Protokoll:
17012

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 12

  • date_rangeDatum: 17. Dezember 2009

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 23:16 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/12 – Wahl der Mitglieder des Parlamentari- schen Kontrollgremiums gemäß Arti- kel 45 d des Grundgesetzes (Drucksachen 17/209) . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zum Europäischen Rat am 10./11. Dezember 2009 in Brüssel und zur UN-Klimakonferenz vom 7. bis 18. De- zember 2009 in Kopenhagen Bundestages nach den Begleitgesetzen zum Vertrag von Lissabon wahren hier: Einvernehmen mit dem Bundestag vor der Aufnahme von Beitrittsverhand- lungen mit Island herstellen (Drucksache 17/260) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktion der SPD: Herstellung des Einvernehmens über die Aufnahme von Verhandlungen über den Beitritt der Republik Island zur Europäischen Union (Drucksache 17/246) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 903 D 904 A 914 D 904 B 904 C Deutscher B Stenografisch 12. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Nachruf auf den ehemaligen Bundesminister Otto Graf Lambsdorff . . . . . . . . . . . . . . . . . Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Maria Michalk und Michael Glos . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 5: – Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung des Parlamenta- rischen Kontrollgremiums gemäß Arti- kel 45 d des Grundgesetzes (Drucksache 17/208) . . . . . . . . . . . . . . . . . Z A V w B h ( i Z A V w B 901 A 902 A 902 A 903 B 903 C in Verbindung mit undestag er Bericht ung 17. Dezember 2009 t : usatztagesordnungspunkt 2: ntrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, iola von Cramon-Taubadel, Ulrike Höfken, eiterer Abgeordneter und der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Beitrittsver- andlungen mit Island aufnehmen Drucksache 17/271) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 3: ntrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, iola von Cramon-Taubadel, Ulrike Höfken, eiterer Abgeordneter und der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rechte des 904 B in Verbindung mit II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktion der SPD: Vorschlag der spanischen Regierung für die Änderung der Verträge in Bezug auf die Übergangs- maßnahmen betreffend die Zusammenset- zung des Europäischen Parlaments – Her- stellung des Einvernehmens über die Aufnahme von Verhandlungen über Ver- tragsänderungen gemäß Artikel 48 EUV (Drucksache 17/235) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Seif (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines … Ge- setzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 86 a und 125 d) (Drucksache 17/182) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Regelung der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung in der Grund- sicherung für Arbeitsuchende (Drucksache 17/181) . . . . . . . . . . . . . . . . . c H T K D B P A G B A A G T a b 904 C 904 D 908 C 910 A 911 D 912 B 912 C 915 B 916 A 917 A 919 A 920 A 921 B 922 B 923 C 925 A 926 C 926 D 927 D 928 B 928 C 928 D 929 B 929 C ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Brigitte Pothmer, Katrin Göring-Eckardt, Markus Kurth, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grund- gesetzes – Ausführung von Bundesge- setzen auf dem Gebiet der Grundsiche- rung für Arbeitsuchende (Artikel 87 g und 125 d) (Drucksache 17/206) . . . . . . . . . . . . . . . . ubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . homas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . atja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . nette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . ernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ngelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . ndrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) . . . . . . . abriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: ) Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein- richtung eines Parlamentarischen Bei- rats für nachhaltige Entwicklung (Drucksache 17/245) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zu- ständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Ein- führung eines Europäischen Nachlass- zeugnisses (inkl. 14722/09 ADD 1 und 14722/09 ADD 2) (ADD 1 in Englisch) KOM-Nr. (2009) 154 endg.; Ratsdok.-Nr. 14722/09 (Drucksachen 17/136 A.30, 17/270) . . . . 929 C 929 D 931 B 932 A 934 B 936 B 937 B 938 B 940 A 940 C 942 D 945 A 946 A 947 B 948 D 949 D 951 B 952 A 952 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 III c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu der Verordnung der Bundesregie- rung: Sechsundachtzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschafts- verordnung (Drucksachen 16/14067, 17/28 Nr. 2, 17/161) d) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 1 über die dem Deutschen Bundestag zu- geleiteten Streitsachen vor dem Bundes- verfassungsgericht (Drucksache 17/129) . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 6: a)–g) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 zu Petitionen (Drucksachen 17/261, 17/262, 17/263, 17/264, 17/265, 17/266, 17/267) . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Weitere Wahlen zu Gremien a) Gemeinsamer Ausschuss gemäß Arti- kel 53 a des Grundgesetzes (Drucksache 17/210) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausschuss nach Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) (Drucksache 17/211) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wahlprüfungsausschuss gemäß § 3 Ab- satz 2 des Wahlprüfungsgesetzes (Drucksache 17/212) . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gremium gemäß § 23 c Absatz 8 des Zollfahndungsdienstgesetzes (Drucksache 17/213) . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Wahlausschuss gemäß § 6 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (Drucksachen 17/214, 17/215, 17/216, 17/217, 17/218) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Richterwahlausschuss gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes (Drucksachen 17/219, 17/220, 17/221, 17/222, 17/223) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g h i j k W E l 952 C 952 C 952 D 953 C 953 C 953 C 953 D 954 A 954 A 991 A 954 B 954 B 991 A ) – Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung des Gremiums gemäß Artikel 13 Absatz 6 des Grundgesetzes (Drucksache 17/224) . . . . . . . . . . . . . . – Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß Artikel 13 Absatz 6 des Grundgesetzes (Drucksache 17/225) . . . . . . . . . . . . . . ) – Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung des Gremiums gemäß § 10 a des Finanzmarktstabilisierungsfondsge- setzes (Drucksache 17/226) . . . . . . . . . . . . . . – Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß § 10 a des Finanzmarktstabi- lisierungsfondsgesetzes (Drucksache 17/227) . . . . . . . . . . . . . . ) Vertreter der Bundesrepublik Deutsch- land in der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates (zugleich Vertreter in der Versammlung der Westeuropäischen Union) gemäß den Artikeln 1 und 2 des Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates (Drucksache 17/228) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Mitglieder des Verwaltungsrates der Kreditanstalt für Wiederaufbau (Drucksache 17/229) . . . . . . . . . . . . . . . . ) – Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung des Vertrauensgremiums gemäß § 10 a Absatz 2 der Bundeshaus- haltsordnung (Drucksache 17/230) . . . . . . . . . . . . . . – Wahl der Mitglieder des Vertrauens- gremiums gemäß § 10 a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksache 17/231) . . . . . . . . . . . . . . ahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) – Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung des Gremiums gemäß § 3 des Bun- desschuldenwesengesetzes (Drucksache 17/232) . . . . . . . . . . . . . . 954 C 954 C 954 D 954 D 955 A 955 A 955 C 955 C 956 A 991 A 955 D IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 – Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß § 3 des Bundesschuldenwe- sengesetzes (Drucksache 17/233) . . . . . . . . . . . . . . Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD: Haltung der Bundesregierung zur Einführung einer Finanztransaktions- steuer Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . . . . Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Werner Schieder (Weiden) (SPD) . . . . . . . . . . Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP: Menschenrechte weltweit schützen (Drucksache 17/257) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Annette Groth, Katrin Werner, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Nein zur Todesstrafe in den USA – Hinrichtung von Mumia Abu- Jamal verhindern (Drucksache 17/236) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Wolfgang Nešković, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Abschiebungen nach Syrien stoppen – Abschiebeabkommen aufkündigen (Drucksache 17/237) . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Ingrid e f g M C E A T S A S U V M B S 955 D 956 B 991 B 956 C 957 C 958 D 959 D 960 D 962 B 963 B 964 D 965 D 967 A 968 B 969 A 970 A 971 B 971 B 971 C Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unverzügliche Aussetzung des Deutsch- Syrischen-Rückübernahmeabkommens (Drucksache 17/68) . . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck (Köln), Thilo Hoppe, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gemein- same menschenrechtliche Positionie- rung der EU gegenüber den Ländern Lateinamerikas und der Karibik einfor- dern (Drucksache 17/157) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Hu- manitäre Hilfe zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Menschenrechte als entwick- lungspolitische Querschnittsaufgabe fortführen (Drucksachen 17/107, 17/272) . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Hu- manitäre Hilfe zu dem Antrag der Abge- ordneten Ute Koczy, Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Menschenrechte in Sri Lanka stärken (Drucksachen 17/124, 17/273) . . . . . . . . . arina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . rika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nnette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . homas Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . ibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . urkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . abine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . 971 C 971 C 971 D 971 D 972 A 973 A 973 C 975 A 975 B 977 C 978 A 978 D 979 D 980 C 981 C 982 D 983 B 984 D 985 C 986 D 988 A 989 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 V Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Diana Golze, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Anhe- bung und bedarfsgerechte Ermittlung der Kinderregelsätze (Drucksachen 17/23, 17/204) . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias auf Grundlage des Seerechts- übereinkommens der Vereinten Nationen von 1982 und der Resolutionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1897 (2009) vom 30. November 2009 und nach- folgender Resolutionen des Sicherheitsra- tes der Vereinten Nationen in Verbindung mit der Gemeinsamen Aktion 2008/851/ GASP des Rates der Europäischen Union vom 10. November 2008 und dem Be- schluss 2009/907/GASP des Rates der Eu- ropäischen Union vom 8. Dezember 2009 (Drucksachen 17/179, 17/274) . . . . . . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/276) . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . K T N E T A b w B k m g ( i Z A L R F m h w k ( P D L P D D R T a b 991 C 991 D 992 C 994 A 995 B 996 B 997 B 989 C 998 D 999 A 1000 A 1001 B 1002 B 1003 B 1004 D 1005 B 1005 D arin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . amentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Priska Hinz (Her- orn), Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, eiterer Abgeordneter und der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Innovations- raft von kleinen und mittleren Unterneh- en durch Steuergutschrift für Forschun- en stärken Drucksache 17/130) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 8: ntrag der Abgeordneten René Röspel, othar Binding (Heidelberg), Dr. Ernst Dieter ossmann, weiterer Abgeordneter und der raktion der SPD: Innovative kleine und ittlere Unternehmen stärken – Ein nach- altiges steuerliches Forschungs- und Ent- icklungs-Förderkonzept (FuE-Förder- onzept) vorlegen Drucksache 17/247) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . riska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Frank Steffel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . othar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . atrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . ené Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: ) Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus Barthel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Studienpakt für Qua- lität und gute Lehre jetzt durchsetzen (Drucksache 17/109) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Agnes Alpers, Dr. Rosemarie Hein, Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE: Forderungen aus dem Bil- dungsstreik aufnehmen und die soziale Spaltung im Bildungssystem bekämpfen (Drucksache 17/119) . . . . . . . . . . . . . . . . 1006 D 1008 A 1009 A 1012 C 1009 B 1009 C 1009 C 1010 B 1014 B 1015 C 1016 D 1018 A 1019 B 1020 C 1020 D VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 c) Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), Krista Sager, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Konse- quenzen aus dem Bildungsstreik ziehen – Bildungsaufbruch unverzüglich einlei- ten (Drucksache 17/131) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Frankenberg, Minister (Baden-Württemberg) . . . . . . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: a) Antrag der Fraktion der SPD: Übertra- gung der bundeseigenen Seengewässer auf die neuen Länder (Drucksache 17/238) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Privatisierung von Äckern, Seen und Wäldern (Drucksache 17/239) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . Iris Gleicke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: a) Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Dr. Martina Bunge, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Kopfpauschale – Für eine solidarische Krankenversicherung (Drucksache 17/240) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Maria Anna Klein-Schmeink, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und i Z A H g P s l ( H S D C M S L T B s l W A d M l s ( E M W U W D U T a 1020 D 1021 A 1022 C 1023 D 1024 C 1025 C 1026 A 1027 A 1028 C 1028 D 1028 D 1029 D 1031 A 1032 A 1033 C 1034 B 1034 D 1036 B 1037 C der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Für eine solidarische und nach- haltige Finanzierung des Gesundheits- wesens (Drucksache 17/258) . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 9: ntrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, arald Weinberg, Karin Binder, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion DIE LINKE: raxisgebühr und andere Zuzahlungen ab- chaffen – Patientinnen und Patienten ent- asten Drucksache 17/241) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . tephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . hristine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . aria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ars Lindemann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- ung zu dem Antrag der Abgeordneten infried Hermann, Kerstin Andreae, lexander Bonde, weiterer Abgeordneter und er Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: oratorium für Stuttgart 21 – Wirtschaft- ichkeit des Großprojektes vor Baubeginn icherstellen Drucksachen 17/125, 17/268) . . . . . . . . . . . . nak Ferlemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . artin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . erner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Maurer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . infried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . te Kumpf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Rüdiger Veit, Dr. Dieter Wiefelspütz, Olaf Scholz, weiteren Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs 1037 C 1037 C 1037 D 1039 B 1040 C 1042 B 1043 C 1044 D 1046 C 1047 D 1047 D 1049 B 1049 D 1051 A 1052 B 1052 C 1054 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 VII eines … Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Altfallregelung) (Drucksache 17/207) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Aufenthaltsgesetzes (Drucksachen 17/34 (neu), 17/278) . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für ein umfassen- des Bleiberecht (Drucksachen 17/19, 17/278) . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung des Parlamentarischen Staatssekre- tärs Christian Schmidt (BMVg) (11. Sitzung) Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleu- nigungsgesetz) (10. Sitzung, Tagesordnungs- punkt 13 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Sven Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung zu dem Antrag: Fortset- zung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias auf Grundlage des See- rechtsübereinkommens der Vereinten Natio- nen von 1982 und der Resolutionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1897 (2009) vom 30. November 2009 und nachfolgender Resolutionen des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen in Verbindung mit der Gemeinsamen Aktion 2008/851/ G v 2 U n A E H M W D N s d w f d G V t ( 7 b 2 c b 8 v 2 U n A Z – – – ( R S R H U J A N s 1056 B 1056 B 1056 C 1057 C 1059 A 1059 B 1059 C ASP des Rates der Europäischen Union om 10. November 2008 und dem Beschluss 009/907/GASP des Rates der Europäischen nion vom 8. Dezember 2009 (Tagesord- ungspunkt 11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ans-Christian Ströbele, Sylvia Kotting-Uhl, onika Lazar, Beate Müller-Gemmeke, infried Hermann, Dorothea Steiner und r. Wolfgang Strengmann-Kuhn (alle BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- timmung über die Beschlussempfehlung zu em Antrag: Fortsetzung der Beteiligung be- affneter deutscher Streitkräfte an der EU-ge- ührten Operation Atalanta zur Bekämpfung er Piraterie vor der Küste Somalias auf rundlage des Seerechtsübereinkommens der ereinten Nationen von 1982 und der Resolu- ionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom . Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezem- er 2008, 1897 (2009) vom 30. November 009 und nachfolgender Resolutionen des Si- herheitsrates der Vereinten Nationen in Ver- indung mit der Gemeinsamen Aktion 2008/ 51/GASP des Rates der Europäischen Union om 10. November 2008 und dem Beschluss 009/907/GASP des Rates der Europäischen nion vom 8. Dezember 2009 (Tagesord- ungspunkt 11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Altfallregelung) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes Beschlussempfehlung und Bericht: Für ein umfassendes Bleiberecht Tagesordnungspunkt 17 a bis c) . . . . . . . . . . einhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . tephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . üdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . osef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 amensverzeichnis der Mitglieder des Deut- chen Bundestages, die an der Wahl der Mit- 1059 C 1060 C 1061 B 1061 B 1062 D 1063 D 1065 C 1065 D 1066 B VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 glieder des Parlamentarischen Kontrollgre- miums gemäß Artikel 45 d des Grundgesetzes teilgenommen haben (Tagesordnungspunkt 5) Anlage 8 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl der Mit- glieder des Wahlausschusses gemäß § 6 Ab- satz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes teilgenommen haben (Tagesordnungspunkt 8 e) Anlage 9 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl der Mit- glieder des Richterwahlausschusses gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes teilgenommen haben (Tagesordnungspunkt 8 f) . . . . . . . . . . Anlage 10 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl der Mit- glieder des Vertrauensgremiums gemäß § 10 a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung teilge- nommen haben (Tagesordnungspunkt 8 k) . . Anlage 11 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl der Mit- glieder des Gremiums gemäß § 3 des Bundes- schuldenwesengesetzes teilgenommen haben (Tagesordnungspunkt 8 l) . . . . . . . . . . . . . . . 1067 A/C 1069 B/D 1072 A/C 1074 B/D 1077 A/B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 901 (A) ) (B) ) 12. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1059 (A) ) (B) ) Seite 819 A) an Behörden anderer Staaten am Rande der Legalität. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt (BMVg) (11. Sitzung, Tagesordnungspunkt 2, M ( d b t A A s I d s f c p S o Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bas, Bärbel SPD 17.12.2009 Bülow, Marco SPD 17.12.2009 Bulling-Schröter, Eva DIE LINKE 17.12.2009 Dittrich, Heidrun DIE LINKE 17.12.2009 Dreibus, Werner DIE LINKE 17.12.2009 Glos, Michael CDU/CSU 17.12.2009 Granold, Ute CDU/CSU 17.12.2009 Herrmann, Jürgen CDU/CSU 17.12.2009 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.12.2009 Lafontaine, Oskar DIE LINKE 17.12.2009 Dr. Miersch, Matthias SPD 17.12.2009 Möhring, Cornelia DIE LINKE 17.12.2009 Nahles, Andrea SPD 17.12.2009 Nestle, Ingrid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.12.2009 Dr. Ott, Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.12.2009 Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 17.12.2009 Schlecht, Michael DIE LINKE 17.12.2009 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 17.12.2009 Thönnes, Franz SPD 17.12.2009 Werner, Katrin DIE LINKE 17.12.2009 Wicklein, Andrea SPD 17.12.2009 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 17.12.2009 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 17.12.2009 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht Auf die Nachfrage des Kollegen Fritz Rudolf Körper, dB, während der Fragestunde am 16. Dezember Plenarprotokoll 17/11, Seite 819) habe ich geantwortet, ass ich Herrn Staatssekretär Dr. Wichert am 7. Septem- er persönlich gesehen habe. Gemeint war der 8. Sep- ember. nlage 3 Erklärung des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentli- chen Abstimmung über den Entwurf eines Ge- setzes zur Beschleunigung des Wirtschafts- wachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) (10. Sitzung, Tagesordnungspunkt 13 a) Ich habe versehentlich mit Ja gestimmt. Mein Votum lautet Nein. nlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Sven Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an der EU-geführten Opera- tion Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias auf Grundlage des See- rechtsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1982 und der Resolutionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1897 (2009) vom 30. November 2009 und nachfolgender Resolu- tionen des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen in Verbindung mit der Gemeinsamen Aktion 2008/851/GASP des Rates der Europäi- schen Union vom 10. November 2008 und dem Beschluss 2009/907/GASP des Rates der Euro- päischen Union vom 8. Dezember 2009 (Tages- ordnungspunkt 11) Ich lehne den Antrag der Bundeswehr, weiter Marine- oldaten der Bundeswehr vor der Küste Somalias und im ndischen Ozean einzusetzen, ab. Die Bundeswehr sollte nicht für den Schutz der Han- elswege im Indischen Ozean eingesetzt werden. Dafür ind die Soldaten auch nicht ausgebildet. Insbesondere ehlen ihnen die notwendigen Kenntnisse und rechtli- hen Voraussetzungen, vor allem zur Festnahme von iraterieverdächtigen Personen. So bewegen sich die oldaten bei deren Aufspüren und Festhalten über Tage der möglicherweise Wochen sowie bei deren Übergabe 1060 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 (A) ) (B) ) Der Einsatz der Bundeswehr stellt nicht das allerletzte Mittel bzw. die äußerste Notmaßnahme zur Verhinde- rung und Aufklärung von Überfällen durch Piraten dar. Denn andere Möglichkeiten wurden gar nicht erst ver- sucht. Die Ursachen der steigenden Zahl von Überfällen und Entführungen von Schiffen sowie der Erpressung von Reedern wurden nicht untersucht und schon gar nicht beseitigt. Auch auf eine langfristige Stabilisierung Somalias wurde bisher nur halbherzig hingearbeitet. So hat die internationale Gemeinschaft etwa gegen das Leerfischen der ehemals fischreichen Gewässer vor der Küste Somalias durch europäische und japanische Fischfabriken nicht nur nichts unternommen, sondern dieses Treiben sogar durch Finanzmittel gefördert. Für die Zukunft ist im aktuellen Atalanta-Beschluss der EU gar vorgesehen, diese Industrieschiffe aus Europa und deren Fischraub sogar noch durch die Bundesmarine und deren Verbündete zu schützen. Der Einsatz der internationalen Armada von mehre- ren Dutzend großer Kriegsschiffe im Indischen Ozean ist auch ineffektiv. Seit Beginn der OEF- und Atalanta-Ein- sätze ist die Anzahl der Kaperungen und Angriffe auf Handels- und Passagierschiffe nicht zurückgegangen, sondern rapide angestiegen. Laut internationaler See- fahrtsbehörde gab es allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres 150 Angriffe durch Piraten, mehr als dop- pelt so viele wie im gesamten Vorjahr. Die zur Abstimmung stehende Verlängerung des Ein- satzmandats weitet das Einsatzgebiet der internationalen Militärflotten noch weiter aus als bisher. Es soll nun über 5 Millionen Quadratkilometer umfassen. Sollten die Flotten anfangs nur in der Region vor der Küste Soma- lias eingesetzt werden, so gehören nach der nun zur Abstimmung stehenden Erweiterung des Mandats inzwi- schen auch weite Teile des Indischen Ozeans zum Ope- rationsgebiet. Es werden sogar Flottenstützpunkte Hun- derte von Meilen entfernt eingerichtet, wie auf den Seychellen. Der Militäreinsatz gegen Piraten wird also immer weiter sowie länger ausgedehnt und droht zu einem Dau- ereinsatz im Indischen Ozean zu werden. Eine Eskala- tion und Ausweitung auf das Festland in Somalia ist zu befürchten. Die Kosten des Einsatzes dieser Militärflotten sind um ein Vielfaches höher als alle Schäden, die durch die Piraterie angerichtet wurden. Mit einem Bruchteil der für Soldaten und Kriegsschiffe problemlos zur Verfü- gung gestellten vielen Hundert Millionen Euro – allein Deutschland zahlt jährlich knapp 50 Millionen – hätte man einen großen Teil der somalischen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgen und die wirtschaftliche Ent- wicklung heraus aus Elend und Arbeitslosigkeit voran- treiben können. Anstelle der Verlängerung des Atalanta- Mandats könnte jetzt noch mit gezielter wirtschaftlicher Entwicklungshilfe dem Land geholfen und die Piraterie wirkungsvoller eingedämmt werden. A M u e A v H t n F w h d d M r D s u s s f h d d F d d g (C (D nlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Sylvia Kotting-Uhl, Monika Lazar, Beate Müller-Gemmeke, Winfried Hermann, Dorothea Steiner und Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur nament- lichen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta zur Bekämp- fung der Piraterie vor der Küste Somalias auf Grundlage des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1982 und der Resolutio- nen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1897 (2009) vom 30. November 2009 und nachfolgen- der Resolutionen des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen in Verbindung mit der Gemein- samen Aktion 2008/851/GASP des Rates der Europäischen Union vom 10. November 2008 und dem Beschluss 2009/907/GASP des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2009 (Tagesordnungspunkt 11) Wir lehnen den Antrag der Bundesregierung, weiter arinesoldaten der Bundeswehr vor der Küste Somalias nd im Indischen Ozean einzusetzen, ab. Die Bundeswehr existiert zur Verteidigung. So steht s im Grundgesetz. Sie ist nicht dafür da, polizeiliche ufgaben im Ausland zu übernehmen und Straftaten zu erfolgen oder zu verhindern, auch nicht zum Schutz der andelswege im Indischen Ozean. Dafür sind die Solda- en auch nicht ausgebildet. Insbesondere fehlen ihnen die notwendigen Kennt- isse und rechtlichen Voraussetzungen, vor allem zur estnahme von piraterieverdächtigen Personen. So be- egen sich die Soldaten bei deren Aufspüren und Fest- alten über Tage oder möglicherweise Wochen sowie bei eren Übergabe an Behörden anderer Staaten am Rande er Legalität. Der Einsatz der Bundeswehr stellt nicht das allerletzte ittel bzw. die äußerste Notmaßnahme zur Verhinde- ung und Aufklärung von Überfällen durch Piraten dar. enn andere Möglichkeiten wurden gar nicht erst ver- ucht. Die Ursachen der steigenden Zahl von Überfällen nd Entführungen von Schiffen der christlichen Seefahrt owie der Erpressung von Reedern wurden nicht unter- ucht und schon gar nicht beseitigt. Auch auf eine lang- ristige Stabilisierung Somalias wurde bisher nur halb- erzig hingearbeitet. So hat die internationale Gemeinschaft etwa gegen as Leerfischen der ehemals fischreichen Gewässer vor er Küste Somalias durch europäische und japanische ischfabriken nicht nur nichts unternommen, sondern ieses Treiben sogar durch Finanzmittel gefördert. Für ie Zukunft ist im aktuellen Atalanta-Beschluss der EU ar vorgesehen, diese Industrieschiffe aus Europa und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1061 (A) ) (B) ) deren Fischraub sogar noch durch die Bundesmarine und deren Verbündete zu schützen. Der Einsatz der internationalen Armada von mehre- ren Dutzend großer Kriegsschiffe im Indischen Ozean ist auch ineffektiv. Seit Beginn der OEF- und Atalanta-Ein- sätze ist die Anzahl der Kaperungen und Angriffe auf Handels- und Passagierschiffe nicht zurückgegangen, sondern rapide angestiegen. Laut internationaler See- fahrtsbehörde gab es allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres 150 Angriffe durch Piraten, mehr als dop- pelt so viele wie im gesamten Vorjahr. Die zur Abstimmung stehende Verlängerung des Ein- satzmandats weitet das Einsatzgebiet der internationalen Militärflotten noch weiter aus als bisher. Es soll nun über 5 Millionen Quadratkilometer umfassen. Sollten die Flotten anfangs nur in der Region vor der Küste Soma- lias eingesetzt werden, so gehören nach der nun zur Ab- stimmung stehenden Erweiterung des Mandats inzwi- schen auch weite Teile des Indischen Ozeans zum Operationsgebiet. Es werden sogar Flottenstützpunkte Hunderte von Meilen entfernt eingerichtet, wie auf den Seychellen. Der Militäreinsatz gegen Piraten wird also immer weiter sowie länger ausgedehnt und droht zu einem Dau- ereinsatz im Indischen Ozean zu werden. Eine Eskala- tion und Ausweitung auf das Festland in Somalia ist zu befürchten. Die Kosten des Einsatzes dieser Militärflotten sind um ein Vielfaches höher als alle Schäden, die durch die Piraterie angerichtet wurden. Mit einem Bruchteil der für Soldaten und Kriegsschiffe problemlos zur Verfü- gung gestellten, vielen Hundert Millionen Euro – allein Deutschland zahlt jährlich knapp 50 Millionen – hätte man einen großen Teil der somalischen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgen und die wirtschaftliche Ent- wicklung heraus aus Elend und Arbeitslosigkeit voran- treiben können. Anstelle der Verlängerung des Atalanta- Mandats könnte jetzt noch mit gezielter wirtschaftlicher Entwicklungshilfe dem Land geholfen und die Piraterie wirkungsvoller eingedämmt werden. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Altfallregelung) – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes – Beschlussempfehlung und Bericht: Für ein umfassendes Bleiberecht (Tagesordnungspunkt 17 a bis c) Reinhard Grindel (CDU/CSU): Zunächst einmal möchte ich gerne festhalten, dass die CDU/CSU Wort gehalten hat, was die Verlängerung der Bleiberechts- regelung anbelangt. Sie kommt rechtzeitig. Kein Inhaber e c u s j i f g B g g ü s G r F g n b h i s m h D r s t D z h d d n g J h s b d r e w d g e B (C (D iner Aufenthaltserlaubnis auf Probe fällt in Rechtsunsi- herheit. Mit der von den Innenministern des Bundes nd der Länder getroffenen Entscheidung ist auch eine ehr sachgerechte Lösung gefunden worden, weshalb sie a zum Beispiel auch seitens der Kirchen begrüßt worden st. Der aus Sicht der Union ganz entscheidende Punkt indet sich im IMK-Beschluss wieder. Wir haben immer esagt: Wir wollen keine pauschale Verlängerung des leiberechts, sondern wir wollen im Lichte der schwieri- en wirtschaftlichen Lage eine Verlängerung für diejeni- en, die eine Arbeit haben, von der sie sich leider nicht berwiegend selbst unterhalten können, oder für die, die ich zumindest um eine Beschäftigung bemüht haben. Das ist der große Unterschied zu den Anträgen von rünen und Linkspartei. Sie wollen auch eine Verlänge- ung für die, die gar nichts gemacht haben, die auch im alle von Vollbeschäftigung und Hochkonjunktur nicht eneigt sind, sich um Arbeit zu bemühen. Das aber leh- en wir ab, weil es genau zu dem führen würde, was wir ei der Bleiberechtsregelung von Anfang an immer ver- indern wollten, dass es nämlich zu einer Zuwanderung n die Sozialsysteme kommt. Das wäre aber den Men- chen in unserem Land nicht zu vermitteln. Ich sehe mich hierbei übrigens in großer Übereinstim- ung mit dem Berliner Innensenator Körting, der gesagt at: Wer allerdings gesagt hat, ich habe keinen Bock auf Arbeitssuche, der kommt jetzt nicht mehr zum Zuge. Man kann erwarten, dass sie sich wenigstens bemühen. Falls sie das bislang nicht verstanden ha- ben, dann haben sie eben Pech gehabt. as hätte ich gar nicht gewagt, so deutlich zu formulie- en. Aber wo Herr Körting Recht hat, hat er Recht. Der IMK-Beschluss ist auch aus drei weiteren Gründe ehr zu begrüßen: Erstens: Die Verlängerung gilt für zwei Jahre. Die Be- roffenen haben also wirklich ausreichend Zeit, ohne ruck ihre Bemühungen um eine Arbeitsaufnahme fort- usetzen. Bei einer Verlängerung von nur einem Jahr ätte man sicher einwenden können, dass sich bis dahin ie Arbeitsmarktlage nicht so grundlegend verändert hat, ass die Beschäftigungsperspektiven für die Inhaber ei- er Aufenthaltserlaubnis auf Probe grundlegend besser eworden wären. Insofern ist die Verlängerung um zwei ahre wirklich eine gute Sache. Obgleich schon darauf ingewiesen werden darf, dass es zum Zeitpunkt des Be- chlusses der Bleiberechtsregelung deutlich mehr Ar- eitslose gab als heute. Auch das gehört zur Wahrheit azu. Zweitens: Der Beschluss zur Verlängerung der Bleibe- echtsregelung ist hinreichend flexibel formuliert, indem twa der Begriff der Halbtagsbeschäftigung eingeführt orden ist. Es werden keine festen Einkommensgrenzen efiniert, Aufstockerleistungen können also in Anspruch enommen werden, ohne dass dies für die Aufenthalts- rlaubnis schädlich ist. Auch das nimmt Druck von den etroffenen. 1062 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 (A) ) (B) ) Drittens: Erstmals gibt es eine besondere Regelung für Kinder und Jugendliche, die sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befinden. Sie wissen, dass mir das im- mer besonders wichtig gewesen ist, weil es angesichts des demografischen Wandels keinen Sinn macht, junge Menschen, die von unseren Steuermitteln eine Schulaus- bildung erhalten haben, wieder außer Landes zu beför- dern, wenn sie eine gute schulische und berufliche Per- spektive in unserem Land haben. Diese zusätzlichen Ansprüche führen in der Praxis natürlich auch dazu, dass der Aufenthalt für die übrigen Familienmitglieder dieser jungen Menschen abgesichert ist. Das halte ich auch für richtig. Ich will darauf verweisen, dass der IMK-Beschluss einstimmig getroffen wurde. Auch die Innenminister der SPD haben zugestimmt. Insoweit stellt sich schon die Frage – und das sage ich jetzt mit Blick auf den neuen Gesetzentwurf, den die SPD-Fraktion uns in dieser Woche vorgelegt hat und der auch Gegenstand dieser Debatte ist –, ob es klug ist, noch vor Inkrafttreten des IMK-Beschlusses nun schon wieder über eine weitergehende gesetzliche Regelung zu entscheiden. Wer sich an die großen Abstimmungs- schwierigkeiten erinnert, die es zwischen der Bundesre- gierung und den Koalitionsfraktionen auf der einen Seite und den Landesinnenministern auf der anderen Seite 2007 bei der Verabschiedung der ersten gesetzlichen Alt- fallregelung gab, der wird hier mit Recht zur Zurückhal- tung mahnen. Wir sollten die IMK-Bleiberechtsregelung jetzt in Ruhe wirken lassen und sollten uns dann zum 1. Januar 2012 mit der Frage befassen, ob wir eine neue gesetzliche Altfallregelung brauchen. Wir als CDU/CSU sehen den Gesetzentwurf der SPD aber auch aus inhaltlichen Gründen skeptisch. Ziel Ihrer gesetzlichen Altfallregelung soll es sein, den seit Jahren hier integrierten Ausländern eine dauerhafte Perspektive in Deutschland zu geben. Gleichzeitig stufen Sie die An- forderungen an die Sprachkompetenz auf das Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens herab. A 1 verlangen wir schon von den nachziehenden Familienangehörigen, also am Anfang ihres Aufenthalts. Wer nach vielen Jahren des Aufenthalts in unserem Land keine sprachlichen Fortschritte gemacht hat und auch nur A 1 beherrscht, dem kann man nun wirklich nicht bescheinigen, dass er sich seit Jahren hier in Deutsch- land integriert hat. Das Gegenteil ist richtig. Deshalb ha- ben wir ja auch bei der Altfallregelung aus dem Jahr 2007 A 2 verlangt, und das schon, um die Hürden nicht zu hoch zu heben. Ihr Vorschlag ist insoweit gerade kein guter Beitrag zur Integration der geduldeten Menschen in unserem Land, weil er keine Anreize gibt, mehr zu tun für die Verbesserung der Sprachkompetenz Was nach unserer Auffassung auch überhaupt nicht geht, ist das generelle Aufenthaltsrecht für Ausländer, die sich seit zwölf Jahren geduldet, gestattet oder aus hu- manitären Gründen in Deutschland aufhalten. Bei Aus- ländern, die mit Kindern zusammenleben, soll die Frist schon nach zehn Jahren greifen. Sie knüpfen dieses Auf- enthaltsrecht nur noch an zwei Bedingungen: Erstens: Der Ausländer darf kein Extremist oder Terrorist sein. Z v d d a s d W e S J W S w k S L d n E d n k w l s E b s i s m Z r t l d r d z a u J A S s b f A B i W (C (D weitens: Es darf kein zwingender Ausweisungsgrund orliegen. Das heißt, Sie wollen im Umkehrschluss ein auerndes Aufenthaltsrecht für einen Ausländer, der urch Täuschen, Tricksen oder Untertauchen selbst ver- ntwortlich dafür ist, dass seine Abschiebung bisher ge- cheitert ist, der kein Wort Deutsch spricht, dessen Kin- er nicht zur Schule gehen, der keinen ausreichenden ohnraum nachweist, der die gesamte Zeit seines Auf- nthalts nur von Sozialleistungen gelebt hat und der traftaten begangen hat, für die er nicht zu mehr als drei ahren Haft verurteilt worden ist. Liebe Kollegen von der SPD, da kann ich nur mit illy Brandt sagen: „Genossen, lasst die Tassen im chrank.“ Was Sie vorschlagen, ist ein Paradigmen- echsel, weil ihre gesetzliche Bleiberechtsregelung eine klassische Altfalllösung ist, die an bestimmte tichtage anknüpft, sondern Sie schlagen eine generelle ösung vor, bei der geduldete Ausländer, also Personen, ie eigentlich ausreisepflichtig sind, in die Regelung hi- einwachsen können. Damit stellt sich natürlich das Problem des Pull- ffektes. Wir dürfen aber keine falschen Signale aussen- en, nach dem Motto: „Wer es lange genug schafft, sei- en Aufenthalt in Deutschland zu verlängern, hat in Zu- unft gute Chancen, auf Dauer bleiben zu können.“ Das äre eine Einladung an Schlepper, wieder verstärkt Aus- änder nach Deutschland einzuschleusen, und das ange- ichts ohnehin stark wachsender Asylbewerberzahlen. ine solche Politik gefährdet die Integration der hier le- enden Ausländer und überfordert die Aufnahmegesell- chaft. Das haben wir alles schon Anfang der 90er-Jahre n schmerzlicher Weise erlebt. Aus diesen Erfahrungen ollten wir lernen und nicht die gleichen Fehler wieder achen. Ich will nicht sagen, dass wir als CDU/CSU für die ukunft generell gegen jede Art von gesetzlicher Altfall- egelung sind. Aber nicht jetzt und nicht so! Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Zu der heu- igen Debatte zum Thema Bleiberecht und Altfallrege- ung kann man sagen: Alter Wein in neuen Schläuchen. Das letzte Mal haben wir uns erst am 26. November ieses Jahres in diesem Hause mit dem Thema Bleibe- echt und Altfallregelung beschäftigt. Mittlerweile hat ie Innenministerkonferenz auf ihrer Tagung am 4. De- ember 2009 in Bremen einen meines Erachtens durch- us zielführenden und vernünftigen Beschluss gefasst, m dem Problem zu begegnen, dass zum Ende dieses ahres für ungefähr 30 000 Personen die sogenannte ufenthaltserlaubnis auf Probe gemäß § 104 a Abs. 1 atz 1 Aufenthaltsgesetz ausgelaufen wäre. Mit dem Be- chluss der Innenministerkonferenz ist nunmehr das Pro- lem gebannt, sodass es überhaupt keine Veranlassung ür den Bundesgesetzgeber gibt, eine Neuregelung des ufenthaltsgesetzes „über das Knie zu brechen“. Dass der heute zu beratende Gesetzentwurf der SPD- undestagsfraktion mittlerweile vollkommen überholt st, lässt sich schon allein daran sehen, dass er in keiner eise auf den Beschluss der Innenministerkonferenz Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1063 (A) ) (B) ) vom 4. Dezember 2009 eingeht und ihn in keiner Weise berücksichtigt. Darüber hinaus versuchen Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, mittels dieses Gesetzentwurfs ein Anliegen zu forcieren, über das wir uns schon in der vergangenen Legislaturperiode in inten- siven Gesprächen nicht einig werden konnten. Sie wol- len eine unbefristete Bleiberechtsregelung. Um dies klar zu sagen: Das lehnen wir von der CDU/CSU kategorisch ab. Wie schon erwähnt: Der Beschluss der Innenminister- konferenz ist meines Erachtens wegweisend und zielfüh- rend, weil er den unterschiedlichen Befindlichkeiten und Zwängen in größtmöglicher Art und Weise gerecht wird. Zum einen kann durch den Beschluss der Innenminister- konferenz jegliche Skepsis ausgeräumt werden, was die Gefahr anbelangt, dass zum Jahresende ungefähr 30 000 Personen, die derzeit über eine Aufenthalts- erlaubnis „auf Probe“ verfügen, wieder in den Status der bloßen Duldung zurückfielen. Die Verlängerung der Bleiberechtsregelung durch die Länderinnenminister wird dergestalt vorgenommen, dass derjenige eine be- fristete Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre erhält, der entweder am 31. Dezember 2009 zumindest eine Halb- tagsbeschäftigung mindestens für die letzten sechs Mo- nate nachweisen kann, oder derjenige, der bis zum 31. Januar 2010 glaubhaft nachweisen kann, dass er für die kommenden sechs Monate eine Halbtagsbeschäfti- gung ausführt. So halte ich es insbesondere für durchaus pragmatisch, gerade angesichts des derzeit auch in Deutschland nicht einfachen, sondern insbesondere in manchen Branchen und manchen Regionen besonders angespannten Arbeitsmarktes lediglich den Nachweis ei- ner Halbtagsbeschäftigung zu erwarten. Darüber hinaus wird in der Verlängerung der Bleibe- rechtsregelung durch die Innenministerkonferenz ein be- sonderer Schwerpunkt darauf gelegt, dass diejenigen, die in den vergangenen zweieinhalb Jahren entweder ihre schulische Ausbildung mit einem Abschluss erfolgreich beendet haben oder eine Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen haben oder sich derzeit in einer Berufs- ausbildung befinden, besonders privilegiert werden. Da- mit wird einem in meinen Augen vollkommen berechtig- ten Anliegen Rechnung getragen, nämlich die ausländischen Mitbürger, die sich aktiv um eine erfolg- reiche Integration in die deutsche Gesellschaft bemühen, vor allem indem sie eine Schul- oder Berufsausbildung anstrengen und erfolgreich abschließen, besonders ge- fördert werden. Leistung muss sich auch in diesem Be- reich lohnen. Und deshalb halte ich es für sehr zielfüh- rend, positive Anreize dafür zu setzen, dass es auch seitens der deutschen Gesellschaft honoriert wird, wenn jemand sich aktiv darum bemüht, seinen eigenen Le- bensunterhalt selbst zu bestreiten. Zum anderen halte ich es für vollkommen richtig und unterstützenswert, dass auch der neue Beschluss der In- nenministerkonferenz keine Ausreichung einer unbefris- teten Aufenthaltserlaubnis vorsieht, sondern lediglich eine auf den Zeitraum von zwei Jahren befristete Aufent- haltserlaubnis. Denn auch was die Zeitdauer der Aufent- haltserlaubnis anbelangt, muss Gleiches gelten wie bei den inhaltlichen Anforderungen. Der Staat darf sich n b e d G a Z d g t s j h f s v b le p u j r a e d b s d r d k R b n h s c h G l k s w n A G g M n e s h d h g (C (D icht der Möglichkeit begeben, den Druck auf die Inha- er von Aufenthaltserlaubnissen „auf Probe“ aufrechtzu- rhalten, in den Bemühungen nicht nachzulassen, alles afür zu tun, dass man sich erfolgreich in die deutsche esellschaft integriert und auch in finanzieller Hinsicht uf eigenen Beinen stehen kann. Deshalb ist es vollkommen überflüssig, zum jetzigen eitpunkt ein Gesetzgebungsverfahren zur Änderung es Aufenthaltsgesetzes aus reinem Aktionismus zu be- innen. Zudem ist der Gesetzentwurf der SPD-Bundes- agsfraktion in jeder Hinsicht mit „heißer Nadel ge- trickt“. Denn indem Sie in Ihrem Gesetzentwurf auf eglichen Stichtag und jegliche Befristung der Aufent- altserlaubnis verzichten, setzen Sie ein vollkommen alsches Signal, weil Sie Zweifel an der Ernsthaftigkeit taatlicher Bemühungen aufkommen lassen, die an sich orhandene Ausreiseverpflichtung des Ausländers gege- enenfalls auch zwangsweise durchzusetzen. Damit privi- gieren Sie gerade die Ausländer, die sich vollkommen assiv verhalten und keinerlei Integrationsbemühungen nternehmen, und diskriminieren im Umkehrschluss die- enigen, die sich entweder in der Vergangenheit erfolg- eich in Deutschland integriert haben, wovon es durch- us eine stattliche Anzahl gibt, bzw. diejenigen, die sich ntsprechend der Verlängerung der Bleiberechtsregelung urch die Innenministerkonferenz in Zukunft ernsthaft emühen werden, in Deutschland auf eigenen Beinen zu tehen. Ferner privilegieren Sie beispielsweise Personen, ie nach einem negativen Abschluss ihres Asylverfah- ens an sich in ihre Heimat zurückkehren müssen und ies jederzeit ohne Gefahr für Leib und Leben auch tun önnten. Nicht wenige sind darunter, die vorsätzlich ihre ückführung hinauszögern oder verhindern, indem sie ei der Beschaffung notwendiger Heimreisedokumente icht mitwirken bzw. über ihre Identität und Staatsange- örigkeit täuschen. Außerdem halte ich es in integrationspolitischer Hin- icht für vollkommen verfehlt, dass Sie, was die inhaltli- hen Anforderungen an die Verlängerung der Aufent- altserlaubnis anbelangt, deutliche Abstriche in Ihrem esetzentwurf machen. So verlangen Sie beispielsweise ediglich den Nachweis einfacher mündlicher Deutsch- enntnisse im Sinne der A I des gemeinsamen europäi- chen Referenzrahmens für Sprachen und nicht mehr, ie es der jetzigen Rechtslage entspricht, Deutschkennt- isse im Sinne der Stufe A II. Genauso verfehlt ist der nsatz, dass Sie deutliche Abstriche machen bei dem rundsatz, dass es keine Privilegierung von Ausländern eben darf, die in Deutschland bereits in erheblichem aße straffällig geworden sind. Nach alledem kann man dem Gesetzentwurf der SPD ur folgende Note ausstellen: Er ist nicht nur zur Unzeit ingebracht worden, sondern auch in inhaltlicher Hin- icht leider ungenügend. Rüdiger Veit (SPD): Das Thema, über das wir heute ier sprechen, ist keineswegs neu. Im Kern geht es um ie Behandlung von Menschen, die wir seit Jahren nicht aben abschieben können, die hier aber trotzdem keinen esicherten Aufenthaltsstatus und keine gesicherte Le- 1064 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 (A) ) (B) ) bensperspektive haben, die auf der anderen Seite aber jahrelang mit uns gelebt haben und leben. Es geht um Geduldete. Immer wieder haben die Innenminister der Länder mit verschiedensten Altfall-/Bleiberechtsregelungen ver- sucht, Menschen, die eine lange Voraufenthaltszeit in Deutschland haben, einen gesicherten Aufenthalt zu bie- ten. All diese Regelungen waren Stichtagsregelungen. Stichtag, das bedeutet: Die Personen mussten die gesetz- lich vorgeschriebene Voraufenthaltszeit zu einem be- stimmten Datum überschritten haben, um von der Rege- lung zu profitieren. Wer sie danach überschritt, erhielt keine Aufenthaltserlaubnis. Kaum war die Regelung ausgelaufen, waren wieder Migrantinnen und Migranten mit langen Aufenthaltszeiten nachgerückt. Heute, am 17. Dezember 2009, ist quasi das zehnjährige Jubiläum dieser Bleiberechtsregelungen, ist doch die erste IMK- Bleiberechtsregelung, die ich in dieser Funktion miterle- ben durfte, vom 19. November 1999. Ich will all diese Versuche nicht schlechter machen, als sie waren. Immerhin waren sie mehr als nichts und haben vielen Geduldeten gesellschaftliche Teilhabe und langfristige Integration ermöglicht. Ein entscheidender Fortschritt war dann die Schaffung einer gesetzlichen Altfallregelung noch unter der Großen Koalition, die mit dem zweiten Änderungsgesetz zum Zuwanderungsge- setz am 28. August 2007 in Kraft trat. Bis zum 30. Juni 2009 erhielten insgesamt 35 128 Ausländer eine Aufent- haltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung. Zu- sammen mit der IMK-Bleiberechtsregelung von 2006, nach der 24 271 Aufenthaltserlaubnisse erteilt wurden, konnten wir mithin insgesamt 59 384 ehemals Geduldete erreichen. Das ist ein schöner Erfolg, auch dies sage ich hier noch einmal deutlich. Allerdings haben 28 227 der von der gesetzlichen Alt- fallregelung Begünstigten nur eine sogenannte Aufent- haltserlaubnis auf Probe erhalten. Eines ist mittlerweile offensichtlich: Nicht alle diejenigen, die eine Aufent- haltserlaubnis auf Probe erhalten haben, werden Ende dieses Jahres in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt überwiegend aus eigener Kraft zu sichern. Nach einer stichprobenartigen Erhebung aus verschiedenen Bundes- ländern, die das Bundesministerium des Innern am 25. September 2009 anlässlich einer Antwort auf eine Kleine Anfrage vorgestellt hat (Bundestagsdrucksache 16/14088, Seite 14 f.), konnten rund 46 Prozent der Be- troffenen ihren Lebensunterhalt noch nicht überwiegend eigenständig sichern. Für sie stellt sich zu Beginn des kommenden Jahres die Frage, wie es weitergehen soll. Sie werden dann mindestens acht bzw. zehn Jahre in Deutschland gelebt haben. Es ist nicht davon auszuge- hen, dass sie jetzt noch irgendwohin abgeschoben wer- den können. Wir sind einer Meinung mit den Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linken, dass diese Menschen nicht wieder in den Status der Dul- dung zurückfallen dürfen. Und nach einem Blick in den Koalitionsvertrag von Union und FDP stellen wir er- staunt und erfreut fest, dass diese Ansicht auch von den R a W d f D A d 2 b J d h B s v a s D B g s u 3 d a S h d e J i D M r I f d G B A V e b e r g a (C (D egierungsfraktionen geteilt wird. Dort heißt es nämlich uf Seite 79: Hinsichtlich der gesetzlichen Altfallregelung sind wir uns einig, dass vor dem Hintergrund der mo- mentanen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Handlungsbedarf in Bezug auf diejenigen Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ besteht, die voraussichtlich die gesetzlichen Vorgaben zur Le- bensunterhaltssicherung zum Jahresende verfehlen werden. Zeitgerecht wird eine angemessene Rege- lung gefunden werden. ir sind also dringend aufgefordert, zu handeln. Auch as ist, wenn ich kurz darauf hinweisen darf, keine urchtbar neue Erkenntnis. Wir, aber auch die Fraktionen ie Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben auf das uslaufen der Regelung zum Ende dieses Jahres hier in iesem Hohen Hause in Redebeiträgen am 26. März 009 und 2. Juli 2009 mehrfach darauf hingewiesen. Ins- esondere aber haben wir uns schon im Frühjahr dieses ahres, als wir noch in Regierungsverantwortung stan- en, für eine Verlängerung eingesetzt. Aber die Union at sich unserem Anliegen verweigert. Damit hat sie die etroffenen sehenden Auges weiteren Monaten der Un- icherheit ausgeliefert, obwohl das Problem seit langem orhersehbar war. Damals konnten wir als SPD-Fraktion us Gründen der Koalitionsdisziplin keinen eigenen Ge- etzentwurf zur Beseitigung dieses Problems einbringen. as ist jetzt anders. Ich habe erläutert, warum eine Verlängerung für die egünstigten der letzten Altfallregelung zeitlich drin- end geboten ist. Doch darüber hinaus muss auch festge- tellt werden, dass trotz der gesetzlichen Altfallregelung nd der IMK-Bleiberechtsregelung von 2006 am 0. Juni 2009 nach wie vor 94 026 Ausländer als Gedul- ete in Deutschland lebten. Davon lebten 59 285 mehr ls sechs Jahre hier (Bundestagsdrucksache 16/13163, eite 8). Diese Zahlen verdeutlichen ebenso wie alle bis- erigen Erfahrungen, dass wir es mit einem immer wie- erkehrenden Problem zu tun haben. Auch künftig wird s immer wieder Ausländer geben, die über mehrere ahre von der Praxis der Kettenduldung betroffen sind. Ich habe es an dieser Stelle schon häufig gesagt, und ch sage es auch heute wieder aus fester Überzeugung: ie Praxis der Kettenduldung muss abgeschafft werden! it dem Antrag der Fraktion Die Linke soll die Bundes- egierung aufgefordert werden, festzustellen, dass die MK-Altfallregelung von 2006 und die gesetzliche Alt- allregelung von 2007 nicht in der Lage waren, Ketten- uldungen abzuschaffen und einen weitergehenden esetzentwurf vorzulegen. Der Gesetzentwurf von ündnis 90/Die Grünen sieht vor, den Inhabern einer ufenthaltserlaubnis auf Probe unabhängig von weiteren oraussetzungen die Geltungsdauer der Aufenthalts- rlaubnis zu verlängern. In der Begründung wird jedoch etont, dass der knappe Gesetzentwurf nur kurzfristig in Auslaufen der gesetzlichen Altfallregelung zum Jah- esende verhindern soll. Danach solle eine nachhaltige esetzliche Regelung geschaffen werden. Die Verlängerung der Frist der Aufenthaltserlaubnis uf Probe wurde bereits auf der letzten Innenminister- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1065 (A) ) (B) ) konferenz vom 3. und 4. Dezember diskutiert. Es wurde, wie bekannt, eine zweijährige Verlängerung der Frist der gesetzlichen Altfallregelung beschlossen. So froh ich bin, dass die Innenminister der SPD-geführten Länder sich bei den Verhandlungen für eine Verlängerung durchsetzen konnten, so sehr bedaure ich doch zweierlei. Erstens war das Problem seit langem vorhersehbar. Es ist unverständlich, dass die Innenminister der Länder dort einspringen müssen, wo sich die Bundestagsfraktion von CDU und CSU unserer Initiative zur Verlängerung wi- dersetzt und damit ihrer Verantwortung als Bundesge- setzgeber entzogen hat. Zweitens ist die Verlängerung eine weitere, kurzfristige Regelung. Sie packt das Pro- blem nicht an der Wurzel, sondern verschiebt und ver- tagt es wieder nur und lässt alles sein wie gehabt. Nach all den Stichtagsregelungen in der Vergangen- heit ist es aus Sicht der SPD-Fraktion nunmehr dringend geboten, eine fortlaufende, stichtagsunabhängige gesetz- liche Altfallregelung zu schaffen. Dabei ist unser Ansatz differenzierter und umfassender als der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen bzw. der Linkspartei, weswegen wir deren Anträge ablehnen und unseren eigenen Weg verfolgen: Wir wollen die Anforderungen an die Lebens- unterhaltssicherung deutlich absenken: Auch das ernst- hafte Bemühen um Arbeit wird als ausreichend erachtet bei Alleinstehenden nach acht und bei Familien nach sechs Jahren Voraufenthaltszeit. Weiter schlagen wir eine eigenständige Regelung für Personen vor, die in Deutschland einen Schulabschluss machen. Ihre Leis- tung soll sich lohnen, und deshalb sollen sie unabhängig von Voraufenthaltszeiten eine Aufenthaltserlaubnis be- kommen. Minderjährigen wollen wir in jedem Fall nach vier Jahren Aufenthalt in Deutschland eine Aufenthalts- erlaubnis erteilen lassen. Zuletzt sieht unser Entwurf für Altfälle mit einer Aufenthaltsdauer von zwölf bzw. zehn Jahren eine noch weitreichendere Ausnahme von den allgemeinen Voraussetzungen vor. Das heißt: Sofern es sich nicht um Schwerkriminelle oder dem Terror nahe- stehende Personen handelt, können sie bleiben. Seien wir realistisch: Wenn sich ein Ausländer seit zehn oder mehr Jahren hier aufgehalten hat und über diesen langen Zeitraum nicht abgeschoben werden konnte, wird das auch künftig nicht gelingen. Es ergibt keinen Sinn, ihm die gesellschaftliche Teilhabe weiterhin zu verweigern. Auch bei unklarer Identität, fehlendem Pass oder unge- klärter Staatsangehörigkeit kommt ein Zeitpunkt, ab dem, ähnlich einer Amnestieregelung, aufenthaltsrechtli- che Klarheit für die Betroffenen und die Behörden ge- schaffen werden muss. Ein Provisorium kann nicht fort- laufend vertagt werden. Wenn Sie aber der SPD-Fraktion oder mir bei dieser Einschätzung partout nicht folgen wollen, dann sollten sie sich an ihrem ehemaligen Kanzleramtsminister und früherem CDU-Innenminister, dem heutigen DRK-Prä- sidenten Dr. Rudolf Seiters orientieren: „Ein dauerhaftes Bleiberecht für diese Menschen wäre menschlich das Richtige“, sagt er völlig zu Recht, „und würde zudem ein starkes Signal zur Integration von Ausländern setzen. Eine sichere Lebensperspektive ist ein menschliches Grundbedürfnis.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. t r n k u B f l d r m d n e n e c t S b K w a B d u n s E i r L e e W k b e d s k s s v s d s s e V d h M (C (D Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Die Innenminis- erkonferenz hat Anfang des Monats die Bleiberechts- egelung um zwei Jahre verlängert. Die FDP begrüßt das achdrücklich. Die Vereinbarung der Innenminister- onferenz und auch die progressiven Äußerungen vor nd während der Innenministerkonferenz sind eine gute asis. Das gibt uns Zeit, eine dauerhafte Regelung zu inden, die das Problem der Kettenduldungen nachhaltig öst. Der Grünen-Antrag ist aufgrund der Vereinbarung er Innenministerkonferenz daher gegenstandslos. Da- über hinausgehende Vorschläge sind derzeit Aktivis- us. Die Sachlage bleibt unverändert: Wenn bei lange ge- uldeten, gut integrierten Ausländern eine Abschiebung icht mehr vertretbar ist, muss dieser Tatsache durch ine vernünftige und unbürokratische Regelung Rech- ung getragen werden. Die „Kettenduldungen“ müssen iner nachhaltigen Lösung zugeführt werden. Wir brau- hen für alle, insbesondere auch für die bisher „Gedulde- en“, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die große chwierigkeit einer sinnvollen Bleiberechtsregelung esteht darin, einerseits den unhaltbaren Zustand der ettenduldungen abzuschaffen, andererseits aber die Zu- anderung nach Deutschland so zu steuern, dass diese uch nachhaltige Akzeptanz bei den Bürgerinnen und ürgern findet. Hier muss die tatsächliche Integration as zentrale Kriterium sein. Der eigenständige Lebens- nterhalt ist dabei von entscheidender Bedeutung. Der Antrag der Linken verneint die Notwendigkeit ei- er eigenständigen Lebensunterhaltssicherung für Men- chen, die ein Aufenthaltsrecht in Deutschland suchen. s hilft niemandem weiter, wenn die Fraktion Die Linke mmer wieder fordert, de facto auf jegliche Zuwande- ungssteuerung zu verzichten. Vielmehr erweist die inke damit den Bemühungen um Ausländerintegration inen Bärendienst. Wer einem schrankenlosen Dauerauf- nthaltsrecht in vermeintlich humanitärer Gesinnung das ort redet, riskiert die steigende Ablehnung der Bevöl- erung gegen Zuwanderer. Die Möglichkeit für langjährig Geduldete, den Le- ensunterhalt eigenständig zu bestreiten, ist sehr wohl in wichtiges Kriterium der Bleiberechtsregelung. Das ient der Integration. Zuwanderer sind zu fördern, aber elbst auch klar gefordert. Die deutsche Sprache, Demo- ratie und Rechtsstaat, die Grund- und Menschenrechte ind das für alle geltende Fundament unserer Gesell- chaft. Die Linke will das Gegenteil. Sie will die Akzeptanz on Ausländern in Deutschland erschweren, die Sozial- ysteme sprengen, die inneren Spannungen erhöhen und ie deutsche Gesellschaft desintegrieren, indem sie fal- che Erwartungen weckt und statt Engagement nur An- pruchsdenken fördert. Wir Liberalen wollen dagegen ine neue Kultur des Willkommens, die nicht falsche ersprechungen auf Kosten anderer Leute macht, son- ern Chancen und Perspektiven eröffnet. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Vor wenigen Wochen abe ich hier eine Forderung aus unserem Antrag in den ittelpunkt gestellt: Die Aufenthaltserlaubnis auf Probe 1066 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 (A) (C) (B) ) soll endlich in ein echtes Bleiberecht umgewandelt wer- den. Die Betroffenen sollten nicht mehr auf Abruf in Deutschland leben, sondern eine echte Perspektive be- setzentwurf der strategisch meisterhaft aufgestellten So- zialdemokraten. Warum haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ihren Vorschlag für eine gesetzli- kommen. Was ist nun passiert? Die Innenminister der Länder haben einfach nur die gesetzliche Altfallregelung um zwei Jahre verlängert und ein paar weitere Ausnahme- regelungen eingeführt. Der Beschluss stellt eine Mini- mallösung dar. Alte, kranke und behinderte Menschen sind weiterhin nicht gesondert berücksichtigt. Die Aufenthaltserlaubnis auf Probe wird einfach verlängert, obwohl sie ganz klar eine Ausnahme sein sollte. Für diese Verlängerung sind völlig unklare Bedingungen formuliert worden. Die Innenminister können sie so restriktiv auslegen, dass es zu keiner einzigen neuen Pro- beaufenthaltserlaubnis kommt. Zum Beispiel wird eine positive Erwerbsprognose gefordert – aber welcher Ar- beitnehmer hat so etwas in Krisenzeiten? Auch ein anderes zentrales Problem bleibt ungelöst. Die Ausländerbehörden haben nun 40 000 Anträge auf Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen, über die bis Ende des Jahres entschieden werden muss, denn Union und SPD haben 2007 beschlossen, dass die Betroffenen in die Duldung zurückfallen, wenn am 1. Januar über die Verlängerung des Aufenthaltstitels noch nicht entschie- den ist. Es droht weiteres Chaos zulasten der Betroffe- nen. Das alles zeigt, wie berechtigt unsere Forderung nach einer dauerhaften und großzügigen gesetzlichen Bleibe- rechtsregelung ist. Schon jetzt sind wieder fast 60 000 Menschen länger als sechs Jahre im Duldungs- status. Das zeigt, wie fatal eine Stichtagsregelung wirkt. Deshalb begrüßen wir es, dass die SPD in ihrem Gesetz- entwurf eine Regelung ohne Stichtag vorschlägt. Aber der Gesetzentwurf ist mit seinen zahlreichen Bedingun- gen ein Dokument des Misstrauens gegenüber den lang- jährig Geduldeten. Es ist allerdings bemerkenswert, dass die SPD jetzt so einen Entwurf vorlegt und Opposition spielen will. Warum haben Sie so etwas nicht im Sommer vorgelegt, als Sie hier noch mit am Kabinetts- tisch saßen? Und auch zur FDP muss ich noch einen Satz sagen. 2006 haben Sie einem sehr weitgehenden Gesetzentwurf unserer Fraktion noch zugestimmt. Im Wahlkampf haben Sie getönt, dass es eine Lösung für die langjährig Geduldeten geben muss. Aber danach war von Ihnen nichts mehr zu hören. Wir sagen hingegen: Es ist unzumutbar, Menschen nach jahrelangem Aufenthalt abzuschieben. Deshalb muss eine dauerhafte Regelung allein an die Aufent- haltsdauer anknüpfen. Dafür werden wir auch weiterhin mit parlamentarischen Initiativen streiten. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): „Und täglich grüßt das Murmeltier“ könnte man angesichts der immer wiederkehrenden Debatten über das Bleiberecht und die Vermeidung von Kettenduldun- gen sagen. Heute beschäftigen wir uns mit einem Ge- c n g g f r I k s d c A r A a I e d r R d d r t h d d j l c l i h e t § w s B t B s t h a w B n r d h t (D he Neuregelung des Bleiberechts denn nicht vor der In- enministerkonferenz Anfang Dezember vorgelegt? Erst estern noch haben Sie im Innenausschuss gegen den rünen Gesetzentwurf und gegen den Antrag der Links- raktion gestimmt, obwohl sich viele Aspekte nun über- aschenderweise auch in Ihrem Gesetzesentwurf finden. m Interesse der betroffenen Flüchtlinge sollten wir zu- ünftig diese parteitaktischen Profilierungsspielchen las- en und gemeinsam an einem Strang ziehen. Sonst wird as nie etwas mit der gründlichen Reform der gesetzli- hen Bleiberechtsregelung. Nun zur Sache. Es muss darum gehen, die bisherigen ltfallregelungen durch eine dauerhafte Bleiberechts- egelung abzulösen. Das betrifft sowohl die gesetzliche ltfallregelung der § 104 a und b Aufenthaltsgesetz wie uch die Beschlüsse der Innenministerkonferenz. Die MK hat gerade die Regelung über die Aufenthalts- rlaubnis auf Probe, § 104 a AufenthG, verlängert und ie Voraussetzungen für die Verlängerung teilweise he- abgestuft. Rechtstechnisch ist einer bundesgesetzlichen egelung, wie wir sie in unserem Gesetzentwurf for- ern, gegenüber den halbherzigen Beschlüssen der IMK er Vorzug zu geben. Eine reine Verlängerung der Frist eicht natürlich nicht aus; das schreiben uns die Bera- ungsstellen und Verbände aus ihrer Praxiserfahrung eraus täglich. Eine nachhaltige Bleiberechtsregelung, ie dauerhaft Kettenduldungen vermeiden hilft, muss aher stichtagsunabhängig sein. Denn es leben bereits etzt schon wieder über 20 000 Geduldete in Deutsch- and, die sich seit mindestens sechs Jahren ununterbro- hen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltser- aubnis aus humanitären Gründen hier aufhalten. Dies hat die SPD nun mittlerweile auch erkannt; das st begrüßenswert. Die SPD möchte eine stichtagsunab- ängige Bleiberechtsregelung in das Aufenthaltsgesetz infügen. Dabei sollen die Voraussetzungen für die Er- eilung einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe – bisher 104 a Altfallregelung – weitestgehend übernommen erden. Die Anforderungen an die Lebensunterhalts- icherung sollen jedoch – ähnlich wie im jüngsten IMK- eschluss – abgesenkt werden. Ferner soll berücksich- igt werden, wenn Personen wegen Alter, Krankheit, ehinderung oder Kinderbetreuung sich nicht um eigen- tändige Sicherung des Lebensunterhalts bemühen konn- en. Auch sollen Minderjährige, die sich hier integriert aben, und solche, die in Deutschland einen Schul- bschluss erworben haben, privilegiert werden. All dies ist eine gute Diskussionsgrundlage für die eiteren Beratungen im Innenausschuss. Die Fraktion ündnis 90/Die Grünen wird im neuen Jahr ebenfalls ei- en Vorschlag für eine Reform der gesetzlichen Bleibe- echtsregelung vorlegen. Ich hoffe, dass es im Interesse er vielen geduldeten Menschen gelingt, in den anste- enden Beratungen im Innenausschuss einen interfrak- ionellen Konsens zu erreichen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1067 (A) ) (B) ) Alois Gerig Michael Kretschmer Klaus Riegert Elisabeth Winkelmeier- Eberhard Gienger Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Reinhard Grindel Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Josef Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew Anlage 7 der Mitglieder des Deutsc Kontrollgremiums gemäß CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis H M A M M M D O F H D J G D M U F R M A E P C R K F J A T D D A D B S A B V S D R E V J J A J D M D H T Namensverz hen Bundestages, die an d Art. 45 d des Grundgesetzes ermann Gröhe ichael Grosse-Brömer strid Grotelüschen arkus Grübel anfred Grund onika Grütters r. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg lav Gutting lorian Hahn olger Haibach r. Stephan Harbarth ürgen Hardt erda Hasselfeldt r. Matthias Heider echthild Heil rsula Heinen-Esser rank Heinrich udolf Henke ichael Hennrich nsgar Heveling rnst Hinsken eter Hintze hristian Hirte obert Hochbaum arl Holmeier ranz-Josef Holzenkamp oachim Hörster nette Hübinger homas Jarzombek r. Dieter Jasper r. Franz Josef Jung ndreas Jung (Konstanz) r. Egon Jüttner artholomäus Kalb teffen Kampeter lois Karl ernhard Kaster olker Kauder iegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) r. Stefan Kaufmann oderich Kiesewetter ckart von Klaeden olkmar Klein ürgen Klimke ulia Klöckner xel Knoerig ens Koeppen r. Kristina Köhler (Wiesbaden) anfred Kolbe r. Rolf Koschorrek artmut Koschyk homas Kossendey D D A D K U D P D I M D P D D K D H A S D D M D D P D M D S N D B M F E H D R U D S B R C R E L D T E K L J eichnis er Wahl der Mitglieder de teilgenommen haben (Tageso r. Hermann Kues r. Karl A. Lamers (Heidelberg) ndreas G. Lämmel r. Norbert Lammert atharina Landgraf lrich Lange r. Max Lehmer aul Lehrieder r. Ursula von der Leyen ngbert Liebing atthias Lietz r. Carsten Linnemann atricia Lips r. Jan-Marco Luczak r. Michael Luther arin Maag r. Thomas de Maizière ans-Georg von der Marwitz ndreas Mattfeldt tephan Mayer (Altötting) r. Michael Meister r. Angela Merkel aria Michalk r. h. c. Hans Michelbach r. Mathias Middelberg hilipp Mißfelder ietrich Monstadt arlene Mortler r. Gerd Müller tefan Müller (Erlangen) adine Müller (St. Wendel) r. Philipp Murmann ernd Neumann (Bremen) ichaela Noll ranz Obermeier duard Oswald enning Otte r. Michael Paul ita Pawelski lrich Petzold r. Joachim Pfeiffer ibylle Pfeiffer eatrix Philipp onald Pofalla hristoph Poland uprecht Polenz ckhard Pols ucia Puttrich aniela Raab homas Rachel ckhardt Rehberg atherina Reiche (Potsdam) othar Riebsamen osef Rief A D D D K N T G C P D D B U A D J R D T J J C D E C D G S M K T L M D A D A V S A D M K M P S In K P A K (C (D s Parlamentarischen rdnungspunkt 5) nita Schäfer (Saalstadt) r. Wolfgang Schäuble r. Annette Schavan r. Andreas Scheuer arl Schiewerling orbert Schindler ankred Schipanski eorg Schirmbeck hristian Schmidt (Fürth) atrick Schnieder r. Andreas Schockenhoff r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer rmin Schuster (Weil am Rhein) etlef Seif ohannes Selle einhold Sendker r. Patrick Sensburg homas Silberhorn ohannes Singhammer ens Spahn arola Stauche r. Frank Steffel rika Steinbach hristian Freiherr von Stetten ieter Stier ero Storjohann tephan Stracke ax Straubinger arin Strenz homas Strobl (Heilbronn) ena Strothmann ichael Stübgen r. Peter Tauber ntje Tillmann r. Hans-Peter Uhl rnold Vaatz olkmar Vogel (Kleinsaara) tefanie Vogelsang ndrea Astrid Voßhoff r. Johann Wadephul arco Wanderwitz ai Wegner arcus Weinberg (Hamburg) eter Weiß (Emmendingen) abine Weiss (Wesel I) go Wellenreuther arl-Georg Wellmann eter Wichtel nnette Widmann-Mauz laus-Peter Willsch 1068 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 (A) ) (B) ) SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) F A N A U C C D S B G K C K H P U F D M T H H J J D F D M G D S R D K M M A A B M W U C O O S E D D R S D S P D C K D R U D H D W ritz Rudolf Körper nette Kramme icolette Kressl ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange (Backnang) r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks atja Mast ilde Mattheis etra Merkel (Berlin) llrich Meßmer ranz Müntefering ietmar Nietan anfred Nink homas Oppermann olger Ortel einz Paula ohannes Pflug oachim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert erold Reichenbach r. Carola Reimann önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth (Esslingen) ichael Roth (Heringen) arlene Rupprecht (Tuchenbach) nton Schaaf xel Schäfer (Bochum) ernd Scheelen arianne Schieder (Schwandorf) erner Schieder (Weiden) lla Schmidt (Aachen) arsten Schneider (Erfurt) laf Scholz ttmar Schreiner wen Schulz (Spandau) wald Schurer r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz tefan Schwartze r. Carsten Sieling onja Steffen eer Steinbrück r. Frank-Walter Steinmeier hristoph Strässer erstin Tack r. h. c. Wolfgang Thierse üdiger Veit te Vogt r. Marlies Volkmer eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz altraud Wolff (Wolmirstedt) U D M B F J C C D F S C N K R A E M S H R D P M R J U O P D H H M J D H M E B D H M D P D H G D S P H S H S L C D M D O H P G J P ta Zapf agmar Ziegler anfred Zöllmer rigitte Zypries DP ens Ackermann hristian Ahrendt hristine Aschenberg- Dugnus aniel Bahr (Münster) lorian Bernschneider ebastian Blumenthal laudia Bögel icole Bracht-Bendt laus Breil ainer Brüderle ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher arco Buschmann ylvia Canel elga Daub einer Deutschmann r. Bijan Djir-Sarai atrick Döring echthild Dyckmans ainer Erdel örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff r. Wolfgang Gerhardt ans-Michael Goldmann einz Golombeck iriam Gruß oachim Günther (Plauen) r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein anuel Höferlin lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer einer Kamp ichael Kauch r. Lutz Knopek ascal Kober r. Heinrich L. Kolb ellmut Königshaus udrun Kopp r. h. c. Jürgen Koppelin ebastian Körber atrick Kurth (Kyffhäuser) einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht abine Leutheusser- Schnarrenberger ars Lindemann hristian Lindner r. Martin Lindner (Berlin) ichael Link (Heilbronn) r. Erwin Lotter liver Luksic orst Meierhofer atrick Meinhardt abriele Molitor an Mücke etra Müller (Aachen) B D D H C G D D D B F C J M D W J D J D T D C S F S J D D D D H D J D M S D R D D W D D H D In D A U D K H J J K C R M S U D T D K (C (D urkhardt Müller-Sönksen r. Martin Neumann (Lausitz) irk Niebel ans-Joachim Otto (Frankfurt) ornelia Pieper isela Piltz r. Birgit Reinemund r. Peter Röhlinger r. Stefan Ruppert jörn Sänger rank Schäffler hristoph Schnurr immy Schulz arina Schuster r. Erik Schweickert erner Simmling udith Skudelny r. Hermann Otto Solms oachim Spatz r. Max Stadler orsten Heiko Staffeldt r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele tephan Thomae lorian Toncar erkan Tören ohannes Vogel (Lüdenscheid) r. Daniel Volk r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff (Rems-Murr) IE LINKE an van Aken r. Dietmar Bartsch atthias W. Birkwald teffen Bockhahn r. Martina Bunge oland Claus r. Diether Dehm r. Dagmar Enkelmann olfgang Gehrcke iana Golze r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein ge Höger r. Barbara Höll ndrej Konstantin Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen atja Kipping arald Koch an Korte utta Krellmann atrin Kunert aren Lay alph Lenkert ichael Leutert tefan Liebich lla Lötzer r. Gesine Lötzsch homas Lutze orothée Menzner ornelia Möller Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1069 (A) ) (B) ) Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus D A D K H D M E D H A In D D N A E J P irk Fischer (Hamburg) xel E. Fischer (Karlsruhe- Land) r. Maria Flachsbarth laus-Peter Flosbach erbert Frankenhauser r. Hans-Peter Friedrich (Hof) ichael Frieser rich G. Fritz r. Michael Fuchs ans-Joachim Fuchtel lexander Funk go Gädechens r. Peter Gauweiler r. Thomas Gebhart orbert Geis lois Gerig berhard Gienger osef Göppel eter Götz O F H D J G D M U F R M A E P C R K F J Guttenberg lav Gutting lorian Hahn olger Haibach r. Stephan Harbarth ürgen Hardt erda Hasselfeldt r. Matthias Heider echthild Heil rsula Heinen-Esser rank Heinrich udolf Henke ichael Hennrich nsgar Heveling rnst Hinsken eter Hintze hristian Hirte obert Hochbaum arl Holmeier ranz-Josef Holzenkamp oachim Hörster B V S D R E V J J A J D M D H T M G D ernhard Kaster olker Kauder iegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) r. Stefan Kaufmann oderich Kiesewetter ckart von Klaeden olkmar Klein ürgen Klimke ulia Klöckner xel Knoerig ens Koeppen r. Kristina Köhler (Wiesbaden) anfred Kolbe r. Rolf Koschorrek artmut Koschyk homas Kossendey ichael Kretschmer unther Krichbaum r. Günter Krings (D der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl der Mitglieder des Wahlausschusses gemäß § 6 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes teilgenommen haben (Tagesordnungspunkt 8 e) CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Gitta Connemann Leo Dautzenberg Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Wolfgang Götzer Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dr. Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter Alois Karl Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Halina Wawzyniak Harald Weinberg Jörn Wunderlich B D K M V C B A V E K H D K K B B W P U D Anlage 8 ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck (Bremen) olker Beck (Köln) ornelia Behm irgitt Bender lexander Bonde iola von Cramon-Taubadel kin Deligöz atja Dörner ans-Josef Fell r. Thomas Gambke ai Gehring atrin Göring-Eckardt ritta Haßelmann ettina Herlitzius infried Hermann riska Hinz (Herborn) lrike Höfken r. Anton Hofreiter I T U K M S M U T S O A F S R M U M N K B Namensverz ngrid Hönlinger hilo Hoppe we Kekeritz atja Keul emet Kilic ven Kindler aria Klein-Schmeink te Koczy homas Koenigs ylvia Kotting-Uhl liver Krischer gnes Krumwiede ritz Kuhn tephan Kühn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth (Quedlinburg) onika Lazar icole Maisch erstin Müller (Köln) eate Müller-Gemmeke D O F L B T C M E C D D D H D M J D W D J eichnis (Cr. Konstantin von Notz mid Nouripour riedrich Ostendorff isa Paus rigitte Pothmer abea Rößner laudia Roth (Augsburg) anuel Sarrazin lisabeth Scharfenberg hristine Scheel r. Gerhard Schick r. Frithjof Schmidt orothea Steiner ans-Christian Ströbele r. Harald Terpe arkus Tressel ürgen Trittin aniela Wagner olfgang Wieland r. Valerie Wilms osef Philip Winkler 1070 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 (A) ) (B) ) Dr. Martina Krogmann Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Nadine Müller (St. Wendel) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Lucia Puttrich Daniela Raab Thomas Rachel Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Josef Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Wolfgang Schäuble Dr. Annette Schavan D K N T G C P D D B U A D J R D T J J C D E C D G S M K T L M D A D A V S A D M K M P S In K P A K E D D W W S In R H D D K S S D L r. Andreas Scheuer arl Schiewerling orbert Schindler ankred Schipanski eorg Schirmbeck hristian Schmidt (Fürth) atrick Schnieder r. Andreas Schockenhoff r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer rmin Schuster (Weil am Rhein) etlef Seif ohannes Selle einhold Sendker r. Patrick Sensburg homas Silberhorn ohannes Singhammer ens Spahn arola Stauche r. Frank Steffel rika Steinbach hristian Freiherr von Stetten ieter Stier ero Storjohann tephan Stracke ax Straubinger arin Strenz homas Strobl (Heilbronn) ena Strothmann ichael Stübgen r. Peter Tauber ntje Tillmann r. Hans-Peter Uhl rnold Vaatz olkmar Vogel (Kleinsaara) tefanie Vogelsang ndrea Astrid Voßhoff r. Johann Wadephul arco Wanderwitz ai Wegner arcus Weinberg (Hamburg) eter Weiß (Emmendingen) abine Weiss (Wesel I) go Wellenreuther arl-Georg Wellmann eter Wichtel nnette Widmann-Mauz laus-Peter Willsch lisabeth Winkelmeier- Becker agmar Wöhrl r. Matthias Zimmer olfgang Zöller illi Zylajew PD grid Arndt-Brauer ainer Arnold einz-Joachim Barchmann oris Barnett r. Hans-Peter Bartels laus Barthel ören Bartol abine Bätzing irk Becker othar Binding (Heidelberg) G K W B E U M P D M E G S S D P E G D D P S M M I G U A M M W H B K M H R D G G P F D C J O J D U L H D D F A N A U C C D S B G K C erd Bollmann laus Brandner illi Brase ernhard Brinkmann (Hildesheim) delgard Bulmahn lla Burchardt artin Burkert etra Crone r. Peter Danckert artin Dörmann lvira Drobinski-Weiß arrelt Duin ebastian Edathy iegmund Ehrmann r. h. c. Gernot Erler etra Ernstberger lke Ferner abriele Fograscher r. Edgar Franke agmar Freitag eter Friedrich igmar Gabriel ichael Gerdes artin Gerster ris Gleicke ünter Gloser lrike Gottschalck ngelika Graf (Rosenheim) ichael Groschek ichael Groß olfgang Gunkel ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann ichael Hartmann (Wackernheim) ubertus Heil (Peine) olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog abriele Hiller-Ohm etra Hinz (Essen) rank Hofmann (Volkach) r. Eva Högl hristel Humme osip Juratovic liver Kaczmarek ohannes Kahrs r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber ars Klingbeil ans-Ulrich Klose r. Bärbel Kofler aniela Kolbe (Leipzig) ritz Rudolf Körper nette Kramme icolette Kressl ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange (Backnang) r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks K H P U F D M T H A H J J D F D M G D S R D K M M A A B D W U C O O S E D D R S D S P D C K D W R U D H D U D M B F J C C D F S C (C (D atja Mast ilde Mattheis etra Merkel (Berlin) llrich Meßmer ranz Müntefering ietmar Nietan anfred Nink homas Oppermann olger Ortel ydan Özoğuz einz Paula ohannes Pflug oachim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert erold Reichenbach r. Carola Reimann önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth (Esslingen) ichael Roth (Heringen) arlene Rupprecht (Tuchenbach) nton Schaaf xel Schäfer (Bochum) ernd Scheelen r. Hermann Scheer erner Schieder (Weiden) lla Schmidt (Aachen) arsten Schneider (Erfurt) laf Scholz ttmar Schreiner wen Schulz (Spandau) wald Schurer r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz tefan Schwartze r. Carsten Sieling onja Steffen eer Steinbrück r. Frank-Walter Steinmeier hristoph Strässer erstin Tack r. h. c. Wolfgang Thierse olfgang Tiefensee üdiger Veit te Vogt r. Marlies Volkmer eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz ta Zapf agmar Ziegler anfred Zöllmer rigitte Zypries DP ens Ackermann hristian Ahrendt hristine Aschenberg- Dugnus aniel Bahr (Münster) lorian Bernschneider ebastian Blumenthal laudia Bögel Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1071 (A) ) (B) ) Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) C J M D W J D J D T D C S F S J D D D D H D J A D H K M H S C D R S D D W N D A D H D In D hristoph Schnurr immy Schulz arina Schuster r. Erik Schweickert erner Simmling udith Skudelny r. Hermann Otto Solms oachim Spatz r. Max Stadler orsten Heiko Staffeldt r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele tephan Thomae lorian Toncar erkan Tören ohannes Vogel (Lüdenscheid) r. Daniel Volk r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff (Rems-Murr) IE LINKE an van Aken gnes Alpers r. Dietmar Bartsch erbert Behrens arin Binder atthias W. Birkwald eidrun Bluhm teffen Bockhahn hristine Buchholz r. Martina Bunge oland Claus evim Dağdelen r. Diether Dehm r. Dagmar Enkelmann olfgang Gehrcke icole Gohlke iana Golze nnette Groth r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein ge Höger r. Barbara Höll R M S U D T U D K N W T P J R I P D D K R D K S A D F D A K S H H J B D K M V C B A V K H D alph Lenkert ichael Leutert tefan Liebich lla Lötzer r. Gesine Lötzsch homas Lutze lrich Maurer orothée Menzner ornelia Möller iema Movassat olfgang Nešković homas Nord etra Pau ens Petermann ichard Pitterle ngrid Remmers aul Schäfer (Köln) r. Herbert Schui r. Ilja Seifert athrin Senger-Schäfer aju Sharma r. Petra Sitte ersten Steinke abine Stüber lexander Süßmair r. Kirsten Tackmann rank Tempel r. Axel Troost lexander Ulrich athrin Vogler ahra Wagenknecht alina Wawzyniak arald Weinberg örn Wunderlich ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck (Bremen) olker Beck (Köln) ornelia Behm irgitt Bender lexander Bonde iola von Cramon-Taubadel atja Dörner ans-Josef Fell r. Thomas Gambke T U K M S M U T S O A F S R M U M N A J K B D O F L B T C K M E C D D D D H D M J D W D J (D hilo Hoppe we Kekeritz atja Keul emet Kilic ven Kindler aria Klein-Schmeink te Koczy homas Koenigs ylvia Kotting-Uhl liver Krischer gnes Krumwiede ritz Kuhn tephan Kühn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth (Quedlinburg) onika Lazar icole Maisch gnes Malczak erzy Montag erstin Müller (Köln) eate Müller-Gemmeke r. Konstantin von Notz mid Nouripour riedrich Ostendorff isa Paus rigitte Pothmer abea Rößner laudia Roth (Augsburg) rista Sager anuel Sarrazin lisabeth Scharfenberg hristine Scheel r. Gerhard Schick r. Frithjof Schmidt orothea Steiner r. Wolfgang Strengmann- Kuhn ans-Christian Ströbele r. Harald Terpe arkus Tressel ürgen Trittin aniela Wagner olfgang Wieland r. Valerie Wilms osef Philip Winkler (CNicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Andrej Konstantin Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Ingrid Hönlinger 1072 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 (A) (C) (B) ) Anlage 9 Alois Gerig Michael Kretschmer Josef Rief Elisabeth Winkelmeier- Eberhard Gienger Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Reinhard Grindel Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Rüdiger Kruse Bettina Kudla Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht (Weiden) Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew der Mitglieder des Deutsch gemäß § 5 des Richterwahl CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Gitta Connemann Leo Dautzenberg Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis H M A M M M D O F H D J G D M U F R M A E P C R K F J A T D D A D B S A B V S D R E V J J A J D M D H T Namensverz en Bundestages, die an der gesetzes teilgenommen habe ermann Gröhe ichael Grosse-Brömer strid Grotelüschen arkus Grübel anfred Grund onika Grütters r. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg lav Gutting lorian Hahn olger Haibach r. Stephan Harbarth ürgen Hardt erda Hasselfeldt r. Matthias Heider echthild Heil rsula Heinen-Esser rank Heinrich udolf Henke ichael Hennrich nsgar Heveling rnst Hinsken eter Hintze hristian Hirte obert Hochbaum arl Holmeier ranz-Josef Holzenkamp oachim Hörster nette Hübinger homas Jarzombek r. Dieter Jasper r. Franz Josef Jung ndreas Jung (Konstanz) r. Egon Jüttner artholomäus Kalb teffen Kampeter lois Karl ernhard Kaster olker Kauder iegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) r. Stefan Kaufmann oderich Kiesewetter ckart von Klaeden olkmar Klein ürgen Klimke ulia Klöckner xel Knoerig ens Koeppen r. Kristina Köhler (Wiesbaden) anfred Kolbe r. Rolf Koschorrek artmut Koschyk homas Kossendey D G D A D K U D P D I M D P D D K D H A S D M D D P D M D S N D B M D F E H D R U D S B R C R E L D T E K L eichnis Wahl der Mitglieder des Ric n (Tagesordnungspunkt 8 f) r. Hermann Kues ünter Lach r. Karl A. Lamers (Heidelberg) ndreas G. Lämmel r. Norbert Lammert atharina Landgraf lrich Lange r. Max Lehmer aul Lehrieder r. Ursula von der Leyen ngbert Liebing atthias Lietz r. Carsten Linnemann atricia Lips r. Jan-Marco Luczak r. Michael Luther arin Maag r. Thomas de Maizière ans-Georg von der Marwitz ndreas Mattfeldt tephan Mayer (Altötting) r. Michael Meister aria Michalk r. h. c. Hans Michelbach r. Mathias Middelberg hilipp Mißfelder ietrich Monstadt arlene Mortler r. Gerd Müller tefan Müller (Erlangen) adine Müller (St. Wendel) r. Philipp Murmann ernd Neumann (Bremen) ichaela Noll r. Georg Nüßlein ranz Obermeier duard Oswald enning Otte r. Michael Paul ita Pawelski lrich Petzold r. Joachim Pfeiffer ibylle Pfeiffer eatrix Philipp onald Pofalla hristoph Poland uprecht Polenz ckhard Pols ucia Puttrich aniela Raab homas Rachel ckhardt Rehberg atherina Reiche (Potsdam) othar Riebsamen A D D D K N T G C P D D B U A D J R D T J J C D E C D G S M K T L M D A D A V S A D M K M P S In K P A K (D hterwahlausschusses nita Schäfer (Saalstadt) r. Wolfgang Schäuble r. Annette Schavan r. Andreas Scheuer arl Schiewerling orbert Schindler ankred Schipanski eorg Schirmbeck hristian Schmidt (Fürth) atrick Schnieder r. Andreas Schockenhoff r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer rmin Schuster (Weil am Rhein) etlef Seif ohannes Selle einhold Sendker r. Patrick Sensburg homas Silberhorn ohannes Singhammer ens Spahn arola Stauche r. Frank Steffel rika Steinbach hristian Freiherr von Stetten ieter Stier ero Storjohann tephan Stracke ax Straubinger arin Strenz homas Strobl (Heilbronn) ena Strothmann ichael Stübgen r. Peter Tauber ntje Tillmann r. Hans-Peter Uhl rnold Vaatz olkmar Vogel (Kleinsaara) tefanie Vogelsang ndrea Astrid Voßhoff r. Johann Wadephul arco Wanderwitz ai Wegner arcus Weinberg (Hamburg) eter Weiß (Emmendingen) abine Weiss (Wesel I) go Wellenreuther arl-Georg Wellmann eter Wichtel nnette Widmann-Mauz laus-Peter Willsch Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1073 (A) ) (B) ) SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme N A U C C D S B G K C K H P U F M T H A H J J D F D M G D S R D K M M A A B D W U C O O S E D D R S D S P D C K D W R U D H D U D M B icolette Kressl ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange (Backnang) r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks atja Mast ilde Mattheis etra Merkel (Berlin) llrich Meßmer ranz Müntefering anfred Nink homas Oppermann olger Ortel ydan Özoğuz einz Paula ohannes Pflug oachim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert erold Reichenbach r. Carola Reimann önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth (Esslingen) ichael Roth (Heringen) arlene Rupprecht (Tuchenbach) nton Schaaf xel Schäfer (Bochum) ernd Scheelen r. Hermann Scheer erner Schieder (Weiden) lla Schmidt (Aachen) arsten Schneider (Erfurt) laf Scholz ttmar Schreiner wen Schulz (Spandau) wald Schurer r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz tefan Schwartze r. Carsten Sieling onja Steffen eer Steinbrück r. Frank-Walter Steinmeier hristoph Strässer erstin Tack r. h. c. Wolfgang Thierse olfgang Tiefensee üdiger Veit te Vogt r. Marlies Volkmer eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz ta Zapf agmar Ziegler anfred Zöllmer rigitte Zypries F J C C D F S N K R A E M S H R D P M R J U O P D H H M J D H M E B D H M D P D H G D S P H S H S L C D M D O H P G J P B D D H DP ens Ackermann hristian Ahrendt hristine Aschenberg- Dugnus aniel Bahr (Münster) lorian Bernschneider ebastian Blumenthal icole Bracht-Bendt laus Breil ainer Brüderle ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher arco Buschmann ylvia Canel elga Daub einer Deutschmann r. Bijan Djir-Sarai atrick Döring echthild Dyckmans ainer Erdel örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff r. Wolfgang Gerhardt ans-Michael Goldmann einz Golombeck iriam Gruß oachim Günther (Plauen) r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein anuel Höferlin lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer einer Kamp ichael Kauch r. Lutz Knopek ascal Kober r. Heinrich L. Kolb ellmut Königshaus udrun Kopp r. h. c. Jürgen Koppelin ebastian Körber atrick Kurth (Kyffhäuser) einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht abine Leutheusser- Schnarrenberger ars Lindemann hristian Lindner r. Martin Lindner (Berlin) ichael Link (Heilbronn) r. Erwin Lotter liver Luksic orst Meierhofer atrick Meinhardt abriele Molitor an Mücke etra Müller (Aachen) urkhardt Müller-Sönksen r. Martin Neumann (Lausitz) irk Niebel ans-Joachim Otto (Frankfurt) C G D D D B F C J M D W J D J D T D C S F S J D D D D H D J A D H K M H S C D R S D D W N D A D H D In D A U D K H J J K C S R M S U (C (D ornelia Pieper isela Piltz r. Birgit Reinemund r. Peter Röhlinger r. Stefan Ruppert jörn Sänger rank Schäffler hristoph Schnurr immy Schulz arina Schuster r. Erik Schweickert erner Simmling udith Skudelny r. Hermann Otto Solms oachim Spatz r. Max Stadler orsten Heiko Staffeldt r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele tephan Thomae lorian Toncar erkan Tören ohannes Vogel (Lüdenscheid) r. Daniel Volk r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff (Rems-Murr) IE LINKE an van Aken gnes Alpers r. Dietmar Bartsch erbert Behrens arin Binder atthias W. Birkwald eidrun Bluhm teffen Bockhahn hristine Buchholz r. Martina Bunge oland Claus evim Dağdelen r. Diether Dehm r. Dagmar Enkelmann olfgang Gehrcke icole Gohlke iana Golze nnette Groth r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein ge Höger r. Barbara Höll ndrej Konstantin Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen atja Kipping arald Koch an Korte utta Krellmann atrin Kunert aren Lay abine Leidig alph Lenkert ichael Leutert tefan Liebich lla Lötzer 1074 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 (A) ) (B) ) Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt D H R G L A T M D E In H D A D K H D M E D H A In r. Helge Braun eike Brehmer alph Brinkhaus itta Connemann eo Dautzenberg lexander Dobrindt homas Dörflinger arie-Luise Dött r. Thomas Feist nak Ferlemann grid Fischbach artwig Fischer (Göttingen) irk Fischer (Hamburg) xel E. Fischer (Karlsruhe- Land) r. Maria Flachsbarth laus-Peter Flosbach erbert Frankenhauser r. Hans-Peter Friedrich (Hof) ichael Frieser rich G. Fritz r. Michael Fuchs ans-Joachim Fuchtel lexander Funk go Gädechens N A E J P D R H M A M M M D O F H D J G D M U F R orbert Geis lois Gerig berhard Gienger osef Göppel eter Götz r. Wolfgang Götzer einhard Grindel ermann Gröhe ichael Grosse-Brömer strid Grotelüschen arkus Grübel anfred Grund onika Grütters r. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg lav Gutting lorian Hahn olger Haibach r. Stephan Harbarth ürgen Hardt erda Hasselfeldt r. Matthias Heider echthild Heil rsula Heinen-Esser rank Heinrich udolf Henke A E P C R K F J A T D D A D B S A B V S D R E V J nsgar Heveling rnst Hinsken eter Hintze hristian Hirte obert Hochbaum arl Holmeier ranz-Josef Holzenkamp oachim Hörster nette Hübinger homas Jarzombek r. Dieter Jasper r. Franz Josef Jung ndreas Jung (Konstanz) r. Egon Jüttner artholomäus Kalb teffen Kampeter lois Karl ernhard Kaster olker Kauder iegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) r. Stefan Kaufmann oderich Kiesewetter ckart von Klaeden olkmar Klein ürgen Klimke (D Anlage 10 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl der Mitglieder des Vertrauensgremiums gemäß § 10 a Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung teilgenommen haben (Tagesordnungspunkt 8 k) CDU/CSU Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Thomas Gebhart Michael Hennrich Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothée Menzner Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich K S H H J B D K M V C B A V K H D K K B B W P U athrin Vogler ahra Wagenknecht alina Wawzyniak arald Weinberg örn Wunderlich ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck (Bremen) olker Beck (Köln) ornelia Behm irgitt Bender lexander Bonde iola von Cramon-Taubadel atja Dörner ans-Josef Fell r. Thomas Gambke ai Gehring atrin Göring-Eckardt ritta Haßelmann ettina Herlitzius infried Hermann riska Hinz (Herborn) lrike Höfken D I T U K M S M U T S O A F S R M U M N A J K B D r. Anton Hofreiter ngrid Hönlinger hilo Hoppe we Kekeritz atja Keul emet Kilic ven Kindler aria Klein-Schmeink te Koczy homas Koenigs ylvia Kotting-Uhl liver Krischer gnes Krumwiede ritz Kuhn tephan Kühn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth (Quedlinburg) onika Lazar icole Maisch gnes Malczak erzy Montag erstin Müller (Köln) eate Müller-Gemmeke r. Konstantin von Notz O F L B T C K M E C D D D D H D M J D W D J (Cmid Nouripour riedrich Ostendorff isa Paus rigitte Pothmer abea Rößner laudia Roth (Augsburg) rista Sager anuel Sarrazin lisabeth Scharfenberg hristine Scheel r. Gerhard Schick r. Frithjof Schmidt orothea Steiner r. Wolfgang Strengmann- Kuhn ans-Christian Ströbele r. Harald Terpe arkus Tressel ürgen Trittin aniela Wagner olfgang Wieland r. Valerie Wilms osef Philip Winkler Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1075 (A) ) (B) ) Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Kristina Köhler (Wiesbaden) Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Nadine Müller (St. Wendel) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Lucia Puttrich Daniela Raab Thomas Rachel Eckhardt Rehberg K L J K D J D E A A D D D K N T G C P D D B U A D J R D T J J C D E C D G S M K T L M D A D A V S A D M K M P S In K P A K E D D W W atherina Reiche (Potsdam) othar Riebsamen osef Rief laus Riegert r. Heinz Riesenhuber ohannes Röring r. Christian Ruck rwin Josef Rüddel lbert Rupprecht (Weiden) nita Schäfer (Saalstadt) r. Wolfgang Schäuble r. Annette Schavan r. Andreas Scheuer arl Schiewerling orbert Schindler ankred Schipanski eorg Schirmbeck hristian Schmidt (Fürth) atrick Schnieder r. Andreas Schockenhoff r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer rmin Schuster (Weil am Rhein) etlef Seif ohannes Selle einhold Sendker r. Patrick Sensburg homas Silberhorn ohannes Singhammer ens Spahn arola Stauche r. Frank Steffel rika Steinbach hristian Freiherr von Stetten ieter Stier ero Storjohann tephan Stracke ax Straubinger arin Strenz homas Strobl (Heilbronn) ena Strothmann ichael Stübgen r. Peter Tauber ntje Tillmann r. Hans-Peter Uhl rnold Vaatz olkmar Vogel (Kleinsaara) tefanie Vogelsang ndrea Astrid Voßhoff r. Johann Wadephul arco Wanderwitz ai Wegner arcus Weinberg (Hamburg) eter Weiß (Emmendingen) abine Weiss (Wesel I) go Wellenreuther arl-Georg Wellmann eter Wichtel nnette Widmann-Mauz laus-Peter Willsch lisabeth Winkelmeier- Becker agmar Wöhrl r. Matthias Zimmer olfgang Zöller illi Zylajew S I R H D D K S S D L G K W B E M P D M E G S S D P K E G D D P S M M I G U A M M W H B K M H R D G G P F D C J O J D U L H D D F A PD ngrid Arndt-Brauer ainer Arnold einz-Joachim Barchmann oris Barnett r. Hans-Peter Bartels laus Barthel ören Bartol abine Bätzing irk Becker othar Binding (Heidelberg) erd Bollmann laus Brandner illi Brase ernhard Brinkmann (Hildesheim) delgard Bulmahn artin Burkert etra Crone r. Peter Danckert artin Dörmann lvira Drobinski-Weiß arrelt Duin ebastian Edathy iegmund Ehrmann r. h. c. Gernot Erler etra Ernstberger arin Evers-Meyer lke Ferner abriele Fograscher r. Edgar Franke agmar Freitag eter Friedrich igmar Gabriel ichael Gerdes artin Gerster ris Gleicke ünter Gloser lrike Gottschalck ngelika Graf (Rosenheim) ichael Groschek ichael Groß olfgang Gunkel ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann ichael Hartmann (Wackernheim) ubertus Heil (Peine) olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog abriele Hiller-Ohm etra Hinz (Essen) rank Hofmann (Volkach) r. Eva Högl hristel Humme osip Juratovic liver Kaczmarek ohannes Kahrs r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber ars Klingbeil ans-Ulrich Klose r. Bärbel Kofler aniela Kolbe (Leipzig) ritz Rudolf Körper nette Kramme N A U C C D S B G K C K H P U F D M T H A H J J D F D M G D S R D K M M A A B D W U C O O S E D D R S D S P D C K D W R U D H D U D M B (C (D icolette Kressl ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange (Backnang) r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks atja Mast ilde Mattheis etra Merkel (Berlin) llrich Meßmer ranz Müntefering ietmar Nietan anfred Nink homas Oppermann olger Ortel ydan Özoğuz einz Paula ohannes Pflug oachim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert erold Reichenbach r. Carola Reimann önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth (Esslingen) ichael Roth (Heringen) arlene Rupprecht (Tuchenbach) nton Schaaf xel Schäfer (Bochum) ernd Scheelen r. Hermann Scheer erner Schieder (Weiden) lla Schmidt (Aachen) arsten Schneider (Erfurt) laf Scholz ttmar Schreiner wen Schulz (Spandau) wald Schurer r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz tefan Schwartze r. Carsten Sieling onja Steffen eer Steinbrück r. Frank-Walter Steinmeier hristoph Strässer erstin Tack r. h. c. Wolfgang Thierse olfgang Tiefensee üdiger Veit te Vogt r. Marlies Volkmer eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz ta Zapf agmar Ziegler anfred Zöllmer rigitte Zypries 1076 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 (A) ) (B) ) Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer C G D D D B F C J M D W J D J D T D C S F S J D D D D H D J A D H K M H S C D R S D D W N D A ornelia Pieper isela Piltz r. Birgit Reinemund r. Peter Röhlinger r. Stefan Ruppert jörn Sänger rank Schäffler hristoph Schnurr immy Schulz arina Schuster r. Erik Schweickert erner Simmling udith Skudelny r. Hermann Otto Solms oachim Spatz r. Max Stadler orsten Heiko Staffeldt r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele tephan Thomae lorian Toncar erkan Tören ohannes Vogel (Lüdenscheid) r. Daniel Volk r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff (Rems-Murr) IE LINKE an van Aken gnes Alpers r. Dietmar Bartsch erbert Behrens arin Binder atthias W. Birkwald eidrun Bluhm teffen Bockhahn hristine Buchholz r. Martina Bunge oland Claus evim Dağdelen r. Diether Dehm r. Dagmar Enkelmann olfgang Gehrcke icole Gohlke iana Golze nnette Groth J J K C S R M S U D T U D K N W T P J R I P D D K R D K S A D F D A K S H H J B D K M V C B A V an Korte utta Krellmann atrin Kunert aren Lay abine Leidig alph Lenkert ichael Leutert tefan Liebich lla Lötzer r. Gesine Lötzsch homas Lutze lrich Maurer orothée Menzner ornelia Möller iema Movassat olfgang Nešković homas Nord etra Pau ens Petermann ichard Pitterle ngrid Remmers aul Schäfer (Köln) r. Herbert Schui r. Ilja Seifert athrin Senger-Schäfer aju Sharma r. Petra Sitte ersten Steinke abine Stüber lexander Süßmair r. Kirsten Tackmann rank Tempel r. Axel Troost lexander Ulrich athrin Vogler ahra Wagenknecht alina Wawzyniak arald Weinberg örn Wunderlich ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck (Bremen) olker Beck (Köln) ornelia Behm irgitt Bender lexander Bonde iola von Cramon-Taubadel U D In T U K M S M U T S O A F S R M U M N A J K B D O F L B T C K M E C D D D D H D M J D W D J (D lrike Höfken r. Anton Hofreiter grid Hönlinger hilo Hoppe we Kekeritz atja Keul emet Kilic ven Kindler aria Klein-Schmeink te Koczy homas Koenigs ylvia Kotting-Uhl liver Krischer gnes Krumwiede ritz Kuhn tephan Kühn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth (Quedlinburg) onika Lazar icole Maisch gnes Malczak erzy Montag erstin Müller (Köln) eate Müller-Gemmeke r. Konstantin von Notz mid Nouripour riedrich Ostendorff isa Paus rigitte Pothmer abea Rößner laudia Roth (Augsburg) rista Sager anuel Sarrazin lisabeth Scharfenberg hristine Scheel r. Gerhard Schick r. Frithjof Schmidt orothea Steiner r. Wolfgang Strengmann- Kuhn ans-Christian Ströbele r. Harald Terpe arkus Tressel ürgen Trittin aniela Wagner olfgang Wieland r. Valerie Wilms osef Philip Winkler (CFDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Konstantin Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1077 (A) (C) (B) ) Anlage 11 Eberhard Gienger Gunther Krichbaum Klaus Riegert Elisabeth Winkelmeier- Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Reinhard Grindel Hermann Gröhe Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Josef Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew der Mitglieder des Deutsch Bundesschuldenwesengese CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Gitta Connemann Leo Dautzenberg Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig M A M M M D O F H D J G D M U F R M A E P C R K F J A T D D A D B S A B V S D R E V J J A J D M D H T M Namensverz en Bundestages, die an der W tzes teilgenommen haben (Ta ichael Grosse-Brömer strid Grotelüschen arkus Grübel anfred Grund onika Grütters r. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg lav Gutting lorian Hahn olger Haibach r. Stephan Harbarth ürgen Hardt erda Hasselfeldt r. Matthias Heider echthild Heil rsula Heinen-Esser rank Heinrich udolf Henke ichael Hennrich nsgar Heveling rnst Hinsken eter Hintze hristian Hirte obert Hochbaum arl Holmeier ranz-Josef Holzenkamp oachim Hörster nette Hübinger homas Jarzombek r. Dieter Jasper r. Franz Josef Jung ndreas Jung (Konstanz) r. Egon Jüttner artholomäus Kalb teffen Kampeter lois Karl ernhard Kaster olker Kauder iegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) r. Stefan Kaufmann oderich Kiesewetter ckart von Klaeden olkmar Klein ürgen Klimke ulia Klöckner xel Knoerig ens Koeppen r. Kristina Köhler (Wiesbaden) anfred Kolbe r. Rolf Koschorrek artmut Koschyk homas Kossendey ichael Kretschmer G D A D K U D P D I M D P D D K D H A S D M D D P D M D S N D B M D F E H D R U D S B R C R E L D T E K L J eichnis ahl der Mitglieder des Gre gesordnungspunkt 8 l) ünter Lach r. Karl A. Lamers (Heidelberg) ndreas G. Lämmel r. Norbert Lammert atharina Landgraf lrich Lange r. Max Lehmer aul Lehrieder r. Ursula von der Leyen ngbert Liebing atthias Lietz r. Carsten Linnemann atricia Lips r. Jan-Marco Luczak r. Michael Luther arin Maag r. Thomas de Maizière ans-Georg von der Marwitz ndreas Mattfeldt tephan Mayer (Altötting) r. Michael Meister aria Michalk r. h. c. Hans Michelbach r. Mathias Middelberg hilipp Mißfelder ietrich Monstadt arlene Mortler r. Gerd Müller tefan Müller (Erlangen) adine Müller (St. Wendel) r. Philipp Murmann ernd Neumann (Bremen) ichaela Noll r. Georg Nüßlein ranz Obermeier duard Oswald enning Otte r. Michael Paul ita Pawelski lrich Petzold r. Joachim Pfeiffer ibylle Pfeiffer eatrix Philipp onald Pofalla hristoph Poland uprecht Polenz ckhard Pols ucia Puttrich aniela Raab homas Rachel ckhardt Rehberg atherina Reiche (Potsdam) othar Riebsamen osef Rief A D D D K N T G C P D D B U A D J R D T J J C D E C D G S M K T L M D A D A V S A D M K M P S In K P A K (D miums gemäß § 3 des nita Schäfer (Saalstadt) r. Wolfgang Schäuble r. Annette Schavan r. Andreas Scheuer arl Schiewerling orbert Schindler ankred Schipanski eorg Schirmbeck hristian Schmidt (Fürth) atrick Schnieder r. Andreas Schockenhoff r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer rmin Schuster (Weil am Rhein) etlef Seif ohannes Selle einhold Sendker r. Patrick Sensburg homas Silberhorn ohannes Singhammer ens Spahn arola Stauche r. Frank Steffel rika Steinbach hristian Freiherr von Stetten ieter Stier ero Storjohann tephan Stracke ax Straubinger arin Strenz homas Strobl (Heilbronn) ena Strothmann ichael Stübgen r. Peter Tauber ntje Tillmann r. Hans-Peter Uhl rnold Vaatz olkmar Vogel (Kleinsaara) tefanie Vogelsang ndrea Astrid Voßhoff r. Johann Wadephul arco Wanderwitz ai Wegner arcus Weinberg (Hamburg) eter Weiß (Emmendingen) abine Weiss (Wesel I) go Wellenreuther arl-Georg Wellmann eter Wichtel nnette Widmann-Mauz laus-Peter Willsch 1078 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 (A) ) (B) ) SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl A U C C D S B G K C K H P U F D M T H A H J J D F D M G D S R D K M M A A B D M U C O O S E D D R S D S P D C K D W R U D H D U D M B ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange (Backnang) r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks atja Mast ilde Mattheis etra Merkel (Berlin) llrich Meßmer ranz Müntefering ietmar Nietan anfred Nink homas Oppermann olger Ortel ydan Özoğuz einz Paula ohannes Pflug oachim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert erold Reichenbach r. Carola Reimann önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth (Esslingen) ichael Roth (Heringen) arlene Rupprecht (Tuchenbach) nton Schaaf xel Schäfer (Bochum) ernd Scheelen r. Hermann Scheer arianne Schieder (Schwandorf) lla Schmidt (Aachen) arsten Schneider (Erfurt) laf Scholz ttmar Schreiner wen Schulz (Spandau) wald Schurer r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz tefan Schwartze r. Carsten Sieling onja Steffen eer Steinbrück r. Frank-Walter Steinmeier hristoph Strässer erstin Tack r. h. c. Wolfgang Thierse olfgang Tiefensee üdiger Veit te Vogt r. Marlies Volkmer eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz ta Zapf agmar Ziegler anfred Zöllmer rigitte Zypries F J C C D F S C N K R A E M S H R D P M R J U O P D H H M J D H M E B D H M D P D H G D S P H S H S L C D M D O H P G J P B D D DP ens Ackermann hristian Ahrendt hristine Aschenberg- Dugnus aniel Bahr (Münster) lorian Bernschneider ebastian Blumenthal laudia Bögel icole Bracht-Bendt laus Breil ainer Brüderle ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher arco Buschmann ylvia Canel elga Daub einer Deutschmann r. Bijan Djir-Sarai atrick Döring echthild Dyckmans ainer Erdel örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff r. Wolfgang Gerhardt ans-Michael Goldmann einz Golombeck iriam Gruß oachim Günther (Plauen) r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein anuel Höferlin lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer einer Kamp ichael Kauch r. Lutz Knopek ascal Kober r. Heinrich L. Kolb ellmut Königshaus udrun Kopp r. h. c. Jürgen Koppelin ebastian Körber atrick Kurth (Kyffhäuser) einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht abine Leutheusser- Schnarrenberger ars Lindemann hristian Lindner r. Martin Lindner (Berlin) ichael Link (Heilbronn) r. Erwin Lotter liver Luksic orst Meierhofer atrick Meinhardt abriele Molitor an Mücke etra Müller (Aachen) urkhardt Müller-Sönksen r. Martin Neumann (Lausitz) irk Niebel H C G D D D B F C J M D W J D J D T D C S F S J D D D D H D J A D H K M H S C D R S D D W N D A D H D In D A U D K H J J K C S R M (C (D ans-Joachim Otto (Frankfurt) ornelia Pieper isela Piltz r. Birgit Reinemund r. Peter Röhlinger r. Stefan Ruppert jörn Sänger rank Schäffler hristoph Schnurr immy Schulz arina Schuster r. Erik Schweickert erner Simmling udith Skudelny r. Hermann Otto Solms oachim Spatz r. Max Stadler orsten Heiko Staffeldt r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele tephan Thomae lorian Toncar erkan Tören ohannes Vogel (Lüdenscheid) r. Daniel Volk r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff (Rems-Murr) IE LINKE an van Aken gnes Alpers r. Dietmar Bartsch erbert Behrens arin Binder atthias W. Birkwald eidrun Bluhm teffen Bockhahn hristine Buchholz r. Martina Bunge oland Claus evim Dağdelen r. Diether Dehm r. Dagmar Enkelmann olfgang Gehrcke icole Gohlke iana Golze nnette Groth r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein ge Höger r. Barbara Höll ndrej Konstantin Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen atja Kipping arald Koch an Korte utta Krellmann atrin Kunert aren Lay abine Leidig alph Lenkert ichael Leutert Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1079 (A) (C) (B) (D) Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothée Menzner Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Jörn Wunderlich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Viola von Cramon-Taubadel Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Thomas Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler 12. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701200000

Die Sitzung ist eröffnet.

Ich darf Sie bitten, bevor wir in unsere Tagesordnung
eintreten, sich für einige Zeit von den Plätzen zu erhe-
ben.


(Die Abgeordneten erheben sich)


Der Deutsche Bundestag trauert um sein ehemaliges
Mitglied Otto Graf Lambsdorff, der am 5. Dezember
im Alter von 82 Jahren in Bonn verstarb. Otto Graf
Lambsdorff gehörte von 1972 bis 1998, also 26 Jahre,
ununterbrochen dem Deutschen Bundestag an. Als Ab-
geordneter wie als Mitglied der Bundesregierung und
auch danach hat er herausragende Ämter und Aufgaben
für unser Land wahrgenommen.

Otto Graf Lambsdorff wurde am 20. Dezember 1926
in Aachen geboren. Nach dem Besuch von Schulen in
Berlin und der Ritterakademie in Brandenburg an der
Havel nahm er ab 1944 als junger Soldat am Zweiten
Weltkrieg teil. 1946 kehrte er schwer kriegsbeschädigt
aus der Gefangenschaft zurück und machte noch im sel-
ben Jahr sein Abitur. Anschließend studierte Graf
Lambsdorff in Bonn und Köln Rechts- und Sozialwis-
senschaften. Nach den beiden juristischen Staatsexamina
und der Promotion war er von 1955 bis 1977 in verschie-

d
G
F
L
i
S
u
u

L
d
r
u
g
i

d
s
t
P

B
t

Redet
denen Funktionen im Bank- und Versicherungsgewerbe
tätig. Seit 1960 war Otto Graf Lambsdorff zudem als
Rechtsanwalt zugelassen.

1951 trat er der FDP bei, in der er über viele Jahre an
exponierter Stelle wirkte. Seit 1972 gehörte er dem Bun-
desvorstand und seit 1982 auch dem Präsidium seiner
Partei an. Von 1988 bis 1993 war Graf Lambsdorff Bun-
desvorsitzender der FDP. Zudem stand er in den Jahren
1991 bis 1994 als Präsident der Liberalen Internationale
vor.

Nach der Aufgabe seiner Parteiämter wurde Otto Graf
Lambsdorff 1993 zum Ehrenvorsitzenden der FDP sowie
1996 zum Ehrenpräsidenten der Liberalen In
len ernannt. Von 1995 bis 2006 war Graf Lamb
sitzender des Vorstandes der Friedrich-Nau
tung.

(C (D ung 17. Dezember 2009 0 Uhr Von 1972 bis 1977, also gleich nach seiner Wahl in en Bundestag, sowie später von 1984 bis 1997 war Otto raf Lambsdorff der wirtschaftspolitische Sprecher der DP-Fraktion. Von 1977 bis 1984 wirkte Otto Graf ambsdorff als Bundesminister für Wirtschaft zunächst n der SPD/FDP-Koalition unter Bundeskanzler Helmut chmidt, dann ab 1982 in der Koalition aus CDU/CSU nd FDP, an deren Bildung er maßgeblich beteiligt war, nter Bundeskanzler Helmut Kohl. Insbesondere in diesem Amt wurde Otto Graf ambsdorff in der Nachfolge Ludwig Erhards zu einem er zweifellos profiliertesten Wirtschaftsminister unsees Landes. Er hat manchen politischen Streit angefacht nd ist keiner Auseinandersetzung ausgewichen, schon ar nicht zu seiner Vorstellung von der Rolle des Staates n einer sozialen Marktwirtschaft. Im Zusammenhang mit der sogenannten Flick-Spenenaffäre trat Otto Graf Lambsdorff im Jahr 1984 von einem Amt als Bundeswirtschaftsminister zurück. Weiere 13 Jahre blieb er als Abgeordneter eine markante ersönlichkeit der deutschen Politik. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Deutschen undestag 1998 engagierte sich Graf Lambsdorff wei erhin in öffentlichen Angelegenheiten. Für die Wert ext schätzung seiner Person und seiner Arbeit ist bezeichnend, dass ihn ein sozialdemokratischer Bundeskanzler 1999 zu seinem Beauftragten für die Stiftungsinitiative deutscher Unternehmen „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ bestellte. Der Hartnäckigkeit und dem Verhandlungsgeschick von Otto Graf Lambsdorff ist es ganz wesentlich zu verdanken, dass es über 50 Jahre nach Kriegsende endlich möglich wurde, das Problem der Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter zu lösen. Weltweit erfuhr diese Leistung von Graf Lambsdorff große Anerkennung. Otto Graf Lambsdorff hat die Politik der Bundesrepud in den vergangenen Jahrzehnten maß. Über Parteigrenzen hinweg wurde sei Leistung und persönlichen Integrität nnung zuteil. ternationasdorff Vormann-Stif blik Deutschlan geblich geprägt ner politischen höchste Anerke 902 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Präsident Dr. Norbert Lammert Otto Graf Lambsdorff hat sich um unser Land große Verdienste erworben. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Ich spreche seiner Frau und seinen Kindern im Namen des ganzen Hauses unsere Anteilnahme aus. Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kollegin Maria Michalk hat am 6. Dezember ihren 60. Geburtstag gefeiert und der Kollege Michael Glos am vergangenen Montag seinen 65. Geburtstag. Beiden möchte ich im Namen des ganzen Hauses dazu auf diesem Wege noch einmal herzlich gratulieren und alles Gute wünschen. Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufgeführten Punkte zu erweitern: ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP: Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Viola von Cramon-Taubadel, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Beitrittsverhandlungen mit Island aufnehmen – Drucksache 17/271 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Auswärtiger Ausschuss ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Viola von Cramon-Taubadel, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rechte des Bundestages nach den Begleitgesetzen zum Vertrag von Lissabon wahren hier: Einvernehmen mit dem Bundestag vor der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Island herstellen – Drucksache 17/260 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ZP 4 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Herstellung des Einvernehmens über die Aufnahme von Verhandlungen über den Beitritt der Republik Island zur Europäischen Union – Drucksache 17/246 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Auswärtiger Ausschuss ZP 5 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Vorschlag der spanischen Regierung für die Änderung der Verträge in Bezug auf die Übergangsmaßnahmen betreffend die Zusammen Z Z Z (C (D setzung des Europäischen Parlaments – Herstellung des Einvernehmens über die Aufnahme von Verhandlungen über Vertragsänderungen gemäß Artikel 48 EUV – Drucksache 17/235 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union P 6 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache Ergänzung zu TOP 22 a)


(A) )


(B) )


(Beifall)


(siehe 11. Sitzung)

ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 1 zu Petitionen

– Drucksache 17/261 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 2 zu Petitionen

– Drucksache 17/262 –

c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 3 zu Petitionen

– Drucksache 17/263 –

d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 4 zu Petitionen

– Drucksache 17/264 –

e) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 5 zu Petitionen

– Drucksache 17/265 –

f) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 6 zu Petitionen

– Drucksache 17/266 –

g) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 7 zu Petitionen

– Drucksache 17/267 –

P 7 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der
SPD:

Haltung der Bundesregierung zur Einführung
einer Finanztranssaktionsteuer

P 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten René
Röspel, Lothar Binding (Heidelberg), Dr. Ernst
Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Innovative kleine und mittlere Unternehmen
stärken – Ein nachhaltiges steuerliches For-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 903


(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
schungs- und Entwicklungs-Förderkonzept

(FUE-Förderkonzept) vorlegen


– Drucksache 17/247 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Martina Bunge, Harald Weinberg, Karin
Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Praxisgebühr und andere Zuzahlungen ab-
schaffen – Patientinnen und Patienten entlas-
ten

– Drucksache 17/241 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit

ZP 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Martin
Gerster, Nicolette Kressl, Ingrid Arndt-Brauer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-,
Feiertags- und Nachtarbeit erhalten

– Drucksache 17/244 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so-
weit erforderlich, abgewichen werden.

Ich darf außerdem auf zwei nachträgliche Ausschuss-
überweisungen im Anhang zur Zusatzpunktliste auf-
merksam machen:

Der in der 9. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem
Rechtsausschuss (6. Ausschuss) und dem Ausschuss für
Gesundheit (14. Ausschuss) zur Mitberatung überwie-
sen werden.

