Protokoll:
17152

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 152

  • date_rangeDatum: 19. Januar 2012

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:05 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/152 Tagesordnungspunkt 3: Inhaltsverzeichnis a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister für Wirtschaft und Technologie zum: Jahreswirtschaftsbe- richt 2012 – Vertrauen stärken – Chan- cen eröffnen – mit Europa stetig wach- sen b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 2012 der Bun- desregierung (Drucksache 17/8359) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Garrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . 18143 A 18152 D 18154 A 18155 C 18157 A 18158 D 18160 D 18162 D 18163 D 18165 C 18166 C 18167 A Deutscher B Stenografisch 152. Sitz Berlin, Donnerstag, de I n h a l Wahl der Abgeordneten Angelika Krüger- Leißner als ordentliches Mitglied und des Abgeordneten Marco Wanderwitz als stell- vertretendes Mitglied der Vergabekommis- sion der Filmförderungsanstalt . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Jerzy Montag als Mitglied der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 12 a und 27 d . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gedenken an den Parlamentarier Ludwig Windthorst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C s (D in Z U J d w (D D H D 18141 A 18141 B 18141 B 18142 A 18142 B Antrag der Abgeordneten Garrelt Duin, Hubertus Heil (Peine), Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: undestag er Bericht ung n 19. Januar 2012 t : hancen nutzen – Vorsorgende Wirt- chaftspolitik jetzt einleiten rucksache 17/8346) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 4: nterrichtung durch die Bundesregierung: ahresgutachten 2011/12 des Sachverstän- igenrates zur Begutachtung der gesamt- irtschaftlichen Entwicklung rucksache 17/7710) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . r. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18143 B 18143 B 18143 C 18147 D 18150 D Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Rita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18168 A 18169 B II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Fritz Kuhn, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Soziale Bürgerrechte garantieren – Rechtsposition der Nutzerinnen und Nut- zer sozialer Leistungen stärken (Drucksache 17/7032) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) . . . . . . . Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . Heinz Golombeck (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . . Sebastian Blumenthal (FDP) . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln, des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunika- tionsendeinrichtungen sowie des Luft- verkehrsgesetzes (Drucksache 17/8234) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Neun- ten Gesetzes zur Änderung des Gemein- definanzreformgesetzes (Drucksache 17/8235) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 18. Okto- ber 2011 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betrieb- liche Altersversorgung über den Sitz der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die be- triebliche Altersversorgung (Drucksache 17/8236) . . . . . . . . . . . . . . . . e f) g h i) j) k in Z a 18170 B 18170 C 18172 B 18173 C 18174 D 18176 B 18177 C 18179 D 18181 A 18182 B 18183 A 18185 A 18186 B 18187 A 18188 D 18188 D 18189 A ) Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke, Erika Steinbach, Arnold Vaatz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Marina Schuster, Serkan Tören, Pascal Kober, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Tourismus als Chance für die Einhaltung der Menschenrechte nutzen (Drucksache 17/8347) . . . . . . . . . . . . . . . Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einsatz von Anti- biotika in der Tierhaltung reduzieren (Drucksache 17/8348) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Dr. Barbara Höll, Sahra Wagenknecht, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Duisburger Hafen AG in öffentlichem Eigentum erhalten (Drucksache 17/8349) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Volker Beck (Köln), Uwe Kekeritz, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Transpa- renz im Rohstoffsektor – EU-Vor- schläge umfassend umsetzen (Drucksache 17/8354) . . . . . . . . . . . . . . . Antrag der Abgeordneten Claudia Roth (Augsburg), Tabea Rößner, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sofortpro- gramm zur Ausweitung des barriere- freien Filmangebots auflegen (Drucksache 17/8355) . . . . . . . . . . . . . . . Bericht des Ausschusses für Bildung, For- schung und Technikfolgenabschätzung ge- mäß § 56 a der Geschäftsordnung: Tech- nikfolgenabschätzung (TA) – Chancen und Herausforderungen neuer Energie- pflanzen (Drucksache 17/3891) . . . . . . . . . . . . . . . ) Bericht des Ausschusses für Bildung, For- schung und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung (TA) – Inno- vationsreport – Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft im Hin- blick auf die EU-Beihilfepolitik – am Beispiel der Nanoelektronik (Drucksache 17/4982) . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 5: ) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent- 18189 A 18189 B 18189 B 18189 C 18189 C 18189 C 18189 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 III wurfs eines Zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksache 17/8350) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Sigmar Gabriel, Ute Vogt, Heinz-Joachim Barchmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rückholung der Atommüllfäs- ser aus der Asse II beschleunigen (Drucksache 17/8351) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 12: b) Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Deutschen Qua- lifikationsrahmen zum Erfolg führen – Gleichwertigkeit von Abitur und Be- rufsabschlüssen sicherstellen (Drucksache 17/8352) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro- tokoll vom 17. Mai 2011 zur Änderung des Abkommens vom 3. Mai 2006 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Slowenien zur Ver- meidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkom- men und vom Vermögen (Drucksachen 17/7917, 17/8204) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie: zu dem Grünbuch Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen – KOM(2011) 367 endg.; Ratsdok. 12111/11 (Drucksachen 17/6985 Nr. A.31, 17/8181) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: zu dem Streitverfah- ren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 9/11 (Drucksache 17/8361) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: zu dem Streitverfah- ren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvF 3/11 (Drucksache 17/8362) . . . . . . . . . . . . . . . . c Z A n L s D G B U V J J H D P C D D T B s lu – – – 18190 A 18190 A 18190 A 18190 B 18190 C 18190 D 18190 D ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: zu dem Streitverfah- ren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvR 2670/11 (Drucksache 17/8363) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 1: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktio- en der CDU/CSU und FDP: Solidarität von INKEN-Abgeordneten mit dem syri- chen Präsidenten Assad r. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . ünter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Maurer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ohannes Pflug (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . eike Hänsel (DIE LINKE) (Erklärung nach § 30 GO) . . . . . . . . . . . . . r. Diether Dehm (DIE LINKE) (Erklärung nach § 30 GO) . . . . . . . . . . . . . atrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- ng zu dem Antrag der Abgeordneten Gero Storjohann, Dirk Fischer (Hamburg), Arnold Vaatz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Ab- geordneten Oliver Luksic, Patrick Döring, Werner Simmling, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Die Verkehrs- sicherheit in Deutschland weiter verbes- sern zu dem Antrag der Abgeordneten Kirsten Lühmann, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Sicher durch den Straßenverkehr – Für eine ambitio- nierte Verkehrssicherheitsarbeit in Deutschland zu dem Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn, Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der 18191 A 18191 B 18192 B 18193 B 18194 C 18195 D 18197 C 18198 C 18199 C 18199 D 18200 C 18201 C 18202 D 18204 A IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Masterplan Straßenverkehrssicherheit – Ambitioniertes Nationales Verkehrs- sicherheitsprogramm 2011–2020 vorle- gen (Drucksachen 17/5530, 17/5772, 17/7466, 17/8341) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Kerstin Tack, Dr. Carsten Sieling, Willi Brase, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Ver- braucherschutz stärken – Honorarbera- tung etablieren (Drucksache 17/8182) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung ei- nes Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Zweites Finanzmarkt- stabilisierungsgesetz – 2. FMStG) (Drucksache 17/8343) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . D B D R T B s J – – – (D 1 D M M D K E T A u P te -p (D D D D D H D 18205 B 18205 C 18207 A 18208 A 18209 C 18210 B 18211 D 18212 D 18213 D 18215 B 18215 C 18216 C 18218 D 18219 D 18221 B 18222 C 18223 D 18224 C 18225 C 18225 D 18227 B 18228 C 18230 A r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . alph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Familie, Senioren, Frauen und ugend zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Jan Korte, Herbert Behrens, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die UN-Kinderrechtskonven- tion bei Flüchtlingskindern anwenden – Die Bundesländer in die Pflicht nehmen zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kinderrechte um- fassend stärken und ins Grundgesetz aufnehmen zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Dörner, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kinderrechte stärken rucksachen 17/7643, 17/7644, 17/7187, 7/8382) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . arlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . iriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . atja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ckhard Pols (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ntrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP nd BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine atentierung von konventionell gezüchte- n landwirtschaftlichen Nutztieren und flanzen rucksache 17/8344) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . r. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . r. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . arald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Lehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 18231 C 18232 C 18232 B 18234 B 18235 C 18236 A 18237 A 18238 B 18239 B 18240 B 18241 B 18242 C 18242 D 18244 A 18245 C 18246 D 18248 A 18249 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 V Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs (... Straf- rechtsänderungsgesetz – ... StRÄndG) (Drucksache 17/8131) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: a) Antrag der Abgeordneten Dorothee Bär, Markus Grübel, Erwin Rüddel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Miriam Gruß, Nicole Bracht-Bendt, Florian Bernschneider, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Altersbilder posi- tiv fortentwickeln – Potenziale des Al- ters nutzen (Drucksache 17/8345) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Ge- sellschaft – und – Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 17/3815) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Bracht-Bendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Stefan Schwartze, Petra Crone, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Programme „Schulverweige- – (D D S F Y U N T a b c D S W S D V M 18250 A 18250 A 18251 C 18253 C 18254 C 18255 B 18256 B 18256 C 18256 C 18257 D 18259 A 18260 B 18261 A 18261 D 18262 B 18263 A rung – Die 2. Chance“ und „Kompetenz- agenturen“ erhalten zu dem Antrag der Abgeordneten Yvonne Ploetz, Diana Golze, Agnes Alpers, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Hände weg von der Initiative „JUGEND STÄRKEN“ rucksachen 17/6103, 17/6393, 17/8329) . . r. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . tefan Schwartze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . . vonne Ploetz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . lrich Schneider (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung personenbeförde- rungsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 17/8233) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordne- ten Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn, Dr. Valerie Wilms, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung personenbeför- derungs- und mautrechtlicher Vor- schriften (Drucksache 17/7046) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Thomas Lutze, Dr. Dietmar Bartsch, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Liberalisierung des Bus- linienfernverkehrs – Für einen Ausbau des Schienenverkehrs in der Fläche (Drucksache 17/7487) . . . . . . . . . . . . . . . r. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . artin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . 18264 A 18264 B 18265 C 18267 A 18268 A 18269 A 18269 D 18271 A 18271 B 18271 B 18271 C 18272 D 18273 C 18274 C 18275 B 18276 B 18277 C 18278 A VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Sevim Dağdelen, Jan van Aken, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Unter- stützung für die völkerrechtswidrige Besat- zungspolitik Marokkos in der Westsahara (Drucksachen 17/4271, 17/4932) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Düngegesetzes, des Saatgutverkehrsgesetzes und des Le- bensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (Drucksachen 17/7744, 17/8205) . . . . . . . . . . Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes – Schutz vor Gefahren für Leib und Leben durch kriegswaffenähnliche halbautomatische Schusswaffen (Drucksache 17/7732) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Elvira Drobinski-Weiß, Hans-Joachim Hacker, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Tag des Barrierefreien Tourismus auf der ITB unterstützen (Drucksachen 17/7827, 17/8340) . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Christian Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Jens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T A S A T (D U G J J B T A (A v F fa F (D J D A D K C T A M te L D (D D D S F Y U N A L 18278 D 18279 B 18279 C 18280 B 18280 C 18281 B 18281 D 18282 C 18282 D 18283 A 18284 A 18285 A 18286 B 18287 B 18288 C agesordnungspunkt 19: ntrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, abine Zimmermann, Diana Golze, weiterer bgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: arifsystem stabilisieren rucksache 17/8148) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ohannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . utta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . eate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Claudia Roth ugsburg), Tabea Rößner, Dr. Konstantin on Notz, weiterer Abgeordneter und der raktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Um- ssende Initiative zur Digitalisierung des ilmerbes starten rucksache 17/8353) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ohannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . orothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . r. Claudia Winterstein (FDP) . . . . . . . . . . . athrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . laudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 21: ntrag der Abgeordneten Yvonne Ploetz, atthias W. Birkwald, Heidrun Dittrich, wei- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE INKE: Die jugendfreundlichste Kommune eutschlands rucksache 17/7846) . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . önke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . vonne Ploetz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . lrich Schneider (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 18289 B 18289 B 18290 A 18291 C 18292 B 18293 A 18293 A 18294 A 18295 A 18295 A 18297 B 18298 B 18299 A 18299 D 18300 A 18300 B 18301 D 18302 C 18303 B 18304 B 18304 D 18305 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 VII Anlage 2 Neuabdruck der Antwort des Parl. Staatsse- kretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) (151. Sitzung, Drucksache 17/8323, Fragen 77 und 78) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichtes zu dem Antrag: Keine Unterstützung für die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik Ma- rokkos in der Westsahara (Tagesordnungs- punkt 14) Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Günter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes – Schutz vor Gefahren für Leib und Leben durch kriegswaffenähnliche halbautomatische Schusswaffen (Tagesord- nungspunkt 16) Günter Lach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18305 B 18306 B 18307 B 18307 D 18308 D 18310 A 18310 D 18311 C 18312 C 18313 C 18314 C 18315 A 18315 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 18141 (A) ) )(B) 152. Sitz Berlin, Donnerstag, de Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 18305 (A) ) )(B) Wie viele Langzeitarbeitslose, unterschieden nach insge- Anlagen samt, Rechtskreis SGB III und Rechtskreis SGB II, konnten können. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Neuabdruck der Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) (151. Sitzung, Drucksache 17/8323, Fragen 77 und 78): Z lo b R te w k g g – – – – – – Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Bunge, Martina DIE LINKE 19.01.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 19.01.2012 Dreibus, Werner DIE LINKE 19.01.2012 Ferner, Elke SPD 19.01.2012 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 19.01.2012 Friedhoff, Paul K. FDP 19.01.2012 Gerig, Alois CDU/CSU 19.01.2012 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 19.01.2012 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.01.2012 Kipping, Katja DIE LINKE 19.01.2012 Laurischk, Sibylle FDP 19.01.2012 Nahles, Andrea SPD 19.01.2012 Dr. Nüßlein, Georg CDU/CSU 19.01.2012 Poß, Joachim SPD 19.01.2012 Roth (Esslingen), Karin SPD 19.01.2012 Schneider (Erfurt), Carsten SPD 19.01.2012 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 19.01.2012 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 19.01.2012 Zapf, Uta SPD 19.01.2012 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht im Jahr 2011 bundesweit ihre Arbeitslosigkeit beenden, und was waren die Gründe für ihren Abgang (bitte auflisten nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit am ersten Arbeitsmarkt – unterschieden nach sozialversicherungspflichtiger Beschäf- tigung, geringfügig entlohnter Beschäftigung, Selbstständig- keit –, Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maß- nahme, vorruhestandsähnlicher Regelung, zum Beispiel § 53 a SGB II, Beginn des Bezuges einer Alters- bzw. Erwerbsminde- rungsrente, Arbeitsunfähigkeit, fehlender Mitwirkung, Nichter- neuerung der Meldung und Ähnlichem)? Wie viele Arbeitslose, abzüglich der Gruppe der Langzeit- arbeitslosen, unterschieden nach insgesamt, Rechtskreis SGB III und Rechtskreis SGB II, konnten im Jahr 2011 bun- desweit ihre Arbeitslosigkeit beenden, und was waren die Gründe für ihren Abgang (bitte auflisten nach Aufnahme ei- ner Erwerbstätigkeit am ersten Arbeitsmarkt – unterschieden nach sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, geringfü- gig entlohnter Beschäftigung, Selbstständigkeit –, Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, vorruhestands- ähnlicher Regelung, zum Beispiel § 53 a SGB II, Beginn des Bezuges einer Alters- bzw. Erwerbsminderungsrente, Arbeits- unfähigkeit, fehlender Mitwirkung, Nichterneuerung der Mel- dung und Ähnlichem)? u Frage 77: Im Jahr 2011 beendeten 1 394 835 Langzeitarbeits- se ihre Arbeitslosigkeit, davon 254 631 Langzeitar- eitslose im Rechtskreis SGB III und 1 140 204 im echtskreis SGB II. Diese Angaben enthalten keine Da- n der zugelassenen kommunalen Träger, da die Aus- ertungen nach Arbeitslosendauern für zugelassene ommunale Träger gegenwärtig noch nicht zur Verfü- ung stehen. Zu den Abgangsgründen können folgende Angaben emacht werden: In eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt gingen 207 781 Langzeitarbeitslose ab; das sind 14,9 Prozent aller Abgänge. Zudem erfolgten im Jahr 2011 3,0 Prozent aller Ab- gänge aufgrund von Sonderregelungen, zu denen ne- ben der vorruhestandsähnlichen Regelung des § 53 a SGB II auch die Beendigung der Arbeitslosigkeit we- gen Minderung der Leistungsfähigkeit zählt (§ 125 SGB III). 4,1 Prozent der Abgänge erfolgten aufgrund des Aus- scheidens aus dem Erwerbsleben, 35,0 Prozent der Abgänge erfolgten in Arbeitsunfä- higkeit und 11,1 Prozent beendeten ihre Arbeitslosigkeit aufgrund fehlender Verfügbarkeit oder Mitwirkung. Der Anteil der Abgänge in eine arbeitsmarktpoliti- sche Maßnahme an allen Abgängen lag bei 23,0 Pro- zent. Die Summe der Abgänge in arbeitsmarktpoliti- sche Maßnahmen ist hierbei gesondert zu betrachten, da zum Beispiel auch die Abgänge in eine Erwerbstä- tigkeit – abhängige Erwerbstätigkeit sowie Selbst- ständigkeit – mit einer Maßnahme verknüpft sein 18306 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 (A) ) )(B) Zu Frage 78: In Jahr 2011 beendeten 6 437 172 Personen ihre Ar- beitslosigkeit, die weniger als 12 Monate arbeitslos wa- ren. Von diesen Arbeitslosen beendeten 3 292 869 ihre Arbeitslosigkeit im Rechtskreis SGB III und 3 144 303 im Rechtskreis SGB II (ohne Daten zugelassener kom- munaler Träger). Zu den Abgangsgründen können folgende Angaben gemacht werden: – In eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt gingen 2 189 986 Nicht-Langzeitarbeitslose ab; das sind 34,0 Prozent aller Abgänge. – Zudem erfolgten im Jahr 2011 1,2 Prozent aller Ab- gänge aufgrund von Sonderregelungen, zu denen ne- ben der vorruhestandsähnlichen Regelung des § 53 a SGB II auch die Beendigung der Arbeitslosigkeit we- gen Minderung der Leistungsfähigkeit zählt (§ 125 SGB III). – 0,3 Prozent der Abgänge erfolgten aufgrund des Aus- scheidens aus dem Erwerbsleben, – 21,4 Prozent der Abgänge erfolgten in Arbeitsunfä- higkeit und – 9,9 Prozent beendeten ihre Arbeitslosigkeit aufgrund fehlender Verfügbarkeit oder Mitwirkung. – Der Anteil der Abgänge in eine arbeitsmarktpoliti- sche Maßnahme an allen Abgängen lag bei 22,9 Pro- zent. Die Summe der Abgänge in arbeitsmarktpoliti- sche Maßnahmen ist hierbei gesondert zu betrachten, da zum Beispiel auch die Abgänge in eine Erwerbstä- tigkeit – abhängige Erwerbstätigkeit sowie Selbst- ständigkeit – mit einer Maßnahme verknüpft sein können. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Keine Unterstützung für die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik Marokkos in der Westsahara (Tagesordnungs- punkt 14) Jürgen Klimke (CDU/CSU): Wir sprechen heute nochmals über die Menschenrechtslage in der Westsa- hara. Ich begrüße die Beschäftigung mit diesem Thema ausdrücklich, droht die Frage der Westsahara doch in der Fülle der derzeit die Debatte bestimmenden Themen ein wenig verloren zu gehen. Aufmerksamkeit hat dieses Thema jedoch verdient. Trotzdem möchte ich die Situation in der Westsahara in die Ereignisse der letzten Wochen und Monate in Nordafrika und der gesamten arabischen Welt einordnen. Die Entwicklungen unter anderem in Tunesien, Ägypten, Libyen und ganz besonders Syrien sind drama- tisch, sie sind bei weitem noch nicht abgeschlossen und in ihrer Tragweite noch gar nicht einzuordnen. Wir wis- s E s h te te R z e S le d d h h z c n S e d s p K R v z w d g s b M M re u A w w rü E e ü m W c ti R z e d g (C (D en nicht, was am Ende der Entwicklungen steht – viele xperten sehen die jüngsten Entwicklungen zum Bei- piel in Ägypten durchaus auch mit Sorge. Eines der wenigen Länder, das bisher nicht von Unru- en gekennzeichnet ist, ist hingegen Marokko. Die Pro- ste hier kamen später, waren weniger massiv und rich- ten sich weniger gegen den König als gegen die egierung. Das hatte aus meiner Sicht seine Ursache ein- ig und allein darin, dass der jetzige König von Anfang an inen konsequenten Reformkurs eingeschlagen hatte. chritte waren die Aufarbeitung der Menschenrechtsver- tzungen des vorherigen Königs Hassan II. – immerhin er eigene Vater! – sowie ein neues Familienrecht. Auch en weitreichenden Autonomievorschlag für die Westsa- ara, den die Vereinten Nationen als „ernsthaft“ bewertet atten, möchte ich zu diesen reformerischen Ansätzen ählen. Ich habe als Kenner Marokkos auf meinen mehrfa- hen Besuchen bereits vor dem arabischen Frühling icht damit gerechnet, dass mit den Reformen nun chluss sei. Ich habe vielmehr erwartet, dass eine lange rwartete Justizreform ebenso wie eine Stärkung des Fö- eralismus in Angriff genommen würde. Denn über die- en Reformbedarf wurde immer wieder offen von den olitisch Verantwortlichen gesprochen. Insofern ist der önig Marokkos anders als andere Regierende in der egion nicht zum Handeln gezwungen worden, er hat ielmehr die angesprochenen Reformen schneller voll- ogen als vielleicht beabsichtigt. Inzwischen wurde die Verfassung geändert, Wahlen urden nach der neuen Verfassung durchgeführt, und ie Rechte des Parlaments und der Regierung wurden estärkt. Natürlich ist der Weg zu einem wirklich demokrati- chen Staat noch nicht endgültig beschritten, die Macht- efugnisse des Königs gehen über eine konstitutionelle onarchie hinaus. Gleichwohl sind die Bemühungen arokkos für demokratische Reformen, für einen ande- n Weg der Demokratisierung sehr unterstützenswert nd in der arabischen Welt ohne Vorbild. Ob die Entwicklung in Marokko und im Maghreb uswirkungen auf die Fragen der Westsahara haben ird, ist derzeit noch nicht abzuschätzen. Es ist aber un- ahrscheinlich, dass Marokko von seiner Position ab- ckt, die Westsahara sei marokkanisches Staatsgebiet. ine weitgehende Autonomie bildet hier wohl weiterhin ine Grenze des Zugeständnisses, die Marokko nicht berschreiten wird. Nichtsdestotrotz muss unser Einsatz auf eine bald- ögliche Klärung des völkerrechtlichen Status der estsahara abzielen, da sich nur so die menschenrechtli- he Situation der Sahrauis verbessern lässt. Das derzei- ge Reformklima in Nordafrika kann jetzt der richtige esonanzboden sein, um auf Marokko und Algerien ein- uwirken. Dafür müssen Bundesregierung und EU mit iner Stimme sprechen. Auch bei der POLISARIO und bei Algerien, von dem ie POLISARIO letztlich in hohem Maße abhängig ist, ibt es keine Bewegung. Im Gegenteil, die POLISARIO Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 18307 (A) ) )(B) droht immer wieder die Aufnahme des bewaffneten Kampfes an – das sehe ich in der derzeitigen Situation als kontraproduktiv. Allerdings wird die Gefahr einer Gewalteskalation bei einer weiteren Verzögerung des Referendums steigen. Zum Antrag der Fraktion Die Linke habe ich mich in der vergangenen Debatte schon geäußert. Dem ist ei- gentlich nichts hinzuzufügen. Er ist einseitig und tenden- ziös gegen Marokko gerichtet. Das zeigt sich schon da- ran, dass bei den Vorfällen im Lager von Gdaim Izyk offenbar zehn der zwölf Opfer marokkanische Sicher- heitskräfte waren, was die Linke in ihrem Antrag ver- schweigt. Wir setzen uns weiterhin für eine Verhandlungslösung unter dem Dach der Vereinten Nationen ein, und ich per- sönlich hoffe immer noch, dass es dem Vermittler Chris Ross gelingt, hier Fortschritte zu erzielen. Der Weg zu einer Verhandlungslösung ist jedoch nicht einfach. Der Konflikt ist mit hohen Kosten für alle Beteiligten verbunden; das gilt nicht nur für die Militärpräsenz, son- dern auch für die Störung der wirtschaftlichen Entwick- lung. Allein die Schließung der Grenze zwischen Ma- rokko und Algerien stört eine grenzübergreifende Wirtschaftsentwicklung des Maghreb massiv. Gerade in dieser Frage der Grenzöffnung, die für die Bewohner der Grenzregion auch eine humanitäre Frage ist, gibt es zu- nehmend Bestrebungen, eine Lösung herbeizuführen. Das könnte vielleicht ein erster Schritt einer Verständi- gung sein. Deshalb plädiere ich dafür, dass Deutschland auch weiterhin die Bemühungen der Vereinten Nationen bei der Suche nach einer Verhandlungslösung unterstützend begleiten wird. Gleichzeitig ist es richtig, dass die Re- formbemühungen Marokkos durch die deutsche Ent- wicklungspolitik auch weiterhin in hohem Maße unter- stützt werden. Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Der Antrag der Fraktion Die Linke fordert, die Besetzung Marokkos in der Westsahara nicht zu unterstützen. Dazu ist zu sagen: Deutschland betreibt keineswegs eine derartige Politik, sondern tritt für die friedliche Lösung des Westsahara- Konflikts gemäß den entsprechenden Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ein. Deshalb fol- gen wir der Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus- schusses vom 23. Februar 2011 und lehnen den Antrag ab. Der Konflikt um die Westsahara wurzelt in rivalisie- renden Gebietsansprüchen Marokkos und der POLISARIO seit dem Rückzug der Spanier aus diesem Gebiet 1976. Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen setzte der UN-Sicherheitsrat 1991 die UN-Mission MINURSO ein, die die Überwachung des Waffenstillstandes und die Abhaltung eines Referendums über den endgültigen Sta- tus der Westsahara zum Ziel hat. Lassen Sie mich betonen: Ziel deutscher Außenpoli- tik in diesem regionalen Konflikt ist es, Menschen- rechtsverletzungen zu verhindern und die Abhaltung ei- nes Referendums gemäß der Sicherheitsratsresolution 6 lu 2 m b M E s U w P ro E b w R s N v N v D s z z s F ti d in b d s s g W M d li ri v k u ja n te e Ic d a la (C (D 90 vom 29. April 1991 und entsprechender Folgereso- tionen, zuletzt der Resolution 1979 vom 27. April 011, zu unterstützen. Darauf müssen wir verstärkt in unseren Beziehungen it Marokko hinarbeiten. Hierzu haben wir sowohl auf i- als auch auf multilateraler Ebene eine Fülle von öglichkeiten. Denn Marokko ist ein enger Partner der U. 2005 hat Marokko den Aktionsplan zur Europäi- chen Nachbarschaftspolitik vereinbart. Derzeit läuft die msetzung des Plans, der eine Agenda politischer und irtschaftlicher Reformen mit kurz- und mittelfristigen rioritäten enthält. Darüber hinaus unterstreicht Ma- kko seine partnerschaftliche Stellung gegenüber der U, indem es sich an der Union für das Mittelmeer aktiv eteiligt. Schließlich ist Marokko auch ein wichtiges irtschaftliches Partnerland in Nordafrika für die EU. Außerdem kommt Marokko mit seinem friedlichen eformprozess eine Vorbildfunktion für demokrati- chen Wandel im Rahmen des arabischen Frühlings zu. icht umsonst hat Deutschland Marokko als eines der ier Partnerländer der Transformationspartnerschaft für ordafrika ausgewählt. Als solches profitiert Marokko on einem breitgefächerten Unterstützungsprogramm eutschlands zur Förderung von demokratischen, politi- chen und wirtschaftlichen Reformen. Die in dem Antrag enthaltenen Forderungen, die Be- iehungen der EU zu Marokko, genauer gesagt die Be- iehungen im Rahmen der Europäischen Nachbar- chaftspolitik, das Assoziierungsabkommen oder das ischereiabkommen auszusetzen, wären kontraproduk- v. Ebenso wenig zielführend wäre – wie ebenfalls in em Antrag gefordert – die Einstellung deutscher Hilfe den Bereichen der Förderung von Energie oder Aus- ildungsprojekten, sei es durch die GIZ oder durch an- ere deutsche Trägerinstitutionen für Entwicklungshilfe. Denn genau diese engen Beziehungen und die Unter- tützung, die Deutschland Marokko zuteil werden lässt, ind von Vorteil, wenn es darum geht, vor dem Hinter- rund der Demokratiebewegungen in der arabischen elt Grund- und Menschenrechte für alle Völker und inderheiten in Nordafrika anzumahnen. Ich denke, wir sind uns darin einig: Das Anliegen, en jahrzehntelangen Konflikt um die Westsahara end- ch zu einem einvernehmlichen Ende zu bringen, ist chtig und unterstützenswert. Jetzt geht es darum, ein- ernehmliche Lösungswege zu finden und diese im Ein- lang mit der internationalen Staatengemeinschaft rasch mzusetzen. Günter Gloser (SPD): Der vorliegende Antrag stand bereits vor fast genau einem Jahr auf der Tagesord- ung des Bundestages. In Nordafrika und im Nahen Os- n ist mit dem arabischen Frühling in der Zwischenzeit ine epochemachende Bewegung in Gang gekommen. h hoffe daher, dass der politische Fortschritt, der mit em arabischen Frühling in die Region gekommen ist, uch positiven Einfluss für eine Lösung des jahrzehnte- ng schwelenden Westsahara-Konfliktes bringen wird. 18308 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 (A) ) )(B) In Marokko hat die Verfassungsreform des vergange- nen Jahres immerhin dazu geführt, dass ein Grundrech- tekatalog und eine Gewaltenteilung wenigstens unter- halb der Ebene des Königs eingeführt wurden. Parteien und Institutionen sind gestärkt worden. Der Ausbau der Regionalisierung ist ebenfalls ein Ergebnis des Reform- prozesses im Zuge des arabischen Frühlings. Die Aner- kennung regionaler Identitäten und Kulturen, wie zum Beispiel derjenigen der Berber, ist ein Fortschritt, der auch das politische Klima für eine Lösung des Westsa- hara-Konfliktes positiv beeinflussen kann. Es ist auch zu hoffen, dass die neue islamisch geführte Regierung eine neue Dynamik für die Lösung des Westsahara-Konflik- tes bringt. In dieser Situation scheint es mir zumindest zweifel- haft, ob es richtig wäre, wie von der Linken gefordert, nun alle denkbaren Sanktionen gegen Marokko zu ver- hängen. Besonders absurd ist diese Forderung, wenn man bedenkt, dass gleichzeitig sechs Abgeordnete der Linken die „sofortige und bedingungslose“ Aufhebung aller Sanktionen gegen Syrien und den Iran gefordert ha- ben. Es bleibt dabei: Eine dauerhaft tragende Lösung des Konfliktes kann nur unter den Konfliktparteien selbst ausgehandelt werden. Letztlich kann die Lösung nicht von außen kommen! Denn bis zum heutigen Tage ist es nicht zu einem wirklichen Durchbruch im Sinne einer dauerhaften, völ- kerrechtlich verbindlichen Verhandlungslösung für den Konflikt um die Westsahara gekommen. Seit 1991 be- steht zwar formell ein Waffenstillstand zwischen der POLISARIO und Marokko. Von einer wirklichen Lö- sung ist man aber noch immer weit entfernt. Ein Refe- rendum in der Westsahara wäre, im Sinne des Selbstbe- stimmungsrechts der Völker, ein wichtiger erster Schritt in Richtung einer Konfliktlösung gewesen. Doch dieses Referendum ist im Jahr 2000 am Streit über den Teilneh- merkreis gescheitert. Die im Antrag erwähnte gewaltsame Räumung des Protestcamps im sahrauischen Lager bei El Aaiún durch marokkanische Sicherheitskräfte im November 2010 zeigt zudem, dass der Konflikt auch 36 Jahre nach sei- nem Ausbruch noch immer in tödliche Gewalt umschla- gen kann. Was können wir also tun? Im Kern gilt für mich immer noch die von einer breiten Mehrheit getragene Position des Bundestages aus dem Jahr 2004. Damals hatten die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP in ihrem interfraktionellen Antrag „Eine politi- sche Lösung für den Westsaharakonflikt voranbringen – Baker-Plan unterstützen“ (Drucksache 15/2391) ein- dringlich für den Plan von James Baker geworben, der ei- nen Kompromiss zwischen den scheinbar unversöhnli- chen Positionen Marokkos und der POLISARIO darstellt. Leider konnte dieser Plan, wie schon seine Vorgänger, nie umgesetzt werden. Lassen Sie mich noch einige Sätze zum Fischereiab- kommen zwischen der EU und Marokko sagen: Natürlich ist durch die Ablehnung der Verlängerung des Abkom- m a te je k g F d li g L e fl g li b n A g n te ß S h h F ih P s s T R d n e m b s te s P b d n tu g 1 s g k g fü tu g (C (D ens diplomatischer Schaden entstanden. Aber es ist uch ein deutliches Zeichen, dass es nicht einfach so wei- rgehen kann wie bisher. Die Neuverhandlungen, die tzt notwendig werden, bieten eine Chance, die marok- anische Seite zu einer Überprüfung ihrer unnachgiebi- en Haltung zu drängen – oder wenigstens die wertvollen ischgründe vor der Westsahara vor Überfischung und amit auch vor einem Wertverlust zu schützen, der natür- ch letztendlich zulasten der Menschen in der Westsahara ehen würde. Und noch ein Wort unmittelbar zu dem Antrag der inken: Es verwundert nicht, dass die Linke hier wieder inmal einseitig und kurzsichtig in einem uralten Kon- ikt die Argumente nur einer Seite aufgreift und alle Ge- enargumente und Differenzierungen sozusagen links egen lässt. Für dieses Politikverständnis ist die Linke ekannt, und dies ist ein wesentlicher Teil ihrer so oft achgewiesenen Außenpolitikunfähigkeit. Ich habe eben schon den unsäglichen Aufruf einiger bgeordneter der Linken zur Aufhebung der Sanktionen egen Syrien und Iran erwähnt. Es ist eben so, dass ei- ige Abgeordnete der Linken selbst gegenüber massivs- n Menschenrechtsverletzungen die Augen verschlie- en, wenn es gerade passt. Deshalb klingt das Pathos der olidarität mit Unterdrückten in anderen Ländern so ohl, wie wir es auch hier wieder im Antrag zur Westsa- ara finden. Den von der Linken vorgelegten Antrag lehnt meine raktion deshalb ebenso ab wie alle vier Ausschüsse, die n bisher beraten haben. Es führt kein Weg daran vorbei: Die Konfliktparteien OLISARIO und die Regierung von Marokko müssen ich einigen. Der jetzige Zustand blockiert die wirt- chaftliche Entwicklung der Westsahara, er blockiert die eilhabe der Sahrauis an der Nutzung der natürlichen eichtümer, und er blockiert auch eine dringend notwen- ige Annäherung zwischen Marokko und Algerien, die ach den Umbrüchen in Tunesien, Ägypten und Libyen in entscheidender Baustein für eine wirkliche Zusam- enarbeit und ein wirtschaftliches und kulturelles Auf- lühen der gesamten Region Nordafrika wäre. Marina Schuster (FDP): Der Konflikt in der West- ahara gehört international zu den vergessenen Konflik- n der Welt, und das, obwohl der unsichere Waffenstill- tand zwischen der sahrauischen Befreiungsfront Frente OLISARIO und Marokko seit mittlerweile 21 Jahren esteht. An der Situation hat sich dagegen wenig geän- ert. Die Lage der Menschenrechte in Westsahara ist ach wie vor katastrophal. Ebenso bestürzend ist die Si- ation in den Flüchtlings-lagern der POLISARIO in Al- erien, in denen seit mehr als 20 Jahren mehr als 00 000 Menschen leben. Im Moment verschlechtert ich die Lage zunehmend. Unter der sahrauischen Ju- end wird die Chance auf Konfliktlösung mit der marok- anischen Regierung so gering eingeschätzt, dass die Ju- endgruppe der POLISARIO, die UJSARIO (spanisch r sahrauische Jugendvereinigung: Unión de la Juven- d de Saguia el Hamra y Río de Oro), bei dem 13. Kon- ress der Frente POLISARIO kürzlich einen „Gang an Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 18309 (A) ) )(B) die Waffen“ forderte. Dies konnte jedoch in letzter Mi- nute durch Mohamed Abdel Aziz, Generalsekretär der Frente POLISARIO, verhindert werden. Diese Schilderung sollte uns vor Augen führen, dass sich das „window of opportunity“ langsam zu schließen beginnt – so es denn jemals wirklich offen stand. Es gilt deshalb alle Kraftanstrengungen zu unternehmen, um den Konflikt in Westsahara einer Lösung herbeizufüh- ren. Es ist kein Geheimnis, dass im Deutschen Bundestag unterschiedliche politische Positionen zu der Konfliktlö- sungsstrategie in der Westsahara bestehen. Dieses unein- heitliche Bild konfliktierender Strategien setzt sich auf Ebene der europäischen Staaten sowie im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen fort. Dass zum 1. Januar 2012 Marokko als nicht ständiges Mitglied in den VN-Sicher- heitsrat eingezogen ist, wird einer Lösung wohl leider keinen neuen Schwung verleihen. In folgendem Punkt denke ich allerdings für alle Ab- geordneten dieses Hohen Hauses zu sprechen: Es ist es- senziell, dringend eine Lösung des Konflikts in der Westsahara herbeizuführen! Es ist deshalb richtig und wichtig, die deutsche und die internationale Aufmerksamkeit auf die Situation in der Westsahara zu lenken. Es ist allerdings wichtig, dies in einer Form zu tun, die der Lösung des Konflikts zu- träglich ist. Dies ist beim Antrag der Linken nicht der Fall. Der Antrag ist einseitig formuliert. Die geforderten Maßnahmen sind teils obsolet – so die Forderung bezüg- lich des EU-Fischereiabkommens; im Übrigen hatte die Bundesregierung eine gemeinsame Erklärung mit Irland und Slowenien zum Fischereiabkommen mit Marokko abgegeben, in der von Marokko gefordert wird, die Par- tizipation der Bevölkerung von Westsahara an den Rück- flüssen aus dem Abkommen dazulegen – und teils schlicht schädlich, so beispielsweise die Forderung, GIZ-Projekte im Bereich erneuerbare Energien einzu- stellen. Diese Projekte zielen darauf ab, erstens Energie- sicherheit vor Ort zu schaffen, zweitens Arbeitsplätze zu schaffen – von beiden Punkten würde die gesamte Be- völkerung profitieren –, und drittens wird durch diese Projekte der völkerrechtliche Status der Westsahara nicht präjudiziert. Niemandem ist damit geholfen, Marokko internatio- nal zu isolieren. Dies scheint aber das zugrunde liegende Ziel des Antrags zu sein. Es muss uns um konstruktive Vorschläge gehen. Aus diesen zahlreichen Gründen kann ich dem Antrag der Linken nicht zustimmen. Gleichwohl ist es unser Ziel, den Konflikt um die Re- gion Westsahara zu lösen. Für die Konfliktlösung sind aus liberaler Sicht drei Punkte zentral: Erstens. Beide Konfliktparteien vor Ort stehen in der Verantwortung, den Konflikt einvernehmlich und fried- lich zu lösen. Von beiden Seiten müssen dafür Zuge- ständnisse gemacht werden. m e s k s m e m v d m W v J 6 m w E ü s d ro m k („ d n d w s n v K g d Z ro ri M n z g M E – e n d g fü A (C (D Zweitens. Die Vereinten Nationen bieten die einzige ögliche Plattform, eine nachhaltige – international an- rkannte – Lösung zu erreichen. Innerhalb der Europäi- chen Union und der Vereinten Nationen ist dafür ein onzertiertes Vorgehen notwendig – auch wenn dies chwer ist. Drittens. Um eine nachhaltige Lösung zu erreichen, üssen die Nachbarstaaten Algerien und Mauretanien ine konstruktive Rolle einnehmen, sowohl bei der Ver- ittlung des Konflikts als auch bei der Durchführung ertrauensbildender Maßnahmen. Auf allen Ebenen flankiert die schwarz-gelbe Bun- esregierung durch verschiedene Maßnahmen die Be- ühungen der Vereinten Nationen um eine Lösung des estsahara-Konflikts. Das Auswärtige Amt unterstützt ertrauensbildende Maßnahmen des UNHCR. In den ahren 2008 bis 2010 wurden für Familienbesuche circa 00 000 Euro zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Europäischen Union (European Com- ission – Humanitarian Aid & Civil Protection, ECHO) urden seit Bestehen des Konflikts rund 130 Millionen uro für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung gestellt, und ber den Mediationsfonds der Vereinten Nationen unter- tützt Deutschland indirekt den UN-Sondergesandten für ie Westsahara. Auf diplomatischer Ebene werden im Rahmen der eu- päischen Nachbarschaftspolitik regelmäßig die The- en Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlich- eit angesprochen. Auch der fortgeschrittene Status advanced status“) Marokkos in der Partnerschaft mit er EU wird dafür genutzt, diese Themen auf allen Ebe- en kontinuierlich anzusprechen. Der politische Dialog es Aktionsplans mit Marokko sieht dies genauso vor ie das Assoziierungsabkommen, welches den Men- chenrechten eine grundlegende Bedeutung für die In- en- und Außenpolitik der EU und Marokkos zuweist. Trotz aller internationalen Bemühungen scheint aus erschiedenen Gründen eine kurzfristige Lösung des onflikts leider wenig wahrscheinlich, zum Ersten auf- rund der prekären menschenrechtlichen Situation und er nicht vorhandenen Perspektive der Sahrauis, zum weiten aufgrund der verminten Grenzanlage, die Ma- kko entlang der Waffenstillstandslinie von 1991 er- chtet hat, und zum Dritten aufgrund der Weigerung arokkos, das bereits in verschiedenen VN-Resolutio- en zwischen 1966 und 1972 festgelegte Referendum um völkerrechtlichen Status der Westsahara abzuhalten. Trotzdem ist eines klar: Es müssen Mittel und Wege efunden werden, dass auf dem Gebiet der Westsahara enschenrechte stärker geachtet und verteidigt werden. s war höchste Zeit, dass die VN-Resolution 1979 vom letzten Jahr – dies sowie die Situation in Tindouf ndlich aufgenommen hat. Wir dürfen unsere Augen icht vor der schwierigen Menschenrechtslage und vor em schwierigen Konflikt verschließen, und unser Enga- ement darf nicht nachlassen. Die Westsahara-Problematik ist eine zentrale Frage r die Zukunft Marokkos und der gesamten Region von lgerien bis Mauretanien. Der Konflikt steht der Koope- 18310 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 (A) ) )(B) ration und der Entwicklung im Maghreb entgegen. Zu- dem birgt der vergessene Konflikt gerade vor dem Hintergrund der Umbrüche in der arabischen Welt Sprengkraft. Es sind alle beteiligten Akteure aufgerufen, diesem Konflikt zu einer Lösung zu verhelfen. Heike Hänsel (DIE LINKE): Die EU und die Bun- desregierung sind mit ihrer Unterstützung des Fischerei- abkommens mit dem autoritären Regime in Marokko gescheitert. Denn das Europaparlament hat die Verlänge- rung des Fischereiabkommens zwischen der EU und Marokko mit 326 gegen 296 Stimmen abgelehnt. In Tifariti fand Mitte Dezember nahezu zeitgleich der 13. Kongress der Frente POLISARIO statt. Die POLI- SARIO hält sich seit mittlerweile über 20 Jahren an den Waffenstillstand, ohne dass das im Gegenzug vorgese- hene Referendum über die Unabhängigkeit der West- sahara bisher stattgefunden hätte. Ganz im Gegenteil: Das Referendum wird von Marokko mit tatkräftiger Unterstützung seiner westlichen Verbündeten gezielt verschleppt. Deshalb gibt es sehr viel Unzufriedenheit bei der jungen sahrauischen Generation, die ohne Per- spektive seit Jahrzehnten in der Wüste in Flüchtlings- lagern leben muss. Sie fühlen sich verraten und verges- sen und diskutierten die Rückkehr zum bewaffneten Kampf, da die internationale Gemeinschaft ja nur auf Gewalt reagiere, das zeigten viele andere Konflikte in der Welt. Ein bedeutender Rückschritt war in diesem Zusam- menhang auch der Abschluss des Fischereiabkommens zwischen der EU und Marokko. Dieses Abkommen setzt sich völkerrechtswidrig über die Rechte der Menschen in der Westsahara hinweg und stützt faktisch das marokka- nische Regime und seine völkerrechtswidrige Besetzung der Westsahara. Der Europaabgeordnete der Linksfraktion GUE/NGL, Willy Meyer Pleite, konnte nun die Nachricht über die Nichtverlängerung des völkerrechtswidrigen Fischerei- abkommens auf dem Kongress der POLISARIO verkün- den. Eine Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes wurde – nicht zuletzt wegen dieser Nachricht – nicht be- schlossen. Vorerst! Allerdings liegt es nun an Marokko, der EU und auch der Bundesregierung, die damit gege- bene Chance auf die Erhaltung des Friedens zu nutzen. Gibt es innerhalb der nächsten drei bis sechs Monate keine deutlichen Fortschritte bei der Umsetzung des UN- Friedensplans von 1990, wird das Risiko eines neuen bewaffneten Konfliktes um die durch Marokko völker- rechtswidrig besetzte Westsahara in Kauf genommen. Wer das als taktisches Säbelrasseln abtut, verkennt den Ernst der Lage und die Not der unterdrückten Sahrauis in der Westsahara. Dass die Bundesregierung mit dem marokkanischen Regime aufs Engste kooperiert, Waffen liefert, Soldaten und Polizisten ausbildet, sollte jedoch niemanden über- raschen. Die Bundesregierung hat überall auf der Welt, auch in Tunesien, Libyen, Ägypten und Syrien, mit auto- ritären Regimen kooperiert, solange das ihren Interessen d e u G A s d o ro u te d d z g E w b M e re e e W s v Z a u v d d fr d la ü s w B d d a te le (C (D iente. Manchmal müsse man mit dem Teufel Kirschen ssen, so begründete der heutige Verteidigungsminister nd damalige Kanzleramtschef die bereits unter Rot- rün verstärkte Sicherheitszusammenarbeit mit dem ssad-Regime. Menschenrechte interessieren die deut- che Außenpolitik nur, wenn diese funktionalisiert wer- en können, um ungeliebte Regime durch Sanktionen der eben auch militärisch aus dem Weg zu räumen. Die Bundesregierung muss endlich aufhören, das ma- kkanische Regime bei jeder Gelegenheit zu hofieren nd das Königshaus gegen die Protestbewegung zu un- rstützen. Sie muss endlich alles tun, um Marokko von er völkerrechtswidrigen Besatzung der Westsahara und en dort stattfindenden Menschenrechtsverletzungen ab- uhalten. Konkret heißt das: Es dürfen keine weiteren Finanzspritzen für das Re- ime und dessen illegale Ausbeutung der Rohstoffe und nergiequellen in der Westsahara in Aussicht gestellt erden. Der fortgeschrittene Status in der Europäischen Nach- arschaftspolitik, der Marokko zum Vorbild in Sachen enschenrechte verklärt, muss aufgehoben werden. Marokko muss als das benannt werden, was es ist: ine Besatzungsmacht, die Völkerrecht und Menschen- cht mit Füßen tritt. Die Bundesregierung muss im Sicherheitsrat auf rnsthafte Verhandlungen für die zügige Durchführung ines Referendums über den zukünftigen Status der estsahara drängen, das Marokko bisher verweigert. Nur so kann eine mögliche Eskalation dieses verges- enen Konflikts verhindert werden. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein fast ergessener Konflikt wirft lange Schatten auf die ukunft der Menschen in dieser Region. Die Gebiets- nsprüche in Bezug auf die afrikanische Westsahara sind ngeklärt, Marokko verhindert das von der UN an- isierte Referendum seit Jahrzehnten, und damit warten ie Westsahrauis seit 1991 in Flüchtlingslagern darauf, ass ihnen die Gelegenheit zur Abstimmung über ihre ühere Heimat gegeben wird. Algerien hingegen nutzt iesen ungeklärten Zustand für seine eigenen Zwecke. Bis heute ist der völkerrechtliche Status des Küsten- ndes ungeklärt. Die Westsahara selbst ist durch einen ber 2 000 km langen verminten Wall zerschnitten. Hier teht eine Mauer, die vielen gänzlich unbekannt ist. Meine Frage: Was tut Deutschland? Wo bleibt die ertegebundene Außen- und Entwicklungspolitik dieser undesregierung? Im Entwicklungsausschuss haben wir hören können, ass die Menschen in den Lagern auf der einen Seite ankbar sind, dass sie humanitäre Hilfe erhalten. Auf der nderen Seite hat sich die Situation drastisch verschlech- rt, und Westsahrauis fühlen sich von der internationa- n Gemeinschaft im Stich gelassen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 18311 (A) ) )(B) Seitens der Bundesregierung wurde uns im Ausschuss mitgeteilt, ihre Haltung im Westsahara-Konflikt sei „neutral“. Aber ist sie das? Statt Druck auf Marokko auszuüben und auf eine Lösung des Konflikts zu drängen, wird das Land als „verlässlicher und stabiler Partner“ gelobt. Der poli- tische Spielraum, der aufgrund der engen Beziehungen zwischen Deutschland und Marokko besteht, wird nicht genutzt. Damit verspielt die Bundesregierung eine große Chance. Und wie passt die „neutrale“ Haltung zu der Linie, die die Bundesregierung auf EU-Ebene verfolgt? Stichwort Fischereiabkommen: Anstatt sich innerhalb der EU für eine einheitliche Position zu Marokko und Westsahara einzusetzen und dabei die Lage der Menschenrechte und die humanitäre Situation in Westsahara in den Fokus zu rücken, hat sich die Bundesregierung für eine Verlänge- rung des umstrittenen EU-Fischereiabkommens mit Ma- rokko starkgemacht, und das, obwohl andere EU-Staaten ihre Zustimmung aufgrund von Bedenken verweigert hatten. Das Europaparlament hat dem Bestreben von Schwarz-Gelb einen Riegel vorgeschoben, als es im De- zember letzten Jahres Veto gegen dieses Abkommen ein- gelegt hat. Ein Erfolg für die Menschenrechte – und eine Blamage für die Bundesregierung! Wir müssen konstatieren: Nicht nur die Bundesregie- rung, sondern die gesamte internationale Gemeinschaft hat im Westsahara-Konflikt versagt. Das in der UN-Re- solution 690 vereinbarte Referendum über die Zukunft der Westsahara hat noch nicht stattgefunden. Das heißt im Klartext: Seit über 20 Jahren wird dieser Konflikt auf dem Rücken der Menschen ausgetragen, die in den Flüchtlingslagern und in der Westsahara leben. Doch die ungelöste Situation belastet die Region: Marokko, weil es völkerrechtswidrig die Annexion der Westsahara vo- rantreibt, aber viel Geld für die Sicherung der Grenzen ausgeben muss, die Westsahrauis, weil ihre Perspektiven schwinden, und Algerien, das von der Situation profitie- ren will, aber Stillstand erlebt. Es wäre wünschenswert, bei einem so wichtigen Thema wie dem Westsahara-Konflikt einstimmig Posi- tion zu beziehen. Der Antrag der Linken geht in die rich- tige Richtung. In Ton und Form und in der Beschreibung der komplexen Situation hat er aber Schwächen. Des- halb werden wir uns enthalten. Abschließend noch ein Appell: Wir stehen mit den Revolutionen in Nordafrika vor einer veränderten Situa- tion. Dieses Momentum muss jetzt genutzt werden; jetzt muss politisch eine Lösung geschaffen werden. Denn nicht nur die katastrophale Situation vor Ort steht auf dem Spiel – Westsahara ist ein Hemmschuh für die Ent- wicklung der gesamten Region. Deshalb fordern wir die Bundesregierung eindring- lich auf: Nutzen Sie diese Chance! Setzen Sie sich bila- teral, innerhalb der EU und auf UN-Ebene für eine Lösung des Konfliktes ein! A n F m s D d M n d w ta a s E ti v z S M s d b A In S s d W ti z V ru m fe R W A te d e k fü W s s m (C (D nlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes – Schutz vor Gefahren für Leib und Leben durch kriegswaf- fenähnliche halbautomatische Schusswaffen (Ta- gesordnungspunkt 16) Günter Lach (CDU/CSU): Die schreckliche Tat ei- es Einzeltäters in Norwegen im Sommer 2011 hat die raktion Bündnis 90/Die Grünen zum Anlass genom- en, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Waffenge- etzes vorzulegen. Der Massenmord hat auch uns in eutschland und den anderen europäischen Nachbarlän- ern tief erschüttert. Wir haben gemeinsam mit den enschen in Norwegen um die Opfer getrauert. Da ist es aheliegend, sich angesichts der bestürzenden Berichte ie Frage zu stellen, wie solche Ereignisse verhindert erden können. Die Überlegungen der Grünen-Bundes- gsfraktion gehen aber an der Problematik vorbei. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Umgang mit halb- utomatischen Gewehren, die äußerlich vollautomati- chen Kriegswaffen nachgebildet sind, zu verbieten. ine weitere Forderung ist, eine Änderung der Defini- on des waffenrechtlichen Begriffs „Anscheinswaffe“ orzunehmen. Unser Waffenrecht hat in den vergangenen Jahren ahlreiche Änderungen erfahren, mit dem Ziel, mehr icherheit in unserem Land zu erreichen. Es soll den issbrauch von Waffen verhindern und so Bedrohungs- ituationen im öffentlichen Raum eindämmen. Es gibt en Strafverfolgungsbehörden die rechtlichen Rahmen- edingungen, um Gewaltkriminalität zu bekämpfen. ufgabe des Waffenrechts ist es auch, die vielfältigen teressen von legalen Waffenbesitzern – den Jägern, chützen, Sammlern und Herstellern – zu regeln. Insge- amt haben wir in Deutschland damit ein Waffengesetz, as die öffentliche Sicherheit unterstützt und dort den affengebrauch einschränkt, wo es nötig ist. Gleichzei- g beachtet es die Interessen von legalen Waffenbesit- ern. Was trägt der vorliegende Gesetzentwurf nun aber zur erbesserung unseres Waffenrechts bei? Die erste Forde- ng ist, halbautomatische Schusswaffen, die vollauto- atischen Kriegswaffen nachgebaut sind, zu verbieten. Kriegswaffenähnliche halbautomatische Schusswaf- n haben in Norwegen nach meiner Kenntnis keine olle gespielt. Die vom Täter in Norwegen verwendete affe – eine Ruger Mini-14 – gibt es in der optischen usführung eines klassischen Jagdgewehrs als auch chnisch baugleich in kriegswaffenähnlicher Optik. Mit em Änderungsvorschlag wäre nur die zweite Variante rfasst worden. Tatsache ist, dass die optische Ähnlich- eit einer Schusswaffe mit Kriegswaffen nicht dazu hrt, dass ihr Gefahrenpotenzial mit einer nach dem affengesetz verbotenen Waffe vergleichbar ist. Das tat- ächliche Gefahrenpotenzial ändert sich durch das Aus- ehen nicht. Diese Überlegungen und die Tatsache, dass an nach jahrelanger, intensiver Prüfung und Diskus- 18312 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 (A) ) )(B) sion zu der Erkenntnis kam, dass diese Waffen bei Delik- ten eben nicht relevant sind, hat 2002 zu der Aufhebung einer bestehenden Verbotsregelung geführt. Dies wurde auch vom Bundeskriminalamt befürwortet. Soweit ich der Berichterstattung entnehmen konnte, hat sich der norwegische – offensichtlich psychisch ge- störte – Täter mehrere Jahre auf seine schreckliche Tat vorbereitet. So etwas kann auch das beste Waffengesetz nicht verhindern. Bei der Umsetzung eines Verbots von kriegswaffen- ähnlich aussehenden halbautomatischen Schusswaffen sehe ich in der Praxis außerdem Schwierigkeiten in Be- zug auf die Abgrenzung beim Vollzug des Waffengeset- zes. Die technische Weiterentwicklung von Waffen macht es zunehmend schwerer, allein über das Aussehen einer Waffe zu bestimmen, welche Teile ursprünglich für die zivile und welche für die militärische Nutzung entwi- ckelt wurden. Wir sollten immer im Blick haben, die Si- cherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten und zu verbessern. Dabei müssen die Regelungen sinn- voll, wirkungsvoll und praktikabel sein. Der Gesetzentwurf fordert außerdem eine neue Defini- tion des waffenrechtlichen Begriffs „Anscheinswaffe“. Auch dieser Forderung kann ich nicht zustimmen. Das Waffengesetz verbietet in § 42 a bereits heute das Führen von Anscheinswaffen in der Öffentlichkeit. Dazu gehö- ren sämtliche Schusswaffen, die ihrer äußeren Form nach im Gesamterscheinungsbild den Anschein von Feuerwaf- fen hervorrufen. Ausgenommen sind solche Gegen- stände, die erkennbar nach dem Gesamterscheinungsbild zum Spiel oder für Brauchtumsveranstaltungen bestimmt oder Teile historischer Sammlungen sind. Mit einer Erweiterung des Begriffs entsprechend dem Gesetzentwurf auf Gegenstände, die „nach den jeweili- gen Umständen auch für einen Laien“ als Schusswaffe wahrgenommen werden, würden auch viele Spielzeuge unter das Waffenrecht fallen. Dabei umfasst die heutige Regelung bereits Nachbauten und Spielzeugwaffen, von denen ein Drohpotenzial ausgeht. Darunter fallen auch viele Softairwaffen, die echten Waffen nachgebildet sind. Der Transport dieser Art von Anscheinswaffen ist nur in einem verschlossenen Behältnis erlaubt. Dies gilt auch für Kinder und Jugendliche. Damit halten wir die Anscheinswaffen vom öffentli- chen Raum fern und verringern mögliche Bedrohungssi- tuationen, denen sich Menschen gegenübersehen könn- ten. Diese Maßnahme unterstützt auch die Arbeit und Sicherheit unserer Polizei, da so unnötige Polizeiein- sätze vermieden werden. Wer Gegenstände, die den An- schein einer scharfen Schusswaffe erwecken, in der Öf- fentlichkeit nicht in einem verschlossenen Behältnis transportiert, handelt gegen das Gesetz. In diesen Fällen wird nach § 53 Abs. 1 Nr. 21 a Waffengesetz eine Ord- nungswidrigkeit begangen, die mit einer Geldstrafe von bis zu 10 000 Euro geahndet werden kann. Festzuhalten bleibt, dass es sachlich nicht erforderlich ist, einen bereits geregelten Bereich erneut zu regeln. Dies bringt keinen Sicherheitsgewinn: Eine Tat wird nicht unrechter, nur weil man sie zweimal verbietet. Das L fl d Ü re Ü d d k d li s b li b D fe u ti E tu v s T d d fü s W tä U d g b J b M s w z d tu z d to w T d k (C (D eben wird auch nicht sicherer. Anstatt die Regelungs- ut zu verstärken, sollten wir unsere Behörden vor Ort abei unterstützen, ihren bestehenden umfangreichen berprüfungsaufgaben nachkommen zu können. Im internationalen Vergleich ist das deutsche Waffen- cht bereits eines der strengsten. Bei jeder rechtlichen berprüfung und Diskussion darf nicht vergessen wer- en, dass bei dem Gebrauch von Schusswaffen und an- eren Gegenständen immer der Mensch mit allen Stär- en und Schwächen dahinter steht. Daher ist und bleibt ie Eindämmung und Bekämpfung von Gewaltkrimina- tät eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Die- er Aufgabe müssen wir uns jeden Tag und in allen Le- ensbereichen immer wieder stellen. Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Die schreck- chen Taten von Anders Breivik vor sechs Monaten ha- en ein ganzes Land in einen Schockzustand versetzt. as perfide und grausame Vorgehen hat uns alle getrof- n. Den Angehörigen der Opfer gebührt unser Beileid nd unsere Unterstützung, mit dieser schwierigen Situa- on umzugehen. Sechs Monate nach der Tat laufen noch immer die rmittlungen der norwegischen Polizei zu einzelnen Ta- mständen und möglichen Helfern, und auch das Straf- erfahren gegen Anders Breivik ist noch nicht abge- chlossen. Die bisherigen Ermittlungen haben ergeben, dass die aten das Ergebnis einer über mehrere Jahre andauern- en Radikalisierung waren. Sie wurden sorgfältig und etailliert geplant und unter Einfluss von Drogen ausge- hrt. Als die erste Tat, der Bombenanschlag in der Innen- tadt von Oslo, verübt war, sich jedoch nicht die erhoffte irkung für den Attentäter einstellte, änderte der Atten- ter seinen ursprünglich gefassten Plan, fuhr zur Insel toya und setzte dort sein schreckliches Vorhaben fort. Die bisherigen Ermittlungen haben auch ergeben, ass aufgrund der geltenden Bestimmungen in Norwe- en und der fehlenden Zusammenarbeit der Sicherheits- ehörden – Zoll und Polizei – der Täter über mehrere ahre hinweg die Sprengsätze, die er in Oslo einsetzte, auen konnte. Die Taten belegen somit den Mehrwert der jüngsten aßnahmen der christlich-liberalen Koalition, wie bei- pielsweise die Einrichtung eines Gemeinsamen Ab- ehrzentrums Rechtsextremismus. Eine bessere Vernet- ung und ein besserer Informationsaustausch zwischen en einzelnen Sicherheitsbehörden helfen, Gefahrensi- ationen frühzeitig zu erkennen und sie schließlich auch u verhindern. Keinesfalls haben die Ermittlungen jedoch ergeben, ass nach dem deutschen Waffengesetz erlaubte halbau- matische Langwaffen, die vollautomatischen Kriegs- affen nachgebaut sind, ursächlich für die hohe Zahl an oten auf der Insel Utoya gewesen seien. Vielmehr hat as perfide Vorgehen des Täters, sich als Polizist zu ver- leiden und alle Teilnehmer des Camps zusammenzuru- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 18313 (A) ) )(B) fen, erst den Grundstein für das schreckliche Ausmaß der Tat gelegt. Die von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorge- legten Änderungen des Waffengesetzes und der Allge- meinen Waffengesetz-Verordnung stehen somit gerade nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Tat in Norwegen. Sie sind zudem in sich widersprüchlich und fern jeder Realität. Der erste Widerspruch besteht bereits darin, dass es die damalige rot-grüne Bundesregierung war, die mit dem Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts im Jahr 2002 eine bis dahin bestehende Verbotsregelung für halbautomatische Schusswaffen, die Kriegswaffen nach- gebildet sind, aufgehoben hat. Die Aufhebung erfolgte damals auch zu Recht, denn zuvor war es in mehreren Fällen dazu gekommen, dass Waffenbehörden in einem Land halbautomatische Schusswaffen für Wettkämpfe von Sportschützen für zu- lässig erklärten, während die gleichen Waffen aufgrund ihrer äußerlichen Ähnlichkeit mit Kriegswaffen in ande- ren Ländern verboten wurden. Die Folgen einer Wiedereinführung der damaligen Vorschrift sind somit bereits jetzt vorgezeichnet – Rechtsunsicherheit bei den Antragstellern und den agie- renden Behörden. Auch die im Gesetzentwurf beabsichtigte Änderung bei den Anscheinswaffen vermag nicht zu überzeugen. Zum einen ist das Führen von Anscheinswaffen nach § 42 a und § 53 Abs. 1 Nr. 21 a WaffG bußgeldbewehrt. Spielen somit Kinder oder Jugendliche mit solchen Gegenständen in der Öffentlichkeit, kann dies als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 10 000 Euro geahndet werden. Zum anderen ist durch die Anlage 1 zum Waffengesetz hinreichend gesetzlich vorgegeben, wann eine Verwechslung von Anscheins- waffen mit gefährlichen echten Schusswaffen ausge- schlossen ist, nämlich dann, wenn die Anscheinswaffen erkennbar nach ihrem Gesamterscheinungsbild zum Spiel bestimmt sind, was insbesondere dann der Fall ist, wenn sie die Größe einer entsprechenden Feuerwaffe um 50 Prozent über- oder unterschreiten, neonfarbene Mate- rialien enthalten oder aber keine Kennzeichnung von Feuerwaffen aufweisen. Das Gesetz stellt somit objektive Unterscheidungs- merkmale und Kriterien auf, die eine kurzfristige Ent- scheidung ermöglichen, ob es sich um eine Anscheins- waffe handelt. Diese objektiven Entscheidungsmerkmale sollen nun- mehr durch die subjektive „Wahrnehmung eines Laien nach den jeweiligen Umständen“ ausgetauscht werden. Dies kommt reiner Willkür gleich und ist schlicht nicht praktikabel. Eine Vereinfachung stellt eine solche Rege- lung gerade nicht dar. Schließlich bleiben Verwechslun- gen auch weiterhin möglich und nehmen wahrscheinlich sogar noch zu. Ein Mehrwert für die öffentliche Sicher- heit und Ordnung ist somit nicht gegeben. Der von den Grünen eingereichte Gesetzentwurf stellt keine adäquate Antwort auf die schrecklichen Vorfälle am 22. Juli 2011 in Norwegen dar. Er ist vielmehr ein laienhafter Versuch, a p te e D to D re s g u d d g z e fe a s g b d Z m S ti w s k d M d g d z v H M d g o h li fe e re in d n n (C (D us den schrecklichen Taten eines radikalisierten Täters olitisches Kapital zu schlagen. Er darf daher keine Un- rstützung in diesem Hohen Hause finden. Gabriele Fograscher (SPD): Heute beraten wir in rster Lesung über einen Gesetzentwurf von Bündnis 90/ ie Grünen, der vorsieht, kriegswaffenähnliche halbau- matische Schusswaffen zu verbieten. Mit diesem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen ist erneut eine Diskussion um das Waffen- cht entstanden, die sich nicht nur auf das Verbot be- timmter Waffengattungen beschränkt, sondern wieder rundsätzliche Fragen aufwirft. Bereits seit der Ankündigung dieses Gesetzentwurfes nd der Ausstrahlung eines Beitrages zu diesem Thema urch Report Mainz im Oktober letzten Jahres wird wie- er hochemotional über das Waffenrecht diskutiert. Es ibt einen Grundkonflikt zwischen Legalwaffenbesit- ern wie Sportschützen, Jägern und Sammlern auf der inen Seite und Bürgerinnen und Bürgern, die mit Waf- n nichts zu tun haben und nichts zu tun haben wollen, uf der anderen Seite. Beide Gruppen haben gute, zu re- pektierende Argumente für ihre Positionen und Anlie- en, und beide Gruppen verfügen über einen hohen Mo- ilisierungsgrad. Das belegt auch eine E-Petition beim Deutschen Bun- estag gegen diesen Gesetzentwurf, die bereits in kurzer eit mehr als 1 350 Mitzeichnerinnen und Mitzeichner it steigender Tendenz hat. In Deutschland haben wir eine lange Tradition von chützenvereinen, Jägern und Sammlern und eine Tradi- on, in der der private Besitz von Waffen unter Auflagen ie Zuverlässigkeit, Nachweis eines Bedürfnisses und ichere Aufbewahrung der Waffen erlaubt ist. Dies er- ennen auch Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Begrün- ungsteil des Gesetzentwurfes an. Aber es gibt auch enschen in unserem Land, die sich durch Waffen be- roht fühlen und denen die derzeit geltenden Regelun- en nicht weit genug gehen. Deshalb dreht sich die Diskussion immer wieder um ie gleichen Fragen: Wie ist das Verhältnis von legalen u illegalen Waffen? Wie hoch ist die Deliktsrelevanz on illegalen und legalen Waffen? Dürfen Waffen zu ause aufbewahrt werden, oder sollte man Waffen und unition getrennt und zentral aufbewahren? Soll es ann Ausnahmen für Jägerinnen und Jäger geben? Brin- en neue technische Entwicklungen von mechanischen der biometrischen Sicherungssystemen mehr Sicher- eit? Sind großkalibrige Waffen gefährlicher als kleinka- brige Waffen? Ist die Gefährlichkeit einer kriegswaf- nähnlichen, halbautomatischen Waffe größer als die ines halbautomatischen Gewehrs? Welche sicherheits- levanten Vollzugsdefizite bestehen beim Waffenrecht? Den Grundkonflikt in der Gesellschaft, der sich auch den Fraktionen des Bundestages widerspiegelt, wer- en wir durch ein Verbot einzelner Waffengattungen icht lösen. Wir als Gesetzgeber sollten deshalb beson- en handeln. 18314 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 (A) ) )(B) Wo stehen wir heute? Nach dem schrecklichen Amoklauf im März 2009 hatten wir Änderungen am Waffengesetz vorgenommen. Hauptziel der damaligen Novellierung war, gerade Ju- gendlichen den Zugang zu Waffen zu erschweren und weitgehend sicherzustellen, dass nur Berechtigte Zugang zu Waffen haben. Der Vollzug und die Kontrolle des Waffenrechts lie- gen bei den Bundesländern. Laut eines aktuellen Be- richts des Bundesinnenministeriums für den Innenaus- schuss bezeichnen die Länder die 2009 getroffenen Regelungen als sinnvoll und notwendig. Auf der letzten Konferenz der Innenminister und -se- natoren der Länder im Dezember 2011 hat die von der IMK eingerichtete Expertengruppe „Evaluierung Waf- fenrecht“ einen Bericht vorgelegt. Dieser Bericht ist aber, so das BMI, nicht zur Veröffentlichung freigege- ben. Die Innenminister wollen die Ergebnisse selbst aus- werten und prüfen, ob sich daraus Handlungsbedarf er- gibt. Da der Deutsche Bundestag als Bundesgesetzgeber für das Waffengesetz zuständig ist, halte ich es für un- verzichtbar, dass wir diese Evaluierungsergebnisse zeit- nah zur Verfügung gestellt bekommen. Zu begrüßen ist es, dass der Bundesrat im November 2011 nach nahezu neun Jahren die Allgemeine Verwal- tungsvorschrift zum Waffengesetz verabschiedet hat. Nach langwierigen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern gibt es nun endlich eine einheitliche Vollzugs- anweisung für die Behörden. Dies beendet eine jahre- lang unterschiedliche Praxis in den Bundesländern und bringt mehr Rechtssicherheit für die Waffenbesitzer. Wir begrüßen es auch ausdrücklich, dass das natio- nale Waffenregister bis Ende dieses Jahres kommen wird. Damit wird nicht nur eine EU-Richtlinie umge- setzt, sondern auch eine langjährige Forderung der Ge- werkschaft der Polizei erfüllt. Mit diesem nationalen Waffenregister wird es mehr Sicherheit für Polizistinnen und Polizisten geben, die vor ihrem Einsatz herausfinden können, ob sie am Einsatzort mit – zumindest registrier- ten – Waffen rechnen müssen. In ihrem Gesetzentwurf wollen Bündnis 90/Die Grü- nen auch das Problem der Definition von Anscheinswaf- fen neu regeln. Bei jeder Änderung des Waffengesetzes haben wir uns mit Anscheinswaffen auseinandergesetzt. Es ist schwierig, die täuschend echt aussehenden Imitate (Softair-Waffen, Gasdruckpistolen) von echten, scharfen Waffen zu unterscheiden. Die Hersteller sind hier sehr kreativ, und offensichtlich gibt es einen Markt für solche Imitate. In dem Gesetzentwurf soll die Erkennbarkeit von An- scheinswaffen durch die Einfügung der Wörter „nach den jeweiligen Umständen auch für einen Laien“ klarge- stellt werden. Damit ist maßgeblich, wie ein waffentech- nischer Laie den jeweiligen Gegenstand in der gegebe- nen Situation einschätzt. v A e W R u G fe d S u M m z o fu b m s s c s E fö s n F c b d w W n d e ru w s s n s s h s id d d g S le (C (D Ich habe große Zweifel, dass sich mit dieser subjekti- en Definition die Gefährdung und Bedrohung durch nscheinswaffen wirklich lösen lässt. Ich sage für die SPD-Bundestagsfraktion zu, dass wir rgebnisoffen in Verhandlungen über Änderungen des affenrechts gehen. Vorschläge, die in der Praxis, in der ealität tatsächlich mehr Sicherheit bringen, werden wir nterstützen. Serkan Tören (FDP): Mit dem von Bündnis 90/Die rünen vorgelegten Entwurf einer Änderung des Waf- ngesetzes soll dem Schutz für Leib und Leben durch as Verbot kriegswaffenähnlicher halbautomatischer chusswaffen begegnet werden. Ich glaube, wir alle sind ns einig, dass der Schutz von Leib und Leben bei allen itgliedern des Hauses an oberster Stelle steht. Darüber üssen wir nicht diskutieren. Allerdings kommen mir bei dem vorgelegten Entwurf ur Änderung des Waffengesetzes erhebliche Zweifel, b hier ein tauglicher Änderungsentwurf zur Verschär- ng des Waffengesetzes zum Schutz von Leib und Le- en vorgelegt worden ist. Als Begründung für den Gesetzentwurf dient der enschenverachtende Massenmord auf der norwegi- chen Insel Utoya im Sommer 2011. Aus Gewalttaten, o wie sie in Norwegen geschehen sind, kann man si- herlich immer auch neue Erkenntnisse ziehen. Die chlimmen Ereignisse auf der Insel Utoya haben meines rachtens bis jetzt keine neuen Erkenntnisse zutage ge- rdert, die eine weitere Verschärfung des ohnehin schon charfen deutschen Waffenrechts rechtfertigen würden. Was allerdings mit dem Gesetzentwurf von Bünd- is 90/Die Grünen vorgelegt wird, kann aus Sicht der DP nicht einmal als tauglicher Versuch einer mögli- herweise sinnvollen Modifizierung des Waffenrechts ezeichnet werden. So sollen halbautomatische Waffen, ie ihrer äußeren Form nach vollautomatischen Kriegs- affen überwiegend nachgebildet sind oder in sonstiger eise den Anschein einer solchen Waffe hervorrufen, ach diesem Gesetzentwurf verboten werden. Es geht also nicht um die Wirkung der Waffen, son- ern um das Design der Waffen. Der Antrag zeigt, dass s Bündnis 90/Die Grünen also nicht um eine Verbesse- ng des Schutzes der Bevölkerung geht. Hier stehen ohl eher ideologische Fragen im Vordergrund. Gegen- tände werden nicht nach objektiven Kriterien beurteilt, ondern einzig und allein nach subjektiven. Alles, was ur einen martialischen Anschein hat, ist somit per se chlecht und muss verboten werden. Diese Haltung zeigt ich auch in der Begründung zum Gesetzesantrag; dort eißt es, dass Waffen mit militärischem Aussehen in un- erer Gesellschaft nichts zu suchen haben. Eine solche eologische Argumentation lehnen wir Liberale ab. Mit iesem Argument könnte man übrigens auch den Bun- eswehrparka verbieten – sofern ich mich erinnern kann, eradezu ein Statussymbol bei den Mitgliedern und ympathisanten der Grünen der frühen Jahre. Sofern durch das Aussehen einer Waffe sicherheitsre- vante Probleme auftauchen, gibt es Einschränkungen, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 18315 (A) ) )(B) was die Nutzung solcher Waffen angeht. Geregelt ist dies in § 42 a des Waffengesetzes. Dieser Paragraf ver- bietet das Führen von Anscheinswaffen in der Öffent- lichkeit. Damit wäre auch dem Schutz der Jugend ge- nüge getan, wie dies der Gesetzentwurf fordert. Unter dem Strich kann man eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass es Bündnis 90/Die Grünen bei diesem Antrag nicht um ein Mehr an Sicherheit geht. Es geht vielmehr darum, Dinge, die einem sowieso ein Dorn im Auge sind, zu verbieten. Es geht also um den moralischen Zeigefinger. Dieses Gängeln von Bürgern ohne einen echten Sicherheitsgewinn lehnen wir Libe- rale ab. Frank Tempel (DIE LINKE): Bündnis 90/Die Grü- nen haben nach dem schrecklichen Massenmord in Norwegen vorigen Jahres geprüft, ob sich hieraus Ände- rungsbedarf für das deutsche Waffenrecht ergibt. He- rausgekommen ist ein zwiespältiger Gesetzentwurf. Ja, wir begrüßen Ihren Ansatz, besonders gefährliche Waffen von der Zulassung auszuschließen. Wir stimmen mit Ihnen auch überein, dass halbautomatische Schuss- waffen, die vollautomatischen Kriegswaffen nachgebaut sind, keinen „sportlichen bzw. jagdbezogenen Mehr- wert“ haben. Doch, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen der Grünen, Ihr Antrag ist zu kurz gesprungen. Angesichts eines riesigen Waffenfundus in privater Hand, legal und illegal, ist das Problem der „halbautomatischen Schuss- waffen, die vollautomatischen Kriegswaffen nachgebaut sind“ marginal. Man sollte zumindest einmal darüber nachdenken, ob halbautomatische Waffen für den Schüt- zensport wirklich notwendig sind. In der Definition des Sportschießens heißt es: „Ziel des Sportschießens ist es, die Mitte einer Schießscheibe durch Einklang von Körper (durch statischen Aufbau und Körperbeherr- schung) und Geist (durch innere Ruhe und Kontrolle von äußeren Einflüssen) zu treffen. Dies braucht Training, sowohl körperliches als auch mentales.“ Diese Heraus- forderung ist mit manuell nachzuladenden Waffen be- reits erreichbar. Ja, ein Großteil der legalen Waffen in der Bundesrepublik – insbesondere die Kurzwaffen – dürften Halbautomaten sein. Trotzdem ist abzuwägen, ob der potenziellen Gefährlichkeit einer halbautomati- schen Waffe ein entsprechender sportlicher Nutzen ge- genübersteht. Wir sollten darüber hinaus über die Notwendigkeit von Großkaliberwaffen im Sportschießen nachdenken. Polizeigewerkschaften fordern seit langem die Be- schränkung auf kleine Kaliber. Die Gefährlichkeit von Großkaliberwaffen gegenüber einer Kleinkaliberwaffe ist trotz aller gegenteiligen Behauptungen deutlich er- höht. Wir wissen natürlich, dass angesichts von Millio- nen legaler halbautomatischer Waffen eine Änderung nicht von heute auf morgen machbar ist. Das ist klar. Der Bestandsschutz für Altbesitzer bei einem gleichzeitigen Verbot des Neuerwerbs großkalibriger Waffen könnte aber ein realistischer Weg sein. s fe n m re u b n W A h c e u s g s g P s lö s z w u d P n P In s te s W s fe tä d v V m n d s te re U s D s s (C (D Wiederholt hat die Linke die Einführung von Abzugs- chlössern insbesondere bei Erbwaffen gefordert. Waf- nbesitz, der keinem berechtigten Bedarf entspricht, ist ur zuzustimmen, wenn die Waffe schussunfähig ge- acht wurde. Dies ist am besten mit Abzugsschlössern gelbar. Die Waffen werden dadurch nicht beschädigt nd behalten ihren Wert. Sie werden aber gegen Miss- rauch gesichert. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von Bünd- is 90/Die Grünen, all diesen Themen sind Sie aus dem eg gegangen. Das ist schade! Die weiterhin vorgeschlagenen Änderungen bei der bgrenzung der Spielzeugwaffen von Anscheinswaffen alten wir hingegen für fraglich. Sie fordern die Strei- hung einer konkreten Liste von Merkmalen zugunsten iner unkonkreten Formulierung. Maßstab, ob es sich m eine Anscheinswaffe handelt oder aber um „Gegen- tände, die zum Spiel oder für Brauchtumsveranstaltun- en bestimmt sind“, soll die Einschätzbarkeit von Laien ein. Laien haben aber sehr unterschiedliche Vorstellun- en, was typische Merkmale von Waffen sind. Falls das roblem einer geringen Unterscheidbarkeit wirklich be- teht, wird es mit Ihrem Änderungsvorschlag nicht ge- st. Zusätzlich riskieren Sie eine höhere Rechtsun- icherheit. In der vorliegenden Begründung gehen Sie von Poli- isten aus, die zu Jugendlichen gerufen werden, die mit affenähnlichen Gegenständen spielen, und dann nicht nterscheiden können, ob es sich um reale Waffen han- elt. Ich sage aber: Es ist schon davon auszugehen, dass olizistinnen und Polizisten die Unterscheidung von eonfarbigem oder wirklichkeitsfremd dimensioniertem lastikspielzeug zu echten Waffen abschätzen können. sofern halte ich das Beispiel für konstruiert. Problematischer ist meiner Meinung nach die Unter- cheidung von detailgetreuen Anscheinswaffen und ech- n Waffen. Nun ist das offene Mitführen solcher täu- chend echt aussehenden Nachbildungen seit der letzten affenrechtsänderung verboten. Trotzdem handelt es ich hier um ein größeres Problem als bei Spielzeugwaf- n. Mich hat es nie überzeugt, welchen Sinn die Legali- t dieser Imitate hat. Ich halte es nicht für sinnvoll, dass ie Waffenliebhaberei einiger weniger die Gefährdung ieler rechtfertigt. Die Gefährlichkeit besteht nicht im erletzungs- oder Tötungspotenzial, sondern in der ver- uteten Macht, die sie einem Straftäter verleiht. Nur we- ige Überfallopfer werden in der Bedrohungssituation en Prüfstempel zu erspähen versuchen oder den Stahl- tift im Lauf erkennen. Es werden leider zu viele Strafta- n mit solchen Imitaten begangen. Trotz der beschriebenen Schwächen werden wir Ih- m Gesetzentwurf zustimmen. Je weniger Waffen im mlauf sind, desto besser ist es für die gesamte Gesell- chaft. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ass man über Schusswaffen unterschiedlicher Meinung ein kann, ist bekannt. Wir haben in diesem Hause auch chon häufig darüber debattiert und gestritten. Worüber (A) (C) (D)(B) man aber nicht unterschiedlicher Meinung sein sollte, sind Mordgeräte. Und zu denen gehören die Waffen, die wir mit unserem Gesetzentwurf verbieten wollen. Wir reden hier von Waffen, die optisch und in der Handhabung verbotenen, vollautomatischen Kriegswaf- fen zum Verwechseln ähnlich sind. Sie sind bis heute le- gal, weil sie eben nicht vollautomatisch nachladen und deswegen nur Einzelschüsse abgeben können, aber keine Salven. Das Gefahrenpotenzial ist allerdings immens; das schrecklichste Beispiel dafür ist der Amoklauf von Utoya im Sommer 2011. Nun kann man sagen, dass ja jede Waffe missbraucht werden kann. Stimmt! Aber das darf doch nicht das Ar- gument sein, hier eine ganze Kategorie von Schusswaf- fen nicht zu regulieren! Im Gegenteil: Die Missbrauchs- gefahr von Waffen ist es ja gerade, die eine besonders strenge Regulierung erfordert. Einerseits sind Waffen Sportgeräte, und man kann auch nicht einfach sagen, dass man Jagd- und Schützen- sport mir nichts, dir nichts abschaffen will. Andererseits sind Waffen, auch solche, die für Jagd und Schießsport gedacht sind, aber eben auch tödlich – und deswegen muss bei jeder Waffenkategorie genau geprüft werden, welche spezifischen Gefahren von ihr ausgehen und wel- chen Schaden der Sport und die Jagd nehmen, wenn man diese Waffen verbietet. Und da ist die Abwägung im Falle dieser Waffen ein- deutig. Sie sind besonders gefährlich, weil sie etwas zu sein scheinen, was sie nicht sind – das schafft ein Bedro- hungspotenzial, das schon zum sinnvollen Verbot ande- rer Anscheinswaffen geführt hat. Diese Waffen mögen zwar nur mit kleinen Magazinen verkauft werden, aber sie sind problemlos kompatibel mit solchen Magazinen, wie sie für Jagd und Sport in Deutschland verboten sind. Ein großes Magazin bedeutet besonders viele tödliche Schüsse und macht die Chance, einen Täter zu überwäl- tigen, besonders klein. Auf der Gegenseite stehen auch keine Argumente für diese Waffen: Für Jagd und Sport sind sie nicht wirklich geeignet, denn sie wurden als vollautomatische Kriegs- waffen entwickelt, und ihre Bauweise war nicht auf be- sonders präzises Schießen ausgelegt. Das ist doch aber für den Schießsport die entscheidende Eigenschaft einer Waffe! Und wer mit solch einem Pseudomaschinenge- wehr auf die Pirsch geht, bei dem stehen auch nicht jagd- liche Motive im Vordergrund, denn die Anforderungen an Jagdwaffen erfüllen diese Nachbauten auch nicht. Diese Waffen mögen für eine bestimmte Sammler- und Fanklientel interessant sein, sie mögen in manchem das Bedürfnis nach Abenteuer und Pulverdampf befrie- digen. Aber sie können und sollten nicht als Sportgeräte durchgehen – und gehören deswegen auf die Liste der verbotenen Waffen. V Offsetdrucker ertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln 18316 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2012 ei, Bessemerstraße 83–91, 1 , Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 152. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3, ZP 3, 4 Regierungserklärung zumJahreswirtschaftsbericht 2012 TOP 4 Soziale Bürgerrechte TOP 27, ZP 5, TOP 12 b Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 28, ZP 6 Abschließende Beratung ohne Aussprache ZP 1 Aktuelle Stunde zur Solidarität von LINKEN-Abgeordneten mit dem syrischen Präsidenten TOP 5 Sicherheit im Straßenverkehr TOP 6 Verbraucherschutz durch Honorarberatung TOP 7 Finanzmarktstabilisierungsgesetz TOP 8 Kinderrechte TOP 9 Patentierung von Nutztieren und -pflanzen TOP 10 Strafrechtsänderungsgesetz TOP 11 Lage der älteren Generation TOP 17 Erhalt von Jugendförderprogrammen TOP 13 Personenbeförderungsrechtliche Vorschriften TOP 14 Westsahara TOP 15 Inverkehrbringen von Düngemitteln und Saatgut TOP 16 Waffengesetz TOP 18 Tag des Barrierefreien Tourismus auf der ITB TOP 19 Stabilisierung des Tarifvertragssystems TOP 20 Digitalisierung des Filmerbes TOP 21 Jugendfreundlichste Kommune Deutschlands Anlagen
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715200000

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie zu unserer Plenarsitzung.

Ich habe Ihnen einige Mitteilungen zu machen. Vor
Eintritt in die Tagesordnung müssen wir noch zwei
Wahlen durchführen.

Für die neue Amtszeit der Vergabekommission der
Filmförderungsanstalt schlägt die SPD-Fraktion vor,
die Kollegin Angelika Krüger-Leißner als ordentliches
Mitglied zu berufen, und die CDU/CSU-Fraktion be-
nennt in ihrem Vorschlag den Kollegen Marco
Wanderwitz als stellvertretendes Mitglied. Sind Sie mit
diesen Vorschlägen einverstanden? – Das ist offensicht-
lich der Fall. Dann sind die beiden Kollegen hiermit ge-
wählt.

Der Kollege Manuel Sarrazin hat auf seinen Sitz in
der Parlamentarischen Versammlung des Europa-
rates verzichtet. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
schlägt deshalb vor, den Kollegen Jerzy Montag als
Nachfolger zu berufen. Sind Sie auch damit einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann ist der Kollege Jerzy
Montag als Mitglied der Parlamentarischen Versamm-

Z
lung des Europarates gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

ZP 2 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemäß Anlage 5
Nr. 1 Buchstabe b GO-BT

zu den Antworten der Bundesregierung auf
die Fragen 1 und 2 auf Drucksache 17/8323


(siehe 151. Sitzung)


ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Garrelt
Duin, Hubertus Heil (Peine), Doris Barnett, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

(C (D ung n 19. Januar 2012 1 Uhr Chancen nutzen – Vorsorgende Wirtschaftspolitik jetzt einleiten – Drucksache 17/8346 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss P 4 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 2011/12 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – Drucksache 17/7710 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Finanzausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus Haushaltsausschuss ZP 5 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren Ergänzung zu TOP 27 a)

CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines
Zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bun-
deswahlgesetzes

– Drucksache 17/8350 –





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sigmar
Gabriel, Ute Vogt, Heinz-Joachim Barchmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Rückholung der Atommüllfässer aus der
Asse II beschleunigen

– Drucksache 17/8351 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 6 Weitere abschließende Beratungen ohne Aus-
sprache

Ergänzung zu TOP 28

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


zu dem Streitverfahren vor dem Bundesver-
fassungsgericht 2 BvE 9/11

– Drucksache 17/8361 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


zu dem Streitverfahren vor dem Bundesver-
fassungsgericht 2 BvF 3/11

– Drucksache 17/8362 –

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


zu dem Streitverfahren vor dem Bundesver-
fassungsgericht 2 BvR 2670/11

– Drucksache 17/8363 –

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP:

Solidarität von LINKEN-Abgeordneten mit
dem syrischen Präsidenten Assad

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so-
weit erforderlich, abgewichen werden.

Die Tagesordnungspunkte 12 a und 27 d werden ab-
gesetzt. Der Tagesordnungspunkt 17 wird nach dem Ta-
gesordnungspunkt 11 und der Tagesordnungspunkt 12 b
im Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt 27
aufgerufen. Können Sie sich auch damit einverstanden
erklären? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann haben
wir das so beschlossen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, in der kommenden Woche und im ganzen Jahr
2012 wird aus gegebenem Anlass an einen großen preu-
ßischen Monarchen erinnert werden. Heute möchte ich
vor Eintritt in unsere Tagesordnung einer großen Abge-
ordnetenpersönlichkeit gedenken, die wie kaum eine an-
dere die deutsche Parlamentstradition verkörpert.

Am 17. Januar 1812, also fast auf den Tag genau vor
200 Jahren, wurde Ludwig Windthorst im kleinen Ort
Ostercappeln bei Osnabrück im Emsland geboren, dem
er zeit seines Lebens verbunden blieb. Als führender Re-

p
p
le
M
la

te
K
re
m
N
R
2

ru
fr
z
n
u
P
b

n
d
n
te
h
P
d
w
M
u

d
s
a
b
m
v
M
K
D
d
e
K
re
n
d

D
w
n
li
g
h
d

(C (D räsentant der Zentrumspartei war er wichtigster innenolitischer Gegenspieler Otto von Bismarcks und vielicht – so lautet jedenfalls das fundierte Urteil Golo anns, den ich zitieren darf – einer der „genialsten Parmentarier, den Deutschland je besaß“. Nach einer vergeblichen Kandidatur für die Frankfurr Nationalversammlung, seiner Wahl in die Zweite ammer der Ständeversammlung des damaligen Königichs Hannover, dem er für zwei Jahre auch als Justizinister diente, wurde er 1867 in das Parlament des orddeutschen Bundes und schließlich 1871 in den eichstag gewählt, dem er bis zu seinem Tod 1891 0 Jahre ununterbrochen angehörte. Ludwig Windthorst war nicht nur einer der ersten Befsparlamentarier, er ist auch unübertroffen der redeeudigste Abgeordnete aller Zeiten gewesen. Über weitausendmal soll er das Wort in den Parlamenten, deen er angehört hat, ergriffen haben – fast immer kurz nd prägnant und im Reichstag fast immer von seinem latz aus. In dieser Beziehung hat er, was ich persönlich edauere, nicht wirklich stilbildend gewirkt. Wenn Otto von Bismarck, der Reichskanzler, in seier großen Zeit überhaupt einen parlamentarischen Wiersacher und Opponenten hatte, den er ernst nahm und ehmen musste, war es Ludwig Windthorst. Sein härtesr Gegner war zugleich sein größter Bewunderer. Heute ängen die Porträts der beiden Antipoden im Salon der arlamentarischen Gesellschaft einträchtig nebeneinaner, in der sich Ludwig Windthorst vermutlich deutlich ohler fühlen würde als Otto von Bismarck, der seine issachtung des Parlaments nur selten verbergen konnte nd wollte. (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Der kannte uns noch nicht!)


Ludwig Windthorst gehörte zu den Wegbereitern des
emokratischen Rechtsstaats. Im Spannungsfeld zwi-
chen Staat und Kirche, Politik und Religion hat er es nie
n persönlicher Unabhängigkeit und an eigener Urteils-
ildung fehlen lassen. Mit einem unbändigen Elan und
it einer souveränen Sturheit verteidigte er die Wahrung

on Menschenrechten und insbesondere die Rechte von
inderheiten. „Ich werde das Recht, welches ich für die
atholiken und für die katholische Kirche und deren
iener in Anspruch nehme, jederzeit vertreten, auch für
ie Protestanten und nicht minder für die Juden. Ich will
ben das Recht für alle“, sagte er 1880. Im preußischen
ulturkampf vertrat er ganz selbstverständlich die Inte-
ssen der Kirche gegenüber dem Staat, und er hat ge-

auso wenig gezögert, mit den Sozialdemokraten gegen
as Sozialistengesetz zu stimmen.

Ludwig Windthorst wurde vor 200 Jahren in ein
eutschland hineingeboren, das mit dem Land, in dem
ir heute leben – von der Geografie einmal abgesehen –,
icht viele Ähnlichkeiten hatte. Dass daraus der freiheit-
che demokratische Rechtsstaat wurde, dass daraus eine
efestigte parlamentarische Demokratie wurde, die wir
eute längst als schiere Selbstverständlichkeit ansehen,
as verdanken wir Persönlichkeiten vom Format eines





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Ludwig Windthorst. Ihnen gebührt unsere dankbare Er-
innerung und unsere Hochachtung.


(Beifall im ganzen Hause)


Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 3 a und b so-
wie die Zusatzpunkte 3 und 4 auf:

3 a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den
Bundesminister für Wirtschaft und Technologie
zum

Jahreswirtschaftsbericht 2012
Vertrauen stärken – Chancen eröffnen – mit
Europa stetig wachsen

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Jahreswirtschaftsbericht 2012 der Bundes-
regierung

– Drucksache 17/8359 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Garrelt
Duin, Hubertus Heil (Peine), Doris Barnett, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Chancen nutzen – Vorsorgende Wirtschafts-
politik jetzt einleiten

– Drucksache 17/8346 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

ZP 4 Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Jahresgutachten 2011/12 des Sachverständi-
genrates zur Begutachtung der gesamtwirt-
schaftlichen Entwicklung

– Drucksache 17/7710 –

d
ru
k

d
P

u

D
w
W
Z
s

R
s
n

d
2
b
s
g
ti
tu

tu

m
G
fe
e
D
s
te
v
R
B
le
Z
b
s
b

(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Finanzausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache im Anschluss an die Regierungserkläng 90 Minuten vorgesehen. – Auch dagegen höre ich einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat er Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, hilipp Rösler. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft nd Technologie: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten amen und Herren Abgeordnete! Im Jahre 2010 hatten ir ein Wachstum von 3,7 Prozent, im Jahre 2011 ein achstum von 3,0 Prozent. Und das Beste an beiden ahlen ist: Das Wachstum kommt auch bei den Menchen an: (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ekordbeschäftigungszahlen, die niedrigste Arbeitslo-
igkeit seit mehr als 20 Jahren, also seit der Wiederverei-
igung, steigende Renten, sinkende Beiträge, mehr ver-
gbares Einkommen für die Menschen. Das erklärt,

ass 76 Prozent der Deutschen optimistisch in das Jahr
012 hineingehen. Das können sie auch tun; denn sie ha-
en sich dieses Wachstum selber erarbeitet. Die Men-
chen haben sich den Wohlstand in Deutschland selber
eschaffen. Und sicher ist: Für diese Regierungskoali-
on aus CDU, CSU und FDP war, ist und bleibt Wachs-
m das erklärte Ziel ihres Handelns.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Auch 2012 wird die deutsche Wirtschaft auf Wachs-
mskurs bleiben; allerdings wird sich das Tempo vo-
bergehend verlangsamen. Wir rechnen für dieses Jahr
it einem Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent. Die
ründe liegen vor allem im außenwirtschaftlichen Um-
ld. Die Weltwirtschaft expandiert langsamer durch

ine schwache Erholung in den USA und nachlassende
ynamik in den Schwellenländern. Auch die Staats-

chuldenkrise in einigen Ländern des Euro-Raums belas-
t die deutsche Konjunktur. Wir erwarten aber nur eine
orübergehende Wachstumsdelle, ausdrücklich keine
ezession. Wir erwarten mehr als 220 000 zusätzliche
eschäftigte auch im Jahre 2012. Dieser Erfolg wider-
gt all die selbsternannten Wirtschaftspropheten und
ukunftsforscher, die noch vor kurzem das Ende der Ar-
eit ausgerufen haben. Die deutsche Wirtschaft hat diese
elbsternannten Propheten mit ihrem Beschäftigungs-
oom Lügen gestraft.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Bundesminister Dr. Philipp Rösler


(A) )


)(B)

Ich sage Ihnen: Wer das Ende der Arbeit beschwört
und herbeiredet, der kann doch niemals für mehr Ar-
beitsplätze sorgen. Das ist definitiv nicht unser Weg. Die
Grünen sehen das offensichtlich anders. All das, was wir
erleben, ist das Ergebnis guter Wirtschaftspolitik in den
letzten beiden Jahren. Wörtlich heißt es in einem Papier
von Herrn Trittin und Frau Künast – sie ist nicht anwe-
send –:


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Die baut Autobahnen!)


Wir halten den Abbau des Wachstumszwangs auch
aus ökologischen Gründen für erforderlich.

Mit Verlaub, das ist Unsinn. Wir jedenfalls gehen ei-
nen anderen Weg. Wir setzen auf Wirtschaft, Wachstum
und Arbeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sehr kurzsichtig!)


Damit setzen wir uns als Regierungskoalition sehr wohl-
tuend von den Pessimisten, Fortschrittsverweigerern und
Neinsagern in Deutschland ab. Wir sind das gelebte Ge-
genmodell zu roten,


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Das stimmt!)


grünen und linken Pessimisten in Deutschland.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Trotzdem verlieren wir nicht den Blick für die Risi-
ken. Die weitere wirtschaftliche Entwicklung bei uns
hängt wesentlich von der Entwicklung in Europa ab. Es
ist jetzt 60 Jahre her, dass der Bundestag den Vertrag zur
Gründung der Montanunion ratifiziert hat, übrigens ge-
gen die Stimmen der SPD. Seitdem hat uns die europäi-
sche Integration Frieden und Wohlstand gebracht. Die
Bundesregierung will und wird diese Erfolge bewahren
und weiterführen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Schuldenbremse ohne Zustimmung der FDP!)


Wir gestalten die notwendigen Schritte zu mehr Stabili-
tät und Wachstum in Europa aktiv und mit wirtschafts-
politischer Vernunft.

Die SPD hingegen will anscheinend ihre europakriti-
sche Haltung in der Vergangenheit kompensieren. Herr
Gabriel – auch nicht da –


(Rainer Brüderle [FDP]: Er macht Urlaub!)


möchte Europa jetzt zu einer Föderation umbauen. Bei
Licht betrachtet sind die Vorschläge der Sozialdemokra-
ten aber keine Vorschläge für eine Föderation, sondern
für eine Förderunion. Anstatt die Ursache der Krise, die
Staatsschulden, zu bekämpfen, wollen Sie mit Konjunk-
turpaketen und teuren staatlichen Wachstumsprogram-
men die Probleme noch verschärfen. Mit Ihren Program-
men wächst weder die Wirtschaft in Griechenland oder
in Italien noch die Wirtschaft in Deutschland, sondern es
wächst so immer nur der Staat. Wir lassen nicht zu, dass

e
E

E
s

re
S
S
U
s
w
v

S
D
b
te
d
im
k
s

W
U
ra
W
d
W
M
A
D


d
b


is
O

V
d

s
E
w
v

(C (D ine laxe Haushaltspolitik in Europa auch noch mit uro-Bonds belohnt wird. ine solche Politik schadet dem deutschen Steuerzahler, chadet Deutschland und damit Europa insgesamt. Sie wollen, dass sich die Stärkeren an den Schwächen orientieren; aber damit schaden Sie vorsätzlich den tarken und verhindern, dass es künftig überhaupt noch tarke gibt, die Schwachen helfen können. Man kann die hr danach stellen: Sobald im Ausschuss über Wirt chaft gesprochen wird, melden sich die Linken und ollen die gute Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland erhindern. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Oh, die Bösen!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ie reden unsere Außenhandelsbilanzüberschüsse schlecht.
ie Grünen haben sich dem angeschlossen und kürzlich
eschlossen, Außenhandelsbilanzüberschüsse zu verbie-
n, ja sogar zu bestrafen. Ich bleibe dabei: Außenhan-
elsbilanzüberschüsse sind kein Nachteil, sondern, ganz

Gegenteil, ein Zeichen unserer Wettbewerbsfähig-
eit. Sie sind die Stärke unserer Volkswirtschaft. Strafen
ind hier fehl am Platz.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Angesichts der Schuldenkrise in Europa haben wir die
achstumserwartungen zurückgeschraubt; das stimmt.
mso mehr müssen wir jetzt über Wachstum reden, ge-
de wenn das Umfeld schwieriger wird. Jetzt gilt es, die
achstumskräfte zu stärken. Bemerkenswert ist, dass in

iesem Jahr ausschließlich die Binnenwirtschaft unser
achstum trägt. Dahinter steht die Nachfrage vieler
enschen, die gerade in diesem Jahr bei Steuern und
bgaben entlastet werden. Das bedeutet für jeden im
urchschnitt 413 Euro mehr im Jahr.


(Zuruf von der SPD: Wo?)


Ja. Die SPD behauptet, so Frau Nahles, dass die von
er Koalition auf den Weg gebrachte Entlastung nichts
ringt.


(Caren Marks [SPD]: Sie sollten nicht so nuscheln! Dann versteht man Sie auch besser!)


Meine Damen und Herren von der SPD, das Problem
t nicht meine Aussprache. Das Problem liegt an Ihren
hren, vielleicht auch dazwischen. –


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau! So ist das! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie etwas gesagt?)


ielleicht ist das für Sie kein großer Beitrag. Aber für
ie Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft


(Zuruf von der SPD: Die kennen Sie doch gar nicht!)


ind 413 Euro viel Geld. Wenn Sie jetzt sagen, dass diese
ntlastung nichts bringt, dann beweist das in Wahrheit,
ie weit sich die Sozialdemokraten in der heutigen Zeit
on der Mitte unserer Gesellschaft entfernt haben.





Bundesminister Dr. Philipp Rösler


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Und das sagt ausgerechnet einer von der FDP!)


Wir werden die deutsche Wirtschaft stärken. Es geht
dabei um Fachkräftesicherung und Rohstoffversorgung.
Es geht natürlich auch um Energie. Es geht um neue
Märkte und neue Chancen. All das können wir durch
Innovationen erringen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Kohle? Kohleinnovationen? – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Das macht ihr doch gerade in NRW!)


Was die Fachkräfte betrifft, sind wir sehr erfolgreich.
Wenn Sie sich die Arbeitslosenzahlen ansehen, werden
Sie feststellen, dass nicht nur der bloße Rückgang der Ar-
beitslosigkeit ein Erfolg ist, sondern auch die strukturel-
len Veränderungen. Heute gibt es deutlich weniger Lang-
zeitarbeitslose, die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit, die
wir je hatten, und immer mehr ältere Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt. All das sind
Erfolgsmeldungen. Meine Damen und Herren, wer ange-
sichts solcher Zahlen jetzt versucht, eigene Reformen zu-
rückzudrehen – ich nenne nur die Rente mit 67 –, der hat
das Problem auf dem Arbeitsmarkt in Wahrheit definitiv
nicht verstanden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir werden nicht nur daran arbeiten, das inländische
Fachkräftepotenzial zu nutzen, sondern es geht auch um
Zuwanderung. Wir waren gerade im letzten Jahr sehr er-
folgreich. Erstmals gibt es ein gesteuertes System der
qualifizierten Zuwanderung in den deutschen Arbeits-
markt: gestaffelt nach Berufen, Qualifikationen und ab-
gesenkten Gehaltsschwellen. Ausländische Fachkräfte
sind ein wesentliches Thema, wenn es darum geht, auch
in Deutschland das Wachstum zu verstetigen. CDU,
CSU und FDP haben den Einstieg in die gesteuerte Zu-
wanderung geschafft. Wir werden die Wachstumsbremse
Fachkräftemangel gemeinsam lösen. Wir, meine Damen
und Herren, stehen gemeinsam für Fachkräftesicherung
in Deutschland.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Unternehmen klagen nicht nur über fehlende
Fachkräfte, sondern auch über steigende Rohstoff- und
Energiepreise. Beides ist heute von zentraler Bedeutung,
wenn wir das Wachstum in Deutschland verstetigen wol-
len. Oft sind die Kosten für Rohstoffe und Energie höher
als die Personalkosten.


(Zuruf von der SPD: Nur Sprechblasen!)


Das zeigt doch: Ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort
ist nicht nur auf eine umweltfreundliche, sondern auch
auf eine zuverlässige Rohstoff- und Energieversorgung
angewiesen. Deswegen ist es richtig, dass diese Bundes-
regierung eine Rohstoffstrategie hat und wir gemeinsam
und partnerschaftlich mit anderen Staaten über den Ab-
bau von Rohstoffen diskutieren. Die Bundeskanzlerin
hat gerade eine Rohstoffpartnerschaft mit der Mongolei

u
s

E
d
n
z
s
A
ru
u
d
R

d
a
s

E

D
C
w
k
v
In
g

a
E
d
ti

b

S

S
h

(C (D nterzeichnet. Im Februar dieses Jahres steht eine Rohtoffpartnerschaft mit Kasachstan an. Wer eine Energiewende will, der braucht erneuerbare nergien, zum Beispiel Windräder. Wer Windräder will, er braucht aber auch Seltene Erden, und zwar 1,9 Tonen pro Windrad einer Offshorewindkraftanlage. All das eigt: Wirtschaftspolitik heißt immer auch Außenwirtchaftspolitik, Rohstoffpolitik und Rohstoffsicherung. uch das ist ein Zeichen guter Wirtschaftsund Regiengspolitik. Wir brauchen uns nicht zu verstecken oder ns dafür zu entschuldigen, wenn wir dafür sorgen, dass ie deutsche Wirtschaft jetzt, aber auch in Zukunft mit ohstoffen versorgt wird; (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann kommt eigentlich der Brüderle wieder?)


enn andere Staaten machen dies längst. Wir müssen
uch hier versuchen, den Wettbewerbsvorteil der deut-
chen Wirtschaft zu erhalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das aktuell wichtigste Thema ist unbestritten die
nergiepolitik.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Was kommt denn jetzt?)


er Umbau der Energieversorgung ist eine große
hance, aber auch eine große Herausforderung. Wir
erden sie meistern. Wir brauchen Umweltverträglich-
eit, Versorgungssicherheit und natürlich Bezahlbarkeit
on Energie. Wir werden diesen Dreiklang nur mit den
strumenten der sozialen Marktwirtschaft in der richti-

en Balance halten können.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben mit der Netzgebühr doch gerade zur Erhöhung der Energiepreise beigetragen!)


Wir werden gemeinsam mit der Wirtschaft die Netze
usbauen und neue Kraftwerke bauen. Wir werden das
rneuerbare-Energien-Gesetz effizienter gestalten und
ie Energieeffizienz sowie die Forschung und Innova-
on gerade im Bereich der Energietechnologien fördern.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen das abschaffen, haben Sie gerade gesagt! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kenne ich alles schon!)


Ich erinnere daran: Als Sie damals den Atomausstieg
eschlossen haben, haben Sie nichts gemacht.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt müssen Sie sich aber anstrengen! Die Kanzlerin hört Ihrer Rede zu!)


ie saßen ungefähr so da wie jetzt:


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie haben die Hände in den Schoß gelegt. Wir hingegen
aben gehandelt: Wir haben das NABEG, die Novelle





Bundesminister Dr. Philipp Rösler


(A) )


)(B)

zum Energiewirtschaftsgesetz, die Anreizregulierungs-
verordnung und die KWK-Novelle auf den Weg ge-
bracht, und wir werden einen Bundesnetzbedarfsplan
dem Deutschen Bundestag vorlegen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wann denn? – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir warten hier schon seit Jahr und Tag in aller Demut!)


Wir werden die Offshoreanbindung verbessern. Und wir
werden auch dafür sorgen, dass dieser Energieumbau-
prozess durch eine Monitoringkommission vernünftig
begleitet wird. Von Ihnen lassen wir uns nicht vorwer-
fen, es sei nichts passiert. All diese Leistungen zeigen:
Ihre Vorwürfe sind absurd.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ankündigungen!)


An die Bremser hier im Hause: Sie blockieren im
Bundesrat doch gerade das CCS-Gesetz, das der Deut-
sche Bundestag beschlossen hat.


(Lachen bei der SPD – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was? – Thomas Oppermann [SPD]: Carstensen! Kubicki! – Rolf Hempelmann [SPD]: Eigentor!)


Sie schaden damit den Kommunen und den kleinen und
mittelständischen Energieversorgern und bremsen den
Umbau der Energieversorgung.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Oh Mann! Wer schreibt denn Ihre Reden? – Garrelt Duin [SPD]: Wer regiert denn gerade in Niedersachsen? Wer blockiert denn da? – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Reden, die Sie frei gehalten haben, waren doch besser!)


Als Sie damals den Ausstieg beschlossen haben, ha-
ben Sie gefordert, man müsse die kleinen kommunalen
Versorger unterstützen. Wenn es dann aber darum geht,
sind Sie die Blockierer vor dem Herrn.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: Haben Sie noch eine andere Schablone?)


Gleiches gilt für die energetische Gebäudesanierung. Sie
schaden damit der Energieeffizienz, aber auch dem mit-
telständischen Handwerk in Deutschland.

Ich frage Sie: Wo ist denn Ihr Engagement für mehr
Forschung, zum Beispiel in der Energiepolitik? Sobald
Sie das Wort „Forschung“ hören, bekommen Sie doch
Hautjucken. Es gibt doch kaum technologiefeindlichere
Politiker als hier bei den Grünen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Rolf Hempelmann [SPD]: Das ist doch albern!)


Es muss Ihnen doch eine Warnung sein, dass große deut-
sche Unternehmen ganze Technologiesparten wie die
Biotechnologie ins Ausland verlagern, weil sie Angst
vor Ihrer Technologiefeindlichkeit haben. So werden Sie
die Probleme in Deutschland nicht lösen können.

A
g
tu

s

W
w

b
g
e
m
ra
F

z
e
e


li

W
E
s
s

U
ta
te
h
d
a

(C (D (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie flüchten vor Ihnen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist doch so was von albern! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das will doch keiner essen!)


Wir werden diese Aufgaben meistern:


(Thomas Oppermann [SPD]: Fangen Sie endlich einmal an!)


usbau der Netze – über 4 000 Kilometer neue Leitun-
en –, Investitionen in neue Kraftwerke mit einer Leis-
ng von 17 Gigawatt allein bis zum Jahre 2020.

Wir werden auch gemeinsam über Preise reden müs-
en. Es geht um die Bezahlbarkeit von Energie.


(Thomas Oppermann [SPD]: Warum haben Sie damit noch nicht angefangen? – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Mach mal!)


enn Sie öfter mal in die Zeitung schauen würden, dann
ürden Sie feststellen, dass das ein aktuelles Thema ist.

Ich halte es ausdrücklich für richtig, dass wir erneuer-
are Energien fördern. Es war schließlich eine schwarz-
elbe Regierungskoalition, die die Förderung der erneu-
rbaren Energien mit dem Stromeinspeisungsgesetz da-
als auf den Weg gebracht hat. Das war richtig, und da-
uf können wir auch gemeinsam stolz sein, liebe
reundinnen und Freunde.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist Karneval bei Ihnen?)


Es wird aber Zeit, gemeinsam auch über eine effi-
iente Förderung nachzudenken. Vielleicht werden Sie
s nicht verstehen: Es gibt einen Unterschied zwischen
ffektiv und effizient.


(Thomas Oppermann [SPD]: Mein Gott!)


Schön, dass Sie sich so aufregen. Das richtet sich näm-
ch gerade an Sie. –


(Thomas Oppermann [SPD]: Da war ja Bangemann besser!)


ir wollen gemeinsam den Ausbau der erneuerbaren
nergien, aber nicht zu den Kosten bzw. Preisen, die Sie
ich an dieser Stelle vorstellen; denn es geht auch we-
entlich effizienter.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt einen Unterschied zwischen effizient und Effenberg! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Effizienz und Boygroup, das ist auch eine Frage!)


Es kann doch nicht sein, dass die Hälfte der EEG-
mlage, mehr als 6 Milliarden Euro, für die Photovol-
ik ausgegeben wird, mit der nur 3 Prozent der gesam-
n Energie produziert werden. Mit Wirtschaftlichkeit
at das nichts zu tun. Hier müssen wir ran. Es geht um
ie Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und
uch um die Preise für die Menschen in unserem Lande.





Bundesminister Dr. Philipp Rösler


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: Ich will Brüderle zurück! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn der Brüderle?)


Wir brauchen auch den Zugang zu neuen Märkten. In
der Außenwirtschaftspolitik werden wir nicht nur auf die
klassischen Partnerländer USA und Japan und auf die
neuen Partnerstaaten Brasilien, Russland, Indien oder
China setzen, sondern auch auf weitere Staaten, die ge-
rade wesentlich stärker werden als viele andere, weil sie
ein enormes Wachstum vorzuweisen haben: Malaysia,
Mexiko, Vietnam. Die Märkte all dieser Staaten werden
von uns neu erschlossen werden. Das sind neue Märkte
für die deutsche Wirtschaft. Wenn es darum geht, das
Wachstum im Inland zu stärken, werden wir uns um
neue Märkte bemühen müssen. Wir kämpfen dabei auch
gegen den zunehmenden Protektionismus in der Welt. In
vielen Schwellenländern steigt das Selbstbewusstsein,
aber leider nehmen auch die nichttarifären Handels-
hemmnisse zu.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Protektionismus ist doch bei uns! Sie haben vielleicht Humor! Wir sind doch in der WTO und schotten uns ab!)


Gerade wir, Deutschland, als Exportnation müssen ein
Interesse daran haben, dass das Grundprinzip von Au-
ßenwirtschaft erhalten bleibt. Offene Märkte, freier Han-
del und fairer Wettbewerb, das sind die Grundlagen einer
guten Außen- und Wirtschaftspolitik. Das sind die
Grundlagen unserer Politik in dieser Regierungskoali-
tion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir setzen weiter auf Innovationen. Allein im Ener-
giebereich stellen wir in den nächsten vier Jahren
3,5 Milliarden Euro zusätzlich für Forschung und Inno-
vation zur Verfügung, zum Beispiel im Bereich der Spei-
chertechnologie. In dieser Legislaturperiode investieren
wir 12 Milliarden Euro in Bildung, Forschung und Inno-
vationen und auch in viele andere Bereiche.

Wir sind davon überzeugt, dass man in Deutschland
nur mit Fortschrittsoptimismus weiterkommen kann und
dass Wachstum nur mit Fortschrittsoptimismus über-
haupt erst möglich wird. Sie werden nicht weiterkom-
men, wenn Sie glauben, dass man Probleme, die durch
die Anwendung und Nutzung von Technologien entste-
hen, allein durch Verbote wird beseitigen können. Viel-
mehr wird es nur durch bessere technologische Lösun-
gen und eben durch Innovationen gelingen, solche
Probleme von vornherein zu vermeiden. Deutschland
wird nicht umweltfreundlicher, indem man Plastiktüten
und Autos verbietet,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


sondern indem man Katalysatoren erfindet oder Innova-
tionen im Bereich der Elektromobilität entwickelt. Des-
wegen setzen wir auf Forschung, Technologie und Inno-
vationen, und wir grenzen uns damit von Ihnen ab.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


S
v
c
n
S
b
v

G
s
W
S
n
u

d
k
h
e
w
k

S

re
D
li
te
A
d
k
Z

A
m


(C (D Sie sind technikfeindlich und innovationsfeindlich. (Thomas Oppermann [SPD]: Haben Sie keine andere Platte drauf?)


ie wollen in Wahrheit nicht den Ausbau der Energie-
ersorgung; schließlich versuchen Sie in vielen Berei-
hen, ihn zu behindern und auszubremsen. Sie wollen
icht die Stabilisierung der Europäischen Union, weil
ie selber an Ihrer Vergangenheit noch zu knabbern ha-
en. Ich sage Ihnen: Wir stehen gerade im Jahre 2012
or nicht ganz einfachen Herausforderungen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ach was!)


enau deswegen haben wir uns vorgenommen, gemein-
am daran zu arbeiten, Europa zu stabilisieren, die
achstumskräfte im Inland durch Fachkräftesicherung,

icherung der Rohstoffversorgung, gute Energiepolitik,
eue Märkte, neue Chancen, Innovationen, Forschung
nd Technologie freizusetzen.

Die Menschen werden sich darauf verlassen können,
ass wir alles dafür tun, dass Deutschland auch in Zu-
unft auf Wachstumskurs bleiben kann. Das, was Sie
ier eben vorgeführt haben, zeigt doch in Wahrheit nur
ines: Sie dürfen dieses Land gar nicht regieren. Sonst
ird es niemals gelingen, Deutschland auf Wachstums-
urs zu halten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Anhaltender Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Im Mai ist es vorbei!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715200100

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort erhält der Kollege Hubertus Heil für die
PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1715200200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Der Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung in
eutschland verlangt vor allen Dingen eines: einen rea-
stischen Blick. Deshalb, Herr Bundeswirtschaftsminis-
r, sagen wir als Opposition: Es ist nicht die Zeit für
larmismus; denn Deutschland hat in den letzten Jahren
urchaus Stärken an den Tag gelegt, die wir brauchen
önnen und weiter brauchen. Es ist aber auch nicht die
eit für Schönfärberei.

Herr Rösler, eines muss ich Ihnen sagen:


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sag es!)


ngesichts dessen, was Sie hier eben geboten haben,
ache ich mir ernsthaft Sorgen über die Form von Reali-
tsverweigerung, die Sie hier an den Tag legen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg van Essen [FDP]: Ihnen gefallen doch die Zahlen nicht! Das ist doch der Grund!)






Hubertus Heil (Peine)



(A) )


)(B)

Ich glaube, Herr Rösler, dass das vor dem Hintergrund
Ihrer Funktion als FDP-Vorsitzender vielleicht nachvoll-
ziehbar ist. Wenn man bei 2 Prozent steht, dann muss
man ein bisschen die Realität ausblenden; sonst kommt
man gar nicht mehr durch den Tag. So schwierig ist das.
Das ist aber Ihr Problem.

Für Deutschland wird es ein Problem, wenn ein Bun-
desminister für Wirtschaft die Realität der wirtschaft-
lichen Entwicklung in diesem Land und in Europa aus-
blendet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Was blenden Sie denn aus?)


Wie oberflächlich Sie sich als Bundeswirtschaftsminis-
ter mit den tatsächlichen ökonomischen Fragen dieser
Zeit auseinandersetzen, sieht man an der Art und Weise,
wie Sie versucht haben, zum Beispiel gegenüber Bünd-
nis 90/Die Grünen Pappkameraden aufzubauen. Ich habe
Frau Merkels Gesicht gesehen: Es sah noch trauriger aus
als sonst.


(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie hat Sie schon erwartet! Deswegen ist sie traurig geworden!)


Herr Rösler, man kann mit dem, was Sie hier bieten, fast
nur noch Mitleid haben.


(Patrick Döring [FDP]: Wir sind froh, dass Sie sich als Pappkamerad zur Verfügung stellen!)


Kommen wir zur Sache, zum Jahreswirtschaftsbe-
richt.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


– Ich muss ja irgendwann einmal darüber reden. Wenn
der Wirtschaftsminister nicht über Wirtschaftspolitik re-
det, dann muss es wenigstens die Opposition tun, meine
Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Tatsache ist: Deutschland ist besser durch die vergan-
genen Jahre der Krise gekommen als andere Volkswirt-
schaften in Europa. Ich finde, wir sollten jetzt aufhören,
zu versuchen, uns wechselseitig selbst auf die Schulter
zu klopfen. Jeder hat eine unterschiedliche Wahrneh-
mung, wer einen Beitrag geleistet hat.

Eine wesentliche Ursache ist, dass Deutschland im
Gegensatz zu anderen Volkswirtschaften nach wie vor
ein breites und starkes industrielles Rückgrat hat. Von
der Grundstoffindustrie bis zu den Hightechschmieden
haben wir eine Wertschöpfungskette, die andere Länder
– ob Großbritannien, Irland, Griechenland oder andere –
so nicht haben. Das hat dazu geführt, dass wir in den
letzten Jahren als exportstarkes und wettbewerbsfähiges
Land mit den besten Produkten, Verfahren und Gütern
auf den Märkten der Welt und auch in Europa erfolg-
reich waren.

m
P
s

S
fo
W

d
d
h
F
w
v
E

s
d
v
d
4
z
p
n
N
D

D

tu
s

D
n
B
D
In
g
m

L
b
m
im
d
a
L

(C (D Das ist keine Banalität, Herr Rösler. Denn ich kann ich erinnern, dass vor zehn Jahren auch Vertreter Ihrer artei Industrie noch für etwas, sagen wir mal, Altmodiches erklärt haben, was ins Bergbaumuseum gehöre. (Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: So ist es! – Widerspruch bei der FDP)


ie haben uns damals geraten, dem irischen Beispiel zu
lgen und allein auf Finanzdienstleistungen zu setzen.
ir wissen, wo das geendet hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb ist die Lehre aus dieser Krise, dass nicht nur
er unverantwortliche Umgang mit öffentlichen Gel-
ern, den es auch gab, die Länder ins Defizit gebracht
at, sondern vor allen Dingen auch eine ökonomische
ehlentwicklung, eine Entwicklung, die sich von real-
irtschaftlichem Handeln und industrieller Produktion
erabschiedet hat. Denn das haben die Defizitländer in
uropa alle gemeinsam.

Deshalb muss man in dieser Zeit zum Jahreswirt-
chaftsbericht leider feststellen, Herr Rösler, dass sich
ie Stärke der deutschen Wirtschaft dauerhaft auch zur
erwundbaren Stelle entwickeln kann. Weil 60 Prozent
er Exporte Deutschlands in die Europäische Union,
0 Prozent in die Euro-Zone und derzeit lediglich 6 Pro-
ent nach China gehen, wissen wir: Wir können als Ex-
ortnation, wenn es dem Rest Europas schlecht geht,
icht dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich sein, weil die
achfrage nach deutschen Produkten, Verfahren und
ienstleistungen wegbricht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie Antwort darauf bleiben Sie schuldig.

Neben Realitätssinn fehlt Ihnen die Tatkraft, das zu
n, was jetzt notwendig ist. Wir brauchen eine Doppel-

trategie, um dieser Herausforderung zu begegnen.


(Patrick Döring [FDP]: Genau! Staatsgeld und mehr Staatsschulden!)


azu gehört erstens, dass wir in Deutschland mithelfen,
icht nur konjunkturell, sondern auch strukturell die
innennachfrage und die Kräfte im Inland zu stärken.
azu gehören Investitionen in Bildung, Forschung und
frastruktur, aber an der richtigen Stelle, Herr Rösler; es

eht nicht darum, ein Betreuungsgeld als Fernhalteprä-
ie vom Arbeitsmarkt für Frauen einzuführen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dazu gehört zweitens aber auch eine angemessene
ohnentwicklung. Im Hinblick auf den Arbeitsmarkt ha-
en Sie etwas verschwiegen. Tatsache ist: Es ist gut, dass
ehr Menschen in Beschäftigung sind als früher, auch
sozialversicherungspflichtigen Bereich. Wer möchte

as bestreiten, und wer sollte das schlechtreden? Es ist
ber schlecht, dass immer mehr Menschen in diesem
and zwar Vollzeit arbeiten, aber nicht mehr von der Ar-





Hubertus Heil (Peine)



(A) )


)(B)

beit leben können, weil sie mit Armuts- und Hungerlöh-
nen abgespeist werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Das ist ein Zerrbild!)


– Das ist kein Zerrbild. Wenn mittlerweile 25 Prozent
der Arbeitnehmer, die arbeitslos werden, direkt in die
Grundsicherung, in das Arbeitslosengeld II herunterras-
seln und aus der Arbeitslosenversicherung herausfallen,


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Woran liegt das denn?)


dann hat das mit der Lohn- und Gehaltsentwicklung in
diesem Land zu tun. Es hat damit zu tun, dass es einen
Missbrauch von Zeit- und Leiharbeit gibt und dass es im
Gegensatz zu anderen Ländern in Deutschland leider
Gottes keinen gesetzlichen Mindestlohn gibt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen – da sind die Tarifvertragsparteien zu-
vörderst gefragt – angemessene Lohnabschlüsse, um die
Kaufkraft zu stärken. Wir brauchen private und öffent-
liche Investitionen in diesem Land. Und: Wir müssen
mithelfen, dass sich Deutschland so entwickelt, dass es
wettbewerbsfähig bleibt. Aber dafür brauchen wir Staa-
ten und Märkte, die in der Lage sind, unsere Produkte,
Verfahren und Dienstleistungen abzunehmen.

Deshalb, Herr Rösler, finde ich Ihre Betrachtung der
Krise in der Euro-Zone und den Defizitländern sehr
oberflächlich. Wer weiterhin glaubt, dass die betroffenen
Länder alleine mit kurzfristigen Hilfskrediten und
gleichzeitig mit massiven Sparauflagen ökonomisch
wieder auf die Beine kommen, der hat nicht begriffen,
dass die wirtschaftliche Dynamik in diesen Ländern be-
stimmte Strukturen, beispielsweise eine bestimmte Infra-
struktur, aber auch eine industrielle Struktur, braucht.
Aber dazu haben Sie nichts gesagt. Wer einem Staat wie
Griechenland mit einer Verschuldung von mindestens
180 Prozent, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, nur
kurzfristig Hilfskredite hinterherwirft und gleichzeitig
die dortige Wirtschaft mit kurzfristigen Sparprogram-
men und -auflagen abwürgt, der tut nichts dafür, dass
dieses Land auf lange Sicht ökonomisch wieder auf eige-
nen Beinen steht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Was ist denn Ihr Konzept? Mehr Staatsverschuldung?)


– Herr Döring, ich habe vor kurzem in der Zeitung gele-
sen, dass Sie als Patrick Lindner bezeichnet wurden. Ich
glaube aber, dass Sie Döring heißen.


(Patrick Döring [FDP]: Mehr Staatsverschuldung?)


– Herr Döring, stellen Sie eine Zwischenfrage, oder hal-
ten Sie die Klappe!

d
b
is
e
a

d
d

g
s
u
a
B
s

W
S
u
w
s
m
w
in
s
a

H
te
tr
S
s
e

Ic
S
w
s
s
d
d
h
m

(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind aber ein arroganter Vogel!)


Ich sage Ihnen etwas zur Sache. Wir wollen das nicht
urch eine höhere Staatsverschuldung finanzieren. Wir
rauchen nicht nur einen Fiskalpakt mit Auflagen – der
t in Europa sicherlich notwendig –, sondern auch ein
uropäisches Wachstumsprogramm. Ich sage Ihnen
uch, wie wir es finanzieren wollen:


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Halten Sie mal die Klappe!)


urch das Aufkommen einer Finanztransaktionsteuer in
er Euro-Zone, deren Einführung Sie blockieren wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Rösler, das bringt mich wirklich dazu, mir Sor-
en zu machen. Man könnte sich mit Blick auf den Zu-
tand dieser 2-Prozent-Partei FDP getrost zurücklehnen
nd Witze über die FDP machen. Das reicht aber nicht
us, weil Sie selbst mittlerweile durch Ihr Handeln in der
undesregierung zu einem Standortrisiko geworden

ind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn die Bundeskanzlerin auf europäischer Ebene in
achen Finanztransaktionsteuer entschlossen auftreten
nd im Kreis ihrer Kollegen Überzeugungsarbeit leisten
ill, dann können diejenigen, die die Einführung einer

olchen Steuer skeptisch sehen oder dagegen sind, im-
er wieder mit Blick auf die FDP die Frage stellen: Wie
ill sich eine Kanzlerin in Europa durchsetzen, die sich
Deutschland noch nicht einmal gegenüber ihrem

chwächelnden Koalitionspartner in Sachen Finanztrans-
ktionsteuer durchsetzen kann?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE] – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wo leben Sie denn, Herr Heil?)


Jetzt will ich etwas zu Ihrer Argumentation sagen,
err Rösler. Sie müssen sich entscheiden. Sie haben ges-
rn in der Bundespressekonferenz zum Thema Finanz-
ansaktionsteuer zwei Antworten gegeben. Zuerst haben
ie gesagt, warum Sie eine solche Steuer grundsätzlich
chlecht finden. Dann haben Sie gesagt: Wenn man sie
inführt, dann nur in der Europäischen Union.


(Patrick Döring [FDP]: Wie es die Kommission vorgeschlagen hat!)


h sage Ihnen dazu Folgendes: Wenn man eine solche
teuer einführt, dann wäre es ganz toll, wenn man es
eltweit machen würde. Das wäre das Beste. Ich wün-

che mir, dass das zumindest in der gesamten Europäi-
chen Union möglich wäre. Aber Sie wissen ganz genau,
ass das mit einer britischen Regierung, die so sehr von
er City of London abhängig ist, nie möglich ist. Des-
alb sind Sie in dieser Frage nicht ganz ehrlich. Sie argu-
entieren in Sachen Finanztransaktionsteuer nach dem





Hubertus Heil (Peine)



(A) )


)(B)

Motto: Dafür, weil Ablehnung durch Briten gesichert. –
Das ist keine ehrliche Position. Dann sagen Sie doch,
dass Sie diese Steuer nicht wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen, warum wir diese Steuer brauchen, und
zwar aus zwei Gründen: Zum einen ist sie eine effektive
Bremse gegen kurzfristige, volkswirtschaftlich schäd-
liche Spekulationen beispielsweise im Bereich des
Hochfrequenzhandels. Zum anderen brauchen wir sie
schlicht und ergreifend, weil wir das Aufkommen dieser
Steuer in Europa brauchen, weil wir die Staaten nicht in
neue Schulden stürzen dürfen und weil wir den Steuer-
zahlern nicht die Kosten dessen aufhucken dürfen, was
jetzt notwendig ist, nämlich ein wirtschaftliches Aufbau-
programm. Das wird sicherlich lange dauern. Aber ich
erinnere daran, dass wir in der Bundesrepublik Deutsch-
land nach dem Zweiten Weltkrieg ohne ein solches wirt-
schaftliches Aufbauprogramm – es hieß damals
Marshallplan – nicht auf die Beine gekommen wären.
Was Sie betreiben, ist Voodoo-Ökonomie. Zu glauben,
dass man mit Sparauflagen und Hilfskrediten die betrof-
fenen Länder ökonomisch wieder flottmachen könne,
hat mit ökonomischem Sachverstand nichts zu tun.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Ihre Rede auch nicht!)


Zum Thema Energiepolitik. Herr Rösler, war das
nicht die Rede eines Bundeswirtschaftministers, der
auch für Energiepolitik zuständig ist?


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Jawohl!)


