte Erlaß des Herrn Bundeskanzlers vom November 1953. Ich darf noch einmal betonen: Ich wollte gern, daß man im Sinne dieses Erlasses, der sich an alle Ressorts wendet, fortschreitet. Wir möchten gern, daß dieser Erlaß eine Ergänzung erfährt im Sinne der von mir aufgezeigten Leitlinie, die Richtschnur für die Verwaltung ist und die uns die Möglichkeit gibt, in allen Einzelfragen, die immer wieder auftauchen und die eben meist in diesen Gebieten schwerer zu behandeln sind als woanders, diese Gesichtspunkte zur Geltung zu bringen.
Ich brauche Ihnen, meine Damen und Herren, hier nur mit ganz wenigen Strichen zu sagen, daß es dabei auf sehr viele Fragen ankommt, nicht nur auf das rein Wirtschaftliche, sosehr das selbstverständlich als materielle Grundlage auch dieser Zonenrandgebiete, der Ostgebiete, von Bedeutung ist. Es kommt genau so auf das Zusammenlaufen aller Maßnahmen an. Es muß zusammenpassen, es muß sich alles an diese Leitlinie hängen sowohl z. B. auf dem Gebiet des Wohnungsbaus als auch des Straßenbaus. Lassen Sie mich einmal sagen: es gibt Gebiete, wo man mit einem Straßenbau unendlich vieles gutmachen kann, was seit 1945 verabsäumt worden ist, nachdem diese Gebiete sozusagen von ihrem engeren wirtschaftlichen und kulturellen Lebensraum durch die Zonengrenze abgeschnitten worden sind.
Das gilt weiter — darüber ist auch wiederholt gesprochen worden — auf dem Gebiete der Kultur. Hier liegt es mir ganz besonders am Herzen, einmal wenigstens in einem Satz präzise etwas dazu zu sagen. Es handelt sich um die selbstverständlich gerade in einem solchen Grenzgebiet wichtigen Schulfragen. Es dreht sich darüber hinaus aber auch noch um etwas anderes. Ohne daß ich Sie jetzt mit Zahlen behelligen will, darf ich es einmal feststellen. Für den engeren Raum, in dem mein Wahlkreis liegt, könnte ich Ihnen jetzt die Zahlen geben. Ich lasse sie aber weg. Es dreht sich darum, daß die Zahl der Jugendlichen gerade in diesen Gebieten wegen des dort ganz besonders großen Stroms von Flüchtlingen, der hineingekommen und dort hängengeblieben ist, gegenüber dem Bundesgebiet überdurchschnittlich ist, daß also in diesen Gebieten mit all den finanziellen Belastungen für das Land wie für die Gemeinden und Gemeindeverbände — vergessen wir das nicht! — die Kosten für die Ausbildung dieser überdurchschnittlichen Zahl von Jugendlichen besonders hoch sind. Ich glaube — wenn man einmal davon sprechen will —, daß auch diese Fragen, z. B. der Berufsschulen, zu den kulturellen Problemen gehören. Ich habe dabei die Fragen der Gemeinden schon mit angerührt.
Wenn wir also, meine Damen und Herren, schon eine solche Leitlinie haben, dann kommt es selbstverständlich immer auf die Finanzierung solcher Maßnahmen an. Und da bin ich nicht der Meinung, daß uns heute noch damit gedient ist, daß wir durch Umfragen Programme aufstellen, wie wir
sie insbesondere auch auf kulturellem Gebiet gehabt haben, wo dann Programme mit mehreren hundert Millionen DM entstehen; denn das sind ja Dinge, die in absehbarer Zeit nicht realisiert werden können. Wir sollten uns also lieber konzentrieren auf Dinge wie etwa Ausbildung der Jugendlichen, auf ganz bestimmte, fest umrissene Programme, wofür bei den Staatsverwaltungen und bei der Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände Unterlagen bereits vorliegen.
Nun zu der Finanzierung. Wer in den vergangenen Monaten, im Frühjahr 1954, die Dinge miterlebt hat, als es um die Auseinandersetzungen um den Bundeshaushalt, als es um den Anteil des Bundes an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ging, dem ist es verständlich, daß damals die Gedanken gewissermaßen Gestalt angenommen haben, die ich Ihnen jetzt als ein ganz besonderes Anliegen meiner politischen Freunde und von mir darlegen möchte. Der Bundeshaushalt, worüber nachher zu einem Antrag, der unmittelbar nach dieser An- frage kommt, der Abgeordnete Wacher noch im einzelnen sprechen wird, wird die Mittel, die notwendig sind, um all die Aufgaben zu finanzieren, von denen ich Ihnen einen Umriß zu geben versuchte, nicht allein geben können. Das ist die Erkenntnis von mir und meinen politischen Freunden. Wir müssen also daran denken, daß wir weitere Finanzauellen eröffnen müssen, um diese Fragen wirklich einer Lösung zuführen zu können.
Ich darf hierzu noch ausdrücklich sagen — ich tue das ganz besonders im Namen meiner Fraktion —, daß die Finanzverfassung, wie sie im Grundgesetz festgelegt worden ist, in diesen Fragen gerade der östlichen Randgebiete außerordentlich schwerfällig und unbeweglich ist. Im Zuge der Verhandlungen hat sich herausgestellt, daß diese Finanzverfassung es sehr schlecht zuläßt, rechtzeitig und beschleunigt zu den Maßnahmen zu kommen, die wir für notwendig halten und die gerade auch dieses Hohe Haus am 2. Juli des vergangenen Jahres gebilligt hat.
Die Fragen, um die es uns geht, rühren also nicht an den Streit, ob der Art. 30 oder der Art. 120 des Grundgesetzes, wo über die Kriegsfolgelasten gesprochen wird, zum Zuge kommt. Vielmehr kommt es darauf an, daß man in einem gemeinsamen Entschluß der dafür zuständigen öffentlichen Stellen zu einer Finanzierung des von mir einmal im ganzen umrissenen Programms kommt, zu einer Finanzierung, die wirklich realisierbar ist. Es geht dabei darum, daß man nicht nur einseitig den Bundeshaushalt in Anspruch nimmt, dessen Beanspruchung, wie Sie alle wissen, durch die vielen Beschlüsse dieses Hohen Hauses in den letzten Wochen und durch die vor uns liegende Entwicklung nicht kleiner wird. Es kommt darauf an, diese Probleme auf breitere Schultern zu legen und weitere Finanzguellen zu erschließen. Ich bin deshalb auch der Überzeugung — wir haben uns am 26. Mai darüber unterhalten, und ich darf es hier ausdrücklich noch einmal sagen —, daß die von der sozialdemokratischen Fraktion zum Zonengrenzproblem gestellten Anträge sich mindestens zu einem Teil wahrscheinlich deshalb nicht werden realisieren lassen, weil sie nur auf den Bundeshaushalt abgestellt sind. Ich glaube, die weiteren Beratungen werden es zeigen, daß wir die Mittel, die wir benötigen und wie wir sie uns vorstellen, aus diesem beengten Bundeshaushalt, der ja angesichts einer Steuersenkung und angesichts der Tatsache, daß er sich das Geld auf der anderen Seite über eine Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer von den Ländern holen müßte, keine Ausdehnungsfähigkeit hat, schwerlich in vollem Umfang bekommen werden, daß es also deshalb wahrscheinlich erneut zu Schwierigkeiten kommen wird.
Ich darf mir erlauben, für das Weitere ausdrücklich auf die Erklärung der Regierung vom August 1953 Bezug zu nehmen, die ja als Folgewirkung des Beschlusses dieses Hohen Hauses vom 2. Juli 1953 anzusehen ist. In dieser Regierungserklärung steht doch, daß die Belange der Zonenrandgebiete auch außerhalb des Haushalts und außerhalb der dort ins Auge gefaßten steuerlichen Maßnahmen bei allen Förderungsprogrammen der Bundesregierung besonders berücksichtigt werden sollen. Ich darf Ihnen heute schon im Namen meiner Fraktion — und ich hoffe, daß ich dies darüber hinaus von einem größeren Kreis sagen kann — erklären, daß wir u. a. den Finanzausgleich zwischen den Ländern als eine weitere Quelle für die Finanzierung dieser Dinge ansehen.
Ich darf mich hier darauf beschränken, mit zwei, drei Sätzen zu umreißen, was damit gemeint ist. Das Ostproblem, um das es sich hier dreht, ist ja nach 1945 nicht neu — nur in einer anderen Gestalt — an uns herangetreten. Es hat in früheren Jahren in meiner früheren Heimat im Osten schon immer bestanden. Wer diese Dinge gerade in der Weimarer Republik schon miterlebt hat, wie ich es früher habe tun können, der kann mit aller Deutlichkeit sagen, daß diese Fragen in der Weimarer Republik und in der damaligen Finanzverfassung in besseren Händen waren. Die Ostgebiete lagen mit geringen Ausnahmen praktisch im Bereich Preußens. Innerhalb Preußens vollzog sich ein Finanzausgleich, der so große Beträge umfaßte, daß alles, was wir heute auf diesem Wege zugunsten der heutigen Ostgebiete der Bundesrepublik, wie sie durch die Zonengrenze nun einmal entstanden sind, zu erreichen versuchen, nur ein kleines gegenüber dem ist, was damals ohne Aufheben geschehen ist. Wenn man also an diese große Finanztransaktion denkt, die sich laufend über den preußischen Haushalt vollzog, und wenn man berücksichtigt, daß eine ähnliche Finanztransaktion heute zwischen den westlichen Ländern und den östlichen Ländern, in denen sich die von uns hier behandelten Dinge abspielen, nicht erfolgt, dann wird einem klar, um wieviel mehr wir den Finanzausgleich zwischen den Ländern mit in Betracht ziehen müssen, wenn wir über die Finanzierung der Maßnahmen sprechen, die erforderlich sind und um die wir uns sorgen.
Ich kann mich auf diese Ausführungen beschränken, darf aber bereits ankündigen, daß ein von mir bereits im Finanz- und Steuerausschuß gestellter Antrag im Plenum, vielleicht in einer etwas anderen Form, von, wie ich hoffe, einer möglichst großen Zahl von Abgeordneten getragen, wieder gestellt werden wird.
Und ein Zweites, was heute speziell meiner Anfrage zugrunde liegt und worüber im folgenden auch Herr Abgeordneter Wacher noch sprechen wird: Es geht auch darum, neben dem Bundeshaushalt und neben dem Finanzausgleich, von dem ich eben sprach, die zentralen Vermögensträger für diese Fragen mit anzusprechen.
Gerade dort liegen ja Mittel, Milliardenbeträge, die es nicht neu zu beschaffen gilt, sondern die
ohnehin laufend jedes Jahr von der öffentlichen Hand zur Förderung des wirtschaftlichen Geschehens, aber auch des Geschehens auf anderen Gebieten verausgabt werden. Ich möchte mich dahingehend ausdrücken, daß es meiner und meiner politischen Freunde Absicht ist, mit unseren Anfragen und Anträgen, die heute unter Punkt 3 auf der Tagesordnung stehen, die Aufmerksamkeit des Hauses darauf zu lenken, daß bei den dort verausgabten Mitteln auch diese Ostgebiete mit berücksichtigt werden müssen, so daß man bei all den Gebieten, auf denen diese Mittel verausgabt werden, in Zukunft gewärtig sein kann, daß diese Ostprobleme dabei zu einem gewissen Teil mit gelöst werden.
Es handelt sich also um eine Akzentverschiebung bei der Verausgabung der Mittel, und meine politischen Freunde und ich sind der Überzeugung, daß der Zeitpunkt dafür jetzt gekommen ist. Dies gilt insbesondere, wenn wir damit rechnen dürfen, daß im kommenden Jahr dank der noch vor uns liegenden Gesetzgebung die Verhältnisse auf dem Kapitalmarkt andere werden. Gerade dann dürfen wir erwarten, daß die zentral gesteuerten Mittel des Bundes, wie ich sie einmal nennen darf, vermehrt für diese regionalen Fragen eingesetzt werden, die ja gleichfalls in einem ganz starken Umfang wirtschaftspolitischen Charakter tragen.
Es dreht sich dabei — ich komme nachher mit einigen Sätzen noch darauf zu sprechen — um das ERP-Sondervermögen. Es dreht sich aber auch um die Mittel der Bundesanstalt in Nürnberg. Es dreht sich darüber hinaus auch um die Frage der Wohnungsbaumittel, die ebenfalls mit unter diesen Gesichtspunkten — koordiniert mit den anderen Maßnahmen, die der Bundestag schon beschlossen hat — eingesetzt werden müssen. Ja, ich wage hier einmal das kühne Wort: es dreht sich dabei auch um die Mittel des Plans, der gestern hier zur Erörterung stand, die Mittel des Bundesjugendplans. Auch bei all diesen Mitteln darf man nicht vergessen, daß diese östlichen Gebiete eben wirtschaftlich schwächer sind und deshalb auch in ihrer Steuerkraft schwächer sind. Dort hat also das Land weniger Mittel zur Verfügung, und der Finanzausgleich zwischen den Ländern führt nicht, wie es früher — ich sagte es schon — innerhalb Preußens zum Osten hin der Fall war, die notwendigen Mittel herbei. Deshalb sind, da aus diesen Gründen natürlich der kommunale Finanzausgleich in jenen Ländern geringer ausgestattet ist, dort selbstverständlich auch die Gemeinden finanzschwächer. Die örtlichen und regionalen Kreditinstitute in diesen Gebieten verfügen auch nicht über die Möglichkeiten wie weiter westlich. Da aus diesen Gründen die Möglichkeiten auch z. B. bei den Fragen, die der Bundesjugendplan betrifft, geringer sind als im Westen, sind unsere Forderungen nicht übertrieben, sondern betreffen nur Ausgleichsmaßnahmen, die wir verlangen, damit der Gesamtkomplex dessen, was man Ost-West-Gefälle nennt, besser ausgeglichen wird.
Es ist also, wenn ich es noch einmal sagen darf, notwendig, daß die Bundesregierung alle Ressorts, alle Referate eindringlich anweist, bei allen Maßnahmen, insbesondere bei der Verausgabung der an sich auszugebenden Mittel diese Gesichtspunkte, die uns am Herzen liegen, gebührend und in stärkerem Maße als bisher zu berücksichtigen.
Ich darf nun nach diesem Umriß der heute vorliegenden Anträge und Anfragen, den ich im Einverständnis mit meinen politischen Freunden geben konnte, zu der Drucksache 741 nur einiges weniges sagen. Parallel zu dieser Debatte läuft die auch noch am heutigen Tag anstehende Verabschiedung des Wirtschaftsplans für das ERP-Sondervermögen für 1954. Ich werde sogar die Ehre haben, vor diesem Hohen Haus als Berichterstatter auch zu diesem Wirtschaftsplan zu sprechen. Während der Beratungen dieses Wirtschaftsplans im Wirtschaftspolitischen Ausschuß sind die Fragen, die ich heute allgemeiner vor Ihnen ausgebreitet habe, gesondert besprochen und erörtert worden. Es hat sich dabei ergeben, daß bei der Bundesregierung, in diesem Falle beim Herrn Bundesminister für die wirtschaftliche Zusammenarbeit, Geneigtheit besteht. Wir haben über die Kreditbedingungen gesprochen, um die es dabei geht, und ich habe — wieder im Namen meiner politischen Freunde — ausdrücklich erklären können, daß die Mittel des ERP-Sondervermögens, die ja für weitere Verwendungszwecke erhalten bleiben sollen, nicht für Sanierungen eingesetzt werden sollen, daß also nicht in dem Sinne ein Einsatz erfolgen soll, daß man Verluste zu erwarten hat, die gewissermaßen schon voraussehbar sind. Es geht uns vielmehr darum, auch in den Gebieten im östlichen Grenzraum nach der Sowjetzone die Rationalisierung und Modernisierung der Industrie z. B., die ja überhaupt das große Anliegen Westdeutchlands ist, voranzutreiben. Ja, ich möchte darüber hinaus sagen, wir möchten sie wegen der verlorengegangenen Standortbedingungen für diese Betriebe sogar bevorzugt vorantreiben. Wenn wir das nicht tun, werden wir erleben, daß diese Betriebe bei sich verschärfendem, bei zunehmendem Wettbewerb schließlich zum Erliegen kommen. Das ist nicht unser Anliegen, sondern wir wollen gerade eine Stärkung dieser Betriebe. Die Mittel auch des ERP-Sondervermögens sollen also für die Rationalisierung an sich durchaus gesunder Betriebe in einem größeren Ausmaß als bisher unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte, die ich vorgetragen habe, eingesetzt werden. Ich darf auch zu diesem Punkte wiederholen: wir glauben, der Zeitpunkt ist jetzt da, daß man diese Akzentverschiebung vornimmt.
Wir haben sowohl bezüglich der Mittel, die kreditweise gegeben werden sollen, wie auch bezüglich der Kreditbedingungen von dem Herrn Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit eine Zusage erhalten, die ich in dem Bericht über die Verabschiedung des Wirtschaftsplans für das ERP-Sondervermögen heute nachmittag noch erwähnen darf. Es wird jetzt darauf ankommen, wie diese Zusagen verwirklicht werden, insbesondere darauf, wie der Erfolg sich draußen bemerkbar machen wird.
Die Anfrage Drucksache 741, auf die ich,, weil im Wirtschaftspolitischen Ausschuß weitgehend erörtert, nicht mehr im einzelnen einzugehen brauche, ist also nur ein Teilstück dessen, was ich vorhin in einem gewissen Rahmen auszuführen versuchte und wozu wir noch einige Anfragen und Anträge laufen haben, die nachher begründet werden: der Schaffung einer Leitlinie, die für alle Ressorts verbindliche Grundsätze schafft, so daß jedes Ressort und jedes Referat weiß, was man will. Dabei wird man, wie ich schon sagte, noch einmal genau zu untersuchen haben, was man wirklich will; denn die Maßnahme, die für den einen Raum paßt, paßt für den anderen nicht. Ich darf hier ausdrücklich sagen, daß es mir
nicht nur auf das eine, sondern auch auf das andere ankommt. Es müssen einmal Maßnahmen sein, die der Erhaltung dienen, und auf der anderen Seite Maßnahmen, die der Entwicklung dienen; denn wir haben in dem Zonenrandraum Gebiete — denken Sie an das Gebiet Braunschweig oder an das Gebiet Oberfranken um Hof herum —, in denen es eine starke gewerbliche Ansiedlung gibt, in denen wir eine Industriedichte haben, die nur hinter dem Ruhrgebiet und dem Raum um Stuttgart zurücksteht. Es kommt darauf an, dies zu erhalten. Das ist das eine Anliegen. Auf der anderen Seite haben wir Räume, die ebenfalls im Zonenrandgebiet liegen — sei es beispielsweise im Bayerischen Wald, in der Rhön, im Harz oder in anderen Gebieten —, in denen man zu allererst entwickeln muß. Man muß also beides tun, und zwar, wie Sie alle wissen, mit verschiedenen Maßnahmen.
— Betriebe entwickeln liegt schon in dem Ausdruck „Gebiete entwickeln". Das kann man ja wohl nur über Betriebe machen.
Hinsichtlich der Finanzierung habe ich mir erlaubt, vor Ihnen auszubreiten, daß es notwendig sein wird — dazu wird es erheblicher Arbeit und erheblichen guten Willens bedürfen —, die Finanzverfassungsschwierigkeiten, wie sie sich nun einmal aus dem Grundgesetz ergeben, in einem kühnen Entschluß zu überwinden, damit das Hin- und Herschieben, wie ich schon sagte, zwischen dem Art. 30 und dem Art. 120 des Grundgesetzes, kurz gesagt, zwischen Bund und Ländern, einmal aufhört, so daß man über Ressort- und Zuständigkeitsfragen hinweg wirklich zu beschleunigten, zeitgerechten, echten und durchgreifenden Maßnahmen kommt. Dabei soll selbstverständlich nicht übersehen werden, auch die Länder und die Gemeinden zu ihrem 'Teil an diesen Fragen zu be- teiligen. Deshalb zum Schluß noch einmal das Wort Finanzausgleich, sowohl zwischen den Ländern, was uns im Bundestag angeht, wie innerhalb der Länder beim kommunalen Finanzausgleich. Denn wenn man diesen öffentlich-rechtlichen Körperschaften nicht die Mittel an die Hand gibt, können sie sich an der Lösung dieser Frage nicht beteiligen. Es wäre sehr zu bedauern, wenn man von unserem Grundgesetz, das nun einmal diese Finanzverfassung vorsieht, mehr und mehr sagen müßte, seine Grundsätze, die zur Lösung dieser Frage angewendet werden müssen, reichten nicht aus, um diesem nationalpolitischen Problem gebührend zu Leibe zu gehen.
Ich darf schließlich noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, und zwar gerade im Hinblick auf das ERP-Sondervermögen, daß die Weimarer Republik in den Fragen der Ostgebiete weiter war, als wir es heute sind, daß sich diese Fragen damals leichter lösen ließen, nicht bloß deshalb, weil die Probleme etwa kleiner gewesen wären, nein, auch deshalb, weil man eine andere Finanzverfassung und -organisation hatte und — nun muß ich noch etwas sagen, was mir besonders am Herzen liegt — auch deshalb, weil sich der Staat damals um alle Wirtschaftsfragen nicht in dem Maße kümmerte wie heute und dadurch den Kopf frei und klar behielt für die Gebiete, auf denen seine Hilfe besonders notwendig war.
Heute dagegen kümmert sich der Staat um alles und jedes, auch in wirtschaftlichen Fragen, wie ich es aufzuzeigen versuchte. Dadurch treten notwendigerweise Ermüdungserscheinungen in Staat und Verwaltung auf, gerade bei echten Notfragen, um die es hier heute ging.
Zum Schluß darf ich hinsichtlich der Anträge im Einverständnis mit meinen politischen Freunden die Bitte vortragen, sie außer an die sonst dafür zuständigen Ausschüsse auch an den Gesamtdeutschen Ausschuß zu überweisen, damit sie in dem bei diesem Ausschuß bestehenden Unterausschuß „Zonenrandgebiete" in einer gewissen Koordinierung behandelt werden können, da sie zusammen mit den schon früher gestellten Anträgen ein unteilbares Ganzes bilden.
Meine Damen und Herren, ehe ich weiter das Wort gebe, habe ich das
Ergebnis der Wahl der Mitglieder kraft
Wahl des Richterwahlausschusses
bekanntzugeben. Es wurden insgesamt 420 Stimmen abgegeben. 10 Mandate sind zu verteilen. Auf den Vorschlag A sind entfallen 274 Stimmen, ergibt 7 Mandate; auf den Vorschlag B 146 Stimmen, ergibt 3 Mandate. Gewählt sind auf den Vorschlag A der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP als Mitglieder: Herr Dr. Hofmeister , die Abgeordneten Sabel, Dr. Kleindinst, Dr. Weber (Koblenz), Dr. Leverkuehn, Dr. Schneider (Lollar), Dr. Kopf; als Stellvertreter der Abgeordnete Pelster, Herr Dr. Schetter (Köln), die Abgeordneten Dr. Dittrich, Dr. von Merkatz, Dr. Friedensburg, Onnen, Dr. Czermak. Auf den Vorschlag B der Fraktion der SPD sind gewählt I als Mitglieder die Herren Abgeordneten Dr. Greve, Böhm (Düsseldorf), Wagner (Ludwigshafen); als Stellvertreter die Abgeordneten Frau Meyer-Laule, Hansen (Köln), Schröter (Wilmersdorf).
Das Wort zu Punkt 3 c der Tagesordnung hat der Abgeordnete Wacher .
Wacher (CDU/CSU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine nicht gerade kleine Zahl von Kollegen und Kolleginnen wird, das weiß ich, nicht gerade erfreut gewesen sein, auf der heutigen Tagesordnung drei Anträge und zwei Anfragen vorzufinden, die sich mit den Zonenrandgebieten beschäftigen. Ich weiß, man sagt da: wieder einmal! Aber ich glaube, wir werden uns mit diesem Fragenkomplex so lange zu beschäftigen haben, wie diese unselige Zerschneidung des deutschen Landes andauert.
Wir sollten uns jedoch — das sage ich mit allem Nachdruck — in einer Form mit diesen Fragen beschäftigen, die die nicht direkt Beteiligten nicht allzusehr strapaziert, wenn ich dieses sowieso schon strapazierte Wort verwenden darf. Wir sollten diese Materie, so meine ich, auf zwei Arten nicht behandeln. Erstens sollten wir nicht immer wieder in langatmigen Ausführungen die verschiedensten Gründe für die schwierige Lage dieser Gebiete aufzeigen; das geschieht heute leider noch oft durch breite Schilderungen der Verhältnisse des eigenen Wahlkreises, nicht zuletzt, um der eigenen Heimatpresse genügend Material zu lie. fern. Zweitens erregt man eben berechtigte Ver-
stimmung, wenn man Anträge stellt, die mit Beträgen operieren, welche auf Grund der Haushaltslage des Bundes als nicht zu verwirklichen bezeichnet werden müssen. Wenn wir diese Fehler nicht wiederholen wollen, dürfen wir die heutige Debatte nicht so führen, wie 'die Grenzlanddebatte am 26. Mai geführt wurde, und dürfen uns nicht wieder stundenlang — ich glaube, damals waren es fünf Stunden — mit diesen Problemen beschäftigen.
Wir dürfen dieses Problem nicht Wieder in seiner ganzen Breite aufrollen. Es genügt, wenn das Hohe Haus von Fall zu Fall über die Lage informiert wird und wenn die Wirkung getroffener Maßnahmen bekanntgegeben wird.
In ,der schon zitierten Sitzung vom 26. Mai hat die Opposition die Verwirklichung des 120 Millionen-Fonds laufend angezweifelt. Nun, diese 120 Millionen DM sind eine Realität geworden, und es ist damit eine zweckentsprechende Entwicklung der Hilfsmaßnahmen eingeleitet worden. Meine politischen Freunde sind mit mir der Ansicht, daß diese Maßnahmen weitergeführt werden müssen. Das ergibt sich schon folgerichtig, wenn man sich den Katalog, den die Bundesregierung auf Grund der Ländervorschläge ausgearbeitet hat, ansieht und wenn man sich z. B. der Frachthilfe sowie der Förderung des Straßenbaus, der Versorgungsanlagen und auch der Grenzlandlandwirte erinnert.
Natürlich hat niemand von uns — und ich nehme an, niemand in diesem Hohen Hause — erwartet, daß diese 120 Millionen DM so ausreichend wären und so nachhaltig wirken würden, daß man weitere Beträge für die nächsten Jahre nicht mehr einzusetzen hätte. In dem von mir zu begründenden Antrag Drucksache 742 wird daher die Bundesregierung ersucht, in dem ordentlichen Haushalt für das Haushaltsjahr 1955/56 entsprechende Mittel vorzusehen. Wenn nun die Frage gestellt wird, warum wir keine Summe eingesetzt haben, so muß ich sagen, dies ist ,deshalb nicht geschehen, weil unsere Vorstellung dahin geht, daß die Regierung auf Grund der Verwendung der Mittel in diesem Jahr feststellen soll, welche Mittel für das nächste Haushaltsjahr in Ansatz gebracht werden müssen, um eine konstante Weiterführung zu ermöglichen.
Der Bundesfinanzminister ist natürlich auch in dieser Frage ziemlich zurückhaltend. Ich glaube aber, daß der Herr Bundestagsabgeordnete Schäffer aus Passau viel weitergehende Wünsche hat,
die der Bundesfinanzminister ihm unterdrückt. Sosehr das Hohe Haus sicher die Hemmung des Bundesfinanzministers würdigt, sollten wir ihm alle helfen, diese Hemmungen zu überwinden, und ihn veranlassen, im neuen Jahr entsprechende Mittel einzuplanen.
Wir wollen aber nicht, daß im nächsten Jahr die ausgeworfenen Beträge wieder an bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden, wie es im letzten Jahr bei dem Junktim der 120 Millionen DM mit dem Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer der Fall war.
In der Presse — Herr Kollege Dr. Starke hat schon darauf hingewiesen — sind vor einiger Zeit
Meldungen erschienen, die dahin gingen, daß im nächsten Jahr im ordentlichen Haushalt nicht mehr mit entsprechenden Mitteln zu rechnen sei. Es war für mich übrigens sehr interessant, daß auf Grund dieser Meldungen im Lande draußen eine ziemliche Erregung entstand.
Das war für mich ein Beweis, daß dieses Programm gut angekommen ist und gut eingeschlagen hat. Meinen politischen Freunden und mir ist keine diesbezügliche Verlautbarung der Regierung bekannt. Es dürfte sich, wie Kollege Dr. Starke schon bemerkt hat, um eine irrtümliche Auslegung der Antwort auf die Kleine Anfrage 97 handeln.
Ich bin aber Realist genug, um zu wissen, daß auch erneute Haushaltspositionen nicht ausreichend sein werden und nicht ausreichend sein können. Gerade deshalb ersuchen wir die Bundesregierung, wieder in Verfolg des Bundestagsbeschlusses vom 2. Juli 1953, bei der Aufstellung der Haushalte der zentralen Vermögensträger die Gebiete, die in die Förderungsmaßnahmen einbezogen sind, besonders zu berücksichtigen. Es ist heute schon vom ERP-Vermögen gesprochen worden. In denselben Rahmen gehören auch die Mittel aus den Rückkaufserlösen der Bundesanleihen. Es gehören hierher auch die Leistungen aus dem Lastenausgleichsfonds; selbstverständlich im Rahmen der Zweckbestimmung, aber ich meine doch, sie müßten mit verstärktem Nachdruck in die Grenzgebiete geleitet werden. Zu erwähnen wären hier noch die Eigenmittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder. Der Ihnen vorliegende Antrag befaßt sich auch mit den öffentlich-rechtlichen Körperschaften z. B. mit der Bundesanstalt in Nürnberg. Es soll hier keineswegs der Eindruck entstehen, daß im Rahmen der zentralen Investitionsprogramme für die Zonenrandgebiete in den letzten Jahren und insbesondere im letzten Jahr nichts geschehen sei. Wir meinen aber, daß auf diesem Gebiet und in dieser Beziehung noch etwas mehr zugunsten dieser Gebietsteile zu geschehen hätte.
Wir beantragen ferner, daß in den einzelnen Ressorts die Mittel für die Grenzgebiete besonders vorgesehen und besonders ausgewiesen werden. Diese Forderung ist aus der sehr bitteren Erkenntnis entstanden, daß so manche Empfehlungen, die in den letzten Jahren gegeben wurden, leider nur bedrucktes Papier geblieben sind. Im Interesse aller müssen wir stichhaltige Vergleichsmöglichkeiten haben.
Ich darf zusammenfassend sagen: unsere Wünsche gehen dahin, daß zur Förderung der Wirtschaftskraft der Grenzgebiete am Eisernen Vorhang — wir sollten vielleicht eher sagen: am sowjetischen Stacheldraht, denn durch den Eisernen Vorhang konnte man noch hindurch — eine Umgruppierung der vorhandenen Mittel vorgenommen wird, daß im kommenden Haushaltsjahr darüber hinaus wieder die notwendigen Mittel in den ordentlichen Haushalt eingebaut werden.
Dieses Bukett an vorgeschlagenen Maßnahmen. das ich in aller Kürze zu skizzieren versucht habe, wird es notwendig machen, daß dieser Antrag an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß — federführend — sowie an den Haushaltsausschuß, an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und an den Gesamtdeutschen Ausschuß zur Mitberatung überwiesen wird. Den Zonenrandgebieten und
Grenzgebieten zu helfen, bedeutet, wie Frau Dr. Brökelschen einmal so richtig ausgeführt hat, ein Gefecht im Kalten Krieg zu gewinnen. Ich weiß, daß das Hohe Haus die Notlage dieses Fünftels der Bundesrepublik mehrfach anerkannt hat. Wenn diese Not auch gemildert werden konnte, sie besteht schon noch! Ich darf deshalb bitten, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort zur Begründung der Anträge unter den Ziffern 3 b), d) und e) hat Frau Abgeordnete Dr. Brökelschen.
Frau Dr. Brökelschen , Antragstellerin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Anträge auf den Drucksachen 743 und 744 und die Große Anfrage auf Drucksache 745 stehen in innerem Zusammenhang miteinander. Ich bin deswegen dankbar, daß Einverständnis darüber besteht, daß ich sie gemeinsam begründen darf.
Alle drei Drucksachen haben als Ausgangspunkt die Richtlinien der Bundesregierung für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vom 31. März 1954. Es handelt sich bei diesen Richtlinien, die im Bundesanzeiger vorn 7. April 1954 veröffentlicht sind, u. a. darum, für notleidende Gebiete, unter denen das Zonenrandgebiet ausdrücklich aufgeführt ist, bestimmte Abweichungen von der Verdingungsordnung für Leistungen und der Verdingungsordnung für Bauleistungen für zulässig zu erklären. Die öffentlichen Aufträge sind für die Wirtschaft des Zonenrandgebietes ein Faktor von entscheidender Bedeutung. Die immer wiederkehrende Frage ist deshalb, wie man ihren Umfang erweitern und wie man die Anwendung der
Richtlinien sicherstellen kann. Sowohl nach der einen wie nach der anderen Seite ist die Entwicklung leider nicht zufriedenstellend verlaufen.
Die Richtlinien wenden sich zunächst an die Stellen der Bundesregierung, die Aufträge vergeben, also an Beschaffungsstellen und bauvergebende Stellen. Nun ist das Ziel der Richtlinien, den Betrieben und Gebieten, die nach Auffassung von Bundestag und Bundesregierung einer besonderen Förderung bedürfen, dadurch zu helfen, daß zur Ausgabe gelangende Bundesmittel nach bestimmten wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten eingesetzt werden. Wenn dieses Ziel aber erreicht werden soll, dann darf kein Unterschied gemacht werden, je nachdem, ob die Mittel von den Bundesstellen für ihren eigenen Bedarf oder aber für Beschaffungen außerhalb dieses Eigenbedarfs verwendet werden sollen. Wir denken z. B. an die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein mit ihren Einkäufen oder an die Einkäufe der Einfuhr-und Vorratsstellen. Wir denken aber auch z. B. an die 2 Millionen DM, die von der Bundesmonopolverwaltung nach ihrem Bericht vom 30. September 1952 für Baudarlehen eingesetzt worden sind. Auch soweit Bundesmittel als Kredite oder Subventionen oder als sonstige Finanzierungshilfen gegeben werden und mittelbar Anlaß zu Anschaffungen geben — wir denken hier vor allen Dingen an den auch von Herrn Kollegen Starke schon erwähnten sozialen Wohnungsbau —, sollte die Anwendung der Richtlinien sichergestellt werden.
Mit Recht hat der Ostrandausschuß des Landkreistages in einer Denkschrift, die uns in diesen Tagen zugegangen ist, darauf hingewiesen, daß bei den Facharbeitern eine ganz bedenkliche Tendenz
zur Abwanderung besteht, daß aber auf der anderen Seite an dem Festhalten der Facharbeiter die Frage der wirtschaftlichen Sicherheit überhaupt hängt und daß es infolgedessen notwendig ist, gerade für Facharbeiter den Wohnungsbau verstärkt zu fördern. Es sollte auch ohne weiteres möglich sein, die Unternehmungen, auf die die Regierung kapital- oder leitungsmäßig entscheidenden Einfluß hat, in diese Bindung einzubeziehen. Ich möchte ausdrücklich sagen, daß damit keinem Dirigismus in weiterem Umfange das Wort geredet werden soll. Aber wenn die Bundesregierung um die Anerkennung von politischen und wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten nicht herumkommt und wenn der Einsatz öffentlicher Mittel — das ist von meinen beiden Herren Vorrednern betont worden — leider nur begrenzt möglich ist, dann muß man eben versuchen, alle Möglichkeiten auszunutzen, die ohne weitere unmittelbare Belastung des Bundes eine spürbare Hilfe bringen können.
