Protokoll:
16215

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 215

  • date_rangeDatum: 27. März 2009

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:11 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/215 Dr. Peter Struck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peer Steinbrück, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Günther H. Oettinger, Ministerpräsident (Baden-Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ Handwerk (Drucksachen 16/7783, 16/10022) . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Paul K. Friedhoff, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Die Mitte stärken – Mittelstand ins Zentrum der Wirt- schaftspolitik rücken (Drucksache 16/12326) . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte (CDU/CSU) . . . . . . . . Laurenz Meyer (Hamm) 23363 D 23365 D 23367 B 23369 B 23372 C 23374 C 23377 A 23378 C 23379 A 23388 D 23389 A 23389 A 23390 B 23390 D 23392 B 23393 C Deutscher B Stenografisch 215. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Absetzung des Zusatztagesordnungspunktes 9 Abwicklung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Ände- rung des Grundgesetzes (Artikel 91 c, 91 d, 104 b, 109, 109 a, 115, 143 d) (Drucksache 16/12410) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Begleitgesetzes zur zwei- ten Föderalismusreform (Drucksache 16/12400) . . . . . . . . . . . . . . . B D D F J T a 23363 A 23363 A 23363 B 23363 B DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . 23380 A 23380 D undestag er Bericht ung 27. März 2009 t : ritta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ingolf Deubel, Staatsminister (Rheinland-Pfalz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ritz Rudolf Körper (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . ochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . . agesordnungspunkt 31: ) Große Anfrage der Abgeordneten Jürgen Koppelin, Birgit Homburger, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Bürokratische Belas- tungen statistischer Erhebungen für das 23382 A 23383 A 23384 C 23386 C 23387 C (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Wend (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 23393 D 23394 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2009 Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laurenz Meyer (Hamm) (CDU/CSU) . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Laurenz Meyer (Hamm) (CDU/CSU) . . . . . . Paul K. Friedhoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Paul K. Friedhoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Norbert Röttgen, Bernd Schmidbauer, Dr. Hans-Peter Uhl, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Thomas Oppermann, Joachim Stünker, Fritz Rudolf Körper, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Max Stadler, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der par- lamentarischen Kontrolle der Nach- richtendienste des Bundes (Drucksache 16/12411) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Norbert Röttgen, Bernd Schmidbauer, Dr. Hans-Peter Uhl, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Thomas Oppermann, Joachim Stünker, Fritz Rudolf Körper, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Max Stadler, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundge- setzes (Artikel 45 d) (Drucksache 16/12412) . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der parla- mentarischen Kontrolle der Geheim- dienste sowie des Informationszugangs- rechts (Drucksache 16/12189) . . . . . . . . . . . . . . . d D D T W H D T Z d E G ( H D K P H S T B s A K A K b ( G H K K M 23396 A 23397 D 23399 C 23399 D 23400 A 23401 C 23402 A 23404 C 23405 D 23408 A 23409 B 23409 C 23409 C ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Nešković, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Norman Paech, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Kontroll- gremiumgesetzes (Drucksache 16/12374) . . . . . . . . . . . . . . r. Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . olfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 33: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines rsten Gesetzes zur Änderung des Artikel-10- esetzes Drucksachen 16/509, 16/12448) . . . . . . . . . . elmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . tephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . agesordnungspunkt 34: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Arbeit und Soziales zu dem ntrag der Abgeordneten Katrin Kunert, atja Kipping, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer bgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: eine Anrechnung der Abwrackprämie ei ALG II und Eingliederungshilfe Drucksachen 16/12114, 16/12358) . . . . . . . . abriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . einz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . arl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . atja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23409 D 23409 D 23411 B 23413 A 23415 A 23416 A 23417 C 23419 A 23419 B 23420 B 23421 A 23422 D 23423 C 23424 A 23425 A 23426 B 23426 B 23427 B 23428 A 23428 D 23430 A 23431 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2009 III Tagesordnungspunkt 35: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Cornelia Behm, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Sicherung der inter- kommunalen Zusammenarbeit (Drucksachen 16/9443, 16/11976) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Sicherung der interkommunalen Zusammenarbeit (Tagesordnungspunkt 35) Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul K. Friedhoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23432 B 23432 D 23433 A 23434 B 23435 B 23435 D 23436 D 23437 C 23438 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2009 23363 (A) ) (B) ) 215. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
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    Anlage 2 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2009 23433 (A) ) (B) ) Hempelmann, Rolf SPD 27.03.2009 Rauen, Peter CDU/CSU 27.03.2009 Granold, Ute CDU/CSU 27.03.2009 Gruß, Miriam FDP 27.03.2009 Maurer, Ulrich DIE LINKE 27.03.2009 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 27.03.2009 Anlage 1 Liste der entschuldigt Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 27.03.2009* Ahrendt, Christian FDP 27.03.2009 Aigner, Ilse CDU/CSU 27.03.2009 Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2009 Arndt-Brauer, Ingrid SPD 27.03.2009 Barth, Uwe FDP 27.03.2009 Bartol, Sören SPD 27.03.2009 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2009 Dr. Berg, Axel SPD 27.03.2009 Brunkhorst, Angelika FDP 27.03.2009 Bülow, Marco SPD 27.03.2009 Bulling-Schröter, Eva DIE LINKE 27.03.2009 Carstensen, Christian SPD 27.03.2009 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 27.03.2009 Dött, Marie-Luise CDU/CSU 27.03.2009 Dreibus, Werner DIE LINKE 27.03.2009 Duin, Garrelt SPD 27.03.2009 Dr. Enkelmann, Dagmar DIE LINKE 27.03.2009 Freitag, Dagmar SPD 27.03.2009 Gabriel, Sigmar SPD 27.03.2009 Dr. Geisen, Edmund Peter FDP 27.03.2009 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 27.03.2009 Gleicke, Iris SPD 27.03.2009 Gradistanac, Renate SPD 27.03.2009 H H H H H D H H I J K K K D K L L L L D L D A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten erlitzius, Bettina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2009 ermann, Winfried BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2009 ill, Hans-Kurt DIE LINKE 27.03.2009 irsch, Cornelia DIE LINKE 27.03.2009 öger, Inge DIE LINKE 27.03.2009 r. Högl, Eva SPD 27.03.2009 off, Elke FDP 27.03.2009 oppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2009 brügger, Lothar SPD 27.03.2009 ung (Karlsruhe), Johannes SPD 27.03.2009 elber, Ulrich SPD 27.03.2009 opp, Gudrun FDP 27.03.2009 orte, Jan DIE LINKE 27.03.2009 r. Küster, Uwe SPD 27.03.2009 unert, Katrin DIE LINKE 27.03.2009 afontaine, Oskar DIE LINKE 27.03.2009 ange (Backnang), Christian SPD 27.03.2009 aurischk, Sybille FDP 27.03.2009 enke, Ina FDP 27.03.2009 r. Lippold, Klaus W. CDU/CSU 27.03.2009 ötzer, Ulla DIE LINKE 27.03.2009 r. Lotter, Erwin FDP 27.03.2009 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 23434 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2009 (A) ) (B) ) * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Sicherung der inter- kommunalen Zusammenarbeit (Tagesord- nungspunkt 35) Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Ja, auch ich bin der festen Überzeugung, dass die interkommunale Zusam- menarbeit ein wesentlicher Bestandteil der Organisa- tionshoheit unseres Staates ist. Sicherlich gilt es, diese – durch unseren föderalen Staatsaufbau auch notwendi- gen – Strukturen auch im europäischen Staatenbund zu schützen. Die Verwaltungszusammenarbeit zwischen kommunalen Gebietskörperschaften ist ein geeignetes Mittel interner Staatsorganisation, ganz besonders, wenn es darum geht, im Interesse des Gemeinwohls Leistun- gen der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erbringen. In strukturschwachen Regionen ist gerade bei der Siche- rung der Grundvorsorge die interkommunale Zusam- m l l h t u ß n s B d t A f Z U g B ti v d W s u l s w d d w t v B d b d c F ß u d l m g A m d t V d O v g b g Reichenbach, Gerold SPD 27.03.2009 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 27.03.2009 Dr. Schavan, Annette CDU/CSU 27.03.2009 Schily, Otto SPD 27.03.2009 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 27.03.2009 Dr. Schwanholz, Martin SPD 27.03.2009 Sebastian, Wilhelm Josef CDU/CSU 27.03.2009 Staffelt, Grietje BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2009 Dr. Strengmann-Kuhn, Wolfgang BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.03.2009 Tauss, Jörg SPD 27.03.2009 Ulrich, Alexander DIE LINKE 27.03.2009 Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 27.03.2009 Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 27.03.2009 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 27.03.2009 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 27.03.2009 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich (C (D enarbeit ein wichtiger Stützpfeiler. Dieser darf nicht eichtfertig dem Wettbewerb ausgesetzt werden. Es bleibt jedoch bei meinen bereits im November etzten Jahres formulierten drei Einwänden gegen den ier von Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Antrag: Sie fordern, den Ausbau interkommunaler Koopera- ion konsequent und gezielt durch Förderprogramme zu nterstützen. Sie lassen bei dieser Forderung jedoch au- er Acht, dass bei der Frage der innerstaatlichen Orga- isation der Bundesgesetzgeber nur über sehr einge- chränkte Kompetenzen verfügt. Ganz im Sinne unseres estrebens nach Subsidiarität ist jede Instanz unterhalb es Bundesstaats auch wieder für die eigene Organisa- ion zuständig. Demnach sind bei staatlich zu lösenden ufgaben – wie der Einrichtung von Förderprogrammen ür interkommunale Kooperationen – zuerst und im weifel immer die Länder für die Einrichtung und die msetzung zuständig. Ich habe bereits in meiner letzten Rede darauf hin- ewiesen, dass die Aktivitäten des Bundesamtes für auordnung und Raumwesen den Ländern hier als Orien- erung dienen könnten. Hier werden zahlreiche Modell- orhaben zu erfolgreicher interkommunaler Kooperation urchgeführt. Die Bundesländer Hessen und Nordrhein- estfalen haben bereits Förderprogramme aufgelegt, die ich eng an die Empfehlungen des Bundesamtes halten nd sich guter Resonanz erfreuen. Bayern und das Saar- and befinden sich derzeit in der Planungsphase. Im Ge- präch mit Vertretern der zuständigen Landesbehörden urde mir vermittelt, dass es nicht erwünscht sei, wenn er Bund hier in Konkurrenz zu den Ländern treten und ie Förderung im kommunalen Bereich an sich ziehen ürde. Für mich ist und bleibt die föderale Organisa- ionsweise und somit auch Entscheidungsfreiheit nach- ollziehbar: Die Landesregierungen kennen die lokalen edürfnisse, ein bundeseinheitliches Programm würde er Komplexität des Themas gewiss nicht gerecht. Auch beim Punkt 5 sehe ich ähnlich gelagerte Pro- leme: Gerade eine Formulierung wie „ … auf die Län- er dahingehend einzuwirken, dass sie in ihren gesetzli- hen Regelungen die private Beteiligung bei zulässigen ormen der interkommunalen Kooperation ausschlie- en“ halte ich für mehr als unglücklich. Im Übrigen: Der Antrag kommt verspätet. Wir haben ns Ende letzten Jahres intensiv mit der Novellierung es deutschen Vergaberechts auseinandergesetzt. Nach angen Kämpfen – besonders im Bereich der interkom- unalen Zusammenarbeit – sind wir zu einer Einigung ekommen. Es ist darum gegangen, die Interessen der uftraggeberseite und die Interessen der Auftragneh- erseite sinnvoll miteinander zu vereinen. Wir haben abei weder einer Liberalisierung zu sehr Rechnung ge- ragen noch haben wir der Rekommunalisierung zu sehr orschub geleistet. Denn einerseits muss das Interesse es Staates an einer möglichst freien Ausübung seiner rganisationshoheit gesichert bleiben, andererseits muss erhindert werden, dass unter dem Deckmantel der Or- anisationshoheit öffentliche Aufträge gezielt am Verga- erecht vorbeidirigiert und ganze Wirtschaftszweige ge- enüber der Staatswirtschaft benachteiligt werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2009 23435 (A) ) (B) ) Als Kommunalpolitiker konnte ich die Bedenken der öffentlichen Auftraggeber verstehen. Hätten wir die in- terkommunale Kooperation dem Vergaberecht unterwor- fen, wäre dies de facto auf eine Privatisierungspflicht hi- nausgelaufen. Die Entscheidung, ob eine Leistung am Markt eingekauft oder selbst ausgeführt wird, obliegt al- leine den betroffenen staatlichen Einheiten. So ging es bei der Novelle des Vergaberechts in erster Linie darum, Kommunen zu ermöglichen, miteinander Kooperationen einzugehen, und nicht darum, ihnen zu ermöglichen, sich dem Wettbewerb zu verschließen. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung ist und bleibt ein hohes Gut im Selbstverständnis des deutschen Staates und ge- hört geschützt. Für die Position der Wirtschaft sprachen wirtschafts- politische Überlegungen, mit denen ich mich als CSUler durchaus identifizieren kann: Die Ausschreibung be- stimmter Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, etwa im Bereich der Abwasserentsorgung, kann die Marktzu- gangschancen von Privatunternehmen und gerade auch von Mittelständlern verbessern. Dies ist und bleibt poli- tisch von unserer Fraktion gewollt. Auch politisch ge- wollt ist es, im Bereich der öffentlichen Aufträge kos- teneffizient zu wirtschaften. Deshalb appellieren wir an die öffentlichen Auftraggeber, immer sorgfältig zu prü- fen, ob nicht eine Vergabe an private Unternehmen unter dem Aspekt der Kostenersparnis und Entlastung der öf- fentlichen Haushalte vorteilhafter ist, als die Aufträge selbst auszuführen. Das ist auch „Organisationsfreiheit“, das ist eine fundamentale Entscheidungskompetenz und -pflicht der Kommunalpolitik. Wir dürfen bei der Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit die Auswirkungen für mittelständische Unternehmen der Privatwirtschaft nicht außer Acht las- sen. Die Details zu den Diskussionen, die wir um einen Kompromiss zwischen Privatwirtschaft und kommuna- len Betrieben bei der Novelle des Vergaberechts geführt haben, habe ich Ihnen ja bereits in früheren Reden erläu- tert. Hier jetzt wieder anzusetzen, wo wir gerade einen für alle tragbaren Kompromiss gefunden haben, halte ich für unnötig. Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): Wir sind uns einig darin, dass die interkommunale Zusammen- arbeit für die gemeinsame Erledigung von öffentlichen Aufgaben unverzichtbar ist. Zum einen ermöglicht sie den Städten, Kreisen und Gemeinden, ihre Aufgaben kostengünstig und damit wirtschaftlicher zu erfüllen, da sie Größenvorteile nutzen können und so von Synergie- effekten profitieren. Zum anderen wird sie schlichtweg notwendig, wenn eine Kommune eine Aufgabe tech- nisch oder aus anderen Gründen nicht allein erledigen kann. Und zum dritten sind viele Städte und Gemeinden einfach aufgrund ihrer angespannten Finanzlage zur ge- meinsamen Aufgabenwahrnehmung gezwungen. Dabei agieren die Kommunen allerdings nicht im rechtsfreien Raum. Die interkommunale Zusammen- arbeit ist Teil der kommunalen Organisationshoheit, die wiederum als wichtiger Bestandteil der Selbstverwal- tungsgarantie durch Art. 28 GG verfassungsrechtlich ge- s v t g u Z N V c r l e Z m z V a u s d D s d h z f a u a b c P l t r d w n s r m b t A s s m d g A w T d a (C (D chützt ist. Man müsste eigentlich meinen, dass dieser erfassungsrechtliche Schutz ausreichend sei, um die in- erkommunale Zusammenarbeit zu sichern. Leider weit efehlt, denn EuGH, verschiedenen deutschen Gerichten nd Teilen der Privatwirtschaft ist die interkommunale usammenarbeit ein Dorn im Auge. Sie drängen mit achdruck darauf, Aufträge zwischen der öffentlichen erwaltung und den übrigen Einrichtungen des öffentli- hen Rechts in weiten Teilen dem Diktum des Vergabe- echts zu unterwerfen. Dass Sie diesen Bestrebungen Einhalt gebieten wol- en, findet grundsätzlich meine volle Zustimmung. Denn s war bei der Reform des Vergaberechts auch unser iel, die zunehmende Überlagerung des Rechts der kom- unalen Zusammenarbeit durch das Vergaberecht auf- uheben. Durch eine eindeutige Regelung im GWB zur ergaberechtsfreiheit der interkommunalen Zusammen- rbeit wollten wir Rechtssicherheit für Städte, Kreise nd Gemeinden schaffen. Leider ist das im parlamentari- chen Verfahren in letzter Minute vom Wirtschaftsflügel er CDU/CSU-Fraktion verhindert worden, der dem ruck der einschlägigen Wirtschaftsverbände nicht tandhalten konnte oder wollte und sogar ein Scheitern er gesamten Vergaberechtsreform in Kauf genommen ätte. Dieser Kompromiss kann für uns natürlich nicht ufriedenstellend sein und war es im Übrigen auch nicht ür den Bundesrat, der sich in einem Entschließungs- ntrag klar dafür ausgesprochen hat, bestehende Rechts- nsicherheiten bei der interkommunalen Zusammen- rbeit und anderen staatlichen Kooperationen zu eseitigen und bei der EU-Kommission auf eine entspre- hende Klarstellung hinzuwirken. Für uns bleibt dieser unkt also zwingend auf der politischen Tagesordnung. Eines möchte ich abschließend nochmals ausdrück- ich betonen: Die interkommunale Zusammenarbeit un- erliegt bereits heute weder dem europäischen Vergabe- echt noch dem deutschen Vergaberecht im GWB. Bei er interkommunalen Zusammenarbeit geht es um Ver- altungsorganisation und nicht um Beschaffung. Zu den anderen Forderungen Ihres Antrages kann ich ur sagen: Das sind nicht mehr als gut gemeinte Ab- ichtserklärungen. Denn grundsätzlich liegt die konkrete echtliche Ausgestaltung der interkommunalen Zusam- enarbeit in den Händen der Länder und da soll sie auch leiben. Diese Entscheidungshoheit sollten Sie respek- ieren. Paul K. Friedhoff (FDP): Wir debattieren hier einen ntrag der Grünen aus dem Juni letzten Jahres. Danach ollen Kommunen die Möglichkeit erhalten, mit Be- chaffungen oder Dienstleistungen eine andere Kom- une direkt zu beauftragen. Problematisch ist, dass es en Kommunen bei dieser Art öffentlicher Auftragsver- abe möglich ist, ein Vergabeverfahren zu umgehen. Ich glaube kaum, dass die Fraktion der Grünen ihren ntrag aus dem letzten Sommer heute noch so stellen ürde. Ich hatte bereits in meiner Plenarrede zu diesem hema im November letzten Jahres darauf hingewiesen, ass die überwiegende Mehrheit der zum Vergaberecht ngehörten Sachverständigen sich deutlich gegen Forde- 23436 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2009 (A) ) (B) ) rungen, wie sie in diesem Antrag enthalten sind, ausge- sprochen hat. Die Fachleute bestätigten vielmehr die von meiner Fraktion vorgebrachten Hinweise auf die Gefah- ren, die in einer Ausweitung der interkommunalen Zu- sammenarbeit liegen würden. Vor allem die Bürger würden es nicht verstehen, wenn es erleichtert werden sollte, mit den von ihnen erwirt- schafteten Geldern leichtfertig umzugehen. Die Vor- schriften des Vergaberechts sollen in erster Linie eine wirtschaftliche Beschaffung erreichen. Verschwendung soll im Sinne der Bürger verhindert werden. Auch die mittelständische Wirtschaft könnte nicht verstehen, warum ihre Unternehmen als private Auftrag- nehmer sich den hohen Anforderungen der Vergabe- verfahren stellen sollen, während bei öffentlichen Auf- tragnehmern der bequeme Weg ohne Ausschreibung und ohne Wettbewerb offenstünde. Eine krasse Wettbe- werbsverzerrung zulasten der regionalen Unternehmen wäre unausweichlich die Folge einer Ausweitung inter- kommunaler Zusammenarbeit. Der Wirtschaftsausschuss hat den vorliegenden An- trag folgerichtig Ende Januar dieses Jahres abgelehnt. Gerade in dieser Zeit allgemeinwirtschaftlicher Schwä- che dürfen die zu beauftragenden Mittelständler nicht noch mehr belastet werden. Es ist von den Kommunen nicht zu viel verlangt, dass sie ein – für sie vielleicht un- bequemes – Vergabeverfahren anstrengen müssen, bevor sie Steuergeld ausgeben. Die Mittelständler vor Ort sind aktuell auf jeden Auftrag der öffentlichen Hand ange- wiesen. Es wäre überhaupt nicht vermittelbar, wenn Kommunen zu ihren Lasten von den Anforderungen des Vergaberechts zwecks interkommunaler Zusammenar- beit freigestellt würden. Gerade von den Grünen, die doch das Gebot der Transparenz angeblich so hoch halten, hätte ich erwartet, dass sie für größtmögliche Transparenz auch in deut- schen Vergabeverfahren sind. Stattdessen wollen sie die interkommunale Zusammenarbeit fördern, in der sie eine „verwaltungsinterne Lösung“ sehen, für die das Verga- berecht nicht gelten solle. Als Begründung hierfür wird angeführt, dass die An- wendung des Vergaberechts einen faktischen Privatisie- rungszwang auslösen würde. Nun ist es, wie Sie wissen, nicht so, dass meine Fraktion etwas gegen Privatisierun- gen einzuwenden hätte. Jedoch ist die Argumentation hier falsch und zeigt Unkenntnis des Wesens der öffent- lichen Vergabe. Sinn des Vergabeverfahrens sind gleiche und gerechte Chancen auf Aufträge. Es fordert daher auch niemand, dass sich kommunale, also öffentliche Auftragnehmer an Ausschreibungen von öffentlichen Auftraggebern nicht mehr beteiligen dürfen. Es wird nur gefordert, dass für alle potenziellen Auftragnehmer die gleichen Bedingun- gen eines fairen Wettbewerbs um den zu erlangenden Auftrag gelten. Wenn die öffentlichen Bewerber gut und effizient sind, brauchen sie den Wettbewerb mit den pri- vaten nicht zu fürchten. Wenn sie ineffizient und zu teuer sind, sollten sie ihr Geschäftsmodell überprüfen. Die V k m s H s b m i s r f v l w a d n S F f w g V m v t k a l l s a k t d v d m b e W l b n d a L m t b (C (D ergabe an zu teure oder zu schlechte Auftragnehmer ann und darf niemals im Sinne der vergebenden Kom- une sein. Ihre Beschaffung muss stattdessen stets wirt- chaftlich sein. Dies wird unter dem Eindruck klammer aushalte der Gemeinden wohl niemand ernsthaft be- treiten können. Wenn die Grünen in ihrem Antrag denn auch schrei- en, dass die von ihnen so geschätzte Art des Zusam- enwirkens von Gemeinden ein erforderliches Mittel st, um kosteneffizient Leistungen zu erbringen, haben ie dabei scheinbar den Grundgedanken des Vergabe- echts völlig aus den Augen verloren. Dieser liegt darin, ür die öffentliche Hand einen wirtschaftlichen Einkauf on Leistungen zu gewährleisten. Und diese Wirtschaft- ichkeit lässt sich ohne Wettbewerb nicht erreichen. Aktuell zeigt die teils nicht sehr sachgerechte Ver- endung der an die Kommunen ausgeschütteten Mittel us dem zweiten Konjunkturpaket der Bundesregierung, ass bei der Auftragsvergabe die Anforderungen an ei- en gerechten Wettbewerb nicht sinken dürfen. Damit ie mich an dieser Stelle nicht falsch verstehen: Die DP-Fraktion ist strikt gegen die Einbindung vergabe- remder Kriterien in das Verfahren. Sozial- und Um- eltpolitik und allgemeinpolitische Ziele haben im Ver- abeverfahren nichts zu suchen. Jegliche Nutzung des ergabeverfahrens als Vehikel zum Transport gut ge- einter anderer Ziele verzögert die Auftragsvergabe und erteuert sie in der Regel auch. Die Möglichkeit einer vom Grünenantrag favorisier- en Auftragsvergabe nach Gutdünken an befreundete ommunale Betriebe klingt für Bürgermeister sicher ttraktiv, aber sie gefährdet den Wettbewerb bei öffent- ichen Aufträgen: Während sich Kommunen zur Aus- astung ihrer Eigenbetriebe teure Aufträge hin- und her- chanzen können, bleiben die privaten Unternehmer ußen vor. Die Transparenz sinkt und die Wirtschaftlich- eit dieser Art der Beschaffung ist nicht gewährleistet. Eine Wirtschaftlichkeitskontrolle würde bei verstärk- er kommunaler Verflechtung immer weniger stattfin- en. Unter dem Leitbild einer transparenten Auftrags- ergabe der öffentlichen Hand verbietet sich geradezu ie Schaffung der Möglichkeit, Betriebe anderer Kom- unen ohne Ausschreibung zu beauftragen. Das Verga- erecht soll fairen Wettbewerb sicherstellen und es nicht twa den Kommunen einfach machen, unerwünschten ettbewerb auszuschalten. Lassen Sie es mich abschließend nochmals klarstel- en: Wenn kommunale Unternehmen gut wirtschaften, rauchen sie den Wettbewerb mit der Privatwirtschaft icht zu fürchten. Es gibt deshalb auch keinen Grund, ie städtischen Betriebe von den Vergabevorschriften uszunehmen und so vor Wettbewerb zu schützen. Dr. Herbert Schui (DIE LINKE): Die Fraktion Die inke unterstützt den Antrag der Grünen, die interkom- unale Zusammenarbeit zu sichern. Dies ist umso wich- iger geworden, weil die Bundesregierung beim Verga- erecht den Schwanz vor dem BDI eingezogen hat. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2009 23437 (A) ) (B) ) Nach einer beispiellosen Intervention der Industrie hat die Koalition auch noch die letzte fortschrittliche Rege- lung in ihrer Vergaberechtsnovelle, die zur interkommu- nalen Zusammenarbeit, aus dem Gesetz gestrichen. Die Folge ist, dass insbesondere in dem für die Kommunen wichtigen Zukunftsthema der interkommunalen Koope- ration eine weitgehende Ausschreibungspflicht beibehal- ten wird. Das heißt, obwohl beide Kommunen eine Auf- gabe öffentlich wahrnehmen wollen, werden sie in vielen Fällen zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben gezwungen. Ob eine Kommune sich entscheidet, den Winterdienst zusammen mit der Nachbargemeinde erledigen zu lassen oder an Private zu vergeben – das ist eine Frage der De- mokratie, das ist eine Frage, die der Stadtrat zu entschei- den hat und nicht die vom BDI bezahlten Juristen. Und dabei muss es unerheblich sein, ob dies eine Kommune alleine oder in Zusammenarbeit mit anderen Kommunen erledigt. Wohlgemerkt geht es uns dabei um regionale Zusammenarbeit und um regionale Wirtschaftskreisläufe. Es geht um die Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen oder innerhalb einer Region auch über die Grenzen von Bundesländern oder Staaten hinweg. Interkommunale Zu- sammenarbeit darf nicht dazu führen, die Kommunen miteinander in den bundesweiten Wettbewerb zu treiben. Wenn eine Kommune am einen Ende der Republik sich die Versorgung der Menschen in einer Kommune am an- deren Ende oder gar im Ausland unter den Nagel reißt, würde sie sich von ihrer Aufgabe, der Sicherstellung von öffentlichen Gütern und Dienstleistungen für die Bür- gerinnen und Bürger im eigenen Gebiet zu weit weg ent- fernen. In solchen Fällen agieren die Kommunen nicht anders als Private und haben dafür keinen besonderen Schutz verdient. Anders gesagt: Wenn die Stadtwerke München mit der Gemeinde Sauerlach kooperieren, um ein geothermisches Kraftwerk zu errichten, so macht das Sinn, eine europaweite Ausschreibung wäre hier irr- witzig. Wenn die Mannheimer Stadtwerke die Köthener Stadtwerke aufkaufen, spielen sie nur das Spiel der gro- ßen EVU mit. Interkommunale Zusammenarbeit nimmt angesichts der prekären finanziellen Situation von Kommunen ei- nen immer größeren Stellenwert ein. Insbesondere für kleinere und strukturschwächere Gemeinden ist die Zu- sammenarbeit mit anderen Kommunen ein wichtiges Mittel, ihre Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit zu erhalten. Wer diese Zusammenarbeit jedoch als reines Instrument von Rationalisierung versteht, greift zu kurz. Dann erreicht er keine Verbesserung der öffentlichen Leistungen. Im Gegenteil, die Wege der Bürgerinnen und Bürger zu den Einrichtungen ihrer Gemeinde wer- den immer länger und umständlicher. Uns muss es darum gehen, im Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge, der Bereitstellung öffentlicher Infra- struktur und des Ausbaus sozialer und kultureller Ange- bote die Kommunen in die Lage zu versetzen, durch Zusammenarbeit mit ihren Nachbarkommunen Synergie- effekte im Sinne der Bevölkerung zu nutzen. In vielen R m k d h l G G b n W d a U z s B P d k f s z d – l s s m D S a p Z s e a v d g K t m N l W e t k D s s f P V (C (D egionen gibt es hierzu bereits langjährige Erfahrungen; an denke nur an den öffentlichen Personennahverkehr. Es wird jedoch auch immer Bereiche geben, in denen ommunale Kooperation schwierig ist, insbesondere ort, wo die Kommunen miteinander im Wettbewerb ste- en, bei der Einwohnerzahl und bei der Gewerbeansied- ung. Zumindest bei letzterem würde der Vorschlag der rünen, im Falle gemeinsamer grenzüberschreitender ewerbegebiete einen Verteilungsmodus für die Gewer- esteuer einzuführen, einen positiven Effekt haben kön- en. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ir haben heute abschließend einen Antrag zu verhan- eln, der zum Ziel hat, die interkommunale Zusammen- rbeit zwischen Kommunen ohne Beteiligung privater nternehmen – also die Kooperationen zwischen 100-pro- entigen kommunalen Trägern – wieder auf eine rechts- ichere Basis zu stellen. Wir Grüne sind uns mit den undesländern einig, dass es sich um ein drängendes roblem handelt, schließlich geht es um die Sicherung er öffentlichen Daseinsvorsorge, die gerade in diesen risengeschüttelten Zeiten einen besonderen Stellenwert ür Bürgerinnen und Bürger hat. Vor allem in struktur- chwachen und ländlichen Regionen ist die Kooperation wischen kommunalen Trägern inzwischen ein zwingen- es Erfordernis geworden, um öffentliche Leistungen von der Wasserversorgung bis zu den Volkshochschu- en – wirtschaftlich erbringen zu können. Gerade in die- en Regionen, in denen die demografische Entwicklung chon heute ihre Spuren hinterlässt, ist es für die Kom- unen wichtig, bei der Erbringung ihrer öffentlichen ienstleistungen Synergieeffekte zu nutzen. Die EU-Kommission und der EuGH beziehen – wie ie wissen – verstärkt vergaberechtlich die Zusammen- rbeit zwischen kommunalen Organisationen in die euro- aweite Ausschreibungspflicht ein. Solche kommunalen usammenschlüsse sind jedoch eine rein organisatori- che Entscheidung. Deshalb brauchen wir jetzt endlich ine klarstellende Regelung, sowohl im EU-Recht als uch auf Bundes- und Landesebene. Und hier, meine erehrten Kolleginnen und Kollegen von der SPD und er Union, haben Sie ganz offensichtlich ihre Hausauf- aben nicht gemacht. Was ist denn aus der Zusage des ollegen Dr. Nüßlein in der ersten Lesung dieses An- rags geworden, die Koalition regele das Problem schon it einer Negativdefinition in § 99 Abs. 1 Satz 2 GWB? ichts dergleichen wurde umgesetzt. Die besagte Rege- ung, die noch im Regierungsentwurf zum Gesetz gegen ettbewerbsbeschränkungen (GWB) enthalten war und in weiterer Schritt in Richtung Rechtsklarheit über in- erkommunale Zusammenarbeit gewesen wäre, wurde urz vor Verabschiedung der Vergaberechtsnovelle im ezember 2008 wieder gestrichen. Union und SPD las- en sich vor den Karren mancher Wirtschaftsverbände pannen und leisten mit ihrer unterlassenen Hilfestellung ür die kommunale Zusammenarbeit einem faktischen rivatisierungszwang für öffentliche Dienstleistungen orschub. Sogar die Aufforderung ihrer Parteikollegen 23438 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2009 (A) ) (B) ) in der Bundesratssitzung vom 13. Februar 2009, die Negativdefinition in § 99 GWG wieder aufzunehmen, lassen sie ungerührt verhallen, und belassen es bei beste- hender Rechtsunsicherheit für kooperationswillige Kom- munen. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Union, Sie lassen hier die Städte und Gemeinden im Stich. Mit Ihrer Weigerung, eine rechtliche Klarstellung zugunsten interkommunaler Zusammenarbeit ohne Be- teiligung Privater auf den Weg zu bringen, verhindern Sie auch eine eindeutige Abgrenzung zu den öffentlich- privaten Partnerschaften. Sie setzen mit Ihrer in dieser Sitzungswoche eingebrachten Initiative „Faire Wettbe- werbsbedingungen für öffentlich-private Partnerschaften“ gezielt Prioritäten für öffentlich-private Partnerschaften. Während Sie die von uns geforderten Programme zur Unterstützung kommunaler Kooperationen verweigern, fördern Sie aktiv Modellprojekte für öffentlich-private Partnerschaften. Wir Grüne sind nicht prinzipiell gegen öffentlich-private Partnerschaften, wenn sie transparent und so ausgestaltet sind, dass die Kontrolle des öffentli- chen Auftraggebers eindeutig gegeben ist. Außerdem muss sichergestellt sein, dass nicht Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Wenn Sie jetzt jedoch das Tor für öffentlich-private Partnerschaften weit öff- nen und es für die interkommunale Zusammenarbeit schließen, dann treiben Sie die Kommunen offensiv in die Privatisierung. Sie missachten damit ganz empfind- lich das Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, die sich in diesen krisenhaften Zeiten lieber auf öffentliche Dienstleistungen der Kommunen verlassen. Im Einklang mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in den Ländern fordere ich Sie auf, jetzt umgehend die ur- sprünglich geplante rechtliche Klarstellung im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf den Weg zu bringen und die erforderliche Rechtssicherheit für inter- kommunale Zusammenarbeit zu schaffen. Zudem müs- sen Sie auf EU-Ebene darauf hinarbeiten, dass eine sekundärrechtliche Klarstellung zugunsten der interkom- munalen Zusammenarbeit erfolgt. Kurz: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Abgeordnete Dr. Annette Schavan hat darum ge- beten, bei dem Entwurf eines Gesetzes zur Verankerung der Patientenverfügung im Betreuungsrecht (Patienten- verfügungsgesetz – PatVerfG) auf Drucksache 16/11360 nachträglich in die Liste der Antragsteller aufgenommen zu werden. Die Abgeordneten Dr. Hans-Peter Bartels und Dr. Konrad Schily haben darum gebeten, bei dem Ent- wurf eines … Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschafts- konflikten auf Drucksache 16/11347 nachträglich in die Liste der Antragsteller aufgenommen zu werden. g O D t A s c r s v l m d r (C (D Die Abgeordnete Dr. Margrit Spielmann hat darum ebeten, bei dem Antrag Programm „Stadtumbau st“ – Fortsetzung eines Erfolgsprogramms auf rucksache 16/12284 nachträglich in die Liste der An- ragsteller aufgenommen zu werden. Die Fraktion Die Linke hat mitgeteilt, dass sie den ntrag Sicherheit und Zukunft – Initiative für ein ozial gerechtes Antikrisenprogramm auf Drucksa- he 16/12245 zurückzieht. Die Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senio- en, Frauen und Jugend hat mitgeteilt, dass der Aus- chuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung on einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vor- age absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Kriegsdienstverweigerungs-Neuregelungsgesetzes – Drucksachen 16/5400, 16/6008 Nr. 1 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- okumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- atung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 16/11721 Nr. A.2 Ratsdokument 16940/08 Drucksache 16/11965 Nr. A.1 EuB-EP 1838; P6_TA-PROV(2009)0640 Sportausschuss Drucksache 16/820 Nr. 1.5 EuB-EP 1193 Finanzausschuss Drucksache 16/11721 Nr. A.11 Ratsdokument 16774/08 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/12188 Nr. A.16 Ratsdokument 5685/09 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 16/11721 Nr. A.20 Ratsdokument 16543/08 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 16/8455 Nr. A.12 Ratsdokument 6175/08 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 16/11819 Nr. A.17 Ratsdokument 17501/08 Drucksache 16/11819 Nr. A.18 Ratsdokument 17502/08 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. März 2009 23439 (A) (C) (B) (D) Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 16/11721 Nr. A.24 Ratsdokument 17022/08 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 16/8135 Nr. A.14 Ratsdokument 5088/08 Drucksache 16/8135 Nr. A.46 Ratsdokument 5223/08 Drucksache 16/12188 Nr. A.27 Ratsdokument 5892/09 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 16/10286 Nr. A.72 Ratsdokument 11709/08 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 16/11132 Nr. A.19 Ratsdokument 14632/08 Drucksache 16/11721 Nr. A.32 Ratsdokument 16276/08 Drucksache 16/11819 Nr. A.29 Ratsdokument 5001/09 Drucksache 16/11819 Nr. A.30 Ratsdokument 17476/08 Drucksache 16/11819 Nr. A.31 Ratsdokument 17573/08 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 16/10286 Nr. A.92 Ratsdokument 11159/08 Drucksache 16/10958 Nr. A.52 Ratsdokument 13631/08 215. Sitzung Berlin, Freitag, den 27. März 2009 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621500000