Das war die Rede eines hilflosen Hilfsreferenten: Man
müsste mal, man sollte mal, man könnte mal. Die deut-
sche Wirtschaft schreibt Ihnen ins Stammbuch, dass die
Art und Weise, wie Sie sich bei der Umsetzung der Ener-
giewende mit Herrn Röttgen verhakeln, dass das Fehlen
eines Masterplans – er ist notwendig, um die Netze aus-
zubauen, die Erneuerbaren tatsächlich zu integrieren,
Planungs- und Investitionssicherheit zu schaffen und
Energieeffizienz voranzubringen –, dass dieser Zick-
zackkurs und diese Unsicherheit mittlerweile zum Pro-
blem werden können für die Verbraucher, was die Preis-
entwicklung betrifft, und für die energieintensiven
Unternehmen in diesem Land. Sie sind durch diese Form
von Energiepolitik ein Standortrisiko. Das müssen Sie
sich zurechnen lassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Rösler, zum Thema Fachkräftesicherung und
Personalentwicklung. Abgesehen davon, dass Sie das zu
einem wichtigen Thema erklärt haben, ist der einzige
Beitrag, der im Bereich Personalentwicklung im Mo-
ment geleistet wird – ob das Fachkräftesicherung ist,
weiß ich nicht –, das, was Ihr Kollege Niebel im Ent-
wicklungsministerium an Personalpolitik macht. Er hat
wahrscheinlich Entwicklungspolitik mit Personalent-
wicklung verwechselt.

A
k
b

m
s
m
L

e
h
k
e

d

M
Z
E
a

a
g
D

D
n

d
V
im
b
u
S
K

(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der FDP)


ber es gibt in der Sache keine Fachkräfteallianz und
eine Strategie in Deutschland, die die Spaltung des Ar-
eitsmarktes überwindet.

Wir erleben, dass demografiegetrieben die Arbeits-
arktsituation in diesem Jahr stabil bleibt. 150 000 Men-

chen weniger als im letzten Jahr stehen dem Arbeits-
arkt zur Verfügung. Das ist nicht nur eine politische
eistung; das ist schlicht und ergreifend Demografie.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715200300

Herr Kollege.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1715200400

Deshalb ist die Fachkräftesicherung Thema Nummer

ins. Kümmern Sie sich einmal darum, und bauen Sie
ier keine Pappkameraden auf! Sie sind eine Nummer zu
lein für das Amt, Herr Rösler; das kann ich Ihnen nicht
rsparen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Ich bin so froh, dass Sie das nicht entscheiden müssen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715200500

Nächster Redner ist der Kollege Michael Fuchs für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Mit dem Wirtschaftsminister können Sie doch nicht zufrieden sein, Herr Fuchs!)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1715200600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
eine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die

ahlen von Herrn Heil verfolgt, dann muss man sagen:
s macht eigentlich überhaupt keinen Sinn, darauf zu
ntworten, und deswegen erspare ich Ihnen und mir das.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Heil versucht, uns beizubringen, dass das Glas
llenfalls halb leer ist. Es ist aber mehr als halb voll. Es
ibt kein Land in Europa, dem es so gut geht wie
eutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


arauf können wir stolz sein. Wir lassen uns das von
iemandem aus der Opposition schlechtreden.

Die Situation in Deutschland ist viel besser als in je-
em anderen Land. Ich habe vor kurzem Gespräche mit
ertretern anderer Länder geführt. Das Einzige, was ich
mer wieder gesagt bekommen habe, war: Eure Pro-

leme möchten wir haben. – Genau so ist die Situation,
nd dies sollten wir auch erfreut zur Kenntnis nehmen.
o gut wie Deutschland ist kein anderes Land aus dieser
rise herausgekommen.





Dr. Michael Fuchs


(A) )


)
Es ist die Politik, es sind aber auch die Unternehmen
sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die
Deutschland standortsicher gemacht haben, die dafür ge-
sorgt haben, dass wir innovative Produkte haben und
dass wir unsere Produkte weltweit vernünftig absetzen
können. Die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland
wurde in den letzten Jahren gewaltig gesteigert. Deswe-
gen geht es uns so gut.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn Sie sich die Zahlen aus Europa angucken, dann
sehen Sie: Es gibt kaum ein Land, das sagen kann, seine
Wirtschaft werde in diesem Jahr um mindestens 0,7 Pro-
zent wachsen. Das ist nicht viel in Relation zu dem, was
wir in den letzten Jahren hatten, nämlich 3,7 Prozent und
3,0 Prozent. Aber es ist Wachstum, und es ist konserva-
tiv gerechnet; denn ich bin davon überzeugt, dass der
Export besser laufen wird, als wir dies im Jahreswirt-
schaftsbericht angenommen haben. Meiner Meinung
nach wird der Export schon deswegen besser laufen,
weil wir durch den schwachen bzw. schwächeren Euro
natürlich auch gewisse Windfall Profits haben. Schwach
ist der Euro wahrlich nicht. Ich erinnere daran, dass er in
Relation zum US-Dollar einmal bei 85 Cent gestanden
hat; jetzt steht er bei 1,27 bzw. 1,28 Euro. Das ist wahr-
lich nicht dramatisch und zeigt im Prinzip die nach wie
vor vorhandene innere Stärke des Euro.

Der Arbeitsmarkt profitiert davon am allermeisten.
Wir werden in diesem Jahr laut Projektion voraussicht-
lich 41,3 Millionen Erwerbstätige haben. Wir haben über
29 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.
Das führt dazu, dass unsere Sozialsysteme sicherer ge-
worden sind. Es führt dazu, dass wir im nächsten Jahr
den Rentenversicherungsbeitrag wahrscheinlich erneut
senken können, ja sogar müssen, weil wir über die Re-
serve von 1,5 Monatsausgaben hinauswachsen werden.
All dies sind Erfolgsstories.

Aber ein Punkt ist mir am allerwichtigsten – dafür
habe ich mich persönlich auch als Unternehmer immer
eingesetzt –: Die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland
ist so niedrig wie in keinem einzigen anderen Land
Europas. Das sollten wir auch einmal zur Kenntnis neh-
men. Das könnte sogar die Opposition erfreut zur Kennt-
nis nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es gibt für mich kein größeres gesellschaftspoli-
tisches Problem, als sich darum zu kümmern, dass junge
Menschen eine Perspektive haben, eine Chance, in den
Arbeitsmarkt hineinzukommen, damit sie eine Lebens-
perspektive entwickeln können. Genau dies haben wir
erreicht. In meinem Wahlkreis gibt es keinen einzigen
jungen Menschen mehr, der noch keinen Ausbildungs-
platz gefunden hat, aber 327 offene Stellen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das glaube ich Ihnen nicht!)


Bei diesem Punkt müssen wir darüber nachdenken:
Wie bekommen wir es hin, die Jugendlichen, die noch
nicht ausbildungsfähig sind, möglichst schnell in Ausbil-
dung zu bringen? Das ist aber eine wesentliche Aufgabe

d
g

M
g
k
g
te
te
R
w

w
s

g
d
M
G
re
H
d
s
a
Q
m
m
s
g
d
J

tr
C

A
h
w
z
R
k
s

G
w
P
h
s
a
d

(C (D er Länder. Darüber gibt es keine Diskussion. Das muss elingen, und es muss schnell gelingen. Wir müssen außerdem darüber nachdenken, ob junge enschen aus dem europäischen Umland, in dem die Ju endarbeitslosigkeit gewaltig hoch ist, zu uns kommen önnen. Auch das wird eine Aufgabe der Politik sein, enauso wie es sehr wichtig ist, dass wir den Facharbeirmangel angehen. Aber dort haben wir bereits im letzn Jahr – Herr Bundesminister, vielen Dank dafür – eine eihe von Maßnahmen ergriffen, die sich sicherlich beähren werden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Situation ist also alles andere als schlecht, und
ir lassen sie uns auch von der Opposition nicht

chlechtreden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Garrelt Duin [SPD]: Das machen wir doch gar nicht!)


Wichtig ist aber, dass wir wissen, warum es uns so gut
eht. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, uns geht es
eswegen so gut, weil wir eine funktionierende soziale
arktwirtschaft haben. Diese Marktwirtschaft ist der
rund, warum es bei uns besser läuft als in vielen ande-
n Ländern. Es ist unsere Aufgabe, hier im Hohen
ause darauf zu achten, dass wir weiter auf dem Weg
er Marktwirtschaft gehen und diese nicht immer infrage
tellen. Das tun viele. Der Marktwirtschaft wird häufig
uch noch Raubtierkapitalismus vorgeworfen. Völliger
uatsch! Wer von Marktwirtschaft spricht, der meint da-
it bewusst auch Ordnung und Staat. Das gehört zusam-
en. Aber der Staat ist nicht der bessere Banker und

chon gar nicht der bessere Unternehmer. Er hat die Re-
eln zu setzen, aber sich aus der Marktwirtschaft, aus
em Markt herauszuhalten. Dort haben wir in den letzten
ahren das eine oder andere durchaus falsch gemacht.

Der Marktanteil privater Banken in Deutschland be-
ägt gerade einmal 26,9 Prozent, und dabei habe ich die
ommerzbank dazugerechnet.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Sehr spannend!)


ber wenn der Staat die Sperrminorität bei einer Bank
at, kann man nicht wirklich von privat sprechen. Wenn
ir diese Bank nicht dazurechnen, sind wir bei 19 Pro-

ent. Das ist mit 15 Prozent die Deutsche Bank, und der
est sind das Bankhaus Metzler und einige andere
leine. Dann davon zu sprechen, dass all diese schuld
eien, ist sehr fragwürdig.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Ja, ja!)


Meiner Meinung nach wäre es besser – der Kollege
ysi hat das ja immer in seinen Redeschleifen –, wenn
ir einmal darüber nachdenken würden, wie wir mehr
rivate in den Bankensektor hineinbekommen; denn sie
aben weniger Probleme als die ganzen staatlich organi-
ierten Banken, angefangen bei allen Landesbanken, vor
llem denjenigen in sozialdemokratisch geführten Län-
ern.

(B)






Dr. Michael Fuchs


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Garrelt Duin [SPD]: In Bayern, genau, und in Baden-Württemberg!)


Lassen Sie mich – Sie warten wahrscheinlich schon
darauf – noch einige Worte zum Energiemarkt sagen.
Auch dort ist es so, dass das Ganze mit Markt nicht mehr
allzu viel zu tun hat. Wir haben nur noch 34 Prozent
Markt; 66 Prozent sind staatlich organisiert. Das ist der
gesamte Bereich der staatlichen Lasten; das sind 42 Pro-
zent. Hinzu kommen die regulierten Netzentgelte mit
einem Anteil von 24 Prozent. Also sind nur noch 34 Pro-
zent des gesamten Strompreises privat oder marktwirt-
schaftlich organisiert. Das zeigt, dass wir da in eine Falle
laufen, die immer problematischer wird. Denn je mehr
erneuerbare Energien wir einsetzen – und wenn wir die-
sen Bereich so organisieren, dass dieser Markt komplett
reguliert ist –, desto mehr wird aus der privatwirtschaft-
lichen Organisation herausgenommen.

Ich warne davor; denn das kann zu Verteuerungen
führen, die wir uns nicht leisten können. Die können wir
uns deswegen nicht leisten, weil ich nicht möchte, dass
Industrieunternehmen aus Deutschland abwandern müs-
sen, weil sie nicht in der Lage sind, die Strompreise zu
bezahlen bzw. ihre Produkte wettbewerbsfähig in
Deutschland herzustellen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Es kann nicht sein, dass wir die Fehler, die wir beim
EEG gemacht haben, auch in Zukunft nicht beseitigen.
Produce and forget – das ist die Methode, die das EEG
vorgibt: Ich stelle den Strom her; ob den irgendeiner be-
nötigt und wo der gebraucht wird, ist mir völlig egal. Ich
sage Ihnen eines: Als Unternehmer hätte ich es sehr
gerne gesehen, wenn ich die von mir hergestellten Pro-
dukte einfach auf den Hof hätte stellen und sagen kön-
nen: Mich interessiert der Vertrieb nicht. Das ist eine
Vorgehensart, die ich nicht als Unternehmertum bezeich-
nen möchte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der Vertrieb des Stroms muss von denjenigen, die ihn
produzieren, mitorganisiert werden. Wir werden eine
entsprechende Änderung im EEG vornehmen müssen;
denn ansonsten wird es einen gewaltigen Zubau geben,
den aber keiner gebrauchen kann. Keiner kann dann
nämlich den produzierten Strom abnehmen, weil er gar
nicht dahin transportiert werden kann, wo er gebraucht
wird. An dieser Stelle muss es Veränderungen geben.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Seit zweieinhalb Jahren regiert ihr!)


Wir müssen auch darüber nachdenken, ob die unwirt-
schaftlichste Methode, Strom zu produzieren, nämlich
die Photovoltaik, so wie bisher weiter gefördert werden
kann. Im letzten Jahr wurden 7 500 Megawatt zugebaut,
allein im Monat Dezember über 3 000 Megawatt.


(Zuruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


Dies wird so nicht weitergehen können. Das zeigt zu-
gleich, dass die Kostensenkungen bei den Paneelen weit

h
tu
d
k
e
d
d
g
m
s
d
h
is
d
B
d
o

n
a
P
m
d
d
J
o
s
e
d
in
la
s

d

V
u
c
s
e
w
R
d

e
K
m

(C (D öher waren als die Absenkungen der Einspeisevergüng, die wir vorgenommen haben. Im letzten Jahr sind ie Preise für Solarpaneele um rund 40 Prozent gesunen. Diese machen aber ungefähr 70 Prozent der Kosten iner Solaranlage aus. Also kann man davon ausgehen, ass es beim Aufbau von Solaranlagen eine Kostenegression in Höhe von ungefähr 30 Prozent gab. Zuleich haben wir aber zum 1. Januar 2012 nur eine äßige Kostendegression von 15 Prozent bei der Ein peisevergütung vorgenommen. Das heißt, der Profit erjenigen, die eine Solaranlage auf ihr Dach montiert aben, hat sich deutlich erhöht. Das kann nicht sein. Das t eine Umverteilung von unten nach oben. Die Mieter, ie Hartz-IV-Empfänger bezahlen das, was wohlhabende ürger auf ihrem Dach installieren. Das muss sich änern. Ich bin gegen diese Umverteilung von unten nach ben. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es handelt sich auch um eine Umverteilung von Nord
ach Süd. Es ist sozusagen ein Länderfinanzausgleich
uf umgekehrtem Wege. Die Bayern sind die größten
rofiteure, während die Länder im Norden und NRW am
eisten dafür zahlen. Das kann so nicht weitergehen;

as ist ungerecht, das sehe ich so nicht ein. Wir müssen
as gemeinsam angehen. Wir werden das EEG in diesem
ahr umbauen müssen, sodass es marktwirtschaftlicher
rganisiert ist, dass Elemente hineinkommen, die dafür
orgen, dass die Strompreise durch die Erzeugung von
rneuerbaren Energien nicht zu stark steigen und somit
ie Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Unternehmen
Deutschland nicht zu sehr belastet werden. Deutsch-
nd ist ein Industrieland, ein Industriestandort; das muss

o bleiben. Wir werden uns dafür einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715200700

Das Wort erhält nun der Kollege Michael Schlecht für

ie Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715200800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im letzten

ierteljahr ist die wirtschaftliche Entwicklung bereits
m 0,25 Prozent zurückgegangen; sie ist quasi eingebro-
hen. Wir liegen also bereits im Minus. Spätestens ange-
ichts dessen stellt sich doch die hochbrisante Frage, ob
ine Rezession droht. In solch einer Situation erleben
ir hier einen Wirtschaftsminister, der sich schlicht in
ealitätsverweigerung übt. Ich halte es schon für skan-
alös, wie hier operiert wird.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Rolf Hempelmann [SPD])


Was sagt der Wirtschaftsminister? Er sagt: Wir haben
ine leichte Wachstumsdelle. Das wird am Rande zur
enntnis genommen; dabei ist es, wie gesagt, schon
ehr als eine Wachstumsdelle. Dann wird anhand





Michael Schlecht


(A) )


)(B)

irgendwelcher wunderlicher Gründe, die nicht näher be-
legt werden, behauptet, dass es ab nächsten Sommer
wieder aufwärtsgehen wird. Das sind schlicht haltlose
Fantastereien, mit denen wir hier konfrontiert werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben im letzten Jahr und auch in den Jahren zu-
vor erlebt, dass von deutscher Seite den anderen Ländern
in der EU ein massives Kürzungs- und Strangulierungs-
programm aufgeherrscht worden ist. In den anderen
Ländern wird die deutsche Kanzlerin mittlerweile fast
schon als selbsternannte, selbstgekrönte Kaiserin über
Europa empfunden. 600 Milliarden Euro beträgt die
Summe, die in den nächsten zwei bis drei Jahren in Eu-
ropa auf deutschen Druck eingespart wird. Hier läuft
momentan ein atemberaubendes Strangulierungspro-
gramm. Das ist das Gegenteil von Konjunkturunterstüt-
zung.

Auch das und die damit verbundenen Risiken werden
von dieser Regierung und von diesem Wirtschaftsminis-
ter überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Wir wissen
doch, dass 60 Prozent der deutschen Exporte in die EU
gehen. Es ist vollkommen klar, dass dieses Strangulie-
rungsprogramm auch auf Deutschland zurückschlägt,
sodass wir auch hier in Deutschland in höchster Gefahr
sind. Das muss man anerkennen, das muss man sehen,
und darauf muss man Antworten geben.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Grundantwort darauf heißt: Eine Rezession in
Deutschland kann sehr wohl verhindert werden. Sie ist
nicht gottgegeben. Die Verhinderung einer Rezession in
Deutschland setzt aber voraus, dass wir unverzüglich auf
eine deutliche Stärkung der Binnenwirtschaft in
Deutschland umsteuern müssen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


Dazu gehören zum einen Zukunftsinvestitionspro-
gramme und Konjunkturprogramme. Wir müssen viel
mehr Geld für dringend zu lösende Aufgaben ausgeben,
für Infrastruktur, Bildung usw. Der zweite ganz wichtige
Punkt ist aber: Wir brauchen richtig knackige Lohnerhö-
hungen, um es einmal so klar zu formulieren. Lohnerhö-
hungen sind die Parole der Stunde.


(Beifall bei der LINKEN – Rainer Brüderle [FDP]: Gut so, Erich!)


Es muss endlich Schluss sein mit dem, was wir seit
zehn Jahren erleben, nämlich ein atemberaubendes
Lohndumping. Die Reallöhne sind in den letzten zehn
Jahren um 4,5 Prozent gesunken. Daran ändert auch die
Tatsache nichts, dass es in den letzten ein, zwei Jahren
geringfügige Verbesserungen und Korrekturen gegeben
hat. Dieses Lohndumping in Deutschland muss endlich
beendet werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Es muss Schluss sein damit, dass auf der einen Seite
die Gewinne in den Himmel fliegen und die Einkommen
der Beschäftigten mit den niedrigsten Löhnen auf der an-
deren Seite noch um 20 Prozent gekürzt werden, sodass

s
T
h

ö
m
d
te
b
fe
S
A
s
d
e

li
w
n
d
e
ru
g
d

fr
s
w
W
d
p
n
F
D
d
p

te
n
m
e
s
s
d
le

F

(C (D ie am Ende als Aufstocker Mittel aus der öffentlichen asche, Steuermittel beanspruchen müssen, um überaupt überleben zu können. Die erste große Tarifrunde in diesem Jahr ist die im ffentlichen Dienst. Aus manchen Bemerkungen hört an schon heraus, dass selbst beim Wirtschaftsminister as ganz rudimentäre Verständnis besteht, dass ein weires Ansteigen des privaten Konsums wichtig sei. Dazu rauchen wir deutliche Lohnerhöhungen. Wenn im öfntlichen Dienst die erste Tarifrunde stattfindet, haben ie sehr wohl Handlungsmöglichkeiten. Sie könnten als rbeitgeber auch auf Ihrer Seite mit dafür sorgen, dass chon in der ersten Tarifrunde der deutliche Nachholbearf im öffentlichen Dienst ausgeglichen wird und dass s zu einer massiven Lohnerhöhung kommt. Über die Lohnentwicklung hinaus brauchen wir deutche Verbesserungen in den Bereichen, die von den Geerkschaften im Rahmen der Tarifpolitik schon gar icht mehr reguliert werden können; schon 50 Prozent er Menschen in Deutschland arbeiten nicht mehr unter inem Tarifvertrag. Dazu gehört zuallererst die Einfühng eines wirklichen Mindestlohns, der gesetzlich fest elegt wird. Dieser Mindestlohn muss 10 Euro betragen; enn nur diese Größenordnung bringt wirklich etwas. Wirtschaftsminister Rösler feiert in seinem Ausblick öhlich angeblich Hunderttausende neuer Jobs in die em Jahr. Sollte das eintreten, würde nur das fortgesetzt, as wir die ganzen Jahre ohnehin schon erlebt haben: eiterhin werden massiv Vollzeitjobs zugunsten der eutlichen Ausweitung von massenhaften miesen und rekären Beschäftigungsverhältnissen abgebaut, in deen Menschen befristet, in Leiharbeit oder in anderen ormen wie zum Beispiel Minijobs arbeiten müssen. iese Androhung formulieren Sie faktisch gegenüber iesem Lande. Das ist ein Skandal und kein Positivunkt. Ich komme zum Schluss. Man muss ganz klar festhaln: Die Ausweitung prekärer Beschäftigung hilft uns icht weiter. Was wir vielmehr brauchen und was in der omentanen Situation angezeigt ist, um dieses Land vor inem Hineinschlittern in die Rezession zu bewahren, ind eine deutliche Umsteuerung auf die Binnenwirtchaft und deutliche Lohnerhöhungen in der kommenen Tarifrunde. Alle, die für dieses Land etwas tun woln, müssen da massive Unterstützung leisten. Danke schön. Hermann Otto Solms ist der nächste Redner für die DP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715200900






(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715201000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich kann mich nicht daran erinnern, während
meiner langjährigen Mitgliedschaft im Deutschen Bun-
destag – ich bin seit gut 30 Jahren Mitglied – schon ein-
mal in einer schwierigen Zeit und in einem schwierigen
Umfeld einen so positiven Jahreswirtschaftsbericht ge-
hört zu haben. Das möchte ich hier betonen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das ist schon herausragend. Zu diesem Ergebnis
kommen Sie, wenn Sie sich das Umfeld in Europa und
weltweit anschauen. Deswegen gilt unser Dank der Bun-
desregierung dafür, dass sie dazu beigetragen hat, dass
dieser positive Bericht abgegeben werden konnte. Ein
besonderer Dank gilt natürlich dem Wirtschaftsminister,
der in erster Linie die Verantwortung dafür trägt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deutschland ist heute eine Insel der Stabilität, eine In-
sel der sozialen Sicherheit und zugleich eine Insel des
Wachstums und des Fortschritts. Alle anderen Länder
um uns herum wären froh und glücklich, wenn sie in un-
serer Lage wären. Aber einige, insbesondere die Politi-
ker der Opposition, mäkeln daran herum. Warum sagen
Sie nicht stolz: „Wir haben mit der Agenda 2010 auch
unseren Anteil an diesem Erfolg“?


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Die wollen sie nicht mehr wahrhaben!)


Stattdessen verleugnen Sie die Vaterschaft für diese Tat
und versuchen jetzt, sie zu bekämpfen. Das ist doch
kurios. Damit werden Sie keine Wahlen gewinnen. Das
sage ich Ihnen voraus.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die positive Entwicklung zeigt sich insbesondere auf
dem Arbeitsmarkt. Damit verbunden ist auch eine posi-
tive Entwicklung der sozialen Situation; denn die Men-
schen können wieder aus eigener Kraft ihren Lebensun-
terhalt verdienen und sind nicht mehr auf staatliche
Transfers angewiesen.

Zu dem Kollegen Schlecht möchte ich sagen: Nomen
est omen. Es war ziemlich schlecht, was Sie gesagt ha-
ben. Die Lohnsteigerungen – Sie haben beklagt, dass es
sie nicht geben würde – sind jetzt faktisch da. Das haben
wir erreicht. Ich will noch dazu sagen, dass dies ökono-
misch gesehen eine hochinteressante Entwicklung ist;
denn hier treten zwei Phänomene zugleich ein, die sich
die Ökonomen seit langem gewünscht und gefordert
haben:

Erstens. Die Exportkonjunktur, die uns aus der Krise
herausgeführt hat, geht jetzt in eine Binnenkonjunktur
über. Wir sind nicht mehr so stark vom Export abhängig,
wie wir es in der Zeit davor waren. Die Binnenkonjunk-
tur ist angesprungen. Das liegt insbesondere an der Be-
schäftigungsentwicklung und dem damit verbundenen
Effekt, weil die Menschen durch mehr Beschäftigung
und durch Lohnerhöhungen mehr Kaufkraft haben und

d
p

g
b

u
H
g
W
d
d
d
z

g
K
u
z
K
n
o


D
c
d
s

a
w
v
s
m
d
d
w
v
je
s
O
p
w
im

d

w
e
d
g
S
b

(C (D iese Kaufkraft auch einsetzen und nutzen. Das ist ein ositives volkswirtschaftliches Ergebnis. Zweitens. Jetzt ist die These, die die FDP immer aufestellt hat, praktisch bewiesen, dass nämlich Entlastung ei Steuern und Abgaben nd Haushaltskonsolidierung – das ist unsere Strategie – and in Hand gehen und zusammengehören. Entlastunen schaffen die Voraussetzungen für wirtschaftliches achstum. Wirtschaftliches Wachstum wiederum trägt azu bei, dass sich die Kassen des Finanzministers wieer füllen und die Neuverschuldung zurückgeführt weren kann, und zwar weit mehr, als wir dies noch vor kurem für realistisch gehalten hätten. Es gibt natürlich auch einige Risiken. Ein Risiko, geen das wir dieses Jahr angehen müssen, liegt in der rise des Euro. Wir sind endlich auf einem guten Weg nd wollen übereinstimmend über eine Stabilitätsunion u einem Erfolg kommen. Das gilt jedenfalls für die oalition und für die Regierung; die Opposition kämpft och mit sich, ob sie nun für Euro-Bonds eintreten soll der nicht. Eine Vergemeinschaftung der Haftung kann r uns nicht infrage kommen. (Rolf Hempelmann [SPD]: Haben wir doch schon!)


(Lachen des Abg. Rolf Hempelmann [SPD])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


er einzige Weg, die Krise zu bekämpfen, ist, die Ursa-
he der Krise zu bekämpfen. Das ist die Verschuldung
er Staaten, und diese muss zurückgeführt werden. Das
etzen wir durch.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das zweite Risiko liegt in der Entwicklung der Preise
uf dem Energiemarkt. Die Energiepreise sind heute das,
as früher die Brot- oder Milchpreise waren. Sie sind
on fundamentaler Bedeutung. Der sehr schnelle Um-
tieg in der Energiepolitik birgt erhebliche Risiken. Es
uss klar sein: Die Belastung der Volkswirtschaft durch

ie Energiepreise muss beherrschbar bleiben. Das heißt,
ie EEG-Umlage darf den Wert von 3,5 Cent pro Kilo-
attstunde nicht überschreiten. Deswegen muss die Sub-
entionierung im EEG zurückgeführt werden. Ich will
tzt nicht über die Technik sprechen, aber es muss klar

ein und wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass die
bergrenze für die EEG-Umlage in Höhe von 3,5 Cent
ro Kilowattstunde eingehalten wird und die Preise nicht
eiter steigen. Das würde unsere Wettbewerbsfähigkeit
internationalen Wettbewerb erheblich erschweren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das dritte Risiko liegt in der Steuerpolitik. Ich will
ie Grusel- und Schockvorschläge der Grünen, die viel-
ltige Steuererhöhungen beschlossen haben, hier nicht
iederholen. Die SPD ist etwas zurückhaltender, aber

benfalls auf dem falschen Weg. Es zeigt sich doch jetzt,
ass eine maßvolle Steuerbelastung positive Auswirkun-
en auf die Wirtschaft und die privaten Haushalte hat.
ie führt dazu, dass Investitionskapital in Deutschland
leibt und vom Ausland nach Deutschland gebracht





Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

wird. Das wiederum ist die Voraussetzung für Wachs-
tum. Also: Lasst diesen Unsinn mit diesen vielen Steuer-
erhöhungen, sondern schließt euch uns an.


(Lachen des Abg. Rolf Hempelmann [SPD] – Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist nicht Ihr Ernst!)


Maßvolle Steuerpolitik ist die Voraussetzung für Wohl-
stand und Wachstum, und dabei muss es bleiben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es bleibt das Thema Finanztransaktionsteuer. Ich will
jetzt gar kein Tabu aufstellen. Ich will nur sagen: Dieje-
nigen, die das fordern, müssen erst einmal den Nachweis
erbringen, dass die volkswirtschaftlichen Nachteile, die
damit verbunden sind, geringer sind als die volkswirt-
schaftlichen Vorteile.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Die Finanztransaktionsteuer ist mittlerweile eine
reine Wundertüte: Sie soll die Märkte beruhigen. Sie soll
die Spekulationen eindämmen. Sie soll die Finanzindus-
trie bestrafen. Sie soll für mehr steuerliche Gerechtigkeit
sorgen. Sie soll im Übrigen Geld in die Kasse spülen. –
Das ist natürlich alles schön und gut. Aber: Geht das?
Kann sie das? Das ist doch die Frage.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Besprechen Sie das doch einmal mit Frau Merkel!)


Es gibt einen einzigen praktischen Versuch. Der ist in
Schweden durchgeführt worden. Der ist total in die
Hose gegangen. Die Schweden haben in den 80er-Jah-
ren die Börsenumsatzsteuer eingeführt. 80 bis 90 Pro-
zent der Umsätze sind sofort nach London abgewandert.
Sie haben gehofft, 1,5 Milliarden Euro an zusätzlichen
Steuereinnahmen zu bekommen. Hereingekommen sind
50 Millionen Euro. Wer ist zum Schluss besteuert wor-
den? Nur noch die kleinen Unternehmen, die allein an
der schwedischen Börse notiert waren. Bei allen anderen
Unternehmen, die auch international notiert waren, sind
die Umsätze abgewandert. Das droht auch hier.

Die Kommission hat erkannt, dass es so nicht funktio-
nieren kann, weil es zu Abwanderungen führt. Deshalb
soll das Wohnsitzprinzip gelten. Aber auch das Wohn-
sitzprinzip haben sie nicht durchgehalten; denn bis jetzt
gibt es beispielsweise keine Vereinbarung in den jewei-
ligen Doppelbesteuerungsabkommen über einen entspre-
chenden Datenaustausch. Wie wollen Sie denn die Be-
hörden in Singapur zwingen, die Namen derjenigen, die
Transaktionen veranlasst haben, bekannt zu geben? Das
ist doch gar nicht machbar. Auch die Behörden in Lon-
don tun es nicht.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Dann schicken wir die Kavallerie!)


Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Bevor diese techni-
schen Fragen nicht geklärt sind, können wir die Diskus-
sion über die Finanztransaktionsteuer beenden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


h
te
m
n
A

u
n
z
B
le

W
F
D

F

w
b
h
e
d

N
e
w
d
d
d
g
z

ru
e
g
b

la
L
d
tr
m

D
W

(C (D Erst einmal müssen die Fachleute ran und sagen: Wir aben ein System, das funktioniert. Dann reden wir weir darüber, ob das auch politisch sinnvoll ist. Aber dann uss man die Vorund Nachteile abwägen. Es darf hier icht dazu kommen, dass die kleinen Leute, die für ihre ltersvorsorge sparen, belastet werden (Rolf Hempelmann [SPD]: Die habt ihr als Erstes im Blick!)


nd dass die kleinen Unternehmen in Deutschland, die
ur an der deutschen Börse notiert sind, diese Steuer be-
ahlen müssen und die großen Unternehmen zu anderen
örsenplätzen abwandern. Das kann keiner von uns wol-
n.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir brauchen in Deutschland einen funktionierenden
inanzplatz zur Finanzierung der realen Wirtschaft.
arüber müssen wir uns alle einig sein.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715201100

Das Wort erhält nun der Kollege Fritz Kuhn für die

raktion Bündnis 90/Die Grünen.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715201200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

ar schon gestern bei der Lektüre des Jahreswirtschafts-
erichts enttäuscht; aber bei Ihrer Rede, Herr Rösler,
atte ich irgendwie das Gefühl, Sie nehmen es gar nicht
rnst, worüber wir in Deutschland und in Europa gerade
iskutieren.

Ich halte es für eine Beschönigung, wenn Sie sagen:
a ja, wir gehen um 2,3 Prozent herunter; das ist dann

ben eine „Delle“. – Jedoch wissen alle, die den Jahres-
irtschaftsbericht gelesen haben, dass die Grundlage für
ie Annahme, dass es sich nur um eine „Delle“ handelt,
arin besteht, dass wir im Jahr 2012 die Euro-Krise in
en Griff bekommen und somit die europäische Krise
elöst werden kann. Diese Annahme liegt Ihren Zahlen
ugrunde.

Ich sage: Angesichts der Krisenpolitik dieser Regie-
ng, die auch den Namen von Frau Merkel trägt, bin ich

benso wie viele Experten im Zweifel, ob es wirklich
elingen wird, diese Krise im Jahr 2012 in den Griff zu
ekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben vieles falsch gemacht. Sie haben zuerst
nge gezögert, und zwar zum großen Schaden für viele
änder in Europa. Dann haben Sie eine Politik gemacht,
ie sich ganz auf eine Sparpolitik der Staaten konzen-
iert, die aber keine Möglichkeiten und Spielräume
ehr für Investitionen lässt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as ist völlig falsch. Wir müssen sparen und investieren.
er nur spart und sich dann wundert, dass die anderen





Fritz Kuhn


(A) )


)(B)

nicht investieren können, der ist ökonomisch zu kurz ge-
sprungen. Das sind Sie in Ihrer Rede und in dem, was
Sie in Ihrem Bericht verfasst haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Rösler, ich will Ihnen am Rande sagen: Sie per-
sönlich kommen in der Europapolitik sowieso nicht vor.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Besser so!)


Die ganze EU-Debatte ist spurlos an Ihnen vorüberge-
gangen, obwohl Sie als Wirtschaftsminister dafür ele-
mentar zuständig wären. Darüber sollten Sie sich einmal
Gedanken machen. Sie treten lediglich an einer Stelle
auf, nämlich als Bremser bei der Finanztransaktion-
steuer.

Es ist doch geradezu lächerlich, dass Sie jetzt den
kleinen Mann entdecken, wir aber bei der Finanztransak-
tionsteuer über Steuersätze von 0,1 Prozent auf Aktien
und 0,01 Prozent auf Derivate reden. Dass Sie nun plötz-
lich das Herz des kleinen Mannes entdecken, ist doch
irgendwie fadenscheinig. Ihnen geht es um die Großban-
ken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie glauben, dass diese Ihnen über die 5-Prozent-Hürde
helfen. Aber auch das wird sich als Illusion erweisen.

Ein Punkt stört mich in ökonomischer Hinsicht: Frü-
her war das Wirtschaftsministerium immer auch ein Ort
der ökonomischen Theorie. In Ihrem Bericht jedoch sa-
gen Sie: Die Ungleichgewichte in Europa und die Leis-
tungsbilanzunterschiede sind ein Problem. – Für Sie
besteht ein Problem nur dann, wenn ein Land Leistungs-
bilanzdefizite hat. Dass es aber auch einen Zusammen-
hang gibt zwischen Defiziten und Überschüssen und
dass man dieses Problem durch gemeinsame Wirt-
schaftspolitik in Europa angehen muss, das kommt im
gesamten Jahreswirtschaftsbericht nicht vor.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Davon haben Sie noch nichts gehört. Der Debatte wollen
Sie sich offensichtlich nicht stellen.

Dann kommen Sie mit dem Wachstum. Das will ich
am Beispiel der Energie deutlich machen. Ich werfe
Ihnen für meine Fraktion konkret vor, dass Sie bei der
Energiewende so auf der Bremse stehen, wie man nur
auf der Bremse stehen kann.


(Zurufe von der FDP)


Sie haben die Energiewende zwar beschlossen, wenn
auch wider Willen, aber jetzt tun Sie nichts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Sie haben nichts im Zusammenhang mit der Energie-
effizienz getan. Sie haben den EU-Vorschlag blockiert,

d
E

D
m
la

D
s
n
im

lu
K
s
N
D
a

te
w
G
V


le
d
d
re

S
n
b
g

g
W
u
d
d
m

W
la
S

(C (D er von jedem Energieversorger eine Steigerung der nergieeffizienz um 1,5 Prozent im Jahr verlangt. (Jörg van Essen [FDP]: Wer verhindert Pumpspeicher? Wer macht das alles?)


as nennen Sie Planwirtschaft – und beim EEG kom-
en Sie mit dem depperten Quotenmodell, das in Eng-
nd schon in Bausch und Bogen gescheitert ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


as ist doch keine Ordnungspolitik, das ist reine Interes-
enpolitik. Für Sie bedeutet die Energiewende lediglich,
eue Kohlekraftwerke zu bauen. Wir haben doch Augen

Kopf.

Der Strom wird teurer, weil Sie die Netzentgeltrege-
ng für Großkunden eingeführt haben, um sie von den
osten zu befreien. Das ist ordnungspolitisch übrigens

ehr interessant: Wer sehr viel Strom braucht, zahlt kein
etzentgelt, und wer wenig braucht, der muss zahlen.
as ist eine ganz tolle Ordnungspolitik, mit der Sie hier

ufwarten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Und was machen Sie bei der EEG-Umlage? Die Kos-
nbefreiung wird von den bisher 600 Betrieben auf sehr
ahrscheinlich 6 000 Betriebe ausgeweitet. Das ist der
rund für die Kostenbelastungen – weil Sie immer die
orstellung haben, es sei gut, den Großen zu helfen, da-
r aber nicht in die Infrastruktur investieren.

Ich sage Ihnen, Herr Rösler: Wenn Sie eine Sonnenal-
rgie haben, dann müssen Sie zum Arzt gehen; aber
ann müssen Sie hier nicht mit allen Tricks versuchen,
ie Photovoltaikentwicklung in Deutschland zu sabotie-
n. Das ist nicht der richtige Weg.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Lobbyismus! Das ist purer Lobbyismus!)


ie haben, seit der Atomausstiegsbeschluss gefallen ist,
ichts Nennenswertes getan, was uns wirklich voran-
ringt. Es sind verlorene Jahre für eine vernünftige Ener-
iepolitik.

Übrigens bringt eine solche Politik Wachstum: Mit
rünen Ideen können Sie schwarze Zahlen schreiben.
ir könnten in dem Sektor neue Arbeitsplätze schaffen,

m uns unabhängiger von Energieimporten zu machen,
ie gefährlich, teuer und riskant sind. Wer da aber auf
er Bremse steht, der kann einfach keine gute Politik
achen.

Von Wachstum brauchen Sie uns nichts zu erzählen.
ir freuen uns, wenn die Wirtschaft wächst; aber wir er-
uben uns den Luxus, zu fragen, ob sie an den richtigen
tellen wächst.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: „Den Luxus“! Genau!)






Fritz Kuhn


(A) )


)(B)

Wir erlauben uns politisch den Luxus, zu fragen: Was
passiert eigentlich, wenn die Wirtschaft einmal nicht
mehr wächst? Geht der Staat dann baden, oder haben wir
für eine solche Situation vorgesorgt? Diese Fragen erlau-
ben wir uns. Ihre Jubelarie „Wachstum, Wachstum über
alles“ ist einfach peinlich. Im Bericht steht jetzt sogar,
dass Sie ein „breites Wachstum“ ermöglichen wollen. Es
ist ein solcher Hirnriss, dass das Wachstum jetzt auch
noch breit sein soll; da kann ich doch nur lachen.

Wir müssen im Jahr 2012 schauen, dass die richtigen
Bereiche wachsen; das ist die staatliche Aufgabe. Darum
kümmern sich die Grünen, und Sie, Herr Rösler, haben
sich verdrückt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das war ein Beitrag von bemühter Hilflosigkeit!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715201300

Ernst Hinsken ist der nächste Redner für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1715201400

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Alle Jahre wieder steht der Jahreswirtschaftsbericht auf
der Tagesordnung. Es ist gesetzlich festgeschrieben, dass
er abgegeben wird. In keinem Jahr zuvor kann man trotz
Wirtschaftskrise auf so viel Positives verweisen wie
heute. Mit 3 Prozent Wachstum im Jahr 2011 ist
Deutschland zur wichtigsten Wachstumslokomotive auf
dem ganzen Kontinent geworden. Verehrte Kolleginnen
und Kollegen, wir stehen heute besser da, als wir vor der
Wirtschafts- und Finanzkrise dastanden. Das sollte ein-
mal gewürdigt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir Deutsche sind wirtschaftlich spitze. Ich möchte
nur einige Bereiche benennen: Ob Export, Tourismus,
niedrige Arbeitslosigkeit oder erneuerbare Energien,
überall sind wir vorne dran. Und dann kommen Sie, ver-
ehrter Herr Kuhn, hierher und versuchen, das Ganze
schlechtzureden, als würden Sie von der Realität nichts
verstehen.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Ja! Stimmt ja!)


Sie waren in den Ausschüssen sonst immer mit dabei
und haben sich konstruktiv eingebracht; aber was Sie
heute hier abgeliefert haben, war unter „ferner liefen“.
Da möchte ich Ihnen jetzt, wo Sie hinausgehen wollen,
ein Wort des Bedauerns mit auf den Weg geben.

Ich habe auch nicht verstanden, dass sich gerade Kol-
lege Heil bei dieser Debatte nicht dessen bewusst war,
dass er vor dem Plenum des Deutschen Bundestages und
nicht auf dem SPD-Parteitag spricht. Die Ausfälle, die
Sie geliefert haben, spotten jeder Beschreibung.

w
h
d
G
re
u
z
fr
d
s
U
ti
lu
w

e
d
e
h
s
d
b
d

E
m
a

J
ru
S
s
b
m

A
n
W
D
n
F
w

U
b
Z
b
re
fo

(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ich spreche überall gleich! Da unterscheiden wir uns!)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn ich die
irtschaftliche Entwicklung, wie ich es vorhin getan
abe, so positiv hervorhebe, so auch deshalb, weil sich
ie Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland
ott sei Dank halbiert hat, weil wir in den letzten 20 Jah-
n bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung

nd der Arbeitslosigkeit noch nie so gut dran waren wie
urzeit. Wir müssen uns gerade auch bei dieser Debatte
agen: Was sind denn die Gründe dafür, dass wir so
astehen? Wir haben fleißige und gut ausgebildete Men-
chen, kreative, leistungsstarke und exporterprobte
nternehmen sowie gezielte Innovationen und Investi-
onen in die Zukunft, vor allen Dingen richtige Rege-
ngen am Arbeitsmarkt und einen entschiedenen Spar-
illen.

Hinzu kommen die richtigen Entscheidungen in der
uropäischen Verschuldungskrise. Verehrte Frau Bun-
eskanzlerin, Sie hatten gerade auf diesem Gebiet immer
ine glückliche Hand. Es soll uns alle freuen, dass wir
ier in der Europäischen Gemeinschaft und im weltwirt-
chaftlichen Konzert nach vorne marschieren, dass an-
ere versuchen, uns nachzuahmen, dass andere uns lo-
en. Stattdessen kommt die Opposition und versucht,
as alles niederzumachen bzw. schlechtzureden.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind ein bisschen beleidigt!)


s war vor allen Dingen der Dreiklang aus Abwrackprä-
ie, Konjunkturprogramm I und II und auch die Kurz-

rbeiterregelung, der uns so erfolgreich machte.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das war Olaf Scholz!)


Natürlich müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass der
ahreswirtschaftsbericht aufzeigt, dass die Bundesregie-
ng aufgrund der Unwägbarkeiten der europäischen

taatsschuldenkrise 2012 mit deutlich weniger Wirt-
chaftsdynamik rechnen kann als in den hervorragenden
eiden letzten Jahren. Dieser Entwicklung wollen und
üssen wir entgegenwirken.

Es gibt aber trotz des schwierigen Umfelds keinerlei
nzeichen für Stagnation oder gar Rezession, sondern
ur für eine Abschwächung der Konjunktur. Warum?
eil wir auf intakte Wachstumskräfte bauen können.
azu heißt es im Jahreswirtschaftsbericht, dass die Bin-
enwirtschaft mehr und mehr zur tragenden Säule wird.
ür vernünftige Rahmenbedingungen müssen allerdings
ir, die Politik insgesamt gesehen, sorgen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sehr gut!)


nsere Mitbürger profitieren davon: durch mehr Ar-
eitsplätze, durch höhere Einkommen und durch bessere
ukunftschancen. Lassen Sie es mich auf einen Nenner
ringen: Unser wirtschaftspolitischer Kurs ist erfolg-
ich und erweist sich als goldrichtig, und er wird daher
rtgesetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Ernst Hinsken


(A) )


)(B)

Arbeitnehmerfleiß, Unternehmergeist und vernünf-
tige Rahmenbedingungen der Politik sind die Zauber-
worte für Erfolg; denn es läuft nicht alles von selbst.
Schauen wir doch in die Nachbarstaaten. Hier stellen wir
einen gegenteiligen Trend fest. In Frankreich wird die
Arbeitslosenquote in diesem Jahr von 9,9 Prozent auf
10,6 Prozent steigen, in Italien von 8,3 Prozent auf
9 Prozent und in Spanien sogar von 21,9 Prozent auf
23 Prozent. Bei uns sinkt sie! Darauf sollten wir alle ge-
meinsam stolz sein und die Entwicklung nicht schlecht-
reden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dieses und vieles andere, wie die Beitragssatzsenkung
der gesetzlichen Rentenversicherung, ist bürgernahe, er-
folgsorientierte Politik.

Ich würde gerne noch vieles zur Energiepolitik sagen,
aber der zeitliche Rahmen lässt das nicht zu. Grundsätz-
liches haben mein Kollege Dr. Fuchs und Sie, verehrter
Herr Wirtschaftsminister Dr. Rösler, bereits ausgeführt.
Das kann ich inhaltlich voll teilen. Das ist der richtige
Weg in eine vernünftige Zukunft; denn gerade die Ener-
giepreise sind der Wettbewerbsfaktor Nummer eins in
der Bundesrepublik Deutschland. Wir wollen wirtschaft-
lich bestehen. Darum brauchen wir Energiepreise, die
auch für den Einzelnen – sei es Großindustrie oder sei es
der kleine Mann, der nur eine kleine Wohnung hat – be-
zahlbar bleiben. Darum sind wir bemüht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was machen Sie dafür?)


Am Ende darf ich darauf hinweisen, dass der Mittel-
stand und das Handwerk unter der enormen Belastung
durch die Bürokratie am meisten leiden. Die jetzt vorge-
legten Eckpunkte für einen weiteren Bürokratieabbau
sind ein ganz großer Wurf.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aufbau!)


Jetzt wird das Ziel erreicht. Die Kosten, die der Wirt-
schaft durch Bürokratie entstehen, werden im Vergleich
zum Jahr 2006 um sage und schreibe 25 Prozent redu-
ziert.

Bürokratie ist die Geißel der Wirtschaft.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)


Deshalb ist Bürokratieabbau ein Wachstumsprogramm
zum Nulltarif, es stärkt den Wirtschaftsstandort Deutsch-
land und macht ihn zukunftsfähig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Jahrelang wurde zum Beispiel die vorgesehene Reduzie-
rung der Aufbewahrungsfristen von Rechnungen, Be-
scheiden und anderen Belegen auf fünf Jahre gefordert.
Jetzt wurde das Ganze auf den Weg gebracht. Verehrte
Frau Bundeskanzlerin, Sie haben das jüngst im Kabinett
beraten. Verehrter Herr Bundesminister Dr. Rösler, Sie
haben gesagt: Jetzt wird geliefert. Das zeigt sich jetzt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


D
h
w

Ih
F

s
B
d
D

Z

Ic
s
te

d
W
s
d
b

n

u
e
a
s
te
g
V
im
d

(C (D as möchte ich besonders unterstreichen, damit Sie seen, dass Sie beim Wort genommen werden und den notendigen Rückhalt finden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


nen gebührt alle Anerkennung. Das gilt ebenso für den
inanzminister Dr. Schäuble, der die Verantwortung da-
r trägt, dass das Ganze umgesetzt werden kann. Ich

etze in gewisser Hinsicht auch darauf, dass Sie auf die
undesländer einwirken, hier nicht zu blockieren, son-
ern den Weg der Entbürokratisierung mitzugehen.
enn das braucht die Wirtschaft dringend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sehr gut!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715201500

Herr Kollege Hinsken, Sie hatten schon vor geraumer

eit –


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1715201600

Ich weiß.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715201700

– die Beendigung der Rede in Aussicht gestellt.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1715201800

Jawohl. Deshalb nur ein Satz:


(Heiterkeit)

h meine, dass gerade die Erfolge für uns ein Ansporn

ein sollten, auch 2012 den Bürokratiedschungel zu lich-
n,


(Zuruf von der SPD: Dschungelcamp!)

as Notwendige an Maßnahmen zu ergreifen und der
irtschaft zu sagen und zu zeigen: Wir sind für die Wirt-

chaft da. Wir sind bereit, das Notwendige zu machen,
amit sie sich im weltweiten Konzert auch weiterhin zu
ehaupten vermag.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715201900

Der Kollege Garrelt Duin ist für die SPD-Fraktion der

ächste Redner in dieser Debatte.

(Beifall bei der SPD)



Garrelt Duin (SPD):
Rede ID: ID1715202000

Lieber Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen

nd Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge-
hrter Herr Minister, Sie sind ja gelernter Mediziner, und
uch aufgrund des Fachbereichs, in dem Sie unterwegs
ind, müssten Sie doch wissen, dass es einen großen Un-
rschied zwischen Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit
ibt und dass es einen großen Unterschied gibt, ob Sie
orsorge treffen und präventiv tätig werden oder ob Sie
mer nur dann handeln, wenn das Kind schon längst in

en Brunnen gefallen ist.

(Beifall bei der SPD)






Garrelt Duin


(A) )


)(B)

Ihre Politik – und damit meine ich nicht nur Ihren Jah-
reswirtschaftsbericht, sondern auch Ihre 20-minütige
Rede hier heute Morgen – macht allerdings deutlich,
dass Sie nichts von Vorsorge verstehen. Ihre Politik ist
kurzsichtig. Das haben Sie heute Morgen hier bewiesen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Und Sie sind schwerhörig!)


Ich will das an dem großen Beispiel, über das wir uns
alle doch so intensiv den Kopf zerbrechen, deutlich ma-
chen. Die Stärke der deutschen Wirtschaft – und dies gilt
gerade für die letzten zwei Jahre – ist elementar abhän-
gig von unseren Nachbarn, von den Mitgliedstaaten der
Europäischen Union. Dadurch, dass sie Produkte aus
Deutschland gekauft und Dienstleistungen aus Deutsch-
land in Anspruch genommen haben, waren sie Triebfe-
der zur Erlangung unserer starken wirtschaftlichen Posi-
tion.


(Zuruf von der FDP: Wann denn?)


Durch die Politik, die Sie gemeinsam mit der Bundes-
kanzlerin und mit vielen anderen in Europa diesen Län-
dern aufoktroyieren, sägen Sie doch an dem Ast, auf
dem wir alle sitzen. Die Schwächen dieser Länder müs-
sen doch beseitigt werden, aber das erreicht man nicht
allein durch Sparprogramme.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Was ist denn die Alternative?)


Vielmehr müssen wir Investitionen auslösen, damit diese
Länder wieder auf die Beine kommen, und das hilft dann
auch der deutschen Wirtschaft. Dieser Zusammenhang
müsste Ihnen doch einleuchten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin fest davon überzeugt – und auch die SPD-
Bundestagsfraktion ist dies –, dass wir sechs Punkte in
den Blick nehmen müssen, um die positive Entwicklung,
die wir in den letzten Jahren vollziehen konnten, zu ver-
stetigen und um Sicherheit, Planbarkeit und eine deut-
lich positive Perspektive für dieses Land und die Teil-
nehmer auf diesem Markt zu kreieren.

Das Erste ist, dass wir ein Investitionsklima brauchen.
Herr Minister und auch Herr „Generalsekretär im Wer-
den“, ein Investitionsklima ist notwendig, um die über-
fälligen Investitionen in die Infrastruktur – ob es die
Verkehrsnetze, die Energienetze oder die Telekommuni-
kationsnetze sind – auszulösen. Dann reicht es aber
nicht, Herr Minister, sich hier hinzustellen und Ankündi-
gungen zu machen. Das ist übrigens das Einzige, was Sie
von Herrn Brüderle übernommen haben. Ansonsten un-
terscheidet Sie vieles, aber auch Herr Brüderle hat sich
sehr oft hier hingestellt und nur Ankündigungen ge-
macht.

Was wir jetzt tatsächlich brauchen, ist zum Beispiel
ein Energiewirtschaftsgesetz mit einer vernünftigen An-
reizregulierung, die die Investitionen in die Netze tat-
sächlich auslöst. Dies meine ich nicht nur bezogen auf
die Übertragungsnetze, sondern auch bezogen auf die

V
E
d
d
s
b

w
in
tr
je
P
d
L
ti
W
ra
s
m
ti
g

d
a
ta
s
m
w

ic
s
s
s
ju
d
fe
te
s
s
ti
b
d
lu
w

h
M
d
C
a
D
v

(C (D erteilnetze. Wir brauchen intelligentere Netze, um die nergiewende hinzubekommen. Dafür brauchen wir jeoch Investitionen, und diese dürfen nicht nur angekünigt werden, sondern müssen jetzt getätigt werden, weil ie wirtschaftliches Wachstum auslösen können. Da ist ei Ihnen Fehlanzeige. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Für Investitionen in Deutschland – und das wissen
ir nicht nur wegen dieses einen Infrastrukturprojektes
Baden-Württemberg – ist Akzeptanz eine ganz zen-
ale Voraussetzung. Die Akzeptanz für Infrastrukturpro-
kte kommt aber nicht von alleine. Vielmehr muss die
olitik klare Linien aufzeigen und sagen, wofür wir
iese Infrastrukturprojekte brauchen. Warum müssen
eitungen gebaut werden? Warum brauchen wir Investi-
onen auch in Kraftwerke und in viele andere Bereiche?
enn Sie schon ein Wegmoderierer sind, wie Ihr Gene-
l gesagt hat, dann sind doch gerade Sie gefordert, die-

en Prozess in der Bevölkerung, in der Gesellschaft zu
oderieren. Ich habe zu einer solchen Infrastrukturini-
ative von Ihnen bisher nichts gehört, auch heute Mor-
en nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Zweite, das wir brauchen, ist die Bekämpfung
es Fachkräftemangels. Sie haben dies heute zu Recht
ls wichtiges Thema beschrieben. Aber Sie haben so ge-
n, als hätten Sie das Problem im Griff. Im Handelsblatt

tand letzte Woche folgende Überschrift: „Ingenieur-
angel erreicht Rekordhoch“. Das Problem ist also bei
eitem nicht im Griff.

Noch etwas gehört zum Thema Fachkräfte; dazu habe
h heute von Ihnen in der Debatte über den Jahreswirt-

chaftsbericht kein Wort gehört. Wir in Deutschland sind
tolz auf die duale Berufsausbildung und auf die Per-
pektive, die wir jungen Menschen damit bieten. Für
nge Männer, für junge Frauen in Deutschland ist die

uale Berufsausbildung ein Pfund, an dem wir unbedingt
sthalten müssen. Aber wir müssen über alle Par-
igrenzen hinweg – wir hier im Deutschen Bundestag

ind uns da hoffentlich alle einig; wir müssen das mit un-
eren Kolleginnen und Kollegen in den Ländern disku-
eren – für die gleiche Anerkennung des Abiturs und der
eruflichen Ausbildung sorgen. Die Diskussionen über
en Qualifikationsrahmen müssen eine Gleichbehand-
ng und keinen Unterschied zum Ziel haben; so stellen
ir uns das vor. Das möchte ich deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der dritte Punkt: die gute Arbeit. Mein Kollege Heil
at schon darauf hingewiesen, dass fast 7 Millionen
enschen in Deutschland jeden Tag hart arbeiten, ohne

ass sie davon leben können, weil Sie nach wie vor – die
DU ist zumindest gedanklich dabei, sich damit ausein-
nderzusetzen – die Einführung eines Mindestlohns in
eutschland verhindern; dieser ist längst überfällig. Sie
erhindern auch – das führt zur Verunsicherung in der





Garrelt Duin


(A) )


)(B)

Bevölkerung –, dass wir den Missbrauch bei der Leihar-
beit endlich in den Griff bekommen und dass gleicher
Lohn für gleiche Arbeit gezahlt wird. Wir müssen es
endlich schaffen, gleiche Bezahlung nicht nur im Hin-
blick auf Festangestellte und Leiharbeitnehmer, sondern
vor allen Dingen auch im Hinblick auf Männer und
Frauen in Deutschland durchzusetzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dieser Punkt wird von Ihnen überhaupt nicht in Angriff
genommen.

Der vierte Punkt betrifft die Energie- und Rohstoff-
versorgung. Wo ist der von allen Beteiligten eingefor-
derte Masterplan zur Bewältigung der Energiewende?
Sie verlieren sich mit dem Umweltminister in einem
kleinlichen Streit über Energieeffizienzrichtlinien und
andere Dinge. Es war Herr Töpfer, der, glaube ich, letzte
Woche gesagt hat: Für die Energiewende ist nicht allein
Minister Röttgen zuständig, sondern auch der Bundes-
wirtschaftsminister muss diese Energiewende im Sinne
des Standortes Deutschland gestalten.

Sie sprechen zu Recht über die Bezahlbarkeit. Sie sa-
gen, dass Sie das EEG irgendwann abschaffen und eine
Anschlussregelung finden wollen. Sie fabulieren über
Quoten. Das Modell mit den Quoten ist in anderen Län-
dern – nicht nur in Europa, sondern weltweit – auspro-
biert worden und mehrfach gescheitert. Das EEG und
der Ansatz dahinter sind wesentlich erfolgreicher, je-
denfalls wenn Sie den Ausbau der erneuerbaren Ener-
gien wirklich vorantreiben wollen. Noch viel schlimmer
ist – das haben Ihnen diese Woche die Verbraucherschüt-
zer noch einmal ins Stammbuch geschrieben –: Wenn
Sie eine solche Quotenregelung einführen würden, dann
würde sich der Preis immer an dem am teuersten produ-
zierten Strom, beispielsweise offshore, orientieren. Sie
machen das Problem mit dieser Lösung also größer und
nicht kleiner, wie Sie es hier angekündigt haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Der fünfte Punkt, der notwendig ist, ist der Ausbau der
technologischen Leistungsfähigkeit. Wir fordern – wir
bieten Ihnen hier Zusammenarbeit an – eine Initiative zu
Technikfreundlichkeit und Technikoffenheit in Deutsch-
land. Das können wir über alle Grenzen hinweg machen.
Sie können hier aber nicht das Abwandern eines Unter-
nehmens aus Deutschland in die USA beklagen und da-
für der Opposition die Verantwortung geben. Sie sind es,
die in Deutschland regieren, während ein solches Unter-
nehmen Deutschland verlässt.


(Beifall bei der SPD)


Das Gleiche gilt für CCS; das haben Sie hier als Bei-
spiel genannt. Herr Rösler, wer hat denn schon in der
letzten Wahlperiode eine Einigung bei diesem Thema
verhindert?


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Rösler!)


In

L
lo
m
D
P

B
k
ti
la
A
g
B
D
F
L
g

E
d
W
S
W
B
P
n
E
S
m
m
s
ä
b
e
p
n

F

W
v
w

(C (D Schleswig-Holstein, in Bayern und in Niedersachsen Sie waren lange genug dabei – sind es schwarz-gelbe andesregierungen, die sagen: Wir sind zwar für technogische Leistungsfähigkeit, aber dies wird es hier nieals mit uns geben. Daraus wird kein Schuh. Das ist oppelzüngigkeit von Schwarz und Gelb in diesem unkt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was wir bei Ihnen ebenfalls vermissen, ist ein klares
ekenntnis zum Forschungsstandort Deutschland. Sie
ündigen seit Jahren an – Sie haben es auch in die Koali-
onsvereinbarung geschrieben –, dass wir in Deutsch-
nd eine steuerliche Forschungsförderung bekommen.
ber Sie geben Geld für lächerliche Steuersenkungspro-
ramme und für ein gesellschaftspolitisch katastrophales
etreuungsgeld aus, anstatt das für den Standort
eutschland so wichtige Instrument der steuerlichen
orschungsförderung endlich Realität werden zu lassen.
assen Sie Ihren Worten doch endlich einmal Taten fol-
en, meine Damen und Herren!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lieber Herr Rösler, abschließend der sechste Punkt.
s ist wichtig, dass ein Bundeswirtschaftsminister auf
er europäischen Ebene für die Interessen der hiesigen
irtschaft und der hiesigen Industrie kämpft. Wo waren

ie, als es dort um die Handelsabkommen gegangen ist?
o sind Sie, wenn es um den Emissionshandel und die
efreiung von zusätzlichen Kosten geht? All das sind
unkte, die auf der Tagesordnung stehen. Sie sind aber
icht wahrzunehmen, wenn es auf der europäischen
bene um diese Themen geht, weil Sie keine Zeit haben.
ie müssen sich nämlich mit der FDP beschäftigen. Sie
üssen irgendwie versuchen, klar Schiff zu machen. Sie
üssen sich mit Herrn Schäffler oder anderen, zum Bei-

piel ganzen Kreisverbänden, die austreten, herum-
rgern. Dort werden Sie für Deutschland aber nicht ge-
raucht. Ob die FDP überlebt oder nicht, kann uns allen
gal sein. Aber ob Deutschland in Europa in wirtschafts-
olitischer Hinsicht mit starker Stimme spricht oder
icht, ist uns nicht egal. Dort wären Sie gefordert.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715202100

Das Wort hat nun der Kollege Martin Lindner für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1715202200

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren!

enn man diesen Jahreswirtschaftsbericht liest und sich
or allen Dingen die Zahlen vergegenwärtigt, kann man
irklich stolz sein, dieser Koalition anzugehören.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)






Dr. Martin Lindner (Berlin)



(A) )


)(B)

Wir sind stolz darauf, Ihnen heute diese Zahlen vorlegen
zu können.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dieses Land ist wirtschaftspolitisch in einem exzel-
lenten Zustand. Das wird deutlich, wenn man die Situa-
tion in Deutschland mit der Situation im Ausland und
mit dem europäischen Durchschnitt vergleicht. In kei-
nem anderen Land der entwickelten Welt hat es solch
hohe Zuwachsraten gegeben, wie wir sie in Deutschland
erlebt haben. In keinem anderen Land gibt es so niedrige
Arbeitslosenzahlen. Wir sind stolz darauf, dass wir dabei
helfen, die Leute in Lohn und Brot zu bringen statt vor
die Arbeitsagenturen, wo Sie sie gerne sehen würden,
meine Damen und Herren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es war spannend, gerade dem Vertreter der Grünen
zuzuhören, der wie immer seine Rede gehalten und sich
dann aus dem Plenum verabschiedet hat. Der Kollege
Kuhn hat gesagt: Ich erlaube mir einmal den Luxus, zu
fragen, wo Deutschland wächst. Wir erlauben uns den
Luxus, immer wieder zu kritisieren, dass Wachstum an
genau dieser Stelle nicht erwünscht ist. – Sie sind eine
Luxuspartei. Sie muss man sich erst einmal leisten kön-
nen. So stabil und so robust, dass sich dieses Land diese
Luxuspartei leisten kann, kann kein Wachstum sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo stehen Sie eigentlich in den Umfragen? Unter „ferner liefen“ und bald unter „Sonstige“! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Oh! Haben wir da etwa noch eine Partei der Besserverdienenden?)


Wir haben – auch darauf sind wir stolz – einen we-
sentlichen Beitrag dazu geleistet, dass Europa zu einer
Kultur der Stabilität zurückkehrt, die unter Ihrer Verant-
wortung verlassen wurde. Sie haben dafür gesorgt, dass
die Stabilitätskriterien aufgeweicht wurden. Unter Ihrer
Verantwortung wurde Griechenland in die EU aufge-
nommen. Jetzt versuchen Sie, Euro-Bonds und andere
Formen der Vergemeinschaftung von Schulden als ein-
zige Antwort und als Rezept darzustellen. Sie wollen
den Deutschen wieder an die Kasse, wieder ans Porte-
monnaie. Sie verraten die Interessen der ganz normalen
Bürger in diesem Lande. Auch dies werden wir deutlich
machen. Auch dies wird diese Koalition bekämpfen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir zittern schon, Herr Lindner!)


Wer soll die Konjunkturprogramme, die Sie vorschla-
gen, eigentlich finanzieren, mein lieber Herr Heil? Wer
bringt denn das Geld für die Investitionsprogramme in
Griechenland auf?


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das habe ich Ihnen vorhin gesagt! Finanztransaktionsteuer!)


– Nein, wir verlangen, dass die Griechen ihre Hausauf-
gaben erst einmal selber machen. Es ist genug Geld da.

D
R
d
g

D
w
k

c
Ih
S
b
w
h

m
m
D

tr
w

z
s
k
S

s
s
F
V

D
a

ru
te
g



e
b
D
2
li

(C (D as Land leistet es sich, seine Bürger mit 55 Jahren in ente zu schicken. Dies muss erst einmal abgestellt weren, bevor wir mit deutschem und europäischem Steuereld dort in die Wirtschaft eingreifen. as können wir erwarten. Wir sind nämlich auch Sachalter der Interessen der Bezieher ganz normaler Einommen in Deutschland. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sagen Sie doch mal etwas zu den „faulen Iren“!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Jetzt kommen wir zum Thema Einkommen. Sie spre-
hen wieder von Ihrem Mindestlohn. Liebe Leute, mit
rem Vorschlag eines Mindestlohns von 8,50 Euro, wie

ie ihn gestern im Wirtschaftsausschuss vorgestellt ha-
en – eine Kommissionslösung –, erreichen Sie doch die
esentlichen Teile des verarbeitenden Gewerbes über-
aupt nicht. Da wird doch deutlich mehr verdient.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gott sei Dank!)


Rechnen Sie sich das einmal aus! Wenn eine Familie
it zwei Kindern 8,50 Euro pro Stunde verdient, dann
uss sie doch auch wieder zur Arbeitsagentur gehen.
as sind doch keine Lösungen – vor allen Dingen nicht
r die Menschen, die in Ostdeutschland in kleinen Be-
ieben im Dienstleistungsgewerbe arbeiten und deshalb
ieder zur Arbeitsagentur gehen müssen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Für die Leute haben Sie gar keine Lösung!)


Lassen Sie uns gerne über branchen- und regionalbe-
ogene Ansätze diskutieren, aber einen einheitlichen ge-
etzlichen Mindestlohn, festgestellt durch eine Lohn-
ommission, lehnen wir ab. Das sage ich Ihnen an dieser
telle auch ganz klar.


(Beifall bei der FDP)


Mein lieber Kollege Schlecht, Sie müssen mir einmal
agen, wie man es schafft, angesichts dieser Daten eine
olche Rede zu halten. Was muss man eigentlich zum
rühstück eingenommen haben, um zu einer solchen
erzerrung der Wahrheit zu kommen?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


as müssen Sie mir einmal sagen. Vielleicht wirkt das ja
uch umgekehrt.

Spannend ist, dass Sie von diesem Pult hier dazu auf-
fen, der öffentliche Dienst müsse tapfer voranschrei-
n. Sie haben von „richtig aus der Pulle“, „noch kräfti-
er“ und „noch stärker trinken“ gesprochen.


(Michael Schlecht [DIE LINKE]: Sehr gut!)


„Sehr gut“; ja, das habe ich mir richtig gemerkt.


(Michael Schlecht [DIE LINKE]: Ja!)


Herr Gewerkschaftssekretär, ich lese Ihnen einmal
ine Pressemitteilung von Verdi vor. Verdi hat am 9. Fe-
ruar 2010 zum Streik gegen eine Landesregierung in
eutschland aufgerufen – Zitat –: „1,2 % ab Oktober
010 – zu wenig und zu spät“. – Man muss dazu natür-
ch sagen: 2010 standen wir mit 3,7 Prozent Wirtschafts-





Dr. Martin Lindner (Berlin)



(A) )



(B)

wachstum auf dem Gipfel des Wachstums. Welche Lan-
desregierung war das, Herr Gewerkschaftssekretär? –
Rot-Rot in Berlin! Sie reden hier von einem kräftigen
Schluck aus der Pulle, aber da, wo Sie regieren, bieten
Sie 1,2 Prozent an.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Das ist lächerlich. Sparen Sie sich solche Büttenreden
jetzt vor dem Karneval und verschonen Sie uns mit einer
solchen von der Wirklichkeit entkoppelten Phrasen-
drescherei, wie Sie sie hier abgeliefert haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Damit sind wir natürlich auch beim Thema Fach-
kräfte. Wir haben die Gehaltsgrenze von 66 000 Euro auf
48 000 Euro abgesenkt. Ihre Antwort bei einem Mangel
an Fachkräften in Deutschland ist, dass Sie das, was Sie
einmal richtigerweise eingeführt haben, nämlich die
Rente mit 67, nun wieder bekämpfen.

Herr Duin, ich fand es auch ganz spannend, wie Sie
hier gerade von einer Gleichstellung von Abitur und
Fachkräfteabschluss gesprochen haben. Ich teile hier
ausdrücklich Ihre Meinung. Aber ist es nicht Ihre Partei
gewesen, die seit den 70er-Jahren gewerbliche Ab-
schlüsse und das duale System miesgemacht und gesagt
hat, das Einzige, was zähle, sei das Abitur, sodass Sie
dort, wo Sie regiert haben, die Leistungsanforderungen
abgesenkt haben, nach dem Motto: Jeder soll ein Abitur
haben?


(Garrelt Duin [SPD]: Was? Das ist doch Unsinn! Das ist doch eine Frechheit! Quatsch!)


Sie haben doch das duale System miesgemacht und mit
Zwangsabgaben für die Wirtschaft gedroht.


(Garrelt Duin [SPD]: Das ist frei erfunden! So ein Mumpitz! Das glauben Sie doch selber nicht!)


Sie sind doch der Feind der dualen Ausbildung. Das
muss man auch sagen.


(Beifall bei der FDP)


Herr Heil, an der Stelle auf Herrn Niebel anzuspielen,
ist lächerlich. Ich kann Ihnen ganz ehrlich sagen: Im
H
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1715202300

„In diesem Haus wird SPD gewählt“. Es gibt keine
nepotistischere Partei als die SPD, keine Partei, die sich
den Staat mehr zur Beute gemacht hat als Ihre Partei.
Das lassen Sie sich an dieser Stelle auch einmal sagen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


In meinem letzten Punkt möchte ich kurz zum Thema
Export etwas sagen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715202400

Das muss jetzt aber schnell gehen, Herr Kollege.


Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1715202500

Das ist auch sehr spannend. Sie reden – auch hier –

immer wieder davon, die Leistungsbilanzunterschiede

m
m

S
e
g
b
d
te
s
s
v

W

d

s

D

H
d
W

k
h
S
d
u

W

b
In

re
s
s
M

(C (D üssten ausgeglichen werden. Dann sagen Sie mir einal, wie und wo. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist Ihnen eigentlich das Niveau nicht heilig?)


agen Sie einmal, wo Sie den Export noch mehr besteu-
rn wollen. Sagen Sie mir einmal ganz genau – und sa-
en Sie es vor allen Dingen den Menschen, die im verar-
eitenden Gewerbe beschäftigt sind –, wie Sie die
ortigen Arbeitsplätze gefährden wollen. In der wehr-
chnischen Industrie, in der sonstigen Industrie: Überall

ind Sie mit dabei, wenn es darum geht, es dem deut-
chen Export schwer zu machen. Auch dies werden wir
erhindern.

Wir werden dafür sorgen, dass Deutschland weiter auf
achstumskurs ist,


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das merkt nur niemand!)


ass wir expandieren und dass wir auch einen leistungs-
higen Export haben. Dafür steht diese Koalition; dafür

teht meine Fraktion.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Pfeifen im Walde! – Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwergenpartei!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715202600

Das Wort erhält die Kollegin Ulla Lötzer, Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715202700

Herr Präsident! Kolleginnen! Kollegen! Herr Rösler,

err Lindner, Ihre Prognose von Deutschland als Insel
er Glückseligkeit in der Brandung der europäischen
irtschaft ist wirklich Schönfärberei der krassesten Art.


(Beifall bei der LINKEN)


Kommen wir zur Wirklichkeit, Herr Lindner. Sie er-
lären, die verfügbaren Einkommen der privaten Haus-
alte sollten um 3 Prozent steigen. Gleichzeitig haben
ie, Herr Rösler, gestern in der Pressekonferenz aus-
rücklich gegen Lohnerhöhungen Stellung genommen
nd sich für Lohnzurückhaltung ausgesprochen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ach nee!)


ie sollen da die Einkommen steigen?

Sie sagten heute Morgen in Ihrer Rede, Wachstum sei
ei allen Menschen angekommen. Die OECD stellt fest:
keiner anderen Industrienation trifft die Redensart

Die Armen werden immer ärmer, die Reichen immer
icher“ mehr zu als in Deutschland. 1,2 Millionen Men-

chen werden mit Stundenlöhnen unter 5 Euro abge-
peist. Das ist ein Armutssektor. Da ist bei ganz vielen

enschen in Deutschland nicht Wachstum, sondern
)





Ulla Lötzer


(A) )


)(B)

Armut angekommen. Dafür tragen Sie die Verantwor-
tung.


(Beifall bei der LINKEN)


Das gilt nicht nur in Deutschland, sondern europa-
weit. Ihre Forderung heißt jetzt nicht mehr nur Kürzen
der öffentlichen Mittel, sondern auch Stärkung der Wett-
bewerbsfähigkeit in den anderen europäischen Staaten.
Neben Sparen bei den Armen in den öffentlichen Haus-
halten heißt das – ausdrücklich formulieren Sie es auch
so –: Senkung der Lohnstückkosten und der Löhne euro-
paweit. Das setzt eine neue Spirale des Kampfes um
Niedriglöhne und eine Auseinandersetzung darüber,
Wettbewerbsfähigkeit herzustellen, in Gang. Dieser Weg
führt nicht zum Aufschwung, sondern zum Gegenteil,
Herr Rösler.

Kommen wir zu Ihrer Erfolgsgeschichte am Arbeits-
markt. Ja, es stimmt: Inzwischen haben über 41 Millio-
nen Menschen Arbeit. Aber die Zahl der geleisteten Ar-
beitsstunden ist von 2010 auf 2011 gesunken. Das
Statistische Bundesamt stellt fest: 8,4 Millionen Men-
schen in Deutschland sind unterbeschäftigt. Dazu zählen
2,9 Millionen Erwerbslose; 1,2 Millionen Menschen in
der stillen Reserve sowie 2,2 Millionen Menschen, die
gern ihre Teilzeit aufstocken würden.

Was Sie auch verschweigen, ist, dass dieser Auf-
schwung bei der Beschäftigung eben auch der Auf-
schwung der Leiharbeit, der befristeten Beschäftigung
und der Minijobs mit niedrigeren Löhnen, schlechteren
Arbeitsbedingungen und weniger Rechten am Arbeits-
platz ist. Dafür sollen dann die Menschen „Danke,
Deutschland!“ sagen? Das ist wirklich eine Verhöhnung.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb auch von mir: Handeln Sie! Beenden Sie
diese unwürdigen Arbeitsverhältnisse! Führen Sie einen
gesetzlichen Mindestlohn ein! Gleicher Lohn für gleiche
Arbeit und gleiche Rechte und Bedingungen am Arbeits-
platz, das wäre eine Anerkennung der Leistung und der
Würde der Menschen. Das wäre ein Beitrag zur Steige-
rung der Binnennachfrage.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie versagen bei der Bekämpfung der Armut. Sie ver-
sagen erst recht, wenn es darum geht, die Wirtschaft für
die Anforderungen der Zukunft umzubauen. Wir warten
auf eine moderne, ökologische Industriepolitik und
Dienstleistungspolitik! Sie stellen sich hier hin und grei-
fen die Opposition als Fortschrittsverweigerer an. Der
Fortschrittsverweigerer sitzt auf der Regierungsbank:
Das sind Sie, Herr Rösler!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Klimawandel, technologische Innovation und Knapp-
heit von Rohstoffen führen zu tiefgreifenden Verände-
rungen. Für die Bewältigung der industriellen Erneue-
rung braucht es motivierte und kompetente
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Lohndumping und
Prekarisierung gefährden auch hier die Erneuerungs-
fähigkeit. Es braucht eine aktive Industriepolitik, die

U
z
n
P
n

n
D
c
ti
n
Ih
tr

n
li
Q
a
u
s
a
M
w
d
g
e

w
b
d
Ih
W
m




s

z

H
d
w
u
u

(C (D mwelttechnologien, Materialproduktivität, Energieeffiienz und Kreislaufwirtschaft fördert. Sie aber stellen ur die Verteilung der Rohstoffe in den Mittelpunkt Ihrer olitik und bewältigen damit diese Zukunftsaufgabe icht. Die Antwort auf den Klimawandel erfordert nicht nur eue technologische Lösungen, sondern auch neue ienstleistungen. Ob Mobilitätsdienstleistungen, Recy lingsammelstellen oder Energieberatung, ohne hochwerge Dienstleistungen ist ein sozial-ökologischer Wandel icht denkbar. Hier vermissen wir jegliche Ansätze von nen, um Beschäftigungschancen für hochwertige Indusieund Dienstleistungsarbeitsplätze zu entwickeln. Den Vogel schießen Sie aber in der Energiepolitik ab, icht nur mit der Ablehnung der Energieeffizienzrichtnie, sondern auch jetzt mit der Diskussion über eine uotenregelung für erneuerbare Energien. Das führt nach llen Erfahrungen zu höheren Energiepreisen – dies ist nter anderem in Großbritannien vorexerziert worden – tatt zu einer Senkung. Sie bremsen den Beschäftigungsufschwung in dem Bereich, in dem immerhin 360 000 enschen arbeiten. Sie bremsen damit auch eine Enticklung, die dezentral neue Beschäftigungschancen in iesem Bereich schafft. Sie setzen auf Quoten für die roßen Vier und damit auf Kohle und weiterhin Atomnergie. Das führt nicht in die Zukunft. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die Struktur-
andel aktiv gestaltet, statt nur die übliche Klientel zu
edienen, und nicht auf alte Zöpfe setzt, sondern sich
en sozialen und ökologischen Anforderungen stellt.
rem vorliegenden Bericht zufolge bedeutet das eine
irtschaftspolitik, für die die FDP keine Verantwortung
ehr trägt.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715202800

Nächster Redner ist der Kollege Heinz Riesenhuber

r die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Herr Riesenhuber, wir haben hohe Erwartungen an Ihre Rede!)


Er hat dennoch eine begrenzte Redezeit, was ich
icherlich nicht eigens vortragen muss.


Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1715202900

Vielen Dank für die Mahnung. Ich komme darauf

urück.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! In dieser zuversichtlichen Debatte sind uns aus
en Reihen der kompetenten Oppositionsredner zwei
esentliche Vorwürfe gemacht worden. Herr Kuhn, der
ns zu unserer Freude wieder heimgesucht hat und unter
ns weilt, sagte: Wir haben uns ganz auf die Sparpolitik





Dr. Heinz Riesenhuber


(A) )


)(B)

konzentriert. Hubertus Heil sagte: Wir brauchen Investi-
tionen in Bildung und Forschung.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Und Infrastruktur!)


Das ist eine tolle Position.

Unsere Politik zeigt: Wir haben in der Tat mit Energie
und Entschlossenheit die Haushalte konsolidiert.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 80 Prozent Schuldenstand!)


Wolfgang Schäuble ist gerade nicht anwesend. Dass wir
auch in einer Zeit, in der die Steuereinnahmen geflossen
sind, mit Entschlossenheit vorgegangen sind, zeigt die
sensationell niedrige Neuverschuldung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Vor dem Hintergrund haben wir aber auch gleichzei-
tig Wachstum in den Bereichen erzielt, in denen es nötig
ist. Herr Rösler schreibt in seinem Jahreswirtschafts-
bericht, dass Deutschland Stabilitätsanker und Wachs-
tumsmotor in Europa ist. Das ist kein Anspruch auf all-
gemeine Bewunderung, sondern ein Anspruch an uns
selber. Wenn wir die Stabilität nicht herbeiführen und
nicht entschlossen konsolidieren, dann werden wir mit
diesen Argumenten niemanden in Europa gewinnen.
Wenn Europa nicht gemeinsam in einer neuen Zusam-
menarbeit konsolidiert und Verlässlichkeit schafft, dann
werden wir auf den Weltmärkten nicht stark sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben aber mit großer Entschlossenheit Wachs-
tum angelegt und folgen damit den Vorschlägen von
Hubertus Heil.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist ja toll! Wo ist denn die steuerliche Forschungsförderung?)


Sie wollen in Forschung und Bildung investieren, Herr
Heil. Ältere Leute erinnern sich noch, dass Herr
Schröder 1998 gesagt hat, er wolle die Ausgaben für
Forschung im Bundeshaushalt in fünf Jahren verdop-
peln. In sieben Jahren hat er 20 Prozent geschafft. In der
Großen Koalition haben wir ein Plus von 6 Milliarden
Euro in einer Wahlperiode erreicht. Wir danken für die
herzliche Brüderlichkeit, die Sie im Sinne der Vernunft
gezeigt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Unsere jetzige Koalition hat 12 Milliarden Euro aus
Bundesmitteln für Bildung und Forschung draufgelegt.
Das heißt, dort, wo Wachstum gefördert werden kann,
wo wir in die Zukunft aufbrechen und wo die Chancen
Deutschlands liegen, Wachstum aufgrund von Intelli-
genz zu erzielen, dort investieren wir massiv. Das ist die
Grundlage für den künftigen Wohlstand.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es gibt hier eine differenzierte Landschaft. Eine Dis-
kussion über den Jahreswirtschaftsbericht umfasst nicht
nur die Begeisterung über die vergangenen erfolgreichen

T
h
d
H
n
d
w
te
m
e
d
w
d
d
m
e

n
n
g
B
s
s
G
le
B
B
D
ti
B

u
s
W
m
a
n
b
E
h
B
D
ra
a
z
d
ti
n
L
B
to

g
s
s
s
u
s

(C (D aten, sondern auch die Frage, was man zukünftig angeen will. Im SPD-Antrag sieht man die Löwenpranke es Garrelt Duin zur steuerlichen Forschungsförderung. err Duin, in der Großen Koalition haben wir das leider icht hinbekommen. Nun liegt ein Antrag Ihrer Fraktion azu vor. Prima! Wir haben in der Kieler Erklärung, die ir vor wenigen Tagen verabschiedet haben, festgehaln: Soweit sich bei der Konsolidierung – konsolidieren üssen wir auf jeden Fall zuerst – irgendein Spielraum röffnet, wollen wir es machen. – Dass ein Bohren icker Bretter mit Geduld und Augenmaß notwendig ist, issen wir beide. Wenn wir uns alle aber aufmachen und as harte Herz des Finanzministers gewinnen und wenn ie Forschungsministerin und der Wirtschaftsminister it ähnlicher Begeisterung mitmachen, dann werden wir s hinbekommen. Ein weiterer Punkt ist: Wir reden auch über das, was och zu tun ist. Wir sind in vielen Bereichen stark. Ich enne als Beispiele nur die Projektförderung, die Enerieforschung, die Hightech-Strategie. Wir sind in vielen ereichen institutioneller Förderung stark und entschlos en: 5 Prozent Steigerung bei der Helmholtz-Gemeinchaft, der Max-Planck-Gesellschaft und der Fraunhoferesellschaft, die Exzellenzinitiativen für die Hochschun und der Hochschulpakt. Aber wir haben in einem ereich durchaus noch Potenzial, weiter zu wachsen: ei der Gründung von Unternehmen brauchen wir mehr ynamik. Wir können sie haben; denn wir haben tüchge Leute in diesem Land. Wir werden morgen über den ericht der Expertenkommission der Bundesregierung r Forschung und Innovation diskutieren. Dabei geht es m die beiden Punkte, die wichtig sind: steuerliche Forchungsförderung und die Gründung von Unternehmen. as wir bei der Förderung der Gründung von Unternehen und im Bereich des Wagniskapitals zu tun haben, ist usdiskutiert und durchdekliniert. Wir brauchen darüber icht mehr lange nachzudenken. Von der Transparenz ei der Besteuerung von Wagniskapitalbonds über den rhalt der Verlustvorträge bis hin zur Umsatzsteuerfreieit für Management-Fees und bessere Bedingungen für usiness Angels, das ganze Spektrum ist ausdiskutiert. er Koalitionsvertrag enthält den Vorschlag einer Gantiefazilität für Investoren. Es ist eine große Aufgabe, ber auch eine große Chance, jetzt Rahmenbedingungen u schaffen, die eine Dynamik entfesseln, die mit der in en USA oder in Großbritannien – diese Länder inveseren proportional doppelt bzw. viermal so viel in Wagiskapital wie wir – vergleichbar ist und die den jungen euten die Chance eröffnen, in Begleitung kompetenter usiness Angels bzw. kompetenter Wagniskapitalinvesren ihr eigenes Geschäft und ihre Zukunft aufzubauen. Unsere Landschaft ist geprägt durch eine starke, roße Industrie, einen lebendigen, forschenden Mitteltand – hunderttausend mittelständische Unternehmen orgen für Innovationen – und eine exzellente Wissenchaft mit energischen, tüchtigen jungen Leuten – Frauen nd Männer –, die ein Unternehmen gründen wollen. Für ie müssen wir die Voraussetzungen schaffen, um sich Dr. Heinz Riesenhuber )


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wann?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

auf den Märkten zu bewegen. Wir dürfen nicht nur große
Bundesprogramme wie EXIST, High-Tech Gründer-
fonds II – prima, dass Sie ihn wieder aufgelegt haben,
Herr Rösler –, ERP-Startfonds usw. auflegen, sondern
müssen auch die Privaten einbeziehen, die für eigenes
Geld kämpfen; denn nur wenn jemand für sein eigenes
Geld mit den besten Ideen, die er hat, kämpft, bekom-
men wir den Schwung hinein, der in einer freien Gesell-
schaft und auf offenen Weltmärkten erfolgversprechend
ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden handwerklich noch nachlegen müssen.
Wir werden die AIFM-Richtlinie umsetzen. Wenn wir
das richtig machen, dann können wir großen Schwung
entwickeln. Wenn wir das falsch machen, dann kommen
wir in die gleiche Falle wie beim MoRaKG zum Wagnis-
kapital – damit sind wir in der Großen Koalition auf die
Schnauze gefallen – und beim Unternehmensteuer-
reformgesetz. Aber diese christlich-liberale Koalition
und diese exzellente Regierung mit ihrer überlegenen
intellektuellen Kompetenz


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


und ihrer Begeisterung für die Notwendigkeiten der Zu-
kunft werden nicht in diese Falle tappen.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715203000

Herr Riesenhuber, bevor das größere Ausmaße an-

nimmt – –


Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1715203100

Entschuldigen Sie, ich wusste nicht, dass Sie Präsi-

dentin sind.


(Heiterkeit)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715203200

Deswegen habe ich die Aufgabe, Ihnen zu sagen, dass

Ihre Redezeit zu Ende ist.


Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1715203300

Ja, ich bin gerade richtig in Fahrt. – Ich darf den Satz

noch sagen?


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715203400

Den einen.


Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1715203500

Diese Regierung mit ihrer Kompetenz, mit ihrer Dy-

namik, mit ihrer visionären Kraft, mit ihrer Entschlos-
senheit,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Schönheit!)


das ganze Parlament mitzureißen auf dem Weg in eine
kraftvolle Zukunft, schafft das auch. Das haben wir be-
schlossen, und so machen wir es.

F

H
R
S

ic
te
s
d

S
w
D
g
v
z
J
w
d

d
D
W
s
m
W
G
g
d
g

H
m
v
P

D
m
S
v

(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Theaterkarten ausgeben!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715203600

Das Wort hat die Kollegin Kerstin Andreae für die

raktion Bündnis 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715203700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr
iesenhuber, auch die Hände gen Himmel können an der
telle nicht mehr helfen. Von „kraftvoll“, „visionär“,
Esprit“ und „Elan“ haben wir in Ihrer Rede gehört, aber
h muss Ihnen ehrlich sagen: Die intellektuelle Kompe-
nz, die Sie hier der Koalition und dem Minister zuge-

prochen haben, haben wir zumindest in den letzten an-
erthalb Stunden nicht gehört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Wo waren Sie denn?)


Was so dramatisch ist – den Eindruck haben wir –:
ie reden hier aus einem Tunnelblick heraus. Der Jahres-
irtschaftsbericht ist ein Bericht über die Nation
eutschland, über die Frage, wie es der Wirtschaft hier
eht – das ist richtig –, aber Sie können es nicht lösen
on der Frage Europa; ich komme im Einzelnen darauf
u sprechen. Wenn Sie hier hoffen, dass sich in diesem
ahr die Euro-Krise löst, und wenn Sie hier ein Schön-
etterszenario entwerfen, dann frage ich Sie: Wo ist
enn Ihre Initiative, die Euro-Krise zu bekämpfen?

Sie sagen selber – Herr Rösler, bitte hören Sie zu;
anke schön –: Das Risiko liegt in der Weltwirtschaft.
as waren Ihre Worte gestern und jetzt hier. Aber in der
eltwirtschaft und in Europa droht eine massive Rezes-

ion, drohen soziale Verwerfungen. Die Menschen neh-
en Europa als Bedrohung wahr. Ich sage Ihnen eines:
enn Europa nicht mehr akzeptiert wird, wenn der
rundgedanke eines zusammenwachsenden Europas ab-
elehnt und als Bedrohung empfunden wird, dann ist das
as größte Risiko, das wir haben. Darauf müssen Sie ein-
ehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mit anderen Worten heißt das – das ist das, was der
err Kollege Kuhn mit „sparen und investieren“ ge-
eint hat, Herr Riesenhuber –: Nur Schuldenbremsen zu

erschreiben, reicht nicht aus. Das ist eine kurzsichtige
olitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


a dürfen wir von einem Wirtschaftsminister deutlich
ehr verlangen. Dem Sparen muss ein Investieren an die
eite gestellt werden: Investitionen in ökologisch sinn-
olle Maßnahmen.





Kerstin Andreae


(A) )


)(B)

Aber vor allem bei einem haben wir und auch SPD
und die Linke wirklich fassungslos dagesessen: Wenn
Sie das Problem der wirtschaftlichen Ungleichgewichte
und die Frage der Leistungsbilanzen, sowohl der Leis-
tungsbilanzüberschüsse als auch der Leistungsbilanzde-
fizite, derartig negieren und nicht auf das Problem einge-
hen, dass wir unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit in
Europa haben, dass wir, wenn wir so weitermachen, Eu-
ropa insgesamt an die Wand fahren und es uns dann gar
nichts nützt, wenn wir hier in Deutschland singulär stabil
sind, haben Sie als Wirtschaftsminister an der Stelle
komplett versagt. Sie müssen das Problem der Leis-
tungsbilanzen in den Blick nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Von Griechenland lernen, heißt siegen lernen!)


Finanztransaktionsteuer. Es geht nicht mehr um das
Ob; es geht nur noch um das Wie. Bei dem Wie können
Sie mitgestalten, anstatt immer nur zu sagen: Nein, nein,
nein. Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft,
Michael Hüther – wahrlich kein Grüner –, hat gestern in
einem Interview gesagt:

Es muss der Politik gelingen, neue Schocks an den
Finanzmärkten mit aller Macht zu verhindern.

Mit aller Macht, Herr Rösler! Das heißt, kraftvoll und
engagiert und nicht mit dieser einlullenden Schönfärbe-
rei! Das müssen Sie tun. Das wäre der richtige Weg.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulla Lötzer [DIE LINKE])


Nun soll der Jahreswirtschaftsbericht ja Perspektive
geben, auch für die deutsche Wirtschaft hier. Was in die-
sem Jahreswirtschaftsbericht völlig fehlt, ist der ganze
Bereich grüne Technologien, ökologische Modernisie-
rung. Umwelt taucht immer auf im Zusammenhang mit:
Die Energieversorgung muss aber bezahlbar sein. – Aber
dass die Zukunft, der Kern der Ökonomie in der Beant-
wortung der ökologischen Frage liegt, das ignorieren Sie
völlig.

Es kommt noch schlimmer. Das merkt man, wenn
man sich Ihre Rede auf dem Dreikönigstreffen anhört,
wo Sie vermutlich als Letzter begriffen haben, dass der
Begriff der Nachhaltigkeit aus der Forstwirtschaft
kommt.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der ist ja auch erst 150 Jahre alt!)


Ich habe mir diese Rede angehört. Da ging es immer um:
Wachstum, Wachstum, Wachstum.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Sie haben sie gelesen! Wie schön!)


– Ich habe sie mir sogar angehört; ich habe es mir wirk-
lich angetan – wie Sie ja auch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Die Frau Oberlehrerin!)


Z

h

b
d
e
U
d



H
A
te

d
d
E
s
li
u
z
d
w


w
m
g

M

(C (D Frau Andreae, Herr Fuchs möchte Ihnen gern eine wischenfrage stellen. Möchten Sie diese zulassen? Sie stoppen die Zeit, und ich darf den Gedanken nach er noch zu Ende führen. Dann höre ich sie mir gern an. Verehrte Frau Andreae, wenn ich richtig informiert in, kommen Sie aus Baden-Württemberg. Ist es richtig, ass die Grünen dort zumindest in der Energiepolitik ine völlig neue Ausrichtung eingeleitet haben; denn Ihr mweltminister Franz Untersteller – ich gehe davon aus, ass Sie ihn kennen – sagte Folgendes – ich zitiere –: Wenn wir uns dem Problem er meint den Kraftwerkstandort Baden-Württemberg – nicht widmen, werden wir nach 2015 in eine Situation kommen, doch Atomkraftwerke am Netz lassen zu müssen. eißt das, dass die Grünen in ihrer Energiepolitik jetzt tomkraftwerke doch als eine Notwendigkeit betrachn? (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das wird ein klassisches Eigentor, Herr Fuchs! – Garrelt Duin [SPD]: Das ist wirklich ein Elfmeter im eigenen Strafraum! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke, ihr wollt raus aus der Atomenergie!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715203800
Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715203900
Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1715204000


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715204100

Soll ich antworten oder das Plenum? – Wenn ich

ürfte, würde ich gern antworten. Mein Sohn ist jetzt in
er 6. Klasse und lernt dort gerade deutsche Grammatik.
s ist immer ganz wichtig, sich den Satzbau anzu-
chauen und zu überlegen, ob dort Bedingungen formu-
ert werden. Was Herr Untersteller sagt, ist: Wenn es
ns nicht gelingt, jetzt die Energiewende forciert voran-
utreiben und diesen Umbau wirklich hinzubekommen,
ann stehen wir 2050 vor der Situation, dass wir nicht
issen – –


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: 2015! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: 2015!)


2015, ja, aber Sie müssen es jetzt angehen. Das ist es,
as er sagt. Er wirft Ihnen und auch dem Wirtschafts-
inister vor, dass die Energiewende nicht kraftvoll an-

enommen wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Eine eigenwillige Exegese! Die Exegese des Unterstellers! – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Das sind Ihre Redewendungen!)


Jetzt möchte ich meinen Gedanken fortführen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715204200

Es gibt noch eine Zwischenfrage, Frau Andreae.
öchten Sie diese zulassen?






(A) )


)(B)


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715204300

Aber immer.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber jetzt eine ausführlichere Antwort!)


– Gerne, wenn die Frage besser ist. – Was sie sein wird.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1715204400

Frau Kollegin, kann es sein, dass der Kollege Fuchs

möglicherweise Teil des Problems ist, das angesprochen
wurde, nämlich dass der Umweltminister von Baden-
Württemberg andeutet, wenn es jetzt nicht gelingt, die
Energiewende umzusetzen, neue Kraftwerkskapazitäten
zu bauen, erneuerbare Energien zu integrieren und Spei-
cher zu bauen, sodass sich 2015 Leute wie Herr Fuchs
hinstellen und sagen: „Nun müssen wir aber die Rest-
laufzeit der Kernkraftwerke verlängern“? Kann es sein,
dass das gemeint war?


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715204500

Das würde ich unterstützen, zumal wir die Position

von Herrn Fuchs kennen, der sich als einer der wenigen
dazu äußert und die Energiewende eigentlich nicht un-
terstützt.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Aber wer behindert die Speicherung?)


Ich nehme an, dass es in Ihren Fraktionen viele gibt,
die das heimlich tun. Ich meine es wirklich ernst – neh-
men wir einmal die Polemik und alles heraus –: Sie müs-
sen es schaffen, diese Energiewende umzusetzen. Sie ha-
ben mit Minister Röttgen einen Minister, der ein hohes
Interesse daran hat, die Energiewende auch mit uns ge-
meinsam zu schaffen. Sie haben mit Minister Rösler je-
manden, der diese Energiewende blockiert, wo auch im-
mer er kann – in der EU und in Deutschland.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das machen Sie doch vor Ort!)


Schaffen Sie es endlich, in Ihren Köpfen umzudenken
und diese Energiewende umzusetzen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zurufe der Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU] und Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU] – Abg. Bartholomäus Kalb [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715204600

Weitere Zwischenfragen möchte Frau Andreae nicht

zulassen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715204700

Ich möchte nun, bevor Sie sich festbeißen, mit mei-

nem Gedanken zum Dreikönigstreffen zum Ende kom-
men, weil mir das neben der Energiewende wirklich
wichtig ist.

Auf diesem Dreikönigstreffen hat der Minister Rösler
einen Wachstumsfetischismus formuliert, wie wir ihn in
den letzten 30 Jahren nicht mehr gehört haben.

Ic
F
e

c
d
N
g
W
e
W


x
d
a
k
n
n
g
W
n

s

d
u

s

a

(C (D (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie erzählen doch dauernd, wie viele Arbeitsplätze in diesem Bereich entstehen!)


h dachte, ehrlich gesagt: Wir waren weiter bei der
rage, darüber tatsächlich ernsthaft nachzudenken, wie
s hier weitergehen soll.

Ich nenne Ihnen zwei Nachrichten, die an einem Wo-
henende gemeldet wurden: Der siebenmilliardste Er-
enbürger ist geboren worden. Gleichzeitig kam die
achricht, dass wir im Jahr 2010 trotz aller Bemühun-
en die höchsten CO2-Emissionen überhaupt hatten.
enn Sie diese beiden Nachrichten zusammen denken,

rkennen Sie: Es führt kein Weg an einer ökologischen
ende vorbei, die ernst gemeint ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Stimmt doch gar nicht!)


Das, mein lieber Herr Lindner, ist überhaupt keine Lu-
usdiskussion, sondern es ist zwingende Notwendigkeit,
iese Diskussion zu führen. Darüber denkt im Übrigen
uch der Finanzminister nach. Ich weiß nicht, ob man
urz vor Weihnachten ganz besonders in sich geht und
achdenkt; aber Ihr Finanzminister, der auf dem Dreikö-
igstreffen auf eine Art abgekanzelt wurde, die Ihres-
leichen sucht, sagt nicht nur: „Wir müssen über das
irtschaftswachstum in den hoch entwickelten Industrie-

ationen nachdenken“, nein, er geht sogar weiter.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715204800

Frau Kollegin.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715204900

Er sagt: Wir müssen es begrenzen. – Diese Diskus-

ion sollten Sie einmal intern führen: –


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715205000

Frau Kollegin.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715205100

– Wie gehen Sie nachdenklich, klug und ernsthaft mit

er Frage um, dass wir so nicht weitermachen können
nd eine ökologische Wende brauchen?

Ich komme leider zum Schluss.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715205200

Frau Kollegin, Sie hätten zum Schluss gekommen

ein müssen. Sonst toppen Sie noch Herrn Riesenhuber.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715205300

Herrn Riesenhuber? Immer, ganz klar. Ich darf jetzt

lso noch eine Zwischenfrage zulassen?


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715205400

Nein.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715205500

Schade. Hätte ich gerne.






(A) )


)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715205600

Definitiv nicht.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715205700

Ich hätte wirklich gerne Ihre Frage zugelassen. – Ich

hoffe, Sie können über das eine oder andere nachdenken –


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715205800

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715205900

– und sind dazu intellektuell in der Lage. Dann freue

ich mich über die weiteren Diskussionen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715206000

Der Kollege Uwe Schummer hat jetzt das Wort für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1715206100

Verehrtes Präsidium! Meine lieben Damen! Meine

Herren! Der Wirtschaftsbericht am Ende dieser Weltfi-
nanz- und -wirtschaftskrise zeigt auf der einen Seite,
dass es der Großen Koalition gut gelungen ist, sie zu
meistern: mit einem bewussten Investieren gegen die
Krise, dem Schaffen bleibender Werte und dem Finan-
zieren von Arbeit statt Arbeitslosigkeit. Er zeigt auf der
anderen Seite aber auch, dass es der christlich-liberalen
Koalition gelungen ist, nicht nur zu reagieren, sondern
auch gut zu regieren. Das hat sie getan, indem sie gesagt
hat: Bildung ist der Schlüssel zur Lösung wirtschaftli-
cher und sozialer Probleme, die wir heute haben. – Die
christlich-liberale Koalition hat gemeinsam das Projekt
einer Bildungsrepublik ausgerufen. Seit 1949 hat keine
Bundesregierung mehr in Bildung und Forschung inves-
tiert – 13 Milliarden Euro in diesem Haushaltsjahr – als
die jetzige christlich-liberale Bundesregierung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


All das hat bewirkt, dass anders als 2005, als Rot-
Grün noch regierte, nicht jeden Tag 2 400 Arbeitsplätze
abgebaut werden, sondern dass wir im letzten Jahr im-
merhin 1 583 Arbeitsplätze jeden Tag netto, nach Abzug
der Arbeitsplatzverluste, geschaffen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Auch in diesem Jahr wird der Stellenzuwachs täglich bei
über 600 Arbeitsplätzen liegen. Dadurch sorgen wir da-
für, dass Menschen und Familien wieder eine Zukunft
haben, ein frei verfügbares Einkommen erhalten und so
ihr Leben vernünftig gestalten können. Von der christ-
lich-liberalen Koalition wurde also geradezu eine Ar-
beitsmarktoffensive aufgelegt.

B
li
S
c
a
z

n
A
te
te
c

g
a
a
d
d
P
d
D

w
d
n
d
z
s
k
m
n
k
B
L
g
w
e
D
d
F

v
G
d
a
u
v
d
is
d

(C (D Dies hat auch eine finanzielle Dimension: 100 000 in eschäftigung gebrachte Arbeitslose bedeuten 1,8 Milarden Euro weniger Leistungsausgaben und mehr teuerund Sozialversicherungsbeiträge für die öffentlihen Haushalte. Es ist gut, dass dank unserer Politik uch die Zahl der Langzeitarbeitslosen in den letzten wei Jahren um 40 Prozent abgesenkt werden konnte. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir erleben am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft ei-
en Paradigmenwechsel: Arbeit ist wieder etwas wert.
rbeit wird wieder nachgefragt. Arbeit ist nicht nur Kos-
nfaktor, sondern auch Innovationsfaktor und Aktivpos-
n im Unternehmen. Das ist die neue Denke, die die

hristlich-liberale Koalition hervorgerufen hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das zeigt sich auch an der Zahl der Patentanmeldun-
en. Wir sind das Land in Europa, das die meisten Patent-
nmeldungen hat. Jedes Jahr werden über 60 000 Patente
ngemeldet. Über 80 Prozent dieser Patente werden von
en Beschäftigten in den Unternehmen entwickelt und in
en Unternehmen zur Umsetzung gebracht. Dieses
otenzial in den Unternehmen müssen wir zusammen mit
en Unternehmern und Beschäftigten weiterentwickeln.
azu brauchen wir Bildung, Forschung und Innovation.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der Jahreswirtschaftsbericht mahnt aber auch, dass
ir alle Potenziale ausschöpfen müssen. Es ist gut, dass
ie Bundesregierung die Kraft hat, endlich ein Anerken-
ungsgesetz für die 300 000 Menschen in unserem Land,
ie ausländische Berufsabschlüsse haben, auf den Weg
u bringen. Es wird nun überprüft, wie diese Berufsab-
chlüsse und die dabei erworbenen Kompetenzen aner-
annt werden können und mit welchen Weiterbildungs-
aßnahmen ein vollwertiger Berufsabschluss, wenn er

icht ohnehin schon vorhanden ist, erreicht werden
ann. Hier gilt es, das Potenzial der Fachkräfte vor der
ürotür zu entwickeln und auch diesen Menschen im
and eine bessere Chance als in der Vergangenheit zu
eben. Wir wissen: Jeder Euro, der in Bildung investiert
ird, spart perspektivisch 3 bis 4 Euro an Sozialkosten

in. Wer sparen will, der muss in Bildung investieren.
as ist die Botschaft auch dieser Bundesregierung. Von
aher erklärt sich der hohe Haushalt für Bildung und
orschung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das Flaggschiff dieser Bildungslandschaft – das ist
ollkommen richtig – ist die duale Berufsausbildung.
estern fand im Ausschuss für Bildung und Forschung
azu eine Anhörung statt. Es ist ganz klar Position über
lle Fraktionsgrenzen hinweg, dass Berufsausbildung
nd Abitur gleichwertig sind. Es kann nicht sein, dass
on europäischer Seite beispielsweise gefordert wird,
ass das Abitur Voraussetzung für eine Pflegeausbildung
t und dass somit eine Abwertung der dualen Ausbil-
ung stattfindet.





Uwe Schummer


(A) )


)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir werden dafür sorgen, dass der Bachelor dem
Meister und die duale Ausbildung dem Abitur gleichge-
stellt werden. Wir wissen, dass Lernen in der Praxis für
die Praxis eine starke Integrationskraft hat. Das zeigen
die guten Zahlen sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch
auf dem Ausbildungsmarkt. Wir wissen, dass die Wirt-
schaft über 30 Milliarden Euro in die duale Ausbildung
investiert, für Ausbildungsvergütungen, für Ausbil-
dungswerkstätten und für Ausbilder, die ja finanziert
werden müssen.

Wir, die christlich-liberale Koalition, haben gemein-
sam zwei große Ziele, die wir miteinander auch errei-
chen werden. Das eine Ziel ist: Arbeit für alle; Vollbe-
schäftigung ist wieder möglich. Zum anderen wollen wir
2014 auf Bundesebene einen Haushalt verabschieden,
der ohne Nettoneuverschuldung auskommt. Das wäre
erstmals seit 1969 wieder der Fall. Nach meiner Über-
zeugung werden wir für dieses Ziel eine Finanztrans-
aktionsteuer brauchen. Herr Solms, ich teile Ihre Auffas-
sung, dass wir diese Steuer weder in ihrer positiven noch
in ihrer negativen Auswirkung überhöhen dürfen. Wir
müssen sie objektiv und sachlich prüfen. Erst dann kön-
nen wir richtig entscheiden. Diese Steuer sollte Bestand-
teil einer solchen gemeinsamen Politik sein.

Alles wird gut!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715206200

Rita Pawelski hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1715206300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Unserem Land geht es gut.


(Beifall des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])


Die deutsche Wirtschaft wächst. Die Zahl der Erwerbstä-
tigen steigt. Und – das ist besonders erfreulich –: Auch
die Einkommen legen wieder zu. Deutschland – damit
trifft der Jahreswirtschaftsbericht den Nagel auf den
Kopf – ist der Stabilitätsanker und Wachstumsmotor
Europas. Das ist wahrlich kein Naturgesetz, sondern das
Ergebnis harter und intensiver Arbeit, der Arbeit der tat-
kräftigen Unternehmer und ihrer fleißigen Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter, aber auch – das muss man deutlich
sagen – der Arbeit der christlich-liberalen Koalition un-
ter Bundeskanzlerin Angela Merkel.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die aktuelle gute und robuste Lage ist für uns aber
kein Ruhekissen, sondern ein Ansporn, um das Wachs-
tum zu verstetigen. Eine wesentliche Herausforderung,
vielleicht sogar die wesentlichste Herausforderung der

Z

s
le
g
m
s
e
b
g
la


F

g
a
B
z
7
n
u
m
w

d
b
in
b
v
s
li
6
p
s
a
s
A
fa
s
ti

s
g
z
fe
Q
u
te
M
s
z
M
b
b
g
jo

(C (D ukunft ist der demografische Wandel. Schon heute das ist klar – heißt es: Während die Wirtschaft wächst, chrumpft die deutsche Bevölkerung. Zwar hat es im tzten Jahr einen erfreulichen Ausreißer nach oben geeben. Dies hat aber nichts mit der Kinderzahl, sondern it der Zuwanderung zu tun. Grundsätzlich muss man agen: Wir haben zu wenig Kinder. Diese leider nicht so rfreuliche Tatsache wird die Zukunft unseres Landes estimmen. Darum muss es uns gelingen, auch mit wenier Kindern ein möglichst großes Wachstum in Deutschnd zu schaffen. Das ist nicht einfach, wie jeder weiß. Ich bin deshalb der Bundesregierung sehr dankbar dar, dass sie das Thema Demografie ernst nimmt und im rühjahr eine Demografiestrategie vorlegen wird. Der demografische Wandel hat nicht nur Auswirkunen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, sondern uch auf das Angebot der Arbeitskräfte. Das Statistische undesamt hat errechnet, dass das Arbeitskräftepotenial bis 2030 um 7,6 Millionen abnehmen könnte: ,6 Millionen weniger Arbeitskräfte, 7,6 Millionen weiger Konsumenten, 7,6 Millionen weniger Einzahler in nsere Sozialsysteme. Diese Zahl ist doch wirklich alarierend; denn fehlende Fachkräfte können schnell – das issen wir – zur Wachstumsbremse werden. Darum hat die Bundesregierung im letzten Sommer as Konzept „Fachkräftesicherung“ auf den Weg geracht. Ein wesentliches Ziel dieses Konzepts ist es, das Deutschland vorhandene Arbeitskräftepotenzial noch esser zu nutzen. Wir wollen die Erwerbsbeteiligung on Frauen und älteren Menschen erhöhen. Bei der Bechäftigung älterer Menschen sind wir auf einem wirkch guten Weg. Seit 2000 hat sich die Erwerbsquote der 0bis 64-Jährigen auf 41 Prozent verdoppelt. Im euroäischen Vergleich können wir uns mit dieser Quote chon sehen lassen. Trotzdem reicht das noch nicht. Wir lle müssen umdenken. Vor allem aber sind die Wirtchaft und die Gewerkschaften gefordert, altersgerechte rbeitsbedingungen zu schaffen. Wir können es uns einch nicht erlauben, auf die Älteren zu verzichten. Sie ind leistungsfähig, motiviert und verfügen über vielfälge Fähigkeiten, Kompetenzen und Erfahrungen. Kommen wir zum nächsten Thema, zur Fachkräftereerve Frauen. Die Erwerbsquote bei den 20bis 64-jährien Frauen liegt bei rund 70 Prozent und damit 10 Proent unter der der Männer. Dem deutschen Arbeitsmarkt hlen vor allem die Frauen mit Kindern. 2009 lag die uote der erwerbstätigen Mütter, deren jüngstes Kind nter drei Jahre alt war, bei nur 30 Prozent. Bei den Värn lag sie bei 81 Prozent. Von diesen 30 Prozent der ütter waren wiederum nur 31 Prozent in Vollzeitbe chäftigung; bei den Vätern waren es 93 Prozent. Schätungen gehen davon aus, dass bis zu 1,2 Millionen ütter mit Kindern, die nicht berufstätig sind, dem Ar eitsmarkt zusätzlich zur Verfügung stehen könnten. Sie rauchen jedoch familienfreundliche Arbeitsplätze und ute Betreuungsangebote, was heißt: Wir brauchen keine bgerechten Familien, sondern familiengerechte Jobs. Rita Pawelski )


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP und der Abg. Kerstin Andreae
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bei den Betreuungsangeboten sind wir auf gutem
Weg. Bis 2013 wird es einen Rechtsanspruch für die Be-
treuung der unter Dreijährigen geben. Für die Drei- bis
Sechsjährigen gibt es bereits seit vielen Jahren einen
Rechtsanspruch, aber in der Regel nur für vier Stunden
und in manchen Ländern für sechs Stunden. Bei Berück-
sichtigung der Zeiten für An- und Abfahrten reicht das
für die Aufnahme einer Beschäftigung nicht aus.

Die christlich-liberale Koalition kennt nicht nur die
Probleme, wir arbeiten auch sehr intensiv daran, sie zu
lösen. Wir verbessern die Rahmenbedingungen so, dass
mehr Frauen, vor allem mehr Mütter, dem Arbeitsmarkt
zur Verfügung stehen.

Eine Ungerechtigkeit müssen wir allerdings noch be-
seitigen, und zwar den Lohnunterschied zwischen den
Geschlechtern. Frauen verdienen durchschnittlich
23 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Das
geht nicht. Ich weiß, dass jetzt die Kritiker sagen, diese
Zahl sei undifferenziert und man müsse schließlich die
Qualifikation, die Berufserfahrung, die Größe des Unter-
nehmens sowie den beruflichen Status berücksichtigen.
Ja, das will ich nicht abstreiten. Aber selbst wenn man
all diese Komponenten herausrechnet, verdienen Frauen
immer noch 13 Prozent weniger als ihre männlichen
Kollegen; das ist das Ergebnis einer Studie des Institutes
der deutschen Wirtschaft. 13 Prozent weniger, obwohl
Frauen in der Regel besser qualifiziert und ausgebildet
sind als ihre männlichen Kollegen.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das glaube ich nicht!)


Das geht nicht, und das werden wir auch nicht hinneh-
men.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der demografische Wandel wird die wirtschaftliche
Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten maßgeblich
beeinflussen. Es liegt an uns allen, an unserer Gesell-
schaft, die Rahmenbedingungen in der Politik, in der
Wirtschaft, bei den Gewerkschaften – im Grunde überall –
so zu gestalten, dass die Auswirkungen möglichst gering
sind. Ich verspreche Ihnen: Diese Regierung ist dabei,
dieses Problem zu lösen. Wir bleiben dran.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715206400

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 17/8359, 17/8346 und 17/7710 an die
Ausschüsse vorgeschlagen, die in der Tagesordnung auf-
geführt sind. – Sie sind damit einverstanden. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Kurth, Fritz Kuhn, Birgitt Bender, weiterer Abge-

re
D

M

L
J
g
n
n
B
d
d
m
e
d
D
tr
s
g

n
s
h
w
s
b
n


d
g
k
U
ri
s

W
b
fe
c
z

H
d

(C (D ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Soziale Bürgerrechte garantieren – Rechtsposition der Nutzerinnen und Nutzer sozialer Leistungen stärken – Drucksache 17/7032 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Hierzu ist verabredet, eineinhalb Stunden zu debattien. – Auch dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch. ann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege arkus Kurth für Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! iebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade in den letzten ahren gab es vielfältige Beobachtungen und Erfahrunen, dass im Bereich der sozialen Rechte die Bürgerinen und Bürger die gesetzlich vorgesehenen Leistungen icht oder erst vor Gericht realisieren konnten. Einige eispiele. Eine Krankenkasse enthält einem unfallbeingt Einbeinigen die notwendige Ersatzprothese vor, ie der Versicherte für seine Berufsausübung als Ferneldetechniker benötigt. Die Krankenkasse verweist auf ine noch vorhandene Badeprothese und stützt sich bei er Begründung auf ein Gutachten des Medizinischen ienstes, das dieser nach Aktenlage, ohne mit dem Beoffenen gesprochen zu haben, gefällt hat. Der Rechtstreit endet erst nach 15 Monaten vor dem Landessozialericht zugunsten des Betroffenen. Ein zweites Beispiel. Beinahe regelhaft verweisen eiige überörtliche Sozialhilfeträger, darunter die bayerichen Bezirke, leistungsberechtigte Menschen mit Beinderungen an private und gemeinnützige Stiftungen, enn es um Hilfen geht. Den Betroffenen wird erklärt, ie könnten sich, sofern ihre Anträge und Bewerbungen ei den privaten Stiftungen keinen Erfolg hätten, dann ja och einmal an die Träger der Sozialhilfe wenden. Oder ein drittes Beispiel. In Berliner Jobcentern nicht nur dort, aber dort besonders häufig – reagieren ie Mitarbeiter oftmals einfach nicht. Vor wenigen Taen gab die Präsidentin des Berliner Sozialgerichts beannt, dass jeden Tag Dutzende von Klagen wegen ntätigkeit der Behörden das Gericht erreichen. Das Gecht selbst schiebt sagenhafte 40 000 unerledigte Fälle eit einem Jahr vor sich her. Das alles sind leider keine bedauerlichen Einzelfälle. enn Sie mit Beratungsstellen von Kirchen, Sozialver änden, unabhängigen Vereinen sprechen, stellen Sie st, dass die Sozialleistungsträger sich auf einer gefährli hen Drift zur Rechtlosigkeit befinden. Die Zunahme der umeist erfolgreichen Klagen vor den Sozialgerichten, die ngst nicht nur das Zweite Buch Sozialgesetzbuch oder artz IV betreffen, lässt mit Recht die Vermutung zu, dass ie kalkulierte systematische Verweigerung von Leistun Markus Kurth )

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715206500




(A) )

gen zumindest bei einzelnen Sozialbehörden zur Ge-
schäftspolitik gehört. Natürlich kann man nicht nur
Schwarz-Weiß-Malerei betreiben, und es gibt auch gute
Beispiele, wo die Rechtsverwirklichung gelingt. Doch
die drastischen negativen Beobachtungen sind in ihrer
Häufung alarmierend. Ein Richter vom Bundessozialge-
richt sprach im Mai 2011 in der schriftlichen Urteilsbe-
gründung vom „Krieg einer gegen den anderen innerhalb
des Staatswesens“ mit Blick auf den Zustand unserer
Systeme der sozialen Sicherung. Das ist zwar drastisch,
trifft aber den Nagel auf den Kopf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir, Bündnis 90/Die Grünen, wollen mit unserem
heute eingebrachten Antrag „Soziale Bürgerrechte ga-
rantieren“ die Verfahrensrechte, die Mitwirkungsrechte,
die Durchsetzungsrechte der Nutzerinnen und Nutzer so-
zialer Leistungen stärken. Wir wollen dies um der Be-
troffenen willen tun, aber auch um der Effektivität, Effi-
zienz und um der Legitimationsbasis der Systeme der
sozialen Sicherung willen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Denn welchen Sinn macht es gesamtstaatlich, wenn
Jobcenter überforderte psychisch kranke Menschen
sanktionieren und sie sehenden Auges in die Wohnungs-
losigkeit schicken? Welcher wirtschaftlichen Logik folgt
denn die Ablehnung eines berufsbedingt notwendigen
Hilfsmittels durch die Krankenkasse, wenn durch die
Verzögerung Arbeitslosigkeit entsteht? Und was denken
sich eigentlich Jugendämter, die Angebote der Jugend-
sozialarbeit abbauen, auf angeblich vorrangige Leistun-
gen der Jobcenter verweisen, wenn sie genau wissen,
dass die Zielsetzungen der Jugendhilfe – Entwicklungs-
förderung – mit den Zielsetzungen der Jobcenter – Leis-
tungsreduzierung – überhaupt nicht übereinstimmen?
Für die betroffenen jungen Menschen hat die Leistungs-
verweigerung der Jugendhilfe unter Umständen wegen
der drastischen Konsequenzen bei Sanktionen fatale, ja
existenzbedrohende Konsequenzen, und die Zunahme
der Obdachlosigkeit unter Jugendlichen und jungen Er-
wachsenen ist ebenfalls ein alarmierendes frühes Zei-
chen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In jedem dieser skizzierten Fälle übersteigen die lang-
fristigen gesamtgesellschaftlichen Folgekosten den ver-
meintlichen Einsparnutzen bei einem einzelnen Sozial-
leistungsträger bei weitem. Auch die weiteren Folgen in
den Behörden – Paternalismus, Abwehrhaltung gegen-
über Ansprüchen – sind dramatisch. Die Folgen für die
Bürgerinnen und Bürger sind nicht zu unterschätzen.
Diese werden in die Rolle von Bittstellerinnen und Bitt-
stellern gedrängt. Sie machen die Erfahrung der Ent-
mündigung, des Ausgeliefertseins. Besonders übel ist es
in den Bereichen, wo es eine besondere Schwächung der
Rechtsstellung gibt, insbesondere beim Sozialgesetz-
buch II oder bei Hartz IV, wo zum Beispiel ein Wider-
spruch, anders als in anderen Sozialsystemen, keine auf-
schiebende Wirkung hat und sich der Betroffene

ü
ri

n
s
V
e
S
S

u
li
S
V
m
U
d

D
fe
g
h
P
tr
v
ti
v
e

s
v
w
s
b

e
s
m
w
d
D

E
B
w
b
u

E
h
m

g

(C (D berhaupt nicht wehren kann, sondern gleich zum Gecht laufen muss. Das Ergebnis ist völlig kontraproduktiv. Die Betroffeen werden nicht – was wir als Grüne aber wollen – getärkt; ihre Leistungsfähigkeit wird nicht verbessert. ielmehr werden Folgekosten verursacht und Bürger ntmündigt. Problemlösungen werden verschleppt. Die elbstbestimmung wird geschwächt, ebenso wie die elbsthilfefähigkeiten der Betroffenen. Insgesamt kann man sagen: Der Weg, auf dem wir ns befinden, führt, wenn wir ihn so weitergehen, letztch zu einem Zustand, in dem unser System der sozialen icherung freiheitsfeindlich wird. Freiheit braucht oraussetzungen, Infrastrukturen und Befähigungen, dait man sie wirklich wahrnehmen kann, wenn man auf nterstützung angewiesen ist. Das sage ich in Richtung er selbsternannten Partei der Freiheit. er Zustand, den ich hier skizziere, ist auch fortschrittsindlich. Das sage ich in Richtung der Union all denjeni en, die sich gerne als Propheten des Fortschritts versteen. Neue Leistungsformen wie das trägerübergreifende ersönliche Budget, bei dem unterschiedliche Leistungsäger zusammenarbeiten, werden dadurch letzten Endes erhindert. Schließlich ist dieser Zustand auch innovaonsfeindlich. Das Ganze ist nicht nachhaltig, weil Präention bzw. vorbeugende Sozialpolitik dadurch nicht rmöglicht wird. Wir als Bündnis 90/Die Grünen schlagen für den geamten Bereich der sozialen Leistungen eine Stärkung on Verfahrensrechten und materiellen Rechten vor. Wir ollen zum Beispiel unabhängige Beratungsstellen chaffen, vergleichbar mit der Unabhängigen Patienteneratung. Wir setzen uns für Wunschund Wahlrechte ein; denn ines ist klar: Durch die Mitwirkung der Betroffenen lasen sich bei Weiterbildungsmaßnahmen, bei Arbeitsarktmaßnahmen, aber auch bei Kuren und Therapien esentlich bessere Ergebnisse erzielen, wenn man auf ie Wünsche und Fähigkeiten der Betroffenen eingeht. as ist eine Binsenweisheit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen, dass weiterhin Menschen mit geringem
inkommen die Möglichkeit haben, sich juristischen
eistand zu leisten und Prozesskostenhilfe zu erhalten,
enn dies notwendig ist. Ein niedrigschwelliger und ge-
ührenfreier Zugang zu den Sozialgerichten ist hierbei
nverzichtbar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


s kann wirklich nicht sein, dass, wie in der Vergangen-
eit, Vorstöße aus Ländern wie Bayern kommen, wo
an auf die Misere mit der Einführung von Gebühren
r Sozialgerichte reagiert hat. Damit werden für diejeni-

en die Zugangshürden zum Rechtsstaat erhöht, die so-





Markus Kurth


(A) )


)(B)

wieso schon große Vorbehalte und Hemmnisse haben,
vor Gericht zu ziehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen die Rechte für anerkannte Verbände
durch ein Verbandsklagerecht stärken. Diese Verbände
sollen – ähnlich wie heute bereits im Umwelt- oder Ver-
braucherschutz – selbstständig eine Klage erheben kön-
nen.

Besondere Aufmerksamkeit haben wir noch einmal
dem SGB II gewidmet. Dort gibt es bekanntermaßen die
größten Probleme, alleine von der schieren Zahl der Be-
troffenen her. Die jüngsten Änderungen nicht nur seitens
der schwarz-gelben Koalition, sondern – das kann ich
Ihnen nicht ersparen, liebe Kolleginnen und Kollegen
von den Sozialdemokraten – auch von der Großen Koali-
tion haben zu einer Verschlechterung der Rechtsstellung
der Hartz-IV-Beziehenden geführt. Wir wollen, dass
auch in diesem Bereich Wünsche ernst genommen wer-
den. Wir wollen die aufschiebende Wirkung von Wider-
sprüchen wieder einführen.

Grüne Sozialpolitik hat das Ziel, allen Menschen eine
gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe zu er-
möglichen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen die Menschen mit ihren Potenzialen und mit
ihren Fähigkeiten ernst nehmen. Eine solcherart verstan-
dene Sozialpolitik hat neben dem Selbstzweck einer
humanen und inklusiven Gesellschaft auch den Vorteil,
politisch stabilisierend und sogar volkswirtschaftlich
stimulierend zu wirken. Selbstbestimmung statt Fremd-
bestimmung, Abwehrrechte gegen übermächtige Kol-
lektive, Gestaltungsrechte, Stärkung der eigenen Selbst-
hilfepotenziale – das ist unsere soziale Idee. Sie
verbindet materielle Garantien und Infrastrukturen zur
Befähigung von Menschen mit Wunsch- und Wahlrech-
ten und schafft so erst die Voraussetzungen, dass Men-
schen, die Unterstützung brauchen, diese Freiheit wahr-
nehmen können. Freiheit braucht Voraussetzungen, und
Freiheit braucht auch soziale Bürgerrechte.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715206600

Das Wort hat der Kollege Dr. Johann Wadephul für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1715206700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! In dieser Sitzungswoche finden zwei größere
sozialpolitische Debatten statt, morgen eine zum Thema
Mindestlohn. Da gibt es, jedenfalls aus Sicht der CDU,
den einen oder anderen Anlass, auch Positives zu der
Vorlage der Grünen zu sagen. Heute müssen wir aller-

d
S

E
n

d
d

D
G
ta
d

R
T
d
k
ra
h
d
k

Ih
a
R
d
re
n
s
b
p

d
s
h
a
d
in
k

W

s
b
s
s
S
K

(C (D ings eine kritische Betrachtung dessen anstellen, was ie dem Hohen Hause vorgelegt haben. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätte ich nicht gedacht!)


s dokumentiert eher eine gewisse Themennot der Grü-
en,


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


ass Sie jetzt versuchen, in diesem Bereich das Haar in
er Suppe zu finden.

Der Antrag fängt ganz gut an, und zwar mit dem Satz:

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein sozialer
Rechtsstaat.

as stimmt; das steht schon seit vielen Jahrzehnten im
rundgesetz. Man muss das hier im Deutschen Bundes-
g nicht noch einmal beschließen. Man muss es nur in
ie Wirklichkeit umsetzen.

Wir sind auch bei Ihnen, wenn Sie sagen: Der soziale
echtsstaat muss gesichert werden; Partizipation bzw.
eilhabe in selbstbestimmter Weise muss gesichert wer-
en. Wir sind uns sicherlich auch darüber einig, dass
ein Regularium der Welt, auch nicht die fast 3 000 Pa-
grafen des Sozialgesetzbuches, in der Lage sein wird,

ier eine wasserdichte Regelung zu schaffen, die in je-
em Einzelfall hundertprozentige Gerechtigkeit sichern
ann; das ist vollkommen klar.

Jedoch muss derjenige, der von einer – ich zitiere aus
rem Antrag – „nicht durchgängig auf Partizipation

usgerichteten Sozialgesetzgebung“, einer „restriktiven
echtsumsetzung“ und einer „mangelnden Kooperation
er Sozialleistungsträger“ spricht, Beweise dafür anfüh-
n. Beweise, lieber Herr Kollege Kurth, sind übrigens

icht Überzeichnungen wie jene in Ihrem Antrag. So
chreiben Sie, es komme „immer wieder vor, dass Ar-
eitsuchende bei Fragen an das Jobcenter eine kosten-
flichtige Telefonhotline anrufen müssen,


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Überzeichnung!)


ass älteren Menschen bei der Suche nach und Antrag-
tellung von assistierenden Diensten nicht adäquat ge-
olfen wird und dass Patienten durch eine zögerliche Be-
rbeitung des Antrages auf eine Anschlussbehandlung
ie gesundheitliche Verschlechterung droht“. Niemand
diesem Hause wird bestreiten, dass so etwas vor-

ommt.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber immer häufiger!)


ogegen wir uns wehren, ist, dass Sie aus diesen Einzel-
llen eine Verallgemeinerung herleiten. Das ist nicht

eriös. Wir weisen es zurück, dass Sie hier allen Sozial-
ehörden, die übrigens, wie Sie in Art. 20 des Grundge-
etzes nachlesen können, an Recht und Gesetz gebunden
ind, also der Bundesagentur, den Jobcentern und den
ozialversicherungsträgern – in Rentenversicherung,
rankenversicherung und Pflegeversicherung –, pau-





Dr. Johann Wadephul


(A) )


)(B)

schal vorwerfen, es gebe eine – ich zitiere, was Sie ge-
rade gesagt haben – „systematische Verweigerung“.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe gesagt: bei einzelnen Sozialbehörden immer häufiger! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Fragen Sie mal die Betroffenen!)


Das ist eine Verunglimpfung aller Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter, all derjenigen, die ehrenamtlich in den Gre-
mien arbeiten. Meine sehr geehrten Damen und Herren,
das stimmt nicht; Sie zeichnen hier ein Zerrbild. Das ist
falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wenn Sie über soziale Rechte reden, sollten Sie wis-
sen, dass das Sozialgesetzbuch schon sehr viel vorsieht:
§ 13 SGB I – Sie sollten vielleicht einmal einen Blick
hineinwerfen – verpflichtet die Leistungsträger im Rah-
men ihrer Zuständigkeit zur Aufklärung, zur Belehrung
über Pflichten und Rechte nach dem Gesetzbuch. § 14
sieht sogar einen Anspruch des einzelnen Leistungsemp-
fängers oder Versicherten auf Beratung vor. Das wird
auch umgesetzt.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das wird eben nicht umgesetzt! Das sieht in der Wirklichkeit anders aus!)


Meldet sich beispielsweise eine Witwe wegen der Hin-
terbliebenenrente und beantragt sie für sich, vergisst
aber – um ein einfaches Beispiel zu nennen –, sie auch
für die Kinder zu beantragen, so muss der Rentenver-
sicherungsträger darüber aufklären, dass auch Waisen
entsprechende Ansprüche haben. Wird dies verabsäumt,
Herr Kurth, und stellt sich dies erst mehrere Jahre später
heraus, dann ist da nichts verfristet, präkludiert oder aus-
geschlossen. Vielmehr hat das Bundessozialgericht
einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch normiert.
Bei einem derartigen Pflichtenverstoß muss der Betrag
im Nachhinein erstattet werden.

Weil Sie auf Europa Bezug nehmen, frage ich Sie: Wo
in der Welt, wo in Europa gibt es eine derart soziale
Rechtsprechung, eine derartige Gesetzgebung, wie wir
sie haben? Wir sollten stolz auf das sein, was wir haben,
und es umsetzen, anstatt zu beklagen, dass es in Einzel-
fällen Probleme gibt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715206800

Herr Kollege, es ergibt sich praktischerweise, dass Ih-

nen Herr Kurth gerne eine Zwischenfrage stellen würde.


Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1715206900

Ja, bitte schön.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715207000

Bitte schön.

te
a
p
D
b
z

fr
tu
z
d
s
z
la
s

o
D
u
M
a
d
e
s

re
la
e
d
m
G
g
z
d
m
s

n


ä
d
n
c
ru
D

h

(C (D Herr Wadephul, zunächst einmal möchte ich Sie bit n, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich in meiner Rede usdrücklich davon gesprochen habe, dass man nicht auschale Schwarz-Weiß-Malerei betreiben soll und die rift zur Rechtslosigkeit zwar nur bei einzelnen Sozialehörden und einzelnen Trägern der Sozialversicherung u beobachten ist, aber eben immer öfter. Sie haben hier die Beratungspflicht angesprochen. Ich age Sie: Wie häufig besuchen Sie eigentlich Berangsstellen von Wohlfahrtsverbänden und Arbeitslosen entren? Ist Ihnen dort nie berichtet worden, dass genau iese Beratung und Aufklärung in aller Regel – in dieem Fall tatsächlich systematisch und nicht nur in Einelfällen; die Motive mögen unterschiedlich sein: Überstung oder Unkenntnis der Mitarbeiter – nicht tattfindet? Lieber Herr Kollege Kurth, im Rahmen meiner Abge rdnetentätigkeit besuche ich solche Stellen regelmäßig. arüber hinaus bin ich als Rechtsanwalt niedergelassen nd mache viel Sozialrecht. Deswegen habe ich viele andanten, die diese Probleme haben. Auch wenn ich n mancher Stelle Anlass zur Klage habe, und zwar im oppelten Sinne – für die Mandanten, und auch ich habe iniges zu bemängeln –, stelle ich fest: Eine systematiche Verweigerung gibt es nicht. Ich finde es unerhört, dass Sie die Sache hier umkehn. Natürlich gibt es immer schwarze Schafe und überstete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Natürlich gibt s auch überforderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; enn wir geben ihnen eine Gesetzgebung an die Hand, it der Sie kaum arbeiten können. Daran sind Sie als rüne nicht ganz unschuldig. So wie das Hartz-IV-Reelwerk den Deutschen Bundestag verlassen hat, war es um Teil nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für ie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die damit arbeiten üssen, eine Zumutung. Das muss man ehrlicherweise agen. Sie haben das Problem im Nachhinein verallgemeiert. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe es nicht verallgemeinert!)

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715207100
Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1715207200

(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Doch, Sie kehren es um, Herr Kurth, und das finde ich
rgerlich an Ihrem Vorwurf. Sie sagen: Im Zweifel han-
elt die Behörde oder der Sozialversicherungsträger
icht im Sinne des Leistungsempfängers bzw. des Versi-
herten. Das stimmt nicht. Das ist nicht meine Erfah-
ng, und das ist auch nicht die soziale Wirklichkeit in
eutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich will Sie darauf hinweisen, dass wir uns nicht nur
ier im Parlament und in den Petitionsausschüssen mit





Dr. Johann Wadephul


(A) )


)(B)

diesem Thema beschäftigen. In meinem Heimatland
Schleswig-Holstein gibt es Bürgerbeauftragte, die die
Bürgerinnen und Bürger mit großem Erfolg beraten und
unterstützen. Ich will Sie auch darauf hinweisen, dass je-
der Bürger die Möglichkeit hat, an deutschen Arbeits-
und Sozialgerichten – auch an unzuständigen Gerichten –
selber eine Klage zu erheben. Dort liegen Formulare aus,
die er nur auszufüllen braucht. Wenn er damit nicht klar-
kommt, gibt es ausgebildete Rechtspfleger, die sich stun-
denlang Zeit nehmen, um mit den einzelnen Betroffenen
die Klage anzufertigen. Die werden sich nicht darauf be-
rufen, dass sie nicht zuständig sind; das dürfen sie gar
nicht. Sie helfen dabei, dass man Erfolg hat.

Herr Kurth, Sie haben auf Europa Bezug genommen.
Ich wiederhole es: Wo in Europa gibt es so etwas? Wel-
cher europäische Mitgliedstaat – ich bin wirklich Pro-
europäer und möchte andere Mitgliedstaaten nicht pau-
schal verdächtigen, ein schlechtes soziales Niveau zu
haben – hat ein derart dichtes soziales Netz, wie wir es
haben? Diesen Beweis bleiben Sie schuldig. Deswegen
sage ich: Es ist die bare Not, die Sie dazu gebracht hat,
diesen Antrag zu stellen. Sie überzeichnen die Situation
insgesamt ganz deutlich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Als Anwalt könnte ich ein bisschen traurig darüber
sein, dass Sie das anwaltliche Gebührenrecht nicht er-
wähnen. Es geht an dieser Stelle nicht um Reichtümer.
Aber die Kollegen, die auf dem Gebiet des Sozialrechts
tätig sind, arbeiten für Betragsrahmengebühren – fragen
Sie einmal Frau Kramme –, für die man einen Sozial-
rechtsfall wirtschaftlich gesehen überhaupt nicht bear-
beiten kann. Sie sollten die Justizministerin, Frau
Leutheusser-Schnarrenberger, die einen entsprechenden
Entwurf unterbreitet hat, unterstützen, damit diese Ge-
bühren etwas angehoben werden.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Wir sollten einen Änderungsantrag stellen! Guter Hinweis!)


Der Vorschlag, die SGB-II-Verfahren gebührenpflich-
tig zu machen, ist mir vollkommen unverständlich.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den mache ich doch gar nicht!)


– Doch, das haben Sie gemacht, selbstverständlich. Le-
sen Sie einmal Ihren eigenen Antrag!


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat die Bundesjustizministerkonferenz gefordert! Das ist für die Behörden kostenpflichtig, aber nicht für die Kläger!)


Sie wollen unter Ziffer 9 Pauschalgebühren einführen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für die Jobcenter!)


– Für die Jobcenter. Meinen Sie denn im Ernst, ein Job-
center werde einen Widerspruchsbescheid zulasten eines
Leistungsempfängers nicht aussprechen, nur weil das
Jobcenter fürchtet, Gerichtsgebühren zahlen zu müssen?
Oder umgekehrt: Wollen Sie, dass Jobcenter gegen die

e
c
n
z
z
m
n

s
w

W
E
fi
te
k
A
re
w
d
te
m

e
D
re
d
le

G
s
la
e

ti

K
li
W
e
g

E
g

S
d
M

(C (D igene Rechtsauffassung und gegen die eigene Tatsahenfeststellung einen Widerspruchsbescheid erlassen, ur weil das Jobcenter andernfalls Gerichtsgebühren ahlen müsste? Das halte ich für kompletten Irrsinn. Das eigt, dass Sie hier insgesamt auf dem Holzweg sind, eine sehr verehrten Damen und Herren von der Grü en-Fraktion. Ich finde es auch traurig, dass Sie über die Kostenituation, also das, was in Deutschland dafür aufgewandt ird, nicht einen Satz verlieren. ir wenden im Bundeshaushalt etwa 160 Milliarden uro für soziale Leistungen auf. Das ist nur der steuernanzierte Teil, von dem ein erheblicher Teil in die Rennfinanzierung fließt. Hinzu kommt das Beitragsaufommen, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und rbeitgeber erwirtschaften müssen. Wenn Sie das addien, sehen Sie, dass wir hier in Deutschland dank unserer irtschaftlichen Stärke – diese ist gerade diskutiert woren – in der Lage sind, uns ein soziales System zu leisn, das seinesgleichen sucht und sich nicht verstecken uss. Das, was Sie verteilen wollen, müssen wir erst einmal rwirtschaften. Bei dieser Reihenfolge muss es bleiben. eswegen ist es auch richtig, dass wir diese Debatte dikt nach der Debatte zum Jahreswirtschaftsbericht, den er erfolgreiche Bundeswirtschaftsminister hier vorgegt hat, führen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die richtige rundlage für einen sozialen Rechtsstaat, von dem Sie prechen, ist ein wirtschaftlich erfolgreiches Deutschnd, und wir sind mit dieser Regierungskoalition sehr rfolgreich. Vielen Dank. Anette Kramme hat jetzt das Wort für die SPD-Frak on. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Die Existenz sozialer Bürgerrechte ist sicherch eine der wichtigsten Errungenschaften unserer Zeit. enn wir über soziale Bürgerrechte sprechen, dann geht s darum, dass Menschen nicht Bittsteller, sondern Träer von Rechten und Ansprüchen sind. s geht darum, dass Würde erhalten bleibt und Erniedriungen ausbleiben. Es ist aber sicherlich so: Wo gearbeitet wird, fallen päne. Manchmal vermittelt eine Behörde auch den Einruck der Königlich-Bayerischen Amtsgerichtsbarkeit. anchmal ist es allerdings auch so, dass die Welt der Anette Kramme )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715207300

(Beifall bei der SPD)

Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1715207400

(Beifall bei der SPD)





(A) )

Wünsche mit der Welt des Machbaren kollidiert. Man-
cher Beamte würde bestimmt gerne Leistungen gewäh-
ren, wenn ein Härtefall vorliegt oder wenn ihm ein Bür-
ger bzw. eine Bürgerin sympathisch erscheint. Es gibt
jedoch die Vorgabe rechtskonformen Verhaltens, und die
Politik setzt die rechtlichen Maßstäbe.

Herr Kurth, an dieser Stelle finde ich Ihre Kritik über-
spitzt. Natürlich gibt es in der Bundesrepublik Deutsch-
land auch schwarze Schafe, aber diese sind nicht der Re-
gelfall. Sie vernachlässigen die vielen Hunderttausend
Fälle, die in der Bundesrepublik Deutschland Jahr für
Jahr völlig reibungslos ablaufen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Unstreitig ist allerdings, dass es innerhalb der Bundesre-
publik Deutschland Verbesserungsbedarf gibt. Hier geht
es, denke ich, insbesondere um sechs Punkte.

Erstens brauchen wir in mehr Fällen eine übergrei-
fende Beratung, weil das Sozialrecht verheerend kompli-
ziert ist. Ich finde, die Pflegestützpunkte, die wir mit
dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz eingeführt ha-
ben, sind ein gutes Beispiel dafür.


(Beifall bei der SPD)


Es geht zweitens darum, dass Bearbeitungszeiten von
Behörden und Gerichten kurz bleiben. Dies ist aber in
vielen Fällen eine Kostenabwägung, und in vielen Fällen
stehen wir in einem Dissens mit den Ländern.

Es geht drittens darum, dass wir jeweils eine genaue
Abwägung vorzunehmen haben, ob wir einem Bürger
bzw. einer Bürgerin einen Rechtsanspruch oder einen
Anspruch gewähren, der nur im Ermessen der Behörde
steht. Hier ist es leider beispielsweise im SGB II oder im
SGB III zu verheerenden Entwicklungen gekommen, bei
denen es nur darum ging, Kostenreduzierungen vorzu-
nehmen. So werden natürlich die Weiterbildungsmög-
lichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern in letzter Kon-
sequenz beschnitten.

Es geht viertens darum, mehr Partizipation in den So-
zialgesetzbüchern zu verankern. Ich bin allerdings der
Meinung – darin sind wir uns einig –, dass diesbezüglich
gute Entwicklungen stattgefunden haben. Ich verweise
beispielhaft auf das SGB IX.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Fünftens geht es darum, die Schnittstellen zwischen
verschiedenen Rechtsgebieten aufzulösen, damit nicht
jede Behörde Leistungen ablehnen kann und der Bürger
letztlich zwischen allen Stühlen sitzt. Die Zusammenle-
gung der Agenturen für Arbeit und der Sozialhilfebehör-
den ist hierfür ein hervorragendes Beispiel.

Letztens geht es darum, einen kostenfreien und einfa-
chen Zugang zur Gerichtsbarkeit zu haben.

Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen und diese
näher thematisieren.

Sie rennen bei uns offene Türen ein, wenn es um den
Erhalt der Sozialgerichtsbarkeit geht. Seit Jahren be-
obachten wir leider immer wieder Anstrengungen mit

d
ri
M
u
R
e
w
n
N
s
a
R
g
e

S
te
m
A
li
p
e
c
B
w
d
S
n
P
d
n
K
h
d
A

T
k
n
D
w
m
K
E

h
h
im
tu
a

P
n
U
e
g
A

(C (D em Ziel einer Zusammenlegung von Verwaltungsgechtsbarkeit und Sozialgerichtsbarkeit. Wer sich in der aterie auskennt, weiß um den Umfang des Sozialrechts nd die Kompliziertheit dieser Rechtsmaterie. Allein die echtsprechung zum SGB II hat sich ins Unendliche ntwickelt. Leider ist auch die Politik daran schuld; denn ir haben immer wieder rechtliche Änderungen vorgeommen. Die Einarbeitungszeiten sind dadurch lang. ach meiner Auffassung würde eine Zusammenlegung chlichtweg zu einem Qualitätsverlust führen. Es nutzt uch nichts, wenn spezialisierte Sozialrechtsanwälte ichtern gegenüberstehen, die in die Materie nicht einearbeitet sind. Die langen Bearbeitungszeiten dürften her zunehmen als abnehmen. Lassen Sie mich auf ein konkretes Beispiel zur chnittstellenproblematik eingehen. Ich finde, wir solln die Sozialgesetze unter diesem Gesichtspunkt systeatisch durchkämmen. Ihr Antrag ist ein guter ufschlag; aber den hehren Ansprüchen, die Sie formueren, wird er nicht gerecht, weil Sie die Schnittstellenroblematik ein wenig vernachlässigen. Lassen Sie mich in Beispiel nennen; es handelt sich um einen unglaublihen Fall, von dem ich vor wenigen Tagen gehört habe. ei einer 85-jährigen Frau lag ein Beckenbruch vor; sie ar nicht krankenversichert. Die Tochter wandte sich an ie GKV, und die GKV brauchte eine Woche, um den achverhalt zu bearbeiten. Dann hat sie die Kostenüberahme mit dem Hinweis, möglicherweise komme die KV in Betracht, abgelehnt. Die Tochter wandte sich an ie PKV. Auch die PKV bearbeitete die Anfrage zuächst einmal nicht. Dann teilte sie mit, die gesetzliche rankenversicherung sei zuständig. Später stellte sich eraus, dass die PKV doch zuständig ist. Das Sozialamt er zuständigen Stadt lehnte gar die Entgegennahme des ntrages ab. Man kann sich vorstellen, welche Sorgen dies bei der ochter auslöste. Es ging um einen dreiwöchigen Kranenhausaufenthalt und eine anschließende Reha-Maßahme, die zunächst einmal verschoben werden musste. abei ließe sich dieses Thema ganz einfach regeln. Das ar damals in der Großen Koalition nicht möglich. Es üsste ausreichen, einen der Träger anzugehen. Die assen müssten das dann untereinander regeln bzw. im invernehmen mit den Sozialämtern. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich abschließend auf ein Thema einge-
en, das Herr Wadephul angesprochen hat. Ich finde, er
at damit recht. Es geht um die Vergütung der Anwälte

Bereich des Sozialrechts. In vielen Fällen wird Bera-
ngshilfe in Anspruch genommen. Der Vergütungs-

nspruch für solch eine Beratung beträgt 30 Euro bzw.
r die gesamte außergerichtliche Tätigkeit 70 Euro. Das

roblem ist, dass oft Menschen betroffen sind, die sich
icht selber helfen können, die mit Wäschekörben voller
nterlagen zum Anwalt kommen, der diese Unterlagen

rst einmal sortieren muss. Dadurch sind diese Angele-
enheiten extrem arbeitsaufwendig. Leider gibt es viele
nwälte, die dem Sozialstaatsauftrag nicht Rechnung





Anette Kramme


(A) )


)(B)

tragen und einfach sagen, sie könnten erst in sechs Wo-
chen einen Termin anbieten oder sie seien in der Materie
fachlich nicht kompetent, obwohl sie das Problem sehr
wohl lösen könnten. Ich denke, wir brauchen entweder
ein anderes Vergütungssystem oder zumindest für den
Bereich des Sozialrechts öffentliche Rechtsberatung;
dies gibt es bereits in einigen Bundesländern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Ich
finde, Sie haben einen interessanten Aufschlag gemacht;
aber den hohen Ansprüchen wird dieser Antrag nicht ge-
recht. Wir müssen die Materie in den nächsten Jahren
gemeinsam angehen und jedes einzelne Sozialgesetz-
buch durchschauen, um herauszufinden, wo es Schnitt-
stellenproblematik gibt, wo wir verbesserte Beratung an-
bieten können etc.

In diesem Sinne herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715207500

Der Kollege Pascal Kober hat jetzt für die FDP-Frak-

tion das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1715207600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die
Grünen, aus Anlass Ihres Antrags möchte ich auf zwei
grundsätzliche Aspekte des Sozialstaates hinweisen.

Ich bin schon bei der Überschrift Ihres Antrags stut-
zig geworden. Da sprechen Sie einerseits von sozialen
Bürgerrechten und andererseits von Nutzerinnen und
Nutzern sozialer Leistungen. Man kann, liebe Kollegin-
nen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, einen
Computer, eine Eisenbahn oder eine Zahnbürste nutzen.
Ich glaube, wir alle spüren: Wenn es um den Begriff
„nutzen“ geht, dann geht es auch um Wahlfreiheit. Aber
wenn man von sozialen Rechten oder gar von sozialen
Bürgerrechten spricht, dann sollte man nicht von Nutze-
rinnen und Nutzern sprechen. Wir gehen in unserem So-
zialstaat davon aus, dass diejenigen, die Leistungen des
Sozialstaates beziehen, dies tun, weil sie gerade keine
andere Wahl haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb sollten Sie über die Formulierung der Über-
schrift Ihres Antrags noch einmal nachdenken.

Sie sollten auch über einen zweiten Aspekt des So-
zialstaates nachdenken – darauf hat mein Kollege Herr
Dr. Wadephul schon hingewiesen –: Wer erwirtschaftet
eigentlich die Leistungen, die der Sozialstaat zu Recht
verteilt? Der Sozialstaat besteht nicht nur aus Leistungs-
berechtigten einerseits und institutionellen Sozialleis-
tungserbringern andererseits,

s
H
z

D
k

D
U
p
z
b
G

D
d
L
le
w

g
w
s
re
d
In
S
S
z
h
ä
m
m
re
L
F
s

a
s
s
Z
v
d
li
d
tu
b
ih

(C (D (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat denn das mit dem Antrag zu tun?)


ondern auch aus der Masse von Menschen, die mit ihrer
ände und Köpfe Arbeit das Geld, das wir in Form so-

ialer Leistungen verteilen können, erwirtschaftet.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die können doch auch krank werden, oder nicht?)


iese Seite des Sozialstaates findet in Ihrem Antrag mit
einer Silbe Erwähnung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Weil es darum gar nicht geht! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau! Die sind auf einem Auge blind!)


as ist insofern bedauerlich, lieber Herr Kurth, als der
mstand, den Sie in Ihrem Antrag zum Teil zu Recht
roblematisieren, seine Ursache darin hat, dass die So-
ialleistungsträger gehalten sind, die dem Sozialstaat nur
egrenzt zur Verfügung stehenden Mittel nach den
rundsätzen der Sparsamkeit und Effizienz einzusetzen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist das!)


arauf müssen sich die Menschen verlassen können:
iejenigen, die mit ihrer Hände und Köpfe Arbeit die
eistungen des Sozialstaates erwirtschaften, aber vor al-
m diejenigen, die auf Hilfe und Unterstützung ange-
iesen sind.

Eines ist klar: Wir können jeden Euro nur einmal aus-
eben. Wenn wir zum Beispiel Geld für eine Leistung
ie die Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeben,

teht entsprechend weniger Geld für andere Leistungsbe-
chtigte, beispielsweise für schwerstmehrfachbehin-

erte Menschen, zur Verfügung. Deshalb ist es auch im
teresse der Schwächsten, dass die jeweils weniger

chwachen das ihnen Mögliche zur Überwindung ihrer
ituation beitragen und dass der Sozialstaat seine finan-
iellen Ressourcen sorgfältig abwägend einsetzt. Dass es
ierbei in zahlreichen Einzelfällen zu für die Betroffenen
rgerlichen und teils problematischen Situationen kom-
en kann, will ich gar nicht leugnen. Aber zunächst ein-
al muss man die Ursache dieser Probleme identifizie-
n. Es geht um den sorgsamen Umgang mit den
eistungen des Sozialstaates. Deshalb stellt sich die
rage, wie wir angemessen auf diese Situation reagieren
ollten.

Für meine Fraktion stellen sich die Prioritäten, ganz
llgemein gesprochen, wie folgt dar: Erstens. Wir müs-
en so viele Menschen wie möglich dabei unterstützen,
ich aus der Abhängigkeit vom Sozialstaat zu befreien.
weitens. Wir müssen die Leistungsberechtigten zu so
iel Eigenverantwortung wie nur möglich ermächtigen;
ies kann man vielfach zum Beispiel durch die Pauscha-
erung von Leistungen erreichen. Drittens. Wir müssen
ie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialleis-
ngsträger noch besser als bisher durch eine gute Aus-

ildung und motivierende berufliche Perspektiven bei
rer Arbeit unterstützen. Dieser Dreiklang ist der rich-





Pascal Kober


(A) )


)(B)

tige Weg. Ihr Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen von
Bündnis 90/Die Grünen, ist zu einseitig.

Nun möchte ich mich noch mit einzelnen konkreten
Forderungen, die Sie in Ihrem Antrag gestellt haben,
auseinandersetzen. Da Sie eine ganze Reihe von Forde-
rungen formuliert haben, beschränke ich mich auf zwei.
So fordern Sie zum Beispiel, die geltenden Sanktionsre-
gelungen zu flexibilisieren und ein Sanktionsmoratorium
zu erlassen, bis die Rechte der Arbeitsuchenden gestärkt
worden sind. Zudem soll es keine verschärften Sank-
tionsmechanismen im Hinblick auf Menschen unter
25 Jahren geben.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr guter Vorschlag!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die
Grünen, natürlich gibt es empirische Belege dafür, dass
Sanktionen positive Wirkungen entfalten.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber auch negative!)


Aber es geht eigentlich um etwas anderes: Ohne Sank-
tionen gäbe es keine Unterscheidung mehr zwischen
denjenigen, die sich bemühen – unabhängig davon, ob
die Bemühungen erfolgreich sind –, und denjenigen, die
keinerlei Anstrengung unternehmen. Wir müssen uns
immer auch die Frage stellen, welche Akzeptanz Sozial-
leistungen wie die Grundsicherung für Arbeitsuchende
bei den Erwerbstätigen noch hätten, wenn es keinerlei
Notwendigkeit zur Eigeninitiative gäbe.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! Es geht doch nur um ein Moratorium!)


Insofern wirken Sanktionsmechanismen nicht nur inner-
halb des Systems stabilisierend, sondern sie tragen auch
zur Glaubwürdigkeit und zur Akzeptanz des Systems
nach außen bei. Deshalb sind sie unverzichtbar.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn für ein Menschenbild?)


Des Weiteren fordern Sie in Ihrem Antrag die Schaf-
fung der Möglichkeit zur Einrichtung von Ombudsstel-
len bei allen Trägern des SGB II. Es gibt ja heute schon
diese Möglichkeit. Jedes Jobcenter kann eine Ombuds-
stelle einrichten. Wir müssen uns aber auch fragen, was
eigentlich die Aufgabe der Ombudsstellen ist. Schon
heute zeigt sich in der Praxis, dass sie sich nur bei spe-
ziellen Fallkonstellationen eignen, nämlich dann, wenn
es um einen Beurteilungsspielraum geht. In diesen Fäl-
len kann die Rolle einer Ombudsperson als Vermittler in
der Tat sehr sinnvoll sein. In allen anderen Fällen ist das
aber nicht der Fall.

Obwohl es durchaus Optimierungsbedarf bei der Um-
setzung des SGB II gibt, können wir aber auch festhal-
ten, dass im Jahr 2011 die Anzahl der Klagen erstmals
seit Einführung des Arbeitslosengeldes II zurückgegan-
gen ist. Die schwarz-gelbe Bundesregierung lässt es aber
nicht dabei beruhen. So wird die teils zu lange Bearbei-

tu
e
z
a
te
e

b
b
b
w
re
F

d

H
z

W
m
b

in
d
le
p
E

le
n
s
b
ri
ri
z
n
s

b
M
k
d

(C (D ngsdauer von Widersprüchen angegangen. Hierzu rarbeitet die Bundesagentur für Arbeit gerade ein Konept zum Abbau der Rückstände in der Widerspruchsberbeitung. Mit einem Handbuch „Interne Kontrollsysme“ soll zudem eine höhere Qualität in den Jobcentern rreicht werden. Es freut mich, dass Frank-Jürgen Weise immer wieder etont, wie wichtig auch die Qualifizierung der Mitareiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Areit ist. Das ist, glaube ich, der richtige Weg, auf dem ir weiter fortschreiten sollten. Dies tut diese Bundesgierung mit Unterstützung der beiden sie tragenden raktionen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Der Kollege Matthias Birkwald hat jetzt das Wort für ie Fraktion Die Linke. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und erren! Die Linke steht für Menschenwürde und für soiale Sicherheit. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Quatsch!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715207700

(Beifall bei der LINKEN)

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715207800

ir wollen, dass auch Hartz-IV-Betroffene, Menschen
it Behinderung, Kranke und Pflegebedürftige ein Le-

en in Würde führen können.

Ein würdevolles Leben kann der Mensch jedoch nur
Freiheit führen. Die Freiheit, die wir meinen, ist je-

och nicht die Freiheit der Märkte und der Marktradika-
n; denn wir wollen nicht, dass die einen im Cham-
agner baden und die anderen gezwungen sind, ihr
ssen aus den Mülltonnen zu holen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: So ein Blödsinn!)


In einer menschlichen Gesellschaft, die es mit sozia-
n Rechten ernst meint, darf das Recht des Stärkeren
icht gelten. Wir Linken meinen eine Freiheit, die vor
taatlicher Willkür schützt, dabei aber nicht stehen
leibt; denn die Freiheit der Armen, sich als Bittstelle-
nnen und Bittsteller an den Staat oder an die Mitbürge-
nnen und Mitbürger zu wenden, wenn das Geld nicht
um Leben reicht, ist eine würdelose Freiheit. Das ist ei-
er der zentralen Gründe, warum wir Linken niemals un-
eren Frieden mit Hartz IV machen werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Würde braucht Freiheit, aber ohne soziale Rechte
leiben Freiheit und Würde für einen großen Teil der
enschen nur eine Möglichkeit, die sie sich nicht leisten

önnen. Deswegen ist die Linke die Partei der Freiheit,
er Würde und der Solidarität.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Sprüche!)






Matthias W. Birkwald


(A) )


)(B)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie
haben Ihren Antrag mit „Soziale Bürgerrechte garantie-
ren“ überschrieben. Diese wichtige Forderung teilt die
Linke ausdrücklich. Mit den vielen Einzelforderungen
Ihres Antrages haben Sie unter dem Strich ein Ziel: Die
Bürgerinnen und Bürger dürfen vom Staat und von der
Verwaltung nicht als Bittstellerinnen und Bittsteller be-
handelt werden. Das sehen wir Linken ganz genauso.


(Beifall bei der LINKEN)


Es geht um soziale Rechte und nicht um Almosen.
Das muss selbstverständlich für alle gelten, die hier le-
ben, also zum Beispiel auch für Flüchtlinge, für Asylbe-
werberinnen und Asylbewerber und für alle Menschen
ohne deutschen Pass. Dazu, liebe Kolleginnen und Kol-
legen von den Grünen, sagen Sie in Ihrem Antrag leider
kein Wort, und das ist schwach.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie reden über soziale Rechte, beschränken sich aber
allein auf das Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zur
Sozialverwaltung. Die sozialen Bürgerrechte umfassen
aber auch die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer. Sie müssen deshalb sowohl in den Amtsstuben
der Sozialverwaltung als auch an den Werkbänken in
den Fabriken und an den Schreibtischen in den Büros
gelten. Wenn Sie in Ihrem Antrag also von sozialen
Rechten sprechen, dann dürfen Sie von einem gesetzli-
chen Mindestlohn, von gleichem Lohn für gleiche Arbeit
und von gesunden, sicheren und menschenwürdigen Ar-
beitsbedingungen nicht schweigen.


(Beifall bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Linke teilt viele
Einzelforderungen des vorliegenden Antrags. Auch wir
sehen zum Beispiel, dass es nicht reicht, nur von einem
Recht auf Beratung zu sprechen. Die Linke fordert schon
lange, dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen,
Menschen mit Behinderung und Hartz-IV-Beziehende
professionell, unabhängig und vor allem wohnortnah
und kostenlos


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Zwangsberaten werden!)


beraten werden. Eine gute und vor allem auch eine gut
und barrierefrei erreichbare Beratung ist dafür unver-
zichtbar.


(Beifall bei der LINKEN)


Soziale Rechte und Ansprüche muss jede und jeder
ohne Spezialausbildung oder ein langjähriges Studium
verstehen und wahrnehmen können. Genau deshalb
müssen die Gewerkschaften, der Erwerbslosenverband
Deutschland oder Sozialverbände, wie zum Beispiel die
Volkssolidarität, ein eigenständiges Verbandsklagerecht
erhalten.


(Beifall bei der LINKEN)


Damit würden die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer
sozialer Leistungen auch unabhängig von konkreten Ein-
zelfällen deutlich gestärkt werden. Das ist notwendig.
Das ist machbar. Das ist längst überfällig.

in
D
re
e
B
h
b
a
d
n
s

d
z
d
m
K
D

n
a
K
fa
w
ra
N

G
b
m
S
R

A
d

b
d

J
s
D
tu
b
Z

(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir des Morgens zum Bäcker gehen, finden wir
der Regel eine reichhaltige Auswahl an Brötchen vor.
ie Bäckerin würde aus wohlverstandenem Eigeninte-
sse nicht im Traum auf die Idee kommen, ihr Angebot

inzuschränken oder uns zum Kauf eines bestimmten
rötchens zu nötigen; denn wir würden uns entweder ve-
ement beschweren oder sofort den Laden verlassen und
eim nächsten Mal nicht wiederkommen. Wir würden
lso protestieren, uns beschweren und im besten Falle
amit die Qualität der Bäckerei verbessern. Falls das
ichts hülfe, könnten wir künftig unsere Brötchen
chlicht woanders kaufen.

Ich lege hier jetzt einigen Wert darauf, festzuhalten,
ass die Sozialverwaltungen keine Bäckereien und So-
ialleistungen keine Brötchen sind. Aber wie hieß es
och so schön im Zuge der Einführung der Hartz-Refor-
en? Die Arbeitsagenturen sollten die Menschen als
undinnen und Kunden behandeln, so wie beim Bäcker.
as ist doch nun wirklich hanebüchener Unsinn.


(Beifall bei der LINKEN)


Haben Sie schon einmal einen Bäcker erlebt, der Ih-
en mit Strafen droht, wenn Sie ihm nicht das Brötchen
bnehmen, das er für Sie vorgesehen hat? Ich frage Sie:
önnen denn Langzeiterwerbslose wie beim Bäcker ein-
ch das Geschäft wechseln und ihre Grundsicherung
oanders holen, wenn sie sich im Jobcenter schlecht be-
ten, mies vermittelt oder zu Unrecht bestraft fühlen?
ein, das können sie eben nicht.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)


enau deshalb ist es umso wichtiger, dass die Leistungs-
erechtigten in den Jobcentern darauf pochen können,
itzuentscheiden, welche Weiterbildung, welcher
chulbesuch oder welche sonstige Maßnahme für sie die
ichtige ist.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Unterschied zu den Grünen sagen wir Linken: Die
rbeitslosen müssen beispielsweise auch frei wählen
ürfen, welcher Fallmanager oder welche Fallmanagerin
r sie zuständig ist; denn auch Hartz-IV-Betroffene ha-

en ein Recht auf Selbstbestimmung. Das darf nicht an
er Tür des Jobcenters enden.


(Beifall bei der LINKEN)


Hartz-IV-Betroffene haben nicht die Möglichkeit, das
obcenter zu wechseln wie ihre Bäckerei. Sie können
ich nur beschweren, Widerspruch einlegen oder klagen.
as heißt: Erstens. Widersprüche der Hartz-IV-Leis-
ngsberechtigten müssen eine aufschiebende Wirkung

ekommen. Zweitens. Ihnen darf der Klageweg auch in
ukunft nicht durch Kosten versperrt werden.


(Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Wird er doch gar nicht!)






Matthias W. Birkwald


(A) )


)(B)

Die Sozialgerichtsprozesse müssen für die Betroffenen
grundsätzlich kostenfrei bleiben.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dieses grundlegende soziale Recht darf nicht geopfert
werden, weil es, Herr Kollege Kober, nach wie vor eine
anhaltende Klageflut bei Hartz IV gibt. Es gibt jetzt ge-
rade mal einen leichten Rückgang. 2011 ist das Jahr mit
der zweithöchsten Zahl an Prozessen gewesen. Für die
Klageflut ist nämlich nicht die Kostenfreiheit verant-
wortlich, sondern das handwerklich schlecht gemachte
Hartz-IV-Gesetz, oder, wie es Martin Kühl, Richter und
Pressesprecher des Landesarbeitsgerichts Essen, vorneh-
mer ausdrückte, die „sehr komplexe Rechtslage“.

Kein Wunder, dass wegen des viel zu komplizierten
Gesetzes fast die Hälfte aller Verfahren zugunsten der
klagenden Hartz-IV-Betroffenen entschieden wird, so
zum Beispiel auch am Kölner Sozialgericht. Mich wun-
dert es auch nicht, dass die Berliner Präsidentin des
größten Sozialgerichts in Deutschland, Frau Sabine
Schudoma, fordert, dass nicht die Betroffenen, sondern
die Jobcenter wieder mit einer Pauschgebühr an den Ge-
richtskosten beteiligt werden müssten; denn dann hätten
die Jobcenter einen Grund, stärker auf die Betroffenen
zuzugehen. Damit könnten Klagen vermieden werden,
ohne die Rechte der Betroffenen einzuschränken. Kurz
und gut: Ein sehr guter Vorschlag!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich
halte fest: In den Punkten Kostenfreiheit für die Betrof-
fenen und Pauschgebühren für die Jobcenter sind wir uns
völlig einig. Aber im Unterschied zu Ihnen war die
Linke nicht daran beteiligt, Hartz IV zu erfinden und die
Erwerbslosen damit nun schon seit Jahren zu drangsalie-
ren.


(Beifall bei der LINKEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das musste jetzt sein!)


Wir wollen kein Hartz-IV-Gesetz, mit dem den Betroffe-
nen an jeder Ecke Kürzungen drohen. Die Linke will
Hartz IV abschaffen und durch eine sanktionsfreie so-
ziale Mindestsicherung ersetzen, die die sozialen Rechte
der Menschen achtet.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen uns nicht darauf beschränken, Hartz IV
hier und da zu verbessern. Dennoch gilt: Die besonders
harten Strafmaßnahmen, die in Hartz IV gegen unter
25-Jährige verhängt werden können, müssen sofort ab-
geschafft werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Denn es ist unwürdig, dass jungen Erwachsenen der Re-
gelsatz und sogar die Leistungen für Wohn- und Heiz-
kosten vollständig gekürzt werden können. Es ist unwür-
dig, dass junge Menschen bis 25, die auf Hartz IV
angewiesen sind, den Staat um Erlaubnis fragen müssen,

w
F
d

S
H
te
b
n
u

a
g
5
w

d

W
u
d
d
Z
R
n

g
s
H
a
s

D



v
m
s
d

(C (D enn sie zu Hause ausziehen wollen. Diese brachiale reiheitseinschränkung muss dringend abgeschafft weren. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch für die Erwachsenen in Hartz IV bringen die
anktionen und die Schnüffelpraxis der unsäglichen
ausbesuche mit ihrer ausdrücklichen Missbrauchsun-
rstellung keinen Arbeitsplatz mit guter Arbeit. Sie
ringen weniger statt mehr Würde, und sie bringen we-
iger statt mehr Freiheit. Darum müssen alle Sanktionen
nd Strafmaßnahmen sofort ausgesetzt werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Unterschied zu den Grünen wollen wir Linken
ber, dass die Sanktionen umgehend und vollständig ab-
eschafft werden und der Hartz-IV-Regelsatz auf
00 Euro erhöht wird. Denn es bleibt dabei: Sozial ist,
as Würde schafft.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715207900

Das Wort hat der Kollege Dr. Carsten Linnemann für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Carsten Linnemann (CDU):
Rede ID: ID1715208000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn man den zehnseitigen Antrag liest, Herr Kurth,
nd vor allen Dingen wenn man Herrn Birkwald zuhört,
ann muss man erstens den Eindruck bekommen, dass
iejenigen, die in Deutschland wohnen, arm dran sind.
weitens muss man den Eindruck bekommen, dass der
echtsschutz für bedürftige Menschen in Deutschland
icht großzügig ausgeprägt ist.

Ich habe mir gestern die Mühe gemacht und die Zeit
enommen, in Ruhe mit einem Sozialrichter am Bundes-
ozialgericht zu sprechen, der mir bestätigt hat, was auch
err Wadephul gesagt hat, nämlich dass in kaum einem

nderen Lande der Rechtsschutz für bedürftige Men-
chen so großzügig ausgeprägt ist wie in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as ist erst einmal eine gute Nachricht für Deutschland,
r den Sozialstaat und für den Rechtsschutz.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann findet man sich damit ab, oder was?)


Damit findet man sich nicht ab, Herr Kurth. Sie haben
öllig recht, aber Sie müssen eines beachten: Dass je-
and das Instrument Widerspruch und Klage in An-

pruch nimmt, ist zunächst einmal ein Zeichen dafür,
ass unser Rechtsstaat funktioniert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Dr. Carsten Linnemann


(A) )


)(B)

Das ist zunächst der entscheidende Punkt. Sie haben na-
türlich recht, auch mit Ihrem Antrag: Die Zahl der Wi-
dersprüche und Klagen ist zu hoch. Trotzdem sollte man
nicht alles schlechtreden, Herr Birkwald.

Wir haben gestern vom Arbeitsministerium die ak-
tuellen Zahlen zu den Widersprüchen bekommen. Sie
gehen zum ersten Mal seit Inkrafttreten der Hartz-IV-
Gesetzgebung im Jahr 2005 zurück, und zwar meiner
Meinung nach signifikant. Ich will nicht von einer gro-
ßen Trendwende reden, aber wir sollten das zur Kenntnis
nehmen.

Ich habe die aktuellen Zahlen bekommen; sie bezie-
hen sich auf das dritte Quartal 2011. Im Vergleich zum
dritten Quartal 2010 ist die Zahl der Widersprüche von
200 000 auf 170 000 zurückgegangen. Das ist signifi-
kant.


(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])


– Ja, Herr Birkwald, das ist so. Sie sind doch von Haus
aus Volkswirtschaftler.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein, Sozialwissenschaftler! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur im SGB II! Es gibt auch andere Sozialgesetzbücher!)


– Ja, das ist völlig richtig, Herr Kurth: im SGB II. Wir
sollten aber beide Interesse daran haben, dass diese Zahl
weiter zurückgeht. Wir sollten über Konzepte sprechen.

Sie sprechen ein paar Konzepte an. Zum Beispiel
wollen Sie mit Ombudsstellen erreichen, dass es erst gar
nicht zum Rechtsstreit kommt. Über solche Instrumente
sollten wir im Ausschuss reden.

Aber ich bitte, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir seit
Jahren versuchen – das begann in der Großen Koalition,
und jetzt machen wir es erst recht; die entsprechenden
gesetzlichen Regelungen sind in Kraft getreten –, bei
den Widersprüchen, die vor allen Dingen bei den Ein-
gliederungsvereinbarungen und den Kosten der Unter-
kunft auftreten, gegenzusteuern. Ich nenne Ihnen zwei
Beispiele. Wir haben im letzten Jahr den Kommunen bei
den Kosten der Unterkunft die Möglichkeit eröffnet,
Pauschalen festzulegen. Zuerst gab es einen großen Auf-
schrei. Trotzdem erhoffen wir uns – die Kommunen
müssen dies auch in Anspruch nehmen – weniger
Rechtsstreitigkeiten und weniger Klagen, weil es nun
Rechtssicherheit gibt. Die Opposition sagt nun: Die
Hartz-IV-Empfänger leiden darunter. – Das ist nicht so.
Erstens werden die Pauschalen vom jeweiligen Landes-
sozialgericht überprüft. Zweitens kann ein SGB-II-Emp-
fänger, wenn ihm die Kommune zum Beispiel 350 Euro
zugesteht und er eine Wohnung für 250 Euro anmietet,
die Differenz von 100 Euro behalten. Die oft monierte
Härtefallregelung gilt weiterhin, auch bei Pauschalen. In
einem bekannten, renommierten Urteil wurde festge-
stellt, dass es sich bei einer Familie mit vier Kindern, die
wohnortnah zur Schule gehen, und die in der Nachbar-
straße einen Angehörigen hat, der gepflegt werden muss,
offenkundig um einen Härtefall handelt. Das gilt auch in

Z
u

g
ra
g
n
n
ru
s
Ü
z
H

s
z
d
g
w
R
z
ti
P
w
n

d
h
z
g
s
z

v
g
v
C
s
lu
C
c
p
d
u
g
d

ti

(C (D ukunft. Wir erhoffen uns, dass die Klagewelle aufgrund nserer Regelung zurückgeht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zu den Eingliederungsvereinbarungen. Ich muss zu-
eben, dass ich in der gestrigen Ausschusssitzung über-
scht war, dass die Zahl so positiv ist. Ich kann die Zahl

leich nennen, weil sie öffentlich ist. Seit Juni 2010 wird
ach einem Vier-Phasen-Modell gearbeitet. Danach kön-
en die Vermittler vor Ort die Eingliederungsvereinba-
ng individueller ausgestalten. Dadurch kommt es

eltener zu Rechtsstreitigkeiten. Nach einer internen
berprüfung der Bundesagentur für Arbeit sind 88 Pro-

ent der Eingliederungsvereinbarungen individueller,
err Kurth. Dadurch erhoffen wir uns weniger Klagen.

Wie Sie sehen, setzt sich das gesamte System aus ver-
chiedenen Bausteinen zusammen. Es gibt immer etwas
u optimieren. Es gibt immer Schieflagen. Es ist richtig,
ass wir versuchen müssen, die Schieflagen zu beseiti-
en und den Rechtsschutz sicherzustellen. Aber genauso
ichtig ist es – lieber Pascal Kober, das hast du eben zu
echt angesprochen –, die Eigeninitiative des Einzelnen
u stärken. Auch darauf heben Sie im Antrag Ihrer Frak-
on ab, Herr Kurth. Aber ich würde mich freuen, Frau
othmer, wenn Sie dann, wenn es konkret wird, nicht
egliefen, sondern uns unterstützten. Sie sollten nicht
ur auf die hehren Ziele hinweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich nenne Ihnen als Beispiel den Bundesfreiwilligen-
ienst. Wir haben den Freibetrag von 60 auf 175 Euro er-
öht, weil wir der Meinung sind, dass 60 Euro für Lang-
eitarbeitslose, die bereit sind, 30 Stunden in der Woche
eschätzte und sinnstiftende Tätigkeiten für die Gesell-
chaft zum Beispiel im Umweltschutz zu übernehmen,
u wenig sind. Sie haben damals gesagt: Hartz-IV-Emp-
nger sind keine Lückenbüßer für die wegfallenden Zi-

ildienststellen. – Nun haben wir das umgesetzt, und es
ibt – soweit ich das mitbekomme – keine Kritik, weder
on den karitativen Trägern und Verbänden wie der
aritas noch von den Betroffenen selbst. Viele melden

ich per E-Mail und schreiben: „Das ist eine gute Rege-
ng.“ Gerade ältere Arbeitslose bekommen damit eine
hance auf Teilhabe in dieser Gesellschaft. Das sind si-
herlich kleine Bausteine. Aber die Arbeits- und Sozial-
olitik erlaubt es nicht, einen großen Schlag zu tun, so-
ass dann alles funktioniert. Es handelt sich nun einmal
m ein lernendes System. Wir werden weiterhin mit den
enannten Bausteinen arbeiten. Ich denke, wir machen
as höchst erfolgreich.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715208100

Silvia Schmidt hat jetzt das Wort für die SPD-Frak-

on.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Silvia Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1715208200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Lieber Kollege Kurth, der Antrag Ihrer Fraktion
enthält durchaus richtige Feststellungen. Aber wir müs-
sen eines bedenken: Wir haben das beste Sozialsystem
weltweit. Wir werden um dieses Sozialsystem beneidet.
Das ist einfach so.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Natürlich haben wir auch die große Verantwortung, die-
ses historisch gewachsene Sozialsystem weiterzuentwi-
ckeln.

Die Entwicklung von Sozialrecht ist ein Prozess, der
mit den gesellschaftlichen Verhältnissen einhergeht. Es
darf nicht der Eindruck entstehen, wie in diesem Antrag,
dass dieses hohe Gut der sozialen Rechte, das auch er-
kämpft worden ist, nicht genug geschätzt wird. Glauben
Sie mir: Ich weiß, wovon ich rede. Die ehemalige DDR
hatte auch sogenannte soziale Rechte. Da waren Klagen
absolut unerwünscht. Es war nicht so, dass man da etwas
bekommen hat.

Meine Fraktion weiß, dass das zergliederte Sozialsys-
tem ein großes Problem darstellt, nicht nur für Menschen
mit Behinderung. Wir alle haben hier gemeinsam 2001
mit dem Sozialgesetzbuch IX ein deutliches Zeichen ge-
setzt, um dieser Zergliederung zu begegnen.

Man kann auch nicht pauschal die Leistungsträger
verurteilen und sagen, sie sähen das alles nur unter Kos-
tenaspekten. Sie haben natürlich auch die Pflicht, verant-
wortlich mit den Steuer- und Beitragsmitteln umzuge-
hen. Das ist so.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In den letzten Jahren sind die Haushalte deutlich ge-
schrumpft, gerade in den Kommunen. Da gibt es Pro-
bleme. Wir haben die Kostenexplosion in der Eingliede-
rungshilfe.

Hier wollen wir als SPD neue Wege gehen. Wir haben
sie Ihnen vorgestellt. Wir haben in unserem Positionspa-
pier zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven-
tion gefordert, ein Teilhabegesetz für Menschen mit
Behinderung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe aufzu-
nehmen. Wir haben vorgeschlagen, zu prüfen, ob man
die Leistung der Eingliederungshilfe als Leistungsbe-
standteil in das SGB IX aufnimmt. Wir haben den Ge-
danken „Leistungen aus einer Hand“ in unserem Posi-
tionspapier noch einmal deutlich festgeschrieben. Wir
wollen natürlich auch ein Teilhabegeld.

Wir können deutlich sehen, dass viele Schnittstellen-
probleme auftreten, gerade im Bereich der Behinderten-
politik. Ich möchte ein Thema nur anreißen, und das ist
die Frühförderung. Seit zehn Jahren existiert sie, und wir
haben noch keine endgültige Lösung. Ich hoffe, dass das
Rundschreiben von BMAS und BMG jetzt auch Früchte
trägt und die Eltern endlich zu ihrer Komplexleistung, so
wie im SGB IX festgeschrieben, kommen. Die Eltern
warten darauf. Wir müssen die Verschiebebahnhöfe und
die Kleinstaaterei der Träger beenden; wir müssen sie
einfach aufheben.

d
k
P
W

d
A

d
w
d
p

g
s
B
ru
n
d

s
g
d
L
d
d
g
z
v
F
e
E

B
M
s
v
B
B
d

g
d
a
z
c

M
S
m

H
T
e

(C (D (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja mein Antrag!)


Wir wollen klare Kompetenzen im SGB IX schaffen,
ie Rechte der Betroffenen stärken und in der Praxis
onsequent umsetzen. Auch das haben wir in unserem
ositionspapier deutlich gemacht. Das ist der richtige
eg; hier sind wir uns alle einig.

Natürlich gibt es den Beratungsanspruch gegenüber
en Leistungsträgern; das ist schon erwähnt worden.
ber es gibt Tausende von Beratungsstellen. Jede ver-
gt über ein bestimmtes Teilwissen. Die Menschen wer-

en auch weiterhin von Pontius zu Pilatus geschickt. Wir
ollten das mit unserem Konzept der Servicestellen än-
ern. Auch Ulla Schmidt hat das mit den Pflegestütz-
unkten deutlich gemacht.

Die Akzeptanz der Beratungsstellen ist mitunter sehr
ering. Sie werden in den Ländern auch sehr unter-
chiedlich bewertet. Die Menschen, besonders ältere
ürger und Bürgerinnen sowie Menschen mit Behinde-
ng, brauchen eine trägerunabhängige und wohnort-

ahe Beratungsstelle. Sie brauchen, wie wir immer wie-
er einfordern, Beratung aus einer Hand.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD
timmt Ihnen zu: Beratung und Zugang zu Sozialleistun-
en müssen barrierefrei sein. Hier geht es nicht nur um
en barrierefreien Zugang zu Behörden oder zu den
eistungsträgern, sondern auch um eine einfache und
eutliche Verständigung. Es sind nicht nur die Gebär-
ensprache und der Bescheid in Brailleschrift gefragt. Es
ibt 7,5 Millionen funktionale Analphabeten, die So-
ialleistungen nicht erreichen können, weil sie es nicht
erstehen und nicht begreifen. Das sind nicht wenige.
rau Schavan hat in diesem Zusammenhang schon mit
inem Förderprogramm im Umfang von 20 Millionen
uro reagiert.

Wir vergessen auch nicht, dass es im Sinne der UN-
ehindertenrechtskonvention verpflichtend ist, dass
enschen mit Lernbehinderung ihre Informationen in

chriftlicher oder mündlicher Form in einfacher Sprache
on der Behörde erhalten. Wir alle kennen den Ausdruck
ehördendeutsch. Manchmal haben auch wir in unserer
ürgersprechstunde Probleme, einen Bescheid zu lesen;
as wissen wir alle.

Seitdem es den Rechtsanspruch auf das trägerüber-
reifende Persönliche Budget, seit 2008, gibt, ist beson-
ers deutlich geworden: Wir haben das festgeschrieben,
ber es läuft schleppend. Wir könnten hier Beispiele auf-
ählen. Wir wissen durchaus, dass dieses Budget blo-
kiert wird.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer blockiert?)


enschen müssen vor Gericht ziehen – und das täglich.
ie kämpfen. Die Bürger und Bürgerinnen werden im-
er noch so behandelt, als wären sie Bittsteller.

Die meisten Budgets gibt es im Sozialhilfebereich.
ierzu muss man feststellen, dass die Kooperation der
räger untereinander nicht funktioniert und man hierfür
infach Gesetzesänderungen braucht.





Silvia Schmidt (Eisleben)



(A) )


)(B)

Das SGB IX sollte gerade hier neue Grundsätze defi-
nieren und trägerübergreifende Leistungen aus einer
Hand überhaupt ermöglichen. Das ist nicht erreicht wor-
den. Es gibt in diesem Land offenbar noch immer So-
zialleistungsträger, die die gesetzlichen Vorgaben und
vor allem den Willen dieses Hohen Hauses ignorieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gebe Ih-
nen recht: Ein einheitliches Planverfahren in allen So-
zialgesetzbüchern ist sinnvoll. Das SGB IX bietet hierfür
Or
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1715208300


Die Hilfeplanung ist out, das Denken muss sich an
Teilhabe orientieren. …

Das Von-oben-Herab … der alten Verwaltungspra-
xis hat seine Wurzeln in der öffentlichen Fürsorge.
… Die … Sachbearbeiter brauchen Qualifizierung,
um an die neue Praxis herangeführt zu werden. Der
Hilfeempfänger soll nach SGB IX Teilhabeberech-
tigter sein. Der Paradigmenwechsel vollzieht sich
in der Alltagsform.

Der Teilhabeberechtigte muss in diesem Verfahren
mit seinen Interessen beachtet werden. … Die Fest-
stellung des Bedarfs an Unterstützung zur Teilhabe
kann nicht eine Stelle allein treffen. Es müssen alle
beteiligt werden, … Die Kostenträger haben Ge-
wohnheiten entwickelt. Noch immer ist es für den
Sachbearbeiter beruhigend, jemanden gut unterge-
bracht zu wissen.

Das neue Denken, gefordert in der Teilhabekonfe-
renz, muss erst erlernt werden. Die Entscheidung
darf im Teilhabeverfahren nicht übergestülpt wer-
den. Es ist eine gemeinsame Suche nach der richti-
gen Entscheidung.

Das heißt, dieses Planverfahren sollte für alle Sozial-
gesetzbücher gelten. Ich hoffe, wir werden im Ausschuss
intensiv darüber diskutieren. Es ist der richtige Vor-
schlag. Wir haben ihn in unseren Positionspapieren und
in anderen Anträgen bereits deutlich gemacht.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715208400

Der Kollege Heinz Golombeck hat nun das Wort für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Heinz Golombeck (FDP):
Rede ID: ID1715208500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Unsere Politik ist vom Respekt vor den Bür-
gerrechten geprägt. Ziel ist es, diese Rechte so zu gestal-
ten, dass alle Bürgerinnen und Bürger ihre Potenziale
und Möglichkeiten in unserem sozialen Rechtsstaat nut-
zen können und für den Einzelnen neue Chancen eröff-
net werden. Eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik und

T
s
is

u
in
v
m
re
g
fr
A
tu
w
K
B
s
s
Z
le

d
h
s
tr
L
B

A
je
k
k
Z
m
s
fr
D
c
J

h
B
w
k

D
V
k
V
g

e
d

(C (D eilhabe von Bürgerinnen und Bürgern mit Behinderung tehen dabei im Mittelpunkt. Teilhabe zu ermöglichen, t das Ziel unserer Sozialpolitik. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sind auf einem guten Weg, all die Bürgerinnen
nd Bürger, die soziale Leistungen in Anspruch nehmen,
ihren Teilhabe- und Leistungsrechten zu stärken. Her-

orheben möchte ich die Leistungsrechte für Menschen
it Behinderung. Grundvoraussetzung für die gleichbe-
chtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am

esellschaftlichen Leben ist eine umfassende Barriere-
eiheit. Das Sozialgesetzbuch I sieht bereits in § 17
bs. 1 Nrn. 3 und 4 vor, dass der Zugang zu Sozialleis-
ngen möglichst einfach zu gestalten ist und die Ver-
altungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und
ommunikationsbarrieren sein sollen. Art. 9 der UN-
ehindertenrechtskonvention verpflichtet die Vertrags-

taaten, geeignete Maßnahmen zu treffen, um für Men-
chen mit Behinderung gleichberechtigt mit anderen den
ugang zu Information und Kommunikation zu gewähr-
isten.

Mit § 4 Behindertengleichstellungsgesetz wurde für
en Bund ein umfassendes Verständnis von Barrierefrei-
eit entwickelt. Handlungsbedarf besteht sicherlich hin-
ichtlich einer Forderung aus dem hier vorliegenden An-
ag, die sogenannte leichte Sprache für Menschen mit
ernschwierigkeiten ausdrücklich als Anforderung an
arrierefreiheit zu definieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Um die sogenannte leichte Sprache ausdrücklich als
nforderung an Barrierefreiheit zu definieren, fehlt es
doch noch an einer hinreichenden Festigung der Er-
enntnis zu „leichter Sprache“. Daher wird eine kon-
rete Regelung in den Sozialgesetzbüchern zum jetzigen
eitpunkt noch abgelehnt. Damit aber aus diesen Kom-
unikationsschwierigkeiten nicht ein Fehlverhalten re-

ultiert, wurde Ende letzten Jahres eine neue Barriere-
eie Informationstechnik-Verordnung in Kraft gesetzt.
iese Verordnung hat die Regelung einer „leichten Spra-

he“ aufgenommen. Deren Umsetzung wird nach drei
ahren evaluiert.

Damit unterstützen wir die Feststellung der UN-Be-
indertenrechtskonvention, dass die Herstellung von
arrierefreiheit ein dynamischer Prozess ist, der schritt-
eise und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßig-
eitsgrundsatzes zu vollziehen ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie UN-Behindertenrechtskonvention verlangt von allen
ertragsstaaten und auf allen Ebenen, die in ihr veran-
erten Rechte planmäßig in der Politik zu verfolgen.
iele Inhalte der Konvention haben wir, wie gerade auf-
ezeigt, schon durch Einzelgesetze geregelt.

Die FDP hat sich jedoch seit jeher dafür eingesetzt,
ine ausufernde Gesetzeslage, besonders in der Behin-
ertenpolitik, zu lichten. Ziel der Leistungsgesetze für





Heinz Golombeck


(A) )


)(B)

behinderte Menschen muss deshalb sein, bisher beste-
hende Regelungen weiter zusammenzufassen, zu verein-
fachen und somit noch transparenter und zugänglicher
zu machen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Inanspruchnahme von sozialen Leistungen soll da-
bei auf die Bedürfnisse der anspruchsberechtigten Perso-
nen ausgerichtet sein. Einbeziehung statt Ausgrenzung
ist sozialpolitisch dringend geboten.

Eine zentrale Staatsaufgabe ist die Sicherung von
Chancen- und Leistungsgerechtigkeit für alle Menschen.
Allen Bürgern muss ein selbstbestimmtes und eigenver-
antwortliches Handeln ermöglicht werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715208600

Der Kollege Dr. Matthias Zimmer hat jetzt das Wort

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Matthias Zimmer (CDU):
Rede ID: ID1715208700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der ei-

gentümlichste Moment in dieser Debatte war, als vor
wenigen Minuten der Kollege Birkwald das Hohelied,
die Hohe Messe von Freiheit und Würde zelebriert hat,


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: War eine gute Rede!)


ganz so, als hätten es die Linken erfunden.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das hat er nicht gesagt!)


Man muss in solchen Momenten immer wieder sagen,
meine Damen und Herren: Über der Partei der Linken
liegt der lange Schatten des real existierenden Sozialis-
mus, in dem Freiheit und Würde der Menschen mit Fü-
ßen getreten worden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Vor allen Dingen auf Herrn Birkwald liegt dieser Schatten!)


Ich wäre an Ihrer Stelle angesichts der vielen Opfer ein
wenig demütiger, wenn ich über Freiheit und Würde
spräche.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sollen wir nicht dafür sein?)


Wir reden über den Antrag der Grünen „Soziale Bür-
gerrechte garantieren – Rechtsposition der Nutzerinnen
und Nutzer sozialer Leistungen stärken“. Es handelt sich
um einen sehr ausführlichen Antrag.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einen guten Antrag!)


D
re
d
K

n
E
u

n
e
tu
w
m
ru
G
e
S
z
v
re
u
w

M
e
n
V
B
F
d
li
im
d
in
te

b
d
d
tr
V
li
s
z

h
m
d
z

B
b
s

s
ti

d

(C (D ie bisherige Debatte hat gezeigt, dass es hier sehr diffenzierte Positionen gibt. Ich denke da zum Beispiel an en Beitrag des Kollegen Wadephul oder den Beitrag der ollegin Kramme. Ich will, weil wir die Diskussion narlich auch im Ausschuss fortführen, an dieser Stelle ur eine erste Bewertung abgeben. Ich habe schon den indruck, dass wie bei vielen Anträgen der Grünen Licht nd Schatten eng beieinanderliegen. Viele Stichpunkte der Grünen, etwa die in Ziffer 5 geannten, kann ich im Grundsatz unterstützen. Hier geht s um eine Stärkung der Selbstverwaltung der Sozialleisngsträger. Die Praxis der Friedenswahlen etwa so weit ie möglich zurückzudrängen, ist, so denke ich, ein geeinsames Ziel. Das ist im Übrigen auch eine Fordeng, die vom Bundesbeauftragten für die Sozialwahlen, erald Weiß, ganz klar unterstützt wird. Aber es kommt ben auf das Detail an. Deshalb lassen Sie uns den chlussbericht des Bundeswahlbeauftragten zu den Soialwahlen abwarten. Dieser Bericht wird eine Reihe on Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Sozialwahlchts und der Selbstverwaltung beinhalten. Lassen Sie ns auf Grundlage dieses Berichtes über die Weiterenticklung des Sozialwahlrechts debattieren. Ich bin auch nahe bei Ihnen, wenn es darum geht, ittel zu finden, die Flut der Sozialgerichtsverfahren inzudämmen. Hier könnte die Idee eines Ombudsmanes bzw. einer Ombudsfrau durchaus hilfreich sein. iele Verfahren könnten vermieden werden, wenn die escheide vernünftig erklärt würden. Hier steht unsere raktion schon seit einiger Zeit in engem Dialog mit em Ministerium, um Modelle einer solchen vorgerichtchen Streitklärung zu prüfen. Es muss übrigens nicht mer Geld kosten. Ich könnte mir durchaus vorstellen, ass in Hessen beispielsweise die Sozialbezirksvorsteher eine solche Funktion mit eingebunden werden könnn. An anderer Stelle kann ich Ihnen nicht folgen. Das etrifft zum Beispiel die Fiktion der Klagerücknahme, ie Sie ansprechen. Wenn jemand trotz Aufforderung es Gerichts eine Klage länger als drei Monate nicht beeibt, gilt sie als zurückgenommen. Sie stellen dieses orgehen infrage. Aber diese Regelung im sozialgerichtchen Verfahren ist keine Orchidee in der Prozesslandchaft, sondern eine sachgerechte Antwort auf die Vielahl der Prozesse. Wer seine Rechte ernsthaft verfolgt, schafft es inneralb von drei Monaten, selbst oder durch einen Bevollächtigten eine Prozesshandlung vorzunehmen. Auch as hat etwas mit unserem Verständnis vom Menschen u tun. Im Übrigen lässt der Antrag der Grünen auch einen lick auf das den Grünen zugrunde liegende Menschenild oder zumindest auf ihre Unsicherheit mit dem Menchenbild zu. Ich will das anhand von drei Bereichen erutern; vielleicht lohnt sich eine Diskussion darüber chon deshalb, wenn sie zur Klärung Ihrer eigenen Posion beiträgt. Da ist zum einen das seltsame Oszillieren zwischen em Leitbild eines selbstständigen und eines betreuten Dr. Matthias Zimmer )





(A) )

Menschen. Sehr häufig betonen Sie in Ihrem Antrag Par-
tizipationsrechte; auch wollen Sie die Eigeninitiative der
Menschen fördern. Das kommt unserem Menschenbild
sehr nahe: Der Mensch ist mündig, vernunftbegabt und
frei, über seine Bindungen selbst zu entscheiden. Er ge-
staltet sein Leben selbst. Gleichzeitig wollen Sie die
Freiheit und Selbstverantwortung gewissermaßen risiko-
frei stellen. Die Belehrung über Rechtsfolgen beispiels-
weise soll grundsätzlich schriftlich erfolgen, auch wenn
die Rechtsfolgen bekannt sind. Sie wollen die Präklu-
sionsklausel einer Evaluation unterziehen, und auch hier
spürt man die Absicht: Sie wollen damit die Tür für eine
weitere staatliche Sicherungsleine für den betreuten
Menschen öffnen. Dahinter steht: Wenn der Mensch
nicht selbst das für sich Beste tut, muss es der Staat tun.
Die Grünen trauen Menschen, die auf soziale Leistungen
angewiesen sind, nicht zu, sich selbst aus dieser Situa-
tion zu befreien. Jeder Schritt muss vorgegeben werden.
Das ist nicht das Verständnis der Union vom Menschen
und vom gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ich will
nicht unterstellen, Sie wollten die Menschen zwangsbe-
glücken. Doch ein wenig fällt diese Diskrepanz zwi-
schen dem Leitbild des selbstständigen und dem des be-
treuten Menschen in Ihrem Antrag schon auf.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wäre ich zynischer Marxist, würde ich sagen: Kein
Wunder, das Sein bestimmt das Bewusstsein. Schließlich
lebt ein Großteil der Grünen auf die eine oder andere
Weise von Staatsknete und kennt die Risiken eines
selbstverantwortlichen Lebens etwa in freien Berufen
nur aus Erzählungen anderer.


(Widerspruch bei den Grünen – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon sehr gemein!)


Es ist schon kuschelig unter der warmen Decke staatli-
cher Zuwendungen.


(Zuruf von der FDP: Das ist schon wahr!)


Dies, meine Damen und Herren, würde ich in der Tat nur
dann sagen, wenn ich ein zynischer Marxist wäre.

Ernster scheint mir bei Ihnen das ungeklärte Verhält-
nis zwischen Rechten und Pflichten. Schon in anderen
Debatten ist dies deutlich geworden; einiges wiederholt
sich hier. Es betrifft vor allem die Regelungen des
SGB II. Sie wollen die geltenden Sanktionsregelungen
flexibilisieren, den Grundbedarf nicht mehr sanktionie-
ren und ein Sanktionsmoratorium erlassen. Ich meine
hingegen: Gerade in diesem Bereich gibt es nicht nur
Rechte, sondern auch Mitwirkungspflichten. Wer gegen
diese Pflichten verstößt, muss mit Sanktionen rechnen.
Das sind wir schon alleine denjenigen schuldig, die die
ganzen Leistungen finanzieren.

Aber auch rechtstechnisch kann meines Erachtens ein
Versäumnis, seine Pflichten zu erfüllen, durchaus als
Verzicht auf Leistungen interpretiert werden. Herr
Kurth, ich erkenne an, dass Sie nicht die umstandslose
Abschaffung aller Sanktionen fordern, wie es eine an-
dere Fraktion in diesem Haus tun. Mir scheint aber doch,
dass gerade dann, wenn man von dem mündigen und

s
s
ti

s
m
in
d
W
d
Z
E

S
d
d

H
n
h
e

D
m
m
ih
o
W

M
d
m
a
c
Ih
li
la
tr

p
u
e
a
b
S

S
v
e
G

(C (D elbstbestimmten Menschen ausgeht, das Verhältnis zwichen Rechten und Pflichten bei Ihnen noch der Feinjuserung bedarf. Mein letzter Punkt ist der von Ihnen hergestellte Zuammenhang zwischen Leistungsrechten und der Legitiation des sozialen Rechtsstaats. Ein wenig davon war den vergangenen Monaten auch in der Debatte über ie Neuberechnung des Arbeitslosengeldes II zu spüren. ir hatten damals bestimmte anteilige Bestandteile aus en Grundbedürfnissen herausgerechnet, etwa Geld für igaretten und Alkohol, für einen Lieferservice für ssen oder für das Kabelfernsehen. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weihnachtsbaum!)


ie haben das damals vehement kritisiert, ganz so, als sei
er umstandslose Hedonismus Ihre Leitvorstellung für
ie erneute Integration in den Arbeitsmarkt.

Wir hingegen meinen: Es ist Aufgabe des Staates,
ilfe zur Selbsthilfe zu geben. Nach unserem Verständ-
is ist es die Aufgabe eines jeden Einzelnen, der dazu fä-
ig und in der Lage ist, sein Leben so zu gestalten, dass
r Zufriedenheit und Glück finden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ie Legitimation unseres Gemeinwesens hängt sehr viel
ehr davon ab, dass wir den Menschen diese Freiheit er-
öglichen. Der Kern unserer politischen Ordnung und
rer Legitimität ist die Tatsache, dass sie eine Freiheits-

rdnung ist, und nicht, dass sie möglichst viele und hohe
ohltaten verteilt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Gerade dann, wenn wir dies tun, nehmen wir den
enschen als Subjekt ernst. Sie beklagen, dass der Staat

en Menschen bisweilen zum bloßen Objekt mache. Das
ag an der einen oder anderen Stelle, die Sie im Antrag

ufgeführt haben und die auch in der Debatte zur Spra-
he kam, durchaus so sein. Aber noch viel mehr macht
r politischer Ansatz den Menschen zum Objekt, näm-

ch zum Experimentierfeld fürsorglicher staatlicher Be-
gerung, zum Projekt sozialstaatlicher Planung, zum be-
euten Menschen eben.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch immer nur von Staatsknete gelebt, Ihr Leben lang!)


Sie haben einen paternalistischen Zugang zur Sozial-
olitik. Wir hingegen nehmen den Menschen als Subjekt
nd als selbstverantwortlichen und freien Menschen
rnst und sehen sozialstaatliche Hilfe im Wesentlichen
ls Hilfe zur Selbsthilfe. Sie sehen den Staat als Selbst-
edienungsladen für soziale Ansprüche. Wir sehen den
taat als Gemeinschaftsaufgabe, die alle finanzieren.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ie interpretieren die Gesellschaft vom Rande her, also
on den unterschiedlichen Interessengruppen her, wie es
ine Klientelpartei nun einmal tut. Wir interpretieren die
esellschaft aus der Mitte heraus und zur Mitte hin, wie





Dr. Matthias Zimmer


(A) )


)(B)

dies Volksparteien – bei dem Plural zögere ich etwas –
gewöhnlich tun.

Ihr Antrag gab Anlass, über diese Unterschiede ein-
mal im Hohen Haus nachzudenken. Zumindest dafür
darf ich mich bei Ihnen herzlich bedanken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715208800

Das Wort hat Gabriele Lösekrug-Möller für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1715208900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha-

ben eine ziemlich lange Debatte zu einem sehr ausführli-
chen Antrag der Grünen. Ich finde es richtig, dass wir in
dieser Zeit über dieses wichtige Thema reden. Selbstver-
ständlich wird auch in der Sozialdemokratie intensiv
über dieses Themenfeld diskutiert.

Wir sprechen über die zwölf Bücher, die das Sozial-
gesetzbuch insgesamt beinhaltet. Es gibt wirklich Grund,
das eine oder andere in diesen Büchern auf den Prüf-
stand zu stellen. Das müssen wir kontinuierlich tun;
denn wir wissen: Keines dieser zwölf Bücher ist in Stein
gemeißelt.

Am Anfang des SGB I werden die Aufgaben des So-
zialgesetzbuchs beschrieben. In § 1 Abs. 1 heißt es, die
Aufgabe sei,

ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, gleiche
Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Per-
sönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen,
zu schaffen, die Familie zu schützen und zu för-
dern, den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine
frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und beson-
dere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur
Selbsthilfe, abzuwenden oder auszugleichen.

Es stellt sich jetzt nicht mehr die Frage, ob wir uns das
leisten können; denn wir haben diesen Anspruch, ange-
fangen beim SGB I bis hin zum SGB XII, zu erfüllen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn ich den Antrag der Grünen genauer betrachte,
dann muss ich sagen, dass sich die Ergebnisse Ihrer
Fachkonferenz, die im Mai letzten Jahres stattgefunden
hat, in Ihrem Antrag, über den wir jetzt im Plenum de-
battieren, niedergeschlagen haben. Das ist ein normaler
Vorgang; das finde ich völlig in Ordnung.

Es gibt aber einen Punkt in diesem Antrag, den ich
beklage. Herr Kurth, da spreche ich Sie jetzt an, weil Sie
in diese Debatte eingeführt haben. Sie malen ein meines
Erachtens viel zu düsteres Bild.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Da sind Ihnen ein paar leuchtende Farben abhanden ge-
kommen. Vielleicht standen sie Ihnen auch nicht zur
Verfügung. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie in Ihrem

u
h
w
B
z
a
u

z
a
A
h
s
w
d
k

s
e
K
d
s
d
n
s
R
P
fr
n
ti

M
s
re
s
E
V
s
u
h
g
in
b
B
D
a
fe
lu
s
a

e
e
p
S

(C (D mfangreichen Antrag noch einen Satz aufgenommen ätten, in dem gewürdigt wird, wie viele Vorgänge und ie viele Verfahren korrekt abgelaufen sind, wie viele escheide korrekt ergangen sind und wie groß die Anahl der Beratungsund Informationsgespräche war, die uf Augenhöhe stattgefunden haben. Auch das gehört zu nserem sozialen Rechtsstaat heute dazu. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Gleichwohl haben wir in diesem Haus öfter Anlass,
u streiten, weil etwas nicht so funktioniert, wie wir das
us jeweils unterschiedlichen Perspektiven gerne hätten.
uch das haben wir heute erlebt. Wir haben Reden ge-
ört, die eher den Gutmenschen in den Mittelpunkt ge-
tellt haben. Andere Redner haben gesagt, dass all das,
as man in einem sozialen Rechtsstaat organisieren will,
er wichtigen Frage unterliegt, ob wir uns das leisten
önnen.

Ich möchte allen in diesem Haus sagen: Wir können
tolz auf den sozialen Rechtsstaat sein, den wir weiter
ntwickeln wollen. Hier sind wir an Ihrer Seite, liebe
olleginnen und Kollegen von den Grünen. Wenn wir
as unter dem Vorbehalt der Kassenlage machen, müs-
en wir uns fragen, ob wir dem eben zitierten Anspruch
es § 1 Abs. 1 SGB I gerecht werden. Das ist das Span-
ungsfeld, in dem wir Politik entwickeln müssen. Da
telle ich Folgendes fest: Wenn es Vorschläge gibt, unser
echt zu ändern, dann müssen wir uns fragen, ob die
robleme, mit denen viele Bürgerinnen und Bürger kon-
ontiert werden, wirklich aus der Rechtslage oder ob sie
icht viel häufiger aus der Umsetzung des Rechts resul-
eren.


(Beifall der Abg. Silvia Schmidt [Eisleben] [SPD])


Meines Erachtens ist das Zweite viel öfter der Fall.
eine Kollegin Silvia Schmidt hat das sehr deutlich ge-

agt. Auch Frau Kramme hat das in den Mittelpunkt ih-
r Rede gestellt. Ich denke, was die unzureichende Um-

etzung angeht, gibt es eine Menge zu tun. Meines
rachtens können wir hinsichtlich der Umsetzung vieler
orschriften der Bücher des SGB besser werden als wir
ind. Dazu brauchen wir die umsetzenden Behörden an
nserer Seite. Wir brauchen selbstverständlich auch Be-
örden, die die Haltung einnehmen: Wir haben denjeni-
en gegenüber, die zu uns kommen und ihr gutes Recht
Anspruch nehmen wollen, eine Dienstleistung zu er-

ringen. – Manchmal, glaube ich, ist der Alltag in vielen
ehörden ein anderer. Er wäre so nicht zu beschreiben.
eshalb sage ich: Bevor wir allen Forderungen, die Sie

ufstellen, entsprechen, sollten wir zunächst einmal prü-
n, wo wir Umsetzungsprobleme haben und wo Hand-
ngsbedarf besteht, der rechtfertigt, dass wir unsere Ge-

etze ändern. Dies ist zum Teil angesprochen worden,
uch von Frau Kramme.

Im Blick auf das große Thema Inklusion haben wir
ine Menge rechtlichen Änderungsbedarf, wenn wir
rnst nehmen, wozu wir uns, das gesamte Haus, ver-
flichtet haben. Meines Erachtens haben wir in diesem
inne sehr viel – ich benutze mit Absicht das Wort – zu





Gabriele Lösekrug-Möller


(A) )


)(B)

liefern, weil Menschen erwarten, dass wir den vollmun-
digen Bekundungen jetzt auch Taten folgen lassen.

Da meine Redezeit bald zu Ende ist, will ich einen
Punkt ansprechen, der hier mehrfach genannt wurde. Es
geht um die Frage: Wie gehen wir mit Bitten und Be-
schwerden um? Wir haben die Bestellung eines Om-
budsmanns oder einer Ombudsfrau erörtert. Das ist
sicher ein möglicher Weg. Wir haben schon heute Peti-
tionen, in denen sich zahlreiche Bürger – Zigtausende
kann man sagen – mit Beschwerden über die Umsetzung
der SGB-Normen an den Bundestag wenden. Ich nenne
eine Beschwerde, die deutlich macht, wo meines Erach-
tens ein großes Problem liegt. Uns hat eine Frau ge-
schrieben, dass sie nicht versteht, warum Kinder aus
Bedarfsgemeinschaften gegen Sanktionsandrohung zu
Gruppengesprächen eingeladen werden, wenn sie kurz
vor dem 15. Lebensjahr sind, weil sie sich beraten lassen
müssen, wie es mit Bildung und Ausbildung weiterge-
hen soll. Sie fragt: Warum steckt diese Pflicht dahinter?
Die Kinder können nichts dafür, dass ich von meiner
Hände Arbeit weder selbst leben noch meine Kinder
finanzieren kann. – Das ist in der Tat diskriminierend. Es
ist ein Beispiel für eine kleine Regelung, die vielleicht
gut gemeint ist, aber schlecht umgesetzt wird.

Wir haben eine Fülle solcher berechtigter Kritik-
punkte. Wir haben jede Menge zu tun. Wir können den
Antrag der Grünen zum Anlass nehmen, hier besser zu
werden. Es wäre wunderbar, wenn bei der Debatte und
dem Ringen um gute Lösungen nicht jene unter die
Räder kommen, die hohe Erwartungen an uns als Ge-
setzgeber haben. Sie nehmen nämlich unseren sozialen
Rechtsstaat ernst. Sie wollen, dass die Rechte, die sie ha-
ben, respektiert werden, und zwar sowohl vom Gesetz-
geber als auch von den Behörden, die ihren Zuwen-
dungsbescheid erteilen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715209000

Sebastian Blumenthal kommt jetzt zu Wort für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Sebastian Blumenthal (FDP):
Rede ID: ID1715209100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Kollege Kurth, Sie hatten vorhin versucht, sich mit der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als Vorkämpfer der in-
dividuellen Freiheit in Szene zu setzen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind wir!)


Das nenne ich politische Kühnheit. Ihre programmati-
schen Leitlinien folgen gewöhnlich dem Dreiklang Res-
triktion, Regulierung und Verbote.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das hat mit Freiheit wirklich wenig zu tun, dafür umso
mehr mit Fremdbestimmung und Bevormundung.

A
v
tr
g
e
m
m

s
b
V
m
B
W
n

v
G
Z
P
s
k

te
d
h
b
v
m
S

p
li
J
w
g
b
k
w
g
g

F
d
fr
U
R
d
m
e
fr
m

(C (D Ich wollte aber eigentlich etwas Lobendes zu Ihrem ntrag sagen, auch wenn dieser dazu offenkundig nicht iel Anlass bietet. Auf Seite 3 unter Punkt 5 Ihres Anags haben Sie allerdings das Thema Sozialwahlen anesprochen und dort Reformbedarf angemeldet. Das ist in Punkt, der uns inhaltlich verbindet und den ich einal konstruktiv aus Sicht der FDP-Fraktion darstellen öchte. Ich selbst bin Mitglied der gesetzlichen Krankenvericherung und habe mich an den letzten Sozialwahlen eteiligt. Dabei habe ich mich, genau wie viele andere ersicherte, darüber geärgert, dass das ganze Verfahren ehr als 40 Millionen Euro gekostet hat, wie man in der ilanz zur Kenntnis nehmen musste. Dabei konnte eine ahlbeteiligung von gerade einmal 30 Prozent verzeich et werden. Gründe hierfür gibt es sicher viele. Zum einen ist für iele nur schwer nachvollziehbar, was die gewählten remienmitglieder eigentlich zu entscheiden haben. um anderen ist es genauso schwer, die verschiedenen ositionen der Kandidaten inhaltlich zu prüfen, um sich elbst eine Meinung für die Wahlentscheidung bilden zu önnen. Erschwerend kommt ferner hinzu, dass die allermeisn Wahlen sogenannte Friedenswahlen sind; das heißt, ie Vorschlagslisten sind nicht nur schon vorab ausgeandelt, sondern die Kandidaten sind im Grunde damit ereits gewählt. Mit einer wirklichen Wahl hat das nicht iel zu tun. Von insgesamt 10 000 Mandaten in den Greien werden letztlich nicht einmal 200 Mandate über die timmenabgabe vergeben. Insofern gibt es bei den Sozialwahlen zu wenig Transarenz; auch das Kriterium einer echten Auswahlmögchkeit ist nicht komplett erfüllt. Mein Kollege ohannes Vogel hat dazu im Rahmen der letzten Sozialahlen ein sehr gutes Statement abgegeben, das ich erne wiederhole: Wir brauchen einen echten Wettewerb zwischen mehreren Kandidaten; und es muss lar sein, wie die Vereinigungen ihre Kandidaten ausählen. – Wohl wahr! Den Kollegen Vogel kann man ar nicht oft genug zitieren. In diesem Fall mache ich es anz besonders gerne. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Angesichts dieser Situation sehen wir, dass auf jeden
all noch Reformbedarf besteht. Diesen Punkt – einer
er wenigen positiven – haben Sie in Ihrem Antrag er-
eulicherweise herausgestellt. Der Kollege von der
nion hatte vorhin bereits dargestellt, dass es hierzu
eformvorschläge geben wird. Den Antrag kann man in
iesem Punkt zur Grundlage nehmen, hier gestalterisch
itzuwirken. Wir werden seitens der FDP-Fraktion

igene Vorschläge und Beiträge einbringen. Insofern
eue ich mich auf die weiteren Beratungen im parla-
entarischen Verfahren.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715209200

Der Kollege Paul Lehrieder hat jetzt das Wort für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1715209300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

und Kollegen! Liebe Freunde von den Grünen,


(Zuruf von der CDU/CSU: Was heißt „Freunde“?)


mit Ihrem Antrag „Soziale Bürgerrechte garantieren –
Rechtsposition der Nutzerinnen und Nutzer sozialer
Leistungen stärken“ und Ihrer damit verbundenen Forde-
rung nach einer Stärkung der Verfahrens-, Leistungs-
und Partizipationsrechte der Nutzer sozialer Leistungen
glänzen Sie einmal mehr mit einem weder zielführenden
noch notwendigen Antrag.

Lieber Kollege Kurth, es wurde bereits einiges ausge-
führt. Hätten Sie sich in Ihrem Antrag auf die Ziffer II.16
beschränkt, dann hätten wir dem Antrag noch einiges
Positive abgewinnen können. Alles andere indiziert aber
offensichtlich, dass Sie mit Ihrem Antrag so tun, als ob
Sie jetzt soziale Beteiligungsrechte einführen wollen, die
es noch nicht gibt.

Von Frau Kollegin Lösekrug-Möller wurde bereits § 1
des SGB I zitiert. Die Juristen unter uns wissen, dass das
SGB I quasi die Klammer sämtlicher Sozialgesetze dar-
stellt. Die Vorschriften im SGB I gelten für alle Sozial-
gesetze. Im SGB I ist unter anderem der Beratungs-
anspruch in § 14 geregelt, und in § 15 ist der
Auskunftsanspruch normiert. Ich darf mit Erlaubnis der
geschätzten Frau Präsidentin zitieren:


(1) Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die

Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und
der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet,
über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem
Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen.


(2) Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf die Be-

nennung der für die Sozialleistungen zuständigen
Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfra-
gen, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung
sein können und zu deren Beantwortung die Aus-
kunftsstelle imstande ist.


(3) Die Auskunftsstellen sind verpflichtet, unter-

einander

– auch da tun Sie so, als ob ein Kleinkrieg zwischen den
jeweiligen Sozialleistungsträgern herrschte –

und mit den anderen Leistungsträgern mit dem Ziel
zusammenzuarbeiten, eine möglichst umfassende
Auskunftserteilung durch eine Stelle sicherzustel-
len.

Sie müssten einfach einmal ins Gesetz schauen. Ein
Blick ins Gesetz erleichtert das Verständnis des beste-
henden Rechts.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Praxis ist wichtig! Im Gesetz steht es ja!)


m


S

b


m
ru
d
d
d
s
n
Ih

g
h
e
d
g
fi
R
K
s
m
z

d
z
d
N
n
ru
re
S
w
h
h

tu
w
A
e
u

(C (D In § 17 ist die Ausführung der Sozialleistungen noriert. Hier ist unter anderem bestimmt: hinzuwirken, daß … 3. der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke und wir diskutieren über Formulare; die Frage der „leichten prache“ wurde bereits von den Vorrednern thematisiert – 4. ihre Verwaltungsund Dienstgebäude frei von Zugangsund Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden. All dies steht bereits im Gesetz, Herr Kurth; dazu rauchen wir Ihren Antrag nicht. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es wird nicht umgesetzt! Das ist doch der Grund für den Antrag!)


(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf


Es nützt aber nichts, eben schnell ein neues Gesetz zu
achen. Dann lassen Sie uns an den Stellen auf Ände-
ngen hinwirken, an denen nichts geregelt ist. Ich teile

a die Auffassung der meisten Vorredner. Sie haben bei
en bisherigen Wortbeiträgen feststellen können, dass
er Antrag mit großer Wahrscheinlichkeit keine Aus-
icht auf Erfolg hat, weil sich fast alle Redner – mit Aus-
ahme der Kollegen von der Linken – skeptisch zu
rem Antrag äußern.

Sie tun so, als ob es hier um ein Massenphänomen
inge. Ja, es gibt Missstände; die Vorredner haben darauf
ingewiesen. Auf Einzelfälle müssen wir eingehen. Aber
s ist schon sehr weit hergeholt, hier pauschal zu sagen,
ie Sozialstaatlichkeit in Deutschland sei noch nicht um-
esetzt. Ihrer Ansicht nach sollen die Effektivität, die Ef-
zienz sowie die Legitimationsbasis des sozialen
echtsstaats gesteigert werden. Liebe Kolleginnen und
ollegen von den Grünen, Sie verkennen jedoch

chlichtweg, dass, wie ich bereits ausgeführt habe, die
eisten der von Ihnen geforderten Maßnahmen weder

ielführend noch notwendig sind.

Unsere sozialen Sicherungssysteme gehören – auch
arauf wurde von den Vorrednern bereits hingewiesen –
u den leistungsfähigsten der ganzen Welt und bieten
en Menschen einen verlässlichen Schutz, wenn sie in
ot geraten. Nennen Sie mir ein Land der Welt, das sich
icht bemühen würde, ein vergleichbares soziales Siche-
ngssystem, wie es in Deutschland besteht, zu installie-
n, wenn es finanziell machbar wäre! Das Recht des
ozialgesetzbuchs trägt durch Sozialleistungen zur Ver-
irklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicher-
eit bei und gestaltet sie zudem durch soziale und erzie-
erische Hilfen mit.

Vorhin wurde hier, ebenso im Antrag, die Befürch-
ng einer Abschaffung der Sozialgerichte geäußert. Das
ar bereits in der letzten Legislaturperiode ein Thema.
ufgrund der Spezifität der Sozialgerichtsbarkeit macht

s Sinn – darauf wurde bereits hingewiesen –, sie nicht
nter die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu subsumieren,





Paul Lehrieder


(A) )


)(B)

sondern sie als eigenständigen Gerichtszweig zu erhal-
ten. Ich gehe davon aus, dass es auch in Zukunft dabei
bleiben wird. Ich kenne zumindest zum aktuellen Zeit-
punkt keine diesbezügliche Diskussion. Es besteht keine
Notwendigkeit, die Leute, auch die Beschäftigten und
Mitarbeiter im Sozialgerichtsbereich, zu verunsichern;
denn eine solche Diskussion wird nicht geführt.

Im Übrigen hat bereits heute nach dem Sozialgesetz-
buch jeder einen umfassenden Anspruch auf Beratung;
dieser wird durch weitere Formulierungen zu den Bera-
tungsangeboten in den jeweiligen Sozialgesetzbüchern
konkretisiert. Ich habe bereits auf § 16 SGB I hingewie-
sen. Darüber hinaus möchte ich kurz den Pflegebera-
tungsanspruch nach § 7 a SGB IX ansprechen – die Pfle-
gestützpunkte wurden von Vorrednern angesprochen; bei
uns in Würzburg wurde der Pflegestützpunkt im Dezem-
ber 2011 offiziell in Betrieb genommen –, ebenso die
Sicherung der Beratung behinderter Menschen nach § 61
SGB IX – die gemeinsamen Servicestellen wurden hier
bereits thematisiert –, die Beratung und Unterstützung
nach § 11 SGB XII und § 22 SGB IX und die Beratung
nach §§ 29 bis 34 SGB III. Sie sehen, meine Damen und
Herren, dass folglich mitnichten von einem Mangel an
Beratungsansprüchen gegenüber den Leistungsträgern
gesprochen werden kann.

Des Weiteren gewährt Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz
den Bürgerinnen und Bürgern das Grundrecht auf effek-
tiven Rechtsschutz durch die unabhängigen Gerichte und
damit die Möglichkeit zur Durchsetzung ihrer Rechte
gegenüber der öffentlichen Verwaltung. Die soziale
Sicherung und der Rechtsschutz durch die Sozialge-
richtsbarkeit gehen Hand in Hand. Die Sozialgerichts-
barkeit stellt sicher, dass jeder seine sozialrechtlichen
Ansprüche notfalls gerichtlich überprüfen und durchset-
zen lassen kann. Für Versicherte, Leistungsempfänger
und Behinderte ist das Verfahren vor den Gerichten der
Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei und bleibt es auch.

Jedoch sehen sich gerade die Träger der Sozialleistun-
gen nach SGB II, SGB III und SGB XII einer Flut von
Klagen und Widersprüchen ausgesetzt. Kollege
Linnemann hat bereits darauf hingewiesen, dass die Zahl
der Widersprüche im letzten Jahr etwas gesunken ist. Im
vorhin erwähnten Teilabschnitt Ihres Antrages haben Sie
die Ombudsstellen angesprochen. Hierzu darf ich ver-
sichern: Aufgrund der Komplexität der Materie des
SGB II, übrigens auch des Bildungs- und Teilhabepake-
tes, macht es sicherlich Sinn, mögliche Kommunika-
tionsirritationen zwischen dem Betroffenen und dem
Fallmanager im Jobcenter in einem Vorklärungsverfah-
ren auszuräumen.

Es gibt in § 380 StPO ein vergleichbares Instrument,
das sogenannte Sühneversuchsverfahren. Es muss bei
kleineren Delikten vorgeschaltet werden, wenn beide
Kontrahenten den Wohnort in derselben Gemeinde ha-
ben. Bereits hier kann man eine Vielzahl der ansonsten
erforderlichen Strafanzeigen im Vorfeld abhandeln. Wir
können also überlegen, ob es Sinn macht, in den Jobcen-
tern eine Vorklärungsstelle einzurichten – man könnte
einen Ombudsmann heranziehen oder nach dem soge-
nannten Pirmasenser Modell verfahren –, um a) die Be-

s
b
a
ti
tr
n
m

e
g
g
a
d

v
K
in
b
w
a



le
s

D

v
d

u

(C (D cheide zu erklären – oft genug gibt es Verständnisproleme, die man auf schriftlichem Wege nicht einfach so usräumen kann – und um b)

onsschwierigkeiten, die gelegentlich zwischen den Be-
offenen und den Fallmanagern bestehen, in einem klei-
en Gremium auszuräumen. So kann geklärt werden, ob
öglicherweise ein Fehler passiert ist.
Ich teile Ihre Auffassung, dass es nicht sein kann, dass

in Großteil der Sozialgerichtsbarkeit durch SGB-II-Kla-
en, die zum großen Teil sogar zum Erfolg führen, bela-
ert wird. Als Gesprächspartner haben Sie mich da ganz
uf Ihrer Seite. Alles andere, Herr Kurth, können wir lei-
er nicht mittragen.

Der Antrag ist in Teilen gut gemeint, aber insgesamt
iel zu pessimistisch; ich teile die Auffassung von Frau
ollegin Lösekrug-Möller. Sie haben die bunten Farben
Ihrem Antrag vergessen. Deutschland ist keine Repu-

lik, in der schwarz in schwarz Sozialpolitik betrieben
ird. Das ist gut so, und das bleibt bei dieser Koalition

uch so.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE])


Rot-rote Farbe brauchen wir nicht.


(Matthias W. Birkwald Sie mal ins Ruhrgebiet, Herr Kollege! – Kommen Sie mal in den Osten! Vielen Dank, Kollege Paul Lehrieder. – Er war der tzte Redner in unserer Debatte. Ich schließe die Ausprache. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/7032 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sie sind damit ein erstanden? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist ies so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a bis c, e bis k nd 12 b sowie den Zusatzpunkt 5 a und b auf: 27 a)

Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715209400
Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715209500
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Gesetzes über die elektromagnetische
Verträglichkeit von Betriebsmitteln, des Ge-
setzes über Funkanlagen und Telekommuni-
kationsendeinrichtungen sowie des Luftver-
kehrsgesetzes
– Drucksache 17/8234 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes
zur Änderung des Gemeindefinanzreformge-
setzes

– Drucksache 17/8235 –





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 18. Oktober 2011 zwischen der
Regierung der Bundesrepublik Deutschland
und der Europäischen Aufsichtsbehörde für
das Versicherungswesen und die betriebliche
Altersversorgung über den Sitz der Europäi-
schen Aufsichtsbehörde für das Versiche-
rungswesen und die betriebliche Altersversor-
gung

– Drucksache 17/8236 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jürgen
Klimke, Erika Steinbach, Arnold Vaatz, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU so-
wie der Abgeordneten Marina Schuster, Serkan
Tören, Pascal Kober, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Tourismus als Chance für die Einhaltung der
Menschenrechte nutzen

– Drucksache 17/8347 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch,
Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung re-
duzieren

– Drucksache 17/8348 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Gesundheit

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Lötzer, Dr. Barbara Höll, Sahra Wagenknecht,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Duisburger Hafen AG in öffentlichem Eigen-
tum erhalten

– Drucksache 17/8349 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss

(C (D h)

Koczy, Volker Beck (Köln), Uwe Kekeritz, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Transparenz im Rohstoffsektor – EU-Vor-
schläge umfassend umsetzen

– Drucksache 17/8354 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Claudia
Roth (Augsburg), Tabea Rößner, Markus Kurth,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Sofortprogramm zur Ausweitung des barrie-
refreien Filmangebots auflegen

– Drucksache 17/8355 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Haushaltsausschuss

j) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(18. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsord-

nung

Technikfolgenabschätzung (TA)

Chancen und Herausforderungen neuer Ener-
giepflanzen

– Drucksache 17/3891 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

k) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(18. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsord-

nung

Technikfolgenabschätzung (TA)

Innovationsreport
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirt-
schaft im Hinblick auf die EU-Beihilfepolitik –
am Beispiel der Nanoelektronik

– Drucksache 17/4982 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

12 b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Kai
Gehring, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Deutschen Qualifikationsrahmen zum Erfolg
führen – Gleichwertigkeit von Abitur und Be-
rufsabschlüssen sicherstellen

– Drucksache 17/8352 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 5 a)Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines
Zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bun-
deswahlgesetzes

– Drucksache 17/8350 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sigmar
Gabriel, Ute Vogt, Heinz-Joachim Barchmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Rückholung der Atommüllfässer aus der
Asse II beschleunigen

– Drucksache 17/8351 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 a und b sowie
die den Zusatzpunkt 6 a bis c auf. Es handelt sich um Be-
schlussfassungen zu Vorlagen, zu denen keine Aus-
sprachen vorgesehen sind.

Tagesordnungspunkt 28 a:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 17. Mai
2011 zur Änderung des Abkommens vom
3. Mai 2006 zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Republik Slowenien zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem
Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom
Vermögen

– Drucksache 17/7917 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 17/8204 –

u
fi
1
D
d
b

D

lu
ri

ti
fr
n
a

e
u
S
W
ti
S
s

e
u

(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Manfred Kolbe Lothar Binding Zweite Beratung nd Schlussabstimmung. Der Finanzausschuss empehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 7/8204, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf rucksache 17/7917 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, ie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheen. – Wer stimmt dagegen? – Niemand. Enthaltungen? Die Fraktion Die Linke und die Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen. Der Gesetzentwurf ist angenommen. Tagesordnungspunkt 28 b: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Grünbuch Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen 2011)


– Drucksachen 17/6985 Nr. A.31, 17/8181 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Nadine Schön (St. Wendel)


Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
ng auf Drucksache 17/8181, in Kenntnis der Unter-
chtung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt
r diese Beschlussempfehlung? – Das sind die Koali-

onsfraktionen, die Sozialdemokraten und die Links-
aktion. Gegenprobe! – Keine. Enthaltungen? – Bünd-
is 90/Die Grünen. Die Beschlussempfehlung ist
ngenommen.

Zusatzpunkt 6 a:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


zu dem Streitverfahren vor dem Bundesver-
fassungsgericht 2 BvE 9/11

– Drucksache 17/8361 –

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
mpfehlung, zum Streitverfahren Stellung zu nehmen
nd den Präsidenten zu bitten, Professor Dr. Frank
chorkopf als Prozessbevollmächtigten zu bestellen.
er stimmt dafür? – Koalitionsfraktionen, Linksfrak-

on. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Enthaltungen? –
ozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen. Die Be-
chlussempfehlung ist angenommen.

Zusatzpunkt 6 b:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


zu dem Streitverfahren vor dem Bundesver-
fassungsgericht 2 BvF 3/11

– Drucksache 17/8362 –

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
mpfehlung, in dem Streitverfahren Stellung zu nehmen
nd den Präsidenten zu bitten, Professor Dr. Bernd





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Grzeszick als Prozessbevollmächtigten zu bestellen. Wer
stimmt dafür? – Die Koalitionsfraktionen und die Links-
fraktion. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Stimment-
haltungen? – Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die
Grünen. Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Zusatzpunkt 6 c:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


zu dem Streitverfahren vor dem Bundesver-
fassungsgericht 2 BvR 2670/11

– Drucksache 17/8363 –

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung, in dem Streitverfahren Stellung zu nehmen
und den Präsidenten zu bitten, Professor Dr. Frank
Schorkopf als Prozessbevollmächtigten zu bestellen.
Wer stimmt dafür? – Das sind die Koalitionsfraktionen und
die Linksfraktion. Wer stimmt dagegen? – Niemand.
Stimmenthaltungen? – Sozialdemokraten und Bündnis 90/
Die Grünen. Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe jetzt den
Zusatzpunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP

Solidarität von LINKEN-Abgeordneten mit
dem syrischen Präsidenten Assad

Erster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die
Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Dr. Andreas
Schockenhoff. Bitte schön, Kollege Dr. Andreas
Schockenhoff.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1715209600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

beobachten weiter mit großer Sorge die Entwicklungen
in Syrien. Präsident Assad führt einen brutalen Unter-
drückungskrieg gegen das syrische Volk. Nach Angaben
der Vereinten Nationen sind bisher mindestens
5 000 Menschen von den Schergen Assads getötet wor-
den. Zehntausende wurden in Gefängnisse geworfen und
gefoltert. Die CDU/CSU steht an der Seite des unter-
drückten syrischen Volkes.

Das Assad-Regime ist in der arabischen Welt bereits
isoliert. Die Mitgliedschaft in der Arabischen Liga
wurde suspendiert, Sanktionen wurden verhängt. Nun
muss endlich die Weltgemeinschaft handeln. Im UN-Si-
cherheitsrat setzt sich Deutschland seit Beginn des Auf-
stands in Syrien mit Nachdruck dafür ein, das Töten des
Assad-Regimes zu stoppen. Leider ist man bislang am
Veto Chinas und Russlands gescheitert. Wir appellieren
an Moskau und Peking, endlich eine entsprechende Re-
solution zu unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Z
W

z
M
a
V

S

n
s

S
s
s
D
tu

is
v

d
d
a
d
z
n
k
E
M

m
re

D
g
d

D
E
e
D
in

(C (D Ich sage aber auch in aller Klarheit: Es ist in diesem usammenhang nicht hinnehmbar, dass Russland weiter affen an das syrische Regime liefert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das syrische Volk eigt uns nun seit fast einem Jahr mit übermenschlichem ut, dass es keine Unterdrückung mehr will. Die Linke ber steht nicht auf der Seite der Freiheit für das syrische olk. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: So ein Unfug!)


tattdessen beten Sie


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Heuchler! Wer hat denn jahrelang hofiert?)


ur die Propaganda Assads nach, die von einer Ver-
chwörung ausländischer Kräfte redet.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Heuchler!)


ie nehmen nicht zur Kenntnis, dass das syrische Volk
ehr wohl seine politische und gesellschaftliche Ordnung
elbst bestimmen will, und die hat nichts mehr mit dem
iktator Assad, sondern mit Freiheit und Demokratie zu
n. Ihre Solidarität mit dem Mörder-Regime


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wo denn?)


t Ihnen offensichtlich wichtiger, und das ist menschen-
erachtend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wo ist die denn? Wo finden Sie die denn? Das ist doch Unfug!)


Sie nehmen nicht zur Kenntnis, dass es keineswegs
er Westen ist, der ein militärisches Eingreifen fordert;
er NATO-Generalsekretär hat dies bereits vor Monaten
usgeschlossen. Vielmehr sind es führende Stimmen aus
er syrischen Opposition, die dies fordern, ebenso wie
uletzt hochrangige Vertreter der Arabischen Liga. Sie
ehmen auch nicht zur Kenntnis, dass die UN-Hoch-
ommissarin für Menschenrechte in ihrem Bericht von
nde November eindeutig Verbrechen gegen die
enschlichkeit in Syrien festgestellt hat.

Sonst schwadroniert die Linke gerne darüber, dass
it militärischen Interventionen angeblich Rohstoffinte-
ssen gesichert werden sollen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist ja auch so!)


ie Sanktionspolitik sowohl gegen Syrien als auch ge-
en den Iran will doch die Ölausfuhren unterbinden, um
ie Regime zum Einlenken zu bewegen.


(Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: So ist es!)


ies geschieht, auch wenn es für einige Länder in der
U schmerzhaft ist. Einen besseren Beweis dafür, dass
s uns um die Freiheit der Menschen geht, gibt es nicht.
ie Tatsachen blenden Sie aber lieber aus, weil sie nicht
Ihre abstrusen Verschwörungstheorien passen.





Dr. Andreas Schockenhoff


(A) )


)(B)

Es ist noch schlimmer: Erneut beweist die Linke, dass
sie nichts aus unserer Geschichte gelernt hat. Sie machen
sich wieder einmal gemein mit Diktatoren, die den Welt-
frieden gefährden.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wo nehmen Sie das her?)


Über die brutale Unterdrückung der darunter leidenden
Völker sehen Sie hinweg. Ja, ich kann Ihnen das nicht
ersparen: Sie billigen einen Schießbefehl auf Zivilisten –


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist ein solcher Unfug!)


wie Sie es aus Ihrer eigenen Geschichte gut kennen –,
den laut Berichten von Human Rights Watch syrische Si-
cherheitskräfte auf explizite Anweisung des Regimes er-
halten haben. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Dafür gibt es keinen Beleg! Das ist falsch! Das ist eine Lüge!)


Sie leugnen, dass der Iran mit seinem Atomprogramm
Nuklearwaffen produzieren will. Herr van Aken – ich
darf nicht darüber reden, was Sie im Auswärtigen Aus-
schuss gesagt haben; aber Sie haben das auch außerhalb
dieses Ausschusses immer wieder gesagt –, Sie leugnen
die Berichte der IAEO über das Nuklearprogramm des
Iran. Sie leugnen, dass der Iran der Auslöschung Israels
das Wort redet. Herr Gehrcke, Sie haben das wiederholt
getan. Dies ist vor dem Hintergrund der antisemitischen
Geisteshaltung mancher in Ihrer Fraktion für uns nicht
weiter verwunderlich. Es ist – das bleibt leider festzuhal-
ten – erschreckend, dass die Linke nichts, aber rein gar
nichts aus unserer Geschichte gelernt hat.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715209700

Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für

die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege Günter
Gloser. Bitte schön, Kollege Günter Gloser.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Der bis zuletzt zu Mubarak gehalten hat!)



Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1715209800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Natürlich ist Syrien ein wichtiges Thema; des-
halb steht es in diesem Parlament morgen auf der Tages-
ordnung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe nicht geglaubt, dass wir eine Aktuelle
Stunde zu einem solchen Thema brauchen. Ich muss sa-
gen: Welch ein Zynismus, welch eine Geschichtsklitte-
rung! Als ich durch Presseberichte von dem Aufruf er-
fuhr, über den wir hier heute diskutieren, war ich
erschüttert, und ich bin es immer noch. Was besagt die-
ser Text, der von sechs Mitgliedern der Bundestagsfrak-

ti
d
ja
G
u

s
C
A
g
ru
u
d
d
m
in
o

M
m
R
u
g
s
d

U
a

H
K
d
R
s
d
h
n

F
u
b
u
A
A

a
Ic
w

(C (D on der Linken unterzeichnet worden ist? Der Aufstand er Menschen in Libyen gegen die blutige Gewalt des hrzehntelang herrschenden Tyrannen Muammar aladdafi wird darin als bloßer Angriffskrieg der USA nd der NATO dargestellt. Ist es an Ihnen vorbeigegangen, dass es für den Einatz in Libyen ein UN-Mandat unter Billigung von hina und Russland gab, außerdem die Zustimmung der rabischen Liga, um die menschenverachtenden Anriffe des libyschen Regimes auf die eigene Bevölkeng zu stoppen? Die Embargomaßnahmen gegen Syrien nd den Iran werden in einen Topf geworfen und nach emselben Schema als bloße Angriffsvorbereitung durch ie USA, die NATO und Israel gewertet. Sarkastisch erke ich an: natürlich auch durch Israel. Kann es denn den Augen solcher Autoren eine Weltverschwörung hne Israel geben? Natürlich nicht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das ist eine Sauerei so was!)


Noch schlimmer wiegt: In den letzten Wochen und
onaten gab es in Syrien mehr als 5 000 Tote, noch
ehr Verletzte und Zehntausende Verhaftete. Was ist die
eaktion der sechs Abgeordneten der Linken darauf? Sie
nterschreiben diesen makabren Aufruf und verschwei-
en im Fall Syrien – wie im Fall Libyen – den Volksauf-
tand, der vor den Augen der Welt der blutigen Gewalt
es syrischen Staates trotzt.

Wer hat denn einen Angriff gestartet? Die NATO, die
SA, die EU? Es war Präsident Assad, der einen Angriff

uf seine eigene Bevölkerung begonnen hat.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


aben Sie jemals gelesen, was die Sicherheitskräfte
indern und Jugendlichen in der Stadt Daraa im Süden
es Landes angetan haben? Ist Ihnen bewusst, dass die
ebellion der Syrerinnen und Syrer trotz aller Gewalt

chon zehn Monate andauert? Das sind die Tatsachen,
ie Sie ignorieren. Nichts, aber auch gar nichts ist zu se-
en von den durch Sie ins Spiel gebrachten kriegslüster-
en Imperialisten. Wo sind denn Ihre Verschwörer?

Noch ein Wort zum Iran. Es steht für mich außer
rage, dass wir alle friedlichen Mittel einsetzen müssen,
m den Iran daran zu hindern, eine Atombombe zu
auen. Darin sind sich übrigens Deutschland, die EU
nd die USA mit Russland und China völlig einig. Nur
bgeordnete der Linken scheinen Despoten wie Herrn
hmadinedschad und Herrn Assad eher zu unterstützen


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das ist doch eine Lüge, eine Unterstellung!)


ls Menschen, die sich gegen diese Despoten erheben.
h merke an: Ich habe linke Politik eigentlich immer et-
as anders verstanden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Günter Gloser


(A) )


)(B)

Ich weiß – ich sage das ganz offen –, dass es in Ihrer
Fraktion auch viele andere Stimmen gibt; ich will jetzt
nicht einzelne nennen. Ich finde – das haben auch Sie zu
Beginn der arabischen Rebellion angesprochen –, dass
es zu Recht um die Würde der Menschen geht.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Ben Ali! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/ CSU]: Seien Sie mal ruhig!)


Das sage ich ganz bewusst und auch selbstkritisch. Ich
frage mich, was Sie in diesem Bereich gemacht haben.
Wo ist eigentlich die Fraktionsführung, wo ist eigentlich
die Parteiführung, die einem solchen Unsinn wider-
spricht, meine sehr verehrten Damen und Herren?


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es bleibt dabei: Das ist ein Zeugnis des blanken Zy-
nismus gegenüber den Opfern, gegenüber einem großen
Teil der syrischen Bevölkerung


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Rot-Grün hat Assad doch hofiert! Rot-Grün!)


und gegenüber der Weltgemeinschaft, die sich unter gro-
ßen Schwierigkeiten bemüht, im Hinblick auf zwei sehr
komplexe, aber auch sehr drängende Krisenherde eine
Lösung zu finden, eine Lösung, die die Gewalt beendet,
ohne neue Gewalt zu provozieren, die den Menschen zu
Hilfe kommt, ohne neues Leid zu erzeugen, und die auch
eine Einigung mit Mächten wie Russland und China
sucht, um Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wor-
den sind, nicht zu wiederholen.

Dieser Politik bleiben wir Sozialdemokraten ver-
pflichtet. Wir werden uns auch weiterhin laut und deut-
lich von denen abgrenzen, die den Menschen in Not
durch irrwitzige Verschwörungstheorien Hohn sprechen
und den Blick auf die notwendigen Lösungen im Rah-
men der internationalen Organisationen und des interna-
tionalen Rechts versperren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715209900

Nächste Rednerin in unserer Aktuellen Stunde ist für

die Fraktion der FDP unsere Kollegin Birgit Homburger.
Bitte schön, Kollegin Birgit Homburger.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1715210000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Lage in Syrien gibt Anlass zur Besorgnis. Seit Syrien am
19. Dezember des letzten Jahres das Protokoll der Be-
obachtermission der Arabischen Liga unterschrieben
hat, geht die Gewalt weiter. Die Militäroperationen ge-
hen weiter, und Verhaftungen und Hausdurchsuchungen
finden unvermindert statt. Seit dem Eintreffen der Be-
obachtermission der Arabischen Liga sind über 400 Zi-
vilisten getötet worden. Trotz der Beobachtermission
finden weiterhin militärische Operationen und landes-

w
tr
re
la
h
ri
u
R
U

ti
u
te
s
S
d
a
s
b

S
A
ra
v
s
a
s

n
n
L
w
m
g
te
A
a

d
v
ri
a

v
z

(C (D eite Verhaftungen statt. Trotz dieser Repressionen auen sich die Menschen auf die Straße und demonstrien. Allein in der Zeit vom 5. bis 7. Januar 2012 hat es ndesweit 339 Demonstrationen gegeben, und seither at dies unvermindert angehalten. Die Menschen in Syen sind offenbar fest entschlossen, Menschenrechte nd Demokratie einzufordern und sich nicht weiter vom egime unterdrücken zu lassen. Dabei haben sie unsere nterstützung. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Rolf Mützenich [SPD] und Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Seit dem letzten September gibt es den Syrischen Na-
onalrat, der eine politische Plattform für die Inlands-
nd die Auslandsopposition bietet. Bundesaußenminis-
r Westerwelle hat im November letzten Jahres in Brüs-

el dessen Vorsitzenden empfangen und damit ein klares
ignal des Beistands an die syrische Opposition gesen-
et. Ich bin dankbar für diese klare Haltung des Bundes-
ußenministers, der Bundesregierung und der Europäi-
chen Union. Ich finde, die Haltung der Linken ist
eschämend.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Günter Gloser [SPD] und Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ende November 2011 hat die Arabische Liga erstmals
anktionen gegen eines ihrer Mitgliedsländer verhängt.
m 1. Dezember 2011 wurden vom EU-Außenminister-
t weitere Sanktionen verhängt und bestehende damit

erschärft. Am 19. Dezember 2011 hat die Generalver-
ammlung der Vereinten Nationen eine Resolution ver-
bschiedet, die die fortgesetzten schweren und systemati-
chen Menschenrechtsverletzungen in Syrien verurteilt.

Wir wünschen uns, dass es eine glasklare Stellung-
ahme der Vereinten Nationen gibt. Diese gibt es bisher
icht. Aber ich finde, dass die Weltgemeinschaft die
age in Syrien so eindeutig wie selten beurteilt. So
urde die entsprechende UN-Resolution mit 133 Stim-
en bei nur 11 Gegenstimmen und weiteren Enthaltun-

en – leider haben sich auch China und Russland enthal-
n – angenommen. Vor diesem Hintergrund tauchte der
ufruf, den Sie von den Linken unterzeichnet haben,

uf. Die Solidarisierung mit einem Regime,


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das stimmt doch so nicht!)


as ohne Einsicht mit Brutalität gegen das eigene Volk
orgeht, ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen in Sy-
en, die für Menschenrechte und gegen Unterdrückung
uf die Straße gehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Sie wissen, dass Sie das erfinden? – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das steht in diesem Aufruf nicht drin!)


Sie werfen in Ihrem Aufruf den USA und der NATO
or, Krieg gegen Libyen geführt zu haben, um das Land
u kolonialisieren und seinen Reichtum auszuplündern.





Birgit Homburger


(A) )


)(B)

Aus dem gleichen Grunde werde jetzt, so der Aufruf,
von der westlichen Welt inklusive Deutschland ein Krieg
gegen Syrien und den Iran vorbereitet. Das ist an Reali-
tätsverweigerung nicht mehr zu überbieten. Selten haben
so viele Länder der Welt gemeinsam die Lage in einem
Land so eindeutig kritisiert und gleichzeitig mit Klarheit
und Augenmaß reagiert.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Ach!)


Es geht eben nicht um militärische Intervention, sondern
um die Unterstützung eines demokratischen Transforma-
tionsprozesses.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Ach!)


Wir stehen an der Seite des syrischen Volkes. Diejeni-
gen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um Menschenrechte
einzufordern, haben unsere Solidarität und Unterstüt-
zung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von
den Linken, ich will Ihnen sagen: Sie können Ihr Pro-
gramm getrost bereinigen und alle Stellen streichen, an
denen Sie je über Menschenrechte gesprochen haben.
Wer sich so dreist an die Seite eines solchen Regimes
stellt, hat jegliche Berechtigung, sich über Menschen-
rechte zu äußern, verloren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Panzer nach Saudi-Arabien!)


Und kommen Sie mir bitte nicht mit dem Argument,
es sei kein Beschluss. Vier Ihrer führenden Kollegen, die
für Sie die internationale Politik verantworten, haben da-
ran mitgewirkt. Alle sind nach wie vor in ihren Ämtern.
Das heißt, die Linke unterstützt diesen Aufruf komplett.

Ich muss Ihnen sagen: Die Verschwörungstheorien,
die Sie hier verbreiten, sind nicht nachvollziehbar. Es
sind syrische Panzer, die im ganzen Land rollen. Sie von
den Linken agieren deshalb nicht nur politisch blind,
ideologisch und ignorant, sondern Sie machen sich mit
Ihrem Verhalten auch zu Mittätern.


(Zurufe von der LINKEN: Oh!)


Wer den von Ihnen unterzeichneten Aufruf liest, der
sieht, dass das eine ideologisch begründete Verdrehung
der Realitäten ist. Sie ignorieren den Tod von mehr als
5 000 Zivilisten in einem Jahr. Sie behaupten in Ihrem
Aufruf, dass es dem syrischen Volk unter diesem Re-
gime möglich ist, die politische und gesellschaftliche
Ordnung des Landes allein und souverän zu gestalten.
Aber wer verhindert denn die politische Partizipation des
syrischen Volkes? Es sind genau diejenigen, mit denen
Sie sich solidarisieren.

Bei einem Regime, das schon heute ankündigt, den
Bericht der Beobachtermission der Arabischen Liga, der
übrigens heute vorgelegt und abgegeben werden soll,
nicht anzuerkennen, ist eine klare Haltung der internatio-

n
m
e
a
R
u
h

w
R
g

d
B

re


W
V


J
A
n

S
d

v
n
k

(C (D alen Gemeinschaft notwendig. Wir werden gemeinsam it der internationalen Gemeinschaft und vor allem in nger Zusammenarbeit mit der Arabischen Liga weiter n der Seite des syrischen Volkes stehen. Wir fordern ussland und China auf, ihre Haltung zu überdenken nd den Weg für eine gemeinsame Resolution im Sichereitsrat der Vereinten Nationen freizumachen. Wir wollen, dass das Blutvergießen ein Ende hat, und ir fordern den syrischen Präsidenten Assad dazu auf, eformen zuzulassen und sein Land nicht in einen Bürerkrieg zu manövrieren. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Günter Gloser [SPD])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715210100

Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für

ie Fraktion Die Linke unser Kollege Ulrich Maurer.
itte schön, Kollege Ulrich Maurer.


(Beifall bei der LINKEN)



Ulrich Maurer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715210200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Ich habe gelernt, dass es im Parlament erlaubt ist, zu
gen. Das haben Sie ausgiebig getan.


(Beifall bei der LINKEN)


as ich hier gehört habe, waren viele Lügen und viele
erleumdungen.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der FDP)


Ich werde Ihnen das jetzt belegen. – Wenn jemand seit
ahren an der Seite des syrischen Widerstands gegen
ssad steht, dann sind es die Linken in Deutschland. Sie
icht!


(Zuruf von der CDU/CSU: Lächerlich!)


ie haben eine lange Tradition der Kollaboration mit
em Regime Assad.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Was war denn zu DDRZeiten?)


Es war nicht gut, dass in diesem Aufruf, den sechs
on uns unterzeichnet haben, die Brutalität des Regimes
icht angesprochen wurde. Ich zitiere hier aus einer Er-
lärung der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW:

Keiner der Unterzeichner des Aufrufs verteidigt die
brutale Gewalt des syrischen Präsidenten gegen
sein eigenes Volk. Ziel des Aufrufs ist allein, vor
der drohenden Kriegsgefahr für die Bürger in Sy-
rien und im Iran durch eine Eskalation der Kon-
flikte aufgrund der Embargopolitik und permanen-
ter Kriegsdrohungen zu warnen.


(Otto Fricke [FDP]: Das muss man wohl ablesen!)






Ulrich Maurer


(A) )


)(B)

– Ja, Sie lesen auch viel ab; aber ich lese wenigstens
wahrheitsgemäß ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Diese internationale Ärzteorganisation hat den Vor-
wurf also zurückgewiesen.

Ich sage es noch einmal: Es war nicht gut, dass in dem
Aufruf, den sechs von uns unterschrieben haben, nichts
von der Brutalität des Regimes stand. Aber jetzt kom-
men wir zur Wahrheit und zum Kern des Problems.

Ich zitiere Frau Kollegin Steinbach aus Ihren Reihen,
die in der Rheinischen Post sagte:

Wenn am Ende überall der islamische Fundamenta-
lismus obsiege, werde man „vielleicht sagen müs-
sen, dass für Christen die Regime von Mubarak &
Co. das kleinere Übel waren …“


(Zurufe von der LINKEN: Ah!)


Fangen Sie mit den Klärungsprozessen in diesem Punkt
also einmal bei sich an. Fangen Sie damit an!


(Beifall bei der LINKEN)


Ich zitiere aus Parlamentsdokumenten, dass Sie auf
Anfrage der Fraktion Die Linke eingeräumt haben, dass
noch 2011 166 Menschen aus Deutschland nach Syrien
abgeschoben werden sollten,


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Unerhört!)


darunter Deserteure, die sich gegen Assad gewandt ha-
ben. Wir verteidigen diese Menschen, und Sie sagen, ab
nach Ungarn zu den Parteifreunden! Von ihnen weiß
man ja, dass sie diese Deserteure direkt an die syrischen
Folterer weitergeben. Das ist Ihre Praxis in Deutschland.


(Beifall bei der LINKEN)


Deswegen ist das, was Sie hier betreiben, verlogen und
heuchlerisch.


(Beifall bei der LINKEN)


Bei einem Treffen des syrischen Widerstands vor we-
nigen Wochen waren mein Kollege Gehrcke und ein Be-
obachter der SPD anwesend. Von Ihnen wurde niemand
gesehen. An der Erklärung des syrischen Widerstands
hat unser außenpolitischer Sprecher als Autor maßgeb-
lich mitgearbeitet.

Und weiter zu Ihren Traditionen. Noch 2009 ist Ihr
damaliger Wirtschaftsminister Guttenberg auf der Ta-
gung „Gastland Syrien“ in Berlin zum Zweck der Ex-
portförderung herumstolziert. Dabei ging es um Ge-
schäfte. In einer Panorama-Sendung aus dem Jahre
2011, die ich Ihnen empfehle, ist ein hochrangiger Ent-
wicklungsexperte der GIZ mit den Worten zu hören: Na-
türlich habe ich mich nie mit der syrischen Opposition
getroffen; das wäre für meine Mission schädlich gewe-
sen.

Im Deutschen Bundestag gab es einen Antrag der
Linken mit dem Titel „Solidarität mit den Demokratie-
bewegungen in den arabischen Ländern – Beendigung
der deutschen Unterstützung von Diktatoren“, in dem

S
m
v
F
d

e
P
fo
u
s
w
A
S

g
e
n
J
ru
h
d

H

w
h
v

ti
B

H
Ir
B
d

(C (D yrien ausdrücklich genannt wird. Dieser Antrag wurde it den Stimmen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und on Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der raktion Die Linke abgelehnt. Das ist das, was hier in iesem Parlament real passiert. (Beifall bei der LINKEN – Birgit Homburger [FDP]: Sagen Sie mal, was in diesem Antrag gestanden hat!)


Um es auf den äußersten Punkt zu bringen: Sie haben
s sogar geschafft – ich zitiere aus dem entsprechenden
rotokoll –, im Jahre 2011 einen Antrag der Linken mit
lgendem Titel abzulehnen: „Exporte von Kriegswaffen

nd sonstigen Rüstungsgütern nach Syrien endgültig
toppen“. Dieser Antrag wurde in der Sitzung des Aus-
ärtigen Ausschusses am 29. Juni 2011 beraten. In der
bstimmung im Bundestag ist dieser Antrag mit den
timmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP
auf deren Verlangen die heutige Debatte stattfindet –

egen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei Stimm-
nthaltung der Fraktion der SPD und der Fraktion Bünd-
is 90/Die Grünen abgelehnt worden. Sie schaffen es, im
uni 2011 einen Antrag der Linken gegen Waffenliefe-
ngen an Assad abzulehnen. Dann stellen Sie sich hier-

in, blasen sich auf und verbreiten Lügen und Verleum-
ungen gegen unsere Partei.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ihre Politik! – Harald Koch [DIE LINKE]: Eigentor!)


Ich zitiere aus einer Anfrage meiner Kollegin Inge
öger:

Ist die Bundesregierung angesichts der andauern-
den Gewalt in Syrien und des fatalen Signals an sy-
rische Deserteure und Verweigerer, das durch die
drohende Abschiebung von syrischen Deserteuren
aus der bayrischen Abschiebehaft nach Ungarn und
von dort nach Syrien gegeben wird, bereit, die bis-
herige Praxis der Rückführung in angeblich sichere
Drittstaaten aufzugeben und zukünftig allen Men-
schen, die sich dem Militärdienst in Syrien und da-
mit der gewaltsamen Unterdrückung von Aufstän-
dischen verweigern, in Deutschland Asyl zu bieten?

Wissen Sie, wie die Antwort der Bundesregierung
ar? Sie ist dazu nicht bereit. Das, was Sie hier offenbart
aben, sind Abgründe von Verleumdung und vor allem
on Heuchelei.


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715210300

Nächster Redner in unserer Debatte ist für die Frak-

on Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Volker Beck.
itte schön, Kollege Volker Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715210400

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und

erren! Die Menschenrechtssituation in Syrien und im
an ist dramatisch. In den letzten Tagen seit Beginn der
eobachtermission der Arabischen Liga in Syrien wur-
en allein 400 Menschen vom syrischen Regime umge-





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

bracht. Es gab 5 400 Tote seit Beginn der Demokratiebe-
wegung. Die Opposition spricht sogar von über
6 000 Toten. 10 000 Menschen wurden seit Beginn der
Proteste willkürlich festgenommen. Tausende sind aus
Syrien in die Türkei, den Libanon und nach Jordanien
geflüchtet. Letzten Freitag gab es Demonstrationen von
fast 2 Millionen Menschen auf den syrischen Straßen.

Es gäbe in diesem Zusammenhang viel, was es sich
im Hohen Hause zu diskutieren lohnt. Ich finde den Titel
und den Gegenstand der heutigen Debatte unangemessen
angesichts der Probleme, die wir in diesem Zusammen-
hang haben, angesichts der Situation der Menschen in
Syrien und der außenpolitischen Fragen, die sich uns
stellen.

Wie können wir auf ein Ende der Gewalt durch das
Assad-Regime drängen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ulrich Maurer [DIE LINKE])


Um Reformen geht es dort längst nicht mehr, Frau
Homburger. Es geht um ein Ende des brutalen Terror-
regimes.

Wie erreichen wir, dass China und Russland den Weg
zu einer eindeutigen Sicherheitsratsresolution frei-
machen? Und, Frau Steinbach: Wie sieht die Politik der
Opposition gegenüber Kurden, Aleviten und Christen
aus, wenn es zu einer Beteiligung oder Übernahme der
Herrschaft in Syrien durch die Opposition kommen
sollte?

Das sind Fragen, mit denen wir uns beschäftigen müs-
sen. Dazu gehört auch, wie wir darauf konkret Einfluss
nehmen können. Deshalb finde ich es unwürdig für das
Hohe Haus, dass wir heute dieses politische Klein-Klein
veranstalten, obwohl wir morgen, von unserer Fraktion
beantragt, eine Debatte zu einem Antrag von Kerstin
Müller führen werden, in dem es um genau diese Fragen
geht.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Richtig!)


Diese Fragen hätte man zuerst diskutieren können. Dann
hätte man sich nebenbei mit dem albernen Aufruf von
sechs Kolleginnen und Kollegen aus der Linksfraktion
beschäftigen können; denn das ist nicht das eigentliche
Problem, das wir zu lösen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Christoph Strässer [SPD])


Wenn Sie von Solidarität mit dem Assad-Regime
sprechen, dann will ich einen Punkt ansprechen, der die
Kumpanei der Bundesregierung mit dem Assad-Regime
betrifft. Im Jahre 2009 hat Deutschland nach jahrelangen
Verhandlungen mit Syrien ein Abkommen zur Rück-
übernahme von Flüchtlingen abgeschlossen. Dieses Ab-
kommen ist nicht ausgesetzt. Es gibt noch nicht einmal
einen Runderlass, der einen Abschiebestopp nach Syrien
verhängt. Es gibt lediglich ein Schreiben, dass es gegen-
wärtig nicht „ratsam“ sei, abzuschieben. Dennoch gibt es
noch Abschiebefälle. Noch im November, als der Auf-

s
d
s
F
d

s
u
A
s
p

a
s
H
n
d
ri
z
P

d
W
e

D
k
S
w

A

s
d
J
N

A
ü

M
a
e
in
d

(C (D tand schon im Gange war, wurden Flüchtlinge von eutschen Ausländerämtern zur syrischen Botschaft gechickt. Letzte Woche hat die taz darüber berichtet, dass lüchtlinge über Ungarn nach Syrien abgeschoben weren sollen. Wenn es ehrlich gemeint ist, dass wir gegen das syriche Regime vorgehen und auf der Seite der Opposition nd der Menschenrechte stehen, dann kündigen Sie das bkommen! Verhängen Sie unverzüglich einen Ab chiebestopp für syrische Flüchtlinge aus der Bundesreublik Deutschland! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich will aber das Thema der Debatte nicht verfehlen,
uch wenn es mir nicht gefällt. Nun zu Ihnen und die-
em komischen Aufruf. Ich meine, es geht nicht an, dass
err Gysi und Sie, Herr Maurer, ihn als Fehler bezeich-
en – die Kollegin Enkelmann hat sich ähnlich geäußert –,
ass aber gleichzeitig die Unterzeichnerin und Spreche-
n für internationale Politik sagt, das sei zu hundert Pro-
ent Programm der Linken. Was ist denn dann hundert
rozent Programm der Linken?

Der Vorwurf der Solidarität ist Quatsch. Das haben
ie Kolleginnen und Kollegen auch zurückgewiesen.
as in dem Text steht, ist schlimm genug. Darin heißt

s:

Das iranische und syrische Volk haben das Recht,
über die Gestaltung ihrer politischen und gesell-
schaftlichen Ordnung allein und souverän zu ent-
scheiden.

er Satz ist richtig. Aber in diesem Zusammenhang
lingt das so, als ob das aktuelle Regime im Iran und in
yrien Ausdruck dieses freien und souveränen Willens
äre.


(Widerspruch bei der LINKEN)


ls nächster Satz folgt:

Die Erhaltung des Friedens verlangt es, dass das
Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Ange-
legenheiten anderer Staaten konsequent eingehalten
wird.

Sagen Sie mal, wo leben Sie denn? Als ich das gele-
en habe, habe ich gedacht, dass ich auf einen Knopf ge-
rückt habe und mich auf einer Zeitreise in die 80er-
ahre zur Zeit der alten Sowjetdoktrin der Politik der
ichteinmischung befinde.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


ber das haben wir im Rahmen des OSZE-Prozesses
berwunden.

Wenn man sich für die Einhaltung der Erklärung der
enschenrechte, die völkerrechtlich verbindlich ist und

uch von den betreffenden Staaten unterzeichnet wurde,
insetzt, dann handelt es sich nicht um eine Einmischung
innere Angelegenheiten. Die Staaten haben vielmehr

ie Pflicht, die Menschenrechte ihrer Bürgerinnen und





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

Bürger zu achten und zu wahren. Offensichtlich ist die
völkerrechtliche Diskussion über die Responsibility to
Protect an Ihnen, meine Damen und Herren von der Lin-
ken, spurlos vorbeigegangen. Wenn ein Staat massenhaft
Menschenrechtsverletzungen begeht und beispielsweise
ethnische Säuberungen durchführt oder die Bevölkerung
nicht entsprechend davor schützt, dann geht gemäß der
Resolution, die die Vollversammlung der Vereinten
Nationen 2005 einstimmig angenommen hat, die Pflicht
zum Schutz der Bevölkerung – das ist eigentlich die
Pflicht eines jeden Staates – an die Völkergemeinschaft
über. Sie hat dann zu versuchen, mit angemessenen Mit-
teln die Rechte der Menschen durchzusetzen und zu
schützen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715210500

Ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715210600

Dazu findet sich in Ihrem komischen Aufruf kein

Wort.

Sie schweigen auch zu einer ganzen Reihe anderer
Punkte. Sie erwähnen nicht, dass es sich bei diesem
Konflikt in der Region auch um einen Konflikt zwischen
sunnitischen und schiitischen Gläubigen, zwischen dem
Iran und Saudi-Arabien über die Vormachtstellung am
Golf handelt. In Ihrem Aufruf ist nur von israelischen
und US-amerikanische Interessen an der Vorbereitung
eines Krieges die Rede. Das ist antiamerikanisch und
antiisraelisch und politisch reichlich unterkomplex. Herr
Dehm, Sie als Kundschafter des Friedens stehen für
diese Unterkomplexität in außenpolitischen Zusammen-
hängen.

Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass der
ehemalige Botschafter der Deutschen Demokratischen
Republik, der im Jahre 1989 seinen Dienst in der Volks-
republik China versah und im Jahre 2008 zu den Schüs-
sen auf dem Platz des Himmlischen Friedens gesagt hat:
„Es blieb dann nur diese Möglichkeit, es mit bewaffne-
ten Kräften zu beenden“, einer der Mitunterzeichner
Ihres Aufrufs ist.


(Zuruf der Abg. Christine Buchholz [DIE LINKE])


In diese Gesellschaft begibt man sich, wenn man solche
unterkomplexen Aufrufe schreibt bzw. unterschreibt.

Ich kann Ihnen nur sagen: Stellen Sie sich der inter-
nen Auseinandersetzung! Ansonsten sind Sie für nie-
manden politisch anschlussfähig, weil Sie in einem an-
deren Orbit leben.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Sie sind nicht politisch anschlussfähig!)