Da wir jedoch in bezug auf die praktische Durchführung unseres Anliegens eine leise Skepsis nicht verschweigen wollen und wir auf der anderen Seite der Meinung sind, daß man nicht erneut im Zonenrandgebiet einen Rückschlag in den Hoffnungen verantworten kann, die unser Antrag zweifellos geweckt hat, möchten wir, daß die getroffenen Maßnahmen dem Bundestag zur Kenntnis gebracht werden.
Die erwähnten Richtlinien weisen noch eine andere schwache Stelle auf. Sie sind im Rahmen der Aufträge der Besatzungsmächte bislang kaum wirksam geworden.
Wir wissen — und das möchte ich ausdrücklich sagen —, daß die Bemühungen der Bundesregierung seit langem immer wieder dahin gegangen sind, hier eine befriedigende Regelung zu erreichen, bisher leider ohne entscheidenden Erfolg.
Die Besatzungsmächte vertreten nämlich den Standpunkt, daß es sich bei diesen regionalen Fragen um soziale Maßnahmen handelt, die eine rein innenpolitische Angelegenheit seien. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat in seiner Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Josten, Stingl und Frau Probst vom 12. Juli 1954, die diesen Fragenkomplex ansprach, eine Übersicht über die Beschaffungsverfahren der drei Besatzungsmächte gegeben. Daraus ergibt sich, daß diese Verfahren innerhalb der Besatzungsmächte völlig verschieden sind und daß keines der Verfahren die im Bundesgebiet sonst gültigen Beschaffungsrichtlinien beachtet. So behalten sich alle drei Besatzungsmächte die Erteilung des Zuschlages vor, auch wenn z. B. die britische Besatzungsmacht bei der Einholung der Angebote und bei Firmenvorschlägen eine deutsche Stelle einschaltet. Die Antwort des Herrn Bundeswirtschaftsministers weist auf das allen Besatzungsmächten gemeinsame Bestreben hin, möglichst beim Großhersteller unter Erzielung des billigsten Preises zu kaufen, und drückt als die Auffassung der Bundesregierung aus, daß unbeschadet der erwünschten Sparsamkeit der Besatzungs-
möchte die von deutscher Seite zur Verfügung gestellten Mittel so hoch seien, daß sie eine Beteiligung der nach den Richtlinien zu bevorzugenden Bewerber in dem dort vorgesehenen Rahmen und den dort vorgesehenen Preisspannen durchaus ermöglichen.
Das ist auch unsere Meinung. Aber wir möchten auch noch darauf hinweisen, daß es sich bei dem den Richtlinien zugrunde liegenden Fragenkomplex nicht nur um eine innerdeutsche Angelegenheit handelt, sondern daß die Erhaltung und Stärkung der Wirtschaftskraft an der Grenze der Bundesrepublik zur sowjetisch besetzten Zone und die soziale und politische Befriedung, die damit zusammenhängt, weit über innenpolitische Interessen hinausgehen und auch eine außenpolitische Frage und damit eine gemeinsame Angelegenheit der freien Welt sind. Deswegen sind wir der Meinung, das Parlament sollte sich in einer einheitlichen Willenskundgebung dahin äußern, daß eine Vereinbarung der Bundesrepublik mit den Besatzungsmächten zustande kommen möge, nach der die Anwendung der Richtlinien bei der Vergabe von Aufträgen aus dem Besatzungskostenhaushalt in vollem Umfang zum Zuge kommt.
Nun liegt zwischen dem Datum, an dem unsere Große Anfrage eingereicht wurde — es war der 12. Juli — und heute die Londoner Konferenz und damit die Aussicht auf den baldigen Wegfall des Besatzungsstatuts. Aber es ist schon vom Herrn Kollegen Dr. Starke darauf hingewiesen worden, daß im Zusammenhang mit dem Truppenvertrag in großem Umfang weitere öffentliche Aufträge anfallen werden. Unser Anliegen bleibt deshalb nach wie vor berechtigt und ist auch für die Zukunft durchaus zu beachten. Wir bitten, die Anträge Drucksachen 743 und 744, die sich mit diesem Fragenkreis beschäftigen, dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß — federführend — und dem Gesamtdeutschen Ausschuß zur Mitberatung zu überweisen.
Das letzte Anliegen aus 'diesem Fragenkreis bezieht sich auf die sogenannte Geringfügigkeitsklausel. Die Richtlinien sehen nämlich vor, daß bei den öffentlichen Aufträgen einem bevorzugten Bewerber auch dann der Zuschlag erteilt werden soll, wenn sein Angebot nicht das wirtschaftlichste ist, sondern geringfügig über diesem liegt. Nun läßt der Begriff „geringfügig" recht verschiedene Auslegungen zu, und tatsächlich haben hier Ermessensentscheidungen in der praktischen Handhabung zu beträchtlichen Abweichungen geführt. Es ist darum notwendig, daß klipp und klar gesagt wird, was „geringfügig" bedeutet. Wir sind der Meinung, man sollte in den beteiligten Ressorts der Interpretation „gleich 5 %" zustimmen. Dabei ist es unseres Erachtens denkbar, daß man bei ganz großen Aufträgen diese Spanne verringert. Ich möchte aber sagen, daß eine Tabelle aus dem Jahre 1951, bei der die Herabstaffelung von 5% schon bei Aufträgen über 5 000 DM möglich war und auf Grund deren bei Aufträgen über 100 000 DM so gut wie gar keine Abweichung vom wirtschaftlichsten Angebot möglich war, keine Lösung gewesen ist.
Wenn man an einer Staffelung festhalten will, muß unseres Erachtens die Summe für die 5%- Grenze ganz wesentlich heraufgesetzt werden und müssen die Spannen bei der Staffelung beträchtlich auseinandergezogen werden. Jedenfalls — das ist das Entscheidende — müssen klare Anweisungen
gegeben werden, die eine einheitliche Interpretation gewährleisten. Wir wären deswegen dankbar, wenn in den beteiligten Ressorts über diese Frage recht bald eine einheitliche und übereinstimmende Auffassung herbeigeführt würde. Wir stimmen dabei durchaus dem Herrn Bundesfinanzminister zu, wenn er als unverzichtbare Voraussetzung für die 5 % angesehen haben will, daß die preislichen Mehrforderungen ihren Grund ausschließlich — das möchte ich betonen — in Mehrkosten der Anbieter haben, die standortbedingt sind. Wir wollen insofern nicht den freien Wettbewerb einschränken, sondern im Gegenteil den echten Wettbewerb möglich machen.
Ein letzter Punkt, der im Zonenrandgebiet immer wieder berechtigte Verstimmung hervorruft, ist die uneinheitliche Anwendung der Richtlinien durch die Länder. Gerade in den letzten Tagen ist in der erwähnten Denkschrift des Landkreistages gesagt worden, die Hilfe für das Zonenrandgebiet bleibe eine nur vom Bund zu lösende nationalpolitische Aufgabe ersten Ranges. Ich möchte dem in weitem Umfange zustimmen, aber ich möchte sagen, daß es trotzdem nicht ohne eine Koordinierung der Ländermaßnahmen mit den Maßnahmen des Bundes geht. Es ist doch so, daß einige Länder die Richtlinien voll anerkennen und danach verfahren, während andere ihre Anerkennung ablehnen. Es wäre deswegen für uns von Interesse, zu erfahren, welche Maßnahmen die Bundesregierung zu ergreifen gedenkt, um hier die unbedingt notwendige Koordinierung herzustellen. Meines Erachtens sollte die Anwendung der Richtlinien zumindest dort selbstverständlich sein, wo man unmittelbar an den Förderungsprogrammen interessiert ist, nämlich in den Ländern der Zonenrandgebiete selber. Es würde zweifellos der Besserung der manchmal nicht ganz guten Atmosphäre im Zonenrandgebiet dienlich sein, wenn man dort die Überzeugung wecken könnte, daß Bund und Länder hier an einem Strick ziehen. Aber auch in den Ländern, in denen infolge starker Wirtschaftskraft — das lassen Sie mich einmal ehrlich sagen — öffentliche Aufträge in großem Umfange anfallen, sollte man zu einer solchen Koordinierung bereit sein.
Die Problematik des Zonenrandgebiets — das ist heute schon 'erwähnt worden — geht als politische Aufgabe uns alle miteinander an. Das muß immer wieder gesagt werden, und ich möchte es gerade in diesen Tagen unterstreichen, nachdem der Besuch von Herrn Molotow in der sowjetisch besetzten Zone und seine verschiedenen Reden während dieses Besuchs nicht gerade die Hoffnung haben wecken können, daß der Kreml schon in nächster Zukunft bereit ist, die Regierung der DDR fallenzulassen und damit den Eisernen Vorhang zu beseitigen, der doch der entscheidende Grund für die ganze Problematik des Zonenrandgebiets ist. So wird leider die Verringerung des West-Ost-Gefälles in der Wirtschaftsentwicklung der Bundesrepublik gerade auch den wirtschaftlich starken Ländern als politische Aufgabe vorerst gestellt bleiben. Ich meine, hier hätte echter Föderalismus die Gelegenheit zu einer Bewährungsprobe.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Damit sind die Begründungen zu Ende geführt.
Ich erteile das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage unter Punkt 3 a, Drucksache 741, dem Herrn Vizekanzler Blücher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich die Große Anfrage auf Drucksache 741 beantworte, geben Sie mir bitte Gelegenheit zu einigen wenigen Vorbemerkungen, die zum Verständnis der bei der Verwaltung und Verausgabung der Mittel des ERP-Sondervermögens angewandten Systematik dienlich sind.
Sie haben mit Bedauern bemerkt, daß im Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens ein besonderer Ansatz für Förderungsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet nicht enthalten ist. Dies bedeutet keineswegs, daß die Wirtschaft in den Zonenrandgebieten bisher unberücksichtigt blieb oder in Zukunft nicht berücksichtigt werden soll. Die Verteilung der Mittel des Sondervermögens erfolgt mit dem Ziel, einen größtmöglichen volkswirtschaftlichen Effekt zu erreichen. Hierbei war es notwendig, für die Verwendung der in ihrem Umfang begrenzten Mittel eine Rangordnung nach der volkswirtschaftlichen Dringlichkeit der Maßnahmen, und zwar nach fachlichen Gesichtspunkten aufzustellen. Angesichts der Standortgebundenheit verschiedener Wirtschaftszweige und der Notwendigkeit, den Wiederaufbau der gesamten Wirtschaft unabhängig von Landesgrenzen zu fördern, war es nur möglich, die Investitionsprogramme nach branchenmäßigen Gesichtspunkten aufzustellen und auf Länder- oder Gebietsquoten zu verzichten.
Selbstverständlich ergab sich bereits frühzeitig, daß Unternehmungen, die ihren Sitz in Gebieten haben, die wegen Kapitalarmut oder aus sonstigen Gründen einer besonderen Förderung bedürfen, bei sonst gleichen fachlichen Voraussetzungen bevorzugt berücksichtigt wurden.
1 Auf Grund des § 5 des Gesetzes über die Verwaltung des ERP-Sondervermögens vom 31. August 1953 ist der Verwalter des ERP-Sondervermögens — bin also ich — gehalten, dieses nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu verwalten und die Substanz des Vermögens zu erhalten. Der überwiegende Teil der Mittel des ERP-Sondervermögens ist daher auch in Form von Krediten vergeben worden. Nur in Ausnahmefällen sind Zuschüsse gewährt worden.
Hinsichtlich der Kreditbedingungen ist mit Sorgfalt darauf geachtet worden, daß die Wettbewerbsverhältnisse nicht künstlich durch Zinsdifferenzierungen beeinflußt werden. Wo in der Wirtschaft regional bedingte Nachteile bestehen, können sie leider nur zum geringen Teil über den Zinssatz für öffentliche Kredite ausgeglichen werden, insbesondere nicht, wenn man bedenkt, daß angesichts der knappen Mittel nur verhältnismäßig wenige Unternehmen in den Genuß solcher Kredite gelangen können. Für den Ausgleich von regional bedingten Nachteilen erscheinen an erster Stelle andere Maßnahmen notwendig, die im Rahmen des Zonengrenzprogramms der Bundesregierung denn auch bereits eingeleitet sind.
Praktisch habe ich mich in der Vergangenheit dennoch mit der Feststlegung von besonders günstigen Zinssätzen für Sonderprogramme einverstanden erklärt und in der Beratung des ERP-Wirtschaftsplanes im Ausschuß für Wirtschaftspolitik zugestimmt, daß Kredite an Unternehmungen im Zonenrandgebiet unter besonderen Voraussetzungen zu erleichterten Bedingungen gewährt werden.
Es ist bisher das Bestreben des Verwalters des Sondervermögens gewesen, bei der Aufstellung der
Investitions- und Zuschußprogramme so flexibel wie möglich zu bleiben. Es ist daher mit wenigen Ausnahmen vermieden worden, weit in die Zukunft reichende Gesamtprogramme aufzustellen, durch die Mittel der kommenden Jahre gebunden werden. Ebenso habe ich davon abgesehen, für bestimmte Zwecke einen revolvierenden Fonds zu bilden, auf den ein Wirtschaftszweig, ein Ressort oder ein Land dauernd Anspruch erheben könnten. Eine Ausnahme bilden selbstverständlich die für Berlin bestimmten Mittel, und wegen dieser Selbstverständlichkeit darf ich sie hier außer Betracht lassen. Ich glaube, mit Ihnen darin einig zu sein, daß es nur so möglich ist, die Verwendung des Sondervermögens der sich laufend ändernden Lage anzupassen und für Parlament und Regierung freie Hand für die Erfüllung dringender Aufgaben zu behalten, so z. B. für die Behebung plötzlich auftretender Notstände. Ich darf Sie, meine Damen und Herren, alle an die Lage längs der Zonengrenze im Jahre 1952 erinnern, als Beweglichkeit die Voraussetzung für schnelles Handeln war. Ich darf Sie daher bitten, diese von mir bisher angewandten Grundsätze auch bei der von der Bundesregierung stets anerkannten notwendigen Förderung der Wirtschaft im Zonenrandgebiet zu berücksichtigen.
Was ist nun bisher im Rahmen der Verwaltung des Sondervermögens für die Zonenrandgebiete getan worden, und in welchem Umfang wird künftig den Zonenrandgebieten geholfen werden können? Zur Beantwortung dieser Frage darf ich mich der Gliederung der Ihnen vorliegenden Großen Anfrage bedienen.
Erstens: Die für Unternehmungen im Zonenrandgebiet vorgesehenen Beträge sind im Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1954 in Kap. 2, Ausgabe, bei folgenden Titeln mit veranschlagt:
bei Tit. 1 Land-, Forst- und Fischwirtschaft, bei Tit. 3 Energie- und Wasserwirtschaft,
bei Tit. 4 Eisen- und Stahl- sowie sonstige Grundstoffindustrien,
bei Tit. 5 verarbeitende Industrien,
bei Tit. 6 Verkehr,
bei Tit. 7 Wohnungsbau und
bei Tit. 8 sonstige gewerbliche Wirtschaft.
Im Rahmen dieser Titel werden der Zonenrandwirtschaft voraussichtlich 95 Millionen DM zufließen, von denen ein Teil bereits zugesagt ist. In diesem Betrag sind sowohl Ausgaben des Jahres 1954 als auch des Haushaltsjahres 1955 enthalten. Die letzteren sind innerhalb der bei den einzelnen Titeln im Wirtschaftsplan vermerkten Bindungsermächtigungen veranschlagt.
Zweitens: Die Berücksichtigung der Unternehmen im Zonenrandgebiet erfolgte allgemein im Rahmen der für das gesamte Bundesgebiet aufgestellten Kreditprogramme. Für alle in diesen Programmen berücksichtigten Unternehmen galten einheitliche Kreditbedingungen. Daneben wurden besondere Programme ausschließlich zugunsten der Wirtschaft im Zonenrandgebiet aufgestellt, für die besonders günstige Konditionen festgelegt wurden. Diese Sonderprogramme dienten der Behebung von Schäden, die aus Anlaß der Absperrmaßnahmen der Sowjetzonenregierung im Jahre 1952 entstanden waren. Soweit ähnliche Maßnahmen auch in Zukunft notwendig sein sollten, werden besonders günstige Bedingungen auf Grund der Präambel zu Kap 2, Ausgabe, des ERP-Wirtschaftsplangesetzes
nach dessen Verabschiedung von mir gewährt werden können. In dieser Präambel ist ausdrücklich vorgesehen, daß in Abweichung von den allgemein geltenden Kreditbedingungen Kredite an Unternehmungen im Zonenrandgebiet zu erleichterten Bedingungen gewährt werden, sofern nur durch derartige Bedingungen der. Kreditzweck erreicht werden kann. Bereits vor Anlaufen der Programme werden die Kreditbedingungen den für die Auswahl der Projekte zuständigen Bundes- und Landesdienststellen bekanntgegeben, die für ihre weitere Verbreitung Sorge tragen. Die mit der Abwicklung der Kreditprogramme beauftragten Banken sind vertragsmäßig gehalten, die vereinbarten Konditionen zu gewähren.
Drittens. Auch in den vergangenen Haushaltsjahren sind die Zonenrandgebiete weitgehend im Rahmen der Kredit- und Zuschußprogramme des ERP-Sondervermögens berücksichtigt worden. Da die Aufstellung der außerordentlichen Haushalte des Bundesministeriums für den Marshallplan, in denen die Mittel des ERP-Sondervermögens jährlich veranschlagt wurden, nicht in einheitlicher Form erfolgte, darf ich auf die Aufzählung der verschiedenen Titel verzichten.
Nach dem Stand der Kreditzusagen vom 31. Juli 1954 sind die Zonenrandgebiete an Kreditprogrammen des Sondervermögens wie folgt beteiligt worden:
a) Einzelkredite an verschiedene Zweige der gewerblichen Wirtschaft 153 Millionen DM,
b) Mittel- und Kleinkredite für die gewerbliche Wirtschaft, insbesondere an Vertriebene, 29 Millionen DM,
B) c) Wohnungsbau 86 Millionen DM,
d) See-, Küsten- und Binnenschiffahrt 40 Millionen DM,
e) Landwirtschaft 55 Millionen DM.
Insgesamt sind demnach rund 363 Millionen DM aus Mitteln des Sondervermögens in Form von Krediten den Unternehmen im Zonenrandgebiet zugute gekommen.
Sofern beabsichtigt werden sollte, aus dem Kreditvolumen von 363 Millionen DM sowie aus den hieraus erwarteten Zinsen einen ständig revolvierenden und zugunsten der Zonenrandwirtschaft zu verwendenden Fonds zu bilden, würden jährlich nur etwa 29 Millionen DM zur Verfügung stehen. Ich möchte hier davon absehen, die vielen bank-und verwaltungstechnischen Schwierigkeiten aufzuzählen, die es beinahe unmöglich machen würden, aus der Summe der in die Zonenrandgebiete geleiteten Kredite einen revolvierenden Fonds zu bilden. Ich darf Ihnen aber vorschlagen, zu den aus einem etwaigen Zonenrandfonds jährlich erwarteten Einnahmen von 29 Millionen DM die für das Jahr 1954 und 1955 vorgesehenen voraussichtlichen Ausgaben in Höhe von 95 Millionen DM in Beziehung zu setzen. Hieraus ergibt sich, daß das Zonenrandgebiet in diesen beiden Jahren in größerem Umfange berücksichtigt wird, als es im Rahmen eines revolvierenden Fonds der Fall sein würde. Und ich darf mich auf meine ausdrückliche Zusage stützen, die ich bei den Beratungen im Ausschuß für Wirtschaftspolitik gab, wonach ich bemüht sein werde, als Mindestbetrag für die bisher noch nicht geplanten Jahre einen Betrag von 40 Millionen DM zu geben, also erheblich mehr, als ein revolvierender Fonds ergeben würde.
Welche Möglichkeiten sind nun gegeben, um eine bevorzugte Berücksichtigung der Zonenrandgebiete sicherzustellen?
a) Sofern bei den einzelnen Kreditprogrammen die zu berücksichtigenden Projekte von den zuständigen Landes- und Bundesministerien ausgewählt werden, sind diese Dienststellen gehalten, Unternehmen im Zonenrandgebiet unter sonst gleichen Voraussetzungen bevorzugt zu berücksichtigen.
b) Sofern jedoch im Rahmen von sogenannten Globalkreditaktionen die Auswahl der Kreditnehmer durch die Banken in eigener Zuständigkeit erfolgt, wird in den von mir mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau abzuschließenden Kreditverträgen die bevorzugte Berücksichtigung von Unternehmungen in den Zonenrandgebieten vereinbart. Dieses Verfahren hat sich bewährt, wie aus der oben angeführten Gesamtsumme der aus Mitteln des ERP-Sondervermögens in die Zonenrandgebiete geleiteten Kredite erkennbar ist. Es soll daher auch in Zukunft beibehalten werden.
c) In dem Ihnen vorliegenden Entwurf eines Dritten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft — Bundestagsdrucksache 750 — ist für den Verwalter des ERP-Sondervermögens die Ermächtigung vorgesehen, Bürgschaften bis zu 200 Millionen DM zu übernehmen. Diese werden bevorzugt Berlin, den Zonenrandgebieten und den Vertriebenen zur Verfügung gestellt.
d) In diesem Zusammenhang möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß im Rahmen der Verwaltung des ERP-Sondervermögens jede Möglichkeit, die Zonenrandgebiete auch mittelbar zu unterstützen, genutzt wird. So werden z. B. in den Kreditverträgen die Kreditnehmer angehalten, bei der Erteilung von Aufträgen Notstandsgebiete, zu denen auch aie Zonenrandgebiete gehören, zu berücksichtigen.
Wenn ich hoffe, durch meine bisherigen Ausführungen die Große Anfrage beantwortet zu haben, und wenn sich diese Anfrage auch nur auf den Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens bezieht, so gestatten Sie mir doch zum Schluß noch einige Bemerkungen, die mit Fragen des ERP-Sondervermögens und den Zonenrandgebieten in Verbindung stehen. Als Verwalter des ERP-Sondervermögens habe ich großen Wert darauf gelegt, daß diese Mittel lediglich zur Teil- oder Restfinanzierung verwendet werden. Das Sondervermögen ist zwar vielleicht gegenwärtig der bedeutendste Kreditfonds aus öffentlichen Mitteln, der zur Förderung der Wirtschaft zur Verfügung steht; es ist jedoch nicht der einzige. Deshalb sollte nicht unerwähnt bleiben, daß auch aus sonstigen Mitteln des Bundes nicht unbedeutende Beträge den Zonenrandgebieten zugute gekommen sind. Ich darf mich hier auf Nennung der Kreditbeträge beschränken, die neben den Mitteln des ERP-Sondervermögens über die Kreditanstalt für Wiederaufbau gelaufen sind, z. B. STEG-Mittel, Mittel des Arbeitsbeschaffungsprogramms, Verkaufserlös der KfW-Anleihe und dergleichen. In dem gleichen Zeitraum, in dem aus Mitteln des ERP-Sondervermögens rund 363 Millionen DM Kreditzusagen für Unternehmungen des Zonenrandgebietes erteilt wurden, sind aus sonstigen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau geleiteten Mitteln rund 195 Millionen DM in dieses
Gebiet gegangen, das sind insgesamt 558 Millionen DM. Hierin sind nicht einbegriffen die Bundesmittel, die nach rein regionalen Gesichtspunkten vergeben worden sind, die sogenannten Sanierungsprogramme im Gesamtbetrage von 125 Millionen DM und das Programm zur Steigerung der Wirtschaftskraft und zur Beseitigung von Wirtschaftsschäden in Grenzbezirken im Umfange von rund 120 Millionen DM. Daneben sollen nicht unerwähnt bleiben die umfangreichen Maßnahmen, die von den Ländern eingeleitet und durchgeführt worden sind.
Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluß auf einige Sätze eingehen, die der Herr Abgeordnete D r. Starke und die Frau Abgeordnete Dr. Brökelschen gesagt haben. Ich möchte meine völlige Übereinstimmung mit ihnen aussprechen, daß es nicht unsere Aufgabe ist und daß es uns auch nicht gestattet ist, aus irgendwelcher Prinzipienreiterei notwendige Eingriffe, förderliche Eingriffe in das Leben eines Gebietes vorzunehmen, wenn eben das Leben dieses Gebietes nicht durch die organische Entwicklung, sondern durch politischen Eingriff so schwerwiegend gestört ist. Das ist das eine, was ich sagen möchte.
Das andere: Ich habe bisher, wenn ich mich so ausdrücken darf, statisch gesprochen. Ich habe also von dem gesprochen, was bisher war und was bisher geplant ist. Wir hoffen alle, daß die politische Arbeit der letzten Jahre in einer menschlich übersehbaren Zeit dazu führt, daß wir nicht mehr von den Zonenrandgebieten zu sprechen brauchen.
Das entbindet uns aber nicht von der Pflicht, den gegenwärtig herrschenden Zuständen Rechnung zu tragen.
Hier ist uns, nachdem die Zerreißung Deutschlands so lange andauert, eine Aufgabe ganz klar gestellt. In den überbevölkerten Gebieten wächst bei uns eine außerordentliche, wirtschaftlich, sozial und politisch gleich große Gefahr infolge der Zusammenballung der Bevölkerung.
In der gleichen Zeit stehen wir vor der Notwendigkeit solcher Debatten, wie wir sie am heutigen Morgen hier führen. Die Aufgabe ist, im Zuge einer gesunden Raumordnung diese Notmaßnahmen, die Sie wünschen, so schnell wie möglich durch eine bessere Raumordnungspolitik und ihre Auswirkungen zu wirtschaftlichen zu machen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Bundeswirtschaftsminister Erhard zur Beantwortung der Großen Anfrage Drucksache 745.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Meinungen der Bundesressorts über die Auslegung des Begriffs „geringfügig" im Sinne der Richtlinien für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen gehen tatsächlich auseinander. Ich habe mich sehr bemüht, eine Übereinstimmung herbeizuführen. Die Einigung auf eine einheitliche zahlenmäßige Bestimmung des Begriffs „geringfügig" wird jedoch dadurch erschwert, daß die Beschaffungsstellen vielfach befürchten, einem Druck der
Anbieter ausgesetzt zu werden, die einheitlichen Höchstsätze auch dann anzuwenden, wenn ihre finanzielle Lage dies nicht gestattet.
Die Frage, was die Bundesregierung unter „geringfügig" im Sinne der Richtlinien versteht, ist deshalb zur Zeit nur dahin zu beantworten, daß die Auslegung jedem Ressort nach seinen Verhältnissen überlassen ist. Jedes Ressort berücksichtigt demnach bei der Vergabe von Aufträgen je nach seinen Umständen, insbesondere nach seiner Haushaltslage eine geringfügige Überschreitung des wirtschaftlichen Angebots durch das Angebot eines bevorzugten Bewerbers im Sinne der Richtlinien. Ich setze meine Bemühungen fort, eine einheitliche Anwendung zu erreichen, möchte aber hinzufügen, daß die Anwendung der Richtlinien praktisch sehr viel großzügiger und weitherziger erfolgt, als aus den Erklärungen von Frau Dr. Brökelschen vielleicht vermutet werden könnte.
Was nun die Anwendung der Richtlinien durch die Länder anbelangt, so sind die Minister und Senatoren für Wirtschaft der Bundesländer mit Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft vom 3. April 1954 gebeten worden, darauf hinzuwirken, daß die Richtlinien in ihren Ländern zur Einführung gelangen. Mit einem weiteren Schreiben vom 5. Juni 1954 sind sowohl die Minister und Senatoren für Wirtschaft als auch die Minister und Senatoren für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte der Länder gebeten worden, die zur Einführung der Richtlinien in ihren Ländern erforderlichen Kabinettsbeschlüsse bald herbeizuführen. Soweit his zur Stunde übersehen werden kann, ist noch von keinem Bundesland ein Kabinettsbeschluß herbeigeführt worden.
Die Länder Berlin, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben durch Erlasse der Minister bzw. Senatoren, in Hessen des Ministers für Vertriebene, in den Ministerialblättern die Richtlinien bekanntgegeben und zu ihrer Anwendung aufgefordert.
Eine Bindung der einzelnen Länderressorts an die Richtlinien dürfte dadurch jedoch noch nicht erreicht sein. Das Land Hamburg hat mitgeteilt, daß es die Flüchtlingsbetriebe und Betriebe in anerkannt notleidenden Gebieten gebührend berücksichtige. Nordrhein-Westfalen hat die Richtlinien durch einen Erlaß des Finanzministers so weit übernommen, als sie sich auf Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge beziehen. Als „notleidendes Gebiet" erkennt Nordrhein-Westfalen bisher nur Berlin an. Die Stellungnahmen von Baden-Württemberg, Bayern, Bremen und Rheinland-Pfalz stehen noch aus. Ich habe die Länder in diesen Tagen nochmals gebeten, Kabinettsbeschlüsse über die Einführung der Richtlinien herbeizuführen, und sie dabei auch auf die der Bundesregierung vom Hohen Hause vorgelegte Große Anfrage hingewiesen.
Im übrigen möchte ich noch erklären, ich bin Herrn Dr. Starke dankbar, daß er bereits zum Ausdruck gebracht hat, daß die Antwort auf eine Anfrage, die ich am 8. September gegeben habe, mißverstanden worden ist und daß der Hinweis auf die begrenzte Grenzlandhilfe von 120 Millionen DM selbstverständlich nicht besagen kann, daß aus dem Sanierungsfonds für die nachhaltige Förderung der Zonenrandgebiete nicht mehr getan werden kann und auch nicht mehr getan werden soll.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, Sie haben die Antworten der Regierung auf die Großen Anfragen gehört. Ich unterstelle, daß das Haus eine Debatte wünscht; wir treten in die Aussprache ein.
Das Wort hat der Abgeordnete Behrisch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kommt im Leben immer auf den Zusammenhang an, und der Zusammenhang mit all den uns vorliegenden Anträgen ist gegeben durch die Beschlüsse vom 2. Juli 1953. Nach dem einstimmigen Beschluß vom 2. Juli hat die Partei des Bundeskanzlers einen großen Wahlsieg erfochten, und dieser Wahlsieg hat ihr eigentlich alle Chancen gegeben, das zu verwirklichen, was wir damals beschlossen haben. Aber die große Gelegenheit hat die Regierung nur in Verlegenheit gebracht, denn sonst hätten wir uns heute nicht mit einem solchen Bündel von unsubstantiellen Anträgen zu befassen.
Im Hinblick auf das Zonenrandgebiet ist die Gleichgültigkeit, die die erste Bundesregierung diesen Problemen gegenüber gezeigt hat, dieselbe geblieben auch in der Arbeit der zweiten Bundesregierung; denn was hier heute Neues vorgetragen wurde, war nicht überwältigend, und was Gutes vorgetragen wurde, war nicht neu.
Ich möchte Ihnen mit Albert Schweitzer sagen: es kommt nicht auf die Quantität des Wirkens, sondern auf die Qualität an,
und in Ihrer Quantität ist nichts drin.
— Herr Wacher und auch Herr Kollege Starke, schöne Worte und fettes Fleisch bleiben nicht im Halse stecken,
und das, was Sie hier geplaudert haben, ist ganz gut herausgekommen. Aber wir wollen mal abwarten, was daraus wird.
Nehmen wir Ihre Anfragen und Anträge im einzelnen vor! Wir haben gehört, was Herr Starke und Herr Bundesminister Blücher zu dieser Anfrage betreffend ERP-Sondervermögen, Verwaltung und Verwendungsmöglichkeiten gesagt haben. Herr Minister Blücher hat, wenn ich recht verstanden habe, angedeutet, daß für die kommenden zwei Jahre etwa 95 Millionen DM für das Zonenrandgebiet zur Verfügung stünden. Wenn ich bedenke, daß das gesamte zur Verfügung stehende Vermögen über eine Milliarde DM ausmacht, muß ich sagen: der Anteil ist nicht übertrieben hoch; denn immerhin haben wir es beim Zonenrandgebiet mit etwa 7 Millionen Menschen zu tun, und wenn Sie die 95 Millionen DM zu über einer Milliarde in Verhältnis setzen, werden Sie zugeben müssen, daß dieses Verhältnis nicht sonderlich günstig ist. Ich habe die bange Ahnung, daß wir in einem halben oder in einem ganzen Jahr, wenn wir wieder auf die Geschichte zurückkommen, wahrscheinlich nicht viel Besseres zu berichten haben als das, was Herr Wacher für die Vergangenheit gesagt hat, nämlich daß die Empfehlungen bedrucktes Papier geblieben sind oder, wie Frau Kollegin Brökelschen gesagt hat, daß die bisherige Entwicklung unzufrieden-
stellend war. Herr Minister Blücher hat aufgezählt, was alles geschehen ist, was in der Vergangenheit schon mit diesem ERP-Geld im Zonenrandgebiet getan worden ist. Aber wir können doch nur feststellen, daß die Wirkung ausgeblieben ist. Die gefährliche Entwicklung der Abwanderung, die Dauerarbeitslosigkeit, die Stagnation und die Angst in diesem Gebiet sind nicht nur geblieben, sie sind gewachsen. Meine Damen und Herren, ich darf namens meiner Fraktion sagen: wir sind gespannt, ob sich von dem, was Herr Minister Blücher hier angekündigt hat, im Zonenrandgebiet praktisch etwas zeigen wird.
Dann der Antrag des Kollegen Dr. Starke über die Weiterführung der Förderungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet. Er hat uns verraten, daß die unglückselige Drucksache 808, die Antwort des Herrn Wirtschaftsministers Erhard auf eine Anfrage, die so dazwischen geflattert ist, nicht so gemeint sei, wie sie draußen verstanden wurde. Das ist eine nette Verniedlichung. Was Herr Minister Erhard hier gesagt hat, hebt doch nicht auf, was darin steht. Hier steht nämlich buchstäblich, schwarz auf weiß geschrieben, daß die Schaffung des Fonds von 120 Millionen DM Grenzlandhilfe eine einmalige Aktion war, deren Wiederholung leider nicht möglich ist.
Dann kommt er vom Pferd auf den Esel und sagt: Ja, aber mit Hilfe des Sanierungsfonds wird schon noch etwas geschehen. Gerade damit können wir uns nicht abfinden. Wir können uns deshalb nicht damit abfinden, weil Sie ja selbst in Ihrem Antrag Drucksache 742 sagen, daß zur weiteren Durchführung des Bundestagsbeschlusses vom 2. Juli 1953 bei der Vorbereitung des Bundeshaushaltes für das Haushaltsjahr 1955 die notwendigen Mittel für die Fortführung der Maßnahmen zur Förderung des Zonenrandgebietes vorgesehen werden sollen. Sie sagen wörtlich:
Insbesondere sind im ordentlichen Haushalt des Bundes entsprechende Mittel vorzusehen.
Wir sind mit diesem Antrag absolut einverstanden.
Wir schließen uns ihm an und geben Ihnen die Chance, aus diesem Antrag etwas zu machen. Es ist Ihnen ja nicht unbekannt, daß die Haushaltsberatungen vor dem Abschluß stehen.
— Wir werden also einig sein in der Überzeugung, daß Eile not tut.