Die Sitzung ist eröffnet. Guten Morgen, liebe Kolle-

ginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle herzlich.

Ich darf Ihnen zu unserer heutigen Tagesordnung die
ergänzende Mitteilung machen, dass interfraktionell ver-
einbart worden ist, den Zusatzpunkt 9 – Biokraftstoffe –
abzusetzen und die Tagesordnungspunkte 33 und 34 zu
tauschen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wieso sind die Biokraftstoffe abgesetzt? Ich hatte mich so darauf gefreut!)


Sind Sie damit einverstanden? – Das scheint der Fall zu
sein. Dann ist das so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie ich heute Mor-
gen im Radio gehört habe, ist heute der Tag des Thea-
ters. Nun könnte man meinen, das hätten wir im Deut-
schen Bundestag täglich. Es könnte aber sein, dass wir
heute der besonderen Beobachtung einiger Theaterkriti-
ker unterliegen. Darauf wollte ich die nachfolgenden
Rednerinnen und Redner aus kollegialer Fürsorge recht-
zeitig aufmerksam machen.


(Heiterkeit)


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Redet
Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 30 a und b auf:

a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
… Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

(Artikel 91 c, 91 d, 104 b, 109, 109 a, 115, 143 d)


– Drucksache 16/12410 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklun
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

(C (D ung 27. März 2009 1 Uhr b)

CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismus-
reform

– Drucksache 16/12400 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
iese Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Auch da-
egen gibt es offenkundig keine Einwände. Dann kön-
en wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
ächst dem Kollegen Dr. Peter Struck für die SPD-Frak-
ion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ext

Dr. Peter Struck (SPD):
Rede ID: ID1621500100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Ich möchte nicht in meiner Eigenschaft als Vorsit-
zender der SPD-Fraktion hier sprechen, sondern als
Vorsitzender der Föderalismuskommission für das ganze
Haus, weil ich zusammen mit dem Kollegen Günther
Oettinger, bei dem ich mich herzlich für die Zusammen-
arbeit bedanke,


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


diese Kommission geleitet habe.

Ich bin mit diesem Paket im Großen und Ganzen zu-
ube, dass wir Grund haben, den Vertre-
es, also den Fraktionen des Deutschen
enauso wie den Bundesratsmitgliedern,
Kommission mitgearbeitet haben, zu
g
frieden. Ich gla
tern des Bund
Bundestages, g
die in dieser






(A) )



(B) )


Dr. Peter Struck
danken; denn sie haben ein Paket zustande gebracht, das
sich sehen lassen kann.

Aus verfassungsästhetischen Gesichtspunkten würde
ich allerdings ein deutliches Fragezeichen machen. Wir
haben als Juristen gelernt, eine Verfassung solle klar und
einfach formuliert sein. Was wir jetzt aufgeschrieben ha-
ben, ist mit Verfassungsästhetik kaum zu vergleichen.
Ich gebe das zu. Aber die Sachverhalte, über die wir zu
entscheiden hatten, sind komplizierter geworden. Dass
man in eine Verfassung sogar Eurobeträge hineinschrei-
ben muss, ist auch nicht der Normalfall. Aber es ist not-
wendig gewesen, um die Beträge, die festgelegt worden
sind, verfassungsfest zu machen und nur mit einer Zwei-
drittelmehrheit ändern zu können. Ich komme nachher
darauf zurück.

Ich frage mich, warum wir ähnlich wie bei der ersten
Föderalismusreform ein eigentümliches Missverhältnis
feststellen können. Ich meine das Missverhältnis zwi-
schen einerseits der Leidenschaft, mit der wir, also die
politische Klasse, über dieses Thema diskutieren, und
dem großen Engagement in vielen Fragen und anderer-
seits dem gewissen Desinteresse an diesem Thema und
teilweise auch Unverständnis in den öffentlichen
Medien für das, was wir in den vergangenen zwei Jah-
ren beraten haben. Die Medien haben eigentlich nur
beobachtet: Bekommen die einen Kompromiss zu-
stande? Die Inhalte dieses Kompromisses, die wirklich
sehr schwierig waren, haben nur die wenigsten verstan-
den. In der öffentlichen Bewertung der von uns vorge-
legten Abschlussvorschläge ist man uns, glaube ich,
nicht gerecht geworden.

Die Vorschläge, die die Föderalismuskommission ge-
macht hat, reichen sehr weit. Um es gleich am Anfang zu
sagen: Ich hoffe, dass es uns gelingen wird, im Deut-
schen Bundestag eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen.
Ich sehe besonders in die Richtung der Kollegen von der
FDP, in Richtung des Kollegen Burgbacher und des Kol-
legen Wissing, die mitgearbeitet haben. Ich meine, dass
Sie trotz der vielen Bedenken, die Sie zu Recht angemel-
det haben, diese Chance nutzen und über die Beratungen
im Bundesrat und über die Vertretungen der Länder, in
denen Sie an der Regierung beteiligt sind, bewerten und
klären sollten, ob Sie diesem Paket zustimmen können.
Ich bitte und werbe sehr darum, weil ich glaube, dass es
schon ein großer Schritt nach vorne wäre, wenn wir uns
wirklich einigen könnten.

Es ist insgesamt ein gutes Ergebnis für den Bund,
aber auch für die Länder. Unser Ergebnis zeigt übrigens,
dass der solidarische und kooperative Föderalismus der
Bundesrepublik Deutschland funktioniert und tragfähig
ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich habe direkt im Anschluss an unsere Einigung in der
Julius-Leber-Kaserne gesagt, dass wir geradezu eine
Sternstunde des kooperativen Bundesstaates erlebt
haben. Bei dieser Bewertung bleibe ich, vom Ausgangs-
punkt her gesehen. Ich bleibe dabei: Es ist eine Stern-
stunde des Föderalismus. Denn die Einigung, die wir

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(C (D etzt in einem großen, schwierigen Paket vorlegen, lässt en täglichen Hickhack zwischen Bund und Ländern eit zurück. Wir haben viel mehr erreicht als das Fest chreiben eines kleinsten gemeinsamen Nenners von und und Ländern, von Gebern und Nehmern, von Ost nd West. Wir haben ein gemeinsames Verständnis entickelt, wie unser Bundesstaat die finanziellen Proleme löst, die in der Vergangenheit und jetzt verstärkt urch die Finanzkrise entstanden sind. Wir sind uns in dieser Kommission darüber einig geesen – auch die Kollegen aus der Fraktion der Linken es Deutschen Bundestages –, dass sich die Staatschuld zu einer veritablen Hypothek für unser Gemeinesen entwickelt hat und weiterentwickeln kann, der wir it vereinten Kräften entgegentreten müssen. Für den und will ich sagen – auch der Finanzminister wird es icherlich ansprechen –: An der Tatsache, dass der Bund ro Jahr Zinsen in Höhe von 42 Milliarden Euro zahlen uss – das sind 76 000 Euro pro Minute –, ohne einen inzigen Euro zurückzahlen zu können, sehen wir schon, ie dramatisch die Situation ist. Dies gilt für die Länder n gleichem Maße. Wir müssen eingreifen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das gemeinsame Verständnis zwischen Bund und
ändern hat sich vor allen Dingen bei dem Thema der
ogenannten Konsolidierungshilfen für Länder in
esonders schwieriger Haushaltslage gezeigt. Diese
ilfen werden vom Bund und von den Ländern je hälftig

ufgebracht. Sie sollen sicherstellen, dass alle Länder bis
um Jahre 2020 einen ausgeglichenen Haushalt errei-
hen können.

Ich will deutlich sagen: Ein herzlicher Dank gilt vor
llem dem Bundesminister der Finanzen, Herrn
teinbrück, der bereit ist, acht Jahre lang 400 Millionen
uro, also insgesamt 3,2 Milliarden Euro, zu zahlen. Ih-
en herzlichen Dank dafür, Herr Kollege Steinbrück!


(Beifall bei der SPD – Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Das ist doch nicht sein Geld!)


er Dank gilt aber auch den Vertretern des Bundesrates,
en Ländern. Ein Land, das sich besonders beteiligen
uss, ist das Land Baden-Württemberg, das bereit ist,

inen eigenen Anteil zu leisten, um den Länderanteil
ufzubringen. Auch Ihnen herzlichen Dank, Herr
ettinger! Dies gilt gleichermaßen für Nordrhein-West-

alen und viele andere Geberländer, die ebenfalls bereit
ind, Geld dafür bereitzustellen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Es ist eine solidarische Anstrengung verabredet wor-
en, die es ermöglicht, dass die Länder, die sich jetzt und
ahrscheinlich auch in den nächsten Jahren in einer

chwierigen Haushaltslage befinden, im Jahr 2020 – vo-
aussichtlich – einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen
önnen; es sei denn, es kommen wieder konjunkturelle
otsituationen auf uns zu wie die, mit der wir es jetzt zu

un haben.

Ich bin aber auch auf andere Teile des Pakets durch-
us stolz. Das gilt vor allen Dingen für die Teilprojekte,






(A) )



(B) )


Dr. Peter Struck
mit denen Kooperation und Solidarität im Bundesstaat
akzentuiert werden. In diesem Zusammenhang ist zum
Beispiel die neue IT-Verfassungsbestimmung zu nennen;
der Kollege Körper wird darüber sprechen. Die Einigung
auf ein zentrales Krebsregister, das nach 30-jähriger Dis-
kussion nun endlich verwirklicht wird, ist ebenfalls zu
nennen. Auch das hat die Kommission erreicht. Die
Bundesgesundheitsministerin und alle Gesundheits-
minister der Länder werden dankbar dafür sein, dass wir
das erreicht haben. Das ist ein großer Fortschritt in der
Gesundheitspolitik.


(Beifall bei der SPD)


Es ist gut und wichtig, dass wir es erreicht haben, das
sogenannte Kooperationsverbot zu lockern. Sie erlau-
ben, dass ich an dieser Stelle nicht in meiner Eigenschaft
als Vorsitzender der Kommission spreche, sondern in
meiner Eigenschaft als Vorsitzender der SPD-Fraktion.
Ich glaube, dass wir in der Föderalismuskommission I
im Bereich der Bildung einen Fehler gemacht haben,
was die Kooperation angeht. Ich weiß aber auch, dass
damals andere Lösungen nicht möglich waren. Ich war
schon damals an der Debatte beteiligt. Jetzt haben wir
den Versuch unternommen, das sogenannte Koopera-
tionsverbot etwas zu lockern. Ich hätte gerne mehr er-
reicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben einen entsprechenden Antrag gestellt. Ich
muss aber akzeptieren, dass nahezu alle 16 Bundeslän-
der nicht bereit waren, mehr zu geben. Wir können nach-
her gerne darüber reden. Ich möchte das nur einmal fest-
stellen. Natürlich brauchen wir für eine Änderung eine
Zweidrittelmehrheit.

Wir haben lange über die Änderung des Art. 104 b
Grundgesetz gesprochen. Mit dem, was wir jetzt verein-
bart haben, können wir auch ein aktuelles Problem lösen.
Der Bundestag hat mit Mehrheit der Koalition ein Kon-
junkturprogramm beschlossen, über das den Gemeinden
Geld für den Bau von Schulen usw. zur Verfügung ge-
stellt wird. Nach der Verfassung ist das eher eine Aus-
nahme, weil wir im Grunde nur bei der energetischen
Sanierung von Schulgebäuden helfen dürfen. Ich bin
dankbar dafür, dass die Vertreter der Bundesregierung in
der Kommission klar gesagt haben: Das, was wir jetzt
machen – das ist ja eine große Hilfe für die Gemeinden;
wir geben nicht nur Geld für die energetische Sanierung
von Schulgebäuden, sondern auch für Sportstätten und
dergleichen –, ist durch die geplanten Neufassung des
Art. 104 b Grundgesetz absolut gedeckt. Ich bin Ihnen
dankbar, Herr Minister Steinbrück – –


(Bundesminister Peer Steinbrück spricht mit Bundesministerin Ulla Schmidt)


– So geht das nicht, Herr Kollege Steinbrück.


(Heiterkeit – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Endlich sagt es einmal einer!)


Wir haben gerade über das Konjunkturpaket geredet, um
das noch einmal kurz zu erklären.

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(C (D (Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin dankbar dafür, dass durch einen Brief des
undesfinanzministers an die Länderfinanzminister und
ie kommunalen Spitzenverbände klargestellt wurde,
ass das, was die Gemeinden vorhaben – Investitionen
n Bildung, nicht nur in Beton –, durch den neuen
rt. 104 b Grundgesetz absolut gedeckt ist. Das ist ein
roßer Fortschritt. Damit ist Rechtsklarheit geschaffen
orden. Wir haben die richtige Entscheidung getroffen;
avon bin ich überzeugt.


(Beifall bei der SPD)


Ich will ein letztes Wort zum Thema Föderalismus sa-
en – ich habe mir eine ganze Menge aufgeschrieben,
ber das brauche ich jetzt nicht mehr –: Was wir nicht re-
eln konnten, war die Neugliederung des Bundesgebie-
es. Wir haben versucht, darüber zu reden. Ein Minister-
räsident hat in der Kommission einen halbherzigen
ersuch unternommen, das anzusprechen. Ich nehme
ein Lieblingsthema wieder auf – ich weiß, dass mein
reund Volker Kröning gar nicht damit einverstanden

st, dass ich das jetzt sage –: Ich glaube, nicht diese
ommission, aber nachfolgende Kommissionen, die es
it Sicherheit geben wird, werden die Frage der Neu-

liederung des Bundesgebietes intensiv zu prüfen und
arüber zu entscheiden haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ch will Ihnen jetzt nicht sagen, welche Länder vielleicht
usammengelegt werden sollten. Das würde keinen Sinn
achen. Aber 16 Bundesländer, wie wir sie jetzt haben
Günther Oettinger ist damit auch nicht ganz einver-

tanden, Ingolf Deubel ebenfalls nicht –, wird es in zehn
der 15 Jahren nicht mehr geben können.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


ie werden ein bisschen mehr zusammengehen müssen.

Nehmen Sie dies als Vermächtnis eines ausscheiden-
en Föderalismuskommissionsvorsitzenden mit auf den
eg. Die jungen Kollegen sollen sich dieser Aufgabe
idmen. Dabei wünsche ich ihnen von Herzen guten Er-

olg.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621500200

Das Wort erhält nun der Kollege Ernst Burgbacher für

ie FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1621500300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

orab bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Struck, bei Ih-
en, Herr Ministerpräsident Oettinger, und bei den Mit-






(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher
gliedern der Kommission. Wir alle, die wir in dieser
Kommission waren, haben in den zwei Jahren unserer
Tätigkeit wirklich versucht, etwas vorwärts zu bringen,
schwierige Fragen anzupacken und sie auch zu lösen,
auch wenn dies nur teilweise gelungen ist. Die Zusam-
menarbeit aber war in weiten Teilen angenehm. Dafür
bedanke ich mich auch im Namen meines Kollegen
Volker Wissing.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich muss allerdings auch Folgendes deutlich feststel-
len: Heute hätte ein großer Tag für dieses Land sein müs-
sen und können; denn dieses Land braucht eine grundle-
gende Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen.
Wenn wir im weltweiten Wettbewerb weiterhin unsere
Position halten oder ausbauen wollen, können wir dies
nicht mit den Strukturen innerhalb der Länder und zwi-
schen Bund und Ländern tun, die wir im Augenblick ha-
ben. Dass wir eine grundlegende Reform brauchen, ist
unsere feste Überzeugung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich nenne ein Beispiel, das inzwischen völlig verges-
sen wurde: In einer Untersuchung ganz zu Beginn der
Reformarbeit wurde uns gesagt, eine Abschaffung des
Länderfinanzausgleichs, die so nicht infrage kommt, er-
höhte das Bruttoinlandsprodukt um einen Prozentpunkt.
Dass darüber in der Kommission kaum gesprochen
wurde, halte ich für einen Fehler.


(Volker Kröning [SPD]: Da haben Sie recht!)


Daher muss ich am Ende der Kommissionsarbeit sa-
gen – Herr Kollege Struck, Sie wissen es –, dass ich ei-
gentlich enttäuscht bin. Was die erste Große Koalition
1966 bis 1969 auf den Weg gebracht hat – darauf ist un-
sere gigantische Staatsverschuldung zurückzuführen –,
hätte jetzt von der Großen Koalition korrigiert werden
müssen. Aber es hat sich wieder gezeigt, dass eine Große
Koalition offenbar nur zu den allerkleinsten Ergebnissen
fähig ist. Dies wurde mit der Föderalismuskommission
erneut bewiesen.

Ich erinnere ausdrücklich daran, dass diese Kommis-
sion auf Druck der FDP zustande gekommen ist. Wir
hatten nämlich schon in der ersten Kommission erklärt,
dass es sinnlos sei, Strukturen zu reformieren, wenn man
nicht an die Finanzen herangeht. Unser Druck hat dazu
geführt, dass wir heute überhaupt über die Ergebnisse
beraten können. Auch dies darf man einmal festhalten.


(Beifall bei der FDP)


Im Einsetzungsbeschluss steht – ich zitiere es; ich
habe ihn mitgebracht –: Stärkung der aufgabenadäquaten
Finanzausstattung, Stärkung der Eigenverantwortung der
Gebietskörperschaften und verstärkte Zusammenarbeit
und Möglichkeiten zur Erleichterung des freiwilligen
Zusammenschlusses der Länder. – Überall Fehlanzeige!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Problem bei der
Föderalismusreform ist, dass die wesentlichen Punkte
von vornherein ausgeklammert wurden. Man hat sich

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(C (D uf ein paar Verwaltungsthemen sowie auf das äußerst ichtige Thema der Verschuldung konzentriert. Aber es ann doch nicht sein, dass wir jetzt Auflagen machen, ber die Länder eigentlich keine Möglichkeit haben, ihre innahmen selbst zu beeinflussen. Ministerpräsident ettinger sagt immer zu Recht, seine einzige Möglicheit, Einnahmen zu beeinflussen, sei die Erhöhung der intrittsgelder für Museen, anderes gebe es eigentlich icht. Dies ist die falsche Weichenstellung. Deshalb ann ich Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie den ut hätten haben müssen, an die wirklich wichtigen hemen Länderfinanzausgleich, Steuerautonomie und änderneugliederung heranzugehen. Das haben Sie icht gemacht. Mit dem Vorwurf müssen Sie leben. Nun zum Thema Verschuldung. Wir alle leiden unter er Verschuldung, und wir wissen, dass es so nicht weiergehen kann. Der Weg in die Verschuldung, der 1969 ingeschlagen und bis heute weitergegangen wurde, ist egenüber künftigen Generationen verantwortungslos. eshalb muss unser oberstes Ziel sein, diesen Weg zu eenden. Raus aus der Neuverschuldung – das ist unsere ufgabe, die wir alle zusammen anpacken müssen. Das st unsere hohe Verantwortung. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


Allerdings müssen wir feststellen: Liebe Kolleginnen
nd Kollegen von der Großen Koalition, Sie hatten drei
ahre lang vor der Finanz- und Wirtschaftskrise die
hance dazu. Sie haben Steuern massiv erhöht, begin-
end mit der Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf
9 Prozent. Es gab insgesamt 20 Steuer- und Abgabener-
öhungen, die zu 100 bis 150 Milliarden Euro mehr
teuereinnahmen geführt haben. Trotzdem haben Sie je-
es Jahr neue Schulden aufgenommen. Das ist keine
onsolidierungspolitik, sondern eine unverantwortliche
olitik. Das können Sie nicht mit der Finanz- und Wirt-
chaftskrise begründen.

Sie müssen sich fragen lassen, warum Sie jetzt eine
chuldenbremse einführen. Warum haben Sie diese
icht schon vor einem Jahr konzipiert?


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


etzt, in der Zeit der schlimmsten Krise, wollen Sie die
chuldenbremse. Sie müssen die Bevölkerung davon
berzeugen, dass es Ihnen ernst ist und dass sie wirken
ird. Sie hatten die Chance; Sie haben sie ungenutzt ver-

treichen lassen und immer mehr Schulden gemacht.
azu müssen Sie sich bekennen.


(Beifall bei der FDP)


Ich habe heute Morgen in einer Tickermeldung gele-
en, dass DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki – diese
rganisation steht Ihnen nicht ganz fern – den Dortmun-
er Ruhr Nachrichten gesagt hat – ich zitiere –:

Das Vorhaben der Föderalismuskommission II, eine
Schuldenbremse in der Verfassung festzuschreiben,
ist so schädlich wie absurd.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)







(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich er-
warte von Ihnen heute ein ganz klares Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Sie müssen sich davon distanzieren. Es kann nicht sein,
dass wir weiter in den Schuldenstaat marschieren. Aller-
dings habe ich immer wieder den Eindruck – den haben
viele mit mir –, dass es vielen von Ihnen nicht ganz so
ernst ist, sondern dass Sie nach wie vor davon leben,
Geld zu verteilen und mehr Schulden zu machen. Damit
werden Sie gegen die Wand fahren.

Lassen Sie mich einen letzten Punkt in allem Ernst
ansprechen, weil ich ihn für sehr wichtig halte. Man
kann, verehrter Herr Kollege Struck, über das Koopera-
tionsverbot diskutieren. Ich war ein Befürworter des
Kooperationsverbots. Wir haben es am Ende der ersten
Föderalismuskommission ins Grundgesetz geschrieben.
Es hat in der Arbeit der Föderalismuskommission über-
haupt keine Rolle mehr gespielt. In der letzten Sitzung
machten Sie den Vorschlag, Art. 104 b des Grundgeset-
zes zu ändern. Sie zwangen die Union dazu, indem Sie
gesagt haben, dass Sie sonst nicht zustimmen. Ich sage
Ihnen: So können wir mit unserer Verfassung nicht um-
gehen. Die Verfassung ist kein Spielball; man ändert sie
nicht beliebig aufgrund aktueller Ereignisse.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte zum Schluss kommen.