Sie können nicht die Menschenrechte verteidigen, wenn
Sie solche Positionen in Ihrer Partei dulden und es zulas-
sen, dass einige Ihrer Leute in Anspruch nehmen, dies
sei hundert Prozent Programm der Linken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


K
B

K
s
d
N
g
b

D
P
d

D
o
fa
p
F

C

d
ta
z
d
ta
d
W
Ic
ti
te
s
d

L

D
L
z
G
te

b

(C (D Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist unser ollege Jürgen Klimke für die Fraktion der CDU/CSU. itte schön, Kollege Jürgen Klimke. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe olleginnen und Kollegen! Soll man sich wundern, oder oll man über diesen bizarren Aufruf der Linken gegen ie vermeintliche Kriegstreiberei der USA und der ATO gegen den Iran und Syrien erschrocken sein, also egen jene beiden Staaten, denen sich die Linken offenar besonders verbunden fühlen? ie Linke meint den Grund für die angeblich aggressive olitik der USA entdeckt zu haben. Er besteht neben den ort vorhandenen Rohstoffen darin, dass diese Staaten eine eigenständige Politik verfolgen und sich ihrem iktat“ – gemeint ist das Diktat der USA – „nicht unterrdnen“. Eigenständige Politik betreibt man nach Aufssung der Linken offensichtlich dann, wenn man Op ositionelle niederknüppelt, die Menschenrechte mit üßen tritt, (Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Das sind Ihre Freunde, über die Sie reden! – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Lüge!)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715210700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1715210800

(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Lüge!)


hristen verfolgt oder heimlich Atombomben baut.

Man kann sich darüber wundern, aber man kann auch
arüber erschrocken sein, auch darüber, dass Bundes-
gsabgeordnete der Linken diesen Aufruf mitunter-

eichnet haben. Ein solcher Vorgang ist nicht neu. Ich
arf an den Brief der Linken anlässlich des 85. Geburts-
gs Fidel Castros erinnern, in dem die Errungenschaften
es sozialistischen Kuba mit seiner beispielgebenden
irkung für so viele Völker der Welt gerühmt wurden.
h erinnere an die Probleme, die die Linke mit dem An-
semitismus in den eigenen Reihen hat. Wenn die Par-
iführung Resolutionen gegen den Antisemitismus be-

chließt, müssen Abgeordnete den Raum verlassen,
amit Einstimmigkeit erzielt wird.


(Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Beschämend!)


Das Existenzrecht Israels wird von den Politikern der
inken nicht anerkannt.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Was? – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist eine Lüge! – Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Lüge!)


as zeigt zum Beispiel die Teilnahme von führenden
inken an der sogenannten Gaza-Flottille oder das Sit-
enbleiben der Linken-Abgeordneten am Holocaust-
edenktag bei der Begrüßung des israelischen Präsiden-
n Shimon Peres.

Diese Liste ließe sich noch sehr lange weiterführen –
is hin zum Plakat an der Tür der Abgeordneten Ploetz,





Jürgen Klimke


(A) )


)(B)

das unsere Bundeswehrsoldaten in Afghanistan als
Schweine verhöhnt, oder der Abgeordneten Hänsel, die
den Mördern und Entführern von der kolumbianischen
FARC Unterstützung angedeihen lässt.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Märchen!)


Meine Damen und Herren, soll man sich wundern,
soll man darüber erschrocken sein? Ich wundere mich
nicht mehr; ich erschrecke mich eigentlich sehr darüber.

Leider bleibt es aus meiner Sicht bis auf Weiteres so,
dass sich im Deutschen Bundestag drei Bereiche wieder-
finden: die Regierungsfraktionen, die demokratische
Opposition, bestehend aus SPD und Grünen, und eine
Fraktion, bei der man Zweifel haben muss, ob sie wirk-
lich auf dem Boden unserer freiheitlichen demokrati-
schen Grundordnung steht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Lupenreine Linksextremisten!)


Deswegen halten es viele auch für richtig, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, dass die Partei Die Linke weiter-
hin vom Verfassungsschutz beobachtet wird.


(Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Ja, klar! – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Pfui Teufel!)


Dabei ist es aus meiner Sicht immerhin ein kleiner
Trost, dass es auch vonseiten einiger Politiker der Lin-
ken andere Meinungen gibt: andere Meinungen zu
Israel, andere Meinungen zu Kuba und andere Meinun-
gen zu den USA.

Auch der Aufruf zu Syrien und zum Iran ist innerhalb
Ihrer Partei nicht unwidersprochen hingenommen wor-
den. Das macht ein bisschen Hoffnung. Man kann ei-
gentlich nur diese Kräfte unterstützen, allerdings nur ein
wenig, wenn man bedenkt, dass die innerparteilichen
Kritiker des Aufrufs von den Hardlinern als Nest-
beschmutzer bezeichnet wurden.

Die Aktion macht eines klar: Die Linke weiß nicht,
wohin sie will. Die Linke weiß nicht, was sie will. Will
sie eine parlamentarische Opposition sein?


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Was Sie wollen, ist, Diktatoren unterstützen und Waffen liefern!)


Will sie eine koalitionsfähige Alternative im linken Par-
teienspektrum werden? Ist sie eine ideologische Funda-
mentalopposition, die im Grunde die Abschaffung der
demokratischen Grundordnung zum Ziel hat? Die Aus-
tragung dieses Konflikts wird aus meiner Sicht darüber
entscheiden, ob die Linke in diesem Hause in Deutsch-
land noch Zukunft hat.

Im Übrigen: Im Konflikt befindet sich offensichtlich
auch die Kollegin Sevim Dağdelen, nach deren Meinung
der Aufruf zu Syrien und zum Iran zu hundert Prozent
das Parteiprogramm der Linken widerspiegelt.


(Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


D
s
u
m

L
D
s
s

d
J

H
d
d
u
m

S

z
v
A
d
s
In
d
o
m

d
fa
D
S
A
u
W
w
m
A
J
s
e
m
A

ti
z
1

(C (D as schließt nicht aus, dass man sich in antiamerikanicher Mission auch einmal direkt zum Erzfeind begibt nd der Außenministerin persönlich Vorhaltungen acht, wie auf diesem Bild hier dokumentiert ist. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Höher halten!)


iebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen hier Sevim
ağdelen in ihrer heikelsten antiimperialistischen Mis-

ion – wie immer sehr kämpferisch und sehr entschlos-
en.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715210900

Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für

ie Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege
ohannes Pflug. Bitte schön, Kollege Johannes Pflug.


Johannes Pflug (SPD):
Rede ID: ID1715211000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ende letzten Jahres hatte sich der Deutsche Bun-
estag aus aktuellem Anlass wiederholt mit den Beson-
erheiten linker Außenpolitik befasst. Einmal ging es
m den Antrag der Linken, jedes militärische Engage-
ent in Afghanistan sofort zu beenden.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


o weit, so gut.

Einige Wochen zuvor hatte es eine Aktuelle Stunde
um Thema Antisemitismus gegeben, allerdings nicht
on Ihnen beantragt. Bereits bei der Debatte Ihres
fghanistan-Antrags hatte ich darauf hingewiesen, dass
ieser Antrag und der geforderte Abzug Musterbeispiele
ind für den Widerspruch zwischen dem proklamierten
ternationalismus und der Verpflichtung zum Schutz

er Menschen einerseits sowie der Nichteinmischung
der dem – ich sage das einmal so – Schaufenster-Anti-
ilitarismus andererseits.

Heute gibt es erneut Grund, uns mit dem Verständnis
er Linkspartei von internationaler Verantwortung zu be-
ssen. So ist es bemerkenswert, dass es für die Kollegin
ağdelen oder den Kollegen Dehm offenbar ein Akt der
olidarität und der Völkerfreundschaft ist, sich an einem
ufruf zu beteiligen, der die Unterdrückung der Iraner
nd Syrer durch ihre diktatorischen Regime mit keinem
ort erwähnt, geschweige denn verurteilt. Stattdessen
ird auch noch die Propaganda der Diktatoren übernom-
en, die ja Aufruhr stets als Ergebnis ausländischer
genten und Sabotage brandmarkt. Christian Bommarius,

ournalist unter anderem für die Frankfurter Rundschau,
chrieb dazu erst kürzlich sehr treffend, für die Linke sei
s stets „offenbar der Westen, der die in glücklicher Har-
onie mit ihren Unterdrückern lebenden Völker in den
ufstand hetzt“. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Diejenigen Mitglieder der Linken-Bundestagsfrak-
on, die den Internetaufruf unterzeichnet haben, haben
unächst noch vollmundig erklärt, dieser decke sich zu
00 Prozent mit dem Programm der Partei. Mittlerweile





Johannes Pflug


(A) )


)(B)

haben sie den Aufruf aber schon wieder relativiert we-
gen der starken öffentlichen Kritik und Empörung, und
ich füge hinzu: Gott sei Dank auch aus den Reihen der
eigenen Partei, zum Beispiel des Kollegen Bartsch und
der Kollegin Enkelmann.

Die Unterzeichner erklärten daraufhin wieder einmal,
sie seien bewusst falsch interpretiert und missverstanden
worden. Hierzu kann ich mit Blick auf die Vergangen-
heit nur sagen: Es muss auch an Ihnen liegen, dass Sie
sich so häufig missverstanden oder falsch interpretiert
fühlen. Ob es um die erklärte Solidarität einiger Partei-
mitglieder mit der Hamas ging, um das Gezerre um eine
gemeinsame Erklärung gegen Antisemitismus hier im
Hause oder um undifferenzierten Aktionismus gegen Is-
rael, stets waren die Aussagen eigentlich eindeutig.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Reden wir doch mal über die rot-grüne Politik gegenüber Assad!)


Teile der Linkspartei vertreten offen einen radikalen
Anti-Israel-Kurs. Dies geht sogar so weit, dass sich Mit-
glieder Ihrer Fraktion weigern, sich bei einer Veranstal-
tung am Holocaust-Gedenktag für den israelischen Prä-
sidenten Peres zu erheben.


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Skandalös!)


Darüber hinaus scheinen Teile der Linkspartei einen
gewissen Hang zu Exoten und Diktatoren zu besitzen.


(Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: So ist es!)


Egal ob Fidel Castro oder Hugo Chávez – und neuer-
dings auch Assad und die Mullahs im Iran –, egal wie
verbrecherisch das Regime: Solange es einen dumpfen
Antiamerikanismus bedient, gibt es auch Freunde in Ih-
rer Partei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dies nimmt dann so groteske Züge an wie in der
jüngsten Vergangenheit, als sich die Kollegin Dağdelen
und andere zu den letzten Verbündeten Assads und sei-
nes Terrors gemacht haben, offensichtlich weil das Be-
dürfnis nach Antiamerikanismus und Anti-Israel-Politik
bedient wurde. Möglicherweise ist es genau das, was Ihr
demnächst neuer Spitzenkandidat Lafontaine mit den Ei-
gentorschützen in der eigenen Partei meinte. In solchen
Fällen sagt man: Der Trainer sollte sie nicht wieder auf-
stellen. Aber die Frage ist: Wer ist bei Ihnen eigentlich
der Trainer?

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715211100

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich den

nächsten Redner aufrufe, muss ich Ihnen mitteilen, dass
mir der Wunsch nach persönlichen Erklärungen vorliegt.
Dies ist nach unserer Geschäftsordnung auch bei Aktuel-
len Stunden möglich. Ein Mitglied des Bundestages

k
d

o
E
w
d
e

s
h
n
la
w
ra
v
s
fl
e
P
d
e
ih
d
s

B
b
d
P
in
D
u
F
u
P

a
u
is
z
s

ru
H

z
z
g

(C (D ann sich nach unserer Geschäftsordnung zu Wort melen. Der Präsident darf solche Wortmeldungen nicht zuckweisen, er kann aber nach Maßgabe der Geschäfts rdnung den Zeitpunkt der Worterteilung nach seinem rmessen bestimmen. Da sie unmittelbar angesprochen urde, gebe ich zunächst Frau Kollegin Heike Hänsel as Wort und bitte Sie, den entsprechenden Zeitrahmen inzuhalten. – Bitte schön, Frau Kollegin Heike Hänsel. Danke schön, Herr Präsident. – Ich möchte eine per önliche Erklärung abgeben. Der Kollege Jürgen Klimke at mich konkret angesprochen, mich namentlich geannt und gesagt, dass ich der kolumbianischen Guerilorganisation FARC Unterstützung angedeihen lassen ürde. Ich möchte diesen Vorwurf zurückweisen und dauf aufmerksam machen, dass es eine breite Initiative on Abgeordneten gibt, die sich für eine politische Löung des seit Jahrzehnten bestehenden bewaffneten Konikts in Kolumbien einsetzen. Aus allen Fraktionen gibt s Unterschriften unter Appelle an den kolumbianischen räsidenten für eine politische Lösung und einen Frieensprozess in Kolumbien. Es herrscht in diesem Land ine sehr ernste Situation, nachdem dort viele Menschen r Leben verloren haben. Es ist eine schlichte Verleum ung, daraus eine Unterstützung für die Guerillaorganiation zu machen. Ich möchte darauf hinweisen, Herr Klimke, dass die undesregierung jahrzehntelang Präsidenten in Kolumien unterstützt hat, die militärisch vorgegangen sind, ie mit Paramilitärs verstrickt waren, wie zum Beispiel räsident Uribe. All diese haben für ihre brutale Politik Lateinamerika massive Unterstützung bekommen. ass in diesem Hause von Teilen der Bundesregierung nd vonseiten der FDP, insbesondere durch die riedrich-Naumann-Stiftung, Putsche in Honduras mit nterstützt wurden, zeugt davon, dass Sie eine brutale olitik unterstützen. Die Linke hat bisher in keiner Weise – das muss ich uch dazu sagen – Waffenlieferungen in irgendein Land nterstützt. Sie senden in alle Welt Waffen. Deutschland t drittgrößter Waffenexporteur auf der Welt. Sie tragen u Leid und Tod bei. Deshalb ist diese Debatte hier aburd. Als Nächstem gebe ich zu einer persönlichen Erklä ng, nachdem auch er direkt angesprochen wurde, dem errn Kollegen Dr. Diether Dehm das Wort. (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das müssen Sie jetzt aushalten!)

Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715211200

(Beifall bei der LINKEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715211300


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715211400

Kollege Beck, Sie haben meinen angeblichen Hang

u unterkomplexen Aufrufen angesprochen. Sie haben
war auch viel zur Differenzierung der Diskussion bei-
etragen, aber da ging der Gaul wieder mit Ihnen durch.





Dr. Diether Dehm


(A) )


)(B)

Ich will Ihnen nur noch einmal ganz deutlich das sa-
gen, was ich auch im Interview mit der taz gesagt habe:
Keiner der Unterzeichner von uns hat irgendeinen Hauch
von Sympathie mit den Staatsterroristen Assad und
Ahmadinedschad.


(Beifall bei der LINKEN – Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha, das haben Sie im Aufruf nur vergessen zu sagen!)


Wir wissen nämlich, dass Linke, dass Kommunisten,
dass Sozialisten von diesen Schlächtern verfolgt und ge-
foltert werden.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Syrien ist sozialistische Republik!)


Linke sind es, unsere Freunde, die im Iran und in Syrien
hingerichtet werden. Das will ich Ihnen zunächst sagen.
Das haben wir auch schon mehrfach gesagt. Sie wissen
das auch; Sie haben das auch in dem Teil Ihrer Ausfüh-
rungen gesagt, in dem Sie Differenzierungen vorgenom-
men haben.

Darüber hinaus will ich sagen: Wir haben in dem Auf-
ruf davor gewarnt, dass Kriegsvorbereitungen getroffen
werden. Diese Kriegsvorbereitungen laufen – das ist un-
sere feste Überzeugung – gegen den Iran; sie laufen,
möglicherweise gedämpfter, gegen Syrien. Im Hinblick
auf den Iran wird es ein Atomkrieg werden.


(Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Hier besteht, Herr Kollege Beck – das will ich Ihnen
ganz deutlich sagen –, die Differenz zwischen uns. Wir
sind jetzt an jenem Punkt, wo damals gegen Außen-
minister Westerwelle eine unauffällig scheinende Flug-
verbotszone von der SPD und, wie ich glaube, auch von
den Grünen entschieden gefordert wurde. Wie vor dem
Jugoslawien-Krieg wurde hier ja von Rot-Grün immer
gefordert, an der Durchsetzung einer unauffälligen Flug-
verbotszone gegen Libyen mitzuwirken. Doch dies hat
zu einem Krieg mit über 40 000 Toten geführt, zu einem
Bombardement der Städte dort. Dabei ist auch der mo-
dernste Sozialstaat Nordafrikas zerbombt worden.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der modernste Sozialstaat?)


– Genau das ist Libyen gewesen – das ist unbestreitbar –,
der modernste, entwickeltste Sozialstaat Nordafrikas, wo
Ölprofite in sozialstaatliche Investitionen geleitet wur-
den.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Seit wann war der Staat Gaddafis ein Sozialstaat? Sie haben ja einen Sprung in der Platte!)


Angesichts dessen und der Tatsache, dass das Wirt-
schaftsembargo gegen den Irak, das Tausende von Kin-
dern das Leben gekostet hat, zugleich ein unauffälliger
Einstieg in das Bombardement Iraks war,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Frau Enkelmann, Libyen ist ein Sozialstaat? Mannomann! So ein Unsinn!)


werden wir jetzt umso hellhöriger.

h
Ir
k
ic
s
D
G

g
a

re
s
P
v
A
b
a
h
n
D
a
m

e
g
s
la
F
n
b
a
la

g
ti
D
h
Ih
G
u

(C (D Ich muss Ihnen ehrlich gestehen: Wenn ich die Wahl abe, keine Warnung vor einem Atomkrieg gegen den an zu unterschreiben oder eine möglicherweise unvollommene, kann es auch in Zukunft noch passieren, dass h mich dafür entscheide, eine möglicherweise, wie Sie agen, unterkomplexe Erklärung zu unterschreiben. enn die Warnung vor Krieg ist für Linke das oberste ebot. Wir fahren fort in der Reihenfolge der Wortmeldun en zur Aktuellen Stunde. Für die Fraktion der FDP hat ls Nächster das Wort Kollege Patrick Kurth. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Libyen, für die Linke ein modernster Sozialstaat! Das ist ja furchtbar! So stellen Sie sich einen modernen Sozialstaat vor, wie der Gaddafi ihn hatte? Sie sollten sich schämen! – Beifall bei der CDU/ CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715211500

Bitte schön, Kollege Patrick Kurth.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Patrick Kurth (FDP):
Rede ID: ID1715211600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Alle Wochen wieder: Die Linke glänzt durch gesell-
chaftspolitische oder in diesem Falle außenpolitische
einlichkeiten. Außenpolitische Fragen, die schon bisher
on Ihnen sehr peinlich behandelt wurden, betreffen
fghanistan, Kuba und den Nahen Osten. Worüber ha-
en wir hier alles geredet? Über die Gaza-Flottille, über
ntisemitische Auswüchse, über Castro-Verehrung. Sie
atten damals in der Aktuellen Stunde zum deutsch-pol-
ischen Verhältnis vor allem das Verhältnis zwischen der
DR und Polen unter der SED gelobt. Dabei haben Sie

ber völlig unterschlagen, dass es die SED war, die erst-
als nach dem Zweiten Weltkrieg deutsche Streitkräfte
r den Einmarsch in Polen mobilisierte. Sie haben mit

iner Staatspartei sympathisiert – sie ist ja auch Ihre Vor-
ängerpartei –, was für uns insgesamt in der außenpoliti-
chen Darstellung nicht gut war. Sie können sich im In-
nd benehmen, wie Sie wollen. Da werden Sie auf jeden
all auf unseren Widerstand stoßen. Das ist in erster Li-
ie Ihr Problem. Wenn Sie sich aber außenpolitisch so
enehmen, wie Sie das tun, dann wird es ein Problem für
lle Deutschen. Das geht nicht. Sie haben auch im Aus-
nd eine Verantwortung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Seit fast einem Jahr – die dpa schrieb es gestern –
eht das Regime in Syrien mit Gewalt gegen die Opposi-
on vor. 5 500 Menschen starben. 5 500 Menschen!
ann kommt diese Solidarisierung, ein vorläufiger Hö-
epunkt der außenpolitischen Geisterfahrten. Ich muss
nen sagen: Gerade wir Deutsche haben in der jüngeren
eschichte eine ganz wunderbare Erfahrung gemacht
nd ein ganz großes Glück gehabt.





Patrick Kurth (Kyffhäuser)



(A) )


)(B)


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Sie haben sich jahrelang mit Assad solidarisiert und paktiert! Heuchelei!)


Wir hatten in diesem Land eine friedliche Revolution. In
diesem Land wurde niemand erschossen. Das war ein
ganz großes Glück für unser Land. Dass dieses Glück
keine Selbstverständlichkeit ist, das zeigt Syrien. Des-
halb verbietet es sich, mit diesen Staatsterroristen in ir-
gendeiner Weise zu sympathisieren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Warum haben Sie das jahrelang gemacht?)


Meine Damen und Herren, unsere Erfahrungen, un-
sere Geschichte, unser Glück, aber eben auch die Gewalt
dieser Diktatoren, der Kampf gegen Demonstranten
müssen uns als Abgeordnete in diesem Hause Verant-
wortung, Auftrag und Mahnung zugleich sein. Gerade
wir Deutsche haben deshalb eine gewisse Vorbildstel-
lung. Wir haben eine immense Verantwortung. Für das
Außenbild tragen wir alle, die wir Mitglieder dieses
Hauses sind, Verantwortung. Herr Maurer, Sie haben
hier wunderbar gesprochen.


(Beifall bei der LINKEN)


Im Sinne der leninistischen Propagandarede war das her-
vorragend.


(Beifall der Abg. Birgit Homburger [FDP])


Ich nehme den Spieß und drehe ihn um. Aber was denn
nun? Butter bei die Fische! Dafür oder dagegen? Hopp
oder top? Sie haben keine Antwort geliefert. Sind Sie
nun dafür, oder sind Sie dagegen?


(Zurufe von der LINKEN)


Distanzieren Sie sich von diesem Pamphlet, oder sind
Sie doch dafür? Gibt es irgendwelche Konsequenzen? Ist
Ihre menschenrechtspolitische Sprecherin, die dieses
Machwerk unterzeichnet hat, noch im Amt, oder ist sie
nicht mehr im Amt? Was sind denn Ihre Konsequenzen?
Sie verunklaren Ihr Bild. Sie bleiben völlig unklar, in der
Hoffnung darauf, dass die einen ganz links in irgendei-
ner Weise befriedigt werden und die anderen, die ein bis-
schen mehr in der Mitte sind, relativ friedfertig bleiben.
Ich kann Ihnen nur sagen: Das lassen wir Ihnen nicht
durchgehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Nehmen Sie einmal Ihr Pamphlet, und ersetzen Sie den
Begriff „Syrien“ oder auch „Iran“ durch „DDR“. Tau-
schen Sie das einmal aus. Da wird Ihnen übel.

Es kann einem auch übel werden, wenn man sich die
Unterzeichnerliste anguckt. Ich weiß es nicht: Haben Sie
das einmal gemacht? Wissen Sie, mit wem Sie in einem
Boot sitzen? Haben Sie sich das einmal angeschaut? Wer
unterzeichnet im Zusammenhang mit Abgeordneten des
Deutschen Bundestages, mit Volksvertretern, diesen
Aufruf? Es wimmelt nur so von Verschwörungsideolo-
gen, Esoterikern und – das ist besonders interessant –
Rechtspopulisten. Ich habe mir die Namen aufgeschrie-

b
n

D
z
s

d
s

s
n
J
s
d
s
a
s
R
s
e
m
d

s
ta
ß


le

K
s
s
k

G
z
S


W
e
n
w
a

(C (D en, habe mich aber dazu entschieden, sie nicht zu nenen. Wir wollen niemanden auf dieser Liste adeln. (Birgit Homburger [FDP]: Sind die Piraten auch drauf?)


ie einen versteigen sich zu Verschwörungstheorien be-
üglich Iran. Sie verharmlosen die Hetzreden des irani-
chen Staatspräsidenten. Es gibt auf dieser Liste Leute
die befinden sich in Ihrer Gesellschaft –, die erklären,

ass das Erdbeben in Japan künstlich erzeugt worden
ei, um Japan zu schaden.


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja Karneval!)


Dann gibt es andere, die sagen, dass die Terroran-
chläge vom 11. September von den USA selbst insze-
iert wurden. Das sagen Ihre Mitunterzeichner. Die
udenverfolgung wird verharmlost. Das ist Ihre Gesell-
chaft! Einer sagt, Aids gebe es nicht, es sei eine Erfin-
ung der – Achtung! – Pharmaindustrie. Dann kommt
ogar ein Bündnis – das ist ganz interessant im Hinblick
uf die Linke; ich wusste gar nicht, in welcher Gesell-
chaft Sie sich befinden –, welches erklärt, das deutsche
eich gebe es noch, die Bundesrepublik gebe es nicht,

ie sei nicht rechtmäßig. In diese Liste reihen Sie sich
in. Uns fällt es wirklich schwer, zur Kenntnis zu neh-
en, dass es sich um Abgeordnete handelt, die sich in

iese Gesellschaft begeben.

Wenigstens die Führung der Linken – sie hat sich ja
chon öfter verbogen – muss sich von diesem Aufruf dis-
nzieren. Geschieht das nicht, hat sich diese Partei au-
enpolitisch erneut diskreditiert.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715211700

Nächster Redner ist unser Kollege Christoph Strässer

r die Fraktion der Sozialdemokraten. Bitte schön, Kol-
ge Christoph Strässer.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1715211800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Ich will zwei Punkte aus die-
er Aktuellen Stunde aufgreifen. Wenn ich die Quintes-
enz aus allen Redebeiträgen zusammenfasse, dann
omme ich zu zwei Erkenntnissen.

Erste Erkenntnis. Wir müssen uns alle gemeinsam
edanken darüber machen, wie die Geschichte der Be-

iehungen Deutschlands, Europas und der Vereinigten
taaten zu bestimmten Diktaturen in der Welt ist. Da-
ber müssen wir reden.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


ir müssen auch aus Fehlern lernen. Der Umstand, dass
in Land in einer Region für Stabilität sorgt, rechtfertigt
iemals, dass in dieser Region Menschenrechte verletzt
erden. Ohne die Gewährung von Menschenrechten

ber ist in diesen Regionen keine Stabilität möglich.





Christoph Strässer


(A) )


)(B)

Diese Erkenntnis sollten wir aus dieser Debatte mitneh-
men.


(Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Das gilt auch für Saudi-Arabien und Bahrain!)


– Ja.

Zweite Erkenntnis. Wenn das, was über den arabi-
schen Frühling und über Syrien gesagt worden ist, ernst
gemeint ist, dann erwarte ich Initiativen von Ihrer Partei,
die im Moment versucht, sich wieder als Bürgerrechts-
partei zu profilieren. Wir sollten in den nächsten Wochen
im Deutschen Bundestag Klarheit darüber schaffen und
entsprechende politische Willenserklärungen abgeben,
dass Abschiebungen nach Syrien auch über den Umweg
Ungarn ab sofort nicht mehr möglich sein dürfen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Aktuelle Stunde zwingt uns natürlich dazu, zu
dem Aufruf, der von einigen unterschrieben worden ist,
Stellung zu nehmen. Man konnte die ganze Zeit – ich
habe direkt daneben gesessen – Zurufe wie „Heuchler“
und „Lügner“ hören. Ich möchte jetzt etwas zitieren und
hoffe, dass es dabei solche Zurufe nicht gibt. Unter der
Überschrift „Gegen linke Solidarität mit den Schlächtern
von Syrien und Iran!“ heißt es:

Die Souveränität Syriens und Irans liegt nicht bei
den Regimen von Assad und den Ayatollahs, son-
dern bei den Menschen. Sie sind es, die ihre Rechte
einfordern.

Entgegen der Einschätzung des Appells sind es
nicht die NATO, die USA oder Israel, die einen
Bürgerkrieg in Syrien anfachen, sondern das syri-
sche und iranische Regime, die auf diese Weise mit
aller Brutalität versuchen, einen Keil zwischen die
Aufständischen zu treiben. Beide Regime gehen da-
bei mit unglaublicher Brutalität gegen die eigene
Zivilbevölkerung vor, z. B. mit gezielten Tötungen
durch Scharfschützen, die sogenannte „Abschuss-
quoten“ zu erfüllen haben.

Ende des Zitates; der Aufruf geht aber noch weiter.

Veröffentlicht worden ist dies von dem Bundes-
arbeitskreis Shalom der Linksjugend Solid, die sich aufs
Schärfste von dem Syrien-Appell abgrenzt. Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, rufen Sie bitte nicht „Heuchler“
und auch nicht „Lügner“, sondern solidarisieren Sie sich
mit Ihrer Jugendorganisation und distanzieren Sie sich
von dem Syrien-Aufruf, der unerträglich ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte auch aus einem anderen Blickwinkel – der
Kollege Beck hat schon darauf hingewiesen – zu diesem
Aufruf Stellung nehmen und insbesondere auf die Fest-
stellung eingehen, dass das konsequente Einhalten des
Nichteinmischungsgebots das Gebot der Stunde sein
soll. Ich will mich gar nicht darauf kaprizieren, zu fra-
gen, was das mit der Responsibility to Protect und mit
dem Verhältnis Menschenrecht zu Völkerrecht zu tun

h
s
te
n
e

N
S
g
g
d
v

d
h
u
re
Ic
w
g
d
is

s

ra
s
u
E
g


W
s
li
a

d
F

n
n
s
B
n

(C (D at. Ich will aber auf einen Zwischenruf reagieren und agen: Ich bitte Sie, die Responsibility to Protect im Inresse der Menschenrechte ernsthaft zu verfolgen. Es ist ämlich nicht so, dass der Sanktionskatalog der RtoP mit iner militärischen Intervention beginnt. ehmen Sie bitte einfach zur Kenntnis, dass der erste chritt die Prävention ist und dass wir an dieser Stelle efordert sind, zu helfen und zu unterstützen, damit es erade nicht zu einer militärischen Intervention kommt, ie wir alle verhindern wollen. Diese Botschaft muss on dieser Auseinandersetzung ausgehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Finden Sie richtig, was passiert ist?)


(Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Aber endet!)


Ich will noch eine weitere Bemerkung machen und
arlegen, was mir ebenfalls gegen den Strich geht. Ich
abe in meiner politischen Vergangenheit viele Aufrufe
nd Appelle unterschrieben. Ich war mir immer im Kla-
n darüber, wie Aufrufe interpretiert werden können.
h würde mir wünschen, dass auch Sie sich dies be-
usst machen. Denn Sie sind doch nicht so naiv, zu
lauben, dass es in der Öffentlichkeit keine Rolle spielt,
ass das, was Sie nicht wollen, im Aufruf nicht enthalten
t.

Aber ich will eines zum Prinzip der Nichteinmi-
chung und zum Prinzip der linken Solidarität sagen
das meine ich wirklich ernst –: Sie verkaufen und ver-
ten Ihre eigene Geschichte. Das will ich ganz deutlich

agen. Wir haben gemeinsam auf der Straße gestanden
nd gefordert, dass unsere Regierungen boykottieren,
mbargos ausüben gegen Südafrika, waren gemeinsam
egen das faschistische Regime in Chile, gegen andere
r uns unerträgliche politische Systeme.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Richtig!)


enn Sie sich hier hinstellen und sagen: „Nichteinmi-
chung ist des Teufels“, dann verraten Sie Ihre eigenen
nken solidarischen Ideale. Damit sollten Sie einfach
ufhören. Das ist unsinnig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715211900

Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für

ie Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Dr. Thomas
eist. Bitte schön, Kollege Dr. Thomas Feist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Thomas Feist (CDU):
Rede ID: ID1715212000

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

en und Kollegen! Das zeitgeschichtliche Forum in mei-
er Heimatstadt Leipzig wirbt mit dem Motto: „Ge-
chichte kann zu Einsichten führen und verursacht
ewusstsein“. Weder Einsicht noch Bewusstsein ist ge-
au das, was den Geist dieses Aufrufes im Internet kenn-





Dr. Thomas Feist


(A) )


)(B)

zeichnet, den sechs Abgeordnete der Linkspartei unter-
schrieben haben. Ich muss ganz ehrlich sagen, Herr
Kollege Maurer, Ihre Rhetorik des Kalten Krieges, mit
der Sie versucht haben, eine Pro-Assad-Unterzeichnung
ins Gegenteil zu verkehren, ist entweder verquaste Dia-
lektik oder schlicht und einfach verlogen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Historisch betrachtet ist das Mittel, dass man Initiato-
ren von Volksbewegungen, Freiheitsbewegungen der
Verschwörung bezichtigt, immer ein gutes Mittel gewe-
sen, um diese Bewegung zu diskreditieren. Das sieht
man natürlich nicht nur an den Ländern des ehemaligen
Ostblocks, sondern das sieht man ganz genau und deut-
lich auch an unserer eigenen deutschen Geschichte. In-
sofern, lieber Herr Kollege Beck, hätte ich mir
gewünscht, dass Sie in Ihrer Ansprache darauf eingegan-
gen wären, dass Sie heute immer noch nur „Die Grünen“
wären, wenn die Lügen, die die SED und ihre Parteifüh-
rung damals über Bündnisleute verbreitet haben, zuge-
troffen hätten. Wenn das durchgegangen wäre, wären Sie
heute immer noch „Die Grünen“. Ich denke, Sie sind
sehr froh, dass Sie heute „Bündnis 90/Die Grünen“ sind.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, natürlich sind wir das!)


– Das ist doch wunderbar.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hätten mir einfach 15 Minuten von Ihrem Redezeitkontingent abgeben müssen, dann wäre ich zu mehr gekommen!)


– Das muss der Präsident machen.

Zurück zu dem Aufruf. Manchmal fühlt man sich um
Jahrzehnte zurückversetzt, wenn man liest, dass die
Feinde diejenigen sind, die dies schon immer waren. Das
sind die imperialistischen Aggressoren, hier namentlich
USA und Israel.


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Israel vor allen Dingen!)


In dieser Aufzählung fehlen eigentlich nur noch die Bon-
ner Ultras. Dann würde man erkennen, was dieser Auf-
ruf eigentlich ist: Er ist eine Blaupause aus der Abteilung
Agitation und Propaganda beim ZK der SED.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Als Leipziger, der von Anfang an auch an den Frie-
densgebeten und Montagsdemonstrationen in Leipzig
teilgenommen hat, kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung
sagen, wie schlimm und verheerend es ist, wenn ständig
unterstellt wird, man sei ein Agent eines feindlichen
Staates. Es ist unerträglich, dass man mit Sabotage in
Verbindung gebracht wird. Man kann sich gegen diesen
Vorwurf nicht wehren. Ich bin sehr froh, dass wir es ge-
rade durch die westlichen Massenmedien geschafft ha-
ben, einen Rückhalt zu bekommen, um diesen abstrusen
Verschwörungstheorien ein für allemal einen Riegel vor-
zuschieben.

S
A
p
g
je
G
g
ß

D
ty
5
u
e
d
d

d
h
je
d

u
in
d

D
h
k
T
ih
K


S
N
p
e
W

(C (D (Beifall der Abg. Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP] und Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich habe heute in einen Artikel der jungen Welt vom
eptember 1989 geschaut. Das war die Zeit der großen
usreisewelle. Viele Menschen haben versucht, das re-
ressive System der DDR zu verlassen. In dieser Zeitung
ab es einen Leserbrief, der suggerieren wollte, dass die-
nigen, die im Westen waren, mit K.-o.-Tropfen außer
efecht gesetzt wurden. Das war die normale Propa-
anda, die erzählt worden ist. Die Einmischung von Au-
en war letztendlich für alles Übel verantwortlich.

Ich muss Ihnen eines sagen – das sage ich vor allen
ingen auch zur Führung der Linken –: Wenn man ein
rannisches System unterstützt, das nicht nur für über
000 Tote verantwortlich ist, sondern auch für Folter

nd Repression, und sich als Parteiführung nicht gegen
in paar Spinner wehrt, die das unterzeichnen, dann ist
as nicht nur fahrlässig, sondern zynisch und ein Skan-
al.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Was sagen Sie zu den Abschiebungen?)


Ich fand es sehr interessant, dass auch diesmal wieder
ie üblichen Verdächtigen diesen Aufruf unterschrieben
aben; denn ich habe mich entsonnen, dass es genau die-
nigen waren, die damals als Friedensaktivisten über
as Mittelmeer gesegelt sind,


(Zuruf von der LINKEN: Das stimmt nicht!)


nd zwar unter dem fröhlichen Abspielen von Liedern,
denen zu Massakrierungen an Juden aufgerufen wor-

en ist.


(Beifall der Abg. Birgit Homburger [FDP] – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Schlecht recherchiert!)


as muss man sich wieder ins Bewusstsein rufen. Es
andelt sich um genau dieselben Edelkommunisten – ich
ann es nicht anders sagen –, die mir damals auf ihrer
ransitreise von Westdeutschland nach Westberlin mit
rem Westgeld in der Tasche erzählt haben, wie toll der
ommunismus ist. Das hat mit Realität oder mit Reali-
tssinn nichts zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Kaschmirkommunisten!)


Abschließend will ich noch auf Folgendes hinweisen:
ie haben ja im Zusammenhang mit Syrien und Iran
ichteinmischung und den eigenen Weg der Staaten pro-
agiert. Mir hat in dieser Auflistung eigentlich nur noch
in Staat gefehlt, der am konsequentesten seinen eigenen
eg geht – und das ist Nordkorea.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Dr. Thomas Feist


(A) )


)(B)

Ich bitte Sie, mit der Kim-Il-Sungisierung der Links-
partei aufzuhören. Nehmen Sie sich einmal den Kom-
mentar der heutigen SZ zu Herzen. Darin steht, dass die
Linken in ihrem Fraktionssaal ein Schild anbringen soll-
ten: „Parteien haften für ihre Spinner“.

Vielen Dank.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715212100

Letzter Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die

Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Dr. Wolfgang
Götzer. Bitte schön, Kollege Dr. Wolfgang Götzer.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Wolfgang Götzer (CSU):
Rede ID: ID1715212200

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Die jüngsten Solidaritätsbekundungen von Abgeordne-
ten der Linken mit den menschenverachtenden Regimen
in Syrien und im Iran zeigen einmal mehr, wes Geistes
Kind sie sind.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der LINKEN)


Unverhohlene Sympathien mit Diktaturen und das altbe-
kannte Feindbild, nämlich Amerika und die NATO, prä-
gen ihr Weltbild.

Die sechs Abgeordneten der Linken, die den strittigen
Internetaufruf unterzeichnet haben, haben damit nicht
nur ihre ganze Fraktion ins außenpolitische Abseits ge-
stellt, sondern sie haben all die Menschen, die in ihren
Ländern für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte
kämpfen, verhöhnt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Sie verhöhnen die Leute, die nach Syrien abgeschoben werden!)


Dass zu den Unterzeichnern des am 3. Januar dieses
Jahres veröffentlichten Textes auch die Sprecherin der
Linken für internationale Beziehungen gehört, zeigt, wie
tief dieses Denken in der Partei verhaftet ist, die sich
heute Die Linke nennt, die aber die alte SED ist.


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ein Unsinn! Dass Sie sich nicht schämen!)


In dem Punkt, Herr Kollege Kurth, muss ich Sie korri-
gieren: Hier sitzt nicht die Nachfolgepartei der SED,
sondern das ist ein und dieselbe Partei geblieben, die
sich nur mehrmals umbenannt hat. Das sollte wieder ein-
mal angesprochen werden.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das muss noch einmal gesagt werden!)


Frau Dağdelen und die anderen fünf Abgeordneten
der Linken – Eva Bulling-Schröter, Dieter Dehm, Heike
Hänsel, Annette Groth und Ulla Jelpke –

h
d
g
Ir

W
K
n

s
A
ru
S

h
n

M
D
w
K
d
n

g
v
n
z

a
s
A
A
d
w

m
w

A
U
d
li

S
e
v

K

(C (D aben eine Erklärung unterzeichnet, die den USA und er NATO vorwirft, „offen den Krieg gegen die strateisch wichtigen bzw. rohstoffreichen Länder Syrien und an“ vorzubereiten. Die USA und die EU würden durch Embargos die irtschaft des Iran und Syriens bewusst in eine tiefe rise stürzen, innere soziale Konflikte zuspitzen und eien Bürgerkrieg entfachen wollen, um einen Vorwand r die längst geplante militärische Intervention zu chaffen. Doch damit nicht genug: Die sechs Linkenbgeordneten fordern des Weiteren die Bundesregieng auf, „die Embargomaßnahmen gegen den Iran und yrien bedingungslos und sofort“ aufzuheben. Das geschieht vor dem Hintergrund der jüngsten Droungen Irans, die Straße von Hormus für den internatioalen Seeverkehr zu schließen. (Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und vor allen Dingen Israel auszulöschen!)


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Alle SED!)


an stelle sich das bloß einmal vor – oder lieber nicht –:
er Iran droht mit der Verletzung der Freiheit der See-
ege, was laut Einschätzung nicht nur der USA einer
riegserklärung gleich käme, und Deutschland belohnt
iese Androhung eines völkerrechtswidrigen Akts auch
och mit der Aufhebung von Sanktionen.

Ein ähnliches Szenario gibt es in Syrien: Wie vor eini-
en Tagen die jüngste Ansprache von Assad in der Uni-
ersität von Damaskus gezeigt hat, schreckt er vor kei-
er noch so ungeheuerlichen Lüge und Verdrehung
urück. In dieser Rede streitet er jegliche Verantwortung
r die bürgerkriegsähnlichen Zustände in seinem Land

b, die laut UN-Angaben mittlerweile circa 5 000 Men-
chen das Leben gekostet haben, und bezeichnet die
ufständischen als Terroristen, die ihn durch ihre vom
usland geförderten Terrorakte davon abhalten würden,
as Land zu reformieren. Das ist an Ungeheuerlichkeit
irklich nicht zu überbieten.

Auch in der arabischen Welt ist das Assad-Regime
ittlerweile isoliert. Nur die Linke sympathisiert nach
ie vor offen mit diesem Unrechtsregime.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Lüge!)


ber, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, mit
nrechtsregimen haben diejenigen in der Linkspartei,
ie eine SED-Vergangenheit haben, ja ganz offensicht-
ch keine Probleme.


(Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Weiter lügen!)


chließlich war Syrien – daran möchte ich erinnern –
inmal ein sozialistisches Bruderland der DDR. Schon
ergessen?


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ha! Jetzt haben Sie uns aber erwischt!)


Die Solidaritätsbekundungen der Linken sind, wie
ollege Gröhe zu Recht gesagt hat, ein Schlag ins Ge-





Dr. Wolfgang Götzer


(A) )


)(B)

sicht aller, die im arabischen Frühling ihr Leben für Frei-
heit und Demokratie riskieren.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ihr habt ja auch so viel mit dem arabischen Frühling zu tun!)


Zynischer und menschenverachtender – die beiden Be-
griffe kommen in dem Aufruf vor; ich verwende sie jetzt
ganz bewusst, und zwar gegen die Unterzeichner – geht
es wahrlich nicht mehr. Wie lange will die Linkspartei
eigentlich noch Schießbefehle verteidigen?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Sie haben aus Ihrer SED-Vergangenheit nichts gelernt.


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das sind aber nicht die SEDler! Das sind die West-Linken, die das gemacht haben! Das ist noch viel schlimmer!)


– Frau Kollegin, Sie haben völlig recht: Das macht es
noch schlimmer.

Wenn jetzt einige Unterzeichner zurückrudern und
behaupten, sie hätten mit diesem Aufruf nicht die men-
schenverachtenden Regime, sondern die notleidenden
Bevölkerungen Syriens und Irans unterstützen wollen,
möchte ich dazu ganz klar sagen: Das nimmt Ihnen kei-
ner ab.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das steht im Aufruf! Lesen Sie ihn einmal!)


Wir verlangen deshalb, auch im Hinblick auf die Tau-
senden Opfer syrischer Gewaltherrschaft, eine klare Dis-
tanzierung der linken Führungsspitze von diesem Auf-
ruf. An die Adresse der sechs Unterzeichner sage ich:
Sie sollten sich schämen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715212300

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aktuelle Stunde

ist beendet.

Wenn wir wieder die notwendige Ruhe im Hause ha-
ben, rufe ich den nächsten Tagesordnungspunkt auf.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Gero
Storjohann, Dirk Fischer (Hamburg), Arnold
Vaatz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Oliver Luksic, Patrick
Döring, Werner Simmling, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der FDP

Die Verkehrssicherheit in Deutschland wei-
ter verbessern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Kirsten
Lühmann, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert,

A
d

D
G

H
T
k
g
e
w
R
u
g

S
B
a
z
d

D
z

S
g
d
u
u
Ü

(C (D weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Sicher durch den Straßenverkehr – Für eine ambitionierte Verkehrssicherheitsarbeit in Deutschland – zu dem Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn, Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Masterplan Straßenverkehrssicherheit – Ambitioniertes Nationales Verkehrssicherheitsprogramm 2011–2020 vorlegen – Drucksachen 17/5530, 17/5772, 17/7466, 17/8341 – Berichterstattung: Abgeordnete Gero Storjohann Kirsten Lühmann Oliver Luksic Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Sie sind amit einverstanden? – Dann ist dies so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner in unserer ebatte ist für die Fraktion der CDU/CSU unser Kollege ero Storjohann. Bitte schön, Kollege Gero Storjohann. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Es ist wie im alltäglichen Leben: Wenn die agesordnung bzw. das Programm wechselt, dann ommt meistens ein Werbeblock. Damit möchte ich erne anfangen. Am 16. Januar 2012, vor drei Tagen, ist ine neue Internetseite freigeschaltet worden: ww.riskiernichts.de. Unter dem Leitspruch „Sei clever! iskier nichts!“ haben das Bundesverkehrsministerium nd die Deutsche Verkehrswacht die Aktion Landstraße estartet. (Florian Pronold [SPD]: Ich dachte, die schwarz-gelbe Regierung war das!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1715212400

ie ist Teil des neuen Verkehrssicherheitsprogramms der
undesregierung. Diese Kampagne richtet sich an Fahr-
nfängerinnen und Fahranfänger im Straßenverkehr bis
um Alter von 24 Jahren. Thematisiert werden insbeson-
ere die Risiken von Landstraßenfahrten.


(Florian Pronold [SPD]: Wäre auch etwas für Regierungsanfänger!)


enn sechs von zehn Personen, die im Straßenverkehr
u Tode kommen, sterben bei Unfällen auf Landstraßen.

Um die jugendlichen Fahrer zu erreichen, werden
zenarien thematisiert, mit denen sich die junge Ziel-
ruppe besonders gut identifizieren kann. Am Beispiel
er Heimfahrt von einem Diskothekenbesuch wird so
nter anderem auf die Gefahren von Alkohol am Steuer
nd einer überhöhten Geschwindigkeit bei nächtlichen
berlandfahrten hingewiesen. Gleichzeitig nutzt diese





Gero Storjohann


(A) )


)(B)

Aktion verstärkt das Internet, etwa Facebook und You-
Tube, um so die Zielgruppe zu erreichen. Diese Kampagne
ist modern, sie ist notwendig. Ich finde es gut, dass wir
hier neue Wege beschreiten; denn diese Wege sind zeit-
gemäß, und wir müssen Aufmerksamkeit erreichen, um
Fortschritte in der Verkehrssicherheitsarbeit zu erzielen.

Mit dem vorliegenden Antrag der Koalitionfraktio-
nen, die Verkehrssicherheit in Deutschland weiter zu
verbessern, beschließen wir heute ein ambitioniertes
Programm, um die Verkehrssicherheitsarbeit stetig zu
optimieren und auch an neue Entwicklungen anzupas-
sen. Wir sprechen uns aus für die Akzeptanz von Stra-
ßenverkehrsregelungen. Diese Akzeptanz muss erhöht
werden. Wir sprechen uns aus für das freiwillige Tragen
von Fahrradhelmen, und wir sprechen uns aus für die
freiwillige Gesundheitsüberprüfung für ältere Verkehrs-
teilnehmer. Arnold Vaatz guckt ungläubig. Wir sind uns
noch nicht einig, ab welchem Alter man zu den älteren
Verkehrsteilnehmern zählt.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP – Petra Müller [Aachen] [FDP]: Dann können wir auch nicht klatschen!)


Wir bekennen uns zum Aus- und Neubau von Verkehrs-
infrastruktur. Auch Ortsumgehungen sind ein Beitrag für
die Verkehrssicherheit. Das ist für die CDU/CSU ein be-
sonders wichtiger Punkt.

Die Verkehrssicherheit in Deutschland ist in den ver-
gangenen Jahrzehnten stetig besser geworden. Von 2000
bis 2010 ist die Zahl der jährlichen Verkehrstoten um
über die Hälfte auf 3 657 gesunken. Im Vergleich zum
Nachwendejahr 1991 ist das ein Rückgang um 68 Pro-
zent. Wir müssen aber auch feststellen, dass diese Zah-
len erstmals seit 2011 wieder leicht angestiegen sind. Es
zeigt sich: Wir haben ein hohes Niveau bei der Verkehrs-
sicherheitsarbeit, aber das ist nicht selbstverständlich,
und auch eine Verbesserung ist nicht leicht zu erzielen.
Deutschland verzeichnet im EU-weiten Vergleich ge-
messen an seiner Bevölkerungszahl den viertbesten Wert
an Verkehrstoten. 1991 lagen wir noch auf Rang 13.

Wir stoßen natürlich an Grenzen, wenn wir neue Kon-
zepte umsetzen wollen; denn der Fortschritt lässt sich
nur noch Schritt für Schritt erzielen. Deshalb wollen wir
die bisherige bewährte Arbeit fortsetzen, aber auch er-
gänzen. Vielleicht können wir von unseren Nachbarlän-
dern lernen. Ich möchte hierzu zwei Beispiele geben.

In Österreich wird sehr erfolgreich ein Mehrphasen-
modell bei der Fahrausbildung erprobt und angewandt.
Dort ist es so, dass die Fahranfänger nach einigen Mona-
ten selbstständigen Fahrens weitere Lerneinheiten absol-
vieren müssen. Bei sogenannten Feedbackfahrten unter
Anleitung eines Fahrlehrers können Fehler, die sich in
den ersten Monaten selbstverständlich einschleichen, re-
gistriert, besprochen und abgestellt werden.


(Florian Pronold [SPD]: Gibt es das auch für schwarz-gelbe Regierungen?)


Außerdem ist die Teilnahme an einem Fahrsicherheits-
training und einem verkehrspsychologischen Gruppen-
gespräch verpflichtend. Ich selbst habe an einem solchen

G
le
L
n
d
tr
v
u
n
n
n

ru
a
lo
u

Ic
S
lo
tr
fe
W
n
d
M

d
a
d
V
F
w
le
w
g
m
s
a
7

V
k
e
k
d
u
e


K

(C (D ruppengespräch teilgenommen, und ich muss feststeln: Es hat mich beeindruckt, wie nachvollziehbar der ernprozess bei Jugendlichen ist. Im Ergebnis verzeichet Österreich seit Einführung der Mehrphasenausbilung 30 Prozent weniger Unfälle in dieser speziell beoffenen Altersklasse. Deshalb haben wir die Prüfung on Verbesserungen bei der Fahranfängervorbereitung nd -ausbildung und die Prüfung einer Begleitphase ach abgelegter Fahrausbildung und Fahrprüfung als eien wichtigen Punkt in unseren Koalitionsantrag aufgeommen. Weiterhin sieht unser Antrag die Prüfung der Einfühng sogenannter Alcolocks bei durch Alkoholkonsum uffällig gewordenen Verkehrsteilnehmern vor. Alcocks werden derzeit in Österreich, in den Niederlanden nd auch in den USA sehr erfolgreich eingesetzt. (Beifall der Abg. Petra Müller [Aachen] [FDP])


h stelle fest: Auch in finnischen und französischen
chulbussen erfolgt der Einsatz bereits. Was sind Alco-
cks? Das sind handygroße Geräte, die Sie vor Fahrtan-
itt bedienen müssen. Wenn ein erhöhter Alkoholwert
stgestellt wird, lässt sich das Fahrzeug nicht starten.
ir meinen, dass die Alcolocks dafür Sorge tragen kön-

en, dass Alkoholiker im Straßenverkehr keine Gefähr-
ung mehr darstellen. Das halten wir für eine wichtige
aßnahme.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Oliver Luksic [FDP])


Das sind nur einige Beispiele für wichtige Impulse
er zukünftigen Verkehrssicherheitsarbeit, die diese Ko-
lition setzen will. Wir fordern die Bundesregierung auf,
as ambitionierte Ziel von 40 Prozent weniger jährlichen
erkehrstoten bis 2020 anzugehen. Gleichzeitig soll der
okus nicht nur auf die Verkehrstoten gerichtet werden,
ir müssen auch die Zahl der Schwer- und Schwerstver-
tzten reduzieren. Wir brauchen dafür einheitliche Be-
ertungsmaßstäbe innerhalb Europas, damit wir ver-
leichbare Zahlen miteinander vergleichen können. Wir
üssen einen Fokus auf die besonders gefährdeten Per-

onen richten; das sind Kinder unter 15 Jahren, Fahr-
nfänger zwischen 17 und 24 Jahren und Personen über
5 Jahren.

Meine Damen und Herren, die Unfallforscher der
ersicherer kommen zu dem Ergebnis, dass die Ver-
ehrssicherheit in Deutschland anders beurteilt wird, als
s die Statistik aussagt. Man sagt, dass das Verkehrs-
lima rauer geworden ist. Das zeigt uns sehr deutlich: In
er Verkehrssicherheitsarbeit ist weiterhin viel zu tun,
nd mit unserem Antrag – so glauben wir – machen wir
inen wichtigen Schritt nach vorne.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715212500

Vielen Dank, Kollege Gero Storjohann. – Jetzt spricht

r die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kollegin
irsten Lühmann. Bitte schön, Frau Kollegin Lühmann.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Kirsten Lühmann (SPD):
Rede ID: ID1715212600

Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kollegin-

nen! Verehrte Gäste! Seit 20 Jahren sinkt die Zahl der
Todesopfer bei Verkehrsunfällen, obwohl die Zahl der
Verkehrsteilnehmer in dieser Zeit deutlich gestiegen ist.
2011 – mein Vorredner hat es erwähnt – ist sie zum ers-
ten Mal wieder gestiegen. Natürlich stellen wir uns als
Verkehrspolitiker die Frage, was wir verkehrt gemacht
haben. Ich denke, wir haben nichts verkehrt gemacht.
Das sagen uns auch die Experten.

Diese Zahl muss uns aber eine Mahnung sein – eine
Mahnung, dass die Verkehrssicherheitsarbeit niemals zu
Ende sein wird. Dem trägt auch der vorliegende Antrag
der SPD Rechnung. Wir fordern eine ambitionierte, mo-
derne Verkehrssicherheitsarbeit für Deutschland. Dieses
Thema ist augenscheinlich auch von anderen Fraktionen
aufgegriffen worden. Schließlich liegen uns auch An-
träge der Grünen und der Koalitionsfraktionen vor.

Etwas verwundert bin ich allerdings darüber, dass das
Konzept, über das wir heute diskutieren, vom Verkehrs-
minister schon vorgelegt wurde. Herr Ferlemann, dass
Minister Ramsauer die 40 Empfehlungen des von ihm
dazu beauftragten Beirats zum großen Teil ignoriert,
wundert mich nur mäßig. Dass aber auch die Beratungen
dieses Parlaments so wenig Aufmerksamkeit in Ihrem
Hause finden, dass Sie das Konzept einfach früher vorle-
gen, finde ich doch bedenkenswert, zumal noch nicht
einmal alle Ideen Ihrer eigenen Fraktion in dieses Ver-
kehrssicherheitskonzept eingeflossen sind.

Die SPD fordert in ihrem Antrag die Bundesregierung
auf, konkrete Ziele für die Verkehrssicherheitsarbeit zu
definieren und neue Wege auszuprobieren, um die gute
Arbeit der vergangenen Jahre fortzuführen.

Ich erinnere an das Thema Fahranfänger. Der Kollege
Storjohann hat es ausgeführt: Diese sind eine besonders
gefährdete Gruppe mit einer traurigen Steigerungsrate an
Verkehrsunfalltoten. Wir schlagen vor, Maßnahmen zu
entwickeln, um eine Lernzeitverlängerung zu erreichen.
Das heißt, auch nach dem Erwerb der Fahrerlaubnis
müssen Fahranfängern Maßnahmen angeboten werden.

Der Koalitionsantrag – wir haben es gehört – erkennt
dieses Thema zumindest an. Allerdings ist im Regie-
rungsprogramm Fehlanzeige. Das wichtige Thema
„Mehrphasenmodell in der Fahrausbildung“ kommt in
diesem Programm schlicht nicht vor.

Also, Herr Ferlemann, sollte nur einer der heute dis-
kutierten Anträge angenommen werden, heißt das für
Sie: Nachsitzen! Hausaufgaben machen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gustav Herzog [SPD]: So ist es! Richtig!)


Wenn das Verkehrssicherheitsprogramm also auf-
grund der Vorschläge unserer Fachleute sowieso überar-
beitet werden muss, dann können wir es auch gleich auf
stabile Füße stellen. Denn was bisher vorliegt, ist eine
nette Sammlung lang bekannter Maßnahmen, die über-
sichtlich und sorgfältig zusammengestellt sind. Weit und
breit finden wir aber keine neuen Impulse. Vorausschau-

e
H

T
ü


m
g
n
s
n
d
B
k
g
d
li
a

d
e
ic
D
s
le
V
re
fo
w
F
d
D
e

M
T
w
V
D
c
V
fr
e
re
h

A
u
c
w
K
s
fe

ru

(C (D nde und nachhaltige Verkehrssicherheitsarbeit, meine erren und Damen, sieht wahrlich anders aus. Was gesellschaftliche Diskurse zum Beispiel über das hema Höchstgeschwindigkeit – wir alle wissen, dass berhöhte Geschwindigkeit eine der Hauptursachen für dliche Verkehrsunfälle ist – angeht, so finde ich daber nichts. Was ist mit selbsterklärenden Verkehrsräuen oder neuen Verkehrskonzepten für die gemeinsame, leichberechtigte Nutzung von Verkehrsflächen in Inenstädten? Fehlanzeige. Selbst die von Ihnen dargetellten Maßnahmen sind unwirksam, wenn sie erstens icht die Akzeptanz der Bevölkerung finden und wenn ie Polizei zweitens ihre Einhaltung nicht überwacht. ei der Akzeptanz geht es um Aufklärung. Die Verehrswachten zum Beispiel leisten hier eine hervorraende Arbeit; mein Kollege Hacker wird noch näher arauf eingehen. Ich möchte an dieser Stelle ein persönches Dankeschön an alle hauptamtlichen und ehrenmtlichen Mitarbeiter richten, die sich hier engagieren. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Für die Überwachung ist die Polizei zuständig. In
em Antrag der SPD fordern wir, die Kontrolldichte zu
rhöhen. In der Diskussion im Verkehrsausschuss habe
h von den Kollegen der Koalitionsfraktionen gehört:
afür sind wir als Bundesbehörden doch gar nicht zu-

tändig. Richtig, Polizeiarbeit ist Ländersache. Das wol-
n wir auch nicht ändern. Aber selbst in Ihrem eigenen
erkehrssicherheitsprogramm stellen Sie fest, dass zahl-
iche der von Ihnen genannten Maßnahmen keinen Er-
lg haben werden, wenn die Einhaltung nicht über-
acht, also die Kontrolldichte nicht erhöht wird. Welche
olgerungen, Herr Ferlemann, zieht Ihr Minister aus
em, was ich eben gesagt habe? Augenscheinlich keine.
as ist sicherlich die einfachste Lösung, aber ich habe

rhebliche Zweifel daran, ob es die sachgerechteste ist.

Letzte Woche war ich an der Hochschule der Polizei in
ünster und habe vor angehenden Führungskräften das

hema Verkehrssicherheit angesprochen und dargelegt,
elche Wünsche wir als Parlament an die Polizei bei der
erkehrssicherheitsarbeit haben. In der anschließenden
iskussion haben mir die Teilnehmenden dargelegt, wel-

he Rolle sie sich hierbei wünschen. Als Fachleute, die
erkehrsunfälle aufnehmen, Ursachen ermitteln und
ühzeitig Trends darlegen können, möchten sie gerne in
ine Arbeit, die sie direkt betrifft und deren Erfolg von ih-
r eigenen Leistung abhängt, eingebunden werden. Sie

aben recht damit.

Unsere Fraktion hält es für unabdingbar, dass sich alle
kteure verstärkt austauschen und zusammenarbeiten,
m das bestmögliche Ergebnis, die Vision Zero, zu errei-
hen. Wir sind der Meinung, dass man dieses Thema
eiter ausbauen sollte. Man könnte zum Beispiel eine
oordinierungsstelle als Bindeglied zwischen der ent-

prechenden Unterarbeitsgruppe der Innenministerkon-
renz und unserem Verkehrsministerium einrichten.

Das Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesregie-
ng ist überarbeitungsbedürftig; das hat Kollege





Kirsten Lühmann


(A) )


)(B)

Storjohann dargelegt. Stimmen Sie also auch dem An-
trag der SPD zu. Dann können wir mit den Vorschlägen,
die auch von den Experten in der Anhörung als notwen-
dig erachtet wurden, gemeinsam ein Verkehrssicher-
heitsprogramm gestalten, das besser geeignet ist, sich
den neuen Herausforderungen moderner Mobilität zu
stellen – zum Wohle der Menschen in unserem Lande.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715212700

Vielen Dank, Frau Kollegin Lühmann. – Nächster

Redner für die Fraktion der FDP ist unser Kollege Oliver
Luksic. Bitte schön, Herr Kollege.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Oliver Luksic (FDP):
Rede ID: ID1715212800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

freue mich, dass unsere umfangreichen Beratungen zur
Verkehrssicherheit heute zu einem, denke ich, guten Ende
kommen. Wir wissen – das wurde zu Recht betont – um
die großen Erfolge der Vergangenheit, die wir alle ge-
meinsam erzielt haben. Dennoch ist richtig: 2011 gab es
zum ersten Mal wieder einen kleinen Anstieg der Zahl
der im Straßenverkehr Getöteten. Das sollte uns in der
Tat mahnen, uns nicht auf erreichten Erfolgen auszuru-
hen.

Das, was Kollegin Lühmann eben gesagt hat, kann
ich voll und ganz unterstreichen: Wir haben in Deutsch-
land zahlreiche Verbände sowie ehrenamtliche Helfer,
die sich beispielsweise als Schülerlotsen engagieren und
bei Kampagnen der Verkehrswacht mitarbeiten. Sie alle
machen Deutschland jeden Tag ein Stück weit sicherer.
Dafür ist, glaube ich, der Dank aller Fraktionen im Deut-
schen Bundestag besonders wichtig und richtig.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Das Thema Verkehrssicherheit geht alle an. Deswe-
gen ist es gut und richtig, dass wir uns in der Anhörung
so intensiv damit befasst haben. Ich glaube, trotz aller
Diskussionen, die geführt werden müssen, haben wir bei
diesen Themen sehr viel Gemeinsames entdeckt. Es war
eine konstruktive Anhörung. Es ist gut und richtig, dass
wir dieses große Fachwissen nutzen.

Ich glaube, Einigkeit besteht – das wurde eben ange-
sprochen – beim Thema „Verbesserung der Fahrausbil-
dung“. Dies muss bald angegangen werden. Die soge-
nannte zweite Stufe, also die Betreuung nach der ersten
Ausbildung, liegt uns als FDP sehr am Herzen. Ich hätte
mir dazu ein klareres Bekenntnis im Verkehrssicher-
heitsprogramm gewünscht. Sie wissen, dass die BASt,
die Bundesanstalt für Straßenwesen, aktuell Empfehlun-
gen zur Verbesserung der Fahrausbildung ausarbeitet.
Ich bin sehr hoffnungsfroh, dass dieser Gedanke dort
aufgenommen wird und wir dieses Thema weiter verfol-
gen können. Es bietet nämlich großes Potenzial für die

V
M

w
d
B
h
R
g
S
d
T
W
M

p
d
D
li

c
d
is
M
k
im
a

d
h
d
tu
s
s
d
d
g

li
la
ti
z
d
w
F
m
ru
m
li
o
s
b

fe
ä

(C (D erkehrssicherheit. Deswegen steht die FDP klar zu dem odell, das wir auch aus Österreich kennen. Was die technische Seite betrifft, ist es, glaube ich, ichtig, dass wir uns auf die neuen Herausforderungen er Verkehrssicherheit einstellen. Pedelecs gewinnen an edeutung. Dies ist ein wichtiges Thema, weil schon eute technische Schwierigkeiten bestehen und es zu ahmenbrüchen kommt, wodurch die Unfallzahlen steien. Wir müssen meiner Meinung nach auch über die chaffung neuer Fahrzeugklassen nachdenken. Wir weren mit Sicherheit, weil dies gerade im Bundesrat ein hema ist, auch über die Helmpflicht strittig diskutieren. ir als FDP und die Koalition setzen auf freiwillige aßnahmen und Kampagnen wie „Ich trage Helm“ und Fahrradhelm macht Schule“. Würde man eine Helmflicht einführen, bestünde nämlich die große Gefahr, ass das Radfahren unattraktiver und geschwächt würde. as ist unserer Meinung nach genau der falsche Weg, ebe Kolleginnen und Kollegen. Bei aller Übereinstimmung beim Thema Verkehrssiherheit gibt es natürlich auch Unterschiede zwischen en Fraktionen, auch bei den Ansätzen. Unsere Leitlinie t nicht Vermeidung von Verkehr, sondern lebenslange obilität; diese soll natürlich sicher sein. Eine gute Ver ehrserziehung soll so früh wie möglich anfangen, auch motorisierten Bereich. Deswegen begrüßen wir es usdrücklich, dass im Hinblick auf AM 15, den Mopedhrerschein mit 15, in drei Bundesländern Feldversuche urchgeführt werden, nämlich in Sachsen, Sachsen-Analt und Thüringen. Unser Ziel ist eine bessere Ausbilung der jungen Fahrer, vor allem im Vergleich zur akell schlechten Mofaausbildung. Wir meinen, man ollte diese Feldversuche nicht von vornherein ablehnen, ondern die Ergebnisse der Prüfung abwarten. Wir finen es gut, dass drei Bundesländer bei diesem Thema, zu em es auch einen Beschluss des Deutschen Bundestaes gibt, vorangehen. Den geschützten Erfahrungsaufbau müssen wir natürch weiterdenken. Die Koalition hat sich schon sehr nge und sehr frühzeitig mit dem Thema BF 17 beschäfgt. Es ist ein Erfolgsprojekt. Allerdings nehmen noch u wenige Angehörige der entsprechenden Altersgruppe aran teil, nur knapp 50 Prozent. Diesen Anteil müssen ir steigern und zusammen mit allen Verbänden und ahrschulen höhere Teilnahmezahlen erwirken. Wir üssen auch über das nachdenken, was wir in der Anhöng erfahren haben. Das Thema „Begleitetes Fahren it 16“ sollte schon als Idee angedacht werden, natürch verbunden mit Geschwindigkeitsbeschränkungen der dem verpflichtenden Einbau von Fahrerassistenzystemen. Die FDP jedenfalls steht dem Gedanken des egleiteten Fahrens mit 16 sehr offen gegenüber. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Von Fahrerassistenzsystemen erwarten wir und erhof-
n wir uns besonders viel für die wichtige Gruppe der

lteren Fahrer. Da die demografische Entwicklung so ist,





Oliver Luksic


(A) )


)(B)

wie sie ist, und da wir uns die Unfallzahlen genau an-
schauen müssen, ist es wichtig, im Hinblick auf Fah-
rerassistenzsysteme mehr zu tun. Das bringt unserer
Meinung nach mehr als Drohungen wie der Führerschein-
entzug oder eine Pflichtprüfung alle zehn Jahre, wie es
die Grünen in ihrem Antrag fordern. Die Koalitionsfrak-
tionen sind der Meinung, dass wir kein Beschäftigungs-
programm für bestimmte Berufsgruppen brauchen. Wir
wollen die Mobilität erhalten, gerade die der älteren Fah-
rer, die wir nicht ausgrenzen wollen. Das ist, glaube ich,
ein ganz wichtiger Punkt, den wir festhalten müssen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Strittig sind immer wieder die Promillegrenzen; das
waren sie auch in den Ausschüssen. Ich glaube, ein
Thema, das wir wirklich angehen müssen – hier wird
wahrscheinlich Konsens bestehen –, ist die Promille-
grenze für Radfahrer. Mit 1,6 Promille kann man kein
Fahrzeug mehr steuern, auch kein Fahrrad. Darüber wird
gerade auch in der einen oder anderen Universitätsstadt
heftig diskutiert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eine allgemeine 0,0-Promille-Grenze im Straßenver-
kehr lehnen wir als unverhältnismäßig ab. Das Problem
sind unserer Meinung nach die Fahrer, die 1 Promille Al-
kohol und mehr im Blut haben. In der Anhörung hieß es
zu Recht, dass es eher um fahrende Trinker als um trin-
kende Fahrer geht. Dieses Thema müssen wir angehen,
statt diejenigen, die zum Essen ein Bier trinken, zu gän-
geln. Das ist unserer Meinung nach falsch.

Falsch ist auch die Forderung nach Tempolimits. Es
gibt schon heute genug Möglichkeiten, auch innerorts,
wie es die Oppositionsfraktionen anregen, überall
Tempo 30 einzuführen, wenn dies im Hinblick auf die
Verkehrssicherheit notwendig ist. Wir meinen, dass eine
umfangreiche Verbotskultur, wie wir sie Ihren Anträgen
entnehmen, in die falsche Richtung führen würde.

Klar ist – das ist ein weiteres wichtiges Thema, bei
dem, glaube ich, Konsens besteht –: Wir sollten den Fo-
kus mehr auf die Landstraßen richten und die Idee von
der selbsterklärenden und Fehler verzeihenden Land-
straße verfolgen. Wir können auch hier über Sicherheits-
audits vor möglichen Aus- und Umbaumaßnahmen
nachdenken, um Unfallschwerpunkte zu entschärfen.

Klar ist: Wir müssen gemeinsam an diesem Thema ar-
beiten. Zehn Tote pro Tag sind noch immer zu viel. Un-
ser Ziel muss eine lebenslange und sichere Mobilität
sein. Dafür stehen die Koalitionsfraktionen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715212900

Vielen Dank, Kollege Oliver Luksic. – Jetzt spricht

für die Fraktion Die Linke unser Kollege Herbert
Behrens. Bitte schön, Kollege Herbert Behrens.


(Beifall bei der LINKEN)


V
c
g
ta
k
s
w
m
z

D
n
d
a

u
m
s
g

k
B

ti
a
d
z
k
s
d
s
V
d

h
k
re
d

U
s
g
Z
D
q
M
m
k

ru
s
m
ß
k
S
k
e

(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! erkehrsunfälle gehören zu den grausamsten Todesursahen, die wir kennen. Angehörige und Freunde bleiben ezeichnet für ihr ganzes Leben zurück. Das passiert usendfach in unserem Land: 2010 waren es 3 657 Verehrstote, 2011 werden es vermutlich 3 900 gewesen ein. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn die Zahlen ieder steigen. Unser oberstes Ziel muss sein: Runter it der Zahl der Todesopfer im Straßenverkehr, und war deutlich! In der Europäischen Union ist man sich hier einig. ie Zahl der Unfalltoten auf den Straßen soll in den ächsten zehn Jahren im Vergleich zu 2010 halbiert weren. Das heißt, 2020 sollen es in Deutschland nicht mehr ls 1 800 Todesopfer auf der Straße sein. Die CDU/CSUund die FDP-Fraktion halten das für nrealistisch und verabschieden sich von diesem geeinsamen europäischen Ziel. Damit widersprechen Sie elbst dem Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesreierung. Dort ist zu lesen: Jedes Opfer von Verkehrsunllen ist eines zu viel. Das bedeutet doch wohl: Es soll eine Toten mehr im Straßenverkehr geben. Das sagt die undesregierung. In den Beratungen haben wir Fraktionen der Opposion versucht, Sie davon zu überzeugen, mutiger zu sein, ls Sie es dann waren. Die Linke hat Sie aufgefordert, ie 40 Einzelmaßnahmen, die Sie aufgeschrieben haben, usammenzufassen, damit ein wirkliches Programm erennbar wird, das zu mehr Verkehrssicherheit führen oll. Sie haben das abgetan mit dem Hinweis, die Bunesrepublik stehe im Vergleich zu den anderen europäichen Staaten doch gut da, weil wir in Bezug auf die erkehrssicherheit an vierter Stelle stehen. Damit weren wir dem Problem doch nicht gerecht! Die Linke fordert eine neue Verkehrspolitik, das eißt, weniger Straßenverkehr und mehr Geld für Verehrssicherheit. Das ist doch besser als der bedarfsgechte Ausbau des Bundesverkehrsstraßennetzes, den ie Regierungsfraktionen fordern. Die Menschen müssen und wollen auch mobil sein. m ihren Arbeitsbzw. Ausbildungsplatz zu erreichen, ind sie häufig auf das Auto angewiesen. Oft haben sie ar keine andere Wahl als das Auto, um zum richtigen eitpunkt an dem Ort zu sein, an dem sie sein müssen. er öffentliche Personenverkehr muss in der Konseuenz also ausgebaut werden, und zwar so, wie ihn die enschen brauchen. Das wäre ein wichtiger Beitrag zu ehr Verkehrssicherheit auf den Straßen, aber das ommt in keinem der Anträge vor. „Runter vom Gas!“: Das ist nicht nur eine Auffordeng auf den Plakaten der Deutschen Verkehrswacht, ondern das heißt auch für uns als Gesetzgeber: runter it den Tempolimits auf den Autobahnen, auf Landstra en und auch innerorts. Tempolimits bringen allen Verehrsteilnehmern mehr Ruhe, mehr Übersicht und mehr icherheit. Das schützt vor allem die schwächeren Verehrsteilnehmer. Bis das alle akzeptiert haben, braucht s Zeit; das ist klar. Sie schreiben auch selber: Ohne Re Herbert Behrens )

Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715213000




(A) )

gelakzeptanz der Bürgerinnen und Bürger geht das nicht.
D’accord; das ist richtig.

Ohne Geld für Verkehrssicherheitsprogramme geht es
aber eben auch nicht. Deshalb haben die Linken und
auch die Fachverbände in der Anhörung gefordert, den
Etat im Bundeshaushalt für diesen Bereich von 10 auf
14 Millionen Euro maßvoll, wie wir denken, zu erhöhen.
Sie waren dagegen.

Bündnis 90/Die Grünen fordern in ihrem Antrag ei-
nen Masterplan. Viele Forderungen stehen darin. Wir
sind zwar nicht mit allen Punkten einverstanden, aber
die Richtung stimmt. Vision Zero als oberstes Ziel, Tem-
polimits und die Halbierung der Zahl der Verkehrstoten
bis 2020 sind die Kernforderungen, die auch wir unter-
stützen.

Im Antrag der SPD-Fraktion stehen auch viele wich-
tige Forderungen, die wir unterstützen können, aber an
der entscheidenden Stelle bleiben Sie doch wieder ein-
mal zaghaft, und Sie bleiben auch hinter der Forderung
Ihrer Partei zurück. 2007 beschlossen Sie auf Ihrem Par-
teitag, doch Tempo 130 auf den Autobahnen zu fordern.
Sie argumentierten mit der Sicherheit und der Umwelt.

In Ihrem heutigen Antrag tasten Sie sich jetzt langsam
wieder an das Vernünftige und Notwendige heran und
fordern ein Tempolimit zunächst für Kleinlaster. Auch
bei der Frage von Tempolimits in geschlossenen Ort-
schaften wollen Sie nur prüfen, ob Tempo 30 sinnvoll
ist. Ich denke, es wird Zeit zum Handeln.

Das Verkehrssicherheitskonzept für die Straßen, das
uns hier von CDU/CSU und FDP vorgelegt wird, bleibt
hinter dem zurück, was möglich und was notwendig ist.
Wir alle wollen doch erreichen, dass niemand mehr im
Straßenverkehr zu Schaden kommt. Wir alle wollen
doch mehr Sicherheit und Lebensqualität und akzeptie-
ren nicht, dass 30 Milliarden Euro volkswirtschaftlicher
Schaden nur durch Verkehrsunfälle entsteht. Bei so viel
Übereinstimmung sollte es eigentlich möglich sein, zu
mehr Gemeinsamkeit zu kommen. Die Regierungsfrakti-
onen sind dagegen; das verstehe, wer will.

Die Linke will eine solidarische und ökologische Ver-
kehrspolitik. Das bedeutet an manchen Stellen Grenzen
für die Starken und aktiven Schutz für die Schwachen.
Nur so können wir aber ein faires Miteinander erreichen
und die Zahl der Verkehrstoten konsequent verringern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715213100

Vielen Dank, Kollege Behrens. – Jetzt für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Stephan
Kühn. Bitte schön, Kollege Stephan Kühn.


Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715213200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem

Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesregierung ist
die große Chance verpasst worden, ein ambitioniertes
Gesamtkonzept für das Thema Verkehrssicherheit vorzu-
legen. Die Vision Zero, das heißt, die Zahl der Verkehrs-

to
U
g
ri
d

to
ß
g
z
d
V
z

A
m
d
D
d
s
n
M
v

A
s
s
b
fa

A
p
s

D
g
s
a
s

z
w
g
d
is

N
B
li
g

A

(C (D ten auf nahe null zu reduzieren, wie es die Europäische nion, der Deutsche Verkehrssicherheitsrat und der eiene Wissenschaftliche Beirat beim Verkehrsministeum fordern, ist nicht erklärtes politisches Ziel der Bunesregierung. Trotz jahrelanger Appellpolitik und Kampagnen mit llen Websites stagniert die Zahl der Unfälle im Stra enverkehr. Die Zahl der Unfalltoten 2011 ist im Verleich zu 2010 wieder angestiegen, und zwar um 7 Proent. Es ist also kein Trend absehbar, der erkennen lässt, ass das Ziel der Bundesregierung, die Zahl der tödlich erunglückten im Straßenverkehr bis 2020 um 40 Proent zu senken, tatsächlich erreicht werden kann. Unangepasste Geschwindigkeit und das Fahren unter lkoholeinfluss sind Ursache Nummer eins und Numer zwei von Verkehrsunfällen. Maßnahmen gegen iese beiden Unfallursachen sind hinlänglich bekannt. ie Wissenschaft hat sich dazu klar geäußert. Aber trotzem passiert nichts. Aus meiner Sicht besteht die gesellchaftliche Verpflichtung, diese vorgeschlagenen Maßahmen umzusetzen, wenn dadurch zahlreiche enschenleben gerettet und die schweren Unfallfolgen ermieden werden können. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dazu zählen die Einführung eines Tempolimits auf
utobahnen, die Einführung von Tempo 30 als Regelge-

chwindigkeit, Herr Kollege Luksic, innerhalb von Ort-
chaften – das hat auch das Europäische Parlament so
eschlossen – sowie ein striktes Alkoholverbot für Auto-
hrer. Symbolpolitik ersetzt keine Ordnungspolitik.


(Oliver Luksic [FDP]: Deswegen brauchen wir kein Tempo 30!)


nstatt Klaviermusik-CDs wie „Adagio im Auto“ zu
roduzieren, sollte sich der Verkehrsminister an die Um-
etzung dieser Maßnahmen machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie Versuche zum Thema Alkoholverbot für Fahranfän-
er wurden doch erfolgreich durchgeführt und haben
ich bewährt. Warum gilt dieses Verbot dann nicht für
lle? Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat fordert das
eit Jahren.

Die Zahl der getöteten Fußgänger ist im Vergleich
um Jahr 2010 um dramatische 25 Prozent gestiegen. Ich
ill kurz beschreiben, welchen Unterscheid Tempo 30
egenüber Tempo 50 macht. Auf trockener Fahrbahn ist
er Bremsweg bei Tempo 30 12 Meter lang, bei Tempo 50
t er 26 Meter lang.


(Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Bei Tempo 10 ist es noch weniger!)


ach 12 Metern ist man immer noch 45 km/h schnell.
ei dieser Geschwindigkeit ist die Gefahr lebensbedroh-
cher Verletzungen sehr hoch. Darum besteht hier drin-
ender Handlungsbedarf.

Von Minister Ramsauer hören wir im Wesentlichen
ppelle zur Verhaltensänderung an die ungeschützten





Stephan Kühn


(A) )


)(B)

Verkehrsteilnehmer, wie beispielsweise der Hinweis an
Radfahrer, Helme zu tragen, oder an Schulkinder, Warn-
westen überzuziehen. Es geht offenbar nicht darum, den
Verkehr für die ungeschützten Verkehrsteilnehmer siche-
rer zu machen und den Verkehr entsprechend anzupas-
sen. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass die Bundes-
regierung den Schwerpunkt eher auf die Vermeidung
von Unfallfolgen anstatt auf die Vermeidung von Ver-
kehrsunfällen legt.

Gerade beim Radverkehr zeigt sich deutlich, dass die
Fahrradinfrastruktur nicht auf dem Stand der Technik ist.
Die Konsequenz der Bundesregierung: Die Ausgaben
für den Bau von Radwegeanlagen entlang von Bundes-
straßen wurden von 100 Millionen Euro im Jahr 2010
auf 60 Millionen Euro im Jahr 2012, also um 40 Prozent,
gekürzt.

Bekleidungsvorschriften, meine Damen und Herren
von der Koalition, für Fahrradfahrerinnen und Fahrrad-
fahrer verhindern keine Unfälle, Sicherheitstechnik in
Fahrzeugen allerdings schon. Dazu zählen beispiels-
weise Abbiege- und Bremsassistenten für Lkw, Türöff-
nerwarnung und dergleichen mehr. Diese Systeme sind
aber alle nicht verpflichtend. Entsprechend gering ist die
Marktdurchdringung, gerade auch bei den Pkw.

Unfälle und deren Folgen verursachen jährlich volks-
wirtschaftliche Kosten in Höhe von über 30 Milliarden
Euro. Mehr Verkehrssicherheit erspart nicht nur Leid,
sondern sie spart auch Geld. Dafür ist es notwendig, klug
in die Verkehrsinfrastruktur und auch in die Aufklä-
rungsarbeit zu investieren. Für mich ist daher unver-
ständlich, warum der Haushaltsansatz für die Verkehrs-
erziehungsmaßnahmen seit Jahren stagniert. Es ist eine
indirekte Kürzung, wenn der Haushaltsansatz nicht auf-
wächst.

Im Übrigen wird überall von lebenslangem Lernen
gesprochen, nur in der Mobilitätserziehung nicht. Es gibt
eine Konzentration auf den vorschulischen Bereich und
die Grundschule. Dann bricht es massiv ab. Auch hier
würde ich mir eine Initiative der Bundesregierung wün-
schen, die ich aber nicht erkennen kann.


(Florian Pronold [SPD]: Aber Herr Döring lernt es nimmer! – Gegenruf der Abg. Petra Müller [Aachen] [FDP]: Er oder ich? – Gegenruf des Abg. Florian Pronold [SPD]: Der Kollege Döring! Fahrerflucht!)


Kommen wir zur Verkehrsinfrastruktur. Es gibt keine
Einführung systematischer Sicherheitsaudits, obwohl die
uns viel Geld sparen würden. Es ist nämlich teurer, die
Infrastruktur erst nach Unfällen umzubauen. Wir haben
auch kein durchgängiges Prinzip bei Straßenplanung und
Bau, das „selbsterklärende Straße“ heißt. Wir versuchen
damit, den Straßenraum so zu gestalten, dass dem Ver-
kehrsteilnehmer de facto das richtige Verhalten vorgege-
ben wird.

Sichere Verkehrsanlagen wären durch sichere Ge-
schwindigkeit möglich. Auch das spart Geld. Es ist ein
Unterschied, ob eine Autobahn für Tempo 120 oder eine
Verkehrsanlage ohne Geschwindigkeitsbegrenzung ge-
plant wird. Man kann Platz sparen, und man kann auch

im
re

tu

D

a
w
d
s
6
le
a
li

b
d
k

H

d
d
d
c
s
w

ti
s

M
G
d

(C (D Bereich der Sicherungstechnik der Straße etwas span. Herr Kollege, die Farbe Rot hat die ähnliche Bedeu ng wie bei der Ampel. aran darf ich Sie erinnern. Ich nehme das zur Kenntnis und komme abschließend uf ein Thema zu sprechen, das mir sehr wichtig ist. Vor enigen Tagen wurde eine Petition im Deutschen Bunestag eingereicht, die regelmäßige verpflichtende Geundheitsund Fahrtauglichkeitstest ab dem Alter von 5 Jahren fordert. Hintergrund der Petition ist, dass im tzten September zwei Mitglieder eines Sportvereins uf der A 14 durch einen 82-jährigen Geisterfahrer tödch verletzt wurden. Ab dem Jahr 2013 ist der Führerschein nicht mehr unegrenzt gültig, sondern nur noch 15 Jahre. Dies bietet ie Chance, verpflichtende Gesundheitschecks daran zu oppeln. Sie haben die Ampel wirklich überfahren. Das passiert nicht, und das ist ärgerlich. Hier besteht andlungsbedarf. Bei aller Liebe: Sie kommen jetzt zum Schlusssatz. Mein letzter Satz: Ich wünsche mir – das ist auch in er Debatte deutlich geworden; es wird in den Anträgen eutlich; es wird in der Petition deutlich, und es wird mit er Zahl der Unfälle deutlich, die sich nicht so entwikelt, wie wir uns das wünschen –, dass das Verkehrsicherheitskonzept der Bundesregierung überarbeitet ird. Herzlichen Dank. Nächster Redner in unserer Debatte ist für die Frak on der CDU/CSU unser Kollege Volkmar Vogel. Bitte chön, Kollege Volkmar Vogel. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Vorredner aus der Koalition, Oliver Luksic und ero Storjohann, haben bereits trefflich zu den Erfolgen er Verkehrssicherheitsarbeit berichtet. Eigentlich kann Volkmar Vogel )

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715213300

(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715213400
Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715213500

(Heiterkeit)

Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715213600
Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715213700
Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715213800

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715213900

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1715214000




(A) )

man es nicht oft genug sagen. Denn es geht um vermie-
denes menschliches Leid. Es geht um Gesundheit und
um Sachwerte, die erhalten bleiben.

Trotzdem will ich mich in meinen Ausführungen
kurzfassen und nur auf einige aus meiner Sicht wichtige
Faktoren hinweisen. Zusammengefasst sind es drei Fak-
toren, die maßgeblich zum Erfolg beitragen, aber natür-
lich auch zum Misserfolg führen können, nämlich der
Mensch, unsere Infrastruktur und die Technik. Es ist der
Mensch, der vorsichtig fährt, Gefahrensituationen trai-
niert hat, gut informiert ist, aber auch durch Radarblitz
oder Bußgeld belehrt wird. Auch das gehört dazu. Es
sind aber auch die Menschen, die ehrenamtlich für die
Verkehrssicherheit arbeiten und die bei der Verkehrs-
wacht und beim Verkehrssicherheitsrat, in den Automo-
bilclubs, beim THW, der Feuerwehr oder in den Hilfs-
organisationen Verkehrsteilnehmer schulen, mit ihnen
üben, ihnen helfen und ihnen das Leben retten. Ihnen gilt
unser Dank.

Mit den Investitionen in die Straßeninfrastruktur sor-
gen wir immer auch ein Stück weit für mehr Verkehrs-
sicherheit, sei es, wenn es um die Kreuzungsgestaltung,
die einen Fehler verzeiht, um die Entschärfung gefährli-
cher Kurven oder um Ortsumgehungen geht. Ortsumge-
hungen sind in erster Linie für die Menschen gedacht.
Für mich steht das Schutzgut Mensch noch immer an
erster Stelle, gefolgt von Flora, Fauna und Habitat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Neben den Straßen ist es die Technik der Fahrzeuge,
die das Fahren sicherer gemacht hat. Knautschzone, Si-
cherheitsgurt, ABS und ESP tragen maßgeblich dazu
bei. Man könnte sagen: alles auf gutem Weg, alles im
grünen Bereich. Trotzdem will sich die christlich-libe-
rale Koalition mit dem Erreichten nicht zufriedengeben.
Wir haben frühzeitig unsere Konzepte in einem Antrag
formuliert. Die anderen Fraktionen sind dem gefolgt.
Der Mensch steht für uns weiterhin im Mittelpunkt. Des-
wegen ist es für uns wichtig, bewährte Programme zu
Information und Ausbildung fortzusetzen. Die Mittel-
ausstattung für die Verkehrswacht und den Verkehrs-
sicherheitsrat ist gewährleistet, natürlich immer mit
Blick auf die gesamte Haushaltslage.

Ordnungsrecht hilft nicht immer. Eine Verschärfung
von Vorschriften allein, Einschränkungen oder gar Ver-
bote für zum Beispiel jüngere oder ältere Fahrer sind
keine Lösung. Immer neue Maßregeln führen sehr
schnell dazu, dass die Akzeptanz bei den Bürgern sinkt
und wir am Ende das Gegenteil erreichen. Ständige Ver-
bote helfen nicht wirklich. Außerdem handelt der weit
größte Teil verantwortungsvoll. Die Menschen haben ein
Recht auf weitreichende, selbstbestimmte Mobilität. Un-
ser Ziel ist nicht, noch mehr Vorschriften zu erlassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das gilt auch im Hinblick auf die jungen Fahranfänger.
Sie rechtzeitig auf Gefahren hinzuweisen und ihnen zu
helfen, ist besser, als mit Verboten schützen zu wollen.
Das begleitete Fahren mit 17 ist ein gelungenes Beispiel
dafür. Wir sollten die Modellversuche, die das Moped-
fahren mit 15 ermöglichen, konstruktiv begleiten.

m
m
h
v
s
h
h
e
w
S
ra
b
li
u
h
w

n
m
M
g
E
w

R
H

g
K
d
d
h
k
W
D
s
g
k

a
V
re

m
te
e
2
to
s
k
L

(C (D Trotzdem können Fehler passieren, jedem von uns, anchmal mit schlimmen Folgen. Deswegen sollten wir ehr als bisher die technischen Möglichkeiten, die es eutzutage gibt, nutzen. Sekundenschlaf im Lkw kann erheerende Folgen haben. Wenn es passieren soll, pasiert es, egal wie lange die letzte Pause zurückliegt. Desalb gehört meiner Meinung nach aktiven Fahrsichereitssystemen die Zukunft. Neben den passiven werden s immer mehr Notbremssysteme und Seitenabstandsarner sein, die in Verbindung mit ABS und ESP das chlimmste verhindern. Alle Systeme, die Energie heusnehmen, also die bei Gefahr verlangsamen oder remsen, sind sinnvoll. Deswegen wird die christlichberale Koalition den Einbau solcher Geräte weiterhin nterstützen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das ohe deutsche Niveau bei Technik und Sicherheit EUeit erreicht wird. Dass Sie mich nicht falsch verstehen: Auch die Techik ist kein Allheilmittel. Nicht alles, was im Fahrzeug achbar ist, ist sinnvoll. Es gilt noch immer: Kraft ist asse mal Beschleunigung. Diese Kraft überfordert ir endwann jede technische Einrichtung, sodass es am nde immer der Mensch ist, der mit Verantwortungsbeusstsein andere und sich selber schützt. Vielen Dank. Vielen Dank, Kollege Volkmar Vogel. – Nächster edner für die Sozialdemokraten ist unser Kollege ans-Joachim Hacker. Bitte schön, Kollege Hacker. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich laube, in kaum einem anderen Bereich herrscht so viel onsens über die Ziele, die wir erreichen wollen, wie bei en Themen Verkehrssicherheit und Prävention. Mit em schon angesprochenen nationalen Verkehrssichereitsprogramm 2011 und dem dritten europäischen Verehrssicherheitsprogramm, das bis 2020 reicht, erfolgen eichenstellungen für die Verkehrssicherheitsarbeit in eutschland und in Europa. Aber die sozialdemokrati che Fraktion meint, dass die Maßnahmen der Bundesreierung nicht ausreichen; darüber haben wir schon disutiert. Ich will im Einzelnen darauf eingehen. Maßnahmen sind dringend notwendig, weil sonst das ngestrebte Ziel, bis 2020 in Deutschland die Zahl der erkehrstoten um 40 Prozent zu reduzieren, nicht ericht werden kann. Das Statistische Bundesamt hat für das Jahr 2011 erstalig wieder eine Steigerung der Zahl der Verkehrston, nämlich auf wahrscheinlich 3 900, errechnet. Das ist ine Steigerung um 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr 010. Es geht mir nicht allein um die Zahl der Verkehrsten; es geht um das Leid, das für die Familien dahinter teht. Wir sollten in Zukunft auch den Fokus noch stärer auf die Betroffenen von Unfällen lenken, die ihr eben lang ein Schicksal als Schwerstverletzte haben. Hans-Joachim Hacker )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715214100

(Beifall bei der SPD)

Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1715214200




(A) )

Wir brauchen Bewertungskriterien. Herr Storjohann, Sie
haben, glaube ich, angesprochen, dass wir zu einer Ver-
gleichbarkeit kommen müssen. Das alles ist Technik.
Wir müssen die Zahl der Verkehrstoten, die Zahl der Un-
fälle an sich reduzieren.


(Beifall bei der SPD)


Die Untersuchungen des Wissenschaftlichen Beirats
beim Bundesverkehrsminister, aber auch die Empfehlun-
gen, die von der Deutschen Verkehrswacht und vom
Deutschen Verkehrssicherheitsrat aufgrund von Erfah-
rungen gegeben worden sind, stellen besondere Risiko-
gruppen und Gefahrenbereiche in den Mittelpunkt der
Betrachtung. Die schwächeren Verkehrsteilnehmer – das
sind Kinder, ältere Menschen, aber auch Jugendliche
zwischen 15 und 17 Jahren, die keine Erfahrung haben –
müssen weiterhin im Fokus bleiben, ebenso Kraftradfüh-
rer. Die Zahl der getöteten Motorradfahrer wird voraus-
sichtlich um 13 Prozent steigen. Um diese Gruppen müs-
sen wir uns in der Präventionsarbeit noch stärker
kümmern.

Die meisten Verkehrsunfälle – das ist eine Tatsache –
ereignen sich auf Landstraßen. Wir haben dort ungefähr
60 Prozent der Verkehrstoten zu beklagen. Ich will damit
jedoch nicht sagen, dass wir im Deutschen Bundestag
oder im Bereich der Verkehrssicherheitsarbeit jetzt eine
Diskussion über Alleen in Deutschland führen sollten;
denn nicht die Alleen sind Ursache von Verkehrsunfällen,
sondern Ursache ist die unangepasste Verhaltensweise im
Verkehr, nämlich von risikobereiten oder – sagen wir es
einmal richtig – verantwortungslosen Verkehrsteilneh-
mern. Das müssen wir, denke ich, in der Diskussion über
Präventionsmaßnahmen, über Präventionsarbeit in den
Mittelpunkt stellen.

Wir müssen sagen, worum es geht. Es geht um Alko-
holgenuss, es geht um unangepasste Geschwindigkeit,
und es geht um riskante Überholmanöver. Das sind die
Ursachen von Verkehrsunfällen; Ursache ist nicht die
Allee und auch nicht der Straßenbaum.

Die Unfälle wären weitestgehend vermeidbar, wenn
wir alle – ich sage ganz bewusst: wir alle – uns an die
Grundregeln der Straßenverkehrsordnung halten wür-
den, wie sie in § 1 definiert sind: Vorsicht und gegensei-
tige Rücksichtnahme; Gefahrenminimierung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist der zentrale Appell, der auch aus dieser Diskus-
sion hinausgehen muss und der von den Ehrenamtlern in
Gesprächen mit Verkehrsteilnehmern immer wieder in
den Vordergrund gestellt wird.

Hier ist heute schon über Geld gesprochen worden;
ich will das auch noch einmal tun. Liebe Kolleginnen
und Kollegen von der Koalition, Sie haben wider besse-
res Wissen gegen eine moderate Erhöhung der Verkehrs-
sicherheitsmittel gestimmt. Die SPD-Bundestagsfraktion
hat Anträge im Verkehrsausschuss und im Haushaltsaus-
schuss gestellt. Wir haben damit auch Forderungen der
Deutschen Verkehrswacht und des Deutschen Verkehrs-

s
h
n
g
w

P
h

le
c
B
n
u
p

F
e
k
s
P
d
z

P

a

s

d

A
M
M
h

U

le

(C (D icherheitsrats aufgegriffen. Wir haben nicht übermäßig ohe Forderungen gestellt. Das hätten wir machen könen. Die Ehrenamtler brauchen einen Inflationsausleich. Seit 20 Jahren sind die Mittel nicht angepasst orden. Ich will noch drei zentrale Punkte nennen, die in dem rogramm der Bundesregierung nicht enthalten sind. Sie aben die Arbeit des eigenen Beirats nicht genügend becksichtigt. – Herr Ferlemann, Small Talk mit der Kolgin oder Debatte? – Sie haben einen Wissenschaftli hen Beirat beim Bundesministerium berufen. Der undesminister für Verkehr, Herr Dr. Ramsauer, hat eien Wissenschaftlichen Beirat, und der hat Vorschläge nterbreitet. Ich nenne sie nur einmal ganz kurz in Stichunkten. Die Vorschläge beinhalten ein generelles Verbot des ahrens unter Alkohol. Warum schaffen wir es nicht, ndlich eine Regelung für eine allgemeine Geschwindigeitsbegrenzung auf 130 Kilometer pro Stunde auf deutchen Autobahnen zu treffen? Ich nenne auch das Thema edelecs. Sie stellen mittlerweile eine Gefahrenquelle ar, die wir in den Blick nehmen müssen. Keine Aussage u diesen wichtigen Themen in Ihrem Programm! Kollege Hacker, ich weiß nicht, wie viele Punkte das rogramm umfasst, ber es steht fest, dass Ihre Redezeit zu Ende ist. Frau Präsidentin, ich habe Ihren dringenden Hinweis chon gesehen. Ich bin auch schon beim letzten Satz. Ich bitte, ihn jetzt auch zu befolgen. Natürlich, ich schließe mich immer den Wünschen er Präsidentin an. Ich fordere Sie auf, Herr Ferlemann: Handeln Sie! ppelle reichen nicht. Die Diskussion um eine Pkwaut reicht nicht. Wir brauchen hier mehr konkrete aßnahmen. Die Vorschläge sind im SPD-Antrag ent alten. Danke schön. Das Wort hat die Kollegin Daniela Ludwig für die nionsfraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715214300

(Heiterkeit)

Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1715214400
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715214500
Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1715214600

(Beifall bei der SPD)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715214700


Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1715214800

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

gen! Den Letzten beißen bekanntlich die Hunde.





Daniela Ludwig


(A) )


)(B)


(Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Wenn man schnell genug ist, nicht!)


Fast alle guten Vorschläge sind von der einen oder ande-
ren Seite schon unterbreitet worden. Ich möchte aber
schon noch eines sagen, da ich öfter hörte, die Unions-
fraktion wagt es, in ihrem Antrag über das aktuelle Ver-
kehrssicherheitsprogramm ihres eigenen Ministers hi-
nauszugehen: Es ist wohl der Sinn des Parlamentarismus,
dass wir nicht nur unserer Regierung blind hinterherhop-
peln,


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Das stimmt ja nicht! Sie wollen dahinter zurück!)


sondern dass wir auch eigenständig Vorschläge machen
und in der Lage sind, diese schriftlich zu formulieren
und einen Antrag vorzulegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Genau so ist es! – Stephan Kühn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir ja auch in keinster Weise kritisiert! – Rita Schwarzelühr-Sutter [SPD]: Wenn man auch noch darauf hören würde, wäre es noch besser!)


Da wir unseren geschätzten Minister gut kennen, wis-
sen wir, dass er selbstverständlich alle diese Vorschläge
wohlwollend in sein Programm aufnehmen wird.

Es ist bereits häufiger die Statistik genannt worden.
Einerseits ist bis einschließlich 2010 die Zahl der Ver-
kehrstoten deutlich zurückgegangen, andererseits hat
wohl 2011, begünstigt durch das sehr milde Klima im
Frühjahr und damit durch eine früh beginnende Motor-
radsaison, die Zahl der Verkehrstoten zugenommen. Das
ist dramatisch, und wir sollten uns nicht wegducken; das
ist völlig klar. Ich schließe mich aber all jenen Vorred-
nern an, die sagten – ich würde es in einem Satz zusam-
menfassen –: Technik und Theorie ersetzen nicht die Ei-
genverantwortung im Verkehr. Herr Kollege Hacker, Sie
haben mir dabei wirklich aus der Seele gesprochen, und
auch mein Kollege Vogel sprach es an. Wenn wir uns
alle im Verkehr nicht verantwortlich verhalten – dabei
genügen wirklich einige wenige Prinzipien, an die man
sich zu halten hat –, dann helfen alle guten Appelle,
wünschenswerten Maßnahmen sowie technischen Ein-
richtungen in Pkw und Lkw relativ wenig. Die Fahrer
müssen damit klarkommen, was ihnen die Technik vor-
gibt. Dies muss für uns alle das Leitbild sein, wenn wir
über Verkehrssicherheit sprechen.

Es gab in den letzten Jahren gute Kampagnen, die
richtig waren. Sie alle kennen die Plakate „Runter vom
Gas!“ mit markanten Fotos, die uns, denke ich, alle
schon an den unterschiedlichsten Stellen dieser Republik
erschüttert haben.

Wir alle haben uns über den Erfolg des begleiteten
Fahrens ab 17 gefreut. Aus einem Modellversuch ist nun
eine dauerhafte Einrichtung geworden. Dies haben wir
sowohl unseren beiden Regierungsfraktionen als auch
dem Verkehrsministerium zu verdanken. Wie gesagt, das
begleitete Fahren ist ein sehr wichtiger Punkt in dieser
Legislaturperiode. Es hatte schon vorher große Erfolge

a
g

g
te

n
S
h
d
F
te
te
L
g
w
te
re
b
e
v
s
b
g
u
le
V

w
P
p
ru
M
ic
n
s
h
H
d
d
k

Q
z
W

d
s
b

E
S
s

(C (D ufzuweisen, und in der Zukunft ist sicherlich mit noch rößeren Erfolgen zu rechnen. Unser Antrag ist bereits angesprochen worden. Er eht in einigen Punkten über das hinaus, was der Minisr vorgeschlagen hat. Wichtig ist natürlich auch die Sicherheit auf Autobahen – zur Sicherheit auf Landstraßen hat mein Kollege torjohann bereits Ausführungen gemacht –: Zur Sichereit auf Autobahnen gehört natürlich – da sind wir dabei –, ass wir adäquate Möglichkeiten bieten, damit Lkwahrer sich ausruhen und parken können. An bestimmn Tagen – ich erlebe das selbst im Grenzgebiet zu Ösrreich, wenn in Österreich Feiertag ist – müssen die kw bei uns auf dem Seitenstreifen parken, weil sie nirends sonst halten können – ein unhaltbarer Zustand soohl für die Fahrer, aber auch für die übrigen Verkehrsilnehmer, die regelmäßig Gefahr laufen, einen dort chtswidrig parkenden Lkw zu übersehen. Wir alle ha en noch die dramatischen Unfälle vor Augen, bei denen in Pkw in einen parkenden Lkw rast. Hier ist seit 2008 iel getan worden. Wir haben uns die Zielvorgabe geetzt, die Lkw-Parkplätze an unseren deutschen Autoahnen deutlich auszubauen. Das ist wirklich ein wichtier Punkt, der nicht wenig Geld kostet, aber sicherlich numgänglich sein wird. 11 000 solcher Parkplätze woln wir bis Ende 2012 erreichen. Auch das hat etwas mit erkehrssicherheit zu tun. Wir haben darüber, ob eine Helmpflicht eingeführt erden soll oder nicht, ausführlich diskutiert. Meine artei ist nicht unbedingt verdächtig, eine reine Verbotsartei zu sein. Entsprechend hat es auch durchaus Aufhr gegeben, und es wurde gefragt: Wie kann der inister eine Helmpflicht vorschreiben? Dazu möchte h Ihnen sagen: Meine Mitarbeiterin in meinem Berlier Büro radelt mit großer Begeisterung in Berlin. Sie agt: Ich bin zwar auch gegen Verbote, aber zumindest ier in Berlin müsste man eine Helmpflicht einführen. ier leben Radfahrer wirklich gefährlich, manchmal urch eigenes Verhalten, manchmal durch das Verhalten er Autofahrer. Auch in diesem Bereich darf es also eine Tabus geben. Auch ich wäre froh, wenn wir es schaffen würden, die uote derjenigen, die einen Helm tragen – diese beträgt urzeit 9 Prozent –, auf freiwilliger Basis zu erhöhen. enn das nicht klappt, werden wir uns zumindest daber unterhalten müssen, was wir für radfahrende Kin er und Jugendliche tun können. Das sind unsere chwächsten Verkehrsteilnehmer. Diese müssen wir in esonderer Weise schützen. Das, was ich zum Eingang sagte, wiederhole ich zum nde: Technik ersetzt nicht die Eigenverantwortung im traßenverkehr. Das gilt für uns alle. Da können wir uns icherlich alle noch bessern. Vielen herzlichen Dank. Ich schließe die Aussprache. Vizepräsidentin Petra Pau )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715214900




(A) )

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung auf Drucksache 17/8341.

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache
17/5530 mit dem Titel „Die Verkehrssicherheit in
Deutschland weiter verbessern“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Unionsfraktion und der FDP-Fraktion bei
Enthaltung der SPD-Fraktion, der Fraktion Die Linke
und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die
Ablehnung des Antrags der Fraktion der SPD auf
Drucksache 17/5772 mit dem Titel „Sicher durch den
Straßenverkehr – Für eine ambitionierte Verkehrssicher-
heitsarbeit in Deutschland“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Unionsfraktion und der FDP-Fraktion ge-
gen die Stimmen der SPD-Fraktion und der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die
Linke angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buch-
stabe c seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des
Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 17/7466 mit dem Titel „Masterplan Straßenver-
kehrssicherheit – Ambitioniertes Nationales Verkehrssi-
cherheitsprogramm 2011–2020 vorlegen“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Unionsfraktion und der FDP-Fraktion ge-
gen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der SPD-
Fraktion angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin
Tack, Dr. Carsten Sieling, Willi Brase, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Verbraucherschutz stärken – Honorarbera-
tung etablieren

– Drucksache 17/8182 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Federführung strittig

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Kerstin Tack für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


L
s
w
B
s
P

s
S
v
v
s
H
z

h
F
B
m
z
in

u
d
k
d
n
1
s
v

a
ra
u
le
d
k
D
D
k
B
la
d
w
In
m
D

d
B
a
k
s
d
tu
n

(C (D Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! iebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wer heute eine Vericherung oder einen Fonds abschließen möchte, der ird hierzu kostenlos vom Versicherungsvermittler oder ankberater beraten. Zahlungen erfolgen erst bei Ab chluss und gehen häufig über die gesamte Laufzeit als rovisionen. Ich möchte dazu exemplarisch einen Sachverhalt childern: Frau Meyer wird von ihrem Bankberater eine tunde lang beraten. Schließlich schlägt er ihr den Kauf on Investmentfondsanteilen im Wert von 20 000 Euro or. Der Bankberater erhält dafür von der Bank eine Abchlussprovision in Höhe von ungefähr 1 000 Euro. inzu kommen jährliche Bestandsprovisionen von bis u 400 Euro. Alles dies zahlt Frau Meyer. Wenn sie ganz genau inschaut, findet sie im Produktinformationsblatt die ormulierung: 5 Prozent Abschlussprovision, 2 Prozent estandsprovision. Frau Meyer hat also für die Beratung it Abschluss bei der Bank roundabout 1 000 Euro ge ahlt. Auf diese Art und Weise, durch Provision, erfolgt Deutschland die Bezahlung des Finanzvertriebs. Die Alternative dazu ist naheliegend und Gegenstand nseres heutigen Antrags: die Bezahlung des Beraters urch ein Honorar als zeitliche Vergütung seiner Tätigeit, also die sogenannte Honorarberatung. Wir gehen avon aus, dass Frau Meyer in unserem Beispiel ein Hoorar bezahlt hat, das für eine einstündige Beratung etwa 50 bis 250 Euro beträgt. Somit ergibt sich ein Unterchied im Vergleich zur Provisionsberatung in der Bank on zu Beginn 800 Euro. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns über lle Fraktionen hinweg einig, dass wir zur Provisionsbetung eine Alternative anbieten wollen. Wir wollen die nabhängige Honorarberatung etablieren, und wir woln, dass den Verbraucherinnen und Verbrauchern bei er Beratung Wahlfreiheit ermöglicht wird. Wir wollen ein Verbot der Provisionsberatung. Die SPD will in eutschland die Honorarberatung schnell voranbringen. ie Signale des MiFID-Entwurfs der EU-Kommission ennen wir: Auch hier wird eine provisionsunabhängige eratung gefordert. Das heißt, wir werden in Deutschnd die Honorarberatung auch über die Ratifizierung er entsprechenden europäischen Richtlinie erhalten. Da ir auf diesen Prozess nicht zu warten brauchen und die halte des MiFID-Entwurfes bereits kennen, wollen wir it unserem Antrag jetzt die Honorarberatung in eutschland etablieren. Honorarberater kann nach unseren Vorstellungen nur erjenige sein, der bei oder im Zusammenhang mit der eratung kein Geld von Dritten erhält. Dazu gehören uch die Bestandsprovisionen. Ferner wollen wir ein lares Berufsbild. Wir unterscheiden uns an dieser Stelle ehr bewusst vom Vorschlag der Provisionsdurchleitung, er vom BMELV gekommen ist. Wenn wir die Berangsleistung anerkennen, dann ist das aus unserer Sicht ur konsequent. Denn diese wird entlohnt, und dafür be Kerstin Tack )

Kerstin Tack (SPD):
Rede ID: ID1715215000

(Beifall bei der SPD)





(A) )

darf es keiner Provision, auch nicht einer, die an den
Kunden fließt. Wir brauchen daher als Grundvorausset-
zung der Honorarberatung Nettotarife für die Produkte.
Wir möchten, dass die Anbieter auch dazu verpflichtet
werden. Damit die Honorarberatung funktioniert und die
Palette der Angebote groß ist, brauchen wir eine stärkere
Ausweitung der Nettotarife. Das müssen wir regeln.

Ein weiterer Grundpfeiler zur Herstellung des nötigen
Vertrauens in die Honorarberatung wird auch sein, dass
die Honorarberaterinnen und Honorarberater in allen Be-
reichen des Finanzmarktes inhaltlich beraten können und
entsprechend qualifiziert sind. Ob ein Versicherungs-
oder ein Kapitalanlageprodukt besser geeignet ist, ist
ebenso zu bewerten wie die realistische Möglichkeit ei-
ner Darlehensaufnahme. Deshalb fordern wir für den
Honorarberater die Kenntnisse in allen Teilbereichen.
Expertenwissen ist gut und richtig, aber man muss auch
andere Produkte mit abwägen, wenn man den Verbrau-
cher oder die Verbraucherin adäquat beraten will.

Besonders wichtig zur Regelung der Honorarberatung
ist der Schutz vor schwarzen Schafen durch klare Wohl-
verhaltensregeln und eine geeignete Fachaufsicht. Die
Beaufsichtigung der Honorarberater in fachlicher Hin-
sicht kann aus unserer Sicht ausschließlich durch die
BaFin erfolgen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Zersplitterung der Aufsicht zwischen den Gewer-
beämtern auf der einen Seite und der BaFin auf der ande-
ren Seite, wie wir sie in den letzten Monaten erlebt ha-
ben, ist aus unserer Sicht – das haben wir häufig genug
gesagt – die falsche Konsequenz aus der Finanzmarkt-
krise. Deshalb fordern wir ganz klar eine Zentralisierung
der Aufsicht bei der BaFin.

Aus unserer Sicht sind die Einheitlichkeit des Finanz-
vertriebes, eine einheitliche Aufsicht und einheitliche
Pflichten wichtig. Das soll unabhängig von der Frage
sein, wer die Aufsicht durchführt und um welches Pro-
dukt es sich handelt. Daneben gilt – auch das habe ich
schon gesagt; da befinden wir uns in Übereinstimmung
mit dem MiFID-Entwurf –: Wir wollen eine vollständige
Befreiung von Provisionszahlungen für die Honorarbe-
ratung. Das ist konsequent.


(Beifall bei der SPD)


Ich komme zum Schluss. Dass die Regierungskoali-
tion heute der Verbraucherministerin die Zuständigkeit
für dieses Thema wegnehmen will, ist hoffentlich dem
Willen geschuldet, dass man es tatsächlich rasch regeln
will. Denn wir wissen: Die Verbraucherministerin
kommt in der Regel über den Status einer Ankündigung
nicht hinaus.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Das Ministerium ist ja auch gar nicht vertreten!)


Wir halten die Anbindung an den Verbraucherschutz
für wichtig, weil dieses Thema Teil des Anlegerschutzes
ist. Ich möchte Sie daher dringend bitten, der Verbrau-
cherministerin lieber eine deutliche Ansage zu machen,

h
z

U

w
d
K

ra
S
b
A
b
s
e


b
d
a
s
d
e
h
B
tu

s
g
ra
s
d
G
g
ra
a
g
p
Ih
p
Z

is
w

(C (D ier ein Gesetz vorzulegen, als ihr heute das Vertrauen u entziehen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715215100

Das Wort hat der Kollege Ralph Brinkhaus für die

nionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1715215200

Liebe Kollegin Tack, wir müssen niemandem etwas

egnehmen. Wir haben nur gute Minister. Darin liegt
er Unterschied zwischen dieser Koalition und anderen
oalitionen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD – Dr. Carsten Sieling [SPD]: Können Sie uns mal einen zeigen? – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Da haben Sie ja schon mit einem Witz begonnen!)


Wir beschäftigen uns natürlich mit dem Thema Hono-
rberatung. Sie haben es gerade schon erläutert: Wenn
ie in Deutschland ein Finanzprodukt kaufen, wenn Sie
eraten werden oder eine Vermittlungsdienstleistung in
nspruch nehmen, dann wird der Dienstleister dadurch
ezahlt, dass er eine Provision bekommt. Das hat sich
eit Jahrzehnten so entwickelt. Die Marktanteile sind
ntsprechend.

Jetzt mag man auf die Idee kommen: Wenn jemand
r Produktvermittlung oder -beratung eine Provision

ekommt, dann hat er vielleicht ein Interesse daran, Pro-
ukte, die stärker provisioniert sind, mehr zu verkaufen
ls die Produkte, die für den Kunden vielleicht das Beste
ind. Schlaue Menschen haben dies erkannt und sind auf
ie Idee gekommen, eine Beratung zu organisieren, die
ben nicht von der Provisionierung eines Produktes ab-
ängt, sondern deren Vergütung an den Zeitaufwand des
eraters gekoppelt ist. Man kauft sich sozusagen Bera-
ngszeit. Das nennt man Honorarberatung.

Die Honorarberatung ist bereits am Markt, übrigens
chon lange. Steuerberater machen Vermögensplanun-
en. Banken und Freiberufler führen entsprechende Be-
tungen durch. Das heißt, es ist nichts Neues. Aber an-

cheinend hat sich dieses Produkt noch nicht richtig
urchgesetzt. Das mag mehrere Gründe haben. Ein
rund dafür ist, dass schlichtweg die Rahmenbedingun-
en für das Berufsbild und für das Handeln des Hono-
rberaters fehlen. Genau das hat die von Ihnen eben

ngesprochene Verbraucherministerin, Frau Aigner, auf-
egriffen und hat im Sommer des letzten Jahres ein Eck-
unktepapier vorgelegt. Da viele Punkte, die auch Sie in
rem Antrag adressiert haben, in diesem Eckpunkte-

apier bereits behandelt worden sind, möchte ich mir die
eit nehmen, kurz darauf einzugehen.

Die erste Frage, mit der wir uns beschäftigen müssen,
t: Wie sieht denn eigentlich das Berufsbild aus? Wollen
ir einen Finanzberater, der allumfassend berät? Wollen





Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)

wir eine Aufteilung machen, sodass wir Anlageberater,
Versicherungsberater, die es im Übrigen schon gibt, und
Darlehensberater haben? Diese Fragen müssen wir klä-
ren. Denn wir wollen ein Qualitätsprodukt haben, und
dementsprechend müssen wir uns Gedanken machen.

Die zweite Frage, die ebenfalls mit der Qualität der
Produkte zu tun hat, betrifft die Qualifikation. Wir müs-
sen eine möglichst gute Qualifikation für diese Berater
organisieren. Im Übrigen müssen wir – auch das ist im
Eckpunktepapier von Frau Aigner enthalten –


(Kerstin Tack [SPD]: Das steht da nicht drin!)


durch eine laufende Fortbildung sicherstellen, dass diese
Qualifikation erhalten bleibt. Ich denke, das ist gut und
richtig.

Die nächste Frage, die zu beachten ist, ist, wie diese
Beratung stattfinden soll. Wir finden im Wertpapierhan-
delsgesetz Wohlverhaltenspflichten. Das heißt, es wird
festgelegt, wie eine Beratung ablaufen soll und was do-
kumentiert werden soll. Auch das wollen wir haben.
Frau Aigner hat diesen Punkt ebenfalls angesprochen.

Ein weiterer Punkt ist die Vergütung. Wollen wir eine
Gebührenordnung wie bei Rechtsanwälten und Steuer-
beratern, oder soll die Vergütung frei vereinbart werden
können? Wie hoch sind die Stundenhonorare? Auch das
muss geklärt werden, und auch das ist adressiert.

Wir müssen die Schnittmenge zwischen Vermittlung
und Beratung organisieren. Wenn jemand zu einem Be-
rater geht und dieser das Produkt der Bank X empfiehlt,
dann wird der Kunde nicht unbedingt zur Bank X gehen
und sagen, dass ihm sein Berater dieses Produkt empfoh-
len hat und er nun dieses Produkt bei der Bank kauft.
Der Kunde wird vielmehr erwarten, dass der Berater ei-
nen Kauf vermittelt. Auch das muss organisiert werden.

Wir brauchen die Unabhängigkeit der Berater. Das ist
ein ganz wichtiger Punkt. Was machen wir, wenn ein Be-
rater für ein Bankhaus arbeitet? Ist er dann unabhängig
oder nicht? Gibt es da Chinese Walls oder ähnliche
Dinge? Wir müssen uns mit der Frage beschäftigen, wie
die Aufsicht über diese Berater organisiert wird. Machen
wir es analog zu den Versicherungsberatern und -ver-
mittlern in der Gewerbeordnung? Oder machen wir es
über die BaFin wie bei den Bankberatern?

Wir müssen uns mit einem ganz wichtigen Thema be-
schäftigen. Versicherungsprodukte gibt es in der Regel
nur mit Provision. Wollen wir Nettoprodukte anbieten?
Wollen wir die Provision durchleiten? Hier kommen wir
vielleicht zu etwas anderen Schlüssen als Sie.

Ein weiteres wichtiges Thema ist: Wir brauchen eine
Überleitung für diejenigen, die heute als provisionsge-
triebene Berater tätig sind und dies dann auf Honorarba-
sis machen wollen.

Das Letzte ist – auch das hat Frau Aigner adressiert –:
Wir brauchen eine steuerliche Gleichbehandlung der
Provisionsberatung und der Honorarberatung.

Wenn Sie in dem einen oder anderen Punkt zu ande-
ren Schlussfolgerungen und Ergebnissen gekommen
sind – es findet sich vieles von dem, was Frau Aigner

v
d

d

D
D
li
ti
g

D
d
z
W

n
w
s
m
c
K
g
n
s
n
s
e
w

a
s
E
V
o
m
s
h

te
d
M
D
Ü
h
E
d
p
tu
s
im
v

Ih
Ih
E

(C (D or einem halben Jahr gesagt hat, in Ihrem Papier wieer. Jetzt könnte ich die Frage stellen: Wofür brauchen wir en SPD-Antrag? (Dr. Carsten Sieling [SPD]: Weil wir noch kein Gesetz von Ihnen vorliegen haben!)


ie Frage haben Sie eben schon beantwortet. Sie sagen:
as geht alles nicht schnell genug. Wir wollen das am
ebsten sofort haben. – Es ist das Privileg der Opposi-
on, zu sagen: Es ist alles ganz einfach. Wir wollen alles
anz schnell.


(Kerstin Tack [SPD]: Nein, es ist Aufgabe der Bundesregierung, das vorzulegen!)


ie Regierung arbeitet nicht schnell genug. – Es ist aber
ie Aufgabe der Regierung, vor den Mühen der Ebene
u warnen und entsprechende Detailregelungen auf den
eg zu bringen. Genau das möchte ich jetzt tun.

Ich habe als letzten Punkt des Eckpunktepapieres ge-
annt, dass wir eine steuerliche Gleichstellung haben
ollen. Wenn Sie heute eine Krankenversicherung ab-

chließen, können Sie die Provision teilweise im Rah-
en Ihrer Vorsorgeaufwendungen steuerlich geltend ma-

hen. Bei einer Honorarberatung würde zu fragen sein:
ann man das Beratungshonorar für eine ganze Stunde
eltend machen? Oder muss man eine Aufteilung vor-
ehmen, wie lange man vielleicht für eine Krankenver-
icherung, für eine Haftpflichtversicherung oder für ei-
en Aktienfonds beraten wurde? Das alles wird
teuerlich unterschiedlich behandelt. Dadurch ergibt sich
ine sehr große Komplexität. Darauf möchte ich nur hin-
eisen.

Wenn wir über Steuern sprechen, müssen wir uns
uch die Frage stellen: Wie sieht es mit dem Steuersub-
trat aus? Verlieren wir Steuern? Gewinnen wir Steuern?
in kleiner Hinweis: Auf welcher Grundlage wird die
ersicherungsteuer berechnet? Nur auf den Nettobetrag
der auf den Nettobetrag und die Provision? Auch das
uss geklärt werden; denn wir wollen kein Steuersub-

trat verlieren. Das ist ein weiterer komplexer Sachver-
alt. Das könnte man vielleicht noch gut lösen.

Wir haben aber noch eine andere Frage zu beantwor-
n. Frau Kollegin, auch Sie haben darauf hingewiesen,
ass auf europäischer Ebene bei der Überarbeitung der
iFID über unabhängige Beratung nachgedacht wird.
arüber hat man sich Gedanken gemacht. Das wird im
brigen noch in Ratsarbeitsgruppen besprochen. Das
eißt, dass die Ergebnisse noch nicht feststehen. Diesen
indruck haben Sie aber erweckt. Es geht nicht nur um
ie Überarbeitung der MiFID, sondern auch um die Hy-
othekardarlehensrichtlinie, die bei der Darlehensbera-
ng eine Rolle spielen wird und bei der wir noch nicht

ehr weit gekommen sind. Wir haben auch die Absicht,
Bereich der Versicherungsvermittler Änderungen

orzunehmen. Auch das muss beachtet werden.

Jetzt könnten Sie sagen: Liebe Koalitionsfraktionen,
r seid doch an vielen anderen Stellen vorangegangen.
r habt zum Beispiel bei den Leerverkäufen nicht auf
uropa gewartet. Bei der Bankenrestrukturierung habt





Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)

ihr nicht auf Europa gewartet. Auch an vielen anderen
Stellen wart ihr Avantgarde. Da sind euch andere ge-
folgt. – Das ist richtig; nur, in diesem Bereich haben wir
eine etwas andere Situation. Wenn wir jetzt das Berufs-
bild eines Honorarberaters entwerfen, Menschen sich
darauf einstellen, Menschen sich weiterbilden und wir,
nachdem die Regelung vielleicht ein halbes Jahr in Kraft
ist – je nachdem, wie schnell die Überarbeitung von
MiFID vonstatten geht –, sagen müssen: „Ätsch! Das
war alles nicht richtig; du musst dich ein weiteres Mal
umstellen“, dann haben wir eine Menge Vertrauen ver-
spielt. Deswegen müssen wir genau beachten, wie wir
diesen Spagat schaffen: Auf der einen Seite ist das der
Wille, etwas schnell auf den Weg zu bringen, auf der an-
deren Seite die Absicht, bei der ganzen Sache im euro-
päischen Geleitzug, also im europäischen Kontext, zu
verbleiben. Darauf haben Sie keine Antwort gegeben. Es
gefällt mir nicht, dass Sie in Ihrem Antrag dargestellt ha-
ben: Es ist doch alles ganz einfach; alles liegt auf dem
Tisch. – Sie haben die Komplexität ausgeblendet, und
Sie haben vor allen Dingen die europäische Dimension
ausgeblendet.

Ein kleiner Exkurs zu Europa. Unabhängig davon,
wie schnell wir mit unserem Gesetz vorankommen – wir
sollten tunlichst daran arbeiten, eine Position zu formu-
lieren, aus der hervorgeht, wie wir uns europäische Re-
gelungen vorstellen. Hier haben wir meines Erachtens
noch Nachholbedarf, den es zu beheben gilt.

Mir gefällt an Ihrem Antrag nicht nur nicht, dass Sie
sagen: Das ist alles ganz einfach. Warum macht ihr das
nicht? Das müsste ja alles viel schneller gehen. – So ist
es ja in der Tat auch nicht. Ebenso gefällt mir nicht, dass
Sie ein Schwarz-Weiß-Bild zeichnen: auf der einen Seite
die böse Provisionsberatung, die provisionsgetriebene
Vermittlung, und auf der anderen Seite die gute Honorar-
beratung.


(Kerstin Tack [SPD]: Das stimmt nicht!)


Provisionsberatung ist nicht zwangsläufig böse oder
schlecht.


(Kerstin Tack [SPD]: Das hat auch keiner gesagt!)


Sie ist in vielen Bereichen sehr erfolgreich und wird in
vielen Fällen, gerade bei kleineren Investitionssummen
und bei Kunden, die nicht über die Mittel verfügen, hö-
here Beratungshonorare zu zahlen, der Sache sehr ge-
recht. Wir haben sehr stark daran gearbeitet, dass die
provisionsgetriebene Beratung und Vermittlung besser
wird, im Bereich der Banken und auch im Bereich der
freien Vermittler. Sie haben es angesprochen. Diese Bun-
desregierung hat mit den Koalitionsfraktionen schon
sehr viel auf den Weg gebracht.

Ebenso wenig gefällt mir – da bin ich immer noch
sehr stark Marktwirtschaftler –, wenn Sie sagen: Nach-
dem wir alles entsprechend organisiert haben, müssen
wir Aufklärungskampagnen durchführen usw. – das sind
die Punkte 11 und 12 in Ihrem Papier –, um dieses Pro-
dukt so richtig zu pushen.


(Kerstin Tack [SPD]: Richtig!)


A
v
m
h
d
e

d
w
h
m

S
a
ra
ra
d
is
s
m
w
p
w

g
V
z
v
tr
E

D

H
n
c
m
O
h
Z
g
z

li
li
Z
s
w
s

(C (D ls Marktwirtschaftler bin ich der Meinung: Wenn wir ernünftige Rahmenbedingungen gesetzt haben, dann uss sich das Produkt selbst am Markt durchsetzen. Das eißt: Es ist nicht Aufgabe des Staates, zu bestimmen, ass das eine Produkt besser sei als das andere. – Demntsprechend kann ich Ihre Vorschläge so nicht teilen. Der letzte Punkt, der mir überhaupt nicht gefällt, ist, ass Sie auch noch die unsägliche Idee eines Marktächters in diesem Antrag untergebracht haben. Darüber aben wir schon vor Weihnachten diskutiert; ich erspare ir jetzt weitere Ausführungen zu diesem Thema. (Kerstin Tack [SPD]: Das haben wir schon beschlossen!)


Zusammenfassend kann man Folgendes sagen: Die
toßrichtung Ihres Antrags ist richtig; das deckt sich
uch mit dem Papier von Frau Aigner. Wir sind sehr da-
n interessiert, in Deutschland eine vernünftige Hono-
rberatung auf den Weg zu bringen, weil wir meinen,

ass das eine gute Alternative zur Provisionsberatung
t. Dafür müssen wir ein Regelwerk und einen Rahmen

chaffen. Dabei muss es aber bleiben; denn das Produkt
uss sich, wie gesagt, selber durchsetzen. Dabei müssen
ir im europäischen Kontext bleiben. Wir müssen also
rüfen, ob wir auf die europäischen Entwicklungen zu-
arten müssen oder ob wir diesen Prozess eher schaffen.

Letzter Punkt. Wenn wir diese Rahmenbedingungen
ut gesetzt haben, dann liegt es am Markt und an den
erbraucherinnen und Verbrauchern, die Entscheidung
u treffen, welches Produkt – Honorarberatung oder pro-
isionsgetriebene Beratung – für sie besser ist. Ich ver-
aue den Menschen in diesem Land, dass sie die richtige
ntscheidung treffen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715215300

Das Wort hat die Kollegin Caren Lay für die Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715215400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Es gibt genügend Beispiele für schlechte Fi-
anzberatung. Da werden alten Menschen Lebensversi-
herungen mit 30-jähriger Laufzeit angedreht, garniert
it dem Hinweis, das sei dann noch gut für die Erben.
der denken wir an die Lehman-Zertifikate: Ohne die
ohen Provisionen für die Finanzberater wären diese
ertifikate kaum in die Hände von so vielen Kleinanle-
erinnen und Kleinanlegern gelangt. Doch so haben
ahlreiche Menschen ihre Ersparnisse verloren.

Das alles ist nur die Spitze des Eisbergs. Jährlich ver-
eren Verbraucherinnen und Verbraucher 20 bis 30 Mil-
arden Euro allein durch Falschberatung; das sind die
ahlen der Bundesregierung. Deswegen bin ich der An-
icht: Solange Finanzprodukte gegen Provision verkauft
erden, so lange kann die Beratung nicht unabhängig

ein. Denn nach dieser Logik ist es ganz selbstverständ-





Caren Lay


(A) )


)(B)

lich, dass das verkauft wird, was Provision bringt. Je hö-
her der Verkaufswert, desto besser ist es natürlich für
den Verkäufer. Meist handelt es sich dabei genau um die
Finanzprodukte, die besonders riskant sind oder die eine
besonders hohe Laufzeit haben. Das geht zulasten der
Verbraucherinnen und Verbraucher. Deswegen sagen wir
als Linke: Die provisionsgetriebene Beratung muss per-
spektivisch überwunden werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Es handelt sich nicht um Einzelfälle. In sehr vielen
Finanzinstituten gibt es Vertriebsvorgaben für die
Finanzberater. Darunter leiden auch die Beschäftigten.
Inzwischen beschäftigen sich auch die Gewerkschaften
mit diesem Problem.

Im Laufe der Zeit ist über dieses Thema schon mehr-
fach diskutiert worden; das zeigt, wie dringlich es ist.
Herr Kollege, ich darf daran erinnern, dass es die Minis-
terin Aigner war, die bereits im Jahr 2009 angekündigt
hat, dass die Honorarberatung gestärkt werden müsse
und im Jahr 2010 ein entsprechender Gesetzentwurf vor-
gelegt werde. Nach meinem Kalender schreiben wir jetzt
das Jahr 2012; aber es liegt noch immer kein Gesetzent-
wurf oder ein Antrag der Koalition oder der Bundesre-
gierung vor.


(Kerstin Tack [SPD]: Herr Schweickert hat das zur Chefsache erklärt!)


Das kostet die Verbraucherinnen und Verbraucher zig
Milliarden Euro. Das muss endlich ein Ende haben. Die
Bundesregierung muss in dieser Frage endlich handeln.