Beratung des Antrags der Abgeordneten Beate
Müller-Gemmeke, Dr. Konstantin von Notz, Kerstin
Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Persönlichkeitsrechte abhängig Beschäftigter
sichern – Datenschutz am Arbeitsplatz stärken

– Drucksache 17/121 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit

Der in der 9. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem

R
W
A
U
w

d

t
d
D
s
A
t
e
G

t
n
f
p
t
M
e
W
n
S
t

(C (D echtsausschuss irtschaft und Technologie usschuss für die Angelegenheiten der Europäischen nion erden. Beratung des Antrags der Abgeordneten Krista Sager, Petra Hinz Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Brain Waste stoppen – Anerkennung ausländischer akademischer und beruflicher Qualifikationen umfassend optimieren – Drucksache 17/123 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Sind Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich er Fall. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 5 auf: – Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Einsetzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums gemäß Artikel 45 d des Grundgesetzes – Drucksache 17/208 – – Wahl der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums gemäß Artikel 45 d des Grundgesetzes – Drucksache 17/209 – Zunächst stimmen wir ab über den gemeinsamen Anrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP, er Linken und des Bündnisses 90/Die Grünen auf rucksache 17/208 auf Einsetzung des Gremiums. Wer timmt diesem Antrag zu? – Wer möchte gegen diesen ntrag stimmen? – Wer möchte sich der Stimme enthal en? – Damit ist das Parlamentarische Kontrollgremium invernehmlich eingesetzt und die Mitgliederzahl des remiums auf elf festgelegt. Bevor wir nun zur Wahl der Mitglieder des Parlamenarischen Kontrollgremiums kommen, darf ich Sie für eien Augenblick um Aufmerksamkeit für das Wahlverahren bitten. Nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die arlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Täigkeit des Bundes ist gewählt, wer die Stimmen der ehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich verint, das heißt, wer mindestens 312 Stimmen erhält. Die ahl erfolgt mit Stimmkarte und Wahlausweis. Sie be ötigen für diese Wahl Ihren blauen Wahlausweis, den ie, soweit noch nicht geschehen, bitte Ihrem Stimmkar enfach in der Lobby entnehmen. Achten Sie bitte da 904 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Präsident Dr. Norbert Lammert rauf, dass der Wahlausweis auch wirklich Ihren Namen trägt. Die blauen Stimmkarten wurden bereits oder werden noch im Saal verteilt. Sollten Sie noch keine Stimmkarte haben, besteht jetzt noch die Möglichkeit, diese von den Plenarassistenten zu erhalten. Sie haben auf diesen Stimmkarten elf Stimmen. Auf der blauen Stimmkarte können Sie elf Namensvorschläge ankreuzen. Ungültig sind die Stimmkarten, die andere Namen oder Zusätze enthalten. Wer sich der Stimme enthalten will, macht keine Eintragung. Die Wahl findet offen statt. Sie können die Namensvorschläge also an Ihrem Platz ankreuzen. Bevor Sie die Stimmkarte in eine der Wahlurnen werfen, übergeben Sie bitte den Schriftführerinnen und Schriftführern an den Wahlurnen Ihren Wahlausweis. Der Nachweis der Teilnahme an der Wahl kann nur durch Abgabe des Wahlausweises erbracht werden. Ich darf nun die Schriftführerinnen und Schriftführer bitten, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze an den Wahlurnen alle besetzt? – Offenkundig sind jetzt alle Urnen ordnungsgemäß besetzt. Dann eröffne ich den Wahlgang. Darf ich fragen, ob ein Mitglied des Hauses anwesend ist, das seine Stimmkarte noch nicht abgegeben hat? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann schließe ich die Wahl und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Wir geben das Ergebnis der Wahl später bekannt.1)


(A) )


(B) )


Ich darf Sie bitten, wieder Platz zu nehmen, damit wir
in die weitere Tagesordnung eintreten können. – Darf ich
darum bitten, dass auch die informellen Verhandlungen
zwischen Parlament und Regierung auf der Regierungs-
bank jetzt wieder dem üblichen geordneten Verfahren
Platz machen?

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 sowie die Zu-
satzpunkte 2 bis 5 auf:

6 Abgabe einer Regierungserklärung durch die
Bundeskanzlerin

zum Europäischen Rat am 10./11. Dezember
2009 in Brüssel und zur UN-Klimakonferenz
vom 7. bis 18. Dezember 2009 in Kopenhagen

ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel
Sarrazin, Viola von Cramon-Taubadel, Ulrike
Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Beitrittsverhandlungen mit Island aufnehmen

– Drucksache 17/271 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Auswärtiger Ausschuss

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel
Sarrazin, Viola von Cramon-Taubadel, Ulrike

Z

Z

d
r
m

d

M
f
n
i
g
F
n

i
r
s
ß
d
v
b
u1) Ergebnis Seite 914 D

(C (D Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rechte des Bundestages nach den Begleitgesetzen zum Vertrag von Lissabon wahren hier: Einvernehmen mit dem Bundestag vor der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Island herstellen – Drucksache 17/260 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union P 4 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Herstellung des Einvernehmens über die Aufnahme von Verhandlungen über den Beitritt der Republik Island zur Europäischen Union – Drucksache 17/246 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Auswärtiger Ausschuss P 5 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Vorschlag der spanischen Regierung für die Änderung der Verträge in Bezug auf die Übergangsmaßnahmen betreffend die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments – Herstellung des Einvernehmens über die Aufnahme von Verhandlungen über Vertragsänderungen gemäß Artikel 48 EUV – Drucksache 17/235 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache im Anschluss an die Regierungserkläung 90 Minuten vorgesehen. – Ich darf dazu Einvernehen feststellen. Das Wort zur Abgabe der Regierungserklärung hat ie Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Am 1. Dezember 2009 hat ür die Europäische Union, aber auch für uns alle eine eue Ära begonnen, denn der Vertrag von Lissabon ist n Kraft getreten. Das ist für mich, für uns und, ich laube, für jeden überzeugten Europäer ein Grund zur reude. Lange genau hat es gedauert, dass wir an dieser euen Vertragsgrundlage gearbeitet haben. Mit diesem Vertrag haben wir das am 25. März 2007 n der Berliner Erklärung gesteckte Ziel erreicht. Die Euopäische Union steht jetzt auf einer erneuerten gemeinamen Grundlage. Sie kann ihre ganze Kraft auf die groen politischen Herausforderungen richten. Sie kann amit genau das leisten, was die Bürgerinnen und Bürger on ihr erwarten: Statt sich unentwegt mit sich selbst zu eschäftigen, kann sie nun die Aufgaben und Probleme nserer Zeit anpacken. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 905 Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Der neue ständige Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, hat uns beim Europäischen Rat in der vergangenen Woche seine Überlegungen zu seiner Aufgabenwahrnehmung vorgestellt. Er wird und will für größere Kontinuität im Europäischen Rat sorgen. Gerade das war die Intention, über die rotierenden Präsidentschaften hinaus einen Präsidenten für zweieinhalb Jahre zu haben. Er wird auch darauf achten, dass sich der Europäische Rat auf strategische Fragen konzentriert. Herman Van Rompuy hat für diese Neuausrichtung meine volle Unterstützung und die der ganzen Bundesregierung. Auch die neue Hohe Vertreterin der Außenund Sicherheitspolitik der Europäischen Union hat eine große Verantwortung. Catherine Ashton muss dafür sorgen, dass die Europäische Union in der Welt einiger auftritt. Dazu dient auch der neue Europäische Auswärtige Dienst; er ist eine der wichtigsten Neuerungen des Vertrages. Für die Bundesregierung haben sowohl der Bundesaußenminister als auch ich Catherine Ashton für den Aufbau des Europäischen Auswärtigen Dienstes persönlich die tatkräftige Unterstützung Deutschlands zugesichert. Das wird eine harte Aufgabe, sicherlich auch einmal spannungsgeladen zwischen der Kommission und den schon für das Auswärtige zuständigen Beamten dort und dem Recht der Mitgliedstaaten; aber wir sind gewillt, diesen Prozess konstruktiv zu begleiten. Meine Damen und Herren, mit dem Vertrag von Lissabon sind wir auch, was die Bedeutung der nationalen Parlamente in der Europapolitik und damit natürlich auch die Bedeutung des Deutschen Bundestages angeht, in einer neuen Ära angekommen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes haben wir auch die innerstaatlichen Informationsund Beteiligungsrechte von Bundestag und Bundesrat deutlich gestärkt. Es ist nun noch sichtbarer, als das früher schon der Fall war: Der Deutsche Bundestag trägt eine besondere Verantwortung für die Zusammenarbeit in Europa. Er soll wachsam verfolgen, ob die Organe der Europäischen Union die Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit wirklich achten. Notfalls hat er zu widersprechen. Ohne Zweifel ist das eine Aufgabe, deren Bedeutung man gar nicht hoch genug einschätzen kann. Die Bundesregierung sagt Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe jede Unterstützung zu. Der Deutsche Bundestag wird aber noch mehr leisten müssen: Über die Subsidiaritätsprüfung hinaus wird er sich stärker als früher mit den laufenden europäischen Gesetzesvorhaben auseinanderzusetzen haben und darüber debattieren müssen. Erst dann können die Bürgerinnen und Bürger Europa besser verstehen. Dann – davon bin ich überzeugt – kann es auch gelingen, Europa transparenter zu machen; denn wenn der Bundestag Europas Politik zu seinem Thema macht, erhöht er auch die Legitimität deutscher Europapolitik. Ich will das hier ausdrücklich sagen. t B m k D 1 h d w t s n M h U g g Z B W m W D S L D d K l 2 r d ü a d s l S d n b L l e h F a z g D a (C (D Wenn der Bundestag klar Stellung bezieht, dann unerstützt er auch die deutsche Verhandlungsposition in rüssel. Über wichtige Gesetzesvorhaben in Brüssel uss auch hier in diesem Hause intensiver als vor In rafttreten des Lissabon-Vertrages debattiert werden. as gilt selbstverständlich auch für die Themen, die am 0. und 11. Dezember 2009 im Europäischen Rat verandelt wurden, gerade auch für die Fragen hinsichtlich er Erweiterung der Europäischen Union. Hier haben ir als Bundesregierung stärkere Unterrichtungspflich en und Mitwirkungsmöglichkeiten des Bundestages geetzlich verankert. Der Europäische Rat hat angekündigt, dass die Aufahme von Beitrittsverhandlungen mit Island und mit azedonien im nächsten Jahr auf der Tagesordnung ste en wird. Die Frage, welche Länder zur Europäischen nion gehören sollen, betrifft alle Bürgerinnen und Bürer. Das muss sich auch in unseren Debatten widerspieeln, und ich denke, das wird es auch tun. Meine Damen und Herren, über ein Jahr nach dem usammenbruch der amerikanischen Bank Lehman rothers hat der Europäische Rat in der vergangenen oche auch eine wirtschaftspolitische Standortbestimung vorgenommen und Lehren aus der Finanzund irtschaftskrise gezogen. Heute können wir feststellen: urch das entschlossene Eingreifen der Politik konnte chaden von unserem Land und auch von den anderen ändern der Europäischen Union abgewendet werden. er Zusammenbruch unserer Wirtschaft wurde verhinert – nicht mehr und nicht weniger. Es kann aber gar nicht oft genug gesagt werden: Die rise ist keineswegs überwunden. Die einsetzende Erho ung ist noch fragil, und deshalb werden wir die bis Ende 010 angelegten Maßnahmen zur Konjunkturstabilisieung ohne Abstriche umsetzen. Deren Wirkung wird ann auch aus einer klaren Ausstiegsstrategie gespeist, ber die wir auch schon gesprochen haben. Dabei wird sich Deutschland eng mit seinen Partnern bstimmen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeien. Ganz besonders mit Blick auch auf den amerikanichen Markt sage ich, dass wir hier noch harte Verhandungen vor uns haben, um zu einer gemeinsamen Exittrategie im Rahmen der G 20 zu kommen. Für uns ist ie im Grundgesetz verankerte Schuldenregel auf der eien Seite genauso maßgeblich wie der europäische Stailitätsund Wachstumspakt auf der anderen. Wir sehen in Europa derzeit ganz deutlich, dass die ogik des Pakts bestätigt wird: Stabilität ist die Grund age für Wachstum und Wohlstand. Der Pakt bildet den ntscheidenden Rahmen, um das Vertrauen von Privataushalten, Investoren und Anlegern in die öffentlichen inanzen und die Stabilität des Euro zu sichern. Ich sage uch mit Blick auf einzelne Länder mit sehr hohen Defiiten: Jeder einzelne Mitgliedstaat ist verantwortlich für esunde öffentliche Finanzen. as ist die Voraussetzung für langfristiges Wachstum für lle in Europa. 906 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel An dieser Stelle will ich noch einmal darauf hinweisen, dass Deutschland in diesem Jahr mit einem gesamtstaatlichen Defizit von um die 3 Prozent – wir können es noch nicht genau sagen – in Europa eine Spitzenposition einnimmt. Das sollte in diesem Hause bei mancher Diskussion über die finanzielle Lage einmal berücksichtigt werden. Wir haben ganz andere Sorgenkinder in Europa. Wir werden unsere Aufgaben zu erledigen haben. Für Deutschland heißt das, dass wir – ich zitiere aus den Empfehlungen des Rates der Wirtschaftsund Finanzminister vom 2. Dezember 2009 – 2011 mit der Konsolidierung zu beginnen und das übermäßige Defizit bis Ende 2013 zu beenden haben. Das bedeutet für uns: Unser Haushaltsdefizit muss dann wieder unter 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, wie es im Stabilitätsund Wachstumspakt für normale Zeiten vorgeschrieben ist. Meine Damen und Herren, wir werden die europäische Wachstumsstrategie, die bislang Lissabonner Strategie genannt wurde, nunmehr aber einen anderen Namen trägt, weil wir einen Lissabonner Vertrag haben – die Strategie heißt jetzt „EU 2020“ –, neu ausrichten. Darüber haben wir eine erste lebhafte Diskussion geführt. Wir haben im Augenblick im Rahmen der bisherigen Lissabon-Strategie 20 Ziele, von denen wir annehmen, dass sie kaum einer kennt und aufsagen kann. Deshalb wollen wir uns auf wenige klare Ziele konzentrieren: Erstens. Wir müssen Bedingungen schaffen, die unternehmerisches Handeln in Europa stärker fördern. Zweitens. Wir müssen unsere Forschungsund Innovationskapazitäten stärken. Drittens. Wir müssen den Übergang in eine kohlenstoffarme Wirtschaft organisieren, um die Klimakatastrophe zu vermeiden, aber auch, um moderne Exportchancen in der Europäischen Union zu stärken und zu entwickeln. Frühestens beim Europäischen Rat im Frühjahr 2010 werden wir dazu weitere Entscheidungen treffen. Es wird im Februar auch noch einen informellen Sonderrat dazu geben. Ich weiß, dass das ein ambitionierter Zeitplan ist. Aber wegen der Wirtschaftskrise ist es unabdingbar, sich rasch auf eine wirksame Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union zu verständigen. Wir haben uns beim Europäischen Rat auch erneut mit den Ursachen der Finanzmarktkrise befasst, um die richtigen Lehren für die Zukunft zu ziehen. Wir sind uns einig: Eine solche Krise darf sich nicht wiederholen. Deshalb wurde die neue Architektur der europäischen Finanzaufsicht beschlossen und vom Rat noch einmal begrüßt. So wird die Kohärenz der nationalen Aufsicht verstärkt. Die neuen EU-Behörden können auch grenzüberschreitende Finanzgruppen besser beaufsichtigen. Das Europäische Parlament wird sich als Mitgesetzgeber jetzt damit befassen. Wir hoffen, dass die neue Finanzaufsicht schon im Laufe des kommenden Jahres ihre Arbeit aufnehmen kann. k d V k D s v i n e N K i v l w l z g t n d e n s m p J H B f h n A I n d e r n S m r g e t o k R D (C (D Auch wenn es dem einen oder anderen inzwischen aum noch passt, so haben wir beim Europäischen Rat ennoch zum wiederholten Male unterstrichen, dass eine erantwortung für die Gesellschaft auch von den Banen getragen werden muss. as Verhalten an vielen Finanzplätzen lässt nicht darauf chließen, dass wir noch vor etwas mehr als einem Jahr or einem wirklichen Abgrund standen. Auch wenn wir nzwischen die Talsohle der Krise erreicht haben, könen wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Wir ntlassen die Banken nicht aus ihrer Verantwortung. ach der Krise darf es nicht mehr so sein wie vor der rise. Das ist nicht nur eine finanzpolitische Frage; das st auch eine moralische Frage. Denn verantwortungsolles Wirtschaften ist eine der unverzichtbaren Grundagen unserer sozialen Marktwirtschaft. Deshalb hat der Europäische Rat noch einmal das iederholt, was wir schon auf dem G-20-Gipfel festge egt haben, nämlich den Internationalen Währungsfonds u bitten, bei der Erarbeitung von Konzepten zur Beteiliung des Finanzsektors an den Kosten der Krisenbewäligung auch die globale Einführung einer Steuer auf Fianztransaktionen zu prüfen. Wir hoffen, dass uns auf em G-20-Gipfel dafür Vorschläge gemacht werden. So twas geht nur global. Es geht auf gar keinen Fall natioal oder innerhalb der EU. Aber es kann auch nicht so ein, dass alles einfach so weitergeht wie vorher, und wir üssen hier Lösungen finden. Beim Europäischen Rat haben wir auch die Schwerunkte der Justizund Innenpolitik für die nächsten fünf ahre in Form des Stockholmer Programms festgelegt. ier geht es vor allen Dingen darum, eine vernünftige alance von Bürgerrechten, Sicherheit und Mobilität zu inden. Darauf hat die Bundesregierung bei den Verandlungen stets Wert gelegt, und ich glaube, wir könen sagen: Wir haben dieses Ziel erreicht. Mit dieser usrichtung an den Rechten, den Bedürfnissen und den nteressen der Menschen kommen wir unserem Ziel eies bürgernahen Raumes der Freiheit, der Sicherheit und es Rechts ein großes Stück näher. Natürlich ist die Balance zwischen Sicherheit auf der inen Seite und Standards der Freiheitsrechte der Bürgeinnen und Bürger auf der anderen Seite keine Frage eies Entweder-oders, sondern es muss uns gelingen, ein owohl-als-auch zu finden. Dabei wird Deutschland imer wieder um diese Balance ringen. Europa soll siche er werden. Die Polizeibehörden werden in Zukunft ener zusammenarbeiten. Damit stärken wir auch uropaweit die Bürgerrechte. Ich denke, das ist der richige Weg. Nun kann ich diese Regierungserklärung nicht halten, hne auf den Hauptpunkt des Europäischen Rates zu ommen, der heute und morgen eine entscheidende olle spielen wird. Das sind die Vorbereitung und die urchführung der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 907 Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Ich werde heute Mittag dorthin fahren. Die Nachrichten, die uns erreichen, sind nicht gut. Es ist im Augenblick kein vernünftiger Verhandlungsprozess in Sicht. Aber ich hoffe natürlich, dass die Anwesenheit von über 100 Staatsund Regierungschefs der ganzen Veranstaltung den Impuls gibt, der notwendig ist. Ich glaube, diese Kopenhagener Konferenz ist der herausragende Prüfstein dafür, ob es uns gelingen wird, einen neuen Pfad der globalen Entwicklung, einen überzeugenden Kurs der Nachhaltigkeit einzuschlagen. Viele Menschen auf der Welt werden auf uns schauen, ob dies gelingt und ob wir eine Lösung finden. Wenn wir jetzt nicht – das ist unsere Überzeugung – die notwendigen Weichenstellungen vornehmen, riskieren wir dramatische Schäden. Das wird dann besonders die ärmsten Staaten treffen. Aber keiner wird davon verschont sein. Es wird immer wieder so getan, als kostete der Klimaschutz viel Geld, aber selten darüber gesprochen, was Nichthandeln kostet. Alle wirtschaftlichen Berichte sagen uns klar voraus: Wenn es uns nicht gelingt, die Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, dann werden die Kosten für die eintretenden Schäden um ein Vielfaches höher sein als das, was wir mit einer Änderung unserer Lebensweise jetzt erreichen können. Das ist die Grundlage, auf der wir arbeiten. Deshalb brauchen wir erstens eine für alle Staaten geltende Verpflichtung zur Einhaltung des 2-GradZiels, das heißt die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf maximal 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau. Gelingt es nicht, dies für alle als geltende Verpflichtung zu erreichen, dann, muss ich sagen, ist die Klimakonferenz in Kopenhagen gescheitert. Zu dieser Stunde weiß ich nicht, ob das gelingt. Ich darf Ihnen aber sagen: Ich werde zusammen mit unserem Umweltminister alles versuchen, dass es gelingt. Ich denke, wir haben die Unterstützung dieses Hohen Hauses dafür. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1701200100

(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Verpflichtung auf das 2-Grad-Ziel bedeutet konkret,
dass die Emissionen von Treibhausgasen bis 2050 im
Vergleich zu 1990 mindestens halbiert werden müssen.
Für die Industriestaaten heißt das, dass sie ihren Ausstoß
bis 2050 um mindestens 80 Prozent reduzieren müssen.
Das ist eine gewaltige Herausforderung.

Zweitens. Wir müssen den Nachweis führen, dass wir
schon heute einen Pfad einschlagen, auf dem wir dieses
Langfristziel erreichen können; denn den Fortschritt im
Klimaschutz können wir nicht erst 2050 bemessen. Wir
brauchen vielmehr mittelfristige Ziele, das heißt vor al-
len Dingen verbindliche und quantitative Ziele für 2020,
gegebenenfalls auch für die Zeit danach. Gemessen an
den Empfehlungen des Klimarates, sind die bisherigen
Zusagen der Industriestaaten noch nicht ausreichend.
Der Klimarat sagt uns, dass wir bis 2020 schon an einem
Punkt angekommen sein müssen, wo wir zwischen min-

d
m
m

s
w
p
d
F
s
e
a
b
v
S

d
d
b
t
k
w
H
d
V
1
w
s
T
a
w
s
d
r
w
w
s

e
d
V
v
h
d
4
n
t
1
a
t
R
n

r
d
h
E
D

(C (D estens 25 Prozent und 40 Prozent Reduktion haben üssen. Aber wir sind bei den Zusagen noch nicht einal bei den 25 Prozent angekommen. Es gibt allerdings das will ich hier nicht verhehlen – bei vielen Industrietaaten im Laufe der letzten zwölf Monate deutliche Beegungen. Aber diese reichen noch nicht aus. Die Euroäische Union steht nach wie vor zu ihrem Angebot, ie Emissionen bis 2020 um 20 Prozent zu verringern. alls sich die anderen Staaten vergleichbare Ziele setzen, agen wir: Wir können eine Minderung um 30 Prozent rreichen. Es fehlt im Augenblick nur an Angeboten der nderen Staaten. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ein Angeot der Vereinigten Staaten von Amerika zum Beispiel on minus 4 Prozent, bezogen auf 1990, ist an dieser telle nicht ambitioniert genug. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Drittens. Die Einigung von Kopenhagen muss auch
ie Klimaschutzmaßnahmen der großen Schwellenlän-
er umfassen. Natürlich haben wir Industrieländer eine
esondere Verantwortung. Wir müssen vorangehen. Wir
un dies auch. Deutschland hat immer wieder betont: Wir
önnen 40 Prozent Reduktion bis 2020 schaffen. Wir
ollen auch unserer besonderen Verantwortung als
auptverursacher des Klimawandels in der gesamten In-
ustriezeit gerecht werden. Aber richtig ist auch: Seit
erabschiedung der Klimarahmenkonvention im Jahre
992 in Rio hat sich die Welt völlig verändert. Die Ge-
ichte in der Weltwirtschaft haben sich erheblich ver-

choben. Ein globales Regime für die Begrenzung der
reibhausgase kann Länder wie China und Indien nicht
usklammern. China ist jetzt der größte Emittent welt-
eit und hat die Vereinigten Staaten von Amerika in die-

em Jahr überholt. Selbst wenn wir in den Industrielän-
ern die Treibhausgasemissionen um 100 Prozent
eduzieren würden, die Schwellenländer aber einfach so
eitermachen würden, wie sie es heute machen, würden
ir das 2-Grad-Ziel nicht erreichen können. Dem müs-

en wir Rechnung tragen.

Deshalb führt kein Weg daran vorbei, dass in einem
rsten Schritt der Zuwachs der jährlichen Emissionen
er Schwellenländer begrenzt werden muss. Das wird in
erpflichtungen der Schwellenländer zum Teil in Form
on Erhöhung der Energieeffizienz auch deutlich. China
at zum ersten Mal eine quantitative Verpflichtung auf
en Tisch gelegt, die Energieeffizienz um 40 bis
5 Prozent zu erhöhen. Allerdings reicht das überhaupt
icht aus, weil es letztlich bei einem Wirtschaftswachs-
um von etwa 9 Prozent jährlich eine Reduktion um
,5 Prozent ist. Daran sieht man, wie diese Lücke weiter
ufgeht. Daran müssen wir noch weiter arbeiten. Spätes-
ens 2020 brauchen wir auch von den Schwellenländern
eduktionsziele. Ansonsten können wir das Gesamtziel
icht erreichen.

Viertens. Wir wissen, dass wir verlässliche Finanzie-
ungsmechanismen zur Bekämpfung des Klimawan-
els, aber auch zum Technologietransfer brauchen. Des-
alb brauchen wir einen schnellen Beginn. Die
uropäische Union wird ihren Anteil an 10 Milliarden
ollar oder 7 Milliarden Euro leisten. Das haben wir auf

908 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
dem EU-Rat beschlossen. Auch Deutschland leistet sei-
nen Anteil. Aber wir brauchen vor allen Dingen einen
langfristigen Finanzierungsmechanismus; denn ansons-
ten werden wir in Kopenhagen keinen Erfolg haben. Die
Europäische Union hat sich zu diesen langfristigen fi-
nanziellen Zusagen bekannt. Das will ich ausdrücklich
sagen. Aber den Entwicklungsländern reicht es natürlich
nicht, wenn andere Staaten, zum Beispiel die Vereinigten
Staaten von Amerika oder auch Japan, an dieser Stelle
keinen Beitrag leisten. So wird es jetzt in den letzten
Stunden der Kopenhagener Konferenz um das Thema
Reduktion auf der einen Seite gehen, aber auf der ande-
ren Seite vor allen Dingen darum, einen langfristigen Fi-
nanzierungsmechanismus zu finden, mit nur dessen
Hilfe wir aus meiner Sicht erreichen können, dass sich
alle zum 2-Grad-Reduktionsziel bekennen. Um diese
Dinge muss es gehen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen Sie sich aber anstrengen!)


– Herr Trittin, ich nehme Sie gerne mit. Wenn Sie andere
überzeugen, ist es sehr schön. Ich werde mir allergrößte
Mühe geben und auch herzliche Grüße von allen Frak-
tionen dieses Hauses ausrichten. Mal sehen, was es
nützt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Fünftens und letztens. Wir müssen uns in Kopenha-
gen über das Mandat und den Zeitplan für die Überfüh-
rung der Kopenhagen-Ergebnisse in ein rechtlich ver-
bindliches Abkommen verständigen. Hierbei wird vor
allen Dingen notwendig sein – das ist ein großer Diskus-
sionspunkt mit den Schwellenländern –, dass es einen
einheitlichen internationalen Verifizierungs-, also Über-
prüfungsmechanismus gibt; denn es kann nicht sein,
dass jeder eine Verpflichtung auf den Tisch legt, die
nicht nach einheitlichen Maßstäben überprüft wird. Ich
glaube, wir könnten es schaffen, bis Mitte des Jahres
2010 ein solches Abkommen zu erreichen. Auf jeden
Fall muss es schnell gehen.

Ich bin der festen Überzeugung: Klimaschutz ist auch
bei der Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise ei-
ner der Faktoren, die dazu beitragen, dass die Welt sagen
kann: Wir haben die Lehren aus dieser weltweiten inter-
nationalen Krise gezogen. So wie wir bei G 20 gezeigt
haben, dass es uns möglich ist, international zu kooperie-
ren, bietet die Klimakonferenz jetzt die Chance, nicht
nur mit 20 Staaten, sondern mit allen UN-Mitgliedstaa-
ten zu zeigen: Jawohl, wir haben die Lektion verstanden.
Es gibt eine Vielzahl von Problemen, die wir nur interna-
tional gemeinsam lösen können. Deutschland ist bereit,
hierzu seinen Beitrag zu leisten.

Herzlichen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701200200

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst

der Kollege Ulrich Kelber für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


r
K
r
i
I
w
m
b
i
d
h
s
Z
Z
b

D
l
t

D
h
b
m
g

t
4
w
i
d
t
W
a
z
m
G
r

E
L
E
g
g
4
B
2
s
2
s
A
z
l

(C (D Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Deutschland hat eine große Tradition als treibende raft auf Klimaschutzkonferenzen. Frau Bundeskanzle in, wir erwarten, dass Sie diese Rolle heute und morgen n Kopenhagen wieder übernehmen, und wir wünschen hnen dabei viel Erfolg. Ich erwähne das ausdrücklich, eil diese Bundesregierung zum ersten Mal zu einer Kliaschutzkonferenz fährt, ohne einen gemeinsamen eschlossenen Auftrag des Deutschen Bundestages für hre Position zu haben. Der Grund dafür ist der Affront, en Bundesminister Niebel in der letzten Sitzungswoche ier vorbereitet hatte. Er hat in diesem Auftrag festchreiben lassen, dass Deutschland seine finanziellen usagen zum Klimaschutz abzieht von schon gemachten usagen zur weltweiten Armuts-, Hungerund Seuchenekämpfung. (Birgit Homburger [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)

Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1701200300

iesen brutalen Wortbruch haben wir im Plenum abge-
ehnt, und deswegen gibt es keinen gemeinsamen Auf-
rag.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir freuen uns über den breiten Widerstand in
eutschland gegen diesen Versuch, zwei Menschheits-
erausforderungen gegeneinander auszuspielen. Wir ha-
en erwartet, Frau Bundeskanzlerin, dass Sie gemeinsam
it Bundesminister Röttgen Herrn Niebel in den Arm

efallen wären. Leider haben Sie nur zugeschaut.

In Kopenhagen warten jetzt zwei Herausforderungen:

Erstens: die Zurückhaltung der beiden größten Emit-
enten, USA und China. Die USA sind mit nur gut
Prozent der Weltbevölkerung für über 20 Prozent der
eltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. In der Tat,

m Kongress wird schon über den Vorschlag des Präsi-
enten gestritten, obwohl dieser Vorschlag nur ein Zehn-
el der deutschen Klimaschutzverpflichtungen erfüllt.

er Führungsmacht in der Welt bleiben möchte, muss
uch führend darin sein, seiner Verantwortung gerecht
u werden. Wir erkennen an, dass in den USA beim Kli-
aschutz manches in Bewegung gekommen ist. Der
röße der Herausforderung wird dieses Land nicht ge-

echt.

Anders, aber nicht weniger wichtig ist der Fall China.
r ist exemplarisch für die großen Schwellenländer. Das
and China hat längst Maßnahmen zur Erhöhung der
nergieeffizienz und zum Klimaschutz ergriffen. Auf-
rund des hohen Wachstums explodieren die Treibhaus-
asemissionen trotzdem. Das chinesische Angebot von
0 Prozent weniger Treibhausgasausstoß pro Einheit
ruttoinlandsprodukt reicht nicht; sonst hätte China bis
020 Länder wie Deutschland auch beim Pro-Kopf-Aus-
toß weit überholt. Das würde zur Erreichung des
-Grad-Ziels nicht ausreichen. Wir erwarten daher eine
chnellere Reduzierung des Anstiegs der Emissionen.
ußerdem braucht es einen Zeitpunkt in den nächsten

ehn Jahren, ab dem die Emissionen in großen Schwel-
enländern absolut sinken.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 909


(A) )



(B) )


Ulrich Kelber
China muss diesen Umstieg aber wesentlich schneller
bewältigen, als es die alten Industriestaaten getan haben;
deswegen hat China einen Anspruch auf technologische
und finanzielle Unterstützung. Was für China gilt, gilt
für die anderen Schwellen- und Entwicklungsländer, vor
allem für die ärmsten Länder der Welt, umso mehr.

Die zweite Herausforderung in Kopenhagen besteht
darin, die Schwellen- und Entwicklungsländer zu
überzeugen, uns beim Kampf gegen den Klimawandel,
den sie nicht verursacht haben, zu unterstützen. Dafür
sind Glaubwürdigkeit und die Bereitschaft, sich finan-
ziell ausreichend zu engagieren, notwendig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Diese Glaubwürdigkeit und diese Bereitschaft waren tra-
ditionell die deutschen Stärken auf Klimaschutzkonfe-
renzen. Diese Stärken sind noch da; aber sie sind durch
Fehler in den letzten Wochen beschädigt worden, allen
voran durch Bundesminister Niebel, der sich selber zum
Klimaschutzminister erklärt hat, aber gegenteilig han-
delt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich nenne ein weiteres Beispiel dafür. Deutschland
hat angeboten, 420 Millionen Euro jährlich als Anschub-
finanzierung für diesen Umstieg der Schwellen- und
Entwicklungsländer zur Verfügung zu stellen. Das sind
420 Millionen Euro jährlich für eine Aufgabe, die Bun-
desminister Röttgen an dieser Stelle am 3. Dezember
2009 als Überlebensfrage bezeichnet hat, 420 Millionen
Euro für eine Aufgabe, bei der es nach Ihren Worten,
Frau Bundeskanzlerin, um die Grundlagen unseres Le-
bens geht. Diese Aufgabe ist also 420 Millionen Euro
wert. Allein die Subvention für einige Lobbyisten von
Hotelketten ist Ihnen jährlich das Drei- bis Fünffache
wert.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da werden Sie heute und morgen in Kopenhagen nachle-
gen müssen.

Stellen Sie bitte endlich klar, dass Deutschland so-
wohl zu seiner Zusage steht, 0,7 Prozent des Bruttoin-
landsproduktes für Armutsbekämpfung zu geben, als
auch zu seiner Zusage, zusätzlich – ich wiederhole: zu-
sätzlich – die Gelder für den Klimaschutz zur Verfügung
zu stellen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese dauernden „Niebel-Kerzen“ sind für Deutschland
und für Kopenhagen eine Belastung.

Diese Zusagen stammen nicht nur von Deutschland,

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1701200400

1997 im Rahmen der Konferenz von Kioto und 2007 im
Rahmen der Konferenz von Bali in Ihren jeweiligen
Funktionen. Zu diesen Zusagen gehört natürlich auch
der Verzicht auf den Trick, die Ausgaben, die deutsche
Firmen zur Erfüllung ihrer Klimaschutzaufgaben für
Projekte im Ausland ausgeben, ein zweites Mal als Aus-
gaben für den internationalen Klimaschutz aufrechnen

z
S
R

g

D
c
d
w
w
u
s
r

a
s
a
i
w
f
n
m
k
V
u
M
z
r

K
g
s
V
d

g
d
S
ü
b
t
h
K
s

(C (D u lassen. Diese Tricks haben die Entwicklungsund chwellenländer längst durchschaut und haben sie zu echt satt. Ich darf aus der Frankfurter Rundschau vom vergan enen Montag zitieren: Frau Merkel hat zwei Gesichter. Sie ist zu Hause eine große Ökologin, aber wenn es ums Geld für den Klimaschutz geht, steht sie auf der Bremse. ieses Zitat stammt von Lumumba Di-Aping, dem Spreher der G 77 genannten Gruppe der Entwicklungsläner. So erschreckend wird Deutschland mittlerweile ahrgenommen. Kopenhagen kann aber nur zum Erfolg erden, wenn die Entwicklungsund Schwellenländer ns vertrauen. Deswegen muss Schwarz-Gelb im Klimachutz wieder zum bewährten deutschen Konsens zuückfinden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


Ich habe Ihnen gut zugehört, Frau Bundeskanzlerin,
ls Sie über verlässliche Finanzierungsinstrumente ge-
prochen haben. Ich habe diese Aussage als eine Absage
n die Absage von Herrn Niebel an diese Finanzierungs-
nstrumente verstanden. Diese erneute Zurechtweisung
ar dringend notwendig. Mit diesen unsinnigen und ge-

ährlichen Alleingängen der letzten Wochen und Mo-
ate, mit dem öffentlich verkündeten Aus für die Zusam-
enarbeit im Klimaschutz mit China – jetzt soll sie 2010

leinlaut auf Sparflamme fortgesetzt werden –, mit dem
errechnen von Klimaschutz und Armutsbekämpfung
nd jetzt mit der Absage durch den dafür zuständigen
inister an Finanzierungsinstrumente für Entwicklungs-

usammenarbeit und Klimaschutz haben Sie der Konfe-
enz in Kopenhagen und Deutschland schwer geschadet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ihnen ist es zu verdanken, dass Deutschland auf einer
limaschutzkonferenz erstmals mit dem peinlichen Ne-
ativpreis „Fossil of the day“ von etwa 450 Klima-
chutzorganisationen ausgezeichnet wurde. Das war im
orreiterland Deutschland beim Klimaschutz bisher un-
enkbar.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Bundeskanzlerin, Sie haben es in der Hand, mor-
en und übermorgen die Fehler von Schwarz-Gelb und
ie Fehler von Herrn Niebel wieder auszugleichen, wenn
ie Ihre Zögerlichkeit in dieser Frage aufgeben, die Sie
berraschenderweise in den letzten Wochen gezeigt ha-
en, nicht in der Zeit zuvor. Wenn Sie zu diesem bewähr-
en deutschen Konsens zurückkehren, kann Deutschland
elfen, Kopenhagen doch noch zu einem Erfolg für den
limaschutz zu machen. Wir hoffen darauf. Wir wün-

chen Ihnen dabei besten Erfolg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


910 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701200500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Birgit Homburger

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1701200600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dieser erste Europäische Rat nach dem Inkrafttreten des
Vertrages von Lissabon war wichtig. Ich freue mich da-
rüber, dass das Ziel, für das die FDP seit langem einge-
treten ist, nämlich die EU demokratischer und hand-
lungsfähiger zu machen, mit dem Vertrag von Lissabon
ein großes Stück vorangekommen ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun gilt es allerdings auch, dass die neuen Spielre-
geln mit Leben erfüllt werden. Wir haben jetzt beispiels-
weise neu eine Hohe Vertreterin für Außen- und Sicher-
heitspolitik. Das Ziel muss sein, dass Europa nach außen
mit einer Stimme spricht. Es hat sich gerade in den letz-
ten Wochen, gerade in der Vorbereitung auf die Konfe-
renz von Kopenhagen, sehr deutlich gezeigt, wie wichtig
das ist. Deswegen ist es wichtig, dass wir beim Aufbau
eines Europäischen Auswärtigen Dienstes vorankom-
men und gemeinsam alles dafür tun, dass die Europäer
weltweit gemeinsam auftreten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir als Deutscher Bundestag haben jetzt auch mehr
Informations- und Beteiligungsrechte. Das ist wichtig.
Wir haben damit in diesem Hause auch eine größere Ver-
antwortung für Europa. Das bedeutet, dass es notwendig
ist, dass die Bundesregierung den Deutschen Bundestag
frühzeitig informiert. Ich bin dankbar, dass die Bundes-
kanzlerin hier heute Morgen diese Zusage gemacht hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Frau Bundeskanzlerin, Sie haben deutlich gemacht,
dass Sie erwarten, dass der Deutsche Bundestag seine
Verantwortung wahrnimmt. Ich kann Ihnen sagen: Wir
werden unsere Verantwortung mit Sicherheit wahrneh-
men. Wir werden sehr genau auf die Einhaltung des Sub-
sidiaritätsprinzips achten. Das ist wichtig, auch für die
Akzeptanz der Europapolitik bei den Bürgerinnen und
Bürgern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir beginnen damit bei den Schwerpunktthemen, die
auf diesem Europäischen Rat beschlossen worden sind.

Zunächst einmal ist da die europäische Wachstums-
strategie zu nennen. Die Europäische Kommission soll
vor dem nächsten Europäischen Rat im Frühjahr ein Ar-
beitsdokument in Nachfolge der Lissabon-Strategie für
Wachstum und Beschäftigung vorlegen. Sie, Frau Bun-
deskanzlerin, haben hier heute Morgen schon gesagt,
dass dieses Dokument anders heißen soll. Das ist gut so.
Wir sind aber der Meinung, dass es künftig auch einen
neuen Inhalt braucht. Mehr Wachstum und Beschäfti-

g
d
d
A

t

s
s
d
d
w
h
r
A

a
s
u
s
f
s
d
E
t
v
w
i

D
d
d
K
g
s
A
l
K
k
b
E
d
S
g
s
n
a
a

(C (D ung bekommen wir nicht durch mehr staatliches Haneln, sondern dadurch, dass wir für bessere Rahmenbeingungen für Unternehmen und damit für mehr rbeitsplätze in Deutschland und Europa sorgen. Deshalb darf es nicht um eine staatsgelenkte Indusriepolitik, um Subventionitis und Umverteilung gehen, (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! Mit Umverteilung kennen Sie sich doch aus!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ondern es muss darum gehen, ein besseres Umfeld zu
chaffen durch bessere steuerliche Voraussetzungen,
urch verbesserte Bildungs- und Forschungspolitik,
urch die Ermöglichung von unverfälschtem Wettbe-
erb im Binnenmarkt und auch dadurch – ich sage das
ier ganz ausdrücklich –, dass die Bemühungen zum Bü-
okratieabbau auf europäischer Ebene verstärkt werden.
ll das sind Punkte, die umgesetzt werden müssen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Frau Bundeskanzlerin, die EU-Kommission hat ja
uch den Auftrag erhalten, einen Aktionsplan zur Um-
etzung des Stockholmer Programms zur EU-Justiz-
nd -Innenpolitik vorzulegen. Auch dazu haben Sie ge-
prochen. Ich sage Ihnen: Wir werden unsere Kontroll-
unktion sehr genau wahrnehmen. Die FDP ist bei die-
em Punkt der Meinung, dass es bei der Zusammenarbeit
er Sicherheitsbehörden zum Beispiel im Rahmen von
uropol vor allem darauf ankommt, dass ein hohes Da-

enschutzniveau sichergestellt und eine klare Trennung
on Polizei und Nachrichtendiensten vorgenommen
ird. Das sind Dinge, auf die wir achten müssen, wenn

n Europa die entsprechende Strategie beschlossen wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das gilt auch für die Klimakonferenz in Kopenhagen.
iese Klimakonferenz ist ein wichtiger Meilenstein auf
em Weg zu einem verbindlichen Klimaabkommen. In
er Tat müssen uns die Nachrichten, die uns zurzeit aus
openhagen erreichen, sehr traurig stimmen. Ich habe
erade eben eine Eilmeldung gelesen, nach der die däni-
che Regierung angeblich das Ziel eines umfassenden
bkommens aufgegeben hat. Das halte ich für bedenk-

ich. Wir hätten uns gewünscht, dass es bereits jetzt in
openhagen zu einem verbindlichen Klimaabkommen
ommt. Wenn das nicht gelingt, müssen wenigstens ver-
indliche Kernpunkte in Kopenhagen vereinbart werden.
s muss alles dafür getan werden, dass die Chance, die
ieses Mal tatsächlich da ist, nachdem die USA einen
trategiewechsel in der Klimapolitik vollzogen haben,
enutzt wird. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass
ich vonseiten der Bundesregierung in Kopenhagen
icht nur der Umweltminister, sondern, Herr Kelber,
uch der Entwicklungshilfeminister – dieser hat ja schon
n der Konferenz teilgenommen –


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lieber nicht!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 911


(A) )



(B) )


Birgit Homburger
und ab heute auch die Bundeskanzlerin engagieren, die
sich dann noch einmal dafür einsetzen wird, das umzu-
setzen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Dann soll er bitte schweigen!)


Ich sage Ihnen auch sehr deutlich: Deutschland kann
glaubwürdig verhandeln. Unsere Koalition hat der Bun-
desregierung den Rücken gestärkt, indem wir in der letz-
ten Sitzungswoche im Deutschen Bundestag einen Be-
schluss gefasst haben, der an Klarheit nichts zu
wünschen übrig lässt.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist ja das Problem!)


Die Selbstverpflichtung Deutschlands, Herr Kelber, bis
2020 die CO2-Emissionen auf nationaler Ebene um
40 Prozent zu reduzieren, auch wenn andere nicht so
weit gehen, stellt ein CO2-Minderungsziel dar, das so
klar noch niemals zuvor vom Deutschen Bundestag be-
schlossen worden ist, auch nicht während Ihrer Regie-
rungszeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Das ist unwahr, Frau Homburger! Das wissen Sie!)


Darüber hinaus haben wir beschlossen, dass die In-
dustrieländer eine Reduktion der CO2-Emissionen von
mindestens 80 Prozent bis 2050 anbieten sollen. Das ist
ein Entgegenkommen und ein Signal an die Entwick-
lungs- und Schwellenländer.

Ebenso ist es ein wichtiges Signal, dass der Europäi-
sche Rat beschlossen hat, dass die EU-Mitgliedstaaten
die Bemühungen der Entwicklungsländer beim Klima-
schutz mit 2,4 Milliarden Euro per annum unterstützen.

Das alles sind deutliche Signale, dass wir etwas errei-
chen wollen. Das wird auch anerkannt und ernst genom-
men.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jetzt komme ich zu dem Vorwurf, den Sie hier gerade
vorgetragen haben, Dirk Niebel würde diese Strategie in
irgendeiner Weise konterkarieren. Ich will Ihnen nur ein-
mal sagen, lieber Herr Kelber: Der Versuch in Ihrer
Rede, die im Wesentlichen darin bestanden hat, sich am
Entwicklungshilfeminister abzuarbeiten, ist jedenfalls
keine glaubwürdige Strategie der SPD für eine Klima-
schutzpolitik.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Entgegen dem, was Sie hier gesagt haben, werden die
Gelder eben nicht mit der bisherigen Entwicklungshilfe
verrechnet. Mit den Zusagen, die Deutschland im Euro-
päischen Rat gemacht hat, stehen zusätzliche finanzielle
Mittel für den Klimaschutz zur Verfügung. Deswegen
sage ich Ihnen ganz klar: Das, was Sie hier vorgetragen
haben, sind Ausreden; denn Sie sind – anders als wir in
der Vergangenheit – aus der Opposition heraus nicht be-

r
a

K
b
d
O
n
w
d
h
Z
i
w

i
s
D
t
a
W

s
B
p
U
B
a
d
w

f
i
f
w
f

l

w
t
a

(C (D eit, Verantwortung mit zu übernehmen, und das gilt uch für die internationale Klimapolitik. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn Sie hier über dieses Thema reden, lieber Herr
elber, dann sagen Sie der interessierten Öffentlichkeit
itte auch, dass Klimaschutzmittel immer, wenn Sie an
er Regierung beteiligt waren, selbstverständlich auf die
DA-Quote angerechnet worden sind. Das war bei Ih-
en so, und das werden wir nicht ändern. Diese Mittel
erden dazu beitragen, dass wir dem 0,7-Prozent-Ziel,
as Sie eingefordert haben, näher kommen. Zur Wahr-
eit gehört auch, Herr Kelber, dass dieses 0,7-Prozent-
iel seit den 70er-Jahren nicht erreicht wurde, auch nicht

n den elf Jahren unter einer sozialdemokratischen Ent-
icklungshilfeministerin.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Ziel, in Kopenhagen weitere Länder ins Boot des
nternationalen Klimaschutzes zu holen, ist nicht gegen,
ondern nur mit wirtschaftlicher Vernunft zu erreichen.
eswegen ist es wichtig, dass Klimaschutz auf interna-

ionaler Ebene als Hightechthema intoniert wird, nicht
ls Verzichtserklärung, sondern als zukunftsorientiertes
achstumsthema für die internationale Wirtschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also doch kein Klimaschutz!)


Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren,
ehen die Koalition im Deutschen Bundestag und die
undesregierung die Klimaschutzpolitik als ein gesamt-
olitisches Ziel an, als ein Ziel, das nicht allein vom
mweltministerium verfolgt, sondern von der ganzen
undesregierung unterstützt wird. Dieser Ansatz hat
uch die Unterstützung der Koalition im Deutschen Bun-
estag. Wenn Sie das nicht mittragen wollen, dann ver-
eigern Sie uns die Unterstützung


(Zurufe von der SPD und der LINKEN: Richtig!)


ür eine internationale Klimapolitik, die darauf angelegt
st, international voranzukommen und endlich ein Nach-
olgeabkommen zu erreichen. Das ist unser Ziel, und wir
erden, auch wenn Sie uns nicht unterstützen, alles da-

ür tun, dieses Ziel zu erreichen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701200700

Das Wort zu einer Kurzintervention erhält der Kol-

ege Kelber.


(Zurufe von der FDP: Oh! – Oh nein!)



Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1701200800

Frau Kollegin Homburger, Sie werden sich daran ge-

öhnen müssen, dass Kritik an Ihnen oder einem Minis-
er Ihrer Partei nicht eine Kritik an der Sache ist, sondern
uf die Fehler der jeweiligen Person gemünzt ist.

912 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Ulrich Kelber
Sie haben zwei Vorwürfe in meine Richtung gemacht.
Erstens haben Sie gesagt, in Zeiten sozialdemokratischer
Regierungsbeteiligung seien die Ausgaben für die Ent-
wicklungszusammenarbeit nicht so gestiegen, wie wir
das jetzt von Ihnen einfordern. Ich möchte Ihnen dazu
kurz zwei nackte Zahlen präsentieren. Die eine betrifft
den realen Haushalt des entsprechenden Ministeriums in
diesem Jahr, der unter einer sozialdemokratischen Mi-
nisterin um 700 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr
gestiegen ist. Im Haushaltsentwurf unter einem Minister
Ihrer Regierung sind es – das ist die zweite Zahl –
40 Millionen Euro. Das ist nicht einmal ein Inflations-
ausgleich. Allein diese zwei nackten Zahlen widerlegen
Sie.

Der zweite Punkt – der ist wichtig –: Sie versuchen
hier ein Wortspiel. Deutschland hat Vereinbarungen un-
terschrieben, und es gibt persönliche Zusagen der Frau
Bundeskanzlerin, dass wir für den Anstieg der Entwick-
lungszusammenarbeit zusätzliche Mittel für den Klima-
schutz bereitstellen. Sie haben gerade gesagt, gegenüber
dem bisherigen Stand der Mittel für die Entwicklungszu-
sammenarbeit legten Sie etwas drauf. Das ist aber nicht
einmal die Hälfte der Mittel, die wir zugesagt haben. Da-
mit haben Sie den Vorwurf nur bestätigt: Sie wollen die
Zusage, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen,
nicht einhalten, sondern die Mittel verrechnen. Vielen
Dank für diese Bestätigung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701200900

Zur Erwiderung Frau Kollegin Homburger.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sind wir gespannt! Jetzt aber genau!)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1701201000

Herr Kelber, ich habe Ihnen nicht vorgeworfen, dass

es nicht einen entsprechenden Aufwuchs gegeben hätte.
Ich habe Ihnen vorgeworfen, dass das 0,7-Prozent-Ziel
auch in elf Jahren Amtszeit einer sozialdemokratischen
Entwicklungshilfeministerin nicht erreicht worden ist.
Das war der Vorwurf. Dieser Vorwurf ist und bleibt rich-
tig, auch wenn Sie sich dagegen verwahren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


Ich habe deutlich gemacht, dass wir selbstverständ-
lich zusätzliche Mittel in die Hand nehmen. Ich habe das
unterstrichen, was international zugesagt worden ist. Wir
werden sogar über das hinausgehen, was im Haushalts-
entwurf im Augenblick etatisiert ist, und zusätzliche
Mittel zur Verfügung stellen. Denn beim Europäischen
Rat wurden von deutscher Seite, von der Bundeskanzle-
rin über 70 Millionen Euro zusätzlich zugesagt. Das
zeigt Ihnen, dass wir das, was wir versprochen haben,
sehr wohl umsetzen. Es wird zusätzliche Mittel für den
Klimaschutz geben. Im Entwicklungshilferessort sind al-
lein dafür 1 Milliarde Euro eingestellt. Das ist eine

H
l

d

z
z
g
g
h
f
l

s
n
e
w
g
B
z
b

H
d
M
g
s
d
b
w
r
h

e
n
f
w
c
f
S
S
g

(C (D ausnummer, die auch Sie, lieber Herr Kelber, nicht eugnen können. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Die gibt es doch schon im Etat! Das ist nicht zusätzlich! Die sind schon drin seit letztem Jahr! Das ist Bilanzfälschung!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701201100

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gregor Gysi für

ie Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701201200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Streit

wischen Frau Homburger und Herrn Kelber höre ich
war gerne. Das Problem ist aber, dass bisher keine Re-
ierung – egal welche – auch nur in die Nähe der Marke
ekommen ist, die wir uns einmal international gesetzt
atten, nämlich 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes
ür wirksame Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stel-
en.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich mache Ihnen einen Vorschlag, wie wir den Streit
chlichten könnten: Wir beschließen gemeinsam – wenn
icht heute, dann meinetwegen im Januar –, dass wir in
inem jährlichen Rhythmus die Mittel erhöhen, sodass
ir in vier Jahren am Ende dieser Legislaturperiode sa-
en können: Jetzt stellt Deutschland 0,7 Prozent seines
ruttoinlandsprodukts für wirksame Entwicklungshilfe
ur Verfügung. Das könnten wir doch machen. Dann
rauchten Sie sich gar nicht mehr zu streiten.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Frau Bundeskanzlerin – sie spricht gerade mit
errn Niebel – hat völlig recht, wenn sie sagt, dass die
rohende Klimakatastrophe das Überleben der
enschheit gefährdet und dass es um Menschheitsfra-

en geht. Ich muss zunächst darauf hinweisen: Es ist
chon interessant, zu sehen, wie sehr sich unsere Bun-
esländer für die Menschheitsfragen interessieren. Ich
itte Sie, einmal einen Blick auf die Bundesratsbank zu
erfen. Dann können Sie feststellen, welches große Inte-

esse unsere Bundesländer an diesen Menschheitsfragen
aben.


(Beifall bei der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die bereiten sich auf morgen früh vor!)


Es ist wahr: Wenn die Klimakatastrophe eintritt, wird
s unbeschreibliche Katastrophen geben, auch, aber
icht nur den Untergang von Inselstaaten. Die Bekämp-
ung der Klimakatastrophe ist ebenso wichtig wie der
eltweite Kampf gegen Armut, Elend und Unterdrü-

kung, gegen Tod durch Hunger und gegen Tod durch
ehlende medizinische Versorgung. Herr Niebel, wenn
ie anfangen, das gegeneinander aufzurechnen, machen
ie die Menschheit kaputt. Das kann nicht unsere Heran-
ehensweise sein.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 913


(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi

(Beifall bei der LINKEN)


Den Schaden hinsichtlich des Klimas haben die In-
dustriestaaten im fossilen Industriezeitalter angerichtet.
Also haben sie doch eine besondere Verantwortung. Der
Treibstoff für die Klimakatastrophe waren und sind
Erdöl und Erdgas. Es geht – das muss man sich eingeste-
hen – um eine neue Produktions- und Konsumtions-
weise, um neue Technologien. Es geht weltweit um die
soziale Frage und in gewisser Hinsicht sogar um die Sys-
temfrage.

Menschen müssen ein Interesse am Schutz und am
Erhalt ihrer natürlichen Lebensgrundlage haben. Die
These, dass wir die Natur zerstören, ist falsch. Das kön-
nen wir gar nicht; so stark ist der Mensch nicht. Ich gebe
Ihnen einmal ein ganz anderes Beispiel: Sie wissen ja,
dass der französische Staat seine Atomwaffenversuche
immer im Ozean in der Nähe des Bikini-Atolls durchge-
führt hat. Dort kann von uns keiner mehr hin, weil dieses
Gebiet stark kontaminiert ist.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da darfst du gar nicht hinfliegen – wegen CO2!)


– Nun warte doch mal, Frau Künast. Du wirst das auch
noch verstehen.


(Beifall bei der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bitterfeld lag in der DDR und nicht in der BRD, mein Lieber!)


Dokumentaristen sind dorthin gefahren und haben einen
Film gedreht, weil sie sich dafür interessierten, ob es
dort noch Tiere und Pflanzen gibt. Da stellte sich Fol-
gendes heraus: Der Mensch kann dort nicht mehr existie-
ren; er braucht riesige Schutzanzüge. Alle Pflanzen und
Tiere, die es früher gab, gibt es nicht mehr. Aber es gibt
andere Pflanzen und Tiere, denen es nichts ausmacht,
schwer kontaminiert zu sein.

Was ich erklären will, ist: Die Natur können wir gar
nicht zerstören. Aber wir können die Natur in einem
Grade beschädigen, dass wir, die Menschen, hier nicht
mehr existieren können. Das ist das Problem. Deshalb
brauchte man nur einen einigermaßen klugen Egoismus.
Schon das würde ausreichen, um endlich etwas für den
Klimaschutz zu tun. Leider haben wir so viele doofe
Egoisten, die nicht einmal das begreifen.


(Beifall bei der LINKEN)


Es geht beim Klimaschutz um unsere Kinder, unsere
Enkel, unsere Urenkel. Es geht um die Verhinderung von
Flucht, von Armut, von Naturkatastrophen und von neu-
artigen Kriegen.

Es gibt viele Unternehmen, die sich dabei wohlfüh-
len und auf den Klimaschutz hoffen, und zwar nicht nur
aus egoistischen Interessen, weil sie sich sagen: „Dann
geht es meinen Kindern, Enkeln und Urenkeln besser“,
sondern auch deswegen, weil sie regenerative Energien
und neue Antriebstechniken herstellen sowie energiespa-
rende Maschinen produzieren. Das heißt, sie brauchen
genau diese Entwicklung.

m
n
u
d
S
m
U
h
e
d
k

F
n
t
t
n
u

s

A
s
s
r
e
E
g

M
m
s
d
l
g

k
s
e
f
d
S
S
d
n
s

w
s
h
V
D
F

(C (D Dann gibt es andere Unternehmen und Unternehensverbände, die immer vor zu viel Klimaschutz war en, weil sie höhere Kosten befürchten, und sie drohen ns mit dem Abbau von Arbeitsplätzen etc. Daran wunert mich – das muss ich hier wirklich einmal sagen –: elbst wenn man ein Boss ist, der nur an Profite denkt, an aber Kinder hat, dann will man doch, dass auch die renkel noch leben können. Angesichts einer Menscheitsfrage muss doch einmal das kurzfristige Interesse an inem riesigen Profit zurücktreten können. Man muss och einmal sagen: Ich will, dass meine Enkel und Urenel hier noch leben können. rau Bundeskanzlerin, warum können Sie diesen Bossen icht einmal erklären, nicht kurzfristig, sondern langfrisig zu denken? Selbst jemand, der den Kapitalismus ganz oll findet, kann ihn nur erleben, wenn es die Menschheit och gibt. Ich begreife es überhaupt nicht, warum sie so neinsichtig sind. Herr Kauder, ich habe es mitbekommen: Die Wirtchaft entscheidet, was die Politik macht. ber es gibt Unterschiede in der Wirtschaft. Man muss ich ja nicht nach der kurzfristigen und dümmsten Wirtchaft richten, sondern könnte sich nach den Leuten ichten, die etwas weitsichtiger sind. Ich sage es noch inmal: Es gibt einen doofen und einen intelligenten goismus. Es ist nicht hinnehmbar, dass der doofe reiert. Im Übrigen haben viele verstanden, dass es um enschheitsfragen geht. Deshalb gibt es gewaltige Deonstrationen, nicht nur, aber auch in Kopenhagen. Ich telle fest, dass die Polizei dort massiv und robust gegen ie Demonstrantinnen und Demonstranten vorgeht. Vieleicht wäre es richtiger, robust und massiv gegen diejenien vorzugehen, die den Schutz des Klimas verhindern. Eigentlich sollte in Kopenhagen ein Nachfolgeabommen zum 2012 auslaufenden Kioto-Protokoll abgechlossen werden. Es sieht heute nicht danach aus, als ob s zustande komme. Es geht ja nicht nur um neue Ziele ür die Minderung des Ausstoßes von Klimagasen in Inustrieländern. Es geht auch um Minderungsziele für die chwellenund die Entwicklungsländer – darauf haben ie hingewiesen, Frau Bundeskanzlerin – und auch um ie Finanztransfers an Entwicklungsländer. Es geht also icht nur um Klimaschutz, sondern auch um die Anpasung an die Folgen der Klimawende. Wir haben jetzt eine Spaltung von Nord-Süd erlebt, ie wir sie so direkt, so unmittelbar und so einheitlich chon lange nicht mehr bei einer UNO-Konferenz erlebt aben. Das sollte uns sehr nachdenklich machen. Die orreiterrolle liegt hier eigentlich bei der EU, auch bei eutschland und übrigens auch bei den USA. Deshalb, Wenn das Ganze nicht funktio 914 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Dr. Gregor Gysi niert, liegt das auch an den völlig unzureichenden Vorschlägen aus der EU. Dafür tragen Sie eine Mitverantwortung. Was hat die EU vorgeschlagen? Finanztransfers von 7,2 Milliarden Euro ab 2020. Das ist lächerlich. Die Weltbank, keine linke Einrichtung, hat gesagt: Es müssen 100 bis 150 Milliarden Euro jährlich sein. Aber nichts davon hat die EU beschlossen. Was hat die EU gesagt? Sie will den Klimagasausstoß um 20 Prozent reduzieren und unter bestimmten Bedingungen – Sie haben sie genannt – sogar um 30 Prozent. Jetzt sage ich Ihnen: Heute entsprechen 30 Prozent den 20 Prozent von vor der Krise. Es ist keine gewaltige Leistung, die dort angeboten wird. Wir brauchen ein Minderungsziel von 40 Prozent bis zum Jahre 2020 gegenüber 1990. Anders werden wir die Klimakatastrophe nicht verhindern. Wenn wir diese Reduzierung nicht hinbekommen, werden wir eine Erderwärmung erleben, die sich nicht auf 2 Grad begrenzen lässt, sondern bei 3,5 Grad oder, wenn alle so weitermachen wie bisher, sogar bei 6,5 Grad liegen wird, was zu unbeschreiblichen Katastrophen führen würde. Frau Bundeskanzler, Sie haben ein langfristiges Ziel für den Zeitraum bis zum Jahre 2050 formuliert. Wenn aber bei den Verhandlungen in Kopenhagen für den Zeitraum bis 2020 nichts herauskommt, dann ist die Konferenz schon gescheitert; denn das Ziel bis 2050 ist viel zu langfristig. Dann werden wir das Ziel hinsichtlich der Verhinderung der Erderwärmung nicht erreichen. Nun sprechen wir einmal von Deutschland und dem Ziel, die Emissionen im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu mindern. Ich habe nichts dagegen, dass Sie dieses Ziel verkünden; aber der Ehrlichkeit halber hätten Sie, Frau Bundeskanzler, noch erwähnen können, dass die Emissionsminderungen wegen der Deindustrialisierung des Ostens hervorragend gelingen können. Nur deswegen sind solche Ziele für Deutschland überhaupt zu erreichen. Ich sage noch einmal: Bei den Zahlungen an die Entwicklungsländer kann es nicht um eine einmalige Zahlung gehen. Es kann auch nicht, wie Herr Niebel meint, um eine Zahlung gehen, bei der man etwas, was schon einmal versprochen wurde, einfach umtütet. Vielmehr muss es um jährliche Zahlungen gehen. Wozu dient der Finanztransfer? Der Norden muss den Süden dafür bezahlen, dass dieser weniger ausstößt, als bei ungebremster Entwicklung wahrscheinlich wäre. Dafür gewinnen wir hier im Norden Zeit, die wir brauchen, um den ganzen Strukturwandel abfedern zu können. Um es klar zu sagen: Es geht nicht um Almosen an Entwicklungsländer. Texas bläst heute noch so viel Treibhausgase in die Luft wie ganz Afrika; das ist die Wahrheit. Die Entwicklungsländer müssen mithilfe der Industriestaaten bei ihrer Energieversorgung – im Unterschied zu Europa und Nordamerika – die fossile Phase überspringen oder sie wenigstens schnell hinter sich lassen, damit sie in Zu k d d H t z a K i h v E r l d E m l z g d w w m W e l A I S d i m g s S (C (D unft nicht derartige Umweltschäden anrichten, wie sie urch Europa und Nordamerika bereits angerichtet woren sind. Es geht also um Hilfe für die Menschheit, um ilfe für uns selbst. Schon deshalb ist jede Zurückhal ung skandalös. Die Beseitigung der durch Überflutungen und Versalungen der Böden verursachten Schäden ist viel teurer ls das, was wir jetzt an Geld einsetzen müssten, um die limakatastrophe zu verhindern. Es ist also unser Eigen nteresse, wie es auch unser Eigeninteresse ist, zu verindern, dass die großen Urwälder dieser Erde für immer erschwinden. Hier gibt es einmal ein konkretes Angebot von cuador. Wo bleibt denn da die Antwort der Bundes egierung? Ecuador hat einen riesigen Urwald, darunter iegt sehr viel Erdöl. Das Land hat nun die Möglichkeit, as Öl zu fördern; dann wäre es ökonomisch versorgt. cuador ist das erste Land, das der internationalen Geeinschaft einen anderen Weg anbietet und sagt: Wir assen den Urwald stehen, wenn ihr uns den Schaden ahlt, den wir dadurch haben, dass wir das Erdöl nicht ewinnen. Wo bleiben die Antworten? Ich muss sagen, ass Frau Wieczorek-Zeul zumindest noch freundliche, ohlwollende Briefe geschrieben hat; von Herrn Niebel age ich das gar nicht zu erhoffen. Das ist das Problem, it dem wir es hier zu tun haben. Herr Kollege. Herr Präsident, ich bin sofort fertig. Die USA müssen klare Verbindlichkeiten eingehen. enn die USA dies tun, wird es China auch tun. Herr Röttgen, ich sage Ihnen als Umweltminister ins: Wenn Sie so weitermachen und denken, neue Kohekraftwerke und die Verlängerung der Laufzeiten der tomkraftwerke lösten unsere Probleme, dann sage ich hnen: Das Ganze geht schief. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Braunkohleverstromung in Brandenburg!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Birgit Homburger [FDP]: Genau umgekehrt!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1701201300

(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701201400
Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701201500

ie haben von den erneuerbaren Energien nichts verstan-
en; das ist das Problem.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701201600

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, will

ch das Ergebnis der Wahl der Mitglieder des Parla-
entarischen Kontrollgremiums bekannt geben. Ab-

egebene Stimmkarten 572, alle gültig. Enthalten haben
ich drei Kolleginnen und Kollegen. Von den gültigen
timmen entfielen auf Peter Altmaier 528, Clemens

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 915


(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Binninger 525, Manfred Grund 526, Stefan Müller 511,
Michael Hartmann 504, Fritz Rudolf Körper 503,
Thomas Oppermann 486, Christian Ahrendt 526,
Hartfrid Wolff 517, Wolfgang Nešković 294, Hans-
Christian Ströbele 326 Stimmen.1)

Die gerade von mir genannten Kolleginnen und Kol-
legen sind mit Ausnahme des Kollegen Nešković alle
mit der erforderlichen Mehrheit gewählt, die ich vorhin
mitgeteilt habe.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das kann doch wohl nicht wahr sein!)


Nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes ist die Mehrheit von
312 Stimmen erforderlich. Diese hat der Kollege
Nešković nicht erreicht.

Wir setzen die Debatte fort.

Das Wort hat der Kollege Dr. Christian Ruck.


(Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE] begibt sich zum Präsidium)


– Das machen wir dann sofort anschließend. Dann fah-
ren wir mit möglichen Geschäftsordnungsüberlegungen
fort.

Der Kollege Christian Ruck hat nun das Wort. Bitte
schön.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1701201700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gysi,

ich fand Ihre Ausführungen nicht nur platt und konfus,
Sie sind auch erstaunlich wenig informiert, wenn es um
bestimmte Details geht. Zum Beispiel ist die Diskussion
über den Urwald in Ecuador, die wirklich stattgefunden
hat, vollkommen an Ihnen vorbeigegangen, und auch mit
den letzten Beschlüssen des EU-Rates sind Sie nicht
wirklich vertraut. Ich kann mir den Hinweis nicht ver-
kneifen, dass bei jeder Klimadebatte zunächst einmal die
klimapolitischen Altlasten des real existierenden Sozia-
lismus ausgeräumt werden mussten. Da hatten wir eini-
ges zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Einen Tag vor dem Ende der Kopenhagener Konfe-
renz ist es in der Tat noch nicht klar, ob wir zu einem
Abschluss kommen. Der Erfolg steht auf Messers
Schneide. Es sind noch dicke Bretter zu bohren. Ich
möchte die dänische Präsidentschaft ausdrücklich bitten,
die Flinte nicht zum falschen Zeitpunkt ins Korn zu wer-
fen, sondern alles zu tun, damit dieses Treffen der Staats-
und Regierungschefs in seiner entscheidenden Phase
doch noch ein Erfolg wird.

Wir wünschen unserer Kanzlerin viel Fortune dabei,
die Steine in gewohnter Erfolgsmanier aus dem Weg zu
räumen. Wir haben mit unserer Delegation in Kopenha-
gen gespürt, wie sehr die Hoffnungen in Kopenhagen

a
s
w
p

K
h
u
E
d
t

m
s
G
l
l
l
d
1
D

K
n
w
W
b
l
v
z
H
k
z
m
t
d
D
3
w
n
u
d
e

d
i
z
C
z
c
w
d
ß

l
A
U1) Namensverzeichnis der Teilnehmer der Wahl siehe Anlage 7

(C (D uf Ihnen ruhen, Frau Bundeskanzlerin, und wir wünchen Ihnen viel Erfolg. Aber den Erfolg müssen alle ollen, nicht nur die Deutschen und nicht nur die Euroäer. Die EU ist zweifellos Vorreiter in den Kopenhagener limaschutzverhandlungen. Die EU hat die weitestgeenden Vorschläge gemacht, die konkretesten Zahlen nd auch die deutlichste Bereitschaft für eine politische inigung vorgelegt. Wenn alle so mitziehen würden, ann könnten wir schon heute viel weiter sein, als wir es atsächlich sind. Deutschland hat weltweit die anspruchsvollsten Kliaziele, nämlich eine Senkung der Treibhausgasemis ionen um 40 Prozent bis 2020, vorgelegt, und, Herr ysi, auch konkrete Sofortmaßnahmen für die Entwick ungsländer zwischen 2010 und 2013, nämlich zusätzich 1,2 Milliarden Euro von Deutschland und 7,2 Miliarden Euro von der gesamten Europäischen Union. In er EU wurden auch konkrete Hilfen in Form eines 00-Milliarden-Pakets bis zum Jahr 2020 vereinbart. as scheint an Ihnen bisher vorbeigegangen zu sein. Ich möchte auf die unselige Diskussion „Armut gegen lima“ eingehen. Für Entwicklungspolitiker – auch icht für die der letzten Großen Koalition, die in der Enticklungspolitik nicht ganz erfolglos war – ist folgende ahrheit nichts Neues: Klimaschutz und Armuts ekämpfung sind zwei Seiten einer Medaille. Es ist völig unsinnig, irgendwelche Zahlen wie eine Monstranz or sich herzutragen und das eine gegen das andere aususpielen. Die Wahrheit ist, dass man die notwendige ilfestellung für Entwicklungsländer, um Armut zu beämpfen und Klimaschutz in den Entwicklungsländern u betreiben, bereitstellen muss. Man muss auch seriös it der Frage umgehen: Wie viel Geld ist überhaupt nö ig? Herr Kelber, in dieser Frage ging es in Kopenhagen runter und drüber. Das haben auch die Mitglieder Ihrer elegation festgestellt. Chávez und andere sagen: 00 Milliarden pro Jahr ab 2020. Andere gehen noch eiter. Ich glaube, wir sollten uns auf dieses postkoloiale Spiel nicht einlassen. Wir stehen zur ODA-Quote, nd wir stehen zum Klimaschutz; aber wir sind dagegen, ass man immer wieder den Versuch unternimmt, das ine gegen das andere auszuspielen. Was wir brauchen, ist eine realistische Einschätzung es Finanzbedarfs. Das ist schwierig. Auch für Fachleute st es schwierig, den Finanzbedarf für 2020 einzuschäten. Ich möchte davor warnen, Musterdemokraten wie hávez oder der sudanesischen Regierung auf den Leim u gehen. Ich glaube, das bringt nichts. Was wir brauhen, sind Verhandlungspartner, die verantwortungsbeusst sind, auch in den Entwicklungsländern. Natürlich ürfen wir uns den notwendigen Hilfen nicht verschlieen. Ich möchte Ihnen einmal vorlesen, was Ihr Noch-Kolege Verheugen gesagt hat – er hat in einer realistischen bwägung die EU vor zu hohen Verpflichtungen beim N-Gipfel gewarnt –: 916 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Dr. Christian Ruck Die EU darf nicht durch ihre Vorreiterrolle beim Klimaschutz die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zerstören und sie zwingen, in andere Teile der Welt auszuwandern. Sie sollten sich einmal mit Ihren eigenen Leuten beschäftigen, auch mit Kanzler Schröder bei Gazprom. (Ulrich Kelber [SPD]: Wir haben ihm widersprochen! Widersprechen Sie Herrn Niebel!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(A) )


(B) )


(Ulrich Kelber [SPD]: Da hat er unrecht!)


– Das nehme ich zur Kenntnis. Ich habe keinen Grund,
Herrn Niebel zu widersprechen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist der Unterschied!)


Warum soll ich ihm widersprechen, nachdem er mit
China eine neue Zusammenarbeit in Sachen Klima-
schutz vereinbart hat?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701201800

Herr Kollege Ruck, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Hoppe?


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1701201900

Gut.


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701202000

Lieber Herr Kollege Ruck, ich stimme Ihnen völlig

zu: Entwicklungszusammenarbeit und Klimaschutz
müssen zusammengeführt werden; eine gute Entwick-
lungszusammenarbeit ist gleichzeitig immer auch Kli-
maschutz. Hier geht es aber um die finanziellen Ver-
pflichtungen. Ich möchte Sie um Klarheit bitten: Wir
brauchen eine klare Auskunft, ob die Gelder, die bei den
Klimaverhandlungen in Kopenhagen jetzt für den inter-
nationalen Klimaschutz zuzusagen sind, die ab 2013 ver-
pflichtend werden, auf die ODA-Quote, die Teil der Mil-
lenniumsziele ist, angerechnet werden sollen. Ja oder
nein?


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1701202100

Herr Hoppe, Sie kennen meine diesbezügliche Mei-

nung. Ich wiederhole sie gerne noch einmal: Zuerst
erfüllen wir die ODA-Quote mit all dem, was für die
Entwicklungsländer notwendig ist; das bedeutet Armuts-
bekämpfung, Umweltschutz und Klimaschutz. Ich sehe
keinen Grund, angesichts der Finanzmittel, die wir bis
zur Erreichung der ODA-Quote noch aufwachsen lassen
müssen, schon jetzt zu sagen: Hinzu kommen die Klima-
schutzmittel. Dafür sehe ich keinen Grund.

Ich sage noch einmal: Wenn die ODA-Mittel für ei-
nen wirksamen Klimaschutz in den Entwicklungslän-
dern nicht ausreichen, dann müssen wir natürlich die
entsprechenden Mittel nachlegen. Aber warten Sie doch
erst einmal ab, wie weit wir kommen. Ich habe Ihnen ge-
rade gesagt – ich glaube, das ist auch Ihre Meinung –:
Die Bandbreite der Vorstellungen, was für den Klima-
schutz in den Entwicklungsländern ab 2020 notwendig
ist, ist so groß, dass wir erst einmal seriöse Zahlen und
Forschungsergebnisse brauchen; denn sonst können wir

d
D
t

S
E
K
s
a
f
d
d
s
K
v
l

a
t
d
d
r
d
S

a
i
g
S
h
P
s
u
g
d

n
u
F
d

a
w

d
j
w
K
s

g
v
2
u

(C (D as jetzt, mehr als zehn Jahre vor 2020, nicht sagen. azu stehe ich. Ich glaube, das ist eine vernünftige Poli ik, auch im Sinne der deutschen Steuerzahler. Meine Damen und Herren, zum Stichwort „deutscher teuerzahler“ ist auch zu sagen: Wir können die ntwicklungsländer nicht aus einem transparenten ontrollverfahren entlassen. Ich hoffe, auch dabei timmen Sie mir zu. Der Finanzbedarf ist das eine, aber uch eine effiziente Anlage der Gelder ist Verpflichtung ür uns. Es geht darum, die deutschen Steuergelder orentlich zu verwalten. Deswegen müssen wir gegenüber en Entwicklungsund den Schwellenländern darauf betehen, dass es einen ordentlichen und transparenten ontrollmechanismus gibt. Auch das muss als Signal on hier nach Kopenhagen gehen; denn auch diesbezügich hakt es deutlich. Es muss noch ein anderes Signal geben – ich glaube, uch dabei sind wir uns einig –: Eine der kostengünstigsen und wichtigsten Methoden, CO2-Emissionen zu reuzieren, ist ein effizienter Waldschutz, gerade auch in en Entwicklungsländern. Auch hierum wird heftig geungen; aber ich glaube, wir haben auch diesbezüglich in en letzten Jahren mit unseren Haushalten deutliche ignale gesetzt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist schon ngesprochen worden: Wir werden keinen Erfolg, weder n Kopenhagen noch überhaupt, mit unserer langfristien Klimaschutzpolitik haben ohne Einbeziehung der chwellenländer und ohne Einbeziehung der USA. Wir aben uns mit einer Delegation aus dem brasilianischen arlament getroffen. Wir alle waren beeindruckt, wie ehr die brasilianischen Parlamentarier Signale setzen nd voranschreiten wollen mit ihrer Forderung an die eiene Reduktionspolitik. Da können sich sowohl die Iner als auch die Chinesen eine Scheibe abschneiden. An China gerichtet möchte ich auch sagen: Man kann icht auf der einen Seite mit seiner Armut kokettieren nd auf der anderen Seite Weltmachtansprüche stellen. ür eine Weltmacht, wie es China zweifellos ist, ist jetzt ie Zeit, Verantwortung für das Klima zu übernehmen. Aus diesen Gründen möchte ich sowohl an China als uch an Indien appellieren, diese Ansprüche in Verantortung umzusetzen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Zuruf von der SPD: Das stimmt!)


Das Gleiche gilt für die USA. Wer in anderen Teilen
er Welt Führungsverantwortung beansprucht, muss
etzt auch in der Klimafrage Führung übernehmen. Des-
egen hoffe ich, dass der amerikanische Präsident in
openhagen tatsächlich Führungsverantwortung bei die-

er Schicksalsfrage übernimmt.

Klimapolitik bietet für die Export- und Technolo-
ienation Deutschland eine Chance für ein qualitati-
es Wachstum. Umwelt ist die Wachstumsbranche des
1. Jahrhunderts. Das sehen übrigens auch die Chinesen
nd Inder so; das war ein deutliches Zeichen in unseren

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 917


(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck
Gesprächen in Kopenhagen. Ganz besonders diese bei-
den Länder sind bereit, mit uns, mit unseren Firmen, mit
unserer Wirtschaft, mit unserer Technologie, zusammen-
zuarbeiten. Hier ist Offensive angesagt.

Frau Bundeskanzlerin, die Mehrheit dieses Hauses
und alle wirklichen Klimaschützer drücken Ihnen für
Ihre Mission in Kopenhagen die Daumen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701202200

Das Wort hat nun die Kollegin Renate Künast, Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701202300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bun-

deskanzlerin! Herr Ruck, ich glaube, Sie haben uns mit
Ihrer Rede und Ihrer Gesundbeterei fast an die Grenze
des Einschlafens gebracht.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ach, Frau Künast!)


Das ist angesichts dieses Themas schade.

Da wir gerade über den Ticker erfahren, dass Regie-
rungskreise in Dänemark sagen, die dänische Regierung
habe das Ziel eines umfassenden Abkommens mögli-
cherweise schon aufgegeben, will ich eines zur Debatte
hier sagen: Ich glaube, allen voran Sie, Frau Bundes-
kanzlerin, haben die Bedeutung von Kopenhagen nicht
wirklich und wahrhaftig verstanden. Kopenhagen ist
nicht nur die wichtigste Wirtschaftskonferenz, wo man
die alten Lobbyisten befriedigen muss, damit es ein Wei-
ter-so gibt und keine Wettbewerbsregeln, die hier, aber
nicht anderswo gelten, sondern Kopenhagen ist vor al-
lem die wichtigste Klima- und internationale Gerechtig-
keitskonferenz. Das ist das Größte. Was Deutschland
und die Europäische Union bisher vorgelegt haben, wird
dem nicht annähernd gerecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Da darf es nicht wie in dem üblichen globalen Ver-
handlungszirkus zugehen, in dem man, bis man in der
letzten Nacht nachgibt, immer sagt, man bewege sich
nicht, in dem die reichen Länder ihre Privilegien bis zur
letzten Nacht mit Klauen und Zähnen verteidigen. Ich
fordere Sie auf: Machen Sie sich von dieser mentalen
Schwerkraft frei. Begreifen Sie das Ganze als das, was
es ist: die zentrale Gerechtigkeitsfrage für die, die
schon heute existenziell unter dem Klimawandel leiden.
Darin liegt auch eine zentrale Chance für uns, die wir
noch nicht so viel leiden; denn wir haben die Möglich-
keit, einen wirtschaftlichen Aufbruch statt einen wirt-
schaftlichen Niedergang zu organisieren. Das ist Kopen-
hagen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Dieses Geziehe und
Gezerre geht mir auf die Nerven. Außerdem läuft Ihr

N
n
l
b
l
t

F
h
S
i

v
W
g
k
g
E
L
d
g
W
C
k
h

e
S
U
b
f
B
e

m
l
m
Z
a
4
a
b
W
z
b
A
n
S
u
d
g
f

(C (D orbert Röttgen wie der Malermeister der CDU mit eiem großen Eimer Farbe durch das Land und tüncht ales grün. Immer wieder heißt es, wir müssten anders leen. Ich fordere Sie auf: Fangen Sie doch an, anders zu eben, anders zu wohnen, anders zu produzieren und zu ransportieren! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


angen Sie in Kopenhagen damit an! Sagen Sie: Kopen-
agen ist für uns die Chance, endlich den notwendigen
trukturwandel der deutschen Wirtschaft, die geprägt
st von Überkapazitäten und Stellenabbau, einzuleiten.

Es ist so, dass nicht nur der Klimawandel bedrohlich
oranschreitet, sondern dass es gleichzeitig auch einen
ahnsinnsschub bei der Energietechnologieentwicklung

ibt. Ich glaube, hier haben wir ökonomische Möglich-
eiten. Wenn ich als Grüne dies zu begründen hätte – ab-
esehen vom Klimawandel und den Menschen, deren
xistenz bedroht ist und die leiden –, würde ich sagen:
ösen wir in Deutschland, wir als Deutsche in und mit
er Europäischen Union durch ein ganz gezieltes Erbrin-
en von Vorleistungen und durch Voranschreiten einen
ettbewerbsdruck auf andere aus, statt immer zu sagen:
hina oder Obama haben sich noch nicht bewegt. – Wir
önnten vorne sein, Arbeitsplätze schaffen und den Rest
inter uns herziehen, statt eine Schnecke zu sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Seien wir ein Leitmarkt! Sagen wir doch: Wir wollen
ine Europäische Union der erneuerbaren Energien. –
teigern wir unsere Produktivität durch den intelligenten
mgang mit Energie statt durch Lohndrückerei! Betrei-
en wir Kostenreduktion zu unserem eigenen Vorteil und
ür den Klimaschutz! Das wäre sinnvoll. Davon, Frau
undeskanzlerin, habe ich von Ihnen aber kein einziges
ngagiertes Wort gehört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich formuliere es einmal so: Ich habe von Ihnen kein
itleidendes Wort gehört über die Sorgen der Entwick-

ungsländer, die Sorgen Afrikas, die Sorgen der Länder
it großen Küstenregionen und der Inseln. Das 2-Grad-
iel ist für Afrika eine Zumutung. Für Afrika heißt das
llgemeine 2-Grad-Ziel, dass es dort um ungefähr
Grad wärmer wird. Das führt dazu, dass sich nicht be-

ckerbares Land, Dürren und Hunger weiter massiv aus-
reiten. Trotzdem stellen Sie sich hier hin und sagen:
ir sind bereit, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Pro-

ent zu senken, aber erst dann, wenn sich auch andere
ewegen. – In Afrika kann sich keiner bewegen, und den
frikanern kann man nicht sagen: China bewegt sich
icht, deshalb bewegen auch wir uns nicht. – Bedenken
ie den Zusammenhang zwischen Klimagerechtigkeit
nd Wirtschaft! Bewegen wir uns endlich! Seien wir
as Land, das den Wettbewerb um Effizienz und intelli-
ente neue Lösungen antreibt, und profitieren wir not-
alls sogar selbst davon!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


918 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Renate Künast
Ich habe in den letzten Tagen an Michail Gorbatschow
gedacht. Ich weiß nicht, ob Sie alle noch in Erinnerung
haben, wie die Situation 1989 war – was damals erreicht
wurde, kommt manch einem heute ja selbstverständlich
vor –: 1989 lebten wir immer noch in einer Blockkon-
frontation. Alles, was sich damals ereignete, zum Bei-
spiel im heutigen Tschechien, insbesondere in Prag, oder
an der ungarischen Grenze, hat uns richtig ins Herz ge-
troffen. Jede und jeder von uns hatte Angst, dass zur
Waffe gegriffen wird. Das gesamte Denken war damals
von den zwei großen Blöcken und Systemen dominiert.
Immer wieder traf es am Eisernen Vorhang aufeinander
und hat sich in alten Kategorien bewegt.

Michail Gorbatschow hat vor dem Fall der Mauer das
Bild vom gemeinsamen europäischen Haus benutzt. Ich
will dieses Bild weiterentwickeln. Dass wir den Klima-
wandel aufhalten, ist von solch existenzieller Bedeutung
und ungefähr so beachtlich wie der Fall der Mauer, mit
dem die Blockkonfrontation beendet wurde. So müssen
wir an dieses Thema herangehen. Wir müssen sagen:
Auf der einen Erde, die wir haben, wollen wir ein ge-
meinsames Haus bauen. Dabei darf nicht gezockt wer-
den, dabei sind keine Bedingungen zu stellen, und dabei
ist keine Zurückhaltung zu üben. Es darf auch nicht da-
rum gehen, Brosamen vom Tisch der Reichen zu bekom-
men. Frau Merkel, ich will, dass Deutschland sagt: Wir
werden anders wirtschaften, und wir werden den ande-
ren bei ihrer Entwicklung helfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Frau Merkel, Sie sagen, es macht Sie nervös, ob das
alles wirklich zu schaffen ist. Meines Erachtens ist die
Wahrheit: Sie sind Teil der mentalen Schwerkraft, die
gerade bleiern über Kopenhagen liegt.

Schauen wir uns die beiden Hauptstränge der Ver-
handlungen einmal an: Das eine sind die Reduktions-
ziele, die die Industrieländer anbieten, das andere sind
die Finanzhilfen, um globale Gerechtigkeit zu schaffen.
Bei den Reduktionszielen frage ich mich: Wie kommt
Herr Röttgen eigentlich dazu, mit Grandezza Obama und
die USA zu kritisieren? Natürlich kann man sagen:
Stimmt, die machen zu wenig. – Aber Hochmut kommt
vor dem Fall. Wenn die USA Geld in die technologische
Entwicklung investieren, wird das in einer Größenord-
nung losgehen, dass Sie in einem Jahr hier stehen und
tränenden Auges danach fragen: Wo sind denn die deut-
schen technologischen Entwicklungen? – Halten Sie sich
nicht damit auf, andere zu beschimpfen! Sorgen Sie lie-
ber dafür, dass die Europäische Union selber das Kioto-
Ziel erreicht; denn davon ist auch sie noch weit entfernt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Frau Merkel, Sie haben in Meseberg große Ziele an-
gekündigt. Sie haben im September 2007 gesagt: Wir
richten unsere Energie- und Klimapolitik neu aus. Sie
haben ein Paket von Maßnahmen entwickelt, die jetzt
Schritt für Schritt umgesetzt werden sollen. Ich weiß
nicht, ob Sie dieses Paket noch nicht aufgegeben haben

o
h

V
b
k

W
b
n
d
m
c
b
b
v
s
v
s
n
b
m
e
b
t
d
m

h
k
b

a
b
d
h
l

S
l
m
h
t
w
G
l

(C (D der ob die Deutsche Bundespost wieder einmal versagt at. (Birgit Homburger [FDP]: Deutsche Post AG! – Jörg van Essen [FDP]: Die Deutsche Bundespost gibt es schon seit Jahrzehnten nicht mehr!)


on dem Paket, das Sie angekündigt haben, ist jedenfalls
is jetzt keine einzige Maßnahme in der Realität ange-
ommen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Außerdem sind das alles Peanuts, Frau Merkel. Das
ärmegesetz ist ein schlafender Riese. Vor kurzem ha-

en Sie gesagt, man solle sich nicht ständig um die Aus-
ahmen kümmern, die es gibt, die Gebäudesanierung sei
er viel größere Teil. Dann fangen Sie doch einmal an
it der Gebäudesanierung! Dachdämmung? Gestri-

hen. Nachtspeicherheizungen sollen bleiben. Die Ge-
äudeenergieausweise sind eine Farce. Sie haben sich
eim Thema Energieeffizienz in die Situation manö-
riert, dass eine Richtlinie, die 2008 umgesetzt sein
ollte, bis heute nicht umgesetzt ist. Im Verkehrsbereich
ertreten Sie wie die Grottenolme die alten, leistungs-
tarken Autos, aber nicht Autos, die heute und morgen
och gekauft werden. Ja, wir haben Kurzarbeit, Kurzar-
eit, Kurzarbeit. Das kommt aber nicht von ungefähr,
eine Herren. Die Krönung ist, dass Sie bei der Frage

iner Energiepolitik in Deutschland bis Oktober 2010
lankziehen. Ihre Methode hindert große und kleine Un-
ernehmen in Deutschland momentan daran, in eine an-
ere Energiepolitik zu investieren. Das ist der Maler-
eister Röttgen, das ist die Bundeskanzlerin.

In NRW wollen Sie den Klimaschutz aus dem Gesetz
erausstreichen, damit Sie in Datteln ein neues Kohle-
raftwerk bauen können. Das ist keine Glaubwürdigkeit
eim Thema Klimaschutz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bauen wir doch das gemeinsame Haus auf! Hören wir
uf, auf Kosten anderer zu leben. Dazu, sage ich Ihnen,
rauchen wir nicht nur ein Bekenntnis zur Reduzierung
es CO2-Ausstoßes. Wir brauchen einen zweiten Ver-
andlungsstrang: dass die historischen Verursacher end-
ich Verantwortung übernehmen.

8,5 Milliarden Euro machen Sie mal eben locker als
teuergeschenke für Hotels und Erben; aber nur 2,4 Mil-

iarden Euro wollen Sie geben, um den Ärmsten der Ar-
en, die existenziell unter dem Klimawandel leiden, zu

elfen. Meine Damen und Herren, als Vertreter der größ-
en Volkswirtschaft in der Europäischen Union sollten
ir sagen: Wir toppen das, wir geben unhängig von der
esamtsumme, die zustande kommt, mindestens 10 Mil-

iarden Euro.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701202400

Frau Kollegin – –

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 919


(A) )



(B) )


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701202500

Mein letzter Satz: Wir werden Sie an dem C im Na-

men Ihrer Partei messen. Wir werden nicht zulassen,
dass uns Herr Niebel in einer Vernebelungstaktik vor-
rechnen will, dass wir die ODA-Quote von 0,7 Prozent
des BIP durch Klimaschutzmaßnahmen erfüllt hätten.

Wir sind die Verursacher des Klimawandels. In Ko-
penhagen geht es um das Gemeinsame. Sperren Sie die
armen Länder nicht aus! Gehen Sie endlich in Vorleis-
tung und fangen Sie mit der ökologischen Modernisie-
rung in Deutschland an.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701202600

Michael Link ist der nächste Redner für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Michael Link (FDP):
Rede ID: ID1701202700

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Durch die

Tatsache, dass es in der heutigen Debatte um zwei The-
men geht, nämlich um den Europäischen Rat und um
den Klimagipfel, wird nicht nur die kalendarische Zufäl-
ligkeit gezeigt, dass beide Termine übereinstimmen, son-
dern werden wir auch darauf hingewiesen, dass wir über
beide Themen in der Regel erst dann reden, wenn es
nicht klappt.

Beim Klimaschutz ist das offensichtlich, aber auch
mit der EU, mit Europa, beschäftigen wir uns immer
dann wesentlich mehr, wenn wir Probleme haben, wenn
wir in der EU einen Dissens haben und wenn es uns erst
nach sehr langen Debatten gelungen ist, tatsächlich Ver-
träge in Kraft zu setzen, wie das mit dem Vertrag von
Lissabon der Fall ist. Die FDP begrüßt das Inkraft-
treten des Vertrages von Lissabon, wodurch die EU
demokratischer und funktionsfähiger wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Kollege Gysi, ich bin wirklich überrascht, dass
Sie hier und heute kein einziges Wort zu Europa und nur
etwas zum Klima gesagt haben. Das ist zwar ein wichti-
ges Thema, aber Sie haben kein einziges Wort zu Europa
und zu diesem Vertrag gesagt, der in Kraft getreten ist.


(Ulrich Kelber [SPD]: Warten Sie doch einmal ab!)


Kollegin Künast, Sie sind Vertreterin – das kann ich
nun wirklich sagen – einer überzeugten europäischen
Partei, aber auch von Ihnen hätten wir uns gewünscht,
dass Sie ein Wort dazu sagen, wie wir nach den Vorstel-
lungen der grünen Fraktion mit diesen Regeln in Zukunft
im Hohen Hause gemeinsam umgehen;


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


denn in der Tat: An der Art und Weise, wie wir hier im
Bundestag miteinander umgehen und intern Fragen der

e
d

d
d
d
v
t
s
d
a
n
f
d
V
a

i
g
d

D
t
M
b
k
w
f

w
A
d
B
b
u
v
R

R
s
l
d
t
f
b
o
e

z
P
d
g
n
w
d
s
c

(C (D uropäischen Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit iskutieren, muss sich vieles ändern. Manche werden sich erinnern: Der Bundestagspräsient hat in der Rede nach seinem Amtsantritt genau auf iese Frage Bezug genommen, nämlich darauf, wie wir amit umgehen, dass wir durch das Urteil des Bundeserfassungsgerichts vom 30. Juni 2009, durch den Verrag selber und natürlich vor allem durch das Grundgeetz in die Pflicht genommen werden, an der Gestaltung er europäischen Politik mitzuwirken. Daran müssen wir rbeiten. Ich glaube, es ist das große Ziel der Kolleginen und Kollegen im Europaausschuss, im Ausschuss ür Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, in en Fachausschüssen und überall sonst, dass wir unsere erfahren im nächsten Jahr so anpassen, dass wir das uch schaffen. Dass wir dabei an die Wichtigkeit der Subsidiarität ernnern, heißt nicht, dass wir ein Europa der Abgrenzunen wollen. Wir wollen kein Europa der Abgrenzungen, er Opt-outs und der Schutzklauseln. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as ist auch unsere klare Linie bei den anstehenden Bei-
rittsverhandlungen mit Mazedonien und Island. Eine

itgliedschaft à la carte und eine Mitgliedschaft mit Ra-
att kann es nicht geben. Wir wollen aber sehr wohl eine
lare Kompetenzabgrenzung. Ich glaube, hier müssen
ir, wie gesagt, intern noch gemeinsam an unseren Ver-

ahren arbeiten.

Der Vertrag von Lissabon ist nicht der große Wurf,
ie es frühere große Verträge waren. An Maastricht und
msterdam sei erinnert. Diese enthielten jeweils große,
eutliche, weitere Visionen und Fortentwicklungen.
eim Vertrag von Maastricht war es der Binnenmarkt,
eim Vertrag von Amsterdam war es die Wirtschafts-
nd Währungsunion – die Vollendung – und natürlich
or allem auch die Weiterentwicklung und Stärkung der
echte des Europäischen Parlaments.

Immerhin: Für Letzteres, für die Stärkung der
echte des Europäischen Parlaments, bringt der Lis-

abon-Vertrag einiges. Vielleicht ist jetzt aber auch wirk-
ich nicht die Zeit für große Visionen; denn davon haben
ie Bürgerinnen und Bürger in der Tat genug. Sie erwar-
en, dass wir handeln. Dazu steht die FDP-Bundestags-
raktion nach den neuen Regeln des Lissabon-Vertrages
ereit. Wir freuen uns, dass die Bundesregierung ganz
ffensiv darangeht. Wir werden sie auch weiterhin daran
rinnern.

Vielleicht noch eine Bitte: Es wäre schön, wenn wir
u einer alten Tradition zurückkommen würden – Herr
räsident, ich komme zum Schluss –, nämlich zu der,
ass wir vor oder nach jedem Europäischen Rat eine Re-
ierungserklärung hören. Dann haben wir nämlich auch
icht das gleiche Problem wie heute, da verständlicher-
eise viele Themen geballt behandelt werden. Ich
enke, Europa verdient es, dass wir bei jedem Europäi-
chen Rat eine Regierungserklärung zu dem entspre-
henden Thema hören.

920 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Michael Link (Heilbronn)

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701202800

Nächster Redner ist der Kollege Axel Schäfer für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1701202900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Bundeskanzlerin hat gesagt, dass mit dem Lissa-
bon-Vertrag eine neue, verbesserte Grundlage für die EU
geschaffen worden ist. Sehr richtig! Es muss aber auch
deutlich gesagt werden: Jetzt wird es auf uns hier im
Deutschen Bundestag ankommen, dass wir diesen Ver-
trag mit Leben erfüllen und dass wir ihn in jedem einzel-
nen Bereich der europäischen Politik, in dem wir uns als
Deutsche positionieren, im Geiste der EU und buchsta-
bengetreu – auf Punkt und Komma genau – umsetzen.


(Beifall bei der SPD)


Frau Bundeskanzlerin hat mit einem interessanten
Versprecher begonnen. Sie hat gesagt: Die Bundesregie-
rung hat dazu die Rechte des Deutschen Bundestages ge-
setzlich verankert. – Bei allem Respekt: Die Verbesse-
rung der Rechte des Deutschen Bundestages durch
das entsprechende Begleitgesetz, das Integrationsverant-
wortungsgesetz, haben wir erkämpft. Wir haben das
– auch das muss man als Erfolg bezeichnen – in einem
großen Einvernehmen in diesem Hause nicht mit allen,
aber doch mit den meisten hinbekommen. Das ist ein Er-
folg für dieses Haus.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Mit Karlsruhe!)


Der Lissabon-Vertrag ist seit dem 1. Dezember in
Kraft. Richten wir den Blick darauf, wie die bisherige
Umsetzung läuft.

Da muss man mit dem neuen Präsidenten, der Außen-
ministerin, der Hohen Beauftragten, und dem deutschen
EU-Kommissar beginnen. Das, was wir dort präsentiert
bekommen haben, ist nicht die beste, sondern höchstens
die erstbeste Lösung. Bei den Kandidatinnen und Kandi-
daten haben der Rat und auch Deutschland keinen Mut,
sondern nur Kleinmut gezeigt. Man hat nicht einmal auf
die guten Kräfte zurückgegriffen, die es in der christde-
mokratischen Parteifamilie gibt. Das war kein guter Start
für die neue Kommission und die neue Spitze in der EU.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben gestern in einem Gespräch den designier-
ten EU-Kommissar Oettinger befragen können. Das war
wichtig. Ich hoffe in diesem Zusammenhang, dass wir
nicht nur davon reden, in der Europäischen Union von-
einander zu lernen und bestimmte Punkte weiterzuentwi-
ckeln. Es wäre besser, dass wir es nicht erst aus der
Presse erfahren, wenn nach dem Rücktritt eines Minis-
ters eine neue Ministerin präsentiert wird, sondern wenn

e
R
E
B

3
d
ü
e
P
m
m
k
ü

d
d
S
g
p

u
m
S
g
f
v
m
W
k

f
w
U
g
h

b
s
M
F
m
I
w

D
E
S
K
w
D
J

(C (D ine Kandidatin vor ihrer Ernennung im Fachausschuss ede und Antwort steht. Das ist ein gutes Verfahren im uropäischen Parlament, von dem wir als Deutscher undestag lernen sollten. Der zweite Punkt ist SWIFT. Da müssen wir schon am 0. November ansetzen. Es war ein Affront gegenüber em Europäischen Parlament, dass am 30. November ber das Abkommen zur Weitergabe von Finanzdaten ntschieden wurde, wohlwissend, dass das Europäische arlament mit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages ehr Rechte bekommen würde. Man hat also dem Parlaent die Rechte, die es ab dem 1. Dezember hätte nutzen önnen, nicht gewährt, indem man am 30. November ber das Abkommen entschieden hat. Das war unfair. Und es war für die Bundesregierung schlecht, dass die eutsche Position nicht deutlich wurde. Denn was die eutsche Position anging, stand die FDP auf der einen eite und die CDU/CSU auf der anderen Seite. Das Erebnis war Enthaltung. Enthaltung ist das Gegenteil von olitischer Gestaltung, wie sich hier gezeigt hat. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt wissen wir, warum ihr euch ständig enthaltet!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der dritte Punkt sind künftige Vertragsänderungen
nd Regierungskonferenzen. Eine Frage betrifft den
öglichen Beitritt Islands. Eine andere Frage ist die
itzzahl des Europäischen Parlaments. Das wird die Na-
elprobe in diesem Hause. Es wird die Nagelprobe da-
ür, dass die Bundesregierung in diesem Punkt offensiv
on sich aus alles unternehmen muss, um Einvernehmen
it dem Hohen Hause herzustellen, statt irgendeinen
eg zu finden, um die Regelung dieser Fragen herumzu-

ommen. Das wird noch ein Kampf.

Wir werden sehr genau darauf achten, wie dieses Ver-
ahren läuft, weil es ein Präjudiz für alles andere ist, was
ir in den nächsten Jahren machen, und weil es um die
msetzung sowohl unserer Regelungen als auch dessen
eht, was uns das Bundesverfassungsgericht aufgegeben
at.


(Beifall bei der SPD)


Was Island angeht, bin ich sehr gespannt, wenn man
edenkt, was im Wahlkampf von der CDU/CSU zu die-
em Thema gekommen ist. Die CDU/CSU vertritt die

einung, wenn Kroatien beitritt, ist erst einmal Schluss.
ür den Beitritt der Türkei gibt es sowieso keine Zustim-
ung, und Serbien will sie auch nicht. Selbst der Beitritt

slands wird infrage gestellt. Wir sind deshalb gespannt,
ie die Linie der Bundesregierung aussieht.

In einem anderen Punkt sind wir noch mehr gespannt.
azu erwarten wir eine klare Aussage bis Januar. Das
uropäische Parlament soll nach einer Vereinbarung der
taats- und Regierungschefs – also einer ganz großen
onstellation – in dieser Legislaturperiode ausnahms-
eise von 736 auf 754 Mitglieder aufgestockt werden.
as bedeutet, dass ein Parlament, das vertragsgemäß im

uni gewählt worden ist, im Dezember eine Änderung

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 921


(A) )



(B) )


Axel Schäfer (Bochum)

seiner Zusammensetzung erfahren soll. Für die SPD
stelle ich dazu fest: Wir halten das staatsrechtlich, euro-
parechtlich und auch grundsätzlich nach unserem Wahl-
verständnis für höchst problematisch, vielleicht sogar
verfassungswidrig. Das wird man noch prüfen müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ihr habt doch zugestimmt!)

Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1701203000

Wir halten es aber in besonderer Weise für inakzepta-
bel, Frau Bundeskanzlerin, dass in dem jetzt vorliegen-
den Entwurf vorgesehen ist, dass die 18 Kolleginnen und
Kollegen entweder durch einen Wahlakt oder durch die
Delegation von Abgeordneten der nationalen Parlamente
ins Amt kommen können. Das ist ein Verstoß gegen un-
sere europäische Verfasstheit. Das ist ein Verstoß gegen
Art. 14 Abs. 3 des EU-Vertrags, der klar festlegt: Die
Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in all-
gemeiner, freier, gleicher, direkter und geheimer Wahl
gewählt und nicht von nationalen Parlamenten delegiert.
Das werden wir hier nicht zulassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen von
FDP, CDU/CSU, Grünen und Linkspartei, dass dies das
gemeinsame Anliegen des Deutschen Bundestages sein
muss. Generationen von Vorvätern und -müttern haben
in diesem Hause von 1951 bis 1976 für die Direktwahl
des Europäischen Parlaments gekämpft. Wir dürfen
jetzt nicht aufgrund dieser makaberen Konstellation fun-
damentale Verfassungsprinzipien aufgeben. Deutschland
darf nicht zulassen, dass es Regelungen in Europa gibt,
die es ermöglichen, dass Abgeordnete nicht direkt von
den Bürgerinnen und Bürgern gewählt werden. Dafür
werden wir einstehen, und daran werden wir Sie messen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701203100

Thomas Bareiß ist der nächste Redner für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Thomas Bareiß (CDU):
Rede ID: ID1701203200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wenn ich diese Debatte verfolge, ist mir wich-
tig, zu Beginn meiner Rede auf Folgendes hinzuweisen:
Obwohl Sie, Frau Künast und Herr Kelber, zwanghaft
versuchen, hier konträre Positionen aufzubauen, gibt es
in der Bevölkerung eine klare Zielsetzung für mehr Kli-
maschutz. Diese klare Zielsetzung für weniger Emissio-
nen und Ressourcenschonung ist vor allen Dingen ein
Verdienst unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel. Da-
für sollten wir heute Morgen noch einmal Danke sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die klare Positionierung in der Bevölkerung, aber
auch in Brüssel und im Europäischen Rat ist von ent-
scheidender Bedeutung. Als wir hier vor zwei Wochen
über die Anträge zu Kopenhagen diskutiert haben, wuss-

t
l
l
ü
U
d
D
g
h
C

R
M
d
1
a
t
v
a
c
d
d
m
w
p

i
V
D
u
C
l
d
J
p
d
s
s
i
G
s
p
u
b
v
w
r
g
k

h
z
l
b
d
s
g
n
k
n
d

(C (D en wir noch nicht, was in den letzten zwei Verhandungstagen geschehen wird bzw. wer sich am Verhandungstisch gegenübersitzen wird. Heute wissen wir, dass ber 130 Staatsund Regierungschefs einschließlich des S-Präsidenten, des chinesischen Regierungschefs und es indischen Ministerpräsidenten dabei sein werden. as ist für mich mehr als ein Hoffnungsschimmer. Ich laube, dass wir in Kopenhagen die einmalige Chance aben, Großartiges zu erreichen. Wir sollten diese hance nutzen. Die Messlatte liegt enorm hoch. Umweltminister öttgen hat – genauso wie unsere Bundeskanzlerin heute orgen – klar und deutlich unterstrichen, dass man nur ann von einem Erfolg sprechen kann, wenn sich alle 92 Teilnehmer – ich unterstreiche: alle 192 Teilnehmer – uf eine Begrenzung der Erderwärmung um höchsens zwei Grad verständigen. Wir brauchen damit nachollziehbare und sanktionierbare Reduktionsziele für lle. Wir brauchen eine faire Lastenverteilung. Wir brauhen auch vergleichbare Wettbewerbsbedingungen in er Welt. Ein Ziel kann noch so ambitioniert sein: Wenn ie Hauptemittenten China, Indien und die USA nicht itziehen, sind alle Ziele, die wir uns stecken, wenig ert. An diesem Anspruch müssen wir uns auch in Koenhagen messen lassen. Lassen Sie mich das verdeutlichen. Der CO2-Ausstoß n Deutschland konnte im Jahr 2008 im Vergleich zum orjahr um rund 10 Millionen Tonnen reduziert werden. azu war eine große Kraftanstrengung notwendig, die ns sehr viel gekostet hat. Gleichzeitig wird aber in hina jede Woche ein neues Kohlekraftwerk gebaut. Al ein das Volumen der zusätzlichen CO2-Emissionen urch diese Kohlekraftwerke in den nächsten zwei ahren entspricht dem kompletten CO2-Ausstoß des Exortweltmeisters Deutschland in einem Jahr. Das vereutlicht, dass China, die USA und Indien mit im Boot ein müssen. Sonst bringen alle Zielsetzungen nichts. Ich age es ganz deutlich: Eine Vorreiterrolle Deutschlands st wichtig, ist vielleicht sogar notwendig, um unsere laubwürdigkeit als Industrienation unter Beweis zu tellen, aber ein Alleingang Deutschlands oder der Euroäischen Union ist schädlich, nicht nur für die Wirtschaft nd für unsere Arbeitsplätze, sondern auch für das gloale Klimaschutzziel. Ich sage nur: Eine Abwanderung on energieintensiven Industrien in Schwellenländer äre nicht in unserem Interesse. Unsere Bundeskanzle in Angela Merkel hat daher völlig zu Recht darauf hinewiesen, dass sich kein Land aus der Pflicht stehlen ann. Klimapolitik ist gerade für Deutschland, das immerin 26 Prozent der Wertschöpfung in der Industrie erielt, in besonderem Maße Wirtschaftsund Industriepoitik. Klimaund Umweltschutz sind aber auch in esonderem Maße Energiepolitik. 40,7 Prozent der urch Menschenhand verursachten Treibhausgasemisionen in Deutschland stammen aus der Energieerzeuung. Deshalb werden wir in den nächsten Monaten gar icht darum herumkommen, ohne ideologische Scheulappen einen klimafreundlichen und ressourcenschoenden Energiemix der Zukunft zu bilden. Dabei werden ie erneuerbaren Energien eine ganz große Rolle spie 922 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Thomas Bareiß len. Wir haben schon heute einen Anteil der Windkraft von 6 Prozent. Das ist ein großer Erfolg der letzten Jahre. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren immer dagegen!)


(A) )


(B) )


Es müssen aber auch effiziente Kohlekraftwerke eine
Rolle spielen. Ebenso muss die CCS-Technologie eine
Rolle spielen, und eine Verlängerung der Laufzeiten von
Kernkraftwerken spielt gerade im Klimaschutz eine he-
rausragende Rolle für uns.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ich dachte, es sei nur eine Brückentechnologie! Jetzt ist es schon eine Zukunftstechnologie! Da müssen Sie sich entscheiden! Entweder – oder!)


Auch wenn wir alles dafür tun wollen – über das Ziel
sind wir uns einig –, einen erheblichen Anteil der Ener-
gieerzeugung in den nächsten 40 Jahren auf erneuerbare
Energien umzustellen, und wenn wir es schaffen, die
Energieeffizienz um jährlich 3 Prozent zu steigern, was
wir anstreben und was ein hohes Ziel ist,


(Ulrich Kelber [SPD]: Das wollen Sie doch gar nicht! Eins zu eins haben Sie gesagt!)


müssen wir auch in den kommenden 30 Jahren – auch
darin sind wir uns einig – die Grundlast unserer Energie-
erzeugung bezahlbar und verlässlich sicherstellen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wie lange sollen die Kernkraftwerke denn laufen?)


Ein Instrument für Klimaschutz ist für mich der Markt
für Emissionszertifikate. Um nicht nur national, son-
dern auch international die Emissionen fair zu bepreisen,
brauchen wir ein globales Handelssystem mit Emis-
sionszertifikaten. Ich weiß, das ist nicht einfach. Aber
auch das ist ein hohes Ziel, und wir müssen das Ziel an-
gehen.

Es gab im Vorfeld viele kritische Stimmen zum Ko-
penhagener Klimakongress. Ich habe die Meinung dieser
kritischen Stimmen nie geteilt. Ich glaube, wir stehen
vor einer einmaligen Chance, auf globaler Ebene ambi-
tionierte und verbindliche Ziele und Abmachungen zu
setzen. Ich denke, wir sollten diese Chance nutzen. Ich
wünsche unserer Bundeskanzlerin dafür viel Erfolg.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701203300

Das Wort hat die Kollegin Dr. Bärbel Kofler für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1701203400

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Innerhalb von 14 Tagen treffen wir uns jetzt zum
zweiten Mal, um über den Klimagipfel in Kopenhagen,
über Maßnahmen und vor allem über die Reduzierung
von CO2 miteinander zu diskutieren. Wir haben bereits

v
h
s
r
h
D
W

W
m
h
c
g
d
z
A
U
n
l
d
d
a

s
w
W
g
r

W
g
d
a

r
R
b
c
d
n
a
d
d

f

S



(C (D or 14 Tagen ehrgeizige Ziele gehört, Vorstellungen geört, die Deutschland einbringen möchte, und wir haben chon vor zwei Wochen gehört, dass es um Finanzieungsfragen geht. Wenn ich mir das heute wieder anöre, dann muss ich sagen: Von der Vorreiterrolle eutschlands in dieser Diskussion ist in den letzten zwei ochen leider wenig bis gar nichts zu sehen gewesen. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


enn man ehrgeizige Ziele für sich und für andere for-
uliert, dann muss man sie auch mit Haushaltsmitteln

interlegen. Wir als SPD-Fraktion haben vor zwei Wo-
hen aus gutem Grund einen Antrag eingebracht, weil wir
enau dieses tun wollten. Wir haben es getan und uns um
ie Finanzierungsfragen des internationalen Klimaschut-
es und der Entwicklungszusammenarbeit gekümmert.
ls Reaktion auf diesen Antrag wurde vonseiten der
nion und der FDP – leider ist der Entwicklungsminister
icht mehr anwesend – eine Verschärfung ihres ursprüng-
ichen Antrages eingebracht, nämlich die zur Erreichung
es 0,7-Prozent-Ziels notwendigen Mittel vollständig auf
ie Mittel zur Bekämpfung und Reduzierung von Armut
nzurechnen.

Wir haben heute gehört, wie viele Milliarden – drei-
tellige Milliardenbeträge! – nötig sind, um den Klima-
andel wirksam bekämpfen zu können. Ich frage Sie:
ie kann man das tun, ohne gleichzeitig den Kampf ge-

en Armut aufzugeben, wie es vonseiten dieser Bundes-
egierung getan wurde?


(Beifall bei der SPD)


as hier passiert, ist eben nicht, wie der Kollege Ruck
esagt hat, das Leisten der notwendigen Hilfe, sondern
as Ausspielen von Armut gegen Klimawandel, nichts
nderes.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Was wir dringend brauchen, ist eine solide Finanzie-
ung sowohl des Kampfes gegen Armut als auch der
eduzierung von CO2 und der Anpassungsmechanismen
ei uns, aber auch weltweit. Die Kritik, dass es eine sol-
he Finanzierung nicht gibt, wird nicht nur von uns, son-
ern auch von unzähligen Nichtregierungsorganisatio-
en geäußert. Kollege Kelber hat bereits den Preis
ngesprochen, den Minister Niebel vor einer Woche be-
auernswerterweise erhalten hat: „fossil of the day“. Ich
arf den Generalsekretär der Welthungerhilfe zitieren
er sieht es so ähnlich, wie wir es in unserem Antrag

ormuliert haben –:

Klimaschutz in armen Ländern ist keine Entwick-
lungshilfe in herkömmlichem Sinn, sondern vor al-
lem die Rückzahlung von Klimaschulden, die die
Industrieländer gemacht haben.

ehr richtig!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Niebel hat leider nicht zugehört!)


Genau wie im Ausschuss.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 923


(A) )



(B) )


Dr. Bärbel Kofler

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Den mögt ihr nicht, nicht wahr?)


Ich hätte am heutigen Tag an dieser Stelle sehr gerne
einige deutliche Worte zur grundsätzlichen Frage der
Finanzierung gehört. Wir haben gehört, was wir über die
EU zur Verfügung stellen werden. Schön, es ist ein An-
fang. Was wir nicht gehört haben, ist, wie die mittel- und
langfristigen Ziele aussehen sollen, und vor allem, was
konkret in den nächsten Haushalt eingestellt werden soll.
Angesichts dessen, was ich gestern in der Presse darüber
erfahren habe, welche Haushaltsmittel, zum Beispiel für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, in
den Haushalt eingestellt werden sollen, muss ich sagen:
Da hat das Verrechnen offensichtlich schon begonnen.
Wir haben es mit einem Haushaltsentwurf zu tun, der
nicht nur mutlos ist, sondern von einem großen Desinte-
resse des Ministers an diesem Ressort zeugt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es ist uns über Jahre regelmäßig gelungen, den Etat
für Entwicklungszusammenarbeit in einer Höhe von
500 Millionen bis 700 Millionen Euro zu steigern. Das
war im Kampf gegen Armut, aber natürlich auch für eine
bessere Gestaltung des Klimawandels richtig und nötig.
Der gestern vorgelegte Haushaltsentwurf mit ganzen
44 Millionen Euro mehr als im vorherigen Haushalt
zeigt doch eines: dass weder Mittel für Armutsbekämp-
fung noch für Klimamaßnahmen zur Verfügung gestellt
werden können. Wo sind diese Mittel? Frau Homburger
hat von 1 Milliarde Euro gesprochen. Diese Mittel sind
weder im Haushalt für Entwicklungszusammenarbeit
noch im Umwelthaushalt. Diese Mittel müssen irgend-
wann einmal veranschlagt werden. Ich wünsche mir,
dass Ihnen das noch bis zu den Haushaltsberatungen im
Januar gelingt. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Ich hätte mir sehr gewünscht, dass hier etwas zu diesen
Finanzierungsfragen gesagt wird, vielleicht noch deutli-
cher, als die Frau Bundeskanzlerin zur Frage der Finanz-
transaktionsteuer gesprochen hat. Selbstverständlich wä-
ren hier eine ganze Menge Mittel für die Entwicklung,
aber auch für den Klimawandel bereitzustellen. Das
Ganze hätte den Charme, dass man die Verursacher welt-
weiter Krisen – sie haben die Entwicklungsländer mit in
die Krise gerissen; die Entwicklungsländer tragen für
diese Krisen in der Regel genauso wenig Verantwortung
wie für die Folgen des Klimawandels; auch da sind sie
nicht die Hauptverursacher – heranzieht und zusätzliches
Geld – im Fachjargon heißt es „fresh money“ – für ver-
nünftige Politik, für Entwicklungszusammenarbeit und
für Klimaschutz zur Verfügung stellen kann.