(Beifall des Abg. Ortwin Runde [SPD])


Wir halten das, was jetzt vorgelegt wird, für viel zu we-
nig ehrgeizig. Es ist Ausdruck der Tatsache, dass die
Große Koalition in sich total uneinig ist. Wir machen mit
der Schuldenregel einen ersten Schritt auf einem Weg,
der in die richtige Richtung gehen kann. Deshalb werden
wir das sehr wohlwollend prüfen. Wenn die Details stim-
men, können wir uns eine Zustimmung vorstellen. Wir
versprechen Ihnen, dass wir auf dem Weg zu einer richti-
gen, fundierten Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbe-
ziehungen weitergehen werden. Denn diese braucht un-
ser Land.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621500400

Antje Tillmann ist die nächste Rednerin für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1621500500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als

wir vor zwei Jahren mit unserer Arbeit in der Kommis-
sion zur Entflechtung der Finanzbeziehungen zwischen
Bund und Ländern begonnen haben, war diese Kommis-
sion mit ihren Arbeitsgruppen eigentlich eher eine
Closed-shop-Veranstaltung für wenige Interessierte, die
fortan nicht mehr ohne Grundgesetz an Veranstaltungen
teilgenommen haben und Spaß daran hatten, sich über

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(C (D onjunkturkomponenten oder Produktionslücken zu unerhalten. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ausgerechnet die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise
at die Themen der Kommission zu den Bürgerinnen
nd Bürgern an die Stammtische gebracht. Angesichts
er Milliardenprogramme – des 500-Milliarden-Euro-
ettungsschirms für die Banken und des 50-Milliarden-
uro-Konjunkturprogramms – fragen sich immer mehr
enschen, ob wir diese Summen je zurückzahlen kön-

en. Diese Menschen sind es, für die wir heute mit der
esetzgebung zur Einführung einer Schuldengrenze in
eutschland beginnen.

Wir machen die Schuldengrenze für die Rentnerin,
ie sich Sorgen macht, ob auch bei längerer Dauer der
rise mit einer sicheren Auszahlung ihrer Rente zu rech-
en ist. Wir machen die Schuldengrenze für den Unter-
ehmer, der sicher sein möchte, dass der Staat in wirt-
chaftlich schwierigen Zeiten auch Entlastungen
eschließen bzw. konjunkturfördernde Maßnahmen er-
reifen kann. Wir machen die Schuldengrenze für die
ungen Menschen, die morgen Verantwortung in
eutschland übernehmen und ihre eigenen Ideen zum
ohle dieses Landes umsetzen möchten. Und wir ma-

hen die Schuldengrenze für alle Menschen, die diesen
taat mit ihren Steuern finanzieren. Denn allen ist klar:
ie Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von
orgen.

Wir müssen sicherstellen, dass unser Land zu jeder
eit, in noch so schwierigen weltwirtschaftlichen Situa-

ionen, genügend Mittel zur Verfügung hat, um seinen
ozialen und marktwirtschaftlichen Aufgaben gerecht zu
erden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Oppo-

ition, Schuldenbegrenzung ist Sozialpolitik, weil ge-
ade die Schwachen darauf angewiesen sind, dass der
taat seinen Verpflichtungen jederzeit nachkommen
ann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es ist erforderlich, dabei zwei Grundsätze zu beach-
en:

Erstens. Wir müssen in guten Zeiten so sparsam und
irtschaftlich mit Steuergeldern umgehen, dass wir
pielräume für schlechte Zeiten erhalten. Das haben wir

n den vergangenen Jahrzehnten nicht konsequent durch-
ehalten. Wir haben zwar in schlechten Zeiten die nöti-
en Kredite aufgenommen, aber versäumt, in guten Zei-
en gegenzusteuern.


(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)


Ende 2009 wird die Verschuldung von Bund, Ländern
nd Gemeinden bei circa 1,7 Billionen Euro liegen. Die
ährlichen Zinszahlungen werden zukünftig mehr als
0 Milliarden Euro betragen und damit natürlich die
andlungsfähigkeit des Staates erheblich einschränken.
tändig steigende Zinslasten wären eine schwere Hypo-

hek für unsere Kinder und Enkelkinder, insbesondere
eshalb, weil wir davon ausgehen müssen, dass auch der






(A) )



(B) )


Antje Tillmann
demografische Wandel zu zusätzlichen sozialen Ausga-
ben führen wird.

All diese Tatsachen haben die Regierung unter Bun-
deskanzlerin Angela Merkel dazu bewogen, die laufende
Legislaturperiode unter strikten Konsolidierungskurs
zu stellen. Im Jahre 2005 haben wir bei einer Neuver-
schuldung von 31,2 Milliarden Euro begonnen. Wir ha-
ben es geschafft, die Neuverschuldung bis Ende 2008
auf 11,5 Milliarden Euro zu drücken. Ohne die Wirt-
schaftskrise hätten wir diese Legislaturperiode mit ei-
nem ausgeglichenen Haushalt beendet, und das, obwohl
unsere Verfassung eine erheblich höhere Verschuldung
erlaubt hätte.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Ja!)


Der bisherige Art. 115 des Grundgesetzes, der eine Kre-
ditaufnahme für Investitionen und zur Abwehr einer Stö-
rung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vor-
sieht, setzt nicht die erforderlichen Grenzen.

Das ist aus zwei Gründen der Fall:

Der erste Grund. Die „goldene Regel“ ermöglicht
eine Nettokreditaufnahme bis zur Höhe der im Haus-
haltsplan veranschlagten Investitionen. Diese Regelung,
die eine Kreditfinanzierung von Bruttoinvestitionen vor-
sieht, ist im Hinblick auf den volkswirtschaftlichen
Wertzuwachs ungeeignet. Denn die Straße, die wir heute
für 10 Millionen Euro bauen, ist längst kaputt, wenn wir
den Kredit immer noch im Haushalt haben.

Der zweite Grund. Auch der Hinweis auf die Störung
des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, der einer
politischen Entscheidung unterworfen ist, führt nicht zu
einer Schuldenbegrenzung. Seit 1998 hat sich die Bun-
desregierung in den Jahren 2002, 2003, 2004 und 2005
mindestens im Nachtragshaushalt auf die Störung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts berufen. Aller-
dings waren die realen Wachstumsraten nur im
Jahr 2003 mit minus 0,2 Prozent negativ, im Jahr 2004
mit 1,2 Prozent und im Jahr 2005 mit immerhin noch
0,8 Prozent hingegen positiv.

All dies zeigt, dass wir neue Regeln zur Eindämmung
von Schulden brauchen. Deshalb finde ich es richtig, im
Grundgesetz zu verankern, dass die Haushalte von Bund
und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Kredi-
ten ausgeglichen werden müssen. Der zweite Teil der
Wahrheit ist aber, dass der Staat natürlich auch hand-
lungsfähig bleiben muss.

Dem haben wir Rechnung getragen, sowohl durch die
Begrenzung in guten Zeiten als auch durch die Flexibili-
sierung in Zeiten, in denen es diesem Land schlechter
geht.

Ab 2016 lassen wir für den Bund eine Kreditauf-
nahme in Höhe von 0,35 Prozent des BIP zu. Diese Mit-
tel sollen aber keineswegs für Spaßprogramme verwen-
det werden, sondern mit ihnen sollen ganz klar
zukunftsgerichtete Investitionen oder Maßnahmen finan-
ziert werden, die der künftigen Generation nutzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Wir haben eine konjunkturelle Komponente eingeührt, durch die es uns auch möglich ist, in diesen chwierigen Zeiten zu reagieren, Maßnahmen zu ergreien und die Wirtschaft wieder auf Trab zu bringen. Dann önnen die Bürgerinnen und Bürger auch entlastet weren. Daneben gibt es eine Komponente, die für Notsituaionen gilt, deren Anwendung wir aber von einer absoluen Mehrheit abhängig machen, weil wir die politische iskussion und eine Diskussion der Bürgerinnen und ürger zur Schuldenaufnahme wollen. Die meisten Bürgerinnen und Bürger haben ein sehr esundes Verhältnis zur Schuldenaufnahme. Sie wissen as aus ihrem eigenen Haushalt. Ich kann nur die Schulen aufnehmen, die ich auch wieder tilgen kann. Genau iese Diskussion – lieber Herr Kollege Struck, das chätze ich ein bisschen anders als Sie ein – ist in den etzten Wochen sehr wohl geführt worden. Die Bürgerinen und Bürger haben uns auf die Finger geschaut, und as sollen sie auch zukünftig tun, weil uns das in unserer aushaltsführung diszipliniert. Für all diese Maßnahmen haben wir eine Sanktionsomponente eingeführt. Wir werden einen Stabilitätsrat inrichten, der kontrolliert, ob wir die neuen Schuldenrenzen auch wirklich einhalten, und – es ist interessant, as zu wissen – das erste Mal seit Bestehen des Grundesetzes gibt es in unserer Verfassung eine Tilgungsverflichtung. Das hat es bisher nicht gegeben. Das heißt, ir sind verpflichtet, Kredite, die wir aufnehmen, in anemessener Zeit auch wieder zurückzuzahlen. Auch das st ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit. Uns war es sehr wichtig, dass diese Schuldenbegrenungen auf allen Ebenen unseres Landes greifen. Wir ollten nicht, dass die eine Ebene Schulden begrenzt nd die andere Ebene Schulden produziert. Es ist eine emeinsame Aktion, dieses Land von zusätzlichen euen Schulden zu befreien. Deshalb bin ich froh, dass ir gemeinsam mit den Ländern gute Lösungen in der ommission gefunden haben. Dazu gehört aber auch, dass einige Länder gesagt haen, dass sie eine Schuldenbegrenzung, wie wir sie uns orstellen, nicht aus eigener Kraft schaffen können. Wir erden in den nächsten Jahren – 2011 bis 2019 – also 00 Millionen Euro jährlich bereitstellen, um es diesen ändern zu ermöglichen, mit uns gemeinsam die Schulen zu begrenzen. Ich gebe offen zu, dass uns als Bunestagsfraktion das nicht leichtfällt; denn selbstverständich ist der vom Bund zusätzlich zu den eigenen nstrengungen zu leistende Anteil von 400 Millionen uro eine Riesensumme. Ich bin mir aber sicher, dass ie Solidarität ein wesentliches Merkmal dieses föderaen Staates ist und dass wir diese Aufgabe gemeinsam chultern werden. An dieser Stelle möchte ich sehr deutlich sagen, dass ich nicht zuletzt hier entschieden hat, dass unsere Voritzenden, Herr Ministerpräsident Oettinger und Herr raktionsvorsitzender Struck, ein gutes Team waren; enn gerade in dieser Situation, als es um Hilfen ging, aben sie sehr wohl darauf hingewirkt, dass wir Indiviualisten der Fraktionen und der Ministerpräsidenten das emeinsame Ziel nicht aus den Augen verloren haben, Antje Tillmann eine generationengerechte Schuldengrenze zu verabschieden. Herzlichen Dank für Ihre Arbeit als Vorsitzende dieser Kommission. Wir haben aber nicht nur eine Schuldenbegrenzung erreicht, sondern auch eine Regelung zur effizienteren Verwaltung von Bund und Ländern. So haben wir bei der Zusammenarbeit im Hinblick auf die informationstechnischen Systeme und bei der ITSicherheit einen guten Kompromiss gefunden. Minister Schäuble hat sich hier sehr engagiert. Es wird Leistungsvergleiche zwischen den Landesverwaltungen geben, die ebenso wie die Effizienzsteigerungen in der Steuerverwaltung zu wirtschaftlicherem Handeln führen werden. Nicht zuletzt aufgrund der Debatte über den Kampf gegen die Steuerhinterziehung ist es erforderlich und sinnvoll – hier war Herr Steinbrück sehr engagiert –, die Kompetenz des Bundeszentralamtes für Steuern zu stärken. Bei all den spröden Themen, mit denen wir uns in der Kommission befasst haben, haben wir die Menschen dahinter aber nicht vergessen. Das gilt zum Beispiel für die bundesweite Einrichtung eines Krebsregisters; denn für zielgerichtete gesundheitspolitische Maßnahmen zur Prävention, Früherkennung und Behandlung von Krebserkrankungen ist eine einwandfreie Datengrundlage Voraussetzung. Diese werden wir schaffen. Wir haben die Menschen auch bei der Neuordnung der Verwaltung der Versicherungund Feuerschutzsteuer nicht vergessen. Denn wir haben sehr wohl im Blick behalten, dass die Kameradinnen und Kameraden der freiwilligen Feuerwehren vor Ort auf diese finanzielle Unterstützung angewiesen sind. Wir machen diese Reform nicht für Juristen. Es ist auch völlig egal – darin stimmen Sie mir sicherlich zu, Herr Struck –, wer damit in die Geschichte eingeht. Wir machen diese Reform für die Menschen in unserem Land, die sich auch in der Krise auf diesen Staat verlassen wollen, und das können sie. Danke schön. Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Gregor Gysi für die Fraktion Die Linke. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Struck, ich habe zunächst mit einem gewissen Erstaunen vernommen, dass Sie sich bei Herrn Steinbrück für die jährlich 400 Millionen Euro bedankt haben. Zahlt er das p S D s h d k d m – H P W w w d G v m f – k s b r s d k v b D s a L L n d (C (D rivat, oder ist meine Vermutung richtig, dass er es aus teuermitteln bezahlt? (Otto Fricke [FDP]: Das kommt aus der Schweiz!)





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(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Volker Kröning [SPD]: Sehr richtig!)


(Dr. Peter Struck [SPD]: Ja!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621500600

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621500700

ann weiß ich nicht, warum wir ihm dafür danken müs-
en.

Frau Tillmann, Sie müssen eine Grundlehre des Haus-
alts zur Kenntnis nehmen. Sie tun so, als ob das Geld,
as dem Bund zur Verfügung steht, aus Gottes Hand
äme. Tatsächlich entscheidet aber der Gesetzgeber über
ie Höhe der Steuern und damit auch über die Einnah-
en des Staates.


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kröning [SPD]: Vergessen Sie nicht, dass es das Geld des Steuerzahlers ist!)


Ich weiß das. – Sie vergessen zu erwähnen, dass der
aushalt des Bundes anders geführt werden muss als ein
rivathaushalt. Im Privathaushalt ist es ziemlich einfach:
enn man weniger Geld hat, gibt man weniger aus;
enn man mehr hat, kann man mehr ausgeben. Aber
enn der Staat weniger Geld einnimmt, dann heißt das,
ass die Wirtschaft schwach ist.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Er hat das noch nie begriffen!)


erade dann muss er besonders viel investieren. Wenn er
iel einnimmt, dann muss er lernen, zu sparen. Das
acht aber jede Regierung genau umgekehrt und damit

alsch. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: So ein Schlaumeier! – Was der alles weiß!)


Sie müssen sich jetzt noch nicht so aufregen. Es
ommt noch viel schlimmer.

Bei der Föderalismusreform I haben Sie einen ent-
cheidenden Fehler begangen; den wollten Sie ja auch
egehen. Sie haben die Abkehr vom kooperativen Föde-
alismus hin zu einem Ellenbogenföderalismus beschlos-
en. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kröning [SPD]: Quatsch!)


Sie glauben das nicht? Die Starken sollen nicht mehr
ie Schwachen stützen, sondern niederkonkurrieren. Das
ann ich an einem Beispiel erläutern: der Bezahlung der
erbeamteten Lehrerinnen und Lehrer. Früher gab es
undesweit eine weitgehend einheitliche Besoldung.
ann haben Sie beschlossen, dass die Länder das jeweils

elber festlegen sollen. Reiche Bundesländer können
ber mehr zahlen als arme Länder. Deshalb werden die
ehrerinnen und Lehrer jetzt mit Geld aus den armen
ändern weggelockt.

Jetzt gibt es in den armen Ländern zu wenig Lehrerin-
en und Lehrer. Vielleicht können Sie mir erklären, was
aran sinnvoll für die Kinder in diesen Ländern ist.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Was soll diese Ellenbogenmentalität, die Sie damit ver-
folgen?


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das sind falsche Sachen!)


– Doch, genau so läuft es. In Berlin und in anderen Län-
dern können Sie das verfolgen. Das haben Sie ganz be-
wusst angerichtet.


(Thomas Oppermann [SPD]: Wer hat denn in Berlin die Lehrergehälter abgesenkt?)


Der größte Fehler der Föderalismusreform I bestand
darin, das Ziel einer gemeinsamen Bildungspolitik auf-
zugeben. Die hätte man einführen müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie haben dem Ganzen zugestimmt, sogar einem Koope-
rationsverbot. Das war ein schwerer Fehler gerade auch
der deutschen Sozialdemokratie. Darunter werden wir
noch sehr leiden.


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kröning [SPD]: Das setzt eine andere Verfassung voraus! Sie wollen eine andere Verfassung!)


Jetzt zur Union. Selbst konservative Politik muss eine
Art Logik haben. Verstehen Sie: Das ist ja nicht meine
Politik, sondern Ihre. Ich stelle Ihnen jetzt drei konserva-
tive Thesen vor. Sie müssen mir erklären, wie sie zusam-
menpassen.

Ihre erste These lautet: Die Deutschen haben zu we-
nig Kinder und drohen auszusterben. Da sie es wahr-
scheinlich handwerklich nicht verlernt haben,


(Otto Fricke [FDP]: Woher wissen Sie das?)


muss es wohl andere Gründe dafür geben, über die es
sich nachzudenken lohnt.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht nicht mit der Hand, Herr Kollege!)


Ihre zweite These lautet: Wir brauchen einen flexi-
blen Arbeitsmarkt. Darunter verstehen Sie, dass man
prekäre Beschäftigung mit Minijobs, Leiharbeit und al-
lem anderen organisiert, was Gewerkschaften und Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer schwächt.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Reden Sie doch mal zum Thema Föderalismusreform!)


Aber Sie verstehen darunter auch, dass Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer bereit sein müssen, den Beschäf-
tigungsort und gegebenenfalls auch das Bundesland zu
wechseln. Sie sagen also: Flexibel müssen die Leute
sein. – Nehmen wir einmal ein Paar, wie Sie es sich
wünschen: ein Ingenieur und eine Lehrerin mit drei Kin-
dern. Das ist für sie etwas schwierig mit den Jobs: Mal
finden sie Arbeit in Bayern, mal in Schleswig-Holstein,
Thüringen oder Hessen. Sie wechseln also ständig das
Bundesland und sind so flexibel, wie Sie es fordern. Sie,
meine Damen und Herren von der Regierungskoalition,
lassen dabei aber völlig außer Acht, dass diese Eltern mit
drei schulpflichtigen Kindern jedes Mal in ein völlig an-
deres Schulsystem geraten und sich deshalb gegenüber

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(C (D hren Kindern unverantwortlich verhalten müssen. Erlären Sie mir wenigstens die Logik Ihrer drei Thesen! ie müssten eine völlig andere Bildungspolitik betreien. ch sage Ihnen noch eines: 16 verschiedene Bildungssyseme, das ist 19. Jahrhundert. Das hat mit dem 1. Jahrhundert überhaupt nichts zu tun. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Jetzt haben Sie sich aber bei der Bildungspolitik
elbst ein Bein gestellt. Den Leuten muss man erklären,
as hier eigentlich passiert. Zuerst beschließen Sie ein
ooperationsverbot und sagen: Bildung ist Sache der
6 Länder; der Bund hat nichts damit zu tun. – Jetzt wol-
en Sie gerne im Rahmen Ihres Konjunkturprogrämm-
hens Geld in Bildung investieren. Nun stellen Sie fest,
ass Sie gerade beschlossen haben, dafür nicht zuständig
u sein. Das heißt, Sie haben gerade beschlossen, dass
er Bund den Ländern gar kein Geld für Bildung geben
arf. Sie stellen aber eine Ausnahme fest, nämlich die
nergetische Sanierung, und sagen: Dann geben wir
uch Geld für die energetische Sanierung der Schulge-
äude. – Das ist nicht schlecht, und alle Länder werden
as sicherlich nutzen. Das Problem ist aber: Die Länder
rauchten viel dringender Geld zum Beispiel für Schul-
ücher, eine neue Bestuhlung, mehr Erzieherinnen und
rzieher, mehr Lehrerinnen und Lehrer oder eine bessere
ezahlung der Lehrerinnen und Lehrer, damit die reiche-

en Länder den ärmeren sie nicht abwerben.


(Volker Kröning [SPD]: Alles aus dem Bundeshaushalt?)


ber dafür dürfen Sie natürlich nichts ausgeben, weil
ie sich selbst für unzuständig erklärt haben. Nun erklä-
en Sie doch einmal den Leuten, warum man sich als Ge-
etzgeber selbst ein Bein stellen muss! Genau das haben
ie hier gemacht.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Nun kommen wir zur Föderalismusreform II und da-
it zu der beschlossenen Schuldenbremse.


(Zuruf von der CDU/CSU: Nach zehn Minuten!)


Das reicht doch. Warum regen Sie sich denn darüber
uf? Diese Reform ist so falsch, dass man darüber nicht
ange zu sprechen braucht.

In einer Zeit, in der Sie jeden Tag das Fenster auf-
achen und eine neue Milliarde in Richtung Banken

inauswerfen, beschließen Sie gleichzeitig solche Be-
timmungen. Was Sie hier organisieren, passt überhaupt
icht zusammen.


(Beifall bei der LINKEN)







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Dr. Gregor Gysi
Dann hat Frau Bundeskanzlerin Merkel vor kurzem
erklärt: Wir müssen jedes Jahr 10 Prozent mehr Geld für
Bildung ausgeben. Aber gleichzeitig fassen Sie Be-
schlüsse, die es den Ländern völlig unmöglich machen,
dieses Geld auszugeben. Ihre Erklärung ist schon jetzt
Makulatur.


(Beifall bei der LINKEN – Joachim Poß [SPD]: Das haben wir gar nicht gemacht! Die Länder wollten doch diese Beschlüsse! Die Länder wollten das! Die sind von uns nicht gezwungen worden!)


Ich weiß, dass die armen Länder bis 2019 noch ge-
wisse Zahlungen bekommen. Nun sagen Sie aber Bre-
men und dem Saarland: Ihr bekommt das Geld nur unter
der Bedingung, dass ihr eure Organklagen beim Bundes-
verfassungsgericht wegen der Haushaltsnotlage zurück-
zieht.


(Volker Kröning [SPD]: Das hat niemand gesagt!)


Es erinnert schon ein kleines bisschen an Erpressung,
wenn man sagt: Du bekommst nur dann Geld, wenn du
auf ein dir zustehendes Recht verzichtest. – Ich finde das
ehrlich gesagt ziemlich happig und rechtsstaatlich sehr
fragwürdig. Aber genauso machen Sie es.


(Beifall bei der LINKEN – Joachim Poß [SPD]: Der biegt sich seine Demagogie so zusammen, dass es passt!)


Für Berlin und Sachsen-Anhalt wird es schwierig. Aber
für Bremen, Schleswig-Holstein und das Saarland ist
das, was Sie hier beschließen, eine Katastrophe; das wis-
sen Sie auch. Ich hoffe sehr, dass die betreffenden Län-
der noch eine Organklage erheben und sagen: Das Ganze
geht nicht, weil es verfassungsrechtlich nicht hinnehm-
bar ist.

Ich will Ihnen sagen, warum es verfassungsrechtlich
nicht hinnehmbar ist. Sie schränken das Haushaltsrecht
der Landesparlamente ein. Sie sagen: Ein Landesparla-
ment darf ab 2020 keine Schulden mehr beschließen,
vorher nur unter bestimmten Bedingungen.


(Joachim Poß [SPD]: Das ist übrigens ein Vorschlag von Ministerpräsidenten!)


– Hören Sie zu! Mir ist es völlig wurscht, wessen Vor-
schlag das ist. Sie beschließen es. Das ist das Entschei-
dende. – Wenn Sie das beschließen, dann sagen Sie den
Landesparlamenten: Für Bildungsaufgaben, Kulturauf-
gaben und soziale Aufgaben, selbst wenn sie noch so
dringend sind, dürfen sie keine Neuverschuldung be-
schließen. – Damit schränken Sie die Möglichkeiten der
Länder grundgesetzwidrig ein. Ich bin ganz sicher, dass
das Bundesverfassungsgericht das nicht akzeptiert.


(Beifall bei der LINKEN)


Im Übrigen gab es bisher nur zwei Länder mit einem
Schuldenverbot. Das eine Land ist die Schweiz. Aber die
Schweiz hat zuvor sämtliche Kantone durch Goldver-
käufe entschuldet. Das, was Sie hier beschließen, führt
niemals dazu, dass Berlin und die anderen Länder voll-
ständig entschuldet sind.

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(C (D (Volker Kröning [SPD]: Stimmt! Wir machen die Länder nicht zu Kantonen!)


etzt hat die Bundesregierung auf unsere Frage einge-
äumt, dass das von der Schweiz beschlossene Schulden-
erbot nicht eingehalten wird, dass es also trotzdem eine
euverschuldung gibt und dieses Verbot zu gar nichts
eführt hat. Das zweite Land, das ein Schuldenverbot in
ie Verfassung aufgenommen hat, war das staatssozialis-
ische Albanien unter Enver Hoxha. Vielleicht haben Sie
ich nach ihm gerichtet. Aber ich hoffe, Sie haben nicht
ergessen, wie er endete.


(Volker Kröning [SPD]: Das von Ihnen! – Joachim Poß [SPD]: Das sagen ausgerechnet Sie! – Dr. Peter Struck [SPD]: Ich war jedenfalls nicht bei Milosevic!)


it anderen Worten: Es kann doch nicht im Ernst die
ösung sein, dass wir den Weg wählen, den sonst kein
inziges Land geht.

Sie tun so, als ob die Neuverschuldung bisher über-
aupt nicht begrenzt wurde. Gab und gibt es nicht die
riterien von Maastricht? Ist nicht im Grundgesetz gere-
elt, dass die Neuverschuldung die Investitionsquote
icht überschreiten darf, es sei denn, dass das gesamt-
irtschaftliche Gleichgewicht gestört ist, worauf sich

etzt die Bundesregierung stützt? Jetzt ändern Sie das ab
nd legen fest, dass eine Naturkatastrophe oder eine
chwere Krise vorliegen muss. Das ist eine tolle juristi-
che Begriffsbestimmung. Den Streit darüber, was eine
aturkatastrophe oder eine schwere Krise ist, kann man

ich jetzt schon vorstellen. Da wird es sehr viele ver-
chiedene Interpretationen geben.


(Beifall bei der LINKEN)


Noch einen weiteren Umstand haben Sie nicht be-
acht. Der Bundesgesetzgeber bleibt für die Steuern zu-
tändig. Jetzt kann doch der Bundestag Folgendes ma-
hen: Er senkt die Steuern, auch für die Länder. Diese
erden dadurch geringere Einnahmen haben.


(Antje Tillmann [CDU/CSU]: Das kann der Bundestag eben nicht machen!)


leichzeitig ist im Grundgesetz festgeschrieben, dass
ie Länder keine neuen Schulden aufnehmen dürfen.
as heißt, der Bundestag kann die Länder in jeder Hin-

icht ganz einfach ruinieren,


(Volker Kröning [SPD]: Das sind zustimmungspflichtige Gesetze!)


odurch diese keinerlei Spielräume mehr haben. Sie
lauben doch nicht im Ernst, dass das Bundesverfas-
ungsgericht Ihnen das durchgehen lässt. Das können
ie vergessen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Das ist eine absurde Behauptung, Herr Gysi, die nicht der Wahrheit entspricht! – Volker Kröning [SPD]: Das sind zustimmungspflichtige Gesetze, Herr Kollege Jurist!)


Ich komme jetzt zur FDP. Sie haben gerade in Ihrem
ahlprogramm beschlossen, die Steuern auf Bundes-






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
ebene um 35 Milliarden Euro zu senken. Sie haben bloß
vergessen, zu beschließen, wer sich von Ihrer Partei hin-
stellt und als Letzter das Licht ausmacht und „Tschüs,
Deutschland!“ sagt. Das, was Sie hier vorlegen, ist über-
haupt nicht realisierbar.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Das ist Unsinn!)


Ich komme zur Lösung der Probleme. Ich habe gar
nichts dagegen, die Neuverschuldung zu begrenzen,
aber das muss auf eine vernünftige Art geschehen, nicht
mit Verbotsregeln, wie Sie das machen.


(Volker Kröning [SPD]: Sondern?)


– Indem man das ganz anders macht. Ich habe vorhin
schon über den Haushalt gesprochen.


(Volker Kröning [SPD]: Sie haben keine Vorschläge dazu gemacht!)


– Ja, wir können Vorschläge machen. Ich habe zum Bei-
spiel erläutert, dass wir es in Berlin so geregelt haben,
dass die Investitionsquote nicht überschritten werden
darf. Was ist daran falsch?


(Volker Kröning [SPD]: Berlin hat eine schwache Wirtschaftskraft!)


Damit hat man Jahrzehnte gelebt. Sie versuchen, den
Leuten einzureden, dass Staatsschulden dasselbe wie
Privatschulden sind. Sie vergessen immer, dass Sie jetzt
die höchsten Staatsschulden organisieren, die es in der
Bundesrepublik Deutschland je gegeben hat. Darunter
leiden die nächsten Generationen tatsächlich.