Die Linke hat bereits am Anfang dieser Legislatur-
periode einen umfassenden Antrag vorgelegt, in dem
sehr viele Themen angerissen wurden, die helfen sollen,
den Nachholbedarf beim Thema finanzieller Verbrau-
cherschutz zu decken. In dem Zusammenhang haben wir
die Bundesregierung bereits damals aufgefordert, die un-
abhängige Finanzberatung zu stärken und die Provi-
sionsberatung perspektivisch zu überwinden. Passiert ist
seitdem außer Eckpunktepapieren nichts.

Meine Damen und Herren, in Deutschland ist eine un-
abhängige Beratung leider häufig das Privileg für Ver-
mögende; denn Honorarberatung wird oft erst bei hohen
Mindestanlagesummen angeboten, und das Angebot der
Verbraucherzentralen reicht bei weitem nicht aus. Es
würde nach wie vor etwa 30 Jahre dauern, bis jeder
Haushalt eine unabhängige Finanzberatung von einer
Verbraucherzentrale erhalten hätte. Ich finde, das darf im
vierten Jahr nach dem Zusammenbruch der Lehman-
Bank wirklich nicht wahr sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Grundproblem der provisionsgetriebenen Bera-
tung ist, dass die bisherige Praxis geradezu einen Anreiz
schafft, Verbraucherinnen und Verbrauchern teure Pro-
dukte aufzuschwatzen, egal ob sie sie brauchen oder
nicht, ob sie angemessen sind oder nicht. Das muss sich
endlich ändern; die Politik muss hier handeln.


(Beifall bei der LINKEN)


D
n
b
s
k
d
le
s
tu
c
F

e
h
e
d
e
F
v
e
A
B
d

g
p
m

S

L

A
b
m
A

a
b
d

d
u
z
m
m

(C (D eswegen fordern wir, die Linke, eine Stärkung der Hoorarberatung und ein gesetzlich klar geregeltes Berufsild für Honorarberaterinnen und Honorarberater. Wir agen ganz klar: Eine unabhängige Finanzberatung darf eine Frage des Geldbeutels sein. Deswegen fordere ich ie Bundesregierung auf – Ministerin Aigner ist heute ider nicht anwesend –, die Verbraucherzentralen zu tärken und sie finanziell so auszustatten, dass sie Berangsleistungen im Bereich des finanziellen Verbrau herschutzes breiter anbieten können, als es bisher der all war. Im Bereich des finanziellen Verbraucherschutzes gibt s noch immer jede Menge zu tun. Die Bundesregierung at es bisher verpasst, hier die notwendigen Schritte zu rgreifen. Noch immer kommt Finanzschrott ungehinert auf den Markt, noch immer ist die Finanzaufsicht in einziger Flickenteppich. Wir brauchen endlich einen inanz-TÜV, damit Finanzprodukte geprüft werden, beor sie überhaupt auf den Markt kommen. Wir brauchen ine einheitliche Finanzaufsicht, die einen umfassenden uftrag im Bereich des Verbraucherschutzes erhält. Die undesregierung steht nach wie vor in der Pflicht, diese ringende Frage endlich anzugehen. Meine Damen und Herren, viele andere Länder zeien, dass es besser geht. Wir von der Linken sagen: Die rovisionsgetriebene Finanzberatung muss ein Auslaufodell sein, auch in Deutschland. Vielen Dank. Das Wort hat nun der Kollege Professor Dr. Erik chweickert für die FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau ay, Sie überraschen mich immer wieder: (Caren Lay [DIE LINKE]: Das mache ich doch gerne!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715215500

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1715215600

uf der einen Seite führen Sie hier aus, dass Sie die Ver-
raucherzentralen ausbauen wollen, sodass sie im Rah-
en einer Art Sozialpolitik Beratungen anbieten können.
uf der anderen Seite sollen die Verbraucherzentralen
das haben Sie das letzte Mal gesagt – zu Marktwächtern

usgebaut werden. Da frage ich mich: Sollen sich die Ver-
raucherzentralen dann selbst kontrollieren? Ich glaube,
a laufen einige Sachen ins Leere.

Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung,
ass die Honorarberatung für viele der Königsweg ist,
m Falschberatungen zu vermeiden; denn Provisions-
ahlungen und Vertriebsdruck werden als Ursachen
angelhafter Anlageberatungen durch Banken ausge-
acht. Der Honorarberater soll, anders als der Verkäu-





Dr. Erik Schweickert


(A) )


)(B)

fer, eine unabhängige Beratung zum Wohle des Verbrau-
chers garantieren.

Die Europäische Kommission hat inzwischen einen
Vorschlag zur Neufassung der EU-Finanzmarktrichtlinie
MiFID ins Spiel gebracht, die Einschränkungen solcher
Provisionszahlungen bei Anlageberatungen vorsieht, und
den Weg der Etablierung von Honorarberatungen einge-
schlagen. Auch wir von der christlich-liberalen Koalition
sehen in der Honorarberatung eine sinnvolle Ergänzung
zur bisherigen Provisionsberatung.

In diesem Zusammenhang möchte ich deutlich sagen:
Leider hat noch nicht jede Bank verstanden, was sie ih-
ren Kunden in der Vergangenheit angetan hat. Denn so-
lange Banken unverhohlen von AA-Kunden sprechen
– das steht für „alt und ahnungslos“ – oder 80-jährigen
Rentnern Altersvorsorgekonten oder langfristige Schiffs-
zertifikate aufschwätzen, so lange wird es weiterhin
Handlungsbedarf geben, für mehr Transparenz und An-
legerschutz zu sorgen. Die Stiftung Warentest hat hier
mehrfach den Finger in die Wunde gelegt und deutliche
Mängel bei der Beratung durch die Banken festgestellt.

Für uns von der christlich-liberalen Koalition steht
fest: Wir wollen den Anleger besser schützen. Deshalb
haben wir bereits wichtige Schritte unternommen. Mit
dem Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Ver-
besserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts,
dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz,
haben wir zum einen Beratungsprotokolle und Produkt-
informationsblätter zur Pflicht gemacht und zum ande-
ren die Regelungen zu Sanktionen bei Falschberatungen
verschärft,


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU])


und das nicht nur für Banken, sondern auch für den Be-
reich der freien Vermittler und des Grauen Kapital-
markts. Wir haben das Verbot ungedeckter Leerverkäufe
umgesetzt und damit hochspekulative Anlageformen
vom Markt genommen. Ministerin Aigner hat bereits
lange vor Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von
der SPD, ein Eckpunktepapier zur Honorarberatung vor-
gelegt.


(Zuruf von der SPD: Ein Eckpunktepapier!)


Der Verbraucher soll die Möglichkeit haben, zwischen
verschiedenen Beratungsformen die Beratung zu wählen,
die für seine Zwecke am besten geeignet ist. Sie sollen
entscheiden können, ob sie lieber einen kostenfreien Ver-
käufer aufsuchen wollen oder einen unabhängigen Hono-
rarberater. Eines ist klar: Auch bei McDonald’s wird Ih-
nen der Verkäufer nicht empfehlen, wegen der Pommes
zu Burger King zu gehen, nur weil sie ihm dort besser
schmecken. – So läuft das auch beim Verkäufer in einer
Bank.

Es wundert mich allerdings, dass die SPD so tut, als
hätte sie den Königsweg Honorarberatung bereits seit
längerer Zeit gepachtet; denn in Ihrer Regierungszeit ha-
ben Sie in diesem Bereich außer markigen Sprüchen
nichts unternommen.

Ic
d

W
lu
Ü
d
w
F

R
b
Ih
b
u
w
le
h
A

n

B
T
B
w
s
w
d
d
n

A

m
M
b
k
h
d
z
s
s
H
s
s
B
h

ru

(C (D (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])


h wünschte mir, dass auch Herr Schäuble mehr Elan in
ieser Sache walten lassen würde.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Aha!)


ir werden nicht lockerlassen und weiter an einer Rege-
ng zur Honorarberatung arbeiten; denn nach meiner
berzeugung brauchen wir eine gesetzliche Regelung,
a wir sonst über kurz oder lang unregulierten Wild-
uchs haben werden. Wohin dies führt, das hat uns die
inanzkrise deutlich gezeigt.

Honorarberatung braucht also einen gesetzlichen
ahmen. Dieser Rahmen wurde von Ministerin Aigner
ereits dargelegt. Er deckt sich in vielen Bereichen mit
rem Antrag. Dazu gehören die Definition des Berufs-

ildes, die Festlegung der Qualifikationserfordernisse
nd auch die Anforderungen an einen Sachkundenach-
eis. Für uns gehört dazu auch – wie bei freien Vermitt-
rn – die Verpflichtung zum Abschluss einer Berufs-
aftpflichtversicherung, damit im Schadensfall eine
bsicherung für den Kunden existiert.


(Beifall bei der FDP)


Es muss klargestellt werden, dass ein Honorarberater
icht noch zusätzlich Provision erhält.


(Kerstin Tack [SPD]: Aha! Das stand aber anders im Eckpunktepapier!)


ei der Vergütung muss für die Verbraucher unbedingte
ransparenz bestehen. Der Verbraucher muss vor der
eratung wissen, was er tut. Frau Tack, ich bin schon et-
as irritiert, wenn Sie sagen, die Durchleitung der Provi-

ion werde von Ihnen nicht akzeptiert; denn es kann sehr
ohl sein, dass für einen Kunden ein Provisionsprodukt
as bessere Produkt ist. Als Kunde will ich, dass mir das
er Honorarberater auch anbieten darf. Er darf daran nur
ichts verdienen.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


podiktisch vorzugehen, ist der falsche Weg.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Man kann einigen Punkten in Ihrem Antrag zustim-
en; aber bei Ihrer Forderung nach einem zusätzlichen
arktwächter für Honorarberatung hört es dann auf. Ne-

en einer effizienten staatlichen Aufsicht benötigen wir
eine weiteren Institutionen, keinen Marktwächter als
albstaatlichen Hilfssheriff. Wir finden es viel wichtiger,
ie bestehenden Aufsichtssysteme zu stärken und effi-
ienter zu gestalten, als neue Nebenschauplätze zu
chaffen, die am Ende nur gefühlten Schutz ohne tat-
ächliche Effizienz bringen. Aus meiner Sicht sollte die
onorarberaterbranche darüber nachdenken, ob sie nicht

elbst eine Anlaufstelle für Verbraucherbeschwerden
chafft, eine Ombudsstelle, vergleichbar mit der der
ank- und Versicherungswirtschaft, die wir heute schon
aben; denn sie hat sich meines Erachtens bewährt.

Wir brauchen übrigens auch keine staatlichen Aufklä-
ngskampagnen zum Wohle der Honorarberater. Das





Dr. Erik Schweickert


(A) )


)(B)

sollen diese schon selbst organisieren. Der Staat sollte
sich davor hüten, mit einer eindeutigen Werbekampagne
eine Beratungsform zu bevorteilen und die Honorarbera-
tung zu hofieren,


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


und zwar auch, weil es nicht angebracht ist, die Honorar-
beratung durch die rosarote Brille zu sehen und als All-
heilmittel zur Lösung der Problematik der Falschbera-
tung ins Feld zu führen.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Was wollen Sie denn jetzt?)


Das suggeriert mir Ihr Antrag – sie schreiben von einer
„echten Alternative“ – an vielen Stellen zu sehr. Die Be-
zahlung – das sollte man der Fairness halber sagen – ist
keine Gewähr für eine gute Beratung. Ich kann auch viel
bezahlen und schlecht beraten werden. Das muss man so
offen sagen.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Sehr gut! Genau so!)


Manchmal wollen die Kunden – man hört vielleicht,
dass ich aus Baden-Württemberg komme – eine Erstbe-
ratung oder eine Einschätzung und nichts dafür bezah-
len. Danach entscheiden sie, ob sie ihr Geld anlegen
wollen oder nicht. Ich möchte den Menschen die Mög-
lichkeit, sich zu entscheiden, offenlassen. Ich sehe die
Honorarberatung als Ergänzung und nicht als Alterna-
tive; denn ich bin davon überzeugt, dass wir auf diesem
Markt sowohl das eine als auch das andere brauchen.


(Beifall bei der FDP)


Beim Honorarberater – das sollte man hinzufügen – wird
bereits die unverbindliche Einschätzung, egal ob sie gut
oder schlecht ist, kostenpflichtig sein.

Alles in allem kann die Honorarberatung den Wettbe-
werb zwischen den Beratern und den Beratungsformen
beleben und dadurch für die Anleger sehr wohl von Vor-
teil sein. Zum effizienten Verbraucherschutz braucht es
aber einen sinnvollen Rechtsrahmen ebenso wie die Ein-
sicht, dass auch ein Honorarberater kein Allwissender
ist.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715215700

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

Kollegin Nicole Maisch das Wort.


Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715215800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

unstrittig – das ist aus den Debattenbeiträgen hervorge-
gangen –, dass Verbraucherinnen und Verbraucher eine
Alternative zur provisionsgetriebenen Beratung brau-
chen. Aber Markttransparenz und Wettbewerb um mehr
Qualität in der Finanzberatung wird es nur geben, wenn
die Honorarberatung als Alternative rechtlich geregelt
ist. Wenn es weiter Wildwuchs bleibt, dann wird das
keine echte Alternative sein.

D
d
re
in
a

s
h
te
d
u
A
s

F
w
ru
ra

s
d
s
d
n
d
d
s
d
b
h
g
z
z
m

C
V
g

H

b
2
w
v

s
V
F
g
li
d
e
n
in

(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Elvira Drobinski-Weiß [SPD])


eshalb brauchen wir eine klare rechtliche Definition
es Berufsbildes, die Mischmodelle, welche das Kassie-
n sowohl von Provisionen als auch von Honoraren be-
halten, ausschließt und ambitionierte Anforderungen

n Ausbildung und Weiterbildung stellt.

Es war sehr interessant, in der Debatte zu sehen, wie
ich sowohl SPD als auch CDU/CSU und FDP bemüht
aben, die Unterschiede zwischen ihren beiden Konzep-
n herauszustellen. Die SPD konstruiert die Provisions-
urchleitung zum großen Konflikt mit der CDU/CSU,
nd FDP und CDU/CSU freuen sich darüber, dass sie im
ntrag die Aufklärungskampagne gefunden haben; denn

o können sie gegen das SPD-Konzept in Gänze sein.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Na, na, na!)


akt ist: Sie sind sich in weiten Teilen einig, und auch
ir teilen Ihre Auffassung zur Berufshaftpflichtversiche-
ng und zur Definition eines Berufsbildes „Honorarbe-
ter“.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Der SPD-Antrag und die Eckpunkte von Frau Aigner
tellen eine gute Grundlage dar. Es ist deutlich gewor-
en, dass sie in weiten Teilen deckungsgleich sind. Wir
chlagen Ihnen allerdings vor, noch weiter zu gehen;
enn die Regulierung der Honorarberatung ist natürlich
ur der eine Teil. Wenn man fairen Wettbewerb will,
ann darf man nicht nur eine Seite regulieren, sondern
ann muss man auch für diejenigen Regulierungen vor-
ehen, die Provisionen annehmen. Dazu gehört natürlich
as Thema Nettotarife. Die Verbraucherinnen und Ver-
raucher müssen die Kosten vergleichen können. Des-
alb muss es auch Kostentransparenz bei den Produkten
eben, für deren Vermittlung weiterhin Provisionen ge-
ahlt werden. Wir schlagen standardisierte Kostenkenn-
ahlen vor. „Reduction in Yield“ oder „Reduction in Pay-
ent“ sind Modelle, die wir uns vorstellen können. Da-
ber hinaus schlagen wir vor, die Kosten in Euro und
ent und nicht nur in Prozenten auszuweisen, damit die
erbraucherinnen und Verbraucher noch einfacher ver-
leichen können.

Frau Aigner, Ihre Ministerin, weiß, wie notwendig die
onorarberatung ist. Das hat sie in vielen Interviews
ich möchte jetzt nicht alle zitieren – ausgeführt. Sie hat

ereits 2008 angefangen, dies anzukündigen. Sie hat
009 mit zehn Thesen zur Finanzberatung nachgelegt; es
urde also wieder angekündigt. Auch 2010 wurden in
ielen Medien fairer Wettbewerb und Rechtssicherheit
r die Honorarberater gefordert. Aber weder beim Ge-

etz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und
ermögensanlagenrechts noch beim Anlegerschutz- und
unktionsverbesserungsgesetz haben all diese Ankündi-
ungen Niederschlag gefunden, und das finde ich ziem-
ch schwach. Man muss sich im Kabinett auch einmal
urchsetzen und darf nicht nur im Vorblatt eines Gesetz-
ntwurfes hinterlegen, dass man irgendwann einmal zeit-
ah die Honorarberatung regeln will. Wenn Sie zeitnah
diesem Tempo weitermachen, dann ist die Legislatur-





Nicole Maisch


(A) )


)(B)

periode vorbei, bevor wir hier einen Gesetzentwurf gese-
hen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Da helfen auch die zehn Eckpunkte nichts, mit denen Sie
uns nach den zehn Thesen beglückt haben.

Wir sind der Meinung: Es reicht jetzt mit den zehn
Thesen und den zehn Eckpunkten und den zehn Inter-
views. Jetzt ist ein Gesetzentwurf angebracht. Schließ-
lich könnte die Situation nicht günstiger sein. Sie haben
quasi die gesamte Opposition hinter sich, und es hört
sich auch in der Koalition so an, als wären Sie sich eini-
germaßen einig. Die konzeptionelle Vorarbeit ist geleis-
tet. Es gibt den SPD-Antrag. Es gibt die Eckpunkte. Es
gibt die Thesenpapiere und die zehn Eckpunkte zum An-
legerschutz. Es gibt grüne Positionspapiere, welche Ih-
nen selbstverständlich auch zur Verfügung stehen. Breite
gesellschaftliche Gruppen wie Gewerkschaften und Ver-
braucherschutzverbände würden Sie in diesem Vorhaben
unterstützen. Alles, was Sie machen müssen, ist, einen
Gesetzentwurf zu schreiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielleicht noch ein Einschub: Die MiFID wird ja seit
vielen Jahren immer wieder gerne angeführt, wenn man
beim Anlegerschutz nichts tun will. Von Zeit zu Zeit gibt
es auch eine neue MiFID. Wenn wir sagen, dass wir war-
ten, bis die Umsetzung der MiFID abgeschlossen ist und
sich die Mitgliedstaaten der EU einig sind, dann können
wir bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten. Ich finde,
dass die MiFID als Entschuldigung fürs Nichtstun lang-
sam ausgedient hat.

Frau Aigner hat auf der BMELV-Homepage im Be-
reich „Finanzen und Versicherungen“ geschrieben:

Es darf nicht sein, dass wegen einer falschen Bera-
tung die sicher geglaubte Altersversorgung plötz-
lich nichts mehr wert ist.

Es darf nicht sein, aber es ist so. Die Anleger verlieren
jedes Jahr Milliarden durch falsche Beratung, und zwar
auch deswegen, weil Sie die Umsetzung der Lösungsan-
sätze, die auf dem Tisch liegen, verschlafen. Deshalb
fordern wir Sie anlässlich der Grünen Woche – das ist
für die Mitglieder des Ausschusses für Ernährung, Land-
wirtschaft und Verbraucherschutz eine sehr wichtige
Woche – dazu auf, mehr Slow Food zu konsumieren und
weniger Slow Government zu praktizieren.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)


Das fänden wir schön, und das würde auch den Anlegern
guttun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Wir reden deutsch! Das ist der Deutsche Bundestag! Es ist übrigens auch verbraucherfreundlich, deutsch zu sprechen!)


U

K
tu
ti
ru
B
im
P
w
d
B
m
d
m
s
te
tu
d

c
d
J
n
v
e
s
d
z
ra
n
z
a
te

2
e
tu

A
s
V
F
p
k
a
g

(C (D Das Wort hat die Kollegin Mechthild Heil für die nionsfraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wir, die CDU/CSU, wollen die Honorarberang. Wir wollen die Honorarberatung als gleichberechgte Alternative zur Provisionsberatung etablieren. Wam? Verbraucherinnen und Verbraucher sind auf gute eratung angewiesen. Man muss heute Experte sein, um Dschungel der Geldanlagemöglichkeiten das beste apier für die eigenen Bedürfnisse zu finden. Aber die enigsten Kunden sind Experten. Sie müssen sich auf en Rat von Beratern verlassen. Wenn nun aber dieser erater nur die Finanzprodukte empfiehlt, bei deren Verittlung er selbst am meisten verdient, werden die Kun en geschädigt und wird das Vertrauen in den Finanzarkt zerstört. Deshalb ist klar: Vertriebsund Anreiz ysteme müssen sich der kundengerechten Beratung unrordnen. Es ist auch klar: Eine Provision oder Vergüng an sich ist nichts Verwerfliches, doch sie darf nicht as Hauptmotiv für eine bestimmte Empfehlung sein. Integere, effiziente, transparente und auf das Verbrauherinteresse ausgerichtete Märkte sind die entscheiende Voraussetzung für eine gesunde Volkswirtschaft. a, es gibt schon heute vereinzelt Honorarberater; jedoch icht einmal 1 Prozent aller Geldanlagegeschäfte werden on ihnen vermittelt. In der Versicherungsbranche gibt s gerade einmal 200 Honorarberater, denen 250 000 Vericherungsvermittler gegenüberstehen. Das liegt daran, ass der Kunde ungern zweimal für die gleiche Sache ahlt. Erst informiert er sich kostenpflichtig beim Honorberater, dann muss er das ausgewählte Produkt bei ei em Vermittler kaufen und dort die fällige Provision ahlen. Der Verbraucher zahlt dann also doppelt. Dies ist us Sicht des Kunden also wirtschaftlich meist wenig inressant. Das Verbraucherschutzministerium hat bereits Mitte 009 im Thesenpapier zur Qualität der Finanzberatung ine gesetzliche Regelung hinsichtlich der Honorarberang gefordert. Wörtlich heißt es dort: Zur besseren Unterscheidbarkeit und Verlässlichkeit soll ein Berufsbild des Honorarberaters … geschaffen und rechtlich verankert werden. uch das vom Kabinett im April 2011 beschlossene Geetz zur Regelung des Grauen Kapitalmarktes hält im orblatt fest, die Honorarberatung zeitnah zu etablieren. rau Aigner hat schon im letzten Sommer in ihrem Eckunktepapier die Forderung zur Honorarberatung konretisiert. Jetzt springt die SPD auf den fahrenden Zug uf. Klasse! Herzlich willkommen, wir nehmen Sie erne mit. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Caren Lay [DIE LINKE]: Was haben Sie denn zwei Jahre lang gemacht? – Mechthild Heil )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715215900

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mechthild Heil (CDU):
Rede ID: ID1715216000

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Dr. Carsten Sieling [SPD]: Sie brauchen Lot-
sen!)

Unser Ziel ist definiert; aber welcher Weg zum Ziel
führt, ist zwischen uns strittig. Der Teufel steckt wie im-
mer im Detail. Wir wollen ein neues Berufsbild etablie-
ren. Für Versicherungen existiert bereits der Versiche-
rungsberater. Für Geldanlagen soll das Berufsbild des
Anlageberaters neu geschaffen werden. Für Darlehen
sollen neben den Darlehensvermittler der Darlehensbe-
rater gestellt werden. Drei ganz unterschiedliche The-
men werden von drei unterschiedlichen Fachleuten bear-
beitet. Der SPD reicht ein Fachmann. Einer allein soll
über die entsprechenden Kenntnisse verfügen und in al-
len drei Bereichen beraten. Der Versicherungsmakler ist
dann gleichzeitig auch Fachmann für das Derivatege-
schäft. Klasse! Ihr Modell eines finanzpolitischen Uni-
versalgelehrten ist schlicht utopisch und in der Praxis
zum Scheitern verurteilt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Kommen wir zu einem weiteren strittigen Punkt. Uns
ist wichtig, dass der Honorarberater in seinen Entschei-
dungen von den Produktanbietern unabhängig ist. Ein
Honorarberater darf in keinem Fall Provisionen oder
sonstige wirtschaftliche Vorteile von Produktanbietern
für sich behalten. In unserem Eckpunktepapier werden
ausdrücklich zwei mögliche Wege aufgezeigt, dies um-
zusetzen: Erstens. Man kann dies mithilfe von Nettopro-
dukten tun. Das sind Produkte, aus denen die Provision
herausgerechnet ist, also Finanzprodukte ohne Provi-
sion. Dies ist ein kostenintensiver und vom Aufwand her
hochschwelliger Ansatz.


(Kerstin Tack [SPD]: Das hat man Ihnen nicht richtig aufgeschrieben!)


Zweitens. Die Provision wird an den Kunden weiterge-
geben. Dies ist ein niederschwelliger Ansatz, der weitge-
hend kostenneutral und ohne Bürokratieaufwand umge-
setzt werden kann.

Die SPD legt sich auf den ersten, den teuren Weg der
Nettoprodukte fest.


(Kerstin Tack [SPD]: Was ist denn daran teuer?)


Das Durchreichen der Provision lehnen Sie ab.


(Kerstin Tack [SPD]: Ja! Das stimmt!)


Die Konsequenz ist, dass ein Teil der gehandelten Fi-
nanzprodukte in Deutschland nicht mehr angeboten wer-
den kann.


(Kerstin Tack [SPD]: Quatsch! Jeder, der ein Interesse daran hat, seine Produkte am Markt zu platzieren, wird das auch weiterhin tun können!)


Der Kunde geht leer aus. Das lehnen wir ab. Der Markt
muss weltoffen und handelbar bleiben. Wir wollen eine
Provisionsdurchleitung ermöglichen. Da, wo es keine
Nettoprodukte gibt, soll die Provision dem Kunden gut-
geschrieben werden. Das hilft der Honorarberatung in
der Übergangszeit, sich im Markt zu etablieren. Hono-

ra

s
P
a
ra

u

te
tu
te
H
s
c

S
ru
s

n

W
n
n
K

S

U
z
s
D
e


Z

(C (D rberater sollen auch auf eine breite Produktpalette zuckgreifen können. Das wünscht der Kunde, und das tärkt auch den Wettbewerb zwischen den verschiedenen rodukten. Die SPD entscheidet sich in ihrem Antrag ber für ein Modell, das der Einführung der Honorarbetung schadet nd ihren Erfolg konterkariert. (Kerstin Tack [SPD]: Dann haben Sie ihn nicht richtig gelesen!)


(Kerstin Tack [SPD]: Ach was!)


Ein weiterer Punkt: die Vergütung der Honorarbera-
r. Wir wollen, dass der Kunde vor Abschluss des Bera-
ngsvertrages über die Höhe der anfallenden Kosten un-
rrichtet wird – Ende, nicht mehr und nicht weniger. Die
öhe des Honorars ist Sache zwischen dem Kunden und

einem Berater. Die SPD will die Vergütung verstaatli-
hen.


(Kerstin Tack [SPD]: Quatsch! So ein Blödsinn!)


ie will ihre Höhe vom Staat vorschreiben lassen. Wa-
m? Aus reiner Regelungswut und aus reiner Lust auf

taatliche Bevormundung.


(Kerstin Tack [SPD]: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!)


Wir wollen einen funktionierenden Markt für die Ho-
orarberatung.


(Kerstin Tack [SPD]: Ach, gute Frau! Das ist doch alles Quatsch!)


ir wollen einen möglichst niedrigschwelligen und mi-
imalen gesetzlichen Eingriff. Wir wollen, dass die Fi-
anzbranche transparenter wird, zum Nutzen der vielen
unden, der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715216100

Das Wort hat der Kollege Dr. Carsten Sieling für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1715216200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

m in dieser Debatte einen versöhnlichen Schlusspunkt
u setzen, will ich sagen: Es gibt eine breite Überein-
timmung, dass wir die provisionsgetriebene Beratung in
eutschland zurückdrängen und eine Honorarberatung

rmöglichen müssen.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Wir müssen sie doch nicht zurückdrängen! Wir brauchen eine Alternative! Aber wir müssen nichts zurückdrängen!)


Ja, wir brauchen eine klare und starke Alternative. –
umindest ich habe bisher gedacht, dass hier Konsens





Dr. Carsten Sieling


(A) )


)(B)

besteht. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede, wenn
es um die Frage geht, welchen Weg wir einschlagen.

Ich will Ihnen sehr deutlich sagen, welchen Weg wir
einschlagen. Wir sagen erstens: Wir haben keine Zeit zu
verlieren. – Deshalb verstehe ich nicht, dass die Koali-
tion ihre Verbraucherschutzministerin hängenlässt, dass
sie sie nur Eckpunkte vorschlagen lässt und dass nicht
sie hier im Plenum einen Vorschlag macht, sondern dass
wir die Ersten sind, die hierzu einen Vorschlag machen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dies ist die erste wichtige Feststellung, die die Herange-
hensweise an dieses Thema betrifft. Wir als Opposition
sagen zumindest: Wir sind nicht nur bereit, sondern na-
türlich auch fähig, Maßnahmen umzusetzen. Das schaf-
fen Sie als Regierung nicht.

Zweitens. Wenn wir die Regularien verändern, dann
dürfen wir nicht als Tiger starten und als Bettvorleger
landen. Bei Ihrem Modell würde das geschehen. Sie
werden nämlich Vorschläge vorlegen, die nicht zur Stär-
kung der Honorarberatung und zur Zurückdrängung der
provisionsgetriebenen Beratung führen. Das ist ein we-
sentlicher Punkt.

Ich will deutlich machen: Wer sich für die Honorarbe-
ratung ausspricht und gleichzeitig sagt: „Aber das provi-
sionsgetriebene Modell wollen wir so beibehalten“, der
redet falsch Zeugnis.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Oh! Oh! Oh!)


– Ja, natürlich. – Es ist doch völlig klar: Eines geht nur.
Faktisch bzw. im Ergebnis funktioniert das nicht.

Es kommt darauf an, im Zusammenhang mit den Be-
ratungsprodukten auch zu berücksichtigen, dass in der
Vergangenheit viele Fehlberatungen erfolgt sind und
Fehlanreize gesetzt wurden. Natürlich – das ist in dieser
Debatte gesagt worden – gibt es keinen allwissenden
Honorarberater. Es gibt aber auch keinen allwissenden
Berater bzw. Vermittler auf Provisionsbasis. Allerdings
gibt es Vermittler auf Provisionsbasis, die die Absicht
haben, mit dem einen Produkt eine höhere Provision zu
verdienen als mit dem anderen Produkt. Das ist ein Fehl-
anreiz. So können wir nicht dafür sorgen, dass die Men-
schen eine ordentliche Versicherung bekommen, ihr
Geld ordentlich anlegen können usw. Darum muss die
Honorarberatung gestärkt werden, meine Damen und
Herren. Das ist der Kern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will auch gleich an dieser Stelle etwas zum Punkt
Provisionsdurchleitung sagen. Auch das ist eine Markt-
verzerrung.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Nein!)


– Hören Sie mir bitte wenigstens zu. – Wir wollen, dass
das gekaufte Produkt wirklich das ist, was gewollt ist,
und dass keine Verlockungen bestehen, weil der eine
Anbieter eine höhere Provision vorsieht als der andere,
weil er sozusagen die Berater locken will. Dann gibt es

n
u
k

d
1
m
b
M
e
A

S

Z

K
d
b
u
d
K
b
u

k
a
z
is

w
s

m
P
d
a
e
s

(C (D ämlich unterschiedliche Ausstattungen und plötzlich nterschiedlich viel Geld, das weitergeleitet werden ann. (Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Alles einheitlich! Wir wollen alle wieder einen Trabbi! Oder wie?)


Das führt dann nach Ihrem Durchleitungsvorschlag
azu, dass man, wenn man Produkt A kauft, vielleicht
500 Euro in die Hand gedrückt bekommt, während
an bei Produkt B nur 500 Euro in die Hand gedrückt

ekommt. Ich möchte diese fehlerhafte Verführung der
enschen nicht, sondern ich möchte Transparenz und

inen klaren Markt auf gleicher Ebene und von gleicher
rt.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715216300

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

chweickert?


Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1715216400

Ja, eine Zwischenfrage lasse ich gerne zu.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715216500

Bitte.


Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1715216600

Herr Kollege, vielen Dank für die Ermöglichung einer

wischenfrage.

Herr Kollege Sieling, können Sie, wenn man vom
unden her denkt, ausschließen, dass es für einen Kun-
en sehr wohl vorteilhaft sein kann, wenn ein Honorar-
erater zu ihm sagt: Das eine Produkt, das ich dir anbiete
nd für das es nun einmal eine Provision gibt, ist für
ich, bei deinen Lebensumständen, das beste Produkt?
önnen Sie so etwas ausschließen? Wenn nicht, dann
in ich der Meinung, dass man vom Kunden her denken
nd das Ganze sehr wohl ermöglichen muss.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Natürlich!)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1715216700

Ich bedanke mich sehr für die Zwischenfrage und

ann natürlich sagen, dass das nicht ausgeschlossen ist,
ber ich sage Ihnen ganz deutlich, dass das für uns das
entrale Argument für Nettotarife und für Transparenz
t,


(Beifall bei der SPD)


eil dadurch jeder Berater unabhängig von dem Provi-
ionssatz das Gleiche vorlegt.

Der Unterschied zwischen dem Berater und dem Ver-
ittler auf Provisionsbasis ist, dass der Vermittler auf
rovisionsbasis den schlichten Antrieb hat, dass er mit
em einen Produkt vielleicht mehr verdient als mit dem
nderen. Beim Berater ist das alles gleich. Hier gibt es
inen Markt, auf dem die Akteure die gleiche Anbieter-
truktur aufweisen. Darum ist das fairer für die Anlege-





Dr. Carsten Sieling


(A) )


)(B)

rinnen und Anleger, für die Bürgerinnen und Bürger, und
darum sind wir für die Stärkung der Honorarberatung.

Vielen Dank für die Frage. Das ist einer der zentralen
Punkte.


(Beifall bei der SPD – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Nicht beantwortet!)


Zum Schluss will ich hier noch einmal sehr darauf
hinweisen: Wenn Sie die Fachdebatte um unseren An-
trag in den letzten Tagen verfolgt haben, dann wissen
Sie, dass alle einschlägigen Akteure, die auf diesem Ge-
biet kompetent sind, angefangen beim Verbraucherzen-
trale Bundesverband bis hin zu verschiedenen Verbän-
den und Organisationen, aufgrund dieser Argumente
deutlich gesagt haben: Unter anderem wegen dieses
Punkts ist der SPD-Antrag dem Konzept von Ministerin
Aigner überlegen. Diese Überlegenheit sollte sich auch
in Gesetzen wiederfinden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will diese Überlegenheit auch noch einmal an der
Aufsicht deutlich machen. Die Verbraucherschutzminis-
terin hatte ursprünglich ja die einheitliche Aufsicht. Sie
ist insbesondere durch das Vorgehen der FDP, die sich
beim Vermögensanlagengesetz durchgesetzt hat, aus den
Puschen geschlagen bzw. geschossen worden, sodass es
in Deutschland eine gesplittete Aufsicht gibt. Ich sage:
Es kann nicht ordentlich sein, dass 7 000 unterschiedli-
che Gewerbeämter 80 000 Vermittler kontrollieren. Das
ist ein löchriger Käse. Das muss man an dieser Stelle
auch verändern. Man braucht eine einheitliche Aufsicht,
übrigens auch für die Honorarberaterinnen und Honorar-
berater.


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Käse stinkt!)


Weil das auch ein wichtiger Bestandteil unseres An-
trages ist, will ich zuallerletzt noch einmal sagen: Wir
sprechen uns sehr dafür aus, dass es neben dieser ordent-
lichen Aufsicht auch einen Marktwächter aus der Gesell-
schaft heraus gibt.


(Beifall bei der SPD)


Darum sind wir sehr dafür, dass die Verbraucherzentra-
len diese Marktwächterfunktion erhalten. Wir wollen
nicht warten, bis die MiFID umgesetzt wird und Sie end-
lich irgendwelche Gesetzentwürfe vorlegen. Das kann
man den Menschen in Deutschland nicht mehr zumuten.
Wir müssen jetzt wissen, was Sie wollen – übrigens auch
in der europäischen Debatte.

Darum: Folgen Sie unserem Antrag, und legen Sie
endlich einmal ein paar eigene Vorschläge vor, die Sie
auch wirklich in dieses Haus einbringen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715216800

Ich schließe die Aussprache.

D

je
w
F
s
s

F
A
c
s
D
U
m

F
F
d

d
m

A
h

m

d

H
h
d
g
w
g
fu
a
p
a
s
P

(C (D Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/8182 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist doch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP ünschen Federführung beim Finanzausschuss. Die raktion der SPD wünscht Federführung beim Auschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherchutz. Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der raktion der SPD abstimmen, also Federführung beim usschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau herschutz. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorchlag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – er Überweisungsvorschlag ist mit den Stimmen der nionsfraktion und der FDP-Fraktion gegen die Stimen der übrigen Fraktionen abgelehnt. Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der raktionen der CDU/CSU und der FDP abstimmen, also ederführung beim Finanzausschuss. Wer stimmt für iesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? – Der Überweisungsvorschlag ist mit en Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimen der Oppositionsfraktionen angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz – 2. FMStG)


– Drucksache 17/8343 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parla-
entarische Staatssekretär Steffen Kampeter.

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1715216900


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Was haben wir eigentlich im Blick, wenn wir
eute über Finanzmarktstabilisierung diskutieren und
azu einen Gesetzentwurf einbringen? Für die Bundesre-
ierung und die sie tragende Koalition geht es beispiels-
eise um die Sparerinnen und Sparer, die ihre Spar-
uthaben unkompliziert und sicher in einem
nktionsfähigen Finanzmarkt verwalten wollen. Es geht

ber auch um die Beschäftigten in Deutschland, die ihre
rivaten Geschäfte vom Lohnerhalt bis hin zu Konsum-
usgaben mit Banken und Sparkassen tätigen wollen, die
ie als vertrauensvolle und verlässliche Partnerinnen und
artner einschätzen.





Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter


(A) )


)(B)

Es geht um die Unternehmerinnen und Unternehmer
in Deutschland. Deutschland wäre nicht Exportwelt-
meister und hätte keinen starken Binnenkonsum, wenn
es nicht auf einen funktionsfähigen und leistungsfähigen
Finanzmarkt blicken könnte. Es geht aber auch um die
Interessen der Anlegerinnen und Anleger, die für ihre
Altersvorsorge über das gesetzliche Maß hinaus etwas
tun wollen. All diesen dient die Finanzmarktstabilität.
Sie steht im Fokus dieses Gesetzentwurfs, dessen Inhalt
Ihnen die Koalitionsfraktionen gemeinsam mit der Bun-
desregierung heute vortragen.

Finanzmarktstabilität ist ein gemeinwohlorientiertes
Anliegen, für das es sich einzutreten lohnt. Deswegen
muss klar gesagt werden: Wir haben nicht nur diesen
Gesetzentwurf erarbeitet. Wir haben auch eine Reihe
von anderen Schlussfolgerungen aus der Finanzkrise ge-
zogen. Ich nenne beispielsweise die Bankenabgabe, die
zu einer solidarischeren Verteilung der Lasten führen
soll, oder die Initiativen, die dem Anleger- und Verbrau-
cherschutz im Finanzmarkt dienen sollen, in dem wir in
den vergangenen zwei Jahren Erhebliches vorangebracht
haben.

Ich erinnere mich noch gut daran, als das erste Fi-
nanzmarktstabilisierungsgesetz hier im Oktober im Jahr
2008 beraten worden ist.


(Roland Claus [DIE LINKE]: Das war Teufelszeug für Sie!)


Das war eine Aktion, bei der der deutsche Parlamentaris-
mus innerhalb einer Woche seine Leistungsfähigkeit und
Handlungsfähigkeit belegt hat, weil uns die Krise eiskalt
erwischt hat und wir handeln mussten und Verantwor-
tung übernommen haben.

Das ist allerdings kein Idealfall von Gesetzgebung.
Deswegen beobachten wir als Regierung, aber auch als
Koalition seit Herbst intensiv die Entwicklung auf den
Finanzmärkten. Rasch wurde uns klar, dass ein zweites
Finanzmarktstabilisierungsgesetz nach dem Auslaufen
der bisherigen Maßnahmen durchaus im Bereich des
Möglichen war.

Der Befund ist klar und deutlich: Eine hohe Staatsver-
schuldung, anders als in der Bankenkrise, ist die Ursache
von Verwerfungen auf den Finanzmärkten. Ein Vertrau-
ensverlust in die Solvenz und Liquidität einzelner Staa-
ten, nicht immer begründet, aber teilweise von den
Märkten so empfunden, führt zu Verwerfungen im Fi-
nanzmarkt. Wir haben einen erheblichen Abschreibungs-
bedarf in den Bilanzen und damit verringert sich auch
der Risikopuffer im Finanzmarktsystem. Es besteht ein
Misstrauen zwischen den einzelnen Akteuren des Fi-
nanzmarktes, das sich daran ablesen lässt, dass das Geld
nicht anderen Banken geliehen oder anderswo investiert
wird, sondern zu schlechten Konditionen über Nacht bei
der Europäischen Zentralbank geparkt wird.

Es wäre verantwortungslos, die Entwicklung abzu-
warten, bis das Kind in den Brunnen fällt. Mit dem Mitte
Dezember vom Bundeskabinett beschlossenen und jetzt
von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entwurf
handeln wir diesmal präventiv. Wir wollen Verantwor-
tung zeigen, bevor es zu krisenhaften Veränderungen

k
M
g

g
P
D
m
B
b
g

A
u
R
m
A
n
E
v
d

g
ro
s
Z
b

d
ti
m

p
D
m
d
h
b
v

K

D
F
ru
M
a
k
b

m
P
G
m

d
m

(C (D ommt, die wir nicht erwarten, die aber im Bereich des öglichen sind. Wir reden sie nicht herbei, aber es ist, laube ich, richtig, besser vorbereitet zu sein. Den ersten Schritt – das will ich in aller Klarheit saen – haben wir gemeinsam mit unseren europäischen artnern und der europäischen Bankenaufsicht gemacht. ie europäische Bankenaufsicht hat festgelegt, dass ehr Eigenkapital im europäischen Bankensektor einen eitrag zur Systemstabilität leisten kann, insbesondere ei den sogenannten systemrelevanten Banken, also den roßen Finanzakteuren. Der zweite Schritt war, dass sich auf Grundlage der nalyse der europäischen Bankenaufsicht die Staatsnd Regierungschefs entschieden haben, eine nationale ekapitalisierung der Banken anzuordnen. Da, wo es öglich ist, soll sie vorrangig durch den Markt erfolgen. ber da, wo es notwendig ist, haben wir Auffangpositioen zu schaffen, nicht weil wir wollen, dass der Staat als rster hilft, sondern weil wir glauben, dass dieses präentive Verhalten die Institute auffordert, das Notwenige zu tun, statt beim Staat anzuklopfen. Der dritte Schritt, den wir heute gesetzgeberisch beinnen, ist die nationale Umsetzungsstrategie dieser eupäischen Festlegung. Das ist das Zweite Finanzmarkt tabilisierungsgesetz, für das wir uns schon jetzt mehr eit genommen haben als für die gesamten Gesetzgeungsberatungen des Vorläufers. Was ist der Inhalt? Erstens. Wir ermächtigen die Bunesregierung mit erheblichen Kapitalmengen und Garanemöglichkeiten, für den Fall der Fälle aktiv Finanzarktstabilisierung zu betreiben. Wir ermöglichen zweitens mit diesem Gesetz, Wertapiere in Zweckgesellschaften geordnet abzuwickeln. ieses Instrument hat uns schon in der ersten Finanzarktkrise gute Dienste geleistet und trägt im Interesse er Sparer, Anleger, Unternehmen und Beschäftigten ereblich zur Vertrauensbildung auf den Finanzmärkten ei. Diese Möglichkeit steigert das Vertrauen in die Solenz der Kreditinstitute und ist damit ein kluger Beitrag. Drittens. Wir stellen alle diese Aktivitäten unter die ontrolle des bewährten Ausschusses. ie parlamentarische Begleitung ist Bestandteil unserer inanzmarktstabilisierungspolitik. Der in der Begeisteng noch ausbaufähige Kollege Schick ist neuerdings itglied dieses Gremiums und wird zweifelsohne wie lle Mitglieder dieses Gremiums die Arbeit genauso onstruktiv wie sein Vorgänger Bonde für seine Fraktion egleiten. Das Parlament ist in der Pflicht, wenn es um Finanzarktstabilisierung geht. Wir sind aber auch in der flicht, die Dinge mit der gebotenen Vertraulichkeit und eschwindigkeit von Parlamentsseite zu begleiten, die öglicherweise notwendig sind. Viertens. Wir finden mit dem Gesetz eine Form, die as Anliegen der Schuldenbremse auch auf die Instruente der Finanzmarktstabilisierung anwendet. Wir ver Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )

schärfen die Schuldenbremse mit den Vorschriften die-
ses Bereichs, weil wir sagen: Auch hier gilt das, was
notwendig und richtig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Schließlich schärfen wir die Aufsicht über die Kredit-
institute. Bisher hat die Aufsicht erst bei Bestandsge-
fährdung eine Eingriffsmöglichkeit. Wir wollen jetzt
eine Risikoeinschätzung zugrunde legen, weil wir ge-
merkt haben, dass in Abstimmung mit unseren europäi-
schen Partnern die Aufsicht bisher zu spät eingegriffen
hat, um Finanzmarktstabilität zu garantieren. Das kann
im Einzelfall mehr Eigenkapital bedeuten. Das kann
auch Rekapitalisierung durch den Soffin bedeuten. Wenn
sich Institute weigern, eigenverantwortlich ihren Beitrag
zur Finanzmarktstabilität zu leisten, kann das auch die
Einsetzung eines Sonderbeauftragten bedeuten.

Ich will allerdings auch in aller Klarheit sagen: Die
Verhältnismäßigkeit und die Berücksichtigung des Wett-
bewerbsgedankens sind neben der Erreichung von Fi-
nanzmarktstabilität ein wichtiges Anliegen der Bundes-
regierung. Es muss sich keiner vor diesem Instrument
fürchten. Maß und Mitte bleiben auch in dem neuen Ge-
setz wichtig.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715217000

Herr Staatssekretär, Sie können mein Signal weiter

ignorieren, kein Problem. Das hat dann aber Konsequen-
zen für weitere Redner.

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1715217100


Dass es schon vor dem Inkrafttreten wirkt, zeigt sich
daran, dass schon die ersten Institute gesagt haben: Wir
schaffen mehr Kapital vom Markt. Ein Gesetz, das schon
vor der ersten Lesung im Deutschen Bundestag Wirkung
entfaltet, muss ein gutes Gesetz werden. Wir werden in
der Anhörung am Montag und dann in den weiteren par-
lamentarischen Beratungen schauen, ob es noch besser
werden kann. Ich werbe für die Bundesregierung um Zu-
stimmung zu diesem Gesetzentwurf.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715217200

Das Wort hat die Kollegin Bettina Hagedorn für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1715217300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Der Herr Kollege Kampeter hat schon
auf das sogenannte Soffin-I-Gesetz hingewiesen. Das
haben wir, die Große Koalition, in atemberaubender Ge-
schwindigkeit innerhalb einer Woche – das ist nicht be-
neidens- und nachahmenswert – im Oktober 2008 verab-
schiedet. Dieses Gesetz hat – ich glaube, darüber sind
wir uns einig – gute Dienste geleistet, zur Beruhigung
der Märkte beigetragen und vor allen Dingen der Sicher-
heit der Bürgerinnen und Bürger gedient. Sie haben zu
Recht darauf hingewiesen – ich will mich dem für die

S
fe
h

a
g
in
im
In
g
k
ru
s
e
Ih
b
2

K
d
e

g
s
C
E
ti
k
g
m
D
W

m
e
fr
E
V
le
re
W
Z
tr
g
h
b
B
g
ü
a

V
in
re
d

(C (D PD anschließen –: Ja, Finanzmarktstabilität ist ein öfntliches Gut. – Das haben wir schon damals so gese en, und das sehen wir heute noch genauso. Dieses Gesetz ist allerdings am 31. Dezember 2010 usgelaufen, und das – dieser Hinweis sei mir gestattet – egen die warnenden Worte der Sozialdemokraten, die diversen Reden und Anfragen an die Regierung schon Herbst 2010 darauf hingewiesen hatten, dass dieses strument durchaus über Dezember 2010 hinaus noch ute Dienste leisten kann; denn die Krise war damals erennbar noch nicht überwunden. Was Sie für die Regieng dargelegt haben, nämlich dass Sie in weiser Voraus icht schon seit Wochen präventiv handeln, muss man in wenig einschränken. Ich habe zwar Verständnis für r Eigenlob. Aber zur ganzen Wahrheit gehört, dass das ereits auf Gipfeln und auf dem G-20-Treffen im Herbst 011 beschlossen wurde. (Beifall bei der SPD – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: Das ist ja kein Widerspruch!)


Ich will darauf hinweisen, dass wir uns in der Großen
oalition 2008 grundsätzlich einig waren. Aber schon
amals gab es einen Punkt, über den wir uns nicht ganz
inig waren – das ist auch so geblieben –, nämlich da-
ber, wer eigentlich die Kosten der Rettungsaktion tra-

en soll. Wir stellen heute mit Befriedigung fest, dass
ich offensichtlich wenigstens bei den Kollegen der
DU/CSU, der Kanzlerin und dem Finanzminister die
rkenntnis durchgesetzt hat, dass eine Finanztransak-
onsteuer eine wesentliche Rolle spielen kann. Die An-
ündigung, eine solche Steuer einzuführen, hören wir
erne. Aber Ankündigungen gab es schon diverse. Jetzt
üssen Sie es nur noch gegen die FDP durchsetzen.
ann sind wir auch an dieser Stelle auf dem richtigen
eg.


(Beifall bei der SPD)


Zu Ihrem Gesetz, dessen Entwurf nun vorliegt, kann
an sagen: besser spät als gar nicht. Der Stresstest hat

rgeben, dass die Banken in Europa 115 Milliarden Euro
isches Geld brauchen werden. 13 bis 14 Milliarden
uro davon benötigen einige Institute in Deutschland.
or diesem Hintergrund brauchen wir dieses Gesetz. Al-
rdings hat sich die Welt in den letzten dreieinhalb Jah-
n weitergedreht. Wir mussten im Herbst 2008 ins kalte
asser springen. Wir hatten damals nur eine Woche

eit. Dafür war sehr viel Mut erforderlich. Wir haben
otz der Kürze der Zeit offensichtlich manches richtig
emacht. Allerdings muss man an dieser Stelle darauf
inweisen, dass sich seitdem einige Dinge geändert ha-
en. So wurde die Schuldenbremse im Grundgesetz der
undesrepublik Deutschland verankert. Dank herausra-
ender Verfassungsgerichtsurteile diskutieren wir heute
ber die Beteiligung des Parlaments – aus gutem Grund –
uf einem ganz anderen Niveau als damals.


(Beifall bei der SPD)


or diesem Hintergrund sind wir als Abgeordnete gerade
der Anhörung mit 13 Sachverständigen im federfüh-
nden Haushaltsausschuss am kommenden Montag in

er Verantwortung, diese beiden Aspekte besonders zu





Bettina Hagedorn


(A) )


)(B)

beleuchten und zu überprüfen, ob das Gesetz den An-
sprüchen genügt.

An dieser Stelle will ich konkret werden und darauf
abstellen, dass der Soffin bisher ein reines Informations-
gremium ist. Anders als das Neunergremium, über das in
den letzten Wochen vielfach geredet wurde, ist er nicht
mit Entscheidungsbefugnis ausgestattet.

Das Finanzministerium will künftig auch befugt sein
– so sieht es der jetzt vorliegende Entwurf zum Soffin II
vor –, alle Anordnungen zu treffen, die die zweckmäßige
Wahrnehmung der Aufgaben der Anstalt sicherstellen
und überprüfen. Das mag ein wichtiger Schritt sein. Eine
Stärkung des Aufsichtsinstrumentariums ist konsequen-
terweise angelegt. Auch die Stärkung der Rechts- und
Fachaufsicht des Ministeriums ist angelegt. Ohne Zwei-
fel muss der federführende Haushaltausschuss bei seiner
Beratung dieser gewünschten Stärkung der Exekutive
zwingend eine Stärkung der Kontrolle und Mitsprache
durch den Bundestag an die Seite stellen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gerade für die Grundsatzentscheidungen, die bisher
nicht der Leitungsausschuss des Soffin trifft, sondern der
Lenkungsausschuss, der aus den Ministerien gebildet
wird, muss mehr parlamentarische Mitwirkung sicherge-
stellt werden; denn diese Entscheidungen sind in aller
Regel nicht eilig. Beispielsweise ist die Frage, welche
Kapitalbeteiligung der Bund im Falle einer Kapitalzu-
führung an eine Bank übernimmt, eine grundsätzliche
und wichtige Weichenstellung. Ich unterstelle daher,
dass wir uns hier über diese grundsätzliche Ausrichtung
fraktionsübergreifend einig sind.

Ich will ergänzend einige offene Fragen aus der Sicht
der SPD ansprechen. Dabei ist vor allen Dingen zu nen-
nen, dass wir uns stets für direkte Beteiligung ausgespro-
chen haben, zum Beispiel in Form von Stammaktien,
und sie übrigen Instrumenten vorziehen nach dem
Motto: Wer rettet und zahlt, muss an Kurssteigerungen
mitverdienen können und mitreden dürfen.

Die Bundesregierung ist zwar nicht der bessere Ban-
ker, aber über den Aufsichtsrat sehr wohl in der Lage,
die grundsätzliche Geschäftsausrichtung eines Instituts
konstruktiv und im öffentlichen Interesse zu begleiten;
denn im öffentlichen Interesse ist, dass Steuergelder im
Interesse aller eingesetzt werden.

Auf die Frage „Wie viel Zwang und wie viel Freiwil-
ligkeit brauchen wir?“ wird nachher mein Kollege
Carsten Sieling eingehen; denn ich muss jetzt zum
Schluss kommen. Ich will noch sagen, dass bei uns allen
inzwischen die Telefone heißlaufen, und zwar deshalb,
weil es natürlich Banken gibt, die wegen der Debatte
zum Zwang sehr wohl ihre Sorgen haben.

Ich hoffe, dass wir es schaffen, die Beratung im Parla-
ment miteinander ohne Anwürfe von Lobbyisten zu füh-
ren, und dass wir in erster Linie nicht deren Interessen
berücksichtigen, sondern die der Bürgerinnen und Bür-
ger, die von uns vertreten werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)


F

u
v
fu
k
R

V
E
V
w
d

w
d
b
e
u
s
in
te
in
m

T
s

p
g
B
d
s

D
b
K
e
is

G
F

d
is
ta
p
d
fi
d
s
ß
fi
w

(C (D Das Wort hat der Kollege Florian Toncar für die FDP raktion. Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen nd Kollegen! Das heute vorliegende Gesetzgebungsorhaben ist ein Baustein in der europaweiten Bekämpng der Auswirkungen der derzeitigen Staatsschulden rise. Es ist im Oktober vom Gipfel der Staatsund egierungschef vereinbart worden, dass es notwendig ist neben den Maßnahmen, die wir in den europäischen erträgen treffen müssen, den Diskussionen um den uropäischen Stabilisierungsmechanismus –, dass wir ertrauen im Bankensektor schaffen, und das europaeit. Genau dazu soll dieses Gesetz seinen Betrag aus eutscher Sicht leisten. Wir sehen, dass die Banken in Europa zurzeit ein geisses Misstrauen gegeneinander haben. Wir erkennen as daran, wie viel Geld sie zum Beispiel bei der Notenank anlegen, statt es sich gegenseitig zu leihen. Dies ist in Zeichen dafür, dass mehr dafür getan werden muss, m Vertrauen in die Stabilität des Bankensektors zu chaffen. Auch das soll europaweit angegangen werden, dem wir dafür sorgen, dass bis zum 30. Juni alle sysmrelevanten, alle für die Stabilität wichtigen Banken Europa eine Kernkapitalquote von 9 Prozent bekomen, also stärkere Kapitalpuffer haben und damit besser r Unsicherheiten, für Probleme auf den Märkten, für urbulenzen gewappnet sind und so etwas besser durchtehen können. Das Ganze wird europaweit einheitlich von der Euroäischen Bankenaufsicht gemacht, die die Kriterien aufestellt hat. Es ist für die europäischen systemrelevanten anken einheitlich errechnet worden, wie stark sie für as Krisenszenario aufgestellt sind oder wie viel Kapital ie dafür noch brauchen. Nun schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass in eutschland sichergestellt ist, dass jede Bank dieses Ziel is zum 30. Juni erreicht. Die Bundesregierung und die oalition bekennen sich dazu, dass wir als Deutsche das rfüllen, was in Europa im Oktober vereinbart worden t. Eines ist allerdings ganz wichtig, wenn man sich die eschichte dieses Soffin-II-Gesetzes, dieses neuerlichen inanzmarktstabilisierungsgesetzes, anschaut. Der Soffin II hat einen etwas anderen Charakter als er Soffin I, der vor drei Jahren verabschiedet worden t. Hier geht es im Grunde darum, dass wir einen Kapilpuffer für bestimmte Problemsituationen vorbeugend räventiv anlegen. Vor drei Jahren war die Situation so, ass der Finanzsektor derartig lädiert war, dass der Sofn eher ein Reparaturbetrieb gewesen ist und der Schaen schon so gut wie eingetreten war. Dann musste sehr chnell gehandelt und interveniert werden, um noch gröeren Schaden zu verhindern. Wir gehen heute bei Sofn II davon aus, dass wir sehr stark vorbeugend tätig erden, während es bisher ein etwas anderes Konzept Florian Toncar )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715217400

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1715217500




(A) )

war, nämlich dass man besonders stark von der Krise be-
troffene Banken stabilisiert hat, um schlimmeren Scha-
den zu vermeiden. Das erklärt, Frau Kollegin Hagedorn,
den Unterschied zwischen dem damaligen und dem heu-
tigen Gesetzgebungsvorhaben, und es erklärt auch, dass
man das, was wir heute tun, insgesamt etwas anders ein-
ordnen muss. Es ist nicht die schiere Wiederholung des-
sen, was vor drei Jahren passiert ist, sondern es ist ein
sehr stark präventiv wirkendes Instrument.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Das habe ich auch nicht gesagt!)


– Nein, aber Sie sagten, Sie hätten kritisiert, dass man
das alte Finanzmarktstabilisierungsgesetz hat auslaufen
lassen. Dafür haben wir auch ein neues Instrument ge-
schaffen, für die Fälle, in denen wirklich kein tragfähi-
ges Geschäftsmodell vorhanden ist. Für die Fälle, in de-
nen eine Bank derartig krank ist, dass es nicht sinnvoll
ist, dort Steuergelder hineinzugeben, haben wir das Re-
strukturierungsgesetz – es ist eine Art geordnetes Insol-
venzrecht für Banken –, das genau dazu da ist, die wirk-
lich problematischen Fälle geordnet in den Griff zu
bekommen und vom Markt zu bekommen.

Soffin II ist etwas ganz anderes als die Situation des
Restrukturierungsgesetzes. Es ist Vorbeugung und ver-
hindert gewissermaßen, dass der ganze Finanzsektor
krank wird. Es ist nicht dafür da, dass wir Banken ohne
Geschäftsmodell mit Steuergeldern unterstützen, und das
ist schon etwas anderes als das Konzept, das vor drei
Jahren in der Not und unter großem Zeitdruck beschlos-
sen worden ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir geben bei unserem Ansatz der unternehmerischen
Eigenverantwortung Vorrang. Es geht darum, dass wir
sehen: Je stärker der Staat an Privatunternehmen betei-
ligt ist, umso weniger kann er seiner Rolle als neutraler
Wächter fairer Regeln, als Aufseher genauso wie als Ge-
setzgeber, der sich um faire und angemessene Regeln be-
müht, nachkommen. Je stärker der Staat wirtschaftliche
Eigeninteressen verfolgt, umso stärker ist seine Rolle als
ordnender Faktor gefährdet, der faire Regeln, fairen
Wettbewerb, auch einen nachhaltigen Wettbewerb um
das beste Geschäftsmodell, um stabile Geschäftsmodelle
unterstützen kann.

Deshalb ist unser Ansatz gerade nicht, zu sagen: Ziel
ist, dass wir möglichst viel staatliches Geld in möglichst
viele Banken hineinpumpen und dadurch möglichst viel
Einfluss auf möglichst viele Banken bekommen. Wir se-
hen auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit, dass
die Banken, die staatlich beeinflusst gesteuert sind, nicht
die besseren Geschäftsmodelle hatten, sondern diese die
größeren Verlustbringer für die Steuerzahler waren, weil
Anpassungsprozesse, Veränderungen, Reformen und Sa-
nierungen eher verschleppt und verzögert worden sind,
Stichwort „Landesbanken“. Diesen Fehler sollten wir
mit Geld des Steuerzahlers keinesfalls wiederholen, son-
dern sagen: Vorrang hat, dass die Banken selbst ihre Pro-
bleme mit den Instrumenten, die sie für richtig halten, in
den Griff bekommen. Das verlangen wir, die Zielvor-
gabe legen wir fest, aber wir drängen Geld nicht dort auf,

w
tu
d
m

B
n
e
G

te
b
u
e
P
e
tr
W

s
g
d
p
n
n
le
d
m
w
A
h

im
a
tr
fu
li
N
b
u
d
W
d
is

le
S
s
R
v
ra
e
u
e
is
d

(C (D o die Probleme mit anderen Mitteln lösbar sind. Dies n wir nicht, weil wir nicht wollen, dass der Staat den eutschen Finanzsektor umfassend steuert und unterneherisch tätig ist. Deswegen begrüße ich ausdrücklich, dass die sechs anken in Deutschland, von denen wir wissen, dass sie och etwas zu tun haben bis zum 30. Juni 2012, allesamt rklärt haben, dass sie sich anstrengen werden, das anze ohne Steuergelder hinzubekommen. Ich halte es r eine Selbstverständlichkeit im Anspruch eines privan Unternehmers, dass er sagt: Wir schaffen unsere Proleme selbst aus der Welt. Wir strengen uns selber an nd bitten nicht die Allgemeinheit. – Das sollte man anrkennen. Ich denke, dass das gut ist, und es sollte für rivatunternehmen selbstverständlich sein, dass sie sich rst einmal selber anstrengen. Wenn dies gelingt, dann ifft das auf unsere Zustimmung und unser großes ohlwollen. (Beifall des Abg. Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Aber wir müssen – das ist der Sinn des heutigen Ge-
etzes – darauf vorbereitet sein, dass es Marktsituationen
eben kann, auch unberechenbare Situationen im Zuge
er Schuldenkrise, in denen es vielleicht nicht hundert-
rozentig und jedem gelingt, es selber zu schaffen. Ge-
au dafür stellen wir die Instrumente zur Verfügung, die
un, für ein Jahr befristet, wieder eingesetzt werden sol-
n. Das ist eine Vorsorgemaßnahme. Wir wollen nicht,
ass sie eingesetzt werden, aber wir wissen, dass sie
öglicherweise gebraucht werden, wenn es die Privat-
irtschaft nicht in jedem Einzelfall schafft, alle ihre
ufgaben bis zum 30. Juni 2012 unter einem durchaus
ohen Zeitdruck zu erfüllen.

Wir werden dafür sorgen, dass das, was nötig ist, auch
Bereich der staatlichen Finanzmarktstabilisierung so

bläuft, dass der Wettbewerb möglichst wenig beein-
ächtigt wird und nicht die Banken, die eigentlich ein
nktionierendes Geschäftsmodell haben und kein staat-

ches Geld brauchen und es auch nie gebraucht haben,
achteile dadurch haben, dass sie kein staatliches Geld
ekommen haben. Der faire und geordnete Wettbewerb
m das beste, das tragfähigste Geschäftsmodell darf
urch solche Interventionen nicht beeinträchtigt werden.
ir werden durch die Gesetzgebung und die Anwen-

ung der Gesetze dafür sorgen, dass das gewährleistet
t.

Natürlich gilt auch hier: Wir schonen die Steuerzah-
rinteressen. Wer im Zuge dieses Gesetzes Geld vom
taat bekommt, falls dies überhaupt notwendig werden
ollte, der muss dafür Gegenleistungen erbringen, in der
egel zum Beispiel Garantien verzinsen, Eigenkapital
erzinsen. Es wird nichts geschenkt. Der Staat wird da-
uf achten, dass die Banken, bei denen sein Eingreifen

rforderlich wird, ordentliche Geschäftsmodelle haben
nd keine unverantwortlichen Geschäftsmodelle, sofern
s diese überhaupt noch gibt, weitergeführt werden. Das
t Teil dieses Gesetzes, und das ist auch das, was wir
en Steuerzahlern schuldig sind.





Florian Toncar


(A) )


)(B)

Eine letzte Bemerkung, Frau Kollegin Hagedorn, zum
Thema Parlamentsbeteiligung.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715217600

Achten Sie bitte auf das Signal. Das müsste Ihr letzter

Satz sein.


Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1715217700

Das war ja der Versuch, meinen letzten Satz einzulei-

ten, Frau Präsidentin. – Wir werden in jedem Fall auch
über das Thema, wie man die parlamentarische Beglei-
tung dieses Prozesses effektiver gestalten und noch ver-
bessern kann, in den nächsten Tagen sprechen. Ich
denke, da ergeben sich für alle tragfähige Lösungen. Das
ist jedenfalls das Angebot. Damit möchte ich meine
Rede auch beenden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715217800

Das Wort hat der Kollege Roland Claus für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715217900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehr-

ter Kollege Toncar, wenn Sie Ihren Traum von der priva-
ten Verantwortung weiterträumen, müssten Sie beim
Aufwachen zu dem Schluss kommen, dass Sie dieses
Gesetz, das gerade von der Koalition eingebracht wurde,
nicht wirklich brauchen.


(Otto Fricke [FDP]: Was?)


Wir müssen darüber reden, worum es hier geht. Vor
über drei Jahren wurden gigantische staatliche Hilfen für
in Not geratene deutsche Banken beschlossen: 500 Mil-
liarden Euro an Garantien und Kapitalanteilen – das alles
in einer Woche. Aus heutiger Sicht hat sich all das an-
geblich bewährt. Aber die Wahrheit ist doch, dass durch
die höheren Anforderungen, die die europäische Ban-
kenaufsicht an die Banken stellt, ein höherer Anteil von
Kernkapital notwendig ist.


(Otto Fricke [FDP]: Das ist richtig!)


Hierzu ist der Öffentlichkeit zu erklären, dass es über-
haupt keine Bank gibt, die so viel Geld in ihrem Bestand
hat, wie sie verleiht. Indem das Kernkapital gestärkt
wird, soll nun für mehr Sicherheit gesorgt werden. Das
ist eine vernünftige Angelegenheit. Aber was fällt
Schwarz-Gelb dazu ein? Dafür sollen nicht die Banken
selber sorgen, sondern das soll mit Staatshilfe gesche-
hen.


(Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])


Das muss man sich in der Tat einmal auf der Zunge
zergehen lassen. Von CDU und FDP werden hier gigan-
tische Staatshilfen als Vorschlag eingebracht. Noch in
der Großen Koalition hat Steffen Kampeter, damals
Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, gegen dieses Teufels-
zeug gewettert, als die SPD entsprechende Vorschläge

g
d
n
m
w
c

e
u
z

Ic

Im
d
M
K
R
W

D

s
s
z
ru
s

S

A
z
d

u
a
w

te
k
R
s
s

R
k

is
s
te
N

(C (D emacht hat. Das muss Ihnen einfach einmal gesagt weren, Herr Kampeter. Sie können der Linken nicht permaent Verstaatlichungswahn vorwerfen und dann selbst unter mit Steuergeld Banken verstaatlichen wollen, obei es sich hier in Wirklichkeit ja um eine Verstaatli hung von Schulden handelt. Das passt nicht zusammen. Ich will die Bilanz dieser staatlichen Bankenrettung twas näher beleuchten. Es geht inzwischen immerhin m Milliardenverluste in zweistelliger Höhe für Steuerahlerinnen und Steuerzahler. h komme aus einem Bundesland, dessen Gesamtetat r ein Jahr gerade einmal 10 Milliarden Euro beträgt. Wesentlichen wurden Schulden verstaatlicht. Die bei en größten Schrottbanken, die in Düsseldorf und in ünchen, sind in Staatshand. Da will ich auch Herrn ollegen Toncar widersprechen: Das Elend der Hypo eal Estate steht dem der WestLB nun wirklich in keiner eise nach. ie IKB Deutsche Industriebank – sie war der Auslöser r staatliche Hilfen – wurde inzwischen an eine Heu chrecke verschenkt, hat aber einen totalen Luxuschirm. Auf meinen damaligen Einwand, diesen Schritt u machen, wurde mir entgegnet: Seien Sie doch einmal hig! Wenn diese Bank einem großen Investor gehört, ind wir die Sorgen los. – Wir sind sie aber nicht los. Wir haben das Überleben der Commerzbank gerettet. ie hat dafür keine Gebühr bezahlt. (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Otto Fricke [FDP]: Was?)


(Otto Fricke [FDP]: Was?)


ls die Zeit gekommen war, wo sie hätte Gebühren be-
ahlen müssen, hat sie den Staat ausgetrickst und sich
er Verantwortung entzogen.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Nein!)


Wir haben die Sparkassen mehr belastet, als es gut
nd richtig war. Jetzt wollen Sie damit wieder von vorne
nfangen und das auf neuer Grundlage tun. Dazu sagen
ir Ihnen: Nicht mit uns!


(Beifall bei der LINKEN)


Damit die Bemühungen, die in diesem Bereich geleis-
t werden, nicht diskreditiert werden, will ich hier eines
larstellen: Die Akteure aus den Landesbanken in der
ettungsbehörde, die den schönen Namen Finanzmarkt-

tabilisierungsanstalt trägt, verdienen durchaus den Re-
pekt, auch den der Linken.

Ich sage das ausdrücklich für die Chefs Johannes
ehm und Christopher Pleister und ihre Mitarbeiter. Sie
önnen nichts für die schlechten Gesetze.

Jetzt kommt aber der Skandal. Von Bettina Hagedorn
t schon auf die große Verantwortung des Lenkungsaus-

chusses, des politischen Steuerungsgremiums, einer in-
rministeriellen Arbeitsgruppe, hingewiesen worden.
un können wir nachfragen, wie dieser Ausschuss gear-





Roland Claus


(A) )


)(B)

beitet hat. Die Bundesregierung hat die Akteure bei der
Finanzmarktstabilisierung im Regen stehen lassen. Der
Lenkungsausschuss hat nämlich von September bis De-
zember des vergangenen Jahres überhaupt nicht getagt,
nicht ein einziges Mal. Wie will man so lenken und Auf-
sicht führen? Das ist ein glatter Skandal.


(Beifall bei der LINKEN)


Zudem haben Sie nicht die Chance genutzt, Ihre Be-
schwörungen von 2008, man müsse jetzt regulieren, in
Wirklichkeit umzusetzen. Stattdessen schreiben Sie in
Ihrem Gesetzentwurf selbst, man müsse jetzt das Ver-
trauen der Märkte und der Bürger wiedererlangen. Die
Sprache ist verräterisch. In dieser Reihenfolge will man
überzeugen: erst die Märkte und dann vielleicht auch die
Bürger. Solange der Staat Diener der Banken bleibt, wird
der demokratische Zusammenhalt der Gesellschaft nicht
gewahrt, sondern zerstört.


(Beifall bei der LINKEN)


Allmählich geht es um einen bankeneigenen Staat und
nicht mehr um staatseigene Banken.

Es ginge auch alles anders. Die Krise von 2008 und
2009 hat uns gezeigt, dass kollektives Handeln unab-
dingbar ist, dass der Staat gestaltend und regelnd ein-
greifen muss. Diese Worte stammen nicht etwa von
Lötzsch oder Gysi, sondern von Nobelpreisträger Joseph
Stiglitz. Nötig und möglich wäre es, schrittweise dieses
Kasino zu schließen und die Finanztransaktionsteuer
einzuführen. Nun ist das schon ein großer Schritt, von
dem wir jetzt gehört haben. Wir werden sehen, ob das
Wirklichkeit wird. Wir könnten uns dazu durchringen,
ein Verbot von Spekulationen mit Nahrungsgütern und
Rohstoffen auf den Weg zu bringen. Wir brauchen end-
lich das Verbot von Schattenbanken, Hedgefonds und
Leerverkäufen. Statt der Knebelung und der unendlichen
Sparprogramme brauchten wir Konjunkturprogramme
und eine Bank für öffentliche Anleihen. Wir müssten
endlich höchste Einkommen solidarisch besteuern. Wir
dürfen Volkswirtschaften nicht kaputtsparen, sondern
wir müssen Wachstum auf den Weg bringen.


(Beifall bei der LINKEN)


All diese Probleme werden auch mit diesem Gesetzent-
wurf nicht gelöst. Deshalb wird er unsere Zustimmung
nicht finden.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715218000

Kollege Claus, achten Sie bitte auf die Zeit.


Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715218100

Wir müssen endlich unser Wertesystem in den Blick

nehmen. Schluss mit dem Sieg des Ellenbogens! Dafür:
Einer trage des anderen Last!


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: Ein Hoch auf die Kommunistische Partei!)


F

N

Ic
e
V
K
te
fe
a
d

te
in
e
G
s
h
H
S
n
e
z

E
s
h
n
w
w
a
B

T
u
G
b
d
n
d
b
F
ti
a
s
g
v

lu
m
je
p
R
te

(C (D Das Wort hat der Kollege Dr. Gerhard Schick für die raktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715218200
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

h möchte zunächst einmal einen Blick zurück auf die
rste Bankenrettung werfen, weil sie teilweise schon in
ergessenheit geraten ist. Zur Commerzbank: Die EU-
ommission musste dem deutschen Bundesfinanzminis-
r in den Arm fallen, damit er nicht zu gute Konditionen
stlegt, die den Steuerzahler geschädigt und die Bank-

ktionäre gutgestellt hätten. Das ist ein Teil der Bilanz
er Bankenrettung in Deutschland.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir dürfen nicht meinen, es wäre danach besser wei-
rgegangen. Es gab ein Gutachten, das vor längerer Zeit
Auftrag gegeben und im Januar 2011, also vor etwa

inem Jahr, veröffentlicht worden ist. An der Spitze der
utachter stand Professor Zimmer. Darin wurde der Vor-

chlag gemacht, dass man systematisch an den Ausstieg
erangehen und auf eine vollständige Abwicklung der
ypo Real Estate setzen soll. Das Gutachten ist in der
chublade verschwunden. Die Bundesregierung setzt
un weiter auf wenig wahrscheinliche Privatisierungs-
rlöse, was den Steuerzahler möglicherweise noch teuer
u stehen kommt.

Ein Drittes möchte ich im Rückblick kritisch sagen.
ine Aufarbeitung der Frage, warum eigentlich die ver-
chiedenen Banken Hilfe vom Steuerzahler gebraucht
aben, hat in Deutschland anders als in anderen Staaten
icht stattgefunden. Das geht nicht; denn immer dann,
enn der Steuerzahler zahlen muss, muss begründet
erden, warum es so weit gekommen ist. Wir müssen

us diesen Fehlern lernen. Das ist nicht der Wille der
undesregierung gewesen. Da gilt es nachzusteuern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Konkret zu dem Gesetzentwurf: Ich bin Kollegen
oncar dankbar dafür, dass er angesprochen hat, dass wir
ns noch einmal darüber unterhalten, welche Rolle unser
remium spielt, welche Kontrollmöglichkeiten wir ha-
en und welche Kontrollmöglichkeiten vor allem auch
er Bundestag hat. Für uns Grüne ist es nicht in Ord-
ung, dass ohne die Zustimmung des Parlaments gehan-
elt werden kann. Wir wollen auch, dass das Parlament
ei der Benennung der Personen, die an der Spitze des
onds stehen, mitreden kann; denn das sind ganz wich-
ge Personalentscheidungen. Wir brauchen natürlich
uch dann, wenn es um Personalentscheidungen im Zu-
ammenhang mit der Besetzung von Aufsichtsräten
eht, die Möglichkeit zur Rückkopplung mit dem Sou-
erän. Sonst ist keine entsprechende Vertretung möglich.

Ich möchte aber auch auf den Punkt Gehaltsdecke-
ng zu sprechen kommen. Es gab an dieser Stelle im-
er wieder Probleme. Es ist von der Bundesregierung
tzt angekündigt worden, dass in diesem Bereich etwas
assieren soll. Es bleibt aber bei einer völlig weichen
egelung für die Banken, die Garantieleistungen erhal-
n.





Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

Mit einem weiteren Punkt sind wir Grüne – Herr
Kampeter hat es vorhin angesprochen – nicht zufrieden:
Dass das Gremium geheim tagt, darf nicht zum Vorwand
dafür dienen, dass Informationen, die die Öffentlichkeit
erreichen müssen, nicht rechtzeitig auf dem vorgesehe-
nen Weg bekannt gemacht werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Information über die Fehlbuchung bei der Hypo
Real Estate war keine Information für ein geheimes Gre-
mium. Dafür ist der Haushaltausschuss zuständig, und
die Öffentlichkeit muss dementsprechend informiert
werden. Das Bundesverfassungsgericht hat uns ganz
klare Vorgaben gemacht. Ein Sondergremium darf nicht
zur Folge haben, dass die Abgeordneten dieses Hauses
weniger Informationen erhalten, als sie sonst bekommen
würden. An dieser Stelle besteht Korrekturbedarf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Weil das Volumen der Gelder, die mittels dieses Ge-
setzes ausgereicht werden, wahrscheinlich – so die Hoff-
nung – eher begrenzt sein wird, will ich den Blick über
den vorliegenden Gesetzentwurf hinaus auf folgenden
Punkt lenken: Die Bankenrettung, die jetzt in Europa
wirklich stattfindet, hat eine ganz andere Dimension. Die
zweite große Bankenrettung in Europa findet im Augen-
blick über die Europäische Zentralbank statt.


(Bettina Hagedorn [SPD]: So ist es!)


Diese stellt seit dem 8. Dezember den Banken, befristet
auf drei Jahre, Geld in dem gigantischen Volumen von
489 Milliarden Euro zu Billigstkonditionen, nämlich zu
einem Zinssatz von 1 Prozent, zur Verfügung. Viele Ban-
ken, insbesondere in Italien, aber auch in anderen Län-
dern, die Probleme haben, können nur deswegen diese
Refinanzierung nutzen, weil sie von ihren Staaten Ga-
rantien bekommen und dann Bankanleihen einreichen
können. Damit können sie die Renditedifferenz zwi-
schen Staatsanleihen und dem, was sie an die EZB zah-
len, nutzen. Das ist die eigentliche Bankenrettung, die
gerade in unbekannter Milliardenhöhe stattfindet. Doch
bei dieser Bankenrettung gibt es keine Kontrolle, mit der
festgestellt werden kann, ob Boni ausgeschüttet werden.
Dort gibt es keine Deckelung der Gehälter. Dort gibt es
keine Transparenz. Die privaten Bankaktionäre werden
nicht an den Kosten der Rettung beteiligt.

Diese zweite Bankenrettung ist der eigentliche Skan-
dal. Denn sie führt zu einer völlig schiefen Verteilung
der Lasten. Damit müssen wir uns beschäftigen. Die Ver-
antwortung dafür trägt diese Bundesregierung, die die
besseren Varianten für eine Stabilisierung des Finanz-
marktes in Europa bisher konsequent abgelehnt hat. Wir
brauchen dringend und zügig Alternativen. Das ist noch
wichtiger als die Verbesserung dieses Gesetzes. Dieser
Aufgabe müssen wir uns ganz dringend widmen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


B

K
D
e
h
k

s
m
b
d
in
s
e
z
D
s
V
s
E
w
u

a
k
v
ra
lu
w
E
g
b
ra
ü
s
s
g
u
s
G

h
e
h
g
b
ö
li
D
A
to

(C (D Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege artholomäus Kalb das Wort. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Herr Dr. Schick, Sie haben von einer schiefen iskussion gesprochen. Ich habe den Eindruck, dass Sie ine etwas schiefe Sichtweise der Dinge haben, sonst ätten Sie nicht zu diesen Schlussfolgerungen kommen önnen. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was meinen Sie konkret?)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715218300

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1715218400

Mit der Wiederinkraftsetzung des Finanzmarktstabili-
ierungsgesetzes greifen wir auf ein bewährtes Instru-
ent zurück; das ist bereits ausgeführt worden. Wir ha-

en damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Es ist uns
amit gelungen, in der größten Krise den Bankensektor
Deutschland zu stabilisieren. Wir werden dieses Ge-

etz aufgrund der Erfahrungen, die wir gemacht haben,
twas modifizieren. Aber im Kern werden wir es in
weiter und dritter Lesung – da bin ich mir sicher – im
eutschen Bundestag beschließen. Dieses Gesetz hat

ich bewährt; es hat in der Krise gute Dienste geleistet.
iele, die die Möglichkeiten dieses Gesetzes in An-

pruch genommen haben, werden heute sagen können:
s war gut, dass es dieses Instrument gegeben hat. Es
ar auch gut, dass man auf diese Möglichkeiten mutig
nd rechtzeitig zurückgegriffen hat.

Wir bleiben dabei, dass sowohl der Garantierahmen
ls auch das Volumen für die Kapitalisierung in der be-
annten Größenordnung vorgehalten werden. Es geht
or allen Dingen darum – der Herr Staatssekretär hat da-
uf hingewiesen –, dass wir einer krisenhaften Entwick-
ng vorausschauend und vorbeugend entgegentreten
ollen. Ich bin überzeugt, dass dies auch gelingen wird.
s geht darum – auch das wird im Rahmen des Gesetz-
ebungspaketes der Fall sein –, dass wir entsprechende
ankenaufsichtliche Vorkehrungen treffen. Ich will da-
uf hinweisen, dass es wichtig ist, nicht alle Institute

ber einen Leisten zu schlagen. Wir haben höchst unter-
chiedliche Banken und Kreditinstitute mit höchst unter-
chiedlicher Ausrichtung. Auch darauf muss Rücksicht
enommen werden. Wir dürfen auch nicht den Versuch
nternehmen oder zulassen, dass das deutsche Banken-
ystem, bestehend aus privaten Banken, Sparkassen und
enossenschaftsbanken, nivelliert wird.

Der Kollege Claus hat den Einwand gebracht, dass
ier zuerst die Frage gestellt wird, wie Banken unter-
inander wieder mehr Vertrauen bekommen können. Er
at kritisiert, dass das Bürgervertrauen nicht im Vorder-
rund steht. Ich will andersherum argumentieren: Es ist
ekannt – und in den letzten Tagen sind dazu Zahlen ver-
ffentlicht worden –, dass 400 Milliarden bis 500 Mil-
arden Euro über Nacht bei der EZB geparkt werden.
as ist mehr als in der tiefsten Krise 2008. Das ist ein
usdruck dafür, dass zu wenig Vertrauen im Bankensek-
r vorhanden ist.





Bartholomäus Kalb


(A) )


)(B)


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei dem Krisenmanagement kein Wunder!)


Wir müssen alles tun, damit die Banken wieder einander
vertrauen. Nur dann, wenn die Banken wieder dauerhaft
einander vertrauen, können auch die Bürger uneinge-
schränkt Vertrauen zu ihren Instituten haben. Deswegen
ist das eine von dem anderen nicht zu trennen.

Wir müssen dafür sorgen, dass wir bei allen Maßnah-
men, die ergriffen werden – ich habe das bereits vorhin
angesprochen –, nichts nivellieren, und wir dürfen nicht
zulassen, dass die Axt an das bewährte deutsche Drei-
Säulen-System gelegt wird.

Ich gebe es offen zu: Meine Sympathie für die euro-
päische Bankenaufsicht und meine Euphorie halten sich
in Grenzen. Manches Problem hätten wir nicht, wenn
sich die EBA stärker der Gesamtverantwortung gestellt
hätte. Auch wenn man sich auf die Unabhängigkeit beru-
fen kann, auch wenn man sich möglicherweise auf den
Gipfelbeschluss vom Oktober berufen kann – keine In-
stitution in Europa ist frei von Verantwortung für das
Ganze. Man hat aus guten Gründen im Rahmen von Ba-
sel III – hier rufe ich ausdrücklich die deutschen Ver-
handlungsführer in Erinnerung – Übergangsfristen fest-
gelegt, wonach die erhöhten Kapitalanforderungen
schrittweise in Kraft treten, damit die Anforderungen
auch erfüllt werden können. Wenn man diese aber ver-
kürzt, dann muss es zu Problemen kommen. Auch des-
wegen müssen wir tätig werden. Wir sollten diesen Herr-
schaften immer wieder in Erinnerung rufen, dass sie
Verantwortung für das Ganze haben und Basel III nicht
auf den Kopf stellen können.

Zum Abschluss noch ein Wort, weil das in der Dis-
kussion, die wir bisher geführt haben, schon eine Rolle
gespielt hat. Wir werden auch die notwendigen Vorkeh-
rungen treffen, damit die Schuldenbremse in Deutsch-
land, die wir im Grundgesetz verankert haben, entspre-
chend beachtet und eingehalten werden kann. Auch das
werden wir – darin sind wir uns einig – in der parlamen-
tarischen Beratung noch weiter verfolgen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715218500

Das Wort hat der Kollege Dr. Carsten Sieling für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1715218600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es handelt sich hier in der Tat um eine Neuauflage des
Finanzmarktstabilisierungsgesetzes I. An der Stelle will
ich auch sagen: Es ist nicht wahr, dass das Bankenre-
strukturierungsgesetz, welches verabschiedet worden ist,
diesen Weg erspart, weshalb es im Übrigen auch falsch
war, das erste Gesetz damals auslaufen zu lassen. Hier
liegt ein Gesetz vor, das Garantien in dem gigantischen
Volumen von 400 Milliarden Euro und Kreditermächti-

g
m
ti
n
b
n
S
k
a
w
d
H
u

d
n
a
u
G

E
d
is
z
w

w
d
Z
H
T
s
b
k
z
d
li

a
d
k
d
R
E
g
g
ra
n
e
a

is
s
h
h
s
m
k

(C (D ungen von 80 Milliarden Euro umfasst. Dessen muss an sich bewusst sein. Wenn sich die Redner der Koalion und auch der Staatssekretär dafür loben, dass sie un präventiv handeln und den Gesetzentwurf früh einringen, so muss ich sagen, dass ich das ganz und gar icht so sehe. Wir befinden uns wieder in einer solchen ituation, diesmal aber nicht, wie 2008, durch eine Banenkrise verursacht, die kurzfristig eingetreten ist und uf die schnell reagiert werden muss. Vielmehr werden ir vor die vollendete Tatsache gestellt, dass wir heute ie erste Lesung haben, am Montag die Anhörung im aushaltsausschuss ist und dann sehr schnell die zweite nd dritte Lesung stattfinden werden. Meine Damen und Herren von der Koalition und von er Bundesregierung, das war überflüssig. Spätestens ach dem Gipfel im Oktober letzten Jahres hätten Sie regieren können. Dann hätten wir genügend Zeit gehabt, m sorgfältig zu beraten. Das ist nötig bei einem solchen esetz. Ich will einige Punkte nennen, über die wir noch im inzelnen diskutieren werden. Zunächst müssen wir iesmal sehr sorgfältig prüfen, ob es nicht doch klüger t, im Ergebnis auch eine Zwangsrekapitalisierung vorusehen. Dieses Instrument war 2008 nicht eingebaut orden; und ich frage mich, warum es diesmal fehlt. Diese Frage stelle ich mir aus zwei Gründen: erstens, eil der Ursprungsentwurf, der Referentenentwurf aus em Ministerium, eine solche Lösung vorgesehen hat. weitens sehen wir, dass sogar Fachleute wie Herr üther vom Institut der deutschen Wirtschaft dieses hema nunmehr ansprechen und dafür werben. Ich vertehe nicht, warum im Gesetzentwurf noch nicht einmal egründet wird, wie Sie zu Ihrer jetzigen Auffassung ommen. In der ganzen Begründung findet sich kein einiges Argument; es scheint lediglich der Kompromiss urch, dass man der BaFin ein bisschen mehr an Mögchkeiten zugestanden hat. An dieser Stelle müssen Sie deutliche Erklärungen bgeben. Wir haben eine Präferenz und haben immer eutlich gemacht, dass wir nicht weiter auf Freiwilligeit setzen können. Das steht in engem Zusammenhang amit, dass die Entscheidung darüber, ob wir bei den ettungen zu Beteiligungen kommen oder nur über stille inlagen agieren, eine große Bedeutung haben wird. Das ilt schon deshalb, weil damit erstens die Frage des Einriffs in die Geschäftspolitik dieser in Schwierigkeit getenen Institute verbunden ist. Hier muss es ein Ma agementversagen gegeben haben, sonst könnte sich das ine nicht in einer schwierigeren Lage befinden als das ndere. Zweitens ist das Ganze schuldenbremsenrelevant; das t bereits angesprochen worden. Es ist schuldenbrem enrelevant, weil wir im Falle des Aktienerwerbs Aktiva aben, es aber im Falle der stillen Einlagen zu einer Eröhung der Kreditaufnahme kommen kann, die ein Überchreiten der Schuldenregel darstellen kann. Meine Daen und Herren von der Koalition, Sie müssen uns er lären, wie Sie das plausibel machen wollen. Sie brau Dr. Carsten Sieling )


(Beifall bei der SPD)





(A) )

chen dann jedenfalls die Zustimmung des Deutschen
Bundestages; das schreibt das Grundgesetz vor. Die ent-
sprechenden Gerichtsbeschlüsse sind hier eindeutig. Wir
als SPD werden darauf beharren, dass dieses Prozedere
eingehalten wird.


(Beifall bei der SPD)


Ich erwarte auch eine Erklärung – denn das ist nur ge-
setzt und nicht erklärt, das will ich nur anmerken – der
Tatsache, dass dieses Gesetz streng befristet ist. Sie le-
gen uns ein 480-Milliarden-Gesetz mit einer Zehnmonats-
laufzeit vor. Dieses Zehnmonatsgesetz soll bereits am
31. Dezember 2012 auslaufen. Natürlich geht es um den
30. Juni, also die Frage der Anforderungen der Rekapita-
lisierung. Man muss uns aber einmal erklären, warum
man denn jetzt schon weiß, dass das Gesetz danach nicht
mehr benötigt wird. Diese Setzung bedarf der Erklärung.

Mein letzter Punkt – Herr Kollege Toncar, ich nehme
Sie gern beim Wort: Wir müssen die parlamentarischen
Rechte, die Durchgriffsmöglichkeiten erweitern und ver-
bessern. Ich hoffe, dass das jetzt nicht nur eine Ankündi-
gung war, dass wir darüber reden, sondern dass sich am
Ende wirklich etwas verändert. Das jedenfalls wollen
wir als Sozialdemokraten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715218700

Das Präsidium würdigt ausdrücklich, dass das der

erste Redner in dieser Debatte war, der sich an die Rede-
zeit gehalten hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/ CSU]: Das kann nur ein Zufallstreffer gewesen sein!)


Das Wort hat der Kollege Ralph Brinkhaus für die
Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1715218800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viel-

leicht liegt das Einhalten der Redezeit auch daran, dass
substanziell nichts mehr zum Thema beizutragen war;
denn wenn ich die Einlassungen der Opposition höre,
dann finde ich, dass das Gesetz so schlecht nicht sein
kann. Die Kritik, die geübt wurde, ist auch ein wenig be-
müht. Es wundert mich aber auch nicht, dass die Einlas-
sungen entsprechend ausfallen, weil die Leute, die jetzt
in der Opposition sitzen, teilweise sehr stark am Finanz-
marktstabilisierungspaket I mitgewirkt haben. Das ist
mein erster Punkt.

Zweiter Punkt. Als Erwiderung zum Kollegen Claus
möchte ich sagen: Wir können es Ihnen wahrscheinlich
nur recht machen, wenn wir den Bolschewismus wieder
einführen.


(Roland Claus [DIE LINKE]: Wenn ihr so weitermacht, schafft ihr das auch noch!)


N
re
K
B
h

D
In
d
s
s
k
O
e

F
F
J
g
g
b
s
S
Ä
in
o
h
v
w
w
s
s
G
T
W
d

is
z
e
n
L
e
R
n
w

e
s

n
je
g

(C (D ichtsdestotrotz: Sie haben bemängelt, dass Banken gettet werden. Das ist nicht richtig – Herr Kollege ampeter hat sich dazu eingelassen –: Wir retten nicht anken, sondern wir helfen, dass die Systemstabilität eralten bleibt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


iese Systemstabilität hat ein Gesicht: Es ist nicht der
vestor aus Asien oder Amerika, sondern der Sparer,

er sein Geld zur Bank bringt, der Arbeitnehmer, der
eine Lebensversicherungsbeiträge einzahlt, der mittel-
tändische Unternehmer, der einen Kredit haben will, die
leine Volksbank, Sparkasse oder auch Privatbank vor
rt sowie, nicht zuletzt, der Steuerzahler. Deswegen ist

s richtig, dass wir das System stabilisieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Die sind alle männlich bei Ihnen!)


Sie haben angesprochen, dass wir mit dem Zweiten
inanzmarktstabilierungsgesetz gegenüber dem Ersten
inanzmarktstabilisierungsgesetz nur wenig ändern.
etzt muss ich doch noch auf den Kollegen Sieling ein-
ehen, der sich das Gesetz, glaube ich, nicht ganz durch-
elesen hat, zumindest nicht Art. 2. Herr Sieling, Sie ha-
en über die Zwangskapitalisierung räsoniert. Natürlich
ieht das Gesetz keine Zwangskapitalisierung vor, so wie
ie sie sich wünschen; aber wir haben der BaFin mit der
nderung des § 10 Abs. 1 b KWG ein scharfes Schwert
die Hand gegeben: Eigenmittelanforderungen können

hne Vorgaben durch Verordnungen durchaus massiv er-
öht werden. Wenn Sie sich die Stellungnahmen, die
orliegen, durchgelesen haben, dann erkennen Sie: Das
ird in der Branche sehr stark kritisiert. Insofern müssen
ir darauf achten, dass die BaFin mit diesem Instrument

ehr vorsichtig und behutsam umgeht; denn es greift sehr
tark in die unternehmerischen Freiheiten ein. Das
anze ist verfassungsrechtlich sehr kritisch. So viel zum
hema Zwangskapitalisierung: Sie ist nicht der richtige
eg; wir machen das etwas eleganter. Insofern ist auch

as Problem gelöst.

Ich komme zum nächsten Punkt, der kritisiert worden
t. Man fragt: Warum habt ihr denn das Ganze zum 31. De-
ember 2010 auslaufen lassen? Ja, warum? Darauf gibt
s eine Antwort: weil die Finanzmarktstabilisierung
ach unserem Verständnis – da spreche ich auch für die
iberalen – nicht der Regelfall sein kann; sie kann nur
ine Ausnahme sein. Im Regelfall gilt immer noch das
estrukturierungsgesetz, ein Gesetz, das – ich werde
icht müde, es zu betonen – Maßstäbe in Europa und
eltweit gesetzt hat,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


in Gesetz, das wirklich Avantgarde war. Auf dieses Ge-
etz können wir zurückgreifen.

Wir sind aber momentan in einer Situation, die nicht
ormal ist. Jetzt könnte man fragen: Warum führt ihr das
tzt wieder ein, obwohl die Commerzbank heute Mor-
en erklärt hat, sie kriege das so hin? Wir sind in einer





Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)

Situation, in der die Staatsverschuldungskrise wieder
einmal in eine sehr entscheidende Phase gerät, und das
nicht nur wegen Griechenland, sondern insbesondere
deswegen, weil auch Länder wie Italien, Frankreich und
Spanien, übrigens auch wir – da haben wir weniger
Schwierigkeiten –, erheblichen Refinanzierungsbedarf
haben. Das heißt, wir werden in den nächsten Monaten
durchaus sehr viel Spaß haben. Da ist es vielleicht ein
bisschen besser, etwas zu reaktivieren, was in Regelzei-
ten nicht notwendig ist. Wir arbeiten mit Hosenträger
und Gürtel;


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Schönes Bild!)


das Restrukturierungsgesetz ist der Hosenträger, das
Zweite Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist der Gürtel,
den wir in dieser Zeit umschnallen. Ich denke, das ist
richtig und gut.

Ich möchte noch einen Punkt beleuchten – vielleicht
spielen hier ein bisschen die Dinge hinein, die Herr
Schick angesprochen hat –: parlamentarische Mitwir-
kung und Kontrolle. Es ist so: Wenn wir dieses Gesetz
verabschiedet haben, wenn die Garantien ausgelegt, die
Beteiligungen eingegangen und die Abwicklungsanstal-
ten gegründet sind, dann ist unsere Aufgabe eigentlich
zu Ende. Dann ist es vermeintlich wie in einem Holly-
wood-Spielfilm: Der Staatssekretär reitet in die unterge-
hende Sonne, und alles ist gut. Das ist aber leider nicht
der Fall; denn wir müssen uns auch im Gremium gemäß
§ 10a FMStFG mit den Mühen der Ebene beschäftigen.
Mit den „Mühen der Ebene“ meine ich: All das ist noch
nicht vorbei, wenn die Dinge, die ich gerade genannt
habe, passiert sind; leider geht es weiter.

Wir wissen: Wir haben noch Garantien aus dem Fi-
nanzmarktstabilisierungspaket I in zweistelliger Milliar-
denhöhe ausliegen; wir müssen sie zurückholen. Das ist
eine Menge Arbeit. Wir sind Beteiligungen eingegan-
gen. Ja, der Staat ist im Sinne von Herrn Claus – er
wünscht sich das – Banker geworden; wir haben faktisch
eine Hauptversammlungsmehrheit bei der Commerz-
bank und sind Eigentümer der Hypo Real Estate. Das
kann nicht der Regelfall sein.

Herr Schick, Sie haben Professor Zimmer angespro-
chen. Natürlich müssen wir uns eine Exitstrategie über-
legen; denn es entspricht nicht unserem Selbstverständ-
nis, dass wir als Staat den Bankenhandel vorantreiben;
das sollte weiter privatwirtschaftlich erledigt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben aber noch eine Baustelle, über die wir uns
bisher viel zu wenig unterhalten haben: die Abwick-
lungsanstalten der Hypo Real Estate in München und der
WestLB in Düsseldorf. Diese Abwicklungsanstalten ha-
ben eine Bilanzsumme von momentan weit über 300 Mil-
liarden Euro. Das ist mehr, als der Bundeshaushalt um-
fasst. Dort sitzen Männer und Frauen, die sich bemühen,
dieses Portfolio sehr sorgfältig abzuarbeiten – manchmal
gelingt das nicht, siehe: Buchungsfehler – und dafür zu
sorgen, dass dem Steuerzahler dabei keine Verluste ent-
stehen. Ich denke, wir sollten diesen Prozess noch enger
begleiten, als das in der Vergangenheit der Fall war.

d
s
a
s
d
g
e
lu
D

v
B
d
n
d
fe
k

s
z
D
s

(C (D Wenn ich sehe, dass man im Haushaltsausschuss auf er einen Seite aus gutem Grund teilweise wie die Keselflicker über einstellige Millionenbeträge streitet, aber uf der anderen Seite Entscheidungen trifft, die uns dreitellige Millionenund sogar Milliardenbeträge kosten, ann finde ich, Herr Schick, dass wir uns mehr einbrinen müssen. Dieses Gesetz ist entsprechend angelegt. Es nthält einen Passus, der vorsieht, dass die Abwickngsanstalten an die kurze Leine genommen werden. as ist gut und richtig. Hören wir uns an, was am Montag in der Anhörung on den Experten aus der Wissenschaft und aus der ranche vorgetragen wird. Lassen Sie uns konstruktiv arüber diskutieren, wie wir die Beteiligungsrechte verünftig ausgestalten können. Wir werden eine Menge für ie Finanzmarktstabilisierung tun, und wir werden hofntlich vernünftig durch die nächsten sechs Monate ommen. Ich glaube, wir schaffen das. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Mit der untergehenden Sonne!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715218900

Ich schließe die Aussprache.

Zwischen den Fraktionen ist es verabredet, den Ge-
etzentwurf auf Drucksache 17/8343 an die Ausschüsse
u überweisen, die Sie in der Tagesordnung finden. –
azu gibt es keinen Widerspruch. Dann ist die Überwei-

ung so beschlossen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze,
Jan Korte, Herbert Behrens, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion DIE LINKE

Die UN-Kinderrechtskonvention bei Flücht-
lingskindern anwenden – Die Bundesländer
in die Pflicht nehmen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze,
Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Kinderrechte umfassend stärken und ins
Grundgesetz aufnehmen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Dörner,
Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kinderrechte stärken
– Drucksachen 17/7643, 17/7644, 17/7187,

17/8382 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Peter Tauber
Marlene Rupprecht (Tuchenbach)

Miriam Gruß
Diana Golze
Katja Dörner





Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt


(A) )


)(B)

Es ist verabredet, hierzu eine halbe Stunde zu debat-
tieren. – Auch dazu sehe und höre ich keinen Wider-
spruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die
CDU/CSU-Fraktion die Kollegin Dorothee Bär.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1715219000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Das Thema, das heute auf der
Tagesordnung steht, ist nicht neu; vielmehr streiten wir
seit vielen Jahren sehr kontrovers über die Aufnahme
von Kinderrechten in die Verfassung. Natürlich gibt es
ganz unterschiedliche Denkschulen. Die einen sagen: Es
kann mehr für Kinder getan werden, wenn Kinderrechte
auch in der Verfassung verankert sind. Dann gibt es die
anderen, die sagen: Das ist nicht notwendig. Ich glaube,
wir brauchen uns nicht gegenseitig zu unterstellen, dass
die einen, die für die Aufnahme von Kinderrechten in
die Verfassung sind, potenziell mehr für Kinder tun wol-
len als diejenigen, die sagen, Kinderrechte sollen nicht
ins Grundgesetz aufgenommen werden.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Doch!)


– Es ist sehr kleingeistig und kleinkariert, wenn Sie das
so sehen. – Ich bin der Meinung, dass es keinen Unter-
schied zwischen Mensch und Mensch gibt. Auch Kinder
sind selbstverständlich Menschen und haben Menschen-
rechte.

Ich bin aber dankbar, dass Sie mit einigen komischen
Forderungen die Möglichkeit eröffnen, diese Debatte zu
führen; denn es ist mir ein Anliegen, darauf hinzuwei-
sen, was wir als die christlich-liberale Koalition bisher
für Kinder getan haben. In den vergangenen zwei Jahren
hat sich nämlich eine ganze Menge getan.

Wir haben beispielsweise die finanzielle Unterstüt-
zung massiv erhöht. Wir haben die Anzahl der Betreu-
ungsplätze ausgebaut und das Nationale Zentrum Frühe
Hilfen etabliert. Wir haben gleich zu Beginn dieser Le-
gislaturperiode – vielleicht ist bei einigen das Gedächt-
nis nicht mehr ganz so auf dem neuesten Stand; deshalb
ist es gut, das in Erinnerung zu rufen – das Kindergeld
erhöht; ich bin mir sicher, dass viele in den Reihen der
Opposition das nicht mehr wissen. Wir haben das Kin-
dergeld für jedes Kind monatlich um 20 Euro erhöht.
Wir haben auch den Kinderfreibetrag erhöht, und zwar
nicht zu knapp, nämlich von 6 024 Euro auf 7 008 Euro.
Wir haben ein Bildungspaket ins Leben gerufen. Wir
helfen Familien, die in eine Notlage geraten sind. Es gibt
seit dem 1. Januar 2011 eine ganze Reihe neuer Leistun-
gen, die wir auf den Weg gebracht haben. Wir haben die
Erstattung der Kosten für Kita und Schulausflüge, den
Zuschuss für ein gemeinschaftliches Mittagessen in Kin-
dertageseinrichtungen und in Schulen und die Über-
nahme der Kosten für die Lernförderung eingeführt. Wir
haben zudem in Schwerpunktkitas zur Sprach- und Inte-
grationsförderung – es sind 4 000 in ganz Deutschland –
investiert, damit Kinder in sozialen Brennpunkten mehr
Chancen haben.

k
W
v
z
s
n
m
a
In
fo
fi
K

W
J
s
e
Z
a
d
k
W
S
S
w
d
K
d
U
a
o
a
d
K


x
fi
K
a
w

K
e
U
m

Ü
d
T
d
fr

(C (D Wir haben auch Projekte auf den Weg gebracht, die ein Geld kosten und so den Steuerzahler nicht belasten. ir haben im Wahlkampf versprochen, in den Koalitions ertrag aufgenommen und tatsächlich umgesetzt – und war in kürzester Zeit –, dass das Bundes-Immissionschutzgesetz geändert wird, sodass Kinderlärm künftig icht mehr beklagbar ist, sprich: Kinderlärm darf nicht ehr wie vorher – was natürlich extrem pervers war – ls schädliche Umwelteinwirkung behandelt werden. sofern muss ich sagen, dass wir wahnsinnig viele Erlge verzeichnen können. Diese wirken sich zum einen skalisch aus. Zum anderen dienen sie dem Wohle der inder und vor allem den Kinderrechten in Deutschland. Ein ganz großer Durchbruch gelang uns in den letzten ochen. Es ist noch ganz frisch, dass wir es nach vielen ahren endlich geschafft haben, das Bundeskinderchutzgesetz auf den Weg zu bringen. Ich gebe zu, dass s, meines Erachtens unnötigerweise, einige Tage des itterns gab. Das lag – das sage ich ausdrücklich – an nderen. Ich meine nicht Sie, Frau Rupprecht. Ich weiß, ass Sie uns sehr geholfen haben. Am 1. Januar 2012 onnte das Bundeskinderschutzgesetz in Kraft treten. ir haben mit diesem Gesetz den Fokus auf der einen eite auf das Thema Prävention und auf der anderen eite auf das Thema Intervention gerichtet. So stärken ir alle Akteure, die sich mit dem Wohlergehen der Kiner beschäftigen. Wir stärken die Eltern. Wir stärken inderärzte. Wir stärken Hebammen. Wir stärken allerings auch die Jugendämter und die Familiengerichte. ns ist also etwas Großartiges gelungen, was jahrelang us verschiedenen Gründen – das haben wir hier schon ft aufgearbeitet – zu scheitern drohte bzw. teilweise uch gescheitert ist. Deswegen bin ich sehr froh darüber, ass das Bundeskinderschutzgesetz am 1. Januar 2012 in raft getreten ist. Wir haben auch Ergebnisse der Runden Tische Heimerziehung in den 50erund 60er-Jahren“ und „Seueller Kindesmissbrauch“ aufgegriffen. Deswegen nde ich es schade, dass die Aspekte Kinderschutz und inderrechte immer nur im Zusammenhang mit der Ver nkerung der Kinderrechte in das Grundgesetz diskutiert erden; denn das ist natürlich nicht ausreichend. Ich möchte auf eine Stellungnahme der Deutschen inderhilfe zu sprechen kommen. Darin heißt es: Kinder rlangen einen Minderheitenstatus, wenn sie mit dem mweltund dem Tierschutz gleichgesetzt werden; soit gelten sie als gesellschaftliche Randgruppe. (Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat die Deutsche Kinderhilfe wieder einmal etwas nicht verstanden!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das wollen wir natürlich nicht. Ich bin der festen
berzeugung, dass das, was wir, CDU/CSU und FDP, in
en letzten Jahren geleistet haben, dass unsere konkreten
aten wesentlich effizienter und zielführender sind und
ass Symbolik an der Stelle nicht weiterbringt. Ich bin
oh über das, was in den letzten zwei Jahren gut gelun-





Dorothee Bär


(A) )


)(B)

gen ist. Wir werden die nächsten beiden Jahre für die
Kinder auf diesem Weg weitergehen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715219100

Die Kollegin Marlene Rupprecht hat für die SPD-

Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1715219200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Uns liegen heute einige Anträge vor, über die wir
debattieren. Uns lagen vor Weihnachten Anträge vor,
über die wir in der Zeit um den 20. November, den Inter-
nationalen Tag der Kinderrechte, debattiert haben. Heute
liegen uns drei Anträge vor, zwei von der Fraktion Die
Linke und einer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen. Alle drei Anträge beschäftigen sich ebenso wie die
drei Anträge, die wir vor Weihnachten behandelten – es
waren SPD-Anträge, die mittlerweile verabschiedet
sind –, mit Kinderrechten.

Es geht in allen Anträgen darum, dass die Menschen-
rechte im Sinne der Kinder angepasst werden. Natürlich
sind Kinder Menschen. Hoffentlich bezweifelt dies kein
Mensch mehr in der heutigen Zeit. Schließlich ist es
noch gar nicht so lange her – so war es bis ins 19. Jahr-
hundert –, dass Kinder so lange als Sachen angesehen
wurden, bis sie erwachsen waren. Eigentlich galten sie
nicht als eigenständige Wesen.

Seit dem 20. und vor allem seit dem 21. Jahrhundert
sehen wir Kinder als eigenständige Wesen mit eigenen
Bedürfnissen und eigenen Ansprüchen an, was ihre
Rechte, ihre Unterstützung, ihre Förderung und ihren
Schutz angeht. Es geht darum, die Menschenrechte so zu
gestalten, dass sie auch im Hinblick auf die Kinder ange-
wendet werden können. Um nichts anderes geht es.

Die Menschenrechte sind bei uns in dem Werk nieder-
gelegt, das die Werte einer Gesellschaft festlegt. Ich
meine die Verfassung, also das Grundgesetz für die Bun-
desrepublik Deutschland. Als das geschaffen wurde, hat
man Kinder noch relativ stark als Objekte gesehen und
nicht als eigenständige Subjekte, die Rechte haben. Nun
kämpfen wir dafür, dass die Menschenrechte, die Grund-
rechte so formuliert werden, dass sie auch für Kinder
gelten.

Unterstützt werden wir seit 1989 durch die UN-Kin-
derrechtskonvention. Sie ist schön zu lesen. Ich habe sie
immer dabei, und, ich glaube, meine Kollegen aus der
Kinderkommission haben sie jetzt auch immer dabei.
Man muss sie wie ein Brevier immer bei sich tragen.
Verfassungsrechtler sagen – ich bin keine Verfassungs-
rechtlerin –, dass die Artikel der Kinderrechtskonvention
aufgrund ihrer Formulierung direkt im Inland gelten,
dass man sie gar nicht in nationale einfache Gesetzge-
bung umformulieren muss. In Art. 3 dieser Konvention
heißt es:




z
n
D
a
b
P
e
K
n
n
h

s
s
V
te
la
a
to
G
o
b
w
W
h
e
d
s
d

s
in
d
k
u
d
d
d

g
h
d
fa
g
b
a

1

(C (D Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen dort steht nicht „Bundestag“ oder „Landtag“, sondern Gesetzgebungsorganen“ – getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Was heißt das? Es heißt, das Wohl des Kindes ist prinipiell erst einmal zu berücksichtigen. Wenn man sich icht an diesen Vorrang hält, muss man dies begründen. as besagt dieser Art. 3. Wenn wir diesen umsetzen und nwenden würden und wenn er bekannt wäre, vor allem ei denen, die Recht sprechen, dann hätten wir gar kein roblem; denn es wäre dann noch schneller klar, ob twas Recht oder nicht Recht ist. Leider wird die UNinderrechtskonvention bei der Ausbildung von Juristen icht unbedingt gelehrt. Das finde ich sehr schade. Interationales Recht sollte man zumindest einmal gehört aben. Uns liegen jetzt Anträge vor, die eindeutig zwei Zieletzungen haben. Erstens sollen die Kinderrechte getärkt werden. Das heißt, die Kinderrechte sollen in der erfassung verankert werden, und zwar mit kindgerechn Anforderungen. Zweitens sollen wir hier in Deutschnd überprüfen, ob das, was wir für Kinder tun wollen, uch tatsächlich erreicht wird. Man nennt dies ein Moniringverfahren. Jede Regierung zeigt auf, was sie alles utes gemacht hat. Natürlich vergeht die Zeit nicht, hne dass man etwas getan hat; es wäre irrsinnig, dies zu ehaupten. Wir halten vorher fest, was wir erreichen ollen, und später, was wir erreicht haben. Mit anderen orten: Am Ende stellen wir dar, was wir alles gemacht aben. Wir brauchen einen Aktionsplan. Wir hatten inen, und wir wollen, dass er fortgeschrieben wird. In ieser Hinsicht kann ich die vorliegenden Anträge untertützen; Entsprechendes steht auch im SPD-Antrag zu iesem Thema. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Des Weiteren wollen wir, dass unabhängige Anlauf-
tellen für Kinder geschaffen werden. Dies war Thema
den Diskussionen über Missbrauchsfälle. Den Kin-

ern fehlte jemand, dem sie Vertrauen entgegenbringen
onnten, an den sie sich wenden konnten. Wir brauchen
nabhängige Ombudsstellen oder Anlaufstellen für Kin-
er, die ihnen helfen, und zwar auf allen Ebenen. Auch
iese Forderung ist in der UN-Konvention für die Rechte
er Kinder enthalten.

Ja, Sie haben auf die Rücknahme der Vorbehalte hin-
ewiesen. Dafür bin ich sehr dankbar. Dieses Parlament
at über ein Jahrzehnt dafür gekämpft. Ich bin froh, dass
iese Rücknahme jetzt gelungen ist. Nun muss die ein-
che Gesetzgebung, zum Beispiel die Sozialgesetz-

ebung, die Asylgesetzgebung – ich denke an das Asyl-
ewerberleistungsgesetz – und das Aufenthaltsrecht,
ngepasst werden. Es kann nicht mehr sein, dass Kinder
die UN definiert Kinder als Menschen von 0 bis
8 Jahren, nicht bis 16 Jahren – in Abschiebehaft ge-





Marlene Rupprecht (Tuchenbach)



(A) )


)(B)

nommen werden oder in ein Flughafenverfahren kom-
men. Sie dürfen auch nicht in Sammelunterkünften un-
tergebracht werden.

Es hat mit unserem eigenen Selbstverständnis zu tun,
dass wir Humanität gewähren. Ich denke, ein Staat, eine
Gemeinschaft, die von sich annehmen, dass sie hinsicht-
lich der Einhaltung der Menschenrechte in der ersten
Liga spielen, können es sich nicht länger leisten, dass sie
bestimmte Rechte für Kinder, und zwar für alle, für in-
und ausländische Kinder, die sich hier in Deutschland
befinden, nicht gelten lassen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist dringend notwendig, dass diese Situation geändert
wird.

Auch das Argument: „Es gibt ein Abkommen zwi-
schen den Bundesländern und dem Bund, das soge-
nannte Lindauer Abkommen, das nur einstimmig geän-
dert werden kann“, trägt nicht. Ich lese unheimlich gern
Gesetzestexte, wenn ich sie verstehe. Das Grundgesetz
versteht man gut. Auch die Kommentare versteht man
gut. Ich habe mich in den letzten Wochen quer durch alle
möglichen Kommentare gelesen. Ich habe auch Aufsätze
zu diesem Thema gelesen. Die Verfassungsrechtler sa-
gen: Alle haben zugestimmt – bei einem solchen Verfah-
ren wird vorher ja immer die Zustimmung überprüft –,
aber hinterher fragte man sich: Wie kam es eigentlich
dazu, dass wir dem zugestimmt haben? Auch als es um
die UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit
Behinderungen ging, wurde gesagt: Wir stimmen zu.
Aber jetzt heißt es: Nein, für uns gilt das nicht. Das habt
ihr allein gemacht. – Das kann nicht sein.

Vielleicht wäre es wirklich gut, wir würden ein paar
ordentliche Urteile bekommen. Das Bundesverfassungs-
gericht ist in dieser Hinsicht am fortschrittlichsten. Kin-
der sollten allerdings auch häufiger vor Verwaltungsge-
richten recht bekommen. Ich will zwar keine Schelte
betreiben, würde aber sagen: Hier wäre ein bisschen
Nachhilfe gut und notwendig; das gilt auch für manch
andere Gerichte. Deshalb ist die Forderung, die UN-Kin-
derrechte bekannter zu machen, eine wunderbare Forde-
rung, die ich gern unterstütze. Jedes Kind und jeder Er-
wachsene muss wissen: Es gibt Menschenrechte in Form
von Kinderrechten. Sie sind in Deutschland bekannt und
werden hier gelebt.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715219300

Miriam Gruß hat das Wort für die Fraktion der FDP.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Miriam Gruß (FDP):
Rede ID: ID1715219400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Über dieses Thema haben wir in den letzten Mo-

n
g

s
d
ic
h
B
R
s
K
M
s
d
b
F

ru
d
d
A
fa
B
n
s
h
a
g
s

d
u
v
n
ti
h
G
z
ic
g
K
S
g
G
te
d
s
m



ta
to
w

(C (D aten schon häufiger gesprochen. Anlässlich der vorlieenden Anträge will ich noch ein paar Dinge klarstellen. Erstens: zur UN-Kinderrechtskonvention; hierzu ist chon viel gesagt worden. Zu dem Vorwurf, wir hätten iese Konvention bislang mangelhaft umgesetzt, muss h ganz ehrlich sagen – das möchte ich betonen –: Wir aben die Vorbehalte dagegen zurückgenommen. Keine undesregierung seit 1992 hat das geschafft, auch nicht ot-Grün. Für uns hat das sehr wohl auch eine symboli che Wirkung; denn dadurch wird deutlich, dass das indeswohl für uns, die christlich-liberale Koalition, im ittelpunkt steht. Dies ist allerdings nur die symboli che Wirkung. Bereits vorher sind nämlich die Vorgaben er UN-Kinderrechtskonvention erfüllt worden. So hat eispielsweise der in Art. 22 verankerte Schutz von lüchtlingskindern schon immer gegolten. Es gibt keine Veranlassung, auf Bundesebene Ändengen im innerstaatlichen Recht vorzunehmen. Aller ings kann die Rücknahme selbstverständlich zu Veränerungen in der Anwendungspraxis führen. Für die usgestaltung der asylund aufenthaltsrechtlichen Verhren sind aber die Bundesländer zuständig. Wir in ayern haben da einiges gemacht. Beispielsweise könen Familien nach Beendigung des Asylverfahrens jetzt ehr viel schneller in eine eigene Wohnung ziehen. Das eißt konkret: Das Bundesland Bayern hat seine Hausufgaben gemacht. Alle anderen Bundesländer sind aufefordert, ihre Anwendungspraxis und ihre Gesetze entprechend zu verändern. Der Bund kann auf einer anderen Ebene aktiv weren; auch dies ist schon angesprochen worden. Es geht m die Forderung, die Kinderrechte im Grundgesetz zu erankern. Sie kennen meine Meinung. Ich habe sie icht geändert, sondern stehe nach wie vor zu der Posion, die wir damals in der Kinderkommission entwickelt aben. Ich bin für die Verankerung der Kinderrechte im rundgesetz. Allerdings gibt es in unserer Koalition der eit keine Mehrheit für diese Forderung. Trotzdem bin h überzeugt, dass von einer solchen Verankerung eine ute Signalwirkung ausgehen würde. Bis jetzt werden inder eher als Objekte angesehen. Ich will, dass die ubjektstellung des Kindes deutlicher betont wird. Ich laube, dass die Verankerung der Kinderrechte im rundgesetz ein wichtiger Schritt wäre. Aber – ich unrstreiche das noch einmal – das ist nicht Konsens, weer in der FDP noch in der Koalition, sondern meine perönliche Meinung, die ich hier zum Ausdruck bringen öchte. (Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist trotzdem eine gute Meinung! – Gegenruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/ CSU]: Darüber kann man geteilter Meinung sein!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Danke schön, Frau Dörner.

Wir haben einiges zur Stärkung der Kinderrechte ge-
n; auch das ist schon erwähnt worden. Ich möchte be-
nen: Für uns als FDP-Fraktion ist ein weiterer sehr
ichtiger Punkt, der noch nicht so recht beachtet wird,





Miriam Gruß


(A) )


)(B)

das Individualbeschwerdeverfahren. Bislang war es
nicht möglich, dass sich Kinder direkt an den UN-Aus-
schuss für die Rechte des Kindes wenden. Es ist gut,
dass das Zusatzprotokoll für das Beschwerdeverfahren
sehr wahrscheinlich in den nächsten Monaten unter-
zeichnet wird. Auch dadurch stärken wir die Rechte der
Kinder, und zwar ganz konkret.


(Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Ja!)


Wir brauchen uns auch auf internationaler Ebene nicht
zu verstecken, sondern wir können zu Recht sagen: In
Deutschland stehen die Kinderrechte im Fokus.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweitens. Kinderlärm. Das ist mein Lieblingsthema.
Als ich 1998 zum ersten Mal für den Landtag kandidiert
habe, habe ich vor den Kindergärten Plakate mit dem
Aufdruck „Kinderlärm ist Zukunftsmusik“ plakatiert.
Dass es uns im letzten Jahr tatsächlich gelungen ist, das
Bundes-Immissionsschutzgesetz zu verändern und damit
zu erreichen, dass Kinderlärm nicht mehr mit Industrie-
lärm gleichgesetzt werden kann, ist mein ganz persönli-
ches parlamentarisches Highlight. Ich glaube, das ist
auch ein ganz wichtiges Signal in Deutschland: Bei uns
dürfen die Kinder lärmen und schreien. Sie haben das
Recht, so zu sein, wie sie wollen, und dürfen in ihrem
Handeln und Tun – lachen, schreien und was auch im-
mer Kinder machen – nicht beschnitten werden.

Drittens. Last, but not least das schon angesprochene
Bundeskinderschutzgesetz. Das ist ein wichtiges Gesetz
für die Rechte von Kindern auf Unversehrtheit. Uns war
es damals ganz wichtig, die Prävention mit aufzuneh-
men. Auch dadurch stärken wir die Rechte von Kindern.
Über die Familienhebammen wurde hier im Plenum aus-
führlich gesprochen und diskutiert. Auch hier ist es uns
gelungen, einen Schritt in die richtige Richtung zu ma-
chen.

Ich kann insgesamt sagen, dass sich die Bilanz sehen
lassen kann. Wir haben die Rechte der Kinder in den
letzten zwei Jahren gestärkt, und deswegen brauchen wir
uns in Bezug auf die Kinderrechte wirklich nicht zu ver-
stecken.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715219500

Das Wort hat die Kollegin Diana Golze für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Diana Golze (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715219600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Es ist erst wenige Tage her, dass die Sternsin-
ger in Deutschland unterwegs waren.


(Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Ja!)


Sie haben an viele Türen geklopft, Spenden gesammelt
und gute Wünsche überbracht. In diesem Jahr stand die

g
a

s
H
W
W
M
d
m
s

n
v
s

s
s
a
R
h
s
b
w

B
E
b
G
k

c
u
K

d
h
te
m

h
h
a
E
M
g
H
b
D
s
re
s
d

d
b

(C (D anze Aktion unter dem Motto: „Klopft an Türen, pocht uf Rechte!“ Viele von Ihnen haben sich sicherlich auch über dieen Besuch gefreut und die jungen Menschen mit einem ändedruck verabschiedet. Und dann? Ja, was dann? as passiert hinsichtlich dieses „Pocht auf Rechte!“? o wird hier der politische Wille deutlich? Diese jungen enschen haben auf Probleme aufmerksam gemacht, ie in Deutschland nach wie vor existieren. Ich möchte ich heute aufgrund der knappen Redezeit auf drei be chränken: Erstes Problem. Das Kindeswohl hat in der Praxis ach wie vor keinen Vorrang, auch wenn hier so oft daon gesprochen wird. Ich nenne drei ganz kurze Beipiele dafür: Erstes Beispiel. Auch mit dem neuen Bundeskinderchutzgesetz werden wir weiterhin nur einen eingechränkten Rechtsanspruch für Kinder und Jugendliche uf Beratung haben. Obwohl Frau Bergmann und der unde Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“ gefordert aben, es müsse einen uneingeschränkten Rechtsanpruch auf Beratung für alle Kinder und Jugendliche geen, ist dieser Anspruch nicht ins Gesetz aufgenommen orden. Zweites Beispiel. Kinder werden trotz des Urteils des undesverfassungsgerichts vom Februar 2010 wie kleine rwachsene und, ganz speziell, wie kleine Erwerbslose ehandelt. Sie dürfen nicht nach den Regelungen dieses esetzes beurteilt werden, aber in diesem Haus gab es eine Mehrheit für eine Änderung. Drittes Beispiel. Angebote für Kinder und Jugendlihe gelten vielerorts als sogenannte freiwillige Aufgabe nd fallen deshalb immer ziemlich zu Beginn, wenn die ommunen einsparen müssen, dem Rotstift zum Opfer. Das sind für mich ganz eindeutige Beispiele dafür, ass das Kindeswohl in der Praxis eben keinen Vorrang at. Ich sage es deshalb an dieser Stelle zum wiederholn Male: Wer es mit dem Kindeswohl ernst meint, der uss Kinder ernst nehmen. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zweites Problem. Die UN-Kinderrechtskonvention
at keinen wirklichen Verfassungsrang. Wir fordern des-
alb ja nicht ohne Grund die Aufnahme der Kinderrechte
uf Schutz, Förderung und Beteiligung ins Grundgesetz.
s geht eben um mehr als nur um eine symbolische
aßnahme. Ich zitiere deshalb an dieser Stelle sehr

erne den Minister der Justiz des Landes Brandenburg,
errn Dr. Schöneburg, der gesagt hat: Die Verfassung
indet den Gesetzgeber. Das macht den Rechtsstaat aus.
er Gesetzgeber ist an den Normenbestand der Verfas-

ung gebunden. Insofern ist es wichtig, dass Kinder-
chte in die Verfassung aufgenommen werden, damit

ich der Gesetzgeber, wenn er Einfachgesetze erlässt,
aran gebunden fühlt.

Es geht eben um mehr als nur um Symbolik. Es geht
arum, den Gesetzgeber bei allem, was in diesem Hause
eschlossen wird, zu binden.


(Beifall bei der LINKEN)






Diana Golze


(A) )


)(B)

Ich frage Sie von den Regierungsfraktionen: Wie wird
nun die Bundesregierung, wie werden Sie mit der Ent-
schließung des Bundesrates umgehen? Die Bundeslän-
der haben sich mehrheitlich für die Aufnahme von Kin-
derrechten ins Grundgesetz ausgesprochen. Sie können
sich also nicht mehr wie bei der Rücknahme der Vorbe-
halte gegen die UN-Kinderrechtskonvention darauf zu-
rückziehen, dass die Bundesländer dies angeblich nicht
wollen. Die Bundesländer wollen die Aufnahme von
Kinderrechten ins Grundgesetz. Wie gehen Sie damit
um? Welche Reaktion kommt von Ihnen? Ich habe bis-
her keine zur Kenntnis genommen.

Drittes Problem. Selbst die bereits existierenden
Rechte von Kindern und Jugendlichen werden nicht bei
allen Kindern und Jugendlichen angewandt. 16- und 17-
jährige Flüchtlinge werden bereits an der Grenze aufge-
griffen und sofort wieder abgeschoben. Die Jugendämter
werden in diesen Vorgang überhaupt nicht einbezogen.
Es gibt keine Dienstanweisung an die Bundespolizei,
dass hier die Jugendämter einzubeziehen sind. Es wird
nicht einmal eine Statistik darüber geführt, wie viele 16-
und 17-Jährige aufgegriffen und wieder abgeschoben
werden, und zwar in einem Land, in dem über alles
Mögliche Statistiken geführt werden. Aber bei so einem
wichtigen Thema gibt es keine Zahlen. Deshalb sagen
wir: Auch nach der Rücknahme des letzten Vorbehalts
gegen die UN-Kinderrechtskonvention sind gesetzliche
Änderungen zum Schutz der betroffenen Kinder notwen-
dig.

Zum Schluss. Man hat es sich auch nicht leicht ge-
macht, als es darum ging, die Gleichberechtigung von
Mann und Frau in das Grundgesetz aufzunehmen. Da-
mals gab es den Spruch: Frauen sind auch Menschen,
und Menschenrechte stehen im Grundgesetz. Bitte ma-
chen Sie nicht länger den gleichen Fehler bei den Kin-
dern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715219700

Die Kollegin Katja Dörner hat für die Fraktion Bünd-

nis 90/Die Grünen das Wort.


Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715219800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Wir reden hier im Deutschen Bundestag
jetzt zum dritten Mal in einer relativ kurzen Zeitspanne
über die Kinderrechte. Darüber bin ich sehr froh, und ich
finde das sehr gut. Ich möchte ausdrücklich sagen: Ich
möchte hier über die Rechte sprechen, die Kinder haben,
über die Kinderrechte, und nicht über das, was die Re-
gierung angeblich so Tolles für die Kinder getan hat. Das
ist nämlich ein großer Unterschied.

Ich bin irritiert über die Haltung einiger Kolleginnen
und Kollegen aus den Regierungsfraktionen im Vorfeld
dieser Debatte, die sich regelrecht genervt darüber ge-
zeigt haben, dass wir zum dritten Mal über die Kinder-

re
A
w
ti
E

k
e
d

Ic
re
d
w
b
re
D
m

m
d
c
a
d
d

D
b
m
F
h
k
h
fa
k
S
u

s
n
C
m

d
le
u
s
E

(C (D chte sprechen. Ich finde das völlig unangemessen. ber das passt natürlich zu einer Ministerin, die immer ieder lapidar verkündet: Die UN-Kinderrechtskonvenon ist in der Bundesrepublik voll und ganz umgesetzt. s besteht kein Handlungsbedarf. Ende der Durchsage. Liebe Kolleginnen und Kollegen, alles ist prima, so onnten wir eben auch Frau Bär verstehen. Das darf ben nicht das Ende der Diskussion sein, weil es nicht er Wahrheit entspricht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


h bin sehr froh, dass gerade die Forderung, Kinder-
chte ins Grundgesetz aufzunehmen, neuen Schwung

urch die Entschließung des Bundesrates zu diesem
ichtigen Thema bekommen hat. Steter Tropfen höhlt
ekanntlich den Stein. Gerade was die Frage Kinder-
chte in die Verfassung angeht, können wir bemerken:
er Tropfen ist nicht nur stetig, sondern er wird auch im-
er größer. Das ist sehr gut so.

Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention ist heute schon
ehrfach angesprochen worden; ich muss das nicht wie-

erholen. Aber ich bin mir mit meiner Fraktion völlig si-
her, dass der Vorrangstellung der Kinderrechte dadurch
m besten Ausdruck verliehen werden kann, dass man
ie Kinderrechte ins Grundgesetz aufnimmt. Die Zeit
afür ist ohne Frage reif.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wie sieht es denn faktisch mit den Kinderrechten in
eutschland aus? Trotz der von uns allen ausdrücklich
egrüßten Rücknahme der Vorbehaltserklärung ist es im-
er noch möglich, dass minderjährige unbegleitete
lüchtlinge in ihren Asylverfahren wie Erwachsene be-
andelt werden. Das heißt, sie können in Sammelunter-
ünften untergebracht werden. Sie können in Abschiebe-
aft genommen werden. Sie können im Flughafenver-
hren einfach und schnell abgefertigt werden. Sie haben

ein Recht auf eine umfassende Gesundheitsversorgung.
ie haben auch kein Recht auf Leistungen der Kinder-
nd Jugendhilfe.

Ich finde es beschämend, dass das die Sachlage in un-
erem Land ist. Ich wünsche mir gerade von Kollegin-
en und Kollegen, die in ihrem Parteinamen ein großes
führen, dass sie diesen Tatbestand nicht einfach nur
it einem Schulterzucken abtun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Minderjährige Flüchtlinge werden weiterhin an der
eutschen Grenze abgewiesen und zurückgeschoben. Al-
in zwischen 2008 und 2010 gab es 16 Zurückweisungen
nd 60 Zurückschiebungen. Auch das ist ein klarer Ver-
toß gegen die Kinderrechtskonvention. Das muss ein
nde haben.