(Beifall bei der SPD)


Das hätte ich mir vor der Reise nach Kopenhagen ge-
wünscht. In den letzten 14 Tagen ist Vertrauen zerstört
worden; Vertrauen, das wir als Deutsche als Partner der
Entwicklungsländer einmal genossen haben. Diese Ko-
alition hat sich von den ODA-Zielen verabschiedet. Da-
mit ist das Vorhaben, 0,51 Prozent des Bruttonational-
einkommens für Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2010
auszugeben, obsolet. Das 0,7-Prozent-Ziel steht zwar

n
A
n
K
b

e
k
n
c
v
u
M
v
a
m

f

I
k

A
u
d
u
r

d
n
t
P
v
M
V
g
K
e

n
w
e
w
w
I
ß

l

(C (D och im Koalitionsvertrag, aber wohlweislich ohne die ngabe, wann dies erreicht werden soll. Wer solche Sigale aussendet und dann auf der Klimakonferenz in openhagen von anderen Ländern konkrete und belastare Zusagen fordert, der macht sich unglaubwürdig. Sie wären an dieser Stelle gut beraten, korrigierend inzugreifen und sich deutlich zu diesen Zielen zu beennen, und zwar mit belastbaren Zahlen, die andere achvollziehen können. Nur so kann man einen wirklihen Beitrag im Sinne einer vernünftigen Finanzierung on Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels nd zur Bekämpfung von Hunger und Armut leisten. ittel für den Klimaschutz und Mittel zur Bekämpfung on Armut dürfen nicht gegeneinander ausgespielt und uch nicht miteinander verrechnet werden. Für den Kliaschutz bedarf es zusätzlicher Mittel. Danke. Das Wort hat der Kollege Detlef Seif für die Unions raktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! n Köln gilt das Kölner Grundgesetz: Et es, wie et es. Et ütt, wie et kütt. Et es noch immer jot jejange. (Ulrich Kelber [SPD]: Hätt noch immer jot jejange!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701203500

(Beifall bei der CDU/CSU)

Detlef Seif (CDU):
Rede ID: ID1701203600

uch der Herr Westerwelle kennt das. – Meine Damen
nd Herren, man hat den Eindruck, dass so mancher auf
er Klimakonferenz diesen Grundoptimismus anwendet
nd an die Sache nicht mit dem nötigen Nachdruck he-
angeht.

Noch immer behaupten einige Wissenschaftler, dass
ie von den Menschen verursachten CO2-Emissionen
ichts mit dem Klimawandel zu tun haben, und bestrei-
en, dass eine Klimakatastrophe bevorsteht. Mit diesem
roblem müssen wir uns beschäftigen. Wir müssen
orne in der Kette der Ursächlichkeiten beginnen, die im
oment bei den Verhandlungen zu einem Stau führen.
iele Menschen, die wirtschaftliche Interessen verfol-
en, haben ein Interesse daran, dass die Konferenz von
openhagen scheitert. Das muss man zunächst einmal

rkennen.

Für uns als verantwortlich handelnde Politiker kön-
en die Zweifel einiger Wissenschaftler, die diese teil-
eise durch wissenschaftliche Erkenntnisse untermau-

rn können, nicht ausreichen, um zu sagen: Dann lehnen
ir uns zurück, die Mehrheit der Wissenschaftler hat
ohl unrecht. – Es besteht dringender Handlungsbedarf.

ch bin froh, dass insoweit hier in diesem Haus ein gro-
er Konsens besteht.

Die Europäische Union und insbesondere Deutsch-
and haben beim Klimaschutz eine Führungsrolle über-

924 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Detlef Seif
nommen. Der Ansatz der Europäischen Union, den Aus-
stoß von Emissionen um 30 Prozent zu reduzieren, wenn
sich andere Industrieländer ebenfalls dazu verpflichten
und sich auch die Entwicklungsländer daran beteiligen,
hat Vorbildfunktion. Man kann jetzt natürlich sagen: Das
reicht nicht, wir müssen noch etwas nachlegen. Aber die
Kanzlerin hat recht, wenn sie sagt: Selbst wenn die Eu-
ropäische Union die Emissionen auf null senkt, reicht
das noch lange nicht aus. Wir müssen doch gemeinsam
versuchen, das angestrebte Ziel zu erreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Gysi, Sie haben gesagt, als Ziel müsse man an-
streben, den Ausstoß von Emissionen bis 2020 um
40 Prozent zu senken. Sicherlich haben Sie recht:
Grundsätzlich sollte das die EU anstreben. Man muss
kein Prophet sein, um zu sagen, dass die Kanzlerin das
ebenfalls gerne machen würde. Aber Sie müssen doch
auch sehen, dass die Kanzlerin wesentlich daran mitge-
wirkt hat, dass wir in der Europäischen Union so weit
sind, wie wir sind. Das sollte man doch einmal anerken-
nen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aber nicht weit genug!)


Auch zur Forderung, die Mittel zur Soforthilfe für die
Entwicklungsländer von 7,2 Milliarden Euro auf wel-
chen Betrag auch immer zu erhöhen, kann ich nur sagen:
Meine Damen und Herren, wir sind hier nicht auf einem
Basar. Wir müssen mit den Mitteln, die wir im Haushalt
haben, vernünftig umgehen, und wir dürfen kein Geld
verschleudern.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Zunächst einmal müssen Projekte entwickelt werden. Es
muss klar sein, für welche Ziele das Geld eingesetzt
wird.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Hotels!)


Wenn das feststeht, dann kann man darüber reden, die
Mittel zu erhöhen. Dagegen hat niemand etwas.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)


Von einem erfolgreichen Klimaschutzabkommen
kann man letztlich nur sprechen, wenn folgende Voraus-
setzungen erfüllt sind:

Erstens. Jedes Land muss absolute Emissionsreduk-
tionsgrenzen mitteilen. Die Entwicklungsländer müssen
mitteilen, um welchen Prozentsatz sie ihre Emissionen
reduzieren wollen. Was nutzen uns denn Effizienzanga-
ben? Wir wollen doch Ziele erreichen. Wir haben uns bis
2020 bzw. 2050 Ziele gesetzt. Die bloße Aussage, die
Energie effizienter einsetzen zu wollen, reicht nicht;
denn dann haben wir überhaupt keinen Maßstab. Hier
muss China in jedem Fall deutlich nachbessern.

Zweitens. Die beteiligten Staaten müssen den Klima-
schutz engagierter angehen. Ich bin der Meinung, dass
die USA im Moment leider nicht das machen, was im

R
4
A
n
a
v

s
n
g
d
A
r
W
P

r
L
k
k
v

i
H
n
c
H

u
g

s
l
N

W
d
w
i

k
n

(C (D ahmen ihrer Möglichkeiten wäre. Eine Reduktion um Prozent im Vergleich zu 1990 ist nicht ambitioniert. ngesichts einer Pro-Kopf-Emission von über 19 Tonen kann mir niemand sagen, dass man, wenn man da mbitioniert herangeht, die Reduktionsmenge nicht noch ergrößern könnte. Wenn die Staatengemeinschaft jetzt oder zumindest in ich unmittelbar anschließenden Folgeverhandlungen icht die Kurve kriegt, dann wird die Natur zurückschlaen. Die Natur lässt nicht mit sich verhandeln. Ich kann a den Amerikanern nur folgenden Gruß zurufen: Der merican Way of Life kann sehr schnell zu einem Ame ican Way of Death werden. Das muss erkannt werden. ir müssen jetzt handeln und dürfen Lösungen für diese roblematik nicht auf die lange Bank schieben. Drittens. Anerkannte und transparente Messverfahen sind einzusetzen. Es nutzt doch nichts, wenn wir ippenbekenntnisse verkünden. Man muss auch prüfen önnen, was erreicht werden soll. Hierzu liegen bis dato eine vernünftigen Angebote der Entwicklungsländer or. (Ulrich Kelber [SPD]: Stimmt überhaupt nicht!)


Meine Damen und Herren, trotz allem Missmut, den
ch auch bei anderen Themen als Neuling in diesem
ause in den letzten Wochen mitbekommen und ken-
engelernt habe, sollte man immer berücksichtigen, wel-
he internationale Wirkung Äußerungen in diesem
ause haben, dass wir alle an einem Strang ziehen


(Zuruf der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


nd dass die Politik im Ergebnis in die richtige Richtung
eht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Sie werden sich für falsche Maßnahmen schon noch Kritik gefallen lassen müssen!)


Jetzt rede ich auch gerne zu dem, was Frau Künast ge-
agt hat: Frau Künast, ich bin mir sicher, dass Deutsch-
and mit der Bundeskanzlerin und dem Umweltminister
orbert Röttgen bestens aufgestellt ist.


(Ulrich Kelber [SPD]: Jetzt haben Sie aber einen vergessen!)


enn ich eines in den letzten Wochen festgestellt habe,
ann ist das Folgendes: Sie werden immer dann laut, Sie
erden immer dann unsachlich, wenn unser Personal gut

st und wenn unsere Sachpolitik prima ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt übertreiben Sie aber! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe eine Frage: Warum bin ich dann so selten laut?)


Ich jedenfalls kann der Bundeskanzlerin – damit
omme ich auch zum Schluss; ich will ja meine Redezeit
icht überziehen – und ihrem Delegationsteam alles

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 925


(A) )



(B) )


Detlef Seif
Gute wünschen. Ich weiß, wir haben mit ihr, dem Um-
weltminister und dem Delegationsteam genau die Richti-
gen nach Kopenhagen entsandt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701203700

Kollege Seif, das war Ihre erste Rede im Hohen

Hause. Wir gratulieren Ihnen dazu recht herzlich und
wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Arbeit.


(Beifall)


Das Wort hat Kollege Andreas Jung für die Unions-
fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas Jung (CDU):
Rede ID: ID1701203800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist gut, dass die Bundeskanzlerin heute früh, bevor sie
selbst nach Kopenhagen aufbricht, hier im Bundestag
noch einmal eindeutig die deutsche Position in der inter-
nationalen Klimapolitik dargestellt hat. Es ist deutlich
geworden: Es handelt sich um eine ambitionierte Posi-
tion, wir nehmen eine Vorreiterrolle ein. Es ist auch
deutlich geworden: Wir wollen den Erfolg. Sie hat auch
klar gemacht: Erfolg heißt, dass es kein Zurückfallen
hinter die Marke des 2-Grad-Ziels geben darf. Ich
glaube, das ist als Grundlage für diese Verhandlungen
ganz entscheidend.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich finde, es ist auch richtig, dass die Bundeskanzle-
rin wie viele andere Staats- und Regierungschefs selbst
nach Kopenhagen gereist ist, um sich dieses Themas an-
zunehmen. Sie zeigt damit wie ihre Kollegen: Das
Thema ist Chefsache. Bisher – wir haben es in den letz-
ten Tagen erleben können – verhandelt die deutsche De-
legation unter der Führung des Bundesumweltministers
mit einer drängenden Rolle, mit einer Vorreiterrolle, mit
einer konstruktiven Rolle. Das wird in Kopenhagen in
der Breite auch anerkannt.

Die Konferenz – das haben wir heute Morgen den Ti-
ckermeldungen in aller Deutlichkeit entnehmen können –
befindet sich jetzt aber in einer Phase, in der die Ver-
handlungen stocken und es teilweise Blockaden gibt.
Deshalb ist es richtig, dass die Staats- und Regierungs-
chefs den Klimaschutz als internationales Topthema zur
Chefsache machen, indem sie selber an den Verhandlun-
gen mitwirken.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In der Tat ist dieser Einsatz notwendig. Er zeigt, Frau
Künast, dass nicht aufgegeben wird, dass die Flinte nicht
ins Korn geworfen wird. Die Kanzlerin wird auch in Ko-
penhagen deutlich machen, dass Deutschland die Vorrei-
terrolle einnimmt, die Sie einfordern. Sie haben einen
Wettbewerb gefordert, in dem wir vorangehen sollen.
Diesem Wettbewerb stellt sich die Bundesregierung. Sie
wartet nicht ab, welche Reduktionsziele andere auf den

T
u
v
m
s
z

D

a
w
t
n
h
m
g
m
t

P
d
U
l

i
g
r
i

d
d
d
k
d
k

g
f
c
z
C
l
d
i

D
w
s
z
L
v

g

(C (D isch legen. Sie macht ihre Position, wie es Rot-Grün nd die Große Koalition noch gemacht haben, also nicht on dem abhängig, was andere in ein internationales Kliaschutzabkommen einzubringen bereit sind. Vielmehr ind wir bereit, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Proent zu reduzieren, und zwar ohne Wenn und Aber. (Ulrich Kelber [SPD]: Ihre Fraktion hat das in der Großen Koalition abgelehnt! Das gehört zur Ehrlichkeit dazu!)


as zeigt, dass Deutschland seine Vorreiterrolle erfüllt.

Frau Künast, ich wäre fast vom Stuhl gefallen, als
usgerechnet Sie ausgerechnet uns vorgeworfen haben,
ir würden beim Thema Gebäudesanierung zu wenig

un. Ich will daran erinnern, was die Große Koalition,
achdem sie die rot-grüne Regierung abgelöst hat, getan
at: Sie hat die Mittel für die Gebäudesanierung um
ehr als das Dreifache aufgestockt. Das wird jetzt fort-

eführt. Wir machen also bei weitem mehr als Sie da-
als. Damit zeigen wir: Wir setzen uns Ziele und schrei-

en auch bei der Umsetzung offensiv voran.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es ist wahr, dass jetzt die Industriestaaten in der
flicht sind. Deshalb drängen wir darauf – auch die Bun-
eskanzlerin hat das heute früh getan –, dass auch die
SA ihr Angebot aufbessern und einen größeren Beitrag

eisten. Wenn in Kopenhagen überall plakatiert ist:
Welcome to Hopenhagen“, dann sind damit sicherlich
n allererster Linie die Amerikaner und Präsident Obama
emeint; denn die gemeinsame Hoffnung ist darauf ge-
ichtet, dass die USA die Blockade der Bush-Regierung
n der Klimapolitik aufgeben und offensiv vorangehen.

Frau Künast, Sie können sicher sein: Wenn Obama
ie Blockade aufgibt und die USA offensiv vorangehen,
ann werden die Tränen, die fließen, Freudentränen sein;
enn es wird Freude darüber herrschen, dass wir in einen
onstruktiven Wettbewerb mit den USA und anderen um
ie Führungsrolle unter den Industriestaaten eintreten
önnen.

Ich will zum Thema China kommen, das bereits an-
esprochen worden ist. China versucht auf diesem Gip-
el, sich zum Sprachrohr der Armen dieser Welt zu ma-
hen. Ich glaube, diesen Versuch können wir China, das
u einer Wirtschaftsmacht und zum weltweit größten
O2-Emittenten herangewachsen ist, nicht durchgehen

assen. Vielmehr müssen wir, wie es auch die EU tut,
eutlich machen: Auch die Chinesen müssen am Ende
hren Beitrag leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Michael Kauch [FDP])


as ist nicht nur unsere Position, sondern diese Position
ird auch von den ärmsten Entwicklungsländern unter-

tützt, gerade von den Inselstaaten, die gegenüber China
um Ausdruck bringen: Wir spielen in einer anderen
iga, und deshalb müsst ihr euch zu eigenen Beiträgen
erpflichten.

Darauf hinzuwirken, wird die Aufgabe der Bundesre-
ierung, aber auch der Europäischen Union sein. Beson-

926 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Andreas Jung (Konstanz)

ders Deutschland und die Bundeskanzlerin drängen da-
rauf, dass die EU sich verpflichtet, den CO2-Ausstoß ge-
genüber 1990 bis 2020 um 30 Prozent zu verringern. Ich
will deutlich sagen: Für mich ist nicht vorstellbar, dass
wir am Ende dieses Gipfels hinter diese Ankündigung
zurückfallen; denn wir müssen unserer Vorreiterrolle, die
auch die EU für sich beansprucht, gerecht werden.

Ein weiterer Punkt ist die Finanzierung. Vonseiten
der EU und der Bundesregierung gibt es ganz konkrete
Angebote für die kurzfristige Perspektive bis 2012. Es
wurde ganz konkret von der Bundesregierung gesagt und
vom Bundesumweltminister vor Ort bestätigt, dass das
Geld, das dort fließt, zusätzlich obendrauf kommt und
nicht von dem Geld abgezweigt wird, das wir etwa für
die Armutsbekämpfung einsetzen. Das ist die entschei-
dende Botschaft.


(Ulrich Kelber [SPD]: Auch zusätzlich zu den Zusagen?)


Herr Kelber, wenn Sie und andere jetzt sagen, man
muss das 0,7-Prozent-Ziel erfüllen und man muss noch
zusätzliches Geld obendrauf legen, dann verlangen Sie,
dass die neue Bundesregierung in drei Monaten mehr
macht als Ihre Entwicklungshilfeministerin in drei Wahl-
perioden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Nein! Wir haben einen Stufenplan zugesagt! Das wissen Sie auch!)


Diesen Versuch halte ich für unredlich. Sie zünden Ne-
belkerzen und tragen mit diesen falschen Informationen
dazu bei, dass nicht etwa Vertrauen wächst, das wir jetzt
dringend brauchen, sondern dass eher Misstrauen gesät
wird. Damit erweisen Sie dem Klimaschutz mit Sicher-
heit einen Bärendienst.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist eine Pflichtleistung!)


In den nächsten Tagen wird es um Folgendes gehen:
ambitionierte Reduktionsziele und Beiträge für die Fi-
nanzierung, auch langfristige Beiträge, die die EU auf
dem Europäischen Rat in Höhe von 100 Milliarden Euro
bis 2020 gesehen hat. Wenn man sich heute früh die Äu-
ßerungen Äthiopiens anschaut, dann kann man durchaus
eine Bewegung aufeinander zu feststellen. Das macht
uns Hoffnung.

Jetzt geht es darum, gemeinsam hinter der Bundes-
kanzlerin und dem Bundesumweltminister zu stehen.
Wir hoffen auf einen Erfolg des Gipfels in Kopenhagen.
Er darf nicht scheitern.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701203900

Das Wort hat der Kollege Andreas Lämmel für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


H
A
b

S
s
w

I
e
m
w
m
d
3

E
s
R
4

D
d
b

S
D
m

d

r
S
t
s
B
s
v
l
s
c

(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Den Letzten beißen bekanntlich die Hunde. ber der Letzte hat die Möglichkeit, die gesamte Deatte etwas zusammenzufassen. Es war schon sehr interessant, die verschiedenen tandpunkte zu hören. Da gab es die grüne Märchentunde von Frau Künast. Man muss sich schon fragen, arum Sie diese Polemik immer wieder vorbringen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Heute war ich sachlich!)

Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1701204000

ch möchte kurz auf die Regierungszeit von Rot-Grün
ingehen. Frau Künast, Sie sollten sich diese Zahlen ein-
al anhören. In sieben Jahren rot-grüner Regierungszeit
urden die Aufwendungen für die Entwicklungszusam-
enarbeit um 300 Millionen Euro gesenkt, während in

er Zeit der rot-schwarzen Regierung ein Aufwuchs von
,9 auf 5,7 Milliarden Euro zu verzeichnen war.


(Ulrich Kelber [SPD]: „Rot-schwarz“ ist die richtige Reihenfolge!)


in weiterer Punkt, den die SPD geflissentlich ver-
chweigt: Der letzte Haushaltsentwurf der rot-schwarzen
egierung vom Juni wurde an der Stelle um noch einmal
4 Millionen Euro aufgestockt.


(Ulrich Kelber [SPD]: Nein! Nein!)


a kann man doch wirklich nicht davon sprechen, dass
ie Regierung die Ziele der Entwicklungsarbeit aufgege-
en hätte.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Herr Kelber, ich komme jetzt zu Ihnen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Oh ja!)


ie sprachen davon, dass die 420 Millionen Euro, die
eutschland zusätzlich für den Klimaschutz bereitstellen
öchte, Peanuts wären.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701204100

Kollege Lämmel, gestatten Sie eine Zwischenfrage

er Kollegin Koczy?


Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1701204200

Ja, bitte schön.


Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701204300

Herr Kollege Lämmel, weil es jetzt um die Finanzie-

ung der Entwicklungszusammenarbeit geht, möchte ich
ie fragen: Ist Ihnen bekannt, dass Deutschland auch un-

er der Bundeskanzlerin Angela Merkel bereit war, zuzu-
agen, die Entwicklungsgelder auf 0,51 Prozent des
ruttonationaleinkommens im Rahmen des europäi-

chen Stufenplans aufzustocken, und dass Sie mit dieser
on Ihnen angesprochenen Aufstockung um 44 Mil-
ionen Euro weit darunterliegen? Wahrscheinlich werden
tattdessen bis 2010 3 Milliarden Euro in dem entspre-
henden Haushalt fehlen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 927


(A) )



(B) )


Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1701204400

Verehrte Kollegin, mit den Quoten ist es immer so

eine Sache. Für mich ist die Frage der Quantität noch
lange nicht entscheidend für die Qualität.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


– Herr Kelber, wir reden über Steuergeld. Es ist nicht Ihr
Geld, sondern es ist das Geld der Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler in Deutschland.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist eine Zusage Ihrer Kanzlerin gewesen!)


Bundeskanzlerin Merkel regiert immer noch. Das mag
Ihnen zwar nicht gefallen; aber sie wird zu den Zusagen
stehen.

Man muss natürlich sehen, dass auch in Deutschland
und Europa die Haushaltslage aufgrund der Wirtschafts-
und Finanzkrise nicht besser geworden ist. Insofern erin-
nere ich Sie nur an Ihre Regierungszeit. Sie haben die
Mittel immer weiter gesenkt, während wir sie in den
letzten Jahren immer weiter angehoben haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Solange wir dabei waren, schon!)


Herr Kelber, jetzt zu Ihren 420 Millionen Euro, die
zumindest Ihrer Meinung nach Peanuts sind.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist Ihre Wortwahl!)


Auch das ist Steuergeld; das muss man immer wieder sa-
gen. Es muss erst einmal erwirtschaftet und erarbeitet
werden, bevor wir mit einem lausigen Federstrich
420 Millionen Euro zusätzlich ausgeben können.

Außerdem ist es scheinheilig, was Sie hier betreiben;
denn Sie sagen nicht, dass die Aufwendungen Deutsch-
lands für Klimaschutzmaßnahmen ein Vielfaches dieses
Betrages ausmachen. Sie verschweigen zum Beispiel,
dass die Verbraucher in Deutschland allein rund 27 Mil-
liarden Euro aufbringen müssen, um im Rahmen der
Energiewende den Solarstrom zu bezahlen. Mit diesen
27 Milliarden Euro leisten die deutschen Verbraucher
– die Privatverbraucher genauso wie die Wirtschaft –
Entwicklungshilfe für China und Japan, weil der deut-
sche Markt mittlerweile zumindest zu 50 Prozent von
asiatischen und damit auch chinesischen Solarmodulen
beherrscht wird. Das haben Sie in Gang gesetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Für uns gelten drei Kriterien, die außerordentlich
wichtig sind, wenn man den Erfolg der Klimaschutzkon-
ferenz in Kopenhagen messen will:

Das Erste ist die Nachprüfbarkeit der Ziele. Da-
rüber wurde heute schon diskutiert; dies ist enorm wich-
tig. Denn es spricht leider keiner mehr davon, dass
Deutschland eines der wenigen Länder in der Welt über-
haupt ist, das die im Rahmen des Kioto-Protokolls ein-
gegangenen Verpflichtungen annähernd erfüllt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


D
h
h
w
e
s

h
l
M
d
b
e
d
n

i
g
B
B
s

W
z
e
z

L
s
d
M
z
L
u
e
W
t

w
d
E

W

d

(C (D ie anderen haben sich teilweise sehr bemüht, weitere aben sich heimlich vom Acker gemacht. Wir brauchen ier ein klares Ranking, das im Internet veröffentlicht ird, sodass jeder sehen kann, welche Verpflichtungen ingegangen und welche Verpflichtungen erfüllt worden ind. Das Zweite ist die Transparenz der Geldflüsse. Ich abe es schon gesagt: Es ist kein Wert an sich, über Milionen zu sprechen. Auch mir gehen 500 Millionen oder illiarden schnell über die Lippen. Die Frage ist, wofür as Geld mit welcher Effizienz eingesetzt wird. Hier rauchen wir Transparenz. Wir müssen wissen, um was s überhaupt geht, welche Projekte damit finanziert weren können und ob dieses Geld dort ankommt, wo es seien Effekt erzielen soll. Das dritte Thema ist die Wettbewerbsneutralität. Es st klar, dass wir in Deutschland gewaltig in Vorleistung egangen sind. Wir haben schon große Probleme zum eispiel bei der stromintensiven Industrie, nämlich eine elastung des Strompreises durch Sie, Herr Kelber; Sie ind ganz vorn mit dabei. (Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben aber lange gebraucht, um sich das aufzuschreiben!)


enn die stromintensive Industrie in andere Länder
ieht und vielleicht Arbeitsplätze in Entwicklungsländer
xportiert, dann steigen bei uns in Deutschland die So-
iallasten.

Sie sollten sich eines vor Augen halten: Wenn die
eistungsfähigkeit Deutschlands nicht so stark wäre, wie
ie ist – das ist der deutschen Wirtschaft zu verdanken –,
ann bräuchten wir uns doch überhaupt nicht über die
illiarden zu unterhalten, die wir für diese Programme

ur Verfügung stellen können. Deswegen müssen wir die
eistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft erhalten
nd die Arbeitsplätze in Deutschland sichern. Daher gilt
s, im Rahmen des Klimaschutzabkommens gleiche
ettbewerbsbedingungen überall in der Welt zu garan-

ieren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Das ist die echte Umweltpolitik von CDU/CSU! So denken Sie! End of Pipe!)


Die vorhin genannten Kriterien gelten für uns. Wenn
eltweit die gleichen Bedingungen eingehalten werden,
ann entwickelt sich aus der Klimaschutzkonferenz ein
rfolg.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701204500

Das Wort zu einer Kurzintervention hat die Kollegin
ieczorek-Zeul.


Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD):
Rede ID: ID1701204600

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich in

en Diskussionen der letzten Wochen zurückgehalten.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist auch gut so!)


928 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Heidemarie Wieczorek-Zeul
Aber da heute Morgen immer wieder Zahlen genannt
worden sind, die verwirrend und falsch sind, will ich da-
ran erinnern, wie der Stufenplan zur Steigerung der Mit-
tel für die Entwicklungszusammenarbeit entstanden ist.
Das 0,7-Prozent-Ziel ist zum ersten Mal in den 70er-Jah-
ren festgelegt worden, aber ohne jede zeitliche Festle-
gung, ohne einen Stufenplan, wie die Mittel gesteigert
werden sollen.

Es gibt nur eine vergleichbare Zahl: Official Develop-
ment Assistance. Diese Quote wird von der OECD
gemessen und ist für alle Länder vergleichbar. Am Ende
der Regierungszeit von Helmut Schmidt lag diese Zahl
bei 0,48 Prozent. Im Jahr 1998, am Ende der Regie-
rungszeit von Helmut Kohl, lag der Wert bei 0,26 Pro-
zent.

Das ist der Stand, den ich im Jahr 1998 als neue Ent-
wicklungsministerin vorgefunden habe. Im Jahr 2001,
unter sozialdemokratischer Regierungsführung von
Gerhard Schröder, haben wir zum ersten Mal einen Stu-
fenplan entwickelt. Dadurch sind überhaupt erst Steige-
rungen zustande gekommen. Damals wurde gesagt, dass
die Zahl bis 2005 EU-weit auf 0,33 Prozent steigen soll;
das haben wir erreicht. Im Mai 2005, auch noch in
Gerhard Schröders Regierungszeit, wurde der EU-Stu-
fenplan festgelegt. Er sieht für den Zeitraum bis 2010
eine Steigerung der Zahl auf 0,51 Prozent vor; bis 2015
soll die Quote auf 0,7 Prozent steigen. Wir werden nun
im Jahr 2009 – so wird vermutet – einen Wert von etwa
0,41 Prozent erreichen.

Ich lege Wert darauf: Die Steigerung der Ausgaben
für Entwicklungszusammenarbeit ist maßgeblich unter
sozialdemokratischem Einfluss erfolgt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sie ist schrittweise erfolgt, gemäß dem Stufenplan, der
jetzt von anderen gebrochen wird.


(Beifall bei der SPD)


Das ist die Wahrheit; diese sollte einfach zur Kenntnis
genommen werden.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das sind Fakten! Da kann man nicht dran vorbeireden!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701204700

Sie haben das Wort zur Erwiderung.


Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1701204800

Meine Damen und Herren! Es ist jetzt eine wilde Auf-

rechnerei in Gang gekommen,


(Ulrich Kelber [SPD]: Offizielle Zahlen! – Gegenruf des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/ CSU]: Zuhören, Herr Kelber!)


die im Übrigen von Ihrer Rednerin begonnen wurde.
Keiner im Publikum kann überhaupt nachvollziehen,
was Sie hier alles darstellen.

Es bleibt festzuhalten, dass die Aufwendungen für
die Entwicklungszusammenarbeit in der Zeit der Gro-
ßen Koalition von 3,9 auf 5,7 Milliarden Euro angestie-

g
E

E
n
g
u

D

b
0
D
r
J

S
z
f

J
b
H
E
m
H
z
t
t

t
a
s
h
s

g
K
n
f
s

(C (D en sind. Es bleibt festzuhalten, dass die Mittel in der ndphase der rot-grünen Koalition gekürzt wurden. (Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD]: Nein! Das stimmt nicht!)


s bleibt festzuhalten, dass das Ausgabevolumen im
euen Haushaltsentwurf der schwarz-gelben Koalition
egenüber dem Haushaltsentwurf der Großen Koalition
m weitere 44 Millionen Euro gesteigert worden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD]: Nein!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701204900

Zu einer weiteren Kurzintervention hat der Kollege

irk Niebel das Wort.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1701205000

Sehr geehrter Kollege, um die Verwirrung aus der De-

atte zu nehmen, möchte ich Folgendes feststellen: Das
,7-Prozent-Ziel ist im Koalitionsvertrag vereinbart.
ie Frau Bundeskanzlerin hat in der Regierungserklä-

ung hier in diesem Hause festgestellt, dass bis zum
ahre 2012 das 0,7-Prozent-Ziel erreicht werden soll.


(Zurufe von der SPD: 2012? – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Schon wieder neue Zahlen!)


ie hatte darüber hinaus festgestellt, dass Entwicklungs-
usammenarbeit keine Neben-, sondern eine Hauptsache
ür die neue Bundesregierung ist.

Es bleibt festzustellen, dass die erreichte Quote im
ahre 2008 bei 0,38 Prozent lag, im Jahr 2009 vermutlich
ei 0,37 Prozent liegen wird und das Ausgabevolumen im
aushaltsentwurf der neuen Bundesregierung für den
inzelplan 23 – Ministerium für wirtschaftliche Zusam-
enarbeit und Entwicklung – im Vergleich zum letzten
aushaltsentwurf der Großen Koalition unter dem so-

ialdemokratischen Finanzminister Peer Steinbrück wei-
erhin anwächst, und zwar um 44 Millionen Euro Barmit-
el zusätzlich.

Das ist weniger, als wünschenswert ist. Vor dem Hin-
ergrund der größten Wirtschafts- und Finanzkrise ist es
ber ein deutliches Signal, dass die entwicklungspoliti-
che Zusammenarbeit für die neue Bundesregierung von
ohem Stellenwert ist. Sie wird auch in Zukunft mit die-
em hohen Stellenwert betrachtet.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Der Staatssekretär von Westerwelle!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701205100

Sie haben das Wort zur Erwiderung.


Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD):
Rede ID: ID1701205200

Eigentlich ist es nicht an mir, die Vertreter der jetzi-

en Regierungsmehrheit daran zu erinnern, was in ihrem
oalitionsvertrag steht. Im Koalitionsvertrag steht

ämlich weder ein Zeitziel noch irgendein Stufenplan
ür die Steigerung der Mittel für die Entwicklungszu-
ammenarbeit. Entweder nehmen Sie den Koalitionsver-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 929


(A) )



(B) )


Heidemarie Wieczorek-Zeul
trag nicht ernst oder Sie haben sich nicht ausreichend um
das Thema gekümmert.

Ich will aus meiner eigenen Erfahrung nur sagen – ich
weiß, dass es manchmal sehr schwierig war –: Das Ein-
zige, was zählt, sind nicht allgemeine Erklärungen, son-
dern Koalitionsverträge und entsprechende Stufenpläne,
die festgelegt sind. Wenn es schwierig wird, sind sie
nämlich der Referenzpunkt in der Auseinandersetzung
mit dem Finanzminister.

Sie haben bei diesen Fragen keinen Schwerpunkt
gesetzt und nicht aufgepasst, dass das entsprechend ver-
ankert wird.


(Dirk Niebel [FDP]: Sie doch auch nicht!)


Das wird sich rächen. Es tut mir leid, dass wir uns jetzt
und hier darüber auseinandersetzen müssen, aber ich
finde, Sie sollten Ihre Fehler auch einräumen.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701205300

Zur gerade entstandenen Verwirrung: Ich empfehle

uns allen, die Regeln zum Thema Kurzintervention und
die Gründe, wann man zu einem solchen Mittel greifen
kann, nachzulesen. Es geht einerseits um persönliche
Ansprache, andererseits um Auseinandersetzungen mit
Positionen. Insofern war es sicherlich möglich, der Kol-
legin Wieczorek-Zeul die Möglichkeit zur Erwiderung
zu geben. Es wäre auch möglich gewesen, anderen die
Möglichkeit einzuräumen.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zu den Zusatzpunkten 2 bis 5. Interfrak-
tionell wird die Überweisung der Vorlagen auf den
Drucksachen 17/271, 17/260, 17/246 und 17/235 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Die Fraktion Die Linke hat einen Antrag auf Unter-
brechung unserer Sitzung zum Zwecke einer Fraktions-
sitzung gestellt. Ich unterbreche die Sitzung für circa
30 Minuten.


(Unterbrechung von 11.41 bis 12.15 Uhr)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701205400

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 a bis 7 c auf:

a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD ein-
gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur

(Artikel 86 a und 125 d)


– Drucksache 17/182 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Haushaltsausschuss

d
h

H




I


z
F
M
M
b
d
v
s
d
r

(C (D b)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Regelung der gemeinsamen Aufgabenwahr-
nehmung in der Grundsicherung für Arbeitsu-
chende

– Drucksache 17/181 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

c) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Brigitte Pothmer, Katrin Göring-Eckardt, Markus
Kurth, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines … Gesetzes zur Änderung des
Grundgesetzes – Ausführung von Bundesge-
setzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für
Arbeitsuchende (Artikel 87 g und 125 d)


– Drucksache 17/206 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
ubertus Heil für die SPD-Fraktion.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1701205500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo sind die alle? Eigentlich ist es ja ein interessantes Thema für die SPD! – Gegenruf der Abg. Ute Kumpf [SPD]: Wir verstecken uns! Sind Sie nicht so ausfällig, Herr Kolb!)


Ach, das ist billig, Herr Kolb.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo ist die SPD? Mit Ihnen sind es drei Abgeordnete, Herr Heil!)


Herr Kolb, wenn Sie sonst nichts zu lachen haben in
hrer Koalition, ist das vielleicht ein ganz guter Anlass.

Es geht hier heute um ein ernsthaftes Thema. Es geht
Frau Ministerin von der Leyen, ich freue mich, dass
umindest Sie auf der Regierungsbank sind – um die
rage, wie wir in einem Jahr, 2010/2011, in dem die
assenarbeitslosigkeit droht zu steigen, in dem viele
enschen nicht mehr Arbeitslosengeld I, sondern Ar-

eitslosengeld II beziehen, mit der Arbeitsverwaltung,
er Arbeitsvermittlung in diesem Lande umgehen. Frau
on der Leyen, in diesem Zusammenhang ist mir ange-
ichts Ihres Auftrittes vor der Presse am Montag nach
er ASMK, nach der Arbeits- und Sozialministerkonfe-
enz, das schöne alte Lied von Herbert Grönemeyer und

930 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Hubertus Heil (Peine)

den Fantastischen Vier eingefallen, in dem es heißt: Es
könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht.

Worum geht es? Es geht darum, dass wir Ihnen heute
einen Gesetzentwurf vorschlagen, durch den erreicht
werden soll, dass es in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit
nicht zu einem Chaos in der Arbeitsmarktpolitik zulasten
von Langzeitarbeitslosen kommt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da liegt doch schon Staub drauf!)


Deshalb bitte ich darum, dass Sie einmal mit Ihren Land-
räten reden,


(Thomas Dörflinger [CDU/CSU]: Reden Sie mal mit Ihren!)


mit den Jobcentern, mit Ihren Arbeitsministern und sich
ein altes Motto von Sir Karl Popper zu Gemüte führen,
nämlich dass gute Politik nichts anderes ist als pragmati-
sches Handeln zu sittlichen Zwecken.

Wir präsentieren Ihnen heute einen Gesetzentwurf,
der schon einmal Konsens war zwischen der damaligen
Bundesregierung und allen Bundesländern. Er hat das
Ziel, die Verfassung zu ändern, um Zentren für Arbeit
und Grundsicherung zu schaffen. Wir wollen nicht zu-
lassen, dass in diesen Zeiten mit Langzeitarbeitslosen
Pingpong gespielt wird. Wir wollen und brauchen Hilfe
aus einer Hand. Machen Sie den Weg dafür frei!


(Beifall bei der SPD)


Das gilt auch für die Absicherung der 69 Options-
kommunen. Wir sind bereit, das Grundgesetz zu ändern,
um dies zu ermöglichen. Frau von der Leyen, Sie wis-
sen sehr gut, dass es viele verfassungsrechtliche Be-
denken dagegen gibt, die Entfristung in Bezug auf die
69 Optionskommunen untergesetzlich oder gesetzlich zu
organisieren und nicht durch eine Grundgesetzänderung.
Reden Sie mit dem Deutschen Landkreistag, reden Sie
mit den Landräten von SPD und CDU bzw. CSU in
Deutschland darüber, welche Zunahme an Bürokratie
und Kosten zulasten der Kommunen es geben würde,
wenn die getrennte Aufgabenwahrnehmung, die Sie
wollen, Wirklichkeit würde. Ihr Vorschlag, nicht mehr
Hilfe aus einer Hand, sondern Hilfe unter einem Dach zu
organisieren, funktioniert deshalb nicht, weil es in dieses
Dach, auch verfassungsrechtlich, reinregnet. Deshalb
kann ich nur sagen: Frau von der Leyen, kommen Sie
zurück auf einen vernünftigen Weg!


(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU])


Wir als SPD-Bundestagsfraktion werden Ihnen, wenn
Sie dazu bereit sind, alle Unterstützung geben, weil wir
in vielen Kommunen Verantwortung tragen und auch als
Oppositionsfraktion Verantwortung für die Menschen in
diesem Land, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind,
spüren.

Unser Vorschlag ist dreistufig. Wir sind bereit, die
Zusammenarbeit zwischen Arbeitsverwaltung und Kom-
munen dadurch verfassungsrechtlich abzusichern, dass
wir Zentren für Arbeit und Grundsicherung organisieren.
Wir sind bereit, das Optionsmodell verfassungsrechtlich

a
g
Z


K

c
s
s
w
k
e
s
c
b
T
b


n

O
L
C

b
u
k
t
L
t

E
H

W
d
I

r
t
b
m

(C (D bzusichern. Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Wir sind soar bereit, mit Ihnen über eine moderate Erhöhung der ahl der Optionskommunen zu sprechen. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das steht aber nicht in Ihrem Gesetzentwurf!)


Ja. Das ist ein Gesprächsangebot, das Sie bitte zur
enntnis nehmen.

Ich habe mit einer Reihe von CDU-Landräten gespro-
hen. Ich kenne den einstimmigen Beschluss des Nieder-
ächsischen Landtages – wir kommen beide aus Nieder-
achsen, Frau von der Leyen –, in dem genau dies ge-
ünscht wird: nämlich dass dafür gesorgt wird, dass es
eine getrennte Aufgabenwahrnehmung gibt, sondern
ine Zusammenarbeit im Interesse der arbeitslosen Men-
chen. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die Verunsi-
herung der Menschen, die in der Arbeitsvermittlung ar-
eiten, die Verunsicherung der in den Kommunen
ätigen und vor allen Dingen die Verunsicherung der ar-
eitslosen Menschen sind eine Katastrophe.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben doch schon zwei Jahre verloren! Das war Ihre Verantwortung!)


Herr Kolb, danke für Ihren Zwischenruf. Ich sage Ih-
en: Wir hatten schon einmal eine Lösung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Knapp vorbei ist auch daneben!)


laf Scholz hat eine Lösung organisiert, die mit allen
ändern besprochen war. Blockiert wurde sie von der
DU/CSU-Bundestagsfraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Knapp vorbei ist auch daneben! – Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank!)


Frau von der Leyen, ich wünsche Ihnen für Ihre Ar-
eit mehr Popper und weniger Kauder. Es geht nämlich
m pragmatisches Handeln, nicht um die Ideologie der
onservativen Führung der CDU/CSU-Bundestagsfrak-
ion. Ich erinnere daran, dass Herr Rüttgers und Herr
aumann durch die Arbeit dieser CDU/CSU-Bundes-

agsfraktion im letzten Jahr geradezu blamiert wurden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)


s gab einen Konsens, den Herr Rüttgers, Herr Beck und
err Scholz ausgearbeitet hatten.


(Anton Schaaf [SPD], an die CDU/CSU gewandt: So ist das! Das ist nur an euch gescheitert!)


ir machen Ihnen diesen Vorschlag in der Hoffnung,
ass Sie im Januar nächsten Jahres zu Potte kommen.
hre Eckpunkte stoßen auf keinerlei Akzeptanz.

Frau von der Leyen, eines kann ich Ihnen nicht erspa-
en: Nachdem Sie von den Arbeits- und Sozialminis-
ern der Länder zweimal eine Klatsche bekommen ha-
en – einmal gab es einen fast einstimmigen Beschluss,
it dem sie sich im Grundsatz dagegen aussprachen; am

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 931


(A) )



(B) )


Hubertus Heil (Peine)

vergangenen Montag haben sie Anforderungen formu-
liert, die sich nicht mit Ihren Eckpunkten decken –, stell-
ten Sie sich vor die Presse und sagten: Ich habe mich
durchgesetzt. Alles ist in Ordnung. – Hier gilt Helmut
Kohls Aussage: Die Realität ist anders als die Wirklich-
keit. – Diesen Satz hat der Mann einmal gesagt, und an
diesem Punkt können wir diesen Satz beweisen.

Ich bitte Sie ganz herzlich, nicht kleinkariert und par-
teitaktisch zu denken nach dem Motto: Wir wollen die
Sozis nicht einbeziehen. – Wir brauchen eine Lösung,
die verfassungsfest ist, die den Lebensrealitäten der
Menschen und den Bedürfnissen der Kommunen ent-
spricht. Deshalb legen wir Ihnen heute einen Gesetzent-
wurf vor, in dem zwei Grundgesetzänderungen vorgese-
hen sind. Wir wollen die Zentren für Arbeit und
Grundsicherung ein für alle Mal absichern, damit nicht
am 1. Januar 2011 in Zeiten steigender Massenarbeitslo-
sigkeit Chaos ausbricht.


(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Sie stehen jetzt in der Verantwortung. Seien Sie bei die-
sem Thema klüger als Herr Jung – er hatte nicht viel
Zeit –,


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


und gehen Sie einen vernünftigen Weg. Wenn man sich
verlaufen hat, ist es keine Schande, dies einzugestehen
und umzukehren. Wir laden Sie herzlich dazu ein.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701205600

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Thomas

Dörflinger das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Thomas Dörflinger (CDU):
Rede ID: ID1701205700

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Heil,
vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie heute in ers-
ter Lesung einen Gesetzentwurf einbringen, hätte ich er-
wartet, dass Sie auch etwas zu Inhalt und Struktur dieses
Gesetzentwurfes sagen,


(Mechthild Rawert [SPD]: Wir erwarten ja, dass Sie das lesen! – Anton Schaaf [SPD]: Im Kern war das doch schon mal vereinbart!)


statt die Ihnen zur Verfügung stehenden sechs Minuten
für persönliche Angriffe auf die Ministerin zu nutzen.
Das war wenig überzeugend.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich habe einen Verdacht, weshalb das so und nicht an-
ders geschehen ist, und habe mich an einen Werbespruch
für einen Schokoriegel erinnert. Vor ungefähr 15 Jahren
hieß es: „Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix.“
Sie wollen uns hier weismachen, die Arge heißt zukünf-
tig ZAG, und sonst ändert sich nichts. Deswegen haben

S
s

a
k
c
w
w

d

m

n
w

D
O
k
d

f
i
i
S

I
c
g
i
d


l

D
G

(C (D ie in der Substanz nichts zu Ihrem Gesetzentwurf geagt. Das Zentrum für Arbeit und Grundsicherung ist ber etwas völlig anderes als die Arge. Zu dieser Erenntnis kommt man schon allein aufgrund der Tatsahe, dass die Arge bzw. § 44 b SGB II als verfassungsidrig eingestuft worden ist. Wäre beides das Gleiche, äre das ZAG logischerweise auch verfassungswidrig. Was Sie hier tun, ist: Sie bauen eine Bürokratie sonergleichen auf (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Unglaublich! – Mechthild Rawert [SPD]: Das sagen ausgerechnet Sie!)


it schätzungsweise 350 neuen Behörden,


(Ute Kumpf [SPD]: Warum übertreiben Sie denn so maßlos?)


euen Verwaltungsstrukturen, neuen Haushaltsverant-
ortungen, neuen Personalbedarfen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Doppelte Bescheide und doppelte Bürokratie – das ist CDU-Politik!)


as dient weder den Interessen der Beschäftigten vor
rt, die gegenwärtig in einer Arge oder einer Options-
ommune beschäftigt sind, noch dient es den Interessen
erer, die sich gegenwärtig im ALG-II-Bezug befinden.


(Mechthild Rawert [SPD]: Ich hoffe, Sie waren auch mal vor Ort!)


Sie haben den Beschluss der CDU/CSU-Bundestags-
raktion vom 13. März 2009, wenn ich das Datum richtig
m Kopf habe, erwähnt. Ich bitte um Verständnis, aber
ch muss Ihnen sagen: Ich bin stolz darauf, dass wir den
cholz-Entwurf seinerzeit abgelehnt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Das sieht Ihr Kollege Laumann in NRW aber anders! – Mechthild Rawert [SPD]: Genau! Ganz viele sehen das anders als Sie! – Ute Kumpf [SPD]: Die CDUMinister sehen das anders!)


ch habe nämlich an dem Freitag nach dieser Sitzungswo-
he mit dem Landrat in meinem Wahlkreis – Waldshut –
esprochen. Tilman Bollacher hat mir gesagt – rufen Sie
hn an! –: Gott sei Dank habt ihr es abgelehnt. Wir halten
as für keinen zukunftsfähigen Weg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Reden Sie darüber einmal mit dem Deutschen Landkreistag!)


Ich habe mit dem Deutschen Landkreistag geredet; das
iegt keine drei Tage zurück.


(Ute Kumpf [SPD]: Na so was! Haben Sie kein so gutes Gedächtnis, zu behalten, was man Ihnen gesagt hat?)


a war wenig Gegenliebe für den von Ihnen vorgelegten
esetzentwurf spürbar.

932 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Thomas Dörflinger
Ich sehe durchaus die Berührungspunkte mit dem,
was der Deutsche Landkreistag vertritt, und ich will da-
rauf auch zurückkommen; aber zunächst noch einmal zu
Ihrem Gesetzentwurf und zu dem, was an neuer Büro-
kratie und neuer Verwaltung entstünde. Schauen wir ein-
mal in den Gesetzentwurf hinein!


(Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701205800

Bitte schön. – Kollege Heil hat das Wort zu einer

Zwischenfrage.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1701205900

Sehr geehrter Kollege Dörflinger, danke, dass Sie

meine Zwischenfrage zulassen.

Mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin, zitiere ich
aus einem Brief des Niedersächsischen Landkreistages
an den niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff:

Der MK-Beschluss vom 25./26.11., dem auch Nie-
der-sachsen zugestimmt hat, bietet die Chance, eine
breite Mehrheit der Länder für eine Verfassungsän-
derung für ein Argen-Nachfolgemodell zu gewin-
nen. Nachdem da-rüber hinaus erste Signale er-
kennbar sind, dass bei der SPD-Bundestagsfraktion
auch Gesprächsbereitschaft für eine moderate Aus-
weitung der Option besteht, möchten wir im Namen
unserer Mitglieder eindringlich bitten, sich aktiv für
eine zukunftsgerichtete, befriedende und der sozial-
politischen Verantwortung von Bund, Ländern und
Kommunen gerecht werdende Lösung einzusetzen.

Können Sie bestätigen, dass das ein einstimmiger Be-
schluss des Niedersächsischen Landkreistages ist, dass
also die kommunale Front vollständig gegen das steht,
was Sie da vorhaben? Der Deutsche Landkreistag, der
Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Deutsche
Städtetag sind nicht Ihrer Meinung. Sie haben uns bisher
auch noch nicht erläutert, was Ihr Modell sein soll. Was
Sie anbieten, ist Chaos zulasten der Arbeitslosen, Herr
Dörflinger.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Thomas Dörflinger (CDU):
Rede ID: ID1701206000

Zunächst einmal will ich der guten Ordnung halber

bestätigen, dass es diesen einstimmigen Beschluss gege-
ben hat.

Was die – wenn Sie mir diesen martialischen Sprach-
gebrauch erlauben – „Gefechtslage an der kommunalen
Front“ angeht, nehme ich Bezug auf ein Gespräch mit
dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreista-
ges von vor drei Tagen. Professor Henneke hat in diesem
Gespräch ausdrücklich erklärt, dass er bei dem vom
Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit dem
Eckpunktepapier skizzierten Weg an der einen oder an-
deren Stelle noch Gesprächsbedarf sieht.


(Zurufe von der SPD: Aha!)



t
h
t

v
e
n


g

I
s
g

I

d
d
G
s
n
2
n



Z

D
s
l
b
B
d

p
M
g
e

(C (D Ich sage gleich dazu, dass wir als CDU/CSU-Bundesagsfraktion ebenfalls Gesprächsbedarf sehen. – Im Kern at Professor Henneke den Vorschlag allerdings für eine ragfähige Grundlage für die weitere Beratung gehalten. Dass die SPD-Bundestagsfraktion auch für eine maßolle Erweiterung der Anzahl der Optionskommunen intritt, ist völlig neu und steht weder im Gesetzentwurf, och war es Gegenstand der Beratungen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sind Sie dafür oder nicht? – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es ist doch gut! Begrüßen Sie das doch!)


Frau Pothmer, immer mit der Ruhe! Ich habe das doch
ar nicht kritisiert.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist doch schön, wenn die Sozialdemokraten mal was Neues zu bieten haben!)


ch habe nur gesagt, dass es völlig neu ist. Wenn das tat-
ächlich substanziell so gemeint ist, dann können wir
ern darüber reden.


(Beifall der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bravo! Wir leben wieder!)


ch fürchte bloß, dass das ein Windei ist.

Herr Kollege Heil, lassen Sie mich noch einmal auf
en Beschluss vom 13. März zurückkommen. Wir befin-
en uns in unserer Skepsis gegenüber dem seinerzeitigen
esetzentwurf aus dem Hause Scholz in guter Gesell-

chaft; denn in einem Eckpunktepapier des Bundesmi-
isteriums für Arbeit und Soziales vom 23. September
008 – auch damals war Olaf Scholz schon Chef in je-
em Hause – heißt es:

Dieser Ansatz
das Zentrum für Arbeit und Grundsicherung –

wird … abgelehnt.

ur Begründung heißt es:
Entscheidender Nachteil bei einer vollständigen Ei-
genständigkeit der ZAG wäre die Kleinteiligkeit
des Verwaltungshandelns, wenn Fragen wie die der
Personalbewirtschaftung, der Haushaltsplanung und
der Liegenschaftsverwaltung dezentral in 370 Ein-
heiten zu regeln wären, was insgesamt ineffizient
wäre.

as war, wie gesagt, schon im September 2008 die Ein-
chätzung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozia-
es. Die Einschätzung, dass Ihr Vorschlag nicht praktika-
el ist, ist also keine Erfindung der CDU/CSU-
undestagsfraktion, sondern wird offensichtlich vom fe-
erführenden Hause geteilt.

Ich will ein Wort dazu sagen, wie wir uns die Eck-
unkte der Neukonzeption des SGB II vorstellen. Das
inisterium hat ein Eckpunktepapier vorgelegt. In eini-

en Punkten dieses Eckpunktepapiers stimmen wir über-
in, zu einigen Punkten haben wir noch Gesprächsbedarf.


(Zurufe von der SPD: Aha!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 933


(A) )



(B) )


Thomas Dörflinger
Erstens. Richtig ist – hierüber herrscht wohl großer
Konsens in diesem Hause –, dass wir für eine Entfris-
tung bei den bestehenden 69 Optionskommunen eintre-
ten.


(Beifall bei der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das unterschreibt nicht mal der Bundespräsident! Das wissen Sie!)


Zweitens. Wir wollen die Leistungen so gut wie mög-
lich – soweit dies das Urteil des Bundesverfassungsge-
richts vom 20. Dezember 2007 hergibt – aus einer Hand,
zumindest aber unter einem Dach organisieren. Ich
glaube, dass das auch ohne eine Grundgesetzänderung
möglich ist.


(Mechthild Rawert [SPD]: Glauben ist nicht Wissen!)


Ich sage an dieser Stelle: Ich will die Möglichkeit einer
Grundgesetzänderung nicht für alle Tage ins Nirwana
verweisen. Ich schlage keine Tür zu, Frau Pothmer, auch
vor dem Hintergrund des heute vorgelegten Gesetzent-
wurfs von Bündnis 90/Die Grünen nicht, der, wenn ich
richtig orientiert bin, nicht Gegenstand der Debatte ist.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


Er traf erst gestern Abend bei mir ein. Ich hatte noch
keine Gelegenheit, ihn mir intensiv anzuschauen. Bei ei-
nem ersten kursorischen Durchsehen habe ich nur ge-
wisse Unterschiede zu dem gesehen, was uns die Sozial-
demokraten vorgelegt haben.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr richtig!)


Ich sage von dieser Stelle aus zu diesem Zeitpunkt aus-
drücklich zu, dass wir uns diesem Vorschlag selbstver-
ständlich mit der notwendigen Akribie widmen und ihn
ernsthaft prüfen werden. Ich will keine Tür von vornhe-
rein zuschlagen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie brauchen uns! Das wissen Sie!)


Ich sage auch, dass uns vor dem Hintergrund, dass
von 240 Kommunen, in denen sich gegenwärtig Arbeits-
gemeinschaften befinden, sich 171 – Stand vorgestern –
schriftlich bereit erklärt haben, es den 69 bestehenden
Optionskommunen gleichzutun und zu optieren, wenn es
die Möglichkeit gäbe, die Pflicht auferlegt wird, die
Frage, ob wir die Möglichkeit, zu optieren, nicht nur
zeitlich verlängern, sondern auch quantitativ ausweiten,
noch einmal intensiv zu prüfen, anstatt diesen Vorschlag
einfach nur mit dem Argument vom Tisch zu fegen, das
sei verfassungswidrig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie haben Angst vor einer getrennten Aufgabenwahrnehmung! Das ist der Grund!)


Herr Heil, Sie haben vorhin gesagt: Reden Sie mit Ih-
ren Landräten. – Ja, das tun wir gerne. Ich sage: Reden
Sie bitte auch mit Ihren Landräten;

d
d
a
d
v
u

b
V
t
e
K
h

O
V
p
w
n

H
a

d
n
c
d
g
e
B
B
r

M
i
d
B
d
t
t
i
m

(C (D (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, das haben wir schon!)


enn ich gehe davon aus, dass die 171 Landräte nicht nur
ie Landräte der Union und der FDP sind, sondern dass
uch sozialdemokratische Landrätinnen und Landräte
abei sind, die von Ihnen an dieser Stelle ein konstrukti-
es Verhalten erwarten. Dieser Erwartung schließen wir
ns an.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie haben Angst vor einer getrennten Aufgabenwahrnehmung! Das ist die Wahrheit!)


Ich sage dazu: Das ist ein kritischer Punkt im Hin-
lick auf das Eckpunktepapier des BMAS. Wenn wir die
orgabe des Bundesverfassungsgerichts umsetzen – ge-

rennte Aufgabenwahrnehmung, nach Möglichkeit unter
inem Dach –, dann erwarten wir ein Begegnen von
ommune und Bundesagentur für Arbeit auf Augen-
öhe.


(Mechthild Rawert [SPD]: Ach herrje!)


hne zu sehr ins Detail einzusteigen, sage ich: Durch die
orgaben, die auch in der dritten Version des Eckpunkte-
apiers geliefert werden, wird noch nicht das erreicht,
as wir uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter ei-
em Begegnen auf Augenhöhe vorstellen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie viele Versionen brauchen Sie denn noch?)


ier herrscht noch Nachbesserungsbedarf; das will ich
usdrücklich sagen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nicht nur da!)


Zurück zu Ihrem Gesetzentwurf. Ich komme unter
em Stichwort „Verwaltungsaufbau und Bürokratie“
och einmal im Detail auf den Gesetzentwurf zu spre-
hen. In Art. 1 § 5 ist die Trägerversammlung definiert;
as ist unstrittig. Interessant wird es in Art. 2. In § 18 b
eht es um einen Kooperationsausschuss, in § 18 c um
inen Bund-Länder-Ausschuss, in § 18 d um örtliche
eiräte und in § 18 e – das ist immer noch Art. 2 – um
eauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, di-

ekt bei der Geschäftsführung angesiedelt.


(Ute Kumpf [SPD]: Es ist doch gut, wenn man miteinander spricht! Dagegen ist doch gar nichts einzuwenden!)


an stelle sich vor, dass die Gleichstellungsbeauftragte
n einem Landkreis zukünftig dem Kreistag berichtet,
er es zusätzlich noch mit einem Beauftragten oder einer
eauftragten für Chancengleichheit zu tun hat, der bzw.
ie gegenüber der Geschäftsführung der ZAG verpflich-
et bzw. rechenschaftspflichtig ist. Wie das mit Verwal-
ungsvereinfachung und Bürokratieabbau zu vereinbaren
st, ist mir völlig schleierhaft. Das ist kein Weg, den wir

itgehen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Frau von der Leyen, Sie sollten einmal zuhören! Sie waren ja mal Frauenministerin! – Weitere Zurufe von der SPD)


934 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Thomas Dörflinger
– Die Art und Weise, wie Sie reagieren, zeigt mir, dass
ich an dieser Stelle nicht ganz falsch liege; denn in der
Regel ist es so: Wer schreit, hat unrecht. Es gilt auch der
Satz, dass getroffene Hunde bellen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie sind nicht originell! Sie machen Ihrem Namen alle Ehre!)


Insgesamt erkenne ich durchaus an, dass durch den
neuesten Beschluss der Arbeits- und Sozialminister-
konferenz vom 14. Dezember etwas Bewegung in die
Diskussion gekommen ist. Die von Ihnen skizzierte ein-
heitliche Front der Bundesländer gegenüber dem Bun-
desministerium für Arbeit und Soziales sehe ich zumin-
dest nach diesem Beschluss nicht. Ich sehe vielmehr,
dass von dort signalisiert wird, dass das, was das BMAS
vorgelegt hat, durchaus als tragfähige Grundlage be-
trachtet werden kann, um für die Zukunft zu einer ver-
nünftigen Regelung zu kommen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das wird zur Kenntnis genommen!)


Ich komme zum Schluss. Wenn wir ehrlich sind – das
gilt für alle Fraktionen in diesem Hause –, dann waren
die Konstruktion im SGB II und die Umsetzung des
Hartz-IV-Gesetzes insbesondere deswegen nicht opti-
mal, weil sie unter erheblichem Zeitdruck erfolgten bzw.
erfolgen mussten. Das gilt sowohl für das Gesetzge-
bungsverfahren als auch für die Umsetzung vor Ort.
Deswegen sage ich: Jetzt eilt zwar die Zeit, da die Argen
bzw. die Optionskommunen nach dem 31. Dezember des
kommenden Jahres nicht mehr zulässig sind. Aber auch
wenn wir nur ein halbes Jahr Zeit für die Beratung im
Deutschen Bundestag und in den Ausschüssen haben,
dann sollten wir diese Zeit vernünftig nutzen, statt die
Zeit zum obersten Prinzip unserer Arbeitsweise zu erklä-
ren.

Insofern freue ich mich auf eine gute Beratung insbe-
sondere der Eckpunkte aus dem BMAS. Der Gesetzent-
wurf, den uns die SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt
hat, ist keine tragfähige Grundlage für die Zukunft.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo ist denn Ihr Gesetzentwurf? Sie haben ja nicht mal Eckpunkte! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist Ihr Vorschlag?)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701206100

Das Wort hat die Kollegin Katja Kipping für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701206200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit

dem Verfassungsgerichtsurteil sind jetzt zwei Jahre ver-
gangen, in denen keine übergreifende Einigung gelang,
und wir haben noch ein Jahr bis zum Ablauf der Frist.

E
U
u
s
e
e
s
g
u
a

e
I
M

f

I
e
s
p
t
d
s

S
D
H
f
g
d
d
c
z
d

h
r
M
w
L
z
k
i
I
i
u
z
K
F
l
b

(C (D in Jahr ist eigentlich viel zu kurz, um eine mögliche mstrukturierung umzusetzen. Kurzum: Wir befinden ns quasi in einem Dilemma. Frau von der Leyen, Sie ind jetzt wahrlich nicht zu beneiden; denn selbst wenn s FDP und CDU/CSU gelänge, sich auf ein Modell zu inigen, dann wäre nicht auszuschließen, dass auch diees Modell in ein, zwei Jahren vom Bundesverfassungsericht gekippt würde. Das große Problem dabei ist, dass ns eine Suppe eingebrockt wurde, die am Ende andere uslöffeln müssen. Da von der Organisationsreform Millionen Menschen xistenziell betroffen sind, ist äußerste Sorgfalt geboten. ch möchte aus Sicht der Linken darstellen, was unserer einung nach auf gar keinen Fall passieren darf. Erstens darf die Bundesagentur auf keinen Fall einach so weiteragieren wie bisher. m Zuge der Hartz-Gesetze wurde aus dem Arbeitsamt ine Agentur, in der alles betriebswirtschaftlich ablaufen ollte. Auf der Strecke geblieben sind dabei der sozialolitische Auftrag und die innerbetriebliche Demokraie. Wir als Linke sagen: Die Bundesagentur muss wieer demokratisiert werden, und sie muss ihren ozialpolitischen Auftrag wahrnehmen. Oberste Aufgabe der Bundesagentur ist es, dafür orge zu tragen, dass niemand unter die Räder kommt. as heißt, es braucht eine andere Beratungsqualität. eute stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter häu ig unter dem Druck, Einsparungen vorzunehmen. Es ibt feste Einsparquoten, die zu erfüllen sind. Das ist in en Beratungsgesprächen maßgebend. Wir meinen jeoch, dass die Hauptaufgabe in den Beratungsgesprähen darin besteht, die Menschen über ihre Rechte aufuklären und dafür Sorge zu tragen, dass niemand unter as Existenzminimum fällt. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens darf auf keinen Fall passieren, dass das dro-
ende Chaos im Zuge einer möglichen Umstrukturie-
ung am Ende auf dem Rücken der Erwerbslosen und der

itarbeiterinnen und Mitarbeiter der Argen ausgetragen
ird. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass es bei
eistungen nach dem Sozialgesetzbuch II um existen-
ielle Leistungen geht. Wenn das Finanzamt bei der Ein-
ommensteuerberechnung mal einen Fehler macht, dann
st das ärgerlich, aber es hat keine existenziellen Folgen.
m Bereich von Hartz IV geht es aber um Menschen, die
n der Regel kein finanzielles Polster haben, sodass jede
ngerechtfertigte Leistungsverweigerung sofort existen-
ielle Wirkungen hat. Deswegen ist das Mindeste, liebe
olleginnen und Kollegen von der CDU/CSU und der
DP, was Sie angesichts dieses Dilemmas in die Wege

eiten sollten, dass Widersprüche endlich eine aufschie-
ende Wirkung haben.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 935


(A) )



(B) )


Katja Kipping
Bisher ist das nicht der Fall. Es wird aber zu einem Pro-
blem, wenn eine Leistung unrechtmäßig verweigert
wird. Das kommt nicht selten vor. Wir alle wissen, dass
ein Großteil der Widersprüche erfolgreich ist. Einem
Drittel aller Widersprüche wird in Gänze stattgegeben.
Nur noch zur Erinnerung: Wir reden hier über Men-
schen, die kein finanzielles Polster haben. Wie wir wis-
sen, scheiden sich an Hartz IV oft die Geister, ideolo-
gisch und ganz grundsätzlich. Aber die angesprochene
kleine Sofortmaßnahme ist nichts anderes als ein prag-
matischer Schritt. Hier sollten Sie keine ideologische
Abwehrfront aufbauen, sondern die Sache in Angriff
nehmen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Drittens. Erwerbslosigkeit ist ein gesamtgesellschaft-
liches Problem. Um dieses Problem anzugehen, bedarf
es bundesweit einheitlicher Standards. Auf keinen Fall
darf das Problem der Erwerbslosigkeit auf die Kommu-
nen abgewälzt werden. Vor allem darf sich der Bund
nicht zunehmend aus seiner finanziellen Verantwor-
tung stehlen, wie wir es erst vor wenigen Tagen bei den
Abstimmungen über den Bundesanteil an den Kosten der
Unterkunft erleben konnten.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Als Hartz IV eingeführt wurde, wurden Leistungen
aus einer Hand versprochen. Nun droht möglicherweise
eine Zersplitterung, wenn sich das Modell des Bundes-
ministeriums durchsetzt. Das hieße im Grunde zwei An-
laufpunkte, zwei Anträge und jede Menge mehr Büro-
kratie. Es droht ein Streit über Zuständigkeiten.
Gesetzt den Fall, dass es strittig ist, ob und welche Leis-
tung jemand bekommt: Wer entscheidet dann? Die Kom-
mune? Wie wir wissen, liegt die Fach- und Rechtsauf-
sicht bei den Ländern. Die Bundesagentur für Arbeit?
Wie wir wissen, liegt hier im Zweifelsfall die Rechtsauf-
sicht beim Bund. Vor diesem Hintergrund eines drohen-
den Chaos warnt der Deutsche Sozialgerichtstag aus gu-
tem Grund davor, dass dann, wenn sich das Modell des
Bundesministeriums durchsetzt, mit einer Verdoppelung
der Zahl der Verfahren vor den Sozialgerichten zu rech-
nen ist. Als ob die Sozialgerichte schon heute nur Däum-
chen drehten!


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Dachverband unabhängiger Erwerbslosen- und So-
zialhilfeinitiativen fordert vor diesem Hintergrund aus
gutem Grund Folgendes: Wir fordern Leistungen aus ei-
ner Hand, nicht nur unter einem Dach. Wir fordern die
Aussetzung jeglicher Diskriminierung und Sanktionie-
rung der Betroffenen. – Mit beiden Forderungen hat der
Dachverband recht. Es bedarf Leistungen aus einer
Hand, und es muss mit den Sanktionen Schluss sein,
wenn es um das Existenzminimum geht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


c
H
K
B
g
e
H
H

E
d
h
V
d
a

e
k
b
s
d
B
z
l
S
l
n
n
w
K
u

s
g
d
a
S
s
z
T
T
n
m
m
t
d
D
s
r
s
d
s
e
n

(C (D Die Debatte über die Organisationsstruktur der Jobenter steht in recht engem Zusammenhang mit den artz-IV-Reformen. Diese sind nun fast fünf Jahre in raft. Insofern ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Das undesministerium selbst hat vor wenigen Tagen Bilanz ezogen. Wir meinen als Linke: Dieser Bilanz muss man ine alternative Bilanz entgegenstellen. Fünf Jahre artz IV bedeuten fünf Jahre Armut per Gesetz. artz IV hat die Armut wirklich verschärft. (Zuruf von der CDU/CSU: Hartz IV hat Armut verhindert!)


s gibt eine offizielle Studie der Hans-Böckler-Stiftung,
ie klar besagt: 60 Prozent der ehemaligen Arbeitslosen-
ilfe- und Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher haben
erluste. Wir wissen zudem, dass die Regelleistung
eutlich unter der Armutsrisikogrenze liegt. Hartz IV hat
lso die Armut verschärft.


(Beifall bei der LINKEN)


Hartz IV hat aber nicht nur die Situation der Langzeit-
rwerbslosen verschlechtert. Hartz IV hat auch Auswir-
ungen auf die Situation derjenigen, die noch einen Ar-
eitsplatz haben. Eine Studie des IAB hat uns das
chwarz auf weiß verdeutlicht. Im Zuge von Hartz IV ist
ie sogenannte Konzessionsbereitschaft, das heißt die
ereitschaft, niedrigere Löhne und ungesündere Arbeits-
eiten in Kauf zu nehmen, deutlich gestiegen. Das Ganze
äuft nach einem altbekannten Muster: Je schlimmer die
ituation der Erwerbslosen ist und je stärker Erwerbs-

ose stigmatisiert werden, desto eher sind diejenigen, die
och einen Arbeitsplatz haben, bereit, alles zu tun, um
icht auch noch in die Erwerbslosigkeit zu fallen. Des-
egen sagen wir: Die Kämpfe für gute Arbeit und die
ämpfe für garantierte Rechte für Erwerbslose gehören
ntrennbar zusammen.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Hartz IV verschärft auch die Abhängigkeiten zwi-
chen Menschen, die zusammenleben und nach der Be-
rifflichkeit des Sozialgesetzbuches unter das Konstrukt
er Bedarfsgemeinschaft fallen. Ich möchte Ihnen das
n dem Fall einer alleinerziehenden Mutter skizzieren.
ie hat lange Zeit als Floristin gearbeitet und musste
chon in dieser Zeit immer aufstockende Leistungen be-
iehen, weil ihr Einkommen nicht reichte. Sie hat zwei
öchter und hat vor kurzem ihren Job verloren. Die eine
ochter ist in der Pubertät, und die andere Tochter hat
un einen Ausbildungsplatz als Bürokauffrau bekom-
en. Als die Tochter den Ausbildungsplatz bekam, hat
an sich gefreut, hat sogar ein bisschen gefeiert und ge-

räumt. Als man dem Jobcenter aber den neuen Stand in
er Familie mitteilte, bekam die Frau zur Information:
a die Tochter in der Ausbildung zur Bedarfsgemein-

chaft gehört, wird die Ausbildungsvergütung voll ange-
echnet und werden die Leistungen des Jobcenters ent-
prechend verringert. Da die Tochter unter 25 Jahren ist,
arf sie nicht ausziehen und eine eigene Bedarfsgemein-
chaft begründen. – Was ist denn das für ein Signal an
inen jungen Menschen, der sich gerade am Beginn sei-
er Ausbildung befindet?

936 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Katja Kipping
Frau von der Leyen, Sie haben in Ihrem alten Ministe-
rium deutlich bewiesen, dass der Begriff Geschlechter-
gerechtigkeit für Sie kein Fremdwort ist. Sie haben auch
im Ausschuss deutlich gemacht, dass Ihnen gerade die
Situation der Alleinerziehenden sehr am Herzen liegt.
Bei dem Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft besteht im
Sinne der Geschlechtergerechtigkeit unglaublich viel
Handlungsbedarf. Wir als Linke meinen: Dieses Kon-
strukt gehört abgeschafft.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hartz IV bedeutet auch Ausgrenzung und Stigmati-
sierung per Gesetz. Sie wissen, dass Sozialdetektive ein-
gesetzt wurden, die den Erwerbslosen teilweise sogar bis
in die Schlafzimmer nachspioniert haben.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Quatsch!)


Aus all diesen und vielen anderen Gründen mehr gilt für uns
als Linke nach wie vor: Hartz IV muss weg, Hartz IV muss
überwunden werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist für uns nicht hinnehmbar, dass in diesem Land
die Unterhaltszahlungen für Menschen gekürzt und diese
sogar bis auf 0 Euro reduziert werden. Es ist für uns
nicht hinnehmbar, dass über die Stigmatisierung von Er-
werbslosen Druck auf die Löhne und damit auf die
Beschäftigten ausgeübt wird. Wir haben Ihnen schon
viele Vorschläge unterbreitet, wie man unserer Meinung
nach Hartz IV überwinden kann. Wir haben Sie mit kon-
kreten Alternativen wie einer sanktionsfreien Mindestsi-
cherung konfrontiert. Das werden wir auch weiter ma-
chen.

Für den womöglich eintretenden Fall, dass Sie sich im
Laufe dieser Wahlperiode noch nicht für unser Modell
der sanktionsfreien Mindestsicherung begeistern kön-
nen, was ich sehr bedauern würde, möchte ich Sie an
eine kleine Maßnahme erinnern, die ich bereits genannt
habe: Sorgen Sie dafür, dass Widersprüche wenigstens
eine aufschiebende Wirkung haben! Vor uns stehen viel
Chaos und Unsicherheit. Sie haben jetzt die Verantwor-
tung dafür, dass diese Politik nicht auf dem Rücken der-
jenigen ausgetragen wird, die wahrlich nichts dafür kön-
nen, nämlich auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter in den Argen sowie dem der Erwerbslosen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701206300

Das Wort hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1701206400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ohne Zweifel ist die Organisation der Grundsicherung
und einer erfolgversprechenden und auch flexiblen Ar-
beitsvermittlung für Langzeitarbeitslose das derzeit

w
g
w
v
m
s
h
g
b
D
t

t
j
e

F
n

u
s

W
s


A
f
s
B
d

I
d

u
v
g



(C (D ichtigste und, wie ich finde, auch das derzeit dränendste Problem im Fachgebiet Arbeit und Soziales. Wir erden diese Aufgabe zügig angehen. Ich will aber, beor ich ins Detail gehe, wenigstens eines vorab als geeinsamen Nenner festhalten, was nicht immer in die em Hause unstrittig war. Ich glaube, dass man aus eutiger Sicht sagen kann, dass sich die Zusammenleung von Arbeitslosenund Sozialhilfe im Grundsatz ewährt hat. Daran sollten wir auf jeden Fall festhalten. as ist das, was uns als gemeinsames Leitmotiv beglei en kann. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Allerdings müssen wir sehen, dass bei der Organisa-
ion der Argen Fehler gemacht wurden. Die müssen wir
etzt ausbügeln. Diese Fehler fallen in die Verantwortung
ines SPD-Ministers.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Na! Na!)


ederführend war damals das SPD-geführte Arbeitsmi-
isterium,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Christian Wulff! Roland Koch! Bundesrat! Vermittlungsausschuss!)


nd, Herr Heil, wir haben Zeitdruck, was nicht unwe-
entlich Ihre Schuld ist.


(Widerspruch bei der SPD)


ir haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
eit Dezember 2007.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir hatten schon mal eine Lösung! – Anette Kramme [SPD]: Wenden Sie sich an Ihren Koalitionspartner!)


Ich weiß doch, was zwischenzeitlich passiert ist. –
ber selbst wenn Sie sich auf den Beschluss der Unions-

raktion vom 13. März beziehen, waren es immer noch
echs Monate zwischen dieser Entscheidung und der
undestagswahl, ein Sechstel der Gesamtfrist, die uns
as Bundesverfassungsgericht gegeben hat.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie haben sich nicht bewegt! Sechs Monate lang!)


ch werfe Olaf Scholz vor, dass er mit dem Kopf durch
ie Wand wollte, sich versteift hat


(Widerspruch bei der SPD)


nd nicht seinem Auftrag und seinem Amtseid gemäß
ersucht hat, das Mögliche tatsächlich in einem Bundes-
esetz zu formulieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie reden doch wie ein Blinder von der Farbe! Geschichtsklitterung!)


Das ist keine Geschichtsklitterung.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist Geschichtsfälschung!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 937


(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
Wir müssen jetzt versuchen, in der verbleibenden
Zeit, in den restlichen zwölf Monaten, das Problem zu
lösen. Wir haben am 26. Oktober unsere Koalitionsver-
einbarung unterzeichnet. Schon am 18. November hat
das Kabinett in Umsetzung dieser Koalitionsvereinba-
rung das notwendige Verfahren auf den Weg gebracht.
Am 26. November und am Montag dieser Woche haben
sich die Arbeits- und Sozialminister der Länder zweimal
mit einem ständig weiterentwickelten Eckpunktepapier
des BMAS beschäftigt. Das Kabinett wird sich dem-
nächst mit den neuen Zwischenergebnissen befassen.
Dann wird die Ministerin diese Eckpunkte vorstellen.
Wir werden zügig ein Gesetzgebungsverfahren einleiten.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wann denn? Was denn?)


Schneller kann man das nicht machen. Das will ich für
uns hier ausdrücklich in Anspruch nehmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701206500

Kollege Kolb, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Brandner?


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1701206600

Ja, bitte.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1701206700

Herr Abgeordneter Kolb, können Sie bestätigen, dass

die Entwicklung des SGB II eine lange Geschichte ist,
bei der die Länder entsprechende Mitbestimmungsrechte
hatten, und dass der Kompromiss in einem Vermittlungs-
verfahren zustande gekommen ist? Sie erinnern sich an
die Nachtsitzungen des Vermittlungsausschusses und die
großen Sorgen, die dort geäußert wurden. Der Gesetzge-
ber hatte eine klare Ordnungsregelung vorgegeben, die
die jeweiligen Zuständigkeiten eindeutig regelte. Die
Länder hatten aber eine andere Auffassung, die sie im
Vermittlungsausschuss einbrachten.

Wie Sie wissen, hat das Bundesverfassungsgericht
später gesagt: Diese Regelung ist so nicht verfassungs-
konform. – Daraufhin hat gerade Minister Scholz erneut
Vermittlungsvorschläge erarbeitet, und zwar immer mit
dem Ziel, ein solches Vermittlungsverfahren, das nicht
korrigierbar ist, möglichst auszuschließen. Vor diesem
Hintergrund haben alle Länder einen Vorschlag erarbei-
tet, der mit 16:0 Stimmen angenommen wurde und der
auch die Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion
fand. Anders war es bei der CDU/CSU-Bundestagsfrak-
tion: Sie signalisierte teilweise Unterstützung, teilweise
nicht. Wollen Sie dem Minister unter diesem Gesichts-
punkt nach wie vor unterstellen, nicht alles darangesetzt
zu haben, in einem Kompromissverfahren zu einem
Vorschlag zu kommen, der praktikabel ist und der so-
wohl für die Beschäftigten als auch für die Arbeitslosen
Rechtssicherheit bietet?


(Beifall bei der SPD)


i
K
d
d

I
S
r
m
z
r
s
l

S
l
e
H
M
M
z

j
M
m
s
d
j
p
s
d
b

p
d
g
n
a
O
d
j
a
d
d

D
M

(C (D Herr Kollege Brandner, der Ablauf, also die Historie, st mir durchaus geläufig. Ich muss allerdings sagen: napp vorbei ist auch daneben – das ist eine Erfahrung, ie man im Leben gelegentlich macht –, und einer hat en Hut auf. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein! Sie verzerren die Wahrheit!)

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1701206800

n diesem Fall war das der Bundesminister für Arbeit und
oziales. Er muss versuchen, die Dinge zusammenzufüh-
en. Da, wo man sieht, dass es Widerstände gibt und dass
an nicht weiterkommt, muss man auch einmal ein Stück

urückgehen und einen neuen Anlauf nehmen. Dafür wa-
en auch nach der Entscheidung der Unionsfraktion noch
echs Monate Zeit, und ein neuer Anlauf ist offensicht-
ich nicht versucht worden.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Reden Sie mal mit Frau Merkel über das Thema!)


tattdessen hat man den Entwurf in die Schublade ge-
egt, offensichtlich in der Hoffnung, dass durch Gärung
twas Besseres daraus wird. Aber nicht alles, was gärt,
err Brandner, ist wie ein aufgehender Hefekuchenteig.
anchmal verbirgt sich dahinter auch ein ordinärer
isthaufen; das muss man sagen. Das eine vom anderen

u trennen, ist die Kunst, auf die es ankommt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie kriegen das nicht gebacken!)


Was ich sagen will, ist, Herr Brandner – das muss uns
etzt auch leiten bei dem, was in den kommenden zwölf

onaten zu bewältigen ist –: Die Fäden müssen zusam-
engeführt werden. Das Eckpunktepapier ist – das

agt jedenfalls eine deutliche Mehrheit der Konferenz
er Arbeits- und Sozialminister – eine gute Basis für die
etzt beginnende Diskussion und für den Gesetzgebungs-
rozess. Es sollte unser gemeinsames Interesse sein, die-
en Prozess in höchstens zwölf Monaten – ich bin dafür,
ass es deutlich schneller geht – zu einem Abschluss zu
ringen.

Es ist falsch, Herr Heil, sich jetzt zu versteifen – das
assiert heute in der ersten Lesung der von der SPD und
en Grünen eingebrachten Gesetzentwürfe – und zu sa-
en: Die ZAG sind das allein Seligmachende. Die Grü-
en sagen: Wir wollen die Argen in ihrer heutigen Form
bsichern. Sie sind sogar offen dafür, das Modell der
ptionskommunen auszuweiten. Die Mehrheit der Län-
er hat eine eigene Position. Wenn es so weitergeht, dass
eder auf dem beharrt, was er sich vorstellt, werden wir
m Ende keinen Erfolg haben, und das ginge zulasten
er arbeitsuchenden Menschen in Deutschland, die von
er Grundsicherung leben müssen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir hatten schon eine Lösung!)


as sollten wir nach Möglichkeit vermeiden. Dieser
einung bin ich schon.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


938 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
Sie haben heute immerhin – das will ich würdigen,
Herr Heil – ein Signal gegeben, indem Sie gesagt haben:
Wir sind am Ende sogar bereit, über eine moderate Erhö-
hung der Zahl der Optionskommunen zu reden. Aber
das kann nicht die Lösung des Problems sein. Die Lan-
desminister sehen das offensichtlich anders. Ich verstehe
den am Montag gefassten Beschluss so, dass sie fol-
gende Auffassung vertreten: Wir wollen denjenigen, die
optieren wollen, das einmalig ermöglichen. Für alle an-
deren, Bundesagentur und Kommune, bleibt die ge-
trennte Aufgabenwahrnehmung in Form einer Zusam-
menarbeit auf Augenhöhe. – Sie müssen einmal erklären
– Sie melden sich ja gerade zu einer Zwischenfrage,
Herr Heil –, ob Sie unter einer „moderaten Erhöhung“
auch eine Erhöhung auf 170 oder 175 Optionskommu-
nen verstehen. Wenn nein, ist die Frage, woran Sie die
Möglichkeit der Option knüpfen wollen, welche Opti-
onskommunen Sie zulassen wollen und welche außen
vor bleiben müssen. Darüber müssen wir diskutieren.
Wir können direkt in die Diskussion einsteigen, wenn Ih-
nen die Präsidentin eine Zwischenfrage erlaubt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701206900

Wenn Sie mir die Chance geben, Sie zu fragen, ob Ih-

nen der Kollege Heil eine Frage stellen darf, werde ich
das tun.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1701207000

Logisch.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701207100

Bitte.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1701207200

Lieber Kollege Kolb, danke für die Gelegenheit, dass

Sie erlauben, dass die Präsidentin eine Zwischenfrage
zulässt.

Ich darf Sie daran erinnern und das in eine Frage klei-
den: Haben Sie meine Rede dahin gehend richtig ver-
standen, dass wir drei Dinge als eine Einheit sehen: ers-
tens eine grundgesetzliche Absicherung der Zusammen-
arbeit von Bundesagentur und Kommunen in Fortfüh-
rung der gemeinsamen Arbeit über das ZAG, zweitens
eine verfassungsrechtliche Absicherung der Möglich-
keit, zu optieren, und drittens eine Diskussion über eine
moderate Erhöhung der Zahl der Optionskommunen?
Diese Punkte sind eine Einheit, bei der man sich nicht
nur einen herauspicken darf.

Ich frage Sie deshalb, ob Ihnen folgender Beschluss
bekannt ist, nachzulesen im Heft Der Landkreis, heraus-
gegeben vom Deutschen Landkreistag im Oktober 2009,
der von allen kommunalen Spitzenverbänden getragen
wird:

Zur dauerhaften Absicherung einer rechtlich zwei-
felsfreien Aufgabenerfüllung votierten die kommu-
nalen Spitzenverbände für eine Grundgesetzände-
rung, in der eine gemeinsame Aufgabenwahr-
nehmung von Kommunen und Arbeitsagenturen in
den Arbeitsgemeinschaften ebenso ermöglicht

D
i

c
g
u
m
G
l
s
m

s
n
o
r



S
d
m
d
l
k

D
F
G
l
l

D
g

g

I
n


s
d

(C (D werde wie die Erfüllung aller Aufgaben durch Optionskommunen … as ist die Ansicht der kommunalen Familie. Wollen Sie hr widersprechen? Herr Kollege Heil, ich will auf eines aufmerksam ma hen: Wir sind immer relativ schnell dabei, über Grundesetzänderungen zu reden. Solange es nur pauschal m dieses Thema geht, sind alle dabei und sagen: Da achen wir mit. – Aber wenn man dann schaut, wo das rundgesetz genau geändert werden soll, welche Rege ung eingeführt werden soll, damit diese oder jene Kontruktion möglich wird, dann ist es relativ schnell vorbei it der Einigkeit. So wird es aber nicht gelingen. Ich bin der Meinung, wir sollten – ein Stück weit vertehe ich den Beschluss vom Montag auch so – uns zuächst einmal fragen: Brauchen wir denn an der einen der anderen Stelle überhaupt eine Verfassungsändeung? (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1701207300

Nein, da sind Sie mir zu schnell, Frau Pothmer.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die brauchen wir für die Optionskommunen!)


ie haben schon in Ihrem Gesetzentwurf geschrieben,
ass Sie dies fordern, um die Existenz von Optionskom-
unen auf Dauer zu ermöglichen. Sie gehen davon aus,

ass wir dafür eine Grundgesetzänderung brauchen. Mir
iegen aber Stellungnahmen vor, in denen es heißt: Das
ann man auch anders sehen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Debatte ist schon zwei Jahre alt!)


as muss ausgelotet werden. Ich habe große Bedenken,
rau Kollegin Pothmer, dass wir jetzt alle auf eine
rundgesetzänderung dringen, aber am Schluss feststel-

en: Es gibt gar keine Zweidrittelmehrheit für die eine al-
ein selig machende Lösung.


(Anette Kramme [SPD]: Seien Sie ein bisschen wagemutig!)


ann sind aber wieder ein paar Monate ins Land gegan-
en.

Lassen Sie uns einmal sehen, was einfachgesetzlich
eht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ch glaube, die Erhöhung der Zahl der Optionskommu-
en ist auch einfachgesetzlich möglich.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nicht mal die Entfristung! Das wird der Bundespräsident nicht unterschreiben! Das wissen Sie!)


Herr Heil, es gibt durchaus ernstzunehmende unter-
chiedliche Auffassungen zu diesem Thema. Sie kennen
ie vorliegenden Gutachten genauso gut wie ich. Ich

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 939


(A) )


)

Dr. Heinrich L. Kolb
glaube nicht, dass man sich schon auf das eine oder an-
dere versteifen sollte. Wenn wir das tun, dann kommen
wir am Ende nicht zusammen.


(Anette Kramme [SPD]: Wann wollen Sie denn anfangen, zu arbeiten, wenn Sie sich noch nicht mal hier entscheiden wollen?)


– Frau Kramme, Sie müssen Ihr Herz über die Hürde
werfen. Bei dem Vorschlag einer moderaten Erhöhung
der Zahl der Optionskommunen kommt zum Ausdruck,
dass Sie über die Optionen nicht richtig glücklich sind;
Sie waren es von Anfang an nicht. Sie wollten die Op-
tionskommunen nicht, weil Sie das Bundessozialamt, die
zentrale Lösung, wollen, wohingegen wir die individu-
elle Lösung im Interesse der Menschen vor Ort anstre-
ben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hinten sitzt Herr Niebel! Den können wir mal fragen!)


Diesen Unterschied kann ich zwischen uns feststellen.
Die SPD gibt sich in Sonntagsreden immer gerne kom-
munalfreundlich. Aber wenn es dann um die Wurst geht
– Butter bei die Fische –, wenn es darum geht, all dieje-
nigen, die optieren wollen, auch optieren zu lassen, dann
sind Sie für die zentralen, durchorganisierten Einheits-
strukturen. Genau an dieser Stelle treffen Sie auf unsere
Bedenken. Wir wollen und tun das jedenfalls nicht.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701207400

Kollege Kolb, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

frage, in diesem Fall von der Kollegin Pothmer?


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat sich erledigt!)


– Das hat sich erledigt. Entschuldigung.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1701207500

Schade. Die Zwischenfrage hätte ich gerne beantwor-

tet. – Ich meine, wir sollten jetzt wirklich einmal mit
dem Zusammenführungsprozess anfangen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, dann fangen Sie mal an!)


Die Diskussion darüber muss auf Basis des Eckpunkte-
papiers des BMAS erfolgen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Warum denn?)


– Weil das Bundesministerium für Arbeit und Sozialord-
nung zuständig ist und die Ministerin an dieser Stelle
– ich habe ja gesagt, irgendwer hat immer den Hut auf –
diejenige ist, die die Diskussion voranbringen wird.

Ich finde, dass das Papier die Ausgangslage durchaus
richtig beschreibt. Wir müssen das ernst nehmen, was
die Mehrheit der Sozialminister beschlossen hat; wir
müssen aber auch das ernst nehmen, was die Minderheit
– fünf haben ja dagegen gestimmt; Mecklenburg-Vor-
pommern hat sich enthalten – vertritt. Wir müssen auch
ein offenes Ohr für die Kommunen haben, die zu Recht
befürchten – diese Befürchtung sollten wir ernst

n
S

w
w
s
s
w



s

D
W
w
B
j
a
m

d
V
P
c
z
s
e

s
w
d
s
V

D
u
s

V

(C (D ehmen –, dass sie neben der übermächtigen BA ein tück weit ins Hintertreffen geraten könnten. Im Papier stehen ja auch deutliche Prüfaufträge. Ich ill einmal den aus meiner Sicht wichtigsten nennen, eil meine Redezeit trotz der Zwischenfragen jetzt lang am zu Ende geht: Da geht es um die Prüfung von Tatbetandsvoraussetzungen, die dann auch eine Bindungsirkung für die Kommunen hätten. (Anette Kramme [SPD]: Ganz tolle Lösungen, die Sie da erwähnen!)


Frau Kramme, Sie wissen schon wieder alles besser.

Ich sage: Wir müssen das Problem ernst nehmen und
chauen, wie man es lösen kann.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das wollen wir auch!)


as ist die Erwartungshaltung, die die Länder haben.
enn wir angemessene Antworten finden, dann werden
ir am Ende auch Mehrheiten in beiden Kammern, im
undestag und im Bundesrat, bekommen. Wenn man

etzt wie Sie mit dem Kopf durch die Wand will und sich
uf die Position zurückzieht: „Das wollten wir schon im-
er“,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wer will das denn: mit dem Kopf durch die Wand?)


ann wird das nicht funktionieren. Sie müssen dann auch
erständnis dafür haben, dass wir auf die Position eines
artners, der sich so verhält, im Hinblick auf eine mögli-
he Grundgesetzänderung nicht eingehen können. Sie
eigen bisher keine Flexibilität; diese lassen Sie voll-
tändig vermissen. Das ist aus unserer Sicht dann auch
in Problem.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Ich finde, der Beschluss vom Montag verfolgt insge-
amt eine gute Linie. In den Ziffern 3 und 4 werden ja
ichtige Punkte aufgezeigt. Es heißt dort nicht nur, dass
ie Zahl der Optionskommunen erweitert werden soll,
ondern auch, dass wir weiterhin bereit sind, über eine
erfassungsänderung zu diskutieren.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ach?)


as ist eine umfassende und breite Plattform, auf der wir
ns alle zum Gespräch zusammenfinden können und
ollten.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, dann laden Sie mal ein, Herr Kolb!)


Die Art und Weise, wie SPD und Grüne heute ihre
orschläge präsentiert haben,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht ihr mal einen Vorschlag! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie haben keinen Vorschlag gebracht, den wir in den Beratungen brauchen können!)


(B)


940 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
nämlich nach dem Motto: „Wir wissen schon am besten,
wie es geht“, ist jedenfalls am Ende weder effektiv noch
zielführend. Deshalb fordere ich Sie auf: Gehen Sie in
sich! Nehmen Sie das Gesprächsangebot an! Wir sind in
den Ausschussberatungen zu Gesprächen bereit. Ich
freue mich darauf.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Niebel, was sagen Sie denn dazu?)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701207600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Brigitte Pothmer

für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701207700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Dörflinger, ich fand Ihre Rede sehr interessant, weil Sie
hier deutlich gemacht haben, dass Sie durchaus bereit
sind, über das hinauszugehen, was in der Koalitionsver-
einbarung beschlossen worden ist. Das ist ein sehr wich-
tiges und ein sehr deutliches Signal. Das ist auch ange-
kommen.

Ich will hier nichtsdestotrotz noch einmal darüber re-
den, was diese Koalition eigentlich vorschlägt, also wo-
rauf Sie sich in ihrer Koalitionsvereinbarung verständigt
haben, nämlich auf eine getrennte Trägerschaft mit der
Möglichkeit freiwilliger Kooperation. Mit diesem Mo-
dell gehen Sie ins Rennen. Das heißt nichts anderes, als
dass sich die Behörden trennen müssen, um dann wieder
zusammenzuarbeiten. Übertragen auf ein Paar würde das
bedeuten: Sie zwingen das Paar zur Scheidung, hinterher
muss es dann aber zusammenwohnen, allerdings nicht
unter den alten Bedingungen einer gleichberechtigten
Partnerschaft, sondern unter den Bedingungen eines Pa-
triarchats. Nach Ihrem Modell hat nämlich nur die BA
das Sagen; die Schlüsselgewalt liegt allein bei der BA.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU
– es sind ja immer mehr Kollegen bei Ihnen als Kolle-
ginnen –, ich möchte Ihnen eines sagen: Nicht nur die
Frauen lassen sich das nicht mehr bieten,


(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Die Männer auch nicht!)


auch die Kommunen sind selbstbewusster geworden.
Mit einem solchen Modell kommen Sie nicht durch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nein, eine getrennte Aufgabenwahrnehmung ist
wirklich die denkbar schlechteste Lösung. Daran ändert
auch die Möglichkeit zur freiwilligen Kooperation
nichts. Sie ist schlecht für die Arbeitsuchenden. Sie schi-
cken diese wieder von Pontius zu Pilatus.


(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Das ist endgültig das Ende der Hilfe aus einer Hand.

Zugleich wird auf diese Weise eine Unmenge an
Geld verschlungen. Berechnungen zufolge sind es

8
G
k
g

K

d

f
K
l
b
h
R

d
g
d
v

u
m
L
b
B
g

j
w
e
g
v
n
n

(C (D 00 Millionen Euro jährlich mehr an Verwaltungskosten, eld, das von der Verwaltung gefressen wird und das einem Arbeitslosen und keiner Arbeitslosen zur Verfüung steht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ein Skandal ist das! Unglaublich!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701207800

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Peter Weiß?


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701207900

Ja, bitte.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701208000

Bitte sehr.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1701208100

Frau Kollegin Pothmer, weil Sie Ihre Rede mit einer

ramatischen Trennungsgeschichte gestartet haben,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das hat nichts mit Bürgerlichkeit zu tun!)


rage ich Sie: Würden Sie bitte den Kolleginnen und
ollegen in diesem Hohen Hause und auch der Öffent-

ichkeit bestätigen, dass die sogenannte getrennte Aufga-
enwahrnehmung nach dem Sozialgesetzbuch II bereits
eute möglich ist und dass es in Deutschland eine ganze
eihe von Landkreisen gibt,


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 20!)


ie sich freiwillig dazu entschlossen haben, keine Arge
emeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit zu grün-
en, sondern eine getrennte Aufgabenwahrnehmung zu
erfolgen,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das wollen Sie allen verordnen!)


nd würden Sie zweitens bestätigen, dass man, wenn
an die Rankinglisten in Bezug auf die Aktivierung von
angzeitarbeitslosen und deren Vermittlung in den Ar-
eitsmarkt anschaut, feststellt, dass unter den Besten der
esten Argen, Optionskommunen und Landkreise mit
etrennter Aufgabenwahrnehmung sind?


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701208200

Lieber Herr Weiß, ich bestätige gerne, dass es schon

etzt ungefähr 20 Kommunen mit getrennter Aufgaben-
ahrnehmung gibt. Es ist allerdings nicht so, dass diese

rst geschieden werden mussten; sie haben immer
etrennt voneinander gelebt, Herr Weiß. Die Ergebnisse
on deren Arbeit kommen allerdings nicht an die Ergeb-
isse der Arbeit der Argen und einiger Optionskommu-
en heran.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 941


(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Ich weiß nicht, welche Untersuchungen Sie lesen. Eine
Studie des IAQ jedenfalls kommt genau zu einer gegen-
teiligen Feststellung. Das ist ein weiterer Grund, warum
wir sagen, dass die getrennte Trägerschaft keine Pers-
pektive hat. – Ich danke Ihnen für Ihre Frage; das war
meine Antwort.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Ich danke Ihnen, dass Sie bestätigt haben, dass es so ist!)


Ich war gerade dabei, zu erläutern, warum die ge-
trennte Aufgabenwahrnehmung eine schlechte Lösung
ist. Ein weiterer Grund ist, dass sie unpraktikabel ist. An
dem Papier der Ministerin können Sie sehen, was das für
ein Gewürge wird. Das lässt sich verwaltungsmäßig
überhaupt nicht vollziehen.

Zudem ist es ein bürokratischer Irrsinn. Frau Kipping,
Sie haben gesagt, die Zahl der Verfahren vor den Gerich-
ten werde sich verdoppeln. Nein, die Zahl der Verfahren
wird sich verdreifachen;


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das wissen Sie schon?)


denn die Länder haben darauf bestanden, ebenfalls ge-
gen die Bundesagentur für Arbeit klagen zu können. Das
heißt, nicht nur die Betroffenen klagen gegen die Kom-
munen und die BA, sondern auch die beiden Träger
befehden sich vor Gericht.

Herr Kolb, jetzt müssten Sie mir einmal sagen, ob es
das ist, was Sie unter Bürokratieabbau verstehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Überhaupt nicht!)


Außerdem wüsste ich gerne, ob Sie das meinen, wenn
Sie sagen, die Arbeit der Jobcenter solle einfacher und
wirksamer werden. Ich komme gleich wieder mit meiner
Koralle, wenn das so weitergeht!


(Heiterkeit bei der SPD)


Im Übrigen hätten Sie die getrennte Aufgabenwahr-
nehmung längst haben können. In der letzten Legislatur-
periode, unmittelbar nach dem Bundesverfassungsge-
richtsurteil, hat Herr Scholz dieses Konzept dem Hohen
Hause vorgelegt, und wir haben es mit, wie ich finde,
guten Gründen abgelehnt.

Jetzt will ich Ihnen einmal sagen, was der Kollege
Niebel für die FDP zur getrennten Aufgabenwahrneh-
mung gesagt hat: Eine geteilte Verantwortung bedeutet
Zuständigkeitschaos und doppelte Bürokratie. – Ein klu-
ger Mann! Das gilt nicht für seine Position im Entwick-
lungsministerium; aber in dieser Frage hatte er einmal
recht.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie es Ihnen gerade passt! So geht es auch nicht! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ein Lichtblick im Niebel!)


m
n
w
s

h
n
u
w

D
b

g
g

n
i
i
t

b
s
g
g
l
g


d
s
T

g
i
b
i
s
m
L
u
d

B
J
k
S
u

(C (D Man sieht ja auch: Die Allianz der Gegner wird imer breiter. Die Länder akzeptieren das ausdrücklich icht. Es ist eine Falschinterpretation, Frau Ministerin, enn Sie das anders darstellen. Die Kommunen sind trikt dagegen. Herr Kolb, 169 Kommunen aben sich nach einer Umfrage des Landkreistages jetzt och einmal für die Option entschieden – aber doch auch nter dem Damoklesschwert der getrennten Aufgabenahrnehmung! Das muss man deutlich sagen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Thomas Dörflinger [CDU/CSU]: 171!)


ie Wohlfahrtsverbände sehen die Interessen der Ar-
eitslosen gefährdet.

Nach der Rede, die wir heute von Herrn Dörflinger
ehört haben, aber auch nach dem, was der von mir sehr
eschätzte Kollege Karl Schiewerling ausgeführt hat,


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Guter Mann!)


ämlich dass sie die Hilfe aus einer Hand wollen, kann
ch nur sagen: Auch in der CDU/CSU-Fraktion gibt es
nzwischen Widerstand gegen den Vorschlag des Minis-
eriums.

Frau Ministerin von der Leyen, ich frage Sie: Was
ringt Sie zu der Annahme, dass Sie den Widerstand die-
er breiten Allianz eher überwinden könnten, als Ihre ei-
ene Fraktion zur Vernunft zu bringen? In Ihrer Fraktion
ibt es doch auch vernünftige Leute. Glauben Sie wirk-
ich, dass in Ihrer Fraktion alle Kolleginnen und Kolle-
en Nägel vor den Köpfen haben?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Bretter vor den Köpfen!)


Genau. Ich danke Ihnen, Herr Kolb. – Ich plädiere aus-
rücklich für eine Grundgesetzänderung. Diese ließe
ich auch viel schneller umsetzen als die angestrebte
rennung.

Ich sage an dieser Stelle noch einmal: Aufgrund der
rößten Wirtschaftskrise, die wir jemals hatten, wird es
m kommenden Jahr eine Zunahme der Zahl der Ar-
eitslosen geben. Darin sind sich alle einig. Aber genau

n diesem Jahr wollen Sie die Jobcenter zur Großbau-
telle machen. Da werden die Beschäftigten der Jobcenter
it sich selbst zu tun haben. Sie werden Akten kopieren,
iegenschaften einrichten, EDV-Programme anschaffen
nd Umzugskisten packen. Das ist aber nicht die Aufgabe,
ie jetzt ansteht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Herr Weise hat doch vollkommen recht. Unter diesen
edingungen laufen Ihnen die Beschäftigten in den
obcentern weg; sie werden zu den Kommunen zurück-
ehren. Ich frage Sie einmal: Mit welchen Leuten wollen
ie die getrennte Aufgabenwahrnehmung dann noch
msetzen?

942 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Meine Damen und Herren von der CDU/CSU und
von der FDP, Sie ziehen die Kommunen tatsächlich
durch den Kakao. In den letzten Jahren sind Sie alle he-
rumgelaufen und haben gesagt, Sie wollten die Kompe-
tenz der Kommunen in dieser Frage stärken. Ich finde, es
ist wirklich ein Treppenwitz der Weltgeschichte, dass
gerade die Koalition der selbsternannten Freunde der
Kommunen jetzt damit ankommt – die FDP war gera-
dezu besessen darauf, die BA abzuwickeln; die CDU/
CSU hat nur den Kommunen in der Arbeitsmarktpolitik
etwas zugetraut –, die Machtansprüche der BA gegen die
Kommunen durchzusetzen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Da haben Sie etwas falsch verstanden, Frau Pothmer!)


Sie fördern den Zentralismus und setzen die Kommunen
an den arbeitsmarktpolitischen Katzentisch. Das werden
die sich nicht bieten lassen – und wir uns schon gar
nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es geht um die Wahrnehmung der Interessen der Kommunen! Da müssen Sie genau hinhören!)


Ich will noch auf einen anderen Punkt hinweisen; er
richtet sich an die Verfassungsästheten. Sie sagen, dass
man für so etwas keine Verfassung ändern könne. In den
letzten 60 Jahren ist die Verfassung 60-mal geändert
worden. Sie ist geändert worden, als es um die Neuver-
teilung der Einnahmen aus der Kfz-Steuer ging; sie ist
geändert worden für Tod und Teufel. Auch Ihr Vor-
schlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, ist nicht verfas-
sungskonform. Ich prognostiziere Ihnen schon jetzt, dass
es zu neuen Klageverfahren kommen wird. Das wird zu
einem neuen Chaos führen. Das können Sie weder den
Beschäftigten in den Arbeitsagenturen noch den Arbeits-
losen zumuten. Jahrelange Debatten und Rechtsstreite-
reien – das dürfen wir nicht zulassen. Wir brauchen eine
verfassungsgemäße Regelung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte jetzt noch etwas zu dem Vorschlag der
Kollegen der SPD sagen. Wir sehen doch, dass Sie mit
dem alten Vorschlag, nur die 69 Optionskommunen ver-
fassungsgemäß abzusichern, nicht weiterkommen. Ich
freue mich wirklich über das Signal und gehe davon aus,
dass unsere sozialdemokratischen Freunde dem Vor-
schlag, den wir von der grünen Fraktion als Friedensan-
gebot auf den Tisch gelegt haben, zustimmen und dass
sich bei Ihnen von der CDU/CSU-Fraktion Kollegen wie
Dörflinger und Schiewerling durchsetzen.

Herr Kolb, Sie haben gesagt: Wir wollen zusammen-
führen. – Unser Vorschlag ist ein Friedensangebot und
führt die unterschiedlichen Anforderungen tatsächlich
zusammen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Unter Ihren Bedingen!)


Es gewinnen wirklich alle. Union und FDP können mit
ihrem Beschluss doch nicht wirklich zufrieden sein.

W
S
k
d
n
A
k
d
r
W
w
V
i

u
l
t

w
w
b
L

d

u
s
i
n
F

W
w
T
B
u

N
ß
d
n
k
l
2
3
s
P
a
d
G

(C (D enn Sie unserem Vorschlag zustimmen, dann stärken ie die Kommunen in ihren Kompetenzen. Die SPD önnte mit unserem Vorschlag ihr Konzept der Argen, as auch wir richtig finden, weiterführen. Die Kommuen hätten die Wahl, mithilfe welchen Konzepts sie ihre rbeit machen wollen. Die Bundesagentur für Arbeit beäme nicht lauter unwillige Bräute untergeschoben, sonern könnte sich weiterentwickeln und tatsächlich an iher Aufgabe wachsen. Die Arbeitslosen – das ist das ichtigste – hätten weiterhin Hilfe aus einer Hand, und ir müssten nicht dauernd fürchten, dass es zu weiteren erfassungsklagen kommt. Wir hätten endlich Sicherheit n dieser Frage. All diese Argumente sprechen für die Unterstützung nseres Vorschlages. Ich bitte Sie im Sinne der Arbeitsosen dringend: Springen Sie über Ihren Schatten, und un Sie etwas für die Arbeitslosen! Frau Ministerin, das letzte Wort richte ich an Sie. Sie issen, ich schätze Sie und auch Ihre Kampfkraft. Desegen würde ich mich wirklich freuen, wenn Sie für die este Lösung und nicht für die vermeintlich einfachere ösung kämpfen würden. Ich danke Ihnen. Nächster Redner ist der Kollege Paul Lehrieder für ie Fraktion der CDU/CSU. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen nd Kollegen! Mit den heute hier zu behandelnden Geetzentwürfen der SPD sind wir bereits vertraut. Sie sind nhaltsgleich mit den Referentenentwürfen des damals och SPD-geführten Bundesarbeitsministeriums vom ebruar 2009. (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Der SPD fällt einfach nichts Neues ein!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701208300

(Beifall bei der CDU/CSU)

Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1701208400

ie wir bereits gehört haben, verfolgen diese Entwürfe
ie auch der Entwurf der Grünen das Ziel, die SGB-II-
rägerschaft neu zu ordnen und damit das Urteil des
undesverfassungsgerichts vom 20. Dezember 2007
mzusetzen.

Das will die Koalition im Ergebnis natürlich auch.
ach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts versto-
en die derzeitigen Regelungen im SGB II hinsichtlich
er Zusammenarbeit von Bundesagentur und Kommu-
en als unzulässige Mischverwaltung gegen das Demo-
ratieprinzip des Grundgesetzes. Die derzeitigen Rege-
ungen sind deshalb nur noch bis zum 31. Dezember
010 gültig. Nach den SPD-Entwürfen sollen die derzeit
46 Argen und 20 getrennten Trägerschaften als eigen-
tändige Anstalten des öffentlichen Rechts mit eigener
ersonalhoheit und eigenem Haushalt im Grundgesetz
ls zulässige Form der Mischverwaltung verankert wer-
en. Sie sollen zukünftig Zentren für Arbeit und
rundsicherung, ZAGs, heißen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 943


(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
Unsere Fraktion sieht ebenso wie die Kollegen der
SPD dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich der Neu-
organisation der SGB-II-Trägerschaften. Ihren Vor-
schlag, liebe Kolleginnen und Kollegen vom ehemaligen
Koalitionspartner, lehnen wir jetzt aber genauso ab, wie
wir das schon im März dieses Jahres getan haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dies tun wir aus guten Gründen:

Erstens. Es gilt, die Grundsätze der Verfassung zu be-
achten und die Verfassung nicht regelmäßig an unsere
Wünsche anzupassen. Liebe Frau Kollegin Pothmer,
auch wenn wir das in der letzen Legislaturperiode etliche
Male tun mussten, hätte ich es geschätzt, wenn Sie ge-
sagt hätten: Wir fummeln nicht jedes Mal an der Verfas-
sung herum, wenn uns irgendein Ergebnis nicht passt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das Bundesverfassungsgericht hat das heutige Sys-
tem der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsagentur und
Kommunen in den Argen als grundgesetzwidrig verwor-
fen, weil es darin einen Verstoß gegen das Demokratie-
gebot des Grundgesetzes sieht. Für den Bürger ist nicht
klar, welche politische Einheit – Bund oder Kommune –
für die Entscheidungen der heutigen Jobcenter letztlich
verantwortlich ist.

Das Wesen der Demokratie ist es aber, dass der Wäh-
ler seine Zustimmung oder Ablehnung konkreter staatli-
cher Entscheidungen auch auf seinem Wahlzettel mit der
Wahl oder Abwahl von Parteien und Politikern doku-
mentieren kann. Die Mischverwaltung der Jobcenter
lässt dies nicht zu. Die vorgeschlagene Grundgesetzän-
derung würde dieses Demokratiedefizit aber gerade
nicht lösen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das sehen die Kommunen aber anders!)


Wenn die Hartz-IV-Verwaltung tatsächlich weder dem
Bund noch den Ländern eindeutig zugeordnet würde,
wäre eine zusätzliche neue staatliche Ebene zwischen
beiden gegeben. Die Hartz-IV-Verwaltung hätte damit
einen stärken Stand als unsere Städte und Gemeinden,
die innerhalb der bundesstaatlichen Ordnung als Teile
der Länder gelten.

Zweitens. Mit der Einrichtung der sogenannten ZAGs
würde eine zusätzliche Bürokratie geschaffen, die die
Kräfte in den Arbeitsgemeinschaften unnötig binden
würde, und das genau in einer Zeit, in der aufgrund der
Wirtschaftskrise mit schwierigen Verhältnissen auf dem
Arbeitsmarkt zu rechnen ist. Es müssten überall circa
370 neue Behörden gegründet werden; man müsste Ge-
schäftsordnungen erlassen, Personalvertretungen und
Geschäftsführer neu wählen, dazu noch neue Gremien
gründen, besetzen und arbeitsfähig machen. Das kann
aber nicht Sinn der Sache sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Arbeitsgemeinschaften sollen sich um die Arbeitslo-
sen kümmern und sich nicht mit sich selbst beschäftigen.

N
B
b
b

d
J
m

D
c
z

f
f
te
b
u
d
F
v
B

L
d
t
L


K
e
d
d
m
b


n

(C (D (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aber das machen sie doch!)


Die jetzige Regierungskoalition geht anders an die
euorganisation der SGB-II-Verwaltung heran. Das
undeskabinett hat in der Klausurtagung von Mese-
erg am 16. und 17. November gemäß Koalitionsvertrag
eschlossen:

Die Neuorganisation der Durchführung der Grund-
sicherung für Arbeitsuchende soll erfolgen, indem
die Aufgabenwahrnehmung und Finanzierung der
Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne Ände-
rung des Grundgesetzes und ohne Änderung der Fi-
nanzbeziehungen gestaltet werden. Dazu werden
die Erfahrungen der Länder und der Kommunen
sowie der Bundesagentur für Arbeit in getrennter
Aufgabenwahrnehmung genutzt. Die heutigen Op-
tionskommunen sollen ihre Aufgaben dauerhaft
wahrnehmen können.

Weil bereits von einigen Vorrednern die Steigerung
er Zahl der Optionskommunen angesprochen wurde:
a, es gibt eine Umfrage, nach der ein Großteil der Kom-
unen zur Option tendiert.


(Anette Kramme [SPD]: Weil die Schiss vor den Plänen haben!)


a muss man den Landräten aber auch mitteilen, zu wel-
hen Konditionen, mit welchen Eckdaten die Option ge-
ogen werden kann; auch das gehört zur Redlichkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir folgen bei der Neuregelung der Trägerschaft
olgenden Orientierungslinien: Das Gesetzgebungsver-
ahren muss transparent sein. Wir müssen mit allen Be-
iligten sprechen – also mit Ländern, Kommunen, Ar-
eitnehmervertretern und der Bundesagentur für Arbeit –,
m eine sachgerechte Lösung für die Zeit ab 2011 zu fin-
en. Die künftige Lösung muss den Grundsätzen der
öderalismusreform I, dem Demokratieprinzip, dem Selbst-
erwaltungsrecht der Kommunen und dem Urteil des
undesverfassungsgerichts entsprechen.

Um zu einer möglichst tragfähigen und differenzierten
ösung zu kommen, hat unsere Fraktion jetzt, nachdem
ie Bundesregierung die Eckpunkte für die Neuorganisa-
ion des SGB II vorgelegt hat, eine Projektgruppe ins
eben gerufen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Toll! Eine tolle Kommission! Super!)


Ja, natürlich, Herr Heil. Da sind wir schneller als der
ollege Scholz vor einem Dreivierteljahr. – Sie wird

ine einheitliche politische Maßgabe für die Umsetzung
er Reform erarbeiten. Erste Gespräche fanden bereits in
er laufenden Woche statt. Wir nehmen die Kommunen
it. Herr Heil, darauf können Sie sich verlassen; Sie

rauchen keine Bedenken zu haben.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ins Nirwana!)


Nicht ins Nirwana. Die Zeiten, in denen die Kommu-
en ins Nirwana geführt wurden, sind vorbei.

944 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
Die wesentlichen Ziele der Zusammenlegung von Ar-
beitslosen- und Sozialhilfe waren und sind das Fördern
und Fordern und der Zugang aller Hilfebedürftigen zu
den Arbeitsmarktinstrumenten und der Arbeitsvermitt-
lung der BA. Dieser Zusammenhang und die klare ar-
beitsmarktpolitische Ausrichtung des SGB II müssen ge-
wahrt bleiben.

Gerade jetzt, zum fünften Jahrestag der SGB-II-Ge-
setzgebung, zeigt sich der Erfolg dieses Prinzips. So hat
die Frankfurter Rundschau gestern geschrieben:

Der deutsche Arbeitsmarkt schafft mehr Stellen als
in der Vergangenheit. Das scheinbare Naturgesetz,
dass die Arbeitslosigkeit im Trend immer steigt, ist
gebrochen.

Weiter heißt es, dass „Hunderttausende den Weg zu-
rück in die Berufswelt gefunden“ haben. Lieber Herr
Heil, es war nicht alles falsch, was die SPD mit großer
Zustimmung der Union damals auf den Weg gebracht
hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


– Sie hätten ruhig länger klatschen können. – Dieser
große Erfolg wäre ohne die Arbeitsmarktreformen nicht
möglich gewesen.

Frau Kollegin Kipping, Sie haben eben in Ihrer Rede
das dramatische Beispiel angeführt, dass die Ausbil-
dungsvergütung auf die Hartz-IV-Leistungen ange-
rechnet wird. Wir haben vor zwei Wochen hier in diesem
Hause über die Anrechnung von Schüler- und Studen-
tenjobs usw. auf Hartz-IV-Leistungen diskutiert. Wir ha-
ben zugesagt, bis zum Sommer zu prüfen, ob diese Er-
werbseinkommen von der Anrechnung auf Hartz IV
befreit werden. Auch hier gilt – ich wiederhole es gern –:
Hartz IV ist ein lernendes System, das jetzt genau fünf
Jahre alt ist. Da ist noch nicht alles perfekt; da muss
nachjustiert werden. Das ist korrekt. Frau Ausschussvor-
sitzende, ich kann Ihrer Kritik in einigen Punkten etwas
Positives abgewinnen.

Bei der jetzt anstehenden Neuregelung der SGB-II-
Verwaltung muss darauf geachtet werden, dass auch
künftig kommunale Lösungen möglich sind und kom-
munale Belange berücksichtigt werden. Die Städte und
Kreise verfügen über die notwendigen sozialen Kompe-
tenzen, um gerade Personen mit komplizierten Vermitt-
lungshemmnissen wieder fit für den Arbeitsmarkt zu
machen und in Beschäftigung zu bringen. Den Kommu-
nen, die sich dieser Aufgabe stellen wollen, muss die
Möglichkeit einer eigenständigen Trägerschaft gewährt
werden.

Ein einheitlicher Bescheid über die passiven Geldleis-
tungen war und ist nicht das ausschließliche Ziel des
SGB II. Das beweisen schon die 20 Kommunen – Frau
Pothmer, Sie würden sagen, sie leben in wilder Ehe zu-
sammen –,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


die schon heute auf freiwilliger Basis gut und konstruk-
tiv mit den Arbeitsagenturen zusammenarbeiten. Den

b
h
d
w

A
s
k
r
h
k

m
S
Z
W
v

m
s
i
z
s
b



w
T
k
s
w
e

g
s
a
d
v


D
m
H

(C (D etroffenen Mitbürgern ist es wichtiger, dass ihnen geolfen wird, wobei es aus ihrer Sicht unerheblich ist, ob ie Hilfe mit einem oder mit zwei Bescheiden gewährt ird. (Beifall bei der CDU/CSU – Anette Kramme [SPD]: Zwei! Vier!)


uch in diesem Fall kann zum Beispiel eine gemein-
ame Antragstellung organisiert werden. Vor Gericht
önnen Klagen gegen zwei Bescheide zu einem Verfah-
en verbunden werden. Für die Betroffenen entstehen
ierdurch keine Nachteile. Statt der Hilfe aus einer Hand
ann es daher künftig die Hilfe unter einem Dach geben.

Unsere Leitlinien lauten wie folgt. Erstens. Die opti-
ale Hilfe für arbeitsuchende Menschen muss an erster
telle stehen. Das sage ich insbesondere für die vielen
uschauer an den Fernsehgeräten, die wissen wollen:
ie wird mir geholfen? Wird mir auch in einem Jahr

ernünftig geholfen werden können? Daran arbeiten wir.

Zweitens. Die Trägerschaft der Optionskommunen
uss auf jeden Fall entfristet werden. Dieses Modell hat

ich bewährt. Für diese Kommunen und insbesondere
hre Mitarbeiter muss der Modellcharakter in eine feste,
ukunftssichere Form gewandelt werden, um Planungs-
icherheit im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitar-
eiter zu schaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Warum nicht in den Argen?)


Das habe ich Ihnen vorhin gesagt.

Drittens. Die neue Organisation im SGB II muss ge-
ährleisten, dass die arbeitslosen Menschen von den
rägern vor Ort in partnerschaftlichem Zusammenwir-
en durch den Einsatz des arbeitsmarktpolitischen In-
trumentariums effizient in Beschäftigung vermittelt
erden können. Das gilt für die Zukunft mindestens

benso wie für die letzten Jahre.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich bin sicher, dass wir gemeinsam mit der Bundesre-
ierung auf dieser Grundlage ein tragfähiges Modell zu-
tande bringen. Unter diesen Gesichtspunkten will ich
uch eine eventuelle Kompromisslösung auf Grundlage
er Gesetzentwürfe der SPD und der Grünen nicht von
ornherein ausschließen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Von Ihrer Fraktion bekommen Sie keinen Applaus!)


Ich bin ebenso aufgeschlossen wie die Kollegen
örflinger und Schiewerling. Wir halten nicht stur und
it Scheuklappen an unserer Meinung fest, lieber Herr
eil. Auch wir lernen dazu.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Anette Kramme [SPD]: Es wäre schön, wenn Sie den Rest dort auch noch überzeugen könnten!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 945


(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
Voraussetzung ist, dass für arbeitsuchende Menschen
ein solcher Kompromiss, die optimale Hilfe aus einer
Hand, so bürokratiearm wie möglich ist.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701208500

Nun hat das Wort die Kollegin Anette Kramme für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1701208600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren von der Union! Es
ärgert mich ein wenig, wenn Sie sich den Heiligenschein
als vermeintliche Schützer des Grundgesetzes aufsetzen.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Lieber einen Heiligenschein als scheinheilig!)