Um aber nun eine möglichst einwandfreie Abwicklung zu gewährleisten, bringen wir zu Ihrem Antrag Drucksache 742 einen Änderungsantrag ein*). Im Anschluß an den ersten Satz des zweiten Absatzes, der lautet: „Insbesondere sind im ordentlichen Haushalt des Bundes entsprechende Mittel vorzusehen", soll wie folgt fortgefahren werden: „Das gilt sowohl für die am 2. Juli 1953 beschlossenen 120 Millionen DM Wirtschaftshilfe für das Zonengrenzgebiet als auch für die am gleichen Tage bewilligten 25 Millionen DM für kulturelle Hilfsmaßnahmen im Zonengrenzgebiet". Ich darf Ihnen, Herr Präsident, diesen Zusatzantrag überreichen. Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, möchte ich nun aber bitten, diesen Antrag Drucksache 742 nicht erst an den Ausschuß zu überweisen — denn da kommen wir
*) Umdruck 197.
I im Wettrennen mit dem Abschluß der Haushaltsplanung zu kurz —, sondern gleich heute und hier über ihn abzustimmen.
Das ist unser Vorschlag, und dabei können Sie gleich einmal Ihren guten Willen unter Beweis stellen.
Dann zu den Anträgen Drucksachen 743 und 744 und zu der Großen Anfrage Drucksache 745! Das sind im Grunde von Ihnen aus gesehen merkwürdige Dinge. Sie erwarten die Lösung, den Segen, die Heilung, das Wunder plötzlich von den Aufträgen der öffentlichen Hand, Sie, die Sie ansonsten doch von der öffentlichen Hand nicht allzuviel halten.
Hier wird nun diese Suppe gleich dreimal umgekocht und aufgewärmt. Im Grund aber ist es doch gar nichts anderes als eine Wortmühle. Das sind doch Honigfäden, die Sie den Leuten im Zonenrandgebiet durch den Mund ziehen! Sie bieten doch Steine statt Brot!
Sie hätten sich nur das Bulletin der Bundesregierung vom 18. August anzuschauen brauchen, in dem auf die Frage der Berücksichtigung des Mittelstandes bei der Vergabe von Besatzungsaufträgen ausführlich Bezug genommen wird. Im übrigen haben wir die Frage der öffentlichen Aufträge mit Herrn Dr. Giel vom Bundeswirtschaftsministerium nach allen Richtungen hin erörtert. Dabei hat sich klar gezeigt, daß Berlin, Wilhelmshaven und das Zonenrandgebiet ein Wettrennen veranstalten und daß dann am Ende von diesen nicht so gewaltigen öffentlichen Aufträgen eben nicht das übrigbleibt, was die Leute erwarten.
Nun hat die verehrte Kollegin Frau Dr. Brökelschen heute eine neue Hoffnung aufleben lassen.
Die Hoffnung ist zusammenzufassen in ihrem Satz: „Im Zusammenhang mit dem Truppenvertrag sind große Aufträge zu erwarten."
Frau Dr. Brökelschen, das sind doch wieder nur Steine statt Brot! Hier machen Sie den Leuten doch wieder Hoffnung und wissen ganz genau, daß all die Redereien im Zusammenhang mit dem Truppenvertrag und den Londoner Abmachungen und daß das Stichwort „Pulverzone" dazu geführt haben, daß sich die Leute sagen: Wenn unsere Zone zu gefährlich ist, als daß Gewehre und Maschinengewehre in ihr hergestellt werden könnten, j a, mein Gott, warum soll ich, der ich Pinke habe und meinen Betrieb verlagern kann, eigentlich noch in dieser gefährdeten Zone bleiben!
Sie dürfen überzeugt sein, Frau Kollegin Brökelschen: das sind faule Fische! Damit wenden Sie die Wasser nicht. Die gefährliche und verderbliche Tendenz der Abwanderung aus dem Zonenrandgebiet können Sie mit dem Hinweis auf den Truppenvertrag in keiner Weise aufhalten.
Sie hätten sich eigentlich auch die Frage an den Herrn Bundeswirtschaftsminister Erhard wegen
der „Geringfügigkeit" ersparen können. Ich muß sagen, Sie machen dem Bundestag allerlei Unkosten mit unnötigen Drucksachen. Denn Herr Staatssekretär Dr. Westrick hat hier am 26. Mai, genauer als sein Chef, auf die Frage von Dr. Bleiß, was man unter „Geringfügigkeit" zu verstehen habe, gesagt, dabei handle es sich um ungefähr 5 %. Nun, Herr Professor Erhard ist heute schmiegsamer gewesen und hat gesagt, das bleibe jedem Ressort im Grunde überlassen, und hat dann auf weitere Rundschreiben vertröstet.
Meine Damen und Herren, das ist substantiell ungefähr das, was heute hier aus dieser Sache herausgekommen ist und was in diesen Anträgen liegt.
Sie verweisen selber in Ihrem Antrag auf die Beschlüsse vom 2. Juli 1953 und fordern ihre Verwirklichung. Ich möchte Sie heute an etwas erinnern, was hier am 2. Juli 1953 mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen ist und wovon man offensichtlich jetzt wegrudern will. Am 2. Juli hat nämlich Herr Dr. Henn als der Begründer der zu treffenden Maßnahmen und Beschlüsse, als der Begründer des Antrags vom Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen wörtlich erklärt:
Bei dem heute vorliegenden . . . Förderungsprogramm für die Gebiete an der Sowjetzonengrenze geht es . . . um ein langfristiges Förderungsprogramm für die Zonengrenzgebiete, und sie wirtschaftlich, sozial und kulturell gesund zu erhalten und zu stärken. Es geht dabei um eine dringliche nationalpolitische Aufgabe.
Herr Dr. Henn hat dann weiter gesagt, daß zwischen Bund, Ländern, Wirtschaft und Parteien eine Einmütigkeit zustande gekommen sei und daß man sich abgestimmt habe über das, was zu schaffen sei. Dr. Henn hat dann auf die Bedeutung der werbenden Aufgabe des Randgebietes im Hinblick auf die Überlegenheit des Westens hingewiesen und hat gesagt, weil aus der Sowjetzone heraus ein hartnäckiger Kampf gegen die staatliche, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Ordnung der Bundesrepublik geführt werde, sei es nötig, für die Lasten, die aus der Spaltung Deutschlands heraus entstanden seien, feste Posten in den Bundeshaushalt einzufügen. Er hat dann gesagt: Wir müssen dafür sorgen, daß für diesen Zweck Mittel aus dem Etat genommen werden. Er hat weiter gesagt: Die 120 Millionen DM dürfen auf keinen Fall nur eine einmalige Leistung sein.
Das war Dr. Henn am 2. Juli 1953. Da waren wir uns alle einig. Dann kam sein Fraktionskollege Dr. Drechsel am 26. Mai 1954. Kollege Drechsel hat damals gesagt, es handle sich um ein langfristiges Förderungsprogramm, man müsse in den Ländern, Städten und Kreisen planen können, weil sonst die Wirkung verpuffe.
Und nun, Frau Dr. Brökelschen, darf ich an das erinnern, was Sie selbst am 2. Juli 1953 hier zum besten gegeben haben. Sie waren dankbar für die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Henn, und Sie haben gesagt: „Wir haben uns im Unterausschuß „Zonenrandgebiet" die Arbeit nicht leicht gemacht. Wir haben uns die Dinge aber- und abermals überlegt, und an Ort und Stelle sind wir den Problemen nachgegangen." Sie sprachen von einem Minimalprogramm.
Und als hier am 26. Mai dieses Jahres Herr Staatssekretär Westrick darauf hinwies, daß Sonderminister Kraft in zwei Monaten mit der Ausarbeitung eines Memorandums über die Lage im Zonenrandgebiet fertig sein würde — ich sage: das war im Mai! —, da haben Sie ganz richtig gesagt: „Davon haben wir genug!" — Davon haben wir auch genug!
Wir haben genug von den Wortmühlen, wir möchten Taten sehen! Herr Kraft hat sein Memorandum bis heute noch nicht vorgelegt, obwohl in diesem Memorandum bestimmt nichts Neues drin stehen kann.
Denn, Frau Kollegin Dr. Brökelschen: wir haben — da haben Sie am 2. Juli vorigen Jahres völlig recht gehabt — die Sache derartig in den Nähten nachgesehen, daß uns kaum etwas entgangen sein dürfte. Kollege Dr. Henn hat zu Recht gesagt, bei unserem Beschluß hätten mitgewirkt die Wirtschaft, die Parteien, die Länderinstanzen und die Bundesorgane, so daß im Grunde unser Bild von der Situation entsprechend umfassend war.
Warum führe ich das an? Ich führe das an, weil Kollege Henn gesagt hat: „Wir wollen das Zonenrandgebiet gesund und kräftig in ein wiedervereinigtes Deutschland einbringen." Wenn ich das Tempo der Bundesregierung betrachte, muß ich sagen: Sie haben offenbar eine sehr lange Wiedervereinigungsperspektive!
Mein Kollege Freidhof wird Ihnen nachher noch einiges über die konkreten Maßnahmen sagen, die wir Ihnen am 26. Mai von dieser Stelle aus vorgeschlagen haben. Das waren 60 Millionen DM für Arbeitsbeschaffung, 65 Millionen DM für Straßenbau und 50 Millionen DM Kredithilfe für die mittelständische Wirtschaft.
Herr Kollege Starke, Sie reden jetzt so viel von gezielter Hilfe. Ich habe den Eindruck, daß die „gezielte Hilfe" im Grunde eine Hilfe an die Großindustrie ist,
aber nicht an die mittelständische Wirtschaft und die vielen kleinen Leute, die auf Hilfe warten.
Die „gezielte Hilfe", Herr Dr. Starke, ist eine Hilfe nach dem Motto: „Wer Körner hat, dem leiht man gern Mehl."
Ich will Ihnen auch einmal das Geheimnis verraten, warum Sie gegen unseren Antrag auf Senkung der Umsatzsteuer waren.
Sie sind der Hauptgeschäftsführer der Industrie-
und Handelskammer, die ein Gebiet nicht nur im Zonenrandgebiet umfaßt. Herr Dr. Starke, es ist Ihnen ja bekannt, daß der Landkreistag, daß die Oberbürgermeister und Bürgermeister und Landräte in unseren Zonenrandgebieten und daß selbst die Industrie- und Handelskammer Kulmbach der Meinung waren, eine Senkung der Umsatzsteuer etwa wie in Berlin man kann ja über die einzelnen Dinge reden, nicht wahr, und wir sind be-
reit, darüber mit uns reden zu lassen — wäre die große Hilfe, die in die Breite geht,
die alle Zweige der Wirtschaft umfaßt.
Sie können dieser Hilfe, dieser Umsatzsteuersenkung, selbstverständlich nicht zustimmen, weil die großen Spinnereien in Kulmbach und Bayreuth, die an dieser Maßnahme nicht beteiligt würden, dann sagen würden: „Herr Hauptgeschäftsführer Starke, wie können Sie meiner Konkurrenz in Hof zu solch einem Vorteil verhelfen!?"
— Das ist keine Unterstellung; denn der Herr Kollege Dehler redet ja stets von den Interessenvertretern.
Hier haben Sie ein Beispiel dafür, wohin Interessenvertretung führt.
Wir haben, meine sehr verehrten Damen und Herren, damals, im Juni dieses Jahres, im Anschluß an die Debatte und im Anschluß an unsere Anträge die Bildung eines Arbeitskreises verlangt, der aus Haushaltsausschuß, Finanzausschuß, Wirtschafts-und Gesamtdeutschem Ausschuß bestehen sollte. Dort wollten wir die Maßnahmen absprechen, abstimmen, koordinieren. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU und von den anderen Regierungsparteien — wer hat den Zusammentritt dieses Arbeitskreises bisher verhindert?
Warum ist er nicht zusammengekommen?
Haben Sie vielleicht in Ihrer großen Fraktion noch
keinen Vorsitzenden für dieses Gremium gefunden?
Wir wären begierig, von Ihnen eine Antwort auf diese Frage zu bekommen.
Ich möchte hier noch auf etwas hinweisen: Unsere Beschlüsse vom 2. Juli 1953, sofern sie schon Wirklichkeit sind, haben ja nicht nur erfreuliche Wirkungen gezeigt, und deshalb dringen wir auf Bildung dieses Arbeitskreises. Die Gemeinden, die ihre Einnahmen zu 60 % aus der Gewerbesteuer nehmen, haben einen entsetzlichen Rückgang in der Gewerbesteuer auf Grund unserer Großzügigkeit vom 2. Juli 1953, die in diesem Punkte eine Großzügigkeit auf Kosten der Gemeinden war. Das Gewerbesteueraufkommen ist infolge des Beschlusses, nach dem Sonderabschreibungen von 50 % vorgenommen werden können usw., erschreckend gesunken. Sie brauchen nur mit den Bürgermeistern und Landräten zu reden, und wahrscheinlich kriegen Sie es auch schwarz auf weiß. Ich will sagen: wir hätten allen Grund, uns in dem von uns beantragten Arbeitskreis einmal darüber zu unterhalten, wie wir den Gemeinden, die aus Gründen, die ich hier nicht erörtern muß, seit Jahrzehnten ihre wichtigsten Aufgaben auf den Gebieten des Straßenbaues, der Elektrifizierung, der Wasserversorgung, der Kanalisation, der Gasversorgung und des Schulwesens aufschieben mußten, helfen könnten, damit sie nicht die Leidtragenden unseres
großzügigen Beschlusses sind; denn in Auswirkung unseres Beschlusses zum 131er-Gesetz haben wir die Gemeinden schon einmal hart herangenommen. Sie werden sagen: Der freie Geldmarkt ist flüssig. Nun, Sie wissen, daß die Bedingungen, die die Gemeinden am freien Geldmarkt bekommen können, Halsabschneiderei sind. Kredite zu 7 und 71/2 % bei 94prozentiger Auszahlung sind für die Gemeinden untragbar. Zwischen rentierlichen und unrentierlichen Schulden besteht ein Unterschied, und die Schulden, die die Gemeinden im Hinblick auf ihre Aufgaben machen müssen, sind nicht rentierlich.
Meine Damen und Herren, Sie haben in Ihrem Antrag gesagt, Sie möchten die Beschlüsse des 2. Juli erweitern. Dabei wollen wir Ihnen helfen. Das ist der Sinn unseres Änderungsantrags und der Sinn unserer Forderung auf Einberufung des Arbeitskreises: endlich auch unsere Anträge fachlich und sachlich zu behandeln.
Lassen Sie mich zum Schluß eine Bemerkung machen, die Sie, Frau Dr. Brökelschen, ganz besonders interessieren wird. Sie haben am 2. Juli 1953 sehr richtig gesagt: Man muß die Situation an der Zonengrenze unter politischen Gesichtspunkten sehen, und Sie haben in Verbindung mit unserm sehr verehrten Kollegen Dr. Henn, der damals gesagt hat: Es ist durchaus nötig, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Hilfe zu leisten, ei klärt: Unbeschadet des Grundgesetzes und des darin aufgestellten Prinzips der Kulturautonomie der Länder müßte man den Ländern, weil ihre Kräfte nicht reichen, helfen, ihre gesamtdeutschen Verpflichtungen zu erfüllen, und das Zonengrenzgebiet kulturell aktivieren. Frau Dr. Brökelschen, so einig waren wir selten, und wir können auch dem Herrn Kollegen Dr. Henn zustimmen, der gesagt hat: Nur wirtschaftliche Hilfe wäre falsch, weil dieser Gesichtspunkt die Situation nicht erfaßt. Nun frage ich Sie, Frau Kollegin: Warum wollen Sie den Beschluß. den wir damals auch im Hinblick auf kulturelle Hilfe für das Zonenrandgebiet gefaßt haben, nicht durchführen? Sie haben am 8. September im Ausschuß erklärt, der Betrag von 25 Millionen sei viel zu hoch gegriffen.
Ja, Frau Kollegin, haben Sie das nicht schon am 2. Juli spitz gehabt? Sie haben doch am 2. Juli gesagt, es sei notwendig, daß wir uns die Sache aber-und abermals überlegen. Damals haben Sie diesen Beschluß mit gefaßt, und später, nach der Wahl nämlich — man muß immer unterscheiden, was Sie vor einer Wahl und nach einer Wahl reden —,
haben Sie gesagt: Die 25 Millionen sind viel zu hoch gegriffen.
Ich glaube nicht, daß sich der Begriff der Vertraulichkeit eines Ausschusses auch auf solche offenkundigen Dinge erstreckt. Sie haben dann im Ausschuß zusammen mit dem verehrten Kollegen Wacher und dem verehrten Kollegen Dr. Henn, als es darum ging, die 25-Millionen-Grenzlandhilfe endlich zu gewähren, diesen Antrag niedergestimmt.
Meine Damen und Herren, ich möchte gern manchmal Mäuslein sein und hören, was Sie am Abend für Zwiegespräche mit Ihrem Herrgott
führen, wenn Sie sich so benehmen, wie Sie sich in dieser Zonenrandfrage aufführen.
Frau Dr. Brökelschen, ich sage Ihnen das deshalb, weil der Mann, dessen Namen Sie in der Parteifirma führen, uns deshalb so sympathisch ist, weil bei ihm Wort und Tat immer eins waren,
und das hätte ich gern auch bei Ihnen.
Ich möchte Ihnen, Frau Kollegin Dr. Brökelschen, und Ihren Partei- und Koalitionsfreunden abschließend etwas sagen, was ein toter Sozialdemokrat in dieser Sache gesagt hat; denn bei Ihnen gilt ja nur das, was tote Sozialisten sagen. Ernst Reuter hat zu diesem Problem gesagt:
Jahrelang hat die Außenpolitik Deutschlands sich in einer angeblichen Realpolitik auf die Aufgabe konzentriert, Papierpläne für kommende Divisionen auszuarbeiten. Die eigentliche politische Arbeit an der Stärkung Berlins, an der Hilfe für die Zonengrenze mit dem Ziel, eine überzeugende Antwort nach dem Osten zu geben, ist immer wieder bei allem Lippendienst in der Sache zweitrangig behandelt worden.
Wir möchten, daß Sie mit uns die Sache heute zu einer erstrangigen machen und sie mit uns positiv erledigen. Ich sage Ihnen nochmals, was ich hier bereits im Mai gesagt habe, daß Sie sich mit uns überlegen möchten, welche Mittel wir vielleicht auch von den Besatzungsmächten her zur Stärkung der Hauptkampflinie im Kalten Krieg frei machen können.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Vizekanzler.
Herr Präsident! Ich hatte mich unmittelbar nach Beginn der Worte des Herrn Kollegen von der SPD zum Wort gemeldet, um nur einen einzigen Satz zu sagen. Ich werde auch jetzt nicht mehr tun, aber ich schließe unfreiwillig an seinen letzten Satz an. Ich möchte ihn auf ein Versehen hinweisen. Ihm ist bei der Benennung der 98 Millionen DM und der Herstellung einer Beziehung zu den gesamten Ausgaben des Sondervermögens, wie sie Ihnen heute zum Beschluß vorliegen, ein Irrtum unterlaufen. Er würde nämlich, wenn er den ganzen Wirtschaftsplan noch einmal durchgeblättert hätte, festgestellt haben, daß sich die zahlenmäßigen Größen und ihre Beziehungen untereinander sehr verschieben, da weit über 40 °/o, nämlich 626 700 700 DM der Ihnen vorgeschlagenen Ausgaben auf Berlin entfallen, was selbstverständlich die völlige Änderung der Größenordnungen, auch was die 98 Millionen DM im Rahmen des Ganzen betrifft, bewirkt. Ich glaube, das ist letzten Endes ein Betrag zu einer wesentlichen Versachlichung der Überlegungen, die bei einem so tragischen Thema mehr als sonst nötig ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Brökelschen.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich kann nur an
das anschließen, was Herr Vizekanzler Blücher zum Schluß sagte. Es ist unendlich bedauerlich, daß die rein sachliche und ernste Atmosphäre, die wir glaubten geschaffen zu haben durch die Art, wie wir unsere Begründungen hier vorgetragen haben, nun wieder durch den Herrn Kollegen B e h r i s c h völlig zu einer Wahlversammlungsatmosphäre geworden ist.
Ich kann nur sagen, es wäre für die sachliche Atmosphäre im Bundestag gut, wenn wir nicht alle Vierteljahre Landtagswahlen hätten.
Ich traue meinem sehr verehrten Herrn Kollegen Behrisch Aufgeschlossenheit und Sachlichkeit genug zu, daß er seine Rede heute anders gemacht hätte, wenn wir nicht bayerische Landtagswahlen vor der Tür hätten.
Meine Herren und Damen, ich glaube — —
Ich glaube, wir erinnern uns alle noch an die Debatte vom 26. Mai. Da waren es ausgerechnet die Kollegen von der SPD, die bis zum letzten Augenblick in Frage stellten, ob die 120 Millionen DM vom Herrn Bundesfinanzminister bewilligt werden würden oder nicht,
und ich weiß noch sehr genau, daß hier so etwas wie ein Erstaunen durch die Menge der Kollegen von der SPD ging, als Herr Staatssekretär Westrick von dieser Stelle die bindende Zusage des Bundesfinanzministers verkündete, daß die 120 Millionen unabhängig vom Inanspruchnahmegesetz sichergestellt werden sollten. Meine Herren und Damen, wir wollen doch einmal sagen: als wir das Zonenförderungsprogramm im Juni/Juli 1953 hier verabschiedeten, hat keiner mit der Möglichkeit gerechnet, daß im Haushalt 1954 für das Zonenrandgebiet 120 Millionen DM zur Verfügung stehen würden. Das wollen wir doch in aller Deutlichkeit einmal festhalten!
Herr Kollege Behrisch, wenn es Ihnen auf eine wirklich sachliche Debatte über die ganzen Zonenrandprobleme angekommen wäre,
dann hätten Sie damals Ihre Anträge auf 60 plus 60 plus 50 Millionen irgendwie mit den 120 Millionen abgestimmt, die nun vom Bundesfinanzministerium real gegeben worden sind.
Das haben Sie nicht getan, sondern Sie haben rein agitatorisch zu diesen 120 Millionen — —
Bitte schön, Sie haben zu diesen 120 Millionen die anderen Millionen hinzugefordert und außerdem noch weitere, die in Ihren Anträgen drin-
steckten! Wir werden ja Gelegenheit haben, über den realen oder irrealen Charakter Ihrer Anträge hier noch zu sprechen; sie liegen bekanntlich in den Ausschüssen.
Aber, meine Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, lassen Sie mich hier einmal eines sagen, — —
— Ja, ich könnte noch sehr viel mehr sagen, das ist absolut richtig.
Ich werde mir allerlei noch für die Zukunft auf-. sparen, beruhigen Sie sich nur, Herr Kollege! — Aber die Situation ist doch so: wenn wir für das Zonenrandgebiet meinetwegen 200 Millionen bewilligen, dann liegen uns morgen am Tag weitere Anträge der SPD vor, die 200 Millionen auf 400 Millionen zu erhöhen.
Das ist doch die Situation!
Herr Kollege Behrisch, lassen Sie mich ein Wort zu Ihnen persönlich sagen! Sie haben von vornherein diese Skepsis gegenüber den 120 Millionen DM gehabt.
Aber als die 120 Millionen uns hier zugesichert wurden, Herr Kollege Behrisch, da war es ausgerechnet eine Zeitung aus Süddeutschland, die nun u unter Bruch der Vertraulichkeit der Verhandlungen
die einzelnen Möglichkeiten schon an die Öffentlichkeit brachte, die im Rahmen dieses 120-Millionen-Programms vorgesehen waren; und Sie taten dann in diesem Zeitungsartikel so, meine Herren und Damen von der Opposition, als ob diese 120 Millionen Ihr ureigenstes Anliegen gewesen wären und als ob diese ganzen Dinge letzten Endes von Ihnen ausgegangen wären.
— Der Finanzminister wollte sie ursprünglich nicht geben? Der Finanzminister hatte die Zusicherung gegeben, und Sie haben bis zuletzt die Ernsthaftigkeit dieser Zusicherung bezweifelt. Das nimmt Ihnen niemand ab, meine Herren und Damen von der sozialdemokratischen Fraktion!
Nun haben wir heute den ernsthaften Versuch gemacht, rein sachlich Möglichkeiten aufzuzeigen, die gegeben sind, ohne daß neue Mittel des Bundes beansprucht werden. Es ist ja wesentlich einfacher, der Öffentlichkeit zu sagen: Wir haben wieder einmal den Antrag gestellt, dem Zonenrandgebiet mit 100 — oder was weiß ich — Millionen zu helfen, — —
— Herr Kollege Behrisch, wenn wir zusammenzählen, was Sie von der sozialdemokratischen Fraktion in der letzten Zeit hier an Anträgen gestellt haben bzw. die Milliarden, die das kosten würde, dann möchte ich einmal wissen — wenn auch nur ein Bruchteil von dem verwirklicht werden könnte —, wie Sie überhaupt die Verantwortung für die Stabilität unserer Währung und für die Ordnung unseres Haushalts übernehmen wollen.
Aber, meine Herren und Damen, wir sind nach wie vor — Herr Behrisch, auch trotz bayerischer und auch trotz niedersächsischer Wahlen — der Meinung, daß wir auf unserem sachlichen Weg weiter fortfahren sollen.
Wir sind dieser Meinung vor allem im Hinblick auf die Wege, auf die heute doch wir überhaupt erst einmal hingewiesen haben. Herr Behrisch, ich glaube, es wäre viel besser, daß Sie, anstatt hier in Ihrer temperamentvollen Weise nun immer und immer wieder die alte Leier zu spielen,
tatsächlich einmal mit derselben Genauigkeit, mit der Herr Dr. Starke rein praktische Möglichkeiten aufzeigt, uns Wege wiesen. Der Arbeitskreis, den Sie jetzt vorschlagen, der nützt uns überhaupt gar nichts.
— Herr Kollege Wehner, der Wirtschaftspolitische Auschuß wird bei den Beratungen beteiligt werden, und auch der Gesamtdeutsche Ausschuß wird beteiligt werden. Ich kann wirklich nicht einsehen, daß man die Dinge nur dadurch vorantreibt, daß man immer wieder neu zusammengefaßte Gremien und neue Arbeitskreise schafft.
Das ist eine Art, auszuweiten, die, wie ich glaube, nicht zu praktischen Ergebnissen führt.
Herr Präsident, ich möchte mit Ihrer Erlaubnis eine Frage an Frau Dr. Brökelschen richten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich habe schon eingeschaltet.
Ich frage, ob Frau Dr. Brökelschen nicht bekannt ist, daß es der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaftspolitik im Bundestag, Herr Naegel, ein Kollege ihrer eigenen Fraktion, war, der die Bildung eines Arbeitskreises vorgeschlagen hat, und daß daraufhin beschlossen wurde, ihn zu bilden. Ich frage deswegen, weil ich aus ihrer Rede den gegen meine Fraktion gerichteten Vorwurf heraushöre, als wollten wir ein Gremium mehr errichten.
Herr Kollege Wehner, wenn der Vorsitzende des Wirtschaftspolitischen Ausschusses die Bildung eines solchen
Arbeitskreises, wie ich annehme, für ganz konkrete Fragen für notwendig hält, ist das eine Gepflogenheit, der man ohne weiteres nachkommen könnte, die wir aber hier im Plenum in dieser großen agitatorischen Form nicht aufzumachen brauchen.
Meine Herren und Damen - -
— Ach, Herr Mellies, es ist gar nicht bequem, es ist absolut nicht bequem. Es ist nur immer wieder der Versuch, die Dinge auf das normale und sachliche Maß zurückzuführen. Mehr wollen wir gar nicht.
— Herr Mellies, wir haben uns sehr bemüht. Das hat der Anfang der heutigen Besprechung gezeigt. Aber wer die Dinge eben immer wieder auf die andere Bahn lenkt, das sind Sie mit Ihrer Fraktion.
Wir waren, als wir unseren Antrag stellten, der
Meinung, daß wir das Zonenrandgebiet nicht wieder zu einer großen Debattenangelegenheit machen,
sondern versuchen sollten,
unsere Anträge in die Tat umzusetzen. Nun kommt Ihr großer Ergänzungsantrag — Herr Behrisch hat ihn ja sehr ausführlich hier begründet —, daß unser Antrag, Mittel im Haushalt einzusetzen, konkretisiert werden sollte dadurch, daß 1955 wiederum 120 Millionen DM und zusätzlich 25 Millionen DM für kulturelle Zwecke eingesetzt werden. Herr Behrisch, wir werden Ihnen nicht den Gefallen tun, diesen Ergänzungsantrag anzunehmen. Wir werden Ihnen vor allem auch nicht .den Gefallen tun, diesen Antrag ohne Ausschußüberweisung anzunehmen.
Denn wir wollen ja gerade, daß der Antrag in den Ausschuß hineinkommt und damit die Höhe der einzusetzenden Mittel in der sachlichen Atmosphäre des Ausschusses besprochen und dann festgelegt wird, was tatsächlich notwendig ist und was nicht.
— Herr Behrisch, nun lassen Sie mich eines sagen. Sie betonen immer all das, was nicht erreicht ist. Sie betonen aber niemals nur mit einem Wort, was erreicht ist.
Ich könnte Sie ja jetzt nur hinweisen — Sie haben
die Landräte zitiert — auf diese letzte Denkschrift,
auf die ich vorhin schon aufmerksam gemacht habe,
wo ganz klar gesagt ist, daß im Zonenrandgebiet
sehr viel getan worden ist. Und wenn Sie nun heute sagen, die Arbeitslosigkeit im Zonenrandgebiet sei noch gestiegen, Herr Behrisch,
dann möchte ich einmal wissen, woher Sie diese Zahlen haben.
Aber jetzt zum Schluß ein paar Bemerkungen zu den sehr massiven Angriffen von Herrn Behrisch in bezug auf meine „inkonsequente" Haltung im Hinblick auf die 25 Millionen DM für kulturelle Hilfe. Herr Behrisch, ich habe es bedauert, daß Sie persönliche Anwürfe gemacht haben im Hinblick auf „Gespräche mit Gott" und das „Auseinanderklaffen von Reden und Taten".
— Meine Herren, wir sollten uns ein für allemal hüten, Gesinnungen in Zweifel zu stellen.
— Ich habe es hier nicht mit dem Herrn Bundeskanzler, sondern ich habe es in meiner Auseinandersetzung ganz konkret mit dem Herrn Behrisch zu tun. Ich lehne es ab, immer wieder andere Dinge in die Debatte hineinzuziehen.
Meine Damen und Herren, wie sind denn die Dinge damals gewesen? Wir haben das Zonenförderungsprogramm mit einer Reihe von Punkten aufgestellt und haben in dem Punkt 6 verlangt, daß 25 Millionen DM für kulturelle Zwecke eingesetzt werden sollten. Ich sage hier noch einmal, daß diese 25 Millionen DM damals, Herr Behrisch — es waren die letzten Tage vor dem letzten Zusammentritt des Bundestags —, konkrete Unterlagen nicht hatten. Ich kann nur das wiederholen, was ich im Haushaltsausschuß, im Gesamtdeutschen Ausschuß gesagt habe: was jetzt an Vorschlägen von den einzelnen Ländern vorliegt und was endlich im Rahmen der konkreten Möglichkeiten bleibt, das rechnet nicht mehr mit 25 Millionen DM. Und weiter, Herr Behrisch: ein Teil der kulturellen Forderungen kann ja schon im Rahmen der 120 Millionen DM realisiert werden. Auch das habe ich im Ausschuß gesagt. — Ja, Herr Behrisch, Sie schütteln den Kopf. Aber sehen Sie sich einmal den Plan für Niedersachsen an.
Wir haben in Niedersachsen im Rahmen der 120 Millionen DM 1,37 Millionen DM für Berufsschulen stehen. In Niedersachsen — ich habe gar keine Veranlassung bei unserem Verhältnis zur Regierung in Niedersachsen, dort Dinge zu beschönigen —
sind auch sogar Mittel eingesetzt worden für eine Volksschule, Herr Behrisch. Wenn Sie also der Meinung sind, daß das notwendig war, dann hätten Sie vielleicht in Bayern einmal ähnliche Unterlagen beschaffen und feststellen sollen, wie viel dort eingesetzt ist.
Wir stehen nach wie vor zu dem kulturpolitischen Anliegen, und wir werden im gegebenen Augenblick den Antrag einbringen, daß gesondert für kulturelle Hilfsmaßnahmen an der Zonengrenze eine Summe eingesetzt wird. Aber wir sind der Meinung, daß die Mittel des Bundes nicht dazu da sind, nun den Ländern Luxusausgaben auf kulturellem Gebiet zu ermöglichen, die sonst nicht möglich wären.
— Jawohl, z. B. unsere große niedersächsische Erziehungsstätte in Braunschweig ist eine solche Frage des Luxus.
Sie können so etwas auch woanders sehen.
— Sie können mich ruhig angreifen, Herr Behrisch, und Herr Kollege Schmidt kann auch Briefe mit „verbindlichen" Grüßen nach Duderstadt schreiben, wie wortbrüchig ich geworden sei. Sie haben gesagt, ich hätte das kulturpolitische Anliegen nur vor den Bundestagswahlen bejaht. Ach, wir haben ja auch in Niedersachsen Wahlen. Ich bin entschlossen, gerade weil Wahlen vor der Tür sind, nichts Propagandistisches zu tun. Dazu würde auch die Annahme des 25-Millionen-Antrags gehören, von dem ich weiß, daß er nicht zu verantworten und auch nicht zu realisieren ist.
— Wir bleiben auch in der erregten Atmosphäre der Wahlen, meine Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, absolut bei unserem Grundstandpunkt, daß die ganze Frage der Zonenrandgebiete zu ernst ist, als daß wir sie in der Form behandeln, wie Sie, Herr Behrisch, das getan haben.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Günther.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht zu der Frage der Zonenrandgebiete und insbesondere nicht zu den Anträgen sprechen, wohl aber zu der Vergebung der Arbeiten im öffentlichen Baum. Hier möchte ich auf einige Mißstände hinweisen, die sich in der Durchführung der Kabinettsorder
vom 31. März in der Praxis ergaben. Es geht hier nicht darum, dem einen oder anderen einen bestimmten Vorwurf zu machen. Aber es ist so, daß z. B. in den Kreis der Berechtigten oder der Bevorzugten heute Leute eingereiht werden, die es wirklich nicht verdienen, noch bevorzugt behandelt zu werden.
Ein Beispiel aus jüngerer Zeit: Die Firma, die den Fraktionsbau hier ausgeführt hat, gilt als Flüchtlingsbetrieb und ist von der Landesvertretung Baden-Württemberg dem Finanzministerium hier besonders empfohlen worden. Diese Firma ist nun, nachdem sie überall in große Aufträge eingestiegen ist, ein Betrieb mit über 1000 Beschäftigten geworden. 1952 hat sie noch 15 Millionen DM umgesetzt; im Jahre 1953 sind es 30 Millionen DM gewesen. Wir wissen nicht, was sie in diesem Jahre umsetzt.
Eine Firma, die sich hier als Flüchtlingsbetrieb niedergelassen und eine solche sprunghafte Entwicklung mitgemacht hat, dürfte nach meiner Auffassung und nach der Ansicht meiner Freunde aus der rheinischen Heimat nicht mehr besonders begünstigt werden. Mit dem Aufschwung, den dieses Unternehmen genommen hat, ist die kaufmännische Seite nicht mitgekommen, so daß die Firma mit 4 Millionen DM zu Lasten der Ulmer Volksbank in Liquidation gegangen ist. Selbstverständlich wird eine solche Firma in dem Jahre, in dem sie diese Verluste gehabt hat, keine Steuern zahlen. Das aber geht auch auf Kosten der am Wettbewerb beteiligten Firmen, weil diese Angebote mit zu niedrigen Preisen eingereicht worden sein müssen. Was unverständlich und gerade hier zu großer Unruhe beim heimischen Handwerk geführt hat, ist, daß eine Nachfolgefirma — sie hat sich in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt — heute am Auswärtigen Amt baut.