Katja Dörner


(A) )


)(B)

Die Bundeswehr kann weiterhin Minderjährige rekru-
tieren und an der Waffe ausbilden. Ein vernünftiges Mo-
nitoringverfahren zur Umsetzung der UN-Kinderrechts-
konvention in Deutschland fehlt immer noch. Unser
schöner Aktionsplan für ein kindergerechtes Deutsch-
land wurde sang- und klanglos beerdigt, weil es angeb-
lich überhaupt keinen Handlungsbedarf mehr gibt.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir haben in un-
seren Anträgen deutlich gemacht, welche gesetzlichen
Änderungen notwendig sind, um die Kinderrechte in
Deutschland zu stärken und zu verbessern und zu ermög-
lichen, dass die Rechte gerade von minderjährigen unbe-
gleiteten Flüchtlingen endlich gewahrt werden. Es ist zu-
dem eine große Herausforderung, die Kinderrechte noch
bekannter zu machen. Das muss schon in den Kitas und
Schulen geschehen, bei Kindern und Erwachsenen glei-
chermaßen. Denn nur wer seine Rechte kennt, hat eine
Chance, sich diese zu erstreiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Das Individualbeschwerdeverfahren ist schon ange-
sprochen worden. Es ist ohne Frage eine sehr gute Sa-
che. Ich gehe davon aus, dass die Bundesrepublik das
entsprechende Zusatzprotokoll schnell ratifizieren wird.
Ich hoffe, dass sich die heute aufgeworfenen Fragen
auch aufseiten der Regierungsfraktionen noch einmal
neu stellen und dann anders beantwortet werden. Die
Zeit ist jedenfalls reif dafür.

Fassen Sie sich endlich ein Herz! Machen Sie sich mit
uns auf den Weg! Machen Sie mit uns einen gemeinsa-
men Gesetzentwurf! Die Kinderrechte gehören ins
Grundgesetz.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715219900

Eckhard Pols hat das Wort für die CDU/CSU-Frak-

tion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eckhard Pols (CDU):
Rede ID: ID1715220000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Liebe Kinder und Jugendliche! Um eure
Rechte geht es heute, und hierüber wollen wir heute
noch einmal debattieren. Kindergerechtigkeit und Kin-
derfreundlichkeit fangen zu Hause an. Diesen Satz aus
meiner letzten Rede möchte ich aufgreifen und weiter
ausführen.

Die theoretische Diskussion über eure Kinderrechte
haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten
hier schon ausführlich geführt und die Argumente für
bzw. gegen eine Aufnahme von euren Kinderrechten ins
Grundgesetz hinlänglich und in sachlicher Breite ausge-
tauscht. Für mich fangen Kinderrechte dort an, wo eure

L
in
e

d
a
m
e
g
u

w
S
s
M
te
te

S

S
d
P

R
S
s
F
k
s

s
F
G
R
re
s
s
G
ri
s
e
G
n
fi
d
D
d
m
B

(C (D ebensbereiche berührt sind, zum Beispiel in der Schule, Kindergärten, in Sportvereinen oder in euren Jugend inrichtungen. Entscheidend für eine Stärkung der Kinderrechte ist ie Umsetzung vor Ort durch Länder und Kommunen, lso in den Städten und Gemeinden. Länder und Komunen sind aufgefordert, Aktivitäten zur Entwicklung ines kinderfreundlichen Umfelds auf den Weg zu brinen, bestenfalls unter Einbeziehung von euch Kindern nd Jugendlichen. Lasst uns einen Blick auf die aktuelle Schulpolitik erfen und schauen, inwieweit eure Kinderrechte im chulunterricht behandelt werden. In den niedersächsichen Lehrplänen ist das Thema Kinderrechte bzw. enschenrechte bereits für das Fach Sachunterricht unr dem Stichwort Politik vorgesehen. Zu den Kerninhaln wird dazu ausgeführt – ich zitiere –: Zum Bildungsauftrag der Grundschule gehört es, individuelle Bedürfnisse und gesellschaftliche Anforderungen aufeinander zu beziehen. Die Auseinandersetzung mit Fragen nach Rechten und Pflichten im Zusammenleben von Menschen, sei es in der Familie, in der Klassenund Schulgemeinschaft oder in der politischen Gesellschaft, bahnt ein Verständnis der demokratischen Grundprinzipien an. o weit das Zitat. Erklärtes Lernziel ist, dass ihr Schülerinnen und chüler am Ende des vierten Schuljahrganges eure Kinerrechte kennt. Dazu gehören auch Möglichkeiten der artizipation, also der Beteiligung. Der Kerninhalt Politik sieht beispielsweise für die ealschule vor, dass ihr Schüler am Ende des achten chuljahres Wissen über Kinderrechte sowie demokratiche Abläufe in Politik und Gesellschaft haben sollt. achbegriffe wie Grundrechte, Menschenrechte, Demoratie, gesellschaftliche Normen sollt ihr kennen, und ihr ollt sie auch erklären können. Menschenund Kinderrechte sind im Land Niederachsen auch indirekt in den Unterrichtsinhalten anderer ächer wiederzufinden, zum Beispiel in den Fächern esellschaftslehre, Deutsch, Werte und Normen oder eligion. Um schon in der Grundschule auf eure Kinderchte als wichtigem Bestandteil der universalen Men chenrechte eingehen zu können, hat der niedersächsiche Kultusminister eine besondere Aktion gestartet. emeinsam mit dem niedersächsischen Innenministeum und der Klosterkammer Hannover will der niederächsische Kultusminister die in Baden-Württemberg rstellte Grundrechtefibel Voll in Ordnung – unsere rundrechte übernehmen, natürlich ergänzt und an die iedersächsischen Belange angepasst. Die Grundrechtebel soll für euch Kinder ab acht Jahren im Unterricht er vierten Klasse an Grundschulen eingesetzt werden. ie Forderung nach der Behandlung des Themas Kinerrechte im Schulunterricht in den Fächern Politik, Geeinschaftslehre und Sachkunde ist damit in meinem undesland Niedersachsen erfüllt. Eckhard Pols )





(A) )

Ich möchte euch gern noch ein aktuelles Praxisprojekt
zur Beteiligung von euch Kindern und Jugendlichen aus
meiner Heimatstadt vorstellen. Frau Golze, es gibt also
noch Gemeinden, die sich damit beschäftigen und solche
Projekte nicht dem Rotstift zum Opfer fallen lassen, wie
Sie behaupten. Beteiligung von euch Kindern und Ju-
gendlichen wird häufig leider nicht als Recht angesehen,
sondern als Gunst gewährt. Bislang wird die Beteiligung
von jungen Menschen viel zu oft in das Belieben von
uns Erwachsenen gestellt. Aus diesem Grund freut es
mich besonders, dass die Mitglieder des Jugendhilfeaus-
schusses der Hansestadt Lüneburg im September 2011
einstimmig ein Grobkonzept zur Beteiligung von euch
Kindern und Jugendlichen beschlossen haben. Das Pro-
jekt soll zunächst für zwei Jahre an drei Modellstandor-
ten in drei Stadtteilen getestet werden. Konkret könnt
ihr, die interessierten Jugendlichen, eure Ideen und
Wünsche zum Beispiel zur Freizeitgestaltung in den
Stadtteilzentren vorstellen und die Kosten dafür selbst
ermitteln. Am Ende stimmt ihr demokratisch darüber ab,
welche Projektideen tatsächlich umgesetzt werden. Die
Hansestadt Lüneburg stellt eigens dafür finanzielle Mit-
tel zur Verfügung, über deren Verwendung ihr jungen
Leute selber entscheiden könnt. Das ist ein erfolgreiches
Beispiel für gewollte und unterstützte Beteiligung von
euch Kindern und Jugendlichen. Diese Beteiligungskul-
tur wünsche ich mir auch in anderen Städten und Ge-
meinden.

Die theoretischen Grundlagen und Kenntnisse über
Kinderrechte sind zwar wichtig. Aber noch wichtiger
und besser ist die praktische Umsetzung vor Ort.

Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit, liebe
Kinder und Jugendliche, und auch für Ihre, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715220100

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend auf Drucksache 17/8382. Der Aus-
schuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
empfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die
Linke auf Drucksache 17/7643 mit dem Titel „Die UN-
Kinderrechtskonvention bei Flüchtlingskindern anwen-
den – Die Bundesländer in die Pflicht nehmen“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist angenommen bei Zustimmung durch die Koalitions-
fraktionen. Die Oppositionsfraktionen haben abgelehnt.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck-
sache 17/7644 mit dem Titel „Kinderrechte umfassend
stärken und ins Grundgesetz aufnehmen“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenom-
men mit dem gleichen Stimmenergebnis wie zuvor.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c
seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des An-

tr
s
W
s
B
h

b

W

Ic
im
T
m
a
H
g
is
a
a
D
u
e

A
a
le

m
te
a
s
in
d
P
h
m
fe
e

(C (D ags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druckache 17/7187 mit dem Titel „Kinderrechte stärken“. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist auch diese eschlussempfehlung mit dem gleichen Stimmenverältnis wie zuvor angenommen. Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 9 auf: Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Keine Patentierung von konventionell gezüchteten landwirtschaftlichen Nutztieren und -pflanzen – Drucksache 17/8344 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Hier ist ebenfalls verabredet, eine halbe Stunde zu deattieren. – Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch. Die Kollegin Dr. Christel Happach-Kasan hat das ort für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1715220200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

h freue mich außerordentlich, dass es uns gelungen ist,
vergangenen Jahr einen gemeinsamen Antrag zum

hema Biopatente auf den Weg zu bringen. Ich danke
einen Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich für die

usgesprochen konstruktive Zusammenarbeit. Ich danke
errn Miersch dafür, der eigene Vorschläge gemacht hat,
enauso meinem Kollegen Max Lehmer. Ulrike Höfken
t inzwischen Ministerin geworden; Herr Ebner ist hier
n ihre Stelle getreten. Frau Tackmann hat sich ebenfalls
n der Diskussion beteiligt. Dafür ein ganz herzliches
ankeschön! – Ich finde, ihr könntet den Kolleginnen
nd Kollegen, die über ein Jahr daran gearbeitet haben,
in bisschen Beifall spenden.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


lle diejenigen, die sich daran beteiligt haben – es waren
uch die Juristen dabei –, haben enorm gute Arbeit ge-
istet.

Die Fraktionen im Deutschen Bundestag lehnen ge-
einsam die Patentierung von konventionell gezüchte-
n landwirtschaftlichen Nutztieren und Nutzpflanzen

b. Die Begründung dafür – das will ich auch sagen – ist
ehr einfach: Wir haben mit unserem Sortenschutzrecht
Deutschland ein sehr gutes Instrument, um im Bereich

er Pflanzenzüchtung den Urheberrechtsschutz für die
flanzenzüchter zu gewährleisten. Ich will aber zugeste-
en, dass für den Bereich der Tierzucht – das ist uns ge-
einsam deutlich geworden – ein ähnliches Instrument
hlt; wir sollten dies gemeinsam mit den Züchtern noch

ntwickeln.





Dr. Christel Happach-Kasan


(A) )



(B)

Als Wissenschaftsstandort hat Deutschland ein großes
Interesse am Urheberrechtsschutz. Wer in geistige Leis-
tungen wie Erfindungen investiert, muss daraus auch ei-
nen Gewinn haben. Was für Autoren eine Selbstver-
ständlichkeit ist, gilt auch für jeden Erfinder, ob im
Maschinenbau oder in der Pflanzenzucht. Die geistigen
Leistungen müssen geschützt werden.

Die Ablehnung der Patentierung im Bereich der kon-
ventionellen Pflanzenzüchtung als Instrument des Urhe-
berrechtschutzes muss aber auch zur Konsequenz haben,
dass der Sortenschutz gestärkt und weiterentwickelt
wird. Innovationen in der Pflanzenzüchtung brauchen
den Sortenschutz. Dazu gehört für die FDP auch – das
will ich deutlich sagen –, dass die Pflanzenzüchter dabei
unterstützt werden, die gesetzlich festgelegten Nachbau-
gebühren zu realisieren. Das Nachbaurecht der Land-
wirte ist gekoppelt an die Zahlung der Nachbaugebüh-
ren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das hat einen ganz praktischen Grund. Wir können
nicht damit zufrieden sein, dass der Züchtungsfortschritt
bei den Hybridsorten, bei Raps und Mais, bei denen
Nachbau nicht sinnvoll ist, deutlich höher ist als beim
Weizen. Wir sind inzwischen Nettoimporteur von Wei-
zen.

Innovationen sind Voraussetzung für Wachstum, für
Chancen für die nachwachsenden Generationen, für eine
nachhaltige Ausrichtung der Wirtschaft. Deutschland ist
ein Land von Erfindergeist und Innovation. Die Bewah-
rung dieser Tradition ist nach Thomas Morus nicht das
Halten der Asche, also die Orientierung an Innovationen
der Vergangenheit, sondern das Weitergeben der
Flamme. Dazu gehören für mich die biotechnologische
Pflanzenzüchtung und die Nanotechnologie, zwei Bei-
spiele für das, was auch in Deutschland möglich sein
muss.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es gibt sehr unterschiedliche Rechtsinstrumente für
den Schutz geistigen Eigentums. Dazu gehören auch Pa-
tente. Ihre Stigmatisierung lehnen wir ab. Seit dem
19. Jahrhundert gibt es Patente auf Organismen. Gen-
technisch veränderte Mikroorganismen produzieren
Vitamine, Aminosäuren sowie Wirkstoffe für Medika-
mente. Sie sind patentrechtlich geschützt. Dies ist in ei-
ner auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Wirtschaft wich-
tig; denn so werden Energie und Wasser gespart.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es im
wahren Sinne des Wortes keine gentechnikfreien Regio-
nen in Deutschland. Dazu gehören auch Hefen; denn He-
fen sind Alleskönner, nicht nur bei Brötchen, sondern
auch beim Bier heute Abend oder auf der Grünen Wo-
che.

Wir wollen keine allgemeine Änderung der Biopatent-
richtlinie, sondern eine Klarstellung, die sicherstellt,
dass keine Patente auf konventionell gezüchtete land-

w
d
b
fo
w
P
a

K
F
n
n
F
M
s

v
s
w
v

W
n
k

u
g
k
K
T

N
A
z
S
A

v
w
W

tu
d

tr
c
W

(C (D irtschaftliche Nutztiere oder Nutzpflanzen erteilt weren. Diesem Anliegen ist die Große Beschwerdekammer ereits in ihrem Urteil zum Brokkolipatentantrag gelgt. Aber es ist so, dass es in der Vergangenheit sehr ohl die Patentierung von konventionell gezüchteten flanzen und Tieren gab, und dies lehnen wir dezidiert b. Patente für gentechnisch veränderte Tiere wie die rebsmaus und Modellorganismen zur medizinischen orschung jedoch werden auch in Zukunft möglich und ötig sein. Die transgene Ziege, die in ihrer Milch humaes Antithrombin produziert, ist ein weiteres Beispiel. ür ihre Jahresproduktion würde mit herkömmlichen ethoden das Blut von 50 000 Spendern gebraucht. Hier ind Patente unverzichtbar. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Bereich der Pflanzenzüchtung ist die Patentierung
on Konstrukten – das sind DNS-Sequenzen, die ein be-
timmtes Zielgen enthalten und die in verschiedene land-
irtschaftliche Nutzpflanzen eingebaut werden können –
on Bedeutung.

Die Patentierung von Genen ist schon heute verboten.
ir müssen mit Nachdruck dafür sorgen, dass Gene

icht patentiert werden; denn es sind Entdeckungen und
eine Erfindungen.

Die BASF ist in der Entwicklung solcher Konstrukte
nd ihrer Verwendung in der Pflanzenzüchtung enga-
iert. Die jetzt berichtete Verlagerung von Forschungs-
apazität in die USA ist für Deutschland ein Verlust. Der
ommentar von Hartmut Wewetzer im gestrigen

agesspiegel spricht dies sehr deutlich an – ich zitiere –:

Was in Deutschland um die grüne Gentechnik ver-
anstaltet wurde, grenzt an absurdes Theater.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Hört! Hört!)


ur eine grüne Landesministerin ist glücklich darüber.
ls ob Hochschulabsolventen ihre Zukunft im Unkraut-

upfen auf dem Biohof sehen! Unverständlich, dass die
PD die Arbeitnehmerinteressen dort völlig aus den
ugen verloren hat. Ich bedaure dies sehr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen ein staatliches Biopatentmonitoring, um
erfolgen zu können und einen Überblick zu erhalten,
elche Entwicklungen auf europäischer Ebene erfolgen.
ir wollen im Auge behalten, was dort passiert. Freiheit
r Wissenschaft und Forschung, ethische Verantwor-
ng und züchterischer Fortschritt müssen die Basis für

as Biopatentrecht sein.

Wir als Liberale freuen uns, dass der gemeinsame An-
ag die notwendige Balance hält zwischen den Ansprü-
hen der Zivilgesellschaft und den Erfordernissen von
issenschaft und Züchtung.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

)






(A) )


)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715220300

Der Kollege Dr. Matthias Miersch hat jetzt das Wort

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1715220400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Happach-Kasan, ich wollte eigentlich nicht darauf
eingehen, aber da Sie uns nun schon einen mitgeben,
muss ich es zurückgeben.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Ich gebe euch keinen mit!)


Es geht uns nicht um die „Vernichtung“ von Arbeitsplät-
zen, sondern es geht bei der Bewertung der Grünen Gen-
technik vor allem auch um die Interessen der Landwirte
und der Verbraucherinnen und Verbraucher in diesem
Land.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Da muss jeder eine Abwägung vornehmen.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch nicht weiter zu
Ihren Ausführungen zur Nachbauproblematik äußern
oder zu der Frage, inwieweit ein Patent auf eine Krebs-
maus gerechtfertigt ist oder nicht, sondern ich möchte
heute ganz bewusst die Gemeinsamkeit, die wir heute
zum Ausdruck bringen, in den Mittelpunkt meiner Rede
stellen. Es ist, denke ich, bei dieser schwierigen Materie
ein sehr wichtiges Signal, das wir heute aussenden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch ich möchte mich ausdrücklich bei dem Kollegen
Max Lehmer und bei Ihnen, Frau Happach-Kasan, bei
Harald Ebner und Uli Höfken, die inzwischen der Lan-
desregierung Rheinland-Pfalz angehört, sowie bei
Kirsten Tackmann bedanken und damit den Gedanken
verbinden, ob wir es, nachdem wir diesen Antrag über-
wiesen haben – hoffentlich werden wir ganz schnell wie-
der hier im Plenum darüber beraten –, nicht schaffen,
einen Antrag aller Fraktionen vorzulegen. Ich finde, alle
Fraktionen sollten diesen Antrag mitunterzeichnen kön-
nen.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Unterzeichnen dürfen!)


Dafür will ich mich in den nächsten Wochen stark-
machen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das, was wir heute machen, ist ein wichtiges Signal.
Vor anderthalb Jahren, als wir und die Grünen einen
Antrag gegen die Biopatentierung eingebracht haben,
haben wir in den Reden noch darum gerungen, ob es
sinnvoll ist, dass sich der Gesetzgeber äußert, oder ob
man nicht erst die Rechtsprechung des Europäischen

G
d
a

d
d
m
d
w
P
w
a

li
H
s
s
n
m
ti
S
u
a

h
M
w

d
d
e
B
g
B
tu
g
W
c
w
b

S
S
B
te
le
b
re
E
F
w
ru

(C (D erichtshofes, teilweise aber auch die Patenterteilung es Europäischen Patentamtes in Sachen Brokkoli bwarten sollte. Die Spruchpraxis der Großen Beschwerdekammer es Europäischen Patentamtes hat deutlich gemacht, ass wir als Gesetzgeber ein deutliches Signal setzen üssen. Wir sind es, die die Grundlagen erarbeiten und ie damit auch die Grundlagen dafür schaffen können, ie sich Patentämter zu bestimmten Patenten bzw. atentanträgen verhalten. Deswegen ist es wichtig, dass ir nicht schweigen, sondern ein deutliches Signal über lle Fraktionsgrenzen hinweg setzen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Worum geht es? Es geht um die Frage: Was ist eigent-
ch patentierbar? Begonnen hat das Ganze – Frau
appach-Kasan, darin sind wir vielleicht noch unter-

chiedlicher Auffassung – mit einem Patentantrag, bei-
pielsweise der Firma Monsanto, als es um das soge-
annte Schnitzelpatent ging. Es ging um die Frage: Kann
an einen Patentanspruch bis hin zum Produkt rechtfer-
gen? Schweine, die mit gentechnisch verändertem
ojafutter gefüttert werden, sollen von diesem Patent
mfasst werden, nicht nur die Schweinerassen, sondern
uch alle nachfolgenden Generationen und Produkte.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Wir sind genauso dagegen wie Sie!)


Ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich
alte das für eine Perversion des Patentrechtes, für einen
issbrauch, und dagegen müssen wir uns eindeutig
enden.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Dann ging es weiter. Es blieb nicht nur bei der Frage
er gentechnischen Veränderung; es ging auch noch in
en Bereich der konventionellen Züchtung. Hier gab es
ntsprechende Versuche. Ich nenne das sogenannte
rokkolipatent; Sie haben es schon angesprochen. Hier
ab es zwar zum Glück die Rechtsprechung der Großen
eschwerdekammer, dass das konventionelle Züch-
ngsverfahren so nicht patentierbar ist. Aber alle Fra-

en, die die Erzeugnisse anbelangen, sind weiter offen.
ir mussten mittlerweile mitansehen, dass entspre-

hende Patente für Melone und Sonnenblume erteilt
urden, bei denen sich die Ansprüche auf die Produkte
is hin zum Öl erstrecken.

Vor diesem Hintergrund gibt dieser Antrag auch ein
ignal, insbesondere an die Bundesregierung. Ich habe
ie, Herr Stadler, im November gefragt, wie sich die
undesregierung gegenüber der Erteilung des sogenann-
n Melonenpatents verhalten will, einer konventionel-
n Pflanzensorte. Da haben Sie mir geantwortet, Sie
eobachteten es und gingen davon aus, dass die Konkur-
nten, also die anderen Unternehmen oder auch NGOs,
inspruch einlegten. Die Einspruchsfrist läuft im
ebruar ab. Vor dem Hintergrund dieses Antrags sollten
ir überlegen, ob nicht vielleicht auch die Bundesregie-
ng ein deutliches Signal setzt, indem sie Einspruch





Dr. Matthias Miersch


(A) )


)(B)

gegen dieses Patent erhebt. Ich glaube, das wäre im
internationalen Bereich ein ganz wichtiges Signal.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Schwierig wird das Ganze dadurch, dass es bei der
Biopatentierung um komplizierte Rechtsmaterien geht.
Es geht nicht nur um das nationale Patentrecht, sondern
es geht bei der Biopatentrichtlinie um europäisches
Recht und beim Europäischen Patentübereinkommen
sogar noch um eine Stufe darüber hinaus. Insofern ist es
gut, dass wir uns im vorliegenden Antrag auf bestimmte
Schwerpunkte konzentrieren und vor allen Dingen das
nationale Patentrecht in den Fokus nehmen. Ich bin mir
sicher, dass, wenn die Bundesrepublik Deutschland ein
solches Signal setzt, das Auswirkungen auch auf das
Europäische Parlament hat, also auch Abgeordnete aus
anderen europäischen Ländern für diese Frage sensibili-
siert werden. Insoweit ist dieser Antrag auch ein ganz
wichtiges Signal für die internationale Rechtssetzung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden auch
zukünftig mit Sicherheit um diese Problematik ringen.
Ein Sachverständiger hat einmal gesagt: Alle Regelun-
gen, die der Gesetzgeber erlässt, stellen für diejenigen,
denen es um Profit geht, nichts anderes als Slalomstan-
gen dar. Bei den Fragen Ernährung, Energie und Wasser
geht es um elementare Bereiche, von denen weltweit das
Leben abhängt. Immer wird es Leute geben, die versu-
chen, sich Rechte an diesen Ressourcen und damit
Macht zu sichern. Deswegen sind wir als Gesetzgeber
aufgerufen, die Grenzen so deutlich wie möglich zu for-
mulieren. Es wird auch zukünftig versucht werden, so
der Sachverständige, diese Slalomstangen zu umfahren.
Deswegen ist es wichtig, dass wir in dem Antrag auch
ein Monitoring vorgesehen haben. Damit können wir als
Gesetzgeber regelmäßig die Patenterteilungspraxis über-
wachen.

Ich glaube, dass wir mit diesem Antrag einen ganz
wichtigen ersten Schritt vollziehen. Ich wünsche mir
aber auch, dass wir in die Beratungen einige weitere
Inhalte, die in den Anträgen von SPD und Grünen ent-
halten sind, zumindest mitaufnehmen. Ein Punkt ist zum
Beispiel die Stellung des Europäischen Patentamtes. Je-
der denkt, dieses Patentamt sei eine Behörde. Mitnich-
ten! Es finanziert sich maßgeblich aus den Gebühren für
erteilte Patente. Dass die Prüfung damit nicht immer
ganz so objektiv ist, wie sie sein könnte, ist doch wohl
immanent. Insofern braucht das Patentamt eine andere
Finanzierungsgrundlage.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube,
am Samstag werden zahlreiche Menschen hier in Berlin
wieder deutlich machen, dass Ernährung nicht zum Null-
tarif zu haben ist, dass wir aufpassen müssen, wie wir im
Bereich der Pflanzenzucht und der Tierzucht vorgehen,
wie wir Lebensmittel in Deutschland und in Europa

e
s
a
tr
a
a
d
a
m
Ic
m
d

d

u
B
A
P
G
fe
p
c
h
ti
d
u
w
te
te
R
L

s
s
K
g
te
w
d
ri
s
n
le
s
z
im
b
g

(C (D rzeugen. Wenn immer mehr Menschen für diese Fragen ensibilisiert werden, dann hat das auch Auswirkungen uf die politischen Rahmenbedingungen. Mit dem Anag, den wir heute beraten, zeigen wir, glaube ich, auch ll denjenigen, die diese Fragen in Demonstrationen etc. ufwerfen, dass es uns in diesem Parlament tatsächlich arum geht, in diesem Bereich unserer Verantwortung ls Gesetzgeber gerecht zu werden. Insofern freue ich ich, dass wir miteinander dieses Signal setzen können. h freue mich auf die Beratungen und hoffe auf eine öglichst schnelle Beschlussfassung. Diese ist nötiger enn je. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715220500

Der Kollege Stephan Harbarth hat jetzt das Wort für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Stephan Harbarth (CDU):
Rede ID: ID1715220600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

nd Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
ereits in den vergangenen Jahren haben wir häufiger
nträge zum Thema Patentierbarkeit von Tieren und
flanzen diskutiert und uns mit der Frage befasst, wo die
renzen der Patentierbarkeit in diesem Bereich verlau-
n. Bereits damals lagen Regierungskoalition und Op-

ositionsfraktionen nach meiner Überzeugung in der Sa-
he nicht weit auseinander. Umso mehr freuen wir uns
eute, dass es gelungen ist, einen ganz breiten, überfrak-
onellen Antrag vorzulegen, der sich mit den Grenzen
er Patentierbarkeit von landwirtschaftlichen Nutztieren
nd Nutzpflanzen befasst. Dafür, dass dies möglich
urde, möchte ich herzlichen Dank sagen. Nach Mona-
n wirklich intensiver Debatte möchte ich allen beteilig-
n Berichterstatterinnen und Berichterstattern des
echtsausschusses und des Ausschusses für Ernährung,
andwirtschaft und Verbraucherschutz Dank sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Über das Thema der Patentierung von biotechnologi-
chen Erfindungen in der Landwirtschaft gibt es in die-
em Haus einen sehr erfreulichen und sehr weitgehenden
onsens. Wir alle wissen: Biotechnologische Erfindun-
en unterliegen grundsätzlich dem Patentschutz, es gel-
n aber besondere Patentierungsverbote. In Deutschland
ird dies inhaltlich durch die Biopatentrichtlinie und
urch das Patentgesetz bestimmt. Nach der Biopatent-
chtlinie und dem Europäischen Patentübereinkommen
ind Pflanzensorten und Tierrassen aus gutem Grund
icht patentierbar. Für eine wichtige Klarheit hat im vor-
tzten Jahr die Große Beschwerdekammer des Europäi-

chen Patentamts gesorgt. Sie hat in der Entscheidung
um Brokkoli- und Tomatenpatent mehr Rechtsklarheit

Hinblick auf die Abgrenzung der „im Wesentlichen
iologischen Verfahren“ geschaffen. Im zugrunde lie-
enden Streit wurde verlangt, ein konventionelles Zucht-





Dr. Stephan Harbarth


(A) )


)(B)

verfahren und unabhängig davon auch die Erzeugnisse,
die aus diesem Verfahren gewonnen wurden, zu paten-
tieren.

In der Entscheidung hat die Große Beschwerdekam-
mer festgelegt, dass auch solche Verfahren im Wesent-
lichen biologisch und damit nicht patentierbar sind, die
auf Kreuzung und Selektion beruhen. Sie sind auch dann
nicht patentierbar, wenn bei ihnen technische Verfah-
rensschritte zur Durchführung bzw. Unterstützung von
Verfahren der Kreuzung von Genomen von Pflanzen und
der nachfolgenden Selektion der darauffolgenden Aus-
wahl von Pflanzen genutzt werden.

Technische Hilfsmittel wie genetische Marker können
zwar nach den einschlägigen Rechtsgrundlagen durch-
aus patentfähige Erfindungen darstellen, ihre Verwen-
dung in einem im Wesentlichen biologischen Verfahren
macht dieses Züchtungsverfahren selbst aber nicht
patentierbar. Das war eine gute Entscheidung, die wir
sehr nachdrücklich begrüßen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Allerdings wurde mit der Entscheidung der Großen
Beschwerdekammer nicht klargestellt, ob auch reine
Erzeugnisansprüche auf Pflanzen mit spezifischen
Eigenschaften trotz der Entscheidung zulässig sind. Hin-
sichtlich der sogenannten Product-by-Process-Patentan-
sprüche gibt es bislang keine Rechtsklarheit, wie wir sie
uns wünschen. Keine Klarheit besteht, wenn es um
Erzeugnisse geht, die mit einem Erzeugnis identisch
sind, das auf einem Herstellungsverfahren beruht, das
selbst patentgeschützt ist. Das ist im Bereich der Tier-
und Pflanzenzucht deshalb besonders problematisch,
weil diese Product-by-Process-Patentansprüche durch-
aus geeignet sein können, die Nichtpatentierbarkeit her-
kömmlicher Züchtungsverfahren zu unterlaufen und aus-
zuhöhlen.

Für uns, die Union, ist klar: Die Vielfalt genetischer
Ressourcen an landwirtschaftlichen Nutztieren und
Nutzpflanzen muss erhalten werden. Für uns, die Union,
ist aber auch klar: Wir bekennen uns zur Bedeutung des
Patentrechts für den Schutz des geistigen Eigentums und
für die Forschungsfreiheit. Innovationen und Erfindun-
gen sind für unseren Wirtschaftsstandort von herausra-
gender Bedeutung und müssen auch künftig möglich
sein. Wir werden deshalb auch in Zukunft berechtigte
Interessen von Forschung und Wissenschaft nicht ein-
fach grundlos vom Tisch wischen. Wir werden sie des-
halb nicht grundlos vom Tisch wischen, weil wir nicht
möchten, dass die Früchte herausragender deutscher
Forschungsleistungen primär in anderen Ländern ge-
erntet werden.

Legt man diese Maßstäbe an, dann sind wir über-
zeugt: Wir brauchen in Deutschland ein leistungsfähiges
Patentrecht, aber kein schrankenloses Patentrecht. Wir
brauchen ein Patentrecht, das auch ethischen Verpflich-
tungen Rechnung trägt. Deshalb darf es auf konventio-
nell gezüchtete landwirtschaftliche Nutztiere und auf
Nutzpflanzen kein Patent geben.

Mit dem Antrag sprechen wir uns deshalb klar dafür
aus, sicherzustellen, die Schutzwirkung von Product-by-

P
g
B
e
d
ti
A

d
u
z
z
le
m

S
e
o
g
k
fr
ru
Z

re
d
p

d

K
s
g
te
b
s
a
p

g
2
s
A
k
F
is
w

(C (D rocess-Patenten auf die Verwendung des im Patent anegebenen Verfahrens zu beschränken. Wir fordern die undesregierung auf, sich auf europäischer Ebene dafür inzusetzen und jetzt zu prüfen, ob auch ohne Rechtsänerungen auf europäischer Ebene Anpassungen im naonalen Patentrecht – das entspricht der Intention des ntrags – möglich sind. Wir Christdemokraten sind der tiefen Überzeugung, ass die natürlichen Lebensgrundlagen für alle da sind nd dass die Erkenntnisse über die Schöpfung für alle ugänglich sein müssen. Alle müssen die Möglichkeit ur Teilhabe haben. Es darf nicht zu einer kommerzieln Reservierung dieser Bereiche für einige wenige komen. Es ist schon angeklungen, dass wir einen Impuls mit chwerpunkt Europa setzen wollen. Die Frage, ob nur inige wenige über diese Ressourcen verfügen können der ob sie für die Menschheit in Gänze offen stehen, eht über Europa hinaus. In einer Welt, die durch Bevölerungswachstum und durch eine immer größere Nachage und einen immer weiter steigenden Bedarf an Nahngsmitteln geprägt ist, ist dies eine der ganz großen ukunftsfragen. Unsere Position ist klar. Deshalb wünsche ich unsem Antrag, den wir heute gemeinsam verabschieden, ie von uns allen erhoffte Durchschlagskraft auf euroäischer Ebene und darüber hinaus. Vielen herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715220700

Jetzt hat Kirsten Tackmann für die Fraktion Die Linke

as Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715220800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ja, der vorliegende Antrag ist ein Gemein-
chaftswerk. Seit dem Sommer 2010 hat eine Arbeits-
ruppe aller fünf Fraktionen an diesem Antrag gearbei-
t. Denn es sollte ein gemeinsames Signal sein, dass wir
ei den Biopatenten Probleme sehen und dass wir in die-
em Bereich Grenzen setzen müssen. Deswegen waren
uch wir Linke zu großen und auch schwierigen Kom-
romissen bereit.

Anlässlich der Grünen Woche 2011 haben wir eine
emeinsame Presseerklärung herausgegeben. Im April
011 lag ein gemeinsamer Antragsentwurf vor. So weit,
o gut. Dann passierte monatelang erst einmal nichts.
ber im Dezember 2011 ist die Linke dann plötzlich
ommentarlos aus der Gruppe entfernt worden. Diese
ortsetzung des Kalten Krieges – so muss ich das sagen –
t der höchsten Volksvertretung unseres Landes nicht
ürdig.





Dr. Kirsten Tackmann


(A) )


)(B)


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das grenzt nicht nur meine Fraktion, sondern auch – das
ist eigentlich das Schlimme – unsere Wählerinnen und
Wähler aus. Das ist das größere Problem. Aus meiner
Sicht ist das ein vordemokratisches Verhalten.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich muss ganz ehrlich sagen: Dieses Vorgehen entbin-
det uns von den Kompromissen, die wir eingegangen
sind. Deshalb werden wir einen Antrag vorlegen, in dem
linke Positionen enthalten sind.


(Beifall bei der LINKEN)


Zum Antrag selbst. Eigentlich sind Biopatente verbo-
ten. Die Realität sieht aber anders aus. Dazu ist schon ei-
niges gesagt worden. In der Dokumentation „Das Saat-
gutkartell auf dem Vormarsch“ sind dieser Vorgang und
auch der ziemlich schamlose Griff der Agrarkonzerne
nach Biopatenten ziemlich deutlich beschrieben.

Über 250 Biopatentanträge für Gentechpflanzen und
100 für konventionell gezüchtete Pflanzen lagen allein
2010 beim Europäischen Patentamt vor. Die Antragstel-
ler wollen sich damit die alleinigen Rechte am späteren
Produkt sichern. Problematisch ist dabei sowohl die Zahl
der Anmeldungen als auch ihre Reichweite. Auch dazu
ist schon einiges gesagt worden. Es beginnt beim Futter-
mittel, geht über das eigentliche Tier oder die Pflanze bis
hin zu den Produkten, also Fleisch, Milch oder Mehl.

Ein gutes Beispiel ist das Schweinezuchtpatent
EP 1651 777. Es betrifft ein Verfahren zur Zuchtauswahl
von Schweinen mit bestimmten natürlichen Eigenschaf-
ten. Kritisch dabei ist, dass das Patent sich nicht nur auf
das Tier und das Zuchtverfahren selbst bezieht, sondern
auch auf die aus diesem Verfahren stammenden Ferkel.
Der Einspruch eines breiten Bündnisses von BUND bis
zum Deutschen Bauernverband hatte zwar Erfolg, und
das Patent wurde widerrufen. Aber – auch das ist schon
gesagt worden – es blieben einige Fragen hinsichtlich
der Patentierbarkeit von Zuchtverfahren und von Pro-
dukten offen. Ein Patent vom Acker bis zum Teller in der
Hand eines Agrarkonzerns ist eine Horrorvision. Die ei-
nen mögen sagen, das sei unrealistisch. Andere hingegen
sagen, das sei konsequent bis zum Ende gedacht. Deswe-
gen besteht hier Handlungsbedarf.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb lehnt die Linke Patente auf Leben grundsätz-
lich ab. Gene und Gensequenzen oder ihre Funktionen
können entdeckt oder genutzt werden, aber sie dürfen
nicht privatisiert werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Privates Eigentum auf Leben ist ein geradezu absurder
Gedanke, erst recht, wenn es um Pflanzen oder Tiere
geht, die zur Nahrungsmittelproduktion genutzt werden.
Es ist auch eine problematische Entwicklung, wenn zum

B
w
ö
c
F
s
e
n

e
V
z
tu
Z
A
u
re
s
M
V
g
z
P
b

n
h
a
ra
li
d
g

b
d
d

d
d

H

(C (D eispiel wichtige neue Erkenntnisse nicht zuerst in den issenschaftlichen Publikationen und Zeitschriften verffentlicht werden, sondern erst einmal das Patent gesihert wird. Damit wird der für den wissenschaftlichen ortschritt notwendige Informationsfluss in der wissenchaftlichen Welt unterbrochen; es dauert sehr lange, bis s zu einem Wissensaustausch kommt. Ich finde, das ist icht akzeptabel. Die Linke fordert deswegen die Bundesregierung auf, in weltweites, konsequentes und auch weitreichendes erbot der Patentierung von Leben durchzusetzen, und war unabhängig davon, ob es sich um klassische Züchngsverfahren oder gentechnische Verfahren handelt. ur Agro-Gentechnik lässt der Antrag einiges offen. uch an anderen Stellen hat der Antragsentwurf nach nserer Ausgrenzung leider einiges an Substanz verlon. So wird die umstrittene Finanzierung des Europäi chen Patentamtes nicht einmal mehr erwähnt. Kollege iersch hat darauf hingewiesen. Auch unser wichtiger orschlag zur Prozesskostenhilfe ist aufgrund schwarzelben Drucks leider herausgefallen. Also werden sich ukünftig wieder Menschen nur deswegen nicht gegen atente wehren können, weil sie die Prozesskosten nicht ezahlen können. Auch das ist nicht akzeptabel. Zum Abschluss: Ich denke, dieses wichtige Thema ist icht geeignet für parteipolitische Sandkastenspiele. Ich offe, dass die Unionsfraktionen und vielleicht auch die nderen Fraktionen zumindest den Anstand haben, dauf hinzuweisen, dass es nicht an sachlichen Gründen egt, dass die Linke nicht als einreichende Fraktion auf em Antrag steht, sondern dass es sachfremde Erwägunen sind. Frau Kollegin. Ich komme zum Schluss. – Ich möchte noch einmal etonen: Die Linke ist wie alle anderen in diesem Saal er Meinung, dass man bei Biopatenten eingreifen muss, ass man restriktivere Lösungen finden muss. Frau Kollegin. Ich denke, das sollte auch dokumentiert werden, in em wir einen gemeinsamen Antrag einbringen. Ich beauere, dass dieser nicht zustande gekommen ist. Vielen Dank. Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort der Kollege arald Ebner. )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715220900
Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715221000
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715221100
Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715221200

(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715221300




(A) )


Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715221400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Auf dem Speiseplan der Bundestags-
kantine stehen diese Woche Gerichte wie Gemüsecreme-
suppe mit Sonnenblumenkernen oder vegetarische Pizza
mit Brokkoli. Sowohl auf Sonnenblumen als auch auf
Brokkoli gibt es mittlerweile Biopatente. Wenn wir
heute in Sachen Biopatente nicht handeln, kann es bald
schon zu spät sein, und vielleicht muss die Bundestags-
kantine eines Tages für solche Zutaten Lizenzgebühren
entrichten.


(Beifall der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Wir handeln aber, und es ist gut, dass dieser Antrag
jetzt doch noch den Weg ins Parlament gefunden hat,
auch wenn der Weg manchmal etwas steinig war. Ich
möchte deshalb ganz gern den Dank, der schon von vie-
len Kollegen ausgesprochen wurde und den ich bekräfti-
gen kann, um den Dank an den Kollegen Montag erwei-
tern, der sich hier auch eingebracht hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Frage der Patentierung von Leben hat allerdings
eine viel größere Tragweite als nur den Lizenzaufschlag
an der Kantinenkasse. Wir haben in Europa ein bewähr-
tes Sortenschutzrecht – Frau Dr. Happach-Kasan hat da-
rauf hingewiesen –, das Landwirten und Züchtern die
Nutzung neuer Sorten nach gewissen Regeln auf einfa-
che Weise erlaubt. Das ist eine Art Open-Source-System
in der Landwirtschaft. Ganz anders ist es bei Biopaten-
ten. Auf die patentgeschützte Eigenschaft hat der Patent-
inhaber den alleinigen Nutzungsanspruch. Er kann theo-
retisch sogar die Verwendung seiner Eigenschaften
untersagen. Es besteht Gott sei Dank breite Einigkeit in
der Gesellschaft und auch hier im Hause – wie ich es all-
gemein höre –, dass wir Patente auf Leben nicht wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die 1998 beschlossene Biopatentrichtlinie der EU
sollte genau dies eigentlich verhindern. Leider führen
Lücken in eben dieser Richtlinie immer wieder dazu,
dass trotzdem vom Europäischen Patentamt solche Pa-
tente erteilt wurden und werden. Kollege Miersch hat es
am Beispiel des „Schnitzelpatentes“ ganz eindrücklich
ausgeführt.

Ich erinnere daran, dass meine Vorgängerin im Argar-
ausschuss, Uli Höfken – heute Agrarministerin in Rhein-
land-Pfalz – zusammen mit dem Kollegen Miersch be-
reits im Sommer 2010 die Initiative für den jetzt
vorliegenden interfraktionellen Antrag gestartet hat.
Hoffentlich gilt jetzt: Was lange währt, wird endlich gut.

Gestern habe ich eine Pressemitteilung gelesen, die
ich nicht ganz verstanden habe. Herr Lehmer, mir wäre
es neu, dass der Kollege Miersch oder die Kollegin
Höfken jetzt in der CDU wären; insoweit habe ich die
Pressemitteilung im Hinblick darauf, von wem der An-
trag jetzt ausging, nicht verstanden.

G
ru
a
s
ti
n
P
w
z
d
b
u

B
d
n
m
u

le
h
A
b
w
b

In
d
m
v
d
z
b

g
u

d

(C (D (Dr. Max Lehmer [CDU/CSU]: Da waren Sie noch gar nicht da! – Gegenruf der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die CDU/CSU war es trotzdem nicht!)


Im vorliegenden Antrag wird endlich das Problem der
esetzes- und Auslegungslücken bezüglich der Patentie-
ng von traditionell gezüchteten Pflanzen und Tieren

ufgegriffen. Das ist ein längst überfälliger Schritt. Be-
onders wichtig und dringend ist diese gemeinsame Ini-
ative im Hinblick auf die jetzt anstehende Schaffung ei-
es EU-weit einheitlichen Patentrechts. Dieses neue
atentsystem ist für die Biopatente von besonderer Trag-
eite. Deshalb freut es mich besonders, dass gerade be-

ogen auf das wichtige Handlungsfeld der Verankerung
es Landwirte- und Züchterprivilegs ein breiter Konsens
esteht, und zwar nicht nur quer durch die Gesellschaft
nd die Verbände, sondern auch hier im Hause.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Gut ist auch der gemeinsame Wille zum staatlichen
iopatent-Monitoring, das dringend notwendig ist und
as bislang ausschließlich von Ehrenamtlichen mit ei-
em Riesenaufwand geleistet wurde. An dieser Stelle
öchte ich den Ehrenamtlichen ganz herzlich danken

nd meine Anerkennung ausdrücken.

Es gibt aber auch Schatten. Wir hätten uns ein schnel-
res Handeln gewünscht; aber besser spät als nie. In-
altlich hätten wir natürlich gern die Erweiterung dieses
ntrags auf die Gensequenzen und GVO gesehen. Hier
esteht aus unserer Sicht derselbe Handlungsbedarf,
eil die Folgen dieselben sind. Außerdem bräuchten wir
eim EU-Patent auch eine Auskreuzungsregelung.

Ich komme zum Schluss. Wir sind dennoch bereit, im
teresse eines gemeinsamen Signals aus diesem Hause

iese Punkte zunächst hintenanzustellen und diesen ge-
einsamen Antrag mitzutragen. Denn Biopatente sind

iel häufiger Innovationsverhinderer als Innovationsför-
erer. Sie sind auch ethisch fragwürdig und führen zu so-
iökonomischen Verwerfungen. Der Weg, den wir heute
eginnen gemeinsam zu gehen, ist daher richtig.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715221500

Herr Kollege.


Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715221600

Ich hoffe sehr, dass daraus konkrete Schritte und Er-

ebnisse für Gesetzgebung und Regierungshandeln hier
nd in Brüssel hervorgehen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715221700

Der Kollege Dr. Max Lehmer hat jetzt das Wort für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1715221800

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Meine sehr verehrten – Gäste!


(Zuruf von der CDU/CSU: Die sind schon alle weg!)


Vor nun mittlerweile fast eineinhalb Jahren, im Juli
2010, habe ich an dieser Stelle den Vorschlag unterbrei-
tet – ich schließe nicht aus, dass es auch andere Vor-
schläge dieser Art gegeben hat, aber von diesem Zeit-
punkt an ging unsere gemeinsame Aktivität los, Herr
Miersch; das können Sie nachlesen –, einen fraktions-
übergreifenden Antrag zum Thema Biopatente zu erar-
beiten.

Gerade weil die Verhandlungen mitunter etwas zäh
verliefen, möchte ich mich zunächst recht herzlich bei
allen Beteiligten für die gute fachkompetente und mit
Geduld ausgestattete Zusammenarbeit bedanken. Mein
Dank gilt insbesondere den Rechtspolitikern der Union,
die unsere Idee aufgegriffen und einen Antrag auf den
Weg gebracht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Umso mehr erfüllt es mich mit außerordentlich großer
Freude, dass wir heute den vorliegenden Antragstext
rechtzeitig zur Eröffnung der Grünen Woche 2012 erör-
tern können. Für die wissenschaftliche Forschung ist das
Patentrecht ein hohes Gut – das wurde bereits mehrfach
erwähnt – und für den Wirtschaftsstandort Deutschland
unerlässlich. Es gewährleistet, dass Innovationen der Öf-
fentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Im Bereich der Biotechnologie, einem sehr komple-
xen Bereich, müssen wir dabei stets zwei Ziele im Auge
behalten – das ist, glaube ich, der Kern der Bemühungen –:
Neben dem bereits erwähnten Schutz des geistigen Ei-
gentums durch das Patentrecht spielt die allgemeine Ver-
fügbarkeit genetischer Ressourcen eine ganz zentrale
Rolle.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir brauchen in diesem Zusammenhang eine klare
Trennung zwischen Entdeckung und Erfindung. Natürli-
che Ressourcen können entdeckt werden, sind aber nicht
Gegenstand oder Inhalt einer Erfindung. Genetische
Ressourcen sind für die biologische Vielfalt wesentlich
und dürfen nicht nur durch Einzelne nutzbar gemacht
werden. Vor diesem Hintergrund wird die aktuelle Ent-
wicklung bei Biopatenten seitens der Landwirte mit be-
rechtigter Sorge betrachtet; denn einige Wirtschaftsbe-
teiligte versuchen, rechtliche Grauzonen zu ihren
Gunsten auszunutzen.

Die Große Beschwerdekammer des Europäischen Pa-
tentamts hat hier in ihrer Rechtsprechung inzwischen
eine grundlegende Entscheidung in unserem Sinne ge-
fällt: Verfahren sind auch dann im Wesentlichen biolo-
gisch und somit nicht patentierbar, wenn bei ihnen tech-
nische Verfahrensschritte zur Durchführung von Verfahren
der Kreuzung von Pflanzen und nachfolgender Selektion
der geeigneten Pflanzen genutzt werden. – Das ist einer
der Kernsätze.

d
w
s
P
fe
im
k
Z
te
w
P
s
s
d
u
d
u
S
ti

e
z
re
te
tr
E
s

im

Z
te

S
z
S
g
s
d
s
S
g
s

g
d
b
S
g
d
d
D
k

(C (D Nicht abschließend geklärt ist jedoch, ob die durch iese Verfahren erzeugten Tiere oder Pflanzen patentiert erden können. Weitere rechtliche Spielräume ergeben ich aus der Nutzung sogenannter Product-by-Processatentansprüche; auch das ist ein wichtiger Punkt. Insorn sehen wir politischen Handlungsbedarf und haben vorliegenden Antragstext unsere Forderungen hierzu lar formuliert: Es soll keine Patente auf konventionelle üchtungsverfahren, auf mit diesen Verfahren gezüchte landwirtschaftliche Nutztiere und Nutzpflanzen soie auf deren Nachkommen und auf damit hergestellte rodukte geben. Das soll für alle Arten von Patenten und ämtliche relevanten Rechtsvorschriften Gültigkeit beitzen, ergo für nationale Patente, für Patente, die nach em Europäischen Patentübereinkommen erteilt werden, nd auch für die neuen europäischen Patente. Genau an ieser Stelle, an der Grenze zwischen konventionellen nd technischen Züchtungsverfahren, wird aus unserer icht eine ethische Grenze überschritten, die der Patenerung entgegensteht. Begleitend zu diesen Rechtsänderungen, fordern wir in staatliches Biopatent-Monitoring; es wurde von einelnen Kollegen schon darauf hingewiesen. Durch einen gelmäßigen Bericht über die Auswirkungen des Pantrechts bei Biopatenten und einen Dialog mit allen beoffenen gesellschaftlichen Gruppen können wir die ntwicklung sorgfältig beobachten und bei Bedarf entprechend nachsteuern. Außerdem ist es uns ein wichtiges Anliegen, dass die Patentgesetz vorgesehenen Privilegien für Landwirte sie sind schon mehrfach angesprochen worden –, üchter und Forschung auch im neuen europäischen Pantrecht enthalten sein sollen. Abschließend möchte ich auf die wichtige Rolle des ortenschutzes, einer sehr guten deutschen Einrichtung, u sprechen kommen. Der Sortenschutz dient dem chutz des geistigen Eigentums und hat sich dabei sehr ut bewährt. Da es im Bereich der Tierzucht kein entprechendes Recht gibt, muss es unser Ansinnen sein, ass wir hier gemeinsam mit den Tierzüchtern eine Löung finden. Denn es geht auch in diesem Fall um das pannungsverhältnis zwischen dem Schutz geistigen Eientums und dem freien Zugang zu genetischen Resourcen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleinnen und Kollegen, ich freue mich außerordentlich, ass es gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag zu erareiten. Es ist ein richtiger und politisch sehr wichtiger chritt, so denke ich, zur Abklärung der genannten geensätzlichen Ziele in einem für die Nutzungschancen er Biotechnologie sehr bedeutsamen Bereich. Allerings ist damit sicher für die Zukunft noch nicht alles im etail geklärt. Deshalb erfordert das Thema auch in Zuunft unser aller Aufmerksamkeit. Vielen herzlichen Dank und einen schönen Abend. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )


)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715221900

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/8344 an die Ausschüsse vorgeschlagen,
die Sie in der Tagesordnung finden. – Dazu sehe und
höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung des von der Fraktion der SPD ein-
gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än-

(… Strafrechtsänderungsgesetz – … StRÄndG)


– Drucksache 17/8131 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

Nach einer interfraktionellen Verabredung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Damit sind
Sie einverstanden? – Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Burkhard Lischka für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Burkhard Lischka (SPD):
Rede ID: ID1715222000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 5. Ja-

nuar 2012, Berlin: Drei Jugendliche sind in Friedrichs-
hain rassistisch angegriffen worden. Die 15- und 16-Jäh-
rigen waren in der Nacht zum Donnerstag am S-Bahnhof
Frankfurter Allee unterwegs, als sie zunächst von drei
Männern mit Steinen beworfen wurden. Anschließend
beleidigten die Angreifer im Alter von 34 und 36 Jahren
ihre Opfer mit antisemitischen Parolen und schlugen ei-
nem Jugendlichen ins Gesicht.

Ein Tag später, 6. Januar 2012, Berlin: An der Kreu-
zung des U-Bahnhofs Eberswalder Straße fügten drei
Neonazis einem jungen Mann marokkanischer Herkunft
massive Verletzungen zu. Nachdem er bereits auf dem
Boden lag, traten sie mehrfach auf ihn ein. Das Opfer
wurde mit einem Nasenbeinbruch und einer schweren
Halswirbelverletzung ins Krankenhaus eingeliefert.

11. Januar 2012, Berlin: Gegen 2.30 Uhr schlug eine
Neonazifrau einem Punk eine Bierflasche auf den Kopf.
Das Opfer erlitt eine Platzwunde und wurde im Kran-
kenhaus behandelt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das sind
nur drei Beispiele für braune Gewalttaten in den letzten
Tagen allein hier in Berlin. Aber wir wissen: Diese
braune Gewalt gibt es überall in ganz Deutschland: in
unseren Dörfern, in unseren Städten, auf unseren Straßen
und Plätzen, in Straßenbahnen, in Bussen, in Jugend-
klubs, in Fußballstadien, also mitten in unserer Gesell-
schaft, am helllichten Tag und in der Nacht, Tag für Tag,
Jahr für Jahr. Das sind Taten, mit denen wir uns nicht ab-
finden wollen und nicht abfinden können, Taten, die eine
Schande für unser Land sind.

1
a
ti
ta
D
g
g
d
H
s
b
s
m
s

k
g
u
p
ü
in
w
M
V
d
s

s
is
a
L
a
h
d
s
s

te
d
d
ir
N
h
B
m
O
u
z

k

(C (D (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Braune Gewalt gehört in Deutschland zum Alltag.
6 375 rechtsextremistisch motivierte Straftaten gab es
llein im Jahr 2010. Das sind 45 rechtsextremistisch mo-
vierte Straftaten jeden Tag. Darunter sind 762 Gewalt-
ten zu verzeichnen, das heißt, jeden Tag werden in
eutschland in mindestens zwei oder drei Fällen Mitbür-
erinnen und Mitbürger auf offener Straße verfolgt, an-
egriffen, attackiert, geschlagen, getreten und misshan-
elt, und zwar nur deshalb, weil sie eine andere
autfarbe, eine andere Nationalität oder eine andere Ge-

innung haben, vielleicht auch weil sie obdachlos oder
ehindert sind. Wir dürfen dem gegenüber nicht ab-
tumpfen. Die Taten richten sich gegen uns alle. Wir alle
üssen dieser menschenverachtenden Gewalt gemein-

am die Stirn bieten.


(Beifall im ganzen Hause)


Die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle war und ist
ein Zufall, sondern sie ist der unfassbare Teil einer viel
rößeren Blutspur, die sich seit vielen Jahren quer über
nser Land gelegt hat, mit täglichen Angriffen, mit Kör-
erverletzungen, Bedrohungen, Pöbeleien, und zwar
berall in Deutschland. Diese braunen Gewalttaten sind
zwischen ein Krebsgeschwür in unserer Gesellschaft,
eil sie die gegenseitige Achtung und Anerkennung der
enschen untereinander und damit eine fundamentale

oraussetzung unseres gesellschaftlichen Friedens und
es Rechts infrage stellen. Wir Deutsche mit unserer Ge-
chichte haben allen Grund, uns dem zu widersetzen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Deutschland erwartet von seinen Zuwanderern, dass
ie sich zur grundgesetzlichen Ordnung bekennen. Das
t auch okay so. Aber zu dieser Ordnung gehört eben
uch, dass jeder – aber auch wirklich jeder – in diesem
and einen Anspruch darauf hat, dass ihn der Staat mit
llen verfügbaren Mitteln vor Terror, Gewalt und Miss-
andlungen schützt. Dazu gehört auch, diese Taten als
as zu benennen und abzuurteilen, was sie tatsächlich
ind, nämlich ein abscheulicher Anschlag auf die Men-
chenwürde und auf unsere Rechtsordnung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das unterscheidet übrigens diese braunen Gewaltta-
n von einem ganz normalen Körperverletzungsdelikt;
enn das Opfer wird von den Nazis nicht als Indivi-
uum, als Einzelperson angegriffen, mit dem der Täter
gendeinen Streit oder Konflikt hat. Nein, der Terror der
azis hat eine über die eigentliche Verletzung hinausge-
ende Bedeutung. Man wird nicht durch individuelle
eziehungen und Konflikte zum Opfer, sondern weil
an so ist, wie man ist – als Ausländer, Farbiger, Punk,
bdachloser oder Behinderter. Dem Opfer wird schlicht
nd einfach abgesprochen, ein Mensch wie jeder andere
u sein.

Das bedeutet aber auch, dass das Opfer nichts machen
ann. Es kann sich nicht ändern. Es hat eine bestimmte





Burkhard Lischka


(A) )


)(B)

Hautfarbe. Die kann man nicht abstreifen. Das heißt, das
Opfer kann sich dieser permanenten Bedrohung nicht
entziehen, und an andere Menschen, die über die glei-
chen Merkmale wie das Opfer verfügen, senden die
braunen Schläger ein unmissverständliches Signal aus:
Lasst euch hier bloß nicht mehr blicken. Sonst geht es
euch genauso. Ihr seid die Nächsten, die dran sind. Das
soll Angst und Schrecken säen. Das ist die menschenver-
achtende Ideologie der Nazis seit jeher.

Das ist aber auch ein besonderes Unrecht, das gerade
diese Taten von allen anderen unterscheidet, und deshalb
bedarf es auch einer besonderen Bestrafung, meine Da-
men und Herren. Es ist doch überhaupt nicht akzeptabel,
dass diese braunen Gewalttaten nach wie vor viel zu
häufig als normale Wirtshausschlägereien oder normale
Körperverletzungsdelikte abgetan werden. Das ist doch
ein Hohn den Opfern gegenüber.

Auch deshalb fordert die Europäische Kommission
gegen Rassismus und Intoleranz seit vielen Jahren von
Deutschland, dass diese braunen Gewalttaten genauso
wie in anderen europäischen Ländern besonders bestraft
werden, indem zum Beispiel rassistische und fremden-
feindliche Beweggründe des Täters bei dessen Verurtei-
lung berücksichtigt werden. Genau das greifen wir in un-
serem Antrag hier auf.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich weiß natürlich, welche Einwände wir gleich zu
hören bekommen werden.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz sicher!)


Der erste Einwand wird sein, das sei Gesinnungsstraf-
recht. Nein, meine Damen und Herren, das ist es eben
nicht. Hier soll nicht eine bestimmte Gesinnung bestraft
werden; diese kann jeder haben. Aber diese unglückse-
lige Verquickung von Gesinnung auf der einen Seite und
gewaltsamer Durchsetzung dieser Gesinnung auf der an-
deren Seite muss bestraft werden, und wir haben in
Deutschland nach den Erfahrungen mit der Nazidiktatur
auch allen Grund hierfür.


(Beifall bei der SPD)


Der zweite Einwand, den wir gleich zu hören bekom-
men werden, ist, dass das deutsche Strafrecht die Motive
und Beweggründe des Täters ja schon heute berücksich-
tigen würde.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen sogar berücksichtigt werden!)


– Herr van Essen, das stimmt, aber eben nur theore-
tisch. Machen Sie sich doch einmal praktisch die Mühe
und geben Sie die Begriffe „Rechtsextremismus“ und
„Körperverletzung“ in eine juristische Datenbank ein.
Sie werden nur erbärmlich wenige Treffer angezeigt be-
kommen, die belegen, dass Gerichte in ihren Urteilen ge-
nau diesen Zusammenhang herstellen.

Das ist nicht akzeptabel, meine Damen und Herren.
Insofern ist man als Gesetzgeber gefordert, diesen Zu-
sammenhang ausdrücklich gesetzlich klarzustellen. Da-

ru
w

C

Z
b
is
G
g
b

le
ra

a
s
b
S
Ü
W
g
li
te

p
b
ih
s


A
A
g
te
L
e

te
w
z
in
T
e
e
p

ta
te
d
g

(C (D m geht es hier in unserem Antrag, und deshalb haben ir Sozialdemokraten diesen Antrag hier heute gestellt. Herzlichen Dank. Der Kollege Ansgar Heveling hat jetzt für die CDU/ SU-Fraktion das Wort. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! weifellos machen uns gerade die Straftaten besonders etroffen, bei denen Hass die Triebfeder ihrer Begehung t. Was sind das für Menschen, die anderen Menschen ewalt antun, nur weil sie eine andere Hautfarbe, Reliion, Herkunft oder Weltanschauung haben oder weil sie ehindert sind? Natürlich denken wir dabei unmittelbar an die aktueln Fälle rechtsextremistischer Täter, die über den Zeitum eines Jahrzehnts Geschäftsleute griechischer und rkischer Abstammung ermordet haben. Wir denken aber uch an die Übergriffe brutalster Art in Uund S-Bahnen owie auf öffentlichen Plätzen, die in jüngster Zeit insesondere von jüngeren Tätern begangen worden sind. icherlich haben wir noch die schrecklichen Bilder, von berwachungskameras aufgezeichnet, vor Augen: ehrlose Menschen werden verprügelt und zu Boden etreten, und auch dann noch, wenn sie schon am Boden egen, wird zielgerichtet weiter auf ihren Kopf eingetren. Allerdings sind uns auch die vielen anderen Vorfälle räsent: Hetzjagden auf Ausländer, Brände, die in Asylewerberheimen gelegt werden, Menschen, die wegen rer Hautfarbe oder Herkunft auf brutalste und men chenverachtende Weise gequält und misshandelt, ja getet werden. Es handelt sich dabei um schlimmste Übergriffe – auf usländer; aber es gibt auch die umgekehrten Fälle. uch diese dürfen wir nicht aus dem Blick lassen. Es ibt auch Übergriffe von Menschen mit Migrationshinrgrund, die sich gegen Deutsche richten, weil sich ihr ebensfrust und ihre Wut als Hass gegen die Deutschen ntladen. All diese Taten werden von uns gleichermaßen verurilt. Sie sind auch deshalb von besonderer Bedeutung, eil sie durch einen besonderen Unrechtsgehalt gekenn eichnet sind. Es geht bei diesen Straftaten nicht um eine dividuelle persönliche Auseinandersetzung zwischen äter und Opfer. Das Opfer ist nicht deshalb Opfer, weil s ein bestimmtes Individuum ist, sondern weil es Teil iner Gruppe ist, die vom Täter als „anders“ abgestemelt wird. Diesem besonderen Unrechtsgehalt solcher Hassten möchte die SPD-Fraktion nun durch den vorgelegn Gesetzentwurf Rechnung tragen. Der Entwurf hat abei zum Ziel, eine Ergänzung in § 46 Abs. 2 des Strafesetzbuches aufzunehmen und damit die Berücksichti Ansgar Heveling )


(Beifall bei der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715222100

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ansgar Heveling (CDU):
Rede ID: ID1715222200




(A) )

gung des besonderen Unrechtsgehaltes bei der Strafzu-
messung ausdrücklich zu verankern. Der SPD-Vorschlag
sieht vor, strafschärfende Regelbeispiele in die Strafzu-
messungsregeln zur Motivation oder Zielsetzung des Tä-
ters aufzunehmen. Besonders menschenverachtende,
rassistische oder fremdenfeindliche Motive für die Tat
sollen bei der Strafzumessung strafschärfend zu berück-
sichtigen sein.

Indessen sind mit diesem Vorschlag im Wesentlichen
drei Fragen verbunden. Erstens. Bedarf es überhaupt sol-
cher Regelbeispiele bei der Strafzumessung? Zweitens.
Greift die von der SPD vorgeschlagene Ergänzung auch
für Täter, die nach dem Jugendstrafrecht zu verurteilen
sind? Drittens. Ist die Regelung, wie sie der SPD-
Gesetzentwurf vorsieht, überhaupt ausreichend?

Lassen Sie mich mit der ersten Frage beginnen. Ohne
Zweifel liegt angesichts der eingangs geschilderten ak-
tuellen Fälle der Ruf nach strafschärfenden Merkmalen
nahe. Doch es bleibt die Frage: Haben wir im geltenden
Sanktionsrecht überhaupt eine Lücke, die es zu schlie-
ßen gilt, um den Schutz von Personen, die Opfer von
Hasskriminalität werden, zu erhöhen? Strafe ist, so die
ständige Rechtsprechung, eine missbilligende hoheit-
liche Reaktion, die an ein sozialethisches Unwerturteil
anknüpft, ohne dass dabei die Strafzwecke gesetzlich
ausdrücklich definiert worden sind.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hier lernt man wieder etwas!)


Generell ist Strafe zunächst einmal Generalpräven-
tion. Das heißt, durch die Strafandrohung soll die norma-
tive Rechtsordnung bestätigt und die Rechtstreue der Be-
völkerung gestärkt werden. Zugleich sollen durch die
verhängte Strafe der Täter selbst, aber auch andere abge-
schreckt werden, diese Straftat zu begehen.

Grundlage der Strafzumessung ist dabei in erster
Linie die Schwere der konkreten Tat und der Grad der
Schuld des Täters. Schuld wird also als etwas Individu-
elles angesehen. Es geht um das individuelle Maß des
Vorwurfs für die jeweilige Tat. Andererseits hat die
Strafe auch die Aufgabe, die geltende Rechtsordnung zu
bestätigen und künftigen Verletzungen vorzubeugen.
Rechtsgüter sollen geschützt werden, und das Vertrauen
der Bevölkerung in den Schutz der Rechtsordnung und
damit die Rechtstreue der Bürger sollen gestärkt werden.

Der Strafrahmen, also das gesetzliche Höchst- und
Mindestmaß, wird durch den konkreten Gesetzesverstoß
mit all seinen Tatmodalitäten und Tatumständen, die den
Strafrahmen erhöhen oder mildern können, festgestellt.
In diesem festgestellten Strafrahmen sind sämtliche Um-
stände, die zugunsten, aber eben auch zuungunsten des
Täters sprechen, abzuwägen und zu berücksichtigen.
Das geltende Recht gebietet und gestattet es daher schon
jetzt, derartige von Hass geprägte Motivationslagen und
Zielsetzungen bei der Strafzumessung zu berücksichti-
gen. Dazu gehören – sofern dies nicht bereits Tat-
bestandsmerkmal ist – die Beweggründe und Tatziele,
beispielsweise Taten, die auf eine verfestigte rechts-
feindliche oder gleichgültige Haltung zurückgehen. Als
weiterer Strafschärfungsgrund ist die Gesinnung, die aus

d
li
n

S
g
ti
D

W
d
s

w
s

E
b
s
G
R
d
s

re
W
s
ti
w

D
u
re
s

m
w
U
re
u
o
J
d
d
d

(C (D er Tat spricht, zu bewerten, wie etwa eine rohe, böswilge, gewissenlose, grausame oder rücksichtslose Gesinung. Also werden bereits jetzt die im Gesetzentwurf der PD als Regelbeispiel ausgestalteten Strafzumessungsründe bei der Strafzumessung tatsächlich berücksichgt, ohne dass sie ausdrücklich festgeschrieben sind. as geschieht auch in der Praxis so. enn die juristische Literatur dazu sehr dünn erscheint, ann ist dies meines Erachtens ein Umstand, der dafür pricht, dass dies in der Praxis so gehandhabt wird, eil diese Dinge überhaupt nicht mehr in der Diskussion tehen. s ist unstreitig so, dass dies bei der Strafzumessung zu erücksichtigen ist. Das heißt vor allem eines: Eine zu chließende Lücke gibt es nicht. Das, was durch den esetzentwurf geregelt werden soll, ist bereits geltendes echt. Insofern rutscht die Regelung in einen Bereich, in em man ihr im Wesentlichen Symbolcharakter zuprechen kann. Symbolische Gesetze mögen gelegentlich ihre Bechtigung haben, insbesondere dann, wenn dadurch erte und Einstellungen bekräftigt werden. Gleichwohl ollte man mit symbolischen Gesetzen aber sehr vorsichg und zurückhaltend umgehen. Sonst sieht man irgendann vor lauter Symbolen das Wesentliche nicht mehr. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Zum Beispiel beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte!)


(Burkhard Lischka [SPD]: Nein!)


(Marco Buschmann [FDP]: Richtig!)


(Jörg van Essen [FDP]: Richtig! Genau!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


aher sollten wir im weiteren Verfahren genau prüfen
nd beraten, ob es wirklich Sinn macht, etwas, das be-
its geltendes Recht ist – und das vollkommen unbe-

tritten –, nochmals ausdrücklich zu erwähnen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie es machen, ist es gut, und wenn es die SPD macht, ist es überflüssige Symbolik! Da habe ich wieder etwas gelernt!)


Zur zweiten Frage: Wie gehen wir in diesem Zusam-
enhang mit jugendlichen Tätern um? Viele Hasstaten
erden von jüngeren Tätern begangen. Oftmals sind die
-Bahn- oder S-Bahn-Schläger diejenigen, die Taten aus
chts- oder linksextremistischer Gesinnung verüben,

nd diejenigen, die aus Frust und Hass gegen Ausländer
der als Ausländer gegen Deutsche gewalttätig werden,
ugendliche oder Heranwachsende. Sie sind dann nach
em Jugendstrafrecht zu beurteilen. § 18 Abs. 1 Satz 3
es Jugendgerichtsgesetzes regelt aber ausdrücklich,
ass der Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts für das





Ansgar Heveling


(A) )


)(B)

Jugendstrafrecht gerade nicht gilt. In Abs. 2 des § 18
JGG wird im Hinblick auf die Strafzumessung bestimmt:

Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, dass die erfor-
derliche erzieherische Einwirkung möglich ist.

Natürlich sind im Hinblick auf die erzieherische Ein-
wirkung im Jugendstrafrecht schon jetzt die Gesinnung,
die Ziele und die Motivation des jugendlichen bzw. he-
ranwachsenden Täters zu berücksichtigen. Es ist einzu-
beziehen, ob das Handeln des Täters grausam, gewissen-
los, roh oder anders brutal war. Hier gilt im Grunde
genommen das Gleiche wie schon heute mit Blick auf
§ 46 des Strafgesetzbuches. Eine unmittelbare Anwen-
dung von § 46 des Strafgesetzbuches ist im Jugendstraf-
recht aber nicht möglich.

Wenn wir zu der Überzeugung gelangen sollten, dass
die unter die Hasskriminalität fallenden Ziele eines Tä-
ters bei der Strafzumessung in § 46 des Strafgesetz-
buches ausdrücklich erwähnt werden sollen, dann
müsste aus meiner Sicht auch die Brücke zum Jugend-
strafrecht geschlagen werden. Ansonsten erzeugen wir
nämlich eine so sicherlich nicht gewollte Asymmetrie,
möglicherweise sogar mit negativen Auswirkungen auf
die Berücksichtigung dieser Ziele im Jugendstrafrecht.
Hier ist für die weitere Beratung meiner Ansicht nach
besondere Aufmerksamkeit geboten. Denn gerade im
Hinblick auf den Erziehungsgedanken des Jugendstraf-
rechts ist es notwendig, den besonderen Unrechtsgehalt
der Hasskriminalität zu berücksichtigen.

Schließlich stellt sich drittens die Frage, ob es aus-
reicht, die Regelbeispiele nur bei der Strafzumessung in
§ 46 Abs. 2 des Strafgesetzbuches ins Sanktionensystem
aufzunehmen. Meines Erachtens müsste die Aufnahme
der Regelbeispiele für Hasskriminalität dann nicht nur
bei der Strafbemessung in § 46 Abs. 2, sondern konse-
quenterweise auch in den Vorschriften der §§ 47 und 56
des Strafgesetzbuches vorgenommen werden. Das sind
übrigens Überlegungen, die der Bundesrat in der letzten
Wahlperiode in seinem Gesetzentwurf zu diesem Thema
aufgegriffen hat. Im vorliegenden Gesetzentwurf der
SPD sind sie aber nicht mehr enthalten.

In diesem Zusammenhang ist auch zu erörtern, ob der
Gesetzentwurf nicht insgesamt zu kurz greift, weil man
mit ihm in erster Linie die extremistisch motivierte Ge-
waltkriminalität schärfer bestrafen will. Hier stellt sich
die Frage, ob nicht auch über den normalen Unrechtsge-
halt der Gewaltkriminalität hinausgehende brutale Über-
griffe aus purer Lust an Quälerei und Gewalt, aus undif-
ferenziertem Hass, der sich nicht konkretisieren lässt,
oder gegen Menschen, die nicht ihres Andersseins we-
gen, sondern nur wegen ihrer zufälligen Anwesenheit
Opfer werden, erfasst werden müssen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie schon etwas Falsches machen, dann machen Sie das Falsche wenigstens richtig – so kann man Ihre Ausführungen zusammenfassen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen: Der Ge-
setzentwurf der SPD wirft eine ganze Reihe von Fragen
auf. Wir wollen uns dem Anliegen nicht grundsätzlich

v
ü
b
s

M
a

F

E
im
a

d
w
b
T

D
ä

ti
S
w
e

a
d
w
e
e
v
S

n
a
tu
b
n

e
v

(C (D erschließen, aber wir müssen sorgsam abwägen und berlegen: Ist die symbolische Erwähnung bereits unestritten geltenden Rechts den Preis systematischer Unicherheit wert? ein Eindruck ist: So lobenswert das Grundanliegen uch ist, hier sollten wir doch sehr vorsichtig sein. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Der Kollege Raju Sharma hat jetzt das Wort für die raktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war eine Vorlesung!)


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715222300


Raju Sharma (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715222400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

s ist gut, dass das Thema „Rechtsradikale Gewalttaten“
Parlament weiterhin eine Rolle spielt. Dazu trägt

uch dieser Gesetzentwurf bei.

In der Sache ist der Gesetzentwurf der SPD aber lei-
er auch nicht viel mehr als ein Schaufenstergesetzent-
urf. Schon jetzt – das ist auch schon gesagt worden –
ietet das Strafgesetzbuch die Möglichkeit, die Ziele des
äters bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es! Genau!)


aran würde sich auch mit einem solchen Gesetz nichts
ndern.

Im Gesetzentwurf der SPD ist die Rede von rassis-
schen, fremdenfeindlichen Motiven. Was ist aber mit
traftaten gegen Homosexuelle und gegen Obdachlose,
as ist mit antisemitischen Straftaten? Sie sind hier nicht

rfasst. Insofern greift der Gesetzentwurf zu kurz.

Aus der Sicht der Linken würde der Gesetzentwurf
ber auch dann nicht besser, wenn Sie die Aufzählung
er menschenverachtenden Beweggründe verlängern
ürden; denn egal, ob ich einem deutschen Rentner oder

inem Polizisten mit Migrationshintergrund den Schädel
inschlage: Solche Gewalttaten wären immer menschen-
erachtend. Hier ergibt eine Differenzierung keinen
inn.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Gesetzentwurf berührt das eigentliche Problem
icht. CDU, CSU, FDP und, wo sie mitregiert, leider
uch die SPD unterlassen es nicht nur, das Richtige zu
n, sie tun oft auch noch das Falsche. Sie tragen dazu

ei, dass rechte Gewalt ignoriert, verharmlost und ver-
iedlicht wird.

Ich habe zwei Wahlkreisbüros in Schleswig-Holstein,
ines davon im schönen Eutin. Dieses Büro war in den
ergangenen Jahren insgesamt neun Mal das Ziel rechts-





Raju Sharma


(A) )


)(B)

radikaler Anschläge. Der politische Hintergrund liegt auf
der Hand. Einer der ersten Anschläge fand statt, als dort
unmittelbar danach der Runde Tisch gegen Faschismus
tagen sollte. Für die Polizei war der politische Hinter-
grund aber erst in dem Moment ein Thema, als das BKA
auf Veranlassung des Bundestagspräsidenten interve-
nierte. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an
Herrn Lammert.

Bei den Büros meiner Kollegen aus der Landtagsfrak-
tion der Linken in Schleswig-Holstein, Ellen Streitbörger
und Heinz-Werner Jezewski, stehen Bundestag und
BKA nicht auf der Matte, wohl aber die Nazis mit ihren
Attacken. Diese Anschläge werden von der Polizei wie
jede andere Sachbeschädigung behandelt. Hier schauen
die Behörden weg. Das Gegenteil wäre richtig.

Wie lösen wir nun das Problem? Was den Anti-
faschismus angeht, gab es über lange Zeit einen breiten
gesellschaftlichen Konsens, der auf das Ende des Zwei-
ten Weltkriegs und den Schwur von Buchenwald zurück-
ging – ich zitiere –:

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln
ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des
Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.


(Beifall bei der LINKEN)


Alle sollten sich hinter diesem Schwur versammeln.

Was passiert aber in Wirklichkeit? In Sachsen werden
– geduldet durch die SPD – diejenigen kriminalisiert und
verfolgt, die sich in Dresden und anderswo den Nazis in
den Weg stellen. Um nur einige zu nennen: Willi van
Ooyen, Bodo Ramelow, Lothar König. In einem merk-
würdigen Werbevideo versteigt sich der sächsische In-
nenminister Markus Ulbig mit Blick auf rechte Gewalt-
taten zu der Aussage – ich zitiere wieder –: „Anti-
faschismus ist nicht die richtige Antwort …“.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Doch, die einzig richtige!)


Nicht? Was denn dann?

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wenn
Sie etwas Sinnvolles gegen rechte Gewalt und zur Unter-
stützung des bürgerschaftlichen Engagements tun wol-
len, dann distanzieren Sie sich von dieser ungeheuer-
lichen Aussage Ihres Koalitionspartners.


(Beifall bei der LINKEN)


Oder noch besser: Fordern Sie ihn auf, die Opfer des
Faschismus für diesen Satz um Entschuldigung zu
bitten.

Auch die Bundesregierung könnte etwas tun. Nehmen
Sie endlich diese beschämende Extremismusklausel
zurück.


(Beifall bei der LINKEN)


Hören Sie auf, die Menschen einzuschüchtern, auf deren
bürgerschaftliches Engagement wir dringend angewie-
sen sind.

Noch einmal zum Gesetzentwurf: Er ist gut gemeint,
aber letztlich doch nicht gut gemacht. Solange der Ver-

d
d
v
S
d

F

H
s
d
S
w
k
te

S
g
d
d
E
d
is
ic
d
w

d
K
§
im
g
B

d
w
T
M
d
W
s

v
m
s
d
d
H
fr
le

(C (D acht besteht, dass V-Leute das Rückgrat der NPD bilen, und solange Gewalttaten der Nazis ignoriert oder erharmlost werden, muss ein Gesetz, das strengere trafen vorsieht, ins Leere laufen, und es öffnet zugleich em Missbrauch Tür und Tor. Die Linke lehnt das ab. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Jörg van Essen für die DP-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Kollege Lischka, die Ansicht, die Sie zum Tatbetand vorgetragen haben, wird von mir voll geteilt. Auch ie Konsequenzen, die Sie fordern, sehe ich genauso wie ie. Ich glaube, die bisherige Debatte hat gezeigt, dass ir insgesamt das Gefühl haben, dass es in Deutschland eine Situation geben darf, in der rechtsradikale Straftär ihre Straftaten ohne Konsequenzen begehen können. Ich bin sehr überrascht, Herr Kollege Sharma, dass ie den Eindruck erwecken, als ob die Polizei in irendeinem Bundesland, egal wer dort Innenminister ist, ie Strafverfolgung nicht in ordnungsgemäßer Weise urchführen würde. Ich selbst bin wahrscheinlich der inzige hier, der praktisch sein gesamtes Arbeitsleben in er Justiz in entsprechenden Abteilungen tätig gewesen t, auch in einer Staatsschutzabteilung. Von daher weiß h, dass die Unterlagen zu diesen Straftaten immer in en entsprechenden Spezialabteilungen der Staatsanaltschaften landen. Daher kennen diese ihre Leute. Das führt beispielsweise bei der Strafzumessung zu en entsprechenden und, wie ich finde, notwendigen onsequenzen. Dazu bedarf es keiner Änderung des 46 des Strafgesetzbuches, sondern das ist etwas, was mer Gegenstand der Rechtsprechung in unserem Land ewesen ist. Zu Recht berücksichtigt die Justiz, welche eweggründe den Täter zu seiner Tat veranlasst haben. Ich bin deshalb Ihnen, Herr Sharma, dankbar, dass Sie eutlich gemacht haben, welche Gefahren drohen, wenn ir einige wenige Dinge besonders hervorheben. Andere aten, die übrigens auch von Rechtsradikalen bzw. von enschen mit rechtsradikaler Gesinnung begangen wer en – Sie haben Beispiele angeführt –, sind in gleicher eise verachtenswert und erfordern eine entsprechende trafrechtliche Konsequenz. Ich empfehle uns dringend, den Weg, den die SPD orschlägt, nicht zu gehen. Der Kollege Heveling war da ilder. Ich sage ganz klar und eindeutig: Wir sollten die en Weg nicht gehen. Ich glaube, dass wir damit niemanem helfen, sondern ganz im Gegenteil sogar eher Schaen hervorrufen. Sie haben dafür Beispiele genannt, err Kollege Sharma. Ich denke, das spricht uns nicht ei, andere Gedanken, andere Überlegungen anzusteln, wie wir mit diesem Problem besser fertig werden. Jörg van Essen )


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715222500

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1715222600

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

Meine Beobachtung aus der Tätigkeit beispielsweise
in der Staatsschutzabteilung ist, dass die Verfahren zum
Teil viel zu lange dauern. Viel besser als irgendeine Än-
derung am § 46 StGB ist nach meiner Auffassung eine
klare, schnelle und eindeutige Antwort der Justiz auf ein
Fehlverhalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Damit wird dem Täter deutlich, dass wir nicht bereit
sind, so etwas zu akzeptieren.

Je länger die Verfahren dauern, desto mehr hat der Tä-
ter Gelegenheit, sich Gründe zu überlegen, warum die
Tat eigentlich gar nicht so schlimm war. Je länger die Ta-
ten zurückliegen, desto größer ist die Bereitschaft, viel-
leicht zu einem milderen Urteil zu kommen als unmittel-
bar nach der Tat, wenn zum Beispiel die Auswirkungen
auf das Opfer für alle, die eine angemessene Strafe fest-
zusetzen haben, deutlich sichtbar sind.

Mein Plädoyer ist daher, nicht die Hände in den
Schoß zu legen, aber diesen Weg, Änderung des § 46
StGB, nicht zu gehen. Die Begründung dafür haben Sie
in Ihrem Gesetzentwurf selbst gegeben. Sie haben auf
die Frage, was als Konsequenz aus dieser Änderung zu
erwarten ist, richtigerweise selbst geantwortet: Das kann
man nicht abschätzen, weil die Justiz unabhängig ist.
– Genauso ist es. Das heißt also, Sie wissen selbst, dass
es keine wirkliche Änderung gibt.

Deshalb meine Empfehlung: Das, was Sie vorschla-
gen, sollten wir nicht weiter verfolgen. Aber wir sollten
uns gemeinsam Gedanken machen, dass wir unsere
Hausaufgaben – das haben die Taten der Neonazi-
Gruppe gezeigt –, die wir ohne Zweifel haben, schnellst-
möglich erledigen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715222700

Jerzy Montag spricht jetzt für Bündnis 90/Die Grü-

nen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715222800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Uns alle hat Anfang November das Entsetzen gepackt,
als uns bewusst wurde, dass es wirklich möglich und
dass es Realität war, dass rechtsterroristische Täter in
Deutschland länger als ein Jahrzehnt morden und rauben
konnten. Ich sage Ihnen: Dieses Entsetzen hält jedenfalls
bei mir – ich glaube, bei uns allen – weiterhin an.

Vorletzte Woche war die Witwe eines der ermordeten
Opfer aus München zu einem Gespräch bei mir im
Wahlkreisbüro. Was mir diese Frau über die Behandlung
durch die örtliche Polizei erzählt hat, war für mich ein
Signal. Wir stehen heute und auch in der Zukunft in der
Schuld der Hinterbliebenen und auch der Familienange-
hörigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


D
le
s
g
s

K
u
b
a
s
te
D
h
s
tu

D
v
W
S
J
n
k

E
s
s


b
P
s
s
V
s
d
m
h
in
z
g



D
Ic
u

(C (D eswegen sind wir alle gefordert – das ist auch von vien an dieser Stelle gesagt worden –, alles auf den Prüf tand zu stellen, um zu sehen, wo es Mängel und Lücken ibt und wo wir die Praxis und auch das Recht verbesern können. Deswegen sage ich in Richtung der Kolleginnen und ollegen der SPD: Im Grundsatz ist es richtig, dass wir ns darüber Gedanken machen, ob wir im Strafgesetzuch etwas ändern müssen. Aber – auch darüber wurde n anderer Stelle im gleichen Zusammenhang schon geprochen – wir müssen uns bei der Abwehr des Rechtsrrorismus und der rechtsradikalen Gewalt, die es in eutschland seit vielen Jahren gibt, vor Doppelstandards üten. Wir als verantwortliche Politiker in einem Rechtstaat müssen nicht irgendetwas, sondern das Richtige n. (Beifall des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


a habe ich Bedenken, liebe Kolleginnen und Kollegen
on der SPD, weil mich Ihr Vorschlag nicht überzeugt.
enn überhaupt, dann setzt er am Ende einer Kette an.

ie sprechen in Ihrem Gesetzentwurf von 762 Fällen pro
ahr. Tatsächlich sind es viele Zehntausende. Die Krimi-
ologen sprechen von über 100 000 inklusive der Dun-
elziffer.

Warum kommen diese Fälle bei der Justiz nicht an?
s gibt eine riesige Dunkelziffer. Das hängt damit zu-
ammen, dass sich viele Opfer scheuen, Anzeige zu er-
tatten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Burkhard Lischka [SPD]: Dass nicht richtig ermittelt wird!)


Ja, das ist die zweite Stufe. Da müssen wir ansetzen:
ei der Polizei. 2001 hat die Innenministerkonferenz der
olizei den Auftrag erteilt, dass in allen Fällen die politi-
che Motivation festzustellen ist. Das betrifft alle Um-
tände der Tat, die politische Einstellung, Nationalität,
olkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltan-
chauung, Herkunft und sexuelle Orientierung. Alle
iese Motive der Täter sind von der Polizei dingfest zu
achen und als politisch motivierte Kriminalität festzu-

alten – und dann werden, wie Sie schreiben, 762 Fälle
ganz Deutschland ausgewiesen. Da müssen wir anset-

en: bei der Schulung der Polizei und bei den Ermittlun-
en. Das ist wichtig.


(Burkhard Lischka [SPD]: Gucken Sie mal in andere Länder! Genau das ist in anderen Ländern passiert, was wir hineingeschrieben haben!)


Ja, aber das sind nicht Ihre Vorschläge.


(Burkhard Lischka [SPD]: Ja sicher!)


Die nächste Stufe liegt bei der Staatsanwaltschaft.
as ist sicherlich kein großes Problem, aber es ist eines.
h bin der Meinung, dass bei hassmotivierten und vor-

rteilsbehafteten Straftaten immer ein öffentliches Inte-





Jerzy Montag


(A) )


)(B)

resse zu bejahen ist. Aber so etwas gibt es nicht in den
RiStBV. Es gibt keine Anleitung für die Staatsanwalt-
schaften, das öffentliche Interesse ausnahmslos zu beja-
hen. Da müssen wir hinkommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Stattdessen gehen Sie an das Ende der Kette und wol-
len dem Richter etwas ins Gesetz schreiben, das schon
im Gesetz steht. Sie selber haben in Ihrem Gesetzent-
wurf geschrieben, dass das, was Sie vorschlagen, eigent-
lich nicht nötig ist. Aber Sie wollen, dass es noch einmal
schriftlich festgehalten wird.


(Burkhard Lischka [SPD]: Das schreibt sogar die EU-Kommission vor!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715222900

Herr Montag, Sie müssten schon zum Ende gekom-

men sein.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715223000

Ich komme zum Schluss. – Wir müssen jetzt erst in

der rechtspolitischen Debatte über Ihren Vorschlag dis-
kutieren. Das werden wir im Rechtsausschuss tun. Lasst
uns nach den richtigen Argumenten greifen und die rich-
tigen Handlungen wählen, statt hier so etwas zu diskutie-
ren. Auch ich muss Ihnen sagen: Ihr Gesetzentwurf ist
leider Gottes ein Schaufensterantrag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715223100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 17/8131 an die Ausschüsse vorge-
schlagen, die Sie in der Tagesordnung finden. Haben Sie
dazu andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
verfahren wir so.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 11 a und b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dorothee Bär, Markus Grübel, Erwin Rüddel,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Miriam Gruß, Nicole
Bracht-Bendt, Florian Bernschneider, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP

Altersbilder positiv fortentwickeln – Poten-
ziale des Alters nutzen

– Drucksache 17/8345 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

re
is

P

d

g
m
n
M
m
n
O
L
d

a
s
d
c
b
c
A
b
d
v
g
la
m
a
re

d
Z
e
is
F
te
n
s
F

(C (D b)

gierung

Sechster Bericht zur Lage der älteren Genera-
tion in der Bundesrepublik Deutschland – Al-
tersbilder in der Gesellschaft
und
Stellungnahme der Bundesregierung

– Drucksache 17/3815 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit

Hierzu ist verabredet, eine halbe Stunde zu debattie-
n. – Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch. Dann
t es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
arlamentarischen Staatssekretär Dr. Hermann Kues.

D
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1715223200


Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-
en! Herbstgold ist der Titel eines wunderbaren Doku-
entarfilms, den das Bundesfamilienministerium vor ei-

iger Zeit unterstützt hat. Es geht darin um fünf alte
enschen, die sich für die Senioren-Leichtathletikwelt-
eisterschaften qualifizieren wollen. Der älteste Teil-

ehmer geht im Alter von 100 Jahren nach einer Hüft-
P am Rollator an den Start, und zwar als Diskuswerfer.
ebensfreude, Optimismus, Humor und Abenteuerlust,
as alles strahlen die betagten Sportler aus.

In einer Gesellschaft, in der jeder alt werden will,
ber niemand alt sein will, ist es leider nicht selbstver-
tändlich, im Alter das Herbstgold zu sehen. Zumeist
enken wir als Erstes an Falten, Krankheit und Gebre-
hen, wenn vom Altsein die Rede ist. Der Sechste Alten-
ericht, über den wir heute diskutieren, räumt mit sol-
hen Klischees auf. Er zeigt, dass die vorherrschenden
ltersbilder in unserer Gesellschaft der Vielfalt der Le-
ensphase „Alter“ nicht gerecht werden und dass wir
em Potenzial älterer Menschen, dem Herbstgold, noch
iel zu wenig Beachtung schenken. Die Sachverständi-
enkommission hat mit diesem Bericht wichtige Grund-
genarbeit für die Gesellschaftspolitik in Zeiten des de-
ografischen Wandels geleistet. Ich bedanke mich bei

llen Mitgliedern der Kommission, insbesondere bei ih-
m Vorsitzenden, Herrn Professor Kruse.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Eine alternde Gesellschaft braucht facettenreiche Bil-
er vom Alter, Bilder, die zeigen, dass die steigende
ahl älterer Menschen in unserer Gesellschaft nicht nur
ine Herausforderung, sondern auch eine große Chance
t. Wir brauchen ihre Erfahrung und ihre Tatkraft in den
amilien, in der Arbeitswelt und im Ehrenamt. Das un-
rstreicht der vorliegende Antrag der Koalitionsfraktio-
en. Diese Überlegungen fließen auch in die Demografie-
trategie der Bundesregierung ein, die im Moment unter
ederführung des Innenministeriums erarbeitet wird.





Parl. Staatssekretär Dr. Hermann Kues


(A) )


)(B)

Die Lebensphase „Alter“ spielt dabei in doppelter
Hinsicht eine zentrale Rolle: zum einen als Lebensphase,
in der Menschen auf Hilfe und Fürsorge angewiesen
sind, zum anderen als Lebensphase, in der Menschen
viel zu geben haben und sich engagieren wollen. Das
stellt letztlich den gesellschaftlichen Zusammenhalt vor
neue Herausforderungen. Die Älteren sind dabei nicht
das Problem, sondern die Lösung.

Was für unsere Gesellschaft vielfach noch Zukunfts-
musik ist, ist ja in der Familie längst gelebter Alltag. Alt
und Jung sind füreinander da. Auf Oma und Opa ist in
den meisten Fällen Verlass, sie nehmen sich gerne Zeit.
Aus dem Deutschen Alterssurvey wissen wir: Für drei
von vier Personen ist es wichtig oder sogar sehr wichtig,
Großmutter oder Großvater zu sein. Ältere wollen die
Enkelkinder auf ihrem Weg ins Leben begleiten. Sie un-
terstützen damit ihre eigenen, häufig berufstätigen Kin-
der. Wenn die Enkelin Windpocken hat oder das künftige
Kinderzimmer des Enkels renoviert werden muss, dann
funktioniert der Zusammenhalt in der Familie, und zwar
egal ob man Tür an Tür wohnt oder Hunderte Kilometer
voneinander entfernt lebt. Umgekehrt können die meis-
ten alten Menschen auf ihre Angehörigen zählen, wenn
sie pflegebedürftig werden. Genau das ist der familiäre
Zusammenhalt zwischen den Generationen, den wir uns
für unsere Gesellschaft generell nur wünschen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Menschen, die sich aufeinander verlassen können und
die füreinander Verantwortung übernehmen.

Mit der Familienpflegezeit, die seit dem 1. Januar
2012 die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege erleichtert,
stützen wir Familie als Verantwortungsgemeinschaft.
Entgegen allen Vermutungen und Vorhersagen ist es so,
dass diese gesetzliche Regelung von vielen Betrieben
angenommen wird. Insofern haben wir hier tatsächlich
eine Lösung für einen erheblichen Teil der Bevölkerung
hinbekommen. Wir tragen damit nicht nur der stetig stei-
genden Zahl pflegebedürftiger Menschen Rechnung,
sondern mit diesem Konzept stärken wir auch den Zu-
sammenhalt zwischen den Generationen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir der Vielfalt der
Lebensphase Alter, so wie wir sie in den Familien längst
erleben, auch in unserer Gesellschaft Raum geben müs-
sen. Dazu soll das Europäische Jahr für aktives Altern
und Solidarität zwischen den Generationen dienen, das
am 6. Februar mit einer offiziellen Auftaktveranstaltung
beginnt. Wenn wir es schaffen, Strukturen hinzubekom-
men, die die Fähigkeiten und Stärken der älteren Men-
schen zur Geltung bringen, dann ist das ein Gewinn für
die ganze Gesellschaft.

Ich will ein weiteres Beispiel nennen. Wir haben den
neuen Bundesfreiwilligendienst in Deutschland sehr be-
wusst auch für Seniorinnen und Senioren geöffnet. Es ist
eine absolute Erfolgsgeschichte, um das ganz deutlich zu
sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Markus Grübel [CDU/CSU]: Eine sehr gute Entscheidung!)


D
ü
h
F
W
fr
d

d
s
ic
k

S
g
fe
w

z
a
h
n
is
Z
g
R
S
b

p
v

L

F
fe
G

F

n
7
h
p

E

(C (D Dazu gab es anfangs eine sehr kritische Diskussion. as begann damit, dass vermutet wurde, man würde berhaupt keine Freiwilligen bekommen. Die Menschen aben solche Einschätzungen Lügen gestraft. Wir haben reiwillige. Die Zahl der Verträge steigt von Woche zu oche. Wir haben jetzt eher das Problem, dass wir uns agen müssen: Wie viel soll der Staat Jahr für Jahr förern? Wie geht er damit um? Rund 28 000 Verträge sind seit Juli geschlossen woren, darunter auch viele mit älteren Menschen. Dabei ind einige über 75 Jahre. Die älteste Teilnehmerin, die h kenne, ist 83 und kommt zufällig aus meinem Wahlreis. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Meine Mutter! – Dagmar Ziegler [SPD]: Die liest Ihnen was vor! – Heiterkeit)


ie hat gesagt: Ich helfe bei der Tafel mit; wenn ich den
anzen Tag zu Hause sitze, bekomme ich nur einen stei-
n Rücken. – Das sind positive Beispiele; daran sollten
ir weiter arbeiten.

Auch der große Erfolg der Mehrgenerationenhäuser
eigt letztlich, welche Dynamik passende Engagement-
ngebote für die ältere Generation entfalten können. Wir
aben deswegen das Folgeprogramm „Mehrgeneratio-
enhäuser II“ aufgelegt, das zum Jahresanfang gestartet
t. Auch das sind attraktive Angebote für Menschen, die
eit haben, um Verantwortung zu übernehmen. Es sind
erade die jungen Alten, die nicht daran denken, sich im
uhestand zur Ruhe zu setzen. Wir hoffen, dass diese
trukturen sich weiterentwickeln, auch über die Ange-
ote und die Anreize des Bundes hinaus.

Im Übrigen gilt auch heute noch, was der königlich
reußische Leibarzt Christoph Wilhelm Hufeland schon
or 200 Jahren gesagt hat: Alter ist nichts für Feiglinge.
Gerade deshalb braucht eine Gesellschaft des langen
ebens Altersbilder, die deutlich machen: Alter ist etwas
r Leute, die ihren Schatz an Erfahrungen, Wissen und

ähigkeiten mit anderen teilen wollen. Ich bin jedenfalls
st davon überzeugt: Kaum etwas hält so jung wie das
efühl, gebraucht zu werden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715223300

Das Wort hat die Kollegin Petra Crone von der SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Petra Crone (SPD):
Rede ID: ID1715223400

Herr Präsident! Meine lieben Kollegen und Kollegin-

en! Meine Herren und Damen! Tina Turner rockt mit
2 Jahren auf den Brettern dieser Welt. Helmut Schmidt
ält mit fast 93 Jahren eine ganz große historische euro-
äische Rede.


(Gisela Piltz [FDP]: An die Sie von der SPD sich gar nicht gehalten haben!)


inige Ältere sollen ja auch hier im Bundestag sitzen.





Petra Crone


(A) )


)(B)

Viele ältere Menschen engagieren sich im kulturellen,
sozialen und sportlichen Bereich. Andere wiederum sind
schon mit 60 oder Mitte 60 gebrechlich, ziehen sich ins
Private zurück und sind einsam. Alte Menschen sind
eben nicht alle gleich. Sie haben unterschiedliche Le-
bensgeschichten, unterschiedliche Lebensmuster und
sind in unterschiedlichen Lebenslagen. Allein schon aus
diesem Grund ist es wichtig, keine Stereotypen über das
Alter zu verbreiten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Schon Kleinkinder entwickeln bestimmte Haltungen
zu älteren Menschen. Daran ist natürlich der Fernseh-
konsum mit schuld. Die Werbung strotzt nur so von Kli-
schees. Häufig wird der smarte, weltgewandte ältere
Herr für die Werbung für teure Uhren oder noch teurere
Autos herangezogen. Frauen im höheren Alter werden
bevorzugt in die Hausfrauenrolle gedrängt und gern für
die Werbung für magenaufräumende Mittelchen ge-
wählt.


(Heiterkeit bei der SPD)


Unbewusst werden solche Bilder in die Gesellschaft ge-
tragen.

Die Wissenschaftler, die am Sechsten Altenbericht
zur Lage der älteren Generation gearbeitet haben, be-
schreiben uns eine sehr große Vielfalt, die es nun wirk-
lich nicht verdient, über einen Kamm geschoren zu wer-
den,


(Beifall bei der SPD)


eine Vielfalt, wie es sie auch in allen anderen Bevölke-
rungsgruppen gibt – mit sehr unterschiedlichen Vorstel-
lungen von Leben, Alltag, Familie und Freizeitgestal-
tung. Leider wird viel zu oft davon gesprochen, was
Ältere nicht mehr können und welche Macken sie haben.
Diese Diskriminierung muss endlich aufhören. Stattdes-
sen müssen wir viel stärker die Potenziale und Stärken
hervorheben.

Der Sechste Altenbericht sollte uns sensibilisieren,
auf die Bilder, die wir und die gesamte Gesellschaft vom
Alter haben, achtzugeben. Das ist geschehen; denn wir
diskutieren gerade darüber – in Fachkreisen. Mir persön-
lich fehlt dabei aber die Handlungsempfehlung an uns
Politiker, mit welchen Mitteln und auf welchen Wegen
wir für größeres Verständnis zwischen den Generationen
sorgen können. Es gibt viele Punkte, die besonders von
schlechten Altersbildern besetzt sind und an denen wir
ansetzen müssen. Ich denke dabei an den Umgang vieler
Banken und Versicherungen mit Älteren, und ich denke
an die gesundheitliche Versorgung oder an die Renten-
diskussion.

Noch gelingt es uns nicht, ein differenziertes Bild vom
Alter zu schaffen. Die Ansätze, die im Fünften wie auch
im Sechsten Altenbericht genannt werden – Prävention
stärken, lebensbegleitendes Lernen fördern und ehren-
amtliches Engagement angemessen wertschätzen –, sind
wichtig, so wichtig, dass wir für alle Bereiche flexible
Angebote für die älteren Menschen in unserem Land be-
reithalten müssen. Hierbei hat die Bundesregierung noch

D
v
a

ig
H
a
A
a

z
2
d
A
s
u
u
S
m
s
m
d
z
g
d
w
z

b
b
b
s

in
z
in
re
e
P
a
s
d
n
g
tr
H

fr
H
g
D
H
T
D
K

(C (D efizite, Herr Staatssekretär. Sie kürzt und streicht und erlagert permanent von staatlicher Fürsorge auf – auch ufgezwungene – Freiwilligkeit. Das ist das Gegenteil von Flexibilität und Passgenaukeit. Wir erwarten wirklich nicht, dass Ältere an die and genommen werden – das brauchen und wollen sie uch gar nicht –, aber eine Stütze und Begleitung und nregung bei all der Vielfalt der Angebote sollte durch us staatlicher Auftrag sein. Bereits in der Aussprache zu unserem Antrag „Poteniale des Alters und des Alterns stärken“ aus dem Jahr 010 habe ich Frau Ministerin Schröder aufgefordert, ie Anregungen aus der Wissenschaft aus dem Sechsten ltenbericht in konkrete politische Programmatik umzu etzen. Leider ist bis heute überhaupt nichts geschehen, nd darum finde ich es absolut gut, liebe Kolleginnen nd Kollegen der Regierungsfraktionen, dass Sie der PD-Bundestagsfraktion den Rücken stärken und heute it Ihrem Antrag auch einen Versuch in diese Richtung tarten. Sie haben sogar den Titel fast wörtlich übernomen, der sich allerdings mehr auf den Fünften als auf en heute zu debattierenden Sechsten Altenbericht beieht. Sie wollen unter anderem die Kommunen für eine ute Infrastruktur für bürgerschaftliches Engagement in ie Pflicht nehmen. Das ist nicht falsch. Leider sind die enigsten finanziell dazu in der Lage, eine Infrastruktur u schaffen, die den lokalen Gegebenheiten entspricht. Meine nächste kritische Anmerkung. Der von Ihnen eschriebene Eintritt in die Rente ist nicht wirklich flexiel. Zu wenige Menschen sind in der Lage, überhaupt is zur Regelaltersgrenze zu arbeiten, und darüber müsen wir noch sprechen. (Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])


(Beifall bei der SPD)


Ihre Lösung ist aber, den Unternehmen die Investition
Weiterbildung für Menschen ab 40 als Hausaufgabe

u verpassen und jeden individuell für seine Gesundheit
die Verantwortung zu nehmen. Wo bleiben die An-
ize? Ja, ja, Wachstum soll sichergestellt werden. Wie

ntlarvend! Die Politik solle sich darum bemühen, die
otenziale und Ressourcen der zweiten Lebenshälfte zu
ktivieren – so Ihr Antrag. Vielen Dank für dieses an-
chauliche Beispiel der Nutzung demografischer Verän-
erungen für Ihre Wirtschaftspolitik. Nicht in erster Li-
ie um Menschen und ihr positives Bild voneinander
eht es Ihnen, sondern um den volkswirtschaftlichen Er-
ag, der daraus gezogen werden kann. Eindeutig die
andschrift der FDP!

Weiter fordern Sie die Bundesregierung auf, Barriere-
eiheit zu schaffen und gleichzeitig Assistenz- und
ausnotrufsysteme zu fördern. Skeptisch sind Sie aber
egenüber dem Programm „Altersgerecht umbauen“.
as ist doch viel wichtiger. Was nutzt mir denn der beste
ausnotruf, wenn ich aufgrund nicht zu überwindender
reppen nur noch selten Tageslicht zu sehen bekomme?
as ist keine weitsichtige Politik, liebe Kolleginnen und
ollegen.





Petra Crone


(A) )


)(B)

Sie sprechen von Prävention. Gut, das tun wir auch,
das tut die SPD-Bundestagsfraktion übrigens schon seit
Jahren.

Sie fordern außerdem ganz richtig, den Pflegebedürf-
tigkeitsbegriff zu modernisieren und die Pflegeausbil-
dungen zu reformieren. Diese Reform ist seit Monaten
überfällig. Das Jahr der Pflege ist verstrichen, und nun
muss sich die Bundesregierung gefallen lassen, von ih-
ren eigenen Koalitionsfraktionen zum Handeln ermahnt
zu werden. Die Modernisierung des Pflegebedürftig-
keitsbegriffs soll angeblich schon gar nicht mehr in die-
ser Legislaturperiode kommen. Hier stimmt in der Zu-
sammenarbeit wirklich überhaupt nichts mehr.

Ich bin skeptisch, ob Sie mit Ihren Appellen und Prüf-
aufträgen die Ministerin aus ihrem Winterschlaf holen
können. Wünschenswert wäre es.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715223500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Nicole Bracht-Bendt

von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Nicole Bracht-Bendt (FDP):
Rede ID: ID1715223600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei
der internationalen Seniorenkonferenz des Familienmi-
nisteriums hat kürzlich die amerikanische Psychologin
Becca Levy über eine Studie berichtet, in der sie Männer
und Frauen befragte, welche Altersbilder sie mit Älteren
verbinden. Häufig genannt wurden langsames Gehen,
Senilsein, Demenz, körperliche Beeinträchtigungen.
Dann untersuchte die Professorin der Yale-Universität
den Effekt negativer Altersbilder. Ich zitiere Frau Levy:

Wenn wir Menschen mit negativen Stereotypen
konfrontiert haben, konnten wir sehen, dass sich äl-
tere Teilnehmer daran anpassten: Gedächtnisleis-
tungen nahmen ab, sie neigten dazu, langsamer zu
gehen, und reagierten schneller mit Herzbeschwer-
den auf Stress. Wenn wir die Leute aber positiven
Bildern aussetzten, konnten wir auch die umge-
kehrte Wirkung beobachten …

Am beeindruckendsten ist, dass ein positives Bild vom
Altern mit durchschnittlich sieben Jahren mehr Lebens-
zeit verbunden ist.

Mit dem Sechsten Altenbericht haben die Verfasser
wichtige Weichen für einen Wandel bei uns in Deutsch-
land gestellt. Ich möchte Herrn Professor Kruse und der
Kommission für ihre zum Teil langjährige Arbeit und
ihre wichtigen Ergebnisse danken.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ihre Erkenntnisse haben wir in unserem Antrag aufge-
griffen.

g
a
d
In
b
Ic

J
D
u
g
P
A
n
m
A
g
ä
A
a
te

e
g
w
d
e

M
im
W
re
s
e
e
b
V
v

s
n
s

d

g
li


D
a

b
A
s
d

(C (D Die Altersbilder von heute sind anders als die von estern. Nie zuvor gab es so aktive Ältere, die weiterhin ktiv sein wollen, obwohl sie ein Alter erreicht haben, in em sie in den wohlverdienten Ruhestand gehen können. den Fällen, in denen starre Altersgrenzen Aktivsein lockieren, wird die Koalition Altersgrenzen überprüfen. h bin sicher, dass wir auf viele verzichten können. Die EU-Kommission hat 2012 zum Europäischen ahr des aktiven Alterns erklärt. Dies ist zu begrüßen. ie Koalition hat die Relevanz des Alters früh erkannt nd bereits im Koalitionsvertrag eine Demografiestrateie festgeschrieben. Den Wandel in den Köpfen kann die olitik allein allerdings nicht herbeiführen. Dies ist eine ufgabe, an der alle gemeinsam arbeiten müssen. Ich enne nur das Stichwort „Generationendialog“. Wir üssen miteinander im Gespräch bleiben, Junge wie lte. Altersbilder haben auch Einfluss darauf, was jünere Menschen für ihr eigenes Alter erwarten und was ltere Menschen sich zutrauen und erreichen wollen. uch Städte, Länder und Bund müssen eng zusammen rbeiten, um gemeinsam eine Infrastruktur für eine alrsgerechte Gesellschaft zu schaffen. In einer Gesellschaft des langen Lebens stecken norme Kräfte. Raum für neue Altersbilder bietet bürerschaftliches Engagement. Mit dem neuen Bundesfreiilligendienst, der hier schon angesprochen wurde und er auch für Ältere offensteht, hat die Koalition schon inen wichtigen Beitrag geleistet. Wir brauchen aber auch ein neues Bild vom alten enschen in den Medien. Das Bild von der Großmutter Bilderbuch von früher passt nicht mehr. Auch in der erbung hat sich herumgesprochen, dass sich das Intesse Älterer nicht auf Haftpulver für dritte Zähne be chränkt. Es hat sich auch herumgesprochen, dass Ältere ine mächtige Käuferschicht darstellen. Medien haben ine gewaltige Kraft, die Einstellung der Gesellschaft zu eeinflussen. Die Prämierung guter Beispiele, die die ielfalt der Lebensformen widerspiegeln, ist eine von ielen Möglichkeiten, ein neues Bild zu forcieren. Wir brauchen auch einen Wandel im Gesundheitsween. In einer Zeit des langen Lebens müssen wir erkenen, dass nicht alle Krankheiten eine Alterserscheinung ind. Ziel unseres Antrages ist es, verstärkt die Potenziale er zweiten Lebenshälfte zu aktivieren – und zwar auch r den Bereich Bildung und Qualifizierung. Lebenslan es Lernen ist selbstverständlich geworden. Ich appelere an die Unternehmen, in den Erhalt der Arbeitshigkeit ihrer älteren Beschäftigten zu investieren. as Recht auf Weiterbildung darf nicht mit 40 Jahren ufhören. Zur Generationengerechtigkeit gehört, dass die Leenszeit nicht mehr starr in drei Phasen, Jugend und usbildung, Erwachsenenalter und Erwerbstätigkeit und chließlich Ruhestand, gegliedert wird. Mit der steigenen Zahl der Älteren wird wahrscheinlich auch die Zahl Nicole Bracht-Bendt )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

der Menschen mit gesundheitlicher Einschränkung deut-
lich steigen. Wir alle wissen, dass der Begriff Pflegebe-
dürftigkeit neu definiert werden muss. Ich bin froh
darüber, dass unser Gesundheitsminister Bahr diese
wichtige Herausforderung jetzt konkret annimmt.


(Beifall bei der FDP)


Ein weiterer Punkt unseres Antrags ist die Barriere-
freiheit. Wir müssen uns fragen, wie eine Gesellschaft
gestaltet sein muss, damit alle Menschen gleichberech-
tigt und selbstbestimmt leben können. Barrierefreiheit ist
kein Luxus, sondern muss selbstverständlich sein – und
zwar in allen Lebensbereichen und nicht nur in den eige-
nen vier Wänden. Ich bin dafür, dass das bewährte KfW-
Programm „Wohnen im Alter“ fortgesetzt wird und
moderne Technologien wie zum Beispiel das Hausnot-
rufsystem und andere Assistenzsysteme stärker vorange-
trieben werden.

Barrierefreiheit muss für den Besuch des Rathauses
genauso selbstverständlich sein wie in der Städtepla-
nung, im Straßenverkehr wie im Internet, in der For-
schung und in der Ausbildung, in der differenzierte
Altersbilder zu vermitteln sind, die Krankheit und Alter
entkoppeln. Ich bin sicher: Wir sind auf einem guten
Weg zu einer Gesellschaft mit neuen Altersbildern.

Ganz herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715223700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Heidrun Dittrich von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Heidrun Dittrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715223800

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Im Sechsten Altenbericht geht es um Alters-
bilder. Mit Altersbildern werden Vorstellungen vom
Alter konstruiert. Warum ist das eigentlich nötig? Weil
die Menschen nun länger arbeiten müssen und erst ab 67
in Rente gehen können, und das muss schöngeredet wer-
den. Der rüstige 75-jährige, vitale, über ausreichend
Geld verfügende Rentner soll zum Vorbild werden. Er ist
der Prototyp des aktiven Alterns. Alle, die von diesem
Bild abweichen, werden nun mit einem negativen
Altersbild belegt. Wer, bitte schön, möchte nicht positiv
dargestellt werden? Damit wird aber die Erfahrung der
Beschäftigten ausgeklammert.

Zum 1. Januar dieses Jahres trat die Rente ab 67 in
Kraft. Jetzt geht das Gespenst der Altersarmut wieder
um. Es wird nicht gesagt, dass jedes Jahr der Verlänge-
rung des Renteneintritts auch eine Rentenkürzung
bedeutet. Frauen, Migranten und Menschen mit Behin-
derung sind in diesem Altenbericht von vornherein aus-
geklammert. Das sind aber gerade diejenigen, die im
Erwerbsleben benachteiligt werden und nur eine Grund-
sicherung aufbauen können. Für sie besteht längst der
Zwang, nach Erreichen des Rentenalters ihre Rente
durch Zuverdienst aufzubessern, nach dem Motto: Alte
Frau pflegt noch älteren Mann.

te
A
li
d
B
d
K
b

F
fe
m
7
In
re
n

V
ti
a
z
te
z
B
k
im
d
d

F
g
J
d
z
le
tu
g
m
n
w

d
k
F
te
s
u
v

s
s
s
S
li
A
c

(C (D Diesen Zwang zur Erwerbstätigkeit über das Rennalter hinaus möchte die Bundesregierung mit diesem ltenbericht für alle als positiv verkaufen. Gesellschaftche Teilhabe soll nur durch Arbeit möglich sein. Genau amit, mit dieser Verarmung im Alter, diskriminiert die undesregierung die ältere Generation. Dagegen setzt ie Linke das Konzept der solidarischen Mindestrente: ein Mensch darf im Alter weniger als 900 Euro Rente eziehen. Bereits im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und DP festgeschrieben, dass sie die Altersgrenze überprün wollen. Auch die SPD und die Grünen versuchen, it dem Freiwilligendienst aller Generationen bis 0 Jahre über die bisherige Altersgrenze hinauszugehen. tarifvertraglichen Schutzvorschriften werden den älten Menschen Leistungsminderungen unterstellt. Das ist egativ, wie wir gerade gehört haben. Diese Leistungsminderung ist jedoch Realität. Ist die orstellung von einer Erzieherin im Kindergarten realissch, die mit 67 Jahren im Sandkasten noch viel Geduld ufbringt? Nach einer Studie von Verdi glauben 70 Proent der Erzieherinnen nicht, dass sie gesund ins Rennalter kommen. Arbeit macht auch krank: durch Hetze, u wenig Personal und Lärm. Es ist eine Forderung der eschäftigten selbst, gesund durchs Erwerbsleben zu ommen. Den Gewerkschaften und den Beschäftigten Altenbericht ein negatives Altersbild zu unterstellen, amit sie keine Schutzvorschriften einfordern, geht an er Realität vorbei. Viele erreichen doch ihr Rentenalter gar nicht erst. ast ein Drittel der Männer des Geburtsjahrgangs 1945, enauer: 29 Prozent, und 19 Prozent der Frauen dieses ahrgangs sind schon gestorben. Im Altenbericht wird er Vorschlag gemacht, das Rentenalter nicht mehr festulegen – also auch nicht auf 69 Jahre oder 70 Jahre; sen Sie es nach! –, sondern es an die individuelle Leisngsfähigkeit zu knüpfen. Das bedeutet, die Berechti ung zum Renteneintritt wird vom Arzt festgestellt. Sie uss aber vom Gesetzgeber geregelt werden und darf icht in das Ermessen eines einzelnen Arztes gestellt erden. Malochen bis zum Umfallen lehnt die Linke ab. Der demografische Wandel hin zu einer älter werdenen Gesellschaft muss keinen Sozialabbau oder Rentenlau erzwingen. Das Älterwerden ist ein historischer ortschritt. Außerdem hat in den letzten 50 Jahren durch chnische Neuerungen ein Produktivitätsfortschritt tattgefunden. Es wird mehr produziert in kürzerer Zeit nd mit weniger Menschen. Also wäre auch mehr zu erteilen. Arbeitszeitverkürzung hilft bei Arbeitslosigkeit, und ozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Vollzeit ichert die Einnahmen der Rentenkasse. Das alles verchweigt der Sechste Altenbericht. Stattdessen haben die achverständigen der Bundesregierung Argumente geefert, um mit lebenslänglichem Arbeiten ein positives ltersbild zu verknüpfen. Schließlich sollen die Ansprü he auf Rente aufgegeben werden. Für Hänschen soll es Heidrun Dittrich )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

normal sein, wenn Opa Hans noch mit 80 Jahren arbei-
tet. Es soll ein Schatz gehoben werden, indem die Poten-
ziale des Alters genutzt werden. Aber es geht nicht um
ein individuelles und selbstbestimmtes Ruhestandsalter,
sondern um das Arbeiten über 67 Jahre hinaus.

Das lehnt die Linke ab und bleibt bei der Forderung:
Weg mit der Rente erst ab 67! Es ist positiv, mit 60 in
Rente gehen zu können.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Wer bezahlt das? – Dagmar Ziegler [SPD]: Das war noch nicht mal in der DDR so!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715223900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Elisabeth

Scharfenberg von Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-
gen! In einem Bericht der Welt zur aktuellen Studie der
Gesellschaft für Konsumforschung wird Deutschland als
Seniorenrepublik bezeichnet, weil ein Viertel der Haus-
halte der Generation 60 plus angehören. In einem Leser-
kommentar war dort zu finden: Die Studie macht Angst.
Die Alten sind auf dem Vormarsch, und die Jüngeren ha-
ben immer schlechtere Perspektiven. Das ist Sprengstoff
pur für eine Gesellschaft.

Dies zeigt eindrucksvoll, was viele Menschen in die-
sem Lande vom Alter und von den Alten denken. Wir
reden immer noch vom Pflegefall. Wir reden von der
Last der älteren Langzeitarbeitslosen in den Statistiken
der Arbeitsagentur. Wir reden einseitig von den Kosten
durch die älter werdende Gesellschaft. Wir reden von
Hilfebedürftigkeit.

Auch dank der sehr guten Altenberichte der Alten-
berichtskommission wissen wir seit Jahren, dass es einer
aktiven Altenpolitik bedarf, um den gerade geschilder-
ten, schlichtweg diskriminierenden und auch vorurteils-
behafteten Bildern vom Alter entgegenwirken zu kön-
nen. Eine solche Politik muss quer durch alle
Ministerien gehen. Vor allem aber ist das Ministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefragt. Doch
die Leitung dieses Hauses ist schlichtweg ein Desaster.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die altenpolitische Bilanz von Frau Ministerin Schröder
ist extrem schwach. Die Seniorenthematik verkommt zu
einem lästigen Anhängsel ihres Ministeriums. Ein paar
Veranstaltungen zu diesem Thema machen noch keine
Altenpolitik. Das Motto im Ministerium lautet: Wer
nichts macht, macht nichts falsch. Damit mogelt sich die
Ministerin durch ihr Amt.


(Sönke Rix [SPD]: Stimmt! Das gilt aber auch für andere Bereiche!)


In
w
s
d
s

W
p
d
A
e
n
fr
P
s

re
lu
b
E
re
c
ü
fo

L
d
w

s
a
w

e
C

D
s

A
h
u

(C (D einer Gesellschaft, in der die Menschen erfreulichereise immer älter werden, brauchen wir eine abge timmte Politik, eine Politik, die die gesamte Spannweite es Alterns abdeckt: vom aktiven Alter bis zum Untertützungsbedarf des Alters. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ir brauchen eine demografiesensible Generationen-
olitik, an der alle mitwirken und bei der wir inklusiv
enken, über alle Altersgrenzen hinweg. Es wäre die
ufgabe von Frau Schröder, sich für eine solche Politik

inzusetzen. Doch ihr Handeln, wenn man es denn so
ennen will, erschöpft sich in lustlosen Appellen und
eiwilligen Selbstverpflichtungen. Das entspricht dem
roblemlösungsverständnis der leider heute nicht anwe-
enden Ministerin.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Der Staatssekretär ist doch da!)


Gestaltungsfreudige Politik für Menschen sieht unse-
r Meinung nach ganz anders aus. Es gibt großen Hand-
ngsbedarf im Bereich der Altenpolitik und der Alters-

ilder. Bei vielen Dingen gibt es doch kein
rkenntnisproblem. Wir kennen doch altersdiskriminie-
nde Regelungen, etwa im Ehrenamt. Wir müssen sol-

he Regelungen abschaffen und nicht zum zigsten Male
berprüfen, wie es der Antrag der Union und der FDP
rdert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es gilt, die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes
eben zu schaffen: beim Wohnen, in der Arbeitswelt, in
er Zivilgesellschaft. Leben über alle Generationen hin-
eg zu gestalten, das ist doch unsere Aufgabe.

Nicht die Alten sind das Problem, sondern wie über
ie geredet wird und welche politische Ignoranz ihnen
uch im zuständigen Ministerium entgegengebracht
ird.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715224000

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

rteile ich das Wort dem Kollegen Norbert Geis von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1715224100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

amen und Herren! Unsere Generation, unsere Gesell-
chaft wird immer älter.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir werden alle auch immer älter!)


ber – und das sagt uns der Sechste Altenbericht – wir
atten nie eine Generation, die im Alter so fit, so gesund
nd auch so vermögend ist – trotz aller Altersarmut, die





Norbert Geis


(A) )


)(B)

nicht verschwiegen werden darf –, wie die jetzt lebende
Altersgeneration. Diese Altersgeneration, verglichen mit
der Generation vor 50, 60 Jahren, hat eine ganz neue
Lebensphase dazugewonnen, eine Lebensphase, in der
sie tatsächlich in der Lage ist, mitzuwirken. Dies hat die
Bundesregierung zweifellos erkannt und handelt auch
danach. Ich weise die entsprechenden Vorwürfe als zu
global und völlig undifferenziert zurück.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Dies hat nicht nur die Bundesregierung erkannt, son-
dern auch die Europäische Union, die das Jahr 2012 zum
Jahr des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen
den Generationen ausgerufen hat. Das will heißen, dass
es darauf ankommt, dass wir den Alten – ihnen sei der
Ruhestand gegönnt, und ihnen seien auch ihre Aktivität
und ihre Vitalität gegönnt –, die bereit sind, ihre Lebens-
erfahrung mit einzubringen, die Möglichkeit geben, in
der Gesellschaft und der Wirtschaft teilzuhaben, sodass
sie nicht nur – das sage ich ganz bewusst – auf den
Ruhestand angewiesen sind. Denn viele der älteren Men-
schen wollen ja noch mitarbeiten. Wir müssen ihnen
diese Mitarbeit auch ermöglichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir kennen die Leistungsfähigkeit älterer Menschen,
deren Lebensbogen weit hinausreicht. Wir kennen
Staatsmänner, wir kennen führende Männer aus der
Wirtschaft, aus der Literatur und aus der Kunst.


(Gisela Piltz [FDP]: Es gibt auch Frauen, Norbert! – Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frauen auch!)


– Frauen und Männer. Ich bedanke mich für den Hin-
weis.

Ich meine, dass wir das noch zu wenig beachten. Wir
sehen das immer noch als Ausnahme an, wo doch in
Wirklichkeit viele ältere Menschen in der Lage sind,
mitzuarbeiten und eine solche Leistung bis ins hohe
Alter hinein zu erbringen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715224200

Herr Kollege Geis, erlauben Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Ilja Seifert von den Linken?


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1715224300

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715224400

Bitte schön.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715224500

Herr Kollege Geis, Sie haben das Europäische Jahr

für aktives Altern angesprochen. Sagen Sie mir doch
bitte: Wo bleibt neben dem Appell, den Sie gerade sehr
vehement vorgetragen haben, das Programm der Regie-
rung, um Menschen im hohen Alter die Möglichkeit zu
verschaffen, teilzuhaben und ihre Erfahrungen einzu-
bringen, zum Beispiel im Ehrenamt? Es kann nicht sein,
dass sie das Geld sozusagen noch selber mitbringen

m
a

W
p
2
ri
n

b

d
ru
m
Ih
m
D


ti
la
R
ti
d
s
B
d
re
D

S
e
A
ü
e



b

(C (D üssen. Das, was sie leisten, sollen sie wenigstens nicht uch noch bezahlen müssen. Wenn ich eine zweite Frage gleich anschließen darf: o bleibt die Initiative der Bundesregierung, auf euro äischer Ebene – wir reden ja vom Europäischen Jahr 012 – die allgemeinverbindliche Antidiskriminierungschtlinie zu unterstützen, die endlich auch die Diskrimiierung im Alter unter Strafe stellt? Das habe ich jetzt nicht verstanden. Wenn Sie das itte wiederholen könnten? Auf europäischer Ebene wird immer noch darüber iskutiert, dass wir eine umfassende Antidiskriminiengsrichtlinie brauchen. Die Bundesregierung ist moentan noch dagegen. Wo bleibt die Initiative vonseiten rer Regierung, sich für diese umfassende Antidiskriinierungsrichtlinie einzusetzen und sie dann in eutschland umzusetzen? Das wäre eine richtige Hilfe r alte Menschen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1715224600
Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715224700


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1715224800

Zur ersten Frage: Wir haben ja diese großartige Initia-

ve der Mitgestaltung – sie ist vorhin schon vom Par-
mentarischen Staatssekretär erwähnt worden – im
ahmen der Initiative „Freiwilligendienste aller Genera-
onen“. Wir stellen fest, dass nicht nur junge Leute, son-
ern auch Menschen mittleren Alters sowie ältere Men-
chen – also Menschen über 65 – bereit sind, hier ihren
eitrag zu leisten. Was wir fürs Ehrenamt getan haben,
as ist nun wirklich nicht wenig. Das finden Sie in ande-
n Ländern längst nicht in dem Maße, wie wir es hier in
eutschland haben.

Zur Frage der Antidiskriminierung: Wenn man im
trafrecht eine neue Norm schaffen will, dann muss man
inen konkreten Straftatbestand benennen und ihn zum
usdruck bringen können. Ich glaube nicht, dass wir
ber die bereits vorhandenen Tatbestände hinaus noch
inen weiteren Straftatbestand normieren können.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Präsident, Sie leiten die Sitzung!)


Haben Sie eine Frage?


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ich habe eine Frage! Aber der Präsident sieht mich nicht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715224900

Herr Geis beantwortet doch gerade eine Frage. – Bitte

eenden Sie Ihre Antwort, Herr Kollege Geis.


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1715225000

Die Frage habe ich schon beantwortet.






(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715225100

Gut, dann hat der Kollege Beck eine Frage. Möchten

Sie die Frage zulassen?


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1715225200

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715225300

Bitte.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715225400

Ich wollte an die Frage des Kollegen Seifert anknüp-

fen. Es geht übrigens nicht zwingend um eine strafrecht-
liche Antidiskriminierungsrichtlinie. Bei der Europäi-
schen Kommission gibt es seit längerem einen Entwurf,
der von Deutschland bislang blockiert wird, in dem es
um die Diskriminierung aufgrund des Alters geht. Dieser
Entwurf sieht vor, dass im Zivilrecht der Diskriminie-
rungsschutz aufgrund des Alters ausgeweitet wird auf
das Antidiskriminierungsniveau, das wir bei anderen
Kriterien in den Richtlinien bereits haben, was zum Bei-
spiel Rasse, ethnische Herkunft und Geschlecht anbe-
langt. Es soll einen einheitlichen Schutz vor Diskrimi-
nierung im Zivilrecht geben, beispielsweise beim
Abschluss von Kaufverträgen, Versicherungen und der-
gleichen. Teilen Sie unsere Auffassung, dass es gut wäre,
wenn die Bundesregierung ihre blockierende Position
hierzu überdenkt? Dann würde die Richtlinie auch zu-
stande kommen.


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1715225500

Man muss bei Antidiskriminierungsformulierungen

im BGB sehr vorsichtig sein, weil man hier zu einer
wirklichen Interessenabwägung kommen muss. Ich
glaube, dass bei dem Antidiskriminierungsgesetz, das
wir haben, unter Umständen nicht alle Interessen gut ab-
gewogen werden können. Da gibt es ganz tückische ge-
genteilige Beispiele.

Um aber Ihre Frage zu beantworten: Ich glaube nicht,
dass es notwendig ist, die älteren Menschen mit einem
rechtlichen Antidiskriminierungsschutz zu versehen.
Das ist nicht notwendig, weil es ältere Menschen gibt,
die bereit sind, einzugreifen und die Zukunft mitzuge-
stalten. Ich sehe da keine Notwendigkeit für eine Anti-
diskriminierungsregelung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie
mich fortfahren. Welches sind nun die Altersbilder? Wo-
rauf kommt es dabei an? Welche Vorstellungen haben
wir? Ich glaube, eine Gesellschaft braucht die stille Kraft
des Ordnens, des Festhaltens und des Fortführens. Das
ist Sache der älteren Generation.