Dieses Grundgesetz ist seit seinem Inkrafttreten unend-
lich oft geändert worden. Es beinhaltet die Ewigkeitsga-
rantie, die einen tatsächlichen Schutz bewirkt. Ich sage
Ihnen: Es gab weitaus nichtigere Zwecke, für die wir das
Grundgesetz geändert haben.

Das IAB hat in den letzten Tagen eine Feststellung
getroffen, die ich sehr wichtig finde, nämlich: Die Job-
center funktionieren, die Langzeitarbeitslosigkeit ist re-
duziert worden, und die Arbeitsmarktinstrumente grei-
fen grundsätzlich.


(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Und Hartz IV wirkt präventiv!)


Was Sie von Union und FDP machen, ist dagegen un-
verantwortlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben jahrelang nichts zustande gebracht!)


Sie wollen funktionierende Behördenstrukturen aus-
einanderreißen. Schade ist, dass nicht Sie die Leidtra-
genden sind, sondern die Arbeitsuchenden in der Bun-
desrepublik Deutschland. Ich sage: Das kann und darf
nicht sein.


(Beifall bei der SPD)


Dabei könnte die Geschichte so einfach sein. Denken
Sie an das Frühjahr 2009 zurück, als alle Ministerpräsi-
denten dem Gesetzentwurf von Olaf Scholz zugestimmt
haben. Vielleicht erinnern Sie sich noch – obwohl ich
vermute, es ist Ihnen unangenehm – an die Arbeitsminis-
terkonferenz vom 25. und 26. November. Alle Bundes-
länder mit Ausnahme von Baden-Württemberg haben
sich für das ZAG ausgesprochen. Auch wenn man den
aktuellen Beschluss der Arbeitsministerkonferenz liest,
stellt man fest: Im Prinzip ist keine andere Situation ge-
geben.


(Beifall bei der SPD)


Der Beschluss ist für die Arbeitsministerin mehr
Schein als Sein. Die Länder sagen, sie nähmen das Eck-

p
g
e
D
w
g
n

E
d
m
g
m
A
z
e
d
w
s
k
M
g
s
w
d
k
h
w
p
i
Ü
h

G
p
f

d
L
w
r
m
s
a

k

(C (D unktepapier zur Kenntnis; es sei ein diskussionswürdier Ansatz. Sie machen hohe Auflagen, die letztlich nur rfüllt werden können, wenn sie das ZAG umsetzen. ann gibt es noch den kleinen Hinweis darauf, dass man eiterhin bereit ist, eine Verfassungsänderung mitzutraen. Ich sage: Lauer kann der Beifall für eine Arbeitsmiisterin nicht sein. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber lauer kann er für eine SPD-Sprecherin auch nicht sein!)


Halten wir uns vor Augen, was die Umsetzung Ihres
ckpunktepapieres bedeuten würde: Die Arbeitsuchen-
en bekommen zwei Bescheide. Im schlimmsten Fall
üssen sie zwei Widerspruchsverfahren und zwei Kla-

everfahren durchführen. Wenn sie irgendwelche Infor-
ationen einholen wollen, dann haben sie nicht einen
nsprechpartner, sondern müssen sich grundsätzlich an

wei Behörden wenden. Viele Aufgaben müssen doppelt
rledigt werden, beispielsweise die Außendienste oder
er Forderungseinzug. Völlig unklar ist, was passiert,
enn Agentur und kommunale Träger zu einer unter-

chiedlichen Einschätzung einerseits der Erwerbsfähig-
eit und andererseits der Hilfebedürftigkeit kommen.
an stelle sich auch vor, was bei einer einfachen Ein-

liederungsvereinbarung passiert – tagtägliches Ge-
chäft –: Da sollen kommunale Leistungen einbezogen
erden. Jedes Mal müssen die Telefone heißlaufen,
amit die Zustimmung der Kommune eingeholt werden
ann. Die kommunalen Träger, obwohl Sie sie so hoch
ängen und sagen, deren Wissen sei entscheidend,
erden keinen relevanten Einfluss auf die Arbeitsmarkt-
olitik mehr haben. Es gibt keine Lösung für die IT. Es
st auch sehr fraglich, ob kommunale Beschäftigte in der
bergangszeit der BA hinreichend zur Verfügung ste-
en.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: All diese Fragen haben Sie damals nicht aufgeworfen, als Sie Hartz IV eingeführt haben!)


erade in einer Arbeitsmarktkrise ist es eine Katastro-
he, dass Sie die Funktionsfähigkeit dieses Ladens in-
rage stellen wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


All diese Punkte könnten gelöst werden, wenn sich
ie Bundesregierung zu dem Kompromiss zwischen
ändern und Bund vom Anfang dieses Jahres bekennen
ürde. Die bewährten Jobcenterstrukturen bleiben auf-

echterhalten. Das ZAG bringt zusammen, was zusam-
engehört. Wir bieten den Arbeitsuchenden und den Be-

chäftigten verlässliche Kontinuität, den geringsten Grad
n Bürokratie und letztlich deutlich weniger Kosten.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Deswegen waren Sie schon immer Anhänger der Optionskommunen!)


Weihnachten ist bekanntlich die Zeit der Besinnlich-
eit.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Gehen Sie in sich, Frau Kramme!)


946 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Anette Kramme
Ich hoffe, dass diese Regierung nicht nur besinnliche
Weihnachtstage verbringt, sondern endlich auch zur Be-
sinnung kommt.

In diesem Sinne herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701208700

Für die FPD-Fraktion hat nun das Wort die Kollegin

Gabriele Molitor.


(Beifall bei der FDP)



Gabriele Molitor (FDP):
Rede ID: ID1701208800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir von

der FDP-Bundestagsfraktion nehmen soziale Verantwor-
tung ernst,


(Beifall bei der FDP)


und zwar so ernst, dass wir auch die Hausaufgaben erle-
digen, die andere aufbekommen haben.

Es ist jetzt zwei Jahre her, dass das Bundesverfas-
sungsgericht eine Neuorganisation der Argen gefordert
hat. In der letzten Legislaturperiode hat es die Vorgän-
gerregierung nicht vermocht, eine langfristig wirksame
Neuregelung für die Jobcenter zu schaffen.


(Beifall bei der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das müssen wir festhalten! Wir müssen das jetzt aufholen!)


Wir stellen uns dieser Aufgabe; denn eine echte Reform
tut dringend not. Wir sind es den Millionen Menschen,
die arbeitslos sind, schuldig, und wir sind es der Solidar-
gemeinschaft, bestehend aus Beitrags- und Steuerzah-
lern, schuldig. Eines ist doch klar: Viele Menschen, die
schon lange arbeitslos sind, leiden unter ihrer Situation
und möchten wieder selbst für ihren Lebensunterhalt
aufkommen. Sie brauchen Betreuung, Beratung und Un-
terstützung. Dabei ist es wichtig, jeden einzelnen indivi-
duell zu fördern und auch zu fordern.


(Beifall bei der FDP)


Als Stadtverordnete meiner Heimatstadt Erftstadt
habe ich beobachtet, wie quälend lange es gedauert hat,
bis die Arge endlich ihre Tätigkeit aufgenommen hat.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und jetzt wollen Sie sie zerschlagen!)


Das lag nicht an den Mitarbeitern. Eine Immobilie
musste gefunden werden. Zeitgleich wurden Mitarbeiter
rekrutiert. Es war gar nicht so einfach, aus Mitarbeitern
aus der Stadtverwaltung, die häufig aus dem Sozialamt
stammten, und Mitarbeitern aus der Bundesagentur ein
Team zu bilden. Von den Schwierigkeiten bei der Daten-
verarbeitung will ich erst gar nicht reden.

Für eine Neuregelung bleibt uns nicht viel Zeit. Des-
halb begrüßen wir das Eckpunktepapier der Arbeits- und
Sozialministerin als vernünftige Diskussionsgrundlage.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


d
k
l
w
s
m

G
w
f
a

D
m
k
z
u

D
m
z

E
b
g
B
E
d
l

B
d
t

E
M

s
e

E
z
s

(C (D Folgende Punkte sind der FDP-Bundestagsfraktion abei besonders wichtig: Wir brauchen klare Zuständigeitsregeln. Wir wollen Hilfebedürftige nicht zu Bittstelern degradieren und sie von Amt zu Amt schicken. Wir ollen die Zahl der Vermittlungen in Arbeitsverhältnisse teigern, und wir wollen die Kompetenzen der Komunen weiter stärken. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


erade die letzte Forderung ist uns Liberalen besonders
ichtig. Das Prinzip der gleichen Augenhöhe soll auch

ür die Zusammenarbeit von Kommunen und Bundes-
gentur gelten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist das!)


ie Kommunen sollen sich um die Betreuung und Ver-
ittlung von Langzeitarbeitslosen kümmern können. Sie

ennen den örtlichen Arbeitsmarkt, sie pflegen Kontakt
u den Arbeitgebern, zu den Wohlfahrtsorganisationen
nd zu den Weiterbildungseinrichtungen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


iese Nähe hat Auswirkungen auf die Effizienz. Es
uss doch darum gehen, das Problem Arbeitslosigkeit

u lösen und es nicht nur zu verwalten.


(Beifall bei der FDP)


s liegt im ureigenen Interesse der Kommunen, die Ar-
eitslosenzahl gering zu halten. Wir verstehen die Sor-
en der Kommunen, angefangen bei der Angst vor mehr
ürokratie bei der Arbeitsvermittlung und fehlender
influssnahme bei der Entscheidungsfindung von Be-
ürftigkeit bis hin zu der Angst vor finanziellen Mehrbe-
astungen.


(Beifall des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD])


Die Beschlüsse der Arbeits- und Sozialminister der
undesländer verfolgen wir mit Interesse und begrüßen,
ass das Eckpunktepapier des Ministeriums die Entfris-
ung der Optionskommunen vorsieht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


s wäre ein positives Signal, weiteren Kommunen die
öglichkeit zu geben, diesen Weg zu gehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die skizzierte Konzeption macht eine Grundge-
etzänderung unnötig. Deshalb werden wir den Gesetz-
ntwürfen der Opposition nicht zustimmen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber da hat sich Herr Kolb gesprächsbereit gezeigt!)


in Zurechtbiegen des Grundgesetzes kann die substan-
iellen Probleme nicht lösen. Auch wenn die Zeit drängt,
ind Schnellschüsse schlecht.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 947


(A) )



(B) )


Gabriele Molitor

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn du es eilig hast, gehe langsam!)


Wir brauchen ein konstruktives und tragfähiges Kon-
zept, ohne dabei die Verfassung an das politische Tages-
geschäft anzupassen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei allem, was wir tun, müssen wir darauf achten,
Menschen in Arbeit zu bringen. Dabei sollten wir dieje-
nigen nicht vergessen, die es auf dem Arbeitsmarkt be-
sonders schwer haben: die Alleinerziehenden, die Ge-
ringqualifizierten, die Menschen mit Behinderung und
die Menschen mit Migrationshintergrund.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und FDP fest-
geschrieben, eine einfachgesetzliche Lösung herbeizu-
führen. Dazu stehen wir. Bürokratische Doppelstruktu-
ren sollen vermieden werden, die Leistungserbringung
für den Bürger soll nachvollziehbar und effektiv sein.
Die Arbeitslosen brauchen ein funktionierendes Hilfe-
system und keine langwierige Diskussion über Organisa-
tionsformen. Dieser Aspekt sollte bei der Diskussion
über Reformen immer im Hinterkopf sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Lassen Sie uns gemeinsam die Chance nutzen, eine Re-
gelung zu finden, die den Betroffenen wirklich hilft.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701208900

Frau Kollegin Molitor, das war Ihre erste Rede in die-

sem Haus. Ich gratuliere Ihnen herzlich dazu und wün-
sche Ihnen für Ihre weitere Arbeit alles Gute und viel Er-
folg.


(Beifall)


Nun hat das Wort der Kollege Bernhard Kaster für die
CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1701209000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat ent-
schieden: Die Arbeitsgemeinschaften nach § 44 b
SGB II verstoßen gegen unsere Verfassung.

Jetzt schlagen Sie von der SPD – differenziert und auf
einem anderen Weg auch die Grünen – und viele andere
im Lande vor, die Verfassung zu ändern. Vereinfacht
ausgedrückt: Was nicht passt, wird passend gemacht. –
Aber so einfach geht das in diesem Falle nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich gebe zu, dass ein solcher Vorschlag durchaus leicht
kommunizierbar ist. Aber wir müssen doch die Frage

s
r
P

u
l

t
V
K
w
s
le
d

k
m
m
g
r

A
s
m
t
a
s
s
s

b
g
v
e
v
t
n
d

E
K

W
d
r
v
d

(C (D tellen: Um was geht es in diesem Bundesverfassungsgeichtsurteil? Geht es da um ein verfassungstechnisches roblem, (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


m eine Regelungs- oder Zuständigkeitslücke, die man
eicht schließen kann?

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie das Ur-
eil lesen, werden Sie feststellen: Es geht um einen
erstoß gegen Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes. Im
lartext: Es geht um einen Verstoß gegen die Selbstver-
altungsgarantie der Kommunen. Ich sage hier in die-

em Hause: Da müssen bei jedem, der aus der kommuna-
n Familie kommt – das sind in allen Fraktionen viele –,
ie Alarmglocken läuten.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Kommunen wollen das doch!)


Es gibt Bereiche in unserer Verfassung, in denen wir
eine Dammbrüche zulassen dürfen. Es geht um nicht
ehr und nicht weniger als um den Schutz unserer Ge-
einden, Städte und Landkreise vor unzulässigen Ein-

riffsmöglichkeiten des Bundes bzw. die volle, transpa-
ente, umfängliche Verantwortung für eigene Aufgaben.

Genau hier, bei der Selbstverwaltungsgarantie nach
rt. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes, liegt auch der Lö-

ungsansatz. Denn eines ist unbestritten: Unsere Kom-
unen sind die stärkste, innovativste und auch vielfäl-

igste öffentliche Ebene. Diese Pluralität vor Ort macht
uch die Stärke unseres Landes aus. Aus dieser Unter-
chiedlichkeit resultieren im Übrigen auch die bisher
chon sehr unterschiedlichen Lösungen und Lösungsvor-
chläge.

Es kommt nicht von ungefähr – in der heutigen De-
atte wurden schon die verschiedensten Stellungnahmen
enannt –, dass auch vonseiten der kommunalen Familie
erschiedene Stellungnahmen vorliegen, querbeet und
gal von welchen Fraktionen. Die Wirtschaftskraft ist
or Ort unterschiedlich, damit auch die Arbeitslosenquo-
en und die regionalen Strukturen, und auch die kommu-
ale Selbstverwaltung ist je nach Selbstverwaltungsmo-
ell durchaus unterschiedlich.


(Anette Kramme [SPD]: Trotzdem wollen Sie zulassen, dass manche Kommunen stärker belastet werden!)


Aber eines verbindet die Kommunen: Sie sind die
bene, die dem Bürger am nächsten steht und für die
ooperation schon seit Jahrzehnten kein Fremdwort ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


enn jemand kooperieren und Verträge schließen kann,
ann sind es die Kommunen. Was diese Kooperationsbe-
eitschaft und Flexibilität angeht, kann sich der Bund
on den Kommunen manchmal eine Scheibe abschnei-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


948 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Bernhard Kaster
Die Lösung liegt auf der Hand. Wir brauchen nach
Bund und Ländern gerade nicht eine quasi in der Verfas-
sung verankerte dritte Ebene in Form einer erstmalig
eingeführten Mischverwaltung. Wir brauchen vielmehr
einen einfachgesetzlichen Rahmen für Kooperations-
möglichkeiten vor Ort unter einem Dach.


(Anette Kramme [SPD]: Viele Kommunen haben dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz trotzdem zugestimmt!)


Wir brauchen Möglichkeiten der Kooperation zwischen
Bundesagentur und Kommunen auf Augenhöhe.

Lassen Sie mich an dieser Stelle sagen – das ist in die-
ser Debatte noch nicht gesagt worden –, dass sich die
Bundesagentur gerade in den letzten Jahren unter der
Leitung von Frank-Jürgen Weise mit ihren vielen enga-
gierten und kompetenten Mitarbeitern hervorragend und
positiv entwickelt hat und gut aufgestellt ist. Deshalb
muss es auch möglich sein, dass unsere Städte und Ge-
meinden mit viel Freiraum entscheiden können, wie die
Kooperation mit der Bundesagentur ganz konkret aus-
sieht.

In einem Punkt bin ich mir ganz sicher: Wir werden
bürgernahe und effiziente Lösungen für die Arbeitsu-
chenden finden. Frau Bundesministerin von der Leyen
geht deshalb mit der Vorlage des Eckpunktepapiers in
die richtige Richtung.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist gar keine Richtung!)


Wir sollten die Grundgesetzänderung nicht wie eine
Monstranz ständig vor uns hertragen. Es gibt hier andere
Wege. Wir müssen die Kommunen weiter stärken.

Wenn Sie davon sprechen, dass Ihre Lösung die einfa-
chere oder sogar die kostengünstigere ist, dann muss
dem entgegengehalten werden, dass der Bundesrech-
nungshof schon damals, als es um den Gesetzentwurf
ging, betont hat, dass Mehrbelastungen in Höhe von gro-
ßen dreistelligen Millionenbeträgen im Raume stehen,
die zusätzlich auf unsere Volkswirtschaft, auf die Kom-
munen zukommen.

Noch ein Wort dazu, was Vereinfachung von Geset-
zestexten bedeutet. Schauen Sie sich bitte einmal an, wie
der Paragraf, in dem die Finanzierung aus Bundesmitteln
geregelt ist – § 46 SGB II –, derzeit aussieht: Er geht
über mehrere Seiten und hat neun Absätze. Es gibt mit
Sicherheit einfachere Möglichkeiten, das zu regeln.


(Anton Schaaf [SPD]: Machen Sie einmal einen Vorschlag!)


Es geht hier nicht – Frau Pothmer hat es, glaube ich, so
genannt – um Verfassungsästhetik, aber es geht sehr
wohl darum, dass die Verfassung eine Verfassung ist.
Auch wenn wir, wie das Beispiel des § 46 SGB II zeigt,
bei einfachen Gesetzen Formulierungen haben, die im
Prinzip den Charakter von Rechtsverordnungen haben,
können wir solche Formulierungen nicht in die Verfas-
sung hineinschreiben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ F a i u s t d d f P w D w f z A B g p n L l e R s s p S m K u B d b H v u r t (C (D NEN]: Haben Sie unseren Gesetzentwurf gelesen?)


In der letzten Legislaturperiode haben wir mit den
öderalismusreformen I und II sowohl bei den Aufgaben
ls auch bei den Finanzen gerade erst für mehr Klarheit
n der Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund
nd Ländern in der Verfassung gesorgt. Eine verfas-
ungsmäßige Verankerung einer absoluten Mischverwal-
ung würde dies nicht nur konterkarieren, nein, sie wi-
erspräche, wie richtigerweise gesagt worden ist, auch
em Demokratiegebot.

Lassen Sie mich sagen, dass es viele gute Gründe da-
ür gibt, dass, wenn es um unsere Verfassung geht, das
ippi-Langstrumpf-Prinzip – „Ich mach mir die Welt,
ie sie mir gefällt“ – nicht zulässig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


eswegen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, setzen
ir auf Subsidiarität, auf Freiraum vor Ort, auf Vertrags-

reiheit, auf die Kreativität unserer starken Kommunen –
usammen mit einer gut aufgestellten Bundesagentur für
rbeit. Ich bin überzeugt davon, dass Kommunen und
undesagentur für Arbeit für die Bürgerinnen und Bür-
er, für die es schlichtweg um Existenzsicherung geht,
raktikable Lösungen finden. Wir müssen ihnen hierzu
ur den Freiraum geben.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701209100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Angelika Krüger-

eißner für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1701209200

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-

egen! Die Legenden unseres Kollegen Kolb haben mich
in wenig an das erinnert, was in diesem Jahr in puncto
eform der Jobcenter passiert ist.

Als wir uns bereits im März dieses Jahres damit be-
chäftigten, ahnte ich schon Schlimmes; denn die Union
agte Nein zu unserem Vorschlag. Nein zu einem Kom-
romiss, den unser damaliger Arbeitsminister, Olaf
cholz, zusammen mit den Länderchefs und mit Zustim-
ung der Kanzlerin ausgehandelt hatte. Mit diesem
ompromiss hätte der Schwebezustand bei der Betreu-
ng der Langzeitarbeitslosen, den wir seit dem Urteil des
undesverfassungsgerichts haben, endlich beseitigt wer-
en können. Beseitigt hat die Union nicht diesen Schwe-
ezustand, im Gegenteil, beseitigt hat sie sämtliche
offnungen, rechtzeitig eine dauerhafte, tragfähige und
erlässliche Lösung für die Jobcenter zu schaffen.

Die Lösung, die wir bereits im März aufgezeigt hatten
nd die wir heute hier einbringen, besteht in der Fortfüh-
ung der bewährten Zusammenarbeit in den neuen Zen-
ren für Arbeit und Grundsicherung verbunden mit einer

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 949


(A) )



(B) )


Angelika Krüger-Leißner
Änderung des Grundgesetzes. Alle hier wissen, auch
wenn sie es nicht aussprechen, dass es nur so geht.


(Beifall bei der SPD)


Dieser Vorschlag wird von vielen Seiten unterstützt:
vom Deutschen Städte- und Gemeindebund, vom Deut-
schen Städtetag, vom Deutschen Landkreistag, von den
Ländern, vor allen Dingen aber – das scheint mir wich-
tig; denn um sie geht es – von den 346 Jobcentern.


(Beifall bei der SPD)


Mit unserem Gesetzentwurf zeigen wir auf, dass Leis-
tungen aus einer Hand möglich sind, und das mit dem
geringsten Aufwand an Bürokratie und letztendlich mit
weniger Kosten für Bund und Kommunen.

Sehr geehrte Kollegen der Koalitionsfraktionen, Sie
können das doch nicht einfach beiseiteschieben und mit
Ihrem Eckpunktepapier wider besseres Wissen einen äu-
ßerst vagen und intransparenten Vorschlag auf den Tisch
legen. Wenn das Wirklichkeit wird, dann – da muss ich
Frau Pothmer wirklich zustimmen – haben wir Großbau-
stellen, und das auf lange Sicht.


(Beifall bei der SPD)


Die Folgen wären weniger Arbeitsangebote, mehr Büro-
kratie und mehr Ärger und Frust aufseiten der Arbeitsu-
chenden und der Beschäftigten. Das wäre ein Rück-
schritt, der durch nichts zu rechtfertigen ist.

Sehr geehrte Ministerin, ich habe Sie gestern im Aus-
schuss erlebt und gespürt, dass auch Ihnen bei dieser Sa-
che nicht wohl ist. Sie wissen genau, dass es die von Ih-
nen gewünschte freiwillige Zusammenarbeit nicht
ohne Weiteres geben wird; denn nur mit einer Grundge-
setzänderung wäre die bisher erfolgreiche gemeinsame
Arbeit der BA und der Kommunen zu sichern.


(Beifall bei der SPD)


Sie fahren hier aber einen Schlingerkurs, weil Sie ein
enormes internes Problem haben, nämlich den Konflikt
zwischen den Koalitionsfraktionen und den Erwartungen
der Länder und Kommunen.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das ist Ihr Wunschdenken! Lächerlich!)


Weil das so ist und wir alle es wissen, stellen die Län-
der nun massive Forderungen. Wenn sie schon auf Ihr
Modell der getrennten Aufgabenwahrnehmung einge-
hen, dann wollen sie pokern. Ich finde das sehr unan-
ständig; denn wir wissen, dass die Hilfe und Betreuung
der Langzeitarbeitslosen und die Sorgen der 55 000 Be-
schäftigten bei diesem Poker keine Rollen spielen wer-
den.

Was die Bundesländer mit ihren Kommunen wollen,
kann man in drei Punkten zusammenfassen: Sie wollen
erstens Leistungen aus einer Hand haben. Genau das
steht in unserem Gesetzentwurf. Sie wollen zweitens
Kooperation auf gleicher Augenhöhe. Genau das steht
bei uns drin. Sie wollen drittens eine langfristige Absi-
cherung der Optionskommunen. Das sichern wir ihnen
zu.

E

D
d
n
t
g
n
A
v

s
G
e
A
k
i
t
V
g
F
O
N



V

g
E
k
s
h

V
G

E
m
u

(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das steht bei uns auch drin!)


Unter dem Strich entspricht unser Vorschlag also den
rwartungen der Bundesländer und der Kommunen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Steht auch in dem Eckpunktepapier!)


urch alle anderen Lösungen, Herr Kolb, zum Beispiel
ie in diesem Eckpunktepapier, wird eine Vielzahl von
euen Problemen aufgeworfen. Sehr geehrte Frau Minis-
erin, dass Sie gerade in diesen wirklich sehr schwieri-
en Zeiten in unserem Land, mitten in der größten öko-
omischen Krise mit weiteren Auswirkungen auf den
rbeitsmarkt, diesen Vorschlag machen, halte ich für
erantwortungslos.

Darum lassen Sie mich zum Schluss einige ganz per-
önliche Worte an Sie richten. Ich weiß, dass diese erste
esetzesarbeit für Sie als Arbeits- und Sozialministerin

ine wirklich große Herausforderung ist. Wir alle, alle
bgeordneten, werden diesen Prozess vor Ort im Wahl-
reis begleiten. Ich bitte Sie: Schauen Sie sich die Arbeit
n den Argen an, sprechen Sie mit den kommunalen Ver-
retern und der BA, diskutieren Sie mit ihnen unseren
orschlag der Hilfe aus einer Hand und spielen Sie Ihre
etrennte Aufgabenwahrnehmung mit den möglichen
olgen durch! Ich möchte Sie einladen, das mit mir vor
rt, vor den Toren Berlins, in der Arge Havelland in
auen zu machen.

Danke.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie wollen uns nur in Ihren Wahlkreis locken, Frau Krüger-Leißner!)


Das wäre doch nicht schlecht, oder?


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701209300

Nächste Rednerin ist die Kollegin Andrea Astrid

oßhoff für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andrea Astrid Voßhoff (CDU):
Rede ID: ID1701209400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

en! Hatten Sie schon einmal Zeit und Gelegenheit, die
rstausgabe des Grundgesetzes zu lesen? Falls nicht,
ann ich es Ihnen nur dringend empfehlen. Im Gegen-
atz zur aktuellen Ausgabe ist sie von bestechender Klar-
eit und beeindruckender Kürze.

Wie sagte Bundestagspräsident Lammert bei einer
eranstaltung anlässlich des 60-jährigen Bestehens des
rundgesetzes in diesem Jahr so treffend:

Das Grundgesetz ist in den vergangenen 60 Jahren
deutlich länger geworden. Nach Auskunft von Ex-
perten … hat es inzwischen nahezu den doppelten
Umfang gegenüber dem Text von 1949.

r konstatiert, dass zumindest die Frage erlaubt ist, ob es
it der erheblichen Erweiterung auch erheblich besser

nd präziser geworden ist.

950 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Andrea Astrid Voßhoff
Vergleicht man das Grundgesetz mit einem Haus, so
passt der Vergleich, dass das Grundgesetz natürlich nicht
unter Denkmalschutz steht. Veränderte Aufgabenstellun-
gen und veränderte Verfassungswirklichkeiten machen
eine Anpassung immer wieder notwendig. Aber man
kann den noch so gelungenen Grundriss eines Hauses
durch immer neue An- und Umbauten irgendwann auch
völlig verunstalten. Das Haus wird dann nicht unbedingt
schöner; es wird unübersichtlicher. Der Bürger verliert
in seinem eigenen Haus die Orientierung.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Nicht nur das: In einer verfassungsrechtlichen Unter-
suchung aus Anlass des 60-jährigen Bestehens des
Grundgesetzes findet sich unter dem Titel „Vom Altern
einer Verfassung“ der aufschlussreiche Satz:

Ein Blick in den Text des Grundgesetzes bestätigt
die Vermutung, dass wenig so schnell veraltet wie
seine Neuerungen.

Woran mag der Verfasser gedacht haben? Mir fallen
dazu die Ergebnisse der ersten Föderalismuskommis-
sion ein, die gerade mal drei Jahre in Kraft sind und die
von dem Willen getragen waren, Kompetenzen und Zu-
ständigkeiten zwischen Bund und Land zu entflechten
und klar zuzuordnen. Wir haben uns 2006 in der Föko I,
der ersten der beiden großen Staatsreformen in der Ge-
schichte Deutschlands, darauf verständigt, eine Entflech-
tung der Bund-Länder-Beziehungen vorzunehmen. Es
ging dabei um eine klare Abgrenzung der Kompetenzen
der Länder von den Kompetenzen des Bundes, und es
ging um die Stärkung der Demokratie, damit die Bürge-
rinnen und Bürger in Zukunft erkennen können, wer für
was zuständig ist und wer die alleinige Verantwortung
trägt.

Dazu passt es dann auch, dass Professor Korioth in ei-
nem Aufsatz zu der Entscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichts, über die wir heute bereits gesprochen ha-
ben, feststellt:

Mit der Verfassungswidrigkeitserklärung der Ar-
beitsgemeinschaften nach § 44 b SGB II erweist
sich wieder einmal das Bundesverfassungsgericht
als diejenige Instanz, die folgerichtig den Gesetzge-
ber anmahnt und die Politik beim Wort nimmt. Wer
die klare Verteilung von Verantwortung fordert,
muss sich auch daran messen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Frage, wie künftig die Leistungsträgerschaft und
die Kostentragung bei der Grundsicherung für Arbeitsu-
chende ausgestaltet werden soll, haben wir also im
Lichte der Änderungen durch die Föderalismuskommis-
sionen und den Entscheidungsspielraum zu beantworten,
den uns das Bundesverfassungsgericht gegeben hat.

Was macht die Opposition? Sie bringt heute zwei Ge-
setzentwürfe zur Änderung des Grundgesetzes ein.
Über die Pläne der SPD ist bereits alles gesagt worden.
Dem braucht man nichts hinzuzufügen. Die Unionsfrak-
tion hat diese Pläne, die zu einem kostenintensiven und
gigantischen Behördenaufbau führen, bereits nach dem

e
w


S
z

O
t
l
W
n

N
P
d
S
W
r
s
l
V

a
g
s
d

d
F
o
w
l
G
t

f
V
s
s

t
d
g
g

(C (D rsten Bekanntwerden abgelehnt. Das wissen Sie. Das urde heute schon hinreichend diskutiert. Herr Heil, da Sie das ZAG so vehement verteidigen: elbst das BMAS unter SPD-Führung hat dieses Gesetesvorhaben dem Grunde nach abgelehnt. Der Weg der Verfassungsänderung, der heute von der pposition vorgeschlagen wird, sollte immer Ultima Ra io sein. Montesquieu hat so schön und plakativ formuiert. In leichter Abwandlung darf ich es wiederholen: enn es nicht nötig ist, die Verfassung zu ändern, ist es ötig, die Verfassung nicht zu ändern. Es ist heute deutlich geworden, dass es immer wieder eigungen gibt, das Grundgesetz zu ändern. Frau othmer hat gesagt, wir könnten doch schnell eine Änerung vornehmen. Vonseiten einer Kollegin aus der PD hieß es vorhin, das könnte alles so einfach sein. er vorschnell und trotz Alternativen Grundgesetzände ungen einfordert, befördert die Tendenz, politische Getaltungsabsichten nicht mehr der Mühsal einfachgesetzicher Umsetzung auszusetzen, sondern gleich in den erfassungsrang zu erheben. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aber Sie wollen die deutsche Sprache ins Grundgesetz bringen!)


(Zuruf des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zu Recht hat Bundestagspräsident Lammert die Frage
ufgeworfen, welche Folgen es hat, wenn immer häufi-
er neben Grundsätzen und Grundregeln politische Ge-
taltungsabsichten mit Verfassungsrang ausgestattet wer-
en. Er fragt – ich darf zitieren –:

Was das für die Spielräume künftiger Gesetzgeber,
künftiger demokratisch legitimierter Mehrheiten
bedeutet und damit auch für die Architektur eines
politischen Systems, für das wir uns im Großen und
Ganzen regelmäßig wechselseitig beglückwün-
schen und das mit gutem Grund, weil uns in unserer
Geschichte selten Ähnliches ähnlich gut gelungen
ist wie diese Verfassung.

Deshalb stellt sich rechtspolitisch bei der Umsetzung
es Verfassungsgerichtsurteils in beiden Fällen die
rage, ob eine Grundgesetzänderung unumgänglich ist
der ob sich das Problem, was heute mehrfach diskutiert
orden ist, durch einfachgesetzliche Regelungen lösen

ässt. Das gilt sowohl für den Bestand der gemeinsamen
rundsicherung als auch für die Regelung über die Op-

ionskommunen.

Ich finde, das Eckpunktepapier des BMAS bietet da-
ür eine gute Handlungsgrundlage, zumal darin auch der
ersuch gestartet wird, es eben nicht zu einer Verfas-
ungsänderung kommen zu lassen. Das halte ich für
innvoll und zielführend.

Das Bundesverfassungsgericht hat uns einen Gestal-
ungsspielraum gegeben. Wenn man das Urteil intensiv
urchliest, findet sich nicht nur eine Lösung, sondern es
ibt mehrere. Wenn eine verfassungskonforme Lösung
efunden werden kann, ohne die Verfassung zu ändern,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 951


(A) )



(B) )


Andrea Astrid Voßhoff
dann sollten wir diese favorisieren, selbstverständlich mit
dem Ziel, für die Arbeitsuchenden, um die es uns schließ-
lich geht, eine effiziente Verwaltung auszugestalten.

Meine Damen und Herren, abschließend will ich noch
ein Problemfeld ansprechen. Darüber, inwieweit eine
Entfristung bei den Optionskommunen oder eine Aufsto-
ckung der Zahl dieser Kommunen möglich ist, müssen
wir in verfassungsrechtlicher Hinsicht ausreichend dis-
kutieren; denn wir haben durch die Föderalismusreform I
einen Satz in Art. 84 des Grundgesetzes aufgenommen,
wonach es dem Bund verboten ist, den Kommunen Auf-
gaben zu übertragen. Hier gibt es sicherlich noch Diskus-
sions- und Handlungsbedarf. Aber ich denke, das ist lös-
bar. Wenn man das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
liest und sich vor Augen führt, was heute zum Thema
Optionskommunen gesagt wurde, dann stellt man fest:
Unabhängig davon, wie wir es regeln, sind die Options-
kommunen im Zusammenhang mit der Zusammenle-
gung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ein Erfolgs-
modell geworden. Die Tatsache, dass eine Vielzahl von
Landkreisen künftig ebenfalls optieren will, zeigt, dass
die Union von Anfang an mit den Optionskommunen auf
das richtige Konzept gesetzt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich bin sicher, dass wir nach Vorlage des Eckpunkte-
papiers des BMAS in den anschließenden Beratungen
eine vernünftige und im Sinne der Verfassung notwen-
dige Regelung in dieser Frage finden werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701209500

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist nun die Kollegin

Gabriele Lösekrug-Möller.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1701209600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einer

Woche ist Heiligabend. Wir sollten daher einen Blick auf
die Bescherung unserer Regierung werfen. Sie folgt ei-
ner Logik, Herr Kolb, über die man sagen kann: Je grö-
ßer der Baum, desto größer die Geschenke. Wer sich kei-
nen Baum leisten kann, dem wird auch nichts geschenkt.
Das will ich als Eingangsbemerkung einer Debatte vo-
ranstellen, die uns bislang viel Zeit gekostet hat.

Ich zitiere den Minister für Arbeit, Familie und Ge-
sundheit in Hessen, Jürgen Banzer, der in der FAZ vom
10. Dezember konsequent und richtig ausführt:

Eine getrennte Aufgabenwahrnehmung wäre ein
bedauernswerter Rückfall hinter den bereits er-
reichten Stand der Dinge und entspräche auch nicht
den Ansprüchen an eine moderne, kundenfreundli-
che Verwaltung.


(Beifall bei der SPD)


Worüber sprechen wir? Wir sprechen über etwas, das
unter dem Tannenbaum des BMAS liegt. Frau Ministe-

r
d
z
r
S
ü
g
e
h
n

D
d
g
v
D
r

d
r
e
E
k

f
A
m
s
v
s
M
n
i

w
i
d
s

W
d
b
l

D

w
l
v

g
u

(C (D in, um dieses Geschenk beneide ich Sie nicht. Unter em Tannenbaum liegt ein Päckchen, bei dem es um die ukünftige Aufgabenwahrnehmung in der Grundsicheung für Arbeitsuchende geht. Selbst die Schleife, die ie daran mit Ihrem Eckpunktepapier gemacht haben, berzeugt nicht. Zu Recht wurde angesprochen: Die Folen sind eine Großbaustelle, Selbstbeschäftigung und in gigantischer Bürokratieaufbau, den Sie dann heldenaft wieder abbauen werden. Das finden wir nicht hinehmbar. enn wir sehen einer Zeit entgegen, in der die betreffenen Behörden Dienstleistungen für all diejenigen erbrinen müssen, die Sorge um ihren Arbeitsplatz haben, ihn erloren haben und wieder in den Arbeitsmarkt wollen. arauf muss die Arbeit der betreffenden Behörden ge ichtet sein. Es ist Zeit, zu handeln. Wir legen einen Gesetzentwurf vor – auch für ihn gilt as Struck’sche Gesetz – und sind zu einer Debatte beeit, Herr Kolb. Wir denken allerdings, dass ein Gesetzntwurf eine bessere Arbeitsgrundlage darstellt als ein ckpunktepapier, bei dem einem nur Zweifel kommen önnen. Frau Voßhoff, ich verstehe Ihre Argumentation betrefend die Verfassung und schätze Sie als Kollegin sehr. ber soll ich aus Ihren Worten schließen, dass wir verutlich in dieser Legislatur überhaupt keine Verfas ungsänderung haben werden? Ich kann mir gar nicht orstellen, dass es etwas gibt, was ebenso wichtig – oder ogar wichtiger – wie ein guter Service für Millionen enschen in der Bundesrepublik Deutschland ist, die eien Rechtsanspruch auf Hilfe haben. Meines Erachtens st das ein sehr hohes Ziel, dem wir entsprechen müssen. Warum sitzt uns die Zeit heute so im Nacken? Wenn ir ehrlich sind: Seit Frühjahr vergangenen Jahres hat es n der Fraktion der CDU/CSU ein Denkund Entscheiungsverbot zu diesem Thema gegeben. Das ist die Urache für die Zeitnot, in der wir uns nun befinden. ir sind gerne bereit, mit Ihnen über gute Lösungen zu iskutieren. Aber meine Kolleginnen und Kollegen haen in ihren Redebeiträgen schon sehr deutlich dargeegt, wo bei uns die Schmerzgrenzen liegen. iese werden wir garantiert nicht unterschreiten, (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Tolle Ausgangsbasis für Gespräche!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


eil wir im Interesse derer handeln, für die diese Dienst-
eistung erbracht wird. Herr Kolb, das unterscheidet uns
ielleicht von Ihnen.


(Beifall bei der SPD)


Abschließend gibt es zwei gute Nachrichten: Die eine
ute Nachricht betrifft die Kollegin Pothmer. Ich glaube,
nter Ihrem Weihnachtsbaum wird eine Koralle liegen.

952 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Gabriele Lösekrug-Möller
Die zweite gute Nachricht richtet sich an die Frau Minis-
terin: Weihnachtsgeschenke, die einem nicht behagen,
kann man nach Weihnachten umtauschen. Dies ist eine
Einladung. Wir haben eine Empfehlung.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701209700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/182, 17/181 und 17/206 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das ist
der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 22 a bis
22 d sowie zu den Zusatzpunkten 6 a bis 6 g. Es handelt
sich dabei um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu de-
nen keine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 22 a:

Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einrichtung eines Parlamentarischen Beirats
für nachhaltige Entwicklung

– Drucksache 17/245 –

Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer ist dagegen? –
Enthaltungen? – Der Antrag ist damit einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 22 b:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu
der Unterrichtung durch die Bundesregierung

Vorschlag für eine Verordnung des Europäi-
schen Parlaments und des Rates über die Zu-
ständigkeit, das anzuwendende Recht, die An-
erkennung und die Vollstreckung von Entschei-
dungen und öffentlichen Urkunden in Erbsa-
chen sowie zur Einführung eines Europäischen

(inkl. 14722/09 ADD 1 und 14722/09 ADD 2)

KOM-Nr. (2009) 154 endg.; Ratsdok.-Nr. 14722/
09

– Drucksachen 17/136 A.30, 17/270 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Thomas Silberhorn
Dr. Eva Högl
Stephan Thomae
Raju Sharma
Ingrid Hönlinger

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 17/270, in Kenntnis der Unterrich-
tung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Ist jemand dagegen? –

E
S

l
n
s
g
m
m

d
i

s
s

t
n

g
S

(C (D nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den timmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 22 c: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie Bundesregierung Sechsundachtzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung – Drucksachen 16/14067, 17/28 Nr. 2, 17/161 – Berichterstattung: Abgeordneter Erich G. Fritz Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 17/161, die Aufhebung der Verordung auf Drucksache 16/14067 nicht zu verlangen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dageen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist dait bei Enthaltung der Fraktion Die Linke und Zustimung aller anderen Fraktionen angenommen. Tagesordnungspunkt 22 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses Übersicht 1 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht – Drucksache 17/129 – Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st einstimmig angenommen. Wir kommen zu den Zusatzpunkten 6 a bis 6 g. Das ind die Beschlussempfehlungen des Petitionsausschuses. Zusatzpunkt 6 a: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 1 zu Petitionen – Drucksache 17/261 – Wer stimmt dafür? – Ist jemand dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 1 ist einstimmig angeommen. Zusatzpunkt 6 b: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 2 zu Petitionen – Drucksache 17/262 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 2 ist ebenfalls mit den timmen des ganzen Hauses angenommen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 953 Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt Zusatzpunkt 6 c: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 3 zu Petitionen – Drucksache 17/263 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 3 ist bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen aller anderen Fraktionen angenommen. Zusatzpunkt 6 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 4 zu Petitionen – Drucksache 17/264 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 4 ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Zusatzpunkt 6 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 5 zu Petitionen – Drucksache 17/265 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 5 ist angenommen bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke mit den Stimmen aller anderen Fraktionen. Zusatzpunkt 6 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 6 zu Petitionen – Drucksache 17/266 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 6 ist angenommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke. Zusatzpunkt 6 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 7 zu Petitionen – Drucksache 17/267 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 7 ist angenommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 8 a bis 8 l auf. Dabei geht es um weitere Wahlen zu Gremien. Wir haben insgesamt zwölf Gremien zu besetzen. Vier Wahlen müssen wir mit Stimmkarte und Wahlausweis durchfüh r H C D d t d a v A g a v A m a s d H W f E d R z W d a w w f (C (D en. Zunächst kommen wir zu vier Wahlen, die mittels andzeichen durchgeführt werden. Tagesordnungspunkt 8 a: Gemeinsamer Ausschuss gemäß Artikel 53 a des Grundgesetzes – Drucksache 17/210 – Dazu liegen Wahlvorschläge der Fraktionen der DU/CSU, SPD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/ ie Grünen auf Drucksache 17/210 vor. Wer stimmt für iese Wahlvorschläge? – Ist jemand dagegen? – Enthalungen? – Die Wahlvorschläge sind mit den Stimmen es ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 8 b: Ausschuss nach Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes – Drucksache 17/211 – Auch dazu liegen Wahlvorschläge aller Fraktionen uf Drucksache 17/211 vor. Wer stimmt für diese Wahlorschläge? – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – uch diese Wahlvorschläge sind mit den Stimmen des anzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 8 c: Wahlprüfungsausschuss gemäß § 3 Absatz 2 des Wahlprüfungsgesetzes – Drucksache 17/212 – Auch dazu liegen Wahlvorschläge aller Fraktionen uf Drucksache 17/212 vor. Wer stimmt für diese Wahlorschläge? – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – uch diese Wahlvorschläge sind einstimmig angenomen. Tagesordnungspunkt 8 d: Gremium gemäß § 23 c Absatz 8 des Zollfahndungsdienstgesetzes – Drucksache 17/213 – Auf Drucksache 17/213 liegen dazu Wahlvorschläge ller Fraktionen vor. Wer stimmt für diese Wahlvorchläge? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Auch iese Wahlvorschläge sind mit den Stimmen des ganzen auses angenommen. Tagesordnungspunkte 8 e und 8 f. Es sind nun zwei ahlen mit Stimmkarten und Wahlausweisen durchzu ühren, und zwar zu den folgenden beiden Gremien: zum rsten zum Wahlausschuss gemäß § 6 Abs. 2 des Bunesverfassungsgerichtsgesetzes und zum Zweiten zum ichterwahlausschuss gemäß § 5 des Richterwahlgesetes. Denken Sie bitte daran, dass sich an diese beiden ahlgänge noch vier Wahlen mittels Handzeichen und ann auch noch zwei Wahlen mit Stimmkarte und Wahlusweis anschließen werden. Nun muss ich Sie um Aufmerksamkeit für einige Hineise zu den beiden folgenden Wahlen bitten, auch enn wir heute Morgen schon etwas Ähnliches durchge ührt haben. Die Stimmkarten in den Farben Grün und 954 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt Orange werden bereits im Saal verteilt. Sie benötigen außerdem Ihre Wahlausweise in den Farben Grün und Orange, die Sie, soweit Sie sie noch nicht entnommen haben, jetzt noch in Ihren Stimmkartenfächern finden. Bevor Sie die entsprechende Stimmkarte in eine der Wahlurnen werfen, übergeben Sie bitte Ihren dazugehörenden Wahlausweis einem der Schriftführer an den Wahlurnen. Die Schriftführer bitte ich, darauf zu achten, dass vor der Stimmabgabe der Wahlausweis übergeben wird. Der Nachweis der Teilnahme an der Wahl kann nur durch Abgabe des Wahlausweises erbracht werden. Die Wahlen sind offen. Sie können die Stimmkarte also an Ihrem Platz ankreuzen. Zunächst Tagesordnungspunkt 8 e: Wahlausschuss gemäß § 6 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes – Drucksachen 17/214, 17/215, 17/216, 17/217, 17/218 – Dazu liegen Ihnen auf Drucksache 17/214 bis Drucksache 17/218 Listen mit Wahlvorschlägen vor. Für diese Wahl benötigen Sie die grünen Stimmkarten. Ich mache darauf aufmerksam, dass Sie auf dieser Stimmkarte nur einen Vorschlag ankreuzen dürfen. Demzufolge sind Stimmkarten ungültig, die mehr als ein Kreuz oder Zusätze enthalten. Wer sich der Stimme enthalten will, macht keine Eintragung. Nun bitte ich die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die Wahl. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Wir warten noch einen Moment. Sind jetzt alle Stimmen abgegeben? – Das ist der Fall. Dann schließe ich die Wahl und bitte, auszuzählen. Das Ergebnis der Wahl wird Ihnen später bekannt gegeben.1)


(A) )


(B) )


(A) )


(B) )


Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 8 f:

Richterwahlausschuss gemäß § 5 des Richter-
wahlgesetzes

– Drucksachen 17/219, 17/220, 17/221, 17/222,
17/223 –

Hierzu liegen Ihnen auf den Drucksachen 17/219 bis
17/223 Listen mit Wahlvorschlägen vor. Sie benötigen
für diese Wahl die Stimmkarte und den Wahlausweis in
der Farbe Orange. Auch hier mache ich darauf aufmerk-
sam, dass Sie auf dieser Stimmkarte nur einen Vorschlag
ankreuzen dürfen.

Ich bitte nun die Schriftführerinnen und Schriftführer,
die Plätze an den Wahlurnen einzunehmen. Sind die
Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich er-
öffne die Wahl.

Darf ich diejenigen Schriftführerinnen und Schrift-
führer, die nicht an den Urnen eingeteilt sind, bitten, in

d
n

S
F
f
b
k

G
n
d

H
S

C
G
s
D
g
d
n

W
1
j
s
n

1) Ergebnis Seite 991 A 2)

(C (D en Auszählraum zu kommen und dort ihren Kolleginen und Kollegen zur Seite zu stehen und zu helfen? Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine timmkarte nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der all. Dann schließe ich diese Wahl und bitte die Schriftührer und Schriftführerinnen, mit der Auszählung zu eginnen. Auch dieses Ergebnis wird Ihnen später beannt gegeben.2)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen nun die
remienwahlen fort. Dazu bitte ich Sie, Ihre Gespräche
ach Möglichkeit einzustellen und die freien Plätze, von
enen es genügend gibt, einzunehmen.

Wir kommen zunächst zu vier Wahlen, die mittels
andzeichen erfolgen. Danach folgen zwei Wahlen mit
timmkarte und Wahlausweis.

Tagesordnungspunkt 8 g:

– Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Einsetzung des Gremiums gemäß Artikel 13
Absatz 6 des Grundgesetzes

– Drucksache 17/224 –

– Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß
Artikel 13 Absatz 6 des Grundgesetzes

– Drucksache 17/225 –

Dazu liegt ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen
DU/CSU, SPD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die
rünen auf Drucksache 17/224 vor. Wer stimmt für die-

en Antrag? – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? –
er Antrag ist mit den Stimmen des ganzen Hauses an-
enommen. Damit ist das Gremium nach Art. 13 Abs. 6
es Grundgesetzes eingesetzt und die Mitgliederzahl auf
eun festgelegt.

Zu diesem soeben eingesetzten Gremium liegen
ahlvorschläge aller fünf Fraktionen auf Drucksache

7/225 vor. Wer stimmt für diesen Wahlvorschlag? – Ist
emand dagegen? – Enthaltungen? – Die Wahlvor-
chläge sind mit den Stimmen des ganzen Hauses ange-
ommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 8 h:

– Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Einsetzung des Gremiums gemäß § 10 a des
Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes

– Drucksache 17/226 –

– Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß
§ 10 a des Finanzmarktstabilisierungsfonds-
gesetzes

– Drucksache 17/227 –

Ergebnis Seite 991 A

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 955


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Wer stimmt für den gemeinsamen Antrag auf Einset-
zung des Gremiums auf Drucksache 17/226? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit
den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Damit
ist das Gremium gemäß § 10 a des Finanzmarktstabili-
sierungsfondsgesetzes eingesetzt.

Wir kommen nun zur Wahl der Mitglieder. Wer
stimmt für die gemeinsamen Wahlvorschläge auf Druck-
sache 17/227? – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? –
Die Wahlvorschläge sind einstimmig angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 8 i:

Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in
der Parlamentarischen Versammlung des

(zugleich Vertreter in der Versammlung der Westeuropäischen Union)

gemäß den Artikeln 1 und 2 des Gesetzes über
die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik
Deutschland zur Parlamentarischen Ver-
sammlung des Europarates

– Drucksache 17/228 –

Dazu liegen Wahlvorschläge der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen
auf Drucksache 17/228 vor.

Wer stimmt für diese Wahlvorschläge? – Wer ist da-
gegen? – Enthaltungen? – Die Wahlvorschläge sind ein-
stimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 8 j:

Wahl der Mitglieder des Verwaltungsrates der
Kreditanstalt für Wiederaufbau

– Drucksache 17/229 –

Auch dazu liegt ein Wahlvorschlag der Fraktionen der
CDU/CSU und der SPD vor. Wer stimmt für den Wahl-
vorschlag auf Drucksache 17/229? – Ist jemand dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Wahlvorschlag ist mit den
Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kom-
men, muss ich Sie auf Folgendes aufmerksam machen:
Die Stimmzettel für die nächste Wahl müssen korrigiert
oder eventuell neu gedruckt werden. Wir wollen das jetzt
klären. Ich bitte deshalb die Geschäftsführer, kurz zu mir
zu kommen.

Ich unterbreche die Sitzung für einige Minuten.


(Unterbrechung von 14.31 bis 14.32 Uhr)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701209800

Die Sitzung ist wieder eröffnet.

Wir haben folgenden Sachverhalt: Auf dem gelben
Zettel, auf dem die Wahlvorschläge für das Vertrauens-
gremium enthalten sind, fehlt hinter dem Namen des
Kollegen Heinz-Peter Haustein von der FDP-Fraktion
der Kreis für das Kreuz. Das mag für den einen oder an-
deren zunächst einmal nicht allzu entscheidend zu sein.
Aber dieser Kringel ist sehr wichtig, weil er die Stelle
anzeigt, wo das Kreuz gemacht werden muss. Ohne ein

K
w

A
e
h
s
l
v
n

v
I
h

i
s

8

k
c
d
d
B
M
m
d
a
B
3

d

(C (D reuz hinter seinem Namen kann der Kollege nicht geählt werden. Dies ist also keine Kleinigkeit. Ich bitte deshalb um ufmerksamkeit für die unter den Geschäftsführern ver inbarte Regelung. Aufgrund verschiedener Umstände aben wir die Zeit heute schon stark überzogen. Es betand Einigkeit darüber: Wenn wir alle konzentriert wähen und die Wahlzettel so ausfüllen, als wenn der Kreis orhanden wäre, dann müssten wir die Wahlzettel nicht eu drucken und könnten somit Zeit sparen. Ich bitte im Interesse aller, nicht nur im Interesse des orgeschlagenen Kollegen, dies zu beachten. Ich lasse hnen jetzt ein paar Minuten Zeit, damit Sie sich inneralb der Fraktionen entsprechend informieren können. Ich weise darauf hin, dass das Kreuz auch dann gültig st, wenn es ohne den Kringel bei dem genannten Namen teht. Damit rufe ich nun die Tagesordnungspunkte 8 k und l auf: k)


(Beifall)

CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Einsetzung des Vertrauensgremiums gemäß
§ 10 a Absatz 2 der Bundeshaushaltsord-
nung

– Drucksache 17/230 –

– Wahl der Mitglieder des Vertrauensgre-
miums gemäß § 10 a Absatz 2 der Bundes-
haushaltsordnung

– Drucksache 17/231 –

l) – Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Einsetzung des Gremiums gemäß § 3 des
Bundesschuldenwesengesetzes

– Drucksache 17/232 –

– Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß
§ 3 des Bundesschuldenwesengesetzes

– Drucksache 17/233 –

Zunächst kommen wir zu zwei Wahlen mit Stimm-
arte und Wahlausweis. Das betrifft den soeben bespro-
henen Wahlvorgang. Es geht dabei um die Einsetzung
es Vertrauensgremiums gemäß § 10 a Abs. 2 der Bun-
eshaushaltsordnung und des Gremiums gemäß § 3 des
undesschuldenwesengesetzes sowie um die Wahl der
itglieder dieser beiden Gremien. Gewählt in diese Gre-
ien ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder

es Bundestages auf sich vereint. Ich bitte Sie, darauf zu
chten: Gewählt ist, wer die Mehrheit der Mitglieder des
undestages auf sich vereint, das heißt, wer mindestens
12 Stimmen erhält.

Die Stimmkarten in den Farben Gelb und Weiß wur-
en verteilt. Sie benötigen außerdem, wie bei den ande-

956 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
ren Wahlgängen auch, jeweils Ihre Wahlausweise. Auch
hier gilt wieder: Bevor Sie die entsprechende Stimm-
karte in eine der Wahlurnen werfen, übergeben Sie bitte
Ihren dazugehörenden Wahlausweis einem der Schrift-
führer an den Wahlurnen. Der Nachweis der Teilnahme
an der Wahl kann nur durch Abgabe des Wahlausweises
erbracht werden. Auch diese Wahlen finden offen statt.
Sie können also die Stimmkarten auch an Ihrem Platz
ankreuzen.

Zunächst kommen wir zum Tagesordnungspunkt 8 k
und damit zum Vertrauensgremium gemäß § 10 a Abs. 2
der Bundeshaushaltsordnung. Bevor wir die Mitglieder
wählen, rufe ich den gemeinsamen Antrag der Fraktio-
nen der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der Linken und
des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 17/230
zur Einsetzung dieses Gremiums und zur Festlegung der
Anzahl der Mitglieder auf. Wer stimmt für den An-
trag? – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Der An-
trag ist damit einstimmig angenommen. Das Vertrauens-
gremium ist damit eingesetzt und die Mitgliederzahl auf
zehn festgelegt.

Nun kommen wir zur Wahl der Mitglieder des Ver-
trauensgremiums. Für diese Wahl brauchen Sie nun den
gelben Wahlausweis und die gelbe Stimmkarte, über die
vorhin gesprochen wurde. Sie können zehn Namensvor-
schläge ankreuzen. Ungültig sind Stimmkarten, die an-
dere Namen oder Zusätze enthalten. Wer sich der
Stimme enthalten will, macht keine Eintragung. Das gilt
auch für die im Anschluss folgende Wahl.

Nun bitte ich die Schriftführerinnen und Schriftfüh-
rer, die Plätze einzunehmen. – Das ist erfolgt. Dann er-
öffne ich die Wahl. –

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimmkarte nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der
Fall. Dann schließe ich diese Wahl und bitte, auszuzäh-
len. Das Ergebnis wird Ihnen auch hier später bekannt-
gegeben.1)

Wir kommen schließlich zum Tagesordnungs-
punkt 8 l, zunächst zum gemeinsamen Antrag der Frak-
tionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der Linken und
des Bündnisses 90/Die Grünen zur Einsetzung des Gre-
miums und zur Festlegung der Anzahl der Mitglieder.
Wir stimmen nun über den gemeinsamen Antrag auf
Drucksache 17/232 ab. Wer stimmt für diesen Antrag? –
Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit
den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Damit
ist das Gremium gemäß § 3 des Bundesschuldenwesen-
gesetzes eingesetzt und die Mitgliederzahl auf zehn fest-
gelegt.

Für die Wahl der Mitglieder benötigen Sie nun die
weiße Stimmkarte und Ihren weißen Wahlausweis. Auf
der Stimmkarte können Sie zehn Namensvorschläge an-
kreuzen. Ich bitte nun die Schriftführer, zu diesem letz-
ten Wahlgang die Plätze an den Urnen einzunehmen. –
Wie mir signalisiert wird, ist das geschehen. Dann er-
öffne ich die Wahl.

i
s
E
k

f
d

n
F

B
r
s

D
d
d
t
a
t

d
n
l

Z
e
v
s
W
E
d

F
d
A


g
B1) Ergebnis Seite 991 B

(C (D Hat nun jeder Kollege und jede Kollegin seine bzw. hre Stimmkarte abgegeben? – Das ist der Fall. Dann chließe ich auch diese Wahl und bitte, auszuzählen. Die rgebnisse aller Wahlen werden Ihnen dann später beannt gegeben. Ich bitte diejenigen, die der weiteren Debatte nicht olgen wollen oder können, ihre Gespräche außerhalb es Plenarsaals fortzuführen. Ich rufe den Zusatzpunkt 7 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD Haltung der Bundesregierung zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder das Wort dem Kollegen Joachim Poß für die SPDraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die undeskanzlerin hat sich heute Morgen in ihrer Regieungserklärung zur internationalen Finanztransaktionsteuer bekannt. as ist löblich; denn diese Steuer muss ein Kernelement er Maßnahmen zur Herstellung von mehr Stabilität auf en Finanzmärkten sein. Eine internationale Transakionssteuer ist ein wirksames Mittel, um die von der Relwirtschaft völlig losgelösten Spekulationen auf den inernationalen Finanzmärkten spürbar einzudämmen. Aber ist die Bundesregierung in diesem entscheidenen Punkt zur Abwehr zukünftiger Krisen auf den Fianzmärkten wirklich handlungsfähig und auch handungswillig? ieht in Zukunft die ganze Bundesregierung wirklich an inem Strang, oder bleibt es bei der Zerstrittenheit der ergangenen Woche? Die Frau Bundeskanzlerin spricht ich für diese Steuer aus, die Herren Minister esterwelle und Niebel bekunden ihre Ablehnung. Im rgebnis geschieht überhaupt nichts. Das ist typisch für iese Regierung. Genau das darf nicht passieren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1701209900

(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Ja!)


Wir wollen heute von Ihnen ein klares Bekenntnis zur
inanztransaktionssteuer hören, ein Bekenntnis nicht nur
er Kanzlerin, sondern auch des Koalitionspartners FDP.
ber das ist wohl kaum zu erwarten.


(Beifall bei der SPD – Frank Schäffler [FDP]: Die hätten Sie doch längst einführen können!)


Ihr neuer Generalsekretär hat eine solche Steuer ja erst
estern als antiquiertes Denken abgetan. Ohne ein klares
ekenntnis der gesamten Koalition sind die schönen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 957


(A) )



(B) )


Joachim Poß
Worte von Frau Merkel von heute Morgen aber leider
wieder einmal herzlich wenig wert.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben damit schon in der Großen Koalition Erfah-
rungen gemacht.

Diese Worte sind genauso wenig wert wie ihre dau-
ernden Mahnungen in Sachen Bankerboni, denen man
regelmäßig die Ablehnung konkreter Maßnahmen folgen
lässt, zuletzt bezogen auf eine Bonusabgabe, wie sie in
Großbritannien vorgesehen ist. Das Bekenntnis der Bun-
deskanzlerin zu dieser Steuer ersetzt doch nicht konkrete
Maßnahmen gegen den Bonuswahnsinn. Mit ihren State-
ments hat sie diesen Eindruck nämlich erweckt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie kapieren es nicht!)


Das kann man doch nicht gegeneinander ausspielen und
sagen: Gegen die Boni brauche ich nichts zu tun, weil
ich für die Transaktionsteuer bin. Nein, wir brauchen ein
ganzes Bündel von Maßnahmen, das gezielt gegen sämt-
liche Ursachen der Finanzkrise wirkt.


(Beifall bei der SPD)


Wir Sozialdemokraten haben bereits am Jahresanfang
in einem 14-Punkte-Katalog von Herrn Steinbrück und
Herrn Steinmeier skizziert, wie ein solch umfassender
Ansatz aussehen könnte. Die Finanztransaktionssteuer
und klare Begrenzungen für Bonuszahlungen gehören
dazu, reichen aber nicht aus.

Die Bundesregierung muss endlich begreifen, dass
ein Versagen der Politik im Umgang mit der Finanzkrise,
mit ihren Ursachen und Folgen nicht nur eine ökonomi-
sche Dimension hat, sondern eine reale Gefahr für den
sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und für
die Akzeptanz unserer Demokratie bedeutet. Das hat
nicht nur einen moralischen Aspekt, wie Frau Merkel
heute sagte. Diesen Aspekt mag das auch haben, aber der
soziale Zusammenhalt, der eh schon brüchig ist – das
sieht man, wenn man ganz kritisch darauf schaut –, wird
durch Meldungen wie die, die wir in den letzten Tagen
erhalten haben, weiter untergraben: Es wurden noch ein-
mal 3 Milliarden Euro Steuergelder in die balkanesi-
schen Abenteuer der Bayern LB versenkt, und am nächs-
ten Tag hat Herr Ackermann das Gewinnziel für seine
Bank mit 10 Milliarden Euro angegeben, von denen die
eine oder andere Milliarde selbstverständlich in den Bo-
nustöpfen seiner Börsenhändler landen wird. Das ist ein-
fach unerträglich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen hier nicht zündeln, ganz im Gegenteil.
Das hält unsere Gesellschaft auf Dauer nicht aus, und
das müssen alle politischen Akteure in diesem Hause
endlich kapieren.


(Beifall bei der SPD)


d

K
S
d
l


t
K

h
m

F
-
F
g
l

S
g
V
h

s

W
S
n

D
e

(C (D Nächster Redner ist der Kollege Leo Dautzenberg für ie CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe olleginnen und Kollegen! Herr Kollege Poß, obwohl ie hier konstatieren, dass Sie nicht zündeln wollen, hat ie Opposition die Lunte bei diesem Thema doch schon ängst angesteckt. (Joachim Poß [SPD]: Wir haben die Frage doch gemeinsam in der Großen Koalition behandelt!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701210000

(Beifall bei der CDU/CSU)

Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1701210100

Das wollte ich gerade in Erinnerung bringen. Sie dis-
anzieren sich teilweise von dem, was wir in der Großen
oalition gemeinsam auf den Weg gebracht haben.


(Joachim Poß [SPD]: Überhaupt nicht! Das ist der erste Schritt! Wir wollten ja mehr!)


Das muss natürlich in einer gewissen Kontinuität ste-
en. Man darf Sie durchaus daran erinnern, was wir ge-
einsam erfolgreich auf den Weg gebracht haben:


(Joachim Poß [SPD]: Dazu stehen wir auch!)


inanzmarktstabilisierungsgesetz, -ergänzungsgesetz und
fortentwicklungsgesetz. Das waren Reaktionen auf die
inanzkrise. Wir haben einen Rahmen für die Institute
eschaffen, um die soziale Marktwirtschaft in Deutsch-
and erhalten zu können.

Es bringt nichts, wenn Sie jetzt in diesem forschen
til Dinge interpretieren, die die Kanzlerin heute Mor-
en in ihrer Regierungserklärung, aber auch durch ihr
erhalten auf den Gipfeln nicht zum Ausdruck gebracht
at.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn sie nichts sagt, muss man interpretieren!)


Wenn ich noch einmal zitieren darf, was der Europäi-
che Rat beschlossen hat:

Der Europäische Rat fordert den IWF auf, bei sei-
ner Überprüfung die gesamte Bandbreite von Op-
tionen einschließlich Versicherungsprämien, Ab-
wicklungsfonds, Vereinbarungen über bedingtes
Kapital … sowie eine globale Steuer auf Finanz-
transaktionen in Betracht zu ziehen.

ir haben also mehrere Optionen. Es ist nicht so, wie
ie unterstellen, dass dies schon das Bekenntnis zur Fi-
anztransaktionssteuer ist.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber keine Ablehnung! – Joachim Poß [SPD]: Ach? Was hat die Kanzlerin denn heute Morgen gesagt?)


as müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Das ist
ine von vielen Möglichkeiten.

958 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Leo Dautzenberg

(Nicolette Kressl [SPD]: Aber keine Ablehnung! – Weiterer Zuruf von der SPD: Ja, was wollt ihr denn?)


Aber wenn Sie das gemeinsam machen wollen, müssen
Sie alle Optionen offenhalten. Die Beauftragung an den
IWF ist gegeben; Vergleichbares ist auch in Pittsburgh
beschlossen worden. Jetzt warten Sie doch einmal ab,
was der IWF feststellen wird. Man kann sich doch nicht
für ein System entscheiden, wenn man nicht durch welt-
weite Erhebung überblicken kann, wie die Wirksamkeit
solcher Maßnahmen ist. Wir sind ja bereit – das ist im-
mer unsere Forderung gewesen –, Teile des Finanzsek-
tors, der uns in die Krise geführt hat, an den Kosten zu
beteiligen. Nur muss man dann auch ein wirksames In-
strumentarium haben und nicht nur vollmundige Erklä-
rungen abgeben, durch die man im Grunde nichts er-
reicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich hätte erwartet, Herr Kollege Poß, dass Sie heute
etwas dazu sagen, was in Ihrem Programm steht, näm-
lich dass Sie im nationalen Alleingang eine Börsenum-
satzsteuer für Finanzprodukte an der Börse einführen
wollen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Genau! – Zuruf von der CDU/CSU: Und das ist Unsinn!)


Das ist ein einseitiger Vorgang, der dazu führen würde,
dass sich diese Umsätze vom deutschen Finanzmarkt zu
anderen verlagern. Ich hätte erwartet, dass Sie dazu Stel-
lung beziehen, dass Sie solche Alleingänge machen wol-
len,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


die nur vielleicht die sozialdemokratische Seele befriedi-
gen, aber der Lösung des Problems nicht Rechnung tra-
gen. Dem wollen wir uns widmen.

Eine Finanztransaktionssteuer, wenn man es vom theo-
retischen Ansatz her betrachtet, ist möglicherweise
durchaus ein Instrumentarium, spekulative Umsätze teil-
weise zu erschweren, indem man sie mit zusätzlichen
Kosten belegt. Das ist die Theorie. Die Frage ist: Trägt
dann der Finanzsektor diese Kosten, oder werden sie nur
überwälzt, sodass der Anleger, der Kunde, der In-
vestmentsparer, der Riester-Sparer dann für die ganze
Chose zahlt und der Finanzsektor, den wir eigentlich be-
teiligen wollten, wiederum außen vor ist? Wenn das so-
zialdemokratische Politik ist, dann herzlichen Glück-
wunsch zu diesen Vorgaben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Joachim Poß [SPD])


Wir müssen die Wirksamkeit sehen. Es hilft im End-
effekt auch nicht, wenn nur Europa das beschließt, son-
dern es muss weltweit gelten,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr wahr!)


wenn es wirksam sein soll.

D
B
a
w
c
i
S

s
a
S

a
v

u
A
f
g
s
r
a
W
d

F

W
e
w

I
s
s
D
-
a
l
d
G
s

(C (D (Nicolette Kressl [SPD]: Was sagt Herr Schäffler dazu?)


a muss man auch noch fragen: Was beziehen wir in die
emessung ein? Nur die Börsenumsätze oder auch die
ußerbörslichen, also Over-the-Counter-Geschäfte? Wie
ollen Sie die erfassen, sodass dann die jeweilige Bran-

he diese Kosten selber trägt und nicht überwälzt? Das
st also ein breites Spektrum. Kollege Poß, da ist mit
chnellschüssen nicht gedient,


(Joachim Poß [SPD]: Ach!)


ondern die Kanzlerin steht hier zur Verantwortung, das
uf europäischer Ebene etwas beschlossen wird. Diese
teuer ist eine von vielen Optionen.

Beschreiten Sie doch den Weg, den wir gemeinsam
ngefangen haben, mit, dass wir uns um die Regulierung
on Märkten und Produkten weltweit kümmern


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann fangen Sie einmal damit an!)


nd das Zeitfenster, das noch offen ist, nutzen. Da ist die
ufsicht gefragt. Da sind manche Finanzprodukte ge-

ragt. Das ist der wirksamere Weg, kurzfristig zu Erfol-
en zu kommen. Wir müssen dieses Zeitfenster nutzen,
onst geht es so weiter, wie es im angelsächsischen Be-
eich teilweise schon wieder praktiziert wird, wo man
nnehmen muss, dass sie nichts daraus gelernt haben.
ir sind bereit, verantwortungsvoll den Weg zu gehen,

er von den vielen Optionen bestimmt wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Der Leo musste heute eiern!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1701210200

Nächster Redner ist der Kollege Axel Troost für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701210300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir begrüßen es natürlich außerordentlich, dass die SPD

ine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragt hat,
eil auch wir es für sehr wichtig halten.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rot und Rot wachsen zusammen!)


ch persönlich habe diese Steuer vor zehn Jahren im Zu-
ammenhang mit der Arbeitsgruppe „Alternative Wirt-
chaftspolitik“ im Memorandum 2000 schon gefordert.
amals haben wir das noch Kapitalverkehrsteuer oder

steuern genannt. Es ging auch schon damals darum, die
bgeschaffte Börsenumsatzsteuer, ergänzt um außerbörs-
iche Aktivitäten mit der Devisentransaktionsteuer, also
er Tobin-Steuer, zu verbinden zu einer einheitlichen
esamtkapitalverkehr- oder heute Finanztransaktions-

teuer.


(Frank Schäffler [FDP]: Da würde sich der Tobin im Grabe umdrehen!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 959


(A) )



(B) )


Dr. Axel Troost
Ziel und Zweck dieser Steuer war damals wie heute
erstens – das ist erwähnt worden –, Finanztransaktionen,
wie man das so schön sagt, zu entschleunigen, also mini-
mal zu verteuern – darauf komme ich gleich noch einmal –,
um letztlich ganz kurzfristige Spekulationen etwas un-
attraktiver zu machen und damit Entschleunigung zu be-
wirken.

Zweitens geht es aber auch darum, ganz erhebliche
Einnahmen zu erzielen; das ist hier noch gar nicht er-
wähnt worden. Das Österreichische Institut für Wirt-
schaftsforschung in Wien hat im Sommer letzten Jahres
eine Studie vorgelegt, in der die Folgen der Einführung
dieser Steuer simuliert wurden. Man kam zu dem Ergeb-
nis, dass bei einem Steuersatz von 0,01 Prozent pro
Transaktion in der Bundesrepublik Deutschland Einnah-
men in Höhe von 13 bis 15 Milliarden Euro alleine aus
Wertpapiergeschäften und europaweit Einnahmen von
weiteren 20 Milliarden Euro aus Devisentransaktionsge-
schäften entstehen. Es geht also um sehr viel Geld, das
wir auch verwenden könnten, um die Kosten, die die
Finanzmarktkrise verursacht hat, zumindest zum Teil zu
kompensieren.

Weil es letztlich um den Steuersatz geht, wenn man
versucht, diese Steuer national oder europaweit relativ
schnell einzuführen, möchte ich, weil gleich mit Sicher-
heit das Argument der privaten Sparer angeführt wird,
darauf hinweisen, was ein Steuersatz von 0,01 Prozent
bedeutet. Ein Steuersatz von 0,01 Prozent heißt: Wenn
ein Privatanleger ein Depot mit Aktien oder festverzins-
lichen Wertpapieren im Wert von 100 000 Euro anlegt,
muss er einmalig 10 Euro bezahlen. Die Bankgebühren
für dieses Depot betragen allerdings zwischen 1 000 und
2 000 Euro. Das möchte ich einmal deutlich machen.

Die Einführung dieser Steuer hätte Einnahmen von
insgesamt 13 Milliarden Euro zur Folge, und das, ob-
wohl bereits simuliert wurde, dass es zu einem Rück-
gang der Zahl der Transaktionen kommen würde. Inso-
fern glaube ich, dass sehr viel für die Einführung dieser
Steuer spricht und dass man dieses Thema jetzt entschie-
den angehen sollte.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


Ich bin in dieser Debatte leider sehr früh an der Reihe,
sodass ich später nicht mehr reagieren kann. Wahr-
scheinlich wird im weiteren Verlauf der Diskussion ne-
ben dem Argument der Sparerinnen und Sparer auch ar-
gumentiert: Eine solche Steuer kann man nur weltweit
einführen,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja!)


eventuell in einem Schlag europaweit, am besten aber
weltweit. – Das heißt letztlich, dass man sich hinter der
Welt versteckt und keine eigenen Aktivitäten entwickelt.

Das Mindeste, was uns gelingen muss, ist, dass wir
ähnlich wie das belgische und das französische Parla-
ment einen Vorratsbeschluss fällen, der lautet: Wenn
diese Steuer europaweit eingeführt werden sollte, dann

i
d
c
U
d
A
f
v
p
s

e
l
i
d
E

F

M
k
e
V
W
h
l
z
t
n
S
F
s
l
a

u
d

s
v
n
s

(C (D st Deutschland dabei. Belgien und Frankreich haben ies beschlossen. Ein solcher Beschluss würde Mut mahen, in den internationalen Gremien, in der EU für eine msetzung zu kämpfen. Ich sage noch einmal: Dies ist ie einzige Möglichkeit, die Finanzmärkte und ihre kteure wieder vernünftig in die Finanzierung der öf entlichen Haushalte einzubeziehen und gleichzeitig zu erhindern, dass das Geschäft mit spekulativen Wertpaieren so weiterläuft wie bisher. Ich bitte Sie, diesen Anatz zu prüfen. Im nächsten Monat, im Januar 2010, wird die Linke inen entsprechenden Antrag einbringen, der seinen paramentarischen Gang nehmen wird. Ich hoffe, dann wird n der Debatte deutlich, dass sich eine große Mehrheit ieses Hauses, vielleicht mit Ausnahme der FDP, die inführung einer solchen Steuer vorstellen kann. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701210400

Das Wort hat nun Kollege Frank Schäffler für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die klatschen ja schon vorher! Absurd! – Gegenruf des Abg. Christian Lange [Backnang] [SPD]: Hinterher sind sie sich nicht mehr sicher!)



Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1701210500

Bleiben Sie ruhig, Herr Kuhn. – Herr Präsident!
eine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP be-

ennt sich zu dem, was im September dieses Jahres ver-
inbart wurde, schon allein aus Verantwortung für die
erpflichtungen, die wir international eingegangen sind.
ir unterstreichen das, was Herr Dautzenberg gesagt

at: Es handelt sich um einen Prüfauftrag. Dennoch ent-
ässt uns dieser Prüfauftrag nicht aus der Verantwortung,
u hinterfragen, welche Wirkung eine Finanztransak-
ionssteuer hat. Nicht ohne Grund haben Länder wie Dä-
emark, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich,
chweden, Spanien und letztendlich Deutschland – die
DP gemeinsam mit der Union – 1991 die Börsenum-
atzsteuer abgeschafft: Sie war nachteilig für den jewei-
igen Börsenplatz, sie hat der Aktienkultur und damit
uch der privaten Altersvorsorge geschadet,


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


nd sie hat die Kapitalaufnahme von Unternehmen über
ie Börse verteuert.


(Beifall bei der FDP)


Alle statischen Einnahmerechnungen stimmen nicht,
ie stimmten nie. Eine Steuer auf Finanztransaktionen
erhindert auch keine Investitionsblasen und keine Fi-
anzkrisen. Sie kann Investitionsblasen und Finanzkri-
en nicht verhindern, weil die Ursachen für ihre Entste-

960 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Frank Schäffler
hung nichts mit dem Umfang von Finanztransaktionen
oder mit ihrer Geschwindigkeit zu tun haben.

Eine wesentliche Ursache für die Entstehung von In-
vestitionsblasen und Finanzkrisen liegt in der falschen
Geldpolitik der Notenbanken,


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der SPD: Oh!)


insbesondere der amerikanischen Fed, die mit billigem
Geld Spekulationsblasen erst ermöglicht hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese Politik des billigen Geldes, das nicht auf Erspar-
nissen beruht, ist die Ursache dafür, dass wir immer wie-
der eine Abkopplung des Finanzbereiches von der Real-
güterwirtschaft feststellen müssen. Das war im Kern
auch die Ursache der Weltwirtschaftskrise von 1929.

Wir befürchten, dass der Ruf nach dieser neuen Steuer
auf Finanztransaktionen schlicht ein Ablenkungsmanö-
ver ist. Übrigens befürchten nicht nur wir das: Noch in
der vergangenen Legislaturperiode hat sich die SPD
selbst gegen diese Steuer ausgesprochen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)


Die Berichterstatterin der SPD für den Finanzmarkt,
Frau Nina Hauer – leider nicht mehr im Parlament; Sie
haben sie nicht früh genug auf die Liste gesetzt –, hat die
Ablehnung eines Antrages zur Einführung einer Bör-
senumsatzsteuer


(Nicolette Kressl [SPD]: Das war etwas anderes!)


noch mit den Worten begründet – ich zitiere –:

Sie treffen mit der Börsenumsatzsteuer nur die klei-
nen Sparer, die ihr erarbeitetes Vermögen oder ihre
erwirtschafteten Gewinne, ihre Altersversorgung an
der Börse anlegen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aha!)


Sie sehen: Die SPD hat sich kurz vor der Wahl umorien-
tiert und ist jetzt letztendlich dabei, dem gemeinen Popu-
lismus hinterherzurennen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will zur Ehrenrettung unseres Koalitionspartners
zitieren, dass der bayerische Finanzminister Fahrenschon
und der CDU-Generalsekretär Pofalla – so berichtet die
Welt vom 18. September 2009 – vorgerechnet haben, dass
ein Riester-Sparer, der heute 30 000 Euro brutto verdient
und den für die maximale Förderung notwendigen Betrag
einzahlt, durch eine solche Steuer in 20 Jahren um
4 700 Euro gebracht wird.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Hört! Hört!)


Es trifft also – anders als von verschiedener Seite darge-
stellt wird – die kleinen Sparer.

s
z
l
w
B
d
d

S
n
s
d
f

D
e
k
o

B

N

W
g
s
d

g
A
w
a
m
w
d

S
k
l

(C (D (Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja billig!)


Dies alles kann man nicht mit der Aussage wegwi-
chen: Es kann nicht weitergehen wie bisher. Das stimmt
war; aber es ist aus meiner Sicht zu wenig. Man müsste
etztendlich die Ursachen angehen: Die heutige Welt-
irtschaftskrise ist eine Krise der Überschuldung von
anken und Staaten. Das Kernproblem besteht darin,
ass im heutigen Geldsystem Kredite gewährt werden,
ie nicht durch Ersparnisse gedeckt sind.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig! – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Genau das!)


olch ein aus dem Nichts geschaffenes Geld produziert
icht nur immer schwerere Wirtschafts- und Finanzkri-
en, sondern führt auch in eine Überschuldungssituation,
ie unsere Wirtschaftsordnung und letztendlich auch die
reiheitliche Gesellschaft ruiniert.


(Nicolette Kressl [SPD]: 1 Milliarde Euro für die Hotels, sage ich!)


eshalb ist es, glaube ich, zu einfach, populistisch nach
iner neuen Steuer zu rufen. Entscheidend ist, dass wir
ünftige Krisen durch eine marktwirtschaftliche Geld-
rdnung verhindern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701210600

Das Wort hat jetzt Gerhard Schick für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn man die Rechnung, die Herr Schäffler gerade auf-
estellt hat, einmal für die intransparenten Bankprovi-
ionen machen würde, dann kämen wir auf eine ganz an-
ere Größenordnung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: In der Tat!)


Deswegen finde ich, wäre es eine gute Politik – das ist
enau das, was wir vorschlagen –, für einen richtigen
nlegerschutz zu sorgen; denn dann würde der Nettoge-
inn für den Anleger so groß sein, dass wir noch ganz

ndere Steuersätze festlegen könnten, und dann würde
an den Banken wirklich einmal etwas abfordern und
irklich etwas für die Kunden tun. Bei dem Punkt hat
ie FDP in der letzten Zeit aber immer gekniffen.


(Frank Schäffler [FDP]: Na, na, na!)


tattdessen war sie an der Stelle die Lobby für die Ban-
en, Versicherungen und Fonds, um es intransparent zu
assen. Das werden wir ja noch einmal sehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 961


(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick
In einem aber hat der Kollege Schäffler natürlich
recht: Vorgeschaltet vor die Frage der Haltung der Bun-
desregierung könnten wir auch eine Aktuelle Stunde zur
Haltung der SPD zur Finanzumsatzsteuer durchführen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aha!)


Sie unterlag in den letzten Monaten einer gehörigen
Schwankung. Herr Schäffler hat hier völlig richtig zi-
tiert.


(Frank Schäffler [FDP]: Danke schön! – Nicolette Kressl [SPD]: Das stimmt nicht!)


Zu einem Zeitpunkt, als Herr Steinmeier und Herr
Steinbrück schon für eine Börsenumsatzsteuer und eine
weltweite Finanzumsatzsteuer waren, wurde hier im
Bundestag noch argumentiert, so eine Steuer schade dem
kleinen Sparer.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Plötzlich ist man jetzt doch dafür. Ich habe eine Bitte an
die nächsten Rednerinnen und Redner der SPD: Erklären
Sie uns einmal, was jetzt wirklich Ihre Position ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Sie hat nur das Grünen-Modell abgelehnt! Das weiß ich ganz genau!)


Nun aber zur Regierung; hier sind wir uns ja einig.
Die Kanzlerin hat heute Morgen gesagt, das sei auch
eine moralische Frage.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig! Auch eine moralisch-ethische Frage!)


Ich würde sagen: Es ist jetzt vor allem eine politische
Frage, ob die Bundesregierung das wirklich unterstützt
oder ob hier ins Blaue hinein ein Prüfauftrag erteilt wird,
bei dem ein Minister dieser Regierung direkt sagt: Da-
raus soll nie etwas werden. – So geht es aber nicht.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wer war das denn? – Nicolette Kressl [SPD]: Komische Art von Prüfen!)


Mit dieser Art der Unterstützung wird daraus interna-
tional nie etwas. Sie tun genau das: National sagen Sie:
„Es geht nicht“, über Europa verlieren Sie kein Wort,
und global versuchen Sie, dies in ein politisches Nir-
wana zu schicken, damit nichts herauskommt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Die Idee ist zu gut, als dass Sie sie einfach ins Off kata-
pultieren können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Gerade in der Europäischen Union besteht eine wirk-
liche Chance, hier etwas zu tun. Nicht nur aus den konti-
nentaleuropäischen Ländern, deren Parlamente schon
gesagt haben: „Wir machen das mit, wenn die anderen
mitmachen“, sondern auch aus Großbritannien kommt

e
C
r
ö
K
d

u
e
u
g
M

b
j
w
b
D
e
f
b


d
l

t
d
d

D
i
m
m
e
m
d

d
w
u
w
v
w

(C (D rstmals eine Unterstützung dafür. Diese historische hance nicht zu nutzen, um einen wirklichen Finanzie ungsbeitrag der Finanzindustrie zu den Finanzierungen ffentlicher Aufgaben und vor allem zur Tragung der risenlasten einzufordern, ist ein massives Versäumnis, as wir Ihnen vorwerfen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Es geschieht ja nicht so häufig, dass sich Bürgerinnen
nd Bürger aktiv für die Einführung einer neuen Steuer
insetzen, wie das gerade mit der Petition für eine Finanz-
msatzsteuer geschehen ist. Das zeigt, dass es hier eine
rundlegende Ungerechtigkeit und etwas gibt, was die
enschen nicht verstehen.

Warum wird auf jeden Schrank, den der Schreiner
aut, auf jedes Brötchen, das der Bäcker backt, und auf
ede Friseurdienstleistung eine Umsatzsteuer erhoben,
ährend das nicht geschieht, wenn es um die Umsätze
eim Finanzhandel in Frankfurt geht? Warum ist das so?
iese Frage müssen Sie uns einmal beantworten. Das ist

ine Privilegierung der Finanzbranche, die wir abschaf-
en müssen, um einen fairen Finanzierungsbeitrag zu ha-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist aber ein anderer Ansatzpunkt, Herr Kollege!)


Wenn man sich anschaut, welche Konsolidierungsbe-
arfe Sie haben, dann erkennt man, dass das ein sehr re-
evanter Ansatzpunkt ist.

Da Sie offensichtlich nicht in der Lage sind, interna-
ionale Zusagen der Bundesregierung zur Finanzierung
er Entwicklungshilfe einzuhalten, stellt sich vielleicht
ie Frage, wie wir die Finanzlasten in Zukunft verteilen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wollen Sie die Umsätze verändern oder eine Steuer generieren?)


ass das alles ökonomisch überhaupt nicht gehen soll,
st interessant. In den USA unterstützen 200 renom-
ierte Wirtschaftswissenschaftler die Einführung einer
oderaten Finanzumsatzsteuer, wobei die gleichen Steu-

rsätze gelten sollen, die wir auch vorschlagen. Man
üsste sich vielleicht einmal ernsthaft damit auseinan-

ersetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Zuruf von der FDP: Wie viele gibt es davon in den USA?)


Ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, zu han-
eln und zu nutzen, dass die Bürgerinnen und Bürger
issen, dass hier etwas schiefläuft und zu korrigieren ist,
nd dass auch in Großbritannien entsprechend gedacht
ird, wo der Chef der Finanzaufsicht, Turner, sagt: Ganz
iele Produkte, die am Finanzplatz London gehandelt
erden, sind volkswirtschaftlich unnütz.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Wer stellt das fest?)


962 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick
Diese Situation kann man jetzt nutzen, um politisch
eine Initiative zu ergreifen. Das würde die Frage nach
der volkswirtschaftlichen Wirkung beantworten, die
nämlich darin besteht, dass die volkswirtschaftlich un-
produktiven Umsätze unterbleiben.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn jetzt? Wollen Sie ein fiskalisches Ziel oder Steuern?)


Das ist die Aufgabe der jetzigen Regierung. Darauf soll-
ten Sie sich verständigen, statt sich gegenseitig zu blo-
ckieren. Ich mache mir nämlich Sorgen, dass die Bun-
desregierung jetzt, wo die ganze Welt den richtigen
Drive hat, die Finanzbranche zu kontrollieren und etwas
Neues anzufangen, durch die Blockade zwischen der
CDU/CSU auf der einen Seite und der FDP auf der an-
deren Seite international schwach aufgestellt ist, statt das
Thema Neuaufstellung der Finanzmärkte zum Schwer-
punkt zu machen, wie es die Bürgerinnen und Bürger
und auch die Unternehmerinnen und Unternehmer dieses
Landes dringend fordern. Das wäre Ihre Aufgabe. Tun
Sie es!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701210700

Das Wort hat nun der Parlamentarische Staatssekretär

Hartmut Koschyk.


(Frank Schäffler [FDP]: Erklären Sie es ihm noch einmal!)


H
Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1701210800


Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die
Finanz- und Wirtschaftskrise hat den Staat gezwungen,
mit Beträgen von bislang unbekannter und ungeahnter
Größenordnung das internationale, das europäische, aber
auch das deutsche Bankensystem zu stützen. Es ist unbe-
stritten, dass diese Stützungsmaßnahmen alternativlos
waren. Niemand möchte sich ausmalen, was passiert
wäre, wenn wir auch in Deutschland systemrelevante
Bankinstitute nicht aufgefangen hätten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


So haben wir das Schlimmste verhindert. Richtig ist
aber auch: Der Schuldenstand der öffentlichen Hand ist
durch diese Rettungsmaßnahmen sprunghaft gestiegen,
und noch – ich glaube, auch in diesem Punkt müssen wir
nüchtern sein – sind nicht alle Risiken in unseren Haus-
halten manifestiert.

Neben den privaten Verlusten durch die Finanzkrise,
die viele Bürger erlitten haben, und dem Schicksal dro-
hender Arbeitslosigkeit sehen sich die Steuerzahler jetzt
mit einem immensen öffentlichen Schuldenberg kon-
frontiert. Deshalb stellen die Bürger zu Recht die Frage,
wer die Verursacher der Krise sind und ob diese auch fi-
nanziell zur Rechenschaft gezogen werden.

Angesichts einer öffentlichen Diskussion über frühere
Bankmanager, die die Auszahlungen ihrer Boni für die

Z
d
d
B
n
c
W
a
d
S
d

d
s
b

M
B
d
g
t
I
e

i
f
s
s
d
s
F
r
l
l

p
k
Z
F
n

e
g
t
e
L

S
n
F

d

(C (D eit der offensichtlich ruinösen, ja sogar systemgefährenden Geschäftspolitik einklagen, und aktueller Melungen über schon wieder steigende Bonuszahlungen im anksektor sind diese Fragen unserer Bürger sicherlich achvollziehbar. Es gibt keinen Zweifel: Das Verursaherprinzip muss auch hier zur Anwendung kommen. enn die Märkte eine überzogene Risikoneigung nicht usreichend bestrafen können und der Staat zur Abwenung der Folgen rettend eingreifen muss, dann muss der taat auch bei der Kostenverteilung an die Verursacher enken. (Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Deshalb ist die Bundesregierung davon überzeugt,
ass wir den Finanzsektor an den Kosten beteiligen müs-
en, die durch die staatlichen Interventionen zur Krisen-
ewältigung entstanden sind.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wie?)


it genau dieser Frage setzt sich auch auf Initiative der
undesregierung die internationale Gemeinschaft bzw.
ie Europäische Union auseinander. Die Staats- und Re-
ierungschefs der G-20-Staaten haben bei ihrem Gipfel-
reffen in Pittsburgh im September auch auf deutsche
nitiative den Internationalen Währungsfonds beauftragt,
inen Bericht zu dieser Problematik zu erarbeiten.

Der Europäische Rat hat auch auf deutsche Initiative
n der letzten Woche unterstrichen, dass sich diese Prü-
ung auf mehrere Möglichkeiten erstrecken soll. Eine die-
er Optionen ist eine internationale Finanztransaktions-
teuer. Daneben werden aber auch andere Lösungen
iskutiert. So führt beispielsweise Schweden Ende die-
es Jahres eine Stabilitätsabgabe ein. Diese ist von den
inanzinstituten zu entrichten und fließt in einen Siche-
ungsfonds, aus dem künftig anfallende Kosten zur staat-
ichen Stützung des Finanzsektors finanziert werden sol-
en.

Auch derartige Alternativen müssen gründlich ge-
rüft werden. Dabei geht es zum einen um die Auswir-
ungen auf die Finanzmärkte und Volkswirtschaften.
um anderen müssen wir aber auch die Belastungen des
inanzsektors im Blick haben, solange die Krise noch
icht vollständig überwunden ist.

Optimal wäre sicherlich eine Lösung, die gleichzeitig
inen Anreiz zur Verringerung hochriskanter Geschäfte
ibt, aber andererseits einen spürbaren finanziellen Bei-
rag zur Bewältigung der Krisenkosten leistet. Ich halte
s für fraglich, ob der Finanzsektor heute bereits in der
age ist, neue Belastungen zu schultern.


(Zurufe von der SPD: Oh! Oh!)


o weit sind wir in den Stabilisierungsbemühungen noch
icht. Man kann sich das aber für das Jahr 2011 und die
olgejahre sicherlich vorstellen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Machen wir das Gesetz nächstes Jahr!)


Die Analyse des Internationalen Währungsfonds und
ie weitere internationale Diskussion müssen wir abwar-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 963


(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Hartmut Koschyk
ten. Eine nationale Entscheidung über die zu diskutieren-
den Instrumente wäre sicherlich verfrüht. Die Finanz-
transaktionssteuer ist dabei – das hat die Bundesregierung
deutlich gemacht – eine der zu prüfenden Möglichkeiten.
Ich sage sehr deutlich: Bei der Ausgestaltung einer der-
artigen Steuer wird sehr scharf darauf zu achten sein,
dass ihr Hauptziel der Dämpfung spekulativer Exzesse
einerseits und der Stärkung stabilisierender Investitionen
in die Finanzmärkte andererseits nicht konterkariert
wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Auf jeden Fall erscheint eine solche Steuer – das muss
man deutlich sagen; darüber sollte es auch in der SPD
keinen Streit geben – überhaupt nur international denk-
bar. Jeder nationale Alleingang wäre völlig untauglich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das wäre schon allein wegen des Standortwettbewerbs
und der vorhersehbaren Ausweichreaktionen nicht ver-
tretbar. Sinnvoll erscheint nur eine international abge-
stimmte Lösung.

Lieber Herr Schick, wir begleiten als Bundesregie-
rung die europäische Diskussion sehr engagiert. Natür-
lich gibt es in Europa Länder – Frankreich, Österreich
und Großbritannien –, die sich bereits öffentlich für eine
Finanztransaktionssteuer ausgesprochen haben. Aber
auch diese Länder setzen allein auf eine internationale
und nicht auf eine national isolierte Lösung. Auch diese
Länder wollen den IWF-Bericht abwarten. Deshalb
strebt die Bundesregierung auf jeden Fall ein gemeinsa-
mes, abgestimmtes Vorgehen der Euro-Gruppe an. Die
Bundesregierung wird dieses Thema auf dem nächsten
Ecofin-Treffen weiter diskutieren und befördern.

Wenn wir es schaffen, eine international abgestimmte,
tragfähige Lösung zur finanziellen Beteiligung des Fi-
nanzsektors zu erreichen, wäre das auch ein gutes Ergeb-
nis für die deutsche Volkswirtschaft. Dabei sind wir im
Vorfeld nicht auf eine bestimmte Lösung festgelegt. Die
diskutierte internationale Finanztransaktionssteuer ist
eine von mehreren möglichen Lösungen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701210900

Das Wort hat nun Barbara Hendricks für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1701211000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

wenigen Wochen haben sich mehr als 50 000 Menschen
in einer Petition für die Einführung einer internationalen
Finanztransaktionssteuer eingesetzt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


D
g
E
s
a
w
t
T
H

b
b
e
e
r
d
s
G
B
w
n
F
h
S
i
J
u

t
n
l
T
u
m
D
t

I
D
h

A
K
b

v

(C (D iese Petition ist beim Deutschen Bundestag eingeganen. Sie verfolgt das Ziel, die Kosten der Krise mit den innahmen, die mit einer solchen Steuer zu generieren ind, abzumildern. Das soll sowohl auf nationaler als uch auf internationaler Ebene geschehen. Spätestens enn sich der Petitionsausschuss – 50 000 Unterschrif en liegen vor – in öffentlicher Sitzung mit diesem hema befassen muss, muss auch die rechte Seite des auses Farbe bekennen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])


Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ha-
en, anders als das heute zum Teil zum Ausdruck ge-
racht wurde, schon seit dem Jahr 2005 Initiativen dazu
rgriffen, eine internationale Finanztransaktionssteuer
inzuführen. Viele werden sich vielleicht nicht mehr da-
an erinnern, aber Bundeskanzler Gerhard Schröder hat
ies im Februar 2005 auf dem internationalen Wirt-
chaftstreffen in Davos und im Sommer 2005 auf dem
-7- bzw. G-8-Gipfel im schottischen Gleneagles – die
riten waren die Gastgeber – vorgeschlagen. Allerdings
aren unsere angelsächsischen Freunde im Jahr 2005
och nicht einmal bereit, darüber nachzudenken. Das
enster der Gelegenheit war noch nicht offen, oder der
istorische Moment war noch nicht da, wie es Kollege
chick ausgedrückt hat. Aber nach den Erfahrungen der

nternationalen Finanzkrise seit dem Herbst des
ahres 2008 ist genau diese historische Gelegenheit da,
nd die gilt es jetzt zu ergreifen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])


Das haben sozialdemokratische Politiker beherzt ge-
an. Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück haben
ämlich im Frühsommer dieses Jahres ein Papier vorge-
egt. Es ist gerade Peer Steinbrück gewesen, der dieses
hema auf die G-20-Sitzung in Pittsburgh getragen hat,
nd die Kanzlerin hat sich dieses Thema zu eigen ge-
acht. Das will ich hoch anerkennen. Es ist von
eutschland vorgetragen worden, aber es war die Initia-

ive von Peer Steinbrück.


(Frank Schäffler [FDP]: Das ist leider wahr! – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Warum dann die Aktuelle Stunde?)


ch wundere mich eigentlich, dass Kollege Leo
autzenberg nicht dazu stehen will, was die Kanzlerin
eute Morgen gesagt hat.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Selbstverständlich stehe ich dazu!)


ber es lohnt sich jedenfalls, nachzulesen, was die
anzlerin in ihrer Regierungserklärung am 10. Novem-
er dieses Jahres gesagt hat.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Und was sie heute gesagt hat!)


Jetzt kommen wir zu dem Punkt. Es ist in Pittsburgh
erabredet worden, dieses dringliche Thema solle beför-

964 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Barbara Hendricks
dert werden. Der IWF ist beauftragt worden, ein Gutach-
ten zu erstellen, und er wird seine Vorschläge im April
vorlegen. Der nächste G-20-Gipfel im Juni wird sich da-
mit befassen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Na also!)


Wenn aber in der Zwischenzeit diese Koalition toter
Mann spielt, weil sie sich nicht einigen kann, dann wird
das das Thema nicht befördern, und dafür tragen Sie die
Verantwortung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nehmen wir doch einmal die Äußerungen der letzten
Tage. Der vor wenigen Tagen neu ernannte Generalse-
kretär der FDP


(Frank Schäffler [FDP]: Guter Mann!)


hat ein Interview in der Westdeutschen Allgemeinen Zei-
tung gegeben. Gut, dass der hochgelobte junge Mann
den Unterschied zwischen der Tobin-Tax und der inter-
nationalen Finanztransaktionssteuer nicht so richtig
kennt, interessiert eigentlich nur die FDP. Aber dass die-
ser junge Kollege, der seit drei Tagen kommissarisch be-
nannt ist, sich traut, als Generalsekretär einer Koalitions-
partei die Kanzlerin frontal anzugreifen, sollte schon die
hier vertretenen Koalitionsfraktionen und die Bundesre-
gierung interessieren. Das interessiert nicht mehr nur
noch die FDP.


(Beifall bei der SPD)


Minister Niebel hat in der Ausschusssitzung am
2. Dezember, von mir darauf angesprochen, gesagt, was
die Kanzlerin darüber denke, interessiere ihn nicht.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Unsinn und Vorsicht! – Zuruf von der FDP: Steht so nicht im Protokoll!)


– Gut, dann haben Sie vielleicht das Protokoll geschönt.
Aber ich war dabei, und es gibt genügend Zeugen. –
Denn das stehe nicht im Koalitionsvertrag. Das war die
Aussage von Minister Niebel dazu. Das werden die Mit-
glieder des Ausschusses bestätigen können. Genauso
war es.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Minister Niebel ist für – ich will es einmal freundlich
ausdrücken – ein breites Lächeln von einem Ohr bis zum
anderen bekannt. Dass er bei der Überreichung der Ur-
kunde durch den Bundespräsidenten offenbar diese Oh-
ren auf Durchzug gestellt hat, ist allerdings zu bedauern;
denn der Bundespräsident hat am 28. Oktober aus An-
lass der Überreichung der Urkunden an die Mitglieder
der Bundesregierung gesagt:

Ich halte es auch für richtig, wenn sich Deutschland
mit Nachdruck für eine Abgabe auf internationale
Finanztransaktionen einsetzt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Joachim Poß [SPD]: Hört! Hört!)


D
M

g
n

t
w

D
O
m
d
d
D

M
s
v
a
z
h
b
ä
w
h

F

K
m
d
B
s
Z
e

B
z
s

(C (D ieses sollten Sie bitte zur Kenntnis nehmen. Frau erkel kann natürlich heute Nachmittag nicht hier sein das ist selbstverständlich –, aber es bleibt ihre Aufabe, endlich für Ordnung in ihrem Kabinett zu sorgen, icht nur, aber auch an dieser Stelle. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir setzen darauf, dass wir die internationale Finanz-
ransaktionssteuer mit einem erheblichen Aufkommen
erden durchsetzen können.


(Frank Schäffler [FDP]: Mit Aufwand vor allem!)


ies dient zum einen dazu, die Folgen der Krise hier vor
rt finanziell abzumildern. Natürlich haben wir das ge-
einsam gemacht, aber die Kosten sind da, und es geht

arum, diese Kosten zu minimieren und diejenigen an
en Kosten zu beteiligen, die die Krise verursacht haben.
ies gilt national, aber insbesondere auch international.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701211100

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.


Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1701211200

Ja. – Wir werden die größten Probleme haben, die
illenniumsziele zu erreichen. Die Bundesregierung hat

ich gerade für das Jahr 2010 von den Zwischenzielen
erabschiedet. Wir werden die größten Probleme haben,
uch das noch zu finanzieren, was auf dem Klimagipfel
u Recht wird verabschiedet werden müssen und was
offentlich verabschiedet wird. Noch daneben und darü-
er hinaus sind die Folgen der Finanzkrise gerade für die
rmsten Länder zu minimieren. Das ist unsere Aufgabe,
enn wir in Verantwortung vor Gott und den Menschen
andeln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701211300

Das Wort hat nun Kollege Carl-Ludwig Thiele für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1701211400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

olleginnen und Kollegen! Frau Dr. Hendricks, wenn
an Sie hört, dann kann man sich gar nicht vorstellen,

ass die SPD bis vor sieben Wochen elf Jahre lang den
undesfinanzminister in diesem Land gestellt hat;

chließlich hat kein Finanzminister der SPD in dieser
eit irgendetwas unternommen, um eine solche Steuer
inzuführen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ei Ihnen scheint wirklich absolute Vergesslichkeit vor-
uherrschen. Das bezieht sich bei den Grünen auch auf
ieben Jahre Koalition Rot-Grün.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 965


(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele
Ich möchte einen zweiten Punkt feststellen. Sie hätten
hier heute einen Antrag einbringen können. Das haben
Sie nicht gemacht; Sie haben nur eine Aktuelle Stunde
beantragt. Das ist eigentlich ein bisschen dünn, wenn
man meint, das Ganze sei so wichtig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte auf einen dritten Punkt eingehen, insbe-
sondere weil Sie, Frau Kollegin Hendricks, Schottland
angesprochen haben. Ich verweise auf etwas, was der
ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück, SPD, gesagt
hat. In der Süddeutschen Zeitung stand im Januar 2006
– Zitat –: Die sogenannte Tobin-Steuer auf Finanzspeku-
lationen verglich Steinbrück mit dem Ungeheuer von
Loch Ness, das regelmäßig auftauche.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Schäffler [FDP]: So schlecht war der gar nicht!)


Insofern bitte ich Sie, sich einfach einmal auf das zu
konzentrieren, was Sie wirklich wollen, und dafür einzu-
treten, dass unser Land eine vernünftige Zukunft hat.
Das ist unsere Aufgabe, gerade in der Wirtschafts- und
Finanzkrise, die immer noch nicht bewältigt ist, die aber
bewältigt werden muss.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Finanzsektor ist nach dem Verständnis der FDP
dienendes Element einer Volkswirtschaft. Der Finanz-
sektor war auch nicht in Gänze verantwortlich für die Fi-
nanzkrise.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig!)


Insofern gilt es aus unserer Sicht, den Finanzsektor dif-
ferenziert zu betrachten. Nicht jeder war Täter. Wir wol-
len, dass sich eine Kasinomentalität, also übermäßiges
Spekulieren mit geliehenem Geld, nicht wiederholt. Wir
stehen für Freiheit in Verantwortung, und deshalb dürfen
nach unserer liberalen Auffassung Finanzgeschäfte bzw.
Finanzprodukte zukünftig nicht ohne Eigenkapital oder
Eigenhaftung gehandelt werden. Das ist der entschei-
dende Punkt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir brauchen verantwortliches Handeln derjenigen, die
am Markt tätig sind.

Eines sage ich aber auch ganz deutlich: Die Räder
müssen sich wieder drehen können. Die hochentwickelte
Weltwirtschaft, der wir gerade als Exportnation unseren
Wohlstand verdanken, ist ohne einen effektiven Finanz-
markt absolut undenkbar.

Kein Markt ist so reguliert wie der Finanzmarkt. Die
Regulierung hat versagt. Aus unserer Sicht muss hier an-
gesetzt werden. Dabei müssen die Fragen gestellt wer-
den: Ist die Finanzmarktsteuer hier als Regulierungsmit-
tel überhaupt geeignet? Kann sie das Verhalten von
Betroffenen ändern? Wenn sowohl gefährliche als auch
ungefährliche Anlagen gleichermaßen teurer werden:
Was hat das eigentlich für eine Lenkungswirkung, um

F
g
w
g
o
a

n
g
f
l

e
e
d
D

w
t
d
e
s
n
i
A
d
P
d
t
l
l
Z
t
k
b
t

d

D
m
z

J
l

d

(C (D ehlallokation zu verhindern? Was ändert sich dann eientlich? Es muss auch die Frage erlaubt sein: Wen ürde eine solche Steuer treffen, und wer muss sie eientlich zahlen? Zahlen muss nicht der Börsenmakler der der Börsenmanager, sondern der Kunde, der Kleinnleger, der Sparer, aber eben auch der Riester-Rentner. Wir alle wissen, dass unsere im Umlageverfahren fianzierten sozialen Sicherungssysteme durch die demorafische Entwicklung Probleme bekommen. Daher ist ür die FDP vollkommen klar: Wir brauchen eine zusätziche Kapitaldeckung für die Altersvorsorge. Wenn wir eine Finanzmarktsteuer erheben, um für ine zusätzliche Kapitaldeckung zu sorgen, dann verteurn wir die Kapitaldeckung oder schmälern den Ertrag er Kapitalanlagen, die als Altersvorsorge dienen sollen. as kann nicht das Ziel sein. Problematisch ist auch die Bemessungsgrundlage. Es urde die Frage gestellt, ob sie nur für Devisentransak ionen oder für alles gelten soll. Ich bin gespannt, was er Internationale Währungsfonds vorlegen wird und ob s dafür überhaupt ein Modell gibt. Ohne klare Bemesungsgrundlage ist eine solche Steuer nämlich überhaupt icht administrierbar. Wenn sie käme, dann müsste sie nternational administrierbar sein; denn ein nationaler lleingang ist – das hat das Beispiel Schweden gezeigt; as hat sich auch in anderen Ländern gezeigt – ein reines hantom. Dadurch wird Kapital aus dem Land verjagt; adurch werden Arbeitsplätze in unserem Land vernichet. Wenn das Ganze käme, müsste es international angeegt sein, mit klarem Regelwerk und strengen Kontrolen. Dass das erreichbar ist, daran haben wir erhebliche weifel. In der Vergangenheit hat das schon nicht funk ioniert. Lassen Sie uns einmal schauen, wie es jetzt ommt. Aber ich glaube, hier wird ein Phantom aufgeaut, das einmal kritisch gesehen werden muss. Wir halen derzeit nichts von diesem Gedanken. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun Manfred Zöllmer für die Fraktion er SPD. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! iese Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen achen offenkundig die Ordnung auf dem Hühnerhof um Grundprinzip ihres politischen Handelns. eder macht, was er will, keiner, was er soll. Gelegentich muss einer zurücktreten. Dabei erweist sich Herr Niebel wiederholt als einer er Problembären dieser Koalition. (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Das war jetzt aber originell!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701211500
Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1701211600

(Beifall bei der SPD)


966 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Manfred Zöllmer
Unterstützt wird er dabei von dem neuen Generalsekre-
tär der FDP.


(Dirk Niebel [FDP]: Guter Mann!)


Ich darf einfach einmal zitieren:

Schade, dass sich eine kluge und umsichtige Frau
wie die Kanzlerin an der Exhumierung dieser über-
kommenen Theorie beteiligt.

Das sind die Worte von Herrn Lindner.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Nicolette Kressl [SPD]: Können wir das noch mal hören?)


Dann weiter:

Diese Koalition wird weder Steuern erhöhen, noch
neue Steuern einführen.

So weit Herr Lindner. Wenn man das liest, dann weiß
man, dass Jugend allein kein Verdienst ist.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere gemeinsame
Aufgabe muss darin bestehen, die richtigen Lehren aus
der größten Wirtschafts- und Finanzkrise der Nach-
kriegszeit zu ziehen und alles zu tun, damit sich so eine
Katastrophe nicht wiederholt. Was wir brauchen, ist eine
deutliche Kampfansage an gierige Banker und ungezü-
gelte Kapitalmärkte. Die Grundfrage lautet: Wie können
wir die Verursacher dieser schwersten Krise der Nach-
kriegszeit an den Kosten der Krise beteiligen? Eine der
Antworten lautet: mit einer internationalen Finanzmarkt-
steuer.

Genau gegen diese internationale Finanzmarksteuer
polemisiert die FDP. Herr Niebel und Herr Lindner, an-
dere auch, wollen die Steuerzahler die Krise bezahlen
lassen, nicht die Verursacher in den Banken. Damit be-
treiben sie hier genauso ungeniert Klientelpolitik wie
etwa bei der Beglückung von Hoteliers im Schuldenauf-
baugesetz; so muss dieses angebliche Wachstumsbe-
schleunigungsgesetz eigentlich genannt werden, denn
das Wachstum wird damit um keinen Deut beschleunigt.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der FDP: Warten Sie mal ab!)


Die Grundidee ist alt. Tobin hat sie bereits Anfang der
70er-Jahre als eine Steuer auf Devisentransaktionen ent-
wickelt.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Eben haben Sie mir doch erklärt, das sei keine TobinSteuer!)


– Lieber Kollege Fuchs, die internationale Finanzmarkt-
steuer ist keine Tobin-Steuer; das muss man wirklich
wissen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Frank Schäffler [FDP]: Sie ist noch viel schlimmer! Das stimmt!)


Sie bezieht alle Arten von Finanztransaktionen ein. Sie
würde bei Geschäften an Börsenhandelsplätzen und im
außerbörslichen Handel erhoben. Sie betrifft ausschließ-

l
F
J
d

d
D
U
e


h
G
s
n
u
d

k
e
t
a
q
t
n
e
d
F

t

w
t
e
l

E
w
d
d
5

e

V
m
w
g
l

(C (D ich den Finanzsektor. Bei jedem Kauf und Verkauf von inanzprodukten würde eine ganz geringe Steuer fällig. e häufiger gekauft und verkauft würde, je teurer würde as. Das ist keine neue Idee; das habe ich gesagt. Nach em britischen Beispiel der Stamp Tax wurden hier in eutschland mit dem Reichsstempelgesetz von 1881 die rkunden bestimmter Wertpapieranschaffungen reichs inheitlich mit einer Stempelabgabe belastet. (Frank Schäffler [FDP]: Und zum Glück abgeschafft!)


Ihre Position ist bekannt, ich habe sie bewertet. Nun
at es den Vorschlag der Europäischen Union und der
20 gegeben, zur Eindämmung von Spekulationen eine

olche Finanztransaktionssteuer einzuführen. Ich sage
och einmal sehr deutlich: Wir Sozialdemokratinnen
nd Sozialdemokraten begrüßen diesen Vorschlag aus-
rücklich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dieser Vorschlag ist aus unserer Sicht geeignet, spe-
ulativ völlig heißgelaufene Märkte zu beruhigen. Nach
iner Berechnung des bereits genannten Wiener Institu-
es würde es gelingen, das Handelsvolumen besonders
n den Derivatemärkten deutlich zu verringern, Überli-
uiditäten aus den Märkten zu nehmen und die Volatili-
ät dieser Märkte deutlich zu verringern, und zwar bei ei-
em ganz geringen Steuersatz von 0,05 Prozent. Dass so
twas dringend notwendig ist, zeigt die Tatsache, dass
er Devisen- und Derivatehandel im Jahr 2007 das 70-
ache des Weltsozialproduktes betrug.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Transak-
ionssteuer betrifft nicht den kleinen Riester-Sparer,


(Frank Schäffler [FDP]: Wen denn sonst?)


ie immer wieder gern behauptet wird. Allein mit ma-
hematischen Grundkenntnissen à la „Hauptschule Sau-
rland“ lässt sich das sehr leicht errechnen und feststel-
en.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Frank Schäffler [FDP]: Danke, Herr Lehrer! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nichts gegen das Sauerland!)


ine solche Steuer im Rahmen der G 20 einzuführen,
ürde bedeuten, 92 Prozent des weltweiten Aktienhan-
els und 76 Prozent des Anleihehandels zu erfassen. In
ieser Einschätzung werden wir im Übrigen von den
0 000 Unterzeichnern der Petition unterstützt.

Die Kanzlerin hat mehrfach ihre Unterstützung für
in solches Instrument signalisiert.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Zu prüfen, Herr Kollege!)


onseiten der FDP wird dagegen erklärt, das sei nicht zu
achen. Wenn diese Bundesregierung so Politik machen
ill, wie es die FDP vorschlägt, dann sollten Sie doch
leich das Grundgesetz ändern. Sie könnten die Richt-
inienkompetenz der Bundeskanzlerin aus Art. 65 des

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 967


(A) )



(B) )


Manfred Zöllmer
Grundgesetzes streichen und stattdessen hereinschrei-
ben: Das Nähere regelt der Koalitionsvertrag von
Schwarz-Gelb; im Zweifelsfall entscheiden Herr Niebel
und Herr Lindner.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701211700

Das Wort hat nun Kollege Michael Fuchs für die

Fraktion der CDU/CSU.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Schäffler [FDP]: Erklären Sie ihm das noch einmal!)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1701211800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Während ich mir diese Debatte anhörte, wurde mir wie-
der klar, warum die SPD mittlerweile bei 19 Prozent an-
gekommen ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich habe wirklich das Gefühl, dass Sie bis jetzt nichts
aus der Wahlniederlage gelernt haben und so weiterma-
chen wie zuvor.

Lieber Kollege Poß, Ihnen ist wieder nichts anderes
eingefallen, als neue Steuern zu fordern.


(Joachim Poß [SPD]: Bessere!)


Das zeigt, dass Sie nichts, aber auch gar nichts gelernt
haben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)


Ich gebe der Bundeskanzlerin völlig recht. Sie hat
heute Morgen gesagt:

Deshalb hat der Europäische Rat noch einmal das
wiederholt, was wir schon auf dem G-20-Gipfel
festgelegt haben, nämlich den Internationalen Wäh-
rungsfonds zu bitten, bei der Erarbeitung von Kon-
zepten zur Beteiligung des Finanzsektors an den
Kosten der Krisenbewältigung auch die globale
Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen zu
prüfen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Na also!)


Das geht nur global. Es geht auf gar keinen Fall national
oder im Rahmen der EU. Recht hat die Bundeskanzlerin.
Genau das wollen auch wir.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nebenbei bemerkt: Die Kollegin Hendricks hat vor
drei Jahren im Deutschen Bundestag in einer Frage-
stunde gesagt, Devisenumsatzsteuern seien nicht kon-
sensfähig. Ich weiß nicht, wer jetzt bei Ihnen das Sagen
hat, Frau Hendricks oder Herr Poß. Man muss sich aber
einmal überlegen, wie unterschiedlich die Meinungen
sind.

S
m
l
s
n

T
s
L
b
s

w
D
l
a
e
d
s
s
l

W
m

B
B
d
0
h
b
b
S

F
s
k
R
D

m
t

(C (D (Widerspruch der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])


ie haben das hier im Deutschen Bundestag gesagt. Da-
it zeigen Sie, dass Sie selbst nicht wissen, was Sie wol-

en. In einer Fragestunde des Deutschen Bundestages
agten Sie, dass eine Devisenumsatzsteuer international
icht konsensfähig ist. Ihr Zitat habe ich dabei.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Ja, vor drei Jahren, als es noch keine Weltfinanzkrise gab! – Zuruf von der FDP: Gesagt ist gesagt! – Weitere Zurufe von der SPD)


Für mich steht fest: Wir können mit einer solchen
ransaktionssteuer nur dann etwas erreichen, wenn wir
ie international aufstellen, wenn alle Player mitspielen.
eider haben sich die Kanadier und auch die Amerikaner
isher in der Form dazu geäußert, dass sie nicht bereit
ind, das mitzumachen.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Gott sei Dank! – Zuruf der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])


Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, diese Koalition
ird den Finanzplatz Deutschland nicht kaputtmachen.
ie Börsenumsatzsteuer hat damals plus/minus 400 Mil-

ionen Euro eingebracht. Wir haben sie 1991 deswegen
bgeschafft, weil durch sie der Finanzplatz Deutschland
rheblich beschädigt wurde. Die Schweden haben das
ann später auch gemerkt und diese Steuer auch abge-
chafft. Eine solche Steuer ist eben nur möglich, wenn
ie global erhoben wird. Da hat die Bundeskanzlerin völ-
ig recht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch gleich, dass Sie das nicht wollen!)


enn wir es global hinbekommen, können wir es auch
achen.

Wir haben nach wie vor vor, die Bürgerinnen und
ürger nicht mit einer solchen Steuer zu belasten. Die
örsenumsatzsteuer – ich bin ja ein wenig älter als Sie;
eswegen kann ich mich daran erinnern – in Höhe von
,05 Prozent wurde auf jede Transaktion erhoben. Wer
at sie denn bezahlt: die Banken? Nein, die Banken ha-
en diese Steuer eins zu eins an die Kunden weitergege-
en. Wenn jemand eine Aktie gekauft hat, hat er diese
teuer bezahlen müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Quatsch!)


ür mich steht fest: Das würde natürlich auch der Fall
ein, wenn das kommt, was Sie jetzt fordern. Die Ban-
en geben nämlich Kosten, die ihnen durch nationale
egulierungen auferlegt werden, zu 100 Prozent weiter.
eshalb wollen wir so etwas nicht.


(Zurufe von der SPD)


Dazu kommt: Wenn wir das in Deutschland isoliert
achten, dann würde es keinen IPO und keine Transak-

ionen an der Frankfurter Börse mehr geben. Die Deut-

968 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs
sche Börse selbst würde dann sehr schnell aus dem DAX
verschwinden. Auch das würden wir dann erleben müs-
sen.


(Joachim Poß [SPD]: Weltuntergang!)


Wir haben schon in allen anderen Ländern feststellen
können, dass man so etwas nicht mehr national regeln
kann. Dafür sind die Märkte viel zu volatil.

Eben hat mir Kollege Kuhn erklärt, dass die Grünen
besonders fähig seien, was das Internet angeht. Also sind
sie auch fähig, internationale Transaktionen dort vorzu-
nehmen, wo sie keine zusätzlichen Steuern zahlen müs-
sen. Darüber müssen wir uns im Klaren sein: Wenn es
uns nicht gelingt, Plätze wie beispielsweise Singapur
einzubinden, dann werden unsere Möglichkeiten be-
schränkt sein.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


Deshalb wollen wir das gemeinsam mit dem IWF und
den G 20 schaffen. Wenn wir das hinbekommen, kann
man das machen, aber nur dann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Alles andere schadet dem Standort Deutschland. Das
entspricht nicht unserer Vorstellung. Wir werden in die-
ser Koalition alles tun, um den Standort Deutschland zu
stärken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701211900

Das Wort hat nun Werner Schieder für die SPD-Frak-

tion.


Werner Schieder (SPD):
Rede ID: ID1701212000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Der bisherige Verlauf dieser Debatte zeigt mir, dass die
Vertreter der neuen Koalition offenbar nicht begriffen
haben – oder besser gesagt: nicht verstehen wollen –,
worum es in diesem Zusammenhang eigentlich geht. Ich
möchte deshalb den Versuch machen, in vier Punkten
zusammenzufassen, worauf es ankommt.

Erstens kommt es auf den sozialen Lastenausgleich in
der Krise an. Mit zig Milliarden Euro sind auch in
Deutschland die Banken und damit die Finanzmärkte ge-
stützt worden. Ein großer Teil dieser Gelder wird – das
ist schon angeklungen – unwiederbringlich sein. Das be-
deutet, dass die Kosten der Krise an den vielen normalen
Steuerzahlern hängenbleiben werden. Wir müssen diese
Lasten daher auch auf die Schultern derjenigen verteilen,
die maßgeblich Verursacher der Finanzkrise sind. Das ist
ein Gebot der Gerechtigkeit.


(Beifall bei der SPD)


Das sind wir den normalen Steuerzahlern, den vielen
Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder
verlieren werden, und den Firmen, die in der Krise sind,
schuldig.

Zweitens. Wir müssen die Finanzmärkte redimensio-
nieren. Die Finanzmärkte sind überdimensioniert; sie
sind zu groß. Um Ihnen eine Zahl zu nennen: In den letz-

t
d
5
s
D
m
g
n
j
m
D
j
R
I
m

e
s
w
t
I
g
k

d
s
V
d
s

J
d
W
d
n
d
T

E
t
u
g
r

E
t
t
S
g
F
g
P
g

(C (D en gut 20 Jahren bis zum Ausbruch der Krise hat sich as Volumen der weltweit handelbaren Wertpapiere auf 5 Billionen verzehnfacht, während die reale Wirtschaft ich im gleichen Zeitraum gerade einmal verdoppelt hat. en größeren Teil der Ausweitung dieser Finanzarktaktivitäten nehmen dabei rein spekulative Bewe ungen ein, bis hin zu den absurden Carry-Trade-Versioen und vielem anderen. Quasi im Minutentakt onglieren Großbanken und Fonds mit Millionensum en, immer in der Erwartung exorbitanter Gewinne. iese Spiele sind für die reale Wirtschaft an sich ohne ede Bedeutung. Vielmehr gehen sie auf Kosten der ealwirtschaft und haben fatale Auswirkungen auf nvestitionen und Arbeitsplätze, was man heute nicht ehr beweisen muss, denn es ist ja geschehen. Eine Steuer auf Finanztransaktionen – es ist nicht die inzige Maßnahme – trifft gezielt gerade die Kurzfristpekulation. Diese wird nämlich sehr teuer und dadurch eniger interessant. Erst dann wird es wieder interessan er, das Geld in reale Investitionen, in unternehmerische nvestitionen zu stecken. Genau darauf kommt es an. Ich laube, das verstehen Sie nicht. Investitionen statt Speulationen, das ist das Prinzip, um das es hier geht. Drittens kommt es darauf an, nicht nur schön zu reen, sondern zu handeln. Überall lese ich schöne Überchriften und höre nette Appelle der Bundesregierung. on Einsicht und Selbstverpflichtungen der Banken ist ie Rede. Aber wir brauchen kein unverbindliches Gechwätz, sondern klare Regeln. Darum geht es. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hansürgen Papier, hat einmal gesagt, der Unternehmer habe ie Pflichten, die das Gesetz ihm auferlegt – nicht mehr. as ist also mit den Pflichten und speziell mit den Soli aritätspflichten der Finanzmarktakteure? Es reicht icht, sich in hilflosen Appellen zu erschöpfen; genau as macht die jetzige Bundesregierung. Wir brauchen aten. Diese vermissen wir bei der neuen Koalition. Viertens. Setzen Sie doch den SPD-Vorschlag zur inführung einer nationalen Börsenumsatzsteuer als ers en Schritt um! Tun Sie doch dort etwas, wo Sie selber nd unmittelbar zuständig sind! Das wird andere ermutien; denn Deutschland hat auch in diesem Fall eine Voreiterrolle. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Dann bringen Sie doch einen Antrag ein!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Des Weiteren fordere ich Sie auf: Ergreifen Sie im
cofin-Rat die Initiative für eine europaweite Finanz-

ransaktionssteuer! Das Klima dafür ist durchaus güns-
ig. Das wäre ein wichtiger und auch glaubwürdiger
chritt. Solange Sie das aber nicht tun, müssen wir gele-
entliche Zustimmungssignale zu einer internationalen
inanztransaktionssteuer aus Ihren Reihen als das be-
reifen, was sie wirklich sind: Lippenbekenntnisse und
laceboworte zur Beruhigung des Publikums. Darum
eht es Ihnen nämlich am Ende.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 969


(A) )



(B) )


Werner Schieder (Weiden)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine letzte Anmerkung. Wer über konkrete Schritte
in Deutschland und über eigene europäische Initiativen
nicht reden will, der soll besser schweigen, wenn es um
internationale Visionen geht. Der Verweis darauf ist nur
die Flucht vor der eigenen unmittelbaren Verantwortung
in Deutschland und Europa.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701212100

Das Wort hat nun Hans Michelbach für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1701212200

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Wir sollten uns in dieser Debatte einig sein, dass
eine Diskussion um eine faire Verteilung der Lasten in-
folge der Finanzmarktkrise durchaus angebracht ist und
dass die G-20-Initiative neue Fehlentwicklungen verhin-
dern soll. Ich glaube, das ist ein Ansatz, über den man
fachlich und sachlich reden sollte.

Eine Beteiligung des Finanzsektors an den sicher ho-
hen Kosten der Krisenbewältigung ist fachlich auf alle
Optionen, auf Effektivität, auf Sinnhaftigkeit und natür-
lich auch auf die ökonomischen Auswirkungen zu prü-
fen. Deswegen müssen wir folgende Fragen beantwor-
ten: Welche Vorschläge gibt es? Haben wir die Dinge
bisher richtig behandelt? Ich kann für die CDU/CSU-
Fraktion festhalten, dass wir in den letzten Monaten für
die Rettung des Finanzmarktes erfolgreiche Arbeit ge-
leistet haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist die Wahrheit, und diese darf durch Aktuelle Stun-
den, durch Anträge oder durch was auch immer nicht
verbogen werden. Wir haben gemeinsam einen Erfolg
erreicht. Deswegen wundere ich mich schon, dass Sie,
wenn Sie etwas anderes wollen als das, was es in der
Vergangenheit gab, eine Aktuelle Stunde beantragen,
statt einen Antrag einzubringen.


(Zuruf der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])


Sie können natürlich auch sagen, dass wir auf interna-
tionaler Basis einen Prüfauftrag haben, den die Bundes-
kanzlerin heute Morgen angesprochen hat. Wir stimmen
zu, dass man das intensiv prüfen kann. Man muss die
fachlichen Vor- und Nachteile bewerten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Darum geht es und nicht um Schnellschüsse.

Für mich stellen sich in Bezug auf eine Finanztrans-
aktionssteuer folgende Fragen: Können damit überhaupt
spekulative Kapitalbewegungen eingedämmt und kurz-
fristige Devisentransaktionen gewissermaßen unrentabel

g
s
m
w

m
t
s
b
H
d
F
s

s
s
r
A
w
d
s
W
w
u
b
d
W
o

A
p

P
S
t
t
t
F
v
a
B
A


W

(C (D emacht werden? Können mit der Finanztransaktionsteuer Wechselkursschwankungen, die nicht auf fundaentalen Wirtschaftsdaten basieren, überhaupt begrenzt erden? (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Gibt es eigentlich einen einzigen Redner in euren Reihen, der dafür ist?)


Es gibt für mich wichtige Gründe, die letzten Endes
aßgeblich sind: Die Steigerung der Kapitalproduktivi-

ät – das müssen wir bedenken – wird durch eine Bör-
enumsatzsteuer beeinträchtigt. Die Kapitalmärkte ha-
en – dies hat bei Ihnen vielleicht einen ideologischen
intergrund – aus meiner Sicht die dienende Funktion,
ie Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen mit
inanzprodukten in diesem wichtigen Bereich der Wirt-
chaft zu versorgen; das muss man deutlich machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn wir eine solche Steuer einführten, würde die
teigende Volatilität an den Märkten für die Wirtschaft
icher zu einer Verteuerung der Kapitalbeschaffung füh-
en; auch das muss man bedenken. Die Attraktivität der
ktie als Kapitalanlage auch für private Kleinanleger
ürde bei Einführung einer Börsenumsatzsteuer sinken,
a die erzielbaren Renditen im Vergleich zur börsenum-
atzsteuerfreien Anlage gemindert würden. Hier kann es
ettbewerbsverzerrungen geben. Wir müssen auch ab-
ägen, dass die Nachteile für Wettbewerb, Wachstum
nd Arbeitsplätze, gemessen am fiskalischen Nutzen,
esonders groß sind. Wir müssen prüfen, ob man mit
ieser Steuer etwas Positives bewirken kann oder ob es
ettbewerbsverzerrungen, Wachstumseinschränkungen

der Arbeitsplatzverluste gibt.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist doch ein einfacher Dreisatz!)


uch das muss bedacht werden; das ist ein wichtiger As-
ekt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Abschließend möchte ich deutlich machen: Die vier
unkte, die mein Vorredner, Herr Schieder, seitens der
PD eingebracht hat, stellen keinen substanziellen An-

rag dar. Sie sind ein Placebo. Das ist Schaufensterpoli-
ik, die Sie selbst anscheinend nicht überzeugt; ansons-
en hätten Sie einen substanziellen Antrag eingebracht.
ür mich ist sinnbildlich, dass Sie sich aus Ihrer positi-
en Arbeit im Rahmen der Finanzmarktkrise völlig ver-
bschieden. Ich kann nur darauf hinweisen, dass sich Ihr
undesfinanzminister a. D. in der von Ihnen beantragten
ktuellen Stunde in die letzte Reihe gesetzt hat.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Der ist schon weg!)


Ich höre, dass er das Plenum sogar schon verlassen hat.
ahrscheinlich konnte er es nicht mehr ertragen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Der wusste doch, dass Sie reden!)


970 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701212300

Für Kollegen Werner Schieder, der zuvor geredet hat,

war es die erste Rede im Plenum. Herzliche Gratulation
und alles Gute für die weitere Arbeit!


(Beifall)


Als letztem Redner in der Aktuellen Stunde erteile ich
dem Kollegen Ralph Brinkhaus für die CDU/CSU-Frak-
tion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1701212400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Parla-

mentsneuling habe ich gerade lernen können, dass es
nicht das erste Mal ist, dass sich die Politik mit diesem
Thema beschäftigt. Viele Argumente dafür und dagegen
sind in der Vergangenheit ausgetauscht worden. Im Üb-
rigen ist das Urteil über diese Steuer bisher fraktions-
übergreifend bei vielen Beteiligten eher negativ ausge-
fallen.

Nichtsdestotrotz ist es gut, dass wir dieses Thema
heute wieder auf der Tagesordnung haben. Ich halte es
für richtig, dass die Bundeskanzlerin die Börsenumsatz-
steuer in mehreren Regierungserklärungen angesprochen
hat. Ich halte es auch für richtig, dass der Europäische
Rat den IWF aufgefordert hat, über eine globale Finanz-
transaktionssteuer nachzudenken. Es ist bemerkenswert
und sehr richtig, dass engagierte Bürgerinnen und Bür-
ger im Rahmen einer Onlinepetition den Bundestag auf-
fordern, über dieses Thema zu sprechen. Ich begrüße das
ausdrücklich, weil es meinem Verständnis von Politik
entspricht, dass man seine eigenen Positionen ständig
hinterfragt, mit der Realität abgleicht und gegebenen-
falls korrigiert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Wahrnehmung der Realität ist heute eine andere
als bei vielen der letzten Debatten zu dieser Steuer hier
im Bundestag. Denn es ist ernst zu nehmen, wenn der
Europäische Rat erklärt, dass der Wirtschafts- und So-
zialvertrag zwischen Finanzwirtschaft und Gesellschaft
erneuert werden muss. Es ist genauso ernst zu nehmen,
wenn gefordert wird, dass die Finanzwirtschaft an den
Kosten der Finanzkrise beteiligt wird.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Weniger gut ist – da gebe ich den Kollegen von der
FDP recht –, dass wir wieder über eine neue Steuer spre-
chen. Ich bin bei der Einführung von neuen Steuern
grundsätzlich sehr skeptisch. Neue Steuern stellen eine
Belastung für den Wirtschaftskreislauf und damit auch
für die Bürgerinnen und Bürger dar. Abgaben, einmal in
der Krise eingeführt, werden, wenn die Krise überwun-
den ist, in der Regel nicht wieder abgeschafft. Wir haben
das gerade in der jüngsten Vergangenheit lernen müssen.


(Beifall bei der FDP – Frank Schäffler [FDP]: Bei der Sektsteuer auch!)


e
o
e
s

t
v
u
u

I
t
r
d
t

D
r
W
k

g
d
d
S

W
g
b

h
m
w
g
d
G
d

S
l
t
b
s
n
s
a
g

(C (D Was kann eine Finanztransaktionssteuer leisten? Steurn können entweder einen Lenkungszweck verfolgen der aber einem Fiskalzweck, das heißt der Einnahmenrzielung, dienen. Beides zugleich gelingt leider sehr elten. Das sollten wir einmal öffentlich festhalten. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Bei der Ökosteuer ist das doch auch so!)


Ich halte die Lenkungsfunktion der Finanztransak-
ionssteuer im Übrigen für bedenklich. Ich kann nur da-
or warnen, aus normativen Gründen zwischen guten
nd schlechten Finanztransaktionen zu unterscheiden
nd damit den Kapitalmarkt auszubremsen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


m Ergebnis kann dies nämlich dazu führen, dass die op-
imale Allokation von Kapital und damit das Funktionie-
en der Märkte behindert werden. Das kann dazu führen,
ass die dringend notwendige Erhöhung der Eigenkapi-
alausstattung der Wirtschaft behindert wird.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Ein Steuersatz von 0,01 Prozent!)


as kann wiederum dazu führen, dass wichtige Siche-
ungsgeschäfte, die gerade für unsere exportorientierte

irtschaft entscheidend sind, verteuert werden. Das
ann niemand ernsthaft wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Aus fiskalischen Gründen halte ich es für durchaus le-
itim, über diese Steuer zu reden. Wir haben ein Defizit,
as durch die internationale Finanzkrise verursacht wor-
en ist. Wir sollten nur bei der Diskussion keinen
chaum vor dem Mund haben.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Schaum kam von da drüben, von der FDP!)


ir sollten nicht mit einer Einstellung herangehen, als
inge es um ein Lieblingsspielzeug, das man immer ha-
en wollte. Wir sollten sehr sachlich damit umgehen.

Dabei sind zwei Dinge zu beachten:

Erstens. Hier greife ich die Onlinepetition auf: Ich
alte nichts von einer Zweckbindung der Steuereinnah-
en. Es ist durchaus ehrenwert und nachvollziehbar,
enn wir eine Steuer gegen Armut, für Bildung oder ge-
en den Klimawandel beschließen, nur begeben wir uns
amit haushaltspolitisch auf Glatteis. Wir haben eine
esamtverantwortung. Deswegen ist eine Zweckbin-
ung abzulehnen.

Zweitens. In der fachlichen Diskussion über die
teuer ist Folgendes zu beachten – ich werbe ausdrück-

ich für eine fachliche Diskussion –: Eine Finanztransak-
ionssteuer sollte entscheidungsneutral sein; das ist hier
isher noch überhaupt nicht angeführt worden. Realwirt-
chaftliche Entscheidungen sollten so weit wie möglich
icht durch Steuern beeinflusst werden. Da muss man
ich fragen, wie man das erreicht. Bei einer Finanztrans-
ktionssteuer gelingt dies nur, wenn der Steuersatz so
ering ist, dass die Bewegungen des Kapitalmarkts, die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 971


(A) )



(B) )


Ralph Brinkhaus
insbesondere für die Finanzierung von Investitionen und
Unternehmen notwendig sind – das müssen wir anerken-
nen –, nicht behindert werden.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: 0,01 Prozent!)


Die Steuer muss so ausgestaltet werden, dass sie zu kei-
ner Wettbewerbsverzerrung führt und keine Umgehung
erfolgen kann, sei es durch die Wahl anderer Produkte,
anderer Märkte oder – das ist das Wichtigste – durch
Steuerflucht in andere Länder und auf andere Finanz-
plätze.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Im Ergebnis heißt dies, dass wir entweder die Steuer,
wie in Großbritannien, mit vielen Ausnahmen und wenig
Einnahmen ausgestalten müssen – dann ist das Fiskalziel
nicht erreicht – oder eine internationale Lösung unter
Beteiligung der wichtigsten Finanzplätze der Welt orga-
nisieren müssen, das heißt unter Beteiligung der USA
und insbesondere der asiatischen Länder, die hier noch
nicht angesprochen wurden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Schäffler [FDP]: Dann lieber gar nichts!)


Es ist daher zu begrüßen, dass die Bundeskanzlerin
und der Europäische Rat ein international abgestimmtes
Modell prüfen lassen wollen. Wir werden diesen Weg
weiterhin konstruktiv, hin und wieder auch kritisch be-
gleiten. Ich denke, dies wird nicht die letzte Debatte im
Plenum zu diesem Thema sein. Ich freue mich darauf.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das ist der Anfang!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701212500

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a bis 9 g auf:

a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP

Menschenrechte weltweit schützen

– Drucksache 17/257 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Annette
Groth, Katrin Werner, Jan van Aken, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Nein zur Todesstrafe in den USA – Hinrich-
tung von Mumia Abu-Jamal verhindern

– Drucksache 17/236 –

(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union c)

Jelpke, Jan Korte, Wolfgang Nešković, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Abschiebungen nach Syrien stoppen – Ab-
schiebeabkommen aufkündigen

– Drucksache 17/237 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef
Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Ingrid
Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Unverzügliche Aussetzung des Deutsch-Syri-
schen Rückübernahmeabkommens

– Drucksache 17/68 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Tom
Koenigs, Volker Beck (Köln), Thilo Hoppe, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Gemeinsame menschenrechtliche Positionie-
rung der EU gegenüber den Ländern Latein-
amerikas und der Karibik einfordern

– Drucksache 17/157 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu dem Antrag
der Fraktion der SPD

Menschenrechte als entwicklungspolitische
Querschnittsaufgabe fortführen

– Drucksachen 17/107, 17/272 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Jürgen Klimke
Christoph Strässer
Marina Schuster
Annette Groth
Volker Beck (Köln)


g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu dem Antrag

972 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
der Abgeordneten Ute Koczy, Volker Beck

(Köln), Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Menschenrechte in Sri Lanka stärken

– Drucksachen 17/124, 17/273 –

Berichterstattung:
Abgeordne Jürgen Klimke
Christoph Strässer
Serkan Tören
Katrin Werner
Volker Beck (Köln)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Es
gibt keine Einwände. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin
Marina Schuster für die FDP-Fraktion das Wort.


Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1701212600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Am 10. Dezember jährte sich der Internatio-
nale Tag der Menschenrechte. Er geht auf das Vertrags-
werk zurück, das 61 Jahre nach seiner Unterzeichnung
noch immer die Grundlage für die Verwirklichung von
Freiheit, Sicherheit und Frieden in der Welt ist, nämlich
die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Deswe-
gen ist es wichtig, dieses Datum zum Anlass zu nehmen,
hier eine Menschenrechtsdebatte zu führen.

Die Einhaltung der Menschenrechte ist das Funda-
ment unserer Politik. Wir wissen: Unsere Glaubwürdig-
keit in der Welt hängt auch davon ab, wie wir uns für die
Durchsetzung von Menschenrechten einsetzen. Ich bin
deshalb froh, dass es unter Schwarz-Gelb gelungen ist,
deutliche Wegmarken für die nächsten vier Jahre zu set-
zen. Auch die Vorgängerregierungen, die schwarz-rote
und die rot-grüne, haben das Thema Menschenrechte an-
gesprochen. Wir haben in unserem Koalitionsvertrag ein
eigenes Menschenrechtskapitel, auf das wir bauen kön-
nen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir wollen die Politik der Regierung unterstützen.
Unser Antrag legt das Fundament. In ihm geht es um die
Verantwortung und die Zielsetzung in der Menschen-
rechtspolitik. Selbstverständlich werden wir uns auch
um die einzelnen Länder kümmern. Ein Beispiel, das uns
schon bei verschiedenen parlamentarischen Frühstücken
beschäftigt hat, ist die dramatische Situation der Frauen
in der DR Kongo; denn sie sind seit vielen Jahren Opfer
von Gewalt und Vergewaltigungen. Rebellengruppen
und auch andere haben unbeschreibliches Leid über die
Dörfer gebracht, gerade im Osten des Landes. Fast keine
dieser Frauen hat Gerechtigkeit erfahren.

Deshalb ist es ein erster und wichtiger Schritt, dass es
gelungen ist, die Drahtzieher der Gewalt im Kongo, die
bisher unbehelligt in Deutschland gelebt haben, zu ver-
haften. Es hat sich auch gezeigt, dass mit dem Völker-
strafgesetzbuch Lücken in der Strafverfolgung von inter-

n
i

a
S
h
M
b
i
w
g
d
G

p
r
k
g
h

e
i
r
L
b
m
d
l

z
z
t
g
b
m
H
b
M
l
n

s
S
a
G
t
l
g
b
k
S
d

(C (D ationalen Verbrechen geschlossen werden konnten. Das st ein echter Erfolg im Kampf gegen die Straflosigkeit. Ein weiterer Meilenstein, den wir in unserem Antrag uch erwähnen, ist die Tätigkeit des Internationalen trafgerichtshofs. Er hat in seinem siebenjährigen Besteen aufgezeigt, wie wichtig es ist, dass Täter schwerster enschenrechtsverletzungen vor Gericht kommen und estraft werden, seien es Verbrechen in Liberia, Darfur, n der DR Kongo, aber auch im ehemaligen Jugoslaien. Es macht Mut, dass die schlimmsten Gräueltaten eahndet werden, die Opfer Gerechtigkeit erfahren und iejenigen abgeschreckt werden, die sich außerhalb des esetzes glauben. Deshalb fordern wir in unserem Antrag eine stärkere olitische Unterstützung von internationalen, aber auch egionalen Strafgerichtshöfen. Es darf sich international eine Kultur der Justizmüdigkeit breitmachen. Desween stellen wir uns klar hinter die Arbeit der Gerichtsöfe. Ein weiteres Anliegen, das auch in unserem Antrag rwähnt wird, ist die Abschaffung der Todesstrafe. Das st eine besondere Herausforderung; denn nicht nur autoitäre Regime vollstrecken die Todesstrafe, sondern auch änder wie Japan oder Bundesstaaten der USA. Es leibt deswegen wichtig, dass sich Deutschland zusamen mit den europäischen Partnern für die Abschaffung er Todesstrafe einsetzt; denn es gibt keinen rechtsstaatichen Grund, der die Todesstrafe rechtfertigt. Ein weiterer Fall, der uns bereits in der letzten Situngswoche im Plenum beschäftigt hat, ist eine Gesetesvorlage in Uganda. Ich freue mich, dass Herr Miniser Niebel und auch Herr Staatssekretär Beerfeltz aktiv eworden sind; denn diese Gesetzesvorlage ist unfassar. Es ist geplant, für Menschen mit mehrmaligen hoosexuellen Kontakten, aber auch für homosexuelle IV-Infizierte die Todesstrafe in ein Gesetz zu schreien. Es ist wichtig, dass sich die Bundesregierung und inister Niebel positioniert haben. Wenn ein Partner and Menschenrechtsverletzungen begeht, dürfen wir icht tatenlos zusehen. Das ist sehr wichtig. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall im ganzen Hause)


Bei dieser Debatte ist es auch wichtig, sich um die Ur-
achen zu kümmern. Ich habe es bereits erwähnt: Es gibt
taaten mit funktionierender Staatlichkeit, die trotzdem
us unterschiedlichen Gründen beginnen, staatliche
ewalt zu missbrauchen. Es gibt Staaten mit nicht funk-

ionierender Staatlichkeit, die die Menschenrechte ver-
etzen. Es ist in beiden Fällen die Pflicht der Bundesre-
ierung, solche Menschenrechtsverletzungen sowohl
ilateral als auch international anzusprechen. Das ist
eine Einmischung in innere Angelegenheiten anderer
taaten, ganz im Gegenteil: Das wird der Universalität
er Menschenrechte gerecht. Das ist es, was die Allge-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 973


(A) )



(B) )


Marina Schuster
meine Erklärung der Menschenrechte quasi in unser
Stammbuch geschrieben hat, und dafür setzen wir uns
ein.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701212700

Das Wort hat jetzt Christoph Strässer für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1701212800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Kollegin Schuster, ich habe Ihnen sehr gerne
zugehört. Alles, was Sie gesagt haben, war richtig, bis
auf das, was Sie ganz zu Beginn gesagt haben. Da haben
Sie gesagt, die neue Koalition habe mit ihrem Koali-
tionsvertrag Benchmarks für das gesetzt, was sie in Sa-
chen Menschenrechtspolitik in den nächsten vier Jahren
erledigen will. Die Enttäuschung der Opposition über
das, was Sie da hineingeschrieben haben, ist in der letz-
ten Debatte schon deutlich geworden. Ich hätte mir ge-
wünscht – darauf haben wir ein Stück weit gehofft –,
dass das, was im Koalitionsvertrag steht, durch den von
Ihnen auf den Weg gebrachten Antrag ein klein wenig
konkretisiert worden wäre. Aber nach intensiver Lektüre
dieses Antrages müssen wir feststellen, dass das nicht
der Fall ist. Sie haben vieles hineingeschrieben, das rich-
tig ist, aber Sie haben nicht hineingeschrieben, welche
konkreten Maßnahmen Sie auf dem Weg zu den Zielen,
die Sie beschrieben haben, einsetzen wollen.


(Marina Schuster [FDP]: Das stimmt nicht!)


– Ich werde darauf gleich noch einmal zurückkommen.

An einer Stelle haben Sie etwas Richtiges gesagt:
Einmischung ist richtig, Solidarisierung ist auch rich-
tig. – Ich darf Sie daran erinnern – ich tue das ganz be-
wusst zu Beginn meines Beitrages –, dass wir gestern
Abend im Menschenrechtsausschuss eine sehr gute Ge-
legenheit hatten, Solidarität zu beweisen. Ich darf Sie da-
ran erinnern, dass der Vorsitzende des Ausschusses ei-
nen Vorschlag für eine Erklärung zum Hungerstreik
einer Frau vorgelegt hat, die nichts weiter will, als in ihre
Heimat zurückzukehren. Ich fand es wirklich sehr bitter,
dass der Menschenrechtsausschuss es nicht hinbekom-
men hat, in diesem Fall eine klare Solidarisierung zum
Ausdruck zu bringen und dadurch deutlich zu machen,
dass wir es nicht hinnehmen, wenn ein Staat es einem
Menschen verweigert, in seine Heimat, in das Land, in
dem er zu Hause ist, zurückzukehren. Das hätten wir ma-
chen können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701212900

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Schuster?

P
F
l
n

g

a

A
g
g
T
z
E



m
u
a
d
D
r
t
v
b


v
n

(C (D Natürlich. Herr Kollege Strässer, möchten Sie Kenntnis von der ressemitteilung nehmen, die meine Fraktion zu dem all Haidar veröffentlicht hat? Sie ist der Ihrigen ähn ich. Ich möchte zitieren, weil Sie sie wahrscheinlich icht parat haben. Wir haben klar gefordert: Es muss jetzt ein Zeichen der Menschlichkeit von den marokkanischen Behörden erfolgen, damit Aminatou Haidar ihren Hungerstreik beendet. Die verhärteten Fronten zwischen der marokkanischen Regierung und der Menschenrechtsaktivistin müssen im Sinne einer humanitären Lösung aufgebrochen und ihr muss die Einreise nach Marokko gestattet werden. Es folgen noch weitere Punkte. Ich möchte Sie fraen: Nehmen Sie das zur Kenntnis? Wenn Sie mich so fragen, dann kann ich Ihnen nur ntworten: Natürlich nehme ich das zur Kenntnis. ber darum geht es überhaupt nicht. Liebe Frau Kollein Schuster, es geht um etwas ganz anderes. Uns wurde estern in einem Ausschuss, der sich exakt mit diesem hema befasst, ein Vorschlag unterbreitet. Sie haben um Beispiel eingewendet, man könne sich nicht mit inzelfällen befassen. (Marina Schuster [FDP]: Nein! Entschuldigung!)

Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1701213000
Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1701213100
Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1701213200

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Lassen Sie mich einfach einmal zu Ende reden.

Wir haben des Weiteren über den Einwand diskutiert,
an könne sich nicht einmischen, weil es um Grenz-

nd Statusfragen gehe; Frau Kollegin Steinbach hat das
ngesprochen. Es geht aber nur um eines: Es geht darum,
ass der für diese Fragen zuständige Ausschuss des
eutschen Bundestages aufgefordert war, eine Erklä-

ung bezogen auf die Verwirklichung eines ganz konkre-
en Menschenrechtes abzugeben. Das haben Sie gestern
erhindert. Das ist das, was ich gerne zur Kenntnis ge-
en möchte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701213300

Wollen Sie noch einmal nachfragen?


(Marina Schuster [FDP]: Wenn ich darf?)


Ich will nur darauf hinweisen, dass wir bereits eindrei-
iertel Stunden hinter dem Zeitplan unserer Tagesord-
ung liegen. Ich sage das nur, damit Sie das wissen.


(Erika Steinbach [CDU/CSU]: Bei Menschenrechten wollen wir nicht knausern!)


974 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1701213400

Ich mache es auch ganz kurz. – Herr Kollege Strässer,

nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass wir angeboten
haben, das im Kreis der Obleute zu besprechen. Der
Punkt ist – das habe ich mit Herrn Koenigs besprochen –:
Dem Menschenrechtsausschuss stehen mehrere Instru-
mente zur Verfügung. Man kann mit dem Botschafter re-
den oder überfraktionell einen Brief schreiben. Man
kann verschiedene Sachen machen. Wir wollten einfach
nur, dass das vorab geklärt wird. Ich denke, das ist legi-
tim.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1701213500

Ich will das noch einmal auf den Punkt bringen. Es

gibt Erklärungen des Generalsekretärs der Vereinten Na-
tionen, Erklärungen des Europäischen Parlaments und
Erklärungen aus der ganzen Welt, in denen man sich für
diese Frau einsetzt. Ich denke, es ist nicht nur das gute
Recht, sondern auch die Pflicht des deutschen Parla-
ments, sich jetzt zu äußern. Sie wissen, dass Frau Haidar
kurz vor ihrem Tod steht. Wir können nicht lange abwar-
ten und schauen, wie sich das entwickelt. Frau Haidar
steht wegen des Hungerstreiks kurz vor dem Exitus.
Deshalb müssen wir jetzt etwas tun. Ich hoffe, dass wir
das heute hinbekommen und ein Zeichen der Solidarisie-
rung setzen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Kollegin Schuster, ich will da keinen falschen
Eindruck entstehen lassen. Ich spreche Ihnen überhaupt
nicht ab, dass Sie das genauso wollen wie wir. Aber
wenn Sie für die Koalition in Anspruch nehmen, dass
Sie ganz konkrete Benchmarks der Menschenrechtspoli-
tik setzen, hätten wir gestern im Ausschuss damit anfan-
gen können. Das haben Sie verhindert; nichts anderes
kritisiere ich. Dabei bleibe ich.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte an zwei konkreten Punkten in Ihrem An-
trag deutlich machen, wo Probleme liegen. Da muss man
nacharbeiten, wozu wir vielleicht noch Gelegenheit
haben. Aus meiner Sicht ist das größte Manko, dass in
diesem Antrag vieles Richtige aufgeschrieben worden ist
– ich sage es noch einmal –, vieles, was wir schon ge-
macht haben, vieles, was in der Menschenrechtspolitik
selbstverständlich ist, dass aber ein großer Teil komplett
ausgeblendet worden ist. Das ist die Innenpolitik. Ich
hätte darauf gesetzt, dass gerade von Ihnen als Bürger-
rechtspartei etwas genannt wird, was man auf den Weg
bringen will.

Das eine ist die Umsetzung der wirtschaftlichen, so-
zialen und kulturellen Rechte.


(Marina Schuster [FDP]: Die sind aber erwähnt!)


Sie fordern von anderen Ländern, die den Pakt noch
nicht gezeichnet und ratifiziert haben, dies zu tun. Aber
das ist nicht die ganze Wahrheit. Wir sind dabei – die
alte Bundesregierung hat es auf den Weg gebracht –, ein

Z
s
u
g
L
s
l
m
h
i
g
p

D
S
d
d
P

p
a
M
m
W
F
n
t
d
H
S
D
t


f
z
s
o
e
i
I
g

f
R
a
l
a
L
d
s
I

(C (D usatzprotokoll zu verabschieden, das ein Individualbechwerderecht enthält, das es beim Pakt über bürgerliche nd politische Rechte seit langem gibt. Ich hätte mir jetzt ewünscht, dass man an dieser Stelle nicht nur andere änder auffordert, endlich diesen Pakt zu unterzeichnen, ondern dass Sie geschrieben hätten, wie Sie in Deutschand, in der Bundesregierung, im deutschen Parlament it diesem Zusatzprotokoll zu den WSK-Rechten umgeen wollen. Darauf hätte ich eine Antwort erwartet. Aber ch weiß ja, dass die WSK-Rechte bei Ihnen nicht den leichen Stellenwert haben wie die bürgerlichen und olitischen Rechte. (Holger Haibach [CDU/CSU]: So ein Blödsinn!)


aher würde ich Sie einfach bitten, das nachzuholen.
agen Sie uns bitte – auch die Bundesregierung möge
arüber Auskunft geben –: Wie geht es mit dem Indivi-
ualbeschwerdeverfahren weiter? Das war der eine
unkt, den ich kritisieren möchte.

Der zweite Punkt – das wird gleich leider ein bisschen
ersönlich, weil ich glaube, dass man da auch emotional
rgumentieren kann und muss – betrifft die Würde von
enschen, die in unserem Land leben. Ich sage das jetzt
it einer ganz persönlichen Note: Seit Montag dieser
oche werden vom Bundesland Nordrhein-Westfalen

amilien der Roma in das Kosovo abgeschoben. In mei-
er Heimatstadt, in Münster, gibt es im Moment 68 Be-
roffene, die jetzt wahrscheinlich im Flugzeug sitzen und
orthin gebracht werden. Von denen hat mehr als die
älfte dieses Land noch nie gesehen und spricht die
prache nicht. Ich wäre sehr dankbar, wenn wir als
eutscher Bundestag dazu eine Position beziehen könn-

en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist ein Problem der Länder!)


Dazu komme ich gleich. – Das Problem ist sehr ein-
ach. Ich glaube, für die betroffenen Menschen ist es
iemlich egal, wer für welche Form der Abschiebung zu-
tändig ist. In NRW hat nicht etwa der Ministerpräsident
der der Integrationsminister Laschet verhindert, dass es
ine vernünftige Regelung gibt, sondern – deshalb sage
ch das – verhindert hat es der liberale Innenminister
ngo Wolf. Das möchte ich hier gerne zur Kenntnis brin-
en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich würde Sie alle bitten, an dieser Stelle nicht ein-
ach wegzuschauen, sich nicht wegzuducken. Es sind im
at der Stadt Münster – das ist einmalig – mittlerweile
cht politische Gruppierungen vertreten. Dort ist von al-
en beteiligten Gruppen einstimmig eine Resolution ver-
bschiedet worden, die vorsieht, eine Petition an die
andesregierung in Nordrhein-Westfalen zu richten, in
er steht, bitte dafür zu sorgen, dass unter diesen Um-
tänden, wie sie jetzt bestehen, nicht abgeschoben wird.
n das Kosovo ist im Winter überhaupt noch nie abge-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 975


(A) )



(B) )


Christoph Strässer
schoben worden; das kommt ja noch hinzu. Die Betrof-
fenen kommen in eine Situation, die absolut unerträg-
lich, die nicht menschenwürdig ist. Ich bitte um
Solidarität auch des Deutschen Bundestages. Es sollte
klargestellt werden, dass der Deutsche Bundestag eine
Abschiebung dieser Menschen in das Kosovo unter die-
sen Umständen nicht mitträgt.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701213600

Das Wort hat nun Kollegin Erika Steinbach für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1701213700

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Herr Kollege Strässer, die Abschiebung von Men-
schen geschieht in Deutschland nicht in einem rechts-
freien Raum, sondern es gibt Rechtsgrundlagen, die von
diesem Parlament beschlossen wurden, und es gibt Ver-
einbarungen der Innenministerkonferenz, die das ge-
meinsam so verabredet haben.


(Zuruf von der LINKEN: Das macht es nicht besser!)


Das muss man sehen. Wir leben in einem Rechtsstaat
und nicht in einem Unrechtsstaat. Darauf möchte ich
deutlich hinweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Menschenrechte sind universell, sie sind unteilbar,
und sie sind unveräußerlich. Wir beschäftigen uns – das
ist vielleicht auch ein gutes Zeichen – alljährlich im
Dezember aus Anlass des Internationalen Tages der
Menschenrechte intensiv mit dieser Thematik, die welt-
weit im Argen liegt.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701213800

Frau Kollegin Steinbach, gestatten Sie eine Zwi-

schenfrage des Kollegen Strässer?


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1701213900

Aber gerne.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1701214000

Frau Kollegin Steinbach, Sie haben recht: Die Bun-

desrepublik Deutschland ist ein Rechtsstaat. Und das ist
auch gut so. Ihnen ist wahrscheinlich bekannt, dass heute
vom Bundesverfassungsgericht der achte Fall entschie-
den worden ist, in dem es darum geht, dass von diesem
Rechtsstaat Menschen nach Griechenland abgeschoben
werden sollen. Ich bitte Sie, dies zur Kenntnis zu neh-
men.

Zweitens möchte ich Sie etwas fragen. Wir reden hier
über Menschenrechte und Menschenwürde. Nach mei-
nem Rechtsstaatsverständnis steht die Würde des Men-

s
s
1
s
M
D

D
c
e
f
z
f

u
i

I
v
D

B
g

I

n
d
i
l
l

r

s

M
n
w
z
s
d

(C (D chen an allererster Stelle. In einer Situation, in der Menchen, aus welchen Gründen auch immer, 12, 13 oder 4 Jahre nicht abgeschoben werden konnten, ist es unere Pflicht und Schuldigkeit, dafür zu sorgen, dass diese enschen in einem menschenwürdigen Zustand in eutschland bleiben können. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as betrifft nur wenige Familien. Diese Familien brau-
hen allerdings unsere Hilfe. Diese Menschen jetzt, in
iner Zeit, in der in Deutschland gerade der Weihnachts-
riede ausbricht, abzuschieben, das finde ich besonders
ynisch. Ich bitte Sie, mir zu sagen, ob Sie meiner Auf-
assung in dieser Frage zustimmen.


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1701214100

Herr Kollege Strässer, darin, dass die Weihnachts-

nd Adventszeit vielleicht nicht die richtige Zeit dafür
st, gebe ich Ihnen recht.


(Zurufe von der LINKEN: Oh! Oh! – Das ist aber gnädig! – Unverschämt! – Das ist der Hohn!)


ch glaube, auch Ihre Anmerkung, dass sich das Bundes-
erfassungsgericht zu solchen Themen äußert, zeigt, dass
eutschland ein Rechtsstaat ist.


(Christoph Strässer [SPD]: Ja, eben!)


ei uns wird nicht willkürlich mit Menschen umgegan-
en, und das ist auch gut so.


(Thomas Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es passieren trotzdem Fehler!)


ch bedanke mich für Ihre Frage.

Wir stellen weltweit fest: Auch im 61. Jahr der An-
ahme der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
urch die Generalversammlung der Vereinten Nationen
st die Achtung der Menschenrechte weltweit noch
ängst keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil, es
iegt sehr vieles im Argen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701214200

Frau Kollegin, es gibt den Wunsch nach einer weite-

en Zwischenfrage, diesmal vom Kollegen Volker Beck.


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1701214300

Nein, der Herr Kollege Beck nervt mich im Aus-

chuss immer genug.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Nicht nur im Ausschuss! Hier auch!)


In zahlreichen Ländern unseres Erdballes haben die
enschenrechte noch nicht Fuß gefasst, oft selbst dann

icht, wenn internationale Erklärungen unterschrieben
urden. In anderen Ländern wiederum ist die Umset-

ung der Menschenrechte häufig rückläufig. Täglich
ind wir mit Berichten darüber konfrontiert und müssen
ies schmerzlich zur Kenntnis nehmen.

976 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Erika Steinbach
Eines der Themen, die besonders im Argen liegen, ist
die Religionsfreiheit. Ich finde es gut, dass wir uns ges-
tern in der Obleutebesprechung im Ausschuss auf Vor-
schlag des Vorsitzenden, Herrn Koenigs, darauf verstän-
digt haben, dass wir uns dieses Themas auch in einer
Anhörung annehmen. Aus Anlass der Schweizer Mina-
rettentscheidung steht dieses Thema auch hier im Mittel-
punkt, und es bewegt die Menschen nicht nur in der
Schweiz, nicht nur in Europa, sondern auch weit darüber
hinaus.

Eines will ich nachdrücklich feststellen: Es geht in
dieser Debatte, die von der Schweiz auch nach Deutsch-
land gedrungen ist, nicht um ein Verbot, Gebetshäuser zu
errichten. Es geht auch nicht darum, dass der Glaube und
die Ausübung des Glaubens untersagt sind. Es geht ein-
zig und allein um den Bau von Minaretten an Moscheen.
Der Bau von Moscheen ist nicht verboten.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie halten Sie es denn mit Kirchtürmen? – Christoph Strässer [SPD]: Sieh doch, Volker Beck, du nervst sie!)


Deshalb ist die Grundfrage der Religionsfreiheit davon
praktisch nicht berührt. Ich habe mit dieser in der
Schweiz demokratisch getroffenen Entscheidung kein
Problem,


(Zurufe von der LINKEN: Das ist ja das Schlimme! – Das ist absurd, was Sie da sagen!)


da die Religionsausübung davon nicht betroffen ist.

Erstaunlich ist für mich aber, dass gerade diejenigen
hier im Lande besonders hart mit der Schweizer Ent-
scheidung ins Gericht gehen, die sonst immer für Volks-
abstimmungen sind, Herr Kollege Beck.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wenn man Volksabstimmungen zulassen will, dann
muss man das ertragen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Erstaunlich ist auch, dass gerade diejenigen, die die
Glaubensfreiheit in ihren eigenen Ländern nicht dulden
und sie unterdrücken, versuchen, diese Debatte in einem
aggressiven Ton zu führen und zu beherrschen. Wenn ich
höre, dass der türkische Ministerpräsident Erdogan sagt,
er nehme in Europa eine zunehmend rassistische und fa-
schistische Haltung wahr – er sprach sogar von Verbre-
chen gegen die Menschlichkeit –, dann muss ich tief
durchatmen. Wie steht es denn in der Türkei mit der Re-
ligionsfreiheit? Wie wir wissen, gibt es in der Türkei in
der Praxis keine Religionsfreiheit. Der Bau von Kirchen
ist praktisch unmöglich. Christliche Würdenträger bege-
ben sich in Lebensgefahr, wenn sie Symbole ihres Glau-
bens offen tragen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit oder ohne Kirchtürme?)


Ihre Bewegungsfreiheit ist stark eingeschränkt, und
predigen dürfen sie auch nur an ganz bestimmten Tagen.
Der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung, der

n
a
D
d

i
d
D
g
s
v
b
b
d

a
K
t

8
s
r
u
d


T


g
r
b

r
d
f
a
a
w
r
h

e
k
b

d
M
M
s
h

(C (D och in den 1950er-Jahren etwa 20 Prozent betrug, ist uf 0,15 Prozent geschrumpft. Das allein spricht Bände. as heißt, die christliche Minderheit wird gezielt unterrückt und mundtot gemacht. Der Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche hat mir n diesen Tagen einen Brief geschrieben und mitgeteilt, ass dem Pfarrer der syrisch-orthodoxen Kirche in iyarbakir angedroht wurde, dass er getötet werde. Soar in Istanbul, das ja mit einem halben Bein auf europäichem Boden steht, wurde ein Pfarrer – der Pfarrer der adentistischen Gemeinde; diese Gemeinde ist winzig, sie esteht aus gerade einmal 20 Gläubigen – mit dem Tode edroht. Man kann die Debatte also einmal aus einer aneren Perspektive beleuchten. In mindestens 50 von 200 Staaten werden Menschen ufgrund ihres christlichen Glaubens diskriminiert. eine andere Religionsgemeinschaft wird weltweit in ensiver verfolgt. (Lachen bei der LINKEN – Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Absurd!)


0 Prozent aller wegen ihrer Religion verfolgten Men-
chen sind Christen. Das Ausmaß der Diskriminierung
eicht vom Iran über Saudi-Arabien, Indien, Pakistan
nd Ägypten bis Nigeria, und es nimmt leider zu; das ist
as Tragische.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: In Indien gibt es doch Tausende von Katholiken!)


Aber es gibt drastische Verfolgungen mit Mord und
otschlag; das wissen Sie aber auch.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Aber keine Christenverfolgung!)


Das sind Christen, selbstverständlich. Das geschieht in
anz bestimmten Regionen. In einem gebe ich Ihnen
echt: Es ist keine staatliche Verfolgung. Aber in einem
estimmten Bereich Indiens werden Christen verfolgt.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: In Südindien gibt es viele katholische Priester!)


Deshalb fordern wir die Bundesregierung mit unse-
em Antrag „Menschenrechte weltweit schützen“ auf,
en kontinuierlichen weltweiten Einsatz für Religions-
reiheit fortzusetzen und dabei besonderes Augenmerk
uf die Lage der christlichen Minderheiten zu legen,
ber auch auf die Situation kleiner religiöser Gruppen
ie zum Beispiel der Bahai, die im Iran unter ungeheu-

en Pressionen existieren und von denen sich viele des-
alb entschließen, auszuwandern.

Ich begrüße sehr, dass sich Bischöfin Käßmann dazu
ntschlossen hat, dass die evangelischen Christen vom
ommenden Jahr an den „Tag der verfolgten Christen“
egehen.

Wir sehen, dass weltweit Menschen unterdrückt wer-
en. Eines der für mich schwierigsten Themen ist der
enschenhandel. Offiziell ist die Sklaverei abgeschafft.
enschen dürfen, sollen keine Ware sein. Die Realität

ieht erschreckend anders aus: Sklaverei und Menschen-
andel florieren heute mehr denn je. Diese Verbrechen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 977


(A) )



(B) )


Erika Steinbach
sind nicht, wie mancher glauben mag, ein Thema der
Vergangenheit, sie gehören zu den drängendsten Proble-
men unserer Zeit, und sie spielen sich nicht nur in ent-
fernten Regionen ab.

Herr Kollege Strässer, Sie sagten, wir sollten uns auch
mit Deutschland beschäftigen. Gerade Menschenhandel
ist ein Thema, das uns in Deutschland intensiv berührt.
Auf und zwischen allen Kontinenten werden Menschen
gehandelt wie Ware. Auch Europas Staaten sind Her-
kunfts-, Transit- und Zielländer dieses modernen Skla-
venhandels, auch Deutschland. Mit Sklavenhandel wird
heutzutage mehr Geld verdient als mit Drogenhandel.
Hauptsächlich findet Menschenhandel im Bereich der
sexuellen Ausbeutung statt. Vorwiegend sind Frauen und
Mädchen betroffen.

Aber auch Menschen, die als Zwangsarbeiter einge-
setzt werden, Menschen, die als lebende Ersatzteillager
für menschliche Organe missbraucht werden, Zwangs-
verheiratete und Zwangsadoptierte werden ihrer Rechte
und ihrer Würde beraubt. Wir müssen Mittel und Wege
finden, um diesen barbarischen Geschäftemachern das
Handwerk zu legen.

Wir haben es mit einem komplexen System zu tun.
Eines müssen wir wissen: Ohne Nachfrage gäbe es kei-
nen Markt für Zwangsprostitution. Vor diesem Hinter-
grund setzen wir uns dafür ein, dass, um den Markt aus-
zutrocknen, Freier, die Zwangsprostituierte benutzen,
bestraft werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Unsere Gesellschaft muss dafür sensibilisiert werden.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701214400

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von

der Partei Die Linke?


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1701214500

Nein, vielen Dank.

Ein anderes Thema ist der sexuelle Missbrauch von
Kindern. Die betroffenen Kinder, die sexuell miss-
braucht werden, erleiden Traumata, die sie ihr Leben
lang verfolgen. Da dürfen wir nicht wegsehen. Wir müs-
sen versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen. Die
Debatte um Kinderpornografie im Internet lässt das Aus-
maß erahnen, in dem Kindesmissbrauch geschieht. Hier
ist ein Markt zu vernichten, der eine Klientel bedient, die
den Handel mit diesem abscheulichen „Werbematerial“
überhaupt erst ermöglicht, die dafür Geld bezahlt und
damit der Täter hinter den Tätern ist. Wir müssen sehen,
wie wir dieser Menschen habhaft werden.

In diesem Zusammenhang würde ich schon gerne
wissen, wie die Fraktion der Grünen dazu steht, insbe-
sondere der Kollege Volker Beck, der seinerzeit für das
Buch Der pädosexuelle Komplex einen Artikel verfasst
hat, in dem er schrieb:

Eine Entkrimininalisierung der Pädosexualität ist
angesichts des jetzigen Zustandes ihrer globalen
Kriminalisierung dringend erforderlich, nicht zu-
letzt weil sie im Widerspruch zu rechtsstaatlichen
Grundsätzen aufrechterhalten wird.

D
G

d

b
r

d

k
g
t
F
w
n
H

m
i
s
a
V
M
t
m

f

D
b

I
d
a

n
v

(C (D azu interessiert mich Ihre Meinung, die Meinung der rünen. Frau Kollegin, wollen Sie jetzt eine Zwischenfrage es Kollegen Beck zulassen? Ja, das tue ich gerne, Herr Kollege Beck. Es ist sehr schön, dass Sie, wenn Sie hier jemanden eschuldigen, ihm wenigstens die Chance zur Erwideung geben. Nein, ich habe nur aus dem Buch zitiert, für das Sie en Artikel verfasst haben. Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen – vielleicht ann Ihr Büro auch einmal bei Google nachschauen; es ibt zu diesem Buch auch Fragen auf www.abgeordneenwatch.de –, dass das ein verfälschter und in dieser orm nicht autorisierter Artikel von einem Herausgeber ar, der unter einem Pseudonym gearbeitet hat? Er ennt sich Angelo Leopardi. In Wirklichkeit war es ein err Hohmann. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich ich mehrfach davon distanziert habe und dass ich mich n der Vergangenheit dafür eingesetzt habe, dass der exuelle Missbrauch von Kindern bestraft wird? Unter nderem geht die Vorschrift des § 176 a StGB auf einen orschlag von mir zurück, wonach der schwere sexuelle issbrauch von Kindern ein eigenständiger Verbrechens atbestand ist. Sind Sie bereit, dies zur Kenntnis zu nehen? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701214600
Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1701214700
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701214800
Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1701214900
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701215000


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1701215100

Herr Kollege Beck, ich muss sagen: Ihre Aussage

reut mich wirklich.


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Oh!)


adurch wird der Sachverhalt geklärt. Es war mir nicht
ekannt, dass das eine Fälschung ist.


(Zuruf von der LINKEN: Aber erstmal behaupten!)


ch freue mich, dass Sie diesen Standpunkt, den Sie eben
argestellt haben, vertreten. Es ist gut, dass Sie mich
ufgeklärt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Eine Entschuldigung wäre das Mindeste gewesen!)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden
och viel über Menschenrechte debattieren. Es gibt so
iele Themenkreise, die noch nicht angeschnitten wer-

978 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Erika Steinbach
den konnten, weil die Zeit nicht reichte. Ich glaube, es ist
nötig, dass wir den Themen „Menschenrechte“ und
„Verletzung von Menschenrechten im Inland und im
Ausland“ intensiv nachgehen. Es ist ein weites Feld.
Man kann hin und wieder resignieren, weil man immer
nur einen winzigen Stein bewegen und nicht das ganze
Elend auf einmal beheben kann. Es ist aber nötig, dass
wir immer wieder darüber sprechen.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der Linken: Große Rede!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701215200

Als nächste Rednerin hat Kollegin Annette Groth von

der Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701215300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Herr Strässer, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass
Sie auf den äußerst kritischen Zustand von Frau Haidar
hingewiesen haben. Sie wissen aber vielleicht nicht, dass
die geplante Debatte über Aminatou Haidar heute von
der Tagesordnung des Europäischen Parlaments genom-
men worden ist – ich habe heute Nachmittag eine Mel-
dung aus Brüssel erhalten –, und zwar auf Initiative Ihres
Parteikollegen, Herrn Martin Schulz.


(Christoph Strässer [SPD]: Da müssen wir was tun!)


Martin Schulz hatte dies beantragt, damit die Gespräche
der EU mit Marokko in diesem Fall nicht gestört wer-
den. Ich finde das wirklich geradezu skandalös. Grüne,
Liberale und GUE/NGL hatten sich vergeblich gegen
eine Absetzung ausgesprochen und protestieren gerade
in Straßburg. So viel dazu. Die Menschenrechte werden
in diesem speziellen Fall zurzeit also wirklich mit Füßen
getreten.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christoph Strässer [SPD]: Ja, Scheiße!)


– Sie sagen es.

Nun aber zu den Anträgen. Die Menschenrechtslage
in Sri Lanka hat sich nach dem Sieg über die LTTE für
die Tamilen keineswegs verbessert. Unter internationa-
lem Druck durften seit Ende Oktober mehr als 100 000
Tamilen in ihre Heimatdörfer zurückkehren, wo die
Mehrheit allerdings unter höchst ärmlichen Bedingun-
gen lebt. 160 000 Menschen vegetieren immer noch in
Flüchtlingslagern. Um Druck auf die Regierung Sri Lan-
kas auszuüben, fordert Bündnis 90/Die Grünen, die er-
weiterten europäischen Handelspräferenzen auszuset-
zen. Die Linke unterstützt diese Forderung und stimmt
darum dem Antrag zu.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun zum Antrag der SPD. Die SPD lobt in ihrem An-
trag die ehemalige CDU/CSU-SPD-Regierung, weil sie

e
r
d
R
w
d
s

G
k
m
D
s
u
d
ü

a
g
h
k
W
s
i

K

u
w
k
B
a
d
s
d
k
h
s
z
K
e
Z
d
A

m
v
ö
Z

(C (D ntwicklungspolitische Aktionspläne für die Menschenechte vorgelegt hat, durch die die Menschenrechte in er Entwicklungszusammenarbeit eine viel stärkere olle spielen sollten als bisher. Tatsache ist aber – das issen Sie so gut wie ich –, dass sich Armut und auch ie Menschenrechtslage in vielen Ländern weiter verchärft haben. (Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Dann haben Sie aber noch keines dieser Projekte gesehen, liebe Frau Kollegin!)


egen die starken Proteste von Regierungen und Bevöl-
erung der sogenannten Entwicklungsländer hat die da-
alige Große Koalition in der EU-Kommission auf die
urchsetzung der umstrittenen EU-Wirtschaftspartner-

chaftsabkommen mit den Staaten Afrikas, der Karibik
nd des Pazifiks und der EU-Freihandelsabkommen ge-
rängt. Darum wird sich die Linke in der Abstimmung
ber den Antrag enthalten.

Dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zu Latein-
merika können wir nicht zustimmen. Die spanische Re-
ierung hat sich für ihre Bemühungen um bessere Bezie-
ungen zu Kuba und zu Venezuela den Widerstand der
onservativen Regierungen in der EU eingehandelt.
ollen sich Bündnis 90/Die Grünen dieser Kritik an-

chließen? Der Antrag suggeriert dies vor allen Dingen
n dem Begründungsteil über Kuba und Venezuela.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701215400

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Raabe?


Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701215500

Ungern, aber ja.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1701215600

Frau Kollegin, ich will Ihnen nur die Zustimmung zu

nserem Antrag leichter machen, weil Sie sagten, Sie
ürden sich nur wegen der Wirtschaftspartnerschaftsab-
ommen enthalten. Wir haben in unseren Anträgen die
undesregierung mehrmals aufgefordert – das haben wir
uch im Bundestag gemeinsam beschlossen –, dass in
iesen Partnerschaftsabkommen die Fragen der Men-
chenrechte und der ökologischen und sozialen Stan-
ards eine besondere Rolle spielen sollen und dass es
eine reinen Wirtschaftsabkommen sein sollen. Von da-
er ist das eine Frage der Handelspolitik der Europäi-
chen Union. Aber der Deutsche Bundestag und die So-
ialdemokratische Partei haben sich auch in der Großen
oalition immer dafür eingesetzt, dass diese Aspekte

ine Rolle spielen. Dabei haben wir die Bedenken der
ivilgesellschaft immer sehr ernst genommen; dies wer-
en wir auch weiterhin tun. Jetzt können Sie unserem
ntrag in Ruhe zustimmen.


Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701215700

Nein, das stimmt nicht, lieber Herr Raabe. Ich kenne

ich in der Handelspolitik ziemlich gut aus, wie Sie
ielleicht wissen. Wenn man Länder zu weiteren Markt-
ffnungen für europäische Produkte und zu weiteren
ollsenkungen zwingt, dann ist die Spirale nach unten

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 979


(A) )



(B) )


Annette Groth
vorprogrammiert. Genau darauf haben die Regierungen
der AKP-Staaten und die Organisationen der Zivilgesell-
schaft immer wieder hingewiesen, und deshalb haben sie
einen totalen Stopp der Verhandlungen gefordert. Das
hat Ihre damalige Ministerin, Frau Wieczorek-Zeul, aber
nicht zugelassen. Sie hat sich im Gegensatz zu anderen
Regierungen der EU nie dafür eingesetzt.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Sascha Raabe [SPD]: Dann haben Sie vier Jahre geschlafen!)


Ich komme noch einmal darauf zu sprechen, weil es
auch in dem Antrag der Grünen darum geht.

Wir kritisieren schon seit langem die ganzen Asso-
ziierungs-, Freihandels-, Wirtschaftspartnerschaftsab-
kommen und wie sie alle heißen, vor allen Dingen mit
den Staaten Lateinamerikas und Zentralamerikas. Wie
ich eben bereits gesagt habe, lehnen wir die Verhandlun-
gen ab, weil die von der EU angestrebten Freihandelsab-
kommen eine eigenständige Entwicklung dieser Länder
verhindern. Buchstäblich alle Ressourcen wie Flüsse
und Bodenschätze könnten dann von europäischen Kon-
zernen kontrolliert werden. Damit würde der einheimi-
schen Bevölkerung die Lebensgrundlage entzogen.

Jetzt komme ich zu unserem eigenen Antrag „Nein
zur Todesstrafe in den USA – Hinrichtung von Mumia
Abu-Jamal verhindern“. Mit diesem Beispiel wollen wir
an die Tausenden von Menschen erinnern, die in den To-
deszellen schmachten. Die Todesstrafe negiert das ele-
mentare Menschenrecht auf Leben. Wir sind der Über-
zeugung, dass sich die Einhaltung der Menschenrechte
und die Verhängung der Todesstrafe gegenseitig aus-
schließen.

Am 9. Dezember vor 28 Jahren wurde der Afroameri-
kaner Mumia Abu-Jamal für einen Mord, der nie aufge-
klärt wurde, zum Tode verurteilt.


(Holger Haibach [CDU/CSU]: Komisch ist, dass Ihnen das bei China nie einfällt!)


Seit 28 Jahren schreibt er in der Todeszelle gegen Ras-
sismus, Krieg und ein diskriminierendes Justizsystem.
Aus der Todeszelle hat Mumia eine persönliche Nach-
richt an den Deutschen Bundestag geschickt. Ich zitiere:

An die ehrenwerten Mitglieder des Deutschen Bun-
destages: Können Sie sich vorstellen, was es bedeu-
tet, zum Tode verurteilt zu sein? Können Sie sich
vorstellen, dass man Ihnen mitteilt, wie Sie hinge-
richtet werden, dass Sie aber Jahr um Jahr auf den
Tod warten müssen? Dies ist die Situation von mehr
als 3 000 Menschen, die sich in den US-Todestrak-
ten befinden, und von über 20 000 Männern,
Frauen und Kindern, die weltweit auf ihre Hinrich-
tung warten. Ich warte jetzt schon fast drei Jahr-
zehnte darauf, meinem Henker zu begegnen. Ras-
sismus durchzieht meinen Fall seit meiner
Verhaftung im Jahr 1981 bis heute.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701215800

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen. Sie

haben schon deutlich überzogen.

z

a

J

B

H
u
n
d

s
O
g
v
w
d
e
S
s
d
t
d
M

k
a
n
s

(C (D Aber durch die Zwischenfrage hat sich meine Rede eit verlängert. Nein, ich habe die Zeit während der Zwischenfrage ngehalten. Ich möchte wenigstens das Zitat von Mumia Abu amal zu Ende bringen. Nein, Sie müssen zum Ende kommen. Ich zitiere weiter: Die Todesstrafe ist ein Unrecht für jeden Menschen und muss abgeschafft werden. Wir in den Todestrakten brauchen Ihre Hilfe. Mumia Abu-Jamal, 15. Dezember 2009. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun Tom Koenigs für die Fraktion ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Sie sehen: Menschenrechtspolitik ist konkret nd aktuell. In unserem Antrag beziehen wir uns auf eien sehr aktuellen Vorgang, nämlich auf Äußerungen es spanischen Außenministers. Spanien übernimmt im nächsten Jahr die EU-Ratspräidentschaft. Der spanische Außenminister hat sich im ktober dieses Jahres dafür ausgesprochen, sich vom emeinsamen Standpunkt der EU gegenüber Kuba zu erabschieden. Die entscheidenden Fragen lauten: Wie ill er sich verabschieden, und was will er verabschieen? Der gemeinsame Standpunkt stellt völlig zu Recht ine politische und wirtschaftliche Annäherung an eine tärkung der Menschenrechte und an eine demokratiche Öffnung Kubas dar. So sehr wir überzeugt sind, ass dieser Standpunkt von 1996 überarbeitungsbedürfig ist: An diesem Punkt darf er nicht überarbeitet weren. Ein Politikwechsel der EU darf nicht auf Kosten der enschenrechte gehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701215900
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701216000
Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701216100
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701216200
Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701216300

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701216400

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701216500

Noch heute sitzen etwa 200 politische Gefangene in
ubanischen Gefängnissen. Ihre Verbrechen waren unter
nderem, friedlich zu demonstrieren, eine andere Mei-
ung zu vertreten oder – man höre! – am Tag der Men-
chenrechte auf der Straße Kopien der universellen Er-

980 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Thomas Koenigs
klärung der Menschenrechte zu verteilen, die Kuba
akzeptiert hat; Kuba gehört sogar zu den Erstunterzeich-
nern. Ich weiß, dass viele Rechte in Kuba besser umge-
setzt und vertreten werden können – zum Beispiel die
Rechte auf Bildung und Gesundheit – als irgendwo in
Amerika. Das ist aber kein Freibrief oder eine Entschul-
digung dafür, Freiheitsrechte einzuschränken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die WSK-Rechte gegen die Freiheitsrechte aufzurech-
nen, ist falsch; denn Menschenrechte sind unteilbar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich sage aber sehr deutlich: Die Menschenrechtslage
ist nicht nur in Kuba prekär. Margaret Sekaggya, Son-
derberichterstatterin über die Lage der Menschenrechts-
verteidiger, hat Kolumbien im September bereist. Sie be-
richtet von außergerichtlichen Hinrichtungen und Fällen
des Verschwindenlassens. Präsident Uribe begründet das
Vorgehen mit der terroristischen Bedrohung durch die
Guerilla im Land. Vor diesem Hintergrund ist mir übri-
gens folgende Äußerung von Minister Niebel in einem
Interview mit dem Evangelischen Pressedienst völlig un-
verständlich: „Mit Kolumbien sollten wir ideologiefreier
umgehen.“

Weder der Minister noch die EU dürfen bei Men-
schenrechtsverletzungen einfach verlegen wegsehen
oder sich hinter dem hohlen Prinzip der Nichteinmi-
schung oder gar der Ideologiefreiheit verstecken;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


denn Menschenrechte sind ideologiefrei und universell.

Die spanische Ratspräsidentschaft hat sich glückli-
cherweise vorgenommen, den Blick auf Lateinamerika
zu werfen. Dort sind viele Länder interessant. Im Koali-
tionsvertrag der Regierung heißt es:

Die Glaubwürdigkeit Deutschlands steht in direk-
tem Zusammenhang mit dem konsequenten Eintre-
ten für die Menschenrechte in der Außen- und Ent-
wicklungspolitik.

Das sind große Ziele. Jetzt kommt es aber auf die kon-
krete Umsetzung an, meine Damen und Herren von der
Regierungskoalition. Deshalb müssen Menschenrechts-
standards integraler Bestandteil von bilateralen und mul-
tilateralen Handelsverträgen Deutschlands und von allen
gemeinsamen Standpunkten der EU sein. Darauf müssen
wir bestehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Abschließend bedanke ich mich bei Herrn Strässer für
den Hinweis auf die Solidarität mit Frau Haidar. Dass es
dem Menschenrechtsausschuss nicht gelungen ist, die-
sen Fall auf die Tagesordnung zu setzen, empfinde ich
als sehr beschämend. Das verdanken wir der Koalition.

t

M
S
d
I
u
v
e
V
t
B
e
s
g
R

b
K
L
d
m
g
a
n
M
w
j
d
z
z
R

D
m
n
F
e
a

D
i

l
g

(C (D Danke sehr. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701216600

Als Nächster spricht Serkan Tören für die FDP-Frak-

ion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Serkan Tören (FDP):
Rede ID: ID1701216700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
enschenrechtslage in Ländern wie Sri Lanka und auch

yrien ist uns allen sehr wohl bekannt. Ich möchte an
ieser Stelle keine beschönigenden Worte hierfür finden.
n Sri Lanka ist der Bürgerkrieg heute offiziell beendet,
nd doch ist insbesondere die Lage der tamilischen Be-
ölkerung im Lande kritisch und beunruhigend. Das gilt
benso für Syrien. Hier finden regelmäßig willkürliche
erhaftungen und Urteile gegen Menschenrechtsaktivis-

en und Oppositionelle statt. Die Lage der kurdischen
evölkerung ist dabei besonders prekär. Und doch, ver-
hrte Kolleginnen und Kollegen: Problematisch in die-
em Zusammenhang bleiben die Forderungen nach
enerellen Abschiebestopps bzw. der Aufkündigung des
ücknahmeabkommens mit Syrien.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum?)


Lassen Sie mich grundsätzlich sagen: Ein Abschie-
estopp ist und bleibt ein Notfallinstrument für akute
risenentwicklungen. Das trifft weder auf die aktuelle
age in Sri Lanka noch auf die in Syrien zu. Gerade vor
em Hintergrund der Verantwortung für andere Fälle
uss die Notwendigkeit eines Abschiebestopps immer

ewissenhaft geprüft werden, und genau das tun wir
uch; denn es ist mitnichten so, wie die lieben Kollegin-
en und Kollegen von der Linken es gerne darstellen.
it der Unterzeichnung eines Rücknahmeabkommens
ird kein Freiflugschein für alle Flüchtlinge in ihre

eweiligen Heimatländer unterschrieben ohne Rücksicht
arauf, in welche Umstände die jeweiligen Personen
urückgeschickt werden. Richtig und wichtig ist doch,
u sagen, dass asylrechtliche Vorschriften durch dieses
ücknahmeabkommen nicht berührt werden.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Das wäre ja noch schöner!)


as bedeutet, dass individuelle Prüfungen bereits jetzt
öglich sind und durchgeführt werden. Ausländern, de-

en in ihren Herkunftsländern politische Verfolgung,
olter und konkrete Gefahr für Leib und Leben drohen,
rhalten in Deutschland Asyl, Flüchtlingsschutz oder
uch subsidiären Schutz.


(Beifall bei der FDP)


as wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
n einem ordentlichen Asylverfahren festgestellt.

Also noch einmal: Abschiebestopp ist immer das
etzte Mittel. Die Einzelfallprüfung steht im Vorder-
rund.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 981


(A) )



(B) )


Serkan Tören

(Christoph Strässer [SPD]: Ja!)


Wir sagen hier also ganz klar: Dauerhafte Probleme mit
der Menschenrechtslage, wie sie zweifelsfrei in Syrien
bestehen, können mit einem generellen Abschiebestopp
als politischem Instrument nicht gelöst werden. Dazu ist
das Asylrecht das richtige Instrument.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Ich plädiere in dieser Debatte für etwas mehr Differen-
ziertheit und Würdigung des bestehenden Asylrechts,
das die menschenrechtliche Lage der einzelnen Personen
durchaus im Blick hat.


(Zuruf von der LINKEN: Ach ja?)


Aber ich will hier nicht nur als Innenpolitiker sprechen
und auf die Problematik der Forderungen nach generel-
len Abschiebestopps in diesem Zusammenhang einge-
hen. Die Rechte der Menschen in Sri Lanka und insbe-
sondere in Syrien bedürfen weiterhin kritischer
Aufmerksamkeit.

Ich möchte an dieser Stelle auch die aktuellen Bemü-
hungen und Entwicklungen nicht unerwähnt lassen, die
meiner Meinung nach Potenzial haben und Hoffnung
wecken. Grundlegend ist, dass unbequeme Fragen nicht
ausgeblendet werden. Deutschland sowie die EU kriti-
sieren regelmäßig willkürliche Verhaftungen und Ur-
teile. Auch unter deutscher Ratspräsidentschaft wurden
im Frühjahr 2007 mehrere harte Urteile gegen syrische
Bürgerrechtler in EU-Erklärungen kritisiert. Außerdem
thematisiert die Bundesregierung regelmäßig die unbe-
friedigende Menschenrechtslage in Syrien und auch Ein-
zelfälle in bilateralen Gesprächen. Auch die deutsche
Kulturpolitik ist ein wichtiger Baustein, um mit den
Menschen vor Ort in Kontakt zu kommen und zur Stär-
kung der Zivilgesellschaft beizutragen. So hat beispiels-
weise im Oktober dieses Jahres wieder der Mediendialog
stattgefunden, diesmal in Damaskus. Dort haben sich
deutsche und arabische Journalisten, Publizisten und
Politiker getroffen und sich über aktuelle Themen ausge-
tauscht. Menschenrechtspolitik, die Beförderung von
Menschenrechten, ist ganz klar, wie wir es auch in unse-
rem Antrag deutlich gemacht haben, eine Angelegenheit
über alle Politikbereiche hinweg.


(Beifall bei der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, dann muss man das aber auch einlösen!)


Ich will an dieser Stelle auch das Assoziierungsab-
kommen der EU mit Syrien erwähnen. Hier hat die EU
eine Menschenrechtsklausel eingebaut. Der Kompro-
miss zwischen den 27 EU-Staaten sieht vor, dass das Ab-
kommen wieder ausgesetzt werden kann, falls Syrien
gegen Menschenrechte verstößt. Das ist ein eindeutiges
Signal. Neben der wirtschaftlichen und kulturellen Zu-
sammenarbeit soll es einen intensiven politischen Dialog
geben, in dem über Partizipation, Zivilgesellschaft und
Menschenrechte gesprochen werden soll. Das gehört
zum Abkommen, und das wissen die Verantwortlichen
auch.

e
r
d
v
d
s
b
s
i
s
p
s
g
d
s
L

S

F
p
e
g
b

A
l
d

J
d

d

w
T
m

b
Z
g
d

S

(C (D Nun gibt es Stimmen, die fordern, das Abkommen rst dann zu unterzeichnen, wenn sich die Menschenechtslage in Syrien verbessert hat. Es gibt aber auch anere Stimmen, insbesondere aus der syrischen Zivilbeölkerung selbst. Sie bezeichnen dieses Abkommen als ie Chance zum Dialog und den Dialog als die Vorausetzung, sich langsam anzunähern, Vertrauen aufzuauen und die Handlungsspielräume der Zivilgesellchaft zu erweitern. Leider hat Syrien nicht, wie geplant, m Oktober unterschrieben. Die Zeichnung soll vorausichtlich im ersten Halbjahr 2010 unter spanischer Ratsräsidentschaft stattfinden. Ich kann nur hoffen, dass es o kommen wird. Es ist wichtig, dass dieser Dialog forteführt wird und sich all die Bemühungen nicht nur auf ie wirtschaftliche und soziale Lage positiv auswirken, ondern vor allem auf die politische Situation und die age der Menschen vor Ort. Vielen Dank. Das Wort hat nun Kollegin Angelika Graf für die PD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! rau Steinbach, zu einer vernünftigen Menschenrechtsolitik gehört meiner Ansicht nach auch, dass man sich ntschuldigt, wenn man einen solchen Fauxpas beganen hat, wie Sie ihn eben gegenüber dem Kollegen Beck egangen haben. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Erika Steinbach [CDU/CSU]: Ich habe nur gefragt, ob das zutrifft! – Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Er hat ja nicht dagegen geklagt!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701216800

(Beifall bei der SPD)

Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1701216900

Wir können das Thema „Religionsfreiheit“ bei der
nhörung und den Beratungen im Ausschuss sehr detail-

iert diskutieren. Deswegen möchte ich auf das, was Sie
azu vorgetragen haben, jetzt nicht eingehen.

Wir begehen den Tag der Menschenrechte hier jedes
ahr im Dezember mit einer Debatte. Das ist auch gut so;
enn die menschenrechtliche Lage ist in vielen Ländern
das zeigen die Anträge, die heute gestellt werden – ein-
eutig verbesserungswürdig.

Es gibt auch im eigenen Land Vorgehensweisen, die
ir mit Recht hinterfragen müssen; Herr Strässer hat das
hema „Lage der Sinti und Roma“ angesprochen. Wenn
an die Abschiebung bestimmter Personen befürwortet

Sie haben gesagt, sie seien rechtens –, dann muss man
edenken, welche Konsequenzen damit verbunden sind.
um Beispiel werden junge Frauen in Regionen zurück-
eschickt, in denen sie Opfer von Menschenhandel wer-
en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


o viel zum Thema „Vorgehensweise im eigenen Land“.

982 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Angelika Graf (Rosenheim)

Die Anträge zur Praxis der Abschiebung nach Syrien,
die die Grünen und die Linken gestellt haben, machen
deutlich: Die Menschenrechtslage in Syrien ist schlecht,
insbesondere für Minderheiten; für nichtarabische
Volksgruppen ist sie prekär. Muslimische und yezidische
Kurden leiden ganz besonders unter dieser Situation.
Christliche Assyro-Aramäer werden ebenfalls zwangs-
arabisiert. All das muss man wissen, wenn man einem
Abkommen über die Rückübernahme nach Syrien das
Wort redet. Wir werden uns damit im Ausschuss sicher-
lich noch genauer beschäftigen. Ich denke, es lohnt sich,
sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Es wirft
ein Licht darauf, wie wir in Deutschland mit diesen Din-
gen umgehen.

Lassen Sie mich auch ein Wort zu dem Antrag der
Koalition sagen. Es ist schon erwähnt worden: Vieles,
was darin steht, ist nicht wirklich neu. Auch in schwarz-
roten Zeiten gab es über viele Themen, die in diesem
Antrag angesprochen werden, durchaus Konsens. Ge-
ächtet werden sollen die Todesstrafe, die Straflosigkeit,
Menschenrechtsverletzungen an Frauen, an religiösen
und sexuellen Minderheiten. So weit, so gut. Ich bin
auch ganz bei Ihnen, wenn Sie feststellen, dass die Ter-
rorismusbekämpfung nicht als Vorwand für Menschen-
rechtsverletzungen dienen darf, oder wenn Sie die Stär-
kung des Internationalen Strafgerichtshofs fordern.

Zu Ihrer in diesem Antrag aufgestellten Forderung,
die Vorbehalte gegenüber der UN-Kinderrechtskonven-
tion zurückzunehmen, darf ich Sie beglückwünschen;


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Marina Schuster [FDP]: Danke!)


folgen Sie doch damit den langjährigen Forderungen der
SPD-Fraktion und anderer Fraktionen dieses Hauses,
welche die Union in der letzten Legislaturperiode aus-
drücklich abgelehnt und damit blockiert hat.

Die damaligen Begründungen sind aus meiner Sicht
hanebüchen. Überhaupt darüber zu reden, wurde von der
Kollegin Granold am 22. März 2007 als Scheindebatte
bezeichnet. Die Kollegin Landgraf hat am 6. April 2006
in diesem Hohen Hause festgestellt, dass die Vorbehalts-
erklärung sachgerecht sei, weil – ich zitiere –

einzelnen Bestimmungen der Konvention nunmehr
größere Bedeutung, wenn nicht gar unmittelbar in-
nerstaatliche Wirkung zukäme.

Sie hat zum Beispiel Erschwernisse bei der Durchset-
zung der Ausreisepflicht Minderjähriger befürchtet.

Wie gesagt, ich freue mich über Ihren Sinneswandel;
denn wie heißt es so schön: Im Himmel ist mehr Freude
über die Rückkehr eines reuigen Sünders denn über Tau-
send Gerechte. –


(Holger Haibach [CDU/CSU]: Das gilt aber nur für Katholiken!)


Wichtig ist für uns in der SPD-Fraktion der Menschen-
rechtsansatz in der Entwicklungszusammenarbeit. Er
wurde in den letzten fünf Jahren – das ist schon deutlich
gesagt worden – mit mehreren entwicklungspolitischen

A
d
E

d
z
D
M
w
f
w
f
d
s
e
e

v
f
r
s
n
d
u
r
z
d
A
v
H
t

i
W
W
b
t
d
n

I
I
s
A
P

C

M
w

(C (D ktionsplänen ausgebaut; darauf wird der Kollege aus em Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und ntwicklung sicherlich noch eingehen. Viele der Empfänger von Entwicklungshilfe haben ie grundlegenden Menschenrechtskonventionen geeichnet und sich damit zu ihrer Umsetzung verpflichtet. arin liegt ein großes emanzipatorisches Potenzial des enschenrechtsansatzes. Aus benachteiligten Menschen erden Rechtsträger, die ihre legitimen Ansprüche ein ordern. Das sollte übrigens gerade dann geschehen, enn es menschenrechtliche Defizite in der Regierungs ührung des Empfängerstaates gibt. Personengruppen, ie benachteiligt sind, also Frauen, Angehörige ethnicher Minderheiten oder indigener Gruppen, Homosexulle oder auch Jugendliche, sind die besten Anwälte für ine Verwirklichung der Menschenrechte. Selim Caliskan, die Bereichsleiterin Menschenrechte on Medica Mondiale, hat gestern beim „Informationsrühstück Afghanistan“, bei denen etliche von Ihnen waen, formuliert: Frauen sind Motoren für den Rechtstaat. Mir ist dieser Aspekt sehr wichtig. Er macht ämlich deutlich, dass Frauen nicht nur Opfer sind, sonern in den Transformationsprozessen auch eine aktive nd positive Rolle innehaben. Viele Frauen, denen Unecht geschehen ist, sind mutig und stark. Im Ostkongo um Beispiel helfen sie ihren Geschlechtsgenossinnen, ie Traumata nach Vergewaltigungen zu überwinden. In fghanistan übernehmen derzeit Afghaninnen die Arbeit on internationalen Mitarbeiterinnen der besagten ilfsorganisation Medica Mondiale in der Rechtsbera ung für weibliche Opfer von Gewalt. Frauen kämpfen für ihre Rechte. Deswegen möchte ch noch einmal auf das Aminatou Haidar eingehen. ir von der SPD-Bundestagsfraktion bleiben dabei: ir hätten uns sehr gewünscht, dass Sie sich dieser De atte im Menschenrechtsausschuss nicht verweigert häten. Eine entsprechende Entschließung hätte verabschieet werden müssen; das sehen wir für unbedingt otwendig an. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ch glaube, wir haben eine große Chance vertan. Ich sage
hnen eines: Ein Obleutegespräch kann eine Ausschuss-
itzung nicht aufwerten. Da haben Sie einen falschen
nsatz in Ihrem demokratischen Verständnis in diesem
arlament.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701217000

Das Wort hat nun Kollegin Sibylle Pfeiffer für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1701217100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
einen Sie nicht manchmal, wir seien etwas anmaßend,
enn wir glauben, wir könnten die Probleme, vor allen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 983


(A) )



(B) )


Sibylle Pfeiffer
Dingen die Menschenrechtsprobleme der Welt, hier in
Deutschland lösen?


(Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer glaubt das denn?)


Wo sie zu lösen sind, liebe Freunde, ist vor Ort in den
betreffenden Ländern. Wir müssen uns überlegen: Was
können wir da tun?

Wir haben zum einen Möglichkeiten der Diplomatie.
Aber wenn wir hier im Parlament sind, müssen wir uns
überlegen: Was können wir als Parlamentarier tun? Wir
können natürlich Resolutionen verabschieden. Wir kön-
nen auch Einzelfälle behandeln. Das kann man machen.
Aber wenn wir wirklich etwas machen wollen, müssen
wir das Ort tun. Wir sind alle mehr oder weniger auf De-
legationsreise, vor allen Dingen in Ländern, wo wir Pro-
bleme sehen, wo es Probleme mit Menschenrechten und
der Behandlung von Frauen und Ähnlichem gibt. Das ist
unsere Aufgabe, das ist unser Job.

Liebe Freunde, wir können da etwas machen. Ich
spreche hier aus eigener Erfahrung; wir machen es näm-
lich schon. Kollege Hartwig Fischer zum Beispiel – wir
alle kennen ihn – geht auf keine Delegationsreise, ohne
in dem entsprechenden Land auch ein Gefängnis zu be-
suchen. Machen wir uns nichts vor: Damit schafft er sich
nicht sehr viele Freunde bei seinen Gesprächspartnern
von den Regierungen, den Regimen oder was auch im-
mer.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Machen wir auch!)


Das sorgt nicht für eine freundliche Aufnahme, und da-
mit macht er sich auch keine Freunde. Das ist etwas, was
wir persönlich machen können, jeder von uns.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Machen wir ja!)


Das ist, wie ich finde, das Wichtige bei dem Ganzen. Al-
les andere wäre eine Scheindebatte.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701217200

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Beck?


Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1701217300

Aber ja doch.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701217400

Ich halte es für einen außerordentlich guten Ansatz,

wenn wir uns fragen, was wir konkret machen können.
Allzu oft werden bei solchen Menschenrechtsdebatten ja
Feiertagsreden gehalten, in denen man zum Ausdruck
bringt, dass man für das Gute und gegen das Schlechte in
der Welt ist.

Sie sprechen in Ihrem Antrag die Themen Menschen-
handel, Zwangsprostitution und Zwangsverheiratung an.
Das sind alles schwerwiegende Menschenrechtsverlet-
zungen. Ich möchte Sie fragen, ob Sie denn auch bereit

w
k
d
e

E
g
d
d
d
f
M
w

B
a
g


n
f
t
m


w

k
w
F
l

z
M
m

F
G
v

u
s

(C (D ären, das zu tun, was wir als Deutscher Bundestag konret tun könnten. Wir könnten nämlich dafür sorgen, ass die Opfer solcher Unrechtsmaßnahmen in Zukunft ine Aufenthaltsgarantie für Deutschland bekommen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


s ist doch besser, dass sie hier als Zeuginnen und Klä-
erinnen gegen die Schergen zur Verfügung stehen, die
iese Menschenrechtsverletzungen begehen, statt sie in
ie Länder und in die Strukturen zurückzuschicken, in
enen ihnen diese Menschenrechtsverletzungen wider-
ahren sind. Ist die CDU/CSU-Fraktion mit Ihnen der

einung, dass wir in diesem Punkt das tun sollten, was
ir tun können?


Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1701217500

Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern, Herr Kollege

eck: Wir als CDU/CSU haben zusammen mit der SPD
uch das Thema Genitalverstümmlung in den Bundestag
ebracht.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um den Opferschutz! Bekommen die ein Aufenthaltsrecht?)


Versuchen Sie doch, mich zu verstehen. Ich kann ja
och einmal sagen, was ich eben gesagt habe. Wir dür-
en doch nicht so anmaßend sein, zu meinen, wir könn-
en hier vor Ort die Probleme der Welt lösen. Das ist

ein Ansatz, ein anderer Ansatz als Ihrer.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reden von Opferschutz im Antrag und verweigern ihn! Das ist Heuchelei! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind hier!)


Wir sind hier, genau. Wir müssen uns überlegen, was
ir tun müssen und was wir tun können.

Frau Kollegin Graf hat, um auf das Thema zurückzu-
ommen, etwas Wichtiges gesagt. Sie hat uns davor ge-
arnt, zu unterschätzen, welche Aufgabe Frauen haben –
rauen in der Entwicklungspolitik, Frauen in Entwick-

ungsländern, Frauen in den Gesellschaften überhaupt.

Liebe Freunde, mein Thema, auf das ich jetzt gerne
u sprechen kommen möchte, lautet: Frauenrechte sind
enschenrechte. Hier müssen wir, wie ich glaube,
anchmal noch wesentlich genauer hinschauen.


(Thomas Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viel Prozent gibt es in der CDU/ CSU-Fraktion? – Gegenruf der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Es kommt nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität an!)


rauen sind in einigen Gesellschaften die schwächsten
lieder. Aber auch da können wir etwas tun, und zwar
or Ort.

Vielleicht erinnern sich ja noch einige Kolleginnen
nd Kollegen aus dem Ausschuss für wirtschaftliche Zu-
ammenarbeit und Entwicklung daran, dass letztes Jahr

984 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Sibylle Pfeiffer
bei uns Monira Rahman zu Besuch war. Sie hat 2005 den
Menschenrechtspreis von Amnesty International bekom-
men. Monira Rahman kümmert sich in Bangladesch um
Frauen, die mit Säure verätzt worden sind. Als ich sie in
ihrem Krankenhaus in Bangladesch besuchte und sah,
welch grauenvolle Dinge es gibt, wurde mir plötzlich
klar, dass es große Unterschiede zwischen den verschie-
denen Formen von Menschenrechtsverletzungen gibt.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Das wissen wir alle!)


Angesichts der Argumente, die dafür angeführt
werden, warum Frauen mit Säure verätzt werden, wird
deutlich, dass wir noch ganz viel Überzeugungsarbeit zu
leisten haben. Gemäß Art. 16 der UN-Menschenrechts-
konvention gilt zwar auch dort, dass Frauen bei der Ehe-
schließung, während der Ehe und bei deren Auflösung
die gleichen Rechte wie Männer haben; Säureattentate
werden dort aber zum Beispiel aufgrund von Eifersucht,
aufgrund von „inadäquater“ Mitgift – das muss man sich
einmal vorstellen –, aufgrund von Streitigkeiten inner-
halb der Familie verübt. Dass solche Gründe dafür ange-
führt werden, warum dort Frauen mit Säure verätzt wer-
den, finde ich unglaublich.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deshalb reicht es nicht aus, Konventionen zu erarbei-
ten und Papiere zu erstellen, wir müssen vielmehr dafür
sorgen, dass sich die Gesellschaft in bestimmten Län-
dern ändert. Dafür können wir bei den Regierungsver-
handlungen – das ist schon angesprochen worden –,
beim Abschluss von Verträgen mit den entsprechenden
Regierungen oder wo auch immer etwas tun.

Etwas anderes finde ich ebenfalls grauenvoll, liebe
Kolleginnen und Kollegen, nämlich wenn Frauen in
Kriegen als Waffe benutzt werden. Das ist absolut ver-
werflich. Wenn ich mir vorstelle, dass das damals im
Balkankrieg vor unseren Augen passiert ist – wir haben
eine ganze Weile zugeschaut, bis wir eingegriffen haben –,
dann habe ich noch heute ein Schamgefühl; denn wir ha-
ben es gewusst, wir haben es gesehen, es ist uns erzählt
worden, aber wir haben nichts dagegen getan. Das finde
ich furchtbar.

Menschenrechte werden in manchen Ländern, vor al-
len Dingen dort, wo die Scharia regiert, nur bedingt und
nur unter Vorbehalt eingehalten. 60 Länder der Organi-
sation der Islamischen Konferenz haben die Kairoer Er-
klärung der Menschenrechte im Islam 1990 verabschie-
det. Aber eines fehlt dort, nämlich das Verbot von
Diskriminierung aufgrund von Geschlecht oder Reli-
gion, anders als es in Art. 2 der UN-Menschenrechtskon-
vention steht. So wird Frauen in islamisch geprägten
Ländern oft die Schulbildung vorenthalten, die gesell-
schaftliche Teilhabe wird ihnen verweigert, sie haben
nicht einmal ansatzweise die Möglichkeit eines gesell-
schaftlichen Aufstieges, und sie werden als Menschen
zweiter Klasse behandelt. Dies geschieht unter dem
Deckmantel der Religion, des Islam, und der Kultur. Das
halte ich für verwerflich.


(Beifall bei der CDU/CSU)


D
k
r
m

s
d
d
l
D
r
g
g

g
M
n
u
F
r
s
D

t
V
l

v
A
b
e
M
i

D

m
b
B
g
w
g
z
j
b
s
D
s

b

(C (D enn alle Mitgliedsländer der Vereinten Nationen beennen sich zur Allgemeinen Erklärung der Menschenechte, und deshalb muss man auf diese Diskrepanz auferksam machen. Wir können und dürfen eine Einschränkung von Menchenrechten nicht hinnehmen, sondern müssen etwas agegen unternehmen. Es ist richtig, dass wir zumindest arüber debattieren und diskutieren. Dass wir nicht alein eine Lösung finden können, ist ebenfalls richtig. ass die Folge einer Einschränkung der Menschen echte, vor allen Dingen in islamischen Ländern, die Leitimation von Folter und Gewalt ist, darf nicht sein. Das eht uns alle an. Als langjährige Entwicklungspolitikerin weiß ich sehr enau, worum es geht. Ich weiß, dass Armut, Krieg und enschrechtsverletzungen auch mit der Entwicklung ei es Landes zusammenhängen. Wenn wir das beachten nd in die Entwicklung investieren, zur Schaffung von rieden beitragen und dafür sorgen, dass Menschenechte nicht verletzt werden, werden wir Stabilität, Aufchwung, Frieden und Zukunft der Menschen fördern. as ist uns wichtig. Deshalb ist es gut, dass der Titel unseres Antrags lauet: „Menschrechte weltweit schützen“. Das ist unsere erpflichtung; aber es sollte auch eine Selbstverständ ichkeit sein. Ulla Jelpke hat das Wort für die Fraktion Die Linke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, or allen Dingen von der CDU/CSU und der FDP! Ihr ntrag heißt: „Menschenrechte weltweit schützen“. Das edeutet, auch vor der eigenen Haustür zu kehren und ine ehrliche Bilanz hinsichtlich der Einhaltung der enschenrechte in Deutschland zu ziehen. Dazu finde ch in Ihrem Antrag aber absolut nichts. as halte ich für unehrlich. Ich möchte heute an einem Beispiel zeigen, dass Sie it Ländern Rückübernahmeabkommen geschlossen ha en, die Menschenrechte zutiefst verletzen, nämlich am eispiel Syrien. Dazu haben wir auch einen Antrag einebracht. Das Rückübernahmeabkommen mit Syrien urde geschlossen, obwohl die Bundesregierung ganz enau weiß, dass dort massive Menschenrechtsverletungen insbesondere gegen die Kurden, die Eziden und egliche politische Opposition stattfinden. In der Regel edeutet das in Syrien Diskriminierung, aber auch Verchleppung, Folter, wie wir wissen, Gefängnis und Tod. ass die Bundesregierung darüber Kenntnis hat, zeigt ich an der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken. Sie haben ein Rückübernahmeabkommen – das ist ein esseres Wort für Abschiebeabkommen – geschlossen, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 985 Ulla Jelpke durch das etwa 8 350 Menschen aus Syrien, die hier keinen regulären Aufenthaltsstatus haben, sowie mindestens 3 000 staatenlose Menschen abgeschoben werden sollen. Das ist wirklich ein Novum, dass man Menschen, die staatenlos sind, in ein Land zurückschickt, von dem man ganz genau weiß, dass sie dort absolut rechtlos sind, dass sie beispielsweise keinen Zugang zu Bildung oder zu den Sozialsystemen haben, dass auch die Kinder keine Bildungschancen haben. Das bestätigt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage, die ich bereits angesprochen habe. Trotzdem ist dieses Abkommen weiterhin in Kraft. Es ist erst wenige Tage her, dass der Menschenrechtler Mustafa Ismail, der syrisch-kurdischer Herkunft ist, in Syrien verschleppt wurde. Es gibt eine entsprechende Pressemitteilung der Gesellschaft für bedrohte Völker, worin aufgerufen wird, Solidarität zu üben. Ich möchte noch zwei weitere Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit nennen, die zeigen, dass Menschen nach ihrer Abschiebung – Abschiebungen gab es auch schon vor dem Rückübernahmeabkommen – an der syrischen Grenze festgenommen wurden. Am 1. September wurde ein Kurde festgenommen. Weil er in Deutschland Asyl beantragt hatten, wurde ihm vorgeworfen, „falsche Informationen über Syrien“ verbreitet zu haben. Im Oktober dieses Jahres wurden eine 55-jährige Witwe und ihre vier Kinder zwischen 19 und 22 Jahren inhaftiert und verhört. Die Bundesregierung sagt dazu, dass es nur eine Befragung über wenige Stunden gegeben habe. Das halte ich für einen absoluten Skandal, da man doch weiß, dass diese Menschen tageund wochenlang inhaftiert werden. Es handelt sich um Menschenrechtsverletzungen vonseiten der syrischen Regierung. Ich möchte noch einige Bemerkungen zu den Staatenlosen machen. In den 60er-Jahren sind durch die Arabisierungspolitik des Baath-Regimes Menschen ausgebürgert worden. In Syrien leben 200 000 staatenlose Kurden und doppelt so viele staatenlose Palästinenser. Wenn die Menschen hier bei uns einen Asylantrag stellen, wird ihnen zum Vorwurf gemacht, dass sie nicht ausreichend bei ihrer Identitätsfeststellung mitwirken, weil sie keine Pässe und keine Ausweisunterlagen besitzen. Deswegen werden ihre Asylanträge häufig abgelehnt. Auch da muss im Asylrecht, was die Menschenrechte betrifft, etwas verändert werden. Man kann nicht so tun, als seien unsere Gesetze vollkommen in Ordnung. Hier bestehen Lücken, und es muss daran gearbeitet werden, ein Asylrecht zu schaffen, das diesen Menschen Schutz vor den Ländern gewährt, die die Menschenrechte verletzen. Frau Jelpke, Sie müssen bitte zum Ende kommen. Ich komme gleich zum Schluss. – Der Höhepunkt ist für mich, dass Syrien – auch das weiß die Bundesregie r t u s e f t S n e s l a ä m v i u w e G d r S S b F L t v C U k i g b d r a (C (D ung – weder die Genfer Flüchtlingskonvention noch inernationale Abkommen zum Schutz von Staatenlosen nterzeichnet hat. Frau Jelpke! Mein allerletzte Punkt: Menschen in ein Land ab chieben zu wollen, das diese Abkommen noch nicht inmal unterzeichnet hat, ist nicht hinzunehmen. Wir ordern einen sofortigen Abschiebestopp und die soforige Aussetzung des Rückübernahmeabkommens mit yrien. Ich danke. Es spricht jetzt Volker Beck für Bündnis 90/Die Grü en. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will inen Gedanken der Kollegin Pfeiffer aufgreifen, die geagt hat, wir sollten uns das vornehmen, was wir tatsächich beeinflussen können, und wir sollten nicht so tun, ls ob wir durch solche Debatten die gesamte Welt verndern könnten. Das halte ich für richtig. Wir sollten auch etwas deütig sein gerade an einem Tag, an dem Deutschland on dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte n Straßburg zu Recht verurteilt wurde. Wir wurden verrteilt, weil das, was wir im Bereich der Sicherheitsverahrung machen, nicht den rechtsstaatlichen Standards ntspricht. Wir haben Menschen aufgrund eines neuen esetzes nachträglich eine zusätzliche Strafe aufgerückt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenechte hat klargestellt, dass Sicherungsverwahrung eine trafe ist. Die Menschenrechte sind auch im Falle von exualstraftätern, Terroristen oder anderen Schwerverrechern zu achten, auch wenn es schwerfällt. An diesen ragen zeigt sich die menschenrechtliche Qualität eines andes. Hier können wir noch einiges dazulernen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701217600

(Beifall bei der LINKEN)

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701217700

(Beifall bei der LINKEN)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701217800
Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701217900
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701218000
Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701218100

(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701218200
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701218300

Frau Steinbach, Sie reden hier immer über die Chris-
enverfolgung. Das ist in der Tat ein wichtiges Thema. In
ielen Ländern werden Christen massiv verfolgt. In
hina ist es die katholische Kirche, die Rom-treu ist. In
sbekistan sind es die Zeugen Jehovas und Evangeli-
ale. Zurzeit sitzen in Usbekistan vier Zeugen Jehovas
m Gefängnis.

Aber was machen wir da, wo wir etwas tun können,
egenüber der usbekischen Regierung? Die Bundesrepu-
lik Deutschland hat sich in der EU dafür eingesetzt,
ass die letzten Embargomaßnahmen, die lediglich Ein-
eiseverbote für Mitglieder der Staatsführung beinhalten,
ufgehoben wurden, weil wir militärpolitische Interes-

986 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

sen in Termes haben. Konkrete Menschenrechtspolitik
misst sich daran, dass sie dort, wo sie Einfluss auf Bezie-
hungen hat, konsistent handelt und dass nicht wie in ei-
nem Wolkenkuckucksheim über das Schlechte in der
Welt geredet wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, ich denke, Sie leisten den
verfolgten Christen in aller Welt einen Bärendienst,
wenn Sie deren Problem als Christenverfolgung und
nicht als Rechte religiös verfolgter Minderheiten be-
zeichnen. Man kann sich nicht in der Türkei dafür ein-
setzen, dass es in Tarsus ein Pilgerzentrum geben soll,
wie es Kardinal Meißner aus Köln zu Recht will – ich
bin sehr dafür –, ohne gleichzeitig über die desolate Si-
tuation der Aleviten und Jesiden in der Türkei zu spre-
chen.


(Erika Steinbach [CDU/CSU]: Richtig! Ja!)


Das ist nicht fair.

Wenn Sie sagen, 80 Prozent der religiös Verfolgten
seien Christen, was sagen Sie dann den Bahai, einer win-
zigen religiösen Minderheit, von denen viele im Iran in
der Vergangenheit bereits ermordet worden sind? Was
soll dieser quantitative Ansatz? Es geht darum, dass je-
der sein Recht auf Religionsfreiheit subjektiv und kol-
lektiv ausüben kann. Dazu gehören übrigens Kirchtürme
wie Minarette gleichermaßen. Die Mehrheit hat nicht
das Recht, die Menschenrechte per Volksabstimmung
oder parlamentarischer Gesetzgebung zu beschneiden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Ansonsten wird Gesetzgebung zu einer Tyrannei der
Mehrheit im Sinne von de Tocqueville. Das wollen wir
nicht. Die Demokratie hat ihre Grenzen im Rahmen der
Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit. Das gilt für
uns und für den Volksgesetzgeber.


(Christoph Strässer [SPD]: Sehr richtig! Guter Mann!)


Wir haben gerade über das Thema „Flüchtlingsschutz
im Falle von Syrien“ gesprochen. Wenn in Deutschland
Syrer – meist sind es kurdische Syrer, die dort verfolgt
werden – vor deutschen Gerichten um Schutz nachsu-
chen und das Asylverfahren abgelehnt wird – Frau
Steinbach, vielleicht lernen Sie etwas dazu; Flüchtlinge
interessieren Sie ja weniger; die Achtung der Menschen-
rechte ist für Sie nur im Ausland interessant –,


(Erika Steinbach [CDU/CSU]: Nein, überhaupt nicht!)


dann wird ihnen das Asylverfahren bei einer Abschie-
bung in die Syrische Republik als Bezichtigung im Sinne
falscher Informationen nach § 287 des syrischen Strafge-
setzbuches vorgehalten, so im September 2009 mit ei-
nem 31-jährigen syrischen Kurden aus Frankfurt am
Main geschehen. Er wurde nach der Abschiebung vom
Geheimdienst in Syrien einbestellt und ist danach ver-
schwunden. Jetzt sitzt er in Haft und ist verurteilt.

s
s
f
H
w
r
s

I
w
S
d
k

W


n

D
w
r

C

D
h
E
s
E
d
e

(C (D Das passiert reihenweise. Man kann angesichts einer olchen Staatspraxis in Syrien doch nicht systematisch agen: Wir schließen mit einem solchen Staat ein Rückührungsabkommen ab. – Da macht man sich doch zum elfershelfer der Schergen in syrischen Gefängnissen, o gefoltert wird, wo es keine rechtsstaatlichen Verfah en gibt und wo bestimmte religiöse, ethnische und prachliche Minderheiten unterdrückt werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


ch denke, da können wir zeigen, dass wir das tun, was
ir beeinflussen können. Wir können die Verhältnisse in
yrien nicht aus den Angeln heben; aber den Menschen,
ie von dort zu uns kommen und des Schutzes bedürfen,
önnen wir helfen und ihnen Schutz gewähren.

Ich möchte Ihnen, weil ja bald Weihnachten ist, –


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701218400

Herr Beck!


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701218500

– angesichts dieser Fragen ein Bibelwort mit auf den

eg geben


(Erika Steinbach [CDU/CSU]: Das ist schön!)


denn Sie reden immer nur über die Christen und dieje-
igen, die Ihnen am nächsten stehen –:

Denn wenn ihr liebet, die euch lieben, was werdet
ihr für Lohn empfangen? Tun nicht dasselbe auch
die Zöllner? Und wenn ihr nur zu euren christlichen
Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes?
Tun nicht dasselbe auch die Heiden?

eshalb: Werden Sie vollkommen, wie es in Matthäus 5
eiter heißt, und bemühen Sie sich um ein vollständige-

es Bild der Menschenrechte!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701218600

Der Nächste ist der Kollege Michael Frieser für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1701218700

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

iese verbundene Debatte soll auch etwas Verbindendes
aben, Herr Kollege Beck. Insofern muss man sagen:
in Credo für die Unteilbarkeit der Menschenrechte
chließt natürlich auch die Tatsache ein, dass wir bis ans
nde dafür kämpfen, dass Sie Ihre Meinung hier äußern
ürfen. Auch wenn sie falsch ist, muss man sie trotzdem
rtragen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht es auch etwas qualifizierter, oder ist das zu viel für euch?)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 987


(A) )



(B) )


Michael Frieser
Ich will in Hinblick auf die Religionsfreiheit nur eines
richtigstellen: Ein Hinweis auf die Tatsache, dass
80 Prozent der Verfolgungen solche von Christen sind,
macht es nicht falsch oder überflüssig, darauf hinzuwei-
sen, dass auch andere Verfolgungen aus Religions- und
Glaubensgründen falsch sind.

Zudem ist es notwendig, Folgendes deutlich zu ma-
chen – das darf ich an dieser Stelle als Abgeordneter aus
Nürnberg, einer Stadt, die sich nicht umsonst Stadt des
Friedens und der Menschenrechte nennt –: Wir müssen
dem Anspruch der Geltung von Menschenrechten im
modernen Verfassungsstaat nicht nur dadurch gerecht
werden – Kollegin Pfeiffer hat darauf hingewiesen –,
dass wir hier gerne darüber reden und dies frei tun; wir
müssen vielmehr auch belegen, dass wir unsere Forde-
rungen in den Institutionen umsetzen und die entspre-
chenden Verfahren durchführen können. Was wir in Be-
zug auf Menschenrechte fordern dürfen, hängt
maßgeblich von unserer Handlungsfähigkeit ab.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der Antrag der CDU/CSU spricht eine deutliche
Sprache, wie wir sie nicht oft genug verwenden kön-
nen. Er richtet sich gegen Todesstrafe, Folter, Sklaverei
und Ausbeutung und spricht sich für den Schutz der
Religions-, Presse- und Meinungsfreiheit aus. Gerade
hier gilt, was ich schon gesagt habe: Wir müssen die Ein-
haltung der Menschenrechte leisten können; wir müssen
Institutionen und Instrumente schaffen, damit wir das,
was wir hier fordern, umsetzen können.

Auch deshalb ist mir die bessere Durchsetzung des
Völkerstrafgesetzbuches ein besonderes Anliegen. Ich
bin froh, dass der Koalitionsvertrag hierauf eingeht. Völ-
kerrecht braucht ein Völkerstrafrecht, um überhaupt
glaubwürdig zu sein und durchgesetzt werden zu kön-
nen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Christoph Strässer [SPD]: Fragen Sie mal, wer das in der letzten Legislaturperiode verhindert hat!)


Darauf muss man eindeutig hinweisen.

Ich möchte nun die ordnungspolitische Sichtweise
einnehmen – auch Kollege Tören hat das schon getan –
und auf die Frage des deutsch-syrischen Rückführungs-
abkommens eingehen. Man muss sagen, dass es keine
Gründe gibt, dieses Abkommen einfach auszusetzen.
Hier geht es nämlich darum – dafür ist das Abkommen
nun einmal da –, gesetzwidrige Zuwanderungen rückgän-
gig zu machen und zu verhindern. Es geht darum – wir
haben es oft genug gehört; man müsste vielleicht einmal
zuhören –, deutlich zu machen, dass das Asylrecht für
alle anderen Fälle genügend Rechtsschutz vorsieht. Das
Bundesinnenministerium und das Bundesamt für Migra-
tion und Flüchtlinge überwachen die Einhaltung und
Durchsetzung der asylrechtlichen Bestimmungen.

Die Bundesländer sind hier die richtigen Ansprech-
partner; wir hatten dieses Thema heute schon. Die In-
nenminister sind tatsächlich in der Lage, einen gemein-
schaftlichen Beschluss umzusetzen und durchzusetzen.
Das zeigt das Beispiel Sri Lankas: Hier hat die Bundes-

r
r
l
h

d
a
k

S

n
z
v
b

E
p
L
M
z

E
Z

d
z
g
Z
a

E
m
f
s
P
d
s
v

m
B
L
d

M
b
w
g

(C (D egierung aus unserer Sicht richtig reagiert; sie hat die ichtigen Entscheidungen getroffen. Es gibt den partielen Abschiebestopp schon seit 2007; auch das haben wir eute schon gehört. Man darf nicht glauben – ich bin der Kollegin Pfeiffer ankbar, dass sie darauf hingewiesen hat –, dass man lle Menschenrechtsverletzungen auf deutschem Boden lären oder heilen kann. Das ist ein Irrweg. An dieser Stelle zitiere ich gerne Karl Kraus, einen atiriker und Schriftsteller: Es gibt Dinge, die sind so falsch, da stimmt noch nicht einmal das Gegenteil. (Beifall bei der CDU/CSU – Heiterkeit der Abg. Erika Steinbach [CDU/CSU])


Hier geht es um genau diesen Denkansatz: Es kann
icht sein, dass die Menschenrechtspolitik eine Pflicht
u einem generellen Individualschutz auf diesem Boden
orsieht. Das würde nämlich zu einem regellosen Blei-
erecht führen.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


in regelloses Bleiberecht würde eine Zuwanderungs-
olitik durch die Hintertür sein. Vielleicht geht es der
inken genau darum, unter dem Deckmäntelchen der
enschenrechte eine bestimmte Zuwanderungspolitik

u verfolgen. Darauf muss man leider hinweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Serkan Tören [FDP])


s ist ein ehrenwertes Anliegen; aber die parteipolitische
ielrichtung ist nun einmal zu erkennen.

Wir müssen deutlich sagen: Es gibt einen ausreichen-
en rechtlichen Rahmen für die Steuerung und Begren-
ung der Zuwanderung. Wir haben das gesetzlich gere-
elt; wir müssen und werden die Gesetze anwenden. Die
uwanderungspraxis in Deutschland ist an dieser Stelle
usreichend ausgestaltet.


(Christoph Strässer [SPD]: Nein!)


s geht um Einzelfälle, die wir anprangern können und
üssen. Natürlich gibt es einen Grund, auf jeden Einzel-

all hinzuweisen, in dem die Todesstrafe droht. Trotzdem
ollten wir nicht den Eindruck erwecken, dass wir alle
robleme lösen können. Ich bitte darum, den Einsatz für
ie Menschenrechte nicht immer mit einem parteipoliti-
chen Kalkül zu verbinden. Das ist mit Sicherheit der
öllig falsche Weg.

Bei den Anträgen der Opposition fällt auf, dass es ko-
ischerweise einen Zusammenhang gibt zwischen den
erichten über Menschenrechtsverletzungen in anderen
ändern und der Tatsache, dass man doch immer wieder
arauf hinweist, dass sie kulturell bedingt seien.


(Christoph Strässer [SPD]: Wer macht das?)


an kann das kulturrelativistische Kritik nennen. Das
edeutet, dass die Kritik immer dann etwas leiser ist,
enn es um Länder geht, wo Menschenrechtsverletzun-
en nicht in das parteipolitische Kalkül hineinpassen.

988 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B)


Michael Frieser
Die Stichworte China, Nordkorea und Kuba sind alle
schon gefallen.


(Christoph Strässer [SPD]: Wissen Sie, wie viele Beschlüsse wir zu China gefasst haben?)


Damit tun wir der Debatte in diesem Land für die Durch-
setzung dessen, was wir in anderen Ländern leisten müs-
sen, keinen Gefallen. Ich glaube, dass es die Menschen
dieser Welt verdient haben, dass wir es mit dem Thema
Menschenrechte ehrlich meinen, dass wir den Einzelfall
betrachten und das tun, was wir tun können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701218800

Der Kollege Burkhard Lischka ist der nächste Redner

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Burkhard Lischka (SPD):
Rede ID: ID1701218900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wäh-

rend ich diese Debatte verfolge, drängt sich mir zwangs-
läufig die Frage auf: Ist es denn so schwer, sich gemein-
sam hinter einem Ziel zu versammeln? Die Einhaltung
der Menschenrechte ist auch in Zukunft die Messlatte
der deutschen Entwicklungspolitik. Darum geht es uns
in unserem Antrag, der heute zur Abstimmung steht.

Wirkt Entwicklungshilfe? Sie wissen, diese Frage
wird teilweise sehr heftig diskutiert. Entwicklungshilfe
wirkt vor allen Dingen dort gut, wo sie zum einen gute
Regierungsführung unterstützen kann und wo sie sich
zum anderen auf gute Regierungsführung stützen kann.
Auf Dauer kann kein Entwicklungsprojekt besser sein
als die Rahmenbedingungen, in die es eingebettet ist.
Wenn Menschenrechte, wenn Freiheitsrechte mit Füßen
getreten werden, dann kann Entwicklungspolitik lang-
fristig nicht zu positiven Ergebnissen führen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Wenn Menschen beispielsweise zum Abbau von Bo-
denschätzen von den Ländereien vertrieben werden, die
ihre Lebensgrundlage bilden, dann kann sich Entwick-
lungspolitik mühen, wie sie will: Sie wird Stückwerk
bleiben. Sie wird nicht nachhaltig dazu beitragen kön-
nen, dass sich die Lebenssituation der Betroffenen ver-
bessert. Erfolgreiche Entwicklungspolitik ist auf mün-
dige Betroffene angewiesen, auf Akteure, die ihre eigene
Entwicklung mitgestalten können; denn solche Akteure
vor Ort wissen am besten, wo angesetzt werden muss,
damit sich ihre Situation verbessert. Weil das so ist, sind
die Menschenrechte auch in der Entwicklungspolitik das
A und O.

Für einen Analphabeten und einen hungernden Men-
schen ist beispielsweise die Pressefreiheit zunächst kein
primäres und existenzielles Grundrecht. Dennoch lässt
sich belegen, dass es in Staaten, in denen es Pressefrei-
heit gibt, seltener zu schweren Hungersnöten kommt.

W
s
z
n
d
u
F

t
T
d
g
s
w
f
z
v
R
l

F
a
g
r
g
s

m
a
c
k
r
S
k
a
v
h
s
g
w
b
n
t
C

d
s
d
d
p
s
i

h
d

(C (D o jede Form öffentlicher Kritik fehlt, haben die Herrchenden nicht zu befürchten, dass sie die Konsequenen für ihr Versagen bei der Verhinderung von Hungersöten tragen müssen. Das ist der Zusammenhang, um en es heute ebenfalls geht. Nach wie vor gilt: Armut nd Verletzung von Menschenrechten sind zwar zwei arben, aber in ein und demselben Bild. Weltweit leiden 3 Milliarden Menschen unter bitterser Armut und müssen mit weniger als 2 US-Dollar pro ag ums Überleben kämpfen. 4 Milliarden Menschen, as sind zwei Drittel der Menschheit, haben keinen Zuang zur Justiz. Zwischen diesen Zahlen bestehen Zuammenhänge: Wer tagtäglich ums Überleben kämpft, er nicht lesen und schreiben kann, dem wird es schwer allen, seine Rechte einzuklagen und sein Leben in Not u überwinden. Andersherum ist Armut häufig die Folge on Diskriminierung, eines ungerechten Zugangs zu essourcen und das Ergebnis einer ungerechten Vertei ung. Insofern ist Armut vielerorts gleichzeitig Ursache und olge von Menschenrechtsverletzungen. Das heißt aber uch: Armut ist kein Schicksal, sondern von Menschen emacht. Sie ist häufig die Folge eklatanter Menschenechtsverletzungen. Dagegen kann man etwas tun. Dageen wollen wir etwas tun. Deshalb haben wir einen entprechenden Antrag vorgelegt. Für uns Sozialdemokraten muss Entwicklungszusamenarbeit deshalb immer wieder versuchen, Auswege us politischer, wirtschaftlicher und sozialer Unterdrükung zu eröffnen. Sie muss dazu dienen, Hunger zu beämpfen, aber auch Ausbeutung und Ressourcenzerstöung. Sie muss Freiheitsund Bürgerrechte unterstützen. ie muss soziale Mindestnormen und soziale Gerechtigeit einfordern. Menschenrechtspolitik bedeutet aber uch, außerhalb der Entwicklungspolitik diese Ziele zu erfolgen. Fortschritte in Entwicklungsländern sind sehr äufig auch von äußeren Faktoren abhängig, wie beipielsweise einer fairen Weltwirtschaft. Hier tragen die roßen Industrieländer eine besondere Verantwortung, eil sie die internationalen Spielregeln maßgeblich estimmen. Entwicklungspartnerschaft darf sich aber icht dann in Wohlgefallen auflösen, wenn die Eigenineressen der Industrieländer tangiert sind. Hier sollten hancengleichheit und Fairness unser Kompass sein. Ich hoffe, dass die Koordinaten dieser Politik nicht urcheinandergeraten, wenn in Zukunft die Außenwirtchaftsförderung nach dem Willen der Koalition stärker as Maß der Dinge auch in der Entwicklungspolitik ist; enn wo Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungsolitik miteinander verquickt werden, da können Menchenrechte sehr schnell ins Hintertreffen geraten. Das st unsere große Sorge. Hinter Erreichtes sollten wir nicht zurückfallen. Desalb appelliere ich an die Bundesregierung, insbesonere an den zuständigen Minister Niebel: Setzen Sie den )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 989


(A) )



(B) )


Burkhard Lischka
Aktionsplan für Menschenrechte, der bis zum Jahr 2010
Gültigkeit hat, ohne Wenn und Aber um und entwickeln
Sie einen Folgeplan! Das sind Sie den vielen Millionen
Menschen, die hungern und unter Menschenrechtsverlet-
zungen leiden, schuldig.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701219000

Sabine Weiss ist die nächste Rednerin für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Sabine Weiss (CDU):
Rede ID: ID1701219100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Anträge
und der Verlauf der Debatte zeigen glücklicherweise im-
mer noch: Das Thema Menschenrechte ist grundsätzlich
unser gemeinsames Thema. Quer durch die Fraktionen
besteht Einigkeit darin: Die Durchsetzung der Men-
schenrechte weltweit ist unsere gemeinsame Aufgabe.
Die verbale Einigkeit stimmt mich hoffnungsvoll, dass
dies auch in der laufenden Legislaturperiode so bleibt.
Von daher will ich nicht polarisieren oder Gräben aufrei-
ßen. Dazu ist dieses Thema viel zu wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Viele der Forderungen in dem SPD-Antrag betrachten
wir in der Tat als gemeinsame Übereinkunft.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hörte sich im Ausschuss aber noch anders an!)


Viele der aufgestellten Forderungen werden in der all-
täglichen Praxis bereits verwirklicht: Stärkung guter Re-
gierungsführung, Stärkung der Eigenverantwortung und
Stärkung der Selbsthilfekräfte der Entwicklungsländer.
Gerade das sind doch die Schlüsselbereiche deutscher
Entwicklungszusammenarbeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die nachhaltige Bekämpfung von Armut und Struk-
turdefiziten im Sinne der Millenniumserklärung der Ver-
einten Nationen steht im Koalitionsvertrag, und der ist
nun einmal die Richtschnur für unser Regierungshan-
deln. Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Opposition, Zweifel am Willen der schwarz-gelben Re-
gierung haben, erinnern Sie sich doch einfach daran: Es
war unsere Kanzlerin Angela Merkel, die nach den Jah-
ren von Rot-Grün das Thema Menschenrechte erstmals
wieder offen und klar in die deutsche Außenpolitik ein-
gebracht hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit der strategischen Partnerschaft in Ihrem Koalitionsvertrag?)


I
s
d

t
T

W
s

k
s
k

D
r
e
d
d

r
s
d

W
E
h
a
g
s
p
g
S
B

D
s
i
t

E
w
w
s
K
D
R

(C (D ch sage es noch einmal: Dieses Thema ist unser gemeinames Thema. Wir müssen uns bei diesem Thema von er SPD aber nicht extra anschieben lassen. Auch die Kolleginnen und Kollegen von der Linken äten meiner Ansicht nach gut daran, sich bei dem hema ein wenig in Demut zu üben. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das sagt die Richtige!)


enn Sie in Antrag und Debatte einen so forschen und
elbstgerechten Ton anschlagen,


(Christoph Strässer [SPD]: Was machen Sie denn gerade? Was ist denn das für ein Ton?)


önnte man mit Blick auf Ihre Parteivergangenheit
chnell zum Bild vom Glashaus und den Steinewerfern
ommen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie Worte Frieden, Freiheit und Menschenrechte aus Ih-
em Munde kämen glaubwürdiger herüber, wenn sie mit
twas mehr Nachdenklichkeit und Selbstreflexion über
ie SED-Vergangenheit Ihrer Partei ausgesprochen wür-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Die universellen freiheitlichen Menschenrechte gehö-
en zu den Grundlagen unserer Zivilisation. Wir wollen
ie in größtmöglicher Einigkeit durchsetzen und vertei-
igen.


(Christoph Strässer [SPD]: Das machen wir gerade!)


ir sollten das Thema auch nicht auf den Bereich der
ntwicklungszusammenarbeit einengen; natürlich ge-
ört es auch da hin. Das fängt bei so klaren Fällen wie
usbeuterischer Kinderarbeit an und geht bis zu dem
roßen Begriff von Good Governance, der alle Bereiche
taatlichen Handelns umfasst. Es schließt aber auch das
rivatwirtschaftliche Engagement ein. Wir wissen, dass
erade das mittelständische Engagement in vielen
chwellen- und Entwicklungsländern für Arbeitsplätze,
ildung und verbesserten Wohlstand sorgt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


amit dies nicht auf Kosten der Menschen vor Ort pas-
iert, wollen wir die Unternehmen unterstützen, die sich
n ihrem Rahmen für bessere und gerechtere Produk-
ionsbedingungen engagieren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Christoph Strässer [SPD]: Was machen Sie denn mit den anderen Ländern?)


ntwicklungsrelevanz ist hier der Schlüsselbegriff. Ent-
icklungszusammenarbeit und Menschenrechte müssen
ir zusammen sehen, und das sieht die Regierung auch

o. Unser Antrag und die entsprechenden Passagen des
oalitionsvertrages zeigen dies ganz klar und deutlich.
er Antrag der Opposition reflektiert eher die letzten
egierungsjahre der Sozialdemokraten, ein rotes Best-

990 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Sabine Weiss (Wesel I)

of. Aber das Thema ist umfassender. Deshalb haben wir
unseren Antrag wesentlich breiter angelegt. Nach meiner
Auffassung schließen wir damit das Anliegen des SPD-
Antrages ein, stellen das Ganze aber in einen größeren
Zusammenhang.

Die Menschenrechte gehören weltweit geschützt,
nicht aber eng fokussiert auf die Entwicklungszusam-
menarbeit. Uns geht es – das ist angeklungen – unter an-
derem um die Todesstrafe, und zwar überall, in den USA
genauso wie in China oder im Iran. Uns geht es um den
Schutz von Kindern, Frauen und Homosexuellen. Über
Zwangsverheiratung, Genitalverstümmelung und Todes-
strafe für Homosexuelle wie im Iran oder möglicherweise
bald in Uganda dürfen wir nicht als Frage der kulturellen
Identität diskutieren und es damit einfach hinnehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Thomas Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Uns geht es um elementare Freiheitsrechte, Religions-
freiheit, Presse- und Meinungsfreiheit, Schutz vor Dis-
kriminierungen. Da blicken wir kritisch in alle Richtun-
gen: nach Guantánamo genauso wie nach Kuba. Wir
befürworten den Bau von Moscheen und Hindutempeln
in unserem Land. Aber wir wollen auch, dass christliche
Kirchen überall auf der Welt ohne Angst errichtet wer-
den können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Thomas Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Minarette!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir,
einen Aspekt zu nennen, der mir persönlich sehr wichtig
ist. Wir fordern zu Recht Good Governance von den in-
ternationalen Partnern, die von uns Hilfe und Unterstüt-
zung erwarten. Wir wenden uns zu Recht gegen Teppi-
che, an denen das Blut von unzähligen Kinderhänden
klebt, um es einmal plastisch auszudrücken. Wir fordern
zu Recht, dass Menschenhandel, Sklaverei und Ausbeu-
tung geächtet werden. Ich selbst habe als Anwältin etli-
che Prozesse zum Thema Menschenhandel geführt und
dabei mitbekommen, dass es überhaupt nicht ausreicht,
mit dem Finger ins Ausland zu zeigen und dort nach
staatlichen und wirtschaftlichen Verbesserungen zu ru-
fen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Teppiche, an denen Blut klebt, die Grabsteine aus
Sklavenarbeit und die verschleppte, zur Prostitution ge-
zwungene Frau zum Beispiel aus Fernost haben eines
gemeinsam: Es gäbe sie nicht, wenn es hier nicht auch
den Markt und die Käufer gäbe.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Da wird der Schutz der Menschenrechte weltweit zu ei-
nem Problem ganz nah. Da müssen wir mentale Ent-
wicklungshilfe im eigenen Land betreiben. Auch dies
gehört zum Thema dazu.

b
D
T
d
f
W
m
t

A
M
z

P
H
m

B
g

D

d
1
s
D

A
z

s
s
d
a
l
B
t
g
S
L
L

A
z
d
A
D
D
s
d
e

(C (D Am 10. Dezember wurde der Tag der Menschenrechte egangen. Aus diesem Anlass nehmen wir uns Gott sei ank die Zeit, im Deutschen Bundestag über dieses hema zu diskutieren. Die Regierungsfraktionen haben azu einen Antrag gestellt, der ebenso deutlich wie umassend die Position markiert, mit der Deutschland in der eltgemeinschaft sowohl in der Entwicklungszusamenarbeit als auch darüber hinaus in allen anderen Poli ikfeldern auftreten und handeln will. Von daher werbe ich um Zustimmung zu unserem ntrag. Mehr noch werbe ich aber um Ihre Hilfe, Ihren ut und Ihren Einsatz, wenn es um die konkrete Umset ung geht. Schönen Dank. Liebe Frau Weiss, das war Ihre erste Rede hier im lenum. Dazu gratulieren wir Ihnen, verbunden mit dem inweis, dass wir die Redezeit normalerweise einigeraßen einhalten. eim zweiten Mal wird Ihnen das sicher besser gelinen. Alles Gute für Ihre Arbeit hier! amit schließe ich die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 17/257, 17/236, 17/237, 17/68 und 7/157 an die in der Tagesordnung aufgeführten Auschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie einverstanden. ann ist die Überweisung so beschlossen. Tagesordnungspunkt 9 f. Beschlussempfehlung des usschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe u dem Antrag der Fraktion der SPD mit dem Titel Menschenrechte als entwicklungspolitische Querchnittsaufgabe fortführen“. Der Ausschuss empfiehlt in einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/272, en Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/107 bzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die eschlussempfehlung bei Zustimmung durch die Frak ionen der CDU/CSU und der FDP angenommen. Dageen haben die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die PD-Fraktion und einige Mitglieder der Fraktion Die inke gestimmt; andere Mitglieder der Fraktion Die inke haben sich enthalten. Tagesordnungspunkt 9 g. Beschlussempfehlung des usschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe u dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit em Titel „Menschenrechte in Sri Lanka stärken“. Der usschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 17/273, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen auf Drucksache 17/124 abzulehnen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussmpfehlung bei Zustimmung durch die Koalitionsfrak Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 991 Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt tionen und Ablehnung durch die Oppositionsfraktionen angenommen. Ich komme jetzt zurück zu den Gremienwahlen und gebe Ihnen die Ergebnisse bekannt. Zunächst zur Wahl der Mitglieder des Wahlausschusses gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht: Abgegebene Stimmen 589, gültige Stimmen 586, Enthaltungen 1, ungültige Stimmen 3. Auf den Wahlvorschlag der Fraktion der CDU/CSU entfielen 230 Stimmen, auf den der Fraktion der SPD 132 Stimmen, auf den der Fraktion der FDP 92, auf den der Fraktion Die Linke 67 und auf den der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen 64 Stimmen.1)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701219200

(Heiterkeit)


(Beifall)


(A) )


(B) )


Ich komme zur Wahl der Mitglieder des Richterwahl-
ausschusses gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes: Abge-
gebene Stimmen 584, gültige Stimmen 583, Enthaltun-
gen 1, ungültige Stimmen 1. Von den gültigen Stimmen
entfielen auf die Wahlvorschläge der Fraktion der CDU/
CSU 229 Stimmen, auf die der Fraktion der SPD
132 Stimmen, auf die der Fraktion der FDP 90, auf die
der Fraktion Die Linke 67 und auf die der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen 64 Stimmen.2)

Bei der Wahl des Vertrauensgremiums gemäß § 10 a
Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung sind 587 Stimmkar-
ten abgegeben worden. Gültig waren 587. Von den gülti-
gen Stimmen entfielen auf den Abgeordneten Norbert
Barthle 480 Stimmen, auf den Abgeordneten Herbert
Frankenhauser 480 Stimmen, auf den Abgeordneten Jürgen
Herrmann 473 Stimmen, auf den Abgeordneten Klaus-
Peter Willsch 478 Stimmen, auf die Abgeordnete Petra
Merkel 497 Stimmen, auf den Abgeordneten Carsten
Schneider 506 Stimmen, auf den Abgeordneten Christian
Ahrendt 491 Stimmen, auf den Abgeordneten Heinz-
Peter Haustein 502 Stimmen, auf den Abgeordneten
Steffen Bockhahn 388 Stimmen und auf den Abgeordne-
ten Alexander Bonde 483 Stimmen. Ich gratuliere an die-
ser Stelle insbesondere dem Kollegen Haustein.3)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zur Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß § 3 des
Bundesschuldenwesengesetzes. Abgegebene Stimmkar-
ten 587, davon gültig 587. 2 Enthaltungen hat es gegeben.
Von den gültigen Stimmen entfielen auf den Abgeordne-
ten Norbert Barthle 480, auf den Abgeordneten Norbert
Brackmann 472, auf den Abgeordneten Alexander Funk
468, auf den Abgeordneten Bartholomäus Kalb 484, auf
den Abgeordneten Johannes Kahrs 462, auf den Abge-
ordneten Carsten Schneider 499, auf den Abgeordneten
Otto Fricke 503, auf den Abgeordneten Joachim Spatz
484, auf die Abgeordnete Dr. Gesine Lötzsch 414 und auf
den Abgeordneten Alexander Bonde 484 Stimmen.4)

Ich habe offenbar vergessen, etwas zu verlesen; das
muss ich gerade noch nachholen. Ich muss noch verkün-

d
a
5
F
1
1
d
W
N
G
b

s
e
C
d
L
G
s
R
v
d
d

b
s

L

M
d
g
K
k
D
h
f
s
J
t
k
a

1) Namensverzeichnis der Teilnehmer an der Wahl siehe Anlage 8
2) Namensverzeichnis der Teilnehmer an der Wahl siehe Anlage 9
3) Namensverzeichnis der Teilnehmer an der Wahl siehe Anlage 10
4) Namensverzeichnis der Teilnehmer an der Wahl siehe Anlage 11

(C (D en, dass nach dem Höchstzahlverfahren von d’Hondt uf den Wahlvorschlag der Fraktion der CDU/CSU Mitglieder, der Fraktion der SPD 3 Mitglieder, der raktion der FDP 2 Mitglieder, der Fraktion Die Linke Mitglied und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Mitglied entfallen. Nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes über as Bundesverfassungsgericht sind die Mitglieder des ahlausschusses in der Reihenfolge gewählt, in der ihr ame auf dem Wahlvorschlag erscheint. Die Namen der ewählten entnehmen Sie bitte den Drucksachen 17/214 is 17/218. Jetzt komme ich noch einmal zum Richterwahlauschuss; da fehlte die gleiche Verkündung. Nach d’Hondt ntfallen auf den Wahlvorschlag der Fraktion der CDU/ SU 7 Mitglieder, der Fraktion der SPD 4 Mitglieder, er Fraktion der FDP 2 Mitglieder, der Fraktion Die inke 2 Mitglieder und der Fraktion Bündnis 90/Die rünen 1 Mitglied. Nach § 5 Abs. 2 des Richterwahlge etzes sind die Mitglieder und ihre Stellvertreter in der eihenfolge gewählt, in der ihre Namen auf den Wahlorschlägen erscheinen. Hier entnehmen Sie die Namen er gewählten Mitglieder und deren Stellvertreter bitte en Drucksachen 17/219 bis 17/223. Jetzt komme ich zu Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales Diana Golze, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Anhebung und bedarfsgerechte Ermittlung der Kinderregelsätze – Drucksachen 17/23, 17/204 – Berichterstattung: Abgeordneter Sebastian Blumenthal Es ist verabredet, hierüber eine halbe Stunde zu deattieren. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist o beschlossen. Ich gebe als Erstem dem Kollegen Dr. Carsten innemann für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich möchte iesem Antrag, in dem es um die Kinderregelsätze geht, leich den Wind aus den Segeln nehmen. Wenn wir über inder reden, reden wir über ein Thema, das für die Zuunft dieses Landes von überragender Bedeutung ist. eshalb sollten wir sachlich reden. Zur Sachlichkeit geört aber, darauf hinzuweisen, dass sich das Bundesverassungsgericht in diesen Tagen mit der Frage der Regelätze beschäftigt. Wir erwarten jetzt für Anfang des ahres ein Urteil vom Bundesverfassungsgericht. Im Okober gab es schon eine Anhörung. Bei dieser Anhörung am heraus – ich habe das zumindest so verstanden; uch zwischen den Zeilen –, dass das Bundesverfas 992 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Dr. Carsten Linnemann sungsgericht die Regelsatzbemessung überprüft. Diese Überprüfung sollten wir abwarten. Es macht keinen Sinn, jetzt über Kommissionen zu debattieren, wenn wir gar nicht wissen, welche Vorgaben es gibt. Deshalb werden wir, die CDU/CSU-Fraktion, diesen Antrag der Fraktion Die Linke schlicht und einfach ablehnen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Heinz Lanfermann [FDP])


(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Carsten Linnemann (CDU):
Rede ID: ID1701219300

(A) )


(B) )


Lassen Sie mich an dieser Stelle gerne auch eine
grundsätzliche Bemerkung zu diesem Thema machen.
Wenn Sie das Thema Kinderregelsätze ansprechen, geht
es natürlich auch um das Kernproblem Kinderarmut in
Deutschland.


(Diana Golze [DIE LINKE]: Gut erkannt!)


Wenn wir über Kinderarmut reden, dann heißt das für
uns, für die Christlich Demokratische Union, nicht nur
Kinderarmut im finanziellen Sinne, sondern auch im
nichtfinanziellen Sinne: die Nichtteilhabe an der Gesell-
schaft, das Ausgeschlossensein, das Nicht-partizipieren-
Können. Dieses Problem gehen wir an und müssen wir
angehen.

Wir wissen aus wissenschaftlichen Studien, dass die
Eltern dieser Kinder oftmals von Leistungen nach dem
SGB II leben. Ich will Ihnen nur einmal eine Zahl „vor
die Füße werfen“: Rund 50 Prozent der Kinder, deren El-
tern von Leistungen nach dem SGB II leben, befinden
sich in Kinderarmut oder sind von Kinderarmut bedroht,
während es nur – ich bitte, das „nur“ in ganz große An-
führungsstriche zu setzen – 8 Prozent der Kinder sind,
bei denen zumindest ein Elternteil in Vollzeit arbeitet.
Das heißt, der Schlüssel liegt vor allem bei den Eltern.
Wir müssen versuchen, die Betroffenen wieder in Arbeit
zu bringen, damit wir aus dieser Situation herauskom-
men.


(Beifall bei der CDU/CSU – Anette Kramme [SPD]: Deshalb: Mindestlöhne! – Katrin Kunert [DIE LINKE]: Das versuchen Sie doch schon seit Jahren!)


Ich sage Ihnen jetzt auch noch etwas ganz offen und
ohne Parteipolitik:


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sie sind doch Parteipolitiker!)


Wir müssen uns noch stärker als bisher um die spezifi-
schen Probleme dieser Arbeitslosen kümmern, und das
werden wir auch tun. Frau von der Leyen war im Aus-
schuss, und wir haben mit ihr gesprochen. Sie wird uns
dabei unterstützen.

Es gibt Probleme, beispielsweise bei den Alleinerzie-
henden. Rund 40 Prozent der Alleinerziehenden bezie-
hen Leistungen nach dem SBG II. Das sind zu viele.
Dieses Problem müssen wir angehen – das hat Frau von
der Leyen erkannt, und das hat auch unsere Fraktion er-
kannt –,


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir schon lange erkannt!)


d
w
u

O

K
s
L
K
w

D
b
e

I
s
d
K

Ü
s
s
w
S
r
V
i
n

w
G
M
s
S
g
t
r
v
e

E
D
d
H
r

(C (D as werden wir auch verlässlich und konsequent tun. Wir ürden uns freuen, wenn Sie uns mit Beiträgen dabei nterstützen würden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Die nächste Rednerin ist die Kollegin Gabriele Hiller hm für die SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die inderregelsätze müssen neu bemessen werden. Da timmen wir Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der inken, zu. Es ist nicht in Ordnung, dass die Bedarfe für inder pauschal von denen eines alleinlebenden Erachsenen abgeleitet werden. ies haben wir schon in der letzten Legislaturperiode emängelt, und wir haben das Ministerium aufgefordert, ine bessere Lösung vorzulegen. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Daraus ist aber nichts geworden!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701219400

(Beifall bei der SPD)

Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1701219500

(Beifall bei der LINKEN)


ch erinnere an die Anhörung vom 16. Juni 2008 zu die-
em Thema. Die Experten waren sich durchweg einig,
ass wir eine genauere Bemessungsgrundlage für die
inderregelsätze benötigen.

Wie aber sollte diese aussehen? Es gab eine große
bereinstimmung, die Einkommens- und Verbrauchs-

tichprobe, die für die Ermittlung der Erwachsenenregel-
ätze zugrunde gelegt wird, auch bei den Kindern anzu-
enden. Das ist der richtige Ansatz, wenn man in der
ystematik der bisherigen Bemessung der Grundsiche-
ung bleiben will. Leider wird die Einkommens- und
erbrauchsstichprobe nur alle fünf Jahre erhoben. Das

st ein zu langer Zeitraum. Auch darin waren wir uns ei-
ig. Die letzte Erhebung stammt aus dem Jahr 2003.

Wir haben das Ministerium gebeten, trotzdem probe-
eise eine Neubemessung der Kinderregelsätze auf
rundlage der vorhandenen Daten durchzuführen. Das
inisterium hat das hinbekommen und die Kinderregel-

ätze auf Grundlage einer EVS-Sonderauswertung des
tatistischen Bundesamtes neu berechnet. Da es bei eini-
en Verbrauchspositionen, zum Beispiel bei Lebensmit-
eln, schwierig ist, den genauen Kindsbedarf herauszu-
echnen, wurden die Ausgaben für Kinder mittels eines
on Wissenschaftlern entwickelten Verteilungsschlüssels
rmittelt.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber passiert ist nichts!)


s stellte sich heraus, dass nachjustiert werden musste.
ie Kinderregelsätze wurden erhöht, und es wurde eine
ritte Altersstufe für die 6- bis 13-jährigen eingefügt.
iervon haben rund 810 000 Kinder in der Grundsiche-

ung und 13 000 Kinder in der Sozialhilfe profitiert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 993


(A) )



(B) )


Gabriele Hiller-Ohm

(Beifall bei der SPD – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Sagen Sie doch mal konkret die Summe, um die erhöht wurde!)


Auf unseren Druck wurde in der Großen Koalition auch
das Schulbedarfspaket von 100 Euro pro Schuljahr bis
zum Abitur für Schülerinnen und Schüler aus hilfsbe-
dürftigen Familien auf den Weg gebracht.


(Beifall bei der SPD)


Ein weiterer wichtiger Schritt unter Schwarz-Rot war
die Erhöhung und Neuberechnung des Wohngeldes. In
Kombination mit dem Kinderzuschlag haben wir für
viele Familien eine Besserstellung erreicht.

Wenn wir uns darauf verständigen, dass die Einkom-
mens- und Verbrauchsstichprobe langfristig Grundlage
für die Bemessung der Kinderregelsätze sein soll, dann
müssen wir Druck auf die neue Regierung machen, dass
erstens der Erhebungszeitraum für die EVS verkürzt,
zweitens der tatsächliche Verbrauch für Kinder genauer
erfasst und drittens die nötige Transparenz bei der Be-
wertung von Verbrauchspositionen geschaffen werden.
Auch die Wiedereinführung von Einmalhilfen für beson-
dere Bedarfe sollte aus meiner Sicht geprüft werden.


(Beifall bei der SPD)

Dass wir dafür tatsächlich eine Kommission benötigen,
wie Sie sie fordern, liebe Kolleginnen und Kollegen der
Linken, glaube ich eher nicht. Wer sollte diese Kommis-
sion einsetzen? Wie groß sollte sie sein? Wer sollte die-
ser Kommission angehören?


(Diana Golze [DIE LINKE]: Lassen Sie uns doch darüber reden!)


Im Übrigen – darauf hat auch der Kollege von der CDU/
CSU schon hingewiesen – wird voraussichtlich schon im
Januar oder Februar das Bundesverfassungsgericht über
die Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze und auch über
die Bedarfsermittlung für Kinder urteilen. Wir sollten
dieses wichtige Urteil abwarten.

Angemessene Kinderregelsätze sind das eine. Ebenso
wichtig ist es aber auch, die Infrastruktur für Kinder in
Deutschland insgesamt zu verbessern. Liebe Kollegin-
nen und Kollegen der Linken, Sie zitieren in Ihrem An-
trag einen Bundesratsbeschluss vom 7. November 2008.
Die Länder fordern die Bundesregierung hierin auf, die
Regelleistungen für Kinder neu zu bemessen und auch
die Mittagsverpflegung an Ganztagsschulen und das Bil-
dungs- und Betreuungsangebot am Nachmittag bei den
Regelsätzen zu berücksichtigen. Wenn ich ein Bundes-
land wäre, würde ich es vielleicht genauso machen.
Denn so kann man bequem die eigene finanzielle Verant-
wortung an andere weiterreichen. Das sollten wir den
Ländern nicht durchgehen lassen.


(Beifall bei der SPD – Diana Golze [DIE LINKE]: Da waren auch SPD-geführte Länder dabei!)


Richtig ist aber auch, dass die Länder und Kommunen
die erforderliche Finanzausstattung benötigen, um ihren
Verpflichtungen nachkommen zu können. Ich komme
aus Schleswig-Holstein, einem wunderschönen, aber lei-
der auch bettelarmen Bundesland. Hier hat die Landesre-

g
k
S
d

H
s
s
b
d

w
w
g
S
p
S
a
B

W
n
B
W
i

i
A
f
e
m
n
n
w
b
u
k
W
B
D
d
s
m

w
d
r
d
g
F
V
w

(C (D ierung aus CDU und FDP erkannt, was die Steuersenungspläne ihrer Parteikollegen auf Bundesebene für chleswig-Holstein und die anderen Bundesländer beeuten. Es ist ganz richtig, dass sich Ministerpräsident Peter arry Carstensen mit aller Macht gegen diese Pläne temmt. 4 Milliarden Euro werden die Länder durch diees kontraproduktive Gesetz weniger in der Kasse haen. Dieses Geld fehlt für die Kinder, und vor allem für ie Kinder, die am wenigsten haben. Eines ist klar: Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ird dazu führen, dass die Schulden beschleunigt weiter achsen. Haushaltskonsolidierung wird so unmöglich emacht, aber die Schuldenbremse steht als riesiges chuldenstoppschild im Grundgesetz. Lieber Ministerräsident Peter Harry Carstensen aus meinem schönen chleswig-Holstein, lassen Sie sich Ihren Schneid nicht bkaufen! Bleiben Sie stark, und sagen Sie morgen im undesrat Nein zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz! (Beifall bei der SPD und der LINKEN – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das könnte euch so passen!)


(Beifall bei der SPD)


ir haben das im Bundestag übrigens schon getan; denn
atürlich wird es dem Bund nicht besser als den armen
undesländern ergehen. Ab 2010 kostet das sogenannte
achstumsbeschleunigungsgesetz den Staat jedes Jahr

nsgesamt rund 8,5 Milliarden Euro.

Eine Erhöhung der Regelsätze wird kommen; da bin
ch mir sicher. Aber auch diese hat natürlich ihren Preis.
llein der Vorschlag des Paritätischen Gesamtverbandes

ür die Kinderregelsätze würde nach eigenen Angaben
twa 3 Milliarden Euro kosten. Das Institut für Arbeits-
arkt- und Berufsforschung hat darüber hinaus berech-

et, dass eine Erhöhung der Regelleistung bei Erwachse-
en von 358 auf 420 Euro den Bundeshaushalt mit
eiteren rund 10 Milliarden Euro belasten würde. Ich
in gespannt, wie die schwarz-gelbe Regierung im Bund
nd wie die Länder ihrer sozialen Verpflichtung nach-
ommen wollen. Nach der Landtagswahl in Nordrhein-
estfalen werden wir schlauer sein; denn dann wird die
undesregierung ihre Einsparkarten auf den Tisch legen.
ie SPD-Fraktion wird sehr genau, aber auch sehr genau
arauf achten, dass nicht die Armen in unserer Gesell-
chaft und erst recht nicht die Kinder diese Zeche zahlen
üssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, auch wir
ollen, dass es wirksame, rechtssichere und eigenstän-
ige Kinderregelsätze in Deutschland gibt. Die Forde-
ungen in Ihrem Antrag teilen wir aber nicht. Wir halten
ie Einsetzung einer Kommission und Ihre vorgeschla-
ene Zwischenlösung für nicht zielführend. Die SPD-
raktion wird Anfang nächsten Jahres einen eigenen
orschlag auf den Tisch legen, der so überzeugend sein
ird, dass dann alle zustimmen können.


(Beifall bei der SPD – Diana Golze [DIE LINKE]: Da sind wir aber gespannt! – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das ist ja ganz was Neues!)


994 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701219600

Reiner Deutschmann hat das Wort für die FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP)



Reiner Deutschmann (FDP):
Rede ID: ID1701219700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Die Kinder sind die Zukunft unseres
Landes. So einfach diese Feststellung ist, so bildet sie
doch die Grundlage unserer Diskussion. Wir alle wollen
– ich denke, darüber herrscht Konsens –, dass unsere
Kinder sorgenfrei und gut aufwachsen. Da dies nicht in
allen Fällen gewährleistet ist, haben wir ein soziales
Netz geschaffen. Gerade wenn es um Kinder geht, soll-
ten wir an uns selbst hohe Anforderungen stellen.


(Beifall bei der FDP)


Wir sollten uns die Zeit nehmen, eine Regelung zu fin-
den, die bedürftigen Kindern eine ausreichende Unter-
stützung zukommen lässt. Wir sollten eine Regelung fin-
den, die einer verfassungsrechtlichen Überprüfung
standhält.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es ratsam ist,
einen Sachverhalt auch einmal etwas aus der Distanz zu
betrachten. Wenn man Deutschland aus der Entfernung
betrachtet, dann findet man ein Land vor, das ein Netz
der sozialen Absicherung aufweist, welches wir nur in
sehr wenigen Ländern dieser Welt vorfinden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Unsere soziale Marktwirtschaft vereint marktwirtschaft-
liche Mechanismen mit dem Sozialstaat. Ein Blick in
den jeweiligen Bundeshaushalt zeigt die Intensität der
sozialen Fürsorge unseres Staates. Nicht umsonst ist der
Sozialetat der mit Abstand größte Haushaltsposten. Ich
finde, dies sollte man wertschätzen, anstatt sich immer
nur im Klein-Klein populistischer Kritik zu verlieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Gerade deshalb bekennt sich die FDP-Bundestags-
fraktion ohne Wenn und Aber zur sozialen Marktwirt-
schaft. In unseren Augen gibt es hierzu keine Alterna-
tive.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: „Sozial“ haben Sie doch schon gestrichen!)


Das schließt aber nicht aus, dass bestimmte Regularien
verbesserungswürdig sind. Das Bundesverfassungsge-
richt hat uns in der mündlichen Verhandlung vom
20. Oktober 2009 deutlich gemacht, dass wir einen Feh-
ler beseitigen müssen. Schon das Bundessozialgericht
hatte in der Vorinstanz die pauschalierte Berechnung der
Kinderregelsätze gerügt. Diese Feststellung hat die FDP
begrüßt. Klar ist, dass die prozentuale Ableitung des Re-
gelsatzes für Kinder vom Satz des Erwachsenen von An-
fang an nicht den Anforderungen an eine Bedarfsermitt-
lung entsprach.

W
s

d
H
d
d
e
G
b
k

z

B
m
w
w
m
b
v
d

D
d
s
e

r
b
D
E
E
d
s

P
2
a
L
g
r
B
e
S
z
M
m

(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wer hat das denn so beschlossen?)


ir Liberale haben schon immer die Ermittlung des tat-
ächlichen Bedarfs für zwingend erforderlich gehalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nicht
as erste Mal, dass sich der Deutsche Bundestag mit der
öhe der Hartz-IV-Regelsätze befasst. Es ist auch nicht
as erste Mal, dass wir auf eine Entscheidung des Bun-
esverfassungsgerichts warten. Es ist auch nicht das
rste Mal, dass die Linken als selbsterklärtes soziales
ewissen dieses Landes mit einem Antrag vorpreschen,
evor überhaupt klar ist, was der Deutsche Bundestag
onkret unternehmen kann und muss.


(Diana Golze [DIE LINKE]: Sie warten wieder, bis Sie müssen!)


Dabei krankt der Antrag der Linken an mindestens
wei sehr grundlegenden Problemen.

Erstens ist überhaupt nicht klar, welche Vorgaben das
undesverfassungsgericht dem Gesetzgeber, also uns,
achen wird. Das Urteil wird im ersten Quartal 2010 er-
artet. Vorher wissen wir schlicht und ergreifend nicht,
ie die Kinderregelsätze zukünftig berechnet werden
üssen. Allein das Gebot einer effizienten Gesetzge-

ung erfordert von uns, dass wir das Urteil des Bundes-
erfassungsgerichts zunächst einmal abwarten und dann
ie Konsequenzen daraus ziehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ie Linke fordert zuerst Konsequenzen und wartet dann
ie tatsächliche Rechtslage ab. So kann und so wird Ge-
etzgebung mit uns nicht funktionieren, meine sehr ver-
hrten Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweitens basiert die geforderte Erhöhung auf den Be-
echnungen des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsver-
ands – Gesamtverband. Grundlage sind aber veraltete
aten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe,
VS, von 2003. Wir meinen, dass wir die Ergebnisse der
VS 2008 abwarten sollten, die 2010 veröffentlicht wer-
en. Auf dieser Basis ließe sich der Bedarf von Kindern
icherlich weitaus präziser berechnen.

Darüber hinaus berücksichtigt die Berechnung des
aritätischen Wohlfahrtsverbandes für den Zeitraum von
005 bis 2008 eine Erhöhung des Regelsatzes, die sich
n der allgemeinen Preisentwicklung orientiert. Renten,
öhne und Gehälter orientieren sich dagegen an der all-
emeinen Lohnentwicklung. Diese bleibt aber seit Jah-
en hinter der Preisentwicklung zurück. Damit würde die
erechnung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zu
iner Ungleichbehandlung in unserem Lande führen. Ein
olidarsystem lebt aber essenziell davon, dass es gerecht
ugeht. Solidarität ist keine Einbahnstraße. Sie ist den
enschen nur vermittelbar, wenn sie transparent, ange-
essen und gerecht erfolgt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 995


(A) )



(B) )


Reiner Deutschmann
Das ist der Kitt der Solidarität, den wir nicht vernachläs-
sigen sollten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will noch kurz
zwei Anmerkungen zum Antrag der Fraktion Die Linke
machen. Wir sollten uns fragen, wer die Berechnung des
Kinderregelsatzes zukünftig durchführen sollte. Die
Fraktion Die Linke orientiert sich in ihrem Antrag an den
Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Bei
aller Wertschätzung der Leistungen des Paritätischen:
Auch bei ihm handelt sich um eine Interessenvereini-
gung, die ganz bestimmte Partikularinteressen vertritt.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Wir Liberale finden, dass die Berechnung der Kinderre-
gelsätze neutralen Stellen überlassen bleiben sollte.

Die veraltete Datenlage und die noch nicht bekannten
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts lassen auch
die von den Linken geforderte umgehende Einrichtung
einer Kommission zur Bedarfsermittlung als Schnell-
schuss erscheinen. Auch hier gilt es, zunächst die Rah-
menbedingungen zu kennen, bevor wir ein Expertengre-
mium zu einer teuren, aber letztlich nicht zielführenden
Selbstbefassung veranlassen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linkspar-
tei, Ihr Antrag gleicht einem Scheinriesen. Auf den ers-
ten Blick erscheint er mächtig und groß,


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


aber auf den zweiten, näheren Blick zeigt sich, wie klein
er wirklich ist,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


dass er mit heißer Nadel gestrickt wurde und einer soli-
den Grundlage entbehrt. Unsere Fraktion wird diesen
Antrag ablehnen.

Danke.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701219800

Lieber Herr Deutschmann, das war Ihre erste Rede

hier im Haus – mit perfektem Zeitmanagement. Herzli-
chen Glückwunsch dazu und viel Erfolg weiterhin!


(Beifall)


Jetzt gebe ich das Wort der Kollegin Diana Golze für
die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Diana Golze (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701219900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Im Adventskalender meiner Kinder
waren vier Türchen geöffnet, als die schwarz-gelbe
Mehrheit in diesem Hause das sogenannte Wachstums-
beschleunigungsgesetz verabschiedet hat, das hier
schon mehrfach zur Sprache gekommen ist. Unter an-

d
s
f
m
T
M
r
D
U
w

d
L
m
m
S
d
s

I
i
3
n
e
e

S

G
d

s
a
o
s
m
d
g
B
i
a
Z

d
w
r
B

(C (D erem – auch das wurde schon gesagt – hat dieses Geetz zur Folge, dass zum Beispiel ich durch den Kinderreibetrag für jedes meiner beiden Kinder bis zu 37 Euro ehr bekommen kann, dass meine Mitarbeiterin für ihre ochter 20 Euro mehr Kindergeld bekommt, dass aber illionen von Kindern in diesem Land von der Regie ung zu Weihnachten gar nichts geschenkt bekommen. iese Kinder sind auf den Kinderregelsatz oder auf den nterhaltsvorschuss angewiesen. Auf beide Leistungen ird das Kindergeld voll angerechnet. Den Regierenden fällt nun nichts Besseres ein, als iesen Kindern zu erklären – ich zitiere – „dass sich eistung in dieser Nation, in Deutschland, wieder lohnen uss“ und dass eine „steuerliche Entlastung … von Failien nach dem Leistungsprinzip der richtige Weg“ ist. o begründete es der Redner Dr. Hans Michelbach für ie CDU/CSU-Fraktion in der Debatte über dieses Geetz. ch frage: Wer gibt ihnen das Recht, zu sagen: „Kinder, hr habt einfach die falschen Eltern. Ihr müsst von Euro am Tag satt werden, und das Spielzeug zu Weih achten könnt ihr euch auch nicht kaufen, weil dafür nun inmal nur 62 Cent im Monat vorgesehen sind. Ihr habt infach Pech gehabt.“? Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ozialgesetzbuch I beginnt mit den Worten: Das Recht des Sozialgesetzbuches soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen gestalten. Es soll dazu beitragen, … gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen zu schaffen … und besondere Belastungen des Lebens … abzuwenden oder auszugleichen. enau das leistet der derzeit geltende Regelsatz für Kiner nicht. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Die Regelätze für Kinder müssen sich am Leben von Kindern und n deren Bedürfnisse ausrichten. Sie dürfen nicht 60, 70 der 80 Prozent eines schon ohnehin zu geringen Regelatzes für Erwachsene betragen. Sie müssen sich vielehr auf den Bedarf der Kinder beziehen. Genau das hat er Paritätische Wohlfahrtsverband in seiner Expertise emacht. Ich zeige sie Ihnen noch einmal, weil ich die efürchtung habe, dass einige in diesem Haus sie noch mmer nicht kennen. Ich bitte Sie, sie sich einmal genau nzuschauen. Es sind belastbare und nachvollziehbare ahlen. Nun haben Sie im Ausschuss – das gilt auch für alle rei Vorrednerinnen und Vorredner – deutlich gemacht, arum Sie unseren Antrag ablehnen wollen. Unter ande em wurde argumentiert, dass Sie erst das Urteil des undesverfassungsgerichts im nächsten Jahr abwarten 996 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Diana Golze wollen, bevor Sie eventuell eine Änderung bei den Kinderregelsätzen vornehmen. Schließlich könne es ja sein, dass das Gericht nur die Art der Berechnung, nicht aber die Höhe der Regelsätze bemängelt. Dies finde ich vor dem Hintergrund der Aussage eines weiteren Redners der Unionsfraktion in der Debatte zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz sehr bezeichnend. Dort sagte nämlich der Kollege Leo Dautzenberg zu den Änderungen beim Kinderfreibetrag und beim Kindergeld Folgendes – ich zitiere –: Dazu sind wir verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, sondern wir gehen sogar über die Vorgaben hinaus. Es ist unserer politischer Wille, darüber hinauszugehen und nicht immer durchs Verfassungsgericht getrieben zu werden, wenn wir der Entwicklung, was das Existenzminimum anbelangt, hinterherhinken. Wir tun genau das, was wir als politische Zielvorstellung haben. (Zuruf des Abg. Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP])


(Zuruf von der LINKEN: Herzlos ist das!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(A) )


(B) )


Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen,
das tun Sie. Sie geben ohne Not den Vermögenden mit
vollen Händen und warten bei den Ärmsten, bis das
Bundesverfassungsgericht Ihnen aufgibt, wenigstens Al-
mosen zu verteilen. Das ist Ihre politische Zielstellung.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb weigern Sie sich, eine unabhängige Experten-
kommission einzusetzen, die den Kinderregelsatz be-
rechnet, wie es unser Antrag vorsieht. Deshalb weigern
Sie sich, bis es diese Expertenkommission gibt und sie
einen Vorschlag gemacht hat, die Kinderregelsätze auf
das Niveau des Vorschlages des Paritätischen Wohl-
fahrtsverbandes anzuheben. Deshalb wird es unter
Schwarz-Gelb keinen Weg aus der Kinderarmut geben,
und es wird kein Ende der schreienden Ungerechtigkeit
bei der Behandlung von Kindern geben. Dagegen wer-
den wir weiterhin etwas unternehmen müssen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wo sie recht hat, hat sie recht!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701220000

Das Wort hat jetzt der Kollege Markus Kurth für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701220100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben jetzt insbesondere von den Vertretern der Ko-
alitionsfraktionen wortreiche Erklärungen gehört, wa-
rum sie die Anhebung der Regelsätze für Kinder in
Haushalten von Langzeitarbeitslosen nicht wollen.


(Widerspruch bei der FDP – Otto Fricke [FDP]: Doch!)


D
v
E
A
W
d
e

f
z

W
h
s
t
J
z
d

s

w
J
f
k

s
n
w
j
u
d
b
d

w
g
w
s
d
a
d
j

(C (D er Tenor war: Abwarten! Abwarten, bis das Bundeserfassungsgericht entschieden hat. Abwarten, bis die inkommensund Verbrauchsstichprobe ausgewertet ist. bwarten, bis genug überlegt worden ist. Ich sage Ihnen: ir sind der Gesetzgeber. Wir sind nicht gewählt wor en, um abzuwarten, bis das Bundesverfassungsgericht in Urteil spricht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das zeigt doch nur eines: Wenn es um Geldleistungen
ür Langzeitarbeitslose geht, sind Sie alle, wie Sie da sit-
en, passive Klötze.


(Beifall bei der LINKEN – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


enn es allerdings darum geht, Familien mit sehr ho-
em Einkommen zu begünstigen, dann haben Sie offen-
ichtlich weniger Schwierigkeiten, etwas zu tun. Ich zi-
iere, was Wolfgang Schäuble am 12. November dieses
ahres, also vor einem Monat, im Deutschen Bundestag
ur Erhöhung des Kinderfreibetrages und des Kindergel-
es gesagt hat. Er sagte – Zitat -:

Das ist wirklich eine sozial ausgewogene Maß-
nahme, die auch der Stärkung der privaten Nach-
frage dient.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Da hat er recht!)


Es ist schon ein sehr merkwürdiges Verständnis von
ozialer Ausgewogenheit,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


enn einerseits Spitzenverdiener gut 400 Euro netto im
ahr mehr haben und andererseits ALG-II-Bezieher, die
ür Kleinkinder gerade einmal 215 Euro pro Monat be-
ommen, keinen Cent mehr erhalten.

Es ist ein sehr merkwürdiges und eigentümliches Ver-
tändnis von sozialer Ausgewogenheit beim Finanzmi-
ister und der Koalition, wenn einerseits ein Luxushotel
ie das „Adlon“ durch die Mehrwertsteuerermäßigung

etzt 1,9 Millionen Euro pro Jahr Zusatzgewinn macht
nd andererseits die Reinigungskraft desselben Hotels,
ie wegen ihres niedrigen Lohns ergänzendes ALG II
ezieht, für sich und ihre Kinder nicht einen Euro von
er Kindergelderhöhung sieht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Meine Damen und Herren, es ist beinahe schon dreist,
enn derselbe Herr Schäuble, der die Staatskassen zu-
unsten der gutbetuchten schwarz-gelben Klientel leeren
ill, heute verbreiten lässt, ab 2011 werde richtig ge-

part. So wie Sie von Union und FDP heute als Be-
enkenträger gegen die Erhöhung von Kinderregelsätzen
ufgetreten sind, kann man sich schon heute denken, wer
ann wieder sparen muss, nämlich diejenigen, die bereits
etzt nur wenig Spielräume und Chancen haben. Wenn

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 997


(A) )



(B) )


Markus Kurth
dank Ihrer Steuergeschenke im kommenden Jahr das De-
fizit beängstigend ansteigt, dann ahne ich schon jetzt,
wer gemeint ist, wenn es dann heißen wird: Ja, jetzt
müsse man sich wirklich einmal Gedanken darüber ma-
chen, was wir uns in Deutschland überhaupt noch leisten
können.

Meine Damen und Herren von der Koalition, wir sind
uns sicherlich einig, auch mit einigen Sozialdemokraten,
dass passive Leistungen alleine nicht ausreichen. Den-
noch bleiben diese Voraussetzung für Teilhabe und auch
für Aktivierung, auch wenn ich das Wort „Aktivierung“
mittlerweile nur noch sehr ungern in den Mund nehme;
denn die Rede von der Aktivierung bleibt schal, wenn
wirksame individuelle Hilfen ausbleiben. Wenn, wie das
IAB vorgestern bestätigte, mehr als die Hälfte der Al-
leinerziehenden über drei Jahre ununterbrochen im
ALG-II-Bezug stecken bleibt, dann stimmt offensicht-
lich etwas mit der individuellen Hilfegewährung nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Gegenüber diesen Müttern, gegenüber diesen Alleiner-
ziehenden sagen Sie dann: Ihr erhaltet nicht den Betrag,
den ihr für den notwendigen Lebensunterhalt der Kinder
bräuchtet.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Den haben Sie doch gekürzt, Herr Kurth!)


Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktio-
nen, Sie sind die letzten Mohikaner. Verbände der Freien
Wohlfahrtspflege, die Arbeits- und Sozialministerkonfe-
renz haben festgestellt – künftig vermutlich sogar das
Bundesverfassungsgericht –, dass die Festsetzung der
Kinderregelsätze nicht in Ordnung ist. Nur Sie stehen
noch allein in der Landschaft. Machen Sie das, was auch
wir von Bündnis 90/Die Grünen wollen: endlich einen
klaren Schnitt. Wir Grüne wollen die Regelsätze für Kin-
der so anheben, dass sie der Lebenswirklichkeit näher
kommen. Wir wollen des Weiteren einen eigenständigen
Kinderregelsatz und in einem zweiten großen Schritt
eine armutsfeste Kindergrundsicherung. Das sind klare
Perspektiven – und nicht so ein jämmerliches Suchen
nach Ausflüchten, wie Sie es hier darbieten.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701220200

Die Kollegin Mechthild Heil hat jetzt das Wort für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Mechthild Heil (CDU):
Rede ID: ID1701220300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und

Kolleginnen! Welche Erkenntnisse hat uns die heutige
Debatte in Bezug auf die Frage gebracht: In welchem
Umfang soll man diejenigen unterstützen, die selbst
nicht für ihren Lebensunterhalt sorgen können, insbeson-

d
a
t
e
h

a
s
D
s
K

F
t
b

K
e
d
u
W
d

D

d
d
d
d
n
W
s
w

l
t
v
c
t
a
a

F
w
S
s
s
z

(C (D ere wenn es sich um Kinder handelt? Eine große Verntwortung liegt auf uns, die wir diese Frage beantworen müssen. Darüber sind wir uns sicherlich einig, benso darüber, dass wir diese Frage nie zur Zufriedeneit aller beantworten werden. Sie von der Linken fordern, die Regelsätze für Kinder nzuheben, und zwar nicht etwa um 2 oder 5 Prozent, ondern um 28 bis 32 Prozent, je nach Alter des Kindes. as bedeutet für die 6bis 14-jährigen Kinder zum Bei piel eine Erhöhung um 81 Euro auf 332 Euro im Monat. lingt doch toll, oder? ür mich ist das eine Politik nach dem Motto: „Wer bieet mehr?“, die die aktuelle Haushaltslage völlig auslendet. Das ist nicht seriös. (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Zuruf von der LINKEN: Ja!)


Wir haben zwar bald Weihnachten, und Sie, liebe
ollegin Golze, haben ja berichtet, dass bei Ihnen das

ine oder andere Türchen schon geöffnet wurde. Aber an
ieser Stelle habe ich doch Zweifel an der Großzügigkeit
nd auch an der Leistungsfähigkeit unseres Christkinds.
er wird die 2 Milliarden Euro aufbringen, die Ihre For-

erung Jahr für Jahr kosten wird?


(Anette Kramme [SPD]: Die Hälfte wäre schon drin!)


as müssen unsere Bürger bezahlen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im zurzeit laufen-
en Verfahren Kritik vor allem an der Art der Ermittlung
er Regelsätze geäußert. Was das Gericht über die Höhe
er Regelsätze sagen wird, ist noch völlig offen. Mit
em Urteil ist – Sie haben es erwähnt – im ersten Quartal
ächsten Jahres zu rechnen. Ich bin gespannt, welchen
eg das Gericht vorschlagen wird. Erst aus diesen Vor-

chlägen können wir neue Regelsätze ableiten; denn wir
ollen eine verfassungsfeste Regelung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Mir ist aus eigener Erfahrung mit drei Kindern in den
etzten 19 Jahren klar, wie schwierig es sein wird, einen
atsächlichen Bedarf zu ermitteln. Dieser hängt nicht nur
on der Zahl der Kinder und von deren Tages- und Wo-
henform ab, sondern auch von den Lebensgewohnhei-
en der Familie. Für den einen ist ein Wickeln fünfmal
m Tag Standard; andere möchten unbedingt zwölfmal
m Tag wickeln.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwölfmal am Tag wickeln! Um Gottes willen!)


ür den einen sind Cola und Saft im Haus tabu; andere
ürden einen Verzicht darauf als Zumutung empfinden.
o sieht das wahre Leben aus. Werte- und Konsumvor-
tellungen sind in Familien eben unterschiedlich. Wir
ollten uns an dieser Stelle hüten, anderen vorschreiben
u wollen, wie sie leben und was sie ihren Kindern an

998 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Mechthild Heil
materiellen Dingen zukommen lassen – im Rahmen der
ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, auch wenn diese
Mittel von uns, vom Staat, zur Verfügung gestellt wer-
den. Das passt nicht in mein und auch nicht in unser
Menschenbild.

Die Bundesregierung hat die Regelsätze für Kinder
bisher mithilfe einer vergleichbaren Bevölkerungs-
gruppe festgelegt. Das bedeutet, Leistungsberechtigte
sind nach den Sozialgesetzen heute so gestellt wie etwa
ein Viertel der Gesamtbevölkerung in Deutschland.
Leistungsberechtigte können somit ein Leben führen wie
andere, die nicht von Sozialleistungen abhängig sind.
Dieser Staat beweist damit als Sozialstaat hohe Qualität.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Tatsache ist: Die Daten, die den bisherigen Regelsät-
zen zugrunde liegen, basieren auf der größten Erhebung
dieser Art innerhalb der Europäischen Union. Immerhin
wurden die Aufwendungen von 75 000 Haushalten er-
fasst. Tatsache ist auch, dass es eine Sonderauswertung
durch das Statistische Bundesamt gibt. Sie beruht auf der
Studie „Kosten eines Kindes“ des Bundesfamilienminis-
teriums. Die Regelsätze wurden zum 1. Juli dieses Jah-
res stärker nach dem Alter der Kinder differenziert.

Kolleginnen und Kollegen, man muss die Frage auch
in dem Kontext sehen, was der Staat an anderer Stelle für
Kinder getan hat. Die Situation von Familien mit Kin-
dern hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert.
Ich erinnere an das Schulbedarfspaket und auch an den
Kinderbonus in Höhe von 100 Euro, der dieses Jahr ein-
malig ausgezahlt wurde. Aber das Wichtigste ist: Wir
sollten unsere Anstrengungen darauf richten, die Eltern,
vor allem aber die alleinerziehenden Mütter, wieder un-
abhängig von staatlichen Leistungen zu machen. Der
3. Armuts- und Reichtumsbericht spricht eine deutliche
Sprache: Armut bekämpft man am effektivsten dort, wo
man die Menschen in Arbeit bringt.

Die Zahlen sind eindrucksvoll – Dr. Carsten
Linnemann hat bereits darauf hingewiesen –: In Haus-
halten, in denen kein Elternteil arbeitet, sind 48 Prozent
der Kinder armutsgefährdet. Arbeitet ein Elternteil in
Vollzeit, sind es nur noch 8 Prozent der Kinder. Wenn
beide Eltern die Möglichkeit haben, Vollzeit zu arbeiten,
beträgt das Risiko der Kinder, arm zu sein, nur noch
4 Prozent. Es gibt also eine Senkung des Armutsrisikos
von 48 auf 4 Prozent alleine dadurch, dass beide Eltern
die Chance haben, zu arbeiten.

Verwenden wir also unsere Kraft dazu, Arbeit und
Wachstum zu schaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dann werden in Zukunft mehr Menschen Leistungsträ-
ger sein und weniger Menschen von staatlichen Trans-
ferleistungen abhängig sein. Die CDU/CSU-Fraktion
lehnt den Antrag der Linken ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


D
l
D

s
F
d
A
D
a
B
g
m
g
G
S

(C (D Frau Heil, das war auch für Sie die erste Rede im eutschen Bundestag, zu der wir Ihnen herzlich gratuieren. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Arbeit im eutschen Bundestag. Damit schließe ich die Aussprache. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der raktion Die Linke mit dem Titel „Anhebung und bearfsgerechte Ermittlung der Kinderregelsätze“. Der usschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 17/204, den Antrag der Fraktion Die Linke uf Drucksache 17/23 abzulehnen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Damit ist die Beschlussempfehlung bei Zustimung durch die Koalitionsfraktionen angenommen. Da egen haben gestimmt die Fraktion Bündnis 90/Die rünen und die Fraktion Die Linke. Die Fraktion der PD hat sich enthalten. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 11 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701220400

(Beifall)


Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an der EU-geführten Opera-
tion Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie
vor der Küste Somalias auf Grundlage des See-
rechtsübereinkommens der Vereinten Natio-
nen von 1982 und der Resolutionen 1814

(2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom

2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008,
1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1897

(2009) vom 30. November 2009 und nachfol-

gender Resolutionen des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen in Verbindung mit der Ge-
meinsamen Aktion 2008/851/GASP des Rates
der Europäischen Union vom 10. November
2008 und dem Beschluss 2009/907/GASP des
Rates der Europäischen Union vom 8. Dezem-
ber 2009

– Drucksachen 17/179, 17/274 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Philipp Mißfelder
Dr. Rolf Mützenich
Dr. Rainer Stinner
Wolfgang Gehrcke
Kerstin Müller (Köln)


Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 17/276 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Herbert Frankenhauser
Klaus Brandner
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Michael Leutert
Sven Kindler

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 999


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Hierzu liegen ein Entschließungsantrag der Fraktion
der SPD sowie zwei Entschließungsanträge der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen vor. Über die Beschlussempfeh-
lung werden wir später namentlich abstimmen. Verabre-
det ist, eine Dreiviertelstunde zu debattieren.

Als erstem Redner gebe ich das Wort dem Kollegen
Joachim Spatz für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Joachim Spatz (FDP):
Rede ID: ID1701220500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Si-

cherheitsrat der Vereinten Nationen hat am 30. Novem-
ber dieses Jahres die völkerrechtliche Grundlage zur Pi-
ratenbekämpfung an der somalischen Küste verlängert.
Am 8. Dezember hat auf dieser Grundlage die Europäi-
sche Union die Verlängerung von Atalanta beschlossen.
Das Mandat dieser Operation bleibt im Wesentlichen das
alte. Die Änderungen, die vorgenommen werden sollen,
betreffen die Zusammenarbeit der somalischen Behör-
den mit den Atalanta-Kräften bei der Bekämpfung der il-
legalen Fischerei. Dies ist ein Thema, das schon bei der
ersten Lesung angesprochen worden ist.

Auf der Grundlage dieser Beschlusslage hat die Bun-
desregierung den Deutschen Bundestag ersucht, das
Mandat zu verlängern, und zwar bis zum 18. Dezember
nächsten Jahres.

Nach einem Jahr kann man Zwischenbilanz ziehen.
Wir sind der Auffassung: Die Operation ist ein voller
Erfolg. 90 Piratenverdächtige konnten festgenommen
werden. 88 davon wurden nach Kenia, 2 nach Spanien
überstellt. Übrigens, 23 von ihnen sind durch die Besat-
zungen deutscher Schiffe aufgebracht worden. Alle
Schiffe, die für das World Food Programme im Einsatz
waren, sind durchgekommen. Die Sicherung der Han-
delsrouten ist verbessert worden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es gab zwar keinen Rückgang der Zahl der Versuche,
aber einen Rückgang der Zahl der erfolgreichen Kape-
rungen, und das ist ein wichtiges Indiz.

An dieser Stelle ein Wort zu den Linken. Sowohl bei
Atalanta als auch bei Althea ist nach meiner Auffassung
deutlich geworden, dass das kategorische Nein, das Sie
auch bei diesen Mandaten vertreten, vielleicht bei so
umstrittenen Entscheidungen wie jenen zu Afghanistan
diskutabel ist. An dieser Stelle macht es aber eines klar:
Sie argumentieren ergebnisbestimmt. Das heißt, Sie ha-
ben eine Parteilinie, die darauf abzielt, pazifistisch orien-
tierte Menschen von den Grünen, der SPD oder wem
auch immer abzuziehen. Da ist jedes Argument recht,
das dazu führt, ein Nein zu begründen, sei es gerechtfer-
tigt oder nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn Sie als Alternative zum militärischen Geleit-
schutz der World-Food-Programme-Schiffe zivilen Ge-
leitschutz vorschlagen, kann ich dazu nur sagen: Damit

s
k

D
b
s
i

t
s
w
a
A
u
d
t

i
v
d
L
i
s
h
B
w
k

d
m
a
8
l
b
L
r
s
f
r

r
t
V

W
d

B
w

(C (D chrecken Sie vielleicht Playmobil-Piraten ab, aber eine echten Piraten. as ist unseriös. Sie haben sich insbesondere bei der Deatte über Atalanta oder Althea aus der Seriosität verabchiedet und sich in die parteipolitische Taktiererei verrrt. Natürlich sehen auch wir, dass die Wurzeln der Piraerie beseitigt werden müssen. Deshalb müssen wir den omalischen Staat wieder konsolidieren. Dabei müssen ir helfen. Denn jedem ist klar: Die Übergangsregierung llein kann das nicht schaffen. Wir unterstützen MISOM, die Friedenstruppe der Afrikanischen Union, nd wir werden, wie schon mehrfach gesagt, die Ausbilung von 2 000 somalischen Soldaten in Uganda voranreiben. Sie betonen, dass die Ursachenbekämpfung wichtig st, um die Piraterie im Kern zu treffen. Dabei ist eines on Bedeutung: Auch der militärische Einsatz vor Ort, er verhindert, dass es erfolgreiche Auszahlungen von ösegeldern gibt, blockiert dadurch, dass weniger Geld ns Land fließt, die Erstarkung destabilisierender Kräfte, eien sie verbrecherischer oder terroristischer Art. Auch ier leisten wir also durch militärischen Beistand einen eitrag zur Lösung des eigentlichen Problems, auch enn wir wissen, dass politische Komponenten hinzuommen müssen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ein weiterer Punkt ist die Zusammenlegung der Man-
ate; auch das wurde gefordert. Das ist eines der The-
en, die die FDP durchgesetzt hat. Die Bundesregierung

rbeitet daran. Immerhin – das muss man wissen –: Nur
von 35 Schiffen, die dort operieren, gehören zu Ata-
anta. Sowohl NATO- als auch Nicht-NATO-Länder sind
eteiligt. Sie alle zu integrieren, wird naturgemäß – auch
änder wie Indien oder China sind beteiligt – dazu füh-

en, dass diese Koordination nicht so leicht zu bewerk-
telligen sein wird, dass sie von heute auf morgen
unktioniert. Aber auch hier bemüht sich die Bundes-
egierung um eine bessere Koordination.

Das Fazit: Aus unserer Sicht ist die Mission erfolg-
eich. Sie ist aus politischer und humanitärer Sicht gebo-
en. Unterlassene Hilfeleistung ist hier ein schlimmes
ergehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


eil es politisch und humanitär geboten ist, stimmen wir
er Verlängerung des Mandates um ein Jahr zu.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701220600

Herr Spatz, das war Ihre erste Rede im Deutschen

undestag. Wir gratulieren Ihnen dazu sehr herzlich und
ünschen Ihnen viel Erfolg.


(Beifall)


1000 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Ich gebe jetzt das Wort dem Kollegen Lars Klingbeil
für die SPD-Fraktion.


Lars Klingbeil (SPD):
Rede ID: ID1701220700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn etwas sagen,
was mir persönlich sehr wichtig ist: Egal ob wir, der
Deutsche Bundestag, wie in der vergangenen Sitzungs-
woche über die Verlängerung der Mandate von ISAF
und OEF oder wie heute von Atalanta und Althea ent-
scheiden, egal wie stark der jeweilige Einsatz im Fokus
des öffentlichen Interesses steht, egal ob wir für oder ge-
gen die Verlängerung dieser Einsätze stimmen, eines
sollte dieses Hohe Haus einen – ich sage das bewusst un-
ter dem Eindruck der gestrigen Debatten –: der Respekt,
die Wertschätzung und die Unterstützung für unsere Sol-
datinnen und Soldaten und ihre Familien, die wir ge-
meinsam in solch schwere Auslandseinsätze schicken.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir alle haben eine Verantwortung wahrzunehmen,
gegenüber der Öffentlichkeit, aber auch bei Debatten
hier im Haus. Das hohe Gut der Parlamentsarmee kön-
nen wir gar nicht hoch genug schätzen. Es ist unsere Ver-
pflichtung als Abgeordnete, mit dem hohen Gut der Par-
lamentsarmee verantwortungsvoll umzugehen, dieses
Prinzip zu stärken und zu verteidigen.

Bei einer Parlamentsarmee gehört es dazu, dass wir
Abgeordnete nach bestem Wissen und Gewissen ent-
scheiden. Gerade deshalb haben wir das Recht und – ich
betone – auch die Pflicht, alle Informationen einzufor-
dern und dort, wo wir nicht ausreichend informiert wur-
den, aktiv zu werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Minister zu Guttenberg, vor diesem Hintergrund
will ich in aller Deutlichkeit sagen: Ich bin von Ihrem
gestrigen Versuch enttäuscht, das Hohe Haus in seiner
gemeinsamen Verantwortung für unsere Soldatinnen und
Soldaten zu spalten; das lassen wir nicht zu. Wir Abge-
ordnete stehen gemeinsam zu unserer Verantwortung;
wir stehen hinter unseren Soldatinnen und Soldaten, egal
ob sie in Kunduz oder am Horn von Afrika im Einsatz
sind.

Die Sozialdemokratie wird ihrer Verantwortung auch
dadurch gerecht, dass sie heute der Verlängerung des
Atalanta-Mandats zustimmen wird. Dieser Einsatz ist
nicht frei von Kritik; aber ich sehe ihn als notwendig an.
Die humanitäre Situation in Somalia ist noch immer ka-
tastrophal; wir dürfen nicht wegsehen. Deswegen ist es
richtig, dass wir begonnen haben, zu handeln. Atalanta
ist ein Garant dafür, dass Hilfslieferungen die leidende
Bevölkerung erreicht haben und die Situation auf der
See stabilisiert wurde.

Die Piraterie hat allerdings kein Ende genommen.
Deswegen müssen weitere Maßnahmen ergriffen wer-
den. Lassen Sie uns also aufhören, zivile und militäri-

s
e
g
s
g
O
g
w

n
n
Z
t
e
P
d
D
t
S
A
d
n

l
g
b
b
m
k
S
R
s
s
e
d
s

f
h
s

W
s
u
m

s
f
F
m
u
r
z
m
i
K
w

(C (D che Maßnahmen gegeneinanderzustellen. Der Militärinsatz verschafft Luft zum Handeln, wenn es darum eht, zivile Maßnahmen zu ermöglichen; die militäriche Präsenz schreckt ab und dämmt ein. Zur Wahrheit ehört auch, dass die organisierte Piraterie nicht in die pferrolle gesteckt werden darf. Wo Kriminalität beganen wird, muss sie konsequent und schnell bekämpft erden. Natürlich ist auch klar: Militärische Maßnahmen sind icht die Lösung des Problems der Piraterie, erst recht icht im Hinblick auf die Herausforderungen in Somalia. iel muss es sein, die Grundlage für eine friedliche Exis enz in der Region zu schaffen. Deswegen brauchen wir ine ernsthafte politische Strategie, die Somalia eine erspektive aufzeigt. Der Kampf gegen Hunger muss urch eigenständige Entwicklung ermöglicht werden. er Aussöhnungsprozess in Somalia muss aktiv beglei et werden. Die Grundlagen für staatliche Strukturen in omalia sind zu schaffen. Nur ein solch umfassender nsatz kann dazu führen – das will ich betonen –, dass ie somalische Bevölkerung eigene Verantwortung überehmen kann. Wir müssen mit den Anrainerstaaten an einer regionaen Sicherheitsstruktur arbeiten. Wir müssen dafür soren, dass sich die Anrainerstaaten aktiv an der Piratenekämpfung beteiligen und dass sie auch aktiv daran eteiligt sind, wenn es darum geht, die Entwicklung Soalias voranzutreiben. Militärisches Engagement ist ein Ersatz für Staatlichkeit und die innere Entwicklung omalias. Deshalb ist zu begrüßen, dass die spanische egierung angekündigt hat, während ihrer EU-Ratsprä identschaft eine Initiative zu ergreifen, die einen umfasenden Sicherheitsbegriff beinhaltet. Ich betone es noch inmal: Das militärische Engagement muss dazu führen, ass sich die Staaten der Region ihrer Verantwortung tellen. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich intensiv ür die Schaffung eines internationalen Seestrafgerichtsofs einzusetzen, damit eine Verfolgung der Piraten tattfinden kann. enn Straftaten begangen werden, muss sichergestellt ein, dass rechtsstaatliche Verfahren stattfinden können nd auch Konsequenzen haben. Auch die Reedereien üssen wir stärker an ihre Verantwortung erinnern. Der Atalanta-Einsatz bedeutet auch, dass wir deutchen Unternehmen helfen, indem wir zivile Schiffahrtsund Handelswege sichern, aber das darf kein reifahrtschein für diese Unternehmen sein. Deswegen üssen wir unsere Erwartungen an die Reedereien klar nd deutlich formulieren. Lassen Sie uns an die Reedeeien appellieren: Ihr habt selbst an eurer Sicherheit mituarbeiten, mit ausreichend technischen Maßnahmen, it ausreichend Personal und vor allem dadurch, dass hr euch an die vorgegebenen Routen und auch an die onvoiplanung haltet. Alle haben eine Verantwortung, enn es darum geht, der Piraterie entgegenzutreten. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1001 Lars Klingbeil Deswegen müssen sich alle an die vereinbarten Spielregeln halten. Wie meine Vorredner gestern und heute weise ich darauf hin, dass wir diese Mission noch optimieren können. Wir haben mit OEF, Active Endeavour, Atalanta und vielen nationalstaatlichen Missionen eine Parallelität an Einsätzen, die wir besser koordinieren müssen. Wir fordern deswegen die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass zumindest eine ständige Planungskonferenz aller beteiligten Seestreitkräfte und internationalen Akteure installiert wird, um eine Verbesserung der Koordination zur Bekämpfung der Piraterie zu erreichen. Die SPD-Fraktion wird dem Antrag der Bundesregierung zustimmen. Ich bitte Sie um die Unterstützung für unseren Entschließungsantrag. Nutzen Sie in der Regierung die breite Mehrheit hier im Parlament, aber auch international, um Atalanta in eine umfassende Sicherheitsstrategie einzubetten. Nur so kann die Piraterie bekämpft werden, nur so kann ihr der Nährboden entzogen werden, und nur so eröffnen wir Somalia eine Perspektive. Herzlichen Dank fürs Zuhören. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701220800

Markus Grübel hat das Wort für die CDU/CSU-Frak-

tion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1701220900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Wenn wir an Piraten denken, dann kommen uns
Karibik, Palmen, weiße Strände, Kokosnüsse, maleri-
sche Piratennester am Mittelmeer oder das Piratenschiff
auf den Kinderspielplätzen in den Sinn. Aber mit all dem
hat Piraterie überhaupt nichts zu tun. Piraterie ist ein
brutales, organisiertes Verbrechen wie Drogenhandel,
Menschenhandel und Schutzgelderpressung.

Piraterie gibt es so lange, wie es Seefahrt gibt. So-
lange es Piraterie gibt, gibt es auch die Bekämpfung der
Piraterie. In den 90er-Jahren gab es ein großes Piraten-
problem in der Straße von Malakka. Weil 14 asiatische
Staaten gemeinsam entschlossen gegen die Piraterie an-
gekämpft haben, konnte sie dort erfolgreich zurückge-
drängt werden.

Auch am Horn von Afrika beteiligt sich eine große
Zahl von Ländern an der Piratenbekämpfung, neben den
Ländern der EU und NATO beispielsweise China und
Russland. Dieser Antipirateneinsatz ist eine sehr bemer-
kenswerte Koalition zur Bekämpfung dieser Form des
organisierten Verbrechens. Im Grunde kann man sagen:
Die gesamte Weltgemeinschaft kämpft gegen die Pirate-
rie, mit Ausnahme der Linken im Deutschen Bundestag,
die die Brisanz offensichtlich noch nicht erkennen.

A
d
u
h
g
s
m
H
v
w

t
G
f


L
w

n
h
w
n
p

d
w

M
d
d
A

D
I

S
t
h
n
j
d
m
a
r
d

(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jan van Aken [DIE LINKE]: Das stimmt doch nicht!)


Lassen Sie mich die zwei Kernanliegen der Mission
talanta unterstreichen. Zum einen ist der Einsatz der
eutschen Marine unter humanitären Gesichtspunkten
nverzichtbar. Wir haben bereits vom ersten Redner ge-
ört, dass die Hilfsgüter für das Welternährungspro-
ramm meist mit Schiffen befördert werden, die sicher
omalische Häfen erreichen. Im letzten Jahr waren es
ehr als 300 000 Tonnen Nahrungsmittel und andere
ilfsgüter. Damit konnten über 3 Millionen Menschen
ersorgt werden, die sonst möglicherweise verhungert
ären.

Die Teilnahme Deutschlands ist also moralisch gebo-
en. Aber die Operation hat auch eine wirtschaftliche
rundlage. Für eine Exportnation wie Deutschland sind

reie Handelswege unverzichtbar.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Hört! Hört!)


Handel ist aber nichts Verbotenes, liebe Kollegen der
inken. Freie Handelswege helfen allen in der Welt. Ich
eiß gar nicht, wo das Problem der Linken liegt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Von diesem freien Seehandel hängen in der Export-
ation Deutschland viele Arbeitsplätze ab, und davon
ängt natürlich auch unser Wohlstand ab; denn wenn wir
eder Produkte importieren noch exportieren, dann kön-
en wir nichts verbrauchen und brauchen auch nichts zu
roduzieren.


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Also schießen wir uns die Wege frei?)


Deutschland ist eine große Seefahrernation. Das ist
en Menschen, die mit ein bisschen Abstand zur Küste
ohnen, gar nicht bewusst.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


it 3 500 Schiffen hat Deutschland die drittgrößte Han-
elsflotte der Welt; außerdem hat Deutschland weltweit
ie größte Containerflotte. Diese Zahlen machen uns die
bhängigkeit von freien Seewegen klar.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ie Mission Atalanta liegt daher in unserem ureigenen
nteresse.

Es ist unbestritten, dass der militärische Einsatz auf
ee begleitet und durch politische Maßnahmen langfris-

ig überflüssig gemacht werden muss. Aber auch dabei
ilft diese Mission: Jeder von Piraten erpresste Euro, der
ach Somalia fließt, macht die Lage dort instabil; denn
eder, der dadurch sein Geld verdient – ich meine nicht
ie Piraten, die armen Handlanger, sondern die Hinter-
änner, die reich werden –, hat überhaupt kein Interesse

n stabilen Verhältnissen in Somalia. Jeder durch Pirate-
ie erpresste Euro destabilisiert die Lage im Land, macht
ie Menschen arm und ist letztendlich die Grundlage des

1002 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Markus Grübel
Hungers und der Gewalt in Somalia. Auch darum brau-
chen wir diese Mission.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Daher unterstützen wir selbstverständlich alle Maßnah-
men und Bemühungen der internationalen Gemein-
schaft, die den Aufbau legitimer staatlicher Strukturen in
Somalia befördern.

Zum Schluss möchte ich an die Besatzung erinnern,
an die Männer und Frauen, die dort ihren Dienst tun.
Zurzeit ist die Fregatte „Bremen“ vor Ort. Ich möchte
aber auch an die Familien der Soldatinnen und Soldaten
erinnern und ihnen danken. Im Grunde fahren die Frauen
der Soldaten, die Männer der Soldatinnen und ihre Kin-
der mit in den Einsatz. Auch sie sollten wissen, dass wir
ihnen danken und an sie denken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Minister, wir sollten darüber nachdenken, die
Anerkennung der Leistungen der Soldatenfamilien aus-
zuweiten. Bei der Marine bedeutet ein Einsatz häufig
mehr als ein halbes Jahr Abwesenheit von der Familie.
Wenn das Schiff, das die Fregatte ablösen soll, irgendein
Problem hat, dauert ein Einsatz schnell noch einen Mo-
nat länger. Die Familien machen das mit. Wer zur See
fährt, weiß, dass er länger abwesend ist. Trotzdem soll-
ten wir hier eine Anerkennungskultur schaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Lassen Sie uns diesen wichtigen Einsatz mit großer
Mehrheit verlängern. An die Linken gerichtet, sage ich:
Überlegen Sie noch einmal, ob Ihre Position wirklich
richtig ist.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Spatz [FDP]: Die wissen, dass sie falsch ist!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701221000

Christine Buchholz hat das Wort für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Christine Buchholz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701221100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In ihrem

Antrag beklagt die Bundesregierung die fehlende Staat-
lichkeit in Somalia;


(Joachim Spatz [FDP]: Sie nicht?)


das war schon in vielen bisherigen Beiträgen Thema.
Fehlende Staatlichkeit ist die Folge genau jener neolibe-
ralen Weltwirtschaftsordnung,


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Ah!)


die Sie laut Koalitionsvertrag mit Ihrer Außen- und Ver-
teidigungspolitik absichern wollen.

u
S
D
S
s
d
w

D
s

t
b

A
c
t
d
r

D
l
g
4
s

S
d
d
W
t

K
t
s
s
S
w
g
h
I
s
c

A
n
U

(C (D Die Weltwirtschaftskrisen der 70erund 80er-Jahre nd die Zinsund Schuldenpolitik des Westens haben omalia ökonomisch ruiniert und politisch destabilisiert. ie vom Internationalen Währungsfonds durchgesetzten trukturanpassungsprogramme haben zu Massenentlasungen im öffentlichen Dienst Somalias geführt. Erst daurch ist die Küstenwache aufgelöst worden, die Sie nun ieder aufbauen wollen. ie ehemaligen Polizisten stellten neben ehemaligen Fichern in den letzten 20 Jahren den Hauptteil der Piraten. Es waren westliche Interventionen, bis hin zum direken US-Einmarsch, die einen Bürgerkrieg angeheizt haen, der bis heute anhält. (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Das ist ja unglaublich!)


(Beifall bei der LINKEN)


ls sich ab dem Jahr 2000 eine Staatlichkeit zu entwi-
keln begann, haben europäische Regierungen alles ge-
an, um diese zu zerstören; denn sie befürchteten, dass
er neue Staat unter den Einfluss von China und Iran ge-
aten könnte.


(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Wo haben Sie das denn her?)


eshalb verbündeten sich die Europäer mit den War-
ords. Zu diesem Zweck unterstützte auch die Bush-Re-
ierung 2006 die äthiopische Invasion. Dabei sind
0 000 Somalis getötet worden, und es gab keinen Auf-
chrei der Empörung seitens der Bundesregierung.


(Beifall bei der LINKEN)


Ihnen geht es nicht um Staatlichkeit als solche. Die
taatlichkeit soll prowestlich sein, und wenn das gegen
en Willen der Bevölkerung durchgesetzt werden muss,
ann sind Sie wieder einmal bereit, mit verbrecherischen
arlords zusammenzuarbeiten, wie auch in Afghanis-

an.


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist ja unglaublich!)


Somalia ist Spielball der Interessen der Weltmächte.
urt Bodewig von der SPD hat als Maritimer Botschaf-

er der Europäischen Union kürzlich betont, die wirt-
chaftliche Bedeutung der Region könne daran gemes-
en werden, dass es sich um einen der meistbefahrenen
eewege der Welt handele, über den die Hälfte der welt-
eiten Öllieferungen transportiert werde. Die Leidtra-
enden sind die Menschen in Somalia. Die Arbeit der
umanitären Hilfsorganisationen in Somalia ist wichtig.
ch zolle deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Re-
pekt, die unter schwersten Bedingungen ihre Arbeit ma-
hen, auch zu Weihnachten und weit weg von zu Hause.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Glauben Sie eigentlich das, was Sie da sagen?)


ber die Entwicklungs- und Hilfsorganisationen lesen
ur die Scherben auf, die andere verursacht haben. Die
rheber dieser Scherben sind dieselben, die nun die Ar-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1003


(A) )



(B) )


Christine Buchholz
beit der Hilfsorganisationen zum Vorwand nehmen, ihre
eigenen Interessen durchzusetzen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn es Ihnen nur um den Schutz der Nahrungstrans-
porte gehen würde, würden Sie kleine Gruppen von Be-
waffneten die Schiffe schützen lassen. Das macht zum
Beispiel die französische Regierung, um französische
Thunfisch-Trawler zu schützen. Aber Ihnen geht es um
etwas ganz anderes. Vielleicht geht es Ihnen darum, die
neue Form der internationalen Seekriegsführung zu tes-
ten, besonders die Koordination von Luft-, Land- und
Seestreitkräften aus verschiedenen Ländern.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau! Genau!)


Ist das auch der Grund dafür, dass der Europäische Rat
jüngst beschlossen hat, die Zusammenarbeit zwischen
der Operation Atalanta und der Operation Enduring
Freedom zu intensivieren?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sagen Sie das noch einmal!)


Im Strategiepapier der deutschen Marine Zielvorstel-
lung Marine 2025+ heißt es – ich zitiere –:

Eine sich absehbar verschärfende Konkurrenz um
den Zugang zu Rohstoffen und anderen Ressourcen
erhöht das zwischenstaatliche Konfliktpotential.
Konventionelle, reguläre Seestreitkräfte regionaler
Mächte können dabei den freien und ungehinderten
Welthandel als Grundlage des deutschen und euro-
päischen Wohlstands ebenso gefährden wie krimi-
nelle oder terroristische Bedrohungen der mariti-
men Sicherheit.

Das ist, mit Verlaub, eine neue Umschreibung der alten
kolonialen Kanonenbootpolitik.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der FDP)


Sie betreiben die Militarisierung der deutschen Au-
ßenpolitik. Sie betreiben die Militarisierung der Europäi-
schen Union. Daran werden wir uns nicht beteiligen,
egal in welchem humanitären Gewand Sie daherkom-
men.


(Otto Fricke [FDP]: Ihnen ist das alles egal!)


Deshalb lehnt die Linke Atalanta ab.


(Beifall bei der LINKEN – Joachim Spatz [FDP]: Deshalb nicht! – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Aber sie hat so schöne rote Bäckle!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701221200

Jetzt hat Kerstin Müller das Wort für Bündnis 90/Die

Grünen.

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Buchholz, wenn die Welt so einfach wäre …


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


I
g
s

D

w
m

W
H
z
a
I
a


v
h
s
l
u
s
s
s

W
c

A
z
u
s
l
r
s
n

f
u
m
S
d

(C (D ch dachte, die Zeit der K-Gruppen hätten wir hinter uns elassen; aber ich fühlte mich ein Stück weit zurückveretzt. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur ein Stück weit! – Joachim Spatz [FDP]: 19. Jahrhundert!)


a war ich noch ein bisschen jung, aber gut.

Meine Fraktion wird der Verlängerung des Bundes-
ehreinsatzes jedenfalls mit großer Mehrheit zustim-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zurufe von der LINKEN)


ir meinen im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und
erren von der Linken – ich versuche doch noch einmal,

u argumentieren –: Man muss das eine tun, ohne das
ndere zu lassen. Ich ziehe einmal einen Vergleich zur
nnenpolitik: Selbst Sie sind dafür, dass es mehr Polizei
uf der Straße gibt, und fordern gleichzeitig


(Jan van Aken [DIE LINKE]: Aber Sie schicken Militär und keine Polizei! Sie haben den Unterschied nicht verstanden!)


hören Sie doch einmal zu! –, dass man die Ursachen
on Kriminalität weiter bekämpft. Genau darum geht es
ier. Im Grunde geht es um einen quasipolizeilichen Ein-
atz, der mit Soldaten durchgeführt werden muss. Ata-
anta ist notwendig, um die Piraterie einzudämmen und
m die humanitäre Versorgung der Menschen in Somalia
icherzustellen. Niemand behauptet, dass man mit die-
em Einsatz die Ursachen der Piraterie, die an Land zu
uchen sind, bekämpfen kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


ir müssen beides tun: die Kriminalität und die Ursa-
hen an Land bekämpfen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Die Piraterie ist ganz klar ein Ergebnis dauerhafter
rmut und fehlerhafter Staatlichkeit in Somalia, nicht

uletzt deshalb, weil dort seit 1991 ein Bürgerkrieg tobt
nd die humanitäre Lage verheerend ist. Die UNO
pricht von 3,7 Millionen Hilfsbedürftigen und 1,5 Mil-
ionen Binnenvertriebenen, also vom größten humanitä-
en Krisengebiet weltweit. Daran konnte auch die
chwache Übergangsregierung unter Sheikh Sharif
ichts ändern.

Ich möchte an dieser Stelle den internationalen Hel-
ern, die dort in einer sehr schwierigen Lage Hilfe leisten
nd immer wieder massiven Angriffen, gerade von Isla-
isten, ausgesetzt sind, im Namen des Hauses danken.
ie leisten dort eine sehr schwierige Arbeit, die aller-
ings überaus wichtig ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


1004 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Kerstin Müller (Köln)

Ich meine trotzdem, dass sich Deutschland und die
Europäische Union hinter diesem Piraterieeinsatz nicht
verstecken dürfen. Unsere Interessen dürfen nicht nur
dem freien Handel gelten, sondern wir müssen die Men-
schen in Somalia in den Mittelpunkt unserer Politik stel-
len. Da gibt es einiges zu kritisieren. So haben zum
Beispiel alle Staaten, auch Deutschland, auf der interna-
tionalen Geberkonferenz in Brüssel im Mai 2009 Soma-
lia viel versprochen, bisher aber leider nur wenig gehal-
ten.

Ich will ein Beispiel nennen. Nur etwa 30 Prozent der
international zugesagten Finanzmittel für AMISOM, für
die Mission der Afrikanischen Union, sind dort bis heute
angekommen. Seit April dieses Jahres erhalten die
AMISOM-Soldaten keinen Sold mehr. Ich glaube, ich
muss Ihnen nicht erklären, was das bedeutet. An die
Bundesregierung gerichtet, sage ich ganz klar: So geht
das nicht. Zusagen muss man einhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


Wenn man die Afrikanische Union stärken will, dann ist
so etwas ein verheerendes Signal.

Fest steht auch: Militär und Polizei können Friedens-
prozesse bestenfalls unterstützen und Zeitfenster für die
zivile Krisenbewältigung schaffen, nicht aber den Frie-
den selbst. Diese Erkenntnis hat sich meines Erachtens
weder in Berlin noch in Brüssel noch in der Somalia-
Kontaktgruppe wirklich durchgesetzt. Für eine nachhal-
tige Bekämpfung der Ursachen der Krise in Somalia
reicht es nicht aus, die schwache Übergangsregierung
und AMISOM als ihren Beschützer zu unterstützen.

Was brauchen wir? Nachhaltige Ursachenbekämp-
fung verlangt, dass sich die internationale Gemeinschaft
als ehrlicher und neutraler Friedensmakler einsetzt. Hier
könnte Deutschland übrigens, auch was Äthiopien und
Eritrea betrifft, eine wichtige Rolle spielen. Deutschland
könnte dazu beitragen, dass in Somalia lokale Clanchefs,
die Führungseliten von Somaliland und Puntland und die
Zivilgesellschaft mit starken Frauengruppen für einen
Versöhnungsdialog gewonnen werden. AMISOM muss
vor allem die Menschen schützen und darf nicht nur die
Übergangsregierung verteidigen.

Nachhaltige Politik verlangt auch, dass die Finanz-
ströme von Piraten und al-Schabab ausgetrocknet wer-
den, dass man dem Waffenschmuggel einen Riegel vor-
schiebt und – hier stimme ich Ihnen zu, Herr
Außenminister – dass der Rechtsstaatsaufbau in Somalia
intensiv unterstützt wird. Sie haben gesagt: Der Rechts-
staat ist wichtig. Ich füge hinzu: Vom Rechtsstaatsauf-
bau alleine werden die Menschen nicht satt. Deshalb
muss weiterhin Ursachenbekämpfung betrieben werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Als eine Ursache der Piraterie müssen wir die Armut
bekämpfen. Darüber hinaus müssen wir die humanitäre
Grundversorgung sichern, Alternativen zur Einkom-

m
l
k
K

c
A
s
f
i
g
L
d
H

d
M
t
k
d
h
I
f
P
n

l
n
m
a
s
P

A

m
B

V
m
h
a

h
B
d
z

(C (D ensquelle Piraterie erschließen und endlich auch die ilegale Raubfischerei an der Küste Somalias wirksam beämpfen. Ich habe die ganz klare Erwartung an die EUommission, dass sie hier handelt. Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist. Wir brauhen einen regionalen Lösungsansatz für das Horn von frika. Die Europäische Union hat jetzt zwar eine Ge amtstrategie beschlossen, aber diese Strategie wird, so ürchte ich, ein Papiertiger bleiben. Unsere Erwartung st, dass die Bundesregierung und alle Staaten der EU saen, was sie zu tun bereit sind, um diese Strategie mit eben zu füllen. Ich glaube, nur so können wir zeigen, ass es uns um die Menschen geht und nicht nur um die andelswege. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Eine letzte Anmerkung, und zwar zur EU-Ausbil-
ungsmission – mein Vorredner hat sie angesprochen –:
ich hat erstaunt, dass sich der Außenminister dazu ges-

ern im Plenum sehr positiv geäußert hat. Ich will Ihnen
lar sagen: Wenn man nicht sicherstellen kann, dass
ann die gut ausgerüsteten und ausgebildeten Sicher-
eitskräfte nicht zu den Piraten und den gewaltbereiten
slamisten überlaufen, dann darf es von deutscher Seite
ür die EU-Ausbildungsmission, die ein französisches
rojekt ist, keine Zustimmung geben. Das wird dann kei-
en Erfolg haben.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, dass die Bundesregierung in ihrer Soma-
ia-Politik nach wie vor zu viel auf Sicherheit und zu we-
ig auf politische Lösungen setzt. Die Menschen in So-
alia brauchen Aussöhnung, sie brauchen Perspektiven,

us der Armut zu kommen. Wenn Atalanta Sinn machen
oll, dann müssen wir diese eklatante Schieflage der
olitik korrigieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701221300

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem

bgeordneten Guido Westerwelle.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1701221400

Frau Kollegin Müller, ich möchte mich zunächst ein-

al dafür bedanken, dass die Grünen dem Antrag der
undesregierung mehrheitlich zustimmen werden.

Als Abgeordneter, der gewissermaßen relativ neu in
erantwortung ist, möchte ich darauf hinweisen, dass
anche Kritikpunkte, die Sie zu Recht angebracht

aben, durch die neue Beschlussfassung des Mandats
usgeräumt werden.

Sie haben darüber gesprochen, was im Zusammen-
ang mit AMISOM zu tun sein wird, zum Beispiel dass
ezahlung notwendig ist. Das steht in der Begründung
es Antrags genau so drin. Ich bitte das Hohe Haus auch,
ur Kenntnis zu nehmen, dass das Auswärtige Amt kurz-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1005


(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
fristig 1,5 Millionen Euro zugesagt hat und einzahlen
wird. Schneller kann eine Regierung nicht handeln.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind doch jetzt gerade Abgeordneter!)


Ich möchte zum Zweiten darauf aufmerksam machen
– es ist mir wichtig, dass alle Kolleginnen und Kollegen
das hier noch einmal hören, weil das ja ein wichtiger
Einsatz ist –, dass ich im Auswärtigen Ausschuss mitge-
teilt habe,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht Sie, der Außenminister!)


dass wir allein jetzt 6,2 Millionen Euro für somalische
Partnerorganisationen und humanitäre Hilfe bereitstel-
len. Das ist in die Begründung dieses Antrags aufgenom-
men worden. Es ist also eine Menge getan worden.

Wenn hier der Eindruck erweckt wird, wir hätten nur
das Militärische im Sinn und würden nicht an das Huma-
nitäre gehen und würden nicht an die Ursachen der Ent-
wicklung gehen, möchte ich das als Abgeordneter der
neuen Regierungskoalition nicht stehen lassen. Ich
möchte ausdrücklich sagen, Frau Kollegin: Wir haben
beides genau im Blick, weil wir wissen, dass das Militä-
rische und das Zivile, das Humanitäre, Hand in Hand ge-
hen müssen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701221500

Sie haben das Wort zur Erwiderung, wenn Sie wollen.

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Abgeordneter Westerwelle, ich habe den Antrag
der Bundesregierung natürlich sehr genau gelesen, weil
ich beabsichtige, ihm zuzustimmen.

Ich habe nicht verneint, dass für die AMISOM Mittel
bereitgestellt werden. Im Gegenteil: Ich habe in meiner
Rede gesagt, dass eine Geberkonferenz stattgefunden
hat, auf der alle Staaten, auch Deutschland, etwas zuge-
sagt haben. Nur, es gibt ein Problem bei der AMISOM:
Seit April erhalten die Soldaten keinen Sold mehr. Was
glauben Sie, was das bedeutet?


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das dürfen Sie mich nicht fragen!)


Die werden entweder überlaufen, oder das Projekt
AMISOM – das diskutiert man ja schon in den Vereinten
Nationen – wird über kurz oder lang zu Ende sein. Dann
wird dort gar nichts mehr sein zur Stabilisierung. Es
wird auch darüber diskutiert, wie die AMISOM in eine
UN-Mission übergehen könnte. Da traut sich aber keiner
ran, weil es schwierig ist.

Ich behaupte gar nicht, dass es einfache Lösungen
gibt. Ich sage aber – auch Herr Fischer weiß das als Af-
rika-Politiker –: Wir sind auf die Probleme am Horn von
Afrika, auf die Probleme in Somalia, auf die Probleme,
die zum Beispiel von Äthiopien herrühren, erst aufmerk-

s
Ä
a
n
d
z
n

t
P
W
e
d
D
w
i
s
z
e
w
h

U

I
f
A
d
n

A
w
s
w
d
u

w
u
s
s
s
e
s
s
e
p


(C (D am geworden, als unsere Handelswege bedroht waren. thiopien ist ein zentraler, strategisch wichtiger Staat m Horn von Afrika. Sie werden das als Außenminister och kennenlernen: Es gibt kaum ein Land in der Welt, as so gute Beziehungen zu Äthiopien hat. Warum nuten wir diese Beziehungen nicht, um positiv Einfluss zu ehmen, um den Äthiopiern klarzumachen, dass sie was sie bis heute nicht machen – eine strategisch posi ive Rolle am Horn von Afrika spielen müssen? Viele unkte wären hier anzusprechen. Worauf ich hinauswill: ir wissen, dass das, was dort in der Region passiert, rst wahrgenommen wurde, als unsere Handelswege und ie Schiffe des World Food Programme bedroht waren. as war zu spät. Wir müssen uns jetzt den Ursachen zuenden. Wir müssen gemeinsam mit den Partnern der nternationalen Gemeinschaft versuchen, mit einer Geamtstrategie für das Horn von Afrika die Ursachen anugehen. Ich erwarte und hoffe, dass Deutschland hier ine Rolle spielt. Wir werden dort nämlich als möglicher ichtiger Partner gesehen. Das war mein Appell. Ich offe, dass die Bundesregierung das so machen wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701221600

Das Wort hat der Kollege Hartwig Fischer für die

nionsfraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1701221700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch hoffe, dass solche Kurzinterventionen nicht dazu
ühren, dass der außerordentlich positive Einsatz von
talanta und das, was unsere Soldatinnen und Soldaten
ort leisten, zerredet werden. Dieser Einsatz ist dringend
otwendig.

Frau Buchholz, ich habe eben in unser vorläufiges
bgeordnetenhandbuch gesehen und gelesen, Sie sind
issenschaftliche Mitarbeiterin gewesen. Ich kann nur

agen: Es ist enttäuschend. Ich glaube, wir können er-
arten, dass Sie sich mit der Geschichte des Landes, um
as es geht, und mit den Realitäten vorher beschäftigen
nd sich keine Sozialromantik aufbauen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Das ist eine Frage des Standpunktes!)


Wenn Sie sich mit der Geschichte beschäftigen, dann
issen Sie, dass sowjetische Truppen dort gewesen sind,
m Barre zu unterstützen, dann wissen Sie, dass er die
owjetischen Truppen und 6 000 Berater herausge-
chmissen hat, dann wissen Sie, dass sich dort Rechtlo-
igkeit aufgebaut hat, und dann haben Sie gesehen, dass
s einen UN-Einsatz gegeben hat, von dem man leider
agen muss, dass er gescheitert ist, und dass danach ab-
olute Rechtlosigkeit für die Menschen herrschte. Es hat
ine Hungerkatastrophe und eine humanitäre Katastro-
he gegeben. Danach hat es einen erneuten Einsatz
AMISOM – gegeben, mit dem man versucht hat, die-

1006 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Hartwig Fischer (Göttingen)

ses Meucheln im Land zu unterbinden. In dieser Situa-
tion ist die Piraterie hinzugekommen.

Es geht nicht um die Weltwirtschaftskrise, die sich
auf manche Entwicklungsländer auswirkt,


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Das habe ich nicht gesagt!)


sondern es geht um das pure Verbrechen im Rahmen der
organisierten Kriminalität, mit dem bestimmte Gruppie-
rungen versuchen, Geld zu bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Unter den Auswüchsen leiden inzwischen auch die
Nachbarstaaten wie Kenia, in denen diese Gelder – zum
Beispiel in Nairobi – angelegt werden, indem gesamte
Straßenzüge gekauft werden, um daraus wieder einen
Profit zu erzielen. Wenn dies, wie von Ihnen geschildert,
Piraten in Robin-Hood-Manier wären, dann würden sie
das Geld doch anlegen, um den Menschen in ihrem eige-
nen Land zu helfen, und nicht, um Waffen, neue Schiffe
und Ähnliches zu kaufen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Hören Sie zu! Das habe ich nicht gesagt!)


Meine Damen und Herren, wer eine solche falsche
Analyse erstellt, der handelt auch falsch.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Das gilt für Sie genauso!)


Das, was die Linke hier betreibt – Herr Liebich hat im
Ausschuss ja ähnlich argumentiert –, ist für mich mili-
tanter Pazifismus,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


das ist Verantwortungslosigkeit in der Außenpolitik, das
ist Verantwortungslosigkeit in der Entwicklungspolitik,
und das ist Verantwortungslosigkeit gegenüber den Men-
schen, die in diesem Land täglich leiden.

Am 3. Dezember dieses Jahres – daran wird doch die
grauenhafte Situation dort deutlich – hat man nicht nur
drei Minister in die Luft gesprengt, sondern man hat
auch 19 Medizinstudenten, die dort waren und gerade ih-
ren Abschluss dort gemacht hatten, mit in die Luft ge-
sprengt. Die Verantwortlichen dafür sind diejenigen, die
versuchen, dieses Land zu destabilisieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Atalanta ist eine humanitäre Operation. Der Kollege
Grübel hat darauf hingewiesen: 300 000 Tonnen Lebens-
mittel konnten im Rahmen des World Food Programme
dorthin geliefert und unter dem Schutz von AMISOM zu
großen Teilen verteilt werden. Das bedeutet das Überle-
ben von 3,5 Millionen Menschen. Und Sie gehen einfach
darüber hinweg und sagen: kein Militär! Wie sollen die
Entwicklungshelfer in Zukunft dort überhaupt aufbauen
können, wenn für sie keine Sicherheit geschaffen wird?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Militär j u d d d A a P s i B 1 r s i i l b k w g R H f O K E B g g k – l (C (D bringt keine Sicherheit für Entwicklungshelfer! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie haben sich schon genug blamiert! Seien Sie einmal ruhig!)


Die Menschen dort leben mit Rechtlosigkeit und ohne
ede Chance, von irgendeiner Seite außer von AMISOM
nterstützt zu werden. Es gilt in diesem Staat das Recht
es Stärkeren oder der stärkeren Gruppe und das Recht
esjenigen, der in diesem Staat Waffen besitzt. Auch
eshalb ist die Operation Atalanta in Verbindung mit
MISOM wichtig, um diesen Staat langfristig wieder

ufzubauen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Frau Buchholz, deshalb erwarte ich von gewählten
arlamentarierinnen und Parlamentariern einfach, dass
ie einen solchen humanitären Einsatz nicht einfach aus
deologischen Gründen ablehnen. Deshalb sage ich: Die
egleitmaßnahmen sind richtig, und die Ausbildung von
000 somalischen Polizisten in Äthiopien ist ein weite-

er Schritt auf dem Weg zur Stabilisierung in Somalia.

Ich bedanke mich bei allen, die diesem Mandat zu-
timmen. Wenn Sie heute nicht zustimmen, dann hoffe
ch, dass Sie sich einmal in Äthiopien und in Dschibuti
nformieren. Oder gehen Sie auch einmal nach Somali-
and, wo Sie sich derzeit unter bestimmten Sicherheits-
edingungen bei den Menschen vor Ort informieren
önnen. Dann sehen Sie das Elend, und dann sehen Sie,
ie dankbar die Menschen für das sind, was gemeinsam
etan wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701221800

Für die SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin Karin

oth.


(Beifall bei der SPD)



Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1701221900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Um es vorwegzunehmen: Die SPD-Bundestags-
raktion stimmt der Verlängerung der EU-geführten
peration Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der
üste Somalias zu.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


s wäre noch besser, wenn nicht nur wir dem Antrag der
undesregierung zustimmen würden, sondern wenn
leichzeitig die Regierungskoalition auch dem vorlie-
enden Entschließungsantrag der SPD zustimmen
önnte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das geht leider nicht!)


Ich weiß, Herr Kauder, dass das ein bisschen viel ver-
angt ist. Aber es wäre richtig.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1007


(A) )



(B) )


Karin Roth (Esslingen)

Wie notwendig dieser Einsatz im letzten Jahr war,
zeigen auch die Piratenüberfälle, die in der ersten Jahres-
hälfte von 114 auf 240 weltweit zugenommen haben.
Insbesondere haben die Piratenangriffe im Golf von
Aden zugenommen. Viele Schiffe, die den Golf von
Aden durchqueren wollten, wurden im vergangenen Jahr
erheblich bedroht. Dazu gehören auch die deutschen
Schiffe. Ohne die militärische Hilfe hätten sie nicht
sicher durchkommen können.

Wichtig war aber nicht nur, die Schiffe der internatio-
nalen Handelsflotte zu sichern, sondern vor allen Din-
gen, durch die erhöhte maritime Präsenz die Nahrungs-
mittellieferung im Rahmen des Welternährungs-
programms für 3,3 Millionen Menschen in Somalia zu
gewährleisten. Das ist ebenso wichtig, und deshalb ist
dieser Einsatz vor Ort notwendig. 300 000 Tonnen
Lebensmittel wurden nach Somalia transportiert. Mit dieser
Aktion wurden Menschenleben gerettet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Denn die humanitäre Situation in Somalia ist weiterhin
katastrophal. Ohne die Nahrungsmittel aus dem Ausland
würden Millionen Menschen verhungern.

Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass das Auswärtige
Amt Mitte Oktober unter Führung des damaligen
Außenministers Steinmeier eine Soforthilfe von
4 Millionen Euro veranlasst hat. Heute hat die EU-Kom-
mission weitere 50 Millionen Euro zur Verfügung ge-
stellt, um die Katastrophe am Horn von Afrika zu be-
kämpfen und dem Hunger in dieser Region zumindest
einigermaßen zu begegnen. Dafür danken wir auch der
Europäischen Kommission.


(Beifall bei der SPD)


Es geht darum, dass diese Menschen vor Ort Hilfe be-
kommen, und es geht vor allen Dingen darum, dass diese
Hilfe auch ankommt. Ich denke, es ist gut, dass das alles
geleistet wird. Aber gleichzeitig ist eine gemeinsame
EU-Strategie notwendig, die sich nicht nur auf die
humanitäre Hilfe beschränkt, sondern wir brauchen eine
politische Strategie zum Aufbau der staatlichen Struktu-
ren.

Die Piraterie wird nur dann effizient bekämpft, wenn
die Piraten einerseits verfolgt werden, wie das Beispiel
Kenia zeigt, aber andererseits auch die Staatlichkeit in
diesem Land wiederhergestellt wird und die organisierte
Kriminalität aufhört. Das heißt, wir müssen Möglichkei-
ten schaffen, die organisierte Kriminalität zu zerschla-
gen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


In dem Entschließungsantrag der SPD wird daher zu
Recht darauf hingewiesen, dass der Aufbau legitimer,
staatlicher Institutionen in Somalia dringend notwendig
ist, um die Rechtssicherheit und die Strafverfolgung ge-
währleisten zu können.

Der politische Prozess des Aufbaus der Staatlichkeit
muss vorangebracht werden, indem die bilaterale Aus-

b
A
u

H

b
A
l
v
T
r
s
r
s
s
s
w

b
s
D
l
r
z
4
w
R
0
w
s
n

E
u
d

d
u
n
S
z
b
e

U

(C (D ildung von Polizisten ebenso unterstützt wird wie die ussöhnung des vom Bürgerkrieg gekennzeichneten nd geplagten Landes. Wir brauchen also einen ganzheitlichen Ansatz der ilfe zur Selbsthilfe. Dazu gehört vor allen Dingen die Sicherung der Leensgrundlagen der Menschen in Somalia. Wenn nach ngaben der UNO Somalia jährlich 320 Millionen Dol ar durch illegale Fischerei verliert, dann müssen wir ersuchen, die illegale Fischerei in dieser Region zum hema zu machen und zu bekämpfen. Es ist gut und ichtig, dass die Erarbeitung eines Fischereiabkommens eitens der EU – auch mit unserer Unterstützung – voankommt; denn es geht nicht nur um humanitäre Hilfe, ondern auch um wirtschaftliche Möglichkeiten, die dieem Land bisher nicht gegeben werden. Die illegale Ficherei vor Ort muss daher aus unserer Sicht sanktioniert erden. (Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Genau!)


Es ist gar keine Frage, die Entwicklungszusammenar-
eit ist notwendig. Herr Minister Niebel, Sie müssen
ich den damit verbundenen Fragen stärker zuwenden.
er Etat für die Entwicklungszusammenarbeit enthält

eider nicht die notwendigen Mittel, die Sie so großspu-
ig angekündigt haben. Von den von Ihnen geforderten
usätzlichen 300 Millionen Euro sind gerade einmal
4 Millionen Euro übrig geblieben. Ich hätte mir ge-
ünscht, dass Sie das auf internationaler Ebene und im
ahmen der Europäischen Union verabredete Ziel,
,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Ent-
icklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe einzu-

etzen, im Etat 2010 durchgesetzt hätten. Das ist Ihnen
icht gelungen. Sie sind grandios gescheitert.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701222000

Kollegin Roth, achten Sie bitte auf die Zeit.


Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1701222100

Ich wünsche mir, dass Sie in den bevorstehenden

tatberatungen nachlegen, damit die Glaubwürdigkeit
nserer Entwicklungspolitik nicht schon von Anfang an
urch Sie infrage gestellt wird.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701222200

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß sehr wohl,

ass der eine oder die andere noch Mangel an Tischen
nd Stühlen im Büro verspürt. Allerdings ist hier im Ple-
arsaal für jede Kollegin und für jeden Kollegen eine
itzgelegenheit vorhanden. Ich bitte Sie, diese zu nut-
en, damit wir auch dem letzten Redner in dieser De-
atte mit Respekt folgen können. Dann kommen wir zu
iner namentlichen Abstimmung

Das Wort hat der Kollege Thomas Silberhorn für die
nionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


1008 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1701222300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich finde es erfreulich, dass in dieser Debatte
sehr deutlich geworden ist, welche Ziele wir am Horn
von Afrika vor Somalia verfolgen. Ich kann nur ein-
dringlich vor jedem Versuch einer Heroisierung der Pira-
terie warnen, so wie sie uns einst in Kinder- und Jugend-
büchern begegnet ist. Wir haben es mit schwerer
Kriminalität zu tun, die eine Herausforderung für die ge-
samte internationale Gemeinschaft darstellt. Wir sind
vor Ort, weil wir das gewichtige humanitäre Ziel verfol-
gen, die Ernährung der Bevölkerung von Somalia sicher-
zustellen. Das wäre ohne eine Sicherung der Seewege
für die Schiffe des Welternährungsprogramms nicht
machbar.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ja, wir sind natürlich auch vor Ort, um unsere ökono-
mischen Interessen zu vertreten. Wir sind die größte Ex-
portnation, eine der wichtigsten Handelsnationen und
eine der größten Schifffahrtsnationen der Welt. Wer,
wenn nicht wir, muss sich dafür einsetzen, dass die Frei-
heit der Handelswege und die Sicherheit der Seewege
gewährleistet sind. Deswegen ist es richtig, dass wir
auch militärische Mittel für ökonomische Zwecke ein-
setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Mission Atalanta leistet einen wichtigen Beitrag
zur Stabilisierung der Lage am Horn von Afrika. Wir
stehen hier nicht alleine. Viele Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Union sind beteiligt. Die NATO ist vor Ort.
Das OEF-Mandat wird unter Führung der USA einge-
setzt. Auch zahlreiche nationale Marinekräfte sind vor
Ort. Wir sollten uns allerdings darum bemühen, die Viel-
zahl der Akteure möglichst gut und vielleicht auch bes-
ser als bisher zu vernetzen und zu koordinieren. Dass es
mittlerweile – auch unter Beteiligung der Bundesrepu-
blik Deutschland – eine internationale Kontaktgruppe
gibt, in der sich mittlerweile 44 Staaten in der Piraterie-
bekämpfung engagieren, ist ein erfreuliches Zeichen. Es
wäre schön, wenn wir bei der Mandatierung zu einer
besseren Koordinierung unter dem Dach der Vereinten
Nationen kämen. Immerhin hat der Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen dieses Atalanta-Mandat direkt er-
teilt. Wir sind vor Ort, weil die somalische Übergangsre-
gierung ausdrücklich darum gebeten hat und uns der Si-
cherheitsrat der Vereinten Nationen diesen Auftrag
erteilt hat. Das zeigt: Atalanta ist in einen stabilen inter-
nationalen Rahmen eingebettet. Wir dienen damit also
nicht nur unseren nationalen wirtschaftlichen Interessen
oder den humanitären Interessen dieses Landes, sondern
Atalanta ist auch Ausdruck der internationalen Verant-
wortung, der wir uns hier stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Bilanz nach diesem ersten Jahr Atalanta fällt
durchweg positiv aus. Die Zahl der Piratenangriffe – das
ist schon angesprochen worden – ist insgesamt spürbar
zurückgegangen. Alle Schiffe des Welternährungspro-

g
D
U
n
t
d
i
v
d
w
a
a
K
D
i
w
a

a
Ü
u
e
f
n
E
E
l
l
w
g
l
a
f
s
z

p
Ü
s
k
v
n
u
s
U

g
z
S
l
K
e
S
G

(C (D ramms haben ihre Zielhäfen in Somalia sicher erreicht. amit ist die Hauptaufgabe dieser Mission in vollem mfang erfüllt worden. Ich möchte aber schon erwähen, dass es eine gewisse Mitverantwortung anderer beeiligter Akteure vor Ort gibt. Das betrifft insbesondere ie Reeder und die Forderung, dass sie die Durchfahrt hrer Schiffe melden und dass sie sich den Konvois, die on Atalanta begleitet werden, anschließen. Hier muss ie Eigenverantwortung der Reeder weiter eingefordert erden. Es ist erstaunlich, wie mutig sich viele Touristen m Horn von Afrika bewegen. Jedes Jahr sind es allein us Deutschland mehrere Tausend, die auf zivilen reuzfahrtschiffen durch den Golf von Aden fahren. azu kann ich nur sagen: Eine solche Selbstgefährdung st zwar nicht strafbar, aber sie ist auch nicht klug. Ich ünsche mir hier weniger Abenteurertum und mehr Ver ntwortlichkeit. Wir haben mit der Pirateriebekämpfung natürlich nur n den Symptomen gearbeitet und nicht die Wurzeln des bels beseitigt. Die Wurzeln liegen nämlich zu Land, nd deswegen ist dieses militärische Vorgehen nur als Teil ines politischen Gesamtansatzes sinnvoll. Wir müssen ür den Aufbau der staatlichen Strukturen in Somalia eien Beitrag leisten. Das tut Deutschland genauso wie die uropäische Union insgesamt. Allein bis 2013 stellt die uropäische Union 215 Millionen Euro an Entwick ungshilfe bereit. Allein 2008 waren es weitere 46 Milionen Euro an humanitärer Soforthilfe. Auch das Ausärtige Amt und das BMZ stellen Hilfe bereit und engaieren sich in der Ausbildung und Ausrüstung von somaischen und afrikanischen Polizisten. Sie engagieren sich uch bei der Überwachung und Verwaltung des Fischangs. Das zeigt: Atalanta ist Teil eines umfassendes Geamtansatzes von nicht nur militärischen, sondern auch ivilen Mitteln. Ich halte es für einen richtigen Ansatz, dass die Euroäische Union nun eine Ausbildungsmission startet. ber die Einzelheiten wird man sich unterhalten müs en. Aber die Zielsetzung, dass somalische Sicherheitsräfte in die Lage versetzt werden, selbst für den Schutz or Piraterie zu sorgen, ist richtig. Insoweit haben wir och einiges an Arbeit vor uns. Deswegen ist es richtig nd notwendig, dass Atalanta weiter ein Bestandteil diees gesamtpolitischen Ansatzes bleibt. Ich bitte um Ihre nterstützung und Zustimmung. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärtien Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung ur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher treitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta. Mir iegt eine Erklärung des Kollegen Sven Christian indler nach § 31 unserer Geschäftsordnung vor und ine Erklärung der Kollegen Hans-Christian Ströbele, ylvia Kotting-Uhl, Monika Lazar, Beate Mülleremmeke, Winfried Hermann, Dorothea Steiner und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1009 Vizepräsidentin Petra Pau Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn ebenfalls gemäß § 31 unserer Geschäftsordnung. Wir nehmen sie entsprechend unserer Vereinbarung zu Protokoll.1)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701222400

(A) )


(B) )


Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 17/274, den Antrag der Bundesre-
gierung auf Drucksache 17/179 anzunehmen. Es ist na-
mentliche Abstimmung verlangt.

Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung na-
mentlich ab. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift-
führer, ihre Plätze einzunehmen. Ich bitte alle Kollegin-
nen und Kollegen, bevor Sie abstimmen, noch einmal zu
überprüfen, ob Ihr Name auf der Abstimmungskarte
steht, die Sie jetzt einwerfen wollen. Sind alle Plätze mit
Schriftführern besetzt? – Ich eröffne die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben.2)

Wir setzen die Abstimmung mit den Abstimmungen
über die Entschließungsanträge fort. Bevor ich dies tue,
bitte ich diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die an
diesen Abstimmungen und weiteren Beratungen nicht
mehr teilnehmen wollen oder können, den Saal zu ver-
lassen und uns dadurch zu ermöglichen, die Abstim-
mungsergebnisse zweifelsfrei festzustellen. Das macht
sich sehr schlecht, wenn Sie hier im Gang stehen.

Wir fahren nun fort mit der Abstimmung über die Ent-
schließungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungs-
antrag der Fraktion die SPD auf Drucksache 17/279? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Ent-
schließungsantrag ist abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/280? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Ent-
schließungsantrag ist abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/281? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Ent-
schließungsantrag ist abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 sowie den Zu-
satzpunkt 8 auf:

12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Priska
Hinz (Herborn), Kerstin Andreae, Dr. Thomas
Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Innovationskraft von kleinen und mittleren
Unternehmen durch Steuergutschrift für For-
schungen stärken

– Drucksache 17/130 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und

Z

A
k

g

k
n
d
e
d
M
t

b
s
g
h
d
E
b
r
d
W
w
P
w
k

e
d
g
e
d

1) Anlage 4 und 5
2) Siehe Seite 1012 C

(C (D Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Haushaltsausschuss Federführung strittig P 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten René Röspel, Lothar Binding Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Innovative kleine und mittlere Unternehmen stärken – Ein nachhaltiges steuerliches Forschungsund Entwicklungs-Förderkonzept – Drucksache 17/247 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Priska Hinz für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir dis utieren in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal über eien Antrag der Grünen zur steuerlichen Forschungsförerung. Eigentlich gibt es ja – theoretisch zumindest – ine Mehrheit für dieses Instrument. Wir wollen jetzt ieser theoretischen Mehrheit zu einer praktischen ehrheit verhelfen, damit das endlich in die Wege gelei et und umgesetzt wird. Wir sind der Meinung, dass wir ein neues Instrument rauchen, das zu mehr Innovation sowie zu mehr Forchung und Entwicklung führt, und zwar vor allen Dinen bei kleineren und mittleren Betrieben. Gerade diese aben in der jetzigen konjunkturellen Schwächeperiode as Problem, dass sie sparen müssen; und das tun sie als rstes im Bereich der FuE-Tätigkeit, das heißt, speziell eim Personal und bei den Sachkosten in diesem Beeich. Wir wissen aber genau, dass das Rückgrat der eutschen Wirtschaft von den KMUs gebildet wird. enn wir eine ökologische Modernisierung wollen, enn wir wollen, dass Ressourcen geschont und neue roduktionsverfahren entwickelt werden, dann müssen ir gerade den KMUs Anreize geben, damit sie auch ünftig in Forschung und Entwicklung investieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(FuE-Förderkonzept) vorlegen

Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701222500

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sagen auch ganz klar und deutlich: Es geht um
in zusätzliches Instrument; es soll nicht die Projektför-
erung von Forschungsvorhaben ersetzen. Das wäre
rundfalsch, weil uns die Projektförderung bessere Steu-
rungsmöglichkeiten bietet. Wir wissen aber zugleich,
ass gerade KMUs es nicht schaffen, entsprechende Pro-

1010 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Priska Hinz (Herborn)

jektanträge zu stellen. Sie haben nämlich kein eigenes
Personal, das permanent den Bundesanzeiger durchfors-
ten kann, um zu schauen, ob ein gerade aufgelegtes
Programm für den eigenen Betrieb passt. Diese Unter-
nehmen brauchen eine unbürokratische Förderung. Des-
wegen schlagen wir eine 15-prozentige Steuergutschrift
auf Personal- und Sachkosten vor. Es muss ja vor allen
Dingen der FDP sehr sympathisch sein, dass es sich um
ein so unbürokratisches Instrument für Wachstums-
anreize handelt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Dazu werde ich noch etwas sagen!)


Die 600 Millionen Euro, die unser Vorhaben kosten
würde, wären im Gegensatz zu dem Schuldenwachstums-
programm, das CDU/CSU und FDP derzeit auf den Weg
bringen, auch gut angelegt.


(Lachen des Abg. Patrick Meinhardt [FDP])


Es gibt nämlich Studien, in denen errechnet wurde, dass
man mit dem Einsatz der Mittel in der Form, wie wir es
vorschlagen, tatsächlich zu einer besseren Wertschöp-
fung kommen kann. Die Hebelwirkung ist enorm. Wir
könnten damit unserem Ziel, 3 Prozent der Ausgaben für
Forschung auszugeben, sehr viel schneller nahe kom-
men. Dies ist ein weiterer Grund, weshalb wir für die
steuerliche Forschungsförderung sind. Mit einem Satz:
Diese steuerliche Forschungsförderung ist einfach, ge-
recht, zielgenau, schafft Arbeitsplätze und ebnet den
Weg in viele Zukunftsbranchen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch die SPD ist inzwischen dafür; in der Regierung
war sie es noch nicht so ganz. Die Koalitionsfraktionen
haben es in ihren Wahlprogrammen immerhin aufge-
führt. Laut Koalitionsvertrag wird jetzt geprüft und ge-
prüft. Die Bundesforschungsministerin hat immerhin
schon verkündet, sie habe ein Konzept; sie kann es aber
beim Bundesfinanzminister noch nicht durchsetzen.

Deswegen sollten wir jetzt gemeinschaftlich als Par-
lament den Durchbruch erreichen. Lassen Sie uns ge-
meinsam dafür sorgen, dass der Bundesfinanzminister
diese 600 Millionen Euro für einen guten Zweck heraus-
rückt, nämlich für die ökologische Modernisierung unse-
rer Wirtschaft. Wir sind jedenfalls dabei, und wir hoffen,
Sie auch.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701222600

Das Wort hat der Kollege Dr. Frank Steffel für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Patrick Meinhardt [FDP])



Frank Steffel (CDU):
Rede ID: ID1701222700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Forschung, Innovation und die Entwicklung von
neuen Technologien sind die Grundlage für unseren

W
s
B
f
s
K
u
E
w

d
a
d
u
k
a
r
w
n
a
d
d
E
s
i
E
t

E
a
C
e
w

z
A

d
v
r

D
d
d
d
l
T
g
k

(C (D ohlstand von morgen. Sie sind die Quellen von wirtchaftlichem Erfolg, Wachstum und vor allen Dingen eschäftigung. Zugleich helfen sie, den großen Heraus orderungen unserer Zeit – dem Klimaund Umweltchutz sowie dem Kampf gegen die Armut und gegen rankheiten – wirksam zu begegnen. Deshalb geht es ns darum, gerade in Deutschland die Erforschung und ntwicklung von neuen Technologien zu fördern. Wir ollen und müssen das Land der Ideen bleiben. Denn wir befinden uns in einer Welt, in der man urch Bildung, Wissen, Forschung und Entwicklung ufsteigen kann – viele Menschen und viele Länder tun ies –, aber auch – das ist eine völlig neue Erfahrung für ns erfolgsverwöhnte Deutsche – ganz schnell absteigen ann. In einer Welt, in der es mehr Chancen gibt, nimmt uch die Unsicherheit zu. Es sind wir und nicht die andeen, die in diesem Prozess des globalisierten Wettbeerbs um Wissen und Fortschritt, um Bildung und Techologie eine Menge zu verlieren haben, wenn wir nicht ufpassen. Wir können und werden diese Entwicklung, ie durch die Globalisierung, das Internet, die Sättigung er Märkte, die Einführung des Euro, die Erweiterung uropas und natürlich die Finanzkrise verschärft und bechleunigt wird, nicht stoppen. Ob dies gut oder schlecht st, ist dabei gar nicht relevant. Wir müssen uns dieser ntwicklung stellen und unsere Politik darauf ausrich en. Deshalb wurden die Ausgaben für Forschung und ntwicklung im Bundeshaushalt 2010 um 6,9 Prozent uf 10,9 Milliarden Euro erhöht. Damit setzt die CDU/ SU-geführte Bundesregierung zum wiederholten Mal inen politischen Schwerpunkt bei Forschung und Enticklung, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


um Wohle der Unternehmen und der Beschäftigten, der
rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in Deutschland.

Die Regierung aus CDU/CSU und FDP strebt über
ie Projektförderung hinaus – so steht es im Koalitions-
ertrag, und so wird es gemacht – die steuerliche Förde-
ung von Forschung und Entwicklung an.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


amit sollen zusätzliche Forschungsimpulse insbeson-
ere für kleine und mittlere Unternehmen ausgelöst wer-
en. Aber, Frau Kollegin von den Grünen, gerade weil
ieser außerordentlich komplexe Bereich für Deutsch-
and so wichtig ist, müssen und werden wir dieses
hema mit großer Sorgfalt, Seriosität und vor allen Din-
en sehr zielorientiert diskutieren. Hier geht Gründlich-
eit vor Geschwindigkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Lachen der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir diskutieren das seit Jahren! Sie sollen es machen!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1011


(A) )



(B) )


Dr. Frank Steffel
Zum einen müssen wettbewerbs-, haushalts- und
ordnungspolitische Fragen dauerhaft, übrigens auch in-
ternational, geklärt werden. Zum anderen müssen die
Ausgestaltung der möglichen Steuergutschrift, der An-
wendungsbereich, die begünstigten Unternehmen, das
Fördervolumen und die angestrebten Anreizwirkungen
sehr präzise definiert werden. Der Antrag der SPD-Frak-
tion enthält dazu einige interessante Ideen. Es erstaunt
allerdings, dass die SPD, als sie elf Jahre regierte und
den Finanzminister stellte, keinen Vorschlag zur steuerli-
chen Förderung von Forschung und Entwicklung vorge-
legt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jetzt in der Opposition kommen Ihnen auf einmal diese
Gedanken, frei nach Goethe: „Man spürt die Absicht und
ist verstimmt.“

Auch steht die Praxis, meine Damen und Herren von
der Sozialdemokratie, in den von Ihnen geführten Bun-
desländern leider im Widerspruch zu Ihren Erklärungen.
Wenn Herr Professor Lenzen, der renommierte Präsident
der einzigen Exzellenzuniversität der deutschen Haupt-
stadt, der Freien Universität Berlin, die Berliner Verhält-
nisse von Wissenschaft, Forschung und Lehre mit denen
in der Volksrepublik China vergleicht


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Dann hat er keine Ahnung!)


und den Sozialdemokraten eine zerstörerische und fahr-
lässige Wissenschafts- und Forschungspolitik vorwirft,
sollte uns dies zumindest nachdenklich stimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn dieser herausragende deutsche Wissenschaftler
Berlin verlässt und nach Hamburg geht und der einzige
Kommentar des Regierenden Bürgermeisters der deut-
schen Hauptstadt zu diesem einmaligen Vorgang ein
schnoddriges „Gute Reise“ ist,


(René Röspel [SPD]: Was hat das mit der steuerlichen Förderung zu tun?)


dann kann ich nur sagen: „Gute Nacht, Deutschland“
oder „Schlafen Sie weiter, Herr Wowereit“.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dieser Umgang mit unseren wissenschaftlichen, wirt-
schaftlichen und gesellschaftlichen Eliten schadet dem
Wissenschafts- und Forschungsstandort Deutschland
und ist leider kein Einzelfall.