(Beifall bei der LINKEN – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Durch Sie sind wir so weit gekommen, das tun zu müssen!)


Ich sage Ihnen eines: Ich sehe schon jetzt den tapferen
Sozialdemokraten vor mir, der hier in ein paar Jahren
stehen und sagen wird: 2009 haben wir einen großen
Fehler begangen. – Dieser tapfere Sozialdemokrat wird
dann genauso viel Beifall bekommen wie heute der, der
den Fehler begeht. Das ist das Übel daran. Noch schlim-
mer ist aber: Dann wird Ihnen die Union und damit die
Zweidrittelmehrheit fehlen, das Ganze zu korrigieren.
Dann leiden die Bürgerinnen und Bürger wirklich darun-
ter.

Ich bitte Sie um eine Sache, auch wenn das wahr-
scheinlich chancenlos ist, aber ich halte das für eine ge-
sellschaftspolitisch zentrale Frage: Wir brauchen im
Grundgesetz eine Gemeinschaftsaufgabe Bildung. Der
Bund und die Länder müssen gemeinsam garantieren,
dass jedes Kind in Deutschland, egal wo es lebt und
völlig unabhängig davon, ob die Eltern Bankiers, Profes-
sorinnen und Professoren, Abgeordnete, Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer, Arbeitslose, Hartz-IV-
Empfängerinnen und Hartz-IV-Empfänger sind, eine
Topbildung genießen kann. Sie organisieren das Gegen-
teil. Das halte ich für eine Katastrophe. Damit nehmen
Sie den Kindern und Jugendlichen die Chancengleich-
heit. Aber genau darauf müssen diese zwingend einen
Anspruch haben.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621500800

Das Wort hat nun der Kollege Fritz Kuhn, Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621500900

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Herr Gysi, der Kollege Ramelow war in der
öderalismuskommission eine Spur konkreter, als Sie
as gerade waren. Sie reden sehr viel, und manchmal
erden Sie offensichtlich vom Schwung Ihrer eigenen
ede mitgerissen. Aber den Unsinn, dass der Bund Steu-
rn senken könnte, um die Länder abzumurksen, kann
ur jemand erzählen, der nicht weiß, dass Gesetze zur
rhebung von Steuern den Bundesrat passieren müssen.
as war einfach nur Unsinn. Es lohnt sich nicht, sich da-
it weiter zu beschäftigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Er hat Unsinn erzählt! Null Ahnung!)


Wir schauen uns die heute vorliegenden Gesetzent-
ürfe an. Angesichts des Einsetzungsbeschlusses vom
ezember 2006, in dem es heißt, „die Kommission erar-
eitet Vorschläge zur Modernisierung der Bund-Länder-
inanzbeziehungen“, kann man nicht sagen, dass die
ommission erfolgreich war. Es liegen keine vernünfti-
en Vorschläge auf dem Tisch; denn dies wurde syste-
atisch, mal vom Bund, mal von den Ländern, blockiert.

Also bleibt übrig, über die Schuldenbremse zu reden.
a wir hier viele Anträge eingebracht haben, wissen Sie

lle, dass wir für eine vernünftige Schuldenbremse sind;
enn, Herr Kollege Gysi, die bisherige Regel, sich bis
ur Höhe der Bruttoinvestitionen verschulden zu kön-
en, versagt objektiv – das ist empirisch erwiesen –,
enn es darum geht, die Staatsausgaben auf ein sinnvol-

es Maß zu begrenzen. Es gibt Handlungsbedarf, und
eswegen sind wir für eine Schuldenbremse.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir sind aber nicht für die Art, die Sie am Schluss ge-
ählt haben. Ich will Ihnen darstellen, warum wir dage-
en sind. Ich finde, das hätte man besser, intelligenter
nd wirksamer machen können. Zuerst aber noch eine
emerkung vorweg: Das von der Föderalismuskommis-

ion I auferlegte Kooperationsverbot hätte jetzt ganz fal-
en müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Matthias Miersch [SPD])


er Staat hat nicht darauf reagiert, dass etwas nicht
unktioniert hat, sondern er hat anstelle einer Verbesse-
ung den nächsten Murks gemacht. Jetzt heißt es näm-
ich, dass das Kooperationsverbot nur dann nicht gilt,






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
wenn es eine große Notlage, eine Naturkatastrophe oder
eine Finanzkrise gibt. Das ist aberwitzig. So etwas nennt
man Verschlimmbesserung. Deswegen können wir die-
sen Punkt nicht mittragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man die Nullverschuldung der Länder ab dem
Jahr 2020 einführt, dann ist das keine wirkliche Schul-
denbremse, vor allem deshalb nicht, weil die Länder, die
jetzt keine Konsolidierungshilfe bekommen – das sind
die meisten –, nichts machen müssen, um ihre Schulden
nach und nach bis 2020, also bis zu dem Jahr, ab dem die
Schuldenbremse wirksam wird, abzubauen. Sie können
sich weiter verschulden. Anstatt einen „Bremsweg“ zu
wählen, der jetzt beginnt und 2020 endet, haben Sie alles
offengelassen. Die Öffentlichkeit muss wissen, in wel-
chem finanzpolitischen Umfeld wir uns im Jahr 2020 be-
finden werden. 2019 läuft der Solidarpakt endgültig aus.
2019 wird der Länderfinanzausgleich neu verhandelt.
Ich sage Ihnen voraus – dazu gehört nicht viel Fantasie –,
dass viele Länder im Jahr 2019 das Scheitern der Föde-
ralismuskommission II erklären werden. Die Geberlän-
der werden nämlich sagen, sie könnten die Schulden im
Jahre 2020 nicht auf null zurückführen, weil sie für den
Länderfinanzausgleich zu viel zahlen müssten; die Neh-
merländer werden argumentieren, dass sie zu wenig er-
hielten, um die Schulden auf null zurückzuführen. Im
Jahr 2019 wird das ganze System in sich zusammenbre-
chen. Deswegen ist das keine vernünftige Schulden-
bremse für die Länder. Wenn ein Raucher heute erklären
würde, er höre im Jahr 2020 mit dem Rauchen auf, dann
würden wir das auch nicht als guten Entschluss bezeich-
nen und in ihm einen zukünftigen Nichtraucher sehen,
sondern wir würden sagen, dass er eine Ausrede gewählt
hat, damit er noch zehn Jahre lang ordentlich vor sich
hinpaffen kann.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist Politik!)


Jetzt komme ich zum Bund, der ab dem Jahr 2011 all-
mählich die Schuldenbremse einführt, die ab 2016 ihre
Endstufe erreicht haben soll. Ab dann soll die struktu-
relle Verschuldung nur noch 0,35 Prozent des Bruttoin-
landsprodukts betragen. Der Bruttoinvestitionsbegriff
hat nicht getaugt. Das haben wir in der Vergangenheit
gesehen. Weil der nicht getaugt hat, setzen Sie, abgese-
hen von der konjunkturell möglichen Verschuldung, die
sinnvoll ist, die strukturelle Verschuldung pauschal auf
0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts fest. Wir haben
eine Alternative vorgeschlagen, die darin besteht, sich an
einem vernünftigen Nettoinvestitionsbegriff zu orien-
tieren. Es geht um die Frage, wie eigentlich der Kapital-
stock eines Landes erhöht wird. Der Nettoinvestitionsbe-
griff soll besagen: Es ist eine Verschuldung für
Investitionen bis zu einer bestimmten Größe möglich, es
ist aber notwendig, die Abschreibungen, also den Wert-
verfall, und die Privatisierungserlöse von den Investitio-
nen abzuziehen; denn wir wollen zwischen Investitionen
in Bildung – da könnte man auch mit einer Abschrei-
bung agieren – und anderen Investitionen differenzieren.
Das wäre ein sinnvoller Weg gewesen. Er ist von Sach-
verständigen vorgeschlagen worden, aber der Bundesfi-

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(C (D anzminister hat diesen Weg nicht gewählt und damit für inen Stopp in der Föderalismuskommission II gesorgt. Wenn wir Schulden machen, dann wäre es richtig, ach den Renditen zu differenzieren, welche künftige enerationen von den Investitionen erzielen, für die chulden aufgenommen werden. Deswegen wäre der ettoinvestitionsbegriff, gerade wenn es um Bildungsinestitionen geht, die richtige Antwort auf die Frage, wie ie Staatsverschuldung begrenzt werden kann. Ihr Anatz einer pauschalen Verschuldung in Höhe von ,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, den Sie gewählt aben, ist keine Lösung. Sie haben für den Bund keine chuldenbremse beschlossen, sondern Sie haben einen eckel für die strukturelle Verschuldung in Höhe von ,35 Prozent beschlossen. Das ist vergleichbar mit eiem Auto, das seine Geschwindigkeit nur bis 40 oder 0 Stundenkilometer herunterbremsen kann und dann icht mehr funktioniert. Das, was Sie vorhaben, sollte an nicht „Bremse“, sondern „Begrenzung der zusätzli hen Verschuldung“ nennen. Wir haben andere Vorschläge gemacht, etwa die Fianzierung eines Bildungssolis über den Soli. Nach dem, as die Föderalismuskommission II vorsieht, fließt der oli zu den Teilen, die den neuen Bundesländern nicht ehr zustehen, dem Bundeshaushalt zu; der Bundesfi anzminister war sehr dafür. Da hätte es andere Mögichkeiten gegeben, etwa, von der Aufgabe Bildung endich nicht mehr nur zu reden, sondern sie in Angriff zu ehmen und für eine bessere Finanzierung zu sorgen. ine sinnvolle Schuldenbegrenzungspolitik bestünde da in, in den richtigen Bereich zu investieren. Nach unserer berzeugung stellt Bildung allemal einen solchen Be eich dar. amit ist klar, warum wir diesen Gesetzentwurf ablehen, obwohl wir eine vernünftige Schuldenbremse eientlich wollen. In unseren Vorschlägen ist das dargetellt. (Joachim Poß [SPD]: Eine sehr gewundene Ablehnung! – Volker Kröning [SPD]: Hamburg und Bremen stimmen zu!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte jetzt zu zwei Verlierern Ihrer Konzeption
ommen. Es ist wichtig, dass man darüber in der Öffent-
ichkeit klar und deutlich redet. Ich bin überzeugt, dass
ie Kommunen in unserem Land die Verlierer der Ein-
ührung der Schuldenbremse sein werden, weil die Län-
er – vor allem diejenigen, die jetzt eine Konsolidie-
ungshilfe bekommen, aber auch diejenigen, die sich an
iese Konzeption halten – den auf sie ausgeübten Druck
atürlich an die Gemeinden weitergeben. Die von Ihnen
orgesehene Konsolidierungshilfe für fünf Länder ist
illkürlich. Es ist ein Fehler, keine Konsolidierungshil-

en für die Gemeinden vorzusehen; denn sie sind eben-
alls verschuldet. Manche sind so hoch verschuldet, dass
ie nicht mehr investieren können. Die Gemeinden wer-
en zusätzlich stranguliert, wenn die Länder den Schul-






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
denbremsendruck an die Gemeinden weitergeben. Unser
Vorschlag lautet deswegen, auch den höchst verschulde-
ten Gemeinden Konsolidierungshilfen zu leisten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Joachim Poß [SPD]: Der Bund? Was ist denn das für ein Verfassungsverständnis? Die Gemeinden sind Teil der Länder!)


– Herr Poß, immer wenn jemand so schreit wie Sie, hat
ein Vorwurf gesessen. Das ist eine alte parlamentarische
Weisheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Land Nordrhein-Westfalen, aus dem Sie kom-
men, Herr Poß, braucht keine Konsolidierungshilfe.
Aber es gibt viele Gemeinden in Nordrhein-Westfalen,
die dringend eine Konsolidierungshilfe brauchen.


(Joachim Poß [SPD]: Aber nicht vom Bund!)


Deutschland besteht nicht nur aus Bund und Ländern,
sondern aus Bund, Ländern und Gemeinden. Das haben
Sie offensichtlich vergessen, oder Sie wollten es nicht
hören, weil es Ihnen eine Spur zu kompliziert war.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Einen weiteren Punkt muss ich an die rechte Seite des
Hauses richten. Wir müssen einmal schauen, was volks-
wirtschaftlich passiert, wenn dieses Konzept umgesetzt
wird. Frau Merkel und Herr Westerwelle propagieren im
Wahlkampf, erstens, die Einführung einer Schulden-
bremse, und, zweitens, Steuersenkungen. Es gibt zwei
Parteien, die dies wollen. Sie treten vor die Wählerinnen
und Wähler mit dem Konzept der Steuersenkung.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Ja!)


Ich sage Ihnen klar und deutlich: Wer eine Schulden-
bremse will, wer die Investitionen in Bildung verbessern
will – das fordern Sie ebenfalls –, wer Steuern in der
Größenordnung von 35 Milliarden Euro senken will – so
das FDP-Konzept –, der hat sich schon jetzt auf eines
festgelegt, nämlich dass er die fehlenden Mittel durch
Sozialkürzungen ausgleichen wird.


(Jan Mücke [FDP]: Ach! Wie viele Milliarden sind denn in der Schwarzarbeit? 340 Milliarden!)


Deswegen ist Ihr Spruch, die Schuldenbremse sei
Sozialpolitik für die Rentnerinnen und Rentner, blanker
Unsinn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Sie können Ihr Ziel nur erreichen, wenn Sie von Ihrer
absurden Steuersenkungspolitik abrücken. Sonst kündi-
gen Sie am heutigen Tag Sozialkürzungen großen Stils
an. Sie werden Verständnis dafür haben, dass wir diesen
Unsinn nicht mitmachen. Hören Sie auf, in diesen Zeiten
Steuersenkungen zu versprechen!


(Jan Mücke [FDP]: Nein!)


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(C (D hre Versprechungen und die Schuldenbremsen passen icht zusammen. Was Sie dem Haus hier vorschlagen, ist konomischer Unsinn. Ich danke Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Joachim Poß [SPD]: Haben Sie mal die Verfassung gelesen, Herr Kollege? So was von abwegig!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621501000

Für die Bundesregierung erhält nun der Finanzminis-

er das Wort.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1621501100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

amen und Herren! In Anbetracht der relativ knappen
edezeit möchte ich mich auf das zentrale Thema der
rbeit der Föderalismuskommission II konzentrieren,
ämlich auf das Thema Schuldenregelung, obwohl an-
ere Aspekte es wert wären, intensiver beleuchtet zu
erden. Ich will nur so viel hinzufügen: Ich bin Frau
illmann für ihren Hinweis dankbar, dass die Verbesse-
ungen bei der Steuerverwaltung und die Effizienzstei-
erung beim Steuervollzug wichtige Ergebnisse dieser
öderalismuskommission sind.


(Volker Kröning [SPD]: Sehr richtig!)


Es war die erste Große Koalition, die ziemlich genau
or 40 Jahren Art. 115 unseres Grundgesetzes in der jet-
igen Form ausgestaltet hat. Auch wenn Art. 115 einige
ahre – ich möchte allerdings hinzufügen: bei hohen
achstumsraten und nicht den Wachstumsraten der ver-

angenen Jahre – gut funktioniert hat, müssen wir uns
ingestehen, dass man dies seit nunmehr zwei Jahrzehn-
en nicht mehr behaupten kann.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Ja!)


rt. 115 stellt seit mindestens zwei Jahrzehnten keine
ngemessene und wirkungsvolle Regelung mehr dar, um
ie Schuldenaufnahme zu begrenzen. Allein der Bund
at von 1980 bis heute seine Schulden verachtfacht, und
war von 120 Milliarden Euro auf 960 Milliarden Euro.
amit ist für jedermann und jede Frau sichtbar, dass die
eltende Begrenzung der Kreditaufnahme durch die
öhe der Bruttoinvestitionen nicht nachhaltig funktio-
iert.

Ich will hier einschieben, Herr Kuhn – ich durfte es
hnen gegenüber auch schon in der Föderalismuskom-
ission erklären –: Ihr Hinweis nützt uns nichts, solange
ie sich nicht dem Exerzitium unterziehen, den Begriff
nvestitionen zu definieren. Dabei spielt es gar keine
olle, ob wir über Brutto- oder Nettoinvestitionen reden.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch habe damals schon versucht, das zu erläutern. Ich
onnte nicht damit rechnen, dass Sie nach dieser Erläu-
erung diesem Missverständnis wiederum aufsitzen.


(Joachim Poß [SPD]: Wider besseres Wissen! Oder er ist dumm! – Gegenruf des Abg. Bundesminister Peer Steinbrück Thomas Oppermann [SPD]: Er ist aber nicht dumm!)





(A) )


(B) )


Ich habe versucht, zu erklären, dass wir ein Konzept
wählen, das sich auf europäischer Ebene bewährt hat
und diesen Definitionsschwierigkeiten entgeht, indem es
das sogenannte Close-to-balance-Konzept des Maas-
trichter Stabilitäts- und Wachstumspaktes verfolgt. Wenn
Sie sich diese Erläuterung noch einmal vor Augen füh-
ren würden, könnten wir dieses Missverständnis viel-
leicht auf Dauer vermeiden.


(Fritz Rudolf Körper [SPD]: Vielleicht kann man das ja wiederholen!)


Ich möchte im Telegrammstil fünf Punkte anführen,
warum die bisherige Schuldenregelung definitiv nicht
mehr aufrechterhalten werden kann:

Erstens. Nach den derzeitigen Regelungen in Art. 115
ist der Verschuldungsrahmen in normalen Zeiten viel zu
hoch.

Zweitens. Die für die Zukunft unseres Landes so zen-
tralen Bildungsinvestitionen werden nicht erfasst. Da
treffen wir uns.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben über die haushaltsrechtlich derzeit gültige
Definition dafür gesorgt, dass nur Investitionen in Beton
als Investitionen anerkannt werden und leider Gottes
jede Ausgabe in die Köpfe bzw. in die Qualität der Aus-
bzw. Weiterbildung von jungen Leuten bzw. von Er-
wachsenen als konsumtiv definiert wird.

Drittens. Weil eine ausdrückliche Regel für den
Schuldenabbau in Aufschwungphasen fehlt, haben die
aktuell gültigen Regelungen in Art. 115 zu einem sehr
inkonsequenten Verhalten des Staates geführt. Anders
ausgedrückt: Wir sind Keynes immer nur zur Hälfte ge-
folgt. Wir haben zwar in konjunkturell schlechten Zeiten
Schulden aufgenommen, aber in guten Zeiten nicht, wie
es ein vollständiges Befolgen der Theorie von Keynes
verlangt hätte, die Schulden wieder getilgt.

Viertens. Wir haben es mit deutlichen Unklarheiten
und Unschärfen im Zusammenhang mit der Ausnahme-
regelung, nämlich der Feststellung der Störung des ge-
samtwirtschaftlichen Gleichgewichts, zu tun. Wir müs-
sen uns und auch der Öffentlichkeit eingestehen, dass
diese Ausnahmeregelung seit 1975 allein 15-mal in An-
spruch genommen worden ist, und zwar – das füge ich
selbstkritisch hinzu – sehr leichtfüßig.

Fünftens. Die Vorschriften des Art. 115 beziehen sich
nur auf die Haushaltsaufstellung, nicht jedoch auf den
Haushaltsvollzug.

Vor diesem Hintergrund habe ich es schon als eine
historische Herausforderung für die zweite Große Koali-
tion empfunden, eine neue, bessere Schuldenregelung
einzuführen. Ich stehe nicht an, Herrn Oettinger und
Herrn Struck und allen anderen, die an diesem Prozess
beteiligt gewesen sind, dafür zu danken, dass dies gelun-
gen ist.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die aktuelle Krise zeigt im Übrigen deutlich, wie
ichtig eine neue Schuldenregel ist. Ich kann Ihnen in

hnlicher Weise, wie es die Bundeskanzlerin in ihren Er-
lärungen getan hat, berichten, welch hohe Aufmerk-
amkeit unser Vorhaben in Brüssel erfahren hat. Es wird
m Ausland sehr genau registriert, dass die Bundesrepu-
lik Deutschland gerade in Zeiten, in denen wir wegen
er Rezession antizyklisch Schulden aufnehmen müs-
en, um Konjunkturpakete zu finanzieren bzw. die auto-
atischen Stabilisatoren wirken zu lassen, zum einen
erfassungsänderungen vornimmt, die einen deutlich
isziplinierenden Charakter haben, und zum anderen im
onjunkturpaket II den Investitionsfonds mit einer ein-

achgesetzlichen Tilgungsregelung versehen hat, die au-
omatisch in Kraft tritt.

Es ist bitter, dass wir im Augenblick Schulden auf-
ehmen müssen, weil dieser Großen Koalition bei nor-
aler Konjunkturlage in der Tat – das haben Frau
illmann und andere schon gesagt – etwas gelungen
äre, was es seit 1969 nicht gegeben hat, nämlich die
euverschuldung des Bundes auf null zurückzuführen.

Ihr Hinweis, Herr Burgbacher, das hätte alles sehr viel
chneller und weitgehender geschehen müssen – nehmen
ie es mir nicht übel, wenn ich das noch einmal sage –,
erücksichtigt nicht, dass es das Anliegen dieser Großen
oalition gewesen ist, gleichzeitig Impulse für die För-
erung von Familien, für den Ausbau der Verkehrsinfra-
truktur und für Forschung und Entwicklung zu setzen,
ine Unternehmensteuerreform zu refinanzieren und
uch die ODA-Quote, also unsere entwicklungspoliti-
chen Verpflichtungen, zu erfüllen. Das ist automatisch
it Ausgaben verbunden gewesen, was dann in der Tat

icht zur noch weiteren Verringerung der Schulden ge-
ührt hat. Es kommt – leider Gottes – in Ihren Hinweisen
ie vor, dass es eine Art Doppelstrategie gewesen ist, zu
onsolidieren und in für die Bundesrepublik Deutsch-
and wichtige Felder zu investieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mir persönlich ist der Erfolg der Föderalismuskom-
ission mit Blick auf eine solche Schuldenregelung sehr
ichtig gewesen, und zwar in dreierlei Hinsicht.

Erstens. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern
er Bundesrepublik Deutschland signalisieren, dass wir
s sehr ernst meinen, nach der Überwindung dieser Re-
ession auf den Konsolidierungspfad zurückzukehren.
ies ist wichtig, um Glaubwürdigkeit zu schaffen, bei
en Konsumenten ebenso wie bei den Investoren in
eutschland. Sie müssen wissen, dass das weder Schall
nd Rauch noch Sonntagsreden sind, sondern dass wir
uf den erfolgreichen Pfad der Konsolidierung zurück-
ehren wollen. Die Zahlen, die die Große Koalition in
en ersten drei Jahre vorgelegt hat, waren bemerkens-
ert: Wir haben die Nettoneuverschuldung von fast
0 Milliarden Euro auf 11 Milliarden Euro gesenkt – Sie
aben die genauen Zahlen schon genannt –; diesen Pfad
üssen wir wieder erreichen.






(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück
Zweitens. Wir müssen dies auch den Finanz- und
Kapitalmärkten signalisieren. Sie wissen, dass ich ge-
legentlich in öffentlichen Reden darauf zu sprechen
komme, wie stark die Kapitalmärkte durch die öffentli-
che Verschuldung aufgrund der Konjunkturprogramme
der jeweiligen Staaten weltweit belastet werden können,
sodass es zu Verdrängungseffekten kommt. Damit wird
das Vertrauen der Investoren, die entsprechende Anlei-
hen aufnehmen, die von Staaten, aber auch Unternehmen
platziert werden, eventuell erschüttert. Das ist dann mit
sehr viel schlechteren Laufzeiten verbunden und mit
Spread-Entwicklungen, die inzwischen selbst Mitglied-
staaten der Europäischen Union, übrigens auch Staaten
der Eurozone, erwischen. Das heißt, für die Finanz- und
Kapitalmärkte ist es wichtig, zu wissen, dass es ein or-
dentliches Finanzgebaren auf der jeweiligen national-
staatlichen Ebene gibt.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])


Drittens. Die Bundesrepublik Deutschland hat als
Mitgliedstaat der Europäischen Union ein massives Inte-
resse an der Glaubwürdigkeit des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes, der, wie Sie wissen, von manchen
vielleicht nicht ganz ernst genommen wird. Wenn er
nicht ernst genommen wird, dann hat der Euro – meiner
Meinung nach – eines Tages Schwierigkeiten mit seiner
Glaubwürdigkeit und seiner Stabilität. Das ist von ent-
scheidender Bedeutung: bezogen auf die Bürgerinnen
und Bürger, bezogen auf die Märkte und bezogen auf die
Glaubwürdigkeit des Stabilitäts- und Wachstumspaktes.

Ich will auf diese Schuldenregelung im Einzelnen
nicht eingehen. Sie wissen, welche wichtigen Kompo-
nenten damit verbunden sind. Die strukturelle Verschul-
dungsgrenze verhält sich analog zu dem, was der
Maastrichter Stabilitäts- und Wachstumspakt vorsieht:
mit Konjunkturkomponente, Kontrollkonto und Ausnah-
mesituation.

Ich will abschließend noch einige Hinweise geben.
Erstens. Der Vorschlag, dass die Länder – unter Bezug-
nahme auf Art. 109 – ab 2020 eine strukturelle Neuver-
schuldung von null erreichen wollen, war nicht die Idee
eines Bundesvertreters.


(Dr. Peter Struck [SPD]: So ist es!)


Darauf lege ich gesteigerten Wert. Bei jedweder Kritik:
Das war nicht die Idee eines Vertreters des Deutschen
Bundestages oder eines Vertreters der Bundesregierung.


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


Dies ist von Ländervertretern festgelegt worden. Dafür
möchten weder ich noch die Vertreter des Deutschen
Bundestages geprügelt werden.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])


Zweitens. Es klingt hoffentlich nicht eitel: Die Tatsa-
che, dass sich der Bund an der Schuldentilgung der
Länder beteiligt, möchte ich zumindest als bemerkens-
wert im Protokoll stehen haben; denn die Länder beteili-
gen sich nicht an der Schuldentilgung des Bundes.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])


enn dies erforderlich gewesen ist, um einen Konsens
erzustellen, insbesondere mit Blick auf die zugegebe-
ermaßen schwierige Situation in Berlin, Bremen, im
aarland, in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein,
oll es das wert sein. Aber ich mache in der Tat keinen
ehl daraus, dass das vor dem Hintergrund der erhebli-

hen Belastungen, denen der Bund ausgesetzt ist, schwer-
efallen ist. Ich halte daran fest – vielleicht zum Entsetzen
nd im Widerspruch zu den Ländern –: Die Haushaltslage
uf der Einnahme- und Ausgabenseite war in den letzten
ahren für den Bund immer ungünstiger als für die Län-
er. Das macht sich gelegentlich bei schwierigen Ver-
andlungen im Bundesrat bemerkbar. Aber um diese
lippen kommen wir offensichtlich nicht herum.

Drittens. Der Hauptkritikpunkt von vielen – man kann
s offenlegen: auch von Mitgliedern meiner Fraktion –
iegt darin, dass die Handlungsfähigkeit des Staates in
risensituationen durch diese Schuldenregelung über
ebühr eingegrenzt sein könnte. Ich sage Ihnen freimü-

ig: Das Gegenteil ist der Fall. Anders ausgedrückt: Was
ir jetzt mit Blick auf die Abschirmung für die Banken
nd die Konjunkturpakete I und II gemacht haben, wäre
uch nach der neu zu beschließenden Schuldenregelung
öglich gewesen. Ich wäre dankbar, wenn sich dies als
rkenntnisgewinn durchsetzen würde.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Abschließende Bemerkung: Wann immer wir über
erechtigkeit reden, wäre ich sehr dankbar, wenn die
enerationengerechtigkeit in unseren Reden eine grö-

ere Rolle spielen könnte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


er Kapitaldienst ist mit hohen jährlichen Zinsen – die
ahl ist schon genannt worden – verbunden; aber zum
apitaldienst gehört irgendwann auch die Tilgung. Was
adurch an Belastungen für nachfolgende Generationen
ntsteht, läuft darauf hinaus, dass wir unseren Kindern
nd Enkelkindern Wackersteine in den Rucksack ihres
ebens packen, mit dem sie über die Hürden kommen
üssen, und das bei einer demografischen Entwicklung,

ie Produktivität und Innovationsfähigkeit dieser Gesell-
chaft zu zentralen Themen macht. Vor diesem Hinter-
rund wäre ein klares Bekenntnis zu einem disziplinier-
eren Verhalten nötig. Ich füge hinzu: auch im konkreten
all. Schon jetzt habe ich es wieder mit Begehrlichkeiten
it Blick auf Mehrausgaben zu tun.

err Burgbacher, Sie wollen den Bürgerinnen und Bür-
ern Entlastungsprogramme servieren. Diese Entlas-
ungsprogramme würden aber darauf hinauslaufen, dass
ie Einnahmebasis der öffentlichen Gebietskörperschaf-
en schwer erschüttert wird. Ich glaube nicht, dass Sie,
enn Sie je in die Verlegenheit kämen zu regieren, in
iesen Dimensionen Steuererleichterungen beschließen
ürden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621501200

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Volker Wissing

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1621501300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Minister Steinbrück, Sie nutzen jede Gelegenheit,
um der Öffentlichkeit zu erklären, dass eine Korrektur
Ihrer verfehlten Unternehmensteuerreform nicht mög-
lich ist. Sie, Herr Kuhn, sagen, es sei absurd, dass die
FDP die Unternehmensteuerreform dringend korrigieren
möchte. Sie erklären den Menschen, dass Zinsschranke,
Mantelkaufregelung und Funktionsverlagerungen nicht
zurückgenommen werden könnten. Ich sage Ihnen: Ge-
rade in der Krise müssen diese Regelungen so schnell
wie möglich geändert werden. Sie wirken nämlich kri-
senverschärfend. Sie schicken damit Unternehmen in die
Insolvenz, und zwar schon in den nächsten Monaten. Die
Kollegen von der Union wissen das natürlich; sie trauen
sich nur nicht, aufzumucken. Wie es gehen soll, bei hö-
herer Arbeitslosigkeit den Haushalt zu konsolidieren,
das müssen Sie denen erklären, für die Sie die Verant-
wortung tragen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Von den Grünen kommt zur Steuerpolitik wenig Dif-
ferenziertes. Mit Reden wie der, die Sie gehalten haben,
Herr Kuhn, kann man in der Finanzpolitik nicht sachlich
argumentieren.


(Beifall bei der FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber mit dem, was die FDP sagt!)


Ich will auf den Gesetzentwurf eingehen. Mit diesem
Gesetzentwurf ist der ursprüngliche Auftrag der Födera-
lismuskommission II nicht abgearbeitet; das ist hier
schon mehrfach angeklungen. Mit einem neuen Ver-
schuldungsregime sind die Bund-Länder-Finanzbezie-
hungen nicht neu geregelt. Dazu hätte man sich den
Bund-Länder-Finanzausgleich vornehmen müssen.
Aber gerade dieses Thema haben Sie ausgeklammert;
darüber wollten Sie nicht sprechen. Zugegeben: Der
Bund-Länder-Finanzausgleich ist ein dickes Brett. Aber
es war gerade der Auftrag dieser Kommission, dicke
Bretter zu bohren. Dass man das kann, haben wir mit
einem konkreten Vorschlag gezeigt. Wir haben ein Kon-
zept vorgelegt, das sowohl Geber- als auch Nehmerlän-
dern Anreize geboten hätte. Das wäre eine gute Grund-
lage gewesen, eine Neuregelung des Ausgleichssystems
in Angriff zu nehmen.


(Beifall bei der FDP – Heinz-Peter Haustein [FDP]: Wieder eine Chance vertan!)


Mit ihrer Entscheidung, den Finanzausgleich nicht
anzutasten, hat die Große Koalition eine Verweigerungs-
haltung gegenüber ihrem eigenen Auftrag eingenom-
men. Sie hat es abgelehnt, einen Kernauftrag der Födera-
lismuskommission II abzuarbeiten. Das ist schade, weil
weitere Lösungsansätze davon abhängen. Solange wir

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(C (D inen Finanzausgleich fortschreiben, der die Leistungen inzelner Länder zu nahezu 100 Prozent nivelliert, ommt mehr Finanzautonomie kaum in Betracht. Ohne ehr Finanzautonomie muss eine neue Verschuldungs egel an bestimmten Stellen die Gestaltungsspielräume ffenhalten, die wir Liberale lieber bei der Einnahmeeite eröffnet hätten. Ihr Argument, man könne den Finanzausgleich nicht eu regeln, weil er bis 2019 festgeschrieben sei, löst sich m Ende in Luft auf; denn die neue Verschuldungsregel reift erst im Jahr 2020 vollständig. Was heute vorliegt, ist ein Kompromiss. Das Verandlungsergebnis stimmt nicht euphorisch. Wir hätten ns im Kampf gegen die Staatsverschuldung mehr Entchlossenheit gewünscht. Gerade die Erfahrungen der etzten Jahre haben doch gezeigt, dass wir ohne strenere Regeln von der Verschuldung nicht wegkommen. elches Ziel hat sich die Große Koalition gesetzt? aushaltskonsolidierung und Schuldenabbau sollten leibende Erfolge der Großen Koalition werden. Was ist araus geworden? In guten Zeiten haben Sie neue Schulen gemacht, und in schlechten Zeiten machen Sie noch ehr neue Schulden. Wenn man dieser Koalition später inmal ein Zeugnis ausstellt und sie an ihrer Finanzund aushaltspolitik misst, wird das Urteil vernichtend aus allen. Der Bundesminister der Finanzen ist mit seinen onsolidierungszielen genauso gescheitert wie sein Voränger. Es war bedauerlich, dass die Kommission sich nicht uf mehr verständigen konnte als auf das, was heute voriegt. Ich finde es für junge Generationen höchst trauig, dass es viele Mitglieder in der Kommission gab, die icht gegen, sondern mit aller Kraft für neue Schulden ekämpft haben. Auch das muss man einmal deutlich saen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP)


abei sollte jedem klar sein, dass wir angesichts der de-
ografischen Entwicklung und der bereits vorhandenen
chuldenberge in die Gestaltungsspielräume künftiger
enerationen ohnehin schon weit eingegriffen haben.
ie FDP trägt den Kompromiss vor diesem Hintergrund
ennoch mit – nicht aus Begeisterung, sondern aus Ver-
ntwortung. Immerhin ist das, was wir damit bekom-
en, besser – auch wenn Sie das nicht glauben wollen,
err Kuhn – als das, was wir heute haben. Ich kann den
rünen und den Linken nur sagen: Wer sich Verbesse-

ungen verweigert, verantwortet das Schlechtere.

Die FDP wollte mehr. Ein prinzipielles Neuverschul-
ungsverbot wäre gerade in der jetzigen Krise ein
ichtiges Signal gewesen. Es hätte Vertrauen in die
taatsfinanzen geschaffen, ohne dass die Regierung
andlungsunfähig geworden wäre; denn wir haben in un-
erem Gesetzentwurf klargestellt, dass Handeln in Notla-
en niemals infrage gestellt werden darf. Eine dauer-
afte strukturelle Neuverschuldung auf Bundesebene ist






(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing
eine bittere Pille für junge Menschen. Sie ließe sich viel-
leicht ökonomisch rechtfertigen, wenn wir nicht schon
über 1,5 Billionen Euro Schulden hätten.

Zu den Errungenschaften des Entwurfs gehört zum ei-
nen die Nullverschuldung auf Ebene der Länder. Dass
sie erst im Jahr 2020 greift, kritisieren Sie von den Grü-
nen so gerne. Aber angesichts der Lage der Landeshaus-
halte frage ich Sie: Wie wollen Sie diese Verschuldun-
gen innerhalb von ein, zwei Jahren auf null setzen? Die
Verfassungsänderung, die im Ergebnis erzielt werden
sollte, sollte keine Utopie darstellen, sondern tatsächlich
umgesetzt werden können. Ich glaube, das ist man, wenn
man über eine Verfassungsänderung diskutiert und berät,
der Sache schuldig.

Eine weitere Errungenschaft ist die Abkehr vom bis-
herigen Verschuldungsregime. Die bisherigen Verschul-
dungsgrenzen, die dauerhaft verletzt wurden, sollen aus
dem Grundgesetz verschwinden. Das ist ein guter Weg;
denn die Regeln haben grandios versagt. Weder der In-
vestitionsbegriff noch die Feststellung einer Störung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts haben sich als
Gesetzesbegriffe bewährt. Dass wir diese untauglichen
Regelungen loswerden, ist ein Erfolg der Föderalismus-
kommission II.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Grünen haben einen anderen Weg vorgeschlagen.
Sie wollten sich am Begriff Nettoinvestition orientieren,
im Grunde aber den Investitionsbegriff weiter ausdeh-
nen. Sie haben argumentiert, man müsse auch alle Bil-
dungsinvestitionen mit neuen Schulden finanzieren
können. Für dieses Vorhaben gibt es aber nur scheinbar
logische Argumente. Sie haben gesagt, dass man Inves-
titionen nicht nur in Beton, sondern auch in Bildung fi-
nanzieren müsse. Natürlich brauchen wir mehr Bil-
dungsinvestitionen; das will niemand infrage stellen.
Aber was haben denn junge Generationen davon, wenn
Sie ihnen die Bildung mit neuen Schulden finanzieren
und die Schuldenberge ihnen dann später die Chance auf
einen Arbeitsplatz nehmen? So kann man zukunftsfä-
hige, nachhaltige Politik nicht machen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die FDP hat die Kommissionsarbeit von Anfang an
konstruktiv begleitet. Wir haben den Auftrag sehr ernst
genommen. Es war ein großer Auftrag. Ich möchte noch
einmal betonen, dass wir den gesamten Auftrag erledi-
gen wollten. Wir haben dazu konkrete Vorschläge ge-
macht, bis hin zu einem ausformulierten Gesetzentwurf,
der im Weiteren dann aber leider nicht als Beratungs-
grundlage diente. Dass am Ende nicht mehr möglich
war, ist eine vertane Chance. Bei aller Kritik bleibt aber
die Feststellung, dass wir mit diesem Gesetzentwurf an
entscheidender Stelle etwas verbessern. Deshalb haben
wir dem Kompromiss in der Kommission zugestimmt.

Wir haben damit kein Endergebnis im Hinblick auf
das Problem, sondern ein Zwischenergebnis. Die Arbeit
muss fortgesetzt werden. Ich wünsche uns, dass uns die-
ses Zwischenergebnis auf dem Weg gegen die Staatsver-

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(C (D chuldung weiter voranbringt. Er ist nicht beendet; er uss fortgesetzt werden. Die Aufgaben – Neuregelung es Länderfinanzausgleichs, mehr Finanzautonomie – ind genauso vordringlich und müssen genauso schnell n Angriff genommen werden wie eine Reform unseres teuersystems, auch wenn die Grünen das nicht versteen; denn wir können – da will ich noch einmal an die roße Koalition appellieren – die Dinge nicht einfach aufen lassen. Gerade in der Krise sind finanzpolitische eformen dringend erforderlich. Wir steuern auf schwie ige Zeiten zu. Lassen Sie die Menschen nicht allein! alten Sie das Land reformfähig! (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621501400

Das Wort erhält nun der Ministerpräsident des Landes

aden-Württemberg, Günther Oettinger.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



(Badenürttemberg)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die De-

atte heute Morgen macht deutlich, wie groß die Span-
ungsbögen, wie groß die Interessengegensätze sind. Es
eht dabei um zwei Dinge – nicht mehr und nicht weni-
er –: um Kompetenzen und um Geld.

Um Kompetenzen geht es beispielsweise in der Bil-
ung. Einerseits spricht der Arbeitsmarkt und die damit
erbundene Mobilität der Menschen für eine bundes-
eite Regelung mancher Bildungsfragen – das gestehe

ch zu –, andererseits waren Kultur und Bildung in
eutschland aus guten Gründen immer Ländersache.
ußerdem werden – ebenfalls aus guten Gründen – die
utonomie der Schule vor Ort und mehr Kompetenzen

ür die Träger freier und kommunaler Schulen gefordert.
as ist der eine Spannungsbogen. Manchem, der in den
eutschen Bundestag kommt und glaubt, er könne hier
ildungspolitik machen, muss man sagen, dass er ei-
entlich im falschen Parlament ist.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)


Ein weiterer großer Spannungsbogen betrifft das
eld. Es wird behauptet – so auch vom Kollegen Gysi –,

s gebe reiche Länder. Dabei hat beispielsweise Baden-
ürttemberg 42 Milliarden Euro Schulden und muss
Milliarden Euro Zinsen pro Jahr, worin noch keine Til-

ung enthalten ist, zahlen. Das heißt, reich sind wir
icht. Wir sind nur nicht so stark verschuldet wie der
est der Republik.


(Beifall bei der CDU/CSU – Heinz-Peter Haustein [FDP]: Sachsen auch!)


Reich“ ist also ein relativer Begriff.

Es gibt Länder, die in den Länderfinanzausgleich
inzahlen und behaupten, sie würden viel zu viel zahlen
dazu gehört mein Land –, und Länder, die wie Bremen
nd das Saarland sagen, sie würden nicht ausreichend
eld für die Erfüllung ihrer Aufgaben erhalten. Dieser
pannungsbogen wurde heute Morgen bei den fünf






(A) )



(B) )


Ministerpräsident Günther H. Oettinger (Baden-Württemberg)

Fraktionen dieses Hohen Hauses sichtbar. In der Kom-
mission trat er aber noch weit stärker zutage; denn dort
kamen die armen und die weniger armen Länder, die
neuen Länder und die alten Länder, die kleinen Länder
und die großen Länder sowie die Stadtstaaten und die
Flächenländer hinzu. Der Gegensatz von Metropole und
ländlichem Raum wurde dabei noch gar nicht erwähnt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621501500

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Troost?


(BadenWürttemberg)


Ja, gerne.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621501600

Bitte schön.


Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621501700

Herr Kollege Oettinger, wir waren uns in der Kom-

mission einig, dass die Staatsverschuldung in diesem
Jahrtausend in erster Linie nicht aus Ausgabenzuwäch-
sen, sondern aus Einnahmeeinbrüchen resultiert.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Was?)


Sie hatten damals an die Mitglieder der Kommission ap-
pelliert, nicht mit Steuersenkungsversprechen in den
Bundestagswahlkampf zu gehen.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Warum nehmen Sie die Einigkeit in der Kommission in Anspruch?)


Nun besteht aber die Gefahr, dass genau dieses passieren
wird, sei es seitens der FDP, sei es seitens der CSU oder
anderer.

Weil Sie von armen und reichen Ländern sprachen
und vorhin das, was mein Kollege Gysi gesagt hat, als
absurd abgetan haben, möchte ich Sie fragen.


(Zurufe von der CDU/CSU)


– Können Sie vielleicht einmal zuhören?


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU – Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)


– Können Sie zuhören und dann nachdenken?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie wollen doch Herrn Oettinger fragen! Dann reden Sie mit ihm!)


Gehen wir einmal von der Situation aus, dass der
Bundestag eine Steuersenkung beschließt und anschlie-
ßend im Bundesrat die reichen Länder diese Steuersen-
kung gegen die Stimmen beispielsweise von Berlin und
Bremen bestätigen.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wo ist die Frage?)


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(C (D timmen Sie mit mir überein, dass die Regelungen, die ir jetzt verabschieden, bedeuten, dass die armen Läner dann keinerlei Chance mehr haben, ihre Haushaltsoheit und -autonomie wahrzunehmen? Günther H. Oettinger, Ministerpräsident (Badenürttemberg)

Herr Kollege, da für die Gemeinschaftsteuern und für

ie Steuereinnahmen, die allein den Ländern zustehen,
ie Bundesgesetzgebung verantwortlich ist und damit
ine Zustimmungspflicht des Bundesrates besteht, und
a die Geberländer in der Minderheit sind und die Neh-
erländer die Mehrheit stellen, können Sie davon ausge-

en, dass die Länderinteressen, also auch die Interessen
on Bremen und des Saarlandes, mehr als ausreichend
urch die Mehrheit im Bundesrat gewahrt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Zurück zum Thema „Spannungsbogen und Interes-
engegensatz“. Es gab in der Kommission Kollegen, die
ür ein generelles Schuldenverbot gekämpft haben und
eine Ausnahmen zulassen wollten. Es gab Kollegen,
ie für ein grundloses Schuldenrecht gekämpft haben.
or dem Hintergrund dieses Spannungsbogens hat die
ommission, wenn man unter Politik das Machbare und
ögliche versteht, nicht weniger und nicht mehr er-

eicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich bin dankbar, dass eine klare Mehrheit der Kom-
ission, bestehend aus Mitgliedern dieses Hohen Hau-

es und des Bundesrats, diese Gesamtkonzeption mit
7 Jastimmen bei nur 3 Gegenstimmen und 2 Enthaltun-
en empfiehlt. Mein Rat geht dahin: Da das Ganze ein
ensibles Gebäude ist, rütteln wir nicht an einzelnen
äulen. Am besten wäre es, es würde im Bundestag und

m Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit so verabschiedet,
ie es jetzt vorgelegt wurde. Dann hätten wir im Rah-
en der Möglichkeiten und der Interessengegensätze für

ie Sache und für unsere Kinder viel erreicht.

Machen wir uns nichts vor: Damit wird ein Zeiten-
echsel verbunden sein. Die letzten 40 Jahre waren von

ährlichen staatlichen Schulden geprägt. Unsere Großel-
ern haben Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg
damals waren die Brücken zerstört, die Straßen zer-

ombt und die Häuser kaputt – ohne Schulden und mit
and- und Kopfarbeit aufgebaut. Erst in den letzten
0 Jahren verging kein Jahr, in dem nicht jährlich aus,
inzeln betrachtet, guten Gründen Schulden vom Bund
nd von den Ländern und Gemeinden gemacht worden
ind. Es sind derzeit insgesamt 1 500 Milliarden Euro. In
iesem und im nächsten Jahr kommen mit Sicherheit
nd begründbar nochmals 200 Milliarden Euro hinzu.
eswegen ist es richtig, dass man sich gerade in der
rise, in der Rezession für eine grundsätzliche Schul-
enregel ausspricht. In Zukunft ist in normalen Haus-
altsjahren auf Bundesebene nur noch eine Schuldenauf-
ahme von maximal 9 Milliarden Euro Schulden
öglich, und in den Ländern soll im Regelfall keine
ufnahme von Schulden mehr notwendig sein.






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621501800

Herr Ministerpräsident, es gibt zwei weitere Wünsche

nach Zwischenfragen.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Nummern ziehen!)


Zunächst möchte der Kollege Wieland eine Zwischen-
frage stellen, wenn Sie damit einverstanden sind.


(BadenWürttemberg)


Gerne.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621501900

Bitte schön.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621502000

Herr Ministerpräsident, ich kam nicht gleich an die

Reihe. Über einen Ihrer Sätze musste ich auch lange
nachdenken.


(Zurufe von der CDU/CSU)


– Das musste auf mich wirken. Das kann ja nicht scha-
den. – Sie sagten, wer Bildungspolitik machen wolle,
habe sich mit dem Bundestag das falsche Parlament aus-
gesucht. Würden Sie auch sagen, dass sich jemand, der
Bildungspolitik machen will, mit der Bundesregierung
die falsche Regierung ausgesucht hat – wie Ihre Kollegin
Frau Schavan, die, wie ich weiß, aus Baden-Württem-
berg stammt? Wie soll es denn funktionieren, dass wir
eine Bildungsministerin haben, ohne dass sich der Bun-
destag mit Bildungspolitik befasst?


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



(BadenWürttemberg)


Herr Kollege, Sie wissen genau, für welche Kompe-
tenzen in Forschung und Bildung die Bundesregierung
verantwortlich ist – für den Regelfall in der Schule, für
den Schulalltag nicht. Darum ging es mir.

Übrigens sind die erweiterten Finanzhilfen auch im
Rahmen der Kompetenzfrage wichtig. Wir glauben, dass
in der heutigen Zeit der Einfluss des Bundes über den
Graubereich der energetischen Gebäudesanierung nicht
mehr sinnvoll ist. Deswegen stimmen wir einer Erweite-
rung des Art. 104 b des Grundgesetzes ausdrücklich zu,
wollen aber, dass der Bund Finanzhilfen für das Schul-
gebäude, nicht aber für die Festlegung von Inhalten in
den Schulen zur Verfügung stellt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kollege Gysi, Sie sagen, dass alle Kinder einen
Anspruch auf eine gute Bildung haben sollten. Dies teile
ich. Aber die Arroganz, dass dies nur der Bund durchset-
zen könne, teile ich nicht. Ich traue Landesregierungen
– sogar der in Berlin, an der Ihre Partei beteiligt ist – das
zu.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


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(C (D ch traue Landesregierungen und Landesparlamenten zu, ass sie ihre Aufgabe ordentlich erfüllen und der Anpruch auf eine gute Bildung von Kiel bis nach Konstanz nd von Karlsruhe bis nach Potsdam auch durch Länder nd Kommunen hervorragend erfüllbar ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Betrachten wir die Schuldenregel einmal im Einzel-
en: Ich glaube, wir haben einen guten Mittelweg ge-
ählt. Im Normalfall ist keine Schuldenaufnahme mög-

ich. Ausnahmen sind aber im Haushaltsvollzug bei
aturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituatio-
en wie in diesem und im nächsten Jahr möglich. Ganz
ntscheidend ist für mich, dass in das Grundgesetz eine
ilgungspflicht aufgenommen wird. Das heißt, ab sofort
arf die Tilgung von Schulden nicht mehr auf den Sankt-
immerleins-Tag verschoben oder dürfen neue Schul-
en nicht mehr aufaddiert werden. Wer jetzt neue Schul-
en macht, muss seinem Parlament und der Öffentlich-
eit mittels eines Tilgungsplans aufzeigen, wie er sie in
enigen Folgejahren konjunkturgerecht wieder ausglei-

hen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621502100

Herr Ministerpräsident, Ihre Äußerungen haben eine

o anregende Wirkung auf Kolleginnen und Kollegen al-
er Fraktionen, dass sich die Wünsche nach weiteren
wischenfragen mit einer bemerkenswerten Dynamik
ntwickeln.


(Heiterkeit)


Möchten Sie die Zwischenfrage der Kollegin Höll
nd eventuell auch die des Kollegen Gysi beantworten?


(Joachim Poß [SPD]: Gysi hat vorhin doch schon so viel Unsinn erzählt!)



(Badenürttemberg)

Ja.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621502200

Frau Höll.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Fragestunde!)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621502300

Herr Ministerpräsident, wenn ich heute Abend in

eipzig im Hauptbahnhof aus dem Zug steigen werde,
rüßt mich Ihr Bundesland mit einer großen Werbung:
ommen Sie nach Baden-Württemberg! Werden Sie
ehrer bei uns! So viel zum Thema „reichere und ärmere
änder“. Sie haben immerhin noch so viel Geld, dass Sie
ehrer aus Sachsen abwerben können.


(Beifall des Abg. Thomas Bareiß [CDU/CSU])


Ich will Sie etwas fragen, was ich nicht ganz verstehe:
n den letzten Jahrzehnten haben die Parteien CDU,
SU und SPD in der Bundesrepublik Deutschland die
egierungsverantwortung getragen. Diese Parteien wa-






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
ren immer frei, keine Schulden zu machen. Sie haben
eine Steuersenkungspolitik gemacht: Senkung des Spit-
zensteuersatzes, Erbschaftsteuer entsprechend geregelt,
die Vermögensteuer ausgesetzt etc. pp. Jetzt wollen Sie
eine Schuldenbremse verankern. In Ihrem Handeln wa-
ren Sie doch bisher immer frei, keine Schulden zu ma-
chen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Frage!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621502400

Frau Kollegin, es wäre schön, wenn Sie tatsächlich

eine Frage stellen würden.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621502500

Ich komme jetzt zum Abschluss meiner Frage. –

Brauchen wir eine Schuldenbremse? Wozu brauchen Sie
die, wenn nicht nur, um sagen zu können: Wir müssen
weitere Sozialkürzungen vornehmen, das gebietet uns
das Grundgesetz? Machen Sie eine Steuersenkungs-
grenze, dass die Staatseinnahmen wirklich bleiben! Sa-
gen Sie einmal, was Sie davon halten!


(BadenWürttemberg)


Frau Kollegin, das Grundgesetz regelt das Wesentli-
che, mit Geboten, mit Verboten, mit Werten und Rech-
ten. Ich finde, wenn das Grundgesetz das wesentliche
Recht Deutschlands abbilden soll, dann sollte dort auch
eine Aussage zum Thema „grundsätzliches Schuldenver-
bot für künftige Haushaltsberatungen zugunsten unserer
Kinder und Enkelkinder“ stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Zum ersten Teil Ihrer Frage: Mit dem Freistaat Sach-
sen haben wir seit wenigen Tagen eine faire Vereinba-
rung. Wir wollen in Ihrem Land junge Lehrerinnen und
Lehrer werben, die in Ihrem Land studieren, dort aber
gar nicht gebraucht werden. Da bei Ihnen die Kinderzahl
zurückgeht, bei uns aber nicht, haben wir eine Vereinba-
rung, dass in den nächsten drei Jahren Lehrer aus Ihrem
Land bei uns eine Chance und damit Arbeit bekommen.
Trotzdem wird Bildung bei Ihnen möglich sein.


(Kurt Segner [CDU/CSU]: Sehr vernünftig!)


Ich glaube, das ist eine faire Partnerschaft im Interesse
der Lehrer und Kinder von Sachsen und Baden-
Württemberg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Wenn ich neben der Schuldenregel das Thema Kon-
solidierungshilfe ansprechen darf: Wir danken dem
Bund dafür, dass er bereit ist, die Hälfte der neunmal
800 Millionen Euro Hilfe zu finanzieren. Unstrittig ist,
dass der Bund strukturell mit Zinsen und Altschulden
stärker belastet ist als die Ländergemeinschaft ins-
gesamt. Unstrittig ist aber auch, dass der Bund eher
handlungsfähig ist, weil er die Steuerentwicklung stärker
prägen kann. Er muss ein starkes Interesse an handlungs-
fähigen Ländern haben; denn wenn Bremen oder das

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(C (D aarland nicht mehr handlungsfähig wären, fiele dieses roblem zuallererst dem Bund zu. Deswegen halte ich ie gesamtstaatliche Hilfe für das Saarland, Bremen, achsen-Anhalt und Berlin und Schleswig-Holstein – für richtig und wegweisend. ch glaube, dass damit ein sinnvoller Anreiz für konseuente Haushaltspolitik in diesen Ländern gegeben wird. Eine große Bedeutung messe ich dem Stabilitätsrat ei, der aus dem Bundesfinanzminister, dem Bundesirtschaftsminister und den 16 Finanzministern der Läner besteht. Ich bin davon überzeugt, dass unsere – richigen – Regeln wirken werden, wenn sie durch den tabilitätsrat ins öffentliche Bewusstsein getragen weren. Er wird aufgrund seiner Kompetenz frühzeitig mahende Worte finden und dem Bund und den Ländern in en nächsten Jahren Vorschläge machen. Dem Stabiliätsrat messe ich von daher eine große Bedeutung bei. Es wurde gefragt, warum das Ganze erst 2020 in raft treten soll. Aus drei Gründen ist es notwendig, inerhalb weniger Jahre eine grundlegende Neuordnung er öffentlichen Finanzen vorzunehmen: Erstens. Der Aufbau Ost in seiner zweiten Stufe, aus em Soli finanziert, wird Ende 2019 stufenweise auf null uslaufen. Spätestens dann sind die neuen Länder in das llgemeine Finanzsystem zu integrieren. Zweitens. Der Länderfinanzausgleich, der vor sieben ahren vereinbart wurde, seit vier Jahren in Kraft ist und ährend seiner Laufzeit kaum kündbar ist, wird als Zeitesetz Ende 2019 auslaufen. Drittens. Spätestens dann werden – so lautet die Aufage – neben dem Bund auch alle Länder ihre Haushalte m Regelfall ohne Schulden finanzieren. Wir haben, wie ich denke, eine richtige Übergangszeit efunden, weil in der Mitte des nächsten Jahrzehnts im eutschen Bundestag und in den Ländern über eine rundlegende Neuordnung der Finanzierung öffentlicher ufgaben sowie der Finanzströme zwischen Bund und ändern und zwischen Ländern zu beraten sein wird. Mein Dank gilt den Kollegen, die in der Mehrzahl onstruktiv mitgearbeitet haben. Ich nenne die Kollegen us dem Deutschen Bundestag und die Vertreter der undesregierung, die Kollegen aus den Ländern und aus em Bundesrat, die Kollegen aus den Landtagen und den ommunen sowie in besonderem Maße den Kollegen r. Struck, der menschlich angenehm, kompetent und air mit mir die Verhandlungen geführt hat. Nochmals: Wer mit parlamentarischen Zweidrittelehrheiten in Bundestag und Bundesrat dieses Gebäude ufbauen will – ich behaupte: ein größeres Gebäude ist icht erreichbar und wird nach der Bundestagswahl noch iel schwieriger zu erreichen sein –, dem empfehle ich, as Zeitfenster zu nutzen und bis Juli in Bundestag und Ministerpräsident Günther H. Oettinger Bundesrat das Gesamtkonzept unserer Kommission zu beschließen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Heinz-Peter Haustein [FDP])


(Volker Kröning [SPD]: Schleswig-Holstein!)


(Volker Kröning [SPD]: Ich auch!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621502600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Britta Haßelmann,

Bündnis 90/Die Grünen.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621502700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie mich zwei Vorbemerkungen machen: Herr
Ministerpräsident Oettinger, wir haben Ihre Worte sehr
genau gehört und Ihre Einlassung zur Bildungspolitik
registriert. Ich hoffe, dass Sie dann, wenn es um Geldbe-
ziehungen und darum geht, dass der Bund den Ländern
Geld für die Bildung geben soll, auch die gleiche Ein-
stellung einnehmen, wie Sie es hier gerade bei der Ab-
grenzung der Kompetenzen getan haben. Ich sehe, dass
die Länder beim Hochschulpakt die Hand aufhalten, um
Geld vom Bund zu bekommen, gleichzeitig aber immer
wieder großen Wert darauf legen, dass Bildungsangele-
genheiten alleine in ihrer Kompetenz lägen. Hier passt
etwas nicht zusammen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweite Vorbemerkung: Liebe Kolleginnen und Kolle-
gen der FDP, Sie sollten heute nicht über die Frage urtei-
len, ob hier beim Thema Schuldenbremse, Schuldenab-
bau und Schuldenregulierung die richtige Entscheidung
getroffen wird, wenn wir für oder gegen diese Vor-
schläge stimmen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Sie haben doch selbst kein Konzept vorgelegt!)


Sie haben sich in dieser Frage verabschiedet, seitdem Sie
Ihr Bundestagswahlprogramm vorgelegt haben und in
einer Situation zu Steuersenkungen von 35 Milliarden
Euro aufrufen, in der das Land in einer massiven Krise
steckt. Seien Sie da also lieber ein bisschen ruhiger.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinz-Peter Haustein [FDP]: Sie begreifen es nicht! Das ist das Problem!)


Meine Damen und Herren, bemerkenswert ist, dass in
dieser Debatte ein einziger Redner die Kommunen an-
gesprochen hat. Das war mein Kollege Fritz Kuhn.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Burgbacher auch! – Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)


Wir reden hier über die Föderalismusreform, und bei Ih-
nen spielt das Thema Kommunen überhaupt keine Rolle.
Jetzt kommen Sie mir nicht mit dem Argument, die
Kommunen seien eine von den Ländern abgeleitete
Ebene. Ich wäre froh, wenn Sie dieses Argument dann
auch einmal in Ihren Wahlkreisen benutzten, wo Sie
sonst immer verkünden, wie wichtig die Kommunen und
deren Selbstverwaltungsgarantie seien. Eine vernünftige

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(C (D elbstverwaltungsgarantie für die Kommunen ist nur ann gegeben, wenn klar ist, dass auch die Finanzaustattung stimmt. Sie weichen hier völlig aus. Dem hema der Finanzausstattung der Kommunen hat in den erhandlungen der Föderalismuskommission niemand ußer den Grünen Relevanz beigemessen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Struck [SPD]: Waren Sie dabei?)


Dies sollten Sie einmal vor Ort in Ihrem Wahlkreis er-
lären, Herr Struck.


(Joachim Poß [SPD]: Sie kennen nicht einmal die wesentlichen Verfassungsbestimmungen!)


Schreien Sie doch noch lauter, Herr Poß, oder stellen
ie mir eine Zwischenfrage.


(Joachim Poß [SPD]: Damit Sie noch mehr Unsinn erzählen?)


Wo sind denn Ihre Vorschläge für eine Altschulden-
ilfe für Gelsenkirchen, für Oberhausen, für Hagen? Von
hnen kommt nichts außer die Ablehnung unserer Vor-
chläge, eine Altschuldenhilfe auch für die Kommunen
inzuführen. Das geht so nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es 107 Kommu-
en, die sich in einer dramatischen Finanzsituation be-
inden. Das ist auch in anderen Bundesländern so; ich
enke an Ostdeutschland, oder auch in Niedersachsen
ibt es hoch belastete Kommunen. Die Schere zwischen
rmen und reichen Kommunen geht immer weiter aus-
inander. Die Vorschläge, die hier auf den Tisch gehört
ätten, zum Beispiel den Vorschlag einer Altschulden-
ilfe für Kommunen, die beim Solidarpakt und bei der
inanzierung der Einheit auch Verantwortung übernom-
en haben, haben Sie einfach ausgeblendet. Das ist auch

n Ihren Reden deutlich geworden. Das muss man den
euten vor Ort erzählen. Das geht so nicht. Sie gleiten
infach unten durch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will noch ganz kurz auf etwas hinweisen: Was
assiert denn in Nordrhein-Westfalen, in Niedersachsen
der in Sachsen, wenn im Jahr 2020 die Verschuldung
er Länderhaushalte auf null sein soll? Glauben Sie
icht, dass der Konsolidierungsdruck dort einfach nach
nten an die Kommunen weitergegeben wird, wenn Sie
icht gleichzeitig sagen, wie die finanzielle Ausstattung
er Kommunen dauerhaft garantiert werden soll? Hier
aben Sie gekniffen; Sie haben das Problem einfach aus-
eblendet und ausgesessen. Sie glauben, dass es vor Ort
einer merkt. Wir werden dafür sorgen, dass die Themen
ommunale Finanzen und Mindestfinanzausstattung und
ine richtige Bewertung der Ergebnisse dieser Föderalis-
uskommission, die die Kommunen nicht berücksichti-

en, vor Ort ankommen und wahrgenommen werden.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621502800

Das Wort hat nun der Finanzminister von Rheinland-

Pfalz, Herr Professor Deubel.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1621502900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die

Föderalismusreform II wird vor allem daran gemessen
werden, ob sich das Ziel einer dauerhaften Verringerung
der Defizite in den öffentlichen Haushalten tatsächlich
erreichen lässt. Dabei steht in der öffentlichen Wahrneh-
mung zumeist die Begrenzung der Neuverschuldung
– genauer gesagt: der strukturellen Neuverschuldung –
im Vordergrund. Die neue Regel wird in dieser Hinsicht
wesentlich strenger sein als das geltende Recht. Sie wird
aber vor allem auch in sich stimmiger sein. Denn das an
sich gut nachvollziehbare Prinzip einer Kreditaufnahme
bis zur Höhe der Investitionsausgaben ist vor allem beim
Bund und bei den Ländern mit schwer lösbaren Proble-
men verbunden.

Was genau sind die Investitionen in die Zukunft eines
Landes? Zählen wirklich nur die Schulgebäude dazu
oder auch die Ausgaben für das Lehrpersonal? Warum
wird der Verkauf öffentlichen Vermögens nicht gegenge-
rechnet? Wie hoch sind die Abschreibungen auf den öf-
fentlichen Kapitalstock? Zählt das Humankapital zum
Kapitalstock? Wird Vorsorge für Pensionsverpflichtun-
gen geschaffen? All diese Probleme gibt es bei der neuen
Schuldenregel nicht, weil sich die Grenze pauschal auf
die aktuelle Wirtschaftskraft bezieht. Dies gilt richtiger-
weise jedoch nur für den Bundeshaushalt und die Län-
derhaushalte.

Bei den Kommunen, die nach wie vor rund
60 Prozent der öffentlichen Investitionen verantworten,
kann es beim bisherigen Haushaltsrecht bleiben; denn
das Haushaltsrecht ist Ländersache.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das heißt, eine Neuverschuldung bis zur Höhe der je-
weiligen Nettoinvestition ist grundsätzlich zulässig. Das
ist das geltende Haushaltsrecht der Kommunen. Die
Neuverschuldung muss allerdings in Übereinstimmung
mit der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Kommunen
stehen.

In der Debatte ist von den Grünen eine Altschulden-
hilfe für die Kommunen vorgeschlagen worden. Dazu
mache ich zwei klare Anmerkungen.

Erstes. Es wäre unmittelbar verfassungswidrig.


(Joachim Poß [SPD]: So ist es! – Widerspruch der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Der Bund hat hier keinerlei Zuständigkeit.

Zweitens. Sie würden die Länder aus ihrer Verantwor-
tung entlassen,


(Beifall bei der SPD)


innerhalb des Landes über den kommunalen Finanzaus-
gleich einen entsprechenden Ausgleich herbeizuführen.
Das geht den Bund schlicht nichts an.


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(C (D (Joachim Poß [SPD]: So ist es! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich fände es gut, wenn Sie das vor Ort vertreten würden!)


Ja, natürlich. Ich vertrete das jederzeit offensiv; das ist
ie Verfassungslage in Deutschland.

Der eigentliche Vorteil der neuen Schuldenregel für
und und Länder liegt aus meiner Sicht allerdings in ei-
em anderen Punkt. Mit der neuen Regel wird es mög-
ich, zwischen der strukturellen Verfassung der öffentli-
hen Haushalte und vorübergehenden Effekten, etwa
er konjunkturellen Entwicklung oder Sondersituatio-
en, zu unterscheiden. Zu diesem Zweck wird es ein
onjunkturbereinigungsverfahren geben. Dies klingt

echnischer, als es ist. In Wahrheit wird es die Finanz-
olitik hierzulande grundlegend verändern.

Erstens werden künftig die Auswirkungen für die öf-
entlichen Haushalte im Konjunkturabschwung direkt
rkennbar und messbar sein, und damit auch der zusätz-
iche Kreditbedarf in schlechten Zeiten, weil ein Hinter-
ersparen im Abschwung die Krise nur verschärft. Es
ibt keinen seriösen Ökonomen, der diesem Grundsatz
iderspricht.

Zweitens wird aber auch deutlich, dass die zusätz-
ichen Steuereinnahmen im Aufschwung wirklich nur
orübergehend sind und deswegen insbesondere für dau-
rhafte Steuersenkungen nicht zur Verfügung stehen.
islang war das anders. Denn die Ausnahmeregelung
es Art. 115 des Grundgesetzes wurde, entgegen der
dee von Keynes, einseitig genutzt: Im Abschwung wur-
en zusätzliche Kredite zugelassen, was ökonomisch
innvoll ist. Im Aufschwung wurden Mehreinnahmen
ber regelmäßig für Steuersenkungen verwendet, mit
em Resultat, dass sich die Staatsverschuldung über den
onjunkturzyklus hinweg stetig erhöhte


(Dr. Peter Struck [SPD]: Genau!)


nd der Staat an Handlungsfähigkeit und an Spielraum
ür eine gestaltende Finanzpolitik verlor.


(Volker Kröning [SPD]: Immer mehr!)


ie öffentlichen Haushalte sind in der Vergangenheit
ämlich vor allem in guten Zeiten ruiniert worden.

Das wird mit der Einhaltung der neuen Schuldenregel
n Zukunft nicht mehr möglich sein. Ich sage das sehr
eutlich und vor allem an diejenigen gerichtet, die unter
erweis auf kommende Aufschwungzeiten schon heute
ieder massive Steuerentlastungen versprechen. Es wa-

en im Übrigen genau die gleichen Mitglieder der Kom-
ission, die in den Beratungen ohne Unterlass eine noch

triktere Schuldenregel gefordert haben.


(Frank Schäffler [FDP]: Ihre Partei will ja sogar in Abschwungzeiten die Steuern erhöhen!)


ie Widersprüchlichkeit dieser Argumentation wird
urch die neue Schuldenregel nun auch dem Letzten
eutlich vor Augen geführt.

Die neue Schuldenregel macht eines deutlich: Neue
assive Steuersenkungen werden in Deutschland bis






(A) )



(B) )



(Rheinland-Pfalz auf Weiteres ausgeschlossen sein; denn sie wären gleichbedeutend mit einem vorsätzlichen Verfassungsbruch. Dies gilt im Übrigen auch deswegen, weil es in vielen öffentlichen Haushalten heute noch ein Defizit gibt, das mit der neuen Schuldenregel nicht vereinbar ist. Ich sage dies nicht zuletzt mit Blick auf den Bundeshaushalt, auf den bis zum Jahre 2016 erhebliche und in den Gesetzentwürfen auch ausdrücklich genannte Konsolidierungsschritte zukommen werden. Die Einbeziehung der Länderhaushalte in die neue Schuldenregel ist vor diesem Hintergrund richtig. Sie ist für die Länder auch leistbar, und zwar gerade deshalb, weil für Bund und Länder dann gemeinsam die Verpflichtung besteht, auf steuerpolitische Experimente zu verzichten. Die neue Regel wird deshalb zumindest für die nächsten sieben bis zehn Jahre wie eine Steuersenkungsbremse wirken. So lange wird es nämlich dauern, bis die strukturellen Defizite beim Bund und bei allen Ländern abgebaut sein können. (Volker Kröning [SPD]: Sehr richtig! – Fritz Rudolf Körper [SPD]: Genau! Diesen Zusammenhang muss man immer wieder erklären!)


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


Dieser Weg wird zwischen 2011 – in diesem Jahr
muss mit dem Abbau der strukturellen Defizite gestar-
tet werden, und es darf nicht länger gewartet werden
– und 2020 – in diesem Jahr muss der Abbau der struktu-
rellen Defizite abgeschlossen sein – sehr steinig werden.
Einige Länder, die in einer besonders schwierigen Haus-
haltssituation sind, werden diese Herausforderung nur
aufgrund der solidarischen Hilfe von Bund und Ländern
– sie hat in den nächsten neun Jahren einen Umfang von
7,2 Milliarden Euro – bewältigen können.

Ich bin ziemlich sicher, dass es verfassungsrechtlich
zulässig ist, für die Kreditaufnahme von Bund und Län-
dern gleichermaßen geltende Prinzipien im Grundgesetz
zu verankern. Es gibt eine gemeinsame Verantwortung
aller Beteiligten für die gesamtstaatliche Verschuldung.
Der Vertrag von Maastricht legt das bereits heute fest.
Das bündische Prinzip, das solidarische Einstehen für-
einander in Notlagen, verlangt im Gegenzug, dass sich
alle Beteiligten an gemeinsam verabredete Regeln hal-
ten.

Bei der Umsetzung der neuen Schuldenregel haben
die Länder zudem einen erheblichen eigenen Gestal-
tungsspielraum, vor allem was den Umgang mit
konjunkturellen Schwankungen und mit Ausnahmesitua-
tionen betrifft. Gerade mit Blick auf die Konjunktur-
komponente stellt sich die Aufgabe wahrscheinlich so-
gar leichter dar als beim Bund, weil die Länderhaushalte
von der Wirtschaftsentwicklung praktisch ausschließlich
auf der Einnahmeseite betroffen sind. Vorschläge für ein
solches System – ich nenne als Stichwort das bewährte
Konzept des rheinland-pfälzischen Stabilisierungsfonds –
liegen seit geraumer Zeit auf dem Tisch.

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(C (D Bei der geplanten neuen Schuldenregel handelt es ich um eine vernünftige, verlässliche und verantworungsvolle Grenze, die den Interessen von heutigen und ünftigen Generationen gleichermaßen Rechnung trägt. ie neue Regel legt die strukturelle Haushaltslage offen nd wird damit verhindern, dass es wie bisher zu einer rosion der Finanzierungsgrundlagen des Staates in kon unkturell guten Zeiten kommt. In Notsituationen wie erzeit wird der Staat weiterhin auch kurzfristig und in ollem Umfang handlungsfähig sein. Es gibt gute Gründe, dieses sinnvolle Vorhaben zu unerstützen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621503000

Das Wort hat der Kollege Dr. Hans-Peter Friedrich für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1621503100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ls im Dezember 2006 die Föderalismuskommission II
ier eingesetzt wurde, waren die Reden einerseits von
er Entschlossenheit geprägt, etwas für die Stabilität und
egen den Schuldenstaat zu unternehmen, und anderer-
eits auch von der Skepsis – ich habe das noch einmal
achgelesen; Herr Struck hat von einer Herkulesaufgabe
esprochen –,


(Dr. Peter Struck [SPD]: Ja!)


b wir etwas schaffen und zustande bringen würden.
ieber Herr Ministerpräsident und lieber Herr Kollege
truck, unter diesen Aspekten muss ich sagen: Herzli-
hen Glückwunsch. Ich glaube, es ist etwas Hervorra-
endes gelungen, was viele damals, im Dezember 2006,
icht vorhergesagt hätten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir haben drei Themenkomplexe, die heute schon an-
esprochen wurden:

Erstens geht es um die Frage, wie wir für die Länder
nd den Bund die Möglichkeit neu regeln, Kredite auf-
unehmen; Stichwort: Schluss mit der Schuldenmache-
ei.

Zweitens stellt sich die Frage, wie wir im Übrigen
uch dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nach-
ommen können, ein Frühwarnsystem für schwierige
aushaltslagen in bestimmten Bereichen – zum Beispiel
er Länder – einzurichten.


(Volker Kröning [SPD]: Ganz wichtig!)


in Stabilitätspakt wurde eingerichtet, mit dem auch
ymbolisiert wird, wie wichtig die Stabilität der öffentli-
hen Haushalte in diesem Land ist.

Der dritte wichtige Komplex, den wir angegangen
ind, war die leichtere Zusammenarbeit von Bund und






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)

Ländern und der Länder untereinander in verschiedenen
Bereichen – auch in neuen Bereichen, die sich ergeben.
Vor 60 Jahren, als das Grundgesetz geschrieben wurde,
kannte man noch nicht die IT-Netze und die modernen
Kommunikationsmöglichkeiten. Deswegen war es not-
wendig, dass wir auch auf neue Entwicklungen mit
Kompetenzabgrenzungen in der Verfassung reagiert ha-
ben. Das war der dritte wichtige Bereich, der auch er-
folgreich gestaltet worden ist.

Kernstück ist die Schuldenregelung oder, wie sie
überall heißt, die Schuldenbremse. Vor 40 Jahren hat die
Große Koalition die Tür zu einem Schuldenstaat aufge-
stoßen. Eine Regierung nach der anderen ist durch diese
Tür gegangen. Karl Schiller war der Erste, der das Ver-
hängnisvolle an diesem Weg erkannt hat. Er ist damals
zurückgetreten, weil er gesagt hat: Verschuldung, Steuer-
erhöhungen und Ausgabenprogramme, das ist nicht der
richtige Weg. Die Große Koalition hat heute, 40 Jahre
später, die Chance, diese Tür, die damals zum Schulden-
staat geführt hat, wieder zuzumachen. Ich denke, dass
wir diese Chance auch genutzt haben.

Der Irrtum im Zusammenhang mit der Schuldenregel
war bisher, dass der Staat dann, wenn er Kredite in
schlechten Zeiten aufnimmt, sie in guten Zeiten auch
wieder zurückzahlen würde. Es gibt das berühmte Zitat
von Schumpeter, das Franz Josef Strauß in vielen Varia-
tionen immer wieder verwendet hat. Es lautet: Eher legt
sich der Mops einen Wurstvorrat an, als dass das Parla-
ment Geld nicht ausgibt, das da ist.


(Ute Kumpf [SPD]: Späth war das!)


– Auch Späth hat Schumpeter zitiert. Ich will das gar
nicht bestreiten.

Genau das ist das Problem. Das Verwerfliche ist
nicht, in Not- bzw. schwierigen Zeiten Schulden zu ma-
chen und Kredite aufzunehmen, verwerflich ist es, in gu-
ten Zeiten diese Schulden und Kredite nicht zurückzu-
zahlen, sie aufzuhäufen und künftige Generationen
damit zu belasten.

Es war genau die Aufgabe der Kommission, einen
Mechanismus zu finden, der die Schuldenaufnahme in
schwierigen Zeiten und schwierigen Situationen ermög-
licht, aber gleichzeitig sicherstellt, dass in besseren Zei-
ten die Tilgung dieser Schulden erfolgt. Das Prinzip
heißt „ausgeglichener Haushalt“. Wie für jeden Privat-
mann, jede Familie und jedes Unternehmen gilt: Man
muss sich nach der Decke strecken. Es kann nur das aus-
gegeben werden, was man eingenommen hat. Deswegen
gilt das Prinzip „Einnahmen gleich Ausgaben“.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dass wir eine kleine Toleranz von 0,35 Prozent des Brut-
toinlandsprodukts mit einbauen mussten,


(Volker Kröning [SPD]: Das werden wir noch brauchen!)


heißt nicht, dass man diesen Spielraum ausschöpfen
muss. Wir wollten nur sicherstellen, dass der Haushalts-
entwurf mit einem geringen Defizit nicht gleich verfas-

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(C (D ungswidrig ist. Wir gehen aber davon aus, dass es bei em Prinzip „Einnahmen gleich Ausgaben“ bleibt. Zweitens muss der Staat auch dann handlungsfähig leiben, wenn die Konjunktur einbricht, die volkswirtchaftlichen Kapazitäten nicht voll genutzt werden könen und eine Produktionslücke entsteht. Hier ist im uropäischen Stabilitätspakt eine Formel entwickelt orden, die funktioniert und nicht manipulationsanfällig st. Danach ist bei einem Konjunktureinbruch eine höere Kreditaufnahme möglich, wenn dies notwendig ist, m die staatlichen Aufgaben weiter wahrzunehmen. enn die Konjunktur wieder läuft, muss aber nach der elben mathematischen Formel und derselben Automatik ie Rückzahlung der Kredite erfolgen. Die Tilgung darf icht der politischen Entscheidung eines Parlamentes wie mit dem Mops und dem Wurstvorrat – beliebig an eim gegeben werden, sondern sie muss entsprechend athematischer Formeln tatsächlich erfolgen. Drittens sind entsprechende Regelungen für eine Notituation vorgesehen. Es ist zwar schwierig, die Notituation verfassungsgemäß und justiziabel abzugrenzen dabei werden sicherlich noch Probleme auftreten –, ber entscheidend ist nicht die Frage, ob die Notsituation undertprozentig definiert worden ist. Entscheidend ist ielmehr, dass in der Verfassung festgeschrieben wird, ass bei Verschuldung in einer Notsituation ein Tilungsplan erstellt werden muss, wie ihn auch jeder Unernehmer, der bei der Bank einen Kredit beantragt, ertellen muss. Das Wichtige und Neue an dieser Regelung esteht, glaube ich, darin, dass wir ein Parlament, das ine höhere Verschuldung beschließt – die im Einzelfall erechtfertigt ist –, zwingen, diese Schulden zu tilgen. Ich habe verstanden, dass die Sozialisten das nicht ollen. Kollege Wissing hat darauf hingewiesen, dass eitens der Linken für neue Schulden gekämpft wurde. enn Sozialismus heißt, dass man auf Kosten der Zu unft lebt, (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Sie haben nicht zugehört! Sie haben nichts verstanden!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ann ist das eine zusätzliche Begründung dafür, warum
er Sozialismus kläglich gescheitert ist. Das ist ein
rund mehr, warum ich kein Sozialist bin.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Es gibt vermutlich noch mehr Gründe!)


ch will nicht auf Kosten meiner Nachfolger, meiner
inder und Enkel leben. Mit Ihrer Schuldenphilosophie

ind Sie auf dem Holzweg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Die ganzen Schulden haben doch Sie gemacht, nicht wir!)


Entscheidend ist, dass wir mit der Schuldenbremse
erade in der Wirtschaftskrise ein wichtiges Signal an
ie Menschen in diesem Lande aussenden. Dieses Signal
eißt: Der Staat sorgt auch in einer schwierigen Situation
ür Stabilität. Das gilt auch für die Währung. Dieses






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)

Stabilitätssignal ist gerade jetzt in der Wirtschaftskrise
von ganz entscheidender Bedeutung. Deswegen ist die
Schuldenbremse gerade jetzt richtig und notwendig.

Ich sehe – wie einige andere Kollegen, wie ich heute
der Presse entnommen habe – durchaus die Notwendig-
keit, dass es auch in künftigen Legislaturperioden neue
Föderalismuskommissionen geben wird. Denn der Fö-
deralismus steht mit den Veränderungen in der Wirt-
schaft, der Gesellschaft und der Technik vor neuen He-
rausforderungen, denen er gerecht werden muss.

Es gibt bereits eine wichtige Aufgabe, die wir einer
neuen Föderalismuskommission übriggelassen haben,
nämlich die Frage, wie wir es schaffen, die Kompeten-
zen der Länder mit einer stärkeren finanziellen Eigen-
verantwortlichkeit zu unterlegen und sie von der Zustän-
digkeit des Bundes zu trennen. Ich darf daran erinnern,
dass wir vonseiten des Bundes in der Kommission mehr
Steuerautonomie der Länder vorgeschlagen haben. Das
ist von der Mehrheit der Länder mit der Begründung ab-
gelehnt worden, dass eine größere Flexibilität im Steuer-
bereich auch genutzt werden müsste, und das wollten sie
nicht. Ich sehe hier noch dringenden Handlungsbedarf in
der Zukunft. Hier sollen den Aufgaben und den Mög-
lichkeiten künftiger Föderalismuskommissionen keine
Grenzen gesetzt werden.

In der Föderalismuskommission und hier im Hause
herrscht Konsens darüber – so denke ich –, dass der Fö-
deralismus die richtige Staatsform für dieses Land ist.
Dass die Linken das nicht wollen, habe ich heute einmal
mehr verstanden. Bei den Grünen habe ich aufgrund der
heutigen Zwischenfrage des Kollegen Wieland Zweifel
bekommen. Föderalismus bedeutet, dass demokratisch
gewählte Parlamente in den Ländern – sie sind näher an
den Menschen – Aufgaben haben, die sie eigenverant-
wortlich erfüllen, und dass der Bund die Aufgaben wahr-
nimmt, die dort nicht wahrgenommen werden können.

Nun kann man darüber streiten, was in den einen und
in den anderen Bereich gehört; das war Gegenstand der
Föderalismuskommission I. Darüber kann man immer
wieder streiten. Aber es ist nicht richtig, die Kompe-
tenzzuweisungen durch Finanzprogramme zu verwi-
schen und zu verwässern. Wenn die Länder in einem Be-
reich die ausschließliche Zuständigkeit haben, dann
kann der Bund nicht riesige Ausgabenprogramme aufle-
gen, die Länder quasi am goldenen Zügel durch die Ma-
nege führen und sagen: Ihr bekommt nur dann Geld,
wenn ihr dieses oder jenes macht. – Dann ist die Kompe-
tenz der Länder vernichtet. Dann handelt es sich um eine
antiföderalistische Regelung. Deswegen haben wir uns
richtigerweise darauf verständigt, dass der Bund nur
dann in die Regelungskompetenzen der Länder finan-
ziell eingreifen darf, wenn Notsituationen bestehen. Das
ist auch gerechtfertigt. In Notsituationen muss man zu-
sammenstehen und handeln können. Aber das darf nicht
sozusagen ins Belieben des Bundes gestellt werden.

Wir haben insgesamt sehr gute Arbeit geleistet. Ich
bedanke mich bei den Kollegen der SPD für die gute Zu-
sammenarbeit und die vielen Einzelgespräche, Vier-
augengespräche, Sechsaugengespräche und Zehnaugen-
gespräche, ebenso bei den Kollegen der FDP für die

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(C (D ervorragende Zusammenarbeit. Ich glaube, die Politik at in einer schwierigen Phase bewiesen, dass sie handungsfähig ist. Das ist eine gute Nachricht. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621503200

Nächster Redner ist der Kollege Fritz Rudolf Körper

ür die SPD-Fraktion.


Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1621503300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

in gutes Geschäft besteht immer darin, dass beide Sei-
en zufrieden sind. Das ist die Voraussetzung dafür, dass

an weitere Geschäfte machen kann; denn ein Geschäft,
ei dem beide Seiten zufrieden sind, schafft Vertrauen.
ch glaube, das ist eine ganz wichtige Basis, um auch
chwierige Materien einer Entscheidung zuführen zu
önnen.

Wenn wir über das Thema Föderalismus und dessen
ortentwicklung reden, dann stellen wir fest, dass wir es
it deutlichen Interessengegensätzen zu tun haben, bei-

pielsweise bei den Fragen nach Zuständigkeit und Geld.
ir haben es mit dem nun vorliegenden Ergebnis ge-

chafft, die Interessengegensätze fair auszutarieren. Dass
ir diese Fähigkeit an den Tag gelegt haben, ist kein
eichen der Schwäche, sondern ein Zeichen der Stärke.
eswegen bin ich der Auffassung: Wir sollten versu-

hen, die getroffenen Entscheidungen mit Mehrheiten zu
ersehen.


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte es nicht unerwähnt lassen, dass die Väter
nd Mütter des Grundgesetzes vor 60 Jahren sehr gute
ntscheidungen getroffen haben, weil sie bestimmte his-

orische Erfahrungen berücksichtigt haben.


(Beifall des Abg. Ernst Burgbacher [FDP])


as Grundgesetz sieht in wesentlichen Teilen dezentrale
trukturen vor. Ich bin der Auffassung – das ist schon
ei den bisherigen Redebeiträgen angeklungen –, dass
ir trotz der Tatsache, dass die mit dem Grundgesetz ge-

chaffene Demokratie das beste gesellschaftspolitische
ystem ist, das es jemals auf deutschem Boden gab, die
ähigkeit behalten müssen, über bestimmte Entwicklun-
en nachzudenken und gegebenenfalls Entscheidungen
u treffen.


(Beifall bei der SPD)


Deswegen ist es wichtig, zu sehen: Wo haben wir
elche Herausforderungen? Diese Herausforderungen,
ie wir vor 60 Jahren in dieser Form nicht gekannt ha-
en, beispielsweise den Klimawandel, die demografi-
che Entwicklung oder die Finanzmarktkrise – da ließe
ich noch einiges hinzufügen –, sind zu beschreiben.

Unsere Verfassung sieht die Aufgabenteilung zwi-
chen Bund und Ländern vor. Die Debatte entzündet sich
n dem sogenannten Kooperationsverbot. Das hat
chon bei der letzten Föderalismuskommission eine






(A) )



(B) )


Fritz Rudolf Körper
Rolle gespielt. Ich habe noch einmal nachgelesen, was
dazu in der Begründung des Gesetzes zur Föderalismus-
reform 2006 stand. In der Begründung wird lang und
breit darauf hingewiesen, in welchen Fällen trotz der
Neuregelung Finanzierungshilfen des Bundes weiterhin
möglich sind. Hervorgehoben wurde auch, dass das 2003
verabredete Investitionsprogramm „Zukunft Bildung
und Betreuung“ dennoch weiter gilt. Eine weitere inhalt-
liche Begründung für das Kooperationsverbot sucht man
hier vergebens.

Es ist legitim, dass wir uns mit dieser Frage sehr
ernsthaft auseinandersetzen. Peter Struck und den Mit-
gliedern der SPD-Bundestagsfraktion war es sehr wich-
tig – das will ich nicht verhehlen –, dass wir das Thema
Lockerung des Kooperationsverbots auch in die jetzige
Kommissionsarbeit eingebracht haben. Die Bewältigung
der Wirtschaftskrise zeigt, wie wichtig es ist, ein Instru-
ment zu haben, das verfassungsrechtlich nicht infrage
gestellt wird. Deswegen bin ich für unseren Reforman-
satz und werbe dafür, diesen in das Grundgesetz aufzu-
nehmen.


(Beifall bei der SPD)


Ich habe gesagt: Wir müssen die Fähigkeit behalten,
auf Entwicklungen zu schauen. Die Väter und Mütter
des Grundgesetzes, lieber Herr Burgbacher, haben IT
nicht gekannt.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist richtig!)


Deswegen konnte darauf nicht reagiert werden. Die Fä-
higkeit, einen Kompromiss für die Bewältigung dieses
Themas gefunden zu haben, darf man nicht gering erach-
ten. Man muss wissen, dass Lösungen für den IT-Be-
reich nicht nur mit Kompetenz, sondern auch mit viel
Geld zusammenhängen.

Zukünftig wird es so sein, dass die Verantwortung für
die Sicherheit der länderübergreifenden Netzinfrastruk-
tur beim Bund liegt. Das war schwierig und hart er-
kämpft. Aber es war von der Sache her notwendig. Glei-
ches gilt für die Regelung, dass ein neues System der IT-
Steuerung von Bund und Ländern eingerichtet wird.
Wichtige Koordinierungsaufgaben erledigt dann ein Pla-
nungsstab. Weitere Einzelheiten sollen durch Staatsver-
trag und Verwaltungsabkommen verbindlich festgelegt
werden.

Lieber Herr Oettinger, ich sage Ihnen, dass wir über
die Regelung bei dem Thema Staatsvertrag nicht begeis-
tert waren; das ist bekannt. Aber das zeigt die Fähigkeit
zum Kompromiss. Unser Einwand zur Staatsvertrags-
regelung war, dass der Langsamste nicht das Tempo bei
notwendigen Entscheidungen bestimmen soll. Aber die
vorliegende Einigung ist ein Beweis für unsere Kompro-
missfähigkeit.

Wir haben ebenfalls Regelungen zu dem Thema
Benchmarking vorgeschlagen. Auch das darf man für
die zukünftige Entwicklung nicht gering erachten. Wir
haben übrigens einige sehr gute Regelungen für Effekti-
vitäts- und Effizienzverbesserungen im Bereich der
Steuerverwaltung gefunden. Ich nenne nun auch noch
das Stichwort „Krebsregister“, bei dem wir zu einer

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(C (D inigung gekommen sind. Neben der Frage der Schulenbremse sind wir bei vielen anderen Punkten zu einem eachtlichen Ergebnis gekommen, und zwar zum Wohle er Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621503400

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege

ochen-Konrad Fromme das Wort.


Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1621503500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

s gilt der Grundsatz: Niemand kann auf Dauer mehr
usgeben, als er einnimmt. Das gilt für den Staat, und
as gilt für den Privathaushalt. Wir wissen, dass nur vor
em Hintergrund geordneter Haushalte eine vernünftige
irtschaftliche Entwicklung stattfinden kann. Deswegen
üssen wir etwas ändern, und deswegen wollen wir et-
as ändern. Wenn wir diesen Grundsatz in der Vergan-
enheit eingehalten hätten, dann müssten wir nicht
3 Milliarden Euro für Zinszahlungen im Haushalt ver-
nschlagen, und wir könnten mit dem ersparten Geld
iel Gutes tun. Herr Kollege Gysi, Sie versuchen, den
indruck zu erwecken, wir würden Kindern Bil-
ungschancen nehmen. Sie und Ihre Vorgänger sind zu
0 Prozent an diesen Zinsen schuld, weil wir Schulden
ür den Wiederaufbau aufnehmen mussten. Sie sind da-
ür verantwortlich, nicht wir.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Kollegin Haßelmann meint, die Kommunen seien zu
enig berücksichtigt. Ich kann Ihnen sagen, dass sie in
er Diskussion eine sehr große Rolle gespielt haben.
eute aber reden wir über ein Bundesgesetz und über
as Grundgesetz. Die Kommunen sind Teile der Länder
nd kommen deshalb nicht vor. Deswegen werden sie in
er heutigen Debatte nicht so stark berücksichtigt. Aber
chauen Sie sich bitte einmal die Finanzlage der Kom-
unen, der Länder und des Bundes an. Dann werden Sie

ehen, dass die Kommunen – ich sage: noch – einen
ositiven Finanzierungssaldo haben, die Länder einen
usgeglichenen Saldo haben und der Bund das eigentli-
he Problem ist.


(Volker Kröning [SPD]: Sehr richtig!)


eswegen können die Kommunen in der Diskussion
eine größere Rolle spielen.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


Ich hätte mir an der einen oder anderen Stelle Verbes-
erungen vorstellen können, insbesondere was die Be-
chränkung der Kreditaufnahme zum Zwecke des Haus-
altsausgleichs betrifft. Aus meiner Sicht hätten die
änder, was die Einnahmeseite betrifft, eine größere Au-

onomie erhalten müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Jochen-Konrad Fromme
Das war nicht durchsetzbar, aber wir können möglicher-
weise in Zukunft noch etwas ändern.

Meine Damen und Herren, als die Kommission ihre
Arbeit begonnen hat, hatten wir völlig andere Zeiten.
Alle waren der Überzeugung, dass das Schulden-
machen ein Ende haben muss. Leider ist diese Überzeu-
gung in den letzten Monaten etwas abgebröckelt. Ich
kann nur sagen: Wer die Erfahrungen der vergangenen
Jahre auswerten und es in Zukunft besser machen will,
der muss diesem Gesetz am Ende zustimmen. Wir brau-
chen einen Wechsel in der Politik. Deswegen kann ich
denjenigen, die heute noch zögerlich sind, nur raten, sich
mit den Erfahrungen der Vergangenheit zu beschäftigen.
Dann werden sie am Ende zustimmen. Ich bin froh, dass
das Thema, das im letzten Herbst fast untergegangen
wäre, durch die Maßnahmenpakete wieder auf die Ta-
gesordnung gekommen ist. Ich glaube, es war klug und
richtig, mit den Maßnahmenpaketen schon jetzt das neue
Recht im Voraus anzuwenden; denn wir haben die Til-
gung gleich mit auf den Weg gebracht. Insofern haben
wir etwas geändert.

Ich glaube – das will ich deutlich machen –, dass es
einen vierfachen Paradigmenwechsel gibt.

Erstens. Alle Schulden, die in Zukunft aufgenommen
werden, werden wieder getilgt. Das ist etwas Neues. Das
wird verhindern, dass der Schuldenberg weiter wächst.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweitens. Diese Regeln gelten nicht wie bisher nur
für die Aufstellung des Haushalts, sondern sie gelten
auch für den Vollzug. Das ist insofern wichtig, als wir in
der Vergangenheit sehr große Abweichungen – ob ge-
plant oder ungeplant – hatten. Diese Fehlerquelle ist auf
jeden Fall ausgeschlossen.

Drittens. Wir werden in Zukunft Verkaufserlöse nicht
mehr zur Finanzierung struktureller Ausgaben verwen-
den können, weil diese abgezogen werden. Auch das ist
ein wichtiger Punkt; denn wir haben über Jahrzehnte von
der Substanz gelebt, was unsere Situation deutlich er-
schwert hat.

Viertens. Auch Sondervermögen werden in Zukunft
diesen Regeln unterworfen, sodass eine Umgehung der
Regeln ausgeschlossen ist.

Einer der wichtigsten Änderungspunkte, die aus der
Erfahrung von 1969 resultieren, ist, dass wir die Rück-
führung der Verschuldung nicht mehr von politischen
Entscheidungen abhängig machen, sondern den Mecha-
nismus eines Kontrollkontos einführen. Damit muss die
Diskussion, ob der Zeitpunkt gekommen ist, an dem wir
zurückzahlen müssen, nicht mehr geführt werden. Wir
haben die Diskussion in der Vergangenheit immer so
lange geführt, bis wir im nächsten Loch waren, und dann
haben wir die Rückzahlung wieder unterlassen. Das war
ein Punkt der Finanzreform von 1969, der falsch gere-
gelt worden ist. Ich hoffe, dass wir aus den Erfahrungen
gelernt haben und dass die Regelungen, die wir jetzt
schaffen, wesentlich dichter sind.

Wenn man sich mit der Reform des Jahres 1969 be-
schäftigt, dann stellt man fest, dass auch damals ein rela-

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(C (D iv strenges Schuldenregime im Konzept stand. Allerings konnte man es ohne Weiteres unterlaufen, sodass as Ganze aus dem Ruder gelaufen ist. Wir haben jetzt as Instrument des Stabilitätsrates eingeführt, damit die orgänge zumindest transparent sind. Außerdem wird uf diesem Wege politischer Druck erzeugt, sich wirkich an die Regelungen zu halten. Was das Kooperationsverbot betrifft, waren wir sehr nterschiedlicher Auffassung. Ich muss ganz deutlich saen: Wir haben damals die Trennung der Ebenen als eldentat gefeiert; schließlich wollten die Kommunen or Übergriffen des Bundes geschützt werden. Dass wir as gleich im ersten Sturm infrage stellen, hat mich – das uss ich wirklich sagen – sehr berührt. Das ist für mich ur deshalb akzeptabel, weil das Ganze ohne Komproiss in dieser Frage gescheitert wäre. Am Ende muss an abwägen, ob das, was wir machen, besser als das st, was wir hatten. Da das so ist, habe ich dem zugetimmt. Dennoch muss ich sagen: Ich finde das in der ache nicht richtig. Wenn es 1949 IT gegeben hätte, dann hätte der Bund afür genauso die Kompetenz bekommen, wie er sie für ie Währung und das Messwesen erhalten hat; das ist öllig klar. Die jetzt gefundene Lösung ist die zweiteste. Wichtig ist, dass wir in zentralen Fragen des ITereichs mit Mehrheit entscheiden. Es bedarf nicht mehr er Zustimmung aller 16 Länder und des Bundes. Dass as bisher so war, ist doch das, woran wir gescheitert ind, Stichwort „Fiskus“ und „Digitalfunk“. Auch hier ilt: Das Erreichte ist viel besser als das, was wir bisher atten. Ich höre, dass in manchen Fraktionen dieses Hauses auf manche brauchen wir keinen Wert zu legen, weil ie es sowieso nicht lernen werden – immer noch große edenken bestehen. Ich kann nur fragen: Wenn nicht etzt, wann dann? Alle sind aufgefordert und herzlich ingeladen, an diesem Wege mitzuwirken. Danke schön. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die Überweisung der Gesetzentürfe auf den Drucksachen 16/12410 und 16/12400 an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das st der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlosen. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 31 a und 31 b uf: a)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621503600
Jürgen Koppelin, Birgit Homburger, Rainer
Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Bürokratische Belastungen statistischer Erhe-
bungen für das Handwerk

– Drucksachen 16/7783, 16/10022 –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer
Brüderle, Paul K. Friedhoff, Jens Ackermann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Die Mitte stärken – Mittelstand ins Zentrum
der Wirtschaftspolitik rücken

– Drucksache 16/12326 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Kollegen Rainer Brüderle für die
FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1621503700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

Bundesregierung diskutiert über Opel, Schaeffler und
Conti. Die Regierung gibt Geld für Rettungsschirme und
Abwrackprämien aus. Um die großen Firmen kümmert
sich die Große Koalition. Hier wird in großem Stil In-
dustriepolitik für einzelne Unternehmen gemacht. Die
schwarz-rote Wirtschaftspolitik scheint sich nur noch für
Glamour und Großkonzerne zu interessieren. Der Mittel-
stand gerät bei Schwarz-Rot immer mehr aus dem Blick.


(Beifall bei der FDP)


Die 3,3 Millionen mittelständischen Betriebe in
Deutschland brauchen endlich einen Anwalt in der Re-
gierung. Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die weni-
ger auf Times Square und mehr auf Werkstatt, weniger
auf Show und mehr auf Substanz ausgerichtet ist. Der
Mittelstand braucht wieder eine Stimme in Deutschland.

Das Bundeswirtschaftsministerium sollte sich als
Mittelstandsministerium verstehen. Das sollte auch im
Namen des Ministeriums seinen Ausdruck finden. Dann
würde sich die Bundesregierung vielleicht öfter daran er-
innern, wer unseren Staat eigentlich trägt. Wer sich um
25 000 Opel-Mitarbeiter – zu Recht – sorgt, der sollte
sich ebenso um 30 Millionen Mitarbeiter der mittelstän-
dischen Betriebe in Deutschland sorgen.


(Beifall bei der FDP)


Die Bundesregierung vernachlässigt die breite Mitte
in Deutschland. Ich frage mich: Was hat die Mitte dieser
Bundesregierung eigentlich getan, dass sie so schlecht
behandelt wird? Die Regierung beruft sich in Sonntags-
reden gern auf Ludwig Erhard. Erhard stand aber für
Schumpeter’sche Pionierunternehmen; sie standen im
Mittelpunkt seiner Wirtschaftspolitik. Der mittelständi-
sche Unternehmer, der initiativ ist, der Verantwortung
für seine Mitarbeiter trägt, und zwar in jeder Hinsicht,
wird von dieser Bundesregierung seit Jahren ignoriert.
Auch da frage ich mich: Was haben die Mittelständler
dem Bundeswirtschaftsminister eigentlich getan?

Das Einzige, was Schwarz-Rot noch hinbekommt, ist
die Ausweitung der Abwrackprämie. Herr von und zu
Guttenberg hat noch im Januar im Zusammenhang mit
der Abwrackprämie behauptet – ich zitiere –:

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(C (D Unser Konjunkturpaket soll Arbeitsplätze in Deutschland sichern und nicht Arbeitsplätze in Fernost. m lautesten haben sich vorgestern die Fahrzeugimporeure gefreut. Die mittelständischen Gebrauchtwagenändler schauen in die Röhre. Wenige haben einen Voreil. Alle müssen dafür bezahlen. Selbstständige nternehmer, Handwerker, Kaufleute, Freiberufler, mit elständische Industriebetriebe – diese tragen die deutche Wirtschaft; sie sorgen für Wettbewerb in Bezug auf ualität und Preis. Nur über Wettbewerb entstehen neue deen, nur Wettbewerb führt zu Initiativen und neuen rodukten. Deshalb müssen diese in die Lage versetzt erden, ihre Rolle voll wahrzunehmen und auszuüben. Mittelständische Betriebe müssen zahllose Bauund icherheitsvorschriften beachten und versorgen die Reierung und die Statistikämter mit einem Meer von Daen, obwohl sie dafür eigentlich keine Personalkapazitäen und keine Zeit haben. Das stellt für viele kleine etriebe eine große Belastung dar. Doch statt Anerkenung ernten sie von dieser Bundesregierung noch mehr elastung, noch mehr Bürokratie, noch kompliziertere esetze: Das Antidiskriminierungsrecht und andere Bei piele könnte man erwähnen, aber allen voran die Unterehmensteuerreform. Der Bundesfinanzminister hat den nternehmen vorgegaukelt, dass sie alle entlastet weren. Was ist herausgekommen? Die Steuerreform stellt ich in der Krise für viele Unternehmen als existenzgeährdend heraus. Ich darf ankündigen: Die FDP hat einen eigenen Geetzentwurf unter der Federführung meines Freundes tto Solms erarbeitet. Wir geben Ihnen damit die hance, genau die Korrekturen an der Unternehmen teuerreform vorzunehmen, die zwingend notwendig ind. Was haben die Mittelständler dem Bundesfinanzmiister getan? Die Zinsschranke und die Zurechnung bei er Gewerbesteuer führen dazu, dass Steuern auf Kosten ezahlt werden müssen. Auf die Idee muss man erst einal kommen, auf Kosten Steuern zu erheben, quasi aus er Substanz der Betriebe heraus! Sie merken jetzt hofentlich, was für einen Unsinn Sie gemacht haben, beommen kalte Füße und sind bereit, dies zu korrigieren. Die Abschaffung der Möglichkeit zum Verlustrückrag bewirkt, dass die finanzielle Lage von Unternehmen n schlechten Zeiten noch klammer wird. Die Istbesteueung bei der Mehrwertsteuer nur für Unternehmen mit eniger als 250 000 Euro Umsatz bedeutet, dass viele ittelständler dem Staat einen dauerhaften zinslosen redit von oft mehreren 100 000 Euro einräumen. Das orziehen des Termins für die Abführung von Sozialvericherungsbeiträgen hat eine Belastung in Höhe von Milliarden Euro gerade für die mittelständischen Be riebe in Deutschland mit sich gebracht. Der Finanzmiister hat sich die Kassen vom deutschen Mittelstand räftig füllen lassen. Das ist die Realität. Rainer Brüderle Sie haben die Mitte so drangsaliert, dass man fürchten muss, dass viele Mittelständler die Konjunkturkrise nicht überstehen. Dadurch, dass Sie so viele mittelstandsfeindliche Gesetze erlassen haben, spielen Sie mit Millionen Arbeitsplätzen. Das Schlimmste daran ist: Die Bundesregierung hat die Bedingungen für den Mittelstand sehenden Auges verschlechtert. Es gab Warnungen genug, nicht nur von uns in diesem Hause, sondern auch aus der Wirtschaft und von anderen. Diese wurden ignoriert. Sie wussten, was Sie taten, meine Damen und Herren von der schwarz-roten Koalition. Ihnen war der Mittelstand gleichgültig. Er hatte für Sie keine Priorität. (Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


Ich bedaure sehr, dass mit dem Kollegen Wend heute
zum letzten Mal einer für die SPD spricht, der wenigs-
tens den Mittelstand bei seiner Politik noch im Auge
hatte. Auch der CDU gehen ja die Marktwirtschaftler
reihenweise von der Fahne: Friedrich Merz, Matthias
Wissmann, Michael Glos, Laurenz Meyer. Ihre Personal-
lage bei denjenigen, die sich in Wirtschafts- und Mittel-
standsbelangen auskennen, wird immer dünner.

Es gibt aber noch die FDP. Deshalb gibt es Hoffnung.
Man kann Freiheit wählen und damit für Veränderungen
sorgen.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb rufe ich den Menschen draußen zu: Durchhalten
bis September! Dann kann man Freiheit wählen und die,
die es schlecht gemacht haben, abwählen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621503800

Nächster Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der

Kollege Dr. Michael Fuchs.


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1621503900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber
Rainer Brüderle, Ihre Rede war wie immer Populismus
pur.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Etwas anderes kennen wir von Ihnen auch nicht. Was wir
von Ihnen hören mussten, hat nichts mit der Realität zu
tun.

Ich möchte einige Beispiele herausgreifen. An erster
Stelle möchte ich das Thema HRE – Hypo Real Estate –
erwähnen. Ihr Ehrenvorsitzender, den ich sehr schätze,
hat, ähnlich wie Sie heute, gesagt: Lasst das Ding doch
pleitegehen.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Das hat er nicht gesagt!)


Das ist in meinen Augen völlig unverantwortlich. Ich
halte es für brandgefährlich; denn durch die Insolvenz

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(C (D ieser Bank würde über Deutschland ein Sturm hereinrechen, gegen den Lehman ein kleines, laues Lüftchen ar. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


as nur ansatzweise in Betracht zu ziehen, halte ich für
efährlich, weil es dazu führen könnte, dass wir die Bür-
erinnen und Bürger so verunsichern, dass wir in
eutschland Northern Rock im Quadrat hätten. So etwas
arf nicht geschehen. Eine Bank wie die HRE ist sys-
emrelevant. Die systemischen Risiken bedrohen unser
esamtes Wirtschaftssystem. Deshalb halte ich es für
ehr gefährlich, wenn wir keine klaren Regeln finden.

Es ist notwendig, dass wir unter Umständen – wie der
undeswirtschaftsminister es bezeichnet hat: Ultissima
atio – ein solches Institut enteignen, falls die Aktionäre
icht mitspielen. Unter der Voraussetzung, dass es kei-
en anderen Weg gibt, muss das möglich sein. Gott sei
ank haben wir dieses Gesetz so angelegt, dass es fak-

isch nur drei Monate gilt. Am 30. Juni 2009 ist es be-
eits verfallen. Das halte ich für richtig und notwendig.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621504000

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Westerwelle?


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1621504100

Aber selbstverständlich.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621504200

Bitte sehr.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1621504300

Herr Kollege, Sie haben unseren Ehrenvorsitzenden

raf Lambsdorff angesprochen. Da er selbst nicht mehr
itglied dieses Hauses ist und daher auf das, was Sie

hm vorgehalten bzw. unterstellt haben, nicht antworten
ann, möchte ich Folgendes – in Frageform gekleidet –
larstellen: Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen,
ass Otto Graf Lambsdorff als Ehrenvorsitzender und
ewährter Mann nicht gesagt hat, man könne die HRE
leitegehen lassen und alle sollten sehen, wie sie mit den
nsprüchen zurechtkommen? So hat er das ausdrücklich
icht gesagt. Er hat etwas ganz anderes vorgeschlagen.
eder von uns kennt die Möglichkeiten der Fortführung
iner Firma, einer Bank, eines Unternehmens in einem
eordneten, geplanten, sogenannten vorgelagerten Insol-
enzverfahren. Darauf hat er sich bezogen.

Da er sich nicht wehren kann, erlaube ich mir als am-
ierender Vorsitzender, meinen Ehrenvorsitzenden gegen
iese Falschbehauptung in Schutz zu nehmen.


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1621504400

Verehrter Herr Kollege Westerwelle, ich nehme das,

as Sie gesagt haben, zur Kenntnis. Aber ich nehme
uch zur Kenntnis, was ich in den Zeitungen gelesen
abe, und dort stand es anders, als Sie es vorgetragen ha-
en. Ich habe ihn so verstanden, wie ich es dargestellt
abe. Seine Äußerungen haben mich sehr verwundert,






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs
weil ich Ihren Ehrenvorsitzenden persönlich sehr
schätze, wie Sie wissen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ich auch!)


Ich finde, er müsste sie in den Zeitungen richtigstellen.
Das ist durchaus möglich. Vielleicht hat die Aussage, die
Sie eben getroffen haben, geholfen, es richtigzustellen.
Ich hatte es so verstanden, dass man das Institut auch
pleitegehen lassen kann.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Nein, das wissen wir auch!)


Das können wir eben nicht. Ich möchte deutlich machen,
dass wir uns das nicht leisten können, weil es sehr ge-
fährlich ist.

Lieber Kollege Brüderle, ich halte es für notwendig
und richtig, über das Thema Steuersenkungen zu spre-
chen. Aber wir erleben eine Situation, wie wir sie noch
nie hatten. Wir werden in diesem Jahr eine Neuverschul-
dung erreichen, wie sie die Bundesrepublik Deutschland
noch nie erlebt hat. Sie ist zum großen Teil aber notwen-
dig, weil wir in einer Krisensituation angekommen sind,
die es in diesem Lande noch nie gegeben hat.


(Zuruf von der FDP: Das hat jede Regierung behauptet!)


Deswegen bin ich unbedingt dafür, dass derjenige, der
sich für Steuersenkungen ausspricht, gleichzeitig Gegen-
finanzierungsvorschläge macht. Die kommen von Ihnen
aber nicht, weil es zum Teil nicht zu Ihrer Klientelpolitik
passt. Ich sage dazu nur: HOAI.

Vor allen Dingen darf in der Politik nicht das Motto
gelten: Kinder haften für ihre Eltern. Uns interessiert es
nicht, wie die weitere Verschuldung läuft. – Das hat uns
die Debatte, die wir eben hier im Hohen Hause geführt
haben, sehr deutlich gezeigt.

Diese Regierung hat mit den Konjunkturpaketen mei-
ner Meinung nach richtig gelegen. Diverse Punkte kann
man im Einzelnen diskutieren, aber bestimmt nicht alles.
Wichtig ist, dass wir ein Kredit- und Bürgschaftspro-
gramm für den Mittelstand auf den Weg gebracht haben,
das 115 Milliarden Euro stark ist. Ich halte es für not-
wendig, da, wo Finanzierungslücken bestehen, zu helfen –
allerdings nur dann, wenn die Unternehmen fortgeführt
werden können, eine Langfristperspektive haben und un-
verschuldet, nur wegen der Krise, Kredite oder Bürg-
schaften benötigen. Das muss dezidiert betrachtet wer-
den. Der Bundeswirtschaftsminister hat zu diesem
Zweck einen Lenkungsausschuss mit erfahrenen Leuten
aus der Wirtschaft eingerichtet, die ihm Rat geben, wel-
che Unternehmen überhaupt in der Lage sind, fortge-
führt zu werden, sodass es sich lohnt, Kredite zu geben.

Eine Reihe von Programmen, Herr Kollege Brüderle,
haben wir gerade für die kleinen Mittelständler aufge-
legt. Nehmen Sie zum Beispiel das CO2-Gebäudesanie-
rungsprogramm. Mir haben die Handwerker gesagt, dass
sie sich über dieses Programm sehr freuen. Wir haben
eine Menge Programme aufgelegt, von denen ich noch
einige aufzählen möchte. Denn diese Programme sind
notwendig; der Mittelstand ist die tragende Säule der

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(C (D eutschen Wirtschaft. Vor allen Dingen hält der Mitteltand seine Mitarbeiter auch in einer solchen Phase, entässt sie eben nicht schnell, meldet häufig nicht einmal urzarbeit an, auch wenn er über seine Beiträge die urzarbeit mitfinanziert. Wobei ich ausdrücklich sagen öchte, dass es richtig war, den Zeitraum, für den Kurz rbeit angemeldet werden kann, auf 18 Monate zu verängern. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


s war sicherlich sinnvoll, dass wir in dieses Programm
ugleich Qualifizierungsmomente eingebaut haben. Das
ollten Sie anerkennen!

Mittelstandspolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Des-
egen brauchen wir kein Mittelstandsministerium,

ieber Kollege Brüderle. Wir haben ein Wirtschafts-
inisterium, das für alle Bereiche zuständig ist. Das
irtschaftsministerium hat mit der Mittelstandsinitia-

ive, die im Jahre 2006 gestartet wurde, eine Reihe von
rogrammen aufgelegt, die notwendig waren und die gut
aren. Der Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung
ird das sicherlich noch darstellen. Gerade für kleine
nd mittlere Unternehmen sind günstigere Rahmenbe-
ingungen geschaffen worden. Systematisch ist mit dem
bbau von bürokratischen Hemmnissen begonnen wor-
en.

Auch mir geht das nicht immer schnell genug. Aber
er eine oder andere hat zu sehr auf der Bremse gestan-
en. Ich werde den Kollegen Rainer Wend vermissen,
eil wir immer gut zusammengearbeitet haben. Ich be-
anke mich dafür, lieber Rainer.

Wir haben eine Existenzgründungsoffensive gestartet.
ir haben gezielt Maßnahmen zur Förderung der Inno-

ationsfähigkeit des Mittelstandes ergriffen. Dadurch
aben wir den Mittelstand gestärkt. Wir haben die Be-
eitstellung von Wagniskapital für Hightechgründer er-
öglicht. Wir haben mittelständischen Unternehmen bei

er Positionierung auf Auslandsmärkten geholfen.

Wo da nichts gemacht worden sein soll, Herr
rüderle, bleibt Ihr Geheimnis. Sie wollen unsere Bemü-
ungen einfach nicht zur Kenntnis nehmen; aber das
ennen wir ja.

Ich will auch ein paar konkrete Beispiele nennen. Wir
aben die degressive AfA für zwei Jahre wieder einge-
ührt. So kann der Mittelstand schneller abschreiben.
as stärkt ihn gerade in dieser Krisensituation.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Warum haben Sie sie denn abgeschafft?)


ir haben die Möglichkeiten, handwerkliche und haus-
altsnahe Dienstleistungen steuerlich abzusetzen, ver-
essert.


(Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Jawohl!)


uch das ist Mittelstandspolitik, und gerade dort ist es
otwendig. Wir haben das Fördervolumen für die ener-
etische Gebäudesanierung von 1,4 Milliarden Euro auf
,4 Milliarden Euro aufgestockt. Die Investitionszulage,






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs
die es in den neuen Ländern gibt, wird im Rahmen der
Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern bis 2013
weitergeführt. Auch das ist Mittelstandspolitik.

Wir haben die Lohnzusatzkosten stabil unter 40 Pro-
zent gebracht. Als diese Regierung angefangen hat, la-
gen sie bei 42 Prozent. Gerade für den Mittelstand ist
diese Senkung wichtig. Das müssen Sie doch zur Kennt-
nis nehmen.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Sie haben die Mehrwertsteuer erhöht!)


Auch beim Abbau der Bürokratie haben wir etliches
erreicht. Wir haben einen Normenkontrollrat eingesetzt,
der uns darauf hinweist, was wir falsch machen und wie
wir die Gesetze besser gestalten können. In vielen Berei-
chen ist das schon gelungen. Natürlich ist das alles noch
nicht das, was ich gerne hätte. Ich bin ziemlich ungedul-
dig und temperamentvoll; das ist ja bekannt. Natürlich
wäre es mir lieber, wir wären schon weiter. Aber am
Ende dieser Legislaturperiode wird festzustellen sein,
dass wir mehr als 200 bürokratiewirksame Gesetze ab-
geschafft haben. Wir haben – darüber habe ich letzte
Woche noch einmal mit dem Normenkontrollrat gespro-
chen – circa 7 Milliarden Euro eingespart. Das müssen
Sie zur Kenntnis nehmen, Sie können nicht einfach so
tun, als wäre all dies nicht getan worden.

Lassen Sie uns gemeinsam weiter nach Möglichkei-
ten suchen, den Mittelstand zu stärken! Mittelstandspoli-
tik ist nur dann gut, wenn alle etwas davon haben. Viele
der Maßnahmen, die wir ergriffen haben, mussten wir
auf einzelne Sektoren der Wirtschaft zuschneiden. Das
muss aber dann auch irgendwann vorbei sein. Ich meine
insbesondere die Abwrackprämie. Ich bin der Meinung,
es wäre besser, wir würden sie auslaufen lassen. Aber
natürlich profitiert die Automobilindustrie in allen Be-
reichen davon. In den Autofirmen tut sich etwas – Gott
sei Dank, denn in dieser Branche gehen die meisten Ar-
beitsplätze verloren, weil die Finanzkrise hier in jeder
Hinsicht gewirkt hat.

Mittelstandspolitik werden wir aber weiterhin ma-
chen. Das ist ein Markenzeichen dieser Regierung, und
da lassen wir uns von Ihnen auch nicht kritisieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist aber eine gewagte Aussage!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621504500

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Herbert Schui für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621504600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der

FDP-Antrag ist eine Art Wahlprogramm, um den Mittel-
stand – und die Freiberufler gleich mit – von der CDU/
CSU abzuwerben. Das ist so weit in Ordnung. Wenn
man das macht, darf man natürlich an Lob nicht sparen,
weswegen der Feststellungsteil des Antrages einige his-
torische Unwahrheiten enthält und ziemlich kräftig Lob

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(C (D usteilt, wo man eigentlich erst einmal gründlich nachragen müsste. Der Forderungsteil ist insofern interessant, als er eien Entwurf für den künftigen Koalitionsvertrag dartellt, den die FDP mit einer der hier anwesenden Frakionen wohl eingehen will. (Heinz-Peter Haustein [FDP]: Nicht mit irgendeiner! Mit der CDU/CSU!)


an sollte sich darüber im Klaren sein, dass dieser For-
erungsteil als Entwurf für einen künftigen Koalitions-
ertrag wirklich nicht von Pappe ist. Die Frage ist, ob
ine sogenannte Volkspartei den Forderungen der FDP
achkommen kann. Aber dazu später.

Zunächst einige Kostproben zum übermäßigen Lob
m Feststellungsteil. Da heißt es:

… hat der Mittelstand das deutsche Wirtschafts-
wunder möglich gemacht.

ann wird dem Mittelstand „Patriotismus“ unterstellt.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Ja, stimmt!)


nd schließlich heißt es:

Ohne Mittelstand gibt es keine Rentenversicherung.

un wissen wir es.

Ich würde ja gar nicht weiter darauf eingehen, wenn
er Mittelstand in dem Antrag und in den vorangegange-
en Anträgen nicht grundsätzlich wörtlich als „Geistes-
altung“ bezeichnet worden wäre.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Das ist es!)


enn es so ist, bleibt einem nichts anderes übrig, als die
ache ein bisschen klarer anzugehen. Mittelstand als
eisteshaltung, na ja. Wenn man den gewerblichen
ittelstand, bei dem Eigentum, Unternehmensleitung

nd unternehmerisches Risiko zusammenfallen, betrach-
et, kann man eine Art Nostalgie entwickeln. Früher
atte man noch den unternehmerischen Patriarchen, der
um Beispiel Krupp hieß. Er managte die Sache und be-
ahlte den Managern nur so viel, wie sie wert waren.
eute beschließen sie selber darüber, was sie wert sind.

ch kann mir vorstellen, dass man da nostalgische Ge-
ühle entwickelt. Da war die Zeit noch gut und alt und
chön. Mittlerweile trüben auf der einen Seite die Kapi-
algesellschaften das Bild, und auf der anderen Seite gibt
s die Gewerkschaften; es ist wirklich zum Verrücktwer-
en.


(Beifall bei der LINKEN)


Der FDP-Antrag ist teilweise eine Suggestion, die auf
en Ständestaat zurückführt, in dem es ständestaatstra-
ende Gruppen gibt, die verfassungsmäßig anerkannt
ind und bei der Gesetzgebung und Verwaltung mitwir-
en. Wenn Sie schon den Mittelstand als Geisteshaltung
orschlagen, sollten wir uns daran erinnern, wie in der
üngeren Geschichte versucht wurde, einen Ständestaat
inzurichten: in Italien in den 20er- und 30er-Jahren, in
panien ab 1939 und in Portugal zur Salazar-Zeit.






(A) )



(B) )


Dr. Herbert Schui

(Frank Schäffler [FDP]: Jetzt ist Geschichtsstunde, oder was?)


Die Deutschen waren in der betreffenden Zeit nicht mit
von der Partie; sie hatten andere Vorstellungen. Ich will
das nicht weiter ausführen.

Es zeigt jedenfalls, dass Ihre Mittelstandseuphorie ein
wenig, so schreiben Sie in Ihrem Antrag, rückwärtsge-
richtet ist. „Starker Mittelstand heißt starke Demokra-
tie“. Etwas assoziativ fällt mir, wenn ich Mittelstand
höre, immer Berlusconi ein, der es wirtschaftlich
geschafft hat und der nun seine Forza Italia mit der
Alleanza Nazionale zum Haus der Freiheit vereint. Lob
und Nostalgie sollte man etwas sparsamer verwenden.

In dem Antrag wird gesagt, der Mittelstand habe
„das deutsche Wirtschaftswunder möglich gemacht“.
Ich würde in meiner Rede diesen Teil gerne übergehen
und zwei Minuten Redezeit einsparen, aber ich muss
diesen Satz richtigstellen. Das Bruttoanlagevermögen in
der Industrie stieg von 1935 bis 1944 um knapp 39 Pro-
zent. Am Kriegsende, im Mai 1945, lag es noch um
27 Prozent höher als 1935. Nach den Reparationsleistun-
gen war es im Jahre 1948 immer noch um 14 Prozent hö-
her als 1935. Das Bruttoanlagevermögen war also nach
dem Krieg höher als 1935. Daraus ergibt sich: Diese
Produktionskapazitäten waren die Grundlage für den ra-
schen wirtschaftlichen Wiederaufstieg Deutschlands.
Das sollte man festhalten. Der Verweis auf den Mittel-
stand hat sich also erledigt.


(Frank Schäffler [FDP]: Was hat das mit dem Antrag zu tun? Können Sie das einmal erklären? – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie sollen über die jetzige Situation reden und nicht von 1935 bis 1945!)


– Wenn Sie in Ihrem Antrag nicht geschrieben hätten,
dass der Mittelstand das Wirtschaftswunder bewirkt
habe, würde ich mich mit diesen Zahlen nicht beschäfti-
gen. Aber da Sie sagen, dass der Mittelstand das Wirt-
schaftswunder möglich gemacht habe, muss ich Ihnen
vorhalten, wie es zu dem Wirtschaftswunder gekommen
ist.

Halten wir einmal fest: In dem Zeitraum, von dem ich
geredet habe, hat sich die Rüstungsproduktion verfünf-
facht. Ende des Krieges hatte die Wehrmacht 11 Millio-
nen Angehörige. Ich frage Sie daher: Wer hat denn das
Wachstum in den Jahren 1941 bis 1944 ermöglicht, als
es keine Arbeitskräfte in Deutschland gab? Das waren
doch Fremdarbeiter und Zwangsarbeiter. Wir sollten das
Wirtschaftswunder also nicht dem Mittelstand, sondern
anderen zusprechen. Etwas anderes haut einfach nicht
hin.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist doch total daneben, was Sie sagen! – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)


– Es ist klar, dass Sie das nicht hören wollen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621504700

Herr Kollege Schui, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Schauerte?

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(C (D Ja, gerne. Herr Kollege Professor Schui, glauben Sie, dass man n Zeiten der größten Weltwirtschaftskrise, in denen wir arüber diskutieren, wie die unterschiedlichen Aufgaben nnerhalb der Volkswirtschaft optimal erfüllt werden önnen und wie die Wirtschaft für diese Herausfordeung fit gemacht werden kann, irgendeinem Mittelständer, der zurzeit nicht weiß, wie er die Löhne seiner Mitrbeiter bezahlen soll und wie er seine Bilanz ausgleichen ann, dadurch hilft, dass man ihm eine Vorlesung über ie Verhältnisse zwischen 1930 und 1940 hält? Herr Schauerte, ich habe diesen Antrag nicht einge racht, und ich habe auch nicht behauptet, dass der Mitelstand das Wirtschaftswunder geschaffen hat. (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Sie reden aber dazu! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie sollen zum Antrag reden!)

Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621504800
Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1621504900
Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621505000

tellen Sie diese Frage Ihren Kollegen von der FDP! Ich
erde gerne nachher noch darauf eingehen, was wir von
er Mittelstandsförderung, die die FDP fordert, in der
egenwärtigen Weltwirtschaftskrise haben.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621505100

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Meyer?


Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621505200

Natürlich, mit dem größten Vergnügen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621505300

Bitte sehr.


Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1621505400

Herr Kollege Schui, halten Sie es der Würde des Ho-

en Hauses für angemessen, das Wirtschaftswunder in
ie Zeit von 1941 bis 1945 zu verlagern und alle Aussa-
en, die über das Wirtschaftswunder in diesem Parla-
ent getroffen worden sind, auf diese Zeit zu beziehen?
as kann doch nicht Ihr Ernst sein. Ich glaube, Sie soll-

en das Rednerpult verlassen.


Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621505500

Das werde ich nicht tun, auch wenn Sie das gerne hät-

en.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Krengel, der seinerzeit der Leiter des Deutschen
nstituts für Wirtschaftsforschung war, hat diese Zahlen
958 veröffentlicht, um darzulegen, warum es in
eutschland so schnell wirtschaftlich aufwärtsgegangen

st. Dies lag einfach daran, dass die Ziegeleien zu einem
roßen Teil noch intakt waren, die Häuser aber kaputt
aren. Das ist nun einmal so gewesen. Weil das so ge-
esen ist und weil im Antrag festgestellt wird, welche






(A) )



(B) )


Dr. Herbert Schui
vorzügliche Rolle der Mittelstand beim sogenannten
Wirtschaftswunder gespielt hat, ist es meine Aufgabe,
klarzustellen, wie wir zu diesem Wirtschaftswunder ge-
kommen sind. Das ist nicht nur meine persönliche Auf-
fassung. Das war vielmehr in den 50er-Jahren in der
Fachwelt klar.

Patriotismus ist eine weitere Eigenschaft des Mittel-
standes, so die FDP. Patriotismus bedeutet bekanntlich
Vaterlandsliebe. Es sind die Verehrung, die Hingabe und
die gefühlsmäßige Bindung an die Traditionen und die
Gemeinschaft des eigenen Volkes. Patriotismus ist mit
Dienst- und Opferbereitschaft verbunden.

Wenn das so ist, dann sollte der Mittelstand freudig
Steuern zahlen und etwas opfern, damit der Staat gedei-
hen kann. Dann sollte der Mittelstand nicht auf eine Kür-
zung der Beiträge zur Sozialversicherung hinarbeiten,
sondern im Gegenteil höhere Beiträge zur Sozialversi-
cherung zahlen, damit alle Teile des Volkes blühen und
gedeihen können. So könnte ich mir Patriotismus vor-
stellen. Aber das kollidiert ein wenig mit dem Forde-
rungsteil Ihres Antrages.

Schließlich schreiben Sie: Ohne Mittelstand gibt es
keine Rentenversicherung. Richtig, der größte Teil der
Lohnsumme wird bei den kleinen und mittleren Unter-
nehmen verdient. Wenn das der Fall ist, dann ist vom
Volumen her der größte Teil der Abgaben an die Sozial-
versicherung auf diese Unternehmen zurückzuführen.
Aber wenn das so ist, dann sollten Sie sich in Ihrem For-
derungsteil nicht dafür einsetzen, dass die Lohnzusatz-
kosten gesenkt werden. Dann würde ja auch der positive
Beitrag des Mittelstandes sinken.

Was Sie im Einzelnen fordern, ist nichts weiter, als
das Recht des Staates, von den Bürgern die Zahlung von
Steuern zu verlangen, zugunsten des Mittelstandes ein-
zuschränken. Sie fordern schwächere Gewerkschaften,
dass die Tarifautonomie hier und da ausgehöhlt wird und
der Sozialstaat möglichst noch weniger leistungsfähig
wird, als das gegenwärtig der Fall ist.

Darüber hinaus setzen Sie sich für eine weitere Priva-
tisierung der öffentlichen Aufgaben ein, wobei Sie eines
nicht bedenken: Wenn öffentliche Aufgaben privatisiert
sind, dann bedeutet das, dass eine Kapitalrendite erwirt-
schaftet werden muss. Es gibt dann keine politische
Kontrolle mehr über die Gehälter der Geschäftsführung.
Das bedeutet, dass die Leistungen entweder teurer oder
aber schlechter werden.

Wir fordern nicht weniger Mitbestimmung, sondern
mehr Mitbestimmung,


(Beifall bei der LINKEN)


auch dort, wo es weniger als 500 Beschäftigte gibt. Wir
fordern Mitbestimmung bei einer betrieblichen Verlage-
rung und bei Schließungen respektive beim Verkauf von
Betriebsteilen. Das ist der entscheidende Punkt. Beden-
ken Sie, dass laut einer Untersuchung des Böckler
Impuls in Unternehmen ohne Betriebsrat 41 Prozent der
Geschäftsführer den Betriebsrat eher negativ beurteilen
und in Unternehmen mit einem Betriebsrat nur
18 Prozent. Es scheint also im Allgemeinen so zu sein,

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(C (D ass die Geschäftsführungen, wenn es einen Betriebsrat ibt, günstige Erfahrungen mit dem Betriebsrat machen. Ein letzter Punkt. Für den Mittelstand, die gewerblihe mittelständische Wirtschaft wäre eine ganze Menge u tun. Das bedeutet vor allen Dingen, dass die Preiselationen stimmen. Im Großen und Ganzen zahlt der ittelstand zu hohe Einstandspreise und bekommt zu iedrige Abgabenpreise. Das heißt, die Marktmacht ist o asymmetrisch verteilt, dass die kleinen und mittleren nternehmen nicht auf ihre Kosten kommen. Das könen Sie sehr schön bei der Landwirtschaft beobachten, enn Sie die Dieselpreise und die Düngemittelpreise auf er einen und die Milchpreise auf der anderen Seite verolgen. Solche Märkte müssen geregelt werden, damit iese Produzenten ihre Kosten erwirtschaften können nd nicht von der Großwirtschaft aufgesogen werden. as ist ein entscheidender Punkt. Wenn Sie das ernsthaft verfolgen würden, dann müssen Sie zwingend für Gesetze sein, die sich gegen die roßen Unternehmungen richten, also deren Marktmacht ugunsten eines besseren Erlöses der kleinen und mittleen Unternehmen beschränken. Das wollen Sie aber icht. Weil Sie es nicht wollen, bleibt Ihnen nur eine öglichkeit: Lohnsenkungen und Senkungen der Bei räge zur Sozialversicherung zu fordern. Ich garantiere hnen eines: Wenn Sie das durchsetzen, die Macht auf em Markt aber so verteilt bleibt, wie sie derzeit verteilt st, dann würden die Vergünstigungen, die Sie für kurze eit gewähren, über den Umweg höherer Einstandsreise und niedrigerer Verkaufspreise zu Erlösen bei den roßen Kapitalgesellschaften führen. Das, was Sie im uge haben, ist keine Lösung des Problems, das Sie voreben, lösen zu wollen. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Rainer Wend für ie SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621505600


Dr. Rainer Wend (SPD):
Rede ID: ID1621505700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

atürlich ist der Mittelstand das Herz der deutschen
irtschaft. 70 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Ar-

eitnehmer sind dort beschäftigt. Sogar 80 Prozent der
uszubildenden werden in mittelständischen und nicht

n Großunternehmen ausgebildet. Jede Wirtschaftspoli-
ik, die nicht den Mittelstand im Auge hat, zielt in die
alsche Richtung.


(Beifall des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])


In diesem Zusammenhang möchte ich etwas anderes
agen: Was nicht hilft, sind Plattitüden. Rainer Brüderle,
o freundlich du zu mir gewesen bist, an dieser Stelle
uss ich noch einmal sagen, dass es eine Plattitüde ist,
enn die Behauptung aufgestellt wird, dass die Große






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Wend
Koalition nur den Großen hilft und nichts für den Mittel-
stand tut.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Michael Fuchs hat deutlich aufgezeigt, was wir mit
den Konjunkturprogrammen alles für den Mittelstand
getan haben: CO2-Gebäudesanierungsprogramm, Aus-
weitung der Darlehen, haushaltsnahe Dienstleistungen.
Allein deswegen ist diese Behauptung falsch. Noch fal-
scher ist sie aber – wenn der Komparativ hier erlaubt
ist –, weil die Große Koalition immer dann, wenn sie
den Großen hilft – das tut sie –, gleichzeitig dem Mittel-
stand und dem Handwerk hilft.

Nehmen wir zum Beispiel die Banken. Stellen wir
uns vor, wir hätten die Banken nicht mit einem riesigen
Milliardenkredit gestützt. Wer würde dem Handwerk
und dem Mittelstand dann die Kredite zur Verfügung
stellen, die sie brauchen, um zu investieren und ihren
Betrieb am Leben zu erhalten? Stellen wir uns vor, wir
würden bei Opel einfach die Hände in den Schoß legen.
Was würde dann mit den vielen Tausend kleinen Zulie-
ferbetrieben mit 300 bis 500 Beschäftigten passieren, die
an Opel dranhängen? Das zeigt: Es ist ein großer ge-
danklicher Fehler, wenn man glaubt, Großindustrie und
Mittelstand gegeneinander ausspielen zu können. Beiden
muss geholfen werden. Sie sind voneinander abhängig.
Das ist die Politik der Großen Koalition.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Vielleicht darf ich in diesem Zusammenhang heute
ein kleines Fazit ziehen: Was habe ich in elf Jahren Bun-
destag eigentlich gelernt? Einiges. Auf eines möchte ich
aber hinweisen: Anders als 1998, als ich gestartet bin,
glaube ich heute nicht mehr daran, dass es hundertpro-
zentig richtige und hundertprozentig falsche Lösungen
für Probleme gibt. Es gibt kein Schwarz oder Weiß. Jede
Lösung hat Zwischentöne, Grautöne und ist allenfalls
überwiegend richtig.

Lassen Sie mich das am Beispiel Opel illustrieren.
Natürlich kann man mit einem gewissen Recht argumen-
tieren, dass es ökonomisch falsch wäre, Opel mit Mil-
liardenbeträgen oder gar durch eine vorübergehende
Staatsbeteiligung zu retten; denn wenn Opel vom Markt
ginge, würden andere Automobilbauer, auch in Deutsch-
land, davon profitieren. Subventionen in Milliardenhöhe
für Opel verzerren natürlich den Wettbewerb zulasten
von Konkurrenten, die jetzt nicht diese Probleme haben,
weil sie in der Vergangenheit offenbar besser waren. Da-
für würden sie aber bestraft, wenn der andere staatliche
Subventionen bekäme. Hinzu kommt, dass wir im Auto-
mobilbau weltweit eine Überproduktion von etwa
15 Millionen Autos haben. Angesichts dessen scheint es
nicht übermäßig vernünftig zu sein, Opel zu unterstüt-
zen. Ich frage: Können wir nach dieser Analyse wirklich
eine schnelle und einfache Lösung finden? Können wir
sagen, wir tun nichts?

Ich fürchte, das können wir nicht, weil es im Zusam-
menhang mit Opel noch eine andere Wahrheit gibt. Wie
wollen wir denn den Familien in Rüsselsheim oder
Bochum gegenübertreten? Wollen wir denen sagen, das

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(C (D st nicht so schlimm, weil in Wolfsburg oder bei Ford in öln andere davon profitieren, wenn ihr in die Insolvenz eht, sucht euch da einen Arbeitsplatz? Wollen wir den ittelständlern, den Zulieferern von Opel, sagen, ihr abt vielleicht gerade euer privates Vermögen in eure irma gesteckt, um sie durch die Krise zu bringen, aber hr geht jetzt trotzdem in die Insolvenz, weil Opel pleiteeht? Macht euch keine Sorgen, andere Zulieferbetriebe n Deutschland könnten davon profitieren. Können wir den Menschen das wirklich sagen? Nach einem Dafürhalten können wir das nicht, weil folgende onsequenz auf der Hand liegt: Wenn wir den Men chen das Gefühl geben, dass uns ökonomische Lehrätze wichtiger als menschliche Schicksale sind, werden ir in unserem Land die Unterstützung der Menschen ür unsere Wirtschaftsordnung und unsere Demokratie erlieren. Dieses große Risiko möchte ich nicht eingeen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Im Übrigen glaube ich, dass alle Ismen in unserer esellschaft gescheitert sind. Der Kommunismus und ozialismus mit seiner Staatsdiktatur sind endgültig ökoomisch und moralisch gescheitert. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


er Neoliberalismus mit der Diktatur des Marktes ohne
ede soziale Verantwortung ist ebenfalls gescheitert.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ch sage den Bürgerinnen und Bürgern immer: Miss-
rauen Sie all den Politikern, die meinen, mit Heilslehren
nd ideologischen Gebäuden ein Volk oder ein Bundes-
and umgestalten zu können. Nein, diejenigen sind die
esten Politiker, die sich Tag für Tag bemühen – Frau
räsidentin, ich bin sofort fertig –, mit einzelnen Refor-
en in harter Arbeit das Schicksal der Menschen zu ver-

essern.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So, wie es die CDU/CSU macht!)


as sind die Politiker, die gute Leistungen erbringen und
enen man vertrauen sollte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Mir bleibt an dieser Stelle nur noch, mich bei Ihnen
ür die gute Zusammenarbeit in den letzten elf Jahren
ehr herzlich zu bedanken. Wir haben manchen Strauß
iteinander ausgefochten. In meiner Partei habe ich dies
anchmal genauso wie mit der politischen Konkurrenz

etan. Es war aber immer – fast immer jedenfalls –
enschlich anständig und fair. Auch dafür bedanke ich
ich.

Mein allerletzter Satz – er ist ausnahmsweise pathe-
isch; dies liegt mir sonst wirklich nicht –: Uns allen
ünsche ich, dass am Ende dieser Wirtschaftskrise die
erte von Freiheit und Solidarität heller erstrahlen mö-

en als zuvor.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall im ganzen Hause)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621505800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Thea Dückert

für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621505900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Lieber Rainer Wend, ich beginne mit dir: Wir
haben 1998 zusammen angefangen und verlassen in die-
sem Jahr zusammen den Bundestag. Du hast eben noch
einmal ein Beispiel für deinen doch eher erfrischenden
Eigensinn geliefert, den wir in vielen Debatten erlebt ha-
ben. Das hat viel Spaß gemacht. Dies wollte ich ein-
gangs festgestellt haben.

Ich muss dich aber auch zugleich kritisieren, weil du
meintest, alle Ismen hätten sich überholt oder seien
falsch gewesen. Es gibt einen Ismus, der nach wie vor
wirkt, der richtig ist und weiterhin vorangebracht wer-
den muss: der Feminismus.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Rainer Wend [SPD]: Bei drei Töchtern muss ich mir das gefallen lassen!)


Meine Damen und Herren, nun zum Thema dieser
Debatte. Herr Brüderle, Sie haben sehr engagiert gespro-
chen. Ehrlich gesagt würde ich Sie lieber bei einer Rede
zur Krönung der Weinkönigin als bei einer weiteren
Rede über den deutschen Mittelstand in Zeiten der Krise
erleben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will Ihnen auch sagen, warum: Sie haben dieses
Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Ausgangspunkt
war eine Große Anfrage. Sie haben wohl relativ schnell
gemerkt, dass diese Anfrage, die sich damit auseinander-
setzt, dass die Bürokratiekosten auch den Mittelstand
belasten, glatt am Thema vorbeigegangen ist; denn he-
raus kam, dass die Bürokratiebelastungen bei kleinen
und mittleren Betrieben gerade 1,2 Prozent ausmachen.
Sie haben offenbar bemerkt, dass Sie sich da auf einen
Nebenschauplatz begeben haben.

Also haben Sie jetzt noch einen Antrag eingereicht,
über den heute debattiert wird und der leider auch in die
Ausschüsse überwiesen werden wird. Ich sage deswegen
„leider“, weil dieses Thema in der Krise natürlich wich-
tig ist. Der Mittelstand beschäftigt 80 Prozent der
Arbeitnehmer und schafft in ungefähr gleicher Größen-
ordnung Ausbildungsplätze. Außerdem gibt es beim
Mittelstand unglaublich viele innovative Potenziale, die
für den Weg der Wirtschaft aus der Krise heraus von Be-
deutung sind. Es ist richtig, das aufzugreifen. Aber was
haben Sie uns geliefert? In Ihrem Antrag setzen Sie sich
an keiner Stelle mit den aktuellen und zukünftigen He-
rausforderungen auseinander,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


sondern liefern eine Sammlung alter Hüte. Ich möchte
das anhand einzelner Punkte Ihres Antrages zeigen.

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(C (D Sie schreiben richtigerweise: Deutschland braucht endlich ein mittelstandsfreundliches Klima. ann folgen Ihre Vorschläge. Unter dem ersten Punkt fordern Sie, der Deutsche undestag möge beschließen, Steuern und Abgaben zu enken. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Großartig!)


ch weiß nicht, ob Sie in den letzten Jahren und vor allen
ingen in den letzten Monaten hier nur gesessen und ge-

chlafen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ir sind aufgrund einer systemischen Finanzmarktkrise
n eine globale Wirtschaftskrise geraten, deren Ausmaße
ir gerade für den Mittelstand in diesem Jahr überhaupt
och nicht vollständig absehen können. Dann kommen
ie mit Ihrem Konzept – das kennen wir ja aus Ihrem
ahlprogramm –, durch das Steuern und Abgaben um

ngefähr 35 Milliarden Euro gesenkt werden sollen.

Ich weiß wirklich nicht, in welcher Welt Sie leben.
ch weiß nicht, warum Sie an dieser Stelle nicht das the-
atisieren, was es zu thematisieren gilt. Wir brauchen
ilfestellungen auch für den Mittelstand und für das
andwerk.


(Frank Schäffler [FDP]: Ja, Steuersenkungen!)


ir haben Konjunkturpakete aufgelegt, von denen wir
issen – das muss ich kritisch zu Herrn Wend sagen –,
ass sie nicht ordentlich wirken werden, solange die
inanzmarktkrise andauert, solange der löchrige Schirm
ür den Finanzmarkt sozusagen nicht repariert ist. Da-
über haben wir im Ausschuss diskutiert; das sagt Ihnen
eder, und das ist völlig klar. Gleichwohl brauchen wir
ie Konjunkturprogramme.

Was haben Sie in Ihrer großartigen Rede zum Mittel-
tand dazu gesagt? Nichts. Was sagen Sie dazu, dass es
war – das ist hier richtig bemerkt worden – etwa im Be-
eich der Gebäudesanierung positive Ansätze gibt, aber
ass es schon im Sommer zu Problemen kommen wird
ei der gesamten mittelständischen, handwerklich struk-
urierten Zulieferindustrie, zum Beispiel im großen Be-
eich der Automobilzulieferer? Wir haben am Mittwoch
m Ausschuss gehört und gemeinsam darüber diskutiert,
ass die kleinen und mittleren Betriebe in eine Finanz-
lemme kommen werden – das Konjunkturprogramm
üsste eben anders gestrickt sein –, weil sie Bonitäts-

robleme haben. Wenn Sie der Anwalt des Mittelstandes
ind, dann setzen Sie sich doch einmal mit solchen Fra-
en auseinander und nicht nur mit dem alten Hut Steuer-
enkungen! Das passt nicht zu dieser Krise; das alles
ind Konzepte von gestern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD])


Ich will einen weiteren Punkt aus Ihrem Antrag auf-
reifen. Sie schreiben, dass das Steuer- und Abgabensys-






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert
tem vereinfacht werden muss. Das finde ich richtig. Im
folgenden Punkt plädieren Sie aber dafür, die Erbschaft-
steuer in Länderkompetenz zu überführen, in jedem
Bundesland soll also eine andere Erbschaftsteuer gelten.
Entschuldigung, haben Sie zwischen dem zweiten und
dem dritten Punkt vergessen, was Sie unter dem zweiten
Punkt geschrieben haben? Wie um Gottes willen wollen
Sie Steuervereinfachung und -erleichterung in Deutsch-
land erreichen, wenn Sie statt einer Erbschaftsteuer
16 verschiedene einführen? Mir erschließt sich das nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme noch zu einem anderen Punkt bezüglich
Steuern und Abgaben. Dies steht zwar nicht im Antrag,
aber Sie haben es in Ihrer Rede erwähnt. Das ist meiner
Ansicht nach der einzige richtige Punkt, den Sie erwähnt
haben, und er ist auch aktuell. Es geht um die Frage, was
die Zinsschranke in der Krise für die mittleren und klei-
nen, aber auch für andere Betriebe bedeutet.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Man muss an einer Stelle recht haben!)


Ich denke, dass man sich damit auseinandersetzen muss.

Zur FDP sage ich: Eine Schwalbe macht noch keinen
Sommer. In Ihren weiteren Vorschlägen setzt sich das
Desaster fort. Da es meine Redezeit erlaubt, greife ich
noch eine Ihrer Forderungen auf; es ist fast beliebig,
welche man wählt.

Unter der Überschrift „Bürokratielasten senken“
schreiben Sie den wunderbaren Satz – ich muss ihn vor-
lesen –:

Der Staat muss sich aus der Wirtschaft zurückzie-
hen.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Tja! Hätten wir das bei den Landesbanken mal lieber so gemacht!)


Na, wunderbar! Dieses neoliberale Gerede, das wir mit
Blick auf die Banken schon vor der Finanzkrise immer
von Ihnen gehört haben, müsste aufgrund der Erfahrun-
gen mit der Krise, in der wir gerade stecken, die von den
Banken und vom Finanzmarkt insgesamt ausgelöst wor-
den ist, doch endlich auch von Ihnen relativiert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinz-Peter Haustein [FDP]: Wer hat denn die Hedgefonds damals eingeführt? Das wart doch ihr von Rot-Grün!)