Die jüngeren Menschen sind darauf aus, im Bewusst-
sein ihrer Stärke ihren Beitrag zu leisten, und sie meinen
oft genug, das Leben liege ihnen zu Füßen. Das ist auch
ein richtiges Verständnis. Wir brauchen die Tatkraft und
die Innovationskraft der jungen Menschen, insbesondere
eine Gesellschaft wie die unsere, die gezeichnet ist von
Wirtschaft und Industrie. In der Öffentlichkeit nennt
man unsere Gesellschaft ja auch Wirtschafts- und Indus-

tr
u


Ä
e
d
c
g
e
m
ju
g

a
d
s
s
a
m
e
n
le

w
s
k
d
g
b
d
e
S
w

z
w
P
ra
s
le
g
K
a
tr
h
u
w
d
is

(C (D iegesellschaft. Da brauchen wir die Innovationskraft nd die Kreativität junger Leute. Wir brauchen aber auch das Verständnis der Älteren r den Fortschritt der Gesellschaft. Wir brauchen die lteren, die um die Grenzen wissen, die sie selber schon rlebt haben, die um die Misshelligkeiten und das Leien wissen, das auf die Menschen zukommt. Wir brauhen die Menschen, die bereit sind, trotz alledem mit roßer Tatkraft, mit einem starken Realitätssinn und mit inem Mut, der nicht den Charakter der Kühnheit hat, it dem Mut der Entschlossenheit zusammen mit den ngen Menschen ans Werk zu gehen, um die Zukunft zu estalten. Wir dürfen aber nicht übersehen, dass wir natürlich uch Alte haben, die vor dem Altwerden kapitulieren, ie sich in ihr Schneckenhaus zurückziehen, die menchenscheu und oft sehr eigensinnig werden, die an Beitz festhalten, auch wenn er noch so gering ist, und sich bkapseln. Diesen Menschen müssen wir entgegenkomen. Da braucht es eine gute Nachbarschaft, da braucht s gute Institutionen wie Kirchen, da braucht es kommuale Gebietskörperschaften, die sich da viel mehr einfaln lassen müssen, als es derzeit der Fall ist. Es braucht aber insbesondere die Familien. Es ist gut, enn es möglich ist, dass die Familien ihre Eltern zu ich in die Wohnung nehmen. Aber wir haben viel zu leine Wohnungen. Die Enge solcher Wohnungen kann ann bedrückend werden. Deswegen müssen wir überleen, ob wir die Eigenheimzulage, die wir 2005 aufgegeen haben, wieder einführen. Ich meine, es ist notwenig, dass wir uns darauf besinnen, dass die Familien inen ordentlichen Wohnraum brauchen. Das muss der taat ermöglichen; er kann es ermöglichen, beispielseise durch die Einführung einer Eigenheimzulage. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme ur letzten Phase, der Phase, in der die Menschen krank erden, in der sie rundherum auf Unterstützung und flege angewiesen sind. Hier kommt es entscheidend dauf an, dass in der Gesellschaft so etwas wie Güte ent teht – nicht zu verwechseln mit Gutmütigkeit –, vor aln Dingen im Umfeld dieser Menschen, die ganz und ar auf fremde Hilfe angewiesen sind, eine Güte, die räfte mobilisieren kann, die von den Betroffenen selbst usstrahlen kann, aber auch von den Kräften, die die Beoffenen umgeben, die sich um sie sorgen und ihnen elfen, die schwierige Situation zu meistern. Wenn es ns nicht gelingt, diesen Herausforderungen gerecht zu erden, dann versäumen wir eine wichtige Möglichkeit, ie unter Umständen für unsere Kultur mit entscheidend t. (Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind mit der Pflegereform am Zug!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715225600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/8345 und 17/3815 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Stefan
Schwartze, Petra Crone, Petra Ernstberger, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Programme „Schulverweigerung – Die
2. Chance“ und „Kompetenzagenturen“ er-
halten

– zu dem Antrag der Abgeordneten Yvonne
Ploetz, Diana Golze, Agnes Alpers, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Hände weg von der Initiative „Jugend stär-
ken“

– Drucksachen 17/6103, 17/6393, 17/8329 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Peter Tauber
Stefan Schwartze
Florian Bernschneider
Yvonne Ploetz
Ulrich Schneider

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Dr. Peter Tauber von der CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Peter Tauber (CDU):
Rede ID: ID1715225700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat
steht jetzt eine Debatte über Jugendförderprogramme auf
der Tagesordnung des Deutschen Bundestages; die Op-
position fordert deren Erhalt. Nun könnte man sagen: Ei-
gentlich ist die Debatte an dieser Stelle schon beendet;
denn die Programme, die im letzten Jahr ausgelaufen
sind, werden von der christlich-liberalen Koalition fort-
geschrieben und mit 80 Millionen Euro finanziert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich will nicht so vermessen sein, zu sagen, dass das
zum Ritual gehört: Die Opposition muss schimpfen und
fordern, dass etwas, was gut ist, fortgesetzt wird. Die Re-
gierung setzt das dann fort. Die Opposition meckert
noch ein bisschen, weil es nicht ganz so ist, wie sie es
sich wünscht. Am Ende sind aber doch alle zufrieden,

w
e

fe
d
e
s
d
s

ü
U
re
g
h
s
li
n
s
p

lo

s
D
d
k
h
h
B
d
S
W
S
s
K
a
L
g
B
is
li
D
d
D
g

ri
d
n
g
u
b
d
in
s
im
d
s

(C (D eil das, was sich bewährt hat, fortgesetzt wird. – Wenn s so ist, könnten wir uns eigentlich die Debatte sparen. Ich erlaube mir daher, den Blick etwas weiter schwein zu lassen und über das Thema zu sprechen, worunter as, was Sie beantragen, zu subsumieren ist, nämlich ine eigenständige Kinderund Jugendpolitik; denn hinichtlich dessen, was wir darunter verstehen und was Sie arunter verstehen, gibt es bestimmt einige Unterchiede. Über Kinderrechte haben wir heute schon diskutiert: ber die Rücknahme der Vorbehaltserklärung zur N-Kinderrechtskonvention, über das Beschwerdechtsverfahren, das von Deutschland mit auf den Weg ebracht wurde, auch über die Änderung des Aufentaltsgesetzes, um die Integration gerade junger Menchen zu erleichtern, und über die Frage, wie mit Flüchtngskindern umgegangen wird. Sie sagen, hier gebe es och Regelungsbedarf. Ich weiß, dass Flüchtlingsorganiationen das Handeln einzelner Landesregierungen exlizit loben; auch die hessische Landesregierung wird r ihren Umgang mit minderjährigen Flüchtlingen gebt. Im Zusammenhang mit der Kinderund Jugendpolitik prechen wir aber auch über die jungen Menschen in eutschland. Wir sagen ganz selbstbewusst: Die Bilanz er christlich-liberalen Koalition der letzten zwei Jahre ann sich durchaus sehen lassen. Das beginnt mit der Eröhung des Kindergeldes und setzt sich fort mit der Eröhung des Unterhaltsvorschusses, der Erhöhung des AföG und dem Programm „Frühe Chancen“, im Zuge essen wir 4 000 Kitas dabei unterstützen, spezielle prachund Integrationsförderung zu betreiben. Des eiteren ist der KJP zu nennen. Wir sorgen trotz des pardiktats der Schuldenbremse dafür, dass die Organiationen in unserem Land weiterhin intensive und gute inderund Jugendarbeit machen können. Ich nenne uch das Gesetz zu Kinderlärm – für uns ist das kein ärm, sondern Zukunftsmusik – und das Kinderschutzesetz, das, nachdem Sie endlich Ihre Bedenken über ord geworfen haben, im Bundesrat beschlossen worden t. Nicht zuletzt ist auch der Ausbau der Jugendfreiwilgendienste zu erwähnen. Sie hatten immer schöne inge im Programm stehen; wir haben allein beim FSJ ie Förderung auf über 90 Millionen Euro vervierfacht. as sind Säulen für eine eigenständige Kinderund Juendpolitik in diesem Land. Nun könnten wir wunderbar darüber streiten, ob die chtigen Schwerpunkte gesetzt sind, ob man nicht anere Akzente hätte setzen müssen. Ich glaube, es gibt eien anderen Unterschied. Wenn Sie über Kinderund Juendpolitik reden, dann reden Sie darüber, dass Kinder nd Jugendliche in unserem Land zu wenig Chancen haen, dass es ihnen eigentlich schlecht geht und dass wir ringend etwas tun müssen, weil es unverantwortlich ist, unserem Land Kinder in die Welt zu setzen und sie elbstständig groß werden zu lassen; das suggerieren Sie mer wieder. Man braucht nur einmal links und rechts er Grenzen innerhalb Europas zu schauen, um zu wisen, dass das natürlich nicht so ist. Es gibt wahrschein Dr. Peter Tauber )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

lich wenige Länder auf diesem Globus, in denen Kinder
so gute Startchancen haben wie in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Programme, die Sie heute auf die Tagesordnung
gesetzt haben, sind der zentrale und spannende Punkt,
wenn es um Kinder und Jugendliche geht, die unterstützt
werden müssen. Wir reden also über diejenigen, die die
Chancen, die ihnen unsere Gesellschaft bietet – sie sind
riesengroß –, nicht alleine wahrnehmen können, weil ih-
nen die Anreize fehlen, weil sie nicht entsprechend be-
gleitet werden, weil den Eltern vielleicht nicht nur die
materielle Grundlage fehlt, um den Kindern etwas mit
auf den Weg zu geben, sondern auch die notwendige
Herzenswärme. Um diese Kinder müssen wir uns in der
Tat kümmern, und dafür sind die Programme da.

Ich glaube nur, dass es ein völlig falsches Signal ist,
wenn wir in diesem Haus immer wieder sagen, dass in
diesem Bereich alles schlecht sei; denn es gibt unheim-
lich viele Kinder und Jugendliche in unserem Land, die
es nicht leicht haben, aber die Chancen, die ihnen unsere
Gesellschaft bietet, ergreifen. Das ist manchmal mit An-
strengungen und Hemmnissen verbunden; das will kei-
ner leugnen. Aber zu behaupten, dass sich diese Anstren-
gungen nicht lohnen, dass gerade junge Menschen von
vornherein chancenlos sind, wenn sie sich in diesem
Land etwas aufbauen wollen, ist das völlig falsche Si-
gnal. Das darf nicht das Ergebnis dieser Diskussion sein.

Ich streite mich auch künftig gerne mit Ihnen im Aus-
schuss darüber, welche Programme besonders gut sind
und welche nicht, welche wir fördern sollten und welche
vielleicht nicht effizient waren. Aber ich möchte ungern,
dass wir den jungen Menschen das Signal geben, dass
sie in diesem Land keine Chancen haben. Sie haben sie
und müssen sie nur nutzen, und zwar selbst. Denen, die
das nicht können, helfen wir gerne. Aber wir dürfen
nicht der Versuchung unterliegen, alle an die Hand zu
nehmen. Das ist nicht Aufgabe der Politik; das können
wir auch nicht. Wir sollten lieber gemeinsam darüber
nachdenken, wie wir unsere guten Programme – und ich
nenne jetzt explizit den Bundesfreiwilligendienst – stär-
ken und auf den Weg bringen.


(Ulrich Schneider [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was verändern Sie denn für arme Kinder?)


Ich erinnere Sie daran: Beim Bundesfreiwilligen-
dienst haben Sie alle geschimpft und gejammert. Sie
haben gesagt: Das wird nichts. Da kommt nichts bei
rum. Das funktioniert nicht. Dafür gibt es keine Freiwil-
ligen.


(Sönke Rix [SPD]: Niemand hat behauptet, dass es keine Freiwilligen gibt!)


Die Wirklichkeit ist eine andere. Wir werden uns der
Frage stellen müssen, wie wir mit den Freiwilligen um-
gehen, für die wir momentan keine finanzierten Plätze
haben. Herr Rix, da lade ich Sie explizit ein: Machen Sie
einmal einen konkreten Vorschlag, wie wir es schaffen,
statt 35 000 vielleicht 50 000 Freiwillige im Bundesfrei-
willigendienst zu fördern. Dann leisten Sie wirklich

e
J

J
s

tu
re


S

K
d
ro

s
ti
te
li

g
E
n
L

q
re
b
s
K
re
is
B
n
B

K


ic
B

(C (D inen Beitrag für eine eigenständige Kinderund ugendpolitik. unge Menschen übernehmen so Verantwortung für uner Land, und das ist nicht nur für sie selbst gut, sondern r uns alle. Wenn wir die Diskussion eher in diese Richng lenken, dann ist dies meiner Meinung nach zielfühnder als eine Diskussion über Programme, die schon ngst auf den Weg gebracht worden sind. Herzlichen Dank. Das Wort hat der Kollege Stefan Schwartze von der PD-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe olleginnen und Kollegen! Als Erstes bräuchte ich an iesem Pult eine große Schippe, um diesen Riesenberg saroter Theaterschminke hier wieder abzutragen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Sie reden Deutschland immer schlecht!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715225800

(Beifall bei der SPD)

Stefan Schwartze (SPD):
Rede ID: ID1715225900

Ich glaube, wir müssen jetzt einmal auf den Kern zu
prechen kommen, nämlich auf die Programme der Ini-
ative „Jugend stärken“, die das Ziel haben, die Kompe-
nzen und Fähigkeiten von benachteiligten Jugend-
chen zu stärken.


(Gisela Piltz [FDP]: Gerhard Schröder wäre stolz!)


Es geht in diesen Programmen also nicht um die
roße Masse, sondern gezielt um die Benachteiligten.
ine gute Angebotsstruktur für diese Jugendlichen eröff-
et vielen den Weg hin zu einem selbstbestimmten
eben und raus aus den staatlichen Leistungen.

Im europäischen Vergleich sind die Schulabbrecher-
uote und die Jugendarbeitslosigkeit bei uns zum Glück
lativ gering. Die Zahl der Ausbildungsplätze hat sich

undesweit deutlich verbessert. Dennoch haben wir un-
ere Ziele bei weitem nicht erreicht. Das Ziel der Großen
oalition, die Schulabbrecherquote bis 2010 zu halbie-
n, ist nicht erreicht worden. Ein ganz großes Problem
t die anhaltend hohe Zahl junger Menschen ohne
erufsabschluss. In diesem Land haben rund 1,5 Millio-
en junge Menschen zwischen 20 und 29 Jahren keinen
erufsabschluss. Nur zum Vergleich: Das entspricht
nfmal der Anzahl der Einwohner in meinem Wahlkreis
reis Herford/Bad Oeynhausen.


(Florian Bernschneider [FDP]: Schön! Jetzt ist der auch in der Rede untergebracht!)


Ja, genau. Der Wahlkreis ist wichtig; darum erwähne
h ihn auch. Danke für den Hinweis, Herr
ernschneider. – Diese jungen Menschen haben schlech-





Stefan Schwartze


(A) )


)(B)

teste Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Sie werden
immer von Arbeitslosigkeit bedroht sein, wenn sie über-
haupt einen Job finden, und sie sind es, die im Niedrig-
lohnsektor feststecken oder nicht aus dem Arbeitslosen-
geld-II-Bezug herauskommen werden.

Die SPD hatte in den Haushaltsberatungen einen
Antrag eingebracht, der allein 200 Millionen Euro dafür
vorsah, diesen Jugendlichen eine zweite Chance auf eine
Ausbildung zu geben. Leider hat Schwarz-Gelb ihn
abgelehnt. Aber nicht nur das. Diese Menschen kommen
in den Planungen der Bundesregierung schlicht nicht
vor. Die Initiative „Jugend stärken“ des Ministeriums
von Frau Schröder, die auch heute leider nicht anwesend
ist, umfasst insgesamt fünf Modellprogramme.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Der Staatssekretär ist doch da! Er hat sogar gesprochen!)


Ende 2010 gab das Ministerium das Aus für das Pro-
gramm „Stärken vor Ort“ bekannt. Für zwei weitere Pro-
gramme, „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ und
„Kompetenzagenturen“, verkündete es, dass diese im
Jahr 2011 neu ausgeschrieben werden sollten, obwohl
die Förderphase ursprünglich bis 2013 geplant war. Im
Februar 2011 rückte das Ministerium dann mit der kom-
pletten Wahrheit raus, dass nämlich die Mittel des Euro-
päischen Sozialfonds für diese Programme um die Hälfte
gekürzt werden sollten. Zusätzlich – inzwischen ist es
geschehen – ist für das Programm „Kompetenzagen-
turen“ die 20-prozentige Kofinanzierung über SGB-II-
und SGB-III-Mittel entfallen.

Aufgrund dieser Kürzungen kam es zu vehementen
Protesten der Träger, die befürchteten, die Hälfte ihrer
Angebote streichen zu müssen. Als Reaktion darauf kam
die zuständige Ministerin den Trägern entgegen und er-
höhte im Mai 2011 den Mittelansatz von 50 Millionen
auf 80 Millionen Euro. Diese Erhöhung erkennen wir
ausdrücklich an. Wir sind froh, dass dieser Erfolg erzielt
wurde. Nichtsdestotrotz müssen wir feststellen, dass der
Mittelansatz um 28 Prozent pro Jahr gekürzt wurde.
Diese Kürzung ist nicht zu verstehen. Wir als SPD wol-
len, dass die Förderung in damaliger Höhe fortgesetzt
wird.


(Beifall bei der SPD – Florian Bernschneider [FDP]: Sie haben es doch auslaufen lassen!)


Logisch zu begründen sind diese Kürzungen vom Minis-
terium nicht; denn beide Programme werden für ihre
guten Ergebnisse und ihre hohe Effektivität ausdrücklich
gelobt.

Besondere Bedeutung für diese jungen Menschen
aber hat die Streichung der Kofinanzierung über SGB-II-
und SGB-III-Mittel zum 1. Januar dieses Jahres. Auch
hier wäre es durchaus logisch, die Kofinanzierung wei-
terlaufen zu lassen. Die jungen Menschen sind oft seit
langem arbeitslos und beziehen staatliche Leistungen.
Die Zuständigkeit auf längere Sicht allein auf die Kom-
munen und die Länder zu verlagern, ist der falsche Weg.
Hier wird wieder einmal ein Verschiebebahnhof hin zu
den Kommunen eröffnet.

b
n
te
M
z

W
S

In
d
s
g
d
u
g

M
te
2
d
p
ju

v
d
B
e

D
a


le
s

Z
g

(C (D Im Blick haben muss man auch die Kürzungen, die ei den Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vorgeommen wurden. In diesen Bereichen zu kürzen bedeut im Klartext, dass die Bundesregierung bereit ist, enschen ohne Schulabschluss und ohne Arbeit zurück ulassen. Das machen wir nicht mit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Caren Marks [SPD]: Das ist weder christlich noch liberal!)


ir fordern neben dem Recht auf das Nachholen eines
chulabschlusses das Recht auf einen Ausbildungsplatz.


(Beifall bei der SPD)


Zeiten eines drohenden Fachkräftemangels müssen
ie Programme, die jungen Menschen einen Schulab-
chluss oder einen Ausbildungsplatz ermöglichen, aus-
ebaut werden; denn über diese Programme geben wir
en Menschen die Möglichkeit, aus der Arbeitslosigkeit
nd aus der Perspektivlosigkeit herauszukommen. Ich
laube, das sind ganz wichtige Maßnahmen.


(Beifall bei der SPD)


Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt die Kürzungen der
ittel für die Programme ab. Wir fordern, die ESF-Mit-
l in alter Höhe einzustellen. Außerdem fordern wir, die
0-prozentige Kofinanzierung aus Bundesmitteln über
as SGB II und das SGB III bei dem Programm „Kom-
etenzagenturen“ wieder zu ermöglichen. Geben Sie den
ngen Leuten dadurch eine Chance.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat für ihren Antrag die
olle Rückendeckung der Länder. Vielleicht gibt Ihnen
as zu denken. Der Bundesrat hat im November 2011 die
undesregierung aufgefordert, die Kofinanzierung zu
rmöglichen.


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das ist doch klar!)


ieser Appell wurde einstimmig von allen Ländern,
uch von den unionsgeführten Ländern, getragen.


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Natürlich! Die wollen Geld sparen!)


Sie wollen jungen Leuten eine Chance geben. Sie wol-
n, dass junge Leute einen Beruf erlernen und eine Per-

pektive für die Zukunft haben.


(Zuruf von der FDP: Sie können doch nicht unterstellen, dass wir das nicht wollen!)


Ich appelliere noch einmal an Sie: Denken Sie an die
ukunft der jungen Menschen. Setzen Sie die Pro-
ramme fort.


(Florian Bernschneider [FDP]: Das machen wir doch!)


Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715226000

Das Wort hat jetzt der Kollege Florian Bernschneider

von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Florian Bernschneider (FDP):
Rede ID: ID1715226100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So aufgeheizt wir
diese Debatte in den letzten Tagen und Wochen über die
Programme „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ und
„Kompetenzagenturen“ auch geführt haben, so wichtig
finde ich es, festzuhalten, dass in dieser Frage eigentlich
fraktionsübergreifende Einigkeit besteht. Wir alle sind
uns einig, dass im Rahmen dieser Programme in den
letzten Jahren eine hervorragende Arbeit geleistet
wurde. Wir alle sind uns auch einig, dass wir es uns nicht
leisten können, junge Menschen auf ihrem Weg in Aus-
bildung zu verlieren; das gilt wirtschaftlich wie auch
gesellschaftlich. Wir alle wissen, dass eine solche frak-
tionsübergreifende Einigkeit keineswegs selbstverständ-
lich ist und dass wir sie in vielen anderen Politikfeldern
nicht vorfinden. Deswegen bin ich der Meinung, dies
sollten eigentlich gute Voraussetzungen sein, um diese
Diskussion im Sinne der Sache zu führen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich habe in dieser Diskussion aber auch gelernt, dass
es nicht nur wichtig ist, die gleiche politische Zielset-
zung zu haben, sondern dass es auch wichtig ist, sich
darüber zu verständigen, welche Startbedingungen man
vorfindet. Eigentlich sollte man meinen, dass auch dies
nicht allzu schwierig sein dürfte. Denn wenn es darum
geht, den Status quo zu definieren, dann zählt, wie ich
glaube, weniger das Parteibuch als vielmehr Objektivi-
tät. Ich glaube, dass es sich lohnt, die Fakten zu wieder-
holen.

Im Jahr 2008 haben Union und SPD beschlossen, die
Förderung der Programme „Schulverweigerung – Die
2. Chance“ und „Kompetenzagenturen“ mit einer För-
derphase bis August 2011 zu versehen. Damit stand de
facto auch fest, vor welcher Herausforderung wir stan-
den: Wir mussten Nachfolgeprogramme etablieren.

Weil es an diesen Fakten nicht viel zu deuteln gibt,
wundert mich, ehrlich gesagt, der schrille Ton vonseiten
der SPD. Herr Schwartze, Sie haben gerade wieder
gesagt – das ist auch in Ihren zu Protokoll gegebenen
Reden nachzulesen –, dass die Förderphase eigentlich
bis 2013 dauern sollte. Entweder, Herr Kollege
Schwartze, haben Sie die Systematik, nach der die ESF-
Mittel verteilt werden, noch nicht richtig verstanden,
was ich nicht glaube, oder die SPD versucht, die Fakten
möglichst so zu drehen, wie sie ihr am besten passen.
Natürlich dauert die Förderphase im Hinblick auf die
ESF-Mittel bis 2013. Aber das heißt noch lange nicht,
dass alle nationalen Programme, die mit ESF-Mitteln
gefördert werden, bis 2013 laufen. Sie selbst haben da-
für den besten Beweis geliefert: Sie haben beschlossen,
dass diese Programme im August 2011 auslaufen. Vor
diesem Hintergrund ist es falsch – ich finde, es ist auch
nicht fair –, dieser Koalition vorzuwerfen, wir würden

b
n

le
R
m
d
E
M
h
u
s
g
k
h
w
Ic
p
n
n
is
z

S
d
b
M
n
m

A
m
h
m
M
w

tr
a
fo
E
d
li
V
h
S
o
m
A

J

D
n
u
g

(C (D ei diesen Programmen kürzen. Das stimmt de facto icht. Meine Damen und Herren, es ist der christlich-liberan Koalition gelungen – das hat der Kollege Tauber zu echt gesagt –, dafür zu sorgen, dass diese Programme it einem Volumen von 80 Millionen Euro weiter geför ert werden. 50 Millionen Euro davon kommen aus dem tat des Bundesfamilienministeriums bzw. waren ESFittel, auf die das Bundesfamilienministerium Zugriff atte. Weitere 30 Millionen Euro konnten die Familiennd Jugendpolitiker der Koalition in harten Diskusionen aus Mittelrückflüssen des ESF gewinnen. Ich laube, Sie alle wissen: Es ist keine Selbstverständlicheit, dass uns diese Mittelrückflüsse zur Verfügung steen. Auch das BMAS hätte sicherlich gute Ideen gehabt, as mit diesen 30 Millionen Euro getan werden kann. h glaube, dies ist ein Ergebnis, auf das wir Koalitions olitiker stolz sein können. Ich denke, für dieses Ergebis könnten Sie uns auch einmal loben. Aber ich weiß atürlich, dass es vornehmliche Aufgabe der Opposition t, die Regierungskoalition zu kritisieren und sie nicht u loben. Dafür habe ich Verständnis. Ich habe aber kein Verständnis dafür, Herr Kollege chwartze, dass Sie jetzt so tun, als sei die Aufstockung er Mittel ein Ergebnis Ihrer Pressemitteilung. Wir haen schon zu einem Zeitpunkt mit Gesprächen mit dem inisterium begonnen, als Sie noch gar nicht darüber achgedacht haben, Ihre Kürzungsmärchen per Presseitteilung an die Nation zu verschicken. n dieser Stelle sei gesagt: Sie haben zwar viele Presseitteilungen zu diesem Thema geschrieben. Aber Sie aben bis heute nicht einen konkreten Vorschlag geacht, woher Sie die 30 Millionen Euro bzw. die ESFittel zur Fortführung dieser Programme hätten nehmen ollen. Meine Damen und Herren, was die Forderungen beifft, werden Sie nur von der Linken übertroffen. Auch uf den Antrag der Linken will ich kurz eingehen. Sie rdern in Punkt 3, die Mittel in Höhe von 35 Millionen uro pro Jahr aus dem KJP zu nehmen. Ich möchte Sie aran erinnern: Der KJP hat ein Volumen von 147 Milonen Euro. Dieser Betrag entspricht also knapp einem iertel des Volumens des KJP. Ich finde, dass Sie uns eute einmal sagen sollten, an welchen Stellen im KJP ie diese 35 Millionen Euro pro Jahr einsparen wollen der warum Sie 35 Millionen Euro mehr Schulden achen wollen. Egal wie Sie antworten: Das kann keine ntwort im Sinne junger Generationen sein. Ich komme zum Schluss. Der französische Moralist oubert hat einmal gesagt: Nicht Sieg sollte der Sinn der Diskussion sein, sondern Gewinn. iesen Satz sollten Sie sich in dieser Debatte zu Herzen ehmen. Da dieses Thema sehr wichtig ist, muss es uns m die Sache gehen. Es darf nicht um Effekthascherei ehen. Ich glaube aber, genau dies ist das Ziel der SPD. Florian Bernschneider )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

(Stefan Schwartze [SPD]: Getroffene Hunde
bellen!)

Da wir heute unter anderem über das Programm „Schul-
verweigerung – Die 2. Chance“ diskutieren, möchte ich
betonen: Auch die Opposition hat eine zweite Chance
verdient, diese Programme weiterhin konstruktiv zu
begleiten.


(Caren Marks [SPD]: Sie haben aber keine zweite Chance verdient!)


Ich glaube, dann kommen wir gemeinsam auf einen
guten Weg.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715226200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Yvonne Ploetz von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Yvonne Ploetz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715226300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hin und

wieder passiert es, dass Jugendliche auf ihrem Weg ins
Erwachsenenleben stolpern. Dann brauchen sie jeman-
den, der sie aufhebt, ihnen den Staub abklopft und sagt:
Mach weiter, ich begleite dich auf deinem Weg.

Genau das leistet ja die Initiative „Jugend stärken“
Tag für Tag. Sie hilft an den schwierigen Übergängen
von der Schule in die Ausbildung und von der Ausbil-
dung in den Beruf bzw. dann, wenn Jugendliche den Un-
terricht nicht mehr besuchen und zurück in den Schulall-
tag gebracht werden sollen. Derzeit werden 40 000 junge
Menschen auf diese Art und Weise begleitet. Aufgrund
der Erfolge ist es nicht nur für mich vollkommen unver-
ständlich, warum hier der Rotstift angesetzt werden soll.

Schon im vergangenen Jahr – das haben wir heute be-
reits gehört – wurde vonseiten der EU und des Bundes
nur noch ein Teil der bisherigen Fördergelder bereitge-
stellt. Dagegen haben sich die Sozialverbände, die SPD,
die Linken und die Grünen mit Händen und Füßen ge-
wehrt. Gemeinsam mit der Regierungskoalition haben
wir erreicht, dass die Förderung bis 2013 weitgehend er-
halten bleibt.


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen,
mich macht das aber noch nicht wirklich glücklich. Ich
glaube, darauf können Sie sich nicht ausruhen. Das soll-
ten wir gemeinsam nicht tun. Die Initiative bekommt
derzeit nur noch zwei Drittel der bisherigen Fördergel-
der, das heißt in der Praxis, dass 23 von 200 Standorten
der Kompetenzagenturen bereits geschlossen wurden.

Das ESF-Bundesprogramm „Stärken vor Ort“ wurde
komplett gestrichen, und mein Kenntnisstand bisher ist,
dass 2013 die gesamte Initiative auslaufen wird. Herr
Bernschneider, Sie können mich sehr gerne vom Gegen-
teil überzeugen. Bei all den Debatten frage ich mich: Ha-
ben Sie sich jemals ein solches Projekt vor Ort angese-
hen? Wissen Sie, was dort geleistet wird?

H
s

A
J
n
k
g

u
E

G
h
d
n
E

s

g
n
a
d
ic

ru
M
d
m

ti

W
T
Ic
la

u
S
s

(C (D (Florian Bernschneider [FDP]: Natürlich! Deshalb habe ich es ja gesagt!)


Ich war zum Beispiel im Saarland unterwegs, meiner
eimat, und habe dort von zwei ganz besonderen Bei-

pielen erfahren:

In einem Jugendtreff habe ich dort Anna angetroffen.
nna ist heute 18 Jahre alt und wollte noch vor einem

ahr ihre Schule ohne Schulabschluss verlassen. Heute,
ach der Unterstützung durch die Initiative „Jugend stär-
en“, will sie sich mit einem kleinen Restaurant eine ei-
ene Existenz aufbauen. Wenn das mal kein Erfolg ist!


(Beifall bei der LINKEN)


Dort wird auch Emrah unterstützt. Er ist 14 Jahre alt
nd hat seine Freizeit bisher alleine zu Hause verbracht.
r hat an einem Projekt im Rahmen des Programms
Stärken vor Ort“ teilgenommen, durch das ein altes
rab auf dem städtischen Friedhof restauriert wurde. Er
at dort am Grabstein mitgearbeitet. Seitdem weiß er,
ass ihm diese Arbeit wahnsinnig viel Spaß macht. Ganz
ebenbei hat er Freunde gefunden. Das ist noch so ein
rfolg.

Man kann hier also wirklich ganz wunderbare Ge-
chichten nacherzählen.

Ja, die Initiative „Jugend stärken“ muss ganz drin-
end ausfinanziert werden. Ich will aber auch daran erin-
ern, dass es insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mit-
rbeiter und all die engagierten Menschen vor Ort sind,
ie hier ganz wunderbare Arbeit leisten. Denen möchte
h heute von ganzem Herzen danken.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regie-
ngskoalition, möchten von genau diesen Frauen und
ännern verlangen, dass sie ihren Schützlingen sagen,

ass sie demnächst keine Unterstützung mehr bekom-
en werden. Das kann nicht Ihr Ernst sein!


(Beifall bei der LINKEN)


Ich frage mich auch, wie das alles zu Ihrem Koali-
onsvertrag passt. Ich darf Sie zitieren:

Wir stehen für eine eigenständige Jugendpolitik,
eine starke Jugendhilfe und eine starke Jugend-
arbeit, die junge Menschen teilhaben lässt und ihre
Potenziale fördert und ausbaut. Wir wollen Jugend-
liche beim Übergang von Ausbildung in den Beruf
besser unterstützen.

issen Sie, was Anna und Emrah dazu sagen würden?
ypisch Politiker: schöne Worte und nichts dahinter! –
h glaube, genau das sollten Sie nicht auf sich sitzen
ssen.

Fangen Sie an, nach diesen schönen Worten, die jeder
nterschreiben kann, zu handeln. Ich glaube, der erste
chritt dahin wäre, die Initiative „Jugend stärken“ voll-
tändig und besonders auch langfristig zu erhalten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Stefan Schwartze [SPD])







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715226400

Das Wort hat jetzt der Kollege Ulrich Schneider von

Bündnis 90/Die Grünen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715226500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Gerade junge Menschen haben das Recht da-
rauf, dass sie in ihren individuellen und sozialen Ent-
wicklungen gefördert werden. Wir müssen ihnen zu die-
sem Recht verhelfen. Es ist eine zentrale Aufgabe der
Familienpolitik, dafür zu sorgen, dass Jugendliche nicht
benachteiligt werden. Deshalb müssen wir unser Augen-
merk insbesondere auf Schulverweigerer und junge
Menschen im Übergang von der Schule in die Ausbil-
dung legen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was Schwarz-Gelb im Koalitionsvertrag verkündet
hat, klang ja verheißungsvoll. Wir haben hier offensicht-
lich an derselben Stelle nachgelesen. Die Kinder- und
Jugendhilfe, Eltern und Schulen sollten gefördert wer-
den. Zielsetzung war es, jedem Jugendlichen einen
Schulabschluss und den Erwerb einer Ausbildungsstelle
zu ermöglichen. Jugendhilfe und Jugendarbeit sollten
gestärkt werden. Die Koalition wollte junge Menschen
teilhaben lassen und ihre Potenziale fördern.

Aber was wir im letzten Jahr erlebt haben, passt in
keiner Weise zu diesen Koalitionsversprechen. Mit den
Kompetenzagenturen und dem Programm „Schulverwei-
gerung – Die 2. Chance“ sind seit 2006 gute und wich-
tige Schritte in die richtige Richtung gegangen worden.
Sie haben es jungen Menschen ermöglicht, wieder in die
Schule zu gehen oder ins Berufsleben einzusteigen. Sie
haben Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zur
Verfügung gestellt, die jungen Menschen in dieser Phase
des Übergangs helfen sollten. Sie haben die jungen Men-
schen unterstützt.

Eigentlich hätte es im vergangenen Jahr darum gehen
müssen, diese richtige Richtung zu verstetigen. Aber
was tat das Familienministerium stattdessen? Es wollte
die Mittel des Europäischen Sozialfonds auslaufen las-
sen. Viele der erfolgreichen Programme hätten damit vor
dem Aus gestanden. Wenn sich das Ministerium und die
Regierungskoalition jetzt rühmen, die Projekte erhalten
zu haben, so ist festzustellen, dass das nur dadurch mög-
lich war, dass Träger und Fachverbände die Öffentlich-
keit und die Opposition informiert haben. Nur dadurch
wurden die Mittel teilweise erhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dadurch schmückt sich das Ministerium mit den Lorbee-
ren, die eigentlich den Verbänden gebühren, die sich hier
engagiert haben.

Auch wenn die Projekte jetzt weiter finanziert wer-
den, so werden sie unterm Strich eben doch geschwächt.
Da hilft es nichts, auf neue Akzente in den Programmen
hinzuweisen. Faktisch fehlen insgesamt 28 Prozent der

v
V
h
v

w

d
c
m
s
la
d
g

u
A
e
c
v
g
u

e
n
v

2
b
Ih

n

H
le
w
le

s
b

(C (D ormals gewährten Mittel. Die Folgen daraus sind eine erschlechterung der Situation der Jugendlichen. Das at wenig mit den Versprechungen aus dem Koalitionsertrag zu tun. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Was bedeutet es denn für eine Schulabbrecherin,
enn ihre Sozialarbeiterin in Zukunft keine Zeit mehr
r sie hat, wenn das Geld schlicht nicht reicht, um ihr

ie Möglichkeit zu geben, ihren Schulabschluss zu ma-
hen? Sie wird eben keine echte zweite Chance bekom-
en, sondern lediglich einen halbherzigen zweiten Ver-

uch. Anstelle der Kürzungen hätten die Projekte
ngfristig angelegt werden müssen. Eine Einbindung in
as Programm „Soziale Stadt“ wäre der richtige Schritt
ewesen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nur wenn wir die Lebensbereiche von Jugendlichen
mfassend betrachten und wenn alle Akteurinnen und
kteure eingebunden sind, können junge Menschen

ben eine echte zweite Chance bekommen. Die teilweise
haotischen Umstrukturierungen des Ministeriums im
ergangenen Jahr haben zu erheblichen Verunsicherun-
en geführt, obwohl gerade junge Menschen auf stabile
nd verlässliche Unterstützung angewiesen sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Verunsicherung aus dem letzten Jahr muss ein
inmaliges Beispiel bleiben und darf sich im neuen Jahr
icht wiederholen. Auch deshalb unterstützen wir die
orliegenden Anträge.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715226600

Herr Kollege Schneider, Sie sind am 7. Dezember

011 in den Deutschen Bundestag nachgerückt und ha-
en heute Ihre erste Rede gehalten. Dazu gratuliere ich
nen.


(Beifall)


Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat
un wiederum der Kollege Norbert Geis das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1715226700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die Forderungen in den Anträgen, die Sie stel-
n, sind eigentlich erfüllt, aber nicht in dem Umfang,
ie Sie sich das vorstellen. Wir werden die Anträge ab-
hnen.
Ich meine, man darf bei dieser Diskussion nie verges-

en, dass wir ein föderaler Staat sind, in dem die Aufga-
en geteilt sind. Das ist ein guter Grund, weshalb bei-





Norbert Geis


(A) )


)(B)

spielsweise die Länder die Aufgabe der Bildung
übernommen haben. Die Bildung ist nicht zentrale Auf-
gabe des Bundes, sondern mit die wichtigste Aufgabe
der Länder. Auch die unmittelbare soziale Fürsorge ist
nicht direkt Aufgabe des Bundes, sondern eben der Ver-
einigungen. Das sind die Kommunen, die die Lage vor
Ort besser einschätzen und abschätzen können. Natür-
lich muss der Bund die Kommunen dabei unterstützen.

Das darf man bei dieser Diskussion nicht übersehen.
Es kann nicht sein, dass wir ein Programm auflegen und
es zeitlich befristen, wie das bei dem vorliegenden Pro-
gramm der Fall war – es sollte im September 2011 aus-
laufen und wird nun fortgesetzt –, aber dann davon aus-
gegangen wird, dass ein solches Programm plötzlich ad
infinitum vom Bund zu übernehmen ist. Der Bund kann
nicht auch noch die Aufgaben der Länder schultern. Das
müssen die Länder schon selbst tun.

Die Länder haben natürlich größtes Interesse daran,
dass der Bund das weitermacht, Herr Schwartze. Dann
müssen sie es nicht selber bezahlen und können sparen
oder sich auf andere Dinge verlegen. Aber es ist nicht
Aufgabe des Bundes, die Aufgaben der Länder zu über-
nehmen. Die Länder müssen selber mithelfen und mit-
leisten.

Natürlich ist es eine allgemeingesellschaftliche Auf-
gabe. Das sehen wir alle ein. Wir stimmen auch alle da-
rin überein, dass wir die Jugend fördern müssen, und
zwar nicht nur die Jugend aus guten Verhältnissen, son-
dern wir müssen vor allem auch unser Augenmerk auf
die Jugendlichen richten, die aus Verhältnissen kommen,
wo man nicht so großen Wert auf Bildung legt und nicht
genau darauf achtet, dass das Kind seine Hausaufgaben
macht und vielleicht auch darüber hinwegsieht, ob der
Jugendliche einen Beruf ergreift. Um diese Jugendlichen
müssen wir uns vorzüglich kümmern, nicht nur, weil es
eine Frage der Menschlichkeit oder der Klugheit ist.
Denn solche Jugendlichen fallen, wenn sie keinen Beruf
ergreifen, später den anderen zur Last. Sie müssen von
den anderen mitfinanziert werden und landen unter Um-
ständen zu schnell im sozialen Netz oder gleiten viel-
leicht sogar in die Kriminalität ab. Deswegen ist es
wichtig und klug, dass wir uns darum kümmern.

Wir müssen und dürfen uns aber auch deshalb um sie
kümmern, weil wir es uns nicht mehr leisten können, auf
diese Jugendlichen zu verzichten. Wir haben zu wenig
Kinder, und wir brauchen die Innovationskraft der Ju-
gend. Dabei können wir nicht nur auf die setzen, die aus
guten Verhältnissen kommen, sondern wir müssen mit
dafür Sorge tragen, dass auch die Jugendlichen herange-
zogen und wieder in die Mitte der Gesellschaft gestellt
werden, die das vielleicht von Haus aus nicht so mitbe-
kommen haben.

Es geht darum, dass wir alle Jugendlichen erfassen.
Das gilt vor allem auch für die Jugendlichen mit Migra-
tionshintergrund. Es wäre völlig falsch, wenn wir davor
die Augen verschließen würden. Natürlich sind viele
Kinder ausländischer Herkunft inzwischen so weit, dass
sie in Deutschland integriert sind, das Schul- und Bil-
dungssystem exzellent durchlaufen und einen wichtigen
Platz in der Wirtschaft oder auch in akademischen Beru-
fen einnehmen oder einnehmen werden. Das erleben wir
täglich.

ti
s
D
A
s
is
ti
e

D
v
ß
s
P
g

d
a

d
g


w
c
u
P

d
n
W
z

d
tu
W
g

D
b
n

a
s
d
F
s
h
h
d
s
s
q
w
im

(C (D Es gibt aber noch viel zu viele Jugendliche mit Migraonshintergrund, die diese Voraussetzungen nicht gechafft haben. Auch um diese müssen wir uns kümmern. as ist – das gebe ich zu – eine gesamtgesellschaftliche ufgabe. Es ist aber nicht nur die Aufgabe des Bundes, ondern es ist vor allem auch die Aufgabe der Länder. Es t dem Bund hoch anzurechnen, dass er hier die Initiave ergriffen hat. Die Initiative „Jugend stärken“ ist eine xzellente Initiative und wird weithin begrüßt. as zeigt sich auch daran, dass die Länder am 4. Noember vergangenen Jahres einstimmig eine Entschlieung verabschiedet haben, in der sie – das habe ich chon erwähnt – den Bund aufgefordert haben, dieses rogramm fortzusetzen. Der Bund setzt dieses Proramm auch fort. Wir werden es da und dort schmälern. Erlauben Sie, ass ich die fünf Programmpunkte der Gesamtinitiative ufzähle, weil sie noch nicht genannt worden sind. Die nf Programmpunkte „Jugendmigrationsdienste“ und ie Programme „Stärken vor Ort“, „Aktiv in der Reion“, „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ und die Kompetenzagenturen“ sind Inhalt der Gesamtinitiative Jugend stärken“. Sie haben exzellente Arbeit geleistet, enn man das so sagen darf. Sie sind bei den Jugendli hen angekommen. Das wird überall bestätigt. Deshalb nd weil es uns allen ein Anliegen ist, setzen wir dieses rogramm fort. Die Behauptung, wir würden die Segel streichen und as Handtuch werfen, ist also nicht wahr. Das tun wir icht. Wir wollen vielmehr das Programm fortsetzen. ir wollen allerdings die Länder auffordern, sich stärker u beteiligen, als es bislang der Fall gewesen ist. Im Übrigen haben wir eine sehr große Leistung für ie Jugendlichen erbracht. Das ist nicht nur eine Leisng der Bundesregierung, sondern auch der deutschen irtschaft. Wir sind das Land mit der geringsten Ju endarbeitslosenquote in ganz Europa. as darf man einmal laut sagen. Das ist immer noch das este Programm, das wir den Jugendlichen bieten könen, nämlich einen Arbeitsplatz. Daran müssen wir weiterarbeiten. Wir werden nicht lle Jugendlichen unterbringen können; das ist ausgechlossen. Das kann der Staat auch nicht leisten. Aber ie Wirtschaft sowie eine vernünftige Wirtschaftsund inanzpolitik haben dafür gesorgt, dass wir uns in der ehr guten Situation befinden, die ich eben beschrieben abe. Es kommt nun darauf an, das fortzusetzen. Das ängt nicht allein von uns ab, sondern auch von den Länern, in die wir exportieren. Unsere Wirtschaft ist chließlich nicht auf unseren Binnenmarkt beschränkt, ondern ist weit verzweigt. Wir haben eine hohe Exportuote. Es kommt also darauf an, dass unsere Wirtschaft eiterhin floriert. Das ist der wichtigste Programmpunkt Sinne der Stärkung der Jugendlichen. Danke schön. )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715226800

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend auf Drucksache 17/8329. Der Aus-
schuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
empfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der
SPD auf Drucksache 17/6103 mit dem Titel „Pro-
gramme ‚Schulverweigerung – Die 2. Chance‘ und
‚Kompetenzagenturen‘ erhalten“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Oppositionsfraktionen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck-
sache 17/6393 mit dem Titel „Hände weg von der Initia-
tive ‚Jugend stärken‘“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenom-
men mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei
Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und von Bünd-
nis 90/Die Grünen sowie Enthaltung der SPD-Fraktion.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 a bis c auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung personenbeförderungsrechtlicher Vor-
schriften

– Drucksache 17/8233 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Sören
Bartol, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, weite-
ren Abgeordneten und der Fraktion der SPD
sowie den Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter,
Stephan Kühn, Dr. Valerie Wilms, weiteren Ab-
geordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Änderung personenbeförderungs- und
mautrechtlicher Vorschriften
– Drucksache 17/7046 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine
Leidig, Thomas Lutze, Dr. Dietmar Bartsch, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Keine Liberalisierung des Buslinienfernver-
kehrs – Für einen Ausbau des Schienenver-
kehrs in der Fläche

– Drucksache 17/7487 –

A
d
s

n
S

B

E
m
m
a
ru
M

v
G
V
n
A
m
Z
w
d
s
ra
L
k

e
g
S
g
ti
d
c
fe
d
F
D
w
F
g
H
V
e
k

s

(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wierspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so bechlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Andreas cheuer das Wort für die Bundesregierung. D Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! in kleiner Gruß an die Jugendpolitiker. Das Bundesinisterium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung acht mit dem Gesetz, dessen Entwurf vorliegt, auch ktive Jugendpolitik; denn ich glaube, die Liberalisieng der Fernbuslinien erhöht die Mobilität der jungen enschen in Deutschland. (Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das glauben Sie selber nicht, Herr Scheuer!)

Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1715226900

Wir befassen uns heute in erster Beratung mit dem
on der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines
esetzes zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher
orschriften und einem Alternativentwurf der Fraktio-
en von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie einem
ntrag der Fraktion Die Linke, der zumindest teilweise
it den beiden Gesetzentwürfen zusammenhängt. Die
iele des Regierungsentwurfs sind klar umrissen. Wir
ollen erstens das Personenbeförderungsgesetz und an-
ere Gesetze an den europäischen Rechtsrahmen anpas-
en. Wir wollen zweitens den Fernbuslinienverkehr libe-
lisieren. Wir wollen drittens das Verfahren für
iniengenehmigungen im öffentlichen Personennahver-
ehr ausgestalten.

Beim ersten Thema befinden wir uns in Verzug. Die
uropäische Verordnung Nr. 1370/2007, um die es hier
eht, ist bereits am 3. Dezember 2009 in Kraft getreten.
ie enthält – Gott sei Dank – einige Übergangsregelun-
en, die es gerade noch erlauben, die Anpassung der na-
onalen Vorschriften für einige Zeit zurückzustellen. In
er europäischen Verordnung wird festgelegt, unter wel-
hen Voraussetzungen Verkehrsunternehmen Finanzhil-
n gewährt werden dürfen. Die Verordnung enthält zu-

em Vorgaben für das Vergabeverfahren und regelt die
älle, in denen Verkehrsleistungen direkt, das heißt ohne
urchführung einer Ausschreibung oder eines anderen
ettbewerblichen Verfahrens, vergeben werden dürfen.
erner wird vorgeschrieben, wie die Ausgleichszahlun-
en im Falle einer Direktvergabe zu berechnen sind.
iermit soll verhindert werden, dass die beauftragten
erkehrsunternehmer ungerechtfertigt hohe Zahlungen
rhalten und damit der Wettbewerb zwischen den Ver-
ehrsunternehmen verzerrt wird.

Die Auswirkungen der europäischen Verordnung be-
chränken sich in Deutschland faktisch auf den öffent-





Parl. Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer


(A) )


)(B)

lichen Personennahverkehr. Der Personenfernverkehr
auf der Straße und der Schiene wird grundsätzlich ohne
öffentliche Förderung durchgeführt.

Die Grundpositionen des Regierungsvorschlags las-
sen sich wie folgt zusammenfassen: Wir sehen keine
Notwendigkeit für radikale Veränderungen des gelten-
den Ordnungsrahmens. Das Personenbeförderungsge-
setz soll nur dort angepasst werden, wo es europarecht-
lich erforderlich und sachgerecht ist. Es ist auch Vorgabe
des christlich-liberalen Koalitionsvertrages, dies eins zu
eins umzusetzen. Hierbei wollen wir an dem Vorrang
eigenwirtschaftlicher Verkehre festhalten, den unterneh-
merischen Wettbewerb fördern und ein möglichst mittel-
standsfreundliches Umfeld schaffen. Wir sagen auch
sehr herzlich Danke für die gute Zusammenarbeit mit
den Verbänden und den Unternehmen, die uns aus der
Praxis sehr viele Anregungen gegeben haben, um die
mittelstandsfreundlichen Strukturen, wie wir sie in
Deutschland haben, auch politisch zu unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Aufgabenträger haben nach dem Regionalisie-
rungsgesetz die Aufgabe, einen ÖPNV in angemessener
Qualität sicherzustellen. Dieser Verantwortung müssen
sie auch weiterhin gerecht werden. Interessenkonflikte
können vor allem im Verhältnis zwischen Aufgabenträ-
ger und Verkehrsunternehmen auftreten. Es soll dabei
bleiben, dass die Genehmigungsbehörde als Schiedsrich-
ter fungiert.

Der Regierungsentwurf wird in großen Teilen vom
Bundesrat unterstützt. Es gibt allerdings auch einige ab-
weichende Vorstellungen. So zielen mehrere Änderungs-
vorschläge darauf ab, die Befugnisse der Aufgabenträger
zulasten der Genehmigungsbehörde zu erweitern. Wir
stehen diesen Vorschlägen eher kritisch gegenüber, weil
sie sich gerade für die mittelständischen Busunterneh-
mer nachteilig auswirken könnten. Aber es gibt sicher
auch einige Punkte, über die wir diskutieren können.

Zur Ausdehnung der Fahrgastrechte. Die Verordnung
181/2011 über die Fahrgastrechte im Kraftomnibusver-
kehr enthält bereits einen verbindlichen Pflichtenkatalog
für die Unternehmer. Da diese Verordnung erst am
1. März 2013 in Kraft tritt, sollten mögliche Erweiterun-
gen sorgfältig geprüft und in einem eigenen Gesetzge-
bungsverfahren entschieden werden. Nicht zufrieden-
stellend vorbereitet sind ferner die Änderungsvorschläge,
mit denen eine vollständige Barrierefreiheit erreicht wer-
den soll. Da muss man auch einmal auf die Kostenseite
schauen. Ich denke, dass das unausgegoren und aus un-
serer Sicht nicht zufriedenstellend ist.

Der zweite Schwerpunkt des Regierungsentwurfs be-
fasst sich mit der Liberalisierung des Fernbuslinienver-
kehrs. Nach der derzeitigen Gesetzeslage kann ein fahr-
planmäßiger Busverkehr nicht genehmigt werden, wenn
eine parallele Eisenbahnverbindung vorhanden ist; das
ist das sogenannte Verbot der Doppelbedienung. Diese
Regelung ist in der jüngeren Rechtsprechung zwar schon
erheblich aufgeweicht worden; wir möchten jedoch
Klarheit schaffen und im Gesetz eine eindeutige Rege-
lung treffen.

G
B
K
w
ic
fr
c
g
im
U
u
fr
u

g
k
ü
li
Z
Z
B
D
w
w
Ic

F

K
is
s
U
u
1
A
T
la
F
H
g
li
R

R
V
lu
W

(C (D Für die Liberalisierung der Fernbuslinien gibt es gute ründe. Ich freue mich auch, dass die DB AG hier in erlin immer wieder mit Fernbuslinien zu sehen ist. Die ritik vonseiten der Bahnbetreiber, dass es hier Wettbeerbsverzerrungen oder Parallelbedienungen gibt, kann h nicht nachvollziehen. Ich glaube, dass wir die Wahleiheit für die Bürgerinnen und Bürger, für die Verbrauherinnen und Verbraucher erweitern sollten – mit einem uten Angebot von Fernbuslinien. Eine Tradition, die es Übrigen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen nion schon lange gibt, sollten wir jetzt übernehmen nd den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein klimaeundliches und gutes Angebot bei den Fernbuslinien nterbreiten. Ich möchte Sie sehr herzlich dazu einladen, dass wir emeinsam darum kämpfen, eine Regelung hinzubeommen, es vor allem auch zu schaffen, die Themen, die ber Änderungsanträge hier eingebracht werden, sachch zu diskutieren. Ich weiß, dieses Thema ist über die eit emotional aufgeladen worden. Wir sind auch in eitdruck. Deswegen möchte ich die Bitte äußern, die eratung über den Gesetzentwurf konstruktiv zu führen. ie Verkehrswirtschaft erwartet, dass der Gesetzenturf, über dessen Inhalte schon jahrelang gestritten ird, vom Gesetzgeber jetzt endlich beschlossen wird. h freue mich auf die Debatte. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Martin Burkert [SPD]: Schauen wir mal, wie lang die Freude währt!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715227000

Das Wort hat der Kollege Sören Bartol von der SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Sören Bartol (SPD):
Rede ID: ID1715227100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Neuordnung des ÖPNV-Rechtsrahmens
t eine schier unendliche Geschichte, die sich inzwi-

chen über Jahrzehnte hinzieht, Jahrzehnte rechtlicher
nsicherheit für Verkehrsunternehmen, Verwaltungen
nd politisch Verantwortliche. Die EU-Verordnung
191/69 wurde zum Synonym für ein Gezerre um die
uslegung von Gerichtsurteilen, das mit dem Altmark-
rans-Urteil des Europäischen Gerichtshofes 2003 noch
nge nicht vorbei war. Im Kern ging es dabei um die
rage, unter welchen Voraussetzungen die öffentliche
and Nahverkehrsleistungen finanzieren darf, ohne ge-
en Beihilferecht zu verstoßen – ein schwer zugäng-
ches Expertenthema. Die Akten dazu füllen viele
egalmeter.

Ein Meilenstein auf dem Weg zu einem neuen ÖPNV-
echtsrahmen war die Verabschiedung der neuen EU-
erordnung 1370 im Jahr 2007 – ein großer Verhand-
ngserfolg für den damaligen Verkehrsminister
olfgang Tiefensee, dem es gelang, einen EU-verord-





Sören Bartol


(A) )


)(B)

neten Ausschreibungswettbewerb im ÖPNV zu verhin-
dern.

Seit inzwischen zwei Jahren ist die EU-Verordnung in
Deutschland geltendes Recht. Die notwendigen Anpas-
sungen und Personenbeförderungsgesetze jedoch stehen
immer noch aus. Insofern bin ich sehr froh, dass heute
endlich das parlamentarische Verfahren beginnt. Die
Vorschläge liegen auf dem Tisch. Wir, SPD und Grüne,
haben gemeinsam mit unseren Ländern einen Gesetzent-
wurf erarbeitet, der das öffentliche Interesse an einem
qualitativ hochwertigen, für alle zugänglichen Verkehrs-
angebot aus einem Guss in den Mittelpunkt stellt. Wir
gehen dabei von dem Grundsatz aus, dass öffentlicher
Nahverkehr eine Aufgabe der Daseinsvorsorge ist, für
die die Kommunen Verantwortung tragen. Sie müssen
deshalb diejenigen sein, die definieren können – in Ab-
stimmung mit den Verkehrsunternehmen, Vertretern von
Fahrgästen oder zum Beispiel auch Behindertenvertre-
tern –, wie ein solches Verkehrsangebot aussehen soll;
ein Rahmen – das sage ich ausdrücklich –, der für eigene
kommunale Unternehmen ebenso gelten muss wie für
die privaten. Der Regierungsentwurf hingegen gibt mit
dem Vorrang kommerzieller Verkehre keine Gewähr da-
für, dass Standards für Qualität, Takt und Bedienung in
aufkommensschwachen Zeiten eingehalten werden.

Ihr Entwurf, meine Damen und Herren von den
Regierungsfraktionen, hat noch weitere Schwächen: We-
der die in der Verordnung vorgesehene Möglichkeit der
Direktvergabe an eigene Unternehmen wird rechtssicher
umgesetzt, noch die Möglichkeiten des EU-Rechts, bei
öffentlich finanzierten Verkehrsangeboten Tarif- und
Sozialstandards vorzugeben. Ihr Entwurf bleibt auch
hinter dem Kompromiss zurück, auf den sich der Bund-
Länder-Fachausschuss „Straßenpersonenverkehr“ be-
reits vor mehr als einem Jahr geeinigt hatte. Kein Wun-
der, dass der Bundesrat mehrheitlich in vielen Punkten
anderer – nämlich unserer – Auffassung war. Schade,
dass die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung kei-
nen unserer Vorschläge wirklich aufgreift, angefangen
bei verbindlicherer Barrierefreiheit bis hin zu mehr Ge-
staltungsspielraum der Länder bei alternativen Bedien-
formen.

Ich setze jetzt auf mehr Bereitschaft aller Beteiligten,
im parlamentarischen Verfahren zu einer fachlich fun-
dierten Einigung zu kommen. Der Vermittlungsaus-
schuss oder eine Nulllösung, bei der wir einfach sagen:
„Wir haben es nicht gebacken bekommen und tun über-
haupt nichts“, mögen zwar als Drohkulisse taugen, im
Sinne der ÖPNV-Unternehmen und der dort Beschäftig-
ten, der kommunalen Auftraggeber und der Fahrgäste ist
dies aber nicht.


(Beifall bei der SPD)


Zum Schluss noch ein Wort zum Thema Fernbus-
linien. Ich sage ganz offen: Wir als SPD haben sehr
große Bedenken, dass eine Liberalisierung in diesem Be-
reich das System Schiene schwächt, dass Fernverkehrs-
verbindungen wegfallen und die öffentliche Hand zum
Ausfallbürgen auf unattraktiven Strecken und in Fahr-
planrandlagen wird.

h
e
s
h
v
ö
w
k

v

D
Ö
n
s
h
u
k
b
Ö

in
is
s
lu
d
e
K

D
s
g
u
b
w

tr
im
S
m

m
z
le
te
d

(C (D Andererseits – das möchte ich ebenfalls betonen – seen wir aber durchaus Chancen. Fernbuslinien können in ergänzendes und kostengünstiges Verkehrsangebot ein, und unser Vorschlag im Gesetzentwurf lautet desalb: Marktöffnung für Fernbuslinien ja, aber nur unter ernünftigen Bedingungen. Dazu zählt der Schutz von ffentlich finanzierten Nahverkehrsangeboten ebenso ie die Themen Barrierefreiheit und Kundenfreundlicheit bei Auskunft und Ticketvertrieb. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt Herr Kollege Werner Simmling on der FDP-Fraktion. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! eutschland braucht einen attraktiven und effizienten PNV. Busse und Bahnen befördern täglich 28 Millioen Fahrgäste. Er ist damit eine unverzichtbare Vorausetzung für Lebensqualität, Freiheit, Mobilität und Teilabe. Hochqualitativer ÖPNV ist ein Standortfaktor für nsere Volkswirtschaft; denn er ermöglicht hohe Verehrsdichten auf engem Raum. Auch der Tourismus, insesondere der Städtetourismus, ist auf einen attraktiven PNV angewiesen. Hunderttausende Arbeitsplätze sind mit dem ÖPNV Deutschland und seiner Industrie verbunden, und er t ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz; denn er chafft die Voraussetzungen dafür, vor allem in Balngsräumen den motorisierten Individualverkehr zu re uzieren. Ein leistungsfähiger ÖPNV ist deshalb für uns in wichtiges politisches Ziel. Das haben wir bereits im oalitionsvertrag ausdrücklich betont. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715227200

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Werner Simmling (FDP):
Rede ID: ID1715227300

er Regierungsentwurf zum Personenbeförderungsge-
etz setzt aus unserer Sicht in gelungener Weise die Vor-
aben aus dem Koalitionsvertrag um. Wir orientieren
ns dabei am Leitbild eines unternehmerisch und wett-
ewerblich ausgerichteten ÖPNV; denn nur so können
ir die für uns wichtigen vier Punkte erreichen.

Erstens. Wir wollen im Interesse der Kunden einen at-
aktiven ÖPNV. Zweitens. Wir wollen im Interesse der
ÖPNV handelnden Unternehmen faire, verlässliche

pielregeln und achten besonders auf die Beteiligung
ittelständischer Akteure.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Drittens. Wir haben – das unterscheidet uns von den
eisten anderen – auch die Interessen des unsichtbar

ahlenden Dritten im Auge, nämlich die des Steuerzah-
rs, der die Hälfte der Gesamtkosten des ÖPNV schul-
rt. Viertens. Auftraggeber bleiben selbstverständlich
ie Kommunen.





Werner Simmling


(A) )


)(B)

Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf wird durch
die Bundesregierung eine angemessene Rollenverteilung
von Markt und Staat beschrieben. Insbesondere wird der
Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre gestärkt. Wir se-
hen das als angemessenen Ausgleich für die Tatsache an,
dass nach Maßgabe des europäischen Rechts die Eigen-
wirtschaftlichkeit enger definiert wird als bisher.

Der Gesetzentwurf bringt auch die lange überfällige
Liberalisierung des Buslinienfernverkehrs mit sich. Wa-
rum überfällig? Bereits in den 70er-Jahren wurde auf eu-
ropäischer Ebene ein Prozess der Wettbewerbsöffnung
im Verkehrsmarkt eingeleitet. In Deutschland wurde die-
ser Prozess schrittweise und inzwischen weitgehend um-
gesetzt. Der Straßengüterverkehr ist, bis auf Reste des
Kabotageverbots, weitgehend dereguliert. Gleiches gilt
auch für den Luftverkehr. Diese Deregulierung betraf die
Öffnung des Wettbewerbszugangs und die Preisbildung.
Diese Entwicklung ist in Deutschland seit den 70er-Jah-
ren von allen Bundesregierungen mitgetragen und fort-
gesetzt worden. Die einzige Ausnahme findet sich eben
im Personenbeförderungsgesetz, in dem diese Verände-
rungen im Wesentlichen nicht nachvollzogen wurden.
Das gilt nicht nur, aber besonders für den Buslinienfern-
verkehr. Das Personenbeförderungsgesetz spiegelt dem-
zufolge im Bereich des Fernverkehrs nach wie vor die
ordnungspolitischen Vorstellungen der frühen 30er-Jahre
des vergangenen Jahrhunderts wider.

Bei überregionalem oder grenzüberschreitendem Li-
nienfernverkehr handelt es sich um eine ausschließlich
unternehmerische, eigenwirtschaftlich zu betreibende
Tätigkeit, die nicht bezuschusst wird und keinerlei ge-
meinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegt. Ein
Verbot solcher Verkehre zum Schutz insbesondere von
parallelen Eisenbahnverkehren ist in einer von Wettbe-
werb und freiem Unternehmertum geprägter Marktord-
nung ein systemwidriger Fremdkörper. Es gibt keinen
fachlich zu rechtfertigenden Grund, an den wettbewerbs-
beschränkenden Genehmigungsvoraussetzungen des Per-
sonenbeförderungsgesetzes festzuhalten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Einziger Grund wäre der Fernverkehr der Deutschen
Bahn. Das ist besonders misslich, weil sich im Fernver-
kehr noch kein Wettbewerb auf der Schiene entwickelt
hat.

Meine Damen und Herren, das derzeitige Personenbe-
förderungsgesetz bevormundet, wie gesagt, den Bürger,
weil ihm die Freiheit abgesprochen wird, das für ihn ge-
eignete Fernverkehrsangebot selber auszuwählen, und es
behindert unternehmerische Handlungsfreiheit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die FDP hat das seit langem kritisiert und im Bundestag
bereits in der letzten und in der vorletzten Legislaturpe-
riode entsprechende Anträge zur Liberalisierung des
Buslinienfernverkehrs eingebracht. Das wurde seinerzeit
von den damaligen Mehrheiten stets abgelehnt. Aber
diese Regierungskoalition hat es sich zum Ziel gesetzt,
dies gemeinsam mit Ihnen, meine Kollegen von der Op-

p
s
d

F

K
m
a
v
F
a
z
g
h

E
d
b
z

D
m

W
g
d

s
z
H
m
V
b
m
w
k
R
g
T
z
h

d
k
b
s

(C (D osition, zu ändern. Buslinienfernverkehr wird zugelasen und einem geordneten Wettbewerb zugeführt weren. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat die Kollegin Sabine Leidig von der raktion Die Linke. Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und ollegen! Wegen meiner knappen Redezeit will ich ich auf einen einzigen Punkt konzentrieren, nämlich uf die vollständige Liberalisierung des Buslinienfernerkehrs, mit der die Bundesregierung ganz offenbar ein DP-Steckenpferd reitet. Es geht nicht um die vielen gut usgelasteten Charterbusse, mit denen ältere Damen wie um Beispiel meine Mutter Urlaubsreisen oder kostenünstige Erlebnisreisen unternehmen. Dagegen ist überaupt nichts einzuwenden. (Zuruf von der CDU/CSU: Doch, auch die betrifft es!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715227400

(Beifall bei der LINKEN)

Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715227500

s geht auch nicht um Buslinien, die dort verkehren, wo
ie Bahn kein Angebot machen kann. Es geht um Linien-
usse im Fernverkehr, die Sie explizit als Konkurrenz
ur Bahn einführen wollen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das können Sie überhaupt nicht abgrenzen!)


ie Linke stellt sich eindeutig gegen einen solchen
arktradikalen Unsinn.


(Beifall bei der LINKEN)


arum? Weil über kurz oder lang dem Schienenverkehr
eschadet wird und weil die Qualität für die Reisenden
adurch insgesamt eher schlechter als besser wird.

Ein regelmäßiger Linienverkehr mit Bussen würde
ich überhaupt nur dort lohnen, wo ganz dicke Rosinen
u picken sind, also bei Städteverbindungen und auf
auptreisestrecken ohne Zwischenhalt und mit regel-
äßig hohen Fahrgastzahlen. Das hat uns übrigens der
erband der Omnibusunternehmer bestätigt. Die Omni-
usunternehmer sagen, dass das Risiko, einen regel-
äßigen Fahrplan anzubieten, überhaupt nur von ganz
enigen und ganz großen Playern gestemmt werden
ann und dass der Mittelstand Angst vor einer solchen
egelung hat. Die Omnibusunternehmer wissen nämlich
enau, dass dann die Autobahnmaut für Busse auf der
agesordnung stehen wird, damit Chancengleichheit
wischen Bahn und Bussen auch nur annäherungsweise
ergestellt werden kann.

Veolia ist zurzeit der einzige ernsthafte Interessent,
er einen solchen Fernverkehr anbieten will. Veolia
auft beispielsweise eine Armada nagelneuer Mercedes-
usse, fährt achtmal täglich ohne Zwischenhalt zum Bei-
piel von Leipzig nach Magdeburg und nimmt den knapp





Sabine Leidig


(A) )


)(B)

gefüllten Intercitys mit niedrigen Fahrpreisen die Fahr-
gäste ab, bis die Deutsche Bahn AG beschließt, die Ver-
bindung mit den Intercitys dort einzustellen. Damit wä-
ren dann auch Halle und Köthen von der Intercity-
verbindung abgehängt. Ein führender Bahnmanager hat
genau dies prognostiziert. Er sagte, das Busangebot
werde dazu führen, dass ohnehin schlecht gefüllte ICEs
und ICs noch unwirtschaftlicher werden und dass diese
Verbindungen infolge der neuen Konkurrenz ganz oder
teilweise abgeschafft werden könnten. Nachzulesen ist
dies in der Financial Times Deutschland vom 19. Mai
2011. Der nächste Schritt ist dann, dass Veolia die Preise
erhöht und den Fahrplan ausdünnt, weil sich diese Busli-
nien eigentlich nur in den Stoßzeiten rechnen.

Alles das ist überhaupt kein leeres Geschwätz. Ich
will an eine Extremvariante eines solchen Kurses erin-
nern: die Einführung der Greyhound-Überlandbusse in
den USA unter massivem Druck der Automobilkonzerne.
Sie waren maßgeblich für die Zerstörung eines einstmals
großen Eisenbahnnetzes verantwortlich. Man kann es in
einem Report nachlesen, der 1974 für den US-Senat ver-
fasst wurde und den ich sehr empfehle. Diese berühmte
Greyhound-Gesellschaft ist in den 1990er-Jahren pleite-
gegangen. Dies hatte zum Ergebnis, dass es jetzt in den
USA auch keine regelmäßigen Fernbusverbindungen
mehr gibt. Vor allen Dingen gibt es überhaupt kein flä-
chendeckendes Bahnangebot für die Menschen mehr.
Die Leute wurden de facto in die Autos und in die Flug-
zeuge gezwungen. Von wegen Wahlfreiheit! Davon ist
überhaupt nicht die Rede.

Auch wenn solche Zustände bei uns nicht vor der Tür
stehen, ist es doch absolut widersinnig, dass heutzutage
überhaupt noch in diese Richtung Politik gemacht wird.
Wir brauchen doch keinen Wettbewerbsdruck auf die
Bahn. Wir brauchen ein besseres Angebot auf der
Schiene.


(Beifall bei der LINKEN)


Dazu ist der Bund verpflichtet. Das Grundgesetz ver-
pflichtet den Bund dazu, ein Fernverkehrsangebot auf
der Schiene zu gewährleisten, das den Verkehrsbedürf-
nissen Rechnung trägt. Im Klartext: Dieser Bundestag
und diese Bundesregierung tragen die Verantwortung für
Bahnanbindungen, aber nicht für Busunternehmen. Hö-
ren Sie mit dem Liberalisierungsgeklapper auf und sor-
gen Sie dafür, dass alle Oberzentren eingebunden wer-
den, dass endlich mit dem Deutschlandtakt ernst
gemacht wird, dass es Bahnpreise gibt, die für alle er-
schwinglich sind, und dass die Bahn besser wird.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: Sollen wir jetzt selbst die Bahn fahren?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715227600

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Anton Hofreiter

vom Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715227700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der zentrale Punkt bei der Reform des PBefG
ist der Marktrahmen für den öffentlichen Personennah-

v
te

re
Z
e
E
a
z

D
d
n
E
w
s
g
la
la

is
k
b

u
Ü
d
M
k

D
d
d
im

n
d
W
b
s

W
e
z
is
d
k
d

z
fe
h
g
fi
u
ti

(C (D erkehr. Dies ist der zentrale Punkt, über den wir strein. Warum muss das PBefG reformiert werden? Es muss formiert werden, weil – jetzt folgen unverständliche ahlen – die 1370/2007 die 1191/69 ablöst. Die 1370 ist ine EU-Verordnung. Was ist eine EU-Verordnung? Eine U-Verordnung ist direkt geltendes Recht. Man kann lso sagen, dass man sie gar nicht in Bundesrecht umseten muss, weil sie direkt gilt. Warum ist es trotzdem klug, das PBefG anzupassen? ies ist klug, weil das PBefG in seiner jetzigen Form em direkt geltenden EU-Recht, also der EU-Verordung, entgegensteht. Wir haben also ein direkt geltendes U-Recht und ein geltendes Bundesrecht, die sich beide idersprechen. Das Ergebnis kennen alle, die sich inten iv mit Verkehrspolitik und Kommunalpolitik beschäftien: Rechtsunsicherheit, rechtliche Streitereien, ewig nge Vergabeverfahren und andere Verfahren, die sich nge hinziehen. Zum Teil gibt es Gerichtsprozesse, die nger dauern, als eine Linienkonzession gültig ist. Dies t ein großes Problem für die Kommunen, für die Verehrsunternehmen und selbstverständlich auch ein Prolem für die Fahrgäste. Nun gibt es zwei Gesetzentwürfe, die das Problem nterschiedlich zu lösen versuchen. Wir sind der festen berzeugung, dass unser Gesetzentwurf und insbesonere auch die Änderungsanträge, die im Bundesrat eine ehrheit gefunden haben, die EU-Verordnung nicht nur lüger, sondern auch weitaus rechtssicherer umsetzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


enn neben dem, was inhaltlich geschieht, ist entschei-
end, dass uns eine rechtsfeste Umsetzung gelingt und
ass wir nicht weiter die Rechtsunsicherheit haben, die

Moment vorhanden ist.

Bei der Umsetzung sind neben der Rechtssicherheit
och einige andere Dinge von ganz entscheidender Be-
eutung. Wir sollten uns auf Folgendes verständigen:
enn der Aufgabenträger – bei uns ist es die Kommune –

ereit ist, Geld, Interesse und Mühe zu investieren, dann
ollte er dies auch tun können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


o öffentliches Geld fließt, muss die öffentliche Hand
ntsprechend entscheiden können. Das ist einer der ganz
entralen Punkte bei der Umsetzung. In unseren Augen
t es in der 1370 rechtsfest umgesetzt worden. Wir sind
er Meinung, es muss im deutschen Bundesrecht nun
lug vollzogen werden. Aber dies ist in dem Entwurf,
en das Ministerium vorgelegt hat, nicht zu erkennen.

Ich glaube daher, dass wir schnellstens über einige
entrale Punkte verhandeln müssen, sodass es, wenn öf-
ntliches Geld fließt und ein öffentliches Interesse vor-

anden ist, Rechtssicherheit in Bezug auf Entscheidun-
en gibt. Wir müssen gemeinsam eine kluge Linie
nden. Das Vorhaben darf nicht irgendwie verhungern,
nd wir dürfen nicht weiter mit einer Situation konfron-
ert sein, die durch zwei konkurrierende Rechtssysteme,





Dr. Anton Hofreiter


(A) )


)(B)

was für die Kommunen und Fahrgäste von Nachteil ist,
geprägt ist. Ich glaube, wir alle gemeinsam sollten ein
großes Interesse daran haben, hier für Rechtssicherheit
zu sorgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Eine letzte Bemerkung zum Fernlinienbusverkehr;
manche haben sehr viel Redezeit darauf verwendet. Wir
haben da eine sinnvolle Regelung gefunden, nämlich
eine Freigabe in einem angemessenen Marktrahmen. Ich
bin der festen Überzeugung, dass es sozial ist, dies zu
tun; denn man sollte auch den Menschen, die nur über
ein geringes Einkommen verfügen, die Möglichkeit er-
öffnen, sich umweltfreundlich und sicher von A nach B
fortzubewegen.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Mit einem Sozialticket für die Bahn! Das wäre richtig!)


Es ist schlichtweg so, dass der Bus ein umweltfreundli-
ches Verkehrsmittel ist; das wissen wir alle.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Aber nur, wenn er voll besetzt ist!)


Wir wissen auch, dass der Bus ein kostengünstiges Ver-
kehrsmittel sein kann. Wenn Sie sich mit unternehmeri-
schem Denken beschäftigen würden, dann wäre Ihnen
bewusst, dass ein Unternehmen, das keine Zuschüsse er-
hält, natürlich keine leeren Busse herumfahren lässt.
Deshalb war Ihr Zwischenruf etwas schräg.

Meine Bitte an uns alle ist: Lasst uns vernünftig ver-
handeln, damit wir ein kluges und rechtssicheres Gesetz
bekommen. Der Bundesrat hat da wertvolle Hinweise
gegeben.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715227800

Das Wort hat jetzt der Kollege Volkmar Vogel von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1715227900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

sind uns in einem einig: Qualität, Zuverlässigkeit und Si-
cherheit des ÖPNV in Deutschland können sich europa-
weit, wenn nicht gar weltweit sehen lassen. Ich finde,
das funktioniert nur dank tüchtiger Mitarbeiter, dank
leistungsfähiger Unternehmen und natürlich auch dank
vorausschauender Kommunen. Es hat aber auch etwas
mit den Besonderheiten der Strukturen bei uns in
Deutschland zu tun. Wir haben beim ÖPNV die Pflicht
zur flächendeckenden Daseinsvorsorge, das heißt Bedie-
nung überall in den Städten ebenso wie im ländlichen
Raum. Wir haben kommunale und vor allen Dingen auch
mittelständische Unternehmen, besonders im Busbe-
reich, die in der Region verwurzelt sind und hohe Leis-
tungen erbringen.

1
te
m
g
N
w
2
g
R

d
g
m
s
ih
d
c
d
b
w
d

W
d
g
n
te

M
u
b
B
b

w
n
ü
k
re
d
is
E
p
A
d

k
s
b
G
A
m
s
fe

s

E

(C (D Es ist uns, so denke ich, gelungen, die EU-Richtlinie 370 mit diesem in der Bundesrepublik bewährten Sysm in Einklang zu bringen. Die EU-Richtlinie setzt aßgeblich das Beihilferecht um. Sie fordert die Be ründung, wenn Zuschüsse notwendig sind, und den achweis der Wirtschaftlichkeit möglichst im Wettbeerb. Die EU-Richtlinie 1370 gilt seit dem 3. Dezember 009 unmittelbar, erlaubt uns aber, ergänzende Regelunen zu treffen, insbesondere wenn es darum geht, die echtssicherheit in diesem Bereich zu verbessern. Die christlich-liberale Koalition hat die Novellierung es PBefG im Koalitionsvertrag vereinbart. Wir verfolen das Ziel, die regionale Verwurzelung der Unternehen zu stärken. Wir denken hier insbesondere daran, un ere mittelständischen Unternehmen zu stärken und nen gleiche Chancen am Markt zu gewähren. Auch eswegen halten wir den Vorrang der eigenwirtschaftlihen Verkehre für erforderlich, ebenso die Anpassung er Verfahrensvorschriften für den Genehmigungswettewerb, um hier mehr Rechtssicherheit herzustellen. Wir ollen nicht, dass die einen Rosinen picken und die aneren die Brosamen zusammenkehren müssen. ir wollen den regionalen Bezug durch die Möglichkeit er Direktvergabe erhalten, aber – auch das muss man anz klar sagen –: Wer „inhouse“ macht und daraus seien Vorteil zieht, kann nicht anderswo am Wettbewerb ilnehmen. Daseinsvorsorge heißt: Beförderungsleistungen, die der arkt nicht erbringt, muss der Aufgabenträger – sprich: nsere Kommunen und Landkreise – regeln. Dieser Satz irgt meiner Meinung nach viel Brisanz. Das zeigen zum eispiel die 16 Änderungsanträge des Bundesrates, die unt gefächert sind. Die Frage, vor der wir stehen, ist narlich: Wie kriegen wir hier Ordnung hinein? Die beährte Praxis der letzten Jahre hat gezeigt, dass aus meier Sicht – ich denke, darin stimmen wir weitgehend berein – der Nahverkehrsplan ein geeignetes Mittel sein ann, die Interessen der einzelnen Akteure zu koordinien. Wir sollten uns in den Fraktionen austauschen, wie er Nahverkehrsplan ausgestaltet sein könnte. Wichtig t aus der Sicht meiner Fraktion, dass die Akteure an der rarbeitung gleichberechtigt beteiligt sind und ein transarentes und vor allem diskriminierungsfreies Verfahren nwendung findet. Dazu ist die Mitwirkung der Bunesländer unerlässlich. Zwänge und Rechtsvorschriften der Aufgabenträger önnten so mit den berechtigten wirtschaftlichen Interesen der unterschiedlichen Unternehmen in Einklang geracht werden. Zur Sicherstellung von Transparenz und leichbehandlung – das ist übrigens auch im Sinne der ufgabenträger, damit sie gar nicht erst in Verruf komen – muss eine neutrale Genehmigungsbehörde ent cheiden und kontrollieren. Dies gilt übrigens auch, sorn erforderlich, bei den Fernbuslinien. Fernbusse sind – Toni Hofreiter hat es gesagt – eine ichere und ökologische Variante des Reisens, besonders r Jüngere und Ältere. Sie sind aus unserer Sicht eine rgänzung und keine direkte Konkurrenz zur Bahn. Alle Volkmar Vogel )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Bahnunternehmen betreiben auch Buslinien. Die 50-Ki-
lometer-Regelung, so wie im Entwurf der Bundesregie-
rung vorgesehen, wird die Aushöhlung des Nahverkehrs
eindämmen.

Eine Maut auf Fernbusse wollen wir nicht. Die Ent-
würfe der Oppositionsfraktionen lehnen wir ab. Der
Kostendeckungsgrad im Busverkehr ist deutlich höher
als der im Schienenfernverkehr. Ein bemauteter Fern-
linienverkehr träfe – das gilt ebenso für den Reise- und
Gelegenheitsverkehr – aus unserer Sicht die Menschen
mit schmalem Geldbeutel. Eine Befreiung der Busse im
Nahverkehr, so wie von Ihnen vorgesehen, würde ein
neues bürokratisches Monster erzeugen und ist aus unse-
rer Sicht kaum umsetzbar; denn die Verkehre sind nicht
abgrenzbar.

Ähnlich verhält es sich mit der Ausweitung der Fahr-
gastrechte und der Barrierefreiheit. Auch diese im Ent-
wurf vorgesehenen Regelungen sind problematisch. Sie
bedeuten aus unserer Sicht das vorzeitige Aus für Bus-
fernlinien. Außerdem zerschlagen sie die Hoffnung von
vielen jungen Leuten, Rucksacktouristen und Menschen
mit wenig Geld auf mehr Mobilität.


(Sören Bartol [SPD]: Was ist mit der UN-Konvention? – Florian Pronold [SPD]: Was ist mit den Menschen mit Behinderungen? – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit der Inklusion?)


Gerade zur Barrierefreiheit bedarf es weiterer Gesprä-
che. Wir können die Kosten, die auf die Aufgabenträger
und die Unternehmen zukommen, nicht außer Acht las-
sen. Ich möchte zudem daran erinnern, dass die Hilfsbe-
reitschaft der Menschen untereinander und die Hilfe, die
das Fahr- und das Servicepersonal vor Ort leisten kön-
nen, nicht außer Acht gelassen werden dürfen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zum
Ende kommen. Wir gehen mit der Novelle ins parlamen-
tarische Verfahren. Mit Blick auf einen gut funktionie-
renden ÖPNV in der Bundesrepublik Deutschland soll-
ten alle aufeinander zugehen, damit er am Ende noch
besser und effektiver wird. Das PBefG ist rechtlich kom-
pliziert; das wissen wir. Gesunder Menschenverstand
kann nicht schaden. Wenn wir alle ihn nutzen, bin ich
optimistisch, dass wir zu einer gemeinsamen Lösung
kommen werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. All den Kraft-
fahrern und Busfahrern draußen im Land wünsche ich
allzeit gute und unfallfreie Fahrt.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715228000

Als letzter Redner hat nun das Wort der Kollege

Martin Burkert von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


g
d
d
s

lu
s
R
ru

W
R

d
U
p
Ü
s
im

B
v
B
h
v
fe

n
w
a
te
G
m

h
n
F
v
d
u
Ih
re
d

K

(C (D Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle en! Die Liberalisierung des Fernreisebusverkehrs ist as Koalitionsprojekt der FDP, das wissen wir. Ob es in er Geschichte am Schluss verkehrspolitisch sinnvoll ein wird, das muss sich zeigen. Fakt ist aus unserer Sicht heute, dass wichtige Regengen für einen fairen Wettbewerb fehlen. Wir vermis en die Lohnund Sozialstandards, die überhaupt keine egelung in diesem Gesetzesentwurf der Bundesregieng finden. (Gustav Herzog [SPD]: Das hat die FDP noch nie interessiert!)

Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1715228100

ir vermissen auch Vorgaben, wie man die Lenk- und
uhezeiten überwachen will.

Sie geben mit Ihrem Gesetzesentwurf Billiganbietern
ie Möglichkeit, auf Kosten der Sicherheit zu fahren.
ns droht ein Preiskampf auf Kosten der Fahrgäste. Ich
rophezeie Ihnen: Nach der ersten Tragödie wegen
berschreitungen von Lenk- und Fahrzeiten oder Ver-

tößen gegen Ruhezeiten werden wir dieses Thema hier
Deutschen Bundestag wieder auf dem Tisch haben.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das gibt es heute auch!)


Wenn in Zukunft die Menschen vom Auto auf den
us umsteigen würden, dann gäbe es wenigstens einen
erkehrspolitisch sinnvollen Effekt. Ein Gutachten der
undesregierung zeigt jedoch auf, dass wir davon ausge-
en müssen, dass ein Umstieg in Höhe von 60 Prozent
on der Schiene auf den Busverkehr erfolgen wird. Inso-
rn halten wir das Ganze für durchaus problematisch.

Natürlich haben die Kunden mit neuen Fernbuslinien
eben günstigeren Preisen auch ein größeres Angebot,
ie sie von A nach B kommen. Wenn die Bahn dann

ber so manche Strecke stillgelegt hat, weil einige Rou-
n auf der Schiene nicht mehr ausgelastet sind, wird das
eschrei wieder groß sein. Dann gibt es plötzlich nicht
ehr eine größere, sondern eine geringere Auswahl.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ich sehe da über-
aupt kein Problem. Wenn man heute einen Fernbus
ehmen kann, der angemeldet ist von Freiburg über
riedrichshafen nach München, dann mag das eine sinn-
olle Ergänzung sein. Seit dieser Woche wissen wir aber,
ass es ein Angebot von Luxemburg nach Frankfurt gibt,
nd zwar parallel zur Schiene. Hier – das prophezeie ich
nen – wird die Schiene über kurz oder lang den Kürze-
n ziehen. Damit werden der ICE und der Intercity, die

ort heute noch verkehren, wegfallen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715228200

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Fischer?


Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1715228300

Gerne, selbstverständlich.






(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715228400

Bitte schön, Herr Fischer.


Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1715228500

Herr Kollege Burkert, bei Ihren Ausführungen haben

Sie wohl übersehen, dass die DB AG auf etlichen Stre-
cken den eigenen Schienenverkehr mit Busverkehr kon-
kurrenziert; die prominenteste Strecke ist Hamburg–Ber-
lin. Man kann dort relativ teuer auf der Schiene oder
relativ preiswert mit einem konkurrierenden Bahnbus
fahren. In diesem Bahnbus sitzen die Wähler, Freunde
und Freundinnen von Toni Hofreiter, die dort gerne
preiswert mit Rucksack und Turnschuh fahren,


(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


auch wenn die Fahrt etwas länger dauert. Ist Ihnen das
bekannt?


Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1715228600

Lieber Kollege Fischer, selbstverständlich ist mir be-

kannt, dass die Deutsche Bahn AG der größte Busanbie-
ter in Deutschland ist. Mir ist aber auch bekannt – das
dürfte auch Ihnen als Mitglied des Aufsichtsrats eines
Bahnbetriebs bekannt sein –, dass sich die Deutsche
Bahn AG nicht an diesem neuen Markt beteiligen wird,
keine neuen Busse anschaffen wird und keine neuen
Buslinien betreiben wird. Insofern freuen sich jetzt an-
dere. Sie sagen: Gott sei Dank, dass ein großer Player
nicht mehr am Markt ist. – Uns ist auch bekannt, dass
junge Menschen natürlich Busse nutzen werden, weil es
sich um preiswerte Mobilität handelt, wahrscheinlich
auch Senioren, weil sie genug Zeit haben, um einen Stau
zu verkraften; der Manager wird die Busse sicherlich
nicht nutzen. All das ist bekannt.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Darf ich eine Zusatzfrage stellen? – Zuruf von der SPD: Der Fischer fährt auch Bus!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715228700

Herr Fischer, wir sind kurz vor dem Ende. Bitte.


Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1715228800

Herr Kollege Burkert, ist Ihnen bekannt, dass die DB

AG gerade eine neue Fernbuslinie von München nach
Prag eingerichtet hat? Deswegen wundert mich Ihre
Aussage, dass sich die DB AG aus dem Markt zurück-
ziehen und keine neuen Linien einrichten möchte.


Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1715228900

Die Deutsche Bahn AG wird nach der jetzigen

Rechtslage keine neuen Linien innerhalb Deutschlands
einrichten. Wie Sie wissen, liegt Prag in Tschechien; da
dürfen wir Nachhilfe geben.


(Gisela Piltz [FDP]: Das heißt, der Bus fliegt dann bis zur Grenze? Ah!)


Im Übrigen fährt die Deutsche Bahn in 3 Stunden 45 Mi-
nuten von Nürnberg nach Prag; es gibt dort eine hervor-

ra
a
e
Ih

w
G
fo
fu
v
C
w
s
e
v
E
fi
la

A
m
O

h
U
G
s
d
M
z
m
w
k

A

d
in
s
F

b
b
s

(C (D gende Auslastung. Grenzüberschreitend wird sicherlich uch das Unternehmen Deutsche Bahn AG weiterhin den inen oder anderen Fernbus einsetzen; da stimme ich mit nen überein. (Zuruf von der SPD: Und der Kollege Fischer fährt auch Bus!)


Ich will in der restlichen Redezeit darauf hinweisen,
o wir große Probleme haben. Wir haben in unserem
esetzentwurf eine Maut in Höhe von 0,04 Cent einge-
rdert. Es wird immer gefragt: Wie soll man die Schaf-
ng von Barrierefreiheit finanzieren? Dazu könnten wir

iel sagen. In meiner Heimatstadt Nürnberg kommt der
SU-Referent zu mir und sagt: Herr Burkert, wie wollen
ir eigentlich einen Busbahnhof finanzieren, wenn

echs Linien nach Nürnberg angemeldet werden? – Mit
iner Maut von 0,04 Cent, die für alle in diesem Land zu
erkraften wäre – das sind für jeden Reisenden 1 bis 4
uro –, könnten wir die Infrastruktur für die Kommunen
nanzieren. Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Sie
ssen die Kommunen alleine im Regen stehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ber das werden Ihnen die bayerischen CSU-Bürger-
eister und -Oberbürgermeister sicherlich selber um die
hren hauen.

Wir fordern nach wie vor, dass wir uns in den Ver-
andlungen, auf die ich mich sehr freue, über die
N-Behindertenrechtskonvention unterhalten; denn das
esetz, das Sie vorgelegt haben, wird der Konvention

chlichtweg nicht gerecht. Darüber müssen wir noch re-
en. Ich sage es noch einmal: Der Zoll hat heute keine
öglichkeiten zur Überwachung der Lenk- und Ruhe-

eiten; auch die Polizei hat dafür kein Personal. Darüber
üssen wir reden, damit es wegen der fehlenden Über-
achung hoffentlich nicht zu einem schweren Unglück
ommt. Hier fehlt eine gesetzliche Regelung.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen
bend.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715229000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 17/8233, 17/7046 und 17/7487 an die
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-

chlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir haben jetzt noch einige Tagesordnungspunkte,
ei denen die Reden zu Protokoll gegeben werden. Ich
itte, trotzdem anwesend zu bleiben, damit wir die Ab-
timmungen durchführen können.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)






Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Dağdelen, Jan van Aken, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Keine Unterstützung für die völkerrechtswid-
rige Besatzungspolitik Marokkos in der West-
sahara

– Drucksachen 17/4271, 17/4932 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Jürgen Klimke
Günter Gloser
Marina Schuster
Sevim Dağdelen
Kerstin Müller (Köln)


Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. Da-
mit sind Sie sicher einverstanden. Das gilt auch für die
restlichen Tagesordnungspunkte. Bei diesem Tagesord-
nungspunkt handelt sich um die Reden der Kollegen
Jürgen Klimke, CDU/CSU, Dr. Wolfgang Götzer, CDU/
CSU, Günter Gloser, SPD, Marina Schuster, FDP, Heike
Hänsel, Die Linke, und Ute Koczy, Bündnis 90/Die Grü-
nen.1)

Wir kommen zur Abstimmung. Der Auswärtige Aus-
schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/4932, den Antrag der Fraktion Die Linke
auf Drucksache 17/4271 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist ange-
nommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der SPD-Fraktion bei Gegenstimmen der Linken und
Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Düngegesetzes, des Saatgut-
verkehrsgesetzes und des Lebensmittel- und
Futtermittelgesetzbuches

– Drucksache 17/7744 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz (10. Ausschuss)


– Drucksache 17/8205 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Alois Gerig
Elvira Drobinski-Weiß
Dr. Christel Happach-Kasan
Dr. Kirsten Tackmann
Friedrich Ostendorff

Wir nehmen die Reden der folgenden Kollegen zu
Protokoll: Franz-Josef Holzenkamp, CDU/CSU, Elvira
Drobinski-Weiß, SPD, Dr. Christel Happach-Kasan,
FDP, Dr. Kirsten Tackmann, Die Linke, Friedrich
Ostendorff, Bündnis 90/Die Grünen.

h
h
s
s
s
h
a
w

te
E
m
in
n
o
fe
D
d

A
s
v
s
g
d
s
M
z
li
m
te
d
g
m
w

g
tr
w
la
e
T
la
b

D
H
g
p
e
v
g
s
a
M

S
s1) Anlage 3

(C (D Die Landwirtschaft in Deutschland ist auf eine nach altige, ertragreiche und sichere Produktion qualitativ ochwertiger Lebensmittel und nachwachsender Rohtoffe ausgerichtet. Das Düngeund Saatgutverkehrsgeetz sowie das Lebensmittelund Futtermittelgesetzbuch etzen dafür wichtige Rahmenbedingungen. Mit dem eute zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf sollen n den genannten Gesetzen Änderungen vorgenommen erden. Zunächst zur Änderung des Düngegesetzes: Das gelnde Düngegesetz schreibt vor, dass Düngemittel der G-Düngemittelverordnung oder der deutschen Düngeittelverordnung entsprechen müssen. Düngemittel, die anderen EU-Mitgliedstaaten hergestellt wurden und icht im Einklang mit der EG-Düngemittelverordnung der der deutschen Düngemittelverordnung stehen, dürn nach dem Wortlaut des Düngemittelgesetzes in eutschland eigentlich nicht in Verkehr gebracht weren. Diese Gesetzeslage deckte sich lange Zeit mit der uffassung der EU-Kommission. 2009 änderte die Brüseler Behörde jedoch ihre Meinung. Die Kommission ertritt nun die Auffassung, dass beim innergemeinchaftlichen Verkehr mit Düngemitteln das Prinzip der egenseitigen Anerkennung gilt. Das Prinzip besagt, ass der Verkauf einer Ware, die in einem EU-Mitgliedtaat rechtmäßig hergestellt wurde, in einem anderen itgliedstaat nicht verboten werden darf. Dieses Prin ip wird auf Produkte angewendet, für die keine einheitche Regulierung in der EU besteht. Dies ist bei Düngeitteln der Fall; das Düngemittelrecht ist in der EU nur ilweise harmonisiert. Die Anwendung des Prinzips auf en Düngemittelmarkt bedeutet, dass in anderen Mitliedstaaten rechtmäßig in Verkehr gebrachte Düngeittel grundsätzlich auch in Deutschland angewendet erden dürfen. Mit dem Gesetzentwurf wird das Düngegesetz an das eltende Gemeinschaftsrecht angepasst und ein Veragsverletzungsverfahren vermieden. Das Düngegesetz ird dahin gehend geändert, dass künftig in Deutschnd alle Düngemittel angewendet werden dürfen, die in inem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in der ürkei sowie in den EWR-Mitgliedstaaten Norwegen, Isnd und Liechtenstein rechtmäßig in den Verkehr ge racht wurden. Diese Neuregelung darf keinesfalls dazu führen, dass üngemittel mit unerwünschten Nebenwirkungen in den andel gelangen. Alle auf dem Markt verfügbaren Dünemittel sollten im Rahmen der guten fachlichen Praxis roblemlos anwendbar sein. Deshalb sieht der Gesetzntwurf in einer weiteren Änderung des Düngegesetzes or, dass Düngemittel aus den genannten Staaten die leichen Anforderungen erfüllen müssen wie inländiche. Diese Regelung ist sinnvoll und notwendig, damit uch von importierten Düngemitteln keine Gefahren für ensch und Tier sowie für den Naturhaushalt ausgehen. Durch die Änderungen am Düngegesetz behält der chutz von Mensch und Tier sowie des Naturhaushalts einen hohen Stellenwert im deutschen Düngerecht. Der )

Franz-Josef Holzenkamp (CDU):
Rede ID: ID1715229100

(A) )

Bundesrat hat in einer Stellungnahme zum Gesetzent-
wurf vorgeschlagen, dass neben dem Schutz von Mensch
und Tier sowie des Naturhaushalts auch das Schutzziel
„Fruchtbarkeit des Bodens“ im Düngegesetz verankert
werden sollte. Gegen eine derartige Ergänzung spricht,
dass sie wahrscheinlich nicht von der EU-Kommission
akzeptiert und ein Vertragsverletzungsverfahren nach
sich ziehen würde. Ich halte den Vorschlag des Bundes-
rates für verzichtbar, weil der ausdrücklich im Gesetz
verankerte Schutz des Naturhaushalts die Erhaltung der
Bodenfruchtbarkeit mit einschließt.

Des Weiteren sollen mit dem Gesetzentwurf Änderun-
gen am Saatgutverkehrsgesetz vorgenommen werden.
Das Saatgutverkehrsgesetz ermächtigt das Bundes-
ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz, in einer Rechtsverordnung spezielle An-
forderungen für Saatgut festzulegen, das zur Erhaltung
und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressour-
cen bestimmt ist. Diese Ermächtigungsgrundlage wird
nun genauer gefasst: Durch Rechtsverordnung sollen für
diese sogenannten Erhaltungssorten auch Regelungen
zur regionalen Herkunft des Saatgutes, zu Saatgutmen-
gen und zu Aufzeichnungspflichten für Saatguterzeuger
getroffen werden können. Diese Neuregelung ist richtig,
weil sie der Umsetzung von EU-Richtlinien dient und die
rechtlichen Grundlagen in einem Regelungsbereich prä-
zisiert, der für den Erhalt der biologischen Vielfalt bei
Nutzpflanzen von großer Bedeutung ist.

Neben dem Dünge- und dem Saatgutverkehrsgesetz
sieht der Gesetzentwurf auch Änderungen am Lebens-
mittel- und Futtermittelgesetzbuch vor. So werden be-
stimmte im Gesetz verwendete Begriffe an Begriffe in
den zugrunde liegenden EU-Verordnungen angepasst.
Außerdem wird der fahrlässige Verstoß gegen die
EG-Verordnung über Aromen und bestimmte Lebensmit-
telzutaten mit Aromaeigenschaften unter Strafe gestellt;
bisher war Fahrlässigkeit in diesem Bereich nicht straf-
bar. Diese Änderungen sind ebenfalls richtig, weil sie
der Rechtsklarheit und der Lebensmittelsicherheit die-
nen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit dem Ge-
setzentwurf das Dünge- und das Saatgutverkehrsgesetz
sowie das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch auf
sinnvolle und notwendige Weise präzisiert und an EU-
Recht angepasst werden. Ich bitte Sie deshalb um Zu-
stimmung.


Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1715229200

In der heutigen Debatte beraten wir über die Ände-

rung von drei Gesetzen: des Düngegesetzes, des Saat-
gutverkehrsgesetzes und des Lebens- und Futtermittel-
gesetzbuches.

Ich möchte an dieser Stelle nicht infrage stellen, ob
nicht bereits 2009, als das derzeit gültige Düngegesetz
beschlossen und veröffentlicht wurde, die Bundesregie-
rung diesen Mangel im Gesetz schon hätte erkennen
können. Die Rechtsauffassung der Europäischen Kom-
mission zwingt uns jetzt, das Düngegesetz nachzubes-
sern. Zukünftig dürfen nicht nur Düngemittel angewandt
werden, wenn sie einem durch die EG-Düngemittelver-

o
V
e
te
d
F
E

s
A
E
s
e
te
K
d
K
d
S
n
m
u

b
A

u

g
D
d
tu
s
m
G

s
e
m
c
D
d
z
u
S
d

G
D
a
d
w
S
s
fa
d
d
Zu Protokoll ge

(C (D rdnung zugelassenen Typ oder den Anforderungen der erordnung des Inverkehrbringens von Düngemitteln ntsprechen. Nein, zukünftig dürfen auch alle Düngemitl verkauft werden, die in Staaten zugelassen sind, die em Abkommen über die Gründung der europäischen reihandelsassoziation und dem Abkommen über den uropäischen Wirtschaftsraum angehören. Auch Art. 2 – die Änderung des Saatgutverkehrsgeetzes – ist erforderlich, da EU-Richtlinien konkretere nforderungen an das Inverkehrbringen von Saatgut zur rhaltung und Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen tellen. Wir unterstützen die Nachfrage nach regional rzeugten Lebensmitteln, da sie unter anderem die Exisnz von kleinbäuerlichen Betrieben sichern und unsere ulturlandschaft schützen können. Doch wie überall – ie Einhaltung der Vorschriften ist nur so gut wie ihre ontrolle. Frau Bundesministerin Aigner, nehmen Sie ie Vorschläge des Bundesrechnungshofes auf, stärken ie sowohl auf europäischer Ebene als auch auf natioaler Ebene die Kontrollen, und vor allem: Arbeiten Sie it an Strategien für Kampagnen, um unsere Regionen nd deren Produkte bekannt zu machen! Die Anpassungen im Lebensund Futtermittelgesetzuch hinsichtlich der Strafbewehrung unterstützen wir. ber auch hier muss ich mich fragen, warum der „fahrssige Verstoß“ nicht längst Teil der Straftatbestände nd damit strafbewehrt ist. Der vorliegende Gesetzentwurf schafft im Dünge esetz Regelungen für einen freien Warenverkehr von üngemitteln in der Europäischen Union, er präzisiert ie Dokumentationsvorschriften für Saatgut von Erhalngssorten im Saatgutgesetz und regelt den Straftatbe tand des fahrlässigen Verstoßes im Lebensund Futterittelgesetzbuch. Die einzelnen Änderungen in den esetzen möchte ich kurz erläutern. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung zwichen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union rstreckt sich auch auf den Warenverkehr mit Düngeitteln. Die Europäische Kommission hat eine entspre hende Änderung der rechtlichen Regelungen in eutschland angemahnt. Aus diesem Grund verabschieen wir heute das Gesetz zur Änderung des Düngegesetes, des Saatgutverkehrsgesetzes und des Lebensmittelnd Futtermittelgesetzbuches. Dies ist ein weiterer chritt beim Bürokratieabbau und zur Harmonisierung es europäischen Marktes in diesem Bereich. Dieser Gesetzentwurf schafft nicht nur die rechtliche rundlage für die grundsätzliche Verkehrsfähigkeit von üngemitteln aus anderen Mitgliedstaaten, sondern ist uch im Hinblick auf den Umweltschutz gut für eine moerne Landwirtschaft in Europa. Denn der Gesetzenturf sichert die Wahrung unseres bestehenden hohen chutzniveaus. Auch Düngemittel aus anderen Mitgliedtaaten müssen den Anforderungen zum Schutz vor Gehren für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder en Naturhaushalt genügen. Die FDP begrüßt, dass urch diese Harmonisierung die Auswahl an Düngemit Franz-Josef Holzenkamp gebene Reden )

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1715229300




(A) )

teln breiter wird, ohne unsere hohen Qualitätsanforde-
rungen zu verwässern.

Des Weiteren wird der im Saatgutverkehrsgesetz ent-
haltene Ermächtigungserlass für spezielle Anforderun-
gen an das Inverkehrbringen von Saatgut, das zur Er-
haltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer
Ressourcen bestimmt ist, präzisiert. Dies geschieht ge-
mäß den Vorgaben der seit dem Jahr 2008 in Kraft getre-
tenen einschlägigen Richtlinien der EU-Kommission.
Diese sehen für das Inverkehrbringen von Saatgut von
Erhaltungssorten landwirtschaftlicher Pflanzenarten
und Gemüsearten sowie von Erhaltungssaatgutmischun-
gen unter anderem Vorgaben zur regionalen Herkunft
des Saatgutes, zu Saatgutmengen und spezielle Auf-
zeichnungspflichten für Saatguterzeuger vor. Durch
diese Regelungen wird Klarheit darüber geschaffen, wo
genau Saatgut herkommt. Das ist für den Erhalt pflan-
zengenetischer Ressourcen nicht unbedeutend, da wir in
Europa eine Vielfalt von regionalen Sorten haben. Eine
genaue Herkunftsdokumentation trägt hier auch zum Er-
halt der Biodiversität von Nutzpflanzen bei.

Schließlich wird mit dem Gesetzentwurf ein weiterer
Punkt des Aktionsplanes „Unbedenkliche Futtermittel,
sichere Lebensmittel, Transparenz für den Verbraucher“
umgesetzt. Der fahrlässige Verstoß gegen die in § 58
Abs. 2 a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches
geregelten Straftatbestände wird nun strafbewehrt und
sorgt somit für mehr Sorgfalt bei der Herstellung von
Lebens- und Futtermitteln.

Zum Schluss wird im Gesetz noch eine der Strafbe-
wehrungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetz-
buches in ihrem Wortlaut an die Begrifflichkeiten des
Gemeinschaftsrechts angepasst.


Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715229400

Eigentlich ist dieser Gesetzentwurf nicht der Rede

wert. Es handelt sich um Änderungen an drei nationalen
Gesetzen, welche auf den neuesten Stand gebracht wer-
den müssen. Aktualisierungen ergeben sich aus dem
EU-Recht. Also eigentlich kein Problem, sollte man mei-
nen. Das sieht die Bundestagsfraktion Die Linke aber
nicht so. Auch der Bundesrat übte Kritik am Vorgehen
der Bundesregierung.

Diese Kritik hat meine Fraktion aufgegriffen und im
Agrarausschuss des Bundestages am 14. Dezember des
vergangenen Jahres einen Änderungsantrag gestellt

(Ausschussdrucksache 17 Beschreibung der Schutzgüter des Düngegesetzes erweitert bzw. konkretisiert wird. Uns fehlte – wie dem Bundesrat auch – der Bodenschutz. Denn der Boden ist die wichtigste Grundlage der Agrarproduktion. Ohne fruchtbaren Boden keine Landwirtschaft, ohne Landwirtschaft keine Nahrungsund weniger Energieproduktion. Darum müssen wir alles dafür tun, dass die Bodenfruchtbarkeit erhalten bleibt oder wieder verbessert wird, zum Beispiel durch aufeinander abgestimmte Fruchtfolgen, die diese Bezeichnung auch verdienen, also mehr sind als der Wechsel einer Ackerkultur, oder durch bodenschonende Bearbeitung und geschlossene Nährstoffkreisläufe. Wer Mais auf Mais anbaut, bei starkem Gefälle p B B g v v v g a r g K M g d c d e N B s re e in d g d F o a s d A h W le b je g N R s g T a n d r s d d tu s Zu Protokoll ge (C (D flügt oder nur auf Kunstdünger setzt, zerstört unsere öden und damit die Produktionsgrundlage der Zukunft. Der konkrete Schutz des Bodens gewinnt weiter an edeutung. Darum hat die Linke beantragt, das Schutzut „Bodenfruchtbarkeit“ im Rahmen der aktuellen Noellierung des Düngegesetzes in diesem ausdrücklich zu erankern. Die Änderung bezieht sich auf den Import on Düngemitteln nach Deutschland, für die wir die leichen Bedingungen festschreiben wollen, die für alle nderen Düngemittel auch gelten: „Neben der Anfordeung, dass im Rahmen des Inverkehrbringens von Dünemitteln, Bodenhilfsstoffen, Pflanzenhilfsmitteln sowie ultursubstraten keine Gefahren für die Gesundheit von enschen und Tieren sowie für den Naturhaushalt aus ehen dürfen, müssen die bestehenden Anforderungen, ass diese Stoffe die Ernährung von Nutzpflanzen siherstellen und die Fruchtbarkeit des Bodens, insbesonere den standortund nutzungstypischen Humusgehalt, rhalten oder nachhaltig verbessern sollen (§ 5 Absatz 1 ummer 1 bis 4 DüngG)

egründung unseres Änderungsantrags.

Der Bundesrat hat sich ähnlich geäußert, aber auch
ein Vorschlag wurde nicht berücksichtigt. Die Bundes-
gierung begründet die Ablehnung mit der Behauptung,

ine entsprechende Änderung stehe mit dem EU-Recht
Konflikt und sei im Übrigen sowieso unnötig. Durch

en Begriff „Naturhaushalt“ sei der Boden bereits inbe-
riffen und der Änderungsvorschlag der Linksfraktion
amit unnötig. Nur die Grünen schlossen sich unserer
orderung an. Die SPD enthielt sich leider der Stimme,
bwohl sich der SPD-Agrarminister Dr. Till Backhaus
us Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat für eine
olche Änderung starkgemacht hatte.

Angesichts solcher Widersprüche kann ich verstehen,
ass sich Minister Backhaus öffentlich beklagt, dass die
grarpolitik in der SPD einen so geringen Stellenwert
at, wie in der Fachzeitschrift Agra-Europe vergangene
oche zu lesen war.

Da der Antrag der Linken von der Koalition abge-
hnt wurde, enthält der Gesetzentwurf immer noch den
eschriebenen Mangel. Da wir die übrigen Änderungen
doch mittragen, wird sich die Linke in Gesamtabwä-
ung zur Gesetzesänderung enthalten.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Wir stehen in der Landwirtschaft vor einer ganzen

eihe großer, dringender Herausforderungen. Das zeigt
ich bei den großen Debatten dieser Tage wie der gestri-
en Aktuellen Stunde zum Antibiotikamissbrauch in der
ierhaltung. Das zeigt sich bei vielen Debatten, die wir
nlässlich der heute beginnenden Internationalen Grü-
en Woche hier in Berlin führen, etwa über die Reform
er EU-Agrarpolitik. Das zeigt sich aber auch bei Ände-
ungen gesetzlicher Details, wie sie der vorliegende Ge-
etzentwurf vorsieht. Auch hier haben wir es gleich mit
en drei großen Herausforderungen der Biodiversität,
er Bodenfruchtbarkeit und des Verbraucherschutzes zu
n, um die sich die Koalition und die Bundesregierung

o gern herumdrücken.




Dr. Christel Happach-Kasan
gebene Reden





Friedrich Ostendorff


(A) )


)(B)

Wenn wir über das Düngegesetz reden, müssen wir
natürlich über den Schutz der Bodenfruchtbarkeit reden.
Der weltweite Verlust an Bodenfruchtbarkeit muss uns
mit großer Sorge erfüllen. Für mich als Bauer ist die Er-
haltung und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit eine
der wichtigsten Aufgaben, der ich mich in der Verant-
wortung für die nächsten Generationen zu stellen habe.
Der Bundesrat hat angeregt, den Schutz der Boden-
fruchtbarkeit explizit zu nennen, wenn es um die Zulas-
sung von Düngemitteln geht. Wir unterstützen das. Die
Bundesregierung hat leider nicht schlüssig darlegen
können, warum sie sich hier sperrt.

Zum Zweiten ist hier das Saatgutverkehrsgesetz be-
troffen. Es geht hier um die Umsetzung der EU-Erhal-
tungssortenrichtlinie. Das mag ein eher technischer
Schritt sein. Aber wenn es um die Erhaltungssorten geht,
das heißt um die Pflege und Erhaltung alter, wichtiger
Kultursorten, um die Erhaltung der Kulturpflanzenviel-
falt, dann müssen wir immer sehr genau hinsehen. Diese
Arbeit wird in erster Linie ehrenamtlich von Einzelper-
sonen und NGOs betrieben, die sich zum Ziel gesetzt ha-
ben, diese Kulturgüter für die Allgemeinheit zu erhalten.
Wenn wir gesetzgeberisch mit dieser im höchsten Sinne
gemeinnützigen Arbeit umgehen, so muss es unser Ziel
sein, diese wertvolle Arbeit zu stützen, zu fördern und
keinesfalls Hürden aufzubauen, durch die diese Arbeit
erschwert werden könnte. Hier muss Initiative ermög-
licht und darf nicht gebremst werden. Wir müssen daher
sehr genau mit den Betroffenen beraten, wie hier das
Saatgutverkehrsgesetz sinnvoll auszugestalten und an-
zuwenden ist.

Die Bundesregierung hat in der Ausschussberatung
leider nicht schlüssig darlegen können, ob und wie sie
diesem Ziel bei dem vorliegenden Gesetzentwurf nach-
gekommen ist.

Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, der
dritte Teil dieses Gesetzentwurfes, hat uns ja erst vor
kurzem beschäftigt, als es um den Dioxinskandal in der
Landwirtschaft ging. Wir glauben, dass die vorgesehene
Verschärfung der Strafbewehrung beim fahrlässigen
Umgang mit Kokzidiostatika und Histomonostatika
richtig und sinnvoll ist. An diesem Punkt unterstützen
wir den Gesetzentwurf.

Aufgrund der Unklarheiten bei der Änderung des
Saatgutverkehrsgesetzes und der Weigerung der Bun-
desregierung, den Schutz der Bodenfruchtbarkeit im
Sinne der Forderung des Bundesrates explizit in der Än-
derung des Düngegesetzes zu benennen, werden wir dem
Gesetz aber nicht zustimmen, sondern uns enthalten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715229500

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Er-

nährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt
in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/8205,
den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache
17/7744 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist in zweiter Beratung angenommen mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Ent-

h
G

u
s
E
S

G
G
T
D

w
n
a
is

M
G
Il
G

1)

(C (D altung der Linken und der Fraktion Bündnis 90/Die rünen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zutimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit dem gleichen timmenverhältnis wie zuvor angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck Hönlinger, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes – Schutz vor Gefahren für Leib und Leben durch kriegswaffenähnliche halbautomatische Schusswaffen – Drucksache 17/7732 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Sportausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Die zu Protokoll gegebenen Reden stammen von ünter Lach CDU/CSU, Stephan Mayer, CDU/CSU, abriele Fograscher, SPD, Serkan Tören, FDP, Frank empel, Die Linke, und Wolfgang Wieland, Bündnis 90/ ie Grünen.1)


Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 17/7732 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
t die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(20. Ausschuss)

Gabriele Hiller-Ohm, Elvira Drobinski-Weiß,
Hans-Joachim Hacker, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD

Tag des Barrierefreien Tourismus auf der ITB
unterstützen

– Drucksachen 17/7827, 17/8340 –

Berichterstattung:
Abgeornete Marlene Mortler
Gabriele Hiller-Ohm
Jens Ackermann
Dr. Ilja Seifert
Markus Tressel

Die zu Protokoll gegebenen Reden stammen von
arlene Mortler CDU/CSU, Christian Hirte, CDU/CSU,
abriele Hiller-Ohm, SPD, Jens Ackermann, FDP, Dr.
ja Seifert, Die Linke, Markus Tressel, Bündnis 90/Die
rünen.

Anlage 4


(A) )


)(B)


Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1715229600

Mit dem Antrag „Tag des barrierefreien Tourismus

auf der ITB unterstützen“ soll die Bundesregierung auf-
gefordert werden, auf die dauerhafte Einrichtung dieses
Thementages auf der Internationalen Tourismus-Börse,
ITB, ab 2012 hinzuwirken. Sie soll dazu in einen vertief-
ten Dialog mit der Messe Berlin, der Nationalen
Koordinierungsstelle Tourismus für Alle e. V., Natko,
dem Bundeskompetenzzentrum Barrierefreiheit, BKB,
Behindertenverbänden und Marketingorganisationen
eintreten.

Wir sind uns wohl alle hier im Hause einig: Wir wol-
len den barrierefreien Tourismus in Deutschland voran-
bringen.

Deshalb begrüßen wir, dass im Rahmen der ITB als
der größten Tourismusmesse der Welt am 8. März 2012
erstmals ein Thementag mit Vorträgen und Diskussionen
zum barrierefreien Tourismus in Deutschland stattfin-
det. Dieser Thementag wird sicher helfen, die öffentliche
Aufmerksamkeit auf dieses so wichtige Thema zu lenken.
Die Organisation und Finanzierung des Thementages
sollte vor allem bei den beteiligten Verbänden und der
Privatwirtschaft liegen. Federführend ist hier die Natio-
nale Koordinationsstelle Tourismus für Alle, der wir an
dieser Stelle herzlich danken. Die Natko trägt seit Jah-
ren dazu bei, den barrierefreien Tourismus in Deutsch-
land zu stärken. Sie zeigt noch bestehende Schwachstel-
len auf, indem sie Menschen mit Behinderungen in die
Planung und Konzeption einbindet.

Wir freuen uns, dass die Messe Berlin die Veranstal-
tung bereits durch die kostenlose Bereitstellung von
Räumlichkeiten und mit Marketingmaßnahmen unter-
stützt. Wir würden begrüßen, wenn sich Tourismuswirt-
schaft und Tourismusverbände noch stärker freiwillig
beteiligten, sowohl 2012 als auch in den Folgejahren.
Mit vergleichsweise geringen Beträgen könnte sich die
Branche noch stärker zur Barrierefreiheit bekennen und
ihre eigenen Initiativen und vielen positiven Beispiele
herausstellen.

Die Veranstaltung wird bereits über den Beauftragten
der Bundesregierung für die Belange behinderter Men-
schen unterstützt. Für diese Förderung habe ich mich
persönlich bei Hubert Hüppe mit eingesetzt.

Die Aufgabe der Bundesregierung ist es aber vor al-
lem, die Rahmenbedingungen für barrierefreien Touris-
mus in Deutschland zu verbessern. Das tun wir – und
zwar vielfältig –:

So hat das Bundeswirtschaftsministerium Studien
zum Thema Barrierefreiheit gefördert und mit der Kon-
ferenz „Barrierefreier Tourismus für Alle – Trends und
Perspektiven“ am 11. September 2008 eine eigene große
Veranstaltung durchgeführt.

Einen wesentlichen Impuls gibt die Bundesregierung
aktuell mit der Förderung des im Oktober 2011 gestarte-
ten Projekts „Entwicklung und Vermarktung barriere-
freier Angebote und Dienstleistungen im Sinne eines
Tourismus für alle in Deutschland“. Dieses Projekt wird
mit rund 500 000 Euro gefördert. Auch hier ist die Bun-
desregierung also engagiert.

T
e
d
d
Q
n
D
e
g
L

B
la
z
T
s
d
d
m
v
M
w

r
m
d
g
b
B
B
A
F
w
p

R
d
m
te
b
b

S
ü
K
B
v

Q
r
im
d
s

g
te
Zu Protokoll ge

(C (D Träger sind die NatKo und das Deutsche Seminar für ourismus, DSFT. In den nächsten zwei Jahren soll so ine einheitliche Kennzeichnung für barrierefreie Proukte entlang der gesamten Servicekette erarbeitet weren. Parallel dazu starten Schulungsmaßnahmen zur ualifizierung der Leistungsträger und der Aufbau eier Internetplattform für barrierefreie Angebote und ienstleistungen. Diese Maßnahmen sind dann wirklich in großer Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedinungen für den barrierefreien Tourismus in unserem and. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion wollen, dass arrierefreiheit zu einem Qualitätsmerkmal des Deutschndtourismus wird. Denn: Sie ist eine Grundvorausset ung für die selbstbestimmte und gleichberechtigte eilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellchaftlichen Leben. Barrierefreie Angebote sind außerem ein Gewinn für alle: Sie kommen Menschen mit auerhaften Behinderungen ebenso zugute wie Familien it kleinen Kindern und Kinderwagen, Menschen mit orübergehend eingeschränkter Mobilität oder älteren enschen. Angesichts des demografischen Wandels ird dieser Aspekt noch weiter an Bedeutung gewinnen. Es passiert viel auf diesem Gebiet. Die Sensibilisieung der Branche für das Thema schreitet voran. Tourisusanbieter und Verkehrsunternehmen haben sich in en vergangenen Jahren zunehmend auf mobilitätseineschränkte Gäste eingestellt und viele beispielhafte arrierefreie Angebote geschaffen. Bei der Deutschen ahn sind bereits bei 70 Prozent der 5 400 Bahnhöfe die ahnsteige ohne Stufen über Gehwege, Rampen oder ufzüge erreichbar. Vielerorts ist auch der Zugang zu reizeitund Kultureinrichtungen deutlich verbessert orden. Gleiches gilt für Nationalparks und Naturarke. Allerdings ist die Planung und Durchführung einer eise für Menschen mit Behinderungen weiter alles anere als leicht. Trotz vielfältiger Investitionen und Inforationen besteht noch immer Handlungsbedarf aufsein der Leistungsanbieter. Bestehende Angebote müssen esser vernetzt, koordiniert und vermarktet, Mitarbeiter esser qualifiziert werden. Ziel muss eine durchgehend barrierefreie touristische ervicekette sein – von der Information und Buchung ber die Anreise, Unterkunft bis hin zu Freizeitund ulturangeboten am Zielort. Gerade für Menschen mit ehinderungen ist eine detaillierte Reiseplanung mit erlässlichen Informationen unverzichtbar. Wir wollen, dass all diese Schritte auf dem Weg zum ualitätsmerkmal Barrierefreiheit im Deutschlandtou ismus noch besser verknüpft werden. Wir haben daher Tourismusausschuss eine öffentliche Anhörung zu iesem Thema beantragt. Sie wird am 8. Februar 2012 tattfinden. Davon erwarten wir uns weitere Impulse und Anreungen. Lassen Sie uns gemeinsam an diesem Ziel weirarbeiten. gebene Reden )





(A) )


Christian Hirte (CDU):
Rede ID: ID1715229700

Barrierefreiheit, oder vielleicht besser Barrierear-

mut, ist ein wirkliches Dauerthema in unserem Aus-
schuss. Über alle Parteigrenzen hinweg arbeiten wir da-
ran – immer sehr sachorientiert – und verfolgen oft
gemeinsame Ziele. Bei vielleicht keinem anderen Thema
tun wir das so intensiv wie bei der Frage des barriere-
freien Tourismus. Ich bin jetzt seit vier Jahren im Bun-
destag und auch Mitglied im Tourismusausschuss, und
ich kann mich eigentlich an keine touristische Initiative
erinnern, bei der wir nicht ganz besonders auch darauf
hingewiesen hätten, dass Barrierefreiheit bei den Ange-
boten zu berücksichtigen sei. Ich denke da nur einmal an
den Antrag aus dem vorletzten Jahr, den Kulturtouris-
mus zu fördern, oder auch an unsere Initiativen im Rah-
men der Luther-Dekade. Oder denken Sie an die Exper-
tenanhörungen in unserem Ausschuss – immer wieder
adressieren Abgeordnete aller Fraktionen an die Vertre-
ter der Tourismusbranche, bei der Barrierefreiheit wei-
ter voranzugehen.

Deshalb ist es auch ein gutes Zeichen, dass in diesem
Jahr bei der größten Tourismusmesse, der ITB, ein Tag
des barrierefreien Tourismus angeboten wird. Das zeigt,
dass auch die Branche um die wachsende Bedeutung
weiß. Denn das muss uns miteinander ebenfalls klar
sein: Wir können Gesetze, Verordnungen, Regeln be-
schließen und erlassen – ohne das Mittun der Anbieter
geht es nicht. Und dabei brauchen wir nicht nur das Mit-
tun, sondern ein wirkliches Antreiben und Anschieben
eben von der Branche.

Genau an der Stelle sind wir beim Problem dieses An-
trages. Sie fordern, dass die Bundesregierung auf einen
dauerhaften Tag des barrierefreien Tourismus hinwirken
soll. Um es vorweg zu sagen: Ich würde mich freuen,
wenn dieser Tag ein großer Erfolg würde und er auch in
Zukunft wieder stattfände. Denn ich bin fest überzeugt,
dass es ein Potenzial für das Thema gibt, dass man da-
mit touristische Produkte erstellen kann, die man auch
verkaufen kann. Aber ob das eine Dauereinrichtung sein
muss, das weiß ich zumindest im Moment wahrlich
nicht. Da würde ich schon gern einmal abwarten, was in
diesem Jahr passiert. Und warum muss denn dies alles
von der Politik kommen? Sie haben ja in Ihrem Antrag
die Akteure genannt: Messen, NatKo, Bundeskompe-
tenzzentrum Barrierefreiheit, Verbände, Marketingorga-
nisation. Diese sind in diesem Jahr an Bord, und dafür
möchte ich auch Danke sagen.

Denken Sie aber allein an die Zahl von 11 000 Aus-
stellern auf der ITB. Die ganze Wertschöpfungskette ist
dabei – Reiseveranstalter, Anbieter von Buchungssyste-
men, Zielgebiete, Airlines, Hotels bis hin zum Autover-
mieter, so heißt es auf der Internetseite der ITB. 11 000-
mal Branchenwissen, 11 000-mal Wissen über das, was
in der Praxis notwendig und machbar ist, 11 000-mal
das Wissen um Kundenbedürfnisse, Trends und Entwick-
lungen. Und auch 11 000-mal Erfahrungen mit Barrie-
refreiheit – Erfahrungen in Bezug auf gute Beispiele, auf
Entwicklungsbedarf, auf schlechte Beispiele. Wir sind
dabei sicher nicht an einem Punkt, an dem uns nicht
noch viele Verbesserungsmöglichkeiten einfallen wür-
den.

u
w
n
d
a
g
A
d
B
T
g
s
tu
S
s
b
re
w
m
a
r
K
d
g
h
re
u
F

s
a
re
r
m
c
h
w
d
b
B
v
d
s
u
s
A
s
e
P
d
d
s

W
T
w
n
d
h
w
Zu Protokoll ge

(C (D Gerade als Mitglied einer Regierungsfraktion will ich nsere Bundesregierung ja gar nicht kleinreden. Aber enn 11 000 Akteure zusammenkommen, sollte doch geügend Interesse und Sachverstand beieinander sein, amit von ganz allein ein solcher Tag initiiert wird oder uch andere begleitende Angebote im Rahmen der ITB efunden werden, zumindest dann, wenn eben viele der ussteller für sich erkennen, dass ihnen und allen Kunen ein solcher regelmäßiger Tag weiterhilft. Dass der ehindertenbeauftragte der Regierung den diesjährigen ag besonders unterstützt, zeigt ja, dass der Bundesreierung dieses Thema alles andere als egal ist. Auch das eit 2011 laufende Projekt „Entwicklung und Vermarkng barrierefreier Angebote und Dienstleistungen im inne eines Tourismus für Alle in Deutschland“ untertreicht das. Das zeigt doch, dass bei uns allen und auch ei der Regierung das Thema angekommen ist. Barriefreiheit ist ein wichtiges Thema, und es gewinnt immer eiter an Bedeutung. Das sehen und erleben wir alle iteinander täglich. Und Barrierefreiheit geht uns alle n. Wir haben Kinder oder Enkel, mit denen wir die Barieren des Alltags zu meistern haben, etwa mit einem inderwagen. Als Vater zweier kleiner Kinder kann ich avon ein Lied singen. Wir werden alle aber auch irendwann einmal älter und sind nicht mehr so mobil, ören schlechter, sehen schlechter. All das baut Barrien auf. Die demografische Entwicklung kommt hinzu nd macht uns deutlich, dass das Thema immer mehr an ahrt gewinnt und weiter gewinnen wird. Deshalb finde ich es toll, dass es in diesem Jahr einen olchen Tag auf der ITB gibt. Und deshalb glaube ich uch, dass es – ganz ohne die Politik – auch ein Intesse an einem dauerhaften Aufgreifen des Themas bar ierefreier Tourismus geben kann. Aber an dieser Stelle öchte ich schon auf genau dieses Interesse der Bran he selbst und auch auf die Verantwortung der Branche inweisen. Es ist doch am Ende niemandem gedient, enn immer die Politik, in diesem Fall die Regierung, en Antreiber geben muss. Ich bin sehr dafür, dass wir ei den tourismuspolitischen Initiativen den Aspekt der arrierefreiheit immer wieder starkmachen und auch on den Akteuren bestimmte Dinge einfordern. Aber an ieser Stelle möchte ich wirklich an die Branche verweien. Setzt euch zusammen, legt ein bisschen Geld hin nd überlegt, wie das Thema auf der ITB eingerahmt ein kann. Das geht sicher auf ganz viele verschiedene rten; das muss am Ende vielleicht auch nicht der beondere Tag des barrierefreien Tourismus sein, sondern s sind viele Aktionen, Auszeichnungen von Bestractice-Beispielen, kleine Ideen am Rande der Messe enkbar. Auch hier bin ich sicher, dass die Kreativität er Betroffenen im Zweifel größer ist als das, was wir eitens der Politik forcieren können. Lassen Sie uns daher die diesjährige ITB abwarten. ir sind gespannt, wie dieser Tag des barrierefreien ourismus aussehen wird, wie auch die Reaktionen sein erden. Den Antrag der SPD werden wir heute ablehen, weil wir zumindest nicht erkennen, warum die Bunesregierung an dieser Stelle aufgefordert werden soll, ier den Moderator für eine Messe abzugeben, und weil ir heute nicht eine langfristige Entscheidung treffen gebene Reden )





(A) )

möchten, ohne zu sehen, wie sich dieser erste Versuch in
diesem Jahr auf der ITB bewährt.


Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1715229800

Der Deutschland-Tourismus jagt einen Rekord nach

dem anderen: Auch im Jahr 2011 werden wir das Spitzen-
ergebnis von 2010 bei Übernachtungen in gewerblichen
Betrieben und im Touristikcamping übertreffen. Über
390 Millionen Übernachtungen werden erwartet – ein
tolles Ergebnis für die Branche.

Immer mehr Menschen wollen reisen und Urlaub ma-
chen. Das ist erfreulich. Viele Menschen können es aber
nicht – oder nur unter größten Umständen, die den Ur-
laub verleiden. Ich spreche von den 8 Millionen Men-
schen mit Behinderung; das ist jeder Zehnte in unserem
Land.

Noch immer gibt es viel zu wenig passende Reisean-
gebote. Nur ein Bruchteil der Hotels und Gaststätten in
Deutschland ist tatsächlich barrierefrei. Auch der öf-
fentliche Nah- und Fernverkehr ist längst kein Garant
für eine barrierefreie Anreise.

Wenn Menschen mit Behinderung verreisen, dann oft
mit großer Sorge, ob sie wirklich zum Urlaubsort gelan-
gen und ob sie in ihrer Unterkunft den entsprechenden
Service vorfinden, den sie benötigen.

Wer sich intensiv mit dem Thema befasst, weiß: Be-
sonders wichtig ist es, alle Akteure für Barrierefreiheit
zu sensibilisieren. In erster Linie muss die Tourismus-
wirtschaft überzeugt werden, wie sinnvoll – und auch
wirtschaftlich lukrativ – barrierefreie Angebote sind.

Wo wäre dies besser möglich als auf der national und
weltweit führenden Touristikmesse, der Internationalen
Tourismusbörse ITB in Berlin? 170 000 Besucherinnen
und Besucher, mehr als 11 000 ausstellende Unterneh-
men und Organisationen aus 188 Ländern, 7 000 Jour-
nalisten, die weltweit berichten, das sind die beeindru-
ckenden Eckdaten der letzten ITB. Die nächste Messe
vom 7. bis 11. März steht schon in den Startlöchern.

Deshalb haben wir uns als SPD-Fraktion im Herbst
letzten Jahres mit dem Antrag „Tag des Barrierefreien
Tourismus auf der ITB unterstützen“ dafür eingesetzt,
dass dieser im März 2012 stattfinden kann. Ich freue
mich sehr, dass der Antrag noch vor der heutigen
Schlussberatung Wirkung gezeigt hat. Der Behinderten-
beauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, hat
nun seine Unterstützung für den Thementag auf der ITB
im März zugesagt.

Umso befremdlicher ist die Ablehnung unseres Antra-
ges durch die schwarz-gelbe Koalition im Tourismus-
ausschuss. Dabei hatte Frau Mortler als tourismuspoli-
tische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion die Forderung
in ihrer letzten Rede unterstützt, allerdings mit Verweis
auf eine einmalige Veranstaltung.