(Zuruf der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Der vorliegende Antrag der Grünen und auch Ihre
Rede, Frau Kollegin, hören sich zwar interessant an, sie
sind aber populistisch und oberflächlich sowie aufgrund
der Pauschalierungen weder seriös noch zielgerichtet.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deshalb wurde auch ein gleichlautender Schaufenster-
antrag bereits im Sommer dieses Jahres von den übrigen
Fraktionen des Deutschen Bundestages abgelehnt.

t
s
I
h

G
v
g

u
w
e
d
g

d
s
G
m
c
w

D
s
E
v
m

t
S
U
b
l
b

w
s
t
F
T
g


o
r
n
k

(C (D Meine Damen und Herren von den Grünen, Ihr Anrag ist alter Wein in alten Schläuchen und stellt keinen eriösen Umgang mit einem solch wichtigen Thema dar. hre populistischen Anträge werden auch durch Wiederolung nicht besser. erade von den Grünen, die sich in der Vergangenheit ielfach als wissenschaftsund forschungsfeindlich darestellt haben nd die mit ihren dogmatischen Diskussionen viele Enticklungen in Deutschland langfristig behindert haben, rwarten wir mehr Seriosität. Ihre ideologischen Blockaen haben uns in vielen Bereichen international zurückeworfen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich erinnere an den Transrapid, an wichtige Bereiche
er Energiepolitik, an den Chemiestandort Deutschland
owie an Entwicklungen in den Bereichen Biotech und
entechnologie. Man fragt sich, für welche Unterneh-
en Sie eigentlich die Förderung einführen wollen, wel-

he Unternehmen Sie eigentlich steuerlich begünstigen
ollen.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kleine und mittlere!)


azu gehört auch ein klares Bekenntnis zu unseren wis-
enschaftlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
liten. Hier haben Sie unverändert Nachholbedarf, Sie
ertreiben gerade diese Wissenschaftler und Unterneh-
en durch Ihre Neid- und Missgunstdebatten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Bereits vor zwei Wochen haben wir mit dem Wachs-
umsbeschleunigungsgesetz konkrete Maßnahmen zur
tärkung und Unterstützung von kleineren und mittleren
nternehmen beschlossen. Mit der dauerhaften Anhe-
ung der Freigrenze bei der Zinsschranke, mit der Er-
eichterung bei Sofortabschreibungen und mit der ver-
esserten Nutzung von Verlusten


(Nicolette Kressl [SPD]: Hotels!)


erden gerade kleine und mittlere Unternehmen im for-
chungsintensiven Bereich in der Gründungsphase un-
erstützt. Leider haben Grüne und SPD auch gegen diese
örderung gestimmt. Wir werden Sie auch bei diesem
hema an Ihren Taten messen und nicht an Ihren Anträ-
en und Worten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Sie regieren doch!)


Da der wesentliche Teil des Antrags der Grünen
falls Sie ihn gelesen haben sollten, wissen Sie das –

hnehin völlig unsachliche Beschimpfungen der Regie-
ung beinhaltet und damit gerade das Betteln um Ableh-
ung dokumentiert, werden wir Ihnen diesen Wunsch
urz vor Weihnachten gerne erfüllen.

1012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Frank Steffel

Dr. Helge Braun Rudolf Henke Paul Lehrieder Anita Schäfer (Saalstadt)

Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)


Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dr. Dieter Jasper
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Franz Josef Jung

M
D
P
D
D
K
D
H
A
S
D
M
atthias Lietz
r. Carsten Linnemann
atricia Lips
r. Jan-Marco Luczak
r. Michael Luther
arin Maag
r. Thomas de Maizière
ans-Georg von der Marwitz
ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)

r. Michael Meister
aria Michalk

Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus

Michael Hennrich
Ansgar Heveling

Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing

Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU neten der F Vizepräsidentin Petra Pau Kollege Steffel, das war Ih Hohen Hause. Wir gratulieren I (Beifal Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 577; davon ja: 492 nein: 74 enthalten: 11 Ja CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck Manfred Behrens Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe D K H D M E D H A In D N A E J P D R H M A M M M D O F H D J G D M U F sowie bei AbgeordDP)


(Reutlingen)


(Bönstrup)


:
re erste Rede in diesem
hnen dazu ganz herzlich.

l)

g
e
ü
d
t
A
u
h
N
D

r. Maria Flachsbarth
laus-Peter Flosbach
erbert Frankenhauser
r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)

ichael Frieser

rich G. Fritz
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
lexander Funk
go Gädechens
r. Thomas Gebhart
orbert Geis
lois Gerig
berhard Gienger
osef Göppel
eter Götz
r. Wolfgang Götzer
einhard Grindel
ermann Gröhe
ichael Grosse-Brömer
strid Grotelüschen
arkus Grübel
anfred Grund
onika Grütters
r. Karl-Theodor Freiherr
zu Guttenberg
lav Gutting
lorian Hahn
olger Haibach
r. Stephan Harbarth

ürgen Hardt
erda Hasselfeldt
r. Matthias Heider
echthild Heil
rsula Heinen-Esser
rank Heinrich

D
B
S
A
B
S

V
D
R
E
V
J
J
A
J
D

M
D
H
T
M
G
D
D
R
B
D
G
D

A
D
K
U
D
Ich komme zurück zum Tag
ebe das von den Schriftführer
rmittelte Ergebnis der nam
ber die Beschlussempfehlung
esregierung zur Fortsetzung d
er deutscher Streitkräfte an der
talanta – es handelt sich um
nd 17/274 – bekannt: abgegeb
aben gestimmt 492 Kollegin
ein haben gestimmt 74, und
ie Beschlussempfehlung ist an

r. Egon Jüttner
artholomäus Kalb
teffen Kampeter
lois Karl
ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)


olker Kauder
r. Stefan Kaufmann
oderich Kiesewetter
ckart von Klaeden
olkmar Klein
ürgen Klimke
ulia Klöckner
xel Knoerig

ens Koeppen
r. Kristina Köhler

(Wiesbaden)

anfred Kolbe
r. Rolf Koschorrek
artmut Koschyk
homas Kossendey
ichael Kretschmer
unther Krichbaum
r. Günter Krings
r. Martina Krogmann
üdiger Kruse
ettina Kudla
r. Hermann Kues
ünter Lach
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

ndreas G. Lämmel
r. Norbert Lammert
atharina Landgraf
lrich Lange
r. Max Lehmer

D
D
P
D
M
S
N
D
D
M
D
F
E
H
D
R
U
D
S
B
R
C
R
E
L
D
T
E
K
L
J
K
D
J
D
E
A

(C (D esordnungspunkt 11 und innen und Schriftführern entlichen Abstimmung zu dem Antrag der Buner Beteiligung bewaffne EU-geführten Operation die Drucksachen 17/179 ene Stimmen 577. Mit Ja nen und Kollegen, mit es gab 11 Enthaltungen. genommen. r. h. c. Hans Michelbach r. Mathias Middelberg hilipp Mißfelder ietrich Monstadt arlene Mortler tefan Müller adine Müller r. Gerd Müller r. Philipp Murmann ichaela Noll r. Georg Nüßlein ranz Obermeier duard Oswald enning Otte r. Michael Paul ita Pawelski lrich Petzold r. Joachim Pfeiffer ibylle Pfeiffer eatrix Philipp onald Pofalla hristoph Poland uprecht Polenz ckhard Pols ucia Puttrich aniela Raab homas Rachel ckhardt Rehberg atherina Reiche othar Riebsamen osef Rief laus Riegert r. Heinz Riesenhuber ohannes Röring r. Christian Ruck rwin Rüddel lbert Rupprecht Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1013 Vizepräsidentin Petra Pau Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß Sabine Weiss Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Lothar Binding Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann Edelgard Bulmahn Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann P K E G D D P S M M Ir G U A M M W H B M H R D G G F D C J O J D U L H D D F A N A U C C D S B G K C K H P U F D D T H A H J J D F D M etra Ernstberger arin Evers-Meyer lke Ferner abriele Fograscher r. Edgar Franke agmar Freitag eter Friedrich igmar Gabriel ichael Gerdes artin Gerster is Gleicke ünter Gloser lrike Gottschalck ngelika Graf ichael Groß ichael Groschek olfgang Gunkel ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn ichael Hartmann ubertus Heil olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog abriele Hiller-Ohm rank Hofmann r. Eva Högl hristel Humme osip Juratovic liver Kaczmarek ohannes Kahrs r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber ars Klingbeil ans-Ulrich Klose r. Bärbel Kofler aniela Kolbe ritz Rudolf Körper nette Kramme icolette Kressl ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks atja Mast ilde Mattheis etra Merkel llrich Meßmer ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ietmar Nietan homas Oppermann olger Ortel ydan Özoğuz einz Paula ohannes Pflug oachim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert G D S R D K M M A A B D W U C O O S E D D R S D S P D C K D W R U D H D U D M B F J C C D F S C N K R A E M S H R D P M R J U O P erold Reichenbach r. Carola Reimann önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth ichael Roth arlene Rupprecht nton Schaaf xel Schäfer ernd Scheelen r. Hermann Scheer erner Schieder lla Schmidt arsten Schneider laf Scholz ttmar Schreiner wen Schulz wald Schurer r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz tefan Schwartze r. Carsten Sieling onja Steffen eer Steinbrück r. Frank-Walter Steinmeier hristoph Strässer erstin Tack r. h. c. Wolfgang Thierse olfgang Tiefensee üdiger Veit te Vogt r. Marlies Volkmer eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz ta Zapf agmar Ziegler anfred Zöllmer rigitte Zypries DP ens Ackermann hristian Ahrendt hristine AschenbergDugnus aniel Bahr lorian Bernschneider ebastian Blumenthal laudia Bögel icole Bracht-Bendt laus Breil ainer Brüderle ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher arco Buschmann ylvia Canel elga Daub einer Deutschmann r. Bijan Djir-Sarai atrick Döring echthild Dyckmans ainer Erdel örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff D D H H M J D H M E B H M D P H G D S P H S H S L D C M D O H P G J P B D D H C G D D D B F C J M D W J D J D T D C S F S J D D (C (D r. Edmund Peter Geisen r. Wolfgang Gerhardt ans-Michael Goldmann einz Golombeck iriam Gruß oachim Günther r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein anuel Höferlin lke Hoff irgit Homburger einer Kamp ichael Kauch r. Lutz Knopek ascal Kober ellmut Königshaus udrun Kopp r. h. c. Jürgen Koppelin ebastian Körber atrick Kurth einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht abine LeutheusserSchnarrenberger ars Lindemann r. Martin Lindner hristian Lindner ichael Link r. Erwin Lotter liver Luksic orst Meierhofer atrick Meinhardt abi Molitor an Mücke etra Müller urkhardt Müller-Sönksen r. Martin Neumann irk Niebel ans-Joachim Otto ornelia Pieper isela Piltz r. Birgit Reinemund r. Peter Röhlinger r. Stefan Ruppert jörn Sänger rank Schäffler hristoph Schnurr immy Schulz arina Schuster r. Erik Schweickert erner Simmling udith Skudelny r. Hermann Otto Solms oachim Spatz r. Max Stadler orsten Staffeldt r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele tephan Thomae lorian Toncar erkan Tören ohannes Vogel r. Daniel Volk r. Guido Westerwelle 1014 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Vizepräsidentin Petra Pau Markus Kurth Dr. Diether Dehm Dr. Ilja Seifert Katja Dörner Jerzy Montag Kerstin Müller Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth K W N D A D H D Wir kehren nun zum Tageso Das Wort hat der Kollege Loth Fraktion. (Beifall bei d Lothar Binding (Heidelber Liebe Kolleginnen und Kol Präsidentin! Ich wollte eigent zum Rednerpult gelangen, we schreckt hat. Statt eine solche hier eine Attacke gegen Anträg unterstützen sollten. Umso wic bemerken, dass es gut ist, wenn Hand über kleine und mittlere U offensichtlich gefährden Sie de (Beifall bei der SPD und DIE GRÜN Das will ich an einigen Bei jetzt den Kopf schütteln, möch telbar benennen, das Sie scho könnten es noch korrigieren. W die Funktionsverlagerung erlei laus Ernst olfgang Gehrcke icole Gohlke iana Golze nnette Groth r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein R D K S A A K S rdnungspunkt 12 zurück. ar Binding für die SPD er SPD)


(A) )


(B) )


(Hildesheim)


(Wackernheim)


(Tuchenbach)


(Lausitz)


(Frankfurt)


(Lüdenscheid)


(A) )


(B) )


g) (SPD):
legen! Sehr geehrte Frau
lich noch viel schneller
il mich Ihre Rede so er-
Idee zu loben, fahren Sie
e, die Sie letztendlich mit
htiger ist es vielleicht, zu
wir jetzt die schützende
nternehmen halten; denn

ren Struktur nachhaltig.

dem BÜNDNIS 90/
EN)

spielen beweisen. Da Sie
te ich ein Beispiel unmit-
n in Planung haben; Sie
ir haben gehört, dass Sie
chtern wollen, nicht per

G
b
u
t
g
d
F
E
s
g
a
n
k
l

z
D
n
d
w
z
aju Sharma
r. Petra Sitte
ersten Steinke
abine Stüber
lexander Süßmair
lexander Ulrich
athrin Vogler
ahra Wagenknecht

T
U
M
M
U
A
E
D

esetz, sondern per Verordnun
edeutet: Ein Unternehmen for
nd darf sehr viele Kosten –be
riebsausgaben abziehen bzw. k
aben gewinnmindernd zur Gel
ie Patente kurz vor der Realis
orschungsabteilung ins Ausla
ffekt? Die Gewinne fallen im
ind zuvor in Deutschland ent
entlich die fehlenden Steuer
lle anderen, die diese Funktio
ehmen können. Jetzt verraten
leine oder mittlere Unternehm
agerungen vornimmt.


(Beifall bei d Es ist ein aggressiver Weg, erne zu bevorzugen und die k iese Logik wollen wir hierm iemand bestreiten, dass berei en Bereichen Umwelt, Ener icklung mit der Folge der Sc en vor zehn, neun, acht Jahr (D hilo Hoppe we Kekeritz emet Kilic aria Klein-Schmeink te Koczy gnes Malczak lisabeth Paus r. Harald Terpe g. Funktionsverlagerung scht etwa in Deutschland rechtigterweise – als Beann dadurch Betriebsaustung bringen. Wenn dann ierung stehen, wird diese nd verlagert. Was ist der Ausland an. Die Verluste standen. Wer bezahlt eieinnahmen? Das zahlen nsverlagerung nicht vor Sie mir einmal, welches en solche Funktionsver er SPD)


die internationalen Kon-
leinen zu benachteiligen.
it durchbrechen. Es wird
ts Innovationsimpulse in
gie und Technologieent-
haffung von Arbeitsplät-
en Ursache dafür waren,
Nicole Maisch Dr. Dagmar Enkelmann Kathrin Senger-Schäfer Hans-Josef Fell
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Cornelia Behm
Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Ingrid Hönlinger
Katja Keul
Tom Koenigs
Oliver Krischer
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Undine Kurth (Quedlinburg)


Krista Sager
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Josef Philip Winkler

Nein

DIE LINKE

Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Sevim Dağdelen

I
D
A
U
D
K
H
J
J
K
C
S
R
M
U
D
T
U
D
K
N
W
P
J
R
I
P
D

(Cnge Höger r. Barbara Höll ndrej Konstantin Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen atja Kipping arald Koch an Korte utta Krellmann atrin Kunert aren Lay abine Leidig alph Lenkert ichael Leutert lla Lötzer r. Gesine Lötzsch homas Lutze lrich Maurer orothée Menzner ornelia Möller iema Movassat olfgang Nešković etra Pau ens Petermann ichard Pitterle ngrid Remmers aul Schäfer r. Herbert Schui Halina Wawzyniak Harald Weinberg Jörn Wunderlich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Bettina Herlitzius Winfried Hermann Dr. Anton Hofreiter Sven Kindler Sylvia Kotting-Uhl Agnes Krumwiede Monika Lazar Beate Müller-Gemmeke Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann Kuhn Hans-Christian Ströbele Enthalten SPD Petra Hinz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1015 Lothar Binding dass wir auch jetzt relativ gut durch die Krise gekommen sind. Denn diese Art von Forschung und Innovationsentwicklung wirkt ja nicht von heute auf morgen. Es braucht Jahre, bis dies in der Wirtschaft wirklich etwas bewegt. Wir können froh sein, dass wir das vor vielen Jahren noch unter Rot-Grün initiiert haben. Das hat gewirkt, und das kann man heute messen. Das ist sehr gut. Damals stand allerdings die Projektförderung im Mittelpunkt. Wir wissen – vielleicht wissen Sie es ebenfalls –, dass die Projektförderung auch wieder fast ausschließlich den Großunternehmen hilft. Das kann man übrigens in einer sehr ausführlichen Studie nachlesen, die Sie vielleicht kennen. In Abhängigkeit von der Unternehmensgröße und vom Technologisierungsgrad reagieren private FuE-Aktivitäten unterschiedlich auf steuerliche FuE-Anreize. Meine Redezeit rennt dahin. Deshalb will ich nur sagen: Im Ergebnis wird hier ausgeführt, dass die kleinen Unternehmen von dieser Art der Projektförderung fast nichts haben, dass aber die großen, und zwar bis zu 80 Prozent, Mitnahmeeffekte organisieren und der Nettoeffekt dieser Förderung nur bei 20 Prozent überhaupt ankommt. Da merkt man: Es ist eine Fehlsteuerung. Deshalb muss man Sorge dafür tragen, dass man kleine und mittlere Unternehmen in den Mittelpunkt stellt und nicht Ihrer Idee oder der Idee der Bundesforschungsministerin Schavan folgt, nun wieder alle in diese Förderung mit aufzunehmen. Denn dann haben Sie diese Fehlanreize, wie eben geschildert. Wenn Sie den Gesetzentwurf, der morgen im Bundesrat beschlossen werden soll, tatsächlich beschließen, ist das ein weiterer Beleg dafür, dass Sie Großkonzerne bevorzugen. Denn die damit ermöglichte Gewinnverlagerung ins Ausland muss erneut von kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland bezahlt werden. Die dadurch wegfallenden Einnahmen aus der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer fehlen nicht nur den Kommunen, sie fehlen auch den kleinen und mittleren Unternehmen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir für diese Art der Mittelständler etwas tun. Sie müssten aber irgendwann einmal sagen, was Sie unter Mittelstand verstehen. Basierend auf Ihren Ideen habe ich inzwischen eine Definition entwickelt: Immer wenn jemand ein Unternehmen findet, das kleiner ist als das eigene, gehört dies Ihrer Meinung nach zum Mittelstand. Oder: Immer wenn einer ein Unternehmen findet, das größer ist als das eigene, gehört auch dieses zum Mittelstand. Aber die beiden kommen nie zusammen. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das hat niemand verstanden! – Beifall des Abg. René Röspel [SPD])


(A) )


(B) )


– Das verstehe ich.


(Heiterkeit)


Ich darf es für Sie auflösen: Wenn Sie diese beiden unab-
hängig voneinander betrachten, dann stellen Sie fest: Es
gibt überhaupt kein Unternehmen, das nicht zum Mittel-
stand gehört. Mit dieser fehlerhaften Definition des Mit-
telstands machen Sie Politik. Daraus leitet sich immer

w
d
g
g

I
i

v
b
i
w
d
w

M

n
B
m
A

B
A
r
E
m
d
t
t

n
P
a
a
i
t

(C (D ieder eine falsche Politik ab. Deshalb ist es wichtig, ass Sie die logischen Grundsätze gelegentlich beherzien und damit möglicherweise Voraussetzungen für eine ute Politik schaffen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ch glaube, dass das eine ganz einfache Angelegenheit
st.

Wenn wir unserem Antrag in Kombination mit dem
on den Grünen folgen, sind wir für die nächste Krise
esser gerüstet. Denn was wir jetzt machen, wirkt ja erst
n sechs, sieben, acht Jahren. Wenn ich mir anschaue,
as die Banker schon wieder treiben, dann weiß ich,
ass die nächste Krise bestimmt kommt. Dann ist es gut,
enn wir klug aufgestellt sind.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701222800

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege
einhardt.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Meinhardt, ein bisschen differenzierter, bitte! – Gegenruf des Abg. Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Vor allen Dingen nicht so laut!)



Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1701222900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vom
ündnis 90/Die Grünen und von der SPD, ich freue
ich wirklich über die beiden von Ihnen vorgelegten
nträge, die heute Gegenstand der Debatte sind.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Er hat „wirklich“ gesagt!)


eide Anträge bestätigen uns von der FDP in unserer
uffassung, dass wir schnell, aber auch gründlich vorbe-

eitet zu einer steuerlichen Förderung der Forschung und
ntwicklung von in Deutschland forschenden Unterneh-
en kommen müssen. Als Innovationsland müssen wir

en erheblichen Wettbewerbsnachteil der deutschen Un-
ernehmen, insbesondere der kleinen und mittleren Un-
ernehmen, zügig beseitigen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir teilen die Auffassung der Bundesforschungsmi-
isterin, Frau Dr. Schavan, die am 29. Oktober in der
resse verkündet hat, sie strebe eine Steuergutschrift für
lle Unternehmen – also keine Beschränkung auf KMU –
n, wobei sie die steuerliche Förderung von FuE bereits
m kommenden Jahr eingeführt sehen möchte. Ich zi-
iere:

Optimal wäre, wenn wir die Förderung schon im
Lauf des Jahres 2010 starten könnten – dann würde

1016 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Patrick Meinhardt
sie noch in der Krise stabilisierend auf den Arbeits-
markt für Forscher und Entwickler wirken.

Diese Aussage unterstreiche ich doppelt und dreifach.


(Beifall bei der FDP)


Der Koalitionsvertrag von FDP und CDU/CSU ist hier
klar und eindeutig:

Wir streben eine steuerliche Förderung von For-
schung und Entwicklung an, die zusätzliche For-
schungsimpulse insbesondere für kleine und mitt-
lere Unternehmen auslöst.

Diese Koalition hat sich selbst verpflichtet, den For-
schungsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grü-
nen, warum unterstellen Sie uns an dieser Stelle eine
Verschiebetaktik? Davon kann doch überhaupt keine
Rede sein. Was sagen Ihnen die folgenden drei Zahlen:
4 019, 2 583 und 50?


(René Röspel [SPD]: Alles keine Primzahlen! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Alles natürliche Zahlen!)


In den letzten elf Jahren hatten die geschätzten Kollegen
der SPD 4 019 Tage Zeit, als Regierungspartei eine steu-
erliche FuE-Förderung auf den Weg zu bringen; die Grü-
nen hatten, als sie an der Regierung waren, 2 583 Tage
Zeit. Diese Koalition ist erst 50 Tage im Amt. Kommen
Sie, das müssen Sie doch selbst eingestehen: Ihr Vorwurf
ist lächerlich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die steuerliche FuE-Förderung ist Kernstück unserer
Forschungsförderung, weil wir technologieoffen und un-
bürokratisch einen Innovationsschub für Deutschland er-
reichen wollen. Deswegen gilt:

Erstens. Wir wollen die steuerliche Forschungs- und
Entwicklungsförderung als Instrument einer indirekten
Förderung neben der direkten Projektförderung einfüh-
ren.

Zweitens. Wir wollen die Voraussetzungen dafür
schaffen, dass künftig FuE-Aufwendungen der steuer-
pflichtigen Unternehmen aller Rechtsformen – Kapital-
gesellschaften, Einzelunternehmen und Personengesell-
schaften – unabhängig von ihrer Größe durch eine
Steuergutschrift honoriert werden. So wird den Unter-
nehmen die Möglichkeit eröffnet, einen bestimmten Teil
ihrer qualifizierten FuE-Aufwendungen über eine Steu-
ergutschrift real erstattet zu bekommen.

Drittens. Wir wollen zur Liquiditätssicherung der Un-
ternehmen eine die Steuerschuld übersteigende Steuer-
gutschrift unmittelbar auszahlen, um so bei den Unter-
nehmen Liquiditätszuflüsse sicherzustellen, die wieder
für FuE verwendet werden können.

Viertens. Wir wollen, dass bei der Definition der Be-
messungsgrundlage für die Förderung sämtliche FuE-
Aufwendungen – Personal- und Sachaufwendungen so-
wie Aufwendungen für FuE-Auftragsforschung –, die

d
t

r
a

v

d
d
d
d
7
h
w
s
d
s
u
g

b
v
z
w
1
i
D
p

F
s
S
D
b

t

d
d
u
o
s
t

(C (D as steuerpflichtige Unternehmen auf eigenes Risiko täigt, berücksichtigt werden. Diese vier Eckpunkte sind die Grundlage einer erfolgeichen Konzeption, die jetzt in der Regierung solide usgearbeitet werden muss. Deutschland ist ein hochindustrialisiertes Land und erfügt über erhebliche FuEund Innovationspotenziale. Die deutsche Wirtschaft hat ihre FuE-Ausgaben in en letzten zehn Jahren deutlich gesteigert. Wir geben erzeit 56,78 Milliarden Euro für FuE aus, davon weren 20 Prozent für externe Forschungsaufgaben verwenet. Die Hochschulen schaffen es, einen Vorteil von Prozent, umgerechnet sind das 775 Millionen Euro, erauszuziehen. Die außeruniversitäre Forschung beegt sich in einem Bereich von 4 Prozent, umgerechnet ind das 443 Millionen Euro. Das ist ein klares Zeichen afür, in welche Richtung wir gehen müssen. Wir sind icher, dass diese Leistung noch gesteigert werden kann nd mit der Initiative der Bundesregierung auch gesteiert wird. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


Der Anteil des Staates dagegen stagniert seit Jahren
ei rund 0,7 Prozent vom BIP. Die staatliche Förderung
on FuE in den Unternehmen ist rückläufig. Der Finan-
ierungsanteil der öffentlichen Hand an den FuE-Auf-
endungen der Wirtschaft ist von 16,9 Prozent im Jahr
981 auf 4,5 Prozent im Jahr 2006 gesunken, das heißt,
n 25 Jahren auf 25 Prozent des ursprünglichen Betrages.
as ist der Grund, weswegen wir die notwendigen Im-
ulse dringend benötigen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Es tut diesem Haus gut, dass das Thema steuerliche
orschungs- und Entwicklungsförderung endlich per-
pektivisch behandelt werden wird. 21 von 30 OECD-
taaten und 15 europäische Staaten haben sie bereits.
iese Regierung wird diesen Wettbewerbsnachteil 2010
eseitigen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701223000

Das Wort hat die Kollegin Dr. Petra Sitte für die Frak-

ion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701223100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will

aran erinnern: Forschung und Entwicklung gehören zu
en Kernaufgaben erfolgreicher Unternehmensführung,
nabhängig davon, ob sie staatlich gefördert werden
der nicht. Eine aktuelle IHK-Studie zeigt, dass das be-
onders in Krisenzeiten gilt und dass sich besonders Mit-
elständler daran gehalten haben; denn auch in Krisen-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1017


(A) )



(B) )


Dr. Petra Sitte
zeiten hat ein Drittel der Mittelständler seine Ausgaben
für Forschung und Entwicklung erhöht.

Die Bündnisgrünen wollen mit ihrem Antrag die In-
novationskraft dieser Unternehmen stärken. Prinzipiell
unterstützt meine Fraktion dieses Ziel. Allerdings glau-
ben wir nicht, dass die vorgeschlagenen Steuergutschrif-
ten das geeignete Mittel sind. Verbände forschender Mit-
telständler bevorzugen in ihren Positionierungen
nachgewiesenermaßen laufende Projektförderungen, wie
sie vom Wirtschaftsministerium, aber auch vom BMBF
angeboten werden.

Was die Frage betrifft, wofür wir uns entscheiden
bzw. wenn Sie ausführen, dass das zusätzlich erfolgen
soll, dann muss man genau zuhören, was in diesen Tagen
gesagt wird. Herr Pinkwart beispielsweise präferiert
steuerliche Forschungsförderung. Er stellt fest, dass sich
die Koalition in den nächsten Jahren auf diesen Punkt
konzentrieren wird. Nun befürchten die Mittelständler,
dass die Projektförderung dabei eingeschränkt wird und
sie die Vorzüge für die Mittelständler nicht mehr hergibt.

Die Projektförderung sorgt beispielsweise dafür, dass
Beratung und Begleitung erfolgen, dass Planungssicher-
heit durch frühzeitige Mittelzusagen gewährleistet wird,
während man umgekehrt, wenn man eine Steuergut-
schrift einführt, erst vorfinanzieren muss. Das heißt, erst
durch eine nachgelagerte Betriebsprüfung wissen die
Unternehmen, ob sie zumindest einen Teil der Mittel zu-
rückbekommen. Das ist problematisch.

Immerhin schneidet die Projektförderung der Bundes-
republik gar nicht schlecht ab. In einer Studie des Bun-
desverbandes der Deutschen Industrie – die zitiere ich
nicht so oft – heißt es, dass die Projektförderung welt-
weit auf Platz zwei liegt. Gerade vor diesem Hintergrund
muss man sich genau überlegen, ob man das angesichts
der Enge der Haushalte sowohl in den Ländern als auch
beim Bund aufs Spiel setzt.

Man muss auch daran erinnern, dass infolge der Ban-
kenkrise für die mittelständischen Unternehmen die
Konditionen der Banken nicht besser werden. Die Ei-
genkapitalvorschriften, die für die Banken verschärft
werden, werden sich natürlich auch bei den Unterneh-
men durch geänderte Kreditkonditionen niederschlagen.
Deshalb sagen wir: Besser als Steuernachlässe helfen
Projektförderung samt kompetenter Beratung und ein er-
leichterter Zugang zu Mittelstandskrediten.

Die Vorschläge, die Sie machen, sowohl Steuergut-
schriften als auch steuerliche Forschungsförderung, ent-
sprechen dem Gießkannenprinzip. Sie fördern in der
Breite, und Sie fördern Mittelständler. FDP und CDU/
CSU wollen sich aber ausdrücklich dafür einsetzen, dass
das auch für Großunternehmen gilt. Dazu muss ich sa-
gen – Herr Meinhardt hat ausgeführt, dass es 21 Länder
gibt, in denen die Forschungsförderung in dieser Form
bereits eingeführt wurde –: Die Mehrzahl dieser 21 Län-
der hat keinen Körperschaftsteuersatz von 15 Prozent,
sondern von 25 Prozent. Ich finde, mit diesen 10 Pro-
zentpunkten ist die Bundesregierung ganz schön in Vor-
leistung gegangen. Das hat den Staatshaushalt seit Ein-
führung dieser 15 Prozent 200 Milliarden Euro gekostet.

D
g

s
a
s

D
s
s
W
p
U
r
K
s
P
P

I
h
V
r
a
w
r
m
d

m
w
b
s
b
k
s

v

(C (D a muss man schon seriös bleiben und das noch einmal enau abklopfen. Herr Steffel, eines muss man feststellen: Man kann ich mit dem Berliner Senat hier im Bundestag politisch useinandersetzen, aber Adlershof ist ein Modellbeipiel, das Sie bundesweit kein zweites Mal finden. (Beifall bei der LINKEN und der SPD – Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Da können Sie sich bei Herrn Diepgen bedanken!)


Die Grünen wollen qualitative Maßstäbe einführen.
as ist eine gute Absicht. Sie sprechen von der ökologi-

chen Wende, die als Maßstab berücksichtigt werden
oll. Das geht allerdings nicht mit Steuergutschriften.

ir haben uns erkundigt und das haushaltstechnisch ge-
rüft. Aus dieser Prüfung geht ganz klar hervor: Den
nternehmen steht diese steuerliche Forschungsförde-

ung dann zu. Sie können keine zusätzlichen inhaltlichen
riterien setzen. Insofern sage ich: Die Idee der Gut-

chrift ist nett gedacht, ist ein bissel Jamaika, löst das
roblem aber nicht wirklich. Wir sollten lieber bei der
rojektförderung in konzentrierter Form bleiben.


(Beifall bei der LINKEN)


Zum SPD-Antrag will ich jetzt gar nicht viel sagen.


(René Röspel [SPD]: Loben Sie ihn einfach ein bisschen!)


ch habe ein bissel geschmunzelt, muss ich sagen. Sie
aben diesen Antrag ganz schnell zusammengezimmert.
or allem haben Sie hineingeschrieben: Liebe Regie-

ung, mach meine Arbeit. – Sie haben ein paar Kriterien
ngedeutet. Ehrlich gesagt weiß ich aber nicht wirklich,
o Sie hinsichtlich der steuerlichen Forschungsförde-

ung stehen. Ihr Beitrag hat das jetzt etwas deutlicher ge-
acht. Es wurde klar, dass auch Sie sich vor allem um

ie Mittelständler kümmern wollen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701223200

Kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701223300

Gern.

Wir möchten bei der Projektförderung bleiben. Wir
öchten sie zielgenauer und verlässlicher gestalten, und
ir möchten vor allem von allen Fraktionen, die das hier
efürworten, einen seriösen Gegenfinanzierungsvor-
chlag vorgelegt bekommen; denn das kostet insgesamt
is zu 4 Milliarden Euro. Das ist zumindest Ihre Aus-
unft. 12 Milliarden Euro wollte Frau Schavan insge-
amt ausgeben. Wo soll das bitte herkommen?

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701223400

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Philipp Murmann

on der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


1018 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Philipp Murmann (CDU):
Rede ID: ID1701223500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

finde, die vorliegenden Anträge sind durchaus interes-
sant; denn sie unterstützen in vielen Passagen wohlmei-
nend die Absicht der Regierungsparteien.


(René Röspel [SPD]: So sind wir!)


Aber Achtung: Sie sind mit einigen Giftpilzen durch-
setzt, von denen einem vielleicht schlecht werden kann.


(René Röspel [SPD]: Was?)


Sie spenden zum Teil wohltuendes Licht. Allerdings
hängen auch einige dunkle Wolken dazwischen.

In einer dieser schwarzen Wolken in der Begründung
heißt es zum Beispiel, die schwarz-gelbe Koalition
würde mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz Wahl-
geschenke an ihre Klientel verteilen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Tatsache aber ist: Mehr als die Hälfte der in diesem Ge-
setz vorgesehenen Entlastungen betreffen Familien und
Kinder,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


und zwar jene Familien, die mit ihrer täglichen Arbeit
und mit ihrer Leistung ihren und unseren Wohlstand si-
chern und dafür sorgen, dass wir auch denjenigen helfen
können, denen es nicht so gut geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese Familienmütter und -väter wollen wir unterstüt-
zen, ja, aus voller Überzeugung. Wenn Sie Familien als
Klientel bezeichnen, finde ich das unangemessen und re-
spektlos.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dass wir mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz
auch und gerade für den Mittelstand Wachstumsimpulse
setzen, sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Was meinen
Sie, wer zum Beispiel von einer verbesserten Zins-
schranke profitiert? Das sind gerade die kleinen und
mittleren Unternehmen, die häufig mit hohem Fremdka-
pitaleinsatz neue Produkte und Innovationen voranbrin-
gen. Genau die profitieren davon.

Jetzt möchte ich zu den eher lichtdurchfluteten Passa-
gen der Anträge kommen. Ich begrüße es außerordent-
lich, dass die Grünen und hinterher auch ganz schnell die
SPD die Wichtigkeit einer umfassenden Förderung von
Forschung und Entwicklung klar herausgestellt haben.
Auch uns liegt der Bereich besonders am Herzen. Schon
in der vergangenen Legislaturperiode haben die Regie-
rung und insbesondere das Forschungsministerium da-
nach gehandelt. So sind die Investitionen in Forschung
und Entwicklung um ein Drittel auf gut 12 Milliarden
Euro gesteigert worden. Die Hightechstrategie wurde
auf den Weg gebracht, und erfolgreiche Projektförde-
rung, insbesondere für KMUs, wurde eingeführt; dies
wollen wir weiterführen.

u
w
t
n

E
d
l
m
n
Z
t
n
k
S
t

O

N
G

W
w
k
c
h

s
o
s
g
D
a

P
U
H
w

(C (D Im Koalitionsvertrag haben wir nun gemeinsam mit nserem Partner, der FDP, ein Programm vereinbart, elches Bildung und Forschung in Deutschland absolu en Vorrang einräumt. So etwas hat es in dieser Form och nicht gegeben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ine wichtige Maßnahme wird dabei die steuerliche För-
erung von Forschung und Entwicklung sein, die zusätz-
iche Wachstumsimpulse setzen wird. Natürlich freue ich

ich, dass die Grünen und auch die SPD durchaus ei-
ige Ansichten teilen. Sollten wir hier nun tatsächlich
euge einer Wandlung vom grünen Saulus zum grünen

echnologieoffenen Paulus werden? Oder ist das nur eine
eue Form von Greenwashing? Auch Sie wollen ja
leine und mittelständische Technologiefirmen stärken.
ollte dies nicht auch für kleine Firmen im Bereich Bio-

echnologie gelten? Ich denke, ja.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für alle!)


der für moderne Betriebe etwa aus dem Bereich Nano?


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


atürlich. Oder für kleine Start-up-Firmen für Grüne
entechnik? Ja, natürlich.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für alle, die forschen!)


ir wollen Innovationen und gute Ideen für gute An-
endungen fördern. Wir wollen keine Ideologiepolitik,
eine Angstkampagnen, auch nicht unter dem Mäntel-
hen einer möglichen Gegenfinanzierung, wie Sie das
ier mit Ihrer Atomsteuer machen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie suchen noch das dümmste Argument, um unseren Antrag abzulehnen! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Dann dürfen Sie morgen das Gesetz nicht durchgehen lassen! Das müssen Sie dann ablehnen!)


Wir brauchen eine ergänzende, in der Breite wirk-
ame Förderung. Diese Förderung muss technologie-
ffen und möglichst unbürokratisch sein. Natürlich müs-
en wir Doppelförderung vermeiden. Ich habe durchaus
roße Sympathien für das Modell einer Steuergutschrift.
iese Steuergutschrift muss rechtsform- und größenun-

bhängig ausgestaltet sein. Sie sollte sich insbesondere
dieser Meinung bin ich – auf die Förderung bei den
ersonalkosten konzentrieren; denn – das weiß ich als
nternehmer – die Einstellung neuer Mitarbeiter ist die
emmschwelle, die wir gerade im FuE-Bereich über-
inden müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1019


(A) )



(B) )


Dr. Philipp Murmann
Natürlich sollte sie keine regionalen Begrenzungen auf-
weisen. Die Einbeziehung von Auftragsforschung im
Ausland darf nicht enthalten sein.

Ob der Ausschluss von größeren Unternehmen – wir
sprechen von Unternehmen mit zum Beispiel 255 Mit-
arbeitern – tatsächlich sinnvoll ist, müssen wir genau
überlegen. Denn gerade bei mittleren und größeren Un-
ternehmen gibt es einen Standortwettbewerb im Bereich
von Forschung und Entwicklung, der häufig entschei-
dend ist bei der Einführung neuer Forschungs- und Ent-
wicklungsprojekte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich komme zum Schluss. Forschung, Innovationen
und Technologien sind unser Kapital für die Zukunft.
Wir wollen weiterhin das Land der Forscher und Inge-
nieure bleiben.


(Ute Kumpf [SPD]: Auch der Ingenieurinnen und Forscherinnen!)


Wir sind ein technologiefreundliches Land. Wir freuen
uns über neue Anwendungen. Wir sind begeisterungsfä-
hig und verantwortungsbewusst. Eine kluge Steuerpoli-
tik ist ein wichtiger Bestandteil unserer Innovationspoli-
tik. Natürlich sind die Grünen, die SPD und auch die
anderen herzlich eingeladen, diesen Weg mitzugehen.
Aber, wie gesagt, es muss offen und ehrlich geschehen;
denn Technikfeindlichkeit und Fortschrittspessimismus
passen nicht zu uns. Die Idee, neue Ideologiesteuern zu
schaffen, ist nicht vernünftig. Wir wollen Deutschland
zur Bildungs- und Forschungsrepublik und zu einem
Gründerland mit vielen jungen, innovativen Unterneh-
men machen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Jetzt ist alles gesagt, und wir können nach Hause gehen, Herr Präsident!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701223600

Herr Kollege Dr. Murmann, ich gratuliere Ihnen im

Namen des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deut-
schen Bundestag. Herzlichen Glückwunsch!


(Beifall)


Als nächster Redner hat das Wort der Kollege René
Röspel von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1701223700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir haben heute Abend schon eine Menge über
Wirtschaftsförderung, Unternehmensförderung und For-
schungsförderung gehört. Ich habe den Eindruck, dass es
häufig ein bisschen durcheinandergegangen ist. Wenn
man Unternehmen fördern will, dann kann man die Steu-
ern für Unternehmen senken. Man erreicht dadurch das
Ziel; sie freuen sich dann. Wenn man Investitionen för-
dern will, kann man ebenfalls die Steuern für Unterneh-
men senken; aber ob man das Ziel, mehr Investitionen,

e
s
i
n
w

f
E
p
s

f
f
n
A
z
n

G
s
f
b
R

i
L
P
c
w
s
g
o
E
t
d

D
t
C
l
s
P
c
b
b

n
d
F
v
u
s
g
m
E
c
G

(C (D rreicht, ist fraglich. Bestes Beispiel – von mir aus auch chlechtestes Beispiel –: Die Energiekonzerne machen m Moment Milliardengewinne, aber sie investieren sie icht und senken auch nicht die Energiepreise; vielmehr erden diese Gewinne schlicht und einfach eingesackt. Wir wollen heute Abend aber nicht über Wirtschaftsörderung, sondern über Forschungsförderung reden. rlauben Sie mir deswegen, dass ich auf die Forschungserspektive eingehe und auch deutlich mache, wie Forchung in Deutschland funktioniert. Erstens gibt es den großen Bereich der Grundlagenorschung. Grundlagenforschung ist nicht immer einach. Man versteht sie häufig nicht, manchmal sieht man icht ihren Sinn, und sehr häufig sieht man auch keine nwendung. Trotzdem ist Grundlagenforschung der entrale Wissenschaftsbereich und die Basis für die techologische Leistungsfähigkeit Deutschlands. rundlagenforschung wird allerdings fast ausschließlich taatlich finanziert. Das heißt, wir brauchen Steuergeld ür die Grundlagenforschung. In den letzten Jahren haen wir das ausgebaut. Es ist gut, wenn auch die neue egierung diesen Bereich weiter ausbauen will. Der zweite Bereich neben der Grundlagenforschung st die Projektund Programmförderung; mein Kollege othar Binding ist darauf schon eingegangen. Bei der rojektförderung hat der Staat die Möglichkeit, in Bereihen, bei denen man der Auffassung ist, dass dies notendig oder sinnvoll ist, gezielte Forschungsimpulse zu etzen. Die besten Beispiele dafür liegen in der Verganenheit: Ohne steuerliche Förderung, ohne Forschungs-, hne Projektförderung stünden wir bei erneuerbaren nergien, bei optischen Technologien, bei der Mikrosys emtechnik und in vielen anderen Bereichen heute nicht a, wo wir stehen. Wir wissen – das besagen die Gutachten –, dass eutschland gut ist, wenn es um normale Gebrauchsgü er und hochwertige Technologien geht: Automobilbau, hemie, Maschinenbau. Im Bereich der Spitzentechno ogien werden uns aber auch Defizite bescheinigt. Das ind genau die Technologien, die wir im Rahmen der rojektförderung stärker fördern müssen. Dafür brauhen wir finanzielle Mittel. Deswegen ist es unabdingar, die Projektförderung zu erhalten und weiter auszuauen. Man kann noch eine dritte Komponente anführen, ämlich die steuerliche Förderung von Unternehmen, ie Förderung von Forschung und Entwicklung, FuE. rau Ministerin Schavan hat Ende Oktober dieses Jahres erkündet – Herr Meinhardt, kritisieren Sie dafür nicht ns –, dass es im Bereich FuE für alle Unternehmen eine teuerliche Förderung im Umfang von 2 Milliarden Euro eben soll. An genau diesem Punkt sagen wir: Hier muss an ein Fragezeichen setzen. Aus den Gutachten und xpertengesprächen wissen wir, dass von einer steuerlihen FuE-Förderung aller Unternehmen zu vier Fünftel roßunternehmen und Großkonzerne profitieren wür 1020 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 René Röspel den. Das ist völlig klar und wurde auch im EFI-Gutachten beschrieben. Was bedeutet das? Es werden wieder Automobilbau, Chemie und Maschinenbau gefördert. Dagegen ist aus Sicht der Wirtschaftsförderung überhaupt nichts zu sagen. Aber das ist keine Forschungsförderung. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(A) )


(B) )


Deswegen sagen wir: Diese Mittel müssen, wenn sie
denn bereitgestellt werden, zusätzlich zur Verfügung ge-
stellt werden, und sie dürfen nicht zulasten von Projekt-
förderung und Grundlagenforschung gehen. Hier setzen
wir, wie gesagt, Fragezeichen.

Sowohl die Grünen als auch wir geben Ihnen Leit-
planken an die Hand. Wir sagen: Es muss möglich sein
– das ist auch richtig –, kleine und mittlere Unternehmen
zu fördern. Wir wollen Innovationen und Forschung und
Entwicklung fördern. Wir wollen keine Wirtschafts-
oder Standortförderung betreiben – in diesem Bereich
könnte man das pauschal machen –, sondern die Zielset-
zung ist, innovative kleine und mittlere Unternehmen zu
fördern.

Wir sind sehr gespannt, wie es weitergeht. Wir erwar-
ten nicht, dass Sie noch vor Weihnachten ein Konzept
vorlegen. Frau Schavan hat diese Ankündigung im Ok-
tober gemacht. Wenn es nicht bei einer Ankündigung
bleiben soll, erwarten wir allerdings, dass die neue Re-
gierung bis Ostern ein solches Konzept vorlegt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Ja! 2010 machen wir das!)


Meine letzte Bemerkung. Ich befürchte, es wird bei
einer der üblichen Ankündigungen bleiben. Denn beim
ersten Blick in Ihren neuen Haushaltsentwurf für das
Jahr 2010 habe ich den Betrag von 2 Milliarden Euro
nicht gefunden, Herr Braun. Da Frau Schavan heute lei-
der nicht hier ist – der Finanzminister ist ja in derselben
Fraktion wie sie –, kann ich nur sagen: Wir sind sehr ge-
spannt, ob es Ihnen tatsächlich gelingt, im nächsten Jahr
etwas für kleine und mittlere Unternehmen zu tun. Wir
werden das gespannt beobachten.

Ich wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701223800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/130 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist
jedoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und der
FDP wünschen Federführung beim Finanzausschuss, die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wünscht Federführung
beim Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung.

F
r
n
s
D

F
b
s
h
M
g
B

T
d
D

a

A

(C (D Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der raktion Bündnis 90/Die Grünen abstimmen, Federfühung beim Ausschuss für Bildung, Forschung und Techikfolgenabschätzung. Wer stimmt für diesen Überweiungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – er Überweisungsvorschlag ist mit Mehrheit abgelehnt. Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der raktionen der CDU/CSU und der FDP – Federführung eim Finanzausschuss – abstimmen. Wer stimmt für dieen Überweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Entaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit der ehrheit der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion egen die Stimmen der Fraktionen Die Linke und ündnis 90/Die Grünen angenommen. Die Vorlage auf Drucksache 17/247 soll an die in der agesordnung aufgeführten Ausschüsse überwiesen weren. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. ann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 c uf: a)

Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus
Barthel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Studienpakt für Qualität und gute Lehre jetzt
durchsetzen

– Drucksache 17/109 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole
Gohlke, Agnes Alpers, Dr. Rosemarie Hein,
Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE

Forderungen aus dem Bildungsstreik aufneh-
men und die soziale Spaltung im Bildungssys-
tem bekämpfen

– Drucksache 17/119 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Kai
Gehring, Priska Hinz (Herborn), Krista Sager,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Konsequenzen aus dem Bildungsstreik ziehen –
Bildungsaufbruch unverzüglich einleiten

– Drucksache 17/131 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Finanzausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1021


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
derspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das
so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Kollegin Dagmar Ziegler von der SPD-Frak-
tion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dagmar Ziegler (SPD):
Rede ID: ID1701223900

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir erleben in dieser Woche wieder einmal
schwarz-gelbe Chaostage. Das Hickhack und das Ge-
zerre, das wir in diesen Tagen – zwischen dem Bildungs-
treffen gestern und der Bundesratssitzung morgen – erle-
ben, zeigt deutlich, dass diese Bundesregierung weder zu
einer seriösen Finanzpolitik noch zu einer seriösen Bil-
dungspolitik in der Lage ist.


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Mein Gott! Leier, leier, leier!)


Die Bundesregierung beteuert seit Tagen, dass das
eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Fakt ist aber,
dass das, was Union und FDP im Koalitionsvertrag zur
Steuerpolitik und zur Bildungspolitik aufgeschrieben ha-
ben, allein deswegen miteinander zu tun hat, weil es hin-
ten und vorne nicht zusammenpassen will. Genau dieser
Widerspruch ist der Kanzlerin gestern beim vollmundig
angekündigten zweiten Bildungsgipfel um die Ohren ge-
flogen. Die Resonanz heute in der Presse müsste Ihnen
deutlich gemacht haben, dass dem so ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ziel dieses Treffens war es – da sind wir uns sicher-
lich einig –, verbindliche Finanzierungsschritte und kon-
krete Bildungsprojekte zu vereinbaren.


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Wurde gemacht!)


Dieses Ziel ist verfehlt worden. Die Entscheidung ist
nämlich vertagt worden. Daher kommt die große Enttäu-
schung, die landesweit zu spüren ist. Das Ergebnis dieser
Woche wird sein: Steuergeschenke für die Hoteliers,
aber immer noch keine verbindlichen Vereinbarungen
für die Bildung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer zu ei-
nem Bildungsgipfel einlädt, parallel dazu aber dramati-
sche Verschlechterungen der Einnahmesituation von
Ländern und Kommunen vorbereitet, der gefährdet ge-
nau das, was in den nächsten Jahren bildungspolitisch
geleistet werden kann. Deshalb muss die Bundesregie-
rung sämtliche dieser eigenartigen Steuerpläne zurück-
ziehen und den öffentlichen Haushalten die Spielräume
eröffnen, die notwendig sind, damit gute Bildungspolitik
gedeiht. Deutschland muss zu einer Bildungsrepublik
werden statt zu einer Steueroase für wenige.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Oh Gott! – n b E t b t g s d e z n V l d k t s P E g t s f h B r Z w s W u a t e z l u F g l d d (C (D Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das sind ja Reden!)


Im Übrigen hat der gestrige Tag noch etwas gezeigt,
ämlich die inhaltliche Ideenlosigkeit unserer Bundes-
ildungsministerin. Schon der Kabinettsbeschluss zum
tat des Bildungsministeriums war ein Misstrauensvo-

um für die Ministerin; denn die Regierung hat sämtliche
ildungspolitischen Prestigeprojekte der Ministerin un-
er Vorbehalt gestellt und – vielleicht haben Sie es noch
ar nicht gemerkt – im Haushalt qualifiziert gesperrt.

Auch in der Gipfelerklärung habe ich außer ein paar
tichwortartigen Ankündigungen nichts Konkretes fin-
en können. Vielleicht können Sie in Ihrem Redebeitrag
twas dazu sagen. Frau Schavan ist für uns mittlerweile
u einer Ministerin unter Dauervorbehalt geworden.

Ich frage mich, wie viele sogenannte Bildungsgipfel
och notwendig sind, bis erstens endlich verbindliche
ereinbarungen zur Bildungsfinanzierung auf dem Tisch

iegen und wir hier zweitens endlich über konkrete bil-
ungspolitische Vorschläge dieser Regierung diskutieren
önnen. 10. Juni nächsten Jahres – das heißt gleichzei-
ig: ein halbes Jahr verlorene Zeit für die Bildung in un-
erem Land.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – René Röspel [SPD]: Aber die Wahl in NordrheinWestfalen ist dann vorbei!)


Schon im Sommer haben uns die Studierenden auf die
robleme in der Hochschulpolitik aufmerksam gemacht.
in halbes Jahr später ist nach unserer Ansicht die Zeit
ekommen, dass Sie nicht nur eine Problemanalyse be-
reiben, sondern endlich auch Lösungsansätze aufzeigen
ollten. Auch darauf hätten wir uns gestern auf dem Gip-
el konkrete Antworten gewünscht. Nichts davon ist zu
ören.

Die SPD-Fraktion fordert in ihrem Antrag von der
undesregierung deshalb, endlich handfeste Verbesse-

ungen für die Studierenden auf den Weg zu bringen.
wei Aspekte stehen dabei im Mittelpunkt:

Erstens. Eine gute Lehre muss an den Hochschulen
ieder den gleichen Stellenwert wie eine gute For-

chung haben.


(Beifall bei der SPD)


ir sind uns einig: Nachbesserungen an den Studien-
nd Prüfungsordnungen sind unverzichtbar. Das reicht
ber nicht aus. Der Bund muss seinen Beitrag dazu leis-
en, den Bologna-Prozess auch sozial auszugestalten und
in gutes Studium in den neuen Studiengängen möglich
u machen.

Der Wissenschaftsrat hat gesagt, dass die Hochschu-
en mindestens 1 Milliarde Euro pro Jahr mehr brauchen,
m die Bologna-Reformen gut umzusetzen. Die SPD-
raktion fordert die Bundesregierung deshalb auch auf,
emeinsam mit den Ländern einen Pakt für Studienqua-
ität und gute Lehre zu vereinbaren, um diesen Mehrbe-
arf abzusichern – das heißt, 3 Milliarden Euro mehr für
ie Hochschulen in den nächsten drei Jahren.

1022 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dagmar Ziegler
Frau Schavan wird nicht müde, ihr Bologna-Qualitäts-
und Mobilitätspaket anzukündigen – natürlich erst für das
nächste Jahr und ohne zu sagen, was in diesem Paket ent-
halten sein soll. Wir sagen: Wir brauchen mehr Lehrende,
und wir brauchen eine bessere Lehre. Deshalb fordern wir
eine echte Personaloffensive an den Hochschulen – auch
bei den Juniorprofessuren und im akademischen Mittel-
bau. Wir fordern einen Exzellenzwettbewerb für die
Lehre, und wir wollen, dass die Studentinnen und Studen-
ten besser beraten und betreut werden. Dazu gehört übri-
gens auch, dass die teilweise erheblichen Defizite der so-
zialen Infrastrukturen an den Hochschulen beseitigt
werden.


(Beifall bei der SPD)


Die Studierenden brauchen unter anderem bezahlbare
Wohnungen und gut ausgestattete Studentenwerke.

Zweitens. Eine verantwortungsvolle Hochschulpolitik
muss immer auch eine aktive Politik für Chancengleich-
heit sein. Sie setzen auf Selektion und Auslese statt auf
die soziale Öffnung der Hochschulen für alle. Das äußert
sich momentan erwiesenermaßen darin, dass sich der
BAföG-Beirat eben nicht auf die Höhe der notwendigen
BAföG-Anhebung einigen kann. Gewerkschaften und
Studentenwerke fordern eine spürbare Erhöhung, wäh-
rend die Bildungsministerin auf der Bremse steht. Daran
wird ganz deutlich, dass die von der Regierung angekün-
digten Schritte eben nur Trippelschritte sind und dass
beim BAföG nur Sozialkosmetik vorgenommen werden
soll.

Union und FDP wissen, dass sie ein BAföG-Schritt-
chen als Alibi brauchen, um von der Kritik an ihrer un-
sozialen Bildungspolitik abzulenken, sodass sie die so-
zialen Schieflagen in der Bildung weiter ausbauen können.
Die Lösung wäre schlicht und einfach, das Stipendienpro-
gramm ad acta zu legen, Studiengebühren abzuschaffen
und eine echte BAföG-Reform vorzulegen, mit der vor
allem die Freibeträge noch einmal deutlich aufgestockt
werden, damit die Gruppe der BAföG-Berechtigten grö-
ßer werden kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ein letzter Punkt. Die von dieser Bundesregierung vo-
rangetriebene Privatisierung der Bildungsfinanzierung
ist nicht nur sozial ungerecht, sie wird auch nicht funk-
tionieren. Ich frage mich, was die Menschen neben Kita-
Gebühren und Studiengebühren noch alles bezahlen sol-
len – und jetzt verlangt Frau Schavan auch noch, dass
der Herr Meier aus Stuttgart das Stipendium für die
Tochter von Frau Müller aus Köln bezahlen soll. Erklä-
ren Sie uns, wie das gehen soll. Daran kann keiner von
Ihnen wirklich selber glauben.


(Beifall bei der SPD)


Bildung ist eine öffentliche Aufgabe, und das muss
sie auch bleiben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


s
f

b

d
H
f

i
e
w

g
S
S
u
w

W
s
t

A
O
g
z
b
d

m
b
n
d
g

E
n
m
S
V
n
u

t
t
g
W

(C (D Das Wort hat jetzt der Minister für Wissenschaft, For chung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, Proessor Dr. Peter Frankenberg. Dr. Peter Frankenberg, Minister (Baden-Württemerg)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701224000

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vom Bil-
ungsgipfel geht ein sehr positives Signal für unsere
ochschulen, für die Lehre, für die Forschung und auch

ür den Bologna-Prozess aus.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Pakte sind gesichert. Gerade der Hochschulpakt
st für die Zukunft der Lehre an den Hochschulen und für
ine breitere Akademisierung unserer Bevölkerung
ichtig.

Der Bologna-Prozess ist im Prinzip richtig. Der Bolo-
na-Prozess ist die Voraussetzung für eine einheitlichere
trukturierung der Curricula in Europa. Das gestufte
tudiensystem infolge des Bologna-Prozesses ist richtig
nd wichtig, weil nur so eine breite Akademisierung, die
ir brauchen, möglich wird.

Bei der Umstellung ist vieles richtig gemacht worden.
ir sollten nicht die vielen Professorinnen und Profes-

oren, die bei dieser Umstellung Hervorragendes geleis-
et haben, desavouieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ber dass nach einer solchen Jahrhundertreform eine
ptimierung notwendig ist, ist völlig klar. Das von uns
eschaffene gestufte Studiensystem ist übrigens lange
uvor vom Wissenschaftsrat als die notwendige Lösung
ei einer Reform des deutschen Studiensystems gefor-
ert worden.

Ich möchte drei Punkte nennen, die mir für eine Opti-
ierung des Bologna-Systems wichtig sind. Der erste

etrifft die Qualitätssicherung. Hätten wir eine funktio-
ierende Qualitätssicherung, sprich Akkreditierung,
ann dürfte es die Probleme, die in Studiengängen auf-
etreten sind, eigentlich nicht geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ine Akkreditierung auf dem Papier und a priori war
icht die Lösung für den Wegfall der staatlichen Geneh-
igung. Wir brauchen eine Evaluierung im laufenden
tudienbetrieb unter Einbeziehung der studentischen
eranstaltungskritik. Das entspricht dem, was internatio-
al für Qualitätssicherung und Akkreditierung wichtig
nd üblich ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Notwendig ist die Einbeziehung der Fachgesellschaf-
en in das Akkreditierungs- und Qualitätssicherungssys-
em. Wir sollten den Wissenschaftsrat damit beauftra-
en, das System zu reformieren und auch eine Art
ächterrolle für dieses System zu übernehmen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1023


(A) )



(B) )


Minister Dr. Peter Frankenberg (Baden-Württemberg)

Die zweite große Herausforderung ist die größere He-
terogenität der Studierenden, der wir uns heute gegen-
übersehen. Bei einem Anteil von 40 Prozent einer Al-
tersgruppe, der ein Studium aufnimmt, können wir nicht
mehr von Homogenität sprechen. Diesen Studierenden
müssen wir durch die Möglichkeit unterschiedlicher Ge-
schwindigkeiten im Studium gerecht werden. Das Stu-
dium muss in drei oder vier Jahren organisiert werden.
Es muss auch Freiräume für diejenigen geben, die nach
ihrer Neigung oder Befähigung anders studieren wollen
als die, die beabsichtigen, in drei Jahren ein Fast-Track-
Studium zu durchlaufen.

Es muss die Möglichkeit von College-Semestern, also
vorgeschalteten breiteren Studiengängen, geben, die
dann in ein spezifisches Studium führen und zu einer
besseren Orientierung und Qualifizierung der Studenten
beitragen. Dazu müssen wir Möglichkeiten wie ein Mo-
dell „1+3+1+2“ schaffen, um auch eine Studiendauer
von mehr als fünf Jahren zu ermöglichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es ist richtig, dass das BAföG-System sozusagen bo-
lognalisiert wird, also an diese Struktur mit ihren Unter-
brechungen, den häufigeren Fachwechseln und der län-
geren Dauer angepasst wird.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen auch die Frage der inneren Studienstruk-
tur angehen. Schmale Bachelorangebote sind falsch. Der
Bachelor sollte wesentlich breiter sein als das Masteran-
gebot. Die Prüfungsdichte muss dort reduziert werden,
wo Probleme aufgetreten sind. Es muss auch modulüber-
greifend geprüft werden können. Wir sollten auch be-
denken, dass vielleicht eine Kombination von studienbe-
gleitenden Prüfungen und Abschlussprüfungen ideal
wäre. Wir haben die Abschlussprüfungen durch studien-
begleitende Prüfungen ersetzt. Manchmal ist ein Stück
Tradition im besten konservativen Sinne gemischt mit
einer Neuerung die bessere Lösung als eine zu radikale
Neuerung.

Dann kommt die Frage des Bachelor-Master-Über-
gangs. Es ist sicherlich völlig unverzichtbar, dass es be-
stimmte Qualifikationsfeststellungen gibt. Wer auf diese
verzichten will, hat das Bologna-System nicht verstan-
den. Das ist kein nur konsekutives System. Es muss ein
Wechsel des Faches, der Hochschule und des Landes an-
gedacht sein. Bei dem Wechsel des Landes denke ich
nicht nur an einen Wechsel von Württemberg nach Ba-
den.


(Heiterkeit – René Röspel [SPD]: Das ist schon schwierig genug! – Zuruf von der FDP: Das ist auch schon ein gewaltiger Sprung!)


– Das ist aber ein Sprung, auf den ich jetzt nicht im De-
tail eingehen möchte.

Wir müssen das Angebot an Masterstudienplätzen
nicht reglementieren, sondern wir sollten es der befähig-
ten Nachfrage anpassen,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


a
M
g
a
g
r
d
d
W

u

K
g

F

L
m
G
B
S
c
L
t
d
h

b
J
d
m
f
6
2
f
g

(C (D nders als im Erlass vom 16. Februar 2005 durch die inisterin Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen fest elegt wurde, der vorschreibt, dass 20 Prozent des Lehrngebotes der Universitäten und 10 Prozent des Lehranebotes der Fachhochschulen für das Masterstudium eserviert sein sollen, das heißt, 80 bzw. 90 Prozent für as Bachelorstudium. So Frau Kraft in dem Erlass zu en landesspezifischen Strukturvorgaben in Nordrheinestfalen. (Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Eine solche planwirtschaftliche Bewirtschaftung ist
ns fremd.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Also, das würde ich stark finden! – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Was fällt der SPD nur ein! Unglaublich! Was Sozialdemokraten anrichten! Schlimm!)


Mit Bologna verhält es sich insgesamt wie mit der
irche: Bologna semper reformanda, aber im Prinzip
ut.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701224100

Das Wort hat die Kollegin Agnes Alpers von der

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Agnes Alpers (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701224200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als

ehrerin muss ich natürlich auf den Bildungsstreik in
einer Heimstadt Bremen eingehen. Das Motto lautet:
ute Bildung für alle, und zwar sofort. So wie bei uns in
remen streiken zurzeit Schülerinnen und Schüler sowie
tudentinnen und Studenten von Greifswald bis Mün-
hen. Sie fordern eine Finanzierung für Bildung, die ihre
ern- und Ausbildungsbedingungen sofort und nachhal-

ig verbessert, und zwar für alle. Bildung darf nicht von
er sozialen Herkunft und vom Geldbeutel der Eltern ab-
ängig sein.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auf dem gestrigen Bildungsgipfel wurde nun verein-
art, bis 2015 zusätzlich 13 Milliarden Euro in sechs
ahren in Bildung zu investieren. Das ist ein Tropfen auf
en heißen Stein. Zu diesem Schluss kommt man, wenn
an bedenkt, dass im letzten Jahr auf dem Bildungsgip-

el noch von einem Gesamtbedarf in Höhe von
0 Milliarden Euro pro Jahr gesprochen wurde, um bis
015 das Ziel, 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes
ür Bildung auszugeben, zu erreichen. Um Ihre mickri-
en 13 Milliarden Euro zu erreichen,


(Lachen bei der CDU/CSU)


1024 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Agnes Alpers
sollen jetzt auch noch Pensionsansprüche von Lehrerin-
nen und Lehrern sowie Professorinnen und Professoren
und sogar Kitabeiträge der Eltern einberechnet werden.
Meine Damen und Herren von der Union, Ihr Partei-
freund, der sächsische Kultusminister Roland Wöller
sagt – wie ich finde: treffend –: „Das sind Taschenspieler-
tricks.“


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Bremer Bildungsstreik spielen aber nicht nur Stu-
dentinnen und Studenten sowie Schülerinnen und Schü-
ler eine Rolle. Vielmehr solidarisieren sie sich auch mit
Auszubildenden und Jugendlichen, die keinen Ausbil-
dungsplatz haben oder sich in Übergangsmaßnahmen
befinden. Ziel des Bildungsgipfels vor einem Jahr war,
viele Maßnahmen auf Bundesebene voranzutreiben. Sie
wollten beispielsweise Kampagnen starten, um Ausbil-
dungsplätze für alle zu schaffen. Übergangsmaßnahmen
sollten als Ausbildungszeit angerechnet werden. Aber
außer Spesen nichts gewesen! Da hilft es auch nicht,
wenn die Bildungsministerin in ihrer Antrittsrede erneut
davon spricht, dass die berufliche Bildung das Flagschiff
unseres Bildungssystems ist. Statt etwas für die jungen
Leute zu tun, haben Sie lieber Mikado gespielt: Wer et-
was bewegt, hat verloren.


(Beifall bei der LINKEN)


Frau Schavan und meine Damen und Herren von der
Union, können Sie sich eigentlich vorstellen, was dies
mit jungen Leuten macht? Ich habe die Mutlosigkeit und
die Verzweiflung bei meiner Arbeit kennengelernt. Es
muss Ihnen doch zu denken geben, dass die OECD seit
Jahren beklagt, dass Deutschland seine Bildungschancen
nach sozialer Herkunft verteilt. Besonders hart sind die
Bedingungen für Jugendliche mit Migrationshinter-
grund. Die Arbeitnehmerkammer Bremen weist in ihrem
Armutsbericht 2008 nach, dass diese Jugendlichen bei
gleichem Leistungsniveau eine deutlich geringere Chance
auf einen Ausbildungsplatz haben.

Frau Schavan, mit dieser Bildungspolitik treiben Sie
die Spaltung der Gesellschaft weiter voran. Renate
Köcher schrieb gestern in der FAZ, dass nur 31 Prozent
der Menschen aus sozial benachteiligten Schichten „an
die Möglichkeit glauben, durch Leistung die eigene Lage
zu verbessern“. Das ist ein Alarmsignal. Investieren Sie end-
lich mindestens 13 Milliarden Euro pro Jahr! 13 Milliarden
Euro auf sechs Jahre verteilt, das ist doch nur ein durch-
sichtiges Angebot an die Länder, damit sie morgen dem
Wachstumsbeschleunigungsgesetz zustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701224300

Frau Kollegin Alpers, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer

ersten Rede im Deutschen Bundestag. Herzlichen
Glückwunsch!


(Beifall)


N

K
m
k
l

D
s
f
S
r
ü
s
W
t

e

s

h
M
i
f

a
f
d
s

6
t
g
M
f
A
d
s

R
s
z
s
g

b
d

(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Professor Dr. Martin eumann von der FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1701224400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Sehr geehrter Herr Professor Frankenberg, ich
öchte mich ganz ausdrücklich für Ihren Beitrag bedan-

en, der die Diskussion über dieses Thema deutlich qua-
ifiziert hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Koalition und die Opposition vereint ein Ziel:
eutschland zur Bildungsrepublik zu machen. Das las-

en die drei vorliegenden Anträge aus den Oppositions-
raktionen auf den ersten Blick vermuten, aber der
chein trügt. In Ihren Anträgen, meine Damen und Her-
en von der Opposition, formulieren Sie Feststellungen
ber den angeblichen Zustand des deutschen Bildungs-
ystems. Diese Feststellungen werden aber von der

irklichkeit nicht bestätigt. Dies hat nicht zuletzt die ak-
uelle Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes
Hochschulstandort Deutschland 2009“, wie ich finde,
indrucksvoll belegt.

Erstens. Die Studienanfängerquote ist mit 43 Prozent
o hoch wie nie zuvor.

Zweitens. Es gibt keinen systematischen Zusammen-
ang zwischen allgemeinen Studiengebühren und dem
obilitätsverhalten der Studienanfänger. Das heißt, es

st entgegen Ihren Behauptungen kein Abschreckungsef-
ekt erkennbar.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Drittens. Die durchschnittliche Studiendauer hat sich
uf 9,6 Fachsemester verkürzt, zum einen durch die Ein-
ührung des Bachelorstudiums, zum anderen aber auch
urch die Einführung von Studiengebühren für Langzeit-
tudenten.

Viertens. Die Erfolgsquoten sind mit durchschnittlich
8 Prozent noch gering, aber – auch das zeigen die statis-
ischen Zahlen – die höchsten Quoten liegen bei Studien-
ängen mit Zulassungsbeschränkungen wie zum Beispiel
edizin oder bei Studiengängen, die einem Auswahlver-

ahren an den Hochschulen unterliegen. Das heißt, mehr
utonomie der Hochschulen kann für eine bessere Stu-
ienorganisation sorgen, ein Weg, den wir weiter be-
chreiten werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich will hier nichts schönfärben, aber wir sollten die
ealität zur Kenntnis nehmen. Die ist eben nicht

chwarz-weiß oder, wenn ich es auf das Parlament be-
iehe, rot-grün. Bevor wir die Bologna-Reform vor-
chnell verteufeln und zum Sündenbock für eine als un-
erecht empfundene Hochschulpolitik abstempeln,


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut doch niemand!)


licken wir doch einmal zehn Jahre zurück. Es waren
och die allseits beklagten Mängel des alten Studiensys-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1025


(A) )



(B) )


Dr. Martin Neumann (Lausitz)

tems, dass die Durchschnittszahlen bei 13 bis 14 Semes-
tern lagen, dass eine Abbruchquote von über 30 Prozent
bestand und dass die Hochschulabsolventen mit durch-
schnittlich 28 Jahren im weltweiten Vergleich viel zu alt
waren. Hier hat Bologna angesetzt, und zwar, wie ich
meine, mit Erfolg.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dieser Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Aber
ein Zurück wäre ganz bestimmt kein Schritt in Richtung
Bildungsrepublik. Dort wollen wir doch alle hin. Wir als
FDP erwarten, dass jeder seine Hausaufgaben macht.
Eine echte Bildungspartnerschaft – die ist Bedingung für
eine Bildungsrepublik Deutschland – ist eine gemein-
same Anstrengung von Bund, Ländern, Kommunen und
vor allem den Hochschulen, die sich dem Umstellungs-
prozess stellen müssen, der von der Politik zu begleiten
ist.

Die Kritik an Bologna, wie sie auch in den Studenten-
protesten häufig zu hören ist, ist nur teilweise berechtigt.
Wenn die Studierenden zum Beispiel eine Verschulung
und Überfrachtung des Studiums sowie eine zu hohe Ar-
beitsbelastung beklagen, dann ist das nur bedingt dem
Bologna-Prozess zuzuschreiben. Gerade die Hochschu-
len haben es doch in der Hand, mit ihren Prüfungsord-
nungen die Belastungen ihrer Studierenden zu steuern.
Diese sind nach meinen eigenen Erfahrungen nur unwe-
sentlich höher, als sie es bei den Diplomstudiengängen
schon waren. Die Hochschulen haben es in der Hand,
über Zulassungsverfahren und Kapazitätsplanungen eine
Überfüllung der Hörsäle zu vermeiden.

Dass hier die Länder maßgeblich den Erfolg von Bo-
logna beeinflussen können, zeigt nicht nur das Positiv-
beispiel Nordrhein-Westfalen. Es gibt auch eine andere
Richtung. Ich schaue da nur auf mein Heimatland Bran-
denburg, wo die SPD ununterbrochen seit 1990 regiert
und wo die rot-rote Mehrheit erst gestern im Landtag be-
schlossen hat, dass die Lage an den Hochschulen im
Land in einem mehrmonatigen Prozess zunächst einmal
bewertet werden soll, um dann frühestens im vierten
Quartal – man höre! – 2010 eventuell eine Änderung
herbeizuführen,


(Dagmar Ziegler [SPD]: Weil die Ministerin von der CDU war!)


und das angesichts des schlechten Betreuungsverhältnis-
ses zwischen Dozenten und Studenten an den Branden-
burger Universitäten von 1 : 21,1 im Vergleich zum Bun-
desdurchschnitt von 1 : 17,6.

Es verwundert mich schon, dass Sie die Bundesregie-
rung hier zu schnellem Handeln auffordern und die Stu-
denten dort, wo Sie selbst in der Regierungsverantwor-
tung sind, unnötig hinhalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dagmar Ziegler [SPD]: Hallo! Neun Jahre CDU!)


– Liebe Frau Ziegler, die Brandenburger SPD-Wissen-
schaftsministerin, Ihre Parteifreundin, wird heute in der
Schweriner Volkszeitung zitiert, viele Befürchtungen der
Studenten seien „nicht durch Fakten untersetzt“. In die-
ser Einschätzung liegt viel Wahres. Vielleicht sollten Sie

e
b
B

K

d
b
w

d
s
g

S

c
s
n
s
F

u
S
g
d
w
r
w

B
k
k

(C (D inmal mit Ihren Fachministern in den Ländern reden, evor Sie uns im Deutschen Bundestag mit Anträgen ein ild zeichnen, das mit der Realität wenig zu tun hat. Herr Neumann, erlauben Sie eine Zwischenfrage der ollegin Ziegler? Bitte. Bitte schön. Lieber Herr Kollege, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, ass neun Jahre Wissenschaftspolitik im Land Brandenurg, auf die Sie gerade rekurriert haben, in der Verantortung einer CDU-Ministerin lag. Liebe Frau Ziegler, wenn Sie genau zugehört hätten, ann wüssten Sie, dass ich gesagt habe: Die SPD-Wisenschaftsministerin hat das, was ich hier zitiert habe, estern gesagt. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Der Ministerpräsident war immer von der SPD!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701224500
Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1701224600
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701224700
Dagmar Ziegler (SPD):
Rede ID: ID1701224800
Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1701224900

ie beschreibt eine Situation nach ihrem Blickwinkel.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dagmar Ziegler [SPD]: Na und? – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Man muss nicht besonders clever sein, um das zu kapieren)


Wir wollen Deutschland zur Bildungsrepublik ma-
hen. Wir handeln auch so und belassen es nicht bei un-
eriösen Anträgen, deren Aussagen die Wirklichkeit
icht widerspiegeln, sondern in denen Sie ganz offen-
ichtlich einigen Studenten mit ideologisch begründeten
orderungen nach dem Munde reden.

Ich komme zum Schluss. Es wäre aus meiner Sicht
nsozial, wenn wir den Familien nicht mit einem fairen
teuersystem mehr Geld für die Ausbildung ihrer Kinder
eben würden. Es wäre unsozial, wenn wir 10 Prozent
er Studierenden ein Stipendium verweigern würden. Es
äre unsozial, wenn wir Schülern aus finanzschwäche-

en Familien nicht vor Ort mit Bildungsschecks helfen
ürden, die besten Förderangebote zu erhalten.

Also: Fordern Sie nicht nur! Kritisieren Sie nicht nur!
eenden Sie vor allem Ihre ideologischen Klassen-
ämpfe, und schärfen Sie Ihre Sinne für die Wirklich-
eit!

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Die Einzigen, die das Wort „Ideologie“ benutzen, kommen von der FDP und der Union!)


1026 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701225000

Das Wort hat der Kollege Kai Gehring von der Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wenn die Grünen nicht klatschen, klatsche ich! – Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)



Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701225100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Neumann, Sie haben recht. Es geht immer mit der
Betrachtung der Realität los. Deshalb freue ich mich,
dass FDP, Union und Grüne heute im Saarländischen
Landtag gemeinsam die Abschaffung der unsozialen
Studiengebühren beantragt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Im Sinne der Wahrnehmung der Wirklichkeit möchte
ich sehr deutlich sagen, dass man die heutige Debatte
ohne eine kritische Bewertung des gestrigen Bildungs-
gipfels II nicht führen kann. Auf dem Treffen von Kanz-
lerin, Bundesministerin und Ministerpräsidenten der
Länder hätten Konsequenzen aus den Bildungsstreiks
gezogen werden können und müssen. Das Treffen hat
aber nur einen Titel verdient: Der Berg kreißte und gebar
noch nicht mal eine Maus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Bildungsrepublik ist gestern zum Märchenland von
Merkel und Schavan geworden. Sich von Gipfel zu Gip-
fel zu vertagen, ohne verbindliche Lösungen zu liefern,
ist kein Meilenstein für eine bessere und gerechtere Bil-
dung, sondern ein Armutszeugnis für die Bundesregie-
rung und eine schlechte Nachricht für die Zukunftsper-
spektiven von Schülern und Studierenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Koalition sollte sich etwas anderes in den Advents-
kalender schreiben: Eine Bildungsrepublik lässt sich
nicht auf Steuersenkungen, Statistiktricks und Machtge-
schacher mit den Ländern aufbauen. Mit Schönrechnen,
Tricksen und Schachern haben Bund und Länder gestern
auf die völlig unterdurchschnittlichen Bildungsinvesti-
tionen in Deutschland geantwortet. Aus unserer Sicht ist
es geradezu unanständig, die jährlich 23 Milliarden Euro
große Finanzierungslücke zum OECD-Durchschnitt klein-
zutricksen, indem unter anderem Pensionen von Lehrern
und Professoren und fiktive Mietkosten für Grundstücke
und Gebäude einfach zum Bildungsbudget hinzuaddiert
werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition,
mit Bilanzfälschung lassen sich Unterfinanzierung, Un-
gerechtigkeiten und Blockaden in unserem Bildungssys-
tem sicherlich nicht beheben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


5
a
h
d
v
m
S
z
a
s
h

E
e
d
e

S
S
t
r
t

s
I
r
d
g
S
u
D
n

b
K
B
w
p
u
W
o
z
l
N

A

(C (D Für die Bildung hat der Bund gestern kümmerliche ,2 Milliarden Euro auf den Verhandlungstisch gelegt – n einem Tag, an dem der Finanzminister seinen Hausaltsentwurf für 2010 vorgelegt hat, in dem 100 Milliaren Euro neue Schulden eingeplant sind, einen Tag beor Sie den Ländern und Kommunen mit Beschlüssen zu illiardenschweren Steuerausfällen die Möglichkeit zur chaffung einer Bildungsrepublik unter den Füßen wegiehen. Ihr Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist nichts nderes als ein Bildungsbremsund Schuldenaufbaugeetz. Als solches wird es auch in die Geschichte eingeen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


s ist hier schon angesprochen worden, aber man muss
s Ihnen immer wieder sagen: Es ist ein Armutszeugnis,
ass die Koalition lieber Hotelbetten subventioniert, statt
ine verbindliche Zahl von Studienplätzen aufzubauen.


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


ie handeln damit fahrlässig. Wenn man noch die neuen
chulden in Höhe von 100 Milliarden Euro berücksich-

igt, muss man feststellen, dass Sie das Prinzip der Gene-
ationengerechtigkeit ganz offensichtlich in die Tonne
reten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. René Röspel [SPD] und der Abg. Agnes Alpers [DIE LINKE])


Wir als Grüne haben ein Paket an Maßnahmen ge-
chnürt, mit dem der Bildungsaufbruch gelingen kann.
m Gegensatz zu Ihnen haben wir auch einen Finanzie-
ungsvorschlag gemacht. Wir wollen unter anderem,
ass der Soli Ost schrittweise in einen Bildungssoli um-
ewandelt werden soll. Mit diesem Bildungssoli könnten
ie konsequent in Bildungseinrichtungen investieren
nd damit einen gesamtstaatlichen Kraftakt stemmen.
arauf hätten Sie sich gestern auch verständigen kön-
en.


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Wissen Sie überhaupt, was der Unterschied zwischen Steuern und Abgaben ist?)


Wo wir gerade beim gesamtstaatlichen Bildungsauf-
ruch sind, möchte ich sehr deutlich sagen: Das absurde
ooperationsverbot zwischen Bund und Ländern bei der
ildung, das in der Föderalismusreform I festgeschrieben
urde, muss endlich wieder fallen; denn es hat bildungs-
olitische Kleinstaaterei und Flickenteppiche gebracht
nd solches Geschacher wie gestern hervorgerufen.
enn selbst Frau Schavan in einem Interview dieses Ko-

perationsverbot mittlerweile ganz klar als Fehler be-
eichnet, sollte Schwarz-Gelb diesen Fehler unverzüg-
ich korrigieren. Dann kann man das bildungspolitisch
otwendige in diesem Land auch besser anpacken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Agnes Alpers [DIE LINKE])


Wir fordern in unserem Antrag unter anderem, den
usbau von Ganztagsschulen mit einem neuen Ganz-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1027


(A) )



(B) )


Kai Gehring
tagsschulinvestitionsprogramm im neuen Jahr fortzuset-
zen. Wir wollen einen echten Pakt für Studierende.
Hierdurch sollen 500 000 Studienplätze geschaffen,
bessere Lehr- und Studienbedingungen gefördert und
die Bologna-Reform korrigiert werden. Ein wichtiges
Anliegen ist uns auch die Stärkung der staatlichen Stu-
dienfinanzierung, das heißt eine sofortige BAföG-Erhö-
hung statt eines völlig vagen Stipendienprogramms, ein
mittelfristiger Ausbau der Studienfinanzierung zu ei-
nem Zwei-Säulen-Modell sowie die Abschaffung von
Studiengebühren. Das alles sind wichtige Vorschläge,
die die Koalition aufgreifen könnte, um die skandalöse
Bildungsspaltung in unserem Land tatsächlich zu behe-
ben. In diesem Sinne freue ich mich auf weitere Debat-
ten über unsere Anträge sowohl im Ausschuss als auch
vor Ort in den Audimaxen dieser Republik.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701225200

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Thomas Feist von
der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Thomas Feist (CDU):
Rede ID: ID1701225300

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Bildungsfreunde!


(Dagmar Ziegler [SPD]: Und -freundinnen!)


Im Wesentlichen lässt sich zu den uns hier vorliegenden
Anträgen Folgendes sagen: Erstens. Sie sind ihrem We-
sen nach nicht neu. Zweitens. Sie sind ihrem Inhalt nach
nicht besonders innovativ. Drittens. Sie sind in ihren Be-
gründungen zumindest teilweise recht originell. – Origi-
nell ist es allerdings nicht, dass es offenbar der Reflex
auf öffentliche Diskussionen der letzten Wochen ist, der
die Opposition zu diesen Anträgen geführt hat. Hilfrei-
cher als derart reflexartige Handlungen wäre es, halb-
gare Bildungskonzepte nicht erst dann aus dem Hut zu
zaubern, wenn sich auf der Flamme öffentlicher Diskus-
sion daraus das eigene politische Süppchen kochen lässt.

Es erstaunt mich nicht, dass die Aussagen des Koali-
tionsvertrages zu konkreten Maßnahmen wie Bildungs-
bündnissen vor Ort, dem Ausbau der Bildungsfinanzie-
rung und dem Primat schulischer Qualität von den
Antragstellern offenbar nicht zur Kenntnis genommen
wurden.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Ankündigungen!)


Das ist der Blickwinkel der Opposition, das ist nicht an-
ders zu erwarten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es erstaunt zumindest teilweise, dass unter der Über-
schrift „Bildungspolitik“ in allen drei Anträgen fast aus-
schließlich Aussagen zur Sozialpolitik zu finden sind.

I
g
m

d
Q
m
k
s
A
P

E
g
g
u
ü
b

E
s
d
f

f

s
o
j

i
w
a
I
d
e
n

v
z
z
U
e
t
k
S

a

(C (D ch wünsche mir ganz persönlich in Zukunft etwas wenier Wiederholungen altbekannter Statements und etwas ehr Beharrlichkeit im Thema. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dagmar Ziegler [SPD]: Wünschen wir uns auch!)


Wirklich erstaunlich ist der Umstand, dass in keinem
er Anträge etwas dazu steht, wie eine Erhöhung der
ualität von Bildung erreicht werden kann. Es darf zu-
indest bezweifelt werden, dass dies durch eine Absen-

ung oder gar durch den Wegfall jeglicher Zugangsbe-
chränkungen zum Studium oder durch die in den
nträgen ausführlich beschriebenen Rundum-sorglos-
akete für Abiturienten möglich ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


benso unwahrscheinlich ist es, dass der in allen Anträ-
en beschworene Standortvorteil durch fehlende Studien-
ebühren dem Standortvorteil durch exzellente Lehre
nd Forschung bei gleichzeitig erhobenen Gebühren
berlegen ist. Den Beweis dafür sind Sie schuldig ge-
lieben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


in Weiteres kommt hinzu: Die in den Anträgen be-
chworene Zwangsläufigkeit der Aufnahme eines Stu-
iums nach abgelegtem Abitur widerspricht der Wahl-
reiheit des Einzelnen,


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Was ist das für ein Quatsch!)


ür die Sie doch sonst immer so vehement eintreten. Fast
aber nur fast – könnte man meinen, Sie instrumentali-
ieren Studierende für Ihre eigenen politischen Zwecke,
hne tatsächlich an den jeweiligen Bildungsbiografien
unger Menschen interessiert zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zu den einzelnen Anträgen. Der Vorschlag der SPD
st geradezu visionär, und man müsste dazu gratulieren,
enn er nicht unlängst von der bildungspolitischen Re-

lität überholt worden wäre. Es ist schade für die Pointe
hres Antrages, dass mittlerweile bereits ein Großteil
essen eingelöst ist, was Sie fordern, und dies, ohne dass
in Pakt – in welcher Form und von wem auch immer –
otwendig gewesen wäre.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Da wissen Sie mehr als wir!)


Mit der Anpassung der ländergemeinsamen Struktur-
orgaben hat die Kultusministerkonferenz vom 10. De-
ember dieses Jahres einen ganz wesentlichen Beitrag
ur Beseitigung bestehender Fehlentwicklungen bei der
mstellung der Studiengänge geleistet. Die Regelstudi-

nzeiten werden demzufolge flexibilisiert, und Mobili-
ätsfenster innerhalb des Studiums gewährleisten zu-
ünftig die erforderlichen Zeiträume für Aufenthalte der
tudierenden an anderen Hochschulen.

Der Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,
us dem Solizuschlag einen Bildungssoli zu machen, ist

1028 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Thomas Feist
– so stellt er sich nach außen dar – der wirklich große
Wurf, die geniale Eingebung, auf die wir und die Bil-
dungslandschaft im Besonderen schon immer gewartet
haben.


(Beifall des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Schade ist nur, dass er eines völlig außer Acht lässt, dass
nämlich noch nie mehr Geld für Bildung bereitgestellt
wurde als heute.

Zu einer zukunftsfähigen finanziellen Ausstattung der
deutschen Bildungslandschaft gehört allerdings auch, die
richtigen Prioritäten zu setzen. Hier hat die Koalitionsre-
gierung konkrete Vorschläge unterbreitet. Sie lauten:
BAföG-Erhöhung, Stipendiensystem und Bildungsspa-
ren. Die vom Bundesministerium für Bildung und For-
schung selbst eingesetzten Sperrvermerke sind für mich
ein gutes Signal, dass das Parlament angemessen an den
weiteren Entscheidungen beteiligt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – René Röspel [SPD]: Das Parlament setzt Sperrvermerke, nicht die Regierung!)


Das in gewohnt klassenkämpferischer Manier ver-
fasste Papier der Linken lasse ich an dieser Stelle un-
kommentiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Breiten wir so kurz vor Weihnachten den großen Mantel
der christlichen Nächstenliebe darüber.

Abschließend möchte ich noch kurz auf die Studen-
tenproteste eingehen. Es ist wichtig, dass wir als Bil-
dungspolitiker auch weiterhin mit denjenigen Studenten-
vertretern im Gespräch bleiben, für die der Begriff
„konstruktiver Dialog“ keine Kapitulationserklärung an
das System, sondern Grundlage allen Streits um eine
kontinuierliche Verbesserung unserer Bildungsland-
schaft ist. Hierbei muss erstens gelten: gleiche Chancen
für alle statt Gleichmacherei, und zweitens müssen Ver-
antwortung des Staates und persönliche Verantwortung
des Einzelnen sich ergänzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Noch wichtiger ist allerdings, dass sich die Opposition
nicht in einer Debatte über Pakte verzettelt, sondern mit
Blick auf eine gute Bildung in unserem Land mit an-
packt. Handlungsfelder dafür bieten sich in den bil-
dungspolitischen Aktivitäten der jetzigen Bundesregie-
rung zuhauf. Neben der schon erwähnten Erhöhung der
Bedarfssätze und Freibeträge sowie der Anhebung der
Altersgrenze beim BAföG ist hier auch die erhebliche
Steigerung der Investitionen in Bildung und Forschung,
in die Zukunft und in die Menschen in diesem Lande zu
nennen.

Zusammengefasst wäre es für die Bürger unseres
Landes ein wichtiges Signal, wenn die Opposition sich
fürderhin auf konstruktive Äußerungen zur Bildungs-
politik beschränkt und die Gesetze zur Verbesserung der
Studienrahmenbedingungen und der Studienfinanzie-

r
m

m
d

d
d
g
D

A
d
s

n
d

K
s

(C (D ung demnächst im Deutschen Bundestag gemeinsam it uns beschließt. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Herr Kollege Feist, auch Ihnen gratuliere ich im Na en des Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bunestag. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 17/109, 17/119 und 17/131 an die in er Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlaen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. ann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 14 a und 14 b auf: a)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701225400

(Beifall)


Übertragung der bundeseigenen Seengewässer
auf die neuen Länder
– Drucksache 17/238 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Kirsten Tackmann,
Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE

Keine Privatisierung von Äckern, Seen und
Wäldern
– Drucksache 17/239 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
erspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so be-
chlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er das Wort dem Kollegen Hans-Joachim Hacker von
er SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1701225500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Praxis der Seenverkäufe durch die BVVG
chlägt hohe Wellen, um es einmal bildhaft darzustellen,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1029


(A) )



(B) )


Hans-Joachim Hacker
zum Beispiel rund um den Malchiner See. Mitten im
wunderschönen Naturpark Mecklenburgische Schweiz
gelegen, bietet der Malchiner See auf mehr als acht Kilo-
metern Länge vielen Menschen einen Raum für Erho-
lung und für Tourismus. Wenn der Winter kommt – wir
hoffen das immer noch –, ist er ein Ort zum Eislaufen.
Aber auch bei Anglern und Eisseglern ist dieser See sehr
beliebt. Das ganze Jahr über fahren Angeltouristen an
diesen See, um einen Hecht, einen Zander oder einen
Aal zu fangen. Das alles könnte in Gefahr geraten, wenn
die Privatisierung der bundeseigenen Seengewässer wie
bisher fortgesetzt wird. Die SPD-Bundestagsfraktion hat
deswegen diesen Antrag eingebracht mit dem Ziel, die
betreffenden Seengewässer auf die neuen Länder, kon-
kret: auf die Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vor-
pommern, zu übertragen und – solange dies noch nicht
geschehen ist – die öffentliche Ausschreibung zu stop-
pen.

Wie kommt es zu dieser Privatisierung, zu den Ver-
käufen von Seengewässern? Ich rufe in Erinnerung: Mit
der deutschen Einheit sind dem Bund diese Seen zuge-
fallen. Ungefähr 14 000 Hektar Gewässerflächen sind
bereits verkauft worden. Wir müssen sicherstellen, dass
Touristen und Erholungssuchende, Angler und Fischer,
die dort gewerbsmäßig arbeiten, freien Zugang zu diesen
Seen behalten. Ein weiterer Verkauf von Seengewässern
nach Marktbedingungen führt dazu, dass diese Flächen
der Allgemeinheit nicht mehr zugänglich sind.


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Das ist purer Unsinn, Herr Kollege Hacker!)


Es muss ein Verfahrensweg gefunden werden, mit dem
dies verhindert wird. Diesem Ziel dient unser Antrag.

Unser Antrag zielt darauf ab, die Übertragung des Ei-
gentums auf die jeweiligen Länder zu ermöglichen, und
zwar unentgeltlich. Ich bin optimistisch, dass dieser Vor-
schlag, der im Antrag enthalten ist, bei den Ländern auf
große Zustimmung stoßen wird. Ich denke in diesem Zu-
sammenhang an eine Debatte im Schweriner Landtag, in
der sich alle Fraktionen für diesen Weg ausgesprochen
haben, Herr Kollege Rehberg.


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Der Antrag zeugt nicht von großer Rechtskunde der SPD im Landtag!)


Ich erinnere daran, dass diese Thematik auch Gegen-
stand der Beratungen im Bundesrat sein wird. Ich zeige
Ihnen morgen gerne einen Brief Ihrer ehemaligen Kolle-
gen aus der CDU-Landtagsfraktion, die mich ausdrück-
lich aufgefordert haben, mich in diesem Sinne im Bun-
destag zu engagieren.


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Sie haben sie wahrscheinlich zum Rechtsbruch aufgefordert!)


Ich bin froh, dass ich bei der CDU in Mecklenburg-Vor-
pommern Unterstützung für diesen Antrag gefunden
habe. Ich freue mich darauf, wenn sich die Kollegen der
CDU aus Mecklenburg-Vorpommern heute klar positio-
nieren und für diesen Antrag stimmen.

U
d
r
n
D
g
R
m
w
e
u
l
v
z
g
G
u
v
l
w

m
d
n
s
I
l
r
t
s
e

d
A

C

K
F
tu
n
i
u
m
g
d
n
w
h

(C (D (Beifall bei der SPD – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Niemals!)


Der Antrag greift wichtige Aspekte des Natur- und
mweltschutzes auf, die verloren gehen würden, wenn
ie Verkaufspraxis so fortgeführt würde. Ich erinnere da-
an, dass viele Menschen, die in Regionen leben, in de-
en Seen privatisiert werden sollen, tief betroffen sind.
em Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages lie-
en Petitionen mit über 84 000 Unterschriften vor, Herr
ehberg. Ich würde es als ein Zeichen der Wahrneh-
ung von Mitwirkungsrechten der Bürger ansehen,
enn dieses Bürgeranliegen ernst genommen wird, dem-

ntsprechend die Privatisierungspolitik gestoppt wird
nd mit einem Gesetz, das wir einfordern, eine Neurege-
ung geschaffen wird. Die Länder in Deutschland sind
erpflichtet, europäisches Recht umzusetzen, das heißt,
ur Gewässerreinhaltung und zu einer ökologisch günsti-
eren Gewässerbilanz beizutragen. Schon das hat viel
eld gekostet, und es kostet noch mehr Geld. Es wäre
nverantwortlich, wenn die Gewässer, in die bereits in-
estiert worden ist, jetzt nicht mehr öffentlich zugäng-
ich wären, wenn diese der öffentlichen Hand entzogen
ürden.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns ge-
einsam die bisherige Privatisierungspolitik der BVVG,

ie eine gesetzliche Grundlage hat – das will ich gar
icht in Zweifel ziehen –, überdenken und in den Aus-
chussberatungen einen Weg finden, diese Regelung im
nteresse von Mensch und Natur zu überarbeiten. Wir
eisten damit den Interessen von Anglern, Fischern, Tou-
isten und Badebesuchern und nicht zuletzt den Genera-
ionen, die nach uns diese Gewässer nutzen möchten und
ich dort an der Tier- und Pflanzenwelt erfreuen wollen,
inen Dienst.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, verbun-
en mit der Einladung zu einer guten Beratung in den
usschüssen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701225600

Das Wort hat der Kollege Norbert Brackmann von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Norbert Brackmann (CDU):
Rede ID: ID1701225700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Privatisierung ehemals volkseigener
lächen durch die Bodenverwertungs- und -verwal-
ngs GmbH, die BVVG, erregt derzeit einige Gemüter,

icht nur die der SPD und der Linken. Aber geht es hier
m Kern wirklich um die Frage der Privatisierung, also
m die Form des Eigentumsübergangs? Sowohl die For-
ulierungen in Ihren Anträgen als auch die Ausführun-

en des Kollegen Hacker eben deuten auf etwas ganz an-
eres hin. Es geht im Kern um zwei andere Fragen,
ämlich um die der sozialverträglichen Nutzung des er-
orbenen Eigentums und um die Frage des Preises; das
aben Sie eben angesprochen.

1030 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Norbert Brackmann
Zunächst zur sozialverträglichen Nutzung. In den An-
trägen – der Brandenburger Landesverband des BUND,
die Linkspartei und der Verein „pro Mellensee“ haben
eine entsprechende Petition eingereicht, auf die Sie eben
hingewiesen haben – wird darauf ausdrücklich hinge-
wiesen; denn sie enthalten die Kernforderung, Seen als
Allgemeingut zu erhalten und den öffentlichen Zugang
zu den Seen auch künftig sicherzustellen. Diese Ziele
sind in der Tat schützenswert. Eine Privatisierung kann
nicht in Widerspruch zu dem Gemeinnutz dort stehen.
Insofern ist bei einer Privatisierung dieser Gemeinnutz
sicherzustellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es gibt bei Privatisierungen immer dieselben Be-
fürchtungen.


(Ute Kumpf [SPD]: Wie sieht es denn mit dem Starnberger See aus?)


Tatsächlich haben sich diese Befürchtungen bisher aber
fast nie realisiert. Es wurde der Fall Wandlitzsee ange-
sprochen. Dieser Fall liegt nun fünf Jahre zurück. Das
Ganze war überhaupt nur möglich, weil es im branden-
burgischen Landesrecht in dieser Hinsicht eine Lücke
gab, die im Übrigen in der Zwischenzeit gefüllt wurde.


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Und 2004 hat Rot-Grün hier regiert!)


– Das kommt noch hinzu. Aber hier bestand auf Landes-
ebene eine Rechtslücke. Das war vor fünf Jahren.

Die vom Bund beauftragte BVVG lässt sich beim
Verkauf von Wasserflächen nämlich nicht allein von der
Erlösmaximierung leiten. Schon heute werden Seen zu-
nächst der Kommune angeboten. Kauft diese nicht, wird
geklärt, welche Sozialverträglichkeit dort gefordert wird.
Es wird vertraglich sichergestellt, dass schützenswerte
Interessen der Allgemeinheit berücksichtigt werden.
Dies können zum Beispiel Anlagen sein, die der Freizeit
und Erholung oder touristischen Zwecken dienen oder
die öffentliche Zugänge zu den Seen sichern.

Darüber hinaus untersteht der Gemeingebrauch von
Seen nach Maßgabe vieler Landesgesetze – egal ob es
die Landeswassergesetze, die Wegegesetze oder die
Forstgesetze sind – einem besonderen Schutz. Auch je-
der Privateigentümer muss diesen Gemeinnutz an sei-
nem Eigentum dulden. Ich habe es eben bereits gesagt:
Auch im Falle des Wandlitzsees ist dies in der Zwischen-
zeit im Rahmen einer neuen gesetzlichen Regelung des
Landes Brandenburg geschehen

Erst wenn eine Kommune Seenflächen nicht erwirbt
und diese fischereiwirtschaftlich genutzt werden, wird
mit den Fischern verhandelt. Erst danach schreibt die
BVVG diese Seenflächen aus.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Realitätsfern!)


Auch in diesen Fällen gelten die genannten gesetzlichen
Vorschriften. Folgendes soll nicht verschwiegen werden:
Bisher sind über 3 000 Hektar unentgeltlich auf die
NABU-Stiftung Nationales Naturerbe übertragen wor-

d
m

n
k
Ü
K
g

u
d
h
L
g
r
w

z
D
d
g
V

D
f
a
s
d
t
r
s
p
m
l

u
d
G
L
d
z
d
d
w
a
p
l

(C (D en. Auch das ist ein Beleg dafür, dass hier dem Allgeeingut ein besonders hoher Wert beigemessen wird. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dennoch – Sie haben es eben angesprochen – fordert
un der Landtag Mecklenburg-Vorpommern im Ein-
lang mit den hier gestellten Anträgen eine kostenlose
bertragung der Seen. Damit komme ich zum zweiten
ritikpunkt, zur Frage des Preises. Die BVVG hat den
esetzlichen Auftrag, zu privatisieren,


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das wollen wir ändern! – Gegenruf der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das habt ihr aber nicht gefordert!)


nd wird damit im Interesse des Allgemeingutes tätig;
enn sie erlöst damit Einnahmen, die dem Bundeshaus-
alt zugutekommen. Gerade Sie von der SPD und der
inken bringen immer wieder neue Anträge ein, die aus-
abenwirksam sind. Dort, wo man Einnahmen generie-
en kann, wollen Sie sich zurückhalten. Dies ist ein
idersprüchliches Verhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Burkhardt Müller-Sönksen [FDP])


Aber auch wir wollen gar nicht verhehlen, dass es
um Teil Unmut über die Privatisierungspraxis gibt.
eswegen müssen neue Antworten gefunden werden;
as ist gar keine Frage. Die Lösung muss aber in einem
erechten Interessenausgleich und kann nicht in einem
erschenken von Bundesvermögen liegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Stichwort Hotellerie!)


eshalb muss die BVVG ihr mehrstufiges Verkaufsver-
ahren zukünftig weiter verfeinern. Dazu gehört unter
nderem, dass sie zunächst einmal mit Kommunen, Fi-
chereipächtern und Naturschutzeinrichtungen verhan-
elt. Das sollte sie nicht auf der Basis von Höchstpreisen
un – hier hat sich in der Vergangenheit eine preistreibe-
ische Wirkung entfaltet, die nicht nur positiv war –,
ondern künftig auf der Basis von Verkehrswerten, die
er Gutachten ermittelt werden. Wenn es um Seen geht,
uss man die Ertragswerte zugrunde legen, um tatsäch-

ich zu realistischen Preisen verkaufen zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn ich hier von „Kommunen, Fischereipächtern
nd Naturschutzeinrichtungen“ spreche, heißt das nicht,
ass Länder keine Erwerbsmöglichkeit haben sollen.
erade mit Blick auf den Beschluss des Schweriner
andtages kann ich hier sogar ausdrücklich erklären,
ass auch ein Paketerwerb möglich ist, aber eben nicht
um Nulltarif. Angesichts der schwierigen Finanzlage
er Länder können wir zwar Verständnis für den Wunsch
er Länder haben, kein Geld in die Hand zu nehmen,
eil sie das vielleicht nicht können, ohne neue Kredite

ufzunehmen; aber wenn ein Landtag einstimmig den
olitischen Willen dazu formuliert, muss es doch mög-
ich sein, einen Flächentausch durchzuführen: Durch ei-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1031


(A) )



(B) )


Norbert Brackmann
nen Tausch von Acker- oder Forstflächen gegen Seenflä-
chen könnten die Länder zu einem vernünftigen
Ergebnis kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Ziel heißt des-
halb: fairer Interessenausgleich statt Verschenken von
Bundesvermögen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701225800

Herr Kollege Brackmann, ich gratuliere auch Ihnen

im Namen des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im
Deutschen Bundestag.


(Beifall)


Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Dagmar Enkelmann
von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701225900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fast

20 Jahre nach der Wiedervereinigung holen uns die Ge-
burtsfehler erneut ein. Einer der Geburtsfehler ist tat-
sächlich der Umgang mit dem einstigen Volkseigentum.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Enteignetes Volkseigentum!)


Das Volkseigentum umfasste Unternehmen, Betriebe,
Wohngebäude – zum Teil in einem schlechten Zustand –,
aber auch Seen, Wälder, Forste und landwirtschaftliche
Flächen.

Ich möchte einen kurzen historischen Diskurs ma-
chen: Die letzte Volkskammer hat 1990 das Treuhandge-
setz – das Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation
des volkseigenen Vermögens – beschlossen. Dieses Ge-
setz wurde eins zu eins in den Einigungsvertrag über-
nommen. Damit wurde aus Volkseigentum Bundesver-
mögen.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Ist doch logisch!)


Im Kern ging es zunächst um die Betriebe. Das war völ-
lig richtig. 1992 wurde dann als Geschäftsbesorger für
Grund und Boden, Wälder und Seen usw. die Bodenver-
wertungs- und Verwaltungs GmbH mit dem klaren ge-
setzlichen Auftrag zur Privatisierung des Vermögens ge-
gründet. Das Volkseigentum sollte also meistbietend
verscherbelt werden. Circa 4 Milliarden aus diesem Ver-
mögen sind inzwischen in den Bundeshaushalt geflos-
sen.

Ich danke für das Beispiel Wandlitzsee. Dieses Bei-
spiel würde ich gerne aufnehmen, denn er liegt in mei-
nem Wahlkreis. Auch der Wandlitzsee ist meistbietend
verscherbelt worden. Er ist keine kleine Pfütze, sondern
ungefähr 500 Fußballfelder groß. Er ist ein Riesensee
mit einer 1-a-Wasserqualität. Zunächst wurde er der

K
L
a
e
n
k
k
e
e
w

h
d
g
l
K
c
a
S
h

m
g
g
d
e
r

m
d
S
m

D
d
t

e
c
d
h
l
M

v
n
g
l
w
w
d
s

(C (D ommune für 400 000 Euro angeboten. Aber, liebe eute, welche Kommune kann sich das leisten? Da kann uch kein Fischer hergehen und sagen: Ich kauf mal ben für 400 000 Euro einen See. Genau das ist auch icht passiert. Der Käufer war ein Immobilienhai, er beam freie Hand und konnte seinen Besitz sozusagen in lingende Münze überführen. Im Kaufvertrag war weder ine Mehrerlösklausel noch eine Umwidmungsklausel nthalten. Auch die Folgen aus der Verlandung des Sees aren überhaupt nicht berücksichtigt. Beim Wandlitzsee hat man Folgendes gemacht: Man at nicht den See, sondern ein Flurstück verkauft. Durch ie Verlandung des Sees war sozusagen das Flurstück rößer als der See. Die Folge war, dass Anrainer plötzich nicht mehr an den See herankamen. Das heißt, der äufer des Sees forderte die Anrainer auf, die Grundstü ke zu horrenden Preisen zu kaufen. Der Seglerverband m Wandlitzsee beispielsweise kam nicht mehr an den ee heran, weil er keinen Zugang mehr zu seinem Steg atte. Das war die Folge dieser Art von Privatisierung. Wir sagen ganz klar: Damit muss Schluss sein. Es uss Schluss sein mit dieser Art von Privatisierung. Da egen haben sich gerade in diesem Jahr sehr viele Bürerinnen und Bürger vor allen Dingen in den neuen Bunesländern gewandt. Das hat dazu geführt, dass zunächst in Moratorium beschlossen worden ist, aber dieses Moatorium läuft Ende dieses Jahres aus. Wer glaubt, dass die BVVG dann anders handelt, der uss sich getäuscht sehen. Ich erhielt erst im Oktober ieses Jahres einen Brief von Herrn Dr. Horstmann, dem precher der Geschäftsführung der BVVG. Dort teilt er ir mit – ich zitiere Herrn Dr. Horstmann –: Bei einer Wiederaufnahme der Seenprivatisierung nach Beendigung des Moratoriums wird die BVVG die ihr übertragenen Seen weiterhin in einem mehrstufigen Verfahren privatisieren. as Moratorium endet im Dezember dieses Jahres, und ie BVVG kündigt schon jetzt an, dass sie mit der Privaisierung weitermachen wird. Deswegen fordert die Linke zum einen: Wir brauchen ine Verlängerung des Moratoriums. Zum anderen brauhen wir eine Änderung des gesetzlichen Auftrages; enn mit dem Moratorium allein ist es nicht getan. Das eißt, es muss die Möglichkeit bestehen, Seen unentgeltich an die Länder und Kommunen zu übertragen. Diese öglichkeit müssen wir schaffen. Liebe Genossinnen und Genossen on der SPD, lieber Hans-Joachim Hacker, es geht eben icht nur um die Seen, und das weißt du sehr wohl. Es eht nach wie vor auch um Forstflächen, Wälder und andwirtschaftliche Flächen. Dort sind die Pachten in gealtigen Größenordnungen erhöht worden, mit Druck urde privatisiert. Wir dürfen nicht nur die Seen, sonern wir müssen auch die Forsten und die landwirtchaftlichen Flächen im Blick behalten. Dafür brauchen 1032 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 Dr. Dagmar Enkelmann wir vernünftige gesetzliche Regelungen. Lasst uns das gemeinsam anpacken. Danke. Das Wort hat der Kollege Patrick Kurth von der FDP Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701226000


Patrick Kurth (FDP):
Rede ID: ID1701226100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Worüber reden wir hier? Wir reden über die Privati-
sierung von Seen als letzte Konsequenz. Bevor Seen in
die Auktion gehen, werden zuerst gefragt: erstens die
Anrainerkommunen,


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Kein Geld!)


zweitens die Fischereipächter,


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Kein Geld!)


drittens die Naturschutzorganisationen.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Auch kein Geld!)


Sie haben ein Vorkaufsrecht.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Aber kein Geld!)


Sie können die Seen zu einem Preis erwerben, der in der
Auktion später nicht möglich ist. Ein Verkauf an Privat
kommt somit nur als letzte Konsequenz infrage.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber auch dann haben die Kommunen natürlich noch ein
Mitspracherecht bei den Verkaufsverhandlungen, in de-
nen zum Beispiel die Zugänglichkeit eingeplant werden
kann.

Das Problem, das Sie ansprechen, relativiert sich ein
wenig. Es ist aber dennoch wichtig; denn Seen sind na-
türlich ein ganz wichtiges Naturschutzgebiet.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Sie sind außerordentlich wichtig für die regionale Identi-
tät. Sie sind Lebensraum für Tiere, für Pflanzen, manch-
mal auch für Angler.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Mithin müssen wir die Zugänglichkeit zu den Seen ga-
rantieren.

Die Opposition will die Seen an die Länder und Kom-
munen, wenn man das so sagen möchte, verschenken.
Das hört sich gut an. Was aber ist die Folge davon?

Erstens. Haben wir aufgrund unserer Verantwortung
gegenüber dem Steuerzahler überhaupt das Recht – das
wurde schon angesprochen –, Seen zu verschenken?

H
k
d
v
S

e
s
S
h
d

W
s

a
s

E
s
e
S
b

A
T
v
b

G
d
e
S
l

s
d
c
D
a

(C (D (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein! – HansJoachim Hacker [SPD]: Hotellerie! 1 Milliarde jedes Jahr!)


aben Sie, wenn man das so sagen möchte, nicht ein Er-
lärungsproblem, wenn Sie sagen, dass Steuersenkungen
en Staat arm machen, Sie andererseits aber Immobilien
erschenken wollen? Gibt es da nicht eine Differenz, die
ie erklären müssen? Die müssen Sie erklären.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Aber Sie verschenken doch auch so viel!)


Zum Zweiten ist es natürlich auch wichtig, zu wissen,
in See kostet auch Geld, wenn man ihn hat. Die Bewirt-
chaftung kostet Geld. Wenn Sie einer Kommune einen
ee schenken, kann es gut sein, dass sich Ihr Geschenk
interher als faules Ei im Gemeindesäckel erweist, wenn
ie Rechnung präsentiert wird.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)


er sich den Kauf eines Sees nicht leisten kann, wird
ich auch die Haltung nicht leisten können.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte Sie wirklich bitten, nicht von Einzelfällen
uf die Gesamtumstände zu schließen. Das ist immer
chwierig.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist aber exemplarisch!)


s wird, wenn man das so sagen möchte, keine „Seeheu-
chrecken“ geben, die über das Land fliegen, irgendwo
infallen, sich die Seen unter den Nagel reißen und diese
een für die Bevölkerung sperren. Das wird es nicht ge-
en. Das ist mitnichten so.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welcher Welt leben Sie denn, Herr Kollege?)


uch ein Privatmann kann, wenn er einen See erwirbt,
ourismus, Erholung oder die Fischerei noch lange nicht
erbieten; denn Art. 14 Abs. 2 unseres Grundgesetzes
esagt:

Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich
dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

erade deshalb besagen die Wassergesetze der Länder,
ie Sie sicherlich kennen, trotz ihrer Unterschiedlichkeit
inheitlich: Baden, Bootfahren oder Eissport ist auf allen
een erlaubt, völlig egal, ob sie privat oder ob sie öffent-

ich sind.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein Erwerber kann einen See nicht einfach so umge-
talten, wie er das möchte. Alle Nutzungsänderungen,
ie er vornehmen möchte, bedürfen einer wasserrechtli-
hen Genehmigung. Die wird von den Behörden erteilt.
iese Genehmigungen orientieren sich natürlich immer

m Wohle der Allgemeinheit.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1033


(A) )



(B) )


Patrick Kurth (Kyffhäuser)


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ah!)


Sie erwecken diesen Eindruck: Da kommen die see-
lenlosen Millionäre – das schwingt so mit: der Arzt aus
Hamburg, wenn man so möchte –


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Beispiel!)


und holen sich den Privatsee zur exklusiven Nutzung.
Dass das nicht geht, habe ich gerade gesagt. Wenn man
Ihnen folgen würde, wäre es aber auch ausgeschlossen,
dass Verbände, zum Beispiel Naturschutzorganisationen,
einen See erwerben können. Das wird hier vergessen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren insbesondere von der SPD,
hüten Sie sich bitte davor, Privateigentum generell abzu-
lehnen oder gar zu verteufeln.


(Beifall bei der FDP – Sören Bartol [SPD]: Hallo?)


Den Grundsatz, dass nur staatliches Eigentum dem All-
gemeinwohl dienen kann, haben wir vor 20 Jahren über
Bord geworfen. Der ist ins Wasser gefallen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aus unserer Sicht ist es der falsche Ansatz, die Priva-
tisierung von Seen in Ostdeutschland pauschal auszu-
schließen und das Moratorium zu verlängern. Es muss
vielmehr darum gehen, das bestehende Recht durchzu-
setzen, wenn jemand tatsächlich auf die Idee kommt,
sich einen See zu kaufen und einen Zaun darum herum-
zubauen. Dafür sind die Ordnungsbehörden zuständig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn wir danach vorgehen, dann kommt in den aller-
meisten Fällen ein gerechter Ausgleich zwischen ökolo-
gischen und ökonomischen Interessen und damit auch
den Interessen der Bürgerinnen und Bürger zustande.

Letztlich – Frau Enkelmann hatte das Stichwort
„volkseigene Ländereien“ am Anfang ihrer Rede ge-
nannt – möchte ich daran erinnern, dass diese betroffe-
nen Seen von der sowjetischen Besatzung enteignet wur-
den. Das heißt, sie waren vorher in Privatbesitz. Wenn
die Länder oder die Kommunen die Gewässer jetzt nicht
haben wollen, wird mit einer durchgeführten Privatisie-
rung nichts anderes als der ursprüngliche Zustand wie-
derhergestellt. Das wird 60 Jahre nach Kriegsende Zeit;
das ist überfällig.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701226200

Herr Kollege Kurth, auch Ihnen gratuliere ich im Na-

men des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deut-
schen Bundestag.


(Beifall)


B

K
H

E
d
s
f
L
g
O
g

l
d
L
l
T
n
Z
n
b
s
P
S
d
s
N

l
d
z
w
E
h
t
k
b
E
e

F
W
k
d

D
g
t

(C (D Das Wort hat jetzt die Kollegin Cornelia Behm von ündnis 90/Die Grünen. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Ich freue mich ja, dass so eine Stimmung im ause ist. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ja, jetzt nach 21.20 Uhr!)

Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701226300

s ist aus meiner Sicht ausgesprochen erfreulich, dass
as öffentliche Interesse an Seen und anderen Gewäs-
ern jetzt in der Politik eine breitere, fraktionsübergrei-
ende – ich schaue jetzt in eine bestimmte Richtung –
obby zu bekommen scheint. Der Wechsel von den Re-
ierungssesseln auf die den Blick schärfenden Bänke der
pposition war bei der einen oder dem anderen wohl
anz hilfreich.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Erstaunlich ist allerdings, mit welchem Tempo plötz-
ich alle auf dieses Thema aufspringen. Die Zahl der
azu im Dezember im Bundestag, Bundesrat und in den
änderparlamenten eingebrachten Anträge ist beacht-

ich, insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir das
hema hier an gleicher Stelle vor nicht ganz sieben Mo-
aten schon einmal debattiert haben. Aber zu diesem
eitpunkt war die Problemlage außerhalb unserer bünd-
isgrünen Fraktion und der Fraktion der Linken schein-
ar kaum jemandem bekannt. Zumindest gab der ge-
chätzte Kollege Luther für die CDU/CSU damals zu
rotokoll, dass ihm nicht bekannt sei, dass der Bund
een besitzt und diese privatisieren will. Die SPD vertrat
ie Position, dass es keine Fälle gebe, bei denen die be-
tehende Praxis zu Problemen geführt hätte, die einer
euregelung bedürften.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Hört! Hört!)


Ich gehe einmal davon aus, dass nun auch unsere Kol-
eginnen und Kollegen von Union und SPD Fälle wie
er des Verkaufs des Wandlitzsees im Norden von Berlin
u Ohren gekommen sein dürften. Hier hat der schon er-
ähnte Immobilienkaufmann aus Düsseldorf nach dem
rwerb des Sees alle Anwohner aufgefordert, ihre beste-
enden Stege am See von ihm zu kaufen oder zu pach-
en. Wer nicht dazu bereit war, wurde postwendend ver-
lagt. Auch die Gemeinde musste für die Benutzung des
estehenden Strandbades an den neuen Besitzer zahlen.
s handelte sich immerhin um 50 000 Euro, die man bei
inem gerichtlichen Vergleich ausgehandelt hatte.

So sehr wir es begrüßen, dass unsere bündnisgrünen
orderungen nun endlich Nachahmer finden, über den
eg, wie wir Seen als Allgemeingüter sinnvoll erhalten

önnen, gibt es noch eine ganze Menge Aufklärungsbe-
arf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn den verschiedenen, nicht nur im Bundestag vorlie-
enden Anträgen ist – bei positiver Ausnahme des An-
rags der Linken – vor allem eines gemeinsam: Anstatt

1034 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Cornelia Behm
für ein konsequentes Ende der Privatisierung zu plädie-
ren, steht die kostenlose Übertragung der Gewässer an
die Länder oder Kommunen im Vordergrund. Das ist
aber nicht dasselbe wie ein Stopp der Privatisierung. Der
Verdacht liegt nahe, dass das allen Beteiligten bewusst
ist. Wir Bündnisgrüne treten dafür ein, dass in Zukunft
keine Gewässer mehr veräußert werden dürfen, bei de-
nen sowohl aus ökologischen als auch aus Erholungs-
und touristischen Gründen ein Gemeinwohlinteresse be-
steht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Dies lässt sich am besten dadurch absichern, dass
diese Gewässer in der öffentlichen Hand, in der Hand
des Bundes, verbleiben. In allen anderen Fällen muss es
über den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundesta-
ges einen Parlamentsvorbehalt geben. Nur so ist eine
wirkungsvolle demokratische Kontrolle zur Einhaltung
des Privatisierungsstopps möglich. Eine bloße Übertra-
gung an die Länder, wie von der SPD und den Ländern
Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gewünscht,
gewährleistet diese demokratische Kontrolle gerade
nicht. Sie überlässt die Entscheidung zum Verkauf den
Länderbehörden. Dass diese in Zeiten klammer Kassen
Interesse an einer finanziellen Verwertung haben könn-
ten, dürfte für viele, auch hier im Deutschen Bundestag,
nicht neu sein.

Um Gemeingüter wie Seen dauerhaft für die Allge-
meinheit zu bewahren, sollte der Deutsche Bundestag
die bisher geübte Verkaufspraxis durch ein Gesetz been-
den. Die Bevölkerung in den betroffenen Regionen war-
tet schon lange auf ein entsprechendes Signal von uns.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemein-
sam daran arbeiten. Das sage ich ganz bewusst vor allem
in Ihre Richtung, meine Herren und Damen von der
Koalition.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701226400

Das Wort hat jetzt der Kollege Eckhardt Rehberg von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1701226500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich habe wirklich den Eindruck, dass einige
Kolleginnen und Kollegen an einem ungeheuren Ge-
dächtnisschwund leiden. Wenn die SPD in der Begrün-
dung ihres Antrages schreibt: „Ein weiterer Verkauf der
noch nicht übertragenen Flächen in den neuen Bundes-
ländern lässt befürchten, dass Badestellen, Stege und
Wasserflächen nicht mehr durch Touristinnen und Tou-
risten oder Anglerinnen und Angler genutzt werden kön-
nen sowie das Fischereigewerbe beeinträchtigt wird“,
dann frage ich mich ganz besorgt, Herr Kollege Hacker:
Was hat sich in den letzten sechs Monaten geändert?


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


a
B
u
d
K
w

W

B
u

W
u

n

S
e
w

p
e
s
g
h
w
r
B

D
u

f

m
d

(C (D Der Parlamentarische Staatssekretär Karl Diller bentwortete am 15. Juni 2009 die Frage: „Beabsichtigt die undesregierung, eine Gesetzesinitiative zu ergreifen, m die zum Verkauf stehenden Seen in den neuen Länern als öffentliches Allgemeingut zu erhalten?“ der ollegin Reiche von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ie folgt – ich zitiere –: Die Bundesregierung hält eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen nicht für erforderlich. eiter wird dann ausgeführt, dass alles in Ordnung sei. Oder: In der Debatte am 28. Mai 2009 im Deutschen undestag führte der Kollege Ernst Bahr aus Neuruppin nter anderem aus: Es ist erfreulich, dass sich die Ziele des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den bestehenden Regelungen zur Gewässerprivatisierung decken. eiter formulierte er, ihm sei kein Problemfall bekannt, nd er sehe keinen Handlungsbedarf. Verlogener, Herr Kollege Hacker, geht es wirklich icht. (Abg. Hans-Joachim Hacker [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


(Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


ie führen hier doch einen politischen Mummenschanz,
ine politische Show auf, nicht mehr, aber auch nicht
eniger.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zu Ihnen, Frau Kollegin Behm. Wandlitz wurde 2004
rivatisiert. Das ganze Verfahren mit der Kommune,
benso die fischereiwirtschaftliche Nutzung fand davor
tatt. Im Jahre 2004 ist auch das Land Brandenburg ein-
ebunden gewesen. 2004 hat Rot-Grün regiert. Warum
aben Sie bei der Änderung des EALG im Jahre 2001,
enn Ihnen die Seen so wichtig gewesen sind, nicht da-

auf gedrungen, dass sämtliche Seen in Eigentum des
undes unentgeltlich auf die Länder übertragen werden?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as haben Sie zum damaligen Zeitpunkt nicht getan,
nd Wandlitz war im Jahre 2004.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701226600

Herr Kollege Rehberg, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Hacker?


Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1701226700

Herzlich gerne, Herr Präsident.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701226800

Bitte schön, Herr Hacker.


Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1701226900

Lieber Herr Kollege Rehberg, haben Sie den Presse-

eldungen entnommen und zur Kenntnis genommen,
ass diese Frage gerade in den letzten Monaten in den

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1035


(A) )



(B) )


Hans-Joachim Hacker
betroffenen Ländern Brandenburg und Mecklenburg-
Vorpommern hochgekommen ist


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Brandenburg ist doch dieses Stasi-Land, oder?)


und dass der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, in
Schwerin, vor diesem Hintergrund über diese Frage dis-
kutiert hat? Ich möchte dies mit der Feststellung unter-
mauern,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Keine Feststellung! Frage!)


d
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1701227000


Die Bundesregierung hat den betroffenen Ländern
ein Gesprächsangebot zu den Seen unterbreitet.

Vor diesem Hintergrund halte ich die Situation, wie
sie jetzt ist, für anders als vor einem Jahr. Deswegen ist
es notwendig, dass wir –


(Hellmut Königshaus [FDP]: Was ist die Frage? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Wo bleibt die Frage?)


– die Praxis der Privatisierung verändern, Herr Kollege
Rehberg. – Ist Ihnen das bekannt?


(Heiterkeit)



Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1701227100

Herr Kollege Hacker, weil Sie sich von BUND, Lin-

ken und Grünen unter Druck gesetzt gefühlt haben, sind
Sie auf diesen Zug aufgesprungen.

In den letzten Monaten hat sich an der Situation außer
der Problematik Wandlitz, was aber auch mit ehemals
gültigem Landesrecht etwas zu tun hat, nichts, aber auch
gar nichts geändert. Wissen Sie, was der Antrag von
SPD und CDU im Landtag von Mecklenburg-Vorpom-
mern ist? Er könnte möglicherweise auch als eine Art
Aufforderung zum Rechtsbruch gegenüber der Bundes-
regierung verstanden werden, eine Aufforderung, sich an
gesetzliche Grundlagen, an denen Sie übrigens persön-
lich – am 17. Juni 1990 und bei der Verabschiedung des
Einigungsvertrages in der Volkskammer – maßgeblich
mitgewirkt haben, nicht mehr zu halten.


(Abg. Hans-Joachim Hacker [SPD] nimmt Platz – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Aufstehen! – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Die Frage wird noch beantwortet!)


Eine zweite Anmerkung. Sie haben einen Teil der
Antwort, die der Parlamentarische Staatssekretär
Koschyk gestern gegeben hat, vergessen. Er hat nämlich
vorab gesagt, dass das Land Brandenburg – und man
kann das Land Mecklenburg-Vorpommern mit einschlie-
ßen – von sich aus nicht aktiv geworden ist. Ganz im Ge-
genteil: Der Bund ist auf die Länder zugegangen und hat
ihnen ein Gesprächsangebot unterbreitet.


(Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Aufstehen!)


– Herr Kollege Hacker, ich bin immer noch bei der Ant-
wort.

D



B
t
L
u
h
s
w

W
s
M
e

u
s
S
d
s
g
L
c
h

u
s
d
S


g
w
b
d

v
B
f
S
G
w
d
s
a

(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Ach so! – Abg. Hans-Joachim Hacker [SPD] erhebt sich wieder von seinem Platz)


as gehört alles noch zusammen.


(Iris Gleicke [SPD]: Das war nicht erkennbar!)


Aber doch!

Wenn die Länder Mecklenburg-Vorpommern und
randenburg wirklich an einer sachgerechten Lösung in-

eressiert sind, dann müssen sie, wenn es Probleme im
and gibt, auf den Bund zugehen, um Gespräche bitten
nd in Verhandlungen eintreten. Staatssekretär Gatzer
at mit Schreiben vom 16. Dezember den Ländern Ge-
präche angeboten. Das heißt, der Bund ist initiativ ge-
orden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as Sie hier machen und auch der Landtag – ich
chließe meine Kolleginnen und Kollegen im Landtag
ecklenburg-Vorpommern mit ein –, so geht man mit-

inander nicht um, wenn man ein Problem lösen will.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehen wir
ns die gesetzlichen Grundlagen an: Das Treuhandge-
etz wurde von der Volkskammer verabschiedet, die
PD hat zugestimmt. Der Einigungsvertrag wurde von
er Volkskammer verabschiedet, die SPD hat zuge-
timmt. Wenn Sie jetzt für eine unentgeltliche Übertra-
ung der bundeseigenen Seengewässer auf die neuen
änder plädieren, muss man die Frage stellen: Was ma-
hen Sie mit denjenigen, die die 14 000 Hektar, die bis-
er veräußert wurden, erworben haben,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


nd was machen Sie mit den Flächen, die an Natur-
chutzverbände übertragen worden sind? Soll der Bund
as alles zurückzahlen, oder wollen Sie eine Flut von
chadenersatzprozessen riskieren?


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das ist doch völlig unbegründet!)


Natürlich ist das begründet: Wenn der gleiche Sachge-
enstand zu zwei völlig verschiedenen Werten veräußert
ird, ist es doch begründet, dass der, der viel mehr dafür
ezahlt hat, Schadenersatzansprüche stellt. Wir leben
och in einem Rechtsstaat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, was Sie
orschlagen, ist keine Lösung. Eine Lösung wurde zum
eispiel im Jahr 2007 – übrigens unter einem SPD-ge-

ührten Bundesfinanzministerium – mit dem Freistaat
achsen gefunden, und zwar eine Lösung in Form einer
ewässerrahmenvereinbarung für die bergbaulichen Ge-
ässer im Freistaat. Kollege Brackmann hat das ange-
eutet. Aus meiner Sicht heißt die Lösung: Man setzt
ich miteinander hin und spricht über die Werte, die gut-
chterlich festgestellt werden können.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Man kann auch Paketverkäufe machen!)


1036 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Eckhardt Rehberg
Dann kann man sich zum Beispiel darüber unterhalten,
in welcher Art und Weise die Werte in der Zeitabfolge
übertragen werden können. Ein Flächentausch kann vor-
genommen werden. Es ist übrigens so, dass der Hektar
Acker im Schnitt in etwa das 15-Fache wert ist wie der
Hektar See.

Vor einem warne ich: vor unentgeltlicher Übertra-
gung. Ich bin schlichtweg dagegen. Denn wenn man un-
entgeltliche Übertragung präferiert, heißt das, dass eine
Übertragung im Augenblick nur an Naturschutzverbände
möglich ist. Meine Erfahrungen mit Naturschutzverbän-
den sind eher so, dass als Erstes Klagen kommen von
Wassersportlern, als Zweites Klagen kommen von Gele-
genheitsbesitzern von Bootshäusern, als Drittes Klagen
kommen von Fischern, weil die Naturschutzverbände
das Ganze nämlich sehr restriktiv handhaben. Deswegen
schlagen wir Ihnen den folgenden Weg vor: Bund und
Länder reden miteinander, es gibt einen fairen Interes-
senausgleich,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Bürgernah!)


und es wird festgeschrieben, dass die Länder die Seenge-
wässer nicht einfach an Dritte weiterverkaufen können;
denn diese Gefahr besteht auch noch. Dieser Weg ist ver-
nünftig und gangbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren der SPD,
aus meiner Sicht haben Sie sich heute ein gravierendes
Eigentor geschossen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701227200

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat die Kollegin Iris Gleicke von der SPD-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der SPD)



Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1701227300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich will mich heute Abend noch einem zwei-
ten Thema im Rahmen der BVVG-Verkäufe widmen.
Wir haben über die Seen gesprochen, aber es gibt noch
ein zweites Thema, nämlich die Flächen, die in der
Landwirtschaft veräußert werden.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Wir haben über Ihren Antrag gesprochen! – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Schade, dass ich keine Redezeit mehr habe!)


Immer dann, wenn Pachtverträge auslaufen, stehen
Verkäufe an; das wissen wir. Das hat in der Vergangen-
heit immer wieder zu großer Unruhe bei den betroffenen
Landwirten geführt. Deshalb war es gut, dass der Vize-
präsident des Deutschen Bauernverbandes, Udo Folgart,
mit dem Bundesministerium für Finanzen im August
dieses Jahres – damals unter Peer Steinbrück – ein Mora-
torium bei der Privatisierung dieser Flächen vereinbart
hat. Die Erleichterung bei den ostdeutschen Landwirten

w
t
f
L

b
d
D
A
w
H
f
l
V
m

R
s
s

d
u
P
t
d
e
L
a

D
n
n
w
w
d

B
r
a
J
s
g

a
F
M
H

(C (D ar allerorten sehr deutlich zu spüren. Mit dieser Initiaive war die klare Hoffnung verbunden, dass die Preise ür den Boden, dem Hauptwirtschaftsfaktor für die andwirtschaft, realistisch bleiben. Durch die Verkehrswertverkäufe nur nach Höchstgeot werden die Preise für den Grund und Boden in Osteutschland immer weiter in die Höhe getrieben. Der urchschnittspreis bei BVVG-Verkäufen lag nach deren ngaben bei 7 492 Euro pro Hektar. Bei den Verkehrsertverkäufen ohne die BVVG lag er bei 4 507 Euro pro ektar. Entschuldigung, aber das ist eine Differenz von ast 3 000 Euro. Herr Brackmann, es tut mir aufrichtig eid: Wer hier nicht anerkennt, dass es bei den BVVGerkäufen tatsächlich um Gewinnmaximierung geht, der uss auf einem anderen Stern leben. eal ist es also so, dass die BVVG die Flächen zu Preien verkauft, die um 40 Prozent höher liegen, als sie onst zu realisieren wären. Ich will das noch einmal deutlich sagen: Es geht um en Verkauf von Flächen, die zuvor verpachtet waren nd landwirtschaftlich genutzt wurden und für die die achtverträge jetzt auslaufen. Ortsansässige Agrarbe riebe müssen mit Kapitalanlegern konkurrieren. Auch as sollte Ihnen an der einen oder anderen Stelle schon inmal untergekommen sein. Plötzlich konkurrieren die andwirte nämlich mit Solarparks und allen möglichen nderen. Das ist ein ganz großes Problem. (Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Ich denke, Sie wollen Solarenergie! Das verstehe ich nun gar nicht! – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Schreiben Sie doch einen Antrag dazu!)


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Wir müssen an dieser Stelle ganz einfach sagen:
urch diese Konkurrenz werden die Preise immer weiter
ach oben getrieben. Für die Landwirte bedeutet es ei-
en großen Liquiditätsverlust für ihre Unternehmen,
enn sie diese Flächen kaufen müssen. Für die Land-
irtschaft ist es also klar: Kleine Landwirte können sich
iesen Boden schlicht und ergreifend nicht mehr leisten.

Ich bin froh über die positiven Signale, die aus der
und-Länder-Arbeitsgruppe zum BVVG-Privatisie-

ungskonzept kommen. Wichtig ist aber, dass es jetzt
uch ein Ergebnis gibt; denn das Moratorium läuft zum
ahresende aus. Der Auftrag ist klar: Preissprünge, wie
ie in der Vergangenheit stattgefunden haben, müssen
anz einfach vermieden werden.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Sie reden nicht über Ihren Antrag! Kommen Sie einmal zu Ihrem Antrag!)


Es geht mir nicht darum, die Flächen zu verschenken,
ber ich weiß natürlich, lieber Kollege Kurth, dass es der
DP und der CDU/CSU sehr leicht fällt, durch das
ehrwertsteuerprivileg 1 Milliarde Euro per anno an
otellerieketten zu verschenken.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Am Rennsteig, wo Sie wohnen!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1037


(A) )



(B) )


Iris Gleicke
Den Landwirten in Ostdeutschland zu helfen, bekom-
men Sie dagegen immer wieder nur in Sonntagsreden
gebacken. Hier geht es aber um praktische Hilfe.


(Beifall bei der SPD)


Es geht um die Existenz der ortsansässigen Unterneh-
men, die landwirtschaftliche Flächen gepachtet haben, es
geht – darüber wurde vorhin schon gesprochen – um die
Existenz der erwerbsmäßigen Fischereibetriebe, die auf
den Seen der BVVG tätig sind,


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Jetzt kommt das Thema!)


und es geht um die Interessen der Kommunen in Ost-
deutschland. Diese Interessen müssen stärker berück-
sichtigt werden.

Unsere Erwartungen werden in Ostdeutschland von
den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen geteilt,
wenn man sich vor Ort trifft und dort ganz praktisch über
die Probleme spricht.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: So ist es!)


Das ist ein wichtiges Thema für die regionalen Wirt-
schaftsstrukturen im ländlichen Raum. Leider verkennt
die Koalition die Sensibilität dieses Themas völlig. Denn
Sie haben neue Unruhe geschaffen, indem Sie nämlich
jetzt auch noch angekündigt haben, dass Sie die Alt-
eigentümer besserstellen wollen.


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Sie haben die geschaffen, weil Sie völlig neben der Realität liegen!)


– Das ist Mummenschanz, Herr Kollege Rehberg, um
Ihnen das ganz deutlich zu sagen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701227400

Frau Kollegin Gleicke, kommen Sie bitte zum

Schluss.


Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1701227500

Ich kann Sie nur auffordern, die ostdeutsche Land-

wirtschaft und die ostdeutschen Unternehmen nicht zu
gefährden. Sie sind nämlich das Rückgrat für die Ent-
wicklung im ländlichen Raum.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701227600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/238 und 17/239 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 15 a und 15 b
sowie Zusatzpunkt 9 auf:

Z

f
e
b

n
L

K
z
g
n
d
g
s

S

(C (D 15 a)

Weinberg, Dr. Martina Bunge, Dr. Dietmar
Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Keine Kopfpauschale – Für eine solidarische
Krankenversicherung

– Drucksache 17/240 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgitt
Bender, Maria Anna Klein-Schmeink, Elisabeth
Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine solidarische und nachhaltige Finan-
zierung des Gesundheitswesens

– Drucksache 17/258 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

P 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Martina Bunge, Harald Weinberg, Karin
Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Praxisgebühr und andere Zuzahlungen ab-
schaffen – Patientinnen und Patienten entlas-
ten

– Drucksache 17/241 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist auch
ür diese Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt
s Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so
eschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er dem Kollegen Harald Weinberg von der Fraktion Die
inke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Harald Weinberg (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701227700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Meine Damen und Herren! In seiner Rede
um Koalitionsvertrag hat Minister Rösler eine grundle-
ende Reform des Gesundheitssystems, ja geradezu ei-
en Systemwechsel angekündigt und dabei angemerkt,
ass dies nicht einfach zu machen sei. An die Opposition
ewandt, meinte er dann, wenn dies einfach zu machen
ei, dann könne es ja auch die Opposition machen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Recht hat er! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Richtig!)


Tosender Beifall bei den Koalitionsfraktionen – ein
tar der Regierung war geboren, scheint es.

1038 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Harald Weinberg

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Habt ihr das auch schon gemerkt?)


Dabei ist das, was Minister Rösler angekündigt hat, nicht
sonderlich originell.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist sogar in seiner Einfalt kaum zu überbieten. Sein
Glaubensbekenntnis lautet: Alles wird anders – alles
wird Markt.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Hellmut Königshaus [FDP]: Wann hat er das gesagt?)


Das ist das Denken der Deregulierer und Marktradi-
kalen. Diese Ideologie der Marktvergötterung hat sich in
den 80er- und 90er-Jahren wie eine Pandemie ausgebrei-
tet und übrigens auch die heutigen Oppositionsfraktio-
nen SPD und Grüne erfasst. Das ist das Denken, das in
die Finanzmarktkrise und dann in die Weltwirtschafts-
krise geführt hat. Es ist ein altes Denken, von dem man
meinen sollte, dass es durch die Krise ad absurdum ge-
führt worden sei.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal etwas zu Ihrem Antrag!)


– Das kommt noch.

Aber dieses alte Denken wird uns jetzt wieder ange-
dient als eine nicht ganz einfache Lösung für die Pro-
bleme unseres Gesundheitssystems. Ich meine, das ist
falsch. Das ist bestenfalls Klientelpolitik.


(Beifall bei der LINKEN)


Stichworte des Koalitionsvertrages sind Vermarkt-
lichung, Privatisierung und die Kopfpauschale. Unab-
hängig vom Einkommen soll jede und jeder einen gleich
hohen Beitrag in die gesetzliche Krankenversicherung
einzahlen, die berühmte Lidl-Verkäuferin genauso viel
wie ein leitender Angestellter, wobei sich Letzterer,
wenn er gut verdient, auch noch schneller als bisher in
eine private Krankenversicherung verabschieden können
soll.

Die soziale Ungerechtigkeit, die dabei zweifelsohne
entsteht, soll laut Minister über einen automatischen
Steuerausgleich vermindert werden. Wie dies ohne eine
zusätzliche Megabürokratie funktionieren soll, bleibt
bislang das Geheimnis des Ministers.

Dieses Modell einer Kopfprämie lehnen wir ab, und
ich glaube, ich kann hier auch für die SPD und die Grü-
nen sprechen.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)


Aber auch in den Reihen der Koalition regt sich Wider-
stand dagegen. Finanzminister Schäuble war der erste,
der Wasser in den Wein der hochfliegenden Reformpläne
des Jungministers goss. Er stellte mit Blick auf den
Haushalt fest, dass der Sozialausgleich nicht zu bezahlen
sei.

Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft
reihte sich mit ihrer Kritik ein: Sie will, dass Kranken-

k
k

D
K
G
B

I
s

s
h
U
v
k
M
W


N
A
z
h
K

f
d
w
r
M
h
d
g
n

D
s



s

m

(C (D assenbeiträge auch in Zukunft entsprechend dem Einommen erhoben werden. amit wendet sie sich gegen die unsozialen Pläne des oalitionsvertrages. Darüber hinaus will sie auch den rundsatz, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich den eitrag halbe-halbe teilen, wiederherstellen. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Standardrepertoire!)


(Beifall bei der LINKEN)


ch finde, daran sollte sich die CDU/CSU orientieren
tatt an den Kopfgeldjägern der FDP.


(Beifall bei der LINKEN)


Horst Seehofer, Parteivorsitzender der CSU, wirft
ich mannhaft in die Bresche, um die Kopfprämie aufzu-
alten, obwohl unter dem Koalitionsvertrag auch seine
nterschrift steht. Er hat die Kopfpauschale in Inter-
iews nicht nur für tot, sondern sogar für beerdigt er-
lärt; denn er weiß genau, dass die Realisierung dieses
odell die CSU in Bayern weitere Sympathien und
ählerstimmen kosten würde.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Das ist wohl Ihre Hauptsorge!)


Das ist wohl die Hauptsorge der CSU, denke ich. –
un werden wir in der Debatte sehen, ob es sich beim
rbeitnehmerflügelchen der Union und bei dem Vorsit-

enden der Christlich-Sozialen nur um Maulheldentum
andelt oder ob sie wirklich zu ihren Aussagen gegen die
opfprämie stehen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wir stehen zum Koalitionsvertrag!)


Solidarität als Leitprinzip bedeutet, dass die Starken
ür die Schwachen einstehen. Damit dieses Leitprinzip
er gesetzlichen Krankenversicherung nicht aufgegeben
ird, stellen wir hier unseren Antrag gegen die Einfüh-

ung einer Kopfpauschale zur Abstimmung. Es gibt eine
ehrheit gegen die Kopfpauschale im Bundestag. Ich

offe, SPD und Grüne stimmen dem ohnehin zu. Wenn
ie Aussagen von Herrn Seehofer in seiner Partei etwas
elten, dann müssten eigentlich auch die CSU-Abgeord-
eten zustimmen.


(Beifall bei der LINKEN)


amit wäre die Kopfpauschale mit Votum des Deut-
chen Bundestages endlich beerdigt.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Haben Sie noch in Erinnerung, worüber Sie reden?)


Das habe ich durchaus noch.

Herr Präsident, bekomme ich Redezeit dafür gutge-
chrieben, dass ich dauernd unterbrochen werde?


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701227800

Nein, das bekommen Sie nicht. Sie bekommen etwas

ehr Redezeit, weil das Ihre erste Rede ist.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1039


(A) )



(B) )


Harald Weinberg (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701227900

Wenn von der rechten Seite dauernd dazwischenge-

quakt wird, muss ich doch fragen, ob mir dafür etwas
Redezeit gutgeschrieben wird.

Ich komme zum Ende.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In unserem Wahlprogramm fordern wir eine solidarische
Bürgerinnen- und Bürgerversicherung. Der vorliegende
Antrag der Grünen geht in diese Richtung. Es gibt aber
auch einige wesentliche Unterschiede zu unseren Vor-
stellungen. Wir werden im Laufe der Legislaturperiode
einen eigenen Antrag dazu einbringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Gesundheit ist
keine Ware. „Alles wird Markt“ ist das falsche Rezept
für unser Gesundheitssystem. Das ist keine Lösung, son-
dern schafft nur weitere Probleme.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701228000

Herr Kollege Weinberg, auch Ihnen gratuliere ich zu

Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag.


(Beifall)


Das Wort hat der Kollege Stephan Stracke von der
CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Stephan Stracke (CSU):
Rede ID: ID1701228100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion Die Linke hat
noch einen Antrag vorgelegt, dessen Ziel es ist, die Pra-
xisgebühr und andere Zuzahlungen abzuschaffen. Diese
Forderung ist nicht neu. Das haben Sie schon in der letz-
ten Legislaturperiode eingebracht. Heute gehen Sie noch
einen Schritt weiter und fordern, nicht nur die Praxisge-
bühr, sondern gleich sämtliche Zuzahlungen abzuschaf-
fen.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Die schaffen auch noch die Beiträge ab!)


Warum kleckern, wenn man verbal richtig klotzen kann?

Dieser Politikansatz ist nicht seriös und nachhaltig. Er
stellt im Grunde auch nicht die Patientinnen und Patien-
ten in den Mittelpunkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nein, Ihr Ansatz ist nichts anderes als ein sich selbst ge-
nügender Populismus.

Dies zeigt sich auch daran, wie Sie Ihren Antrag zu
begründen versuchen. Es ist die Rede davon, dass Zu-
zahlungen das Solidarprinzip untergraben würden und
dass vor allem Geringverdienende von Leistungen der
gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien.
Sie sprechen von sozialer Selektion ärztlicher Leistun-
gen. Dort, wo man Argumente erwartet, liest man nur
Behauptungen. Anstelle von belastbaren Daten und Fak-

t
n
l

A
d
Z
a
b
6
a
u
o
m
l
R
g
f
l
u

f

z

a
r
2
V
g
e
d
e

i
z
z
R

A
w
w

d

(C (D en lässt sich Empörung finden. Wir sollten uns aber icht von Gesinnung leiten lassen, sondern einfach geassen die Realität zur Kenntnis nehmen. Realität in Deutschland ist: Niemand muss auf den rztbesuch und die Inanspruchnahme qualifizierter meizinischer Hilfe verzichten, weil er das Geld für die uzahlungen, insbesondere für die Praxisgebühr, nicht ufbringen kann. Fakt ist, dass die Zahl der Zuzahlungsefreiten seit dem Startjahr der Neuregelung um über Prozent auf rund 7 Millionen Versicherte im Jahr 2008 ngestiegen ist. Fakt ist, dass rund 90 Prozent der Befreingen auf die Chronikerregelung mit einer Belastungsbergrenze von 1 Prozent der jährlichen Bruttoeinnahen und circa 10 Prozent auf die Überforderungsrege ung von 2 Prozent entfallen. Fakt ist, dass Kinder in der egel bis zum 18. Lebensjahr von sämtlichen Zuzahlunen befreit sind. Das sind jährlich rund 13 Millionen Bereiungen. Damit profitieren fast 30 Prozent aller gesetzich Krankenversicherten von Zuzahlungsbegrenzungen nd Befreiungen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701228200

Herr Kollege Stracke, erlauben Sie eine Zwischen-

rage aus den Reihen der Fraktion Die Linke?


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist die erste Rede! Da gibt es doch Spielregeln!)



Stephan Stracke (CSU):
Rede ID: ID1701228300

Wenn es die Regel ist, möchte ich auf die Frage ver-

ichten.

Auch die Entwicklung des Zuzahlungsvolumens ist
ufschlussreich. Das Zuzahlungsvolumen lag 2008 bei
und 4,9 Milliarden Euro. Dies bedeutet im Vergleich zu
005 eine Absenkung um über 10 Prozent. All das zeigt:
on einem sozialen Ungleichgewicht bei den Zuzahlun-
en kann keine Rede sein. 90 Prozent aller Befreiungen
ntfallen auf chronisch Kranke. Das spricht eindeutig
afür, dass Menschen mit höherem Behandlungsbedarf
ffektiv vor Überforderungen geschützt sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Solidarität
m Gesundheitswesen, wie wir sie verstehen, bedeutet
um einen ein Einstehen des Gesunden für den Kranken,
um anderen aber auch eine finanzielle Solidarität der
eicheren zugunsten der Ärmeren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ber diese Solidarität wäre unvollständig beschrieben,
enn der Gedanke der Eigenverantwortung fehlen
ürde.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Ausfluss der Eigenverantwortung ist das Instrument
er Zuzahlungen. Anders als vielfach behauptet, insbe-

1040 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Stephan Stracke
sondere von Ihrem Lager, wirkt dieses Instrument nicht
sozial diskriminierend. Aber auch eine medizinisch un-
erwünschte Steuerungswirkung, insbesondere der Pra-
xisgebühr, ist nach derzeitigem Stand aller einschlägigen
Untersuchungen nicht erkennbar. Auch die in Ihrem An-
trag zitierte Studie bringt hier keine wesentlichen neuen
Erkenntnisse und reiht sich damit in den Reigen der Stu-
dien zu diesem Thema ein.

Abzuwarten bleibt jedoch, wie sich das Zuzahlungs-
volumen insgesamt, insbesondere durch die Bonus- und
Hausarztmodelle, entwickeln wird und welche Auswir-
kungen dies auf die Steuerungswirkungen von Zuzah-
lungen haben wird. Bekanntlich wird der GKV-Spitzen-
verband einen entsprechenden Bericht vorlegen. Dieser
Bericht bleibt abzuwarten, um dann anhand von fundier-
tem Zahlenmaterial Schlussfolgerungen zu ziehen. Das
ist unsere Aufgabe, nicht Aktionismus mit aufgewärm-
ten Anträgen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine werten Kolleginnen und Kollegen, das Finanz-
volumen der Zuzahlungen in der gesetzlichen Kranken-
versicherung macht rund 5 Milliarden Euro aus und ent-
spricht knapp 0,5 Beitragssatzpunkten. Sie alle wissen,
wie dramatisch sich die gegenwärtige Finanzsituation in
der gesetzlichen Krankenversicherung darstellt. Diese
Lage ohne Not in maßgeblichem Umfang zu verschlim-
mern, ist unverantwortlich. Nicht zielführend ist hierbei
der Vorschlag der Linken, einfach die Beitragsbemes-
sungsgrenze zu erhöhen. Dadurch werden einzig und al-
lein die Leistungsträger in unserer Gesellschaft weiter
belastet


(Widerspruch bei der LINKEN)


und das bewährte System der privaten Krankenversiche-
rung ausgehöhlt. Dazu werden wir Ihnen sicherlich nicht
die Hand reichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Hinter dem Antrag der Linken steht allein die Ab-
sicht, ihre Idee einer solidarischen Bürgerversicherung
voranzutreiben. Ziel der Union ist jedoch keine zentra-
listische Staatsmedizin, sondern eine Gesundheitspolitik,
die den Patienten in den Mittelpunkt stellt. Um dieses
Ziel umzusetzen, wird eine Regierungskommission ein-
gesetzt, die hierfür Vorschläge unter Führung unseres
Bundesministers erarbeiten wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diesen Prozess wird die CSU im Interesse der Patienten
wie gewohnt konstruktiv begleiten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701228400

Herr Kollege Stracke, auch Ihnen gratuliere ich im

Namen des Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen
Bundestag. Herzlichen Glückwunsch!


(Beifall)


d

H
e
B

D
N

I
a
s

B
d
w
S
s
w

r

D
2
a
d

E
n
c

b
e
m
r
S

(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Karl Lauterbach von er SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Die wievielte Rede ist das denn?)



Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1701228500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Wir erleben in diesen Tagen die Entzauberung
ines Hoffnungsträgers des neokonservativ-neoliberalen
ündnisses: Herrn von und zu Guttenberg.


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


ie Frage, die im Raum steht, ist, ob Minister Rösler der
ächste sein wird, der ähnlich entzaubert wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Widerspruch bei der FDP)


ch versuche, das zu begründen. Bisher sieht es so aus,
ls wenn er auf jeden Fall ein Risikofaktor für das kon-
ervativ-gelbe Bündnis wäre.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Na, der nicht! – Zuruf von der FDP: Er redet jedenfalls nicht über Bratwürste!)


Aufgrund der Dinge, die wir bisher wissen, muss man
edenken haben. Was ist bisher bekannt? Bekannt ist,
ass eine einkommensunabhängige Prämie eingeführt
erden soll. Bekannt ist, dass es einen steuerfinanzierten
ozialausgleich geben soll. Bekannt ist, dass das System
tufenweise eingeführt werden soll. Das ist ungefähr das,
as bekannt ist.

Jetzt muss man aber wissen: Die deutsche Bevölke-
ung will keine einkommensunabhängige Prämie.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie müssen es ja wissen!)


as ist der CDU schon im Leipziger Programm im Jahre
005 zum Verhängnis geworden und hat sie damals unter
nderem – ich sage: gerechterweise – den Wahlsieg bei
er Bundestagswahl gekostet.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Darf ich noch einmal Ihre Prozentzahlen hören? 23 Prozent?)


s gilt das alte Gesetz aus dem Geschäft. Wenn einer ei-
en Fehler macht, ist das verzeihlich. Wenn er den glei-
hen Fehler wiederholt, ist das unverzeihlich.


(Beifall bei der SPD – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Da sind Sie ein gutes Beispiel!)


Das deutsche Gesundheitssystem wird international
eachtet, weil es als Solidarsystem vorbildlich ist. Es ist
in System, in das Gesunde für Kranke und Einkom-
ensstarke für Einkommensschwache einzahlen. Da-

über gehen Sie hinweg. Das belächeln Sie. Das ist für
ie nicht wichtig.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wir verbessern das sogar!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1041


(A) )



(B) )


Dr. Karl Lauterbach
Das Solidarsystem, auf das wir zu Recht stolz sein kön-
nen, wollen Sie mit der Abrissbirne der Prämie plattma-
chen. Das ist es, worum es in dieser Koalition geht.


(Beifall bei der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Dann haben Sie das System nicht verstanden!)


Es wird mit dem Hinweis verkauft, dass der Einkom-
mensausgleich für die Steuern gerechter wäre als der So-
lidarausgleich, den wir derzeit haben. Das wird von der
gleichen Partei vorgetragen, die derzeit dabei ist, Steuer-
erleichterungen für die Reichen durchzusetzen. Das ist
nichts anderes als Trickserei.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Beim Kindergeld!)


Wie groß wäre denn der Steuerbedarf, den wir aufzu-
bringen hätten, wenn das System endgültig eingeführt
würde? Es wären 35 bis 38 Milliarden Euro. Sagen Sie,
meine sehr geehrten Damen und Herren: Welche Steuern
will die FDP erhöhen, damit dieses Geld beigebracht
wird? Geht es erneut um die Mehrwertsteuer? Es werden
sicherlich nicht die Steuern der Einkommensstarken
sein.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist doch unter Ihrer Würde!)


Wenn Sie dies einführen, werden es wie immer die
Steuern der Einkommensschwächeren sein. Das ist es
doch, woran Sie denken. Sie haben doch in Wirklichkeit
kein Interesse daran, einen echten Sozialausgleich einzu-
führen. Sie wollen vielmehr Steuersenkungen für die
Einkommensstarken und gleichzeitig eine Billigprämie
für die gleiche Gruppe.


(Beifall bei der SPD)


Ein Argument ist, dass das System langsam einge-
führt werden soll. Wir sollen uns keine Sorgen machen.
Welchen Unterschied macht es aber, ob ich etwas
schneller oder etwas langsamer auf den Abgrund zu-
gehe? Was ist der Unterschied?


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nur eine Frage der Redetechnik!)


Glauben Sie denn wirklich, der Wähler wäre so
dumm, nicht zu erkennen, in welche Richtung das Ganze
gehen soll?

Einen Lernerfolg – das muss man sagen – kann man
der FDP allerdings attestieren: Sie hat sich von dem Irr-
glauben verabschiedet, dass die demografische Alterung
in der Bevölkerung eine Kapitaldeckung braucht. Das
geplante System ist wie das jetzige System ein Umlage-
system. Man bleibt also bei der Umlage. Der einzige Un-
terschied ist: Man macht sie ein bisschen ungerechter.
Das ist aber kein Schritt nach vorn.

In der Summe ist es so: Ein bestehendes, gut funktio-
nierendes System, das wir weiterentwickeln könnten,
soll plattgemacht werden zugunsten eines Prämiensys-
tems mit einem nichtfinanzierten Steuerausgleich, der

z
u

P
b
h
d
w
z
d
z

s
s
d

D
B
d
n
c

s
n
E

D
f

S
k
d
k
d

D

S
S

D
g
W
m

(C (D um jetzigen Zeitpunkt keine solide Finanzierung hat nd von dem wir nichts wissen. Das ist vorgesehen. Gleichzeitig soll eine kleine Kapitaldeckung für die flege eingeführt werden. Dabei handelt es sich um ein ürokratisches System, das keinen Vorteil für die besteende Pflegeversicherung bringt und für die das Geld er privaten Krankenversicherung zur Verfügung gestellt erden soll, sodass dieses Geld dann an der Börse ver ockt werden kann. Sie planen das, anstatt die notwenige Verbesserung der Pflege, die jetzt ansteht, zu finanieren, was Ihre ethische Pflicht wäre. Wohin bewegt sich das Ganze in der Summe? Vorgeehen sind Kostenerstattungen. Was bedeuten Kostenertattungen? Kostenerstattungen sind nichts anderes als ie schleichende Einführung eines Teilkaskosystems. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie haben es mit eingeführt!)


(Beifall bei der SPD)


as System soll so umgestaltet werden, dass es eine
asisversorgung gibt, für die es Kostenerstattungen von
er Kasse gibt, und der Bürger alles andere aus der eige-
en Tasche bezahlen muss. Darum geht es im Wesentli-
hen.

Es gibt Alternativen. Eine Alternative ist die einer
auberen Bürgerversicherung. Das können Sie auch
icht damit wegdiskutieren, dass Sie sie polemisch als
inheitsversicherung bezeichnen.


(Rudolf Henke [CDU/CSU]: Schildbürger!)


ie Bevölkerung wünscht ein gutes Gesundheitssystem
ür alle.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Deshalb müssen wir für die Finanzierung sorgen!)


owohl für den schulischen Bereich wie für die Kran-
enversorgung wünscht sich der Bürger, dass alle nach
em Bedarf versorgt werden und nicht nach der Her-
unft oder dem Einkommen. Dieser Grundkonsens in
er Bevölkerung wird von Ihnen infrage gestellt.


(Widerspruch bei der FDP – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nein, von Ihnen!)


afür werden Sie an der Wahlurne den Preis bezahlen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie kennen sich ja damit aus!)


ie überschätzen sich. Sie fühlen sich jetzt sicherer, als
ie sein sollten.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: 23 Prozent, sage ich!)


er Bürger wünscht keine Zweiklassenmedizin, der Bür-
er wünscht keine Privatisierung des deutschen Systems.
ir wollen das System verbessern und nicht abschaffen,
eine sehr verehrten Damen und Herren.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wie viel Zeit hat er eigentlich?)


1042 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Karl Lauterbach
Ich komme nun zu den konkreten Vorschlägen der
SPD:

Wir werden einen konkreten, durchfinanzierten Vor-
schlag für eine Bürgerversicherung machen. Das kün-
dige ich hiermit an.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Nach zehn Jahren wäre das auch einmal schön! – Dr. Rolf Koschorrek [CDU/CSU]: Wow!)


Wir vertreten hier die gleiche Position wie die Linkspar-
tei oder die Grünen: Mit einem gut durchfinanzierten,
konkreten Vorschlag für die Bürgerversicherung wollen
wir ein gutes System für alle schaffen,


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den würde ich gerne einmal kennenlernen!)


statt zwei nicht funktionierende Systeme mit Einkom-
mensgrenzen aufrechtzuerhalten.

Wir werden konkrete Vorschläge zur Abschaffung der
Zusatzbeiträge machen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wann denn? – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn der Antrag?)


Wir werden darüber hinaus einen konkreten, gegenfi-
nanzierten Vorschlag zur Abschaffung der Praxisgebühr
vorlegen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Und dann fusionieren Sie mit der Linkspartei!)


Das sind die Vorschläge, mit denen Sie sich in Kürze
auseinandersetzen müssen. Es geht darum, ein bestehen-
des, gut funktionierendes Solidarsystem zu stärken. Der
Wähler wird die Parteien, die sich ernsthaft darum küm-
mern, nach vorne bringen und belohnen. Erinnern Sie
sich an meine Worte!

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die reinste Form des Wahnsinns!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701228600

Das Wort hat jetzt die Kollegin Christine Aschenberg-

Dugnus von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):
Rede ID: ID1701228700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Antrag der Linksfraktion mit dem Titel „Keine Kopfpau-
schale – Für eine solidarische Krankenversicherung“ be-
ginnt wahrlich mit einem intellektuellen Paukenschlag.
Der erste Satz dieses Antrages lautet nämlich: „Krank-
heit kann jeden Menschen treffen.“


(Zurufe von der FDP: Oh!)


A
u

A
T

d
N
n

E
s
r

A

l
e

n
R
b
F
G

W
w
z

W
R

k
t
g

S
S
s
e

(C (D llein für diese messerscharfe Analyse verdienen Sie nseren Respekt. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


nsonsten lässt der Antrag jedoch jeden fachpolitischen
iefgang vermissen;


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


enn eine Antwort auf die dringendsten Fragen zur
eustrukturierung des Gesundheitssystems gibt er leider
icht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der linken Seite,
ffizienz und Transparenz sind Ihnen anscheinend egal,
olange nur einer Ihrer Lieblingsbegriffe wie „solida-
isch“ oder „sozial gerecht“ vorkommt.


(Zuruf des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ CSU])


ber mehr als sozialromantische Rhetorik ist das nicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dafür, dass Sie hier angeblich etwas verändern wol-
en, sind Ihre Reihen sehr dünn besetzt. Das muss man
inmal feststellen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Risiken für die umlagefinanzierte GKV liegen
icht nur in der demografischen Entwicklung und dem
ückgang der Zahl sozialversicherungspflichtiger Ar-
eitsplätze, sondern auch im medizinisch-technischen
ortschritt. Letzterer ist sehr erfreulich, kostet aber auch
eld.


(Steffen-Claudio Lemme [SPD]: Schöne Weisheit!)


enn wir jetzt nicht gegensteuern, werden die Beiträge
eiter steigen, gibt es Rationierung und steigende Lohn-

usatzkosten.


(Steffen-Claudio Lemme [SPD]: Was ist daran so schlimm?)


eil wir das nicht wollen, ist eine tiefgreifende, ehrliche
eform notwendig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)


Wir in der Koalition sind uns einig: Eine Einheits-
asse und ein staatlich-zentralistisches Gesundheitssys-
em sind der falsche Weg. Wir wollen den Einstieg in ein
erechtes, transparentes Finanzierungssystem.


(Steffen-Claudio Lemme [SPD]: Netto oder brutto?)


ie, verehrte Kolleginnen und Kollegen auf der linken
eite dieses Hauses, betonen, Sie wollten den solidari-
chen Charakter der gesetzlichen Krankenversicherung
rhalten und stärken. Wunderbar, das wollen auch wir!


(Beifall bei der FDP)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1043


(A) )



(B) )


Christine Aschenberg-Dugnus
Aber der soziale Ausgleich darf nicht über eine intrans-
parente Umverteilung innerhalb der gesetzlichen Kran-
kenversicherung, sondern muss über das Steuersystem
erfolgen.

Unser Prämienmodell, flankiert durch einen sozialen
Ausgleich über die Steuermittel, ist der gerechtere Weg.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Denn diejenigen, die viel verdienen, zahlen auch mehr in
das System ein. Ihr Vorwurf, der Konzernchef zahle
dann für die Gesundheit genauso viel oder wenig wie die
Supermarktverkäuferin – das war übrigens ein Beispiel
aus Ihrem Antrag –, ist völlig substanzlos. Denn Sie
wollen doch wohl nicht bestreiten, dass der Gutverdiener
mehr Steuern zahlt und sich damit auch stärker an den
Gesundheitskosten beteiligt als der Geringverdiener. Das
ist Gerechtigkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn man das Wort „Gerechtigkeit“ bloß im Munde
führt, langt das nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der linken Seite. Bei uns hört Solidarität eben nicht
bei der Beitragsbemessungsgrenze auf.


(Beifall bei der FDP)


In unserem Modell werden auch Bürger mit niedrigen
Einkommen eine umfangreiche Krankenversicherung
haben.

Der Umbau des Gesundheitssystems wird nicht von
heute auf morgen zu bewerkstelligen sein. Deshalb wird
eine von der Regierung eingesetzte Kommission unter
Leitung von Minister Philipp Rösler sorgfältig Vor-
schläge erarbeiten,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr gut!)


wie und in welcher Geschwindigkeit ein neues Finanzie-
rungssystem eingeführt werden kann.


(Steffen-Claudio Lemme [SPD]: Kommissionitis!)


Die bisherige Gesundheitspolitik wurde am
27. September von den Bürgerinnen und Bürgern abge-
wählt.


(Lebhafter Beifall bei der FDP – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Menschen haben ein Recht darauf, dass endlich ein
faires, zukunftsfähiges Gesundheitssystem installiert
wird. Dafür hat man uns gewählt, und dafür werden wir
sorgen.

Vielen Dank.


(Lebhafter Beifall bei der FDP – Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701228800

Frau Kollegin Aschenberg-Dugnus, auch Ihnen gratu-

liere ich im Namen des Hauses zu Ihrer ersten Rede im
Deutschen Bundestag.


(Beifall)


S

G

n


n
d

G

P
g
A

z
d
n
w

m
r
b
w
a

I
k

I

n
H

(C (D Das Wort hat jetzt die Kollegin Maria Kleinchmeink von Bündnis 90/Die Grünen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)



(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

en und Kollegen! Angesichts der durchaus lebendigen



(Unruhe bei der FDP – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Präsident, sorgen Sie mal für Ruhe da drüben!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701228900

Liebe Kolleginnen und Kollegen bei der FDP, bitte

ehmen Sie Ihre Plätze ein und geben Sie den anderen
ie Gelegenheit, der Debatte zu folgen.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dann fange ich noch einmal an. – Sehr geehrter Herr

räsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! An-
esichts dieser wirklich angeregten Debatte am späten
bend


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Da gibt es wohl einen Zusammenhang!)


eigt sich, dass wir zu einem recht wichtigen Thema in
ieser Legislaturperiode gelangt sind, was eigentlich ei-
en etwas seriöseren und genaueren Umgang erfordern
ürde, als wir ihn bislang erlebt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nach den Argumenten, die ich heute hier gehört habe,
üssen Sie sich den Vorwurf, den Sie an die linke Seite

ichten, durchaus auch selber gefallen lassen. Denn Sie
eanspruchen Seriosität, Genauigkeit und Ehrlichkeit,
ie ich eben gehört habe. Aber ich frage mich: Wo sind

ll diese Punkte in Ihrem Koalitionsprogramm?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Ulrich Maurer [DIE LINKE] – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine gute Frage!)


ch finde sie nicht. Ich finde viele offene Fragen, aber
eine Antwort.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Darüber können wir reden, wenn Sie die beantworten können!)


ch habe keine Antwort – weder heute in der Zeitung


(Heinz Lanfermann [FDP]: Die Zeitung sollen Sie jeden Tag lesen! Hier müssen Sie zu Ihrem Antrag sprechen!)


och am Mittwoch im Gesundheitsausschuss durch den
errn Minister – auf die Frage erhalten, wie Sie Ihre

1044 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Maria Anna Klein-Schmeink
Pläne tatsächlich ausgestalten wollen, wie Sie sie finan-
zieren wollen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie haben doch einen Antrag gestellt!)


Überall offene Fragen, gekoppelt – das will ich an dieser
Stelle noch einmal deutlich sagen – mit einer enormen
Leichtfertigkeit; denn Sie wollen ein Solidarsystem in
Deutschland zerschlagen,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist doch verkehrt, was Sie sagen!)


das eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung erfährt. Be-
vor man so etwas tut, muss man erstens gute Gründe
nachweisen und zweitens einen guten Plan haben, wie
man sein Ziel erreichen will.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das fehlt auf Ihrer Seite.

Sehr viele von der CDU/CSU schauen mit großem
Unbehagen und mit großer Sorge auf die gesamte Ent-
wicklung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Denn sie wollen im Grunde genau diese Vereinbarung
nicht. Aus der CSU und aus den Sozialvereinigungen
heraus wird öffentlich darüber gestritten, ob dieser Soli-
darausgleich tatsächlich zerschlagen werden soll.


(Zuruf von der CDU/CSU: Der Solidarausgleich wird nicht gestürzt!)


Sie sind sich in diesem Punkt nicht sicher. Sie hoffen
nur, dass Sie die Entwicklung so lange aussitzen können,
dass es nicht zu einer Verwirklichung der FDP-Pläne,
sondern nur zu einer kleinen Kopfpauschale kommt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen: Sie können sich da nicht sicher sein.
Es ist doch so, dass Sie bislang nicht wissen, wie das
Ganze ausgeht. Die Kommission soll es nun richten. Sie
haben gleichzeitig das Problem, dass es Finanzierungs-
lücken gibt,


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Riesige!)


und zwar riesige. Sie sind gezwungen, auf irgendeine
Weise damit umzugehen.


(Beifall der Abg. Dr. Marlies Volkmer [SPD])


Wir haben Ihnen zum Ende des Jahres unsere Vor-
schläge für eine Bürgerversicherung vorgelegt. Damit ist
sichergestellt, dass Sie zumindest die Gelegenheit haben,
sich diese anzuschauen. Nach dem heutigen Tag habe
ich sogar die Hoffnung – ich habe die Ausführungen von
Frau Aschenberg-Dugnus gehört –, dass Sie bereit sind,
alle Vorschläge vorurteilsfrei in die Debatte einzubezie-
hen, vielleicht auch in die Überlegungen Ihrer Kommis-
sion. Vielleicht kommen wir sogar zu einem System, das
ganz anders ist als das, das Sie bisher andenken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


d
V
d
e
n
r
r
v

A

S
m
b
V
F
w
n
g

c
e

G

d
e

G

a
n
n
c
ü
l

D

(C (D Ihre Pläne sind noch nicht ausgegoren. Daher besteht ie Chance, dass auf ein ganz anderes Pferd gesetzt wird. ielleicht wird auf die Vorschläge gesetzt, die schon urchdacht sind, etwa auf den Vorschlag der Grünen, ine Bürgerversicherung einzuführen. Sie können sich icht einfach so wie im Wahlkampf auf Vorurteile zuückziehen, zum Beispiel darauf, diese Bürgerversicheung sei wettbewerbsfeindlich und sie sei eine Einheitsersicherung. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie erkennen es richtig!)


ll das stimmt nicht, und das wissen Sie auch.

Spätestens jetzt, nach Vorlage der Eckpunkte, können
ie ziemlich genau nachvollziehen, dass viele der Argu-
ente, die Sie immer wieder gegen unsere Vorschläge

emühen, in keiner Weise zutreffen. Wir haben einen
orschlag gemacht, der eine nachhaltige und gerechte
inanzierungsbasis für ein zukünftiges Gesundheits-
esen beinhaltet. Ich erwarte von Ihnen kurz vor Weih-
achten, dass Sie sich diese Pläne und diese Vorstellun-
en auch wirklich anschauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich komme zu einem zweiten Aspekt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701229000

Frau Kollegin, darf ich Sie darauf aufmerksam ma-

hen, dass Sie sich beim zweiten Aspekt ein bisschen be-
ilen müssen?


(Heiterkeit)



(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dann werde ich mich darauf beschränken, zu sagen,

ass ich die weiteren Punkte jederzeit in die Diskussion
inbringen kann.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701229100

Nur nicht heute Abend.


(Heiterkeit)



(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Ich will Ihnen zum Abschluss nur noch Folgendes mit

uf den Weg geben – hier sitzen relativ viele Kollegin-
en und Kollegen aus NRW –: Wir werden es Ihnen
icht durchgehen zulassen, wenn Sie sich mit irgendwel-
hen Vorschlägen, die Finanzierungslücken aufweisen,
ber die bevorstehende Landtagswahl hinwegretten wol-
en.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie werden sich noch wundern!)


arauf können Sie sich verlassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1045


(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701229200

Frau Kollegin, ich gratuliere Ihnen herzlich zu Ihrer

ersten Rede im Deutschen Bundestag.


(Beifall)


Ich will noch insbesondere erwähnen, dass Sie es so-
zusagen mit einer verschärften Versuchsanordnung zu
tun hatten; denn ich habe Sie, unmittelbar nachdem ich
das Präsidium übernommen habe, mit Blick auf die Uhr
auf die grausamen Gewohnheiten dieses Hauses auf-
merksam gemacht. Nun haben Sie das Schlimmste in
dieser Legislaturperiode schon hinter sich, und das wird
Sie für die weitere Legislaturperiode hoffentlich ermuti-
gen.


(Heiterkeit und Beifall)


Wir haben weitere Beispiele in dieser Versuchsanord-
nung.


(Heiterkeit)


Nächste Rednerin ist die Kollegin Stefanie Vogelsang
für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Stefanie Vogelsang (CDU):
Rede ID: ID1701229300

Vielen Dank. Dann will ich den Versuch mal starten. –

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr
Minister Rösler, Frau Staatssekretärin Widmann-Mauz
und Herr Staatssekretär Bahr, zunächst einmal möchte
ich Ihnen ausdrücklich dafür danken, dass Sie hier in ei-
ner Dreierkonstellation erschienen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hellmut Königshaus [FDP]: Das hat doch Stil!)


Dies zeigt ganz eindeutig Ihren Respekt vor den Bera-
tungen hier im Haus.

Im Mittelpunkt unserer Gesundheitspolitik stehen die
Menschen,


(Zurufe von der LINKEN: Nein!)


und zwar die gesunden genauso wie die kranken Men-
schen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen, dass auch in Zukunft jeder in Deutschland,
und zwar unabhängig von seinem Einkommen, seinem
Alter, seiner sozialen Herkunft oder seinem gesundheit-
lichen Risiko, eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe
medizinische Versorgung erhält und dass alle am medizi-
nischen Fortschritt teilhaben können. Wir teilen die Auf-
fassung, Herr Lauterbach, dass die Bürgerinnen und
Bürger keine Zweiklassenmedizin wollen. Mit uns wer-
den sie sicherlich keine bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das werden wir sehen!)


Wir wollen uns dem demografischen Wandel und den
Herausforderungen einer rasanten medizinischen Ent-

w
h
K
W
t
d
w
z
s
G
h
s
b

d
a
e
L
d
l
S
s
d
P
d

N

a
Ä

S
r
g
m

s
k
f

S
Z

t
M

S
g
n
G

(C (D icklung stellen. Wir wollen keine weitere starke Abängigkeit der finanziellen Leistungsfähigkeit unserer rankenkassen von den konjunkturellen Entwicklungen. ir wollen keine überproportionale Wettbewerbsbelas ung unserer Produkte durch die vollständige Kopplung er Finanzierung an den Faktor Arbeit. Deshalb haben ir beschlossen, eine Regierungskommission einzuset en, die den Auftrag hat, nicht nur Lösungsvorschläge, ondern auch Lösungswege detailliert zu erarbeiten. estern haben Sie, Herr Minister Rösler, es im Gesundeitsausschuss so bezeichnet: Es sollen detaillierte Vorchläge für Schrittgrößen und für Schrittfrequenzen erareitet werden. Meine Damen und Herren, ich möchte mich besoners auf den Antrag der Linken konzentrieren. Ich meine ber weniger den Antragstext – denn daraus wird nichts rsichtlich – als vielmehr die Begründung Ihres Antrags. iest man die letzten drei Zeilen dieser Begründung, ann weiß man ganz genau, wo der Hase im Pfeffer iegt. Sie haben schon im Bundestagswahlkampf mit den orgen und Ängsten der Bürgerinnen und Bürger gepielt. Sie haben schon im Bundestagswahlkampf mit er Schimäre einer vermeintlich kalten und unsozialen olitik einer schwarz-gelben Koalition auf dem Rücken er Bevölkerung Stimmung gemacht. ur, die Wählerinnen und Wähler haben das gemerkt. Mit Ihrem heutigen Antrag haben Sie wieder nichts nderes im Sinn, als Menschen zu verunsichern und ngste zu schüren. ie wollen die Stimmung für den Vorwahlkampf in Nordhein-Westfalen anheizen. Aber auch das – da bin ich anz ohne Sorge – werden die Wählerinnen und Wähler erken. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Oh ja, wenn Sie es sagen!)


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie, meine Damen und Herren von den Linken, wis-
en genau, dass dann, wenn alle Bürger in eine Einheits-
asse einzahlen müssten, kein Wettbewerb mehr statt-
ände und die Versorgung noch teurer würde.


(Hilde Mattheis [SPD]: Das ist doch völliger Quatsch!)


ie wollen eine Einheitskasse. Sie wollen staatliche
wangswirtschaft und Gleichmacherei.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Genau!)


Sie wissen ganz genau, dass dem Zuwachs an Bei-
ragszahlern ein Zuwachs an Ansprüchen in gleichem

aße gegenüberstünde.


(Stephan Stracke [CDU/CSU]: So ist es!)


ie wissen auch ganz genau, dass die Finanzfragen der
esetzlichen Krankenversicherung mit Ihrem Vorschlag
icht gelöst, sondern sogar verschärft werden, weil im
egensatz zur privaten Krankenversicherung keine

1046 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Stefanie Vogelsang
Vorsorge für steigende Gesundheitskosten im Alter ge-
troffen wird. Sie wissen auch genau, dass Sie in Ihrem
Vorschlag die Probleme der Bevölkerungsentwicklung
ausblenden. Sie wissen ebenfalls genau, dass in Ihrem
Vorschlag die jungen Menschen im Stich gelassen wer-
den, weil er mittelfristig keine Lösung im Hinblick auf
die Generationengerechtigkeit bietet. Außerdem wissen
Sie ganz genau, dass es verantwortliche Politik wäre, zu-
zugestehen, dass es einen Unterschied zwischen einem
fairen, freien und wettbewerblichen Gesundheitssystem
als Teil der sozialen Sicherung und einem beliebigen
wettbewerblichen System gibt.

Es geht Ihnen aber nicht um verantwortungsvolle Po-
litik. Ich komme aus Berlin, einem Bundesland, das
schon viele Jahre von Ihnen mitregiert wird. Stück für
Stück setzen Sie staatlichen Dirigismus und Einheitsbrei
durch. Die Lebensqualität von uns Berlinern und Berli-
nerinnen wird immer schlechter.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – CarlLudwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)


Ihr Modell einer Einheitskasse und einer Zwangswirt-
schaft bedeutet in der Folge das Ende der freien Arzt-
wahl, die Absenkung der medizinischen Standards und
führt zu einer gleich schlechten Versorgung der Patien-
tinnen und Patienten. Vielleicht könnte man munkeln,
dass später heimlich Privatkliniken für Ihre Parteigenos-
sen zur Verfügung stehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heiterkeit des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ CSU] – Lachen des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])


Wir alle wissen, dass eine Gesellschaft gerade im
Umgang mit Kranken, Älteren und Schwachen ihr wah-
res Gesicht zeigt. Genau deshalb geht bei uns Gründlich-
keit vor Schnelligkeit. Lassen wir der Regierungskom-
mission die Zeit, die sie braucht, um uns einen gründlich
überlegten Weg der festen Schritte vorzuschlagen, mit
dem wir unser Ziel erreichen: medizinische und pflegeri-
sche Leistung auf höchstem Niveau, auch in Zukunft ei-
genverantwortlich, selbstbestimmt und solidarisch gesi-
chert, egal ob für Alt oder Jung, Reich oder Arm, Stark
oder Schwach.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701229400

Liebe Frau Vogelsang, auch Ihnen gratuliere ich herz-

lich zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag, ver-
bunden mit allen guten Wünschen für die weitere parla-
mentarische Arbeit.


(Beifall)


Nun hat der Kollege Lars Friedrich Lindemann für
die FDP-Fraktion das Wort,


(Beifall bei der FDP)


d
w
l

r
L
S
c
k
D
W
w

s
M
h
p
V
a
3
S
A

P
s
h
f
w

w
s
s
a
e
G
h
o
A
l
s

w
O
r
s
S
F
s

b

(C (D er vor der beinahe unlösbaren Aufgabe steht, all das, as sich zu diesem wichtigen Thema eigentlich sagen ieße, in drei Minuten sagen zu müssen. Bitte schön. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege auterbach, ich muss mich schon sehr wundern, wenn ie hier von einem funktionierenden Solidarsystem sprehen. Ich sage Ihnen ganz offen: Wir hatten im Wahlampf und nach dem Wahltag einen anderen Eindruck. ie Pläne, die Sie hier schlechtheißen, haben wir den ählern vorher verkündet. Wir tun jetzt genau das, was ir angekündigt haben. Das stellen Sie hier in Abrede. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Lars Lindemann (FDP):
Rede ID: ID1701229500

Das Gesundheitssystem, wie es derzeit aufgestellt ist,
teckt in einer Sackgasse, die in den letzten Jahren mit

illiardenbeträgen aus dem Bundeshaushalt, Beitragser-
öhungen und Gesetzen zur Kostendämpfung um ein
aar Meter verlängert wurde, weil man grundlegende
eränderungen nicht vornehmen wollte. Auch diese Ko-
lition gewährt notgedrungen einen Zuschuss von
,9 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt, um diese
ackgasse nochmals zu verlängern, um krisenbedingte
usfälle nicht den Versicherten aufzubürden.

Um es aber deutlich zu sagen: Die derzeit sichtbaren
robleme und Unzulänglichkeiten in diesem System
ind Resultat einer über die letzten Jahre von Ihnen – da
abe ich vor allem Sie von der SPD im Blick – geschaf-
enen Gesetzeslage, die wir jetzt vorfinden. Das wollen
ir nicht verkehrt sehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn wir mit Ihnen in eine Debatte darüber eintreten,
ie ein solidarisches, nachhaltig stabil aufgestelltes Ge-

undheitssystem aussehen soll, dann gehen unsere Vor-
tellungen – wie sollte es auch anders sein! – ein wenig
useinander. Was die Finanzierungsseite angeht, nützt es
ben nichts, sich stets darüber zu unterhalten, wie mehr
eld ins System kommen könnte: durch die Einbezie-
ung weiterer Einkunftsarten und Einkommensbezieher
der durch weitere Kostendämpfungen. Nach unserer
uffassung ist ein Festhalten an einer so engen Koppe-

ung der Gesundheitskosten an die Lohnkosten, wie es
ie derzeit gibt, nicht zielführend.

Eine Debatte um ein gerechtes, solidarisches System,
ie Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der
pposition, sie führen, ist aber auch von Augenwische-

ei und Schönfärberei geprägt, und sie endet, gibt man
ich Ihren Vorstellungen hin, in einem steuerfinanzierten
ystem à la NHS, wie wir es aus England kennen. Die
ortsetzung einer solchen Entwicklung wird es unter un-
erer Verantwortung nicht geben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Den Ruf nach einer gerechten Gesundheitspolitik ha-
en Sie – das darf man so sagen – stets mit Versprechun-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1047


(A) )



(B)


Lars Lindemann
gen verbunden, die den Menschen in diesem Land ein
Rundum-sorglos-Paket aus der Hand des fürsorglichen
Staates vorgegaukelt haben. Ich sage Ihnen offen: Ich
bin froh, dass das ein Ende hat und dass die Protagonis-
tin, Frau Schmidt, nicht mehr im Amt ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was Sie getan haben, zeugt von einem unheimlich ho-
hen Maß an Unverantwortlichkeit den Patienten und
Leistungserbringern gegenüber. Ein Anspruch auf alles
erdenklich Mögliche, und dies auf höchstmöglichem Ni-
veau für jeden, so etwas vorzugaukeln, war und ist mehr
als unredlich.


(Sören Bartol [SPD]: Das müsste man den Leuten draußen sagen!)


Ein solches Gesundheitssystem gab es noch nie auf der
Welt, und das wird es nie geben, auch nicht in Deutsch-
land.

Solidarität – Sie nennen Ihren Vorschlag „solida-
risch“ – ist eben nicht der größtmögliche Eifer beim Ver-
teilen des Geldes anderer Leute.


(Beifall bei der FDP)


Solidarität, verstanden als das Eintreten der Gesunden
für die Kranken, kann nur funktionieren, wenn sie in ei-
nem engen Zusammenhang mit der Eigenverantwortung
eines jeden Einzelnen steht. Diese Eigenverantwortung
als Voraussetzung für das Funktionieren solidarischer
Elemente gilt es in das System zurückzubringen. Das ist
die Aufgabe in der nächsten Zeit.

Wir brauchen ein zukunftssicheres Finanzierungssys-
tem, geprägt durch Eigenverantwortung, Wahlfreiheit,
Nachhaltigkeit und Sicherheit, das die Teilhabe eines je-
den – da ist sozialer Ausgleich richtig angesiedelt –
durch Zuschüsse über das Steuer- und Transfersystem zu
seinen Beiträgen erhält, wenn er sie selbst tatsächlich
nicht bezahlen kann.

Der Einstieg in ein System einkommensunabhängiger
Arbeitnehmerbeiträge ist, wie im Koalitionsvertrag ver-
abredet, ein erster Schritt weg von einer zentral vorgege-
benen Staatsmedizin und hin zu mehr Vielfalt und Ge-
staltungsmöglichkeiten des Einzelnen. Der Patient steht
für uns im Mittelpunkt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701229600

Lieber Kollege Lindemann, auch Ihnen herzlichen

Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bun-
destag, die das amtierende Präsidium mit einem 40-pro-
zentigen Zuschlag auf Ihre Redezeit gewürdigt hat.


(Heiterkeit)


Ich weise vorsichtshalber darauf hin, dass ich das für
die nachfolgenden Reden nicht in Aussicht stellen kann.
Vielleicht ist der Hinweis für die älteren wie die neueren
Mitglieder des Hauses nicht gänzlich überflüssig, dass

d
n
s
B
n
g

n

a
i
s
d
Ü

i
s

I
g
B
P
a

d
h

d

m

t
s

(C (D ann, wenn die rote Lampe blinkt, die von den Fraktioen gemeinerweise zugestandene Redezeit bereits überchritten ist. Wenn sich dann der Präsident mit dem linkzeichen meldet, ist das ein Indiz dafür, dass er zuehmend an die Grenze seiner Gestaltungsspielräume erät. Nun sind wir am verdienten Ende dieses Tagesordungspunktes. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen uf den Drucksachen 17/240, 17/258 und 17/241 an die n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich bin beeinruckt: Das ist offenkundig der Fall. Dann sind die berweisungen so beschlossen. Bevor ich den Tagesordnungspunkt 16 aufrufe, möchte ch die tapferen Besucher auf der Besuchertribüne beonders herzlich begrüßen. (Heiterkeit und Beifall – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die haben kein Zuhause!)


(Heiterkeit und Beifall)


(Beifall)


ch tue das deswegen besonders gerne, weil wir gele-
entlich mit dem Vorwurf konfrontiert werden, auf den
esuchertribünen seien mehr Leute anwesend als im
lenum. Das ist heute Nacht um 22.29 Uhr nachweislich
nders, was ich ausdrücklich festhalten möchte.


(Beifall)


Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Winfried Hermann, Kerstin
Andreae, Alexander Bonde, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Moratorium für Stuttgart 21 – Wirtschaftlich-
keit des Großprojektes vor Baubeginn sicher-
stellen

– Drucksachen 17/125, 17/268 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Stefan Kaufmann

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für
iese Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
er Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1701229700

Sehr geschätzter Herr Präsident! Meine sehr verehr-

en Damen und Herren! Es freut mich, dass wir noch zu
o später Stunde über eines der besten Projekte, die im
)

1048 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Enak Ferlemann
Verkehrsbereich aufs Gleis gesetzt werden, diskutieren
können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich nehme an, dass wir über dieses Thema deshalb zu so
später Stunde diskutieren, weil der Ausschussvorsit-
zende, Winfried Hermann, dafür gesorgt hat, dass wir
heute Abend noch lange diskutieren wollen. Dann wol-
len wir das auch gerne tun. Ich freue mich, wie gesagt,
außerordentlich, dass wir das hier live machen können.

Mit Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlin-
gen–Ulm bekommen Baden-Württemberg und der ge-
samte süddeutsche Raum zwei Schienenprojekte von
europäischer Dimension. Sowohl Stuttgart 21 als auch
das Bedarfsplanvorhaben der Neubaustrecke Wendlin-
gen–Ulm betreffen die Magistrale für Europa, die von
Paris über Stuttgart, München, Wien, Bratislava bis
Budapest führt. Der Raum Stuttgart und die Strecke über
die Alb nach Ulm stellten in der Relation erhebliche
Engpässe dar, die mit den beiden Projekten beseitigt
werden.

Die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 ist aller-
dings nur sinnvoll, wenn beide Projekte gleichzeitig ge-
baut und vor allem beide Strecken gleichzeitig in Betrieb
genommen werden. Sie hängen unmittelbar voneinander
ab.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Die Gewinner dieser zwei Vorhaben sind in erster Li-
nie die Bahnkunden, um die es uns gehen muss. Die
Fahrzeiten im Fern- und Nahverkehr werden sich enorm
verkürzen. Ein weiterer großer Vorteil: Der Anschluss
des Flughafens Stuttgart an das ICE-Netz bringt erhebli-
che Erleichterungen und Verbesserungen für die Fahr-
gäste mit sich. Ich denke, das ist das, was Verkehrspoli-
tik machen muss – in Zukunft noch mehr als bisher –:
Die verschiedenen Verkehrsträger sind zu verknüpfen
und müssen für den Kunden möglichst einfach zu nutzen
sein. Insofern ist dies ein gutes Sinnbild für eine neue
Art von Verkehrspolitik, von der wir in Deutschland
mehr brauchen.

Stuttgart 21 mit der Umgestaltung des Knotens Stutt-
gart und der Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs
als Durchgangsbahnhof ist kein Projekt des Bedarfspla-
nes für die Bundesschienenwege, sondern ein unterneh-
merisch eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen
Bahn AG. Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind
Vorhabenträger und Bauherren. Das ist in der Diskussion
in den letzten Wochen oftmals nicht richtig gesehen wor-
den. Es ist mitnichten so.

Der Bund beteiligt sich an Stuttgart 21 finanziell aus
Mitteln für den Bedarfsplan Schiene mit einem Fest-
betrag in Höhe von 563,8 Millionen Euro, der für die
Einbindung des Bedarfsplanvorhabens Neubaustrecke
Wendlingen–Ulm in den Knoten Stuttgart als sogenannte
Sowiesokosten eh erforderlich gewesen wäre. Über den
genannten Betrag hinaus werden folgende Finanzie-
rungsbeiträge, die aus anderen mit Bundesmitteln finan-
zierten Quellen stammen, vorgesehen: 197 Millionen
Euro gemäß Abs. 2 Bundesschienenwegeausbaugesetz

f
G
a
R
M
s

D
g
l
B
E

s
g
W
b
u
M
e
V
e
d

S
li
n
g
a
l
b
d
D
t
e
E
v
K
e
i

I
i
k
u
H
n
R
s

f
J
w
r
d
L
g
g

(C (D ür den Nahverkehr, circa 168 Millionen Euro aus dem VFG-Bundesprogramm und circa 300 Millionen Euro us dem Infrastrukturbeitrag für das Bestandsnetz im ahmen der Leistungsund Finanzierungsvereinbarung. an sieht also, dass der Bund erhebliche Mittel für die es Projekt bereitstellt. Das ist sinnvoll und richtig so. Die Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und B AG wurde am 2. April 2009 für beide Vorhaben abeschlossen. Im Vorfeld hat die DB AG eine Wirtschaftichkeitsrechnung erstellt. Diese wurde im Auftrag des undes geprüft und erbrachte für uns ein ausgeglichenes rgebnis. Also können wir bei diesem Projekt mitgehen. Die Bereitstellung von weiteren Finanzierungsmitteln owie die Finanzierung entstehender Mehrkosten sind in esonderten Vereinbarungen zwischen dem Land Badenürttemberg, der Landeshauptstadt Stuttgart, dem Ver and Region Stuttgart, der Flughafen Stuttgart GmbH nd der DB AG geregelt. Es gilt, eventuell anfallende ehrkosten, die über die zwischen den Beteiligten ver inbarte Risikovorsorge hinausgehen, zu decken. Im ertrag des Bundes mit der DB AG zu Stuttgart 21 gibt s dazu keine entsprechende Klausel. Auch das wurde in en vergangen Tagen kolportiert, das ist aber anders. Die aktuelle Kostenkalkulation der DB AG hat für tuttgart 21 Gesamtprojektkosten in Höhe von 4 088 Milonen Euro ergeben. Darin sind neben Bauund Plaungskosten auch inflationsbedingte Kostensteigerunen der Zukunft enthalten. Der bisherige von der DB AG ngesetzte maximale Kostenrahmen von etwa 4,5 Miliarden Euro wird somit nicht überschritten, sondern leibt weiterhin gültig. Das ist für uns als Eigentümer er DB AG die Grenze, über die wir nicht gehen wollten. ie Mehrkosten gegenüber den ursprünglich kalkulier en 3,076 Milliarden Euro werden über die bereits verinbarte Risikovorsorge in Höhe von 1,45 Milliarden uro ausgeglichen. Es verbleibt somit ein Risikoschirm on 438 Millionen Euro. Ich denke, auf der derzeitigen alkulationsbasis, der derzeitigen Planungsbasis ist das in gutes Ergebnis. Man kann das Projekt also, denke ch, starten. So ist es in der Sitzung des Lenkungskreises gelaufen. n der vergangenen Woche haben die Projektpartner, die ch vorhin schon genannt habe, die aktualisierte Kostenalkulation zum Großprojekt zur Kenntnis genommen nd die Signale für das wichtige Verkehrsprojekt, Herr ermann, auf Grün gestellt. Man kann eigentlich gar icht Grün sagen, sondern müsste eigentlich Schwarzot-Blau-Gelb sagen. Aber es heißt ja „auf Grün ge tellt“; ich komme darauf gleich noch zurück. Somit sind von allen Seiten die Bedingungen geschafen, dass beide Projekte im Jahr 2010 begonnen und im ahre 2019 nach unserer Planung in Betrieb genommen erden können. Die Entscheidungen für die Realisie ung von Stuttgart 21 sind gefallen. Damit können in ieser konjunkturell schwierigen Situation für unser and zwei der größten Bauvorhaben in Deutschland beinnen: Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlinen–Ulm. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1049 Parl. Staatssekretär Enak Ferlemann Herr Präsident, gestatten Sie mir, noch einen Punkt anzusprechen, der mich seit langen Jahren, die ich Mitglied im Deutschen Bundestag bin, immer ein wenig ärgert. Ich will daraus keinen Hehl machen. Wir diskutieren im Fachausschuss vielfach über die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene. Im Ausschuss gibt es im Grunde niemanden, der dagegen ist. Alle sagen, dass es sinnvoll und notwendig ist. Bedenklich ist aber, dass diejenigen, die angeblich am meisten für die Schiene als Verkehrsträger eintreten, auch diejenigen sind, die sinnvolle Projekte vor Ort torpedieren und zum Teil auch noch die Bürgerinitiativen anführen, die diese Projekte mit Engagement bekämpfen. Das ist sehr bedauerlich. Da muss man sagen: Wir werden uns in dieser Legislaturperiode zu eigen machen, dies nicht weiter zu respektieren. Vielmehr werden wir die Projekte im wahrsten Sinne des Wortes aufs Gleis setzen, weil wir das für das Schienennetz als sinnvoll erachten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(A) )


(B) )


Daher bitte ich, der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses zuzustimmen, damit wir gemeinsam große und
schöne Projekte für den Schienenverkehr in Deutschland
voranbringen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701229800

Nächster Redner ist der Kollege Martin Burkert für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1701229900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stuttgart 21
und der Neubau der Strecke nach Ulm bilden ein Ver-
kehrsprojekt, das nicht nur für die Region Stuttgart, son-
dern auch für den gesamten süddeutschen Raum und das
Hochgeschwindigkeitsnetz in Europa von besonderer
Bedeutung ist. Es ist selbstverständlich, dass es bei so ei-
nem Projekt zu Diskussionen kommt, zumal, wenn die
Kosten höher sind, als man erwartet hat. Aber wir sind
uns weitgehend einig, dass es Ziel unserer Verkehrs- und
Umweltpolitik ist und sein muss, mehr Menschen und
Güter auf die Schiene zu bringen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn wir das wollen, dann müssen wir attraktive
– ich betone das – Angebote schaffen. Es reicht nicht
mehr, dass man sagt: Liebe Autofahrer, steigt um, fahrt
mit der Bahn, das ist umweltfreundlicher und verstopft
die Autobahnen nicht. Nein, es muss attraktiv sein, Bahn
zu fahren, und es muss gute Gründe geben, auf die
Schiene umzusteigen. Ich sage: Stuttgart 21 ist ein guter
Grund.

Mit dem Bahnknoten Stuttgart und der Neubaustrecke
nach Ulm wird das Reisen quer durch Europa schneller
und bequemer. Die Reisezeiten werden verkürzt. Eine
Fahrt von Stuttgart nach München wird beispielsweise

n
M
U
w

b
a
u
n

D
u
d
M
Z
g
K
z
S
k

j
k
m
t

l

f

H
m
n

L
R
s
S
U
w

G
e

(C (D ur noch gut eineinhalb Stunden dauern. Köln wird von ünchen aus in dreieinhalb Stunden erreichbar sein. msteigen ist nur noch bei wenigen Verbindungen notendig. Der gesamte süddeutsche Raum wird durch Stuttgart 21 esser an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz ngebunden. Das sind gewichtige Gründe, auf die Bahn mzusteigen. Das ist eine echte Alternative, im Übrigen icht nur zum Auto, sondern auch zum Flugzeug. Dennoch – auch das möchte ich nicht verhehlen –: ie Kostenexplosion von Stuttgart 21 hat auch mich und ns irritiert. Hier muss sich vor allem die Deutsche Bahn ie Frage gefallen lassen, warum es zu den erheblichen ehrkosten gekommen ist. Immerhin musste in diesem usammenhang auch ein Vorstandsmitglied der Bahn ehen. Ich glaube, Herr Grube hat gut daran getan, die osten nochmals zu begutachten und die Einsparpoten iale zu nutzen. Selbstverständlich stellt sich an dieser telle auch die Frage, wie weitere Mehrkosten in Zuunft vermieden werden können. Eines muss allerdings festgehalten werden: Das Proekt Stuttgart 21 ist eine wichtige Weichenstellung, um ünftig mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Es acht die Bahn zukunftsfähig und schafft eine echte Al ernative zum Auto und auch zum Flugzeug. Gemeinsam mit meiner Fraktion wünsche ich vor alem allen am Bau Beteiligten ein unfallfreies Arbeiten. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701230000

Das Wort erhält nun der Kollege Werner Simmling

ür die FDP-Fraktion.


(Lebhafter Beifall bei der FDP – Beifall bei der CDU/CSU)


err Kollege, jetzt müssen Sie sich Mühe geben, den de-
onstrativen Eingangsbeifall durch Ihre Rede am Ende

och zu überbieten.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das schafft er ganz bestimmt!)



Werner Simmling (FDP):
Rede ID: ID1701230100

Ich werde mir alle Mühe geben. – Herr Präsident!

iebe Kolleginnen und Kollegen! Die Weichen für die
ealisierung des größten und derzeit wichtigsten Infra-

trukturprojekts in Deutschland sind gestellt. Bei
tuttgart 21 und der Schnellbahnstrecke Wendlingen–
lm stehen die Signale nun endgültig auf Grün. Wir
ollen das Projekt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Heute stellen Sie von der Fraktion Bündnis 90/Die
rünen den Antrag, ein Moratorium für Stuttgart 21 zu

rklären.


(Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Recht haben Sie!)


1050 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Werner Simmling
Was soll das? Schließlich haben alle Projektpartner – das
sind der Flughafen Stuttgart, die Stadt Stuttgart, der Ver-
band Region Stuttgart, das Land Baden-Württemberg,
die Bundesrepublik Deutschland und die DB AG – die
Finanzierungsvereinbarungen bereits am 2. April 2009
unterzeichnet.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Eben!)


Der Aufsichtsrat der Bahn und der Lenkungsausschuss
Stuttgart 21 haben am 9. bzw. 10. Dezember 2009, also
vor nur wenigen Tagen, der fortgeschriebenen Entwick-
lungsplanung zugestimmt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Bahn fährt
von jetzt an, nach 17 Jahren der Planung, in die Mo-
derne.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In den Keller!)


Das heißt, es gibt 117 Kilometer neue Gleise, 66 Kilo-
meter davon in Tunnels, 35 Brücken und vier neue
Bahnhöfe.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles noch nicht finanziert!)


Das ist gewaltig, aber volkswirtschaftlich und umwelt-
politisch – das ist ja auch Ihnen wichtig – notwendig.
Denn die bestehende Infrastruktur wird dem Bedarf in
den kommenden Jahren bei weitem nicht mehr gerecht
werden.

Im Klartext heißt das: Bereits in den nächsten fünf
Jahren wird es nicht genug Schienenstrecken geben, um
das Verkehrsaufkommen abzuwickeln. Dabei wollen wir
doch – das wurde schon angeführt – die Verlagerung des
Verkehrs von der Straße auf die Schiene.


(Zuruf von der FDP: Genau! Aber die Grünen wollen das nicht!)


Verzichteten wir auf den nötigen Infrastrukturausbau,
hemmten wir nicht nur Wachstum und Fortschritt, also
zusätzliche Wertschöpfung, sondern fügten der Region
und dem Wirtschaftsstandort Deutschland auch massi-
ven Schaden zu.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer zukunftsfähig
sein will, der muss Entscheidungen treffen. Bei „Pro
Stuttgart 21“ und Wendlingen–Ulm haben alle beteilig-
ten Partner Weitsicht, Zukunftsfähigkeit und Verantwor-
tung bewiesen. Was wir aus volkswirtschaftlicher Sicht
brauchen, sind integrierte Verkehrswege, die eine über-
regionale strukturelle Bedeutung haben.

Bei Stuttgart 21 und Wendlingen–Ulm sind Schienen-,
Straßen- und Luftverkehr optimal miteinander verbun-
den. Die strukturellen Vorteile liegen auf der Hand.
Nicht nur Baden-Württemberg, sondern auch Deutsch-
land rückt näher zusammen, und unser Anschluss an das

e
D
G
V

u
E

u
b
d
P
t

A
s
l
l
a
p
G

h
m
S
v
s

K
h

h
d
l
P
s
1
l
a
e
F
2
n

c
s
K
k
d

(C (D uropäische Hochgeschwindigkeitsnetz ist gesichert. ie Zeiten, in denen sich Fernzüge mit 70 km/h über die eislinger Steige quälten, gehören damit endgültig der ergangenheit an. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Jetzt fahren sie nämlich mit 70 km/h unterirdisch!)


Durch die neu zu schaffende Infrastruktur können wir
ns in der Mitte eines sich nach Osten vergrößernden
uropas erfolgreich positionieren.

Wirtschaftliche Folgeinvestitionen werden die Region
nd den Standort Deutschland zusätzlich nach vorne
ringen. Nur wenn wir in die Zukunft, das heißt, über
en berühmten Tellerrand, schauen, können wir unseren
latz als führende Wirtschaftsnation in der Welt behaup-

en.

Schlussendlich sichert diese Entscheidung nicht nur
rbeitsplätze in einem der leistungsfähigsten Wirt-

chaftsräume Europas, sondern schafft auch noch zusätz-
iche. In der Region Stuttgart leben und arbeiten 2,7 Mil-
ionen Menschen. Langfristig werden bis zu 10 000,
llein während der Bauphase schon 7 000 neue Arbeits-
lätze entstehen. Insofern ist das ganze Projekt ein
lücksfall für die heutige Zeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Über diese positiven wirtschaftlichen Aspekte hinaus
at Stuttgart die Chance zu einer Neugestaltung und da-
it zu einer einmaligen Entwicklung. Wo heute noch
chienen, Weichen, Schotter und Beton die Landschaft
erunzieren, werden Wohnungen und Grünflächen ent-
tehen – und eben Arbeitsplätze.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


urz: Urbanes Leben, Wohnen, Arbeiten im 21. Jahr-
undert werden dort neuen Raum finden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Projektpartner
aben sich auf einen belastbaren Kostenrahmen geeinigt,
er solide und verantwortungsvoll ist. Für Stuttgart 21
autet die neue Kostenkalkulation: 4,088 Milliarden Euro,
reisstand 2009. Mehrungen und Einsparungen sind hier
chon berücksichtigt. Weitere 438 Millionen Euro bzw.
5 Prozent der Bausumme sind zur Abdeckung eventuel-
er Kostenrisiken während der Bauzeit eingeplant. Eine
usgeglichene Wirtschaftlichkeit ist darüber hinaus bis zu
inem Gesamtbedarf von 4,769 Milliarden Euro gegeben.
ür die Schnellbahntrasse Wendlingen–Ulm bleibt es bei
Milliarden Euro. Aus heutiger Sicht ist eine Bundesfi-

anzierung vor 2016 nicht wahrscheinlich.

Unter den oben genannten verkehrlichen, städtebauli-
hen, volkswirtschaftlichen und umweltpolitischen Ge-
ichtspunkten, aber auch angesichts des belastbaren
ostenrahmens und der ausgeglichenen Wirtschaftlich-
eit ist ein Aufschub, wie Sie ihn in Ihrem Antrag for-
ern, oder gar ein Ausstieg nicht zu rechtfertigen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1051


(A) )



(B) )


Werner Simmling
Über dieses Projekt wird seit mehr als zwei Jahrzehnten
diskutiert, und es wird seit 17 Jahren geplant. Alternativ-
konzepte sind zur Kenntnis genommen worden. Schon
die Renovierung des Stuttgarter Bahnhofs, die ohnehin
anstünde, würde weit über 1 Milliarde Euro verschlin-
gen, wäre im Endeffekt aber nichts Halbes und nichts
Ganzes. Heute ein Moratorium für Stuttgart 21 zu ver-
langen, ohne fundierte Kostenalternativen aufzuzeigen,
mit dem Ziel, dieses Projekt weiter und weiter aufzu-
schieben, ist politisch verantwortungslos und überdies
ein höchst fahrlässiger Umgang mit Steuergeldern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie daher,
diesen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der FDP: Bravo!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701230200

Lieber Kollege Simmling, ich gratuliere Ihnen herz-

lich zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag. Ich
bin beeindruckt und offenkundig nicht alleine.


(Heiterkeit)


Ich erinnere mich leicht deprimiert an meine eigene erste
Rede im Deutschen Bundestag, die zu einer ähnlichen
Nachtzeit stattgefunden hat und die nicht annähernd von
einer vergleichbaren Kulisse getragen war, weil aus mir
bis heute unverständlichen Gründen die FDP-Fraktion
keine vergleichbare Motivation entwickelt hatte,


(Heiterkeit)


dieser fulminanten Rede beizuwohnen.

Lieber Kollege Simmling, das berechtigt also zu den
allerschönsten Hoffnungen. Alles Gute für die weitere
parlamentarische Arbeit!


(Beifall – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ist ja noch etwas daraus geworden, Herr Präsident!)


Sobald sich die Prozessionszüge rechts vom Präsi-
dium wieder beruhigt haben, erhält irgendwann im wei-
teren Verlauf des Abends der Kollege Ulrich Maurer das
Wort für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der LINKEN: Bravo!)



Ulrich Maurer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701230300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin

von dieser Bildersprache, die ich jetzt gehört habe, wirk-
lich ergriffen: schön, wunderbar, Zukunftsprojekt. Wenn
ich das Wort von den blühenden Landschaften nicht
schon einmal gehört hätte, dann wäre ich davon beson-
ders ergriffen gewesen.


(Heiterkeit bei der LINKEN)


Sie müssen sich stattdessen einmal die Frage stellen,
warum die Mehrheit der Bevölkerung meiner Heimat-
stadt dieses wunderbare Geschenk gar nicht haben will.

D
r

l
w
b
g


z
r
g

S
P

h
n
v
d
K
S
d
g

W
M
s
n
r
s

ö
B
L
f
t
w
t

S
t
b

a
d
n
e
g

(C (D as würde Sie ernüchtern. Ich will Ihnen erklären, waum. Vor 17 Jahren, als es erdacht wurde, hatte die Vorstelung, den Siedlungsdruck von ökologischen Freiflächen eg aufs Bahngelände zu lenken, eine gewisse städteauliche Faszination. Ich bin ihr auch eine Zeit lang erleen und vom Saulus zum Paulus geworden. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh ja! – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Aber ja. – Frau Kumpf, Sie sollten auch vom Saulus
um Paulus werden. Das wäre ganz schön und hätte Ih-
er Partei in Stuttgart in den zurückliegenden Jahren sehr
eholfen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie haben ihr aber nicht geholfen. Das ist aber nicht der
unkt.

Diesen Bahnhof schenken Sie einer Stadt, die ihn er-
eblich kofinanziert, die nach ihren eigenen Angaben ei-
en Instandhaltungsrückstand bei ihren Schulgebäuden
on 327 Millionen Euro hat, in der in einem Gymnasium
ie Decke eingefallen ist und die die Hauptstadt der
urzarbeit ist. Ich sage Ihnen: Die Bevölkerung dieser
tadt ist mehrheitlich gegen dieses Projekt, weil sie an-
ere Sorgen hat, als ein Milliardengrab mit schönen Din-
en vor ihren Augen erblühen zu sehen.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Ganz falsch!)


arum die Mehrheit des Gemeinderats Hunderte von
illionen Euro dafür ausgibt, während er gleichzeitig

oziale und kulturelle Leistungen kürzt und, wie gesagt,
och nicht einmal in der Lage ist, seine Schulgebäude zu
eparieren, versteht die Bevölkerung nicht, und wir ver-
tehen das auch nicht.

Dieses Projekt wird auch keine Beglückung für den
ffentlichen Verkehr werden, sondern es wird zu einer
enachteiligung kommen. Wenn Sie sich in unserem
and auskennen würden, dann würden Sie die Langsam-

ahrstellen kennen und wissen, wie sehr wir bei Projek-
en des öffentlichen Nahverkehrs zurückhängen. Sie
ürden dann wissen, dass dieses Bahnhofsprojekt zulas-

en des Ausbaus der Rheintalschiene gehen wird.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Das ist doch Quatsch!)


ie würden dann auch wissen, dass dieses Projekt zulas-
en der Elektrifizierungsmaßnahmen in Baden-Württem-
erg und beispielsweise auch der Südbahn gehen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie können das Geld in diesen Zeiten nicht zweimal
usgeben. Sie haben auf dem Altar der Banken Milliar-
en Euro verbrannt, und wir stehen in der größten fi-
anzpolitischen Misere. In einer solchen Situation geht
s nicht darum, schöne Bahnhöfe zu bauen, sondern es
eht darum, den realen schienengebundenen Personen-

1052 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Ulrich Maurer
verkehr und insbesondere den Nahverkehr zu verbes-
sern. Das sind die Zeichen der Zeit, die Sie nicht erkannt
haben.


(Beifall bei der LINKEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Das ist rot-grüner Populismus!)


Es geht auch nicht, dass Sie die öffentlichen Kassen
ausplündern, um ein Prestigeobjekt durchzusetzen und
in einer Machtdemonstration recht zu behalten. Schon
gar nicht geht es, dass Sie die Bilanzen solcher Projekte
frisieren. So, wie die Bilanz der Bahn für den Börsen-
gang frisiert worden ist, wird auch dieses Projekt wun-
derbar rauf-, runter- und schöngerechnet,


(Patrick Döring [FDP]: Straftatbestand!)


als ob wir nicht das Erlebnis gehabt hätten, dass der
Leipziger Kopfbahnhof mittlerweile das Doppelte kos-
tet, und als ob wir nicht mitbekommen hätten, dass ur-
sprünglich einmal mit 4,9 Milliarden Euro gerechnet
wurde, die sich in kurzer Zeit wunderbarerweise auf
4,1 Milliarden Euro zurückverwandelt haben. Das haben
wir alle natürlich gemerkt, und das hat auch die Bevöl-
kerung dieser Stadt gemerkt.

Deswegen sage ich Ihnen: Dies ist ein Projekt der
Verschwendung öffentlicher Mittel in schwierigen Zei-
ten. Dies ist ein Projekt zulasten des schienengebunde-
nen Verkehrs.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dies ist ein Prestigeprojekt, das gegen die Bevölke-
rungsmehrheit durchgesetzt werden soll. Deswegen bin
ich dafür, um in Ihrer Bildersprache zu bleiben, dass wir
die Signale von Grün auf Rot stellen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Bravo! Bravo! Bravo!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701230400

Herr Kollege Maurer, wäre das Ihre Jungfernrede ge-

wesen, dann hätte die Begeisterung des Kollegen Dehm
schwerlich stärker ausfallen können.


(Heiterkeit bei der LINKEN)


Aber auch so nehmen wir das mit besonderem Respekt
zur Kenntnis.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Herr Dehm hat seine GEMA-Abgaben von Klaus Lage bekommen!)


Nun erhält der Kollege Winfried Hermann für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701230500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Fangemeinde des Unterirdischen,


(Heiterkeit bei der LINKEN)


es ist schon erstaunlich, dass man im Jahre 2009 einen
unterirdischen Bahnhof mit der Moderne verwechseln
kann.

E
9

D
g

s
o

f
b
b
f
a
e
b
u
V
r

w
w
N
f
i

B
c
i
s
f
S
s

S
e
w
n
s

z
a
d
u

d
g
l
a

(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


s ist ein durch und durch altmodisches Projekt der
0er-Jahre.

In den 90er-Jahren wurden die Großstädte in ganz
eutschland mit Plänen für unterirdische Bahnhöfe be-
lückt.

Deutschland sollte in einem quasi unterirdischen Bahn-
ystem verbunden werden, sozusagen wie ein U-Bahn-
der Lufthansa-Netz unterirdisch durch Deutschland.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Man hat in den Städten gerechnet und gerechnet, und
ast alle Projekte sind gestorben. Nur eines ist übrig ge-
lieben: das in Stuttgart. Frankfurt und andere Städte ha-
en aufgegeben, weil man überall nachgerechnet und
estgestellt hat, was für ein Blödsinn es ist, Geld dafür
uszugeben, dass die Leute möglichst schnell unter der
igenen Stadt vorbeifahren. Dass ausgerechnet Schwa-
en Milliarden dafür ausgeben, dass man unterirdisch
nter ihrer schönsten Stadt durchfährt, um anschließend
ideos zu verschenken, damit die Bahnreisenden erfah-

en, wie die Stadt aussieht, ist besonders absurd.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Das Projekt ist verkehrspolitisch völlig daneben. Des-
egen waren auch übrigens alle Bahnverbände und Um-
eltorganisationen von Anfang an gegen dieses Projekt.
ur diejenigen, die selber in der Regel fliegen oder Auto

ahren, wollten die Bahn mit Geld beglücken. Dann ist
hnen das unterirdische Projekt eingefallen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unterirdisch ist an diesem Projekt die Finanzierung.
egonnen hat man in den 90er-Jahren mit dem Verspre-
hen, dass sich dieses Projekt selbst rechnet. Deswegen
st es heute noch im Bundesministerium als eigenwirt-
chaftlich dargestellt. Dabei ist alles, aber auch alles öf-
entlich finanziert. Eigenwirtschaftlich ist es in dem
inne: Die verkaufen die Flächen, und damit rechnet
ich das.

Die Flächen stehen aber schon seit 10, 15 Jahren in
tuttgart zum Verkauf. Sie sind schwer verkäuflich, weil
ine Innenstadt nicht einfach auf das Doppelte vergrößert
erden kann. Bürogebäude und Kaufhäuser kann man
icht verdoppeln, wenn die Bevölkerung und die Wirt-
chaft nicht wachsen.

Unterirdisch ist auch, wie dieses Projekt weiter finan-
iert wurde. Noch vor einem Jahr wurde im Haushalts-
usschuss gesagt, dieses Projekt sei das am besten
urchkalkulierte Projekt. Die Kosten lagen noch deutlich
nter 3 Milliarden Euro.

Der Staatssekretär hat zwei Tage vor der Entschei-
ung des Aufsichtsrates dem Ausschuss einen Brief vor-
elegt, demzufolge das Projekt immer noch 3 Mil-
iarden Euro kosten sollte. Zwei Tage später waren es
uf einmal 4 Milliarden Euro, und dann sagen Sie, das

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1053


(A) )



(B) )


Winfried Hermann
sei gut gerechnet; es sei ordentlich und gut gewirtschaftet
worden. Bis zum heutigen Tag hat weder der Ausschuss
oder irgendjemand sonst von Ihnen die Wirtschaftlich-
keitsrechnung für dieses Projekt gesehen. Keiner!

Lange hieß es, man könne sie unter Verschluss einse-
hen. Aber nicht einmal das war möglich. Niemand im
Bundestag hat die Wirtschaftlichkeitsrechnung gesehen.
Es gibt übrigens auch im Ministerium niemanden, der
sie gesehen hat. Denn die Wirtschaftlichkeitsrechnung
wurde an eine Firma ausgelagert, die auch sonst Bahn-
projekte begutachtet und zum Teil von der Bahn lebt.

Wir wissen also nicht wirklich, was dieses Projekt
kostet. Nun haben wir kurz vor der Entscheidung aus in-
ternen Quellen erfahren, dass dieses Projekt 5 Mil-
liarden Euro gekostet hätte. Dann hat man in wenigen
Wochen 900 Millionen Euro herausgerechnet durch Ein-
sparungen beispielsweise bei der Tunnelstärke bzw. der
Betonstärke, nach dem Motto „Wir wollen ja keine Bun-
ker bauen, sondern Tunnels“. Insofern frage ich mich:
Waren vorher Bunkeringenieure oder Eisenbahningeni-
eure mit der Planung befasst?

Es ist doch aberwitzig, zu glauben, dass man so eine
Summe kurzerhand kleinrechnen kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Dieses Projekt ist von Anfang an preislich unter Wert ge-
rechnet worden, damit man es politisch durchpauken
kann. Jetzt kostet es schon das Doppelte, aber Sie neh-
men immer noch nicht Abstand davon.


(Patrick Döring [FDP]: Wo ist die Alternative? – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Einfach dagegen sein reicht nicht! Das ist langweilig!)


Sie wollen die Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht einmal
sehen. Nein, Sie wollen das Projekt durchsetzen. Wir
verlangen nicht einmal mehr von Ihnen, dass Sie das
Projekt aufgeben. Aber nehmen Sie wenigstens die Wirt-
schaftlichkeitsrechnung zur Kenntnis und rechnen Sie
nach!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Die Neubaustrecke lehnen wir übrigens nicht grund-
sätzlich ab. Wir lehnen die Form ab, und wir lehnen es
ab, den Bau einer Strecke zu beschließen, die nicht ein-
mal vollständig planfestgestellt ist. Von sieben Bauab-
schnitten sind gerade einmal zwei planfestgestellt. Für
diese Strecke, die übrigens gleich viele Tunnel hat wie
das Projekt Stuttgart 21, wird nur mit 2 Milliarden Euro
gerechnet. Warum eigentlich sollen wir es zum halben
Preis bekommen? Wir wissen heute alle aus vergleichba-
ren Projekten, dass es mindestens 4 Milliarden bis 6 Mil-
liarden Euro kosten wird. Wenn Sie alles zusammen-
rechnen, kommen Sie auf ein Projekt von mindestens
10 Milliarden Euro.

Des Weiteren haben Sie gesagt, man könne durch das
Projekt Schienenverkehr verlagern. Die Neubaustrecke
kann aber nicht einmal Güterzüge aufnehmen.

E
g
P
D

E

E
k
d
W
D

C

A
l
S
h
N
p
e
M
v
d
te
v
d
W
H
t

d
r
R
a
w
u

A
i

t
g

(C (D (Patrick Döring [FDP]: Das stimmt doch nicht! Das ist widerlegt worden!)


s gibt Güterzüge nur auf dem Papier, die in der Praxis
ar nicht vorkommen. Sie aber behaupten, das sei ein
rojekt zur Verlagerung von Verkehr auf die Schiene.
as ist doch nur in Unkenntnis dahergesprochen.


(Patrick Döring [FDP]: Nur weil die Leute nicht das antworten, was Sie hören wollen!)


s ist eine Behauptung, die nicht nachvollziehbar ist.

Liebe Fangemeinde, dieses Projekt rechnet sich nicht.
s ist nicht wirtschaftlich. Es schadet dem Schienenver-
ehr und den Kunden. Es ist schlicht und einfach unterir-
isch. Nehmen Sie Abstand davon! Denken Sie nach!
ir haben in unserem Antrag ein Moratorium gefordert.
ann können Sie auch nachrechnen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701230600

Dr. Stefan Kaufmann ist der nächste Redner für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Stefan Kaufmann (CDU):
Rede ID: ID1701230700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

ntrag der Grünen ist überholt und allenfalls ein hilf-
oser Versuch, den dringend notwendigen Ausbau des
chienenverkehrs in Baden-Württemberg und darüber
inaus in letzter Minute auf das Abstellgleis zu schieben.
ehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass sich die Projekt-
artner nach jahrelangen Verhandlungen im April auf
ine solide Finanzierung des Projekts geeinigt haben.
it der Entscheidung des Lenkungsausschusses in der

origen Woche stehen die Signale für Stuttgart 21 und
ie Neubaustrecke Wendlingen–Ulm auf Grün. Die Kos-
n des Bauvorhabens sind – wir haben es bereits gehört –
ertraglich abgesichert, und der Beitrag des Bundes zu
iesem Projekt ist auf 563 Millionen Euro gedeckelt.
enn Sie dies nicht wahrhaben wollen oder können,
err Kollege Hermann, betreiben Sie schlichtweg Reali-

ätsverweigerung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, Herr Kollege Maurer,
ass das Projekt über Jahrzehnte von breiten parlamenta-
ischen Mehrheiten im Stuttgarter Gemeinderat, in der
egionalversammlung, im Landtag und nicht zuletzt
uch hier im Bundestag beschlossen und getragen
urde. Stuttgart 21 ist damit von allen Parlamenten voll-
mfänglich demokratisch legitimiert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


uch die Sozialdemokraten haben dankenswerterweise
mmer zu diesem Projekt gestanden.

Nehmen Sie bitte ebenfalls zur Kenntnis, dass Ihr Par-
eivorsitzender Cem Özdemir mit Stimmungsmache ge-
en Stuttgart 21 in den Wahlkampf gezogen ist und die

1054 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Dr. Stefan Kaufmann
Wahl in Stuttgart verloren hat. Herr Özdemir hat im
Übrigen schlichtweg die Unwahrheit gesagt, als er be-
hauptete, er könne Stuttgart 21 hier in Berlin noch ver-
hindern. Herr Kollege Hermann, das wird heute offen-
sichtlich nicht einmal Ihnen gelingen. Stellen Sie sich
also endlich Ihrer Verantwortung, und machen Sie
Schluss mit Ihrer Blockadehaltung! Fangen Sie endlich
an, die konkrete Umsetzung des Projekts konstruktiv zu
begleiten, genauso wie es Ihr Landtagsabgeordneter
Werner Wölfle schon im April in der Presse angekündigt
hat!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen – auch das ist richtig – die Sorgen der
Stuttgarterinnen und Stuttgarter gegenüber dem Projekt
ernst nehmen; hierzu stehe ich. Der Dialog mit den Bür-
gerinnen und Bürgern ist notwendig, genauso wie Auf-
richtigkeit. Wir dürfen den Bürgerinnen und Bürgern
nicht Sand in die Augen streuen. Der richtige Zeitpunkt,
das Projekt grundsätzlich infrage zu stellen, war wäh-
rend der Diskussion über die Grundsatzbeschlüsse in den
Jahren 1995 bzw. 2001. Das haben Sie damals schlicht
versäumt. Unser Staatswesen beruht auf der Einhaltung
der Gesetze. Auch die Stuttgarter Gemeindeordnung bin-
det Politik und Verwaltung. Insofern waren die 65 000
gesammelten Unterschriften für ein Bürgerbegehren
zwar ein politisches Signal, aber juristisch nicht relevant.
Meine Damen und Herren von den Grünen, das Ableh-
nen des Bürgerbegehrens haben daher die Initiatoren und
die Projektgegner und nicht die Projektbefürworter, Bau-
herren und Geldgeber zu verantworten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Man kann Diskussionen über Projekte dieser Größen-
ordnung nicht zur Unzeit führen; auch das muss heute
gesagt sein. Es ist sehr wohl die Aufgabe des Parlaments
und des Verkehrsausschusses, die Kosten im Blick zu
behalten. Wie durchschaubar die Politik der Grünen in
diesem Punkt allerdings ist, zeigt gerade der Umgang
mit der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm. Man findet
vonseiten der Grünen bis zum August dieses Jahres
keine einzige negative Aussage zur Neubaustrecke, de-
ren Notwendigkeit wohlgemerkt schon 1992 festgestellt
wurde. Erst im vorliegenden Moratoriumsantrag ziehen
Sie die Neubaustrecke mit Fragen zur angeblich fehlen-
den Wirtschaftlichkeit erstmals in Zweifel, und dies völ-
lig zu Unrecht, Herr Kollege Hermann. Die Neubaustre-
cke ist auf 40 Güterzüge neuerer Bauart täglich
ausgelegt. Dies rechnet sich.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gibt es doch gar nicht! Die gibt es nur auf dem Papier!)


Ich hätte mir jedenfalls nie träumen lassen, einen solch
dringenden Ausbau der Schieneninfrastruktur gegen eine
Partei verteidigen zu müssen, die sich seit ihrer Grün-
dung für die Stärkung des Schienenverkehrs und eine
grüne Stadtentwicklungspolitik ausgesprochen hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zudem gilt es, die betriebswirtschaftlichen Kosten
des Projekts gegen den volkswirtschaftlichen Nutzen ab-
zuwägen. Mit Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wend-

l
g
h
s
g

b
r
s
a
g
s
P
b
t
Z

T
S



z
A

e
g

n

K
s
j

v
v
u
G

(C (D ingen–Ulm bekommt nicht nur Stuttgart, sondern der esamte Südwesten ein Investitionsprogramm, das nachaltig Beschäftigung sichert und neue Arbeitsplätze chaffen wird. Herr Kollege Simmling hat schon richtierweise darauf hingewiesen. Darüber hinaus ist das Projekt schon wegen der Einindung der Strecke in die transeuropäische Trasse Pais–Bratislava auch ein Projekt von nationaler, ja europäicher Bedeutung. Mehr Schienenverkehr, zum Beispiel uf der Teilstrecke Köln–München – auch das haben wir ehört –, macht den Personenund Güterverkehr insgeamt effizienter und umweltfreundlicher und damit das rojekt auch volkswirtschaftlich sinnvoll. Stuttgart 21 edeutet also nicht nur eine Investition in die Infrastrukur, sondern auch und vor allem eine Investition in die ukunft. Dem kann man sich schlicht nicht verweigern. Herzlichen Dank. Nun erteile ich zum Abschluss und Höhepunkt dieses agesordnungspunktes der Kollegin Ute Kumpf für die PD-Fraktion das Wort. (Zuruf von der CDU/CSU: Das war seine erste Rede!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701230800

Ach so.


Ute Kumpf (SPD):
Rede ID: ID1701230900

Nein, der Kollege von der CDU – -


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701231000

Einen Augenblick, Frau Kumpf. Das geht Ihrer Rede-

eit nicht verloren. Wir hatten hier widersprüchliche
uskünfte, ob das denn nun die erste Rede gewesen sei.


Ute Kumpf (SPD):
Rede ID: ID1701231100

Nein.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701231200

Also waren die anderen Auskünfte richtig. Aber wenn

s die erste Rede gewesen wäre, hätte ich dazu prompt
ratuliert.


(Heiterkeit)


Frau Kumpf, Ihre erste Rede ist es nach meiner Erin-
erung auch nicht. Dann haben Sie jetzt das Wort.


Ute Kumpf (SPD):
Rede ID: ID1701231300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ich hätte mir eigentlich einen schöneren Ab-
chluss für heute vorgestellt und nicht gedacht, dass ich
etzt hier das letzte Wort haben darf,


(Zuruf von der CDU/CSU: Wo sind denn Ihre Kollegen?)


or allem weil Stuttgart in meinem Wahlkreis und dem
on Herrn Kaufmann ist. Stuttgart 21 ist ein Projekt, das
ns als SPD schon lange beschäftigt. Es hat auch den
emeinderat und die Region beschäftigt. Als das Projekt

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1055


(A) )



(B) )


Ute Kumpf
1994 auf den Weg gebracht wurde, haben sich das Land
und der Bund damit beschäftigt. Ulrich Maurer, ich
werde nicht vom Saulus zum Paulus, weil ich mein Ge-
schlecht nicht ändern will, ganz einfach, auch weil ich
keine Wendehälsin bin und weil ich dieses Projekt lange
sehr kritisch begleitet habe.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, kritisch?)


Was mich bei der Debatte über dieses Projekt – das mer-
ken auch Sie im Plenum – stört, ist, wie populistisch
vonseiten der Grünen argumentiert wird


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


und mit welchen Argumenten hier Vergleiche gezogen
werden. Das Gleiche gilt auch für Herrn Maurer.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn die Mehrheit der Bevölkerung populistisch ist, machen wir das gern!)


Es gibt immer die üblen Vergleiche: Wenn das Geld
nicht für Stuttgart 21 ausgegeben würde, dann könnte es
für Schulen ausgegeben werden. Die schlichte Konse-
quenz aber ist: Dann wird das Geld überhaupt nicht in
Stuttgart ausgegeben, sondern es wird woanders verbud-
delt. Schauen Sie sich den Verkehrshaushalt an! Mit die-
sem Projekt werden in der Bevölkerung in populistischer
Weise Ängste geschürt. Die Grünen – das muss ich an
der Stelle sagen, weil ich selbst Betroffene war – haben
Versprechungen gemacht und wollten bei den OB-Wah-
len einen Kuhhandel organisieren. Dabei war eindeutig
klar, dass zu dieser Planung kein Bürgerbegehren zuläs-
sig ist, aber ein grüner Oberbürgermeister sich dann die
Stimmen hat kaufen lassen von der CDU – oder umge-
kehrt. Da gab es Kuhhandel, die dieses Projekt begleitet
haben, aber es war eigentlich mehr ein Handel zwischen
Ochsen als einer zwischen Kühen.

Heute Morgen haben alle miteinander hier in diesem
Saal treu geschworen, sie wollten CO2-Emissionen ver-
mindern. Was soll denn mit diesem Projekt passieren,
Kollege Hermann?


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit dem nicht!)


Wir wollen mit diesem Projekt eine nachhaltige Mobili-
tät organisieren. Wir wollen integrierte Verkehrssysteme
organisieren. Wir erhalten vier neue Bahnhöfe. Der
Bahnhof wird tiefer gelegt, wir bekommen einen Filder-
bahnhof, wir bekommen eine neue S-Bahn, und es wird
mehr Verkehr insgesamt organisiert – regional, national
und international.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Geld für Straßenbahnen! Kein Geld für Haltestellen! Kein Geld für Busse!)


Was soll daran schlecht sein?


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Dass Stuttgart dieses braucht, ist klar. Kollege Hermann,
die Verbindung von Tübingen nach Stuttgart, die B 27,
ist morgens immer dicht. Die Leute brauchen einfach

e
b
ü
m
g
v
g
i

D
m
j
b

D
s

t
K
s
d
f
W
w
g
i
v

u
t
M
s
z
M
1
w
f
v
u

d
d
S
K
d
p

u
r
a
g
l
k
A
w

(C (D ine Alternative, sie brauchen eine Trasse, sie brauchen essere Verkehre, und dies wird über Stuttgart 21 und ber die Neubaustrecke organisiert. Stuttgart ist die Stadt it der höchsten Feinstaubbelastung am Neckartor. Da egen demonstrieren auch die Grünen. Was ist daran erkehrt, wenn wir mehr Verkehr auf die Schiene brinen und wenn wir mehr Verkehr, wenn auch unterrdisch, durch Stuttgart schleusen? (Zuruf von der FDP: Die Grünen sind nur dagegen!)


ass es teuer ist, in einer solchen Topografie zu bauen,
uss ein Verkehrsausschussvorsitzender wissen; denn

edes Bauvorhaben in Stuttgart wird teuer. Jede Straße
ei uns wird teuer.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


ann muss man bitten und betteln, dass man einen ent-
prechenden Zuschlag bekommt.

Es gibt noch etwas, das mich ärgert: das Nutzen-Kos-
en-Verhältnis; das habe ich im Ausschuss auch dem
ollegen Hofreiter gesagt. Wir sind der wirtschafts-

tärkste Raum, nicht nur in Baden-Württemberg, son-
ern auch in der Bundesrepublik und in Europa. Ich
inde es fahrlässig, dass die Grünen einer solch starken

irtschaftsregion eine Infrastruktur, die in die Zukunft
eist, verweigern wollen. Das finde ich fahrlässig ge-
enüber den Kollegen und Kolleginnen in den Betrieben
n Stuttgart, die ein großes Interesse daran haben, dass
on diesem Projekt Wachstumsimpulse ausgehen.

Ein weiterer Nutzen ist, dass der gesamte Filderraum
nd somit 250 000 Menschen einen neuen Verkehrskno-
en bekommen. Mit diesem Bahnhof werden an der

esse und am Flughafen 100 000 Arbeitsplätze ange-
chlossen. Es wurde schon erläutert, dass sich die Fahrt-
eiten verkürzen. Was die Flughäfen Karlsruhe und
annheim betrifft, verkürzt sich die Fahrtzeit von
Stunde 45 Minuten auf nur noch 55 Minuten. Von Ulm
ird kein Mensch mehr mit dem Auto zum Flughafen

ahren, weil man dann innerhalb von nur 20 Minuten
on Ulm zum Flughafen kommt. All dies sind Vorzüge
nd Verbesserungen der nationalen Verbindungen.

Ein weiterer Aspekt ist: Wir können organisieren,
ass viele Menschen statt der Straße die Schiene nutzen;
as gilt auch für den regionalen Verkehr. Die Universität
tuttgart hat ausgerechnet, dass 350 Millionen Pkw-
ilometer auf die Schiene verlagert werden und dass wir
adurch insgesamt rund 70 000 Tonnen Kohlendioxid
ro Jahr sparen können.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Noch eine Anmerkung. In der Auseinandersetzung
m den Planungsprozess gab es viele verletzende Äuße-
ungen. Wenn man in den Zeitungen liest, das sei Mord
n der Demokratie oder Mord an der Stadt – das wird so-
ar von Ihnen mitgetragen – und dass Befürworter einer
eistungsstarken Infrastruktur, nicht etwa Fan-Clubs, dis-
reditiert werden, dann ist eine Grenze der politischen
useinandersetzung überschritten. Das Gleiche gilt,
enn hier immer wieder behauptet wird, die Zahl von

1056 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009


(A) )



(B) )


Ute Kumpf
3 Milliarden Euro sei von heute auf morgen auf
4,088 Milliarden Euro erhöht worden.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es war doch so! Du warst dabei!)


– Herr Kollege, Sie selbst haben die Sitzung des Ver-
kehrsausschusses als sein Vorsitzender geleitet. Sie ha-
ben genau erfahren, wie diese Werte zustande gekom-
men sind. Es ist unredlich, hier so zu tun, als würde mit
Taschenspielertricks gearbeitet.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Ich bitte Sie um mehr Redlichkeit, mehr Glaubwürdig-
keit und mehr Einsatz für die Verkehrsinfrastruktur einer
Region, für die Sie den Auftrag bekommen haben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701231400

Ich bin sicher, dass die Kollegin Kumpf bemerkt hat,

dass der Präsident in besonderen Notlagen auch bei Kol-
legen, die hier nicht ihre erste Rede halten, freiwillig ei-
nen Zuschlag zur Redezeit gewährt.

Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zum
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Ti-
tel „Moratorium für Stuttgart 21 – Wirtschaftlichkeit des
Großprojektes vor Baubeginn sicherstellen“.

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 17/268, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/125 abzuleh-
nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Be-
schlussempfehlung angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 17 a bis 17 c auf:

a) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Rüdiger Veit, Dr. Dieter Wiefelspütz, Olaf Scholz,
weiteren Abgeordneter und der Fraktion der SPD
eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur

(Altfallregelung)


– Drucksache 17/207 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln),
Ingrid Hönlinger, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
des Aufenthaltsgesetzes

– Drucksache 17/34(neu) –

A
d

R
P
d
o
f
n

Ü
a
v
n

A
B
g
s
d
a
g
H
G
e
t

B
t
f
B

1)

(C (D Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 17/278 – Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Grindel Rüdiger Veit Hartfrid Wolff Ulla Jelpke Josef Philip Winkler c)

richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan
Korte, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE

Für ein umfassendes Bleiberecht

– Drucksachen 17/19, 17/278 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Ulla Jelpke
Josef Philip Winkler

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
azu keinen Widerspruch.

Die Kollegen Reinhard Grindel, Stephan Mayer,
üdiger Veit, Hartfrid Wolff, Ulla Jelpke und Joseph
hilip Winkler haben dazu brillante Reden vorbereitet,
ie sie unverständlicherweise nicht vortragen wollen,
bwohl Einzelne sogar persönlich anwesend sind. Das
inde ich bedauerlich, nehme es aber zur Kenntnis. Wir
ehmen die Reden damit zu Protokoll.1)

Tagesordnungspunkt 17 a. Interfraktionell wird die
berweisung des Gesetzentwurfes auf Drucksache 17/207

n die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
orgeschlagen. Hat jemand andere Vorschläge? – Das ist
icht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Unter dem Tagesordnungspunkt 17 b geht es um die
bstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Aufenthalts-
esetzes. Der Innenausschuss empfiehlt unter Buchstabe a
einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/278,
en Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
uf Drucksache 17/34(neu) abzulehnen. Ich bitte diejeni-
en, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
andzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Der
esetzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt. Damit

ntfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Bera-
ung.

Unter dem Tagesordnungspunkt 17 c geht es um die
eschlussempfehlung des Innenausschusses zu dem An-

rag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Für ein um-
assendes Bleiberecht“. Der Ausschuss empfiehlt unter
uchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Druck-

Anlage 6

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2009 1057


(A) (C)



(B) (D)


Präsident Dr. Norbert Lammert

sache 17/278, den Antrag der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 17/19 abzulehnen. Wer stimmt dieser Be-
schlussempfehlung zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Damit ist die Beschlussempfehlung ange-
nommen.

Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dagmar Ziegler [SPD]: Schade!)


Ich bedanke mich bei allen, die so lange und so diszi-
pliniert dieser Veranstaltung beigewohnt haben.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 18. Dezember 2009,
9 Uhr, ein.

Ich hoffe, Ihnen fällt etwas Vernünftiges zur Überbrü-
ckung der verbleibenden Zeit ein.

Ich schließe damit die Sitzung.