Deshalb, meine Verehrten, möchte ich nur darauf hinweisen, daß die Handhabung der Kabinettsorder in der rechten Weise durchgeführt wird. Meine Freunde und ich stehen auf dem Standpunkt, daß wir den Flüchtlingsbetrieben selbstverständlich helfen, ihnen auch den entsprechenden Vorzug oder Vorrang einräumen sollen, damit sie wieder echt eingegliedert werden. Sind sie aber echt eingegliedert, dann ist es, glaube ich, nicht mehr notwendig, ihnen noch eine Sonderstellung einzuräumen.
Der Vorwurf ist in diesem Fall nicht dem Finanzministerium, wohl aber dem Land Baden-Württemberg zu machen, das diese Firma ganz besonders begünstigt hat, obwohl es hätte wissen müssen, daß eine solche Firma eben nicht noch diese Bevorzugung haben darf. Ich könnte Beispiele bezüglich anderer Ländervertretungen geben, wo auch derartige Firmen hier an die Arbeit gekommen sind, die zu guter Letzt hinterher pleite gemacht haben. Meine Bitte an die vergebenden Stellen, vor allen Dingen an das Finanzministerium und an das Verkehrs- und an das Postministerium — das sind ja in der Hauptsache die Stellen —, aber auch an die Bundesbaudirektion ist, in der Handhabung der Kabinettsorder so vorzugehen, daß wirklich würdige Firmen, aber auch am Platze wirklich gut beleumundete Firmen, zu solchen Aufträgen kommen. Das sei mein Wunsch. Ich möchte die Ministerien bitten, dementsprechend zu verfahren.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Seiboth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem die Gereiztheit von vorhin nun einigermaßen geschwunden ist, darf ich vielleicht eingangs noch einmal feststellen, was uns durch alle Fraktionen hindurch ein gemeinsames Anliegen ist, was wir aber sehr stark gegenüber der Bundesregierung zu vertreten haben und hier auch noch einmal aussprechen müssen: Die Zonengrenzfrage ist eine politische Frage in ihren Ursachen und leider auch in ihren Auswirkungen.
Ich betone das deshalb, weil vor wenigen Wochen in unserem Unterausschuß von einem Vertreter des Hauses des Herrn Bundesfinanzminister Schäffer angedeutet wurde, man trage sich mit der Absicht, künftig auch die Finanzierung der Maßnahmen für das Zonengrenzgebiet aus einem Topf, gemeinsam mit den Maßnahmen für andere Notstands-und Sanierungsgebiete, zu speisen. Und der Herr
Bundeswirtschaftsminister Erhard hat heute hier erklärt, es sei selbstverständlich, daß weiterhin für das Zonengrenzgebiet im notwendigen Umfang wirtschaftsfördernd gesorgt werden solle und daß, wenn es auch nicht wieder 120 Millionen sein würden, wie in diesem Haushalt, im Sanierungsfonds entsprechende Mittel für das Zonengrenzgebiet mit vorgesehen werden sollen.
Wir stehen auf dem Standpunkt, daß man die Frage des Zonengrenzgebietes sehr scharf von den Fragen der anderen Notstandsgebiete trennen soll,
eben weil sie eine politische Frage ist. Diese politische Frage steht so lange an, wie die politischen
Ursachen, die sie verursacht haben, vorhanden sind.
Wir müssen in das Programm für das Zonengrenzgebiet auch kulturelle Förderungsmaßnahmen mit einbeziehen. Es muß uns klarwerden, daß es sich hier nicht um ein Notstandsgebiet üblicher Art handelt, sondern daß wir dort einen politischen zugleich mit einem wirtschaftlichen und einem kulturellen Notstand zu beseitigen haben. Ich will nicht wiederholen, was tausendfach hier und draußen in der Presse zu diesem Problem gesagt worden ist: daß es sich um das Schaufenster der Bundesrepublik gegenüber dem Osten handelt. Wir sollten nicht verkennen, daß es sich dabei auch um ein politisches Problem handelt, das auch nach innen, nach Deutschland hinein wirksam wird. Wir, die wir draußen in den Zonengrenzländern politisch tätig sind, wissen alle, daß gerade dort auf Grund der herrschenden Not und der unbefriedigenden wirtschaftlichen Verhältnisse auch politisch der Hebel angesetzt wird gegen uns, gegen die Demokratie im Westen, gegen die Freiheit. Wir haben besonders in ,den Verbänden der Vertriebenen in letzter Zeit wieder die starke Agitation der Kommunisten, besonders des Westdeutschen Flüchtlingskongresses — der Herr Kollege Freidhof wird darüber auch Bescheid wissen — im Raume Kassel, Eschwege bis Fulda beobachten müssen, und wir müssen alles tun, urn dieser Agitation entsprechend entgegenwirken zu können.
Ich möchte meinen, man setzt das Problem Berlins in seiner überragenden politischen Bedeutung keineswegs herab, wenn man es zum Zonengrenzproblem in Vergleich stellt.
Berlin stellt ein ähnliches Problem wie die Zonengrenze. Bei Berlin ist uns von Anfang an klar gewesen, daß wir eben wegen der politischen Ursachen, die zu diesem Problem geführt haben, mit einem langfristigen Programm rechnen müssen. Wir sollten uns deshalb auch beim Zonengrenzprogramm von Anbeginn untereinander dahingehend verständigen, daß es sich bei allen Hilfsmaßnahmen, seien sie wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Natur, immer nur um ein langfristiges Programm handeln kann. Das muß sowohl für die steuerlichen Maßnahmen, die vorgesehen sind, wie auch für den Einsatz von Bundesmitteln Geltung haben. Wir können, wenn beispielsweise die steuerlichen Erleichterungen kurzfristig oder für unbekannte Dauer angesetzt werden, ja niemals damit rechnen, daß die Wirtschaft im Zonengrenzgebiet in diesen Maßnahmen einen besonderen Anreiz zum Verbleiben oder gar zur Neugründung von Betrieben sieht. Erst dann, wenn solche Maßnahmen für eine längere Zeit, möglichst für die Laufzeit der Kredite und ähnlicher Maßnahmen, gesichert sind,
kann sich ein Betriebsinhaber dazu entschließen, gewissen verlockenden Angeboten aus dem Westen zu widerstehen, oder kann irgendein Unternehmer, der im Zonenrandgebiet einen Betrieb erst gründen will, sich mit dieser Absicht wirklich befreunden.
Das gleiche gilt, wie ich schon erwähnte, für den Einsatz der Bundesmittel. Wenn ich nur darauf verweise, daß beispielsweise von den in diesem Haushaltsjahr bereits verteilten 120 Millionen DM ein großer Teil für Zinsverbilligungsmaßnahmen eingesetzt wird, dann wird auch hier klar, daß Bundesmittel nicht nur durch ein Jahr gegeben werden können, sondern daß man sie für längere Zeit gewähren muß. Es ist letztlich unmöglich, alle Maßnahmen, die der Bundestag in seiner Entschließung vom Juli vorigen Jahres und die Bundesregierung in ihrem im August vorigen Jahres verkündeten Programm ausdrücklich niedergelegt haben, auch durchzuführen und zu verwirklichen, wenn man das nur mit einer einmaligen Maßnahme machen wollte, selbst wenn 120 Millionen DM dafür aufgewendet werden. Die Hebung des Fremdenverkehrs und die Sanierung und Förderung des Verkehrsgewerbes, der Ausbau und die Verbesserung des Verkehrsnetzes, die Festigung bestehender Unternehmungen und der Ansatz neuer Betriebe sowie vor allem die Sicherung der Existenz der durch die Zonengrenzziehung in ihrem Bestand bedrohten bäuerlichen Betriebe verlangen ganz einfach, daß über die 120 Millionen DM in diesem Jahr hinaus auch in den nächsten Jahren in genügendem Umfang Mittel des Bundes zur Verfügung gestellt werden.
Ich möchte im Anschluß an das, was Herr Kollege Behrisch erwähnte, auf eines besonders hinweisen. Vor einiger Zeit ist im Kreise derjenigen Abgeordneten, die sich im Ausschuß mit den Fragen des Zonenrandgebiets zu befassen haben, bei einer Besprechung mit Vertretern der Wirtschaft aus diesen Gebieten das Wort von der „Attraktivität des Zonenrandgebietes" gefallen, der Attraktivität, die dem Zonenrandgebiet wiedergegeben oder neu geschaffen werden muß. Zu dieser Attraktivität, die wir im Zonengrenzgebiet anstreben müssen, gehört eben nicht nur die wirtschaftliche Förderung, sondern hier gehört ganz besonders die Förderung kultureller Maßnahmen mit hinein. Wenn wir uns zu dem Grundsatz bekennen, daß das Zonengrenzproblem ein politisches Problem ist,
dann können wir die Dinge gar nicht anders sehen, als daß wir immer wirtschaftliche Förderungsmaßnahmen gemeinsam mit solchen kultureller Art beschließen oder durchführen müssen.
Die Attraktivität des Zonengrenzgebiets ist gerade auch für die wirtschaftliche Weiterentwicklung dieses Gebiets wichtig. Der Herr Kollege Dr. Stark e hat heute in seinen sehr gründlichen Ausführungen darauf hingewiesen, daß im Westen, wo wird Industrieballungen haben — oder im Süden oder in der Mitte der Bundesrepublik —, heute bereits Facharbeitermangel festzustellen ist. Vielleicht ist es in Wahrheit schon so weit, daß wir selbst im Zonengrenzgebiet kaum mehr die Facharbeiter haben, die wir brauchen, wenn wir das Zonengrenzgebiet durch Schaffung neuer Betriebe oder Ausweitung vorhandener endlich einmal auf gesunde Beine stellen wollen.
Woran liegt denn das? Es liegt nicht allein daran, daß der Facharbeiter im Zonengrenzgebiet, der dahin gekommene Zonenflüchtling, der Heimatvertriebene oder der Altansässige deshalb von der Zonengrenze abwandert, weil ihm der Westen in seinen Betrieben Arbeitsmöglichkeiten gibt, weil er woanders die besseren Lebensmöglichkeiten sieht, sondern es liegt vornehmlich auch daran, daß der Facharbeiter im Zonengrenzgebiet für sich, seine Familie, für die Weiterbildung seiner Kinder usw. zuwenig geboten bekommt.
Es ist so, daß oft Facharbeiter im Zonengrenzgebiet einen Arbeitsplatz in Frankfurt oder Mannheim oder Darmstadt, selbst wenn er schlechter bezahlt ist, einem Arbeitsplatz im Gebiet der Rhön oder des Vogelsbergs nur deshalb vorziehen, weil ihre Kinder in Frankfurt, Mannheim oder Darmstadt die Oberschule besuchen können oder weil die Familie schlechtweg am geistigen, kulturellen Leben anders teilnehmen kann, als es in diesen abgelegenen Notstandsgebieten der Fall ist. Aus diesen Gründen halten wir es für erforderlich, daß wir uns im Rahmen unserer Überlegungen, wie dieses Förderungsprogramm für die Zonennotstandsgebiete fortgeführt werden kann, auch sehr intensiv mit der Frage der kulturellen Förderung des Zonennotstandsgebietes befassen.
Dem Zusatzantrag, den der Kollege Behrisch stellte, nämlich den gemeinsamen Antrag der Koalitionsparteien dahingehend zu erweitern oder zu ergänzen, daß wiederum 120 Millionen DM für wirtschaftliche Förderungsmaßnahmen und 25 Millionen DM für kulturelle Förderungsmaßnahmen bereitgestellt werden, können wir von unserer Fraktion im Prinzip beistimmen. Wir halten es allerdings für richtiger, diesen Antrag nicht hier im Plenum heute anzunehmen oder abzulehnen, sondern auch ihn in den Ausschuß zu verweisen, damit wir uns zusammen mit den bereits vorliegenden und noch nicht gründlich durchgearbeiteten Anträgen im Unterausschuß Zonenrandgebiet auch mit diesen Fragen sehr gründlich befassen können. Es wird vor allem notwendig sein, in diesem Ausschuß und in anderen Ausschüssen zu überprüfen, inwieweit die Beantwortung der Großen Anfrage durch den Herrn Vizekanzler neue Perspektiven für die Finanzierung unserer Anliegen im nächsten Jahr eröffnet und ob die in Aussicht gestellten Maßnahmen ausreichend sind.
Was allerdings den Betrag für die kulturellen Förderungsmaßnahmen betrifft, so möchte ich für unsere Fraktion verbindlich erklären, daß wir unbedingt auf den 25 Millionen DM bestehen werden bzw. daß wir uns hier voll und ganz dem Antrag der SPD anschließen werden. Wir haben, wie Sie wissen, im vorigen Jahr bei den Haushaltsberatungen unter Hinweis auf den seinerzeitigen Beschluß des Deutschen Bundestags sowohl in der zweiten wie in der dritten Lesung die Einsetzung dieser 25 Millionen DM in den Haushalt verlangt. Wir sind beide Male abgewiesen worden. Beim zweiten Mal haben wir allerdings zu erkennen gegeben, daß wir uns mit Ihnen auch auf einen geringeren Betrag einigen würden, wenn nur überhaupt etwas für kulturelle Maßnahmen dabei herauskäme. Da überhaupt nichts, nicht ein Pfennig, für diese kulturellen Hilfsmaßnahmen derzeit im Haushaltsplan eingesetzt ist,
sind wir der Meinung: wir sind eigentlich ein Jahr in Verzug. Ja, Herr Kollege Wacher, wir können nach dem Katalog für die 120 Millionen DM doch nur dann sogenannte kulturelle Maßnahmen fördern, wenn sie unmittelbar der Wirtschaftsförderung dienen. Wir können meinetwegen eine Berufsschule restfinanzieren, aber wir können für die vielen anderen kulturellen Maßnahmen aus diesen 120 Millionen DM leider nichts herausnehmen. Wir sind also der Meinung, daß wir durch die seinerzeitige Abstimmung über den Haushalt ein Jahr in Verzug gekommen sind. Wenn wir daher jetzt für das nächste Haushaltsjahr 25 Millionen verlangen, bedienen wir die beiden ersten Jahre, in denen diese Maßnahmen laufen sollten, sowieso nur mit je 121/2 Millionen. Deshalb werden wir uns diesem Antrag, soweit es sich um die kulturellen Förderungsmaßnahmen handelt, anschließen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Bock.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Während das Förderungsprogramm für die Zonengrenzgebiete im all-. gemeinen eine sehr erfreuliche Hilfe für die Wirtschaft in diesen Gebieten bedeutet, wirkt sich die Frachthilfe sehr einseitig nur für einen Teil der Wirtschaft aus. Auf Grund eines Kabinettsbeschlusses, der meines Wissens auf den Herrn Bundesfinanzminister zurückzuführen ist, wird die Frachthilfe nur für die Transporte gewährt, die auf dem Bahnwege durchgeführt werden. Das bedeutet, daß die Verlader, die ihre Frachten durch das Straßenverkehrsgewerbe befördern lassen, nicht in den Genuß der Frachthilfe gelangen und daher schlechter gestellt sind als ihre Berufskollegen, die die Bahn benutzen, was kaum der Bestimmung des Grundgesetzes über die Gleichheit vor dem Gesetz entsprechen dürfte. Darüber hinaus wird das Straßenverkehrsgewerbe in den Zonenrandgebieten geschädigt, indem es auf Transporte verzichten muß, die es bisher durchführen durfte. Während also im übrigen Bundesgebiet bei Beförderung mit der Bahn und dem Lkw gleiche Fracht bezahlt wird, besteht im Zonengrenzgebiet eine billigere Beförderungsmöglichkeit bei der Bahn. Auch hier vermisse ich also die Gleichheit vor dem Gesetz.
Die schwierige Lage der Eisenbahn ist gerade mir nicht unbekannt. Es ist bekanntlich eine der Aufgaben der Verkehrsgesetze, die wir jetzt in den Ausschüssen beraten, der Eisenbahn zu helfen. Es geht aber nicht an, daß das Verkehrsgewerbe in den Zonengrenzgebieten gegenüber der Eisenbahn schlechter gestellt wird, was im übrigen Bundesgebiet nicht der Fall ist. Ich bitte die Regierung daher, in Zukunft die Frachthilfe auch für die Transporte zu gewähren, die durch das Fernverkehrsgewerbe mit Lkws durchgeführt werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Freidhof.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Wacher hat in seiner Rede erklärt, wir sollten heute nicht das Zonenproblem in seiner ganzen Breite wieder aufwerfen und nicht eine Debatte führen, wie wir sie am 26. Mai dieses Jahres im Bundestag gehabt haben. Auch ich bin der Meinung, daß wir dieses Problem nicht in der vollen Breite aufzuwerfen brauchen,
glaube aber, daß wir zu einigen Problemen deutlich und klar Stellung nehmen müssen.
Ich möchte eingangs meiner Betrachtungen sagen, daß uns ein bitterer Geschmack auf der Zunge liegt, wenn wir uns die heute zur Debatte stehenden Anträge ansehen. Wir haben nämlich das Gefühl, daß durch sie unsere eigenen Anträge verschleppt werden sollen oder aber daß, da Sie die Mehrheit und die Möglichkeit dazu haben, durch die Annahme Ihrer Anträge die Anträge der sozialdemokratischen Fraktion als erledigt erklärt werden sollen. Gerade diese Befürchtung zwingt uns, zu einigen Dingen Stellung zu nehmen.
Herr Minister Blücher hat erklärt, hoffentlich bestehe bald keine Zone mehr, und er hat hinzugefügt: solange sie aber bestehe, müsse geholfen werden. Ich möchte sagen: solange das Problem der Zone vorhanden ist, muß sich auch der Bundestag mit ihm beschäftigen.
Vorab aber möchte ich mich gegen zwei Beschuldigungen wenden, die die Kollegin D r. Brökelschen der Sozialdemokratie gegenüber erhoben hat. Sie hat erklärt, unsere Anträge seien aus agitatorischen Gründen gestellt worden. Frau Kollegin Brökelschen, die Initiative für die Hilfe in den Zonengrenzkreisen ist von der Sozialdemokratischen Partei ausgegangen und nicht von der Bundesregierung.
Die einstimmige Annahme der Förderung der Zonengrenzgebiete am 2. Juli 1953 beruhte auf einem Initiativantrag der sozialdemokratischen Fraktion und nichts anderem.
Ein Zweites, und jetzt bitte ich, es genau zu beachten. Ich beschuldige Sie auch nicht, aber ich möchte etwas feststellen. Sie haben erklärt, wenn die Anträge der Sozialdemokraten in der letzten Zeit angenommen worden wären, dann würde das zu einer Gefährdung der Währung führen.
— Ich beschuldige Sie nicht; ich bitte nur zu beachten, was ich jetzt sage: Wenn in der nächsten Zeit 40 Milliarden DM notwendig sind, um die Wiederaufrüstung durchzuführen,
wenn hier über 9 Milliarden DM für die Armee notwendig sind, dann könnten wir mit dem gleichen Recht Sie fragen, ob nicht auch das zu einer Gefährdung der Währung führt!
Wir tun das nicht und bitten auch Sie, auf der andern Seite so anständig zu sein, nicht unsere Anträge damit zu diskriminieren, daß Sie sagen, sie führten zu einer Gefährdung der Währung.
Nun, verehrte Anwesende, zur Sache selbst.
— Das müssen Sie mir überlassen!
Herr Kollege Behrisch hat bereits auf den Auftrag hingewiesen, den Herr Bundesminister Kraft vom Bundeskanzler erhalten hat. Es ist jetzt ein. halbes Jahr her, daß dieser Auftrag an den Herrn Minister Kraft gegeben worden ist. Bis jetzt haben wir noch nichts davon gehört.
— Ich beschuldige nicht den Herrn Kraft.
— Das habe ich auch nicht gesagt. Ich werde aber nachher noch etwas anderes dazu sagen.
Ich stelle nur eine Tatsache fest: Am 7. Juni hat der Bundesminister Kraft seine Besichtigungsfahrt in den Zonengrenzkreisen durchgeführt. In einer Schlußsitzung, die im Anschluß an diese Besichtigungsfahrt im Rathaus in Kassel stattfand, hat Herr Minister Kraft erklärt, die Beseitigung der Notlage in den Zonengrenzgebieten sei eine nationalpolitische Frage ersten Ranges.
Und er hat dort erklärt, die Zustände in diesen Gebieten erinnerten ihn an das Bessarabien der zwanziger Jahre..
Er hat dort erklärt, daß diese Hilfsmaßnahmen schnellstens in die Wege geleitet würden; es müsse nicht nur eine wirtschaftliche, sondern eine kulturelle Unterstützung der Zonengrenzkreise erfolgen. Nach einer lebhaften Aussprache, die dort mit den Vertretern der Wirtschaft, der Behörden usw. durchgeführt wurde, erklärte er: „Mein Auftrag trägt nicht die rechten Früchte, wenn nur weiteres Papier beschrieben würde." Und er hat seine dortige Rede geschlossen: „Ich verspreche Ihnen nichts; Geld habe ich keines!"
Ich mache ihm deshalb auch keinen Vorwurf. Wir wissen, daß Denkschriften bereits in großer Zahl vorhanden sind. Ich fürchte, daß auch diese Denkschrift den Weg der anderen Denkschriften gehen wird, daß nämlich aus diesen Denkschriften nicht viel herauskommt.
Weil wir das wissen, deshalb haben wir im Frühjahr dieses Jahres eine Reihe von Anträgen gestellt, die am 26. Mai behandelt worden sind.
Unter den von Ihnen gestellten Anträgen ist ein Antrag, der Antrag Drucksache 742, dem wir unsere Zustimmung geben können. Sie fordern, daß die Förderungsmaßnahmen in den Zonengrenzgebieten weitergeführt werden sollen. Sie haben erklärt, die Antwort des Bundeswirtschaftsministers im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzminister sei von dem Herrn Kollegen Behrisch falsch ausgelegt worden. Dort ist vom Bundeswirtschaftsminister im Einverständnis mit dem Finanzminister klar und eindeutig gesagt, daß der Betrag von 120 Millionen DM einmalig ist und daß er nicht wiederholt werden kann.
Aus der Sorge der Grenzkreise heraus haben wir unsere Anträge gestellt, und wir müssen auf unseren Anträgen bestehen, die nach meiner Überzeugung den Vorrang vor Ihren Anträgen haben.
— Herr Kollege Wacher, wir haben am 2. Juli 1953 hier. im Bundestag einmütig und einstimmig den Antrag angenommen, 25 Millionen DM für kulturelle Betreuung der Zonengrenzkreise in den Bundeshaushalt einzusetzen; und dieselben Kreise, die die Mehrheit hier im Bundestag mit erreicht haben, haben es dann, als es sich darum handelte, die 25 Millionen DM einzusetzen, abgelehnt,
— der BHE ausgenommen, der mit uns gemeinsam für diese 25 Millionen DM gestimmt hat.
Wir haben Anträge gestellt, den Straßenbau zu verbessern. Auch Herr Kollege Starke hat heute morgen davon gesprochen, daß der Straßenbau in den Grenzgebieten verstärkt durchgeführt werden muß. Wir haben Anträge bezüglich der Umsatzsteuer gestellt. Wir sind nicht stur genug, zu behaupten, daß dieser Antrag so durchgeführt werden muß, wie wir ihn gestellt haben; wir sind bereit, mit Ihnen darüber zu reden. Sie haben die Eingaben des Landkreistages erhalten, der ebenfalls auf dem Standpunkt steht, daß hier eine Hilfe notwendig ist. Wir haben Anträge für die mittelständische Wirtschaft gestellt, wir haben Anträge für die Landwirtschaft und für die allgemeine Wirtschaftshilfe gestellt. Wir sind der Meinung, daß diese Anträge unter allen Umständen in der nächsten Zeit beraten werden müssen.
Darf ich noch ein Wort zur kulturellen Betreuung im Zonengrenzgebiet sagen. Auch hier hat der Landkreistag uns sehr klar und eindeutig ermahnt, diese 25 Millionen DM einzusetzen. Ich habe in den letzten Tagen einen Bericht vom Bund vertriebener Deutscher gelesen, der ebenfalls in einem Zonengrenzkreis tagt und sich sehr stark dafür eingesetzt hat, daß auf kulturellem Gebiet etwas getan wird.
Das scheint mir um so notwendiger zu sein, als die Gefahr besteht, daß dort infolge der langen Arbeitslosigkeit Einbruchsstellen, und zwar gefährliche Einbruchsstellen, für die Kommunisten aus dem Osten vorhanden sind. Der Herr Kollege Seiboth hat vorhin schon auf die Wühlarbeit der Kommunisten in den Zonengrenzkreisen hingewiesen. In meinem Wahlkreis, in Eschwege, hat eine große Versammlung Arbeitsloser stattgefunden, eine überfüllte Versammlung, die polizeilich geschlossen werden mußte. Es war uns nur durch unseren Einsatz und unsere Warnungen an die Arbeitslosen möglich, zu verhindern, daß sie sich dem westdeutschen kommunistischen Arbeitslosenausschuß anschlossen. Die Zeitung dort — wenn ich noch auf eine persönliche Mitwirkung hinweisen darf — hat geschrieben, daß meine Mahnungen einen tiefen Eindruck auf die Arbeitslosen gemacht hätten und es wahrscheinlich diesen Ausführungen zu danken sei, daß der westdeutsche Arbeitslosenausschuß nicht zum Ziel gekommen ist.
— Die Regierung in Hessen? Die Regierung in Hessen hat genug getan. Selbst das Bundesfinanzministerium hat zugeben müssen, daß Hessen im Zonengrenzgebiet relativ viel getan hat.
Ich will noch zwei Dinge ansprechen, die bereits von Herrn Kollegen Behrisch behandelt worden sind, die aber nochmals mit aller Deutlichkeit zu besprechen mir notwendig erscheint. Es handelt sich um die Sonderabschreibungen, die wir seinerzeit mit genehmigt haben und die als eine Hilfe für die Zonengrenzgebietswirtschaft angesehen werden. Diese Sonderabschreibungen haben aber dazu geführt, daß die Gemeinden verminderte Erträge aus der Gewerbesteuer erhalten. Es gibt Gemeinden, deren Haushaltsplan durch diese Ausfälle völlig über den Haufen geworfen wird. Wenn der Bundestag beschließt, daß solche Sonderabschreibungen zulässig sind, dann ist der Bund auch verpflichtet, den Gemeinden den Ausfall zu ersetzen. Denn man kann nicht mit der einen Hand geben und mit der andern Hand den Gemeinden das wegnehmen. Es ist eine absolute Verpflichtung des Bundes, hier den Gemeinden zu helfen.
Ein zweites. Bei mir haben sich eine Reihe von Firmen beschwert, die in bundeseigenen Gebäuden frühere Flugzeughallen gemietet haben und seit Monaten — in einem Fall seit über einem Jahr — wegen der Miete Klage gegen die Bundesvermögensstelle führen. Das läuft von einer Behörde zur andern. Jetzt habe ich aus dem Ministerium erfahren, daß erst bei der Finanzdirektion in Frankfurt angefragt wird, wie sie sich dazu stellt. Mittlerweile kann eine solche Firma pleite gegangen sein. Es ist eben notwendig, möglichst klare Richtlinien zu geben, damit diese Dinge auf der unteren Ebene entschieden werden können. Mir ist von dem Leiter der Vermögensstelle gesagt worden, daß die Richtlinien zweifellos zu starr seien, so daß man auf die Leistungsfähigkeit der Firmen keine Rücksicht nehmen könne, und daß sie elastischer sein müßten, daß man aber von den Richtlinien nicht abgehen könne. Ich möchte deshalb bitten, daß auch diese Dinge einmal im Interesse der Zonengrenzkreise und ihrer Wirtschaft eingehend besprochen und einer Regelung zugeführt werden, die einigermaßen erträglich ist.
Damit möchte ich meine Betrachtungen schließen. Der Herr Kollege Starke hat heute morgen gesagt, es sei notwendig, wirksam für die Zonengrenzkreise einzutreten. Wenn wir das wollen, dann bleibt keine andere Lösung, als den Antrag, den mein Kollege Behrisch heute morgen eingereicht hat, nicht dem Ausschuß zu überweisen, sondern im Plenum des Bundestages zur Entscheidung zu bringen. Ich bitte Sie deshalb, diesem Antrag zuzustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, ich gebe bekannt, daß die SPD-Fraktion um 14 Uhr 30 zu einer Fraktionssitzung zusammentritt.
Jetzt unterbreche ich vereinbarungsgemäß die Sitzung bis 15 Uhr.
Die Sitzung wird um 15 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren, wir fahren in der Sitzung fort.
Es wird fortgesetzt die Debatte über die beiden Großen Anfragen — Punkte 3 a und 3 b — und die Anträge unter 3 c, d und e der heutigen Tagesordnung.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Strosche.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einleitend sagen daß wir bei der Beratung dieser Fragenkomplex€ nicht dauernd von einem Teil-Situationsberichi zum andern stolpern sollten — ich befinde mich mit dieser Auffassung etwas in Widerspruch mil der Ansicht des hochverehrten Herrn Kollegen Wacher —; denn dies ist nicht sinnvoll und sieht auch nicht gut aus, insbesondere wenn dies€ „Stolpertermine" sehr oft mit Landtagswahlterminen zusammenfallen. Ich bin vielmehr der Auffassung — und hier stimme ich mehr den Ansichten des Herrn Kollegen Dr. Starke zu — , daß wir uns gerade jetzt Gedanken darüber machen sollten, wie wir in dieser Hinsicht einen entscheidenden Neubeginn zu setzen hätten. Denn es ist — wie heute bei der Behandlung dieser Fragen auch schon gesagt wurde — im Augenblick wirklich höchste Zeit! Wir stehen, wie überall im Kalten Krieg, auch hier im Wettlauf mit der Zeit. Ich glaube, jetzt kann auch eine gewisse Zeitwende in Richtung auf eine grundsätzliche Besinnung eintreten, zumal gewisse Auswirkungen der Londoner Akte und der damit zu erhoffenden Verträge vielleicht doch manche zusätzlichen Gefahren für unsere Grenz- und Zonengrenzgebiete in sich bergen könnten.
Im Rahmen der Wirtschafts- und Finanzpolitik des Bundes und der Länder stellt das Kapitel der Notstandsgebiete im Grenz- und Zonengrenzraum
das wissen wir alle — fraglos ein sehr leidiges, schwieriges und immer wieder Ärgernis erregendes Kapitel dar. Diese Fragen tauchen immer wieder auf, und bei ihrer Behandlung und auch nach Abschluß der Behandlung in diesem Hohen Hause haben wir hinsichtlich des Grenzgebiets doch immer das Gefühl eines gewissen Unbefriedigtseins,
haben wir das Gefühl, Teilstück-, Flickwerkpolitik gemacht zu haben,
obzwar es sich, wie heute hier mehrmals betont wurde, um Fragen handelt, die wir gemeinsam als nationalpolitisch besonders gewichtig und als in gesamtdeutscher Hinsicht ausschlaggebend bezeichnen und die unser aller Meinung nach eine gleiche Bewertung und ähnliche Behandlung wie der Fragenkomplex Berlin verdienen.
Immer wieder also sind wir bei diesem leidigen Thema angelangt, und dies trotz zweier Bundestagsausschüsse, die sich mit diesen Fragen beschäftigen, trotz des Sechs-Punkte-Förderungsprogramms des 1. Bundestags vom 2. Juli 1953, auch — leider Gottes — trotz der Erklärung der Bundesregierung vom 19. August 1953, trotz zahlreicher Denkschriften, Berichte, Erklärungen und mancher üblicher Wahlversprechungen. Ich möchte behaupten, daß der Grundfehler bei all diesen Dingen darin zu suchen ist, daß wir ein Durch-, ein Über- und Ineinander aller möglicher Programme, Planungen und Hilfen mehr oder minder ausreichenden Charakters haben, daß wir aber eigent-
lich weder auf dem legislativen noch auf dem exekutiven Sektor eine sinnvoll konzentrierte Behandlung dieser Fragen erwirkt haben, d. h. seien wir doch ganz offen, auch nicht in diesem Hohen Hause. Sie wissen wie ich: Wir haben einen Ausschuß für Grenzlandfragen, der mehr oder weniger kümmerlich dahinlebt, ich möchte fast sagen, vegetiert. Dann haben wir den Unterausschuß des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen, der somit — abgesehen davon, daß er vertraulichen Charakter hat — Wirtschafts- und Finanzfragen behandeln muß, die letztlich unter außenpolitischen Perspektiven gesehen werden müssen und gesehen werden, und zwar auch oft von Kollegen, die diesen Grenzgebieten zwangsläufig ferner stehen.
Ich bin daher der Meinung — und meine politischen Freunde mit mir —, daß wir jeden Weg gehen sollten, der auch im Rahmen des Hohen Hauses eine Konzentration dieser Dinge herbeiführt. Ich bin geneigt, dem Vorschlag der SPD, einen Arbeitskreis aufzutun, zuzustimmen.
Wir haben weiter auch auf dem Felde der Legislative zweifellos eine zu geringe Widerspiegelung der Nöte um diese Probleme im Bundeshaushalt; d. h. das finanzielle Hilfsreservoir ist zu gering und zu wenig konstant, ganz abgesehen jetzt von dem unserer Finanzverfassung innewohnenden Trägheitsprinzip.
Wir haben aber vor allem im Feld der Exekutive — so möchten wir meinen — keine planende, konzentrierende Zentralstelle. Trotz der Denkschriften und trotz aller möglichen Exposés, die wir haben, sind wir der Auffassung, daß diesen Fragen seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft eine gewisse stiefmütterliche Behandlung zuteil wird. Wenn eine Denkschrift des Herrn Bundesministers für besondere Aufgaben K r a f t vorliegt, so wäre es höchste Zeit, daß die darin gemachten Vorschläge oder Gedankengänge gerade durch das federführende Bundesministerium, das Bundeswirtschaftsministerium, nun ehestmöglich ausgewertet oder uns überhaupt zur Diskussion gestellt werden, ganz abgesehen davon, daß man im Lande draußen weitgehend Stimmen hört, daß diese Fragen der Notstands- und Grenzgebiete zweifellos ein Gebiet darstellen, das eines Staatssekretärs oder eines Bundesministers für besondere Aufgaben bedürfte.
So wie das Bundesministerium für die Familienfragen, die ja von ähnlichem Gewicht sind, eine übersichtliche ordnende Stelle darstellt, müßte auch ein Bundesministerium für die Zonengrenz-
und Randgebiete geschaffen werden.
Ich glaube, wir sollten stärker, als bisher getan, einen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Grenzgebiet seit eh und je und dem Zonenrandgebiet seit 1945 machen. Was das „Grenzgebiet seit langem" anlangt, so ist es doch eine alte Erfahrung, daß Grenzgebiete in besonderem Maße der Gefahr der Ausblutung und damit auch der Verelendung ausgesetzt sind. Es wirkt hier eben ein zentripetaler Sog, wenn man so sagen darf. Die Weimarer Republik hat darum genau gewußt, hat genau die Nöte der Grenzgebiete zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg gekannt und darum jenes Osthilfegesetz vom 31. März 1931 geschaffen, das heute von dem verehrten Herrn Kollegen Dr. Starke sehr rühmend erwähnt wurde. Diesem
zentripetalen Sog der Grenze kann nur entgegengewirkt werden, wenn man besondere Standortanreize gibt oder wenn diese Standortanreize naturgegeben sind. Ein Musterbeispiel für das Zusammenwirken von Gegebenheiten und Planungen hatten wir in dem ehemaligen Sudetenland, wo, ganz abgesehen von dem mit Braunkohlenschätzen gesegneten Landstrich zwischen Falkenau und Aussig etwa, gerade im Randgebiet des böhmischmährischen Raumes eine industrielle Dichte erreicht wurde, die dahin führte, daß die Steuererträgnisse gerade dieser Grenzgebiete bedeutend größer waren als die der landwirtschaftlich gesegneteren Gefilde in der Mitte des böhmisch-mährischen Raums.
Ich glaube, daß man sagen kann, daß hier manche Unterlassungssünden in der Vergangenheit begangen wurden, die wir jetzt nicht alle ausräumen können und die wir nicht alle zu beseitigen vermögen. Als ein Musterbeispiel möchte ich etwa das Gebiet anführen, aus dem ich komme: den Bayrischen und Oberpfälzer Wald. Hier ist, geradezu historisch, schon seit eh und je eine gewisse privatwirtschaftliche Standort-Leere geschaffen worden als Folge, so muß man wohl sagen, eines mangelhaften volkswirtschaftlichen Gesamtplanes und einer Planung im Hinblick auf diese Standortfragen. Dazu kamen Unterlassungssünden nach 1945 — auch das möchte ich einmal sagen —, wo man sehr viele wertvolle Kräfte und industrielle Möglichkeiten nicht ausnutzte, sondern alle Kräfte weiter nach dem Westen, nach dem „goldenen Westen", schob und sagte: Hier war nie etwas Besonderes los, ziehen Sie weiter westwärts und versuchen Sie dort Ihr Glück! Man wich hier zum Teil notwendigen, einschneidenden Opfern aus.
Aber für unsere Betrachtungen hier sind ja die Grenzgebiete seit 1945 entscheidend, also jene Gebiete, in denen durch das Abschneiden der wirtschaftlich-kulturellen Nerven- und Lebensstränge eine ganz neue Situation entstanden ist, wobei dazu noch die Ballung der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, etwa in Schleswig-Holstein, in Niedersachsen und Bayern kommt. Weiter kommt, das muß man immer wieder betonen: eine gewisse Grenzpsychose und ein neues Klima besonderer Art an dieser Grenze hinzu. Nach der ersten Schrecksekunde hätte, so meinen wir, langsam aber stetig eine umfassende und sinnvolle Länder- und Bundesplanung einsetzen müssen.
Es ist eigenartig, meine Damen und Herren, daß in dem Augenblick, wo man das Wort Planung ausspricht, in manchen Kreisen unserer Bevölkerung eine Art Horror, ein Gruseln und Grausen beginnt. Man glaubt hier immer, es seien mit einer Planung bereits Vorstufen einer kalten Sozialisierung gegeben. Ich meine aber, daß dem nicht so ist, daß man vielmehr in den vergangenen Jahren die neue Siedlungs-, Agrar- und Sozialstruktur genauer hätte studieren, die daraus erwachsenden, sich ergebenden Gefahren hätte genauer taxieren müssen, Gefahren für den Teil und für das Ganze, also für die ganze Bundesrepublik. Und ich glaube, daß man eine neue Analyse der Standortfragen in diesem Grenzgebiet hätte durchführen müssen, und zwar im Zeichen notwendiger Landesentwicklungspläne und Landesplanungsgesetze. Ich weiß, daß in Hessen und in Bayern in dieser Richtung erfreuliche erste Ansätze gemacht worden sind. Ich habe aber in meiner Tätigkeit im Bayerischen Landtag erleben müssen, wie sowohl der Landesentwick-
lungsplan als auch ein Landesplanungsgesetz irgendwie wieder versandet und zum Stillstand gekommen sind, weil man befürchtete, daß damit irgendwelche Sozialisierungstendenzen ins Leben gerufen werden könnten. Die Erfahrungen auf Länderebene sind also hier recht traurig.
Wir sollten bei aller Anerkennung dieser ersten Ansätze nun einmal versuchen, auf Bundesebene eine Bundesraumplanung zu erstellen. Denn wir sind der Auffassung, daß Zonengrenzhilfe eine Bundesaufgabe ist, die einer intensivierten, koordinierenden Arbeit bedarf, eine Förderungsaufgabe ist, die nicht, wie es neulich die „Zeit" am 7. Oktober sehr treffend in einer Überschrift sagte, im Drahtverhau föderalistischer Verstrickungen hängen bleiben darf. Wir sind also der Auffassung, daß eine Bundesraumplanung notwendig ist, und zwar notwendig ist — das sei denen gesagt, die hier immer die Urzelle einer Sozialisierung vermuten — gerade als Gegenkraft gegen eine dann zwangsläufig eintretende Sozialisierung.
Sehen Sie doch einmal, verehrte Damen und Herren, etwa die Sowjetunion an. Hier kann man schon etwas von ihr lernen.
Wir kennen die Methoden, mit denen die Dinge durchgeführt worden sind, aber Erfolgreiches ist hier durch Planung — wer das alte und das neuere Rußland kennt, weiß es! — als Tatsache erstanden, zweifellos in einer Weise, die keiner von uns billigt! Aber wir wollen vor allem auch auf die diesbezüglichen Erfolge Englands und insbesonders der uns befreundeten Vereinigten Staaten hinweisen. Denken Sie an das Tennessee-Valley-Kombinat, wo durch eine echte und sinnvolle Planung volkswirtschaftlich optimale Standorte geschaffen wurden, die dann zwangsläufig auch zu privatwirtschaftlich optimalen Standorten geworden sind und dem ganzen Gebiet Arbeit . und Brot und Leben gegeben haben.
Seit 1946 — auch das müssen wir, wenn wir einen Neubeginn setzen wollen, uns einmal klarmachen — sind viele Fehler gemacht worden. Der Ost-West-Sog im Zeichen oft willkürlichen, freizügigen Laisser-faire, laisser-aller und eines gewissen — seien wir ehrlich — Kreis- und Länderegoismus hat doch gewütet und diesen Zonengrenzgebieten geschadet. Die Umsiedlung der Heimatvertriebenen ist in der Richtung fehlerhaft gewesen, daß wir nur einsatzfähige Arbeitskräfte abwandern ließen und zum Teil die Fürsorgebedürftigen und nicht mehr Eingliederbaren als ein, ich möchte sagen, schweres Überbleibsel, als „Satz" zurückgelassen haben.
Wir haben ferner keinen echten Ausgleich hergestellt zwischen 'der Tendenz: Mensch zur Arbeit und Arbeit zum Menschen.
Gerade das Herantragen der Arbeit an die Menschen haben wir nicht genug gefördert, z. B. die Arbeit zu den Flüchtlingslagern, zu den Heimatvertriebenenlagern hin. So mußte es — das ist heute schon angesprochen worden — auch zwangsläufig zu einer Industrieballung im Rhein-RuhrRaum und im württembergisch-schwäbischen Raume kommen. Ich möchte gar nicht darauf verweisen, welch unerhörte Gefahren im Zeitalter der wildgewordenen Kriegstechnik darin gelegen sind. Es entstanden also noch zusätzliche Leerräume,
ewige Notstands- und Zuschußgebiete also, und zwar als zwangsläufige Folge des Fehlens eines gemeinschaftverpflichteten volkswirtschaftlichen Denkens auf der staatlichen Ebene, sowohl in den Ländern wie im Bund. Wir haben hier — auch das ist heute schon angesprochen worden und muß meines Erachtens noch einmal unterstrichen werden — gewisse notwendige Vorbereitungen für eine Wiedervereinigung, die wir alle erhoffen und wünschen, im wirtschaftlich-sozialen wie im kulturellen Feld unterlassen. Die Ausdrücke „Schaufenster gegen den Osten", „Visitenkarte nach der DDR hin" sind heute schon gefallen. Entscheidend ist aber, glaube ich, daß wir diesen totalitären Systemen drüben überhaupt vorweisen können, daß wir imstande sind, mit diesen zweifellos schwierigen Problemen ohne Terror und Gewissenszwang, in echter demokratischer Freiheit fertig zu werden.
Wirtschaftlich-sozial — um ein paar Einzelheiten zu nennen —: Wir müssen darangehen, etwa die berühmte Kohlenabgabe für 'die Zonengrenzgebiete zu streichen. Wir müßten uns Gedanken machen, ob es nicht möglich ist, etwa eine bevorzugte Ausführung des Lastenausgleichsgesetzes im Grenzgebiet voranzutreiben, eine besonders verstärkte Eingliederung der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge und eine besonders verstärkte Förderung des sozialen Wohnungsbaues gerade hier durchzuführen.
Sehr viel ist heute über die kulturelle Befriedung dieses Gebietes gesprochen worden. Ich glaube, daß man gerade im kulturellen Sektor ohne eine gewisse Planung auf weite Sicht nicht vorankommt. Sehen Sie doch einmal — wenn ich Ihre Aufmerksamkeit nur auf ein Teilstück lenken darf — den Raum von Hof über Regensburg nach Passau an! Sehen Sie ihn einmal hinsichtlich der Schulen, der Dichte der Schulen, der Berufsschulen, vor allem aber auch der Hochschulen an, sehen Sie ihn einmal hinsichtlich der Dichte von Volksbildungswerken, Theatern, Orchestern, Volksbüchereien, Grenzlandtheatern, Wanderbühnen usw. an, so müssen Sie feststellen — wir haben das im Bayrischen Landtag oft getan —, daß hier ein nahezu kulturarmer, wenn nicht kulturleerer Raum besteht im Gegensatz zur Ballung gerade auch in dieser Richtung jenseits des Eisernen Vorhangs! Es dürfte wohl niemanden in diesem Hause geben, der in dem Bau von Schulen, Ausbildungsstätten und kulturellen Institutionen im Grenzgebiet einen Luxus sieht. Vielmehr wird jeder zugeben, daß es notwendig ist, das Grenzgebiet gerade in dieser Richtung stark zu machen und hier das Klima auch über den geistig-seelischen, bildnerischen Sektor an der Grenze zu verändern.
Deshalb sind wir der Auffassung, daß diese kulturelle Grenzlandhilfe in Höhe von mindestens 25 Millionen DM jährlich ein stabiler und ständiger Faktor in unserem Haushalt werden sollte und müßte. Eine aktive Kulturpolitik gerade im Grenzlandgebiet ist also eine politische Notwendigkeit ersten Ranges.
Meine politischen Freunde und ich sehen aber im Sektor der Grenzlandfragen in naher und nächster Zukunft gewisse einschneidende Gefahren heraufziehen. Der Aufrüstungssog, der eintreten kann, wird er nicht wieder in der Richtung Ost nach West oder gar südwärts gehen? Wir sehen ferner eine große Gefahr darin — das ist heute
schon oft gesagt worden —, daß in der Grenzbevölkerung eine gewisse Unsicherheit bezüglich des 120-Millionen-Fonds aus Finanzausgleichsmitteln entstanden ist. Man meint dort, es handele sich hier um eine einmalige, vorübergehende Angelegenheit, bzw. diese Hinreichung von Mitteln sei in ihrer Konstanz gefährdet, ganz abgesehen nun davon, daß ja dieser 120-Millionen-Topf leider Gottes immer durch gewisse Extratouren, zweckfremde Verwendungen geschmälert zu werden pflegt. Man macht sich in diesem Notstands- und Grenzlandgebiet darüber Gedanken, ob die bisherigen individuellen Teilregelungen fortdauern sollen oder ob man sich in den Anstrengungen nicht endlich einmal auf diesem Gebiet zu konzentrieren bemühen sollte. Die Leute haben nun einmal das Gefühl —und das werden die sehr verehrten Herren Kollegen aus dem Grenzgebiet bestätigen —, daß man nahezu abgeschrieben ist. Man sieht in diesen Gebieten sehr ungern, daß immer wieder Streitigkeiten Bund — Länder unter Berufung auf Art. 120 des Grundgesetzes seitens der Länder und auf Art. 30 des Grundgesetzes seitens des Bundes ausgetragen werden: bei der Frachthilfe, bei gewissen steuerlichen Maßnahmen usw.
Man weiß auch, daß die Gefahr des Abzugs von Grenzlandbetrieben und der Fortdauer der strukturellen Arbeitslosigkeit noch keineswegs gebannt ist, da z. B. die steuerfreien Investitionsrücklagen zu wenig Gegenliebe gefunden haben und die berüchtigten Abgrenzungsschlüssel mit all ihren Härten noch immer weiterwirken. Ich glaube also — und meine politischen Freunde mit mir —, daß die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Förderungsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet in bezug auf den Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens zweifellos wichtige Teilkomplexe der praktischen, fortschreitenden Arbeit sind, daß man sich aber darüber hinaus endlich einmal Gedanken machen sollte, wie man die Dinge, an Stelle einer Unterstützungs-, Hilfs- und Stückwerkpolitik karitativen Charakters, zu einer echten Neuordnungspolitik, und zwar weitsichtiger, planerischer Art, vorantreiben könnte und wie man vermeiden könnte, daß diese Politik — ich wiederhole das Wort — im Drahtverhau föderalistischer Verstrickungen hängen bleibt.
Wir sind der Auffassung, daß es neben der Fortführung und dem Ausbau der steuerlichen Hilfe, neben einem langfristigen, vielleicht zehn Jahre währenden finanz- und wirtschaftspolitischen Förderungsprogramm, neben der Ausdehnung der Richtlinien für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, auch solcher der Länder und aus dem Besatzungshaushalt, neben der notwendigen Bereitstellung bundeseigenen Besitzes z. B., neben der verstärkten Förderung des Wohnungsbaues etwa, neben der Aufstellung und Durchführung eines Programms zur Förderung der kulturellen Belange, neben diesen auf lange Frist zu setzenden Mindestforderungen doch nun endlich einer Gesamtplanung bedarf, die wir sowohl auf legislativer wie auf exekutiver Ebene jetzt, zum letztmöglichen Termine, so möchte ich fast sagen, schaffen sollten. Nur dadurch würden — und hier stimmen wohl alle mit mir überein, die aus diesen Gebieten kommen — die Menschen dort das Gefühl bekommen, daß sie nicht ganz verlassen sind, daß sie nicht der Grenzpsychose unterliegen müssen, daß hier ein neues Klima geschaffen wird und das alte abgelöst wird, das, so meine ich, manch tödliche Gefahren für unseren Staat in sich birgt. Im jetzigen Klima und bei den jetzigen Gegebenheiten — und bitte, lassen Sie sich das aus den Erfahrungen eines Menschen sagen, der im Grenzland, im sudetendeutschen Grenzland aufgewachsen ist — müßten wir in Ziel und Aufgaben unseres Staates vielleicht Schiffbruch erleiden. Dies zu verhindern, sollten wir alle bereit — auch zu Opfern bereit! — und willens sein.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Starke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere es eigentlich, daß ich heute noch einmal zu diesem Thema sprechen muß. Aber ich bin der Meinung, daß dies, nachdem die Debatte von dem Herrn Kollegen Behrisch aus eine sehr persönliche Färbung insbesondere gegen mich angenommen hatte, notwendig ist.
Ich habe zunächst einiges zu dem Antrag, der von der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei gestellt worden ist, zu sagen. Wir sind nicht der Meinung, daß mit diesem Antrag das erreicht wird, was wir gern erreichen wollten; denn er würde sich ja mit dieser Änderung wieder nur auf einen Punkt, auf den Haushalt richten, und wir hätten im Ausschuß nicht Gelegenheit, gerade idle Punkte zu berühren und eingehend zu debattieren, auf die es uns besonders ankam und die ich heute in meinen Ausführungen darlegte.
Nun zu dem, was Sie, Herr Kollege Behrisch, persönlich zu mir gesagt haben. Dazu darf ich wohl einmal feststellen: es ist im allgemeinen hier im Bundestag nicht üblich, daß auf Berufsfragen und dergleichen angespielt wird.
Sie haben es getan. Ich habe ein so gutes Gewissen dabei, daß ich es mir auch leisten kann, dazu noch ein Wort zu sagen. Was Sie heute gesagt haben, ist ja ein weniges und ein kleines gegenüber dem, was Sie sonst schon gegen mich gesagt haben, auch schon zu der Zeit, als Sie Ihren Wahlkreis noch nicht an mich verloren hatten, woraus ja all diese Dinge resultieren dürften.
Daß Sie nicht wissen, was eine Handelskammer ist und wie sie strukturiert ist, habe ich Ihren Worten entnommen.
Eins allerdings muß ich richtigstellen. Wenn Sie mir vorwerfen, daß ich bei der Umsatzsteuerfrage deswegen eine ablehnende Haltung eingenommen habe, weil mein Kammerbezirk nur zu einem Teil in diesem Zonenrandgebiet liegt, so befinden Sie sich in einem sehr großen Irrtum; denn gerade dieses Gebiet — das ist ja seine besonders schlechte Lage — liegt fast vollständig in diesem Zonenrandgebiet, ganz im Gegensatz zu allen anderen Gebieten, weil wir eben am weitesten nach Osten hinausragen und dann noch den Knick nach der tschechischen Grenze hin haben. Auch dieses Argument hätte also dabei gar nicht erwähnt werden dürfen.
Leider muß ich nun zu einem Punkt Stellung nehmen, den Sie heute angeschnitten haben, obwohl die Frage im Ausschuß noch nicht erörtert worden ist. Sie wissen auch, daß der Steuer- und
Finanzausschuß zu dem gesamten Umsatzsteuer-komplex den Beschluß gefaßt hat, diese Frage im Anschluß an die Steuerreform grundsätzlich zu behandeln. Sie haben heute 'diese Frage aufgeworfen, nicht, wie ich glaube, um hier etwas Sachliches beizutragen, sondern weil Sie mir ganz persönlich etwas anhängen wollten. Deshalb muß ich leider sachlich dazu Stellung nehmen.
Ich habe mich bezüglich dieser Umsatzsteuer nicht gescheut, ganz offen meine Meinung zu sagen, weil ich finde, daß es einen Abgeordneten ziert, wenn er auch einmal eine Meinung vertritt, von der er weiß, daß er sie unter der Bevölkerung zunächst allein vertritt. Ich habe das Wort von dem sogenannten gezielten Einsatz der Mittel bewußt gebraucht. Ich kann Ihnen auch sagen, warum. Ihre Forderung auf Umsatzsteuerermäßigung würde nach den Angaben des Bundesfinanzministeriums einen Steuerausfall von mindestens 400, wenn nicht 450 Millionen DM zur Folge haben. Da wir diese Mittel, wie Sie selbst wissen, nicht bekommen, müssen wir mit den geringeren Mitteln einen gezielten Einsatz anstreben. Dieser gezielte Einsatz beinhaltet nämlich nichts anderes — das ist es, was Sie eigentlich wissen müßten, wenn Sie sich einmal mit dieser Umsatzsteuerfrage befaßt hätten — als das, was in Berlin mit der Umsatzsteuerregelung bezweckt ist: daß nämlich nur d i e Betriebe die Vergünstigung bekommen, die effektiv über die Grenzen Berlins hinaus nach Westdeutschland, ins Bundesgebiet liefern. Daß wir mit dem System der Frachthilfen diese weiten Entfernungen, die heute zu den Schwerpunktgebieten bestehen, überbrücken wollen, ist genau dasselbe.
Was Sie darüber hinaus gefordert haben, trifft eben nicht den Kern der Sache, ganz abgesehen davon, daß die Mittel nicht zur Verfügung stehen.
Ich möchte Ihnen aber noch ein Weiteres sagen, und ich kann Ihnen das jederzeit nachweisen, wenn Sie das wollen. In der Stadt Hof, aus der auch Sie stammen, vereinigen die sogenannten Großbetriebe, von denen Sie die Freundlichkeit hatten zu sagen, daß ich sie hier ausschließlich vertrete, die Hälfte aller Arbeitnehmer in sich, so daß es einem nicht gleichgültig sein kann, wie diese Betriebe stehen. Und wie sie stehen, das wissen Sie, und das weiß insbesondere Ihr Parteikollege, der Oberbürgermeister von Hof, mit dem ich darüber sehr oft gesprochen habe und der anderer Meinung ist als Sie; ich stelle das ausdrücklich fest. Man darf also, wenn man so zu besseren Einsichten kommen könnte, das nicht propagandistisch in dieser Form auswerten.
Es kommt aber noch ein anderes hinzu. Wenn man auf Ihren Antrag einginge, würden — ich kann Ihnen das ausrechnen — diese Großbetriebe einen weit größeren Betrag durch die Umsatzsteuerermäßigung für ihre Betriebszwecke haben, als sie ihn beim System der Frachthilfen bekommen. Das allein zeigt schon, daß die Sätze, die Sie hier gesprochen haben, ein ganz persönlicher Angriff sein sollten und nichts — lassen Sie mich das letztere ausdrücklich feststellen — mit der sachlichen Frage zu tun haben, mit der wir uns heute hier, wie ich finde, zu Anfang und vor Ihnen wirklich ernsthaft befaßt haben.
Ich möchte aber noch etwas richtigstellen, was wiederholt gesagt worden ist. Die sogenannte Steuervergünstigung über die Abschreibungen darf man noch nicht in Zusammenhang bringen mit dem Rückgang der Gewerbesteuer in diesem Gebiet. Der Rückgang der Gewerbesteuer, über den ich bereits im Finanz- und Steuerausschuß und auch im Unterausschuß berichtet habe, ist auf die allgemeine Situation zurückzuführen. Die Abschreibungen und ihre Auswirkung auf die Gewerbesteuer kommen erst in einer späteren Zeit.
Im übrigen habe ich noch zu sagen, daß es heute sehr am Platze war, die Frage der öffentlichen Aufträge und die Ausdehnung der Begünstigung auf die Besatzungsaufträge anzuschneiden. Es bedarf doch wohl keiner Erörterung, daß diese Frage angesichts der vor uns liegenden Entwicklung von ganz besonderer Bedeutung ist.
Es mußte deshalb unser Anliegen sein, diese Frage in eine Form zu bringen, die wirklich auch Auswirkungen zeitigt. Ich glaube also, daß die Vorschläge, die wir heute gemacht haben und die wir auch zu begründen versucht haben, substantiell sehr viel enthalten, ganz im Gegensatz zu dem, Herr Behrisch, was Sie hier sagten.
Ich habe außerdem mit Freude zur Kenntnis genommen, daß der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit auch auf die Frage des Gewährleistungsgesetzes eingegangen ist und dabei erwähnt hat, daß auch da eine Möglichkeit bestehe, uns weiter zu helfen. Das ist mir neu; 'es ist wohl auch erst vorgesehen.
Nun zu der Frage der Raumordnung, die wiederholt angeschnitten worden ist und die auch Sie, Herr Bundesminister, erwähnt haben. Ich habe dabei ein ganz besonderes Anliegen. Diese Raumordnung, die ich unter Bezugnahme auf den Bundesminister Oberländer erwähnt habe, liegt uns sehr am Herzen. Wir möchten nur vermeiden, daß unter Raumordnungsfrage verstanden wird einmal die Frage, welche Befugnisse derartige Behörden haben sollen. Sie wissen, daß das eine alte Streitfrage ist, eine Frage, die aber sehr berechtigterweise immer wieder Streit hervorgerufen hat. Zum zweiten sollte nicht die Zuständigkeit, also die Frage, ob Bund oder Länder, dabei wieder im Vordergrund stehen. Wir sollten uns vielmehr darauf beschränken, ein derartiges Instrument zu schaffen, das wirklich mit Sachverstand und nach Prüfung mit seiner Meinung Einfluß nehmen kann auf die Verausgabung der Mittel, die ohnehin vom Bund zur Verfügung gestellt werden. Das gerade war mein Anliegen, und das wird dadurch, daß man ein solches Instrument für Raumordnung schafft, noch unterstützt.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Brökelschen hat sich heute in der ihr eigenen Art über die 120 Millionen im Einzelplan 60 geäußert und dabei die Rolle, die die SPD in der Behandlung dieser Sache gespielt hat, nicht richtig dargestellt. Ich möchte deswegen sagen, worum es sich handelt.
Die tiefgehende Differenz, die zwischen dem Herrn Bundesfinanzminister und uns in dieser ganzen Frage bestanden hat, war die: Der Herr
Bundesfinanzminister hat immer wieder erklärt, eigentlich sei es Aufgabe der Länder, den Zonenrandgebieten zu helfen, die Länder müßten das unter sich abmachen. In den Ausschüssen sind sogar Ausdrücke darüber gefallen wie z. B. der, es seien Geschenke an die Länder. Wenn Sie sich die Erläuterung zu Tit. 950 des Einzelplans 60 ansehen, werden Sie feststellen: auch aus dieser Erläuterung geht hervor, daß die Bundesregierung glaubt, sie habe die Länder in ihrer eigentlichen Aufgabe nur ein wenig zu unterstützen. Es kann sich aber nur um eine echte Bundesaufgabe handeln; denn es ist ja nicht zufällig, daß die Länder an der künstlichen Grenze, die mitten durch ein früher einheitliches Wirtschaftsgebiet gezogen worden ist, diese armen Zonenrandgebiete haben. Infolgedessen kann es nicht Aufgabe der Länder, sondern muß es Aufgabe des Bundes sein, diesen Gebieten zu helfen.
Nun zur Behandlung des Antrags. Im Einzelplan 60 steht beim Tit. 950 im Dispositiv, daß die 120 Millionen DM nur gegeben werden sollen, wenn der Bund einen höheren Anteil an der Einkommen-und Körperschaftsteuer als 40 °/o erhält.
— Jawohl! Daß ich sehr genau weiß, daß es gestrichen ist, das können Sie sich wohl denken!
— Es handelt sich jetzt nur darum, Frau Brökelschen richtigzustellen in bezug auf die Rolle, die wir gespielt haben. Das tue ich.
Ich habe damals gesagt, daß es unmoralisch sei,
ein Junktim herzustellen zwischen der Inanspruchnahme des Bundesanteils an der Einkommen-und Körperschaftsteuer und der von mir gekennzeichneten Bundesaufgabe. Ich habe früher im Plenum darauf hingewiesen, wie die Dinge gelaufen sind. Frau Kollegin Brökelschen, lassen Sie sich einmal das Protokoll Nr. 27 der Sitzungen des Haushaltsausschusses kommen — ich habe es mir vorhin kommen lassen —; dann können Sie dort sehen, welcher Kampf sich abgespielt hat. Zunächst war es mir im Finanzausschuß gelungen, eine Mehrheit für die Streichung des Dispositivs zu bekommen, damit unter allen Umständen die 120 Millionen DM geleistet würden. Dann gelang es mir, im Haushaltsausschuß eine Mehrheit zu finden. Nachdem diese Mehrheit gefunden war, erschien 10 Minuten später Herr Schäffer im Haushaltsausschuß, und dann fielen allerdings die meisten Mitglieder Ihrer Fraktion um, nur Herr Brese blieb standhaft bei seinem ersten Votum,
und ich unterlag. Um die Einstellung des Bundesfinanzministers zu dieser Frage darzulegen — denn diese Einstellung spielt, wie Sie bemerken werden, auch für die Zukunft eine Rolle —, will ich nur zitieren, daß der Herr Bundesfinanzminister im Haushaltsausschuß erklärt hat, die Annahme meines Antrags auf Streichung bedeute eine Katastrophe.
So war die Sache. Er wollte also die 120 Millionen DM nur geben, wenn in Wirklichkeit die Länder die Kosten trügen. Wir haben immer wieder darauf hinzuweisen, daß es sich um eine Bundesaufgabe und nur um eine Bundesaufgabe handelt.
Verfolgen Sie auch bitte das Protokoll der Plenarsitzung, in der wir den Einzelplan 60 verabschiedet haben und in der der Herr Bundesfinanz- minister dann die Erklärung abgegeben hat — unter dem Druck unserer Kritik und nur unter dem Druck unserer Kritik —, er werde die 120 Millionen DM auch ohne das Junktim zahlen.
Ich habe damals gesagt, die Erklärung habe mich interessiert, aber nicht beruhigt. Daß inzwischen die Zahlungen geleistet worden sind, weiß ich ebensogut wie Sie. Es war überflüssig, das Problem hier noch einmal anzuschneiden und sich über die SPD lustig zu machen, daß sie skeptisch und pessimistisch gewesen sei und daß ihr Pessimismus nicht berechtigt gewesen sei. Es kam mir hier nur darauf an, erstens zur Sache festzustellen, daß es sich um eine echte Bundesaufgabe und nicht um eine Aufgabe des horizontalen Finanzausgleichs handelt, zweitens, daß die SPD-Fraktion den Kampf um diese 120 Millionen DM mit aller Entschiedenheit und Sachlichkeit geführt hat; und das sollte hier nicht bestritten werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dittrich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Befürchten Sie bitte nicht, daß ich diese Debatte noch mehr verlängere. Ich möchte nur wenige Sätze sagen.
Mich hat die heutige Debatte ebenso wie die letzte, die wir über dieses Thema hatten, in keiner Weise befriedigt. Ich darf annehmen, daß diese Zonenrandprobleme Anliegen des ganzen Hauses sind. Ich befürchte, daß wir durch solche Debatten diejenigen, die nicht unmittelbar an der Zonengrenze leben, allmählich vergrämen und daß wir das Haus allmählich so weit bringen, daß das Interesse an den Zonenrandproblemen abnimmt.
Meine Damen und Herren, ich bin mir darüber klar, daß diese Frage der Zonengrenzgebiete keinesfalls zu einem Parteienstreit gemacht werden darf.
Ich bin mir darüber klar, daß sie ein nationales Anliegen des ganzen Hauses sein muß.
Man hat sich heute darüber gestritten, wer diese 120 Millionen DM für das Haushaltsjahr 1954 auf die Beine gebracht hat.
Man sollte sich vielmehr darüber unterhalten, wie wir in Zukunft die Probleme der Zonenrandgebiete anfassen. Ich begrüße es, daß heute viele Anregungen, wenn auch nicht allzuviel neue, gekommen sind. Ich begrüße es, daß gerade von der Fraktion der SPD der Vorschlag gekommen ist, wir sollten diese Probleme einmal gemeinsam in einem Arbeitskreis oder durch Koordinierung der Ausschüsse meistern. Ich halte nicht viel davon, einen eigenen Minister oder einen eigenen Staatssekretär
für diese Fragen einzusetzen, wie Kollege Strosche meinte.
Das Kernproblem ist doch: Wieviel können wir von unserem Finanzminister Schäffer für die Zonenrandgebiete bekommen? Das allein ist doch das Problem.
Nun glaube ich, daß wir, die Parteien der Koalition und die Partei der Opposition, uns in nächster Zeit einmal zusammensetzen sollten, um uns zu überlegen, was das Höchsterreichbare für die Zonenrandgebiete ist. Dabei bin ich mir darüber klar, daß das wichtigste Problem in den Zonenrandgebieten die Arbeitsbeschaffung ist, und da muß der Bund, ebenso wie die Länder, es sich etwas kosten lassen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, die Debatte hier kann zu dem Ergebnis, das wir erstreben wollen, nicht führen. Wir, die wir in den Zonenrandgebieten sitzen, müssen die Sache gemeinsam besprechen. Es ist nicht Aufgabe dieses Hauses, die Einzelpläne und die einzelnen Versuche um eine Besserung der Situation der Zonenrandgebiete festzulegen. Ich glaube, wir sollten allmählich mit dem Reden aufhören und handeln.
Meine Damen und Herren, mit dem Reden aufhören in dem Augenblick, wo die Rednerliste erschöpft ist! Im Augenblick hat das Wort der Abgeordnete Franke. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aufforderung meines Vorredners findet bei uns durchaus Gehör. Auch wir sind der Meinung, daß das Problem des Zonenrandgebiets nicht eine Parteisache, sondern ein Anliegen des ganzen Hauses sein sollte. Aber ich darf hinzufügen: diese Beteuerung dürfen wir nicht Jahr für Jahr wiederholen; irgendwann müssen wir auch einmal zu konkreten Maßnahmen gelangen, die an das Strukturelle im Zonenrandgebiet herankommen.
Die sozialdemokratische Fraktion hat wiederholt versucht, an diese Probleme so heranzukommen, wie Sie das heute hier sagen. Wir haben Anträge entwickelt, Sie haben zugestimmt; wir sind in die Ausschüsse gekommen, wir haben dort gemeinsam beraten. Am Ende aber standen wir immer wieder vor der Frage: Und wann beginnt es nun? Wann wird ernsthaft die angestrebte strukturelle Veränderung in Angriff genommen?
Ich möchte noch eine Bemerkung vorausschikken, ehe ich mich einigen anderen Problemen zuwende. Wir haben in diesem Hause heute gehört — und das hat mich besonders betrübt —, die Bemühungen der Sozialdemokratischen Partei, besondere Anträge zu entwickeln und zu einzelnen Fragen ganz ernsthafte, auch finanzielle Vorschläge zu unterbreiten, um die sich daraus ergebende Belastung in der Endsumme übersehen zu können, führten, wenn diese Anträge bewilligt würden, zu einer Gefährdung unserer Währung. Ich habe diesen Einwänden entnehmen müssen, daß sich so
etwas wie eine Inflationsgefahr auf uns zuwälzen
würde, wenn man zu solchen Beschlüssen käme,
die in der Endsumme 120 Millionen DM verlangten.
Was heißt das denn schon, bei einem Haushaltsplan, der in der Endsumme mit 26 Milliarden ausgewiesen ist, für dieses wichtige Gebiet, das von uns allen als politisches Notstandsgebiet anerkannt ist, diesen Betrag anzusetzen?
Zu einer Zwischenfrage Frau Dr. Brökelschen, bitte!
Ich möchte den Herrn Kollegen fragen, ob er heute morgen nicht gehört hat, daß ich gar nicht von den 120 Millionen gesprochen habe, sondern von all den Anträgen, die Sie in den letzten Wochen gestellt haben und die in die Milliarden gehen.
In die Milliarden sind unsere Anträge in keiner Weise gegangen, verehrte Frau Kollegin. Wir haben uns hier mit diesem Problem beschäftigt, und auf diese Frage hin wurde das heute morgen noch bestätigt.
Aber nun noch etwas anderes. Frau Kollegin Dr. Brökelschen, Sie sprachen vorhin von Luxusschulbauten, die in Niedersachsen errichtet worden seien. Dazu gibt es sicherlich noch einige interessante Feststellungen zu treffen. Über Luxus kann man verschiedener Meinung sein. Das gleiche könnte man wohl auch gegenüber Provisorien zum Ausdruck bringen, z. B. provisorischen Bauten, die bekanntlich in dieser Stadt errichtet werden, um das Provisorium der Bundeshauptstadt zu dokumentieren. Aber darum soll es gar nicht so sehr gehen. Verehrte Frau Kollegin Dr. Brökelschen, Sie haben in der Sitzung vom 6. Mai 1953 folgendes zum Ausdruck gebracht: Wenn wir den Kampf gegen den Osten erfolgreich führen wollen, dann kann das nicht nur durch eine gute Wirtschafts-und Sozialpolitik geschehen, sondern vor allem auch durch kulturelle Überlegenheit kann eine solche Schlacht gewonnen werden. Wir sind uns darin durchaus einig. Sie haben am 6. Mai 1953 weiter gesagt:
Deswegen sind wir der Meinung, daß die Kompetenzstreitigkeiten zwischen Land und Bund . . . ruhen sollten, wenn es sich darum handelt, den Schwimmhallen, den Schulen, den Lehrlingsheimen, den Jugendherbergen, die zu Propagandazwecken jenseits der Zonengrenze errichtet werden, etwas Entsprechendes entgegenzusetzen.
Ich kann mir weitere Zitate, die in ähnlicher Art in den nachfolgenden Sitzungen gefallen sind, sicherlich ersparen. Aber man darf ja nicht nur solche Forderungen stellen, sondern man muß dann auch bereit sein, Mittel zu bewilligen, um wenigstens einen Anfang damit zu machen, den in der Tat nur propagandistischen Maßnahmen auf der anderen Seite der Zonengrenze zu begegnen. In dieser Beziehung ist es doch bei uns wirklich schwach bestellt.
Unser Antrag, als erste Maßnahme für kulturelle Zwecke 25 Millionen DM für die Zonenrandgebiete bereitzustellen, damit die notwendigen Einrichtungen gebaut werden können, verfiel der Ablehnung, weil dieser Betrag angeblich zu hoch gegriffen sei. Nun kann man mit 25 Millionen DM
wirklich nur einen Teil der Aufgaben erfüllen, die erforderlich sind. Aber das ist doch nicht nur eine Angelegenheit des Bundes. Hinzu kommen auch noch die Maßnahmen, die auf der Landesebene entwickelt, aber von uns leider nicht in ausreichendem Maße gewürdigt worden sind. Das möchte ich hier besonders herausstellen.
Verehrte Frau Kollegin, wir haben uns leider im niedersächsischen Raum recht häufig auch über solche Fragen unterhalten müssen. Wir haben immer wieder feststellen müssen, daß der niedersächsischen Regierung nachgesagt wurde, sie täte im Zonenrandgebiet nichts oder nur Unzureichendes. Erfreulicherweise haben wir von dem zuständigen Vertreter des Bundesfinanzministeriums, aber auch von dem Herrn Vertreter des Ministeriums für Wohnungsbau im entsprechenden Ausschuß des Bundestages einen sehr ausführlichen Bericht bekommen. Bei der Gelegenheit kam sehr deutlich zum Ausdruck, in welch beachtlicher Weise die Länder diesem Problem ihre Aufmerksamkeit schon zugewandt hatten, um für die Zonenrandgebiete besondere Leistungen zu erbringen.
Ich meine, sagen zu sollen, was von Niedersachsen aus geschehen ist; denn es verlohnt sich schon einmal, das festzuhalten. So ist z. B. bei öffentlichen Finanzierungshilfen, bei allen möglichen Kreditfragen und -problemen die Tatsache ausschlaggebend, daß der Antragsteller im Zonenrandgebiet seinen Sitz hat, damit sein Anliegen besonders bevorzugt behandelt werden kann.
Ich möchte hier aber noch einige ganz konkrete Zahlen angeben, damit sie nicht untergehen. So wurden in den Jahren 1949 bis 1953 der niedersächsischen Wirtschaft Kredite in Höhe von 37 100 000 DM zur Verfügung gestellt und Landesbürgschaften in gleicher Höhe übernommen, also eine Leistung aus Landesmitteln, und zwar Haushaltsmitteln und Landesanleihen. Die Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Kreise im Zonenrandgebiet haben im Jahre 1949 53 % der gesamten niedersächsischen Bedarfszuweisung ausgemacht, und im Jahre 1952 haben sich diese Bedarfszuweisungen an die Gemeinden und Kreise in den Zonenrandgebieten auf 81 % des Gesamten gesteigert, obwohl im Zonenrandgebiet nur 31 % der niedersächsischen Bevölkerung beheimatet sind, wohnen und leben.
Noch eine Zwischenfrage, Frau Dr. Brökelschen!
Eine Zwischenfrage! Ich möchte den Herrn Kollegen fragen, ob er nicht gleichzeitig auch die Mittel angeben kann, die von der Bundesregierung für all diese Zwecke zur Verfügung gestellt worden sind. Erst dann hätte man die richtige Relation, die wir so gar nicht bekommen.
Ich darf Ihnen dazu noch eins sagen — es ist sehr gut, daß Sie mich daran noch einmal erinnert haben, verehrte Frau Kollegin —: Diese Mittel sind Sonderzuweisungen des Landes gewesen, außer den Schlüsselzuweisungen, die im Rahmen der allgemeinen Vergabe der öffentlichen Mittel für diese Aufgaben in die jeweiligen Gebiete abgezweigt wurden. Ich betone: es sind die Sonderzuweisungen gewesen, außerhalb der Bundeshilfe.
Niedersachsen hat insgesamt einen Betrag von 27,36 Millionen DM für diese besonderen Aufgaben vom Bund zugewiesen bekommen und im Rahmen des Plans, der entwickelt wurde, verausgabt und in die einzelnen Gebiete abgezweigt.
Aber noch eine andere Frage, die Sie sicherlich interessiert, da sie heute wiederholt angesprochen wurde: die Vergabe öffentlicher Aufträge, die ja eine besondere Rolle spielt. Ich darf zunächst einmal darauf hinweisen, daß die niedersächsische Landesregierung von sich aus die Richtlinien, die vom Bundeskabinett herausgebracht worden sind, den nachgeordneten Dienststellen zur verpflichtenden Auflage überwiesen hat. Die öffentlichen Aufträge, die der Wirtschaft im Zonenrandgebiet übertragen wurden, machten, soweit erfaßbar, einschließlich der Besatzungsaufträge über gewerbliche Lieferungen und Leistungen im Jahre 1952 einen Anteil von 43,3 % aus. 1953 waren es 51,8 %. Für den Wohnungsbau — auch das möchte ich hier noch sagen, weil es ja besonders interessiert — wurden außer den schlüsselmäßig verteilten Mitteln während der Jahre 1952 bis 1954 zirka 40 Millionen DM in die Zonenrandgebiete abgezweigt. Das möchte ich hier zum Ausdruck gebracht haben, weil es sicherlich interessiert. Diese Angaben waren auch Gegenstand der Beratungen im Unterausschuß für Zonenrandgebiete und waren Gegenstand der Berichterstattung aus den zuständigen Bundesministerien.
Noch eine Frage, Frau Abgeordnete Brökelschen!
Ich möchte meine Frage wiederholen, ob der Herr Kollege in der Lage ist, etwas über die Relation dieser Mittel zu den Bundesmitteln zu sagen.
Ich möchte die zusätzliche Frage stellen, ob es dem Herrn Kollegen bekannt ist, daß die Frachthilfe, auf die das Zonenrandgebiet sehr wartete, ausgerechnet in Niedersachsen am spätesten zum Tragen kam, weil man sich auf die 50 % nicht einigen wollte; diese Voraussetzung war gemacht worden.
Ich werde zu der Frachthilfe auch noch einiges sagen! Zu den Bundesmitteln und überhaupt zu den finanziellen Mitteln, die in das Zonenrandgebiet abgezweigt worden sind, habe ich meine Ausführungen gemacht.
Andere Zahlen habe ich zur Zeit nicht zur Hand, und ich bedaure es sehr, das nicht noch in einer anderen Richtung entwickeln zu können.
Es ging mir darum, darzustellen, welche besonderen Leistungen auf der Landesebene erbracht worden sind, denn die waren bisher angezweifelt.
Nun noch einige Bemerkungen zur Frachthilfe, damit wir auch da ganz klar sehen. Jawohl, da hat es Streitigkeiten zwischen dem Land Niedersachsen und dem Bund gegeben, das ist durchaus in Ordnung. Sie sind daraus entstanden, daß vom Bundesfinanzministerium die Auflage erteilt wurde, eine Frachthilfe für die Maßnahmen des Landes nur dann zu gewähren, wenn vom Land ein Be-
trag in gleicher Höhe zur Verfügung gestellt würde. Vorab sind aber einige andere Probleme geregelt worden, und zwar unter dem Gesichtspunkt, daß Kriegsfolgelasten zu 85% vom Bund zu tragen sind und das jeweils daran beteiligte Land lediglich eine Interessenquote in Höhe von 15 % aus eigenen Mitteln — um sich zu beteiligen — aufzubringen hat. Diese Regelung haben wir bei den allgemeinen Kriegsfolgelasten. Bei der Frachthilfe hat man nach langwierigen Verhandlungen, an denen das Land Niedersachsen sehr beteiligt und sehr interessiert war, um als steuerschwaches Land die Kriegsfolgelasten nur zu einem geringeren Teil tragen zu müssen, ein Übereinkommen dahingehend erreicht, daß in Zukunft 662/3 % vom Bund und das letzte Drittel vom Land aus zu erstatten sind.
— Rückwirkend, verehrte Frau Kollegin, vom 1. Oktober 1953 an werden diese Frachthilfen auch in Niedersachsen gezahlt. Das sind nicht nur Landesangaben, sondern das sind auch die Mitteilungen aus den zuständigen Bundesministerien, und ich glaube, daß Sie daran nicht zweifeln. Wenn es auch etwas länger gedauert hat, hat es aber eine gerechte Lösung gegeben. Ich glaube, man muß auch anerkennen, daß dieses steuerschwache Land Niedersachsen bemüht ist, sich an finanzkräftigere Stellen zu halten, um eine allgemeine Bundesangelegenheit eben durch diese Hilfe auch mit finanzieren zu lassen.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn wir zu einer sachlichen Weiterberatung kämen und wenn alle diese Untertöne, die leider, leider viel zu häufig durchklangen, unterblieben, — im Interesse unseres gemeinsamen Anliegens!
— Das sage ich Ihnen, Herr Kollege, weil von Ihrer Seite diese Töne immer kamen.
Das Wort hat der Abgeordnete Regling.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn morgen früh die Bevölkerung im Zonenrandgebiet die Zeitung aufschlägt und mit großen Schlagzeilen wiederum verkündet sieht, daß der Bundestag sich erneut vier Stunden — ich glaube, die sind es nun — mit ihren Belangen beschäftigt hat, dann wird sie trotz alledem nur feststellen: Wieder einmal ist unsere Not anerkannt worden, aber zu wirklicher, echter Hilfe hat man sich nicht entschlossen. Denn die heute vorliegenden Anträge bzw. Anfragen haben, obwohl die 120 Millionen DM an die Länder ausgezahlt worden sind, in der Öffentlichkeit nicht den Eindruck erweckt, daß nun wirklich etwas geschieht. -- Das kann ich insbesondere für Schleswig-Holstein sagen; denn dort sind — um die Aufnahme von Darlehen zu vermeiden — die 41,7 Millionen DM in den außerordentlichen Haushalt für Maßnahmen mit aufgenommen worden, die sowieso hätten durchgeführt werden müssen. Das war ja nun wirklich nicht Sinn und Zweck des damaligen Beschlusses des Bundestags. Ich weiß nicht, ob die Bundesregierung das weiß und damit einverstanden ist; aber geschehen ist es so, im Gegensatz zu anderen Ländern,
Nachdem aber insbesondere vor der Bundestagswahl am 6. September keine Versammlung im Zonenrandgebiet verging, wo nicht der Beschluß des Bundestages vom 2. Juli 1953 einen breiten Raum einnahm — das war so, meine Damen und Herren —, glaubte doch die Bevölkerung im Zonenrandgebiet, daß nun wirklich echte Hilfe kommen werde. Der Beschluß hat zwar keinen klaren Gesetzestext gebracht, aber immerhin doch den eindeutigen Hinweis, wie und in welcher Richtung geholfen werden sollte. U. a. wurde von Abschreibungsmöglichkeiten bei Investierungen gesprochen. Aber abschreiben kann man bekanntlich erst, wenn ein entsprechender Verdienst vorhanden ist, und wenn nun wirklich ein Verdienst vorhanden ist, dann stellt dies für die Oberfinanzpräsidenten schon einen Grund zur Ablehnung des Antrags dar; denn dann ist der Betrieb ja nicht mehr bedürftig. So jedenfalls sieht die Durchführung dieser Hilfsmaßnahme unten bei den betroffenen Betrieben aus.
Dabei zeigen die vielen Anträge, die am 26. Mai hier behandelt worden sind und dann in die Ausschüsse überwiesen wurden, Wege, wie man helfen kann. Eine wirkliche Hilfe für alle Betriebe könnte zum Teil über die Gewerbesteuer erfolgen, aber nur wenn gleichzeitig den Gemeinden geholfen wird; denn gerade die notleidenden Gemeinden an der Zonengrenze brauchen diese erhöhte Gewerbesteuer, die bekanntlich weit über dem Bundesdurchschnittssatz liegt.
Zur Umsatzsteuer hatten wir bereits damals einen Antrag gestellt. Gerade dieser Tage konnten wir ein Schreiben — das sicher auch viele von Ihnen erhalten haben, wenn nicht alle — von dem Ostrandausschuß des Deutschen Landkreistages in Empfang nehmen, worin die Herabsetzung der Umsatzsteuer um die Hälfte gefordert wird. Ja, sollten sich denn diese Landräte keine Gedanken darüber gemacht haben, oh es zweckmäßig ist, eine solche Maßnahme durchzuführen? Ich glaube, man darf diesen Landräten zutrauen, daß sie das getan haben.
Zu einem anderen Punkt! Nach Drucksache 745 wollten die Antragsteller wissen, was die Regierung unter „geringfügig" bei der Vergabe öffentlicher Aufträge verstanden haben will. Nun, die Antwort des Herrn Bundesministers für Wirtschaft hat uns nur bestätigt, was wir täglich in der Praxis erleben. Auch dieser Kabinettsbeschluß wurde mit großer Hoffnung gerade in den Klein- und Mittelbetrieben aufgenommen; aber auch er brachte eben wiederum nur Enttäuschung und hatte die heute gestellte Anfrage von verschiedenen Mitgliedern aus den Koalitionsparteien zur Folge.
Alle Erklärungen haben ja keinen Sinn und keinen Wert, wenn nicht endlich ganz klar erkennbare und auch errechenbare Hilfe kommt, wodurch verhindert würde, daß die Betriebe im Zonenrandgebiet noch mehr an Konkurrenzfähigkeit verlieren. Langfristige und billige Kredite sind nötig, um technische Verbesserungen durchzuführen, wie sie die Betriebe in West- und Süddeutschland seit langem vorgenommen haben.
Ich will zu einzelnen Punkten hier nichts weiter ausführen; die Zeit ist zu weit fortgeschritten. Mit Almosen ist niemand gedient. Eine kräftige Starthilfe ist das, was im Zonenrandgebiet fehlt. Vielleicht werden einmal nach dem vielen Gerede auch Taten zu sehen sein.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung über die Große Anfrage und die gestellten Anträge.
Zu den Großen Anfragen sind keine Anträge gestellt.
Es liegt vor der Antrag Drucksache 742 der Abgeordneten Dr. Starke, Frau Dr. Brökelschen, Dr. Henn, Wacher und Genossen betreffend Weiterführung der Förderungsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Haushaltsausschuß als federführenden Ausschuß, den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen und den Ausschuß für Grenzlandfragen vor. Sind Sie damit einverstanden?
— Die Überweisung ist erfolgt.
Zum Antrag Drucksache 742 — ich bitte um Entschuldigung — war noch ein Zusatzantrag der Fraktion der SPD gestellt worden betreffend 25 Millionen DM für kulturelle Hilfsmaßnahmen. Darf ich unterstellen, daß dieser Antrag ebenfalls dem Ausschuß überwiesen wird?
— Sie sind damit einverstanden.
Für die Anträge Drucksachen 743 und 744 hat Frau Abgeordnete Brökelschen Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen als mitberatenden Ausschuß beantragt. Ich stelle zur Erwägung, ob wegen des Themas des Antrags Drucksache 743 nicht auch der Ausschuß für Besatzungsfolgen beteiligt werden müßte.
— Nein! Sie meinen nicht. Also dann Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Gesamtdeutsche Fragen. Sind Sie damit einverstanden? — Die Überweisung ist erfolgt.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 4:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Kemper , Spies (Brücken), Gibbert, Becker (Pirmasens) und Genossen betreffend Hilfsmaßnahmen für den Saargrenzgürtel (Drucksache 835).
Zur Begründung Herr Abgeordneter Spies.
Spies (CDU/CSU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag des Abgeordneten Kemper (Trier) und seiner politischen Freunde — Drucksache 835 — betrifft die Hilfsmaßnahmen für den Saargrenzgürtel. Ich kann mich mit Rücksicht darauf, daß Ihnen die Drucksache vorliegt, auf einige wesentliche allgemeine Bemerkungen beschränken, zumal ich der Auffassung bin, daß wir in den Ausschüssen Gelegenheit haben werden, die Materie eingehend zu behandeln.
Zur Begründung selbst! Die politische Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg hat, ebenso wie bereits nach dem ersten Weltkrieg, dazu geführt, daß das Industriegebiet an der Saar von dem übrigen deutschen Staatsverband separiert wurde. Eine
zielbewußte französische Politik an der Saar hat im Zusammenspiel mit einigen Deutschen, einer dünnen Schicht deutscher Menschen, das Gebiet an der Saar dem deutschen Staatsverband entfremdet und ihm eine eigene Verwaltung gegeben. Dabei hat man nach dem zweiten Weltkrieg das Saargebiet gegenüber seiner Größe bis zum Jahre 1935 um 93 Orte mit einer Gemarkungsfläche von mehr als 65 000 ha und mehr als 63 000 Einwohnern vermehrt. Die Folge davon ist, daß sich dies auf die wirtschaftliche Situation in diesem Grenzgebiet tiefgreifend auswirkte und noch auswirkt. Der französische Zugriff auf das Saargebiet bedeutet die Herausreißung von Gebietsteilen aus den Regierungsbezirken Trier, Koblenz und aus der Pfalz und hat das organisch gewachsene Wirtschaftsgebiet und die Verkehrsverbindungen willkürlich zerschnitten und deutlich die Gefahr einer kulturpolitischen Sonderentwicklung geschaffen in einem Gebiete, dessen kulturelle Zusammengehörigkeit mit der Bundesrepublik nicht wegzudenken ist, zumal auch beide Kirchenbehörden ihren Sitz in der Bundesrepublik haben.
Ein deutlicher Beweis der Abtrennung und der mit ihr zusammenhängenden Folgen ist in der Stadt Zweibrücken in der Pfalz gegeben, ein drastisches Beispiel für alle anderen Gemeinden und Städte, die durch Abschnürung ihrer natürlichen Einzugsquellen in die mehr oder weniger gleiche Lage versetzt wurden. Diese Stadt in der Südwestecke des deutschen Gebietes hat die Möglichkeit zum Leben nur noch von einer Seite. Die drei übrigen früher organisch gewachsenen Zufuhrquellen sind eben durch diese Separation weggenommen. Ähnlich liegen die Dinge in mehreren anderen Gemeinden und Städten.
Obwohl die willkürliche Grenzziehung die Hauptschuld an den Notständen im Grenzgebiet trägt, gibt es noch eine Reihe anderer Ursachen. Durch den Bau der Westwallanlagen wurden Teile dieses Grenzgebietes in Anspruch genommen. Die Trümmerhaufen der Anlagen sind noch weiterhin erhalten, und die Erschwernisse dauern an. Wesentliche Teile wurden bis zu dreimal evakuiert. Zweimal hatten die Gebiete einen stationären Krieg mitzumachen, und schließlich handelt es sich, zum Teil auf Grund ihrer geographischen Lage, um überkommene Notstandsgebiete.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß das Zusammenwirken dieser Faktoren — in erster Linie die willkürliche Grenzziehung in diesem Grenzgürtel — eine besondere Lage geschaffen hat, wie sie in keinem binnendeutschen Gebiet auch nur vergleichsweise besteht und wie sie sich im Zusammenwirken der Schadensfolgen einer politischen Grenzziehung mit den natürlichen Momenten einer besonderen Notlage allenfalls in gewissen Teilen des Grenzgebiets der Bundesrepublik entlang der — wir haben vorhin davon gesprochen — Sowjetzone wiederfinden.
In diesem Zusammenhang muß zur Beurteilung der Situation im Westgrenzgebiet folgendes gesagt werden. Die Schadenstatbestände wurzeln wesentlich nicht in einem besonderen regionalen Schicksal dieses Raumes, sondern sie haben durch willkürliche Grenzziehung, Festungsbauten und Kriegsschäden ihre Ursache im Schicksal des gesamten deutschen Volkes, nur haben die Auswirkungen dieses Schicksals das Grenzland zum Saargebiet empfindlicher getroffen als den weitaus größten Teil des Bundesgebiets. Die wirksame, überregio-
nale Hilfe des Bundes für die Saargrenzbezirke sollte jedenfalls nicht geringer sein als für die östlichen Randgebiete der Bundesrepublik.
Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, die Gelegenheit wahrzunehmen, im Zusammenhang mit diesem Problem auf etwas hinzuweisen, was gerade in diesen Tagen eine Rolle spielt. Wenn sich Bundesregierung und Länderregierungen darum bemühen, wenn sich insbesondere das Land Rheinland-Pfalz darum bemüht, an der Saargrenze im Hinblick auf die soziologische Lage unserer Arbeiterschaft normale Zustände zu schaffen, dann ist es um so unverständlicher, daß ausgerechnet jetzt die Bundesbahn darangehen will, in der Gemeinde Konz das Ausbesserungswerk stillzulegen.
Es ist nicht zu glauben; es ist aber leider schon im Anzuge. Ich möchte daher hier offen sagen, es kann von uns an der Grenze nicht verstanden werden, daß man im Hinblick auf Rationalisierungsmaßnahmen, die vielleicht notwendig wären, ausgerechnet diesen politisch unglücklichsten Moment und die unglücklichste Stelle heraussucht, etwas zu reparieren; auf diesem Wege aber ist das nicht möglich.
Ich bin der Meinung, daß Regierung und Parlament hierzu nicht schweigen dürfen, und daß die Bundesbahn ihre Pläne revidieren muß.
Wir fordern, daß der Antrag Kemper und Freunde dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß als federführendem und dem Grenzlandausschuß zur Mitberatung überwiesen wird.
Ich eröffne die Aussprache, nachdem Sie die Begründung des Antrags gehört haben. Das Wort hat der Abgeordnete Jacobs.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß um die Ungeneigtheit des Hohen Hauses — nicht zuletzt eine Auswirkung der vorhergegangenen Debatte —, jetzt noch etwas zum Thema regionale Anliegen zu hören. Ich darf aber in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß eben mit Rücksicht auf ausschließlich regionale Anliegen — oft und mit Recht wird so etwas als Kirchturmspolitik ausgelegt — alle Kollegen dieses Hohen Hauses, soweit sie aus dem jetzt zu behandelnden Gebiet kommen, weiß Gott in der Vergangenheit weitgehende, vielleicht zu weitgehende Abstinenz geübt haben. Ich weiß mich nicht zu entsinnen, daß in diesem Hohen Hause — im Gegensatz zu der Debatte über die Zonenrandgebiete — jener Teil erwähnt worden wäre, um den es sich jetzt handelt, jener Teil, der unmittelbar zum Fragenkomplex Saargebiet gehört, der aber auch auf diejenigen Gebietsteile, die de jure und de facto zur Bundesrepublik gehören, eine entsprechende Auswirkung hat.
Ich bedaure es allerdings, daß von der hier vielfach angebotenen Möglichkeit, an diesem Tage eine solche Maßnahme gemeinsam zu beschließen, nicht Gebrauch gemacht wurde, obwohl die Voraussetzungen hierfür die besten waren. Eben aus der Erwägung, das Haus nicht unnötigerweise mit einer regionalen Angelegenheit zu behelligen, habe ich bereits vor vielen Monaten versucht, die Aufmerksamkeit des ganzen Hauses auf diesen Fragenkomplex zu lenken, um einen gemeinsamen Schritt aller Fraktionen zu erreichen. Ich bedaure deshalb, daß es trotz der vorherigen Absprachen nicht zu einem interfraktionellen Antrag gekommen ist.
Dieser interfraktionelle Antrag, . der im wesentlichen vorher abgesprochen worden war, hätte eine weitere Debatte verhindern können. Manche Mängel — wie ich. sie, sehe — brauchten diesem Antrag nicht mehr anzuhaften.
Lassen Sie mich zu dem in dem Antrag, was ich als den Verhältnissen nicht entsprechend bezeichnen möchte, einiges sagen. Zunächst will ich vermeiden, daß der Eindruck entsteht, wir begehrten mit Maßnahmen für den sogenannten Grenzgürtel an der Saar ausschließlich die Einbeziehung in ein bereits laufendes Programm für die Zonenrandgebiete. Das möchte ich und das möchte auch meine Fraktion aus zwei Gründen nicht; erstens weil die Verhältnisse bei aller Bedürftigkeit völlig unterschiedlich sind,
und zum zweiten, weil ich der Auffassung bin, daß die Mittel, um die es sich bei den Zonenrandgebieten handelt, die 120 Millionen DM, um die es hier den ganzen Tag ging, schon so gering sind, daß man sie nicht dadurch, daß noch andere Teile daran partizipieren, gewissermaßen völlig ins Leere stoßen lassen sollte.
Deshalb sollten wir uns dazu entschließen, hier nicht von „gleichen" steuerlichen und sonstigen Erleichterungen zu sprechen, wie sie für die Zonenrandgebiete in Frage kommen, sondern von „entsprechenden". Wir sind der Auffassung," daß die Möglichkeiten für das Zonenrandgebiet, für das wir als Mitglieder des Grenzlandausschusses immer volles Verständnis hatten, durch einen Zusatzantrag nicht geschmälert werden. Ein um seinen Bayerischen Wald sehr besorgter Kollege meiner eigenen Fraktion hat immer wieder Gewissensbisse, wenn Anträge kommen, die Einfluß auf das Zonenrandgebietprogramm haben könnten; er hat Sorge, daß der Bayerische Wald dann noch weniger als bisher berücksichtigt würde. Schon in seinem Interesse möchte ich sagen, daß man die notwendigen Hilfsmaßnahmen für 'den Saargrenzgürtel völlig unabhängig davon, wenn auch in gleicher Blickrichtung und aus den gleichen politischen Erwägungen durchführen sollte, ganz abgesehen davon, daß tatsächlich auch strukturelle Unterschiede bestehen.
Herr Kollege Spies hat mit Recht auf die Denkschrift der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz Bezug genommen, von der ich annehme, daß sie auch den letzten Anstoß zu diesem nicht interfraktionellen Antrag gegeben hat. Ich müßte es allerdings bedauern, wenn die Anregung gegeben worden wäre, die Sache nicht zu einer interfraktionellen Angelegenheit zu machen. Das würde ich nicht zuletzt deshalb bedauern, weil wir uns, wie ich durchaus zugebe, in diesen Fragen untereinander immer kollegial verhalten haben.
In diesem Zusammenhang muß einmal darauf hingewiesen werden, daß es hinsichtlich des Saargebiets angesichts des Ausgangspunktes, den Frankreich hier
beispielsweise immer glaubt herausstellen zu dürfen, angemessen ist, von einem berechtigten wirtschaftlichen Interesse nicht nur Frankreichs an einem zusammenhängenden Wirtschaftsgebiet zu sprechen; mit derselben Berechtigung darf auch auf die Auswirkungen aufmerksam gemacht werden, die dadurch entstehen, daß das sogenannte Saargebiet als eine Wirtschafts- und, Zolleinheit mit Frankreich bestehenbleiben soll. Daß diese Auswirkungen vorhanden sind, daran gibt es keinen Zweifel, und die Tatsache, daß wir uns in früheren fünfzehn Jahren schon quasi daran gewöhnt haben, ändert an dem Tatbestand entsprechender Auswirkungen nichts.
Wir glauben, daß auch viele Hilfsmöglichkeiten nach dieser Richtung gegeben sind, ohne daß es der Aufstellung eines besonderen Programms, ja selbst ohne daß es der Bereitstellung spezieller Mittel bedarf, die sicherlich für die Zonenrandgebiete notwendig sind. Ich denke beispielsweise daran—heute kann man zu einem solchen Anliegen eher sprechen, weil die politischen Gefahren, die daraus resultieren könnten, nicht mehr in dem Umfang zu fürchten sind —, daß die Bundesregierung über die Hohe Kommission versuchen könnte, einen zollfreien Transitverkehr von Trier durch das Saargebiet nach Süddeutschland zu bekommen und damit jenem unhaltbaren Zustand zu begegnen, der durch die Zerschneidung der Bahnlinien und durch die Einführung eines neuen Zoll- und Wirtschaftsgebiets entstanden ist. Wenn wir in dem doch recht kleinen Lande Rheinland-Pfalz von Trier nach der Hauptstadt oder nach Kaiserslautern fahren wollen, nimmt das eben infolge der Zerschneidung der Grenzen doch quasi schon den Charakter einer Expedition an, wenn man sich dazu der Transportmittel bedient, die allgemein als die noch vorherrschenden zu bezeichnen sind. Es spricht gar nichts gegen den Versuch, über die Hohe Kommission — wie ich ausdrücklich sage, weil das Saargebiet ein Teil der französischen Besatzungszone ist und daher sie die allein zuständige Stelle ist, mit der diese Dinge besprochen werden können — die Einrichtung eines Transitverkehrs von Trier durch das Saargebiet zu erreichen mit dem Ziel, durch Vermeidung von Umwegen die Wege zu den eigentlichen Absatzgebieten und damit zu den Wirtschaftszentren, zu denen wir naturgemäß gehören, zu verkürzen.
Ich darf auf einen weiteren Übelstand aufmerksam machen, der geradezu als ein Anachronismus der modernen Wirtschaftsform bezeichnet werden muß. Wir hatten früher, ehe das Saargebiet zum zweitenmal geographisch und damit politisch ausgeweitet wurde, d. h. bei der ersten Ausklammerung dieses Gebietsteils im Jahre 1918, immerhin noch im Regierungsbezirk Trier eine direkte Verbindung zu Frankreich, also eine unmittelbare Zollgrenze zu Frankreich, so daß die im Rahmen der Handelsabkommen zu transportierenden Waren aus Frankreich mit geringen Kosten über PerlAppach in das Gebiet Trier befördert werden konnten. Durch die Einbeziehung eines Teils der Obermosel in das sogenannte Saargebiet ist wiederum ein Korridor dazwischengelegt worden. Aus Gründen, die mir im einzelnen nicht bekannt sind, gibt es also bei Perl-Appach in unmittelbarer Nähe von Trier keine Übergangsstelle. Die Übergangsstelle und damit die Einfuhrstelle für Waren für Trier ist jetzt in Kehl. Das heißt also, daß der Transport hochwertiger Südfrüchte, um die es sich in erster Linie handelt, und sonstiger Dinge, die aus Frankreich kommen, pro Kilogramm mit ca. 50 Pfennig Mehrkosten belastet ist. Das sind Dinge, die gar kein Geld kosten würden, die in Zukunft gar nicht etwa Mittel beanspruchen würden, die für das Zonenrandgebiet in Frage kommen, und die dennoch eine fühlbare Erleichterung für uns bringen könnten.
Weiter denke ich an den Ausbau derjenigen Strecken der Autobahn, die gewissermaßen noch als die Rudimente, als ein Torso der strategischen Überlegungen vorhanden sind, die während der Zeit des Dritten Reichs einmal begonnen wurden. Unter den Folgen dieser Aufrüstungsmaßnahmen von damals leiden wir noch heute. Ich wende mich überhaupt gegen die Auffassung vom sogenannten goldenen Westen, eine Formel, die verdeckt, daß es sich in Wirklichkeit um eine strukturelle Arbeitslosigkeit handelt. Wir haben schon einmal die Folgen einer Konjunktur erlebt, die Folgen der Westwallkonjunktur, und wir möchten uns dafür bedanken, die Konjunktur, die durch Besatzungsbauten entsteht, als eine solche zu bezeichnen, die Grundlage oder uns Anlaß sein könnte, mit der wirtschaftlichen Entwicklung in diesem Lande zufrieden zu sein. Wir erleben immer wieder, daß Saumaßnahmen als Folge militärischer Aufrüstungen oder militärischer Abwehrmaßnahmen vorübergehend Möglichkeiten und Nutzen bringen, Nutzen und Möglichkeiten auch für solche Elemente, die wir im Gefolge einer solchen Konjunktur durchaus nicht gerne in unserem Lande sehen. Keinesfalls aber kann gesagt werden, daß eine solche „Konjunktur" berechtigt, von einer zufriedenstellenden ökonomischen Situation in diesem ganzen Gebiet zu sprechen.
Wir denken weiter an die Neuverlegung des zweiten, in der Nachkriegszeit demontierten Gleises der Strecke Zweibrücken—Karlsruhe. Wir denken an Maßnahmen zur Förderung neuer Industrien in den Grenzkreisen, ebenso — das ist schon zum Ausdruck gekommen — an die Verpflichtung, sich auch vom Kulturellen her der Befriedigung derjenigen Bedürfnisse anzunehmen, die nun einmal in diesen zwangsläufig armen Gebieten unmittelbar an der Grenze zum Saargebiet vorhanden sind.
Auch ich kann es mir nicht versagen, darauf einzugehen, ja, ich kann mir — aus auch von Ihnen durchaus zu respektierenden Gründen — nicht einmal erlauben, nicht auch meinerseits zur Frage der beabsichtigten Schließung des Eisenbahnausbesserungswerks in Konz Stellung zu nehmen. Konz bei Trier ist eine typische Eisenbahnersiedlung. Das Eisenbahnausbesserungswerk ist nicht in Konz entstanden, sondern Konz ist, was das Gesamtausmaß der Stadt anlangt, um das Eisenbahnausbesserungswerk herum entstanden. Konz gehört zu denjenigen Orten, die noch bis zum Jahre 1947 infolge eines noch willkürlicheren Aktes als des, unter dem wir heute noch zu leiden haben, mit in das sogenannte Saargebiet einbezogen wurden. Wir haben uns alle bemüht, von allen Stellen aus, und haben es als einen großen Erfolg betrachtet, daß es uns damals gelungen ist, dieses Konz wieder aus dem sogenannten Saargebiet auszuklammern und es zu einem Bestandteil des Landes Rheinland-Pfalz zu machen. Die Leute haben das damals im vollen Bewußtsein ihrer Verantwortung getan. Aber sie können heute nicht begreifen, daß sie durch Schließung solcher Betriebe nachträglich für eine solche, auch im Interesse des Gesamten bewiesene nationale Haltung bestraft werden; denn eine solche Haltung ist ja nicht nur das Produkt
des Bekenntnisses zu Symbolen, sondern auch weitgehend das Produkt der wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse, die diese Leute mit dem Begriff Vaterland mit Recht verbinden.
Nun ist es falsch, Herr Kollege Spies, die Aufforderung, es nicht zur Schließung dieses Werkes kommen zu lassen, ausschließlich an die Bundesbahn, ja überhaupt an sie zu richten. Ich kann der Bundesbahn als wirtschaftlicher Institution keinen Vorwurf daraus machen, wenn sie nach rein betriebswirtschaftlichen Grundsätzen versucht, Ordnung in ihren Betrieb zu bringen und nach den volkswirtschaftlichen Grundsätzen zu verfahren, wie jeder mehr oder weniger in öffentlicher Hand befindliche Betrieb seine Politik zu gestalten hat. Hier liegt eine der entscheidenden politischen Aufgaben der Bundesregierung für diesen Raum vor. Es ist ihre Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß der Bundesbahn die Lasten, die sie nicht tragen kann, abgenommen werden, aus der Erwägung heraus, daß sie aus allgemein politischen Gründen verpflichtet ist, für die Erhaltung eines bedeutenden Betriebes besorgt zu sein.
Sehr schlimm ist die Situation für das Eisenbahnausbesserungswerk deshalb, weil der Abbau inzwischen so weit fortgeschritten ist, daß der Verantwortliche wiederum vom rein Betriebswirtschaftlichen her sagen kann: Es sind nur noch so wenige, nämlich zirka 500 Leute beschäftigt — was keinesfalls zur Ausnutzung der Produktionskapazität ausreicht —, daß es aus allgemein betriebswirtschaftlichen Gründen nicht mehr verantwortet werden kann, diesen Torso von Betrieb bestehen zu lassen. Uns wäre also auf die Dauer nicht damit geholfen, gewissermaßen einen Status quo, den heutigen Stand für das Eisenbahnausbesserungswerk Konz zu halten, sondern man müßte unter Berücksichtigung der Produktionskapazität an eine Auffüllung herangehen.
Die Behauptung, daß das Ausbesserungswerk peripher gelegen sei, ist deshalb nicht stichhaltig, weil Konz erst durch die Abtrennung des Saargebietes in die periphere Lage gekommen ist. Es befände sich sonst durchaus in einem Mittelpunkt und müßte dann auch vom Gesichtspunkt der Rentabilität her anders behandelt werden. Es wäre eine Sisyphusarbeit und es hieße das Pferd beim Schwanz aufzäumen, wollte man sich erst überlegen, welche Programme aufgestellt werden müssen, um diesem Gebiet zu helfen, wenn man das an der einzigen praktischen Stelle versäumt, an der man bereits in der Gegenwart etwas Entscheidendes tun kann. Deshalb sollten wir in diesem Hohen Hause uns verpflichtet fühlen, über die Bundesregierung zu erreichen, daß das Werk nicht nur in seiner jetzigen Bedeutung erhalten bleibt, sondern in seinem früheren Umfang wiederhergestellt wird. Das wäre ein Nachweis dafür, daß auch für diejenigen Teile unseres Landes, die vom Politischen her besonders gefährdet sind, etwas Entscheidendes geschieht.
Ich begreife nicht ganz, wieso es in dem Antrag unter 1) heißt: „den zuständigen Landesfinanzminist ern zu empfehlen . . .". Viel mehr als eine ziemlich platonische Empfehlung ist der Antrag ja nicht. Aber soviel ich weiß — und soweit bin ich mit den geographischen Verhältnissen meines Landes vertraut —, handelt es sich nur um e i n Finanzministerium, das in Frage kommt.
Das arme Luder — wenn ich so sagen darf — ist aber wegen seiner geringen finanziellen Möglichkeiten etwas überstrapaziert durch die Empfehlung, all die Nöte zu beheben, die in dem Antrag, wie er uns hier vorliegt, aufgeführt sind. Als ob er auch nur im geringsten in der Lage wäre, die vielen daraus resultierenden Forderungen zu erfüllen! Es ist zuzugeben, daß das Land Rheinland-Pfalz im Rahmen seiner Möglichkeiten, im Rahmen der gegebenen Voraussetzungen viel getan hat. Es wäre falsch, ihm etwa einen Vorwurf nach der Richtung zu machen, Entscheidendes versäumt zu haben. Aber selbst, wenn es finanziell in der Lage wäre, mehr zu tun, könnte auch das keinesfalls als ausreichend angesehen werden. Ich wäre deshalb sehr dankbar, wenn Sie sich trotz der auf die vorhergegangene Debatte zurückzuführenden Ungeneigtheit des Hohen Hauses mit mir und mit den Antragstellern wenigstens der Mühe unterziehen wollten, festzustellen, daß hier — ähnlich wie in den Zonenrandgebieten, wenn auch zum Teil anders gelagert — in der nächsten Zukunft etwas Entscheidendes geschehen muß. Dabei sage ich noch einmal: nicht durch Einbeziehung in das bereits bestehende Programm. Das würde nämlich eine Verminderung der Mittel bedeuten, das hätte ein Auseinanderreden zur Folge, und vor allen Dingen müssen von der Struktur her ganz andere Maßnahmen angewendet werden, als sie für die Zonenrandgebiete in Frage kommen.
In dem Zusammenhang darf ich noch darauf aufmerksam machen, daß beispielsweise ein in der nächsten Zeit eventuell erfolgender Hinweis der Bundesregierung, dafür bekämen wir ja die Mosel kanalisiert, keinesfalls als Erfüllung unseres Anspruchs angesehen werden kann. Im Gegenteil, die Gefahr — ich spreche ausdrücklich von einer Gefahr — der Moselkanalisierung resultiert ja aus einer Forderung, die Frankreich im Hinblick auf gewisse Pläne hat. Wir sind nicht der Meinung, daß bei einem eventuellen Zugeständnis unsererseits — ich hoffe, daß das nicht notwendig sein wird — damit die Maßnahmen abgegolten sein könnten, die in diesem Antrag und auch darüber hinaus von uns verlangt werden. Ich wäre deshalb sehr dankbar, wenn wir in den zuständigen Ausschüssen die Möglichkeit hätten, noch Zusatzanträge zu stellen. Außerdem wäre ich Ihnen sehr verbunden — das darf ich Ihnen als Anliegen und im Namen meiner Fraktion vortragen —, wenn Sie mit uns das, was jetzt zur Sprache gekommen ist, möglichst nicht als zur Befriedigung eines regionalen Bedürfnisses gesprochen betrachten, sondern es als im Interesse einer gesamtdeutschen Politik notwendig erachten. Die politischen Erwägungen und die Gefahrenherde, die durch die Grenzziehung bedingt sind, sind gemessen an denen der Zone zwar andere, aber von nicht geringerer Bedeutung.
Das Wort hat der Abgeordnete Lahr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei begrüßt den in der Drucksache 835 niedergelegten Antrag. Sie vertritt die Auffassung, daß den Kreisen des Landes Rheinland-Pfalz, die an das Saargebiet angrenzen, die gleiche Stellung einzuräumen ist wie den Kreisen, die an der Zonengrenze liegen. Sie betrachtet diese Gleichstellung als ein Gebot der Gerechtigkeit, als ein Gebot der
Gerechtigkeit deswegen, weil die Voraussetzungen, die zum Zonengrenzprogramm geführt haben, bei diesen Kreisen an der Saargrenze hundertprozentig gegeben sind. Auch hier ist eine neue Grenze entstanden, eine Grenze aus einem einseitigen Willkürakt einer fremden Macht. Auch hier ist eine neue Grenze entstanden, die nicht vorausgesehen werden konnte.
Wenn man hier vielleicht den Einwurf macht, es habe schon einmal ein Saargebiet gegeben, so muß dazu gesagt werden — und das ist im deutschen Volk zuwenig bekannt—, daß die Grenze des neuen Saargebietes eine andere ist als die des Saargebietes von 1918.
Es ist bereits erwähnt worden, daß 96 Gemeinden diesem Saargebiet neu zugeschlagen wurden. Die Folgen dieser Grenzziehung sind genau die gleichen wie drüben an der Zonengrenze. Auch diese Kreise im Westen haben ihr gesamtes Absatzgebiet verloren; sie haben ihr Einkaufgebiet verloren.
Ich darf das vielleicht durch einige Zahlen aus dem Kreis Birkenfeld beweisen, der bei dieser neuen Grenzziehung allein 24 Gemeinden abtreten mußte und aus dessen Gebiet noch der Truppenübungsplatz Baumholder aasgekreist ist. Ein Werk in Birkenfeld, die Ton- und Ziegelwerke, hat im Jahre 1937 für 850 000 RM Ware nach dem Saargebiet abgesetzt, im Jahre 1938 für 690 000 RM und im Jahre 1939 für 710 000 RM. Heute ist der Verkauf nach dem Saargebiet gleich Null.
Ein Holzwerk bezog aus dem Saargebiet vor dem Kriege jährlich rund 35 000 Festmeter, heute null. Es lieferte an Erzeugnissen aus diesem Werk im Jahre 1936 1440 t, im Jahre 1940 2500 t, im Jahre 1951 7 t, im Jahre 1952 24 t und im Jahre 1953 15 t. Ein weiteres Holzwerk ist heute nur noch mit 20 % seiner früheren Lieferungen beschäftigt.
Die Molkerei Birkenfeld — um auch die Schäden, die die Landwirtschaft erfahren hat, hier zu kennzeichnen — hat im Jahre 1939 für 135 000 RM Molkereiprodukte nach dem Saargebiet geliefert; heute liefert sie nicht mehr für einen Pfennig.
Die Kreisgenossenschaft Birkenfeld hat ungefähr ein Drittel ihres Umsatzes verloren. Für den Bezug von Thomasmehl war früher Saarbrücken Frachtbasis; heute ist Aachen Frachtbasis, so daß hier eine Steigerung der Vorfracht von 200 bis 250 % eingetreten ist.
Die Verkehrsverhältnisse dieses Kreises sind heute katastrophal. Früher bestand eine direkte Verbindung mit Trier und dem Trierer Raum, deren Länge ungefähr 95 km betrug. Heute ist ein Umweg von 250 km nötig. Die Bundesstraße 52 geht durch dieses neu abgetretene Gebiet hindurch und ist nicht zu benutzen.
In dem Kreis Zweibrücken gibt es Arbeiter, die von ihrem Wohnhaus in ihre Arbeitsstätte sehen können, die aber, um diese Arbeitsstätte zu erreichen, einen Umweg und eine Reise von 35 bis 40 km machen müssen.
So liegen die Verhältnisse drüben in diesen Kreisen, und es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, meine
Damen und Herren, diesen Kreisen dieselbe Stellung einzuräumen, wie sie die Kreise an der Zonengrenze haben.
Ich möchte aber in diesem Zusammenhang noch einen Wunsch aussprechen, einen Wunsch, der in dieser Form hier in diesem Hause vielleicht noch niemals ausgesprochen wurde. Wir, die Freien Demokraten, wünschen, daß die Bevölkerung dieser Grenzkreise in Zukunft keine Gelegenheit hat, uns besonders für diesen Antrag dankbar zu sein. Wir, die Freien Demokraten, hoffen, daß die Zeit, die wir auf diesen Antrag verwenden, eine vertane Zeit gewesen ist, weil wir wünschen und hoffen, daß es in Kürze zum mindesten in wirtschaftlicher Beziehung Grenzkreise an der Saar nicht mehr geben wird.
Keine weiteren Wortmeldungen; ich schließe die Besprechung. Es ist Überweisung an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Grenzlandfragen beantragt worden. Ich nehme an, daß Sie mit der Überweisung einverstanden sind. — Die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Aufhebung von Durchführungsverordnungen zum Bremischen Übergangsgesetz zur Regelung der Gewerbefreiheit .
Es liegt Ihnen die schriftliche Begründung des Gesetzes in Drucksache 828 vor. Im Ältestenrat ist vereinbart worden, auf mündliche Begründung und Aussprache zu verzichten. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik vor. — Sie sind einverstanden.
Punkt 6 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Traub, Mauk, Ruf, Frau Döhring und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung einer Ausfallunterstützung bei Außenarbeiten .
Nach Meinung des Ältestenrats soll hier in gleicher Weise wie bei Punkt 5 verfahren werden. — Sie sind damit einverstanden. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Arbeit vor. — Sie sind einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Punkt 7 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 21. Juli 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über gewisse Rechte auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts .
Die Drucksache mit dem Entwurf des Gesetzes, dem abgeschlossenen Vertrag und einer Denkschrift zu dem Abkommen liegt Ihnen vor. Es soll auch hier auf Aussprache und Begründung verzichtet werden. Ich schlage Ihnen die Überweisung an den Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vor. — Sie sind mit der Überweisung einverstanden; sie ist erfolgt.
Punkt 8 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vereinbarung vom 12. November 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Patente für gewerbliche Erfindungen .
Hier gilt das gleiche. Der Vertrag liegt Ihnen vor. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vor. — Sie sind mit der Überweisung einverstanden; sie ist erfolgt.
Punkt 9 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Probst, Lücker , Bauknecht, Strauß, Seidl (Dorfen) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft (Drucksache 809).
Auch hier soll auf Aussprache und Begründung verzichtet werden. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik vor. — Sie sind einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Punkt 10:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zündwarensteuergesetzes .
Hier gilt die gleiche Vereinbarung. — Das Haus ist einverstanden. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen vor. — Sie sind einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Punkt 11:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Struve, Dannemann, Müller und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifgesetzes (Drucksache 843).
Es gilt das gleiche. Eine Aussprache findet nicht statt. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen vor. — Die Überweisung ist erfolgt.
Punkt 12:
Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes .
Es gilt das gleiche. Keine Aussprache. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vor. — Sie sind einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Punkt 13:
Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes .
Ebenfalls Vereinbarung im Ältestenrat über Verzicht auf Aussprache und Begründung. Ich schlage
Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Besatzungsfolgen vor. — Sie sind einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Ich komme zu Punkt 14:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Fünften Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft .
Es liegt ein Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für Außenhandelsfragen, Drucksachen 832, zu 832, vor. Ich nehme an, daß Herr Abgeordneter Thieme auf eine mündliche Erläuterung verzichtet.
— Das ist der Fall. Danke schön!
Ich rufe auf die §§ 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Dritte Beratung.
Allgemeine Beratung kann entfallen. Keine Wortmeldungen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Darf ich fragen, welche Abstimmung die Herren, die sitzengeblieben sind, vorziehen?
— Soweit Sie Berliner sind, ist es verständlich; aber nicht alle stammen aus Berlin, sondern einige aus Ölde!
Das Gesetz ist in der Schlußabstimmung angenommen.
Ich rufe auf Punkt 15:
Beratung des Entwurfs einer Fünfzehnten Verordnung über Zollsatzänderungen .
Hier ist ebenfalls Verzicht auf Aussprache und Begründung vereinbart. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen vor. — Das Haus ist damit einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Punkt 16:
Beratung des Entwurfs einer Sechzehnten Verordnung über Zollsatzänderungen .
Es gilt das gleiche. Ich schlage Ihnen auch hier Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen vor. — Sie sind einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Ich komme zu Punkt 17:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Gesetzes zur Regelung von Fragen der
*) Siehe Anlage 5.
Ich rufe auf § 7, — § 8. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Jetzt nähern wir uns aber bedenklich dem § 9.
Einmal liegt auf Umdruck 186 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor, dem § 9 einen neuen Abs. 2 anzufügen, und dann der neue in Aussicht gestellte Antrag, den offenbar Herr Abgeordneter Czaja begründen will. Wünscht zu Ziffer 1 des Änderungsantrags noch jemand das Wort? — Offenbar nicht. Bitte zu dem neuen Antrag Herr Abgeordneter Czaja!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Änderungsantrag der CDU/CSU auf Umdruck 186 zu § 9 Abs. 2 bemüht sich um eine kontinuierliche Fortentwicklung des § 12 des alten deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1913, der im Dritten Reich außer Kraft gesetzt und dann durch eine Gesetzesänderung und einen sogenannten Führererlaß ersetzt worden ist. Ohne auf deren rechtliche Umstrittenheit einzugehen, möchte die CDU/CSU diesen seit Jahrzehnten in Deutschland und in anderen europäischen Staaten bestehenden Grundsatz des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1913 mit den durch die Massenvertreibung geschaffenen Tatsachen in Einklang bringen: Personen, die zwar Ausländer, aber durch besondere Umstände mit dem deutschen Staat, z. B. durch gemeinsames Volkstum verbunden sind, müssen, wenn sie in seinem Heer Wehrdienst geleistet haben, das Recht auf Staatsangehörigkeit erhalten.
Die von der CDU/CSU vorgelegte Formulierung trägt dem Grundsatz der Haager Landkriegsordnung in dieser Frage Rechnung, wonach Personen, die von ihren ehemaligen Heimatstaaten als deren Bürger in Anspruch genommen werden, nicht unter das Gesetz fallen. Es fallen also nicht unter die von uns vorgetragene Formulierung des § 9 Abs. 2 etwa holländische, belgische, luxemburgische oder französische Staatsangehörige, auch nicht Staatsangehörige der skandinavischen Staaten, hingegen aber aus dem Osten vertriebene deutsche Volkszugehörige. Praktische Wirkung hat diese von uns beantragte Gesetzesvorschrift für eine kleine Gruppe von Kriegerwitwen und Kriegsteilnehmern, die — derzeit als staatenlos geltende Südostdeutsche — auf ihrer Flucht nur bis Österreich gelangten. Die übrigen in Österreich noch als staatenlos geführten deutschen Volkszugehörigen werden, soweit sie keine fremde, z. B. die österreichische Staatsangehörigkeit angenommen haben, bereits durch § 1 dieses Gesetzes erfaßt.
Die CDU/CSU möchte durch ihren Antrag Umdruck 186 eine Rechtsungleichheit beseitigen, die sich ungerechterweise gegen einen ganz kleinen Teil der Vertriebenen wendet, einen Teil einer Volksgruppe, über die vor wenigen Wochen ein Ministerpräsident eines Bundeslandes, nämlich Baden-Württembergs, die Schirmherrschaft übernommen hat.
Durch ein im Dritten Reich, im Jahre 1935 erlassenes Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes ist, wie gesagt, der § 12 des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1913 außer Kraft gesetzt worden. Die dafür gesetzte Rechtsverordnung Adolf Hitlers — gemeint ist der sogenannte Füh-
Staatsangehörigkeit ;
Es liegt ein ausführlicher Schriftlicher Bericht**) des Herrn Berichterstatters Abgeordneten Kihn auf Drucksache 849 vor. Soll er noch ergänzt werden? — Offenbar nicht; ich sehe keine Wortmeldungen.
Meine Damen und Herren, dazu liegen nun Änderungsanträge vor — ich bitte freundlichst davon Notiz zu nehmen —, und zwar die Umdrucke 186, 187, 194 und 195***).
— Also es kommt noch ein Antrag, höre ich eben. Hoffen wir, daß er während der Beratung kommt!
Ich rufe zunächst § 1 auf. Dazu keine Änderungsanträge. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die § 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
— Angenommen.
Ich rufe auf § 2. Ebenfalls keine Änderungsanträge. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Darf ich fragen, zu welchem Paragraphen der noch in Aussicht gestellte Antrag gestellt wird?
— Zu § 9. Dann hat es noch Zeit. Ich wollte nur wissen, was kommt.
Zunächst § 3. Hierzu ein Änderungsantrag der B) Fraktion der CDU/CSU Umdruck 195. Soll er begründet werden? — Offenbar nicht.
— Wir sind erst bei § 3. — Keine Wortmeldungen zu § 3, auch nicht zur Begründung des Antrags? — Ich schließe die Einzelbesprechung zu § 3.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag zu § 3 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die überwiegende Mehrheit; angenommen. Damit entfällt die Abstimmung über die ursprüngliche Fassung des § 3, da eine neue Fassung beschlossen ist.
Ich rufe auf § 4, — § 5. — Keine Wortmeldungen. — Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Zu § 6 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 194 vor.
— Also kann dieser Antrag hier als erledigt betrachtet werden.
— Ich verstehe! Damit liegt kein Änderungsantrag zu § 6 vor. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. —Das ist die Mehrheit; angenommen.
**) Siehe Anlage 6.
***) Siehe Anlagen 1 bis 4.
rererlaß vom 19. Mai 1943 — ist in dem Umfang ihrer Rechtswirksamkeit umstritten. Sache der Gerichte ist es, darüber zu befinden, ob sie in beschränktem Umfang eventuell rechtsgültig war oder ist. Uns scheint es aber nicht vertretbar, daß in einem Gesetz von 1954 gerade das erst als das die Staatsbürgerschaft wirklich Konstituierende bezeichnet wird, was eine dem Gedankengut des Nationalsozialismus entspringende, von dem Reichsführer der SS und dem damaligen Innenminister im Jahre 1944 erlassene, im Reichsanzeiger und im Reichsministerialblatt nicht veröffentlichte Anordnung war, nämlich die Überprüfung dieser Fälle durch die sogenannte Einwandererzentralstelle. Deshalb beantragen wir auch mit Umdruck 187 die Streichung des zweiten Halbsatzes in § 9 a.
Der Bundesgerichtshof hat im übrigen festgestellt, daß die Entscheidung dieser Einwandererzentralstelle keine endgültige konstitutive Wirkung für den Erwerb der Staatsangehörigkeit hat. Denn wo nach dem damals geltenden Staatsrecht der — leider — alleinige Gesetzgeber, der — leider — zur Wirksamkeit seiner Gesetzesbefehle nicht der Mitwirkung anderer Regierungs-und Verwaltungsstellen, also auch keiner Einwandererzentralstelle bedurfte, keine „despotischen Normen" erließ, d. h. Gesetzesbefehle, die gegen allgemeingültiges Staatsrecht und allgemeingültiges Völkerrecht verstoßen, dort sind seine Gesetzesbefehle als gültig zu betrachten. Den ganzen Umfang des sogenannten Führererlasses kann man wohl insofern nicht als „despotische Norm" bezeichnen, als ersieh teilweise mit den Vorschriften des § 12 des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1913 und mit dem auch sonst in den europäischen Staaten üblichen Staatsangehörigkeitsrecht deckt. Hingegen möchten wir unsererseits ausdrücklich betonen, daß wir die Umschreibung der Deutschstämmigkeit allerdings als recht vage betrachten, im Gegensatz zu dem sehr klaren Begriff der deutschen Volkszugehörigkeit. Deutschstämmigkeit ist bestenfalls ein ideologisch mißbrauchter Begriff aus der Volkskunde, aber kein rechtlicher Begriff.
Ferner verweist der Bundesgerichtshof in seiner Begründung darauf, daß auch nach Auffassung der Himmler-Anordnung über die Überprüfung seitens der Einwandererzentralstelle der Erwerb der Staatsangehörigkeit nicht durch die Einwandererzentralstelle konstituiert wurde, sondern daß diese bestenfalls — wie auch die Mitarbeiter dieser Zentralstelle vor dem Gerichtshof ausgesagt haben — nur den Erwerb der Staatsangehörigkeit aufheben konnte. Ferner müssen wir noch auf formale Fehler infolge Nichtverkündung der Himmler-Anordnung als Rechtsverordnung hinweisen. Dieses Sichklammern an eine zusätzliche Zustimmung der Einwandererzentralstelle ist nicht nur rechtlich nicht vertretbar und ihr Zitieren in diesem Gesetz unerwünscht, sondern es ist auch diskriminierend für die Angehörigen der südostdeutschen Volksgruppen, die trotz ihres Dienstes bei der Wehrmacht diesem Verfahren fast ohne Ausnahme nicht unterworfen wurden. Diese würden also, sofern sie nicht unter Art. 116 des Grundgesetzes fallen, die Staatsangehörigkeit wegen dieser — ein Jahr nach dem sogenannten Führererlaß als zusätzliches nationalsozialistisches Druck- und Prüfungsmittel in die Verfahren eingeschalteten — Einwandererzentralstelle nicht erhalten. Es scheint uns nicht vertretbar, dieser Himmler-Anordnung
noch im Jahre 1954 zu einer posthumen Geburt als Anordnung mit Gesetzeskraft zu verhelfen.
Selbstverständlich berührt diese unsere Kritik nicht rechtskräftige Einzelentscheidungen der Einwandererzentralstelle, die, auf gültigen Gesetzen fußend, doch zumindest als begünstigende Verwaltungsakte die Staatsangehörigkeit verliehen haben. Diese Verleihungen sind natürlich gültig. Weder der umstrittene sogenannte Führererlaß, noch das Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913, noch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes bestimmen, daß der Wehrdienst „für sich allein" die Staatsangehörigkeit verleiht. Nach dem Gesetz von 1913 muß der Antrag des Betroffenen hinzukommen. Da dieses Gesetz vor der Massenvertreibung unserer Zeit beschlossen wurde, mußte der Antragsteller auch seinen Wohnsitz im Inlande haben. Der sogenannte Führererlaß selbst fordert zum Wehrdienst noch den in seinem Umfang sehr vagen, nämlich volkskundlichen und nicht rechtlichen Status der Deutschstämmigkeit. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes wieder hebt auf Freiwilligkeit ab. Überall aber genügt der Wehrdienst „für sich allein" nicht. Mehr zu regeln, steht wohl dem deutschen Gesetzgeber derzeit nicht zu, um so mehr, als der Begriff der Deutschstämmigkeit im Gegensatz zur Volkszugehörigkeit vage gefaßt und mehr als umstritten ist.
Mit Recht hat das Bundesverfassungsgericht in seinem bekannten grundsätzlichen Urteil von 1952 sowohl auf die Grenzen des Völkerrechts als auch auf den individuellen Willen des Betroffenen abgehoben. Da ja, wie bereits ausgeführt, die innerstaatliche Wirksamkeit der Staatsangehörigkeit zwar zunächst durch das deutsche Recht konstituiert wird, aber nur wirksam wird, wenn sie nicht von einem fremden Staat zu Recht angefochten wird — vergleiche hierzu das Abkommen der Haager Kodifikationskonferenz über die Konflikte der Staatsangehörigkeitsgesetze vom 12. April 1930, in Kraft getreten 1937 —, können sich bei Einzelfällen, die durch dieses Gesetz nicht erfaßt werden, Schwierigkeiten ergeben. Dort, wo sich solche Fälle ergeben, wo beides, Wille des Betroffenen und Völkerrecht, miteinander kollidieren, wird wohl im zu entscheidenden Fall zu prüfen sein, ob der Antrag von einer unbescholtenen Person gestellt und nicht von Furcht vor gerechtfertigter Strafe diktiert wird und ob aus völkerrechtlichen und humanitären Gründen dieser Willensäußerung von anderen Staaten nicht widersprochen werden kann.
Diese Schwierigkeiten und die sich ergebenden und zu prüfenden Einzelfälle durch gesetzliche Normen zu klären, scheint heute verfrüht. Wir möchten nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß bei solchen Anträgen die Verwaltungsbehörden vom Standpunkt der Menschlichkeit aus und unter Berücksichtigung der Lage des einzelnen, seiner Familie und seiner Integrität die Fälle prüfen und jeweils versuchen, in freundschaftlicher Erörterung eines Falles oder einer Gruppe von Fällen mit den Nachbarstaaten auf dem Weg über das Auswärtige Amt die Dinge zu klären.
So viel zu unseren Änderungsanträgen auf den Umdrucken 186 und 187, die in einem gewissen inneren Zusammenhang stehen.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung der Anträge de] CDU/CSU gehört. Zur Begründung des jetzt vor.
liegenden Antrags Umdruck 194 *) der Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Schmitt (Vockenhausen)!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Anträge meiner Fraktion liegen Ihnen vor. Ich weiß nicht, ob der Umdruck 196 bereits verteilt ist; er muß Ihnen aber in den nächsten Augenblicken zugehen.
Zunächst zum Antrag auf Umdruck 194 . Es handelt sich hier um diejenigen Personen, die aus Altersgründen oder aus anderen Gründen nicht mehr aus der Emigration nach Deutschland zurückkehren wollen und ihren Wohnsitz im Ausland beibehalten möchten. Hier sind in einzelnen Fällen Schwierigkeiten aufgetreten. Wir möchten diese Schwierigkeiten dadurch beheben, daß wir ausdrücklich beantragen, ,daß der Anspruch auf Einbürgerung auch demjenigen früheren deutschen Staatsangehörigen zusteht, der im Zusammenhang mit Verfolgungsmaßnahmen in der Zeit von 1933 bis 1945 vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eine fremde Staatsangehörigkeit erworben hat, auch wenn er seinen dauernden Aufenthalt im Ausland beibehält. Diese Ergänzung des Gesetzes ist notwendig, weil dieser Personenkreis einfach deswegen nicht unter die Bestimmung des Art. 116 Abs. 2 des Grundgesetzes fällt - der sich grundsätzlich mit der Rechtsstellung derjenigen beschäftigt, denen die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen worden war —, weil er vorher eine andere Staatsangehörigkeit erworben hatte. Ich glaube, das Haus kann diesem Antrag ohne Bedenken zustimmen.
Der weiter von meiner Fraktion gestellte Antrag auf Umdruck 196 beschäftigt sich mit dem § 9. Dort soll ein neuer Satz 4 angehängt werden. Er ist nur zu verstehen in Zusammenhang mit dem Antrag auf Umdruck 186, den soeben der Kollege Czaja begründet hat. — Meine Damen und Herren, ich bedaure übrigens, daß der Herr Minister und sein Staatssekretär nicht hier sind. Bei der ersten Lesung hat der Herr Minister die mangelnde Aufmerksamkeit des Hauses für das Staatsangehörigkeitsgesetz sehr stark beanstandet. Um so richtiger wäre es gewesen, wenn er oder sein Vertreter bei der Beratung einer solchen ihm sehr wichtig erscheinenden Frage hier gewesen wäre.
Der Herr Staatssekretär ist jetzt gerade da.
Der Herr Staatssekretär ist gerade gekommen.
Wir haben zu schnell gearbeitet. Ich fürchte, daß es daran gelegen hat.
Ich hatte ihn nicht auf der Regierungsbank gesehen, Herr Präsident. — Ach, Sie meinen, wir haben zu schnell gearbeitet. Das ist auch mal erfreulich.
Wir haben bei dem Umdruck 186, den der Kollege Czaja begründet hat, folgenden Sachverhalt. Wenn wir diesem Antrag auf Anfügung eines neuen Abs. 2 stattgeben, dann haben wir die Tatsache, daß allen diesen Einbürgerungsanträgen entsprochen werden muß. Der Herr Kollege Czaja sprach von einer Rechtsungleichheit. Ich möchte
*) Siehe Anlage 3.
dem widersprechen, und zwar deshalb, weil der Personenkreis, der in § 1 aufgeführt und auf Grund völkerrechtlicher Verträge usw. zu Deutschland gekommen ist, nicht unmittelbar in einen Vergleich zu dem in § 9 genannten Personenkreis gesetzt werden kann. Ich gebe allerdings zu, daß in einzelnen Fällen Menschen des in § 9 angesprochenen Personenkreises — der Kollege Czaja hat ihn charakterisiert — die Möglichkeit gegeben werden muß, einen Einbürgerungsantrag zu stellen. Wir haben ja erfreulicherweise bereits im § 9 der Ausschußvorlage die Möglichkeit vorgesehen, daß derartige Anträge vom Ausland her gestellt werden können.
Nun ist von seiten der CDU/CSU-Fraktion und auch von meiner Fraktion darauf hingewiesen worden, daß in vielen Fällen die Behörden — und alle diese Anträge kommen ja nicht immer bis ins Ministerium oder bis zu den obersten Landesbehörden, bis zu den Landesregierungen — die Möglichkeit haben, solche Anträge auf Grund des § 8 des Staatsangehörigkeitsgesetzes abzulehnen, der in den Ziffern 3 und 4 ganz bestimmte Voraussetzungen fordert, nämlich ausreichende Wohnmöglichkeiten und Unterkunftsmöglichkeiten, darüber hinaus, daß der Betreffende sich selbst ernähren und für den Unterhalt seiner Familie sorgen kann. Da es sich nun in vielen Fällen um Hilfsbedürftige handeln wird, sollten wir diese Bestimmungen streichen.
Diesem Wunsch, den der Kollege Czaja vorgetragen hat, will unser Antrag auf Umdruck 196 Rechnung tragen. Wir sagen hier ausdrücklich, daß einem Antrag entsprochen werden muß, auch wenn der Antragsteller nicht die Voraussetzungen einer Einbürgerung nach § 8 Ziffern 3 und 4 des Reichs-und Staatsangehörigkeitsgesetzes erfüllt. Ich glaube, mit dieser Formulierung haben wir den berechtigten Wünschen Rechnung getragen, ohne daß wir deshalb alle Ansprüche aus dem Ausland ohne weiteres erfüllen müssen, wie das der Antrag der CDU/CSU vorsieht.
Die Bedenken sind um so mehr gerechtfertigt, als der ursprünglich vorgesehene § 6, wie er im Ausschuß erarbeitet worden war und nach dem die Einbürgerung dieses Personenkreises an ganz bestimmte Voraussetzungen hätte geknüpft werden können, nämlich eine Uberprüfung im Sinne der demokratischen Zuverlässigkeit, in der Vorlage, wie sie jetzt ist, nicht mehr enthalten ist. Ich glaube, daß damit unser Umdruck 196 auf der einen Seite das ermöglicht, was der § 6 nach der Ausschußberatung bringen sollte — aber jetzt ist er nicht mehr vorhanden — und was auf der andern Seite der Antrag der CDU/CSU-Fraktion, wie er Ihnen im Umdruck 186 vorliegt, erreichen sollte. Ich möchte Sie daher bitten, ohne daß ich noch einmal auf die Einzelheiten eingehe, unserem Antrag Umdruck 196 zuzustimmen und den Antrag, wie er hier in Umdruck 186 vorliegt, abzulehnen.
Nun noch ein Wort zu dem Antrag Umdruck 187, den die CDU/CSU-Fraktion eingereicht hat. Ich meine, meine Damen und Herren, wir sollten diesen Antrag ablehnen, und zwar einfach deshalb, weil er eine neue Rechtsunsicherheit bringt. Auf der einen Seite sagt der § 9 a, daß der Dienst in der deutschen Wehrmacht usw. noch nicht den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zur Folge hat. Auf der anderen Seite würde er aber doch praktisch eine Art Entziehung der Staatsangehörigkeit darstellen; denn Tatsache ist doch, Herr Kollege Czaja, daß die einzelnen Leute auf Grund dieser Verordnung,
auch wenn sie im Reichsgesetzblatt nicht publiziert war, einen Bescheid über ihre Staatsangehörigkeit in den Händen haben. Selbst wenn wir diese Verordnung aufheben wollten, haben ja die Leute den Bescheid in den Händen, und der Verwaltungsakt steht doch im Raum. Ich muß Ihnen sagen: wenn Sie immer so eifrig wären, wenn es darum geht, das Erbe Himmlers und Hitlers auszuräumen, wie Sie es heute sind, dann wäre mir das lieber. Wir sollten hier in dieser von der Verwaltungs- und auch von der Gerichtspraxis eindeutig geklärten Frage, daß diese Verordnung besteht und bestehenbleiben soll, nicht eine neue Rechtsunsicherheit in die Verwaltung und in die Bevölkerung hineintragen und deshalb Ihren Antrag auf Streichung des zweiten Halbsatzes ablehnen. Ich bitte Sie deshalb, meine Damen und Herren, dem Umdruck 196 und dem Umdruck 194 zuzustimmen, dagegen die Anträge auf den Umdrucken 186 und 187, die die CDU/CSU-Fraktion gestellt und hier begründet hat, abzulehnen.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag, glaube ich, noch nicht vorliegen.
Also, Umdruck 196 hat folgenden Wortlaut: § 9 erhält folgenden Satz 4:
Einem Antrag muß entsprochen werden, auch wenn der Antragsteller nicht die Voraussetzungen einer Einbürgerung nach § 8 Ziff. 3 und 4 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913 erfüllt.
Herr Abgeordneter Dr. Gille, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen vor der immerhin erfreulichen Situation, daß über den Ausschußbeschluß hinaus für die Personengruppe, um die es sich handelt, zwei Anträge vorliegen, die beide eine Verbesserung des Ausschußvorschlages bedeuten, einmal der Antrag der CDU/CSU, der keinerlei Beschränkungen mehr vorsehen will, und zweitens der Antrag der SPD, der immerhin einige wesentliche Beschränkungen, d. h. in der Frage der Wohngelegenheit und der Erwerbsmöglichkeit — also ein Tatbestand, der bei diesem Personenkreis eine beachtliche Rolle spielt — beseitigen will.
Wir neigen dazu, dem Antrag der CDU/CSU zuzustimmen, und zwar aus folgendem Grunde. Der betreffende Personenkreis wird so charakterisiert, daß es sich um Menschen handelt, die in der deutschen Wehrmacht Dienst getan haben
und deutsche Volkszugehörigkeit haben. Diese Leute kommen nur deshalb nicht zu der großzügigen Regelung, wie sie für alle anderen Gruppen vorgesehen ist, weil hier die formale Seite nicht ganz in Ordnung oder streitig ist, während sie bei all den andern Kreisen — Sudetendeutschen, Memeldeutschen, denen aus dem Polengebiet — durch die Kollektiveinbürgerung in Ordnung ist. Es ist hier ein Personenkreis von verhältnismäßig kleiner Zahl,
der durch einen in seiner Wirksamkeit umstrittenen Führererlaß betroffen ist. Aber zwei Voraussetzungen müssen gegeben sein, erstens deutsche Volkszugehörigkeit und zweitens Dienst in der deutschen Wehrmacht. Wenn diese beiden Voraussetzungen gegeben sind, sollte man nicht noch anfangen, andere Details nachzusehen. Ich glaube, es wäre deshalb doch erfreulich, wenn wir uns auf den Vorschlag der CDU/CSU einigen könnten. Im Namen meiner politischen Freunde darf ich diese Zustimmung in Aussicht stellen.
Herr Abgeordneter Schmitt ? — Erledigt. Keine weiteren Wortmeldungen? — Ich schließe die Besprechung zu den §§ 9, 9 a, 9 b, 9 c.
Meine Damen und Herren, damit wir uns jetzt klar sind: es liegt einmal vor ein Antrag der Fraktion der CDU/CSU, Umdruck 186, auf Anfügung eines neuen Abs. 2 in § 9. Dieser Antrag behandelt dasselbe Gebiet, das der Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 196 behandelt, auch wenn er es in einen Satz 4 kleiden will. Der weitergehende ist der Antrag der Fraktion der CDU/CSU; darüber ist, glaube ich, kein Zweifel. Dann liegt vor ein Antrag der Fraktion der CDU/CSU, Umdruck 187, auf Streichung des zweiten Halbsatzes von § 9 a und der Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 194 auf Einfügung eines § 9 c. Ich glaube, damit sind wir über die Anträge im klaren.
Ich komme also zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 186 *), und zwar Ziffer 1, auf Anfügung eines neuen Abs. 2 in § 9. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; dieser Antrag ist angenommen. Damit ist der zweite Antrag sachlich erledigt.
Dann der Antrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck 187 **) auf Streichung des zweiten Halbsatzes des § 9 a. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Umdruck 194 ***), Antrag der Fraktion der SPD auf Einfügung eines § 9 c. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die überwiegende Mehrheit; ist angenommen. Damit steht der § 9 c fest.
Nachdem der Antrag der Fraktion der CDU/CSU angenommen worden ist, einen neuen Abs. 2 einzufügen, muß ich über § 9 insgesamt abstimmen lassen. Ich bitte die Damen und Herren, die § 9 in der geänderten Fassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die überwiegende Mehrheit; ist angenommen.
Nachdem der zweite Halbsatz des § 9 a gestrichen ist, lasse ich über § 9 a in der geänderten Fassung abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die § 9 a zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die überwiegende Mehrheit; ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 9 b zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das
*) Siehe Anlage 1. **) Siehe Anlage 2. ***) Siehe Anlage 3.
ist die überwiegende Mehrheit; ist ebenfalls angenommen.
Ich darf diesen Augenblick benutzen, meine Damen und Herren, Sie darum zu bitten, einige redaktionelle Änderungen, die der Herr Berichterstatter mir gegeben hat, freundlichst zur Kenntnis zu nehmen.
Einmal sind in § 7 Abs. 1 hinter dem Wort „Bundesvertriebenengesetzes" die Worte einzufügen: „vom 19. Mai 1953 ". Ich glaube, diese Berichtigung können wir zur Kenntnis nehmen, ohne daß eine neue Abstimmung erfolgt.
Das gleiche gilt für § 9. Da steht auch „Bundesvertriebenengesetzes".
Dann zu dem ebenfalls bereits beschlossenen § 8 Abs. 1 ein bedeutsamer Hinweis, daß das Komma in Zeile 4 hinter dem Wort „hat" wegfallen muß.
Das ist sprachlich zweifellos richtig. Ich glaube, Sie sind damit einverstanden. — Das ist der Fall.
Eine weitere redaktionelle Änderung: In § 10 muß in der dritten Zeile das Wort „der" vor dem Wort „Abgabe" gestrichen werden. Es muß also heißen: „bei Abgabe der Verzichtserklärung", nicht „bei der Abgabe".
In § 11 Abs. 1 — —
— Ja, darauf komme ich gleich. Ich gebe augenblicklich die redaktionellen Änderungen des Herrn Berichterstatters bekannt, Herr Abgeordneter Czaja. Es gibt verschiedene Formen redaktioneller Änderungen.
In § 11 Abs. 1 ist in Zeile 2 hinter dem Wort „alt" das Wort „ist" zu streichen. Das ist eine rein sprachliche Änderung, die die Sache verschönt.
In § 22 Abs. 1 Zeile 1 ist das Wort „der" zu ersetzen durch das Wort „einer". § 22 Abs. 1 würde also beginnen: „Waren bei einer Einbürgerung durch das Verschulden des Antragstellers . . .".
Sie haben freundlichst von diesen redaktionellen Änderungen des Herrn Berichterstatters Kenntnis genommen.
Ich komme dann zum § 10. Da liegt der Antrag der CDU/CSU vor, auf den Herr Abgeordneter Czaja soeben aufmerksam gemacht hat — auch eine redaktionelle Änderung —, die letzte Klammer „" zu erweitern in „(§§ 6, 8, 9 Abs. 2)". Es bedarf keiner ,Begründung und keiner Aussprache darüber. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 10 in dieser berichtigten Fassung — ich darf kurz so über die Berichtigung abstimmen lassen; Sie sind damit einverstanden — zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. Voraussetzung ist dabei, daß der Antrag auf Umdruck 186 Ziffer 2 angenommen war; aber das ist damit gleichzeitig geschehen. — § 10 ist beschlossen.
Zu §§ 11 und 12 keine Änderungsanträge. Ich bitte die Damen und Herren, die ihnen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; sind angenommen.
Zu § 13 liegt der gleiche Antrag redaktionellen Charakters wie zu § 10 vor. Ich lasse also gleichzeitig mit dem § 13 über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 186 Ziffer 3 abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die § 13 in dieser berichtigten Fassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich rufe auf §§ 14, — 15, — 16, — 17, — 18, —19, — 21, — 22, — 22 a, — 23, — 25, — 27, —28, — 29 — die nicht aufgerufenen Paragraphen entfallen; für die Damen und Herren, die die Drucksache nicht vor sich haben —, — Einleitung und Überschrift. — Ich bitte um Wortmeldungen. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Einzelbesprechung.
Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache der
dritten Beratung.
Herr Abgeordneter Schmitt !
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf ist in der ersten Lesung hier von meinem Kollegen Carlo Schmid behandelt worden, und der Herr Minister Schröder, der damals auf der Regierungsbank saß, hat zu diesen Ausführungen gesagt, daß sie ihm aus dem Herzen gesprochen seien und :daß Kollege Schmid hiermit unserer weiteren Arbeit am Staatsangehörigkeitsgesetz die Richtung gegeben habe. Ich möchte diesen Gedankengang nicht noch einmal wiederholen oder die Dinge vertiefen, sondern ich möchte bitten, bei den Arbeiten des Ministeriums das, was hier gesagt worden ist, mit zur Grundlage zu nehmen, weil es von einer Gesamtschau aus gesehen war, die wirklich wert ist, daß sie für die kommenden Erörterungen eine Grundlage bildet.
Natürlich sollten wir — und ich möchte bitten, Herr Staatssekretär, daß Sie das auch Ihrem Herrn Minister übermitteln — die Frage des Staatsangehörigkeitsgesetzes nicht allzu sehr überstürzen. Wir sind uns darüber im klaren, daß im Hinblick auf die gesamtdeutsche Frage hier jede Eile verfehlt wäre. Vielmehr sollten wir die Dinge reifen lassen, auch wenn im Interesse der Verwaltung eine Neukodifikation durchaus zu begrüßen und wertvoll wäre. Aber was wir im Augenblick auf diesem Gebiet tun sollten, ist, die Trümmerfelder zu beseitigen. Einem dieser Trümmerfelder gilt eben der hier in dritter Beratung zur Debatte stehende Entwurf, der die Menschen, die unter dieses Gesetz fallen, aus dem Ersatzstatus, den ihnen Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes gibt, herausnehmen und ihre rechtliche Stellung endgültig regeln will.
Wir sollten uns ruhig einmal einige Jahre zurückversetzen in die Zeit, als die Vertriebenen beispielsweise in die amerikanische Zone kamen und die amerikanische Militärregierung im süddeutschen Länderrat ausdrücklich anordnete, daß diese Menschen keine deutschen Staatsangehörigen seien, obwohl sie gerade wegen ihres Deutschtums aus ihrer Heimat vertrieben worden waren. Ich glaube, daß wir heute — es hat ja immerhin einige Jahre gedauert, bis dieser Entwurf nunmehr Gesetz wird — damit einen gewissen Schlußstrich unter diese ganzen Dinge, die durch Art. 116 Abs. 1 nur provisorisch geregelt waren, ziehen.
Einige Fragen sind natürlich auch im Ausschuß und in unserer Fraktion erörtert worden. Sie haben in dem Gesetz nicht immer die Berücksichtigung finden können oder gefunden, die vielleicht wünschenswert gewesen wäre. Da ist zunächst einmal die Frage der Gleichberechtigung von Mann und Frau, Art. 3 in Verbindung mit Art. 117 des Grundgesetzes, die einen sehr beachtlichen Einfluß auf das Staatsangehörigkeitsrecht hat. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß zunächst auch der Bundesrat in dieser Richtung Wünsche geltend gemacht, aber diese Wünsche dann bis zu einer grundsätzlichen Neuregelung des 'Staatsangehörigkeitsrechts zurückgestellt hat. Ich glaube, wir sollten uns dem anschließen, und zwar einfach deshalb, weil zunächst einmal das grundsätzliche Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Dinge soweit klärt, daß die Behörden eine Handhabe für die Praxis haben und die grundsätzliche Neuregelung, die ja im übrigen in Ihrem Entwurf schon einmal beim Bundesrat vorgelegen hat und die bereits eine Fassung gefunden hatte, wieder eingebracht wird. Ich glaube, daß die Regelung von damals, wenn sie in Ihrem Entwurf beibehalten wird, auch durchaus befriedigend ist.
Sehr angenehm berührt die Tatsache, daß das Bundesamt für Staatsangehörigkeitssachen weggefallen ist. Ich möchte das Ihnen, Herr Staatssekretär, noch einmal ausdrücklich bestätigen. Wir haben schon allerlei Bundesoberbehörden, und jede zusätzliche Behörde, die hier geschaffen wird, ist weder für uns als Abgeordnete noch für die Bevölkerung eine Freude. Ich freue mich daher, daß auch die Regierung mit dieser Streichung einer neuen Behörde einverstanden ist.
Die Fragen des Art. 116 Abs. 2 sind grundsätzlich in diesem Gesetz nicht behandelt, weil dieser Artikel geltendes Recht ist und dem betreffenden Personenkreis genügend Wiedergutmachung gibt. Aber ich möchte, Herr Staatssekretär—und das gilt auch für das Auswärtige Amt —, doch bitten — in einzelnen Fällen haben wir schon einmal Beschwerden gehabt, weil dieses oder jenes Konsulat nicht genügend unterrichtet war —, daß diese Dinge draußen sehr großzügig gehandhabt werden, bis in die Länder Südamerikas hinein, damit den Menschen, die dort eine Zuflucht vor den Wirren und der Verfolgung der nationalsozialistischen Zeit gefunden haben, alle Wege geebnet werden, wenn sie wieder in die Heimat zurückkehren wollen. Das ist um so notwendiger, als wir uns so oft beklagen müssen, daß die Regierung in Fragen der Wiedergutmachung nach unserer Auffassung leider nicht immer ein so offenes Ohr hat, wie es diese Fragen eigentlich verdienen.
Die Wünsche, die von der zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden geäußert worden sind, haben Sie bei der zweiten Lesung durch die Einfügung des § 9 c in der Fassung, wie wir sie Ihnen vorgeschlagen haben, berücksichtigt, so daß ich glaube, daß wir mit dieser Regelung in jeder Weise einverstanden sein können.
Gestatten Sie mir noch ein Wort zu dem § 22 a des Gesetzes. Hier ist gewissermaßen eine Magna Charta der Vertriebenen festgelegt, hier ist das unveränderliche Grundrecht der Heimatvertriebenen auf ihre Heimat festgelegt. Diese Bestimmung ist in die Übergangs- und Schlußbestimmungen hineingerückt. Das ist lediglich ein Technikum im Gesetz und soll nicht bedeuten — das möchte ich von die-
ser Stelle noch einmal ausdrücklich erklären—,daß wir dieses Grundrecht in den Übergangs- und Schlußbestimmungen sehen wollen. Es ist vielmehr gewissermaßen die Präambel des ganzen Gesetzes.
Das ist überhaupt etwas, was unter allen Umständen bei allen Betrachtungen der Staatsangehörigkeit und dieses Gesetzes von uns gesehen werden sollte.
Nachdem wir bei der zweiten Lesung die Anträge behandelt haben und nachdem wir im Ausschuß für Inneres im Benehmen mit dem Ausschuß für Heimatvertriebene alle diese Dinge sehr eingehend geprüft haben, brauchen wir heute nichts mehr weiter hinzuzufügen.
Ich kann daher im Namen meiner Fraktion der Vorlage in der dritten Lesung die Zustimmung geben.
Herr Abgeordneter Czaja!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die uns vorliegenden Drucksachen 44 und 849 wird im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht ein vorläufiges Fazit aus einem der traurigsten Kapitel der modernen Geschichte gezogen, ein vorläufiges Fazit aus dem — wie eine amerikanische Zeitschrift es nennt — „mass movement", der gigantischen Völkerbewegung in Mittel-und Osteuropa, verursacht durch haßvolles Ringen der europäischen und mitteleuropäischen Völker gegeneinander, in dem die Deutschen aller Stämme als Akteure und auch als Leidtragende nicht gefehlt haben. Herr Kollege Schmitt hat die Einzelheiten schon näher erörtert.
Man könnte zwar die Frage aufwerfen, ob nicht angesichts des Widerstreits der Meinungen um die Rechtswirksamkeit der verschiedenen Formen der Einbürgerungen in den letzten Jahren der Völker-und Staatenwirrnis heute ein mutiger Schritt zum Abwerfen des Ballastes dieser Streitigkeiten getan werden könnte, ein Schritt im Sinne des Grundgesetzgebers, der in Abs. 1 des Art. 116 unseres Grundgesetzes den zweiten Satz verfaßt hat, ein mutiger Schritt in der Fortentwicklung der dort gegebenen Konzeption.
Aus vielen praktischen und theoretischen Erwägungen heraus wurde ein anderer Weg gewählt. Das Recht hat die tiefe Klugheit, geschichtlich Gewordenes nach sehr sorgfältiger Abwägung und nach einer gewissen Phase der Beruhigung in der Wirrnis der Tatsachen erst in Normen zu fassen. Vieles ist in der Gesetzgebung erfolgt, um die Lebenshaltung und Existenz der Vertriebenen menschenwürdig zu gestalten; vieles wird noch geschehen müssen. Mit fast genialem Griff hat sich unser Grundgesetz auch in der Frage der Staatsangehörigkeit über Unklarheiten und Hürden hinweggesetzt und mit wenigen Ausnahmen fast alle in dem vorliegenden Gesetz angesprochenen Personen bereits im wesentlichen durch Art. 116 Abs. 1 den deutschen Staatsbürgern gleichgestellt und sie zu mitgestaltenden Bürgern dieses Staates gemacht, so daß sie nicht nur im Produktionsprozeß und in der sozialen Obhut dieses Staatswesens stehen, sondern auch immer stärker an seinen politischen Entscheidungen mitwirken. Sehr sorgfältig wurde dieses vorliegende Gesetz in den Ausschüssen, dem mitberatenden Ausschuß für Heimatvertriebene
und dem federführenden Ausschuß für innere Verwaltung, beraten; in zahlreichen Sitzungen hat man sich mit der schwierigen Materie auseinandergesetzt.
Das vorliegende Gesetz hat den Zweck, einen Notstand zu beheben. Das ist sein Ziel, und von da leitet es seine Ursache her. Es hat den Notstand von weit mehr als 3 Millionen deutscher Volksangehöriger zu beheben, die, außerhalb der Reichsgrenzen von 1937 wohnend, in den Strudel der Wirren seit 1937 hineingezogen wurden und schließlich Haus, Hof und Heimat verlassen mußten.
Von dem Standpunkt aus, daß die verschiedenen Sammeleinbürgerungen zwischen 1938 und 1945 gültig sind, werden durch dieses Gesetz auch jene erfaßt, die heute als Vertriebene in Österreich leben, soweit sie dort als staatenlos gelten, aber als Bewohner des Sudetenlandes, des ehemaligen Protektorates Böhmen-Mähren, des Memellandes, Ost-Oberschlesiens, Westpreußens, von Teilen Kärntens und der Krain sowie der Ukraine durch die Sammeleinbürgerungen erfaßt waren. Sie alle haben durch dieses Gesetz die Möglichkeit erhalten, durch freie, formlose Willensbekundung, durch Nichtabgabe oder Abgabe einer Erklärung innerhalb einer bestimmten Frist ihre deutsche Staatsangehörigkeit zu wahren oder abzulehnen.
Ein ernstes Problem stellt die Frage des Erlöschens der ehemaligen Staatsangehörigkeit oder ihres Weiterbestehens bei den genannten Personenkreisen auf Grund der in der Haager Landkriegsordnung verankerten Grundsätze dar. Die Nichtinanspruchnahme dieser Staatsbürger durch ihre Heimatländer, d. h. die Aberkennung nicht nur des Staatsangehörigkeits-, sondern auch des Heimatrechts dort, wo sie durch zahllose Generationen gesiedelt, gearbeitet und an den verschiedenen Staatswesen mitgewirkt hatten, wurde nicht mit der Billigung der Betroffenen und gegen ihren freien Willen vollzogen. Sie steht im Gegensatz zu den allgemeinen Prinzipien des Völkerrechts. Mit Recht betont das Bundesverfassungsgericht in dem bekannten grundlegenden Urteil vom 28. Mai 1952, das mit die Begründung zu diesem Gesetz abgab, daß das Ermessen des Staates bei Zuerkennung und Aberkennung der Staatsbürgerschaft durch das allgemeine Völkerrecht begrenzt wird und daß bei der Zu- und Aberkennung überdies die individuelle Willenserklärung des Betroffenen berücksichtigt werden muß.
Der Vertriebenenausschuß hat daher unseren Antrag auf Neueinführung eines § 22 a einstimmig gebilligt, und der Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung hat ihn ebenfalls einstimmig angenommen. Dieser Paragraph stellt eindeutig fest, daß dieses Gesetz nicht etwa einen stillen Verzicht auf das Heimatrecht und nicht ein Sichabfinden mit einer völkerrechtswidrigen Ausbürgerung bedeutet. Der deutsche Gesetzgeber kann zwar nicht — wie der Herr Abgeordnete Gille in der ersten Lesung, von der Sache her begrüßenswert, vorschlug — die doppelte Staatsangehörigkeit von sich aus feststellen, weil es ihm nicht möglich ist, die Staatsangehörigkeit eines anderen Landes zu konstatieren, und weil er es dem Völkerrecht und den Verträgen überläßt, die Vertreibung für rechtswidrig zu erklären — was heute auch schon von vielen nichtdeutschen Staaten so gesehen wird —, sowie der Politik dieses Parlaments, diesen Rechtsanspruch zu verteidigen. Aber der deutsche Gesetzgeber wird sich hüten, durch eine Entscheidung über die Beseitigung des .staatsbürgerlichen Notstandes der Vertriebenen deren Heimatrecht zu schmälern oder zu gefährden.
Der deutsche Gesetzgeber anerkennt in diesem Gesetz nicht jene Ausbürgerungen, die gegen die Prinzipien des Völker- und Heimatrechts respektive gegen den Willen der Betroffenen erfolgten.
Deshalb der § 22 a.
Der Bericht, den der Herr Berichterstatter uns leider nur schriftlich zur Kenntnis bringen konnte, legt in meisterhafter Klarheit die Gruppen der Einzubürgernden und das durch sie zu Veranlassende dar. Eine Wiederholung erübrigt sich. Ich möchte nur unterstreichen, daß man sich bei der Beurteilung der Frage, wer deutscher Volkszugehöriger ist, in der Verwaltungspraxis an die Grundsätze des § 6 des Bundesvertriebenengesetzes halten möge, auch dort, wo die Anwendung der Bestimmungen des genannten Paragraphen nicht zwingend ist, weil es sich nicht um heimatvertriebene Volksdeutsche handelt.
Unterstrichen sei auch, daß Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes noch nicht ausläuft, weil der Gesetzgeber die innere Entscheidung insbesondere mancher südostdeutscher Gruppen nicht unter einen befristeten Gewissenszwang setzen möchte, nachdem diese gegenwärtig noch beachtliche Gründe für das Weiterbestehen des Status nach Art. 116 Abs. 1 äußern. Nicht ohne Bedenken betrachten wir die Neufassung des § 2 letzter Satz, der in seinen Wirkungen — eine doppelte Staatsangehörigkeit, etwa die deutsche und die österreichische, ist unmöglich — die Weitherzigkeit des deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1913 ziemlich einschränkt. Und das in der Zeit des Sich-Näherkommens der europäischen Völker! Diese Fassung steht nicht im Einklang mit dem, was auch der Abgeordnete Gille und Professor Schmid in der ersten Lesung und Herr Kollege Reitzner im Ausschuß gefordert haben. Zur Klärung der Verhältnisse und der Verwaltungspraxis hielt jedoch das Bundesministerium des Innern diese Formulierung für unumgänglich.
Wenn das Gesetz jetzt in der dritten Lesung beschlossen wird, so wird ein Zwischenakt in diesem Zeitalter des ,;mass movement" beendet; es wird eine verwaltungsrechtliche Zwischenlösung statuiert. Unser Wunsch aber ist es, daß die Zukunft mutige, nüchterne und friedliebende politische Autoren und Regisseure finden möge, die einen lösenden und entwirrenden Akt dieser Vertreibungstragödie in friedlicher und gerechter, dem Völker-und Heimatrecht entsprechender Weise schreiben und in Szene setzen, einen Akt, der das Grauen und das Entsetzen des sich gegenseitig vernichtenden Völkerhasses nicht mehr kennt.
Wir wollen in Geduld auf diese Männer und ihre Stunde warten, von uns aus aber alles tun, um als Bürger der deutschen Bundesrepublik unter ehrlicher Beseitigung und innerer Überwindung von Haß, von Vergeltungs- und Rachegefühlen uns persönlich auf den Augenblick einer bündischen europäischen Lösung vorzubereiten, einer Lösung, die ja vielfache organische staatsrechtliche Formen je nach Landschaft, Geschichte, Völkern und Tradition ermöglicht, einer Lösung, die auch dem Staatsbürgerschaftsrecht in Europa die aus- und abschlie-
ßende Wirkung nimmt, ohne die kulturelle Eigenart der Völker und Volksgruppen zu gefährden.
Weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache in der dritten Beratung, die nach § 85 der Geschäftsordnung das gute Recht des Hauses ist, liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache in der dritten Beratung.
Einzelberatung entfällt, da keine Änderungsanträge gestellt sind.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit insgesamt zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Ich stelle fest, daß das Gesetz einstimmig angenommen ist.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag zu b), die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen durch die Beschlußfassung für erledigt zu erklären, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; ist ebenfalls angenommen.
Zu Punkt 18 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betreffend Rede des Bundespräsidenten aus Anlaß der 10. Wiederkehr des 20. Juli 1944 ,
liegt ein interfraktioneller Antrag vor,
die Rede des Herrn Bundespräsidenten aus Anlaß der 10. Wiederkehr des 20. Juli 1944 als Broschüre zur kostenlosen Verteilung an die Jugend herauszugeben,
die Länderregierungen zu ersuchen, daß die vom Bund zur Verfügung zu stellenden Broschüren an die Lehrer aller Unterrichtsanstalten, die Studenten, die Schüler der höheren und mittleren Lehranstalten sowie der Berufs- und Berufsfachschulen und der Abschlußklassen der Volksschulen verteilt werden,
die Länderregierungen ferner zu ersuchen, daß im Unterricht in geeigneter Weise auf die Bedeutung des 20. Juli hingewiesen wird.
Ich darf unterstellen, daß angesichts der Tatsache, daß ein interfraktioneller Antrag vorliegt, eine Begründung nicht gewünscht wird, eine Aussprache auch nicht.
Wegen der Bedeutung, die die Rede des Bundespräsidenten hat, und wegen der Bedeutung, die die Tatsache hat, daß insbesondere die deutsche Jugend mit dieser Rede und mit der Beurteilung des 20. Juli in Berührung gebracht wird, ist im Ältestenrat eine Übereinstimmung dahin erzielt worden, daß die Zustimmung zu diesem interfraktionellen Antrag nicht in der üblichen Form durch Handerheben, sondern durch Erheben von den Plätzen erfolgen soll.
Ich darf diejenigen, die zuzustimmen wünschen, bitten, sich von den Plätzen zu erheben.—Ich stelle mit Genugtuung fest, daß dieser Antrag aller Fraktionen einstimmig angenommen worden ist, und gebe meiner Hoffnung Ausdruck, daß die Wirkung, die alle Parteien des Hauses sich von diesem Vorgang versprechen, in der deutschen Jugend und in der deutschen Öffentlichkeit auch erreicht wird.
Ich rufe auf Punkt 19:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplanes des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1954 (Drucksache 653);
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Drucksache 851).
Es liegt ein Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik vor. Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Ir. Starke. Wünscht er das Wort zu nehmen? — Offenbar nicht. Verzichtet das Haus auf eine mündliche Berichterstattung?
— Das ist der Fall*).
Ich rufe auf § 1, — § 2, — § 3, — Einleitung und Überschrift des Gesetzes. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist offenbar einstimmig angenommen.
Ich komme zur allgemeinen Aussprache der dritten Beratung.
Keine Wortmeldungen; ich schließe die allgemeine Aussprache. Einzelberatung entfällt. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplanes des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1954 insgesamt zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. — Ich stelle fest, daß das Gesetz einstimmig angenommen worden ist. Ich danke Ihnen.
Ich komme zu Punkt 20 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Luftfahrt-Bundesamt .
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Schneider, der, was geschäftsordnungsmäßig zulässig ist, einen Schriftlichen Bericht") erstattet hat und ihn noch zu ergänzen wünscht
— mit wenigen Worten zu ergänzen wünscht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will Ihre Zeit nicht in Anspruch nehmen, möchte Ihnen nur mitteilen, daß der jetzt vorliegende Gesetzentwurf auf einstimmigen Beschluß des Verkehrsausschusses zustande gekommen ist. Der Schriftliche Bericht liegt Ihnen vor. Ich habe mir Mühe gegeben, ihn so kurz wie möglich zu fassen.
Wenn ich noch eine einzige Bemerkung anschließen darf — über die Wichtigkeit dieses Gesetzentwurfs dürfte es keine Diskussion geben Die Tatsache, daß die Fertigstellung bzw. die Beschlußfassung so lange gedauert hat, ist zwar in einer Weise bedauerlich; auf der anderen Seite können wir uns aber damit trösten, daß durch das Tempo der Gesetzgebung die Fertigstellung dieses Gesetzentwurfs mit der Wiedererlangung der Lufthoheit zusammenfällt.
*) Siehe Schriftlichen Bericht Anlage 7. **) Siehe Anlage 8.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter, daß er so weniger Worte zur Erläuterung seines Schriftlichen Berichts bedurft hat.
Ich rufe auf §1—§2,—§3,—§4,—§5,-- § 6, — Einleitung und Überschrift. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist einstimmig angenommen.
Ich komme zur allgemeinen Aussprache der
dritten Beratung.
Keine Wortmeldungen. Einzelberatung entfällt. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Entwurf eines Gesetzes über das Luftfahrt-Bundesamt insgesamt zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. — Ich danke Ihnen. Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag unter Ziffer 2, die Petitionen für erledigt zu erklären, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist mit Mehrheit angenommen.
Ich komme zu Punkt 21 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 862).
Herr Abgeordneter Dannemann ist Berichterstatter. Er wird es zweifellos kurz machen, wie wir es ) in Oldenburg gewohnt sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf befaßt sich mit Änderungen und Ergänzungen, die zwingend notwendig geworden sind, da ,die Verhältnisse in der Seuchenbekämpfung seit Erlaß des Viehseuchengesetzes im Jahre 1909 sich wesentlich geändert haben.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 9. April 1954 gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen erhoben. Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat einige Änderungsvorschläge gemacht, die ich kurz erläutern möchte.
Im wesentlichen handelt es sich bei den Änderungen um zwei Gebiete der Viehseuchengesetzgebung:
1. um Schutzmaßnahmen im Tierverkehr,
2. um die Entschädigung für Tierverluste.
Was die Schutzmaßnahmen im Tierverkehr anbelangt, hat es sich als notwendig erwiesen, die Viehtransporte jeder Art in die amtstierärztlichen oder tierärztlichen Untersuchungen einzubeziehen, da im Gegensatz zu früher heute ,die Tiere nicht mehr einseitig per Bahn oder Schiff befördert werden, sondern der Transport weitgehend auf den Kraftfahrzeugverkehr übergegangen ist. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben aber gezeigt, daß die nicht kontrollierten Tiertransporte sehr zur Verbreitung von Tierseuchen beigetragen haben.
Die wesentlichste Änderung betrifft jedoch die Entschädigung. Hier sind vier Krankheiten neu in die gesetzliche Regelung einbezogen worden, und zwar 1. die Schweinepest, 2. die ansteckende Schweinelähme, 3. die Brucellose und 4. die Hühnerpest.
In den ersten Jahren nach dem Kriege haben diese vier Krankheiten eine stärkere Verbreitung gefunden, die jetzt erfreulicherweise wieder abflaut. Wenn auch im Jahre 1940 infolge der bedrohlichen Entwicklung der Seuchen bei Schweinen und Geflügel die Bestimmungen über die Bekämpfung der Schweine- und Hühnerpest geändert sowie neue Vorschriften über die Bekämpfung der ansteckenden Schweinelähme und der Brucellose erlassen wurden, so blieb die Entschädigungsfrage doch ungeregelt. Auf Grund eines Erlasses des Reichsministers des Innern wurden allerdings die Entschädigungen aus Reichsmitteln gezahlt. Nach dem Kriege haben die Länder die vorläufige Regelung übernommen und für die Jahre 1950 bis 1953 ais Übergangsregelung vom Bund Zuschüsse erhalten. In den Jahren 1951 und 1952 hat der Bund hierfür insgesamt 5,3 Millionen DM gezahlt, davon 45% für die Hühnerpest und 55 % für die Schweinekrankheiten. In Zukunft sollen dafür die Länder eintreten und zu diesem Zweck Tierseuchenkassen errichten, da für das Entschädigungsverfahren grundsätzlich die Länder zuständig sind.
Der Ernährungsausschuß war der Auffassung, daß die Entschädigungen für Schweinepest, ansteckende Schweinelähme, Brucellose der Schweine und Hühnerpest in vollem Umfange aus Staatsmitteln bestritten werden sollten, sofern die Krankheiten rechtzeitig angezeigt und die Voraussetzungen gegeben sind, unter denen die polizeiliche Anordnung der Tötung erfolgen muß. Bei dem Beschluß ging der Ausschuß davon aus, daß bei dem Auftreten der vier neu aufgeführten Seuchen in der Regel die Tötung des verseuchten Bestandes angeordnet wird, um die Ausbreitung dieser Seuchen zu verhindern. Diese seuchenhygienisch notwendige Maßnahme geschieht in erster Linie im öffentlichen Interesse.
Die bisherige Fassung machte die Errichtung von Tierseuchenkassen auch für Schweine und Hühner erforderlich. Die Erhebung von Beiträgen der Schweine- und Hühnerhalter würde einen großen Aufwand an Verwaltungskosten bedingen, der in keinem Verhältnis zu den zu leistenden Entschädigungen stehen würde. Hinzu kommt, daß ein großer Teil der Schweine und Hühner gar nicht in landwirtschaftlichen Betrieben gehalten wird, so daß die Erfassung besondere Schwierigkeiten bereiten würde.
Es wurde zur Kenntnis genommen, daß bereits mehrere Länder aus den angeführten Gründen die Absicht geäußert haben, diese Entschädigungen auf die Staatskasse zu übernehmen. Als Entschädigung wird der gemeine Wert des Tieres zugrunde gelegt, der bei den aufgeführten Krankheiten um ein Fünftel gemindert wird.
Ich darf das Hohe Haus bitten, dem Gesetzentwurf Drucksache 468 mit den aus der Zusammenstellung auf Drucksache 862 ersichtlichen Änderungen, im übrigen aber unverändert nach der Vorlage anzunehmen.
Meine Damen und Herren! Mein Oldenburger Optimismus ist nicht völlig gerechtfertigt. Ich danke dem Herrn Berichterstatter dennoch.
Darf ich zur Einzelberatung aufrufen: Art. 1 in der durch den Ausschuß geänderten Fassung der Ziffer 4, — Art. 2, — Art. 3, — Einleitung und Überschrift. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die überwiegende Mehrheit; ist angenommen.
Ich komme zur allgemeinen Aussprache der
dritten Beratung.
Keine Wortmeldung.
Einzelbesprechung entfällt. Keine Änderungsanträge. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes insgesamt zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. — Das Gesetz ist eintimmig angenommen. Ich danke Ihnen.
Anlage 1 Umdruck 186
Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit .
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Dem § 9 ist der folgende neue Abs. 2 anzufügen:
„ Einem Einbürgerungsantrag muß stattgegeben werden, wenn der Antragsteller die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, im zweiten Weltkrieg Angehöriger der deutschen Wehrmacht oder eines ihr angeschlossenen oder gleich-
' gestellten Verbandes war, nach seiner Vertreibung keine neue Staatsangehörigkeit erworben hat und nicht aus einem Staate stammt, der die durch Sammeleinbürgerung in den Jahren 1938 bis 1945 Eingebürgerten als seine Staatsangehörigen in Anspruch nimmt. Gleiches gilt für Einbürgerungsanträge der Ehefrauen, Witwen und der im Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährigen Kinder solcher Personen."
2. In § 10 ist die letzte Klammer „" zu erweitern in „(§§ 6, 8, 9 Abs. 2)".
3. In § 13 Abs. 1 ist die letzte Klammer „" zu erweitern in „(§§ 6, 8, 9 Abs. 2)".
Bonn, den 14. Oktober 1954
D. Dr. Gerstenmaier Frau Ackermann Dr. Czaja
Bausch
Becker Frau Dr. Bleyler
Frau Brauksiepe
Dr. Brönner Brookmann Brück
Dr. von Buchka Ehren
Even
Dr. Franz
Franzen
Dr. Furler
Gedat
Gibbert
("Inn lm
Dr. Götz
Dr. Graf Harnischfeger
Häußler
Heix
Dr. Graf Henckel Hilbert
Höcherl
Dr. Höck
Höfler
Huth
Jahn Frau Dr. Jochmus Kemper (Trier) Kemmer (Bamberg) Dr. Kliesing
Knapp
Knobloch
Krammig
Kroll
Ich komme zu Punkt 22:
Beratung der Übersicht 7 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betreffend Petitionen .
Ich bitte die Damen und Herren, die der Übersicht 7 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betreffend Petitionen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die 52. Sitzung auf morgen, den 22. Oktober, 9 Uhr, und schließe die 51. Sitzung. Ich danke Ihnen.