Als SPD sagen wir aber deutlich: Wir wollen, dass
dieses Leuchtturmprojekt für Barrierefreiheit im Touris-
mus auch in den kommenden Jahren möglich wird. Nur
so setzen wir das entscheidende Signal: Barrierefreiheit
ist ein Zukunftsthema, gerade auch mit Blick auf unsere

ä
b

fr
B
te
c

d
d
N
te
v

r
B
b
k
g
c
m

B
s
B
E
te

e
B
D
te
P
b
d
fr
re
e

Z
z
D
e
v

U
s
U
B
d
d

m
s
b
Zu Protokoll ge

(C (D lter werdende Gesellschaft. „Eintagsfliegen“ greifen ei diesem wichtigen Thema zu kurz. Dabei ist klar, dass vor allem die Privatwirtschaft geagt ist, dieses lohnende Projekt zu unterstützen. Die undesregierung sehen wir aber in der Pflicht, alle Akure zusammenzubringen und für ein stärkeres öffentli hes Bewusstsein zu sorgen. Möglich wird der Tag auf der ITB in diesem Jahr nur urch den unermüdlichen Einsatz der Nationalen Koorinationsstelle Tourismus für Alle. Es ist gut, dass es die atKo gibt. Sie wurde vor 13 Jahren von den Behindernverbänden ins Leben gerufen und leistet seither her orragende Arbeit. Leider wird ihr Engagement für barrierefreien Touismus durch die derzeit unzureichende Förderung der undesregierung nicht vernünftig abgesichert. Wir rauchen eine solide Grundfinanzierung der NatKo. Es ann nicht sein, dass sie sich von Projekt zu Projekt haneln muss – immer mit der Sorge, für eine kontinuierlihe Arbeit die nötigen Gelder nicht zusammenzubekomen. Erfreulich ist, dass der Regierende Bürgermeister von erlin, Klaus Wowereit, das Projekt öffentlichkeitswirkam unterstützen will. Dass wir uns nun auf den Tag der arrierefreiheit freuen können, liegt auch an dem weiten ntgegenkommen der Messe Berlin, an der das Land beiligt ist, und der beteiligten Kooperationspartner. Der Tag des barrierefreien Tourismus auf der ITB ist ine ideale Plattform, um alle Akteure im Tourismus für arrierefreiheit zu sensibilisieren – und einen intensiven ialog mit den Betroffenen zu ermöglichen. Einem brein Publikum und Tourismusakteuren können so Bestractice-Beispiele für barrierefreies Reisen nahegeracht werden. Vorbildliche Unternehmen haben hier ie Chance, sich herauszustellen mit ihren barriereeien Angeboten. Am 8. März wird der Tag des barriefreien Tourismus auf der ITB erstmalig stattfinden – in toller Erfolg! Ich freue mich, dass die Vorsitzende der Deutschen entrale für Tourismus, Petra Hedorfer, ihre Teilnahme ugesagt hat. Auch die AG „Barrierefreie Reiseziele in eutschland“ und das Bundeskompetenzzentrum Barri refreiheit werden ihre Projekte im Rahmen der Facheranstaltungen vorstellen. Zwei Dinge müssen deutlich werden: Erstens. Menschen mit Behinderung haben ein Recht, rlaub zu machen und zu reisen, wie alle anderen Men chen. Das fordert auch die für Deutschland geltende N-Behindertenrechtskonvention ein. Es muss sich das ewusstsein durchsetzen, dass Menschen nicht behinert sind – sondern behindert werden. Deshalb: weg mit en Barrieren! Zweitens. Das Potenzial eines barrierefreien Tourisus in unserem Land ist riesig. 5 Milliarden Euro zu ätzlicher Umsatz wären möglich. 90 000 Vollzeitareitsplätze könnten damit geschaffen werden. Christian Hirte gebene Reden )





(A) )

Und: Das Potenzial wird in unserer älter werdenden
Gesellschaft immer größer. Ältere Menschen mit Mobili-
täts-, Seh- oder Hörproblemen profitieren ebenfalls von
gut erreichbaren Hotels und Gaststätten, Museen und
barrierefreien Verkehrsmitteln, genauso Familien mit
kleinen Kindern.

Barrierefreier Tourismus steckt aber leider noch in
den Kinderschuhen. Als SPD fordern wir mit unserem
Antrag „Barrierefreier Tourismus für alle“, der schon
im Mai letzten Jahres eingebracht wurde, deutlich mehr
Anstrengungen für Barrierefreiheit. Wir brauchen end-
lich einen Masterplan für barrierefreien Tourismus von
Bund, Ländern, Städten und Gemeinden, durchgehende
Barrierefreiheit im Schienenfernverkehr, ein Förderpro-
gramm für barrierefreie Gaststätten und Hotels und ein
bundesweit qualitätsgeprüftes Gütesiegel „Barriere-
freier Tourismus für alle“.

Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen mit Behin-
derung in die Mitte unserer Gesellschaft rücken – und
Urlaub und Reisen für alle Menschen in unserem Land
möglich werden. Dafür reichen nicht nur warme Worte –
wir brauchen Taten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und
FDP, im Tourismusausschuss haben Sie unseren Antrag
abgelehnt. Heute haben Sie die Chance, diese Entschei-
dung zu korrigieren und gemeinsam mit uns ein deutli-
ches Signal für barrierefreien Tourismus zu setzen. Tun
Sie es!


Jens Ackermann (FDP):
Rede ID: ID1715229900

In Deutschland leben rund 10 Millionen Menschen,

die mit körperlichen oder mentalen Einschränkungen le-
ben müssen. Ziel und zentraler Leitgedanke der UN-Be-
hindertenkonvention ist es, diese Menschen in der Mitte
unserer Gesellschaft willkommen zu heißen und ihre ak-
tive Teilhabe durch Inklusion zu ermöglichen.

Für uns steht die Berücksichtigung der Barrierefrei-
heit bei allen Projekten und Maßnahmen der Bundesre-
gierung auf dem Gebiet der Tourismuspolitik im Vorder-
grund. Der Bundesregierung ist dieses Thema ernst und
wichtig! Sie setzt sich dafür ein, dass barrierefreies Rei-
sen im gesamten Spektrum der touristischen Leistungs-
kette verankert wird.

Barrierefreiheit erhöht die Attraktivität des Touris-
musstandortes Deutschland. Gerade im Hinblick auf die
Sicherung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des
Deutschland-Tourismus stehen wir hier vor einer der
zentralen Aufgaben.

Wir setzen hier auf Verantwortung und Bereitschaft in
der Tourismusbranche. Jedem Hotelier und Gastwirt ist
doch klar, dass er sich einen Wettbewerbsvorteil ver-
schafft, wenn er auf die stetig wachsende Bevölkerungs-
gruppe der Älteren und Behinderten eingeht. Gerade
angesichts der demografischen Entwicklung ist die Teil-
habe aller Menschen am Tourismus von zentraler Be-
deutung. Wir begrüßen deshalb jedwede Art von Initiati-
ven und Projekten von Verbänden und Vereinen, um die
Öffentlichkeit und die Tourismuswirtschaft weiter für
das Thema barrierefreier Tourismus zu sensibilisieren.

d
8
D
fi
re
d
e

d

R
D
B
r
b
s
Q

b
la
n
E
R

U
fl
u
D
s
tu
S
w
n
B
a
B
S
h
tu
b
ti
U
d
d
T
m
m
fa
n

b
n
m
A

te
fr
Zu Protokoll ge

(C (D Ich freue mich sehr darüber, dass im Rahmen der ITB, er weltweit größten Tourismusmesse, erstmals am . März dieses Jahres ein Thementag mit Vorträgen und iskussionen zum Thema barrierefreier Tourismus stattndet. Diese Veranstaltung wird vonseiten der Bundesgierung begrüßt und unterstützt. Ob daraus aber eine auerhafte Einrichtung wird, muss die Branche selbst ntscheiden. Den Antrag der SPD-Bundestagsfraktion lehnen wir eshalb ab. Zentrale Aufgabe der Bundesregierung ist es, die ahmenbedingungen für barrierefreien Tourismus in eutschland zu verbessern. Zu diesem Zweck hat das undeswirtschaftsministerium Studien zum Thema Barierefreiheit gefördert. Die ökonomische Bedeutung des arrierefreien Tourismus in Deutschland wurde unterucht, und Erfolgsfaktoren und Maßnahmen zu dessen ualitätsverbesserung wurden herausgearbeitet. Ich verweise hier auch gern noch einmal auf die Areitsgemeinschaft „Barrierefreie Reiseziele in Deutschnd“. Sie hat von 2008 bis heute mehrere Modellregio en in sich vereint und setzt sich engagiert für die ntwicklung von Angeboten für behinderte Gäste in den egionen ein. Die Bundesregierung begleitet die Umsetzung der N-Behindertenkonvention im Bereich Tourismus mit ankierenden Projekten. Sie fördert die Entwicklung nd Vermarktung barrierefreier Tourismusangebote und ienstleitungen. So konnte im November 2011 der Start chuss für das Projekt zur „Entwicklung und Vermarkng barrierefreier Angebote und Dienstleistungen im inne eines Tourismus für Alle in Deutschland“ gegeben erden. Ich möchte an dieser Stelle ganz herzlich meiem Kollegen Ernst Burgbacher, Staatssekretär beim undesminister für Wirtschaft und Technologie und Beuftragter für Mittelstand und Tourismus, danken. Ernst urgbacher setzt sich seit vielen Jahren intensiv für eine tärkung des Tourismusstandortes Deutschland ein und at mit diesem Projekt einen weiteren Schritt in Richng barrierefreier Tourismus getan. Das Projekt läuft is 2013 und trägt zur Erfüllung des Nationalen Akonsplanes der Bundesregierung zur Umsetzung der N-Behindertenkonvention bei. Träger des Projekts ist as Deutsche Seminar für Tourismus in Kooperation mit er NatKo. In die Durchführung eingebunden sind die ourismuswirtschaft, die Deutsche Zentrale für Tourisus, die Behindertenverbände, Verkehrsträger, Landesarketingorganisationen sowie eine Reihe weiterer chlicher Einrichtungen. Sie sehen also: Wir führen ei en Dialog mit allen Beteiligten. Ziel ist es, eine einheitliche Kennzeichnung zu erareiten und damit die vielen verschiedenen Kennzeichungen durch ein einheitliches System zu ersetzen. Dait fördern wir eine Transparenz der bestehenden ngebote und Leistungen. Durch eine erfolgreiche Umsetzung des Projekts biet sich die Chance, zu einer neuen Qualität im barriereeien Tourismus zu gelangen. Gabriele Hiller-Ohm gebene Reden )





(A) )

Über die Umsetzung des Projekts sowie die Einrich-
tung einzelner Projektmodule wird der Tourismusbeauf-
trage der Bundesregierung sicher so bald wie möglich
sehr gern berichten.

Ich denke, es ist deutlich geworden, dass uns das
Thema barrierefreies Reisen am Herzen liegt. Wie be-
reits in meiner Rede vom Juni vergangenen Jahres ange-
merkt, müssen wir verstärkt darauf hinwirken, dass öf-
fentliche Bereiche zukünftig mindestens barrierearm
sein müssen. Bei den Bundesländern muss darauf hinge-
wirkt werden, dass die Zielsetzung Barrierearmut bei
Bestandsbauten und Barrierefreiheit bei Neubauten ver-
wirklicht wird. Der öffentliche Bereich kann und muss
Beispiel für den privaten wirtschaftlichen Sektor sein.

Des Weiteren hat der konsequente Wechsel vom staat-
lichen Fürsorgeprinzip hin zum Recht auf umfassende
gesellschaftliche Teilhabe eine außerordentlich hohe
Bedeutung, denn wirkliche Bedürfnisse können nicht
über den Kopf der Menschen mit Behinderungen konkre-
tisiert werden. Dialog statt Verordnung sollte die Devise
sein!

Bei der Umsetzung von Barrierefreiheit spielen die im
Bundesgleichstellungsgesetz verankerten Zielvereinba-
rungen eine große Rolle. Behindertenverbände können
mit Verbänden und Unternehmen der Wirtschaft darin
die Ziele zur Herstellung von Barrierefreiheit vereinba-
ren. Ich erwähne an dieser Stelle gern noch einmal, dass
die DEHOGA bereits im Jahr 2005 mit den Behinderten-
verbänden eine entsprechende Zielvereinbarung zur
Erfassung, Bewertung und Darstellung barrierefreier
Angebote im Gastgewerbe unterzeichnet hat. Barriere-
freiheit wird auch bei der Hotelklassifizierung themati-
siert. Bereits 1999 wurde die Nationale Koordinations-
stelle Tourismus für Alle e. V. – die sogenannte NatKo –
gegründet.

Im Rahmen einer Projektförderung durch das Bun-
desministerium für Gesundheit und zum Teil auch durch
das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
steht sie Reiseveranstaltern, Verkehrsunternehmen, Tou-
rismusregionen, Hoteliers und weiteren Anbietern als
Ansprechpartner und Berater zur Verfügung, um die Ge-
staltung barrierefreier Angebote zu unterstützen. Beide
Angebote bieten so eine gute Grundlage, Wünsche und
Bedürfnisse zu erfassen und deren Umsetzung gemein-
sam voranzubringen.

Ich denke, wir alle sind uns darin einig, dass Barrie-
refreiheit zu einem Markenzeichen des Tourismus in
Deutschland werden sollte und vor allem werden kann.
Die Teilhabe aller Menschen am Tourismus muss ermög-
licht werden. Dieses Ziel können wir nur gemeinsam er-
reichen, nicht über die Köpfe der Gehandicapten und
Behinderten hinweg und nicht ohne Absprache mit den
Ländern und den verantwortlichen Akteuren der Touris-
muswirtschaft.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715230000

Ich freue mich, dass die SPD mit ihrem Antrag meine

Initiativen für die aktive Unterstützung eines Tages des

b
re

m
g
B
r
v
a
e
lu
d
g
A
e
u
B
a
te
F
li
d

m
te
F
d
F
w
b
M
s
m

v
d
d

B
fr
z
D
m

tr
B
N
N
m
Z
d

g
r
z
m
fa
T
A
Zu Protokoll ge

(C (D arrierefreien Tourismus auf der ITB durch die Bundesgierung unterstützt. Mehr als in anderen Bereichen werden in der Tourisuspolitik die Belange von Menschen mit Behinderunen und die Schaffung von Barrierefreiheit auch von der undesregierung hervorgehoben. Dies wird in den Touismuspolitischen Leitlinien und auch in der Koalitionsereinbarung deutlich. Das möchte ich an dieser Stelle usdrücklich würdigen. Aber im „richtigen Leben“ gibt s kaum Veränderungen. Der für Bauen, Stadtentwickng und Verkehr zuständige Minister Ramsauer kennt as Wort „Barrierefreiheit“ offenbar überhaupt nicht, eschweige denn, dass er diesbezüglich irgendwelche kzente setzte; der Finanzminister Schäuble sorgt benso wenig dafür, dass Investitionen, Rettungsschirme nd Konjunkturprogramme auch für Menschen mit ehinderungen positive Veränderungen bewirken, und uch beim Gesundheitsminister Bahr – in dessen Minisrium unverständlicherweise die Zuständigkeit für die örderung des barrierefreien Tourismus noch immer egt – und bei Familienministerin Schröder herrscht iesbezüglich Funkstille. Hinweisen möchte ich an dieser Stelle deswegen auf eine Frage an die Bundesregierung vom Sommer letzn Jahres: „Welche Maßnahmen und Aktivitäten zur örderung des barrierefreien Tourismus gemäß den in er Koalitionsvereinbarung zwischen CDU, CSU und DP sowie im nationalen Aktionsplan gesteckten Zielen urden im laufenden Haushaltsjahr bereits ausgegeben zw. bewilligt – bitte jeweiliges Bundesministerium, aßnahme und Summe nennen –, und welche Rolle pielte dabei die Nationale Koordinierungsstelle Tourisus für Alle e. V. – NatKo?“ Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Bernhard Heitzer om 22. Juli 2011: „Die Bundesregierung unterstützt en barrierefreien Tourismus für alle in Deutschland urch vielfältige Maßnahmen.“ Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, MAS, fördert das Bundeskompetenzzentrum Barriereeiheit e. V., BKB, den Verein der Behindertenverbände ur Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes. as BKB hat auch im Bereich des barrierefreien Tourisus einzelne Projekte auf den Weg gebracht. Im Rahmen von Zuschüssen und Beiträgen an zenale Einrichtungen des Gesundheitswesens fördert das undesministerium für Gesundheit auch Projekte der ationalen Koordinationsstelle Tourismus für Alle e. V., atKo. Im Jahr 2011 betrifft das das Projekt „Reiseöglichkeiten für Menschen mit Pflegebedarf“, für das uwendungen in Höhe von 87 412 Euro gewährt weren. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technoloie, BMWi, hatte im November 2010 Vertreter der Touismusbranche, von Behindertenverbänden und Ländern u einem Expertengespräch zum barrierefreien Tourisus eingeladen. Ziel war es, Möglichkeiten eines umngreichen Projektes zur Förderung des barrierefreien ourismus zu erörtern. Im Rahmen des Bund-Länderusschusses „Tourismus“ fanden im Anschluss daran Jens Ackermann gebene Reden )





(A) )

weitere Gespräche mit den Vertretern der Länder statt,
um deren Vorschläge in das Projekt einfließen zu lassen.
Ein entsprechender Antrag zur Förderung des Projekts
durch das BMWi ist zurzeit in Vorbereitung.

Die Aktivitäten sind also sehr übersichtlich. Gern
schmücken sich Bundestag und Bundesregierung mit der
NatKo – einem seit zwölf Jahren wirkenden Zusammen-
schluss von inzwischen elf Behindertenorganisationen.
Völlig zu Recht zeichnete der Tourismusausschuss die
NatKo auf der ITB 2011 mit der Kristallkugel aus.
Gleichzeitig erhält die NatKo aber Jahr für Jahr weni-
ger Mittel aus dem Bundeshaushalt, obwohl die Wün-
sche, Anfragen und Anforderungen an sie immer größer
werden.

Auf meine Frage an die Bundesregierung „Welche
Aktivitäten zur Förderung des barrierefreien Tourismus
plant bzw. unterstützt die Bundesregierung im Zusam-
menhang mit der Internationalen Tourismusbörse, ITB,
im März 2012 in Berlin?“ antwortete Staatssekretär
Stefan Kapferer aus dem Bundeswirtschaftsministerium
am 10. Oktober 2011: „Die Nationale Koordinierungs-
stelle Tourismus für Alle e. V. plant gemeinsam mit ver-
schiedenen Akteuren, wie zum Beispiel der Messe Berlin
AG, der AG barrierefreie Reiseziele, verschiedenen
Landesmarketinggesellschaften, dem Deutschen Blin-
den- und Sehbehindertenverband sowie dem Bundes-
kompetenzzentrum Barrierefreiheit, einen „Tag des
barrierefreien Tourismus“ auf der ITB 2012. Die Bun-
desregierung, der Beauftragte der Bundesregierung für
Mittelstand und Tourismus und der Beauftragte der Bun-
desregierung für die Belange behinderter Menschen
unterstützen diese Idee. Für die Veranstaltung auf der
ITB 2012 sind im Bundeshaushalt jedoch keine Mittel
eingeplant.“

Aha! Die Regierung unterstützt die Idee, hat aber an-
geblich keine Mittel, um deren Umsetzung zu unterstüt-
zen. Schaut man sich die in der Beschlussempfehlung zu-
sammengefasste Debatte zu diesem Antrag an, wird
deutlich, dass weder die Bundesregierung noch die
Koalitionsfraktionen den Geist und Inhalt der seit März
2009 rechtskräftigen UN-Behindertenrechtskonvention
verstanden haben. Die Staaten haben – so steht es in der
UN-Behindertenrechtskonvention – zu gewährleisten,
dass Menschen mit Behinderungen umfassend am Leben
in der Gesellschaft teilhaben können. Allein Art. 8 „Be-
wusstseinsbildung“, Art. 9 „Barrierefreiheit“ und
Art. 30 „ Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erho-
lung, Freizeit und Sport“ zeigen, dass die Förderung des
barrierefreien Tourismus – auch und gerade auf der
ITB – durch die Bundesregierung keine freiwillige, son-
dern eine Pflichtleistung ist – und dies nicht durch den
mit einem Minibudget ausgestatteten Behindertenbeauf-
tragten bei der Bundesregierung, sondern durch das
zuständige Wirtschafts- und Tourismusministerium. Es
reicht eben nicht, sich eine freiwillige Beteiligung der
Tourismuswirtschaft zu wünschen, zumal Bundesminis-
ter und FDP-Vorsitzender Rösler weiß, wohin die Spen-
den von Mövenpick und den anderen großen Tourismus-
unternehmen fließen.

n
g
v
A
r
n
T
d
T
e
p
2
ti

D
Q
re
v
4
n

B
v
n
B
m
je
v
s
li
D
m
ü
E
v
e
li
F
h

g
tr
In
re
s
A
re
z
R
IT

s
u
E
w
h
W
Zu Protokoll ge

(C (D Die Linke begrüßt den Vorschlag, ab 2012 jährlich eien Tag des barrierefreien Tourismus auf der ITB zu oranisieren. Dazu wird der von der SPD vorgeschlagene ertiefende Dialog aber nicht ausreichen. Neben den im ntrag vorgeschlagenen Akteuren und der Bundesregieung sollten auch die tourismuspolitischen Sprecherinen und Sprecher aller Bundestagsfraktionen an einen isch, und es bedarf auch der Bereitstellung der erforerlichen finanziellen Mittel. Vielleicht kann der für ourismus zuständige Minister seinen Tourismusbeirat inbeziehen? Dort ist ein Großteil der benötigten Kometenz versammelt, und angesichts der im Tourismus 011 vermeldeten Rekordergebnisse sollte auch das nöge Kleingeld einsammelbar sein. Laut der Studie „Barrierefreier Tourismus für Alle in eutschland – Erfolgsfaktoren und Maßnahmen zur ualitätssteigerung“ des BMWi frei zugängliche Umwelt für etwa 10 Prozent der Be ölkerung zwingend erforderlich, für etwa 30 bis 0 Prozent notwendig – das entspricht etwa 25 Millioen Menschen. Komfortabel ist sie für 100 Prozent! Eine barrierefreie Infrastruktur nützt nicht nur allen ürgerinnen und Bürgern. Sie ist auch per Grundgesetz orgeschrieben och weit davon entfernt. Die Anund Abreise mit der ahn, die Fahrt mit dem Auto, der Flug oder die Reise it welchem Verkehrsträger auch immer gehören zu fast dem Urlaub dazu. Für viele von uns ist das eine Selbst erständlichkeit. Eine Reise ohne einen Ortswechsel ist chlicht und ergreifend nicht möglich – für circa 20 Milonen Menschen mit eingeschränkter Mobilität in eutschland ist genau dies aber nach wie vor mit enoren Hindernissen verbunden. Ich spreche hier nicht nur ber die körperliche Bewegungseinschränkung; auch inschränkungen beim Hören und Sehen, Allergien und iele weitere Beeinträchtigungen können die Mobilität rschweren. Dabei spielen nicht nur die eigenen körperchen Voraussetzungen eine Rolle, sondern auch die rage, wie viel Mobilität uns unsere Umwelt denn überaupt ermöglicht. Die Internationale Tourismusbörse, ITB, ist die rößte und umsatzstärkste Reisemesse weltweit. Der Anag der SPD ist kurz und bündig. Er hat eine klare tention, die es zu unterstützen gilt. Wir brauchen Fon wie diese, um auf Probleme der Zukunft wie bei pielsweise die Barrierefreiheit Antworten zu finden. uch unser Fachgespräch am 12. Dezember letzten Jahs zu „Barrierefreie Mobilität im Bahnverkehr“ hat ge eigt: Es bedarf eines Dialoges zwischen Reisenden und eiseindustrie. Was wäre da besser geeignet als die B? Wir verstehen unter Barrierefreiheit einen breiten Anatz, der die Bedarfe verschiedener Beeinträchtigungen mfasst. Eine barrierefreie Infrastruktur enthält keine inschränkungen für Eltern mit Kleinkindern, für älter erdende Menschen, aber auch für Menschen mit Beinderungen. Der Nationalpark Eifel in Nordrheinestfalen bietet da ein schönes Beispiel. Er hat es sich Dr. Ilja Seifert gebene Reden Markus Tressel )

Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715230100







(A) )

zur Aufgabe gemacht, allen Menschen mit und ohne Be-
hinderung das Erleben der Natur zu ermöglichen. Dazu
werden in Kooperation mit der Nordeifel Tourismus
GmbH alle touristischen Angebote barrierefrei gestaltet,
zum Beispiel durch Führungen in Gebärdensprache,
barrierefreie Wanderrouten, Barrierefreiheit der Infor-
mationen im Gelände, spezielle Reisearrangements für
Menschen mit Behinderungen.

Die Zahl der Urlaubsreisenden zwischen 65 und
75 Jahren wird bis 2020 um 40 Prozent zunehmen. In
dieser Reisegruppe findet sich ein besonders hoher An-
teil an Deutschlandreisen. Darauf gilt es sich vorzube-
reiten. Das ist auch ein politischer Auftrag! Mögliche
Effekte sind bis zu 5 Milliarden Euro zusätzliche Ein-
nahmen in der Tourismusbranche sowie zusätzliche
90 000 Arbeitsplätze. Diese Potenziale gilt es zu nutzen.
Auf der ITB sollte man sich dessen bewusst werden. Wir
stimmen dem Antrag daher zu.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715230200

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für

Tourismus empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/8340, den Antrag der Fraktion der SPD
auf Drucksache 17/7827 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenom-
men mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der Oppositionsfraktionen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Jutta
Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Tarifsystem stabilisieren

– Drucksache 17/8148 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Die zu Protokoll gegebenen Reden stammen von
Ulrich Lange, CDU/CSU, Gitta Connemann, CDU/CSU,
Johannes Vogel, FDP, Jutta Krellmann, Die Linke, Beate
Müller-Gemmeke, Bündnis 90/Die Grünen. Von der
SPD liegt kein Redetext vor.


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1715230300

In Deutschland haben wir ein sehr gutes Tarifsystem,

basierend auf starken Partnern, unseren Arbeitgeber-
vertretern und unseren Gewerkschaften. Diese beiden
Partner sind als Protagonisten zuständig für die Vertre-
tung ihrer Klientel und für die Ausgestaltung der Tarife.
Die Politik gibt die Rahmenbedingungen vor, unter de-
nen dieses System sich gut entwickeln kann.

Aber die Linken haben unser System bis heute nicht
verstanden, haben den Absprung vom Staatsdirigismus
bis heute nicht geschafft. Wir stehen dafür, dass der
Staat nur eingreift, wenn es die Tarifparteien nicht
schaffen. Dies ist derzeit nicht der Fall.

S
V
S
n
L

d
ro
g
g
je
v
g
fe
W
m
d

d
li
L
d
s
s

L
lu
w
L
T
d
w

h
d
re
b
v
r
n

s
T
z

g

tr
a
a
tr
d

s
c
tu

(C (D Wir setzen auf Tarifpartnerschaft und wollen eine tärkung der Tarifautonomie durch branchenbezogene erfahren. Die Tarifautonomie ist ein Eckpfeiler unseres ozialstaates. In keinem Land der Welt ist so eine parterschaftliche Sozialkultur entstanden wie in unserem and. Die Linken fordern gebetsmühlenartig einen flächeneckenden Mindestlohn. Als Grund führen sie dann eupäische Partner an, bei denen es einen Mindestlohn ibt, wie zum Beispiel in Frankreich. Dabei verschweien die Linken aber, dass aufgrund des Mindestlohnes des Jahr circa 30 Milliarden Euro an Subventionen om französischen Staat an die Arbeitgeber als Ausleich gezahlt werden. Damit werden viele Mitnahmeefkte produziert. Wir sind gegen solch eine Stützung der irtschaft, aber für die Absicherung der Arbeitnehmer it einem bedarfsorientierten Mindesteinkommen über as Grundsicherungssystem. Die Linken fordern in ihrem Antrag eine Steigerung er Löhne, um die Binnenwirtschaft anzuwerfen. Meine eben Kolleginnen und Kollegen von den Linken: Die öhne steigen bei uns, weil die Arbeitslosigkeit sinkt und ie Beschäftigtenzahlen steigen. Die soziale Marktwirtchaft funktioniert bei uns, weil der Staat nicht alles vorchreibt. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass in den meisten ändern mit gesetzlichen Lohnund Mindestlohnregengen eine solch erfreuliche Arbeitsmarktentwicklung ie hierzulande nicht zu beobachten ist. Das ist der ohn einer hohen Verantwortung auf beiden Seiten der arifpartner. Es soll Aufgabe der Tarifpartner bleiben, afür zu sorgen, dass Niedriglöhne in Ordnung gebracht erden. Wenn der Staat die Tarifautonomie ersetzen würde, ätten wir Lösungen, die nicht den Gegebenheiten in en Regionen und Branchen entsprechen. Funktioniende Tarifautonomie braucht starke Arbeitgeberver ände und starke Gewerkschaften, die für ihre Branche erbindliche Abmachungen treffen können. Um die Taifautonomie zu stärken, setzen wir bei branchenbezogeen Verfahren an: Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes ollen für möglichst viele Branchen geöffnet werden; die arifvertragsparteien sind gefordert, Lohnuntergrenzen u definieren. Die Allgemeinverbindlicherklärung von Vereinbarunen über das Tarifvertragsgesetz soll erleichtert werden. Um künftig zu verhindern, dass sich eine Tarifveragspartei auf der Nachwirkung eines Tarifvertrages usruht, und um Haustarifverträge mit Niedriglöhnen blösen zu können, soll die Nachwirkung von Tarifverägen im Tarifvertragsgesetz auf ein Jahr begrenzt weren. Sollten die Tarifparteien keine Lösung beim Grundatz der Lohngleichheit finden, wollen wir eine gesetzlihe Normierung, wobei eine angemessene Einarbeingszeit berücksichtigt werden muss. )


(A) )

Meine Damen und Herren von der Linken, die Aus-
wirkungen eines Staatsdirigismus haben wir in der DDR
gesehen, haben die Bewohner Ostdeutschlands schmerz-
lich erfahren müssen. Sie haben als Nachfolgepartei der
SED den Staatsbankrott der DDR, den Niedergang der
ostdeutschen Wirtschaft zu verantworten. Springen Sie
wenigstens jetzt über Ihren Schatten und schmeißen Sie
Ihren Antrag in die Mottenkiste, wo er hingehört! Sor-
gen Sie mit uns dafür, dass es unseren Bürgerinnen und
Bürgern gut geht! Setzen Sie mit uns weiterhin auf die
soziale Marktwirtschaft gegen Staatsdirigismus!


Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1715230400

„Alter Wein in neuen Schläuchen“ – so sollte der Ti-

tel des heutigen Antrages der Fraktion der Linken ei-
gentlich lauten. Denn in dem Antrag findet sich keine
Forderung, die von den Linken nicht schon gestellt wor-
den wäre, und zwar nicht einmal, sondern immer und
immer wieder. Diese Politik der Wiederholung ist aber
nicht Ausdruck von Beharrlichkeit, sondern von offen-
sichtlicher Ignoranz – der tatsächlichen Gegebenheiten
sowie der rechtlichen Verhältnisse.

Erstens. Die Beschreibung der Verhältnisse durch
Sie, meine Damen und Herren von der Linken, und die
Realität weichen stark voneinander ab. Hier liegt ein
klarer Fall von Bewusstseinsverzerrung vor.

Dies beginnt schon bei der Wahrnehmung der Tarif-
bindung in Deutschland durch die Linken. Ihr Antrag re-
duziert den Begriff allein auf die unmittelbare Tarifbin-
dung, nämlich bei einer Mitgliedschaft des Arbeitgebers
im Arbeitgeberverband und des Arbeitnehmers in der
Gewerkschaft. Zwar ist diese unmittelbare Bindung an
Flächen- und Branchentarifverträge in den vergange-
nen Jahren zurückgegangen. Dafür ist aber die Zahl der
Haus- bzw. Firmentarifverträge gestiegen. Hinzu kom-
men die Arbeitsverhältnisse, in denen der Tarifvertrag
zum Beispiel zur Anwendung kommt, weil ein Arbeits-
vertrag auf den entsprechenden Vertrag Bezug nimmt.
Über diese sogenannte mittelbare Tarifbindung verlie-
ren die Linken jedoch kein Wort. Denn es kann ja nicht
sein, was nicht sein darf. Meine Damen und Herren von
der Linken, dann müssten Sie nämlich zur Kenntnis neh-
men, dass es um die Tarifbindung in Deutschland bei
weitem besser bestellt ist, als von Ihnen beschworen.
Danach waren auch 2010 für insgesamt 80 Prozent der

(West: 81,5 Prozent, Ost: 74 Prozent)

rufen, meine Damen und Herren von der Linken, sind
damit Tarifverträge nach wie vor das wichtigste Struk-
turelement für die Festsetzung von Entgelten und Ar-
beitsbedingungen. In den übrigen 20 Prozent finden sich
vor allem Bereiche, in denen zwar keine Tarifverträge
bestehen, aber dennoch regelmäßig hohe Löhne gezahlt
werden. Ich nenne beispielhaft die Beschäftigten in der
IT-Branche und Ingenieure. Arbeitgeber können sich
häufig gar nicht erlauben, ihren Arbeitnehmern ein un-
ter Tarif liegendes Entgelt anzubieten. Insbesondere vor
dem Hintergrund des demografischen Wandels und des
steigenden Mangels an qualifizierten Arbeitskräften
wird dieser Aspekt immer wichtiger werden. Soweit sich
ein Arbeitgeber bzw. ein Arbeitnehmer dagegen ent-

s
r
u
G
h
k

m
d
z
c
D
u
m
e
N
a
1
n
k
fe
A
jo
F
d
m
h
s
fe
in

n
M
r
W
J
B

A
p
V
g
w
A
2
in
g
w
c


H
to
ti
b
G
z
g
w
d
Zu Protokoll ge

(C (D cheidet, seine Lohnfindung an den Vorgaben eines Taifvertrags auszurichten, ist dies im Übrigen sein gutes nd durch die Verfassung abgesichertes Recht. Denn das rundgesetz schützt auch die negative Koalitionsfreieit, ob es Ihnen, meine Damen und Herren von den Linen, nun passt oder nicht. Und dann Ihre Behauptungen zum Niedriglohnsektor, eine Damen und Herren von der Linken. Sie begrünen Ihre Forderung nach einer staatlichen Lohnfestsetung mit dem Anstieg der Zahl der sogenannten Aufstoker und der Ausweitung des Niedriglohnsektors. Meine amen und Herren von der Linken, die Beschäftigung nterhalb der Niedriglohnschwelle ist aber gerade nicht it unauskömmlicher Arbeit gleichzusetzen. Wissen Sie igentlich, wovon Sie reden? Wissen Sie, wie hoch die iedriglohnschwelle überhaupt liegt? Von der Bundesgentur für Arbeit wird hier ein Wert von zurzeit 802 Euro pro Monat angenommen. Dies entspricht ei em Stundenlohn von 10,95 Euro. Ein Niedriglohnjob ann daher nicht mit einer Hilfsbedürftigkeit des Betrofnen gleichgesetzt werden. Im Übrigen sind die meisten ufstocker keine Vollzeitbeschäftigten, sondern Minibber oder Teilzeitkräfte. In mehr als der Hälfte der älle sind die Niedriglöhne Nebeneinkünfte: 84 Prozent er Geringverdiener haben andere, zusätzliche Einkomensquellen und erzielen ein Gesamteinkommen oberalb der Armutsgefährdungsschwelle. Deshalb würde elbst ein hoher gesetzlicher Mindestlohn an der Transrabhängigkeit der meisten Aufstocker wenig ändern, sbesondere wenn Kinder in der Familie sind. Zweitens. Ihr verzerrter Blick auf die Realität ist aber och harmlos im Vergleich zu Ihren Rechtskenntnissen. eine Damen und Herren von der Linken, Ihre Forde ungen sind wirklich ungetrübt von jedem juristischen issen. Da fällt mir nur die Empfehlung ein, die jedem urastudenten im ersten Semester gegeben wird: „Ein lick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung.“ So fordern Sie die Aufnahme aller Branchen in das rbeitnehmer-Entsendegesetz. Dies ist rechtlich äußerst roblematisch. Denn die notwendige Bestimmtheit der erordnungsermächtigung dürfte damit nicht mehr geeben sein. Dies war übrigens ein maßgeblicher Grund, arum in der 15. Legislaturperiode von diesen Plänen bstand genommen wurde. Im Übrigen war im Jahre 009 allen interessierten Branchen angeboten worden, den Anwendungsbereich des Arbeitnehmer-Entsende esetzes aufgenommen zu werden. Diese Möglichkeit urde jedoch nicht genutzt. Bei Vorliegen der gesetzlihen Voraussetzungen ist auch aktuell eine Erweiterung r einzelne Branchen grundsätzlich möglich. Ihr nächster Husarenstreich, meine Damen und erren von der Linken, ist die Forderung nach einer aumatischen Allgemeinverbindlicherklärung repräsentaver Entgelttarifverträge. Warum sollen sich Arbeitgeer und Arbeitnehmer zukünftig in Verbänden und ewerkschaften organisieren, wenn auch ohne die damit usammenhängenden Kosten die Regelungen für diese elten? Diese Folgen sieht sogar der Antrag. Denn es ird auf Skandinavien verwiesen, wo eine hohe Tarifbinung ohne hohen Organisationsgrad vorliegt. Beispiels Ulrich Lange gebene Reden )





(A) )

weise liegt aber auch in Österreich die Tarifbindung bei
99 Prozent, der Organisationsgrad aber nur bei 28 Pro-
zent, oder in Frankreich bei 90 Prozent bzw. 8 Prozent.
Meine Damen und Herren von der Linken, ist der Tarif-
bindung dadurch geholfen, dass eine Minderheit für die
Mehrheit Bestimmungen trifft, die dann allgemein für
alle gelten? Im Übrigen kollidieren Ihre Vorstellungen,
meine Damen und Herren von der Linken, mit der ver-
fassungsrechtlich geschützten Koalitionsfreiheit, der un-
ternehmerischen Freiheit sowie der Handlungsfreiheit.
Bei einer nur relativen Repräsentativität fehlt den ab-
schließenden Tarifvertragsparteien jegliche Legitima-
tion, für den Rest der Branche die Arbeitsbedingungen
zu regeln. Die damit einhergehende Missbrauchsgefahr
ist praktisch mit Händen zu greifen. Ich nenne insoweit
nur das Stichwort „Postmindestlohn“.

Nur mit wirklich repräsentativen Tarifverträgen im
Sinne des 50-Prozent-Quorums des Tarifvertragsgeset-
zes kann sichergestellt werden, dass sich Tarifverträge
vor ihrer Erstreckung mehrheitlich durchgesetzt haben
und die wirklichen Bedingungen der Branche widerspie-
geln. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass eine Minder-
heit die Mehrheit majorisieren kann. 50 Prozent sind die
Hälfte der betroffenen Arbeitsverhältnisse. Eine Reduk-
tion dieser klaren Grenze einer absoluten Mehrheit
würde weitere Reduktionen je nach der politischen Kon-
stellation nach sich ziehen.

Ihre Forderung nach einer automatischen Erstre-
ckung aller Branchentarifverträge steht im krassen Wi-
derspruch sowohl zur negativen als auch zur positiven
Koalitionsfreiheit. Die Bildung marktgerechter Löhne
wäre weitgehend unmöglich, da keine Rücksichtnahme
auf Außenseiter mehr notwendig wäre. Nicht umsonst
sehen das Tarifvertragsgesetz und das Arbeitnehmer-
Entsendegesetz einen Tarifausschuss sowie das Mindest-
arbeitsbedingungengesetz einen Fach- bzw. Hauptaus-
schuss vor.

Auch Ihre Forderung nach einer Erstreckung ganzer
Lohngitter widerspricht der Tarifautonomie. Diese geht
über das zur Verhinderung sozialer Verwerfungen
Notwendige hinaus. Folge der Erstreckung wäre ein
Flickenteppich unterschiedlichster geltender Mindest-
löhne, die insbesondere für kleine Unternehmen nicht
handhabbar wären. Zudem würde die Kontrolle durch
die jeweiligen Kontrollbehörden erschwert. Niemandem
ist geholfen, wenn ein Mindestlohn gilt, aber aufgrund
der Unübersichtlichkeit ob der Vielzahl der geltenden
Löhne nicht klar ist, welcher Lohn gilt. Zudem würde die
Ermächtigung, ganze Lohngitter auch über das Arbeit-
nehmer-Entsendegesetz erstrecken zu können, dem
Missbrauch zum Eingriff und zur Regulierung des Wett-
bewerbs Tür und Tor öffnen.

Meine Damen und Herren von der Linken, im Online-
lexikon für Redensarten wird übrigens der Ausruf „Das
ist doch alter Wein in neuen Schläuchen!“ wie folgt er-
klärt: „… den gleichen Inhalt auf andere Weise präsen-
tieren oder anders benennen; Täuschungsmanöver“.
Genau so ist es. Und für Täuschungsmanöver sind wir
nicht zu haben. Deshalb werden wir Ihren Antrag auch
ablehnen.

je
h
d
d
v
E
S
F
o
E
je

s
d
S
d
b
b
d
J
w
n
Ih
k
m
V
m

d
F

m
E
s
e
Z
p
s
J
n
2
d
E
D
m
s
e

n
c
h
e
E
w
R
s
le
w
e
Zu Protokoll ge

(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, der kennt ja das so genannte Déjà-vu-Erlebnis. Ich abe dazu einmal im Lexikon nachgeschlagen. Unter em Stichwort „Déjà-vu“ kann man dort nachlesen, ass es sich um eine qualitative Gedächtnisstörung mit ielfältigen Ursachen handelt, mitunter ausgelöst durch rmüdung, Drogenkonsum oder auch traumatische chädigungen des Temporallappens. Science-Fictionans mögen auch an eine Störung der Matrix denken. So der so erscheint mit diesem Wissen jedes Déjà-vurlebnis als Anlass zur Sorge um die eigene Gesundheit – denfalls ist es ein bisschen beunruhigend. Unter diesem Gesichtspunkt fürchte ich mich inzwichen immer ein wenig vor der Lektüre Ihrer Anträge; enn irgendwann stellt sich dabei immer das Gefühl des chon-mal-gesehen-Habens ein. Kann man gar nichts ran machen. Das hat natürlich damit zu tun, dass sich ei Ihnen die Kreativität beim Auffinden politischer Proleme in einem umgekehrten Proportionalverhältnis mit er Kreativität Ihrer Lösungsvorschläge befindet. Kurz: e mehr Probleme, desto weniger Lösungen. Denn egal, elches echte oder vermeintliche Problem Sie benenen, außer Frage steht jeweils seine Linderung durch r arbeitsmarktund sozialpolitisches Breitenantibioti um: den allgemeinen, politisch gesetzten Mindestlohn it Gesetzeszwang. Insofern muss man auch geradezu erständnis dafür haben, dass in Ihrem Antrag, den Sie it „Tarifsystem stabilisieren“ betitelt haben, als Erstes was vorschlagen? Richtig: einen gesetzlichen Minestlohn. Es ist überall dasselbe – von Garmisch bis lensburg und von Aachen bis Görlitz. Bevor ich auf Ihre restlichen Forderungen eingehe, öchte ich aber noch ein paar Bemerkungen machen. rstens schreiben Sie in Ihrem Antrag, der Niedriglohnektor weite sich aus. Das stimmt nicht, sondern seit twa fünf Jahren ist sein Anteil in etwa gleich groß. weitens behaupten Sie, Deutschland setze auf Duminglöhne. Auch das stimmt nicht, sondern die Lohntückkosten sind in Deutschland in den vergangenen ahren relativ stabil geblieben, und zwar stabil auf eiem hohen Niveau. Vergleicht man beispielsweise die 4 Industrieländer mit den höchsten Lohnstückkosten, ann landet Deutschland hier auf dem vierten Platz. hrlich gesagt finde ich es da reichlich abwegig, von umpinglöhnen zu sprechen. Abgesehen davon bin ich ir auch nicht ganz sicher, was Sie unter Dumping ver tehen, bzw. glaube ich, dass Sie selbst auch nicht genau rklären können, was Sie darunter verstehen. Ansonsten haben Sie ja jetzt folgende Vorhaben: Öffung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für alle Branhen, Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes dain gehend, dass Allgemeinverbindlichkeitserklärungen rleichtert werden, und dahin gehend, dass komplette ntgelttabellen leichter für allgemeinverbindlich erklärt erden können, und auch Tarifverträge mit regionaler eichweite sollen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegeetz für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Als zur Stabilisierung des Tarifsystems wohlgemerkt. So eit, so gut – oder schlecht –, und da könnte man jetzt igentlich in der Sache diskutieren. Gitta Connemann gebene Reden )

Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1715230500




(A) )

Man könnte das aber auch sein lassen, denn Ihr An-
trag lässt es dabei ja nicht bewenden. In der Begrün-
dung lassen Sie nämlich die – ja, so muss man das wohl
sagen – Maske fallen. Ich zitiere: „Um die Allgemein-
verbindlicherklärung unabhängig vom politischen Wil-
len der jeweiligen Arbeitsministerin oder des jeweiligen
Arbeitsministers und auch unabhängig von der Position
der Spitzen- oder Fachverbände der Arbeitgeber zu er-
leichtern, wird das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales verpflichtet, Tarifverträge automatisch für all-
gemeinverbindlich zu erklären, wenn gewisse Repräsen-
tativitätsanforderungen erfüllt sind. Damit entfällt das
bisherige Vetorecht der Arbeitgeber, aber auch das des
Bundesarbeitsministeriums.“ Unter „gewissen Reprä-
sentativitätsanforderungen“ verstehen Sie irgendetwas,
was weniger als die Hälfte ist. Denn zum 50-Prozent-
Quorum des Tarifvertragsgesetzes lassen Sie verlauten:
„Als weiteres Hindernis ist das zu hohe Quorum von
50 Prozent zu nennen, das derzeit für eine Allgemeinver-
bindlicherklärung nach dem Tarifvertragsgesetz vorge-
schrieben ist und vom Bundesministerium für Arbeit und
Soziales auch auf das Arbeitnehmer-Entsendegesetz an-
gewandt wird.“

Also nichts für ungut, aber nachdem ich am Anfang
gesagt habe, ein Déjà-vu-Erlebnis könnte einem schon
Angst machen, muss ich jetzt doch sagen, das es Ihr
Grundrechts- und Demokratieverständnis ist, das einen
schaudern lässt. Dazu muss man sich noch einmal den
Art. 9 des Grundgesetzes vergegenwärtigen, dessen
Wortlaut so schön ist, dass man ihn gar nicht oft genug
zitieren kann. In den ersten beiden Sätzen heißt es da:
„Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits-
und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden,
ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Ab-
reden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern
suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen
sind rechtswidrig.“ Im Prinzip fußt das ganze deutsche
Tarifvertragssystem auf diesem Grundrecht. Und jetzt
kommen Sie und wollen daraus Folgendes machen: Al-
leine Arbeitnehmervertreter bestimmen über Allgemein-
verbindlichkeiten, fertig aus. Sie treten also das Grund-
recht der Tarifautonomie mit Füßen. Nichts anderes ist
es nämlich, wenn man eine Partei im Tarifausschuss
ausschalten will. Und demokratisch ist es schon mal gar
nicht, wenn die Minderheit über die Mehrheit entschei-
det – auch das haben Sie vor. Eigentlich weiß man das
schon seit rund 2 500 Jahren. Sie leider nicht. Vielleicht
fällt Ihnen dazu aber im Ausschuss noch etwas ein. Ich
freue mich darauf.


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715230600

Der Tarifvertrag besitzt eine lange Tradition in

Deutschland. Schon seit 139 Jahren ist er ein probates
Mittel, um Löhne festzulegen, Urlaub und Arbeitszeiten
zu regeln und spezifische Bedingungen am Arbeitsplatz
zum Schutz der Beschäftigten zu bestimmen. Die Aus-
handlungsprozesse, die den Tarifverträgen vorausgin-
gen, fanden früher nicht selten auf der Straße statt.
Heute ist für gewöhnlich der Verhandlungstisch der
Schauplatz von Tarifauseinandersetzungen. Erst wenn
es dort nicht weitergeht, dann wird „auf der Straße“

v
B
M

n
a
c
m

G
d
d
u
in
n
v
Z
w
n
S
a
im
B
im
m
g
d

s
v
tu
M
s
le
g
T

b
v
d
z

m
Z
ä

s
r
a
le
r
re
E
w
c
T
O
a
ti
Zu Protokoll ge

(C (D erhandelt. Auch in diesem Jahr stehen wieder in vielen ranchen Tarifverhandlungen an, unter anderem in der etallund Elektroindustrie und im öffentlichen Dienst. Tarifvertragsverhandlungen finden jedoch nie in eiem luftleeren Raum statt, sondern sind ein Abbild der ktuellen Beschäftigungssituation, der gesellschaftlihen Kräfteverhältnisse und auch des rechtlichen Rahens. Aber wie sehen diese denn heutzutage aus? Der Arbeitsmarkt in Deutschland wurde dank Rotrün und der Agenda 2010 zunehmend dereguliert. Statt er sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung wuchs er Niedriglohnbereich; durch Befristung, Leiharbeit nd Minijobs haben nicht nur die Beschäftigten weniger der Lohntüte, auch dem Staat gehen damit Steuerein ahmen und Geld für die Sozialversicherungssysteme erloren. Die Absurdität des Ganzen kann man an der unahme der Zahl der sogenannten Aufstocker ablesen, o der Staat das Lohndumping von Arbeitgebern sogar och bezuschusst. Zeitgleich wurde ein beispielloses anktionssystem installiert, das den Druck, eine Arbeit nzunehmen, und sei sie auch noch so schlecht bezahlt, mens gesteigert hat. Den Beschäftigten verlangt der alanceakt zwischen prekärer Beschäftigung und Hartz IV mer mehr ab und führt nicht selten in die Annahme ehrerer Jobs, um sich über Wasser zu halten. Die stanierende Kaufkraft der Beschäftigten ist nur ein Ausruck dieser Situation. Gegen diese Entwicklung haben es auch die Gewerkchaften schwer. Durch die schwindende Anzahl sozialersicherungspflichtig Beschäftigter und der Ausweing der prekären Beschäftigung erlitten sie erhebliche itgliederverluste, die wiederum die Tarifauseinander etzungen erschwerten. Die Folgen lassen sich nicht zutzt an der schwindenden Tarifbindung und den niedrien Tarifabschlüssen der letzten Jahre ablesen. Ein eufelskreis, den es zu durchbrechen gilt. Die tarifrechtliche und arbeitsrechtliche Gesetzgeung, die diese Schieflage unterstützt, hat die Politik zu erantworten, angefangen beim Gesetz zur Neuregelung er geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse bis hin um Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Frei nach dem Motto: Was man verbockt hat, kann an auch wieder geradebiegen, ist es höchste Zeit, die eichen der Zeit anzuerkennen und notwendige Gesetzesnderungen auf den Weg zu bringen. Dabei ist neben der Einführung eines allgemeinen geetzlichen Mindestlohns vor allem die Stärkung des Taifsystems und der Tarifbindung unerlässlich. Dies wird, usgehend von der aktuellen Rechtslage, durch die Erichterung der Allgemeinverbindlicherklärung von Ta ifverträgen durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz ericht. Mit der Ausweitung auf alle Branchen und die inbeziehung von kompletten Entgelttabellen schlagen ir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen sihert dies vielen Menschen ein Arbeitsverhältnis mit arifbindung, und zum anderen ließe sich dadurch der rganisierungsgrad sowohl bei den Gewerkschaften als uch bei den Arbeitgebern erhöhen. Nur wenn Beschäfgte etwas von ihrer Gewerkschaft haben, werden sie Johannes Vogel gebene Reden Jutta Krellmann )








(A) )

Mitglied. Und nur wenn unter diesen Bedingungen alle
Betroffenen an einem Tisch sitzen, finden Verhandlungen
auf Augenhöhe statt und man kann wieder von einem gu-
ten Tarifsystem in Deutschland sprechen – und von gu-
ten Tarifverträgen!


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir freuen uns, dass sich nun auch die Fraktion Die
Linke für die Stabilisierung des Tarifvertragssystems
starkmacht und einen eigenen Antrag unserem Antrag
„Tarifvertragssystem stärken – allgemeinverbindliche
Tariflöhne und branchenspezifische Mindestlöhne er-
leichtern“ zur Seite stellt. Das Thema ist wichtig, denn
das Tarifsystem befindet sich in einem schnell voran-
schreitenden Erosionsprozess. Dies zeigen die Zahlen
zur Tarifbindung, die 1980 noch über 80 Prozent betrug
und heute auf 62 Prozent abgesunken ist. Konkret be-
deutet dies, dass nur noch 62 Prozent der Beschäftigten
von Tarifverträgen geschützt werden. Die weißen Fle-
cken in der Tariflandschaft werden immer größer – zu-
lasten der Beschäftigten.

Die Bundesregierung ignoriert aber dieses Problem.
In Debatten verweisen die Regierungsfraktionen immer
und immer wieder auf die Verantwortung der Tarifpart-
ner. Natürlich ist es wünschenswert, dass die Tarifpart-
ner autonom für gute Löhne und faire Arbeitsbedingun-
gen sorgen. Das ist der Idealfall. Fakt ist aber, dass die
Tarifpartnerschaft in manchen Branchen nicht mehr
funktioniert. Das geschieht auf Kosten der Beschäftigten
sowie der Allgemeinheit. Deshalb muss das Tarifver-
tragssystem politisch gestützt und gestärkt werden.

Im gesamteuropäischen Vergleich befindet sich
Deutschland beim Tarifbindungsgrad lediglich im Mit-
telfeld. Zum Beispiel in Frankreich, Spanien und Finn-
land bestehen wesentlich effektivere Systeme, mit denen
Tarifverträge als allgemeinverbindlich erklärt werden
können, sodass sie für alle Beschäftigten einer Branche
gelten. In Frankreich entscheidet das Arbeitsministe-
rium über die Ausdehnung eines Tarifvertrags, ohne an
Kriterien der Repräsentativität von Tarifverträgen ge-
bunden zu sein. In Finnland gelten die Tarifverträge für
alle Beschäftigten, wenn etwa die Hälfte der Beschäftig-
ten bei einem tarifgebundenen Arbeitgeber arbeitet. In
Spanien werden alle Tarifverträge automatisch auf die
Beschäftigten einer Branche ausgedehnt, wenn sie von
einer als repräsentativ anerkannten Tarifpartei abge-
schlossen wurden.

Die Bundesregierung sollte sich diese Systeme der
Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen zum
Vorbild machen. Der Trend zur Tarifflucht muss endlich
gestoppt werden, denn Tarifflucht hat auch Auswirkun-
gen auf die Löhne. Der anwachsende Niedriglohnbe-
reich hat einschneidende Konsequenzen für die Exis-
tenzsicherung der Beschäftigten und belastet in mehr-
facher Hinsicht den Sozialstaat. Prekäre Löhne verursa-
chen Einnahmeausfälle bei den Sozialversicherungen,
mindern die Steuereinnahmen und führen zu steigenden
Sozialausgaben. Niedrige Löhne belasten vor allem
aber die Menschen. Sie leben in finanzieller Unsicher-

h
n

d
b
F
g
s

d
S
h
c
re
g
M
m
p
d
g
n
a
d
a
D
re
d

A
r
h
h
a

D

v
s

J
A
F
B

(C (D eit unter unwürdigen Lebensbedingungen. Anerkenung und Wertschätzung sieht anders aus. Weil das Thema mir so wichtig ist, freut es mich, dass ie Linken nun auch einen Antrag zu diesem Thema einringen. Es sind interessante und ziemlich weitgehende orderungen, die sich an den gesetzlichen Bestimmunen in Spanien orientieren. Wir werden diese Vorschläge ehr genau prüfen. Auf den ersten Blick wird aber deutlich, dass die Forerungen sehr weitreichend sind und stark das bisherige ystem verändern würden. Prinzipiell halten wir am biserigen System fest, denn es passt zu den unterschiedlihen Realitäten in Deutschland. Es gibt gutfunktioniende Sozialpartnerschaften in vielen Branchen; für die ilt das Tarifvertragsgesetz. Für Branchen, in denen nur indestlöhne verhandelbar sind, greift das Arbeitneher-Entsendegesetz. In Branchen, in denen die Sozialartnerschaft überhaupt nicht funktioniert, können Minestlöhne nach dem Mindestarbeitsbedingungengesetz eschaffen werden. Und schlussendlich fordern wir eien gesetzlichen Mindestlohn, der flächendeckend für lle Beschäftigten gilt. Dennoch sind Reformen notwenig, um die Tarifbindung durch Mindestlöhne und als llgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge zu erhöhen. eshalb fordern wir in unserem Antrag, dass die Verfahn im Tarifvertragsgesetz und im Arbeitnehmer-Entsen egesetz vereinfacht werden. In der weiteren Diskussion im Ausschuss und bei der nhörung, werden wir uns intensiv auch mit den Fordeungen der Linken auseinandersetzen. Schussendlich aben wir ja das gleiche Ziel. Wir brauchen wieder eine öhere Tarifbindung, denn wir wollen, dass möglichst lle Menschen von ihrer Arbeit leben können. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf rucksache 17/8148 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Claudia Roth von Notz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Umfassende Initiative zur Digitalisierung des Filmerbes starten – Drucksache 17/8353 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Rechtsausschuss Die zu Protokoll gegebenen Reden stammen von ohannes Selle, CDU/CSU, Dorothee Bär, CDU/CSU, ngelika Krüger-Leißner, SPD, Dr. Claudia Winterstein, DP, Kathrin Senger-Schäfer, Die Linke, Claudia Roth, ündnis 90/Die Grünen. )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715230700

(A) )


Johannes Selle (CDU):
Rede ID: ID1715230800

Vor uns liegt die wirklich ungeheuer komplexe Auf-

gabe, das qualitativ und quantitativ große deutsche Film-
erbe zu sichern und der Öffentlichkeit Zugang zum Erbe
zu ermöglichen. Neu ist diese Aufgabe nicht, aber erle-
digt ist sie auch noch nicht.

Diese Aufgabe erfordert unsere erhöhte Aufmerksam-
keit, denn wir sind in einem Stadium, wo durch fort-
schreitende Zeit irreparable Schäden entstehen können.
Gleichzeitig ist klar, dass diese Aufgabe aufgrund ihrer
Dimension – es handelt sich immerhin um mehrere Hun-
derttausend Werke – nicht mit einem Schlag bewältigt
werden kann. Das liegt zum einen an den zur Verfügung
zu stellenden Finanzmitteln, es liegt aber auch an den
zur Verfügung stehenden Kapazitäten.

Es ist politisch unstrittig, dass wir uns diesem Thema
zügig widmen müssen. Es dürfte weiter unstrittig sein,
dass dazu eine Finanzierung auf die Beine zu stellen ist,
zu der auch der Bundeshaushalt wird beitragen müssen.

Richtig losgelegt werden kann aber erst, wenn kon-
zeptionelle Vorarbeiten abgeschlossen sind, bei denen
die Beiträge der Experten der Branche erforderlich
sind.

Die Themenfelder, um die es dabei geht, wurden bei
dem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für
Kultur und Medien zum Thema Filmerbe – Archivie-
rung und Digitalisierung am 9. November 2011 sehr
deutlich.

Da geht es zunächst einmal um die vollständige Be-
standsaufnahme, in der auch der Erhaltungszustand er-
fasst werden sollte.

Für die Zukunft gehört die für dieses Jahr vorgese-
hene Änderung des Bundesarchivgesetzes mit der
Pflichtregistrierung aller produzierten Kinofilme dazu.
Aus dieser Pflichtregistrierung wird sich ergeben, in
welchem ergänzenden Umfang eine Pflichthinterlegung
aller Werke vorgesehen werden kann und welche finan-
ziellen Auswirkungen für Produzenten oder auch die öf-
fentliche Hand damit verbunden sind.

Auch durch die Fernsehanstalten werden Filme her-
gestellt, deren Sicherung auf Dauer in die Betrachtung
ebenso einzubeziehen ist wie die Zugänglichkeit für Inte-
ressenten.

Nach dem Stand der Technik ist davon auszugehen,
dass zukünftige Nutzungen digitalisierte Werke voraus-
setzen. Das stellt für neue Produktionen weniger ein
Problem dar als für historische Werke. Bei den histori-
schen Werken stehen wir inzwischen in vielen Fällen vor
der Aufgabe, die Filme vor der Digitalisierung zu re-
staurieren. Dies kann, abhängig vom Zustand, sechsstel-
lige Beträge pro Film erforderlich machen. Um dies zu
leisten, werden eine Priorisierung und sogar eine Kano-
nisierung unumgänglich sein.

Unzweifelhaft wird nicht jeder Film zum Erbe gerech-
net werden können. Auf welche Weise hier vorgegangen
werden kann, gehört zu den Fragen, die als nächste ge-
löst werden müssen.

is
d

g
m
im
s
la
te

ti
s



w
tu
n
a
F
m
B
d

in
w
im

d
a
re
v
b
s
e
te

b
W

g
w
ü
d
g

a
m
w

z
g
z
w
Zu Protokoll ge

(C (D Wenn auch der Digitalisierung die Zukunft gehört, so t schon erstaunlich, was die öffentliche Anhörung zu iesem Thema an Erkenntnissen gebracht hat. Die Geschwindigkeit der digitalen Revolution ist unebrochen. Damit verbunden ist eine Vielfalt von Foraten und Geräten. Die Standards wechseln und müssen mer wieder neu gefunden werden. Demgegenüber teht die qualitativ hochwertige und vergleichsweise nganhaltende Sicherung auf herkömmlichem Filmmarial. Es ist durchaus nicht selbstredend und völlig eindeug, wie der Weg der Digitalisierung kosteneffizient bechritten werden kann. Die Digitalisierung eines abendllenden Films beläuft sich im Moment auf einen nfstelligen Betrag. In Deutschland unterstützen auch die Länder und eitere Ministerien das große Thema, das gesamte kulrelle Erbe zu digitalisieren, wozu über den Film hi ausgehend Bücher, Gemälde, Architektur und vieles ndere mehr zu zählen ist. Auch diese Erfahrung und orschungsergebnisse sind zu berücksichtigen. Hier uss insbesondere durch Mitwirkung der Experten der ranche eine einvernehmliche Lösung definiert und ann allgemeinverbindlich gemacht werden. Um vorhandene Werke digitalisieren zu können, muss Übereinstimmung mit dem Urheberrecht gehandelt erden. Dort, wo die Filme physisch liegen, liegen nicht mer die Rechte. Der Prozess der Rechteklärung und gegebenenfalls er Rechteeinholung ist sehr aufwendig und dadurch uch kostenintensiv. Nicht in jedem Fall kann er erfolgich zu Ende geführt werden. Da es aber in jedem Fall on hohem allgemeinen Interesse ist, das Erbe zu ewahren und auch zu nutzen, sind entsprechende geetzliche Regelungen zu schaffen, die uns das Handeln rmöglichen, aber auch berechtigte nachträglich auftrende Interessen berücksichtigen können. Das Thema der Bewahrung des Erbes und der Nutzarmachung kennen andere europäische Nationen auch. ir sind gut beraten, nach deren Erfahrungen zu fragen. Diesen Prozess auch auf europäischer Ebene mitzuestalten, verdient ebenso unsere Anstrengungen. Denn as zu Europa gehört, definiert sich wesentlich auch ber die gemeinsamen kulturellen Wurzeln. Insbesonere ist hier an die Regelung zu denken, die wir im Umang mit verwaisten Werken brauchen. Ebenfalls mitbedacht werden sollte, wie unser Erbe nderen europäischen Nutzern ebenso zugänglich geacht werden kann – durch Untertitelung zum Beispiel – ie deren Erbe unserer Bevölkerung. Das kulturelle Erbe der Bewegtbilder zu sichern und u bewahren, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ehört zu unserem Selbstverständnis und natürlich auch u unserem Selbstbewusstsein. Deshalb sehe ich der eiteren Diskussion guten Mutes entgegen. gebene Reden )





(A) )


Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1715230900

„Jugendpolitik führt in Deutschland ein Schattenda-

sein“ – so lautet der Vorwurf der Opposition, ferner,
dass in der Arbeit der schwarz-gelben Regierungskoali-
tion jugendpolitische Belange weit hinter eine Politik,
die auf frühkindliche Förderung zielt, zurückfielen.

Diesen Umstand gelte es zu durchbrechen. Ein Sym-
bol für den Aufbruch in eine eigenständige Jugendpoli-
tik sei die „Würdigung der jugendfreundlichsten Kom-
mune Deutschlands“ in Form eines Wettbewerbs.

Dieser Vorwurf lässt sich freilich nicht halten. Richtig
ist zwar, dass in den vergangenen Jahren der Schutz, die
Förderung und die Bildung in den ersten Lebensjahren
besondere Aufmerksamkeit erfahren haben – und dies zu
Recht. Das BMFSFJ arbeitet jedoch derzeit unter Einbe-
ziehung der Jugendverbände an einer Strategie für eine
eigenständige Jugendpolitik. Der vorliegende Antrag ist
damit als reiner Aktionismus zu bewerten.

Der gesellschaftliche, technische und wirtschaftliche
Wandel der letzten Jahrzehnte eröffnet Jugendlichen
heute mehr Chancen als jemals zuvor. Gleichzeitig stellt
dieser Wandel Jugendliche aber auch vermehrt vor Ent-
scheidungen und neue Herausforderungen.

Der demografische Wandel, die mit der Globalisie-
rung steigenden Anforderungen an Wissen und Kompe-
tenzen, die Beschleunigung und Verdichtung der Bil-
dungsbiografie und die stärkere Heterogenisierung der
Jugendphase erfordern auch von der Jugendpolitik ein
Umdenken. Neben den schulischen Anforderungen wol-
len Jugendliche sich entsprechend ihren eigenen Inte-
ressen und Stärken weiterentwickeln und sich gesell-
schaftlich engagieren. Jugendliche benötigen Raum:
sowohl in der Gesellschaft, um angehört zu werden und
mitbestimmen zu können, als auch reale Räume in ihrer
unmittelbaren Umgebung als Treffpunkte.

Die Jugendpolitiker der Union berücksichtigen diese
Punkte; wir werden in Kürze einen eigenen Antrag vor-
legen, der sich insbesondere mit dem Bereich Reformie-
rung des Kinder- und Jugendplans, dem Bereich der
Partizipation, dem Bereich Neue Medien und Medien-
kompetenz und dem Bereich der Freiwilligendienste be-
fasst.

Den vorliegenden Antrag lehnen wir insofern heute
ab.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1715231000

In drei Wochen beginnen wieder die Internationalen

Filmfestspiele in Berlin.

Dieter Kosslick, der Chef der Berlinale, war gestern
bei uns im Ausschuss und hat in seiner unnachahmli-
chen Art berichtet, was uns in diesem Jahr erwartet.
Wieder hat er unsere Begeisterung und Neugier in Bezug
auf das Festival geweckt. Ich freue mich, dass Dieter
Kosslick seinen Job auch noch in den nächsten fünf Jah-
ren weitermacht, und ich wünsche ihm von dieser Stelle
aus viel Erfolg.

Mit im Programm der Berlinale ist wieder die Retro-
spektive. Hier hat Dieter Kosslick ab diesem Jahr eine

w
ti
n
o

g
m
u
s

n
s
e

b
e
to

d
d
v
m
V
r

re
n
u
te
d
d
s
k
ly

la
J

h
g
K
d
e

g
ta
te
w

K
m
d
r
h
A
h
D
b
Zu Protokoll ge

(C (D underbare Kooperation auf die Schiene gesetzt. Künfg wird die Berlinale zusammen mit der Deutschen Kiemathek bei ihren Retrospektiven eng mit dem Museum f Modern Art kooperieren. Auf den Retrospektiven der Berlinale werden Filme ezeigt, die Filmgeschichte gemacht haben, die das Filemachen in aller Welt entscheidend mitgeprägt haben nd die für viele junge Filmemacher heute noch Vorbild ind. Bei der 60. Berlinale vor zwei Jahren hatten wir ja eien besonderen Höhepunkt mit der Präsentation des retaurierten Filmwerkes „Metropolis“ von Fritz Lang, ine Ufa-Produktion aus dem Jahr 1927. Was bei der Berlinale und anderen Filmfestivals geoten wird, sollte auch im übrigen kulturellen Angebot ine Selbstverständlichkeit sein: das Nebeneinander von paktuellen Filmen und Filmklassikern. Eine lebendige Filmkultur zeichnet sich gerade daurch aus, dass sie die Gelegenheit bietet, Einblick in ie Werke der Filmgeschichte zu geben. Die Qualität ieler neuer Filme erschließt sich oftmals erst, wenn an sie im Kontext des gesamten Filmschaffens sieht. iele dieser Filme setzen bis heute Maßstäbe in künstleischer, technischer und visueller Hinsicht. Deshalb muss unser Filmerbe präsent sein im kultullen Leben und für alle zugänglich. Vergessen wir icht: Unser Filmerbe ist ein wesentlicher Bestandteil nseres gesamten nationalen Kulturerbes. Filme vermitln wie andere Meisterwerke auch eine Vorstellung von er Geschichte, der Identität und der Kultur und sind amit prägend für das kulturelle Gedächtnis einer Geellschaft. Filme sind in ihren vielfältigsten Formen ein ulturelles Erbe, das bewahrt, erhalten, archiviert, anasiert, aber auch genutzt und gezeigt werden muss. Aber wie steht es denn um unser Filmerbe in Deutschnd? Kurz gesagt: gar nicht gut. Die Probleme sind seit ahren bekannt – passiert ist bislang kaum etwas. Wir erinnern uns noch alle: Bereits vor vier Jahren aben wir mit einem gemeinsamen Antrag die Bundesreierung aufgefordert, zu handeln. Ende 2010 hat der ulturstaatsminister im Ausschuss eingestanden, dass ie Dinge liegengeblieben sind. Umso intensiver wollte r sich kümmern – passiert ist seitdem kaum etwas. Deshalb hat die SPD-Fraktion im Sommer des verangenen Jahres der Bundesregierung einen Fragenkalog vorgelegt, um den Stand offenzulegen und um weir zu drängen, damit die Dinge endlich angepackt erden. Die Antworten der Bundesregierung auf unsere leine Anfrage „Sicherung, Bewahrung und Nutzbarachung des nationalen Filmerbes“ – Bundestagsrucksache 17/6834 – offenbaren, dass die Bundesregieung wertvolle Zeit für das Filmerbe und seinen Erhalt at verstreichen lassen. Bei den Kernfragen bleiben die ntworten zu vage oder lassen die nötige Entschlosseneit zur Lösung vermissen. Klar wird: Bereits jetzt ist eutschland im Vergleich zu den europäischen Nacharstaaten deutlich zurückgefallen. gebene Reden )





(A) )

Deshalb hat der Ausschuss erneut eine Reihe von
ausgewiesenen Filmerbeexperten eingeladen und von
weiteren Fachleuten schriftliche Stellungnahmen ange-
fordert, um die Notwendigkeiten und Lösungswege auf-
zuzeigen. An dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank an
die Experten für die vielen wertvollen Hinweise!

Wir von der SPD-Fraktion sind gerade damit befasst,
unsere Schlussfolgerungen aus dem letzten Expertenge-
spräch in einen konkreten Forderungskatalog an die
Bundesregierung zu gießen.

Ich kann meinen Ärger an dieser Stelle nicht zurück-
halten, dass die Grünen trotz anderer Absprachen mit
einem eigenen Antrag vorgeprescht sind. Dabei stimmen
wir in der Analyse und in den nötigen Schlussfolgerun-
gen doch weitgehend überein. Alle parlamentarische Er-
fahrung zeigt, dass gemeinsames Handeln gegenüber
der Regierung mehr Erfolg verspricht. Ein gemeinsamer
Antrag hätte der Lösung der drängenden Probleme beim
Filmerbe mehr gedient.

Lassen Sie mich über die Schlussfolgerungen unserer
Fraktion sprechen, die dringend zum Handeln zwingen:

Erstens. Unser Filmerbe hat große Lücken. Das be-
trifft vor allem die vor 2004 produzierten Filme. Die
DEFA-Stiftung hat die in der ehemaligen DDR produ-
zierten Filme weitgehend vollständig gesichert, die
Murnau-Stiftung die vor 1945 produzierten Filme – nicht
alle, aber in großem Umfang. Eine Lücke klafft bei den
zwischen 1945 und 2004 in der alten Bundesrepublik und
den nach 2004 ohne öffentliche Förderung entstandenen
Filmwerken. Nur durch eine Pflichthinterlegung kann
der vollständige Erhalt des Filmerbes für die Nachwelt
sichergestellt werden.

Die Hinterlegungspflicht muss endlich gesetzlich
festgeschrieben werden. Die Pflichtregistrierung wäre
der erste Schritt. Endlich, nach vielen Jahren, kündigt
die Bundesregierung an, einen entsprechenden Entwurf
vorzulegen. Bisher ist es bei der Ankündigung geblie-
ben. Das reicht nicht. Wir fordern die zügige Vorlage ei-
ner Regelung für die Registrierungspflicht. Immerhin
hat die Bundesregierung 350 000 Euro für diesen Zweck
im laufenden Haushalt eingestellt, aber noch fehlt ein
Konzept, wofür die Mittel eingesetzt werden sollen.

Aber bei der Registrierung darf es nicht bleiben. Die
Hinterlegungspflicht mit den zentralen Fragen, was, wo
und wie in die Archive zu geben ist, muss von Anfang an
mitgedacht werden. Wir fordern, entsprechende Kon-
zepte auf den Tisch zu legen.

Erst seit 2005 werden zumindest die öffentlich geför-
derten Filme zur Abgabe einer Kopie verpflichtet. Aber
das passiert nicht nach einheitlichen Standards, und es
hat negative Konsequenzen für die Bewahrung und vor
allem für das Zugänglichmachen der Filme. Wir brau-
chen klare, für alle verbindliche Qualitätsstandards und
-normen für die Hinterlegung. Das kann nur gelingen,
wenn alle Beteiligten ihre Erfahrungen einbringen und
sich auf die Notwendigkeiten verständigen. Dazu brau-
chen wir eine entsprechende Initiative der Bundesregie-
rung, damit ein solcher Prozess angeschoben wird.

ü
v
e

g
d
w

le
te
s
K
h
le
In

m
V
d
d
N
E
S
b
w
d
re
F

e
g
v

p
O
W
T
h
a
A
v
d

U
n
d
to
g
d
te

s
w
F
le
s

F
Zu Protokoll ge

(C (D Zweitens. Unser Filmerbe ist bundesweit verstreut ber verschiedene öffentliche, halböffentliche und priate Archive. Es fehlt eine zentrale Bestandserfassung, ine nationale Filmografie. Ein Ausbau des Filmportals wie von der Bundesregierung beabsichtigt – ist zu kurz esprungen. Wir brauchen eine systematische Erfassung arüber, in welchem Archiv welcher deutsche Film in elchem Format hinterlegt ist. Drittens. Ein Teil unseres Filmerbes droht zu verfaln, weil das Trägermaterial ermüdet. Alle Experten ran uns, hier in großem Umfang umzukopieren und zu re taurieren, um den Bestand zu retten. Wir brauchen riterien, die für eine entsprechende Auswahl und Reienfolge Orientierung geben. Auch das kann nur mit aln beteiligten Einrichtungen und einer entsprechenden itiative der Bundesregierung gelingen. Viertens. Der größte Teil unseres Filmerbes schlumert ungenutzt in den Archiven, weil es massenhaft an orführkopien fehlt. Was aber nützt uns ein Filmerbe, as in den Archiven verstaubt? Das Filmerbe soll lebenig sein. Es soll nicht allein aufgehoben werden für die achwelt. Nein, es gehört hinein in unsere Gegenwart. s muss zum festen Bestandteil einer Filmbildung in den chulen gehören. Das Medium Film gehört unverzichtar zur kulturellen Bildung. Die Franzosen mit ihrer eltweit geschätzten Filmkultur machen uns vor, wie as gehen kann. Das Ansehen der Filmnation Frankich beruht im Wesentlichen auf der Präsenz des ilmerbes im öffentlichen Bewusstsein. Die größte Herausforderung für das Filmerbe geht inher mit der Digitalisierung. Ich will es gleich dazusaen: Auch enorme Chancen sind mit der Digitalisierung erbunden. Die Herausforderungen: Fünftens. In absehbarer Zeit wird es nur noch digital roduzierte Filme geben und damit nur noch digitale riginale oder Kopien, die hinterlegt werden können. ir wissen aber, dass trotz aller Forschung verlässliche echnologien noch nicht verfügbar sind, die eine dauerafte und sichere Speicherung erlauben. Hier müssen lle Beteiligten an einen Tisch gebracht werden, um die nstrengungen – auch auf internationaler Ebene – zu erstärken. Und vor allem müssen abgestimmte Stanards her, damit das Formatechaos ein Ende hat. Sechstens. Die Kinodigitalisierung ist in aller Munde. nd sie gelingt mit unserer Unterstützung auch an kleieren Standorten im Land. Ende dieses Jahres werden ie meisten unserer Kinos nur noch mit digitalen Projekren vorführen. Aber von den wenigsten der alten Filme ibt es digitale Kopien. Aus rein technischen Gründen roht also unsere Gegenwart vom Filmerbe abgeschnitn zu werden. Dem kann nur mit einer nationalen Digitalisierungstrategie begegnet werden. Auch hier ist zu klären, nach elcher Auswahl und in welcher Reihenfolge die alten ilmschätze in digitale Formate überführt werden soln. Dafür brauchen wir Kriterien. Und auch dafür müs en die Beteiligten an einen Tisch. Siebtens. Das Internet wird immer mehr genutzt, um ilme abzurufen. Das ist eine große Chance, auch die Angelika Krüger-Leißner gebene Reden )





(A) )

alten Filme anzubieten und wieder stärker in das allge-
meine Bewusstsein zu rücken. Aber auch das setzt vo-
raus, dass die Filme digitalisiert werden. Die Nieder-
lande haben uns vorgemacht, wie man diese immense
Aufgabe in einer konzertierten Initiative anpacken kann.
Die Bundesregierung hat es bisher unterlassen, diese
Erfahrungen systematisch auszuwerten und für unsere
Notwendigkeiten nutzbar zu machen. Dabei müssen
auch Initiativen der Filmwirtschaft gefördert werden,
die aus der Zugänglichmachung des Filmerbes ein Ge-
schäftsmodell machen wollen wie die Initiative „Schätze
des deutschen Films“. Hier ist natürlich zu beachten,
dass sich die Auswahl eher an „Marktgängigkeit“
orientiert als an filmhistorischen und kuratorischen Ge-
sichtspunkten. Dennoch halte ich diese Initiative für gut
und unterstützenswert.

Achtens. Schließlich sind auch eine Reihe von urhe-
berrechtlichen Problemen zu lösen, auf die ich im Ein-
zelnen jetzt nicht mehr eingehen kann. Festzuhalten ist
auch hier: Das muss endlich angepackt werden.

Die Probleme sind bekannt; die Experten haben nach
2008 zum zweiten Mal im Ausschuss die Notwendigkei-
ten benannt. Der Kulturstaatsminister muss endlich mit
entschlossenen Schritten und Initiativen handeln und die
Akteure beim Filmerbe in das Finden von Lösungen ein-
beziehen.

Die Forderungen der Grünen im vorliegenden Antrag
gehen in die richtige Richtung. Wir werden in Kürze un-
seren Antrag vorlegen. Und auch die anderen Fraktio-
nen können angesichts des Handlungsdrucks nicht still
bleiben. Vielleicht gelingt es uns, unsere Initiativen im
Interesse der Sicherung, Bewahrung und Zugänglichma-
chung unseres Filmerbes zusammenführen.


Dr. Claudia Winterstein (FDP):
Rede ID: ID1715231100

Es war ein großes Ereignis bei der Berlinale vor fast

genau zwei Jahren, als der legendäre Stummfilm „Me-
tropolis“ von Fritz Lang erstmals wieder in einer re-
staurierten Fassung gezeigt werden konnte. Viele haben
sicherlich noch das Bild vor Augen, wie Tausende bei
klirrender Kälte und Schnee vor der Leinwand am Bran-
denburger Tor standen und die Welturaufführung der re-
staurierten Fassung miterlebten. Solche Ereignisse sind
die freudigen Höhepunkte bei der Beschäftigung mit
dem deutschen Filmerbe.

Wir sind uns aber auch der Probleme beim Thema
„Sicherung des nationalen Filmerbes“ in Deutschland
bewusst. Es liegt zum Ersten ein technisches Problem
vor. Viel Material ist in einem Zustand, welches eine
weitere technische Verarbeitung notwendig macht. Zum
Zweiten haben wir es mit Problemen bei der Dokumen-
tation und Erfassung der Filme zu tun. Fraglich ist zum
Beispiel, an welchem Ort in Deutschland – ob beim
Deutschen Filminstitut e. V., DIF, der Stiftung Deutsche
Kinemathek oder dem Bundesarchiv – Filmkopien eines
Werkes vorliegen und vor allem in welchem Zustand
diese dort archiviert sind. Wo liegt also das beste Aus-
gangsmaterial, um den Film zu sichern oder um gegebe-
nenfalls weitergehend zu digitalisieren, um den Film

a
z


v
s
w
1
h
A


w
d
9
E
K
g
im
w
U
F
z

te
E
fa
e
3
K
k
F
la
e
e
v
s
e

d
u
s
g
a
h
s

z
fr
r
A
S
D
R
tr
ta
E
d
Zu Protokoll ge

(C (D uch in Zukunft – hoffentlich für lange Zeit – zugänglich u machen? Seit 2009 ist über das online zugängliche Filmportal www.filmportal.de – eine vollständige Filmografie erfügbar, die vom Deutschen Filminstitut mit Untertützung der Bundesregierung fortgeführt und gepflegt ird. Dieser Überblick über das, was in den letzten 10 Jahren produziert wurde, ist die Basis, um überaupt erst einmal die Bestände zu erfassen und weitere ussagen zum Filmerbe treffen zu können. Seit dem Jahr 2004 besteht eine Hinterlegungspflicht r mit öffentlichen Mitteln geförderte Kinofilme. Damit erden nach Einschätzung des Beauftragten der Bunesregierung für Kultur und Medien, BKM, 80 bis 0 Prozent aller jährlich produzierten Kinofilme erfasst. ine Pflichtregistrierung für deutsche Kinofilme wird in ürze im Rahmen der Novellierung des Bundesarchivesetzes vorgelegt. Die Bundesregierung hat dazu schon Jahr 2009 konkrete Punkte entwickelt, die geregelt erden müssen. Diese reichen von einer Festlegung zum mfang der Pflichthinterlegung, über Maßgaben zum ormat und zur Qualität der abzuliefernden Kopie bis u Kontrollmechanismen für die Hinterlegungspflicht. Sicherlich wäre eine generelle gesetzliche Pflichthinrlegung für alle Filme in Deutschland wünschenswert. ine gesetzliche Pflichthinterlegung zieht jedoch Anngsinvestitionen in Höhe von 6,6 Millionen Euro im rsten Jahr und Folgekosten ab dem zweiten Jahr von ,6 Millionen Euro pro Jahr nach sich. Das sind enorme osten, die wir derzeit nicht schultern können. Hinzu ommt: Bisher ist der Gesamtumfang der jährlichen ilmproduktion in Deutschland nicht bekannt. Eine bestbare Kostenkalkulation aber ist erst nach Erstellung iner solchen Übersicht möglich. Darum haben wir als rsten Schritt vor, die Regelung zur Pflichtregistrierung on deutschen Kinofilmen als mögliche klärende Vortufe einer generellen gesetzlichen Pflichthinterlegung inzuführen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wiederholt in em vorgelegten Antrag insgesamt häufig Bekanntes nd fordert vieles, was schon in den Anträgen zur Deutchen Digitalen Bibliothek oder in dem fraktionsüberreifenden Antrag „Das deutsche Filmerbe sichern“ us dem Jahr 2008 deutlich gemacht wurde. Die Welt at sich aber in der Zwischenzeit weitergedreht. Es beteht nicht mehr so ein Vakuum wie 2008. So können wir der Aussage der Antragsteller nicht ustimmen, dass ein großer Teil des 2008 eingebrachten aktionsübergreifenden Antrages nicht erfüllt sei. Ge ade die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine nfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zeigt den tatus quo und das Vorankommen der Bundesregierung. ie Bundesregierung arbeitet mit Hochdruck an einer egelung im Bundesarchivgesetz, um die Pflichtregisierung einzuführen, und sie steht in sehr engem Konkt zur Branche. Hier erübrigt sich schon einmal die inrichtung eines runden Tisches, um das eine oder anere Problem zu diskutieren. Angelika Krüger-Leißner gebene Reden )





(A) )

Es ist auch überflüssig, mit der Stoppuhr neben der
Bundesregierung zu sitzen und bis Frühjahr 2012 ein
Konzept einzufordern, welches erläutert, wie die im
Haushalt 2012 eingestellten 350 000 Euro zum Einsatz
kommen. Es verhält sich hier ganz einfach: Es handelt
sich um die in der oben genannten Stellungnahme des
BKM aus dem Jahr 2009 aufgeführten Kosten des Bun-
desarchivs für die Bereitstellung der technischen Vo-
raussetzungen sowie die zusätzlichen Personalstellen.
Dies wird auch in den Antworten auf die Kleinen Anfra-
gen zum Thema deutlich.

Auch den Anmerkungen zu einer verbesserten Zu-
gänglichmachung und Verwertbarkeit vorhandener
Bestandsdaten ist nicht zuzustimmen. Das vom Kinema-
theksverbund angestrebte „Bestandsverzeichnis deut-
scher Filme“ bildet hier eine ausgezeichnete Möglich-
keit. Über die Fortentwicklung des Filmportals, DIF,
könnte diese Funktion hervorragend ausgeführt werden.

Hinsichtlich der angemahnten Regelung zu den ver-
waisten Werken verweisen wir auf den Antrag der Koali-
tion „Digitalisierungsoffensive für unser kulturelles
Erbe beginnen“ (Bundestagsdrucksache 17/6315), in
dem wir die Bundesregierung auffordern, diesen Punkt
im dritten Korb zur Reform des Urheberrechts vorzuse-
hen. Auch bei der Forderung der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen, eine Digitalisierungsinitiative zu starten,
verweisen wir auf diesen Antrag, in dem wir eine Inten-
sivierung der Digitalisierung fordern.

Ein Problem ist aus meiner Sicht, dass die Einführung
einer generellen Pflichthinterlegung von der Filmbran-
che zwar begrüßt, eine finanzielle Beteiligung seitens
der Branche aber abgelehnt wird. Andere Länder, wie
die Niederlande mit dem Programm „Images for the Fu-
ture“, gehen hier mit gutem Beispiel voran und zeigen,
dass Filmarchive und Filmwirtschaft zusammenarbeiten
können. Auch beim Expertengespräch am 9. November
2011 wurde deutlich, dass hier ein Paradigmenwechsel
notwendig ist. Dort gab es den Vorschlag, die Filmförde-
rung so aufzubauen, dass Ermöglichen und Bewahren
eingeschlossen sind, und zwar unter Beteiligung der Pri-
vatwirtschaft. Das ist ein interessanter Ansatz, der sich
nun auch im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen wiederfindet.

Wir freuen uns auf die gemeinsame Beratung zu die-
sem Antrag und das Expertengespräch zur DDB im Aus-
schuss nächste Woche.


Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715231200

Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ist in seinem

Anliegen begrüßenswert. Die Digitalisierung des Film-
erbes wird aus filmpolitischer Sicht eines der wesentli-
chen Zukunftsthemen sein, sowohl hinsichtlich der tech-
nischen Herausforderungen als auch in Bezug auf die
gesellschaftliche Respektierung unseres filmhistori-
schen Erbes. Dass die Grünen hier mit ihrem Antrag auf
eine sensible Stelle staatspolitischer Versäumnisse hin-
weisen, da die Bundesregierung seit Jahren das deut-
sche Filmerbe in seiner Gesamtheit stiefmütterlich bis
ignorant behandelt, sollte positiv vermerkt werden.

fa
s
h
H
r
g
k
In
c
g
Z
Ü
F
s
s
s

P
a
v

z
c
F
T
d
P
d
v
e
fe
g
F
F

D
d
in
le
d
c
p
B
b
te
5
h
b
d
g
v
s

p
d
C

c
d
h
Zu Protokoll ge

(C (D Die Fraktion Die Linke ist sehr dafür, dass eine umssende Initiative zur Digitalisierung des Filmerbes ge tartet wird. Ich muss hinzufügen: endlich. Denn es ist öchste Zeit, damit zu beginnen, um wenigstens die ausaufgaben zu erledigen. Was hat die Bundesregie ung bis jetzt, trotz gegenteiliger Schönwetterbeteuerunen, alles nicht gemacht? Erstens. Es gibt immer noch eine Koordination aller mit dem Filmerbe befassten stitutionen, um wenigstens einen Rahmen abzuste ken, mit welchem Ziel und in welchem Umfang die Diitalisierung des Filmerbes vorgenommen werden soll. weitens. Es gibt nach wie vor keinen verlässlichen berblick über die vorhandenen Bestandsdaten der ilme. Drittens. Es gibt darüber hinaus auch keine geetzliche Regelung zur Pflichtregistrierung aller deutchen Kinofilme, was ein besonderer Skandal ist, da eine olche Registratur ja überhaupt erst die Voraussetzung r die Bewahrung des Filmerbes darstellt. Von einer flichtabgabe ausnahmslos aller Kinofilmproduktionen n die Archive ist die Bundesrepublik Deutschland unerständlicherweise noch meilenweit entfernt. Der Grünen-Antrag plädiert meines Erachtens völlig u Recht dafür, die Prüfung vorzunehmen, ob sich die Siherung, Aufbewahrung und Zugänglichmachung des ilmerbes in die Filmförderung eingliedern ließe. In der at würde diese Überlegung dazu führen, dass ein Teil er staatlichen Filmsubventionen dauerhaft in die flege des nationalen Filmerbes fließen könnte. Außerem wären die Filmarchive nicht länger zur Passivität erdammt. Sie dürften vielmehr von selbst Initiativen für ine praktische Vorbereitung der Digitalisierung ergrein. Die staatlichen Einrichtungen selbst müssten ein esteigertes Interesse daran haben, die Sicherung des ilmerbes zu berücksichtigen, weil dafür ja öffentliche inanzmittel verausgabt werden. Das Schöne daran ist: Es war die Idee der Fraktion ie Linke, Regelungen zur Bewahrung des Filmerbes in as Filmförderungsgesetz, FFG, aufzunehmen. Ich darf diesem Zusammenhang an unseren Antrag aus der tzten Wahlperiode „Finanzierung zur Bewahrung des eutschen Filmerbes sicherstellen“ (Bundestagdrucksahe 16/10509)

aritätisch jeweils 6 Millionen Euro jährlich aus dem
undeshaushalt und als Abgabe der Film- und filmtrei-
enden Werbewirtschaft bereitzustellen. Außerdem woll-
n wir eine zweckgebundene Abgabe in Höhe von
Cent auf jede Kinokarte erheben. Beide Maßnahmen

alten wir weiterhin für unverzichtbar, um dem Finanz-
edarf zur Sicherung und Aufbereitung zu konservieren-
er Filmbestände und zur Digitalisierung einigermaßen
erecht zu werden. Namhafte Experten aus Filmarchi-
en und von Verwertungsfirmen für historische Filme
ind der gleichen Auffassung.

Wenn es nun, wie es bei Bündnis 90/Die Grünen an
rominenter Stelle heißt, auch um die zügige Umsetzung
er aufgestellten Forderungen aus dem alten Antrag von
DU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen

(Bundestagsdrucksahe 16/8504)

amit höchstens offene Türen eingerannt werden. Wir
atten ja unseren Antrag gerade deshalb eingebracht,




Dr. Claudia Winterstein
gebene Reden





Kathrin Senger-Schäfer


(A) )


)(B)

weil alle anderen Fraktionen eine seriöse Finanzierung
des Filmerbes scheuten. Immerhin muss die Frage er-
laubt sein, warum diese ganz große Koalition seit mehr
als drei Jahren nicht in der Lage ist, unsere vernünftigen
Vorschläge überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Die im
Bundeshaushalt 2012 zusätzlich eingestellten 350 000
Euro für „Maßnahmen zum Erhalt des Filmerbes“ kön-
nen hingegen wohl kaum als auch nur annähernd befrie-
digende Grundlage dafür dienen, die Bewahrung des
deutschen Filmerbes wirkungsvoll zu beginnen, ge-
schweige denn voranzutreiben. Wo da noch Spielraum
für Digitalisierungsprojekte welcher Art auch immer
sein soll, ist mir ein Rätsel. Und offenkundig scheint es
so zu sein, dass den filmpolitisch Verantwortlichen auf
den Regierungsbänken die Pflege des kulturellen Ge-
dächtnisses in Gestalt einer mehr als einhundertjähri-
gen Filmgeschichte dann doch nicht so wichtig ist. An-
sonsten wäre nämlich die Sicherung und Digitalisierung
des Filmerbes schon längst eine gesamtstaatliche Auf-
gabe mit allen Konsequenzen.

Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zielt durch-
aus in die richtige Richtung. Diese Richtung ist aber nur
mit realistischen Finanzierungskonzepten und nachhal-
tiger institutioneller Zusammenarbeit zu verfolgen.
Ohne zielstrebiges staatliches Engagement verpuffen
solche Anträge im Vakuum der Folgenlosigkeit.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Vor kurzem war Hans W. Geissendörfer, der als Re-
gisseur, Autor und Produzent ja deutsche Film- und
Fernsehgeschichte geschrieben hat, bei uns im Kultur-
und Medienausschuss. In einem Expertengespräch
sprach er mit dem Herzblut des Filmenthusiasten über
unser Filmerbe, in das die Kreativität unzähliger Men-
schen geflossen ist – über Tausende von Filmen, die
heute nur noch schwer oder gar nicht mehr zugänglich
sind. Was für ein Schatz schlummert da? Welcher kultu-
relle Reichtum wartet auf seine Entdeckung – oder Wie-
derentdeckung?!

Wir wissen, dass Archive und Verleiher auf dem Ge-
biet des Filmerbes eine gute Arbeit leisten – oft mit ge-
ringen Mitteln und ökonomischen Problemen. Auch
Filmfestivals engagieren sich. Wir erinnern uns an „Me-
tropolis“ auf der Berlinale vor zwei Jahren. In wenigen
Wochen wird die diesjährige Berlinale zusammen mit
der Deutschen Kinemathek eine Retrospektive mit Fil-
men des deutsch-russischen Studios „Meschrabpom“
zeigen. Das Studio bestand in den 20er- und 30er-Jahren
und produzierte eine, wie ich höre, sehr gute Unterhal-
tungskunst. Ich bin sehr gespannt auf die Entdeckungen
bei dieser Retrospektive, die dann im Anschluss auch im
New Yorker MoMA zu sehen sein wird.

Was können wir tun, um den Reichtum des Filmerbes
besser zu erschließen? Wie können wir die Arbeit, die
schon geleistet wird, besser unterstützen?

Unseres Erachtens ist es an der Zeit, hier die Mög-
lichkeiten der Digitalisierung viel breiter zu nutzen. In
einem anderen Bereich, dem der Kinodigitalisierung,
geschieht ja schon sehr viel. Die Kulturpolitik im Bun-

d
K

a
S
e
r
e
F
re
L
F
s

d
F
u
d
r
d
u
B

u
s
g
R
c
s
w
S
e

e
s
g
e
d
ta
tu
m
s
c

D

v
s

(C (D estag hat hier ja sehr einmütig gehandelt, um unsere inos bei diesem technischen Übergang zu unterstützen. Was die Digitalisierung des Filmerbes angeht, sind ndere europäische Länder uns inzwischen ein gutes tück voraus, zum Beispiel die Niederlande, die 2007 ein hrgeiziges Programm zur weitgehenden Digitalisieung des nationalen Filmerbes aufgelegt haben, bei dem s auch um die Onlinezugänglichkeit geht. Das britische ilminstitut ist ebenfalls sehr aktiv und stellt viele beits digitalisierte Filme an verschiedenen Orten des andes zur Ansicht bereit. Hunderte von digitalisierten ilmen werden auf einem eigenen Youtube-Kanal vorgetellt. Ich weiß, dass auf dem Weg zu einer Digitalisierung es Filmerbes viele Fragen zu klären sind, technische ragen, Fragen der Priorisierung und natürlich auch rheberrechtliche Fragen, zum Beispiel beim Problem er verwaisten Werke. In unserem Antrag haben wir daauf hingewiesen. Aber diese Probleme sollten uns nicht en Mut nehmen. Andere Länder sind vorangegangen nd haben gezeigt, was unter zum Teil ganz ähnlichen edingungen möglich ist. Lassen Sie uns also an einem Strang ziehen und eine mfassende Initiative zur Digitalisierung des Filmerbes tarten. Lassen Sie uns – die Fraktionen des Bundestaes und der Kulturstaatsminister – gemeinsam einen unden Tisch einberufen, bei dem wir den Dialog suhen mit den hier relevanten Vertretern aus Kultur, Wirtchaft, Wissenschaft, aus Verbänden und Archiven. Das ar, wie ich höre, in den Niederlanden ein wichtiger chlüssel zum Erfolg, und das wäre auch hier bei uns ein rster wichtiger Schritt. Wenn wir uns gemeinsam bewusst machen, was für in kultureller Reichtum beim Filmerbe tatsächlich chlummert – ein Reichtum, der für Millionen von Bürerinnen und Bürgern erschlossen werden kann –, sollte s nicht schwerfallen, einen solchen Schritt zu tun und ann auch weiterzugehen. Ich bin mir sicher: Die Digilisierung unseres Filmerbes wird eines der großen kulrpolitischen Themen der nächsten Jahre. Ich würde ich sehr freuen, wenn wir als Bundestag uns mit die em ersten Aufschlag hier und heute auf den Weg mahen und die Dinge mit gestalten! Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/8353 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Yvonne Ploetz, Matthias W. Birkwald, Heidrun Dittrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Die jugendfreundlichste Kommune Deutschlands – Drucksache 17/7846 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715231300




(A) )

Die zu Protokoll gegebenen Reden stammen von
Dorothee Bär, CDU/CSU, Dr. Peter Tauber, CDU/CSU,
Sönke Rix, SPD, Florian Bernschneider, FDP, Yvonne
Ploetz, Die Linke, Ulrich Schneider, Bündnis 90/Die
Grünen.


Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1715231400

„Jugendpolitik führt in Deutschland ein Schattenda-

sein“ – so lautet der Vorwurf der Opposition, ferner,
dass in der Arbeit der schwarz-gelben Regierungskoali-
tion jugendpolitische Belange weit hinter eine Politik,
die auf frühkindliche Förderung zielt, zurückfielen.

Diesen Umstand gelte es zu durchbrechen. Ein Sym-
bol für den Aufbruch in eine eigenständige Jugendpoli-
tik sei die „Würdigung der jugendfreundlichsten Kom-
mune Deutschlands“ in Form eines Wettbewerbs.

Dieser Vorwurf lässt sich freilich nicht halten. Richtig
ist zwar, dass in den vergangenen Jahren der Schutz, die
Förderung und die Bildung in den ersten Lebensjahren
besondere Aufmerksamkeit erfahren haben – und dies zu
Recht. Das BMFSFJ arbeitet jedoch derzeit unter Einbe-
ziehung der Jugendverbände an einer Strategie für eine
eigenständige Jugendpolitik. Der vorliegende Antrag ist
damit als reiner Aktionismus zu bewerten.

Der gesellschaftliche, technische und wirtschaftliche
Wandel der letzten Jahrzehnte eröffnet Jugendlichen
heute mehr Chancen als jemals zuvor. Gleichzeitig stellt
dieser Wandel Jugendliche aber auch vermehrt vor Ent-
scheidungen und neue Herausforderungen.

Der demografische Wandel, die mit der Globalisie-
rung steigenden Anforderungen an Wissen und Kompe-
tenzen, die Beschleunigung und Verdichtung der Bil-
dungsbiografie und die stärkere Heterogenisierung der
Jugendphase erfordern auch von der Jugendpolitik ein
Umdenken. Neben den schulischen Anforderungen wol-
len Jugendliche sich entsprechend ihren eigenen Inte-
ressen und Stärken weiterentwickeln und sich gesell-
schaftlich engagieren. Jugendliche benötigen Raum:
sowohl in der Gesellschaft, um angehört zu werden und
mitbestimmen zu können, als auch reale Räume in ihrer
unmittelbaren Umgebung als Treffpunkte.

Die Jugendpolitiker der Union berücksichtigen diese
Punkte; wir werden in Kürze einen eigenen Antrag vor-
legen, der sich insbesondere mit dem Bereich Reformie-
rung des Kinder- und Jugendplans, dem Bereich der
Partizipation, dem Bereich Neue Medien und Medien-
kompetenz und dem Bereich der Freiwilligendienste be-
fasst.

Den vorliegenden Antrag lehnen wir insofern heute
ab.


Dr. Peter Tauber (CDU):
Rede ID: ID1715231500

Die Fraktion Die Linke hat in ihrem Antrag vom

22. November 2011 die Einrichtung eines Preises für die
jugendfreundlichste Kommune Deutschlands gefordert.

In ihrem Antrag kritisiert die Linke, dass die Jugend-
politik seit vielen Jahren ein Schattendasein führe und
die christlich-liberale Regierungskoalition die Belange

d
s
lo
P
D

e
J
v
n
m
p
F
B
w
g

s
w
d
g
n
R
D
a

g
u
h
S
te
n
fr
w
z
J

n
d
u
g
g
J
d
s
b
fo
le

(C (D er 14bis 25-Jährigen stärker in den Fokus rücken olle. Als bahnbrechende Innovation fordert sie die Ausbung eines Preises „Ort der Zukunft“ inklusive eines reisgelds für die jugendfreundlichste Kommune eutschlands. Um es gleich vorab ganz deutlich zu sagen: Ich halte s für sehr löblich, wenn die Linke sich des Themas der ugendpolitik annimmt. Ich halte es jedoch für mehr als erwunderlich, dass sich die Fraktion Die Linke mit eiem Antrag zur Etablierung eines Preises profilieren öchte, der genau so in einem öffentlichen Eckpunkteapier des Bundesministeriums für Familie, Senioren, rauen und Jugend formuliert ist. In dem Papier des MFSFJ vom Mai 2011 „Eine Allianz für Jugend. Enticklung und Perspektiven einer Eigenständigen Juendpolitik“ ist auf Seite 9 f. nachzulesen: Zur Stärkung der Jugendpolitik auf kommunaler Ebene bieten sich konkrete Anknüpfungspunkte: … Beispiel: Einführung einer Kinderund Jugendberichterstattung auf kommunaler Ebene. Regelmäßige Berichterstattungen machen nicht nur Bedarfe, Maßnahmen und Aktivitäten sichtbar, sie tragen auch zur Entwicklung von Indikatoren bei, die für Planungsprozesse hilfreich sind. … Als Anreiz könnte ein Preis für die jugendfreundlichste Gemeinde Deutschlands ausgeschrieben werden, der mit einem Preisgeld für lokale Maßnahmen verbunden wird ‚Ort der Zukunft‘ ... Die Linke verfährt hier nach dem Motto: Lieber chnell abschreiben, als eigene gute Ideen zu entickeln. Wir brauchen weder die Fraktion Die Linke, ie uns an die Wichtigkeit des Themas einer eigenständien Jugendpolitik erinnert, noch einen Antrag, der geau das fordert, was bereits Regierungspolitik ist. Die egierung handelt, wo die Linke noch debattieren will. azu haben wir keine Zeit, und daher lehnen wir Ihren bgeschriebenen Antrag als irrelevant ab. Es ist richtig, dass die Jugendpolitik als eigenständier Bereich aufgestellt sein muss und die Jugendlichen nserer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. Bisher at die Bundesregierung große Erfolge im Bereich der tärkung frühkindlicher Angebote aufzuweisen. Die letzn Jahre haben gezeigt, dass es eine große Nachfrage ach staatlich geförderten Konzepten im Bereich der Inastruktur für Kinder unter drei Jahren gibt. Diese Enticklung lässt sich auf gesellschaftliche Wandlungspro esse zurückführen, die auch die Lebenswelten der ugendlichen in hohem Maße verändert haben. Für den Bereich der Jugendpolitik haben die Fraktioen der CDU/CSU und FDP trotz der Verpflichtungen, ie sich aus der Schuldenbremse ergeben, den Kindernd Jugendplan des Bundes auf hohem Niveau verstetien können. Mit den Mitteln aus dem Kinderund Juendplan wird eine große Anzahl wichtiger Projekte für ugendliche bundesweit gefördert. Außerdem haben wir ie Mittel für die Jugendfreiwilligendienste vervielfacht owie die Etablierung des Bundesfreiwilligendienstes eschlossen. Der Bundesfreiwilligendienst ist höchst erlgreich bundesweit angelaufen und stellt einen Meinstein gerade für das bürgerschaftliche Engagement )


(A) )

junger Menschen dar, um das uns nicht zuletzt andere
Nationen beneiden. Alle diese Einrichtungen bieten
großartige Möglichkeiten für die persönliche und
berufliche Entwicklung von Jugendlichen und leisten
mittelfristig einen wertvollen Beitrag zu unserem Ge-
meinwesen. Darauf gilt es weiter aufzubauen.

Die Lebensphase der 14- bis 25-Jährigen ist durch
eine zunehmende Komplexität gekennzeichnet, die mit
dem rasanten gesellschaftlichen, technischen und wirt-
schaftlichen Wandel der letzten Jahre einhergeht. Eine
eigenständige Jugendpolitik ist daher auch ein dezidier-
tes Ziel der christlich-liberalen Regierungskoalition.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend hat mit seinem Konzept „Allianz für Ju-
gend“ hierfür den Weg gewiesen.

Die Zielsetzungen umfassen im Einzelnen:

Zukunftsperspektiven und Zuversicht stärken; Gesell-
schaftliche Anerkennung für junge Menschen vergrö-
ßern; Förderung, Unterstützung und Hilfe aller Akteure
optimal verzahnen; Startchancen ins Jugendalter ge-

(Bildungsgung entgegenwirken; Entwicklung der individuellen Potenziale aller Jugendlichen fördern; Übergänge in der Jugendphase aktiv gestalten und Perspektiven eröffnen; Teilhabe und Beteiligung junger Menschen ermöglichen; Erfahrungsund Gestaltungsräume und -zeiten für junge Menschen schaffen. Wir wollen, dass jeder einzelne Jugendliche in seinen Fähigkeiten optimal gefördert wird. Damit tragen wir auch der „EU-Jugendstrategie 2010–2018“ Rechnung, die die Mitgliedstaaten dazu auffordert, Jugendpolitik als Ressortund Querschnittspolitik fortzuschreiben und eine Chancengleichheit unter den Heranwachsenden herzustellen. Das Bundesministerium hat hierzu einen Dialogprozess gestartet, der die politische Debatte für die spezifischen Herausforderungen und Bedürfnisse von Jugendlichen sensibilisieren soll. Den Kern bilden zunächst thematische Fachforen, in denen aktuelle Fragestellungen aus der Lebenswelt der Jugendlichen – zunächst: Anerkennung von Engagement und Validierung nicht formaler Bildung – umfassend diskutiert werden. Anfang 2012 ist die Einrichtung eine Zentrums „Allianz für Jugend“ geplant. Bis zum Ende der Legislaturperiode folgen weitere Fachforen, die zur Verbesserung jugendpolitischer Strukturen vor Ort – Jugendhilfeplanung, Jugendhilfeausschüsse, lokale Allianzen, lokale Kinderund Jugendberichterstattung und die Auslobung des besagten Preises für die jugendfreundlichste Gemeinde – angelegt sind. Über die laufende Legislaturperiode hinaus sollen der Kinderund Jugendplan des Bundes zu einem Steuerungsinstrument der eigenständigen Jugendpolitik weiterentwickelt und eine ressortübergreifende Allianz für Jugend gebildet werden. Neben Vertretern der Wirtschaft, Medien, Wissenschaft, der Kinderund Jugendhilfe sowie des formalen Bildungssystems werden die Jugendlichen explizit eingebunden und können ihre Themen direkt einbringen. Nur so kann eine eigenständige Jugendpolitik, die die L n e r ti r „ r a A J e u M D fo e S g d s J g e e J d g J h fü u z F S Z K k g L J s w h n ü g p to e P z m Zu Protokoll ge (C (D ebenswelten der Jugendlichen und ihre realen Bedürfisse erfasst, auf solide Füße gestellt werden und damit ine nachhaltige Wirkung entfalten. Das Bundesministeium hat daher den politischen Dialogprozess mittelfrisg angelegt, sodass er über die aktuelle Legislaturpeiode hinausgehen wird. Die Kritik der Fraktion Die Linke am Konzept Allianz für Jugend“ der Bundesregierung ist daher geadezu unseriös. Die Linke bemängelt, dass das Konzept uf eine lange Frist hin orientiert sei und eine rasche ufwertung der Jugendpolitik nicht zu erwarten sei. Die ugendlichen in unserem Land verdienen es, dass wir sie rnst nehmen und uns vor allem Zeit für ihre Sichtweisen nd Probleme nehmen. Im Gegensatz zur landläufigen einung ist die Zufriedenheit der Jugendlichen mit der emokratie den Ergebnissen der Shell-Studie 2010 zulge auf über 60 Prozent gestiegen. Die positive Grund instellung der Jugendlichen gegenüber demokratischen trukturen können wir weiter fördern, wenn wir die Juendlichen in das Politikgeschehen einbinden. Die christlich-liberale Koalition hat längst erkannt, ass Jugendpolitik nicht länger als Problemund Krienpolitik behandelt werden darf. Eine eigenständige ugendpolitik muss die Chancen und Herausforderunen, denen sich die Jugendlichen heute gegenübersehen, rkennen und ganz konkrete Handlungsempfehlungen ntwickeln. Aus meiner Sicht muss eine eigenständige ugendpolitik auch die Auswirkungen der neuen Meien, insbesondere des Internets, und die damit einherehende Veränderung der Kommunikationskultur der ugendlichen in den Blick nehmen. Darüber hinaus alte ich die Stärkung der Medienkompetenz – nicht nur r die Jugendlichen, sondern auch für die Lehrerinnen nd Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sowie Eltern für entral. Die Medienkompetenz soll nach Auffassung der raktionen CDU, CSU und FDP daher Eingang in den chulunterricht finden. Unser Engagement in der Jugendpolitik steht außer weifel – wir reden nicht, wir handeln. So wird der oalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP, der die Stärung der Jugendpolitik vorsieht, schon längst mit Leben efüllt. Die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Die inke kommen in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass die ugendpolitik von der schwarz-gelben Bundesregierung träflich vernachlässigt wird. Dieser Analyse schließen ir – die SPD-Bundestagsfraktion – uns an. Zurzeit wird äufig ein Jugendbild transportiert, das sehr einseitig egative Extreme des Heranwachsens herausstellt und berzeichnet. Das hat negative Folgen auch für die Juendpolitik, die viel zu häufig defizitorientiert und reressiv ist. Dabei müsste sie aktivierend und emanziparisch sein. Aber: In Deutschland fehlt es schlicht an iner schlüssigen, wirkungsvollen und bedarfsgerechten olitik für junge Menschen. Dabei ist es heute wichtiger denn je, junge Menschen wischen 14 und 25 im Blick zu haben, ihnen gute Rahenbedingungen zu bieten, ihnen ein sicheres und ge Dr. Peter Tauber gebene Reden )

Sönke Rix (SPD):
Rede ID: ID1715231600




(A) )

rechtes Aufwachsen zu ermöglichen – denn der Druck
auf diese Gruppe wächst stetig: gestiegene Bildungser-
fordernisse, Globalisierung von Wirtschaft und Arbeits-
märkten, eine höhere Lebenserwartung und eine damit
einhergehende alternde Gesellschaft. Das sind nur drei
der vielfältigen Anforderungen und Herausforderungen,
vor denen die junge Generation heute steht.

Ob diese Herausforderungen als Belastung oder als
Chance wahrgenommen werden, hängt in erster Linie
von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab, in
denen junge Menschen aufwachsen. Aufgrund der zu-
nehmenden materiellen Unsicherheit ist für ein gutes
Aufwachsen aller jungen Menschen mehr denn je öffent-
liche Verantwortung gefragt. Dafür benötigen wir den
Respekt und die Anerkennung gegenüber Jugendlichen
in der Gesellschaft. Und wir benötigen eine stimmige
Jugendpolitik, die passgenaue Angebote für unter-
schiedliche Lebenslagen macht. Dazu ist es notwendig,
Jugendpolitik als Zukunftspolitik und als eigenes Poli-
tikfeld zu begreifen.

Für mich steht fest: Gute Jugendpolitik muss allen
jungen Menschen Perspektiven bieten. Sie muss Zeit und
Raum für Entwicklung lassen und Rückhalt geben. Gute
Jugendpolitik ist geschlechtergerecht, wird auch mit und
von Jugendlichen gestaltet, fördert vielfältige Lebens-
läufe und stellt gute Infrastruktur zur Verfügung.

Zu einer guten, umfassenden Jugendpolitik gehören
für uns Sozialdemokraten unter anderem folgende
Punkte:

Wir wollen die Rechte von jungen Menschen stärken.
Dazu gehört auch die Ratifizierung der UN-Kinder-
rechtskonvention.

Wir wollen gerechte Chancen auf Bildung verwirkli-
chen. Dazu gehört, dass elternhausbedingte Unter-
schiede ausgeglichen werden und niemand verloren ge-
geben wird.

Wir wollen eine gute Ausbildung garantieren. Dazu
gehört auch eine Berufsausbildungsgarantie.

Wir wollen einen gerechten Zugang zu modernen
Hochschulen eröffnen. Dazu gehört, Hochschulen für
alle Studierwilligen offen zu halten.

Wir wollen Freiräume ermöglichen. Dazu gehört,
dass wir die Mobilität der Jugendlichen sicherstellen
und Vereine und Verbände, die in der Jugendarbeit tätig
sind, ausreichend unterstützen.

Die Bearbeitung weiterer Felder sind für mein Dafür-
halten für eine umfassende Jugendpolitik vonnöten, bei-
spielsweise kritischer Konsum, eine saubere und sichere
Umwelt, die Chancen des Internets, Gesundheit und in-
ternationale Politik.

Die Kommune spielt bei der Gestaltung von Jugend-
politik eine entscheidende Rolle: Hier wachsen die Ju-
gendlichen auf, hier werden Entscheidungen getroffen,
die Jugendliche sofort und unmittelbar spüren und die
sie – sofern es ausreichend Partizipationsmöglichkeiten
gibt – beeinflussen können.

v
v
e
is
T

W
F
S
a
ju
re

n

r
m
z
A
G
re

s
k
te
F
W

n
J
d
ti

d
s
G
v
u
w
e
b
ir
b
re
s
s
e
u
e
a
u
ü
g
a
s
w
li
Zu Protokoll ge

(C (D Insofern ist die Auszeichnung einer in diesem Feld orbildlichen Kommune als „Ort der Zukunft“ ein sinnoller Baustein einer umfassenden Jugendpolitik. Aber s kann eben nur ein Baustein sein. Denn Jugendpolitik t mehr als ein jugendpolitisches Bekenntnis an einem ag im Jahr. Normalerweise heißt es ja: In der Kürze liegt die ürze. Ganz entgegen ihren Gewohnheiten hat die raktion Die Linke mit dem vorliegenden Antrag dieses prichwort offenbar beherzigt. Ich erkenne ausdrücklich n, dass sie mit der Forderung nach einem Preis für die gendfreundlichste Kommune Deutschlands eine intessante Diskussion hätte anstoßen können. Ich sage hätte“, weil die Linke in ihrem Antrag jeglichen eigeen Gestaltungswillen vermissen lässt. Der gesamte Antrag beschränkt sich im Grunde daauf, von der Bundesregierung ein Konzept bis zum komenden „Tag der Jugend“ am 12. August diesen Jahres u fordern, das anschließend diskutiert werden soll. ber ist es nicht eigentlich Aufgabe des Parlaments, des esetzgebers, Konzepte zu entwickeln und zu diskutien? Die Kolleginnen und Kollegen von der Linken bechränken sich leider wieder einmal darauf, etwas plaativ zu fordern, ohne konkrete eigene Vorschläge zu unrbreiten. Vielleicht haben sie auch gar keine. In diesem all käme der Antrag einem Offenbarungseid gleich. eniger Gestaltungswillen war selten. Meine Fraktion hingegen hat bereits in einem eigeen jugendpolitischen Positionspapier aus dem letzten ahr die Forderung erhoben, Kommunen zu prämieren, ie sich auf dem Feld der jugendpolitischen Partizipaon besonders hervorgetan haben. Jugendfreundlichkeit sst sich aus unserer Sicht nicht allein an der Anzahl er Jugendklubs oder der Jugendarbeitslosigkeit ableen. Vielmehr kommt es darauf an, dass eine vernünftige esamtstrategie vorliegt, dass alle relevanten Akteure, on der Schule über die Verwaltung bis hin zur Polizei nd zum Jugendamt, zusammenarbeiten, wenn es um ichtige jugendpolitische Belange geht. Denn wem nutzt in im Rathaus in der Besenkammer verstecktes Jugendüro, in das sich ohnehin kein Jugendlicher jemals verren wird? Deshalb muss sichergestellt werden, dass ei jugendrelevanten Fragen alle jungen Menschen ericht werden und diese so die Möglichkeit bekommen, ich einzubringen, unabhängig von ihrem Bildungstand, ihrer Herkunft, ihrem sozialen Status. Hierfür gibt s bereits eine Fülle an Instrumenten. Fast alle Städte nd Gemeinden haben einen Jugendbeauftragten oder in Jugendbüro. Neben Bürgersprechstunden gibt es uch häufig Jugendeinwohnerversammlungen, Kindernd Jugendforen, Runde Tische oder Jugendparlamente, ber die junge Menschen die Möglichkeit erhalten, eiene Standpunkte in die Ortspolitik einzubringen. Aber m Ende geht es nicht ohne eine vernünftige Gesamttrategie. Diese sollte vor allem ausschlaggebend sein, enn ein Jugendpartizipationsoder „Jugendfreundchkeitspreis“ vergeben werden soll. Auf all diese Fra Sönke Rix gebene Reden )

Florian Bernschneider (FDP):
Rede ID: ID1715231700




(A) )

gen, die ich hier nur kurz skizziert habe, geht der vorlie-
gende Antrag leider nicht ein.

Außerdem haben Sie, meine Damen und Herren von
der Linken, mit diesem Antrag eindrucksvoll bewiesen,
dass Sie die letzten zwei Jahre in Sachen Jugendpolitik
offensichtlich geschlafen haben. Allein die Feststellung,
dass die Jugendpolitik in der Arbeit der schwarz-gelben
Koalition ein Schattendasein führe, ist blanker Hohn an-
gesichts der vielen Beschlüsse, mit denen wir die Ju-
gendpolitik in unserem Land vorangebracht haben.

Mit der Sommerferienjobregelung und dem Deutsch-
landstipendium hat diese Koalition ein klares Signal da-
für gesetzt, dass Leistungsbereitschaft junger Menschen
anerkannt und belohnt wird. Mit dem Führerschein ab
17 und der Stärkung des Jugendwohnens im Rahmen der
Arbeitsmarktreform haben wir von Bundesseite dafür
gesorgt, die häufig an junge Menschen gerichtete Forde-
rung nach Mobilität und Flexibilität mit der nötigen Be-
treuung und Sicherheit zu verbinden. Und mit der Fort-
setzung der Programme „Schulverweigerung – die
2. Chance“ und „Kompetenzagenturen“ haben wir den
herrschenden Sparzwängen getrotzt und dafür gesorgt,
dass zwei äußerst erfolgreiche Programme fortgesetzt
werden. Schließlich wollen wir Deutschland zu einer
Bildungsrepublik machen, in der jeder seine Chance er-
hält, zur Not auch eine zweite und dritte. Vor allem aber
stehen wir für eine andere Politik, die nicht nach immer
neuen Verboten ruft, sondern darauf abzielt, junge Men-
schen in ihren Ressourcen und Fähigkeiten zu stärken.
Diesen Weg wollen und werden wir konsequent weiter-
gehen.

Was bleibt also von diesem Antrag? Zum einen der
gute Vorsatz; das Jahr ist bekanntlich noch jung. Zum
anderen der Beweis, dass die Beachtung von Sprichwör-
tern noch lange nicht ausreicht, um eine ordentliche, in
sich schlüssige parlamentarische Initiative vorzulegen.
Oder um es frei nach Brecht zu sagen: „Den Vorhang zu
und alle Fragen offen.“


Yvonne Ploetz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715231800

Der seltene Fall tritt heute ein – wir debattieren im

Deutschen Bundestag über Jugendpolitik. Dazu möchte
ich zunächst ein Zitat anführen:

„Wir stehen für eine eigenständige Jugendpolitik,
eine starke Jugendhilfe und eine starke Jugendarbeit,
die junge Menschen teilhaben lässt und ihre Potentiale
fördert und ausbaut. Wir wollen Jugendliche beim Über-
gang von Ausbildung in den Beruf besser unterstützen.
Wir betonen die zentrale Bedeutung der kulturellen Kin-
der- und Jugendbildung für die Persönlichkeitsentwick-
lung der jungen Menschen. Es gilt die neuen Möglich-
keiten im Schnittfeld Jugend, Kultur und Schule zu
nutzen und qualitativ und quantitativ auszubauen.“

Frau Schröder, kommt Ihnen das bekannt vor? Und
Ihnen, Herr Kauder und Herr Brüderle? Ich kann Sie
beruhigen, es steht nicht im Wahlprogramm der Linken.
Es steht auch nicht im Kommunistischen Manifest, son-
dern diese Sätze stehen tatsächlich im aktuellen Koali-
tionsvertrag von CDU, CSU und FDP.

u
u
in
s
P
K
e
D
s

P
li
le

s
G
n
n

a
J
d
d
D
g
d
z
u
b
b
g
G
c
ig
g
n
D
n
r
g
z
P

m
M
m
m
a
T
F
p
A
k
fr
e
w
m
le
z
g
Zu Protokoll ge

(C (D Leider haben Sie erst kürzlich verdeutlicht, was Sie nter der „zentralen Bedeutung der kulturellen Kindernd Jugendbildung für die Persönlichkeitsentwicklung“ der Praxis verstehen: Als verfrühtes Weihnachtsge chenk haben Sie die Mittel für das überaus erfolgreiche rogramm „Jugend stärken“ um 30 Prozent gekürzt. ompensiert haben Sie das nicht, und das, obwohl fast in Viertel aller Jugendlichen von Armut bedroht sind. iese Zahlen des Statistischen Bundesamtes kennen Sie icherlich. Wissen Sie eigentlich, was diese Kürzungen für die rojekte bedeuten? Wissen Sie, was das für die Jugendchen heißt? Zahlreiche Projektleiterinnen und Projektiter haben mich angesprochen. Sie kümmern sich tagglich vor Ort um benachteiligte Jugendliche und etzen sich engagiert für sie ein. Ihnen wird schlicht das eld fehlen, und sie stehen vor dem Aus. Ich kann mir icht vorstellen, dass Sie diese dramatischen Hilferufe icht erreichen! Man sieht: Ihre Zeilen im Koalitionsvertrag sind nscheinend nichts anderes als Lippenbekenntnisse. ugendpolitik fristet bei Ihnen bestenfalls ein Schattenasein. Das sieht man sowohl an der desolaten Bilungspolitik als auch an Ihrer verfehlten Sozialpolitik. as Deutschlandstipendium ist gescheitert. Beim Überang von der Ausbildung in den Beruf unterstützen Sie ie Jugendlichen in keiner Weise Sie schauen tatenlos u, wenn Jugendliche nach der Ausbildung teilweise in nternehmenseigene Zeitarbeitsunternehmen verschoen werden, sie selbst in der Metallindustrie bestenfalls efristete Arbeitsverträge erhalten, Unternehmen aber leichzeitig über einen Fachkräftemangel klagen. Die eneration Praktikum und die guten und wichtigen Re herchen des Deutschen Gewerkschaftsbundes hierzu norieren Sie völlig. Sie schauen weiter zu, wie junge utausgebildete Menschen von Unternehmen über Moate als billige Arbeitskräfte in Praktika benutzt werden. er alljährliche Bildungsgipfel der Bundeskanzlerin ist ichts weiter als eine Veranstaltung zur Selbstbeweihäucherung, und in der Jugendpolitik werden die Mittel ekürzt. Würden Sie der Jugendpolitik tatsächlich eine entrale Rolle zuerkennen, würden Sie eine effektivere olitik betreiben. Hier kommt unser vorliegender Antrag ins Spiel: Wir öchten Sie heute beim Wort nehmen. Nun haben Sie die öglichkeit, zu beweisen, dass Sie Ihren eigenen Zeilen ehr Bedeutung zumessen, als Ihre bisherige Perforance erkennen lässt. Wir fordern heute nichts anderes, ls dass Sie Ihren eigenen, sehr guten, Vorschlag in die at umsetzen. So schreibt das Bundesministerium für amilie, Senioren, Frauen und Jugend im Eckpunkteapier „Eine Allianz für Jugend“ auf Seite 10: „Als nreiz“ – auch für eine intensivere Jugendpolitik auf ommunaler Ebene – „könnte ein Preis für die jugendeundlichste Gemeinde ausgeschrieben werden, der mit inem Preisgeld für lokale Maßnahmen verbunden ird.“ Wir unterlegen in unserem Antrag diese Kür mit öglichen Indikatoren. Die Quantität und Qualität lokar jugendpolitischer Maßnahmen, die politischen Parti ipationsmöglichkeiten Jugendlicher, die Höhe der Juendarbeitslosigkeit und –armut und die Möglichkeiten Florian Bernschneider gebene Reden Yvonne Ploetz )








(A) (C)


Jugendlicher zur Teilhabe am gesellschaftlichen Ge-
schehen, an Kultur und Sport, könnten solche sein. Au-
ßerdem verbinden wir mit dem Antrag die Forderung,
dass Sie zeitnah, nämlich bis zum nächsten Internatio-
nalen Tag der Jugend, am 12. August 2012, ein Konzept
vorlegen. Damit würde Jugendpolitik auf die Tagesord-
nung sowohl der Kommunen als auch der Bundesregie-
rung gehievt. Ich fordere Sie nachdrücklich auf: Kon-
struieren Sie sich keine fadenscheinigen Begründungen,

zugestanden werden müssen, die sie selber gestalten
können und in denen sie sich frei von politischen Interes-
sen oder vor allem kommerzieller Verzweckung entfalten
können. Öffentlicher Raum – insbesondere ein Angebot
nichtpädagogisierter Räume – muss für Jugendliche zu-
gänglich bleiben, gerade wenn sie noch keine großen
finanziellen Spielräume haben. Um dies umzusetzen,
braucht es echte Mitgestaltungsmöglichkeiten und poli-
tische Teilhaberechte für Jugendliche.
warum Sie unseren Antrag ablehnen, sondern wagen Sie
ein Signal für einen jugendpolitischen Aufbruch!

Ich möchte gar nicht von Ihnen verlangen, dass Sie
Ihre Politik auf Jugendliche fokussieren. Aber es darf
doch nicht zu viel verlangt sein, dass Jugendliche end-
lich in Ihr Blickfeld kommen, und zwar dann, wenn es
nicht ums Sparen geht, sondern um Politik, die im posi-
tiven Sinne gestaltet! Ich zitiere noch einmal: „Wir ste-
hen für eine eigenständige Jugendpolitik, eine starke Ju-
gendhilfe und eine starke Jugendarbeit, die junge
Menschen teilhaben lässt und ihre Potentiale fördert
und ausbaut.“ Dabei möchte ich Sie daran erinnern,
dass nicht Ihre Worte zählen. Und nun, das sollte Ihnen,
Frau Schröder, ja eingängig sein, zitiere ich die Bibel:
„Hütet euch vor den falschen Propheten! Sie sehen zwar
aus wie Schafe, die zur Herde gehören, in Wirklichkeit
sind sie Wölfe, die auf Raub aus sind. An ihren Taten

(Matthäus 7,15 f. aus der Bergpredigt)

Berg kommt für gewöhnlich nicht zum Propheten, Sie
müssten sich schon zu ihm bequemen. In der Jugend-
politik liegt noch ein großer Berg an Arbeit vor Ihnen!


Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715231900

Die Einschätzung meiner Kolleginnen und Kollegen

aus der Fraktion Die Linke teile ich dahin gehend, dass
Kommunen, die jugendfreundliche Politik machen und
jungen Menschen Möglichkeiten zur Mitgestaltung ge-
ben, mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Der
Idee der Vergabe des Titels der „Jugendfreundlichsten
Kommune“ stehe ich grundsätzlich sehr positiv gegen-
über; allerdings scheint mir der von der Linken vorge-
legte Antrag doch sowohl inhaltlich als auch strukturell
noch nicht zu Ende gedacht worden zu sein.

Jugendgerechte Stadtplanung ist ein Thema, das ge-
rade auf kommunaler Ebene von großer Bedeutung sein
muss, da junge Menschen hier die Möglichkeit bekom-
men sollten, selber auf ihre Umwelt Einfluss zu nehmen.
Dazu bedarf es einer nachhaltigen und langfristig ange-
legten Strategie in diesem Bereich, um Kommunen An-
reize zu liefern, mehr in Jugendprojekte zu investieren.

Eine jugendgerechte Infrastruktur zu schaffen, be-
deutet, dass jungen Menschen im Stadtbild Freiräume

ju
h
s
g
b
ti
S
u
ju

d
E
b
v
A
z
g
g

w
p
e

F
s
n

D
n
m
w

o

d
9
(D

Dabei Kommunen zu ehren, die sich besonders durch
gendfreundliche Politik und Maßnahmen hervorgetan

aben, scheint mir eine gute Idee zu sein. Diese sollten
ich vor allem durch eine aktive Bekämpfung von Ju-
endarbeitslosigkeit, durch gute Ausstattung und Ange-
ote der Jugendhilfe und durch eine qualitativ hochwer-
ge Schulinfrastruktur auszeichnen. Zudem sollten die
chaffung eines umfangreichen Ausbildungsangebots
nd die Bereitstellung von Mobilitätsangeboten für
nge Menschen im Fokus liegen.

Auf europäischer Ebene gibt es bereits das Konzept
er „European Youth Capital“. Diese Ehrung wird unter
inbindung des European Youth Forum, des Dachver-
andes europäischer Jugendorganisationen und -ringe,
ergeben. Sie kommt Städten zugute, die ein besonderes
ugenmerk auf die Belange junger Menschen legen, und
ieht zahlreiche öffentlichkeitswirksame Veranstaltun-
en nach sich. Derzeit trägt Braga, eine Stadt in Portu-
al, den Titel der europäischen Jugendhauptstadt.

Allerdings wirken solche Projekte nur, wenn sie eben
eitere Maßnahmen beinhalten und nicht bloße Symbol-
olitik sind. Das in diesem Antrag vorgelegte Konzept
nthält noch keine Aussagen zu deren Ausgestaltung, die
r mich von höchster Relevanz wären, zum Beispiel die
rage, wer diesen Titel vergeben würde. Ohne eine
tarke Partizipation von Jugendlichen und Jugendorga-
isationen sollte dieser Prozess nicht ablaufen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715232000

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

rucksache 17/7846 an den Ausschuss für Familie, Se-
ioren, Frauen und Jugend vorgeschlagen. Sind Sie da-
it einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Über-
eisung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 20. Januar 2012,
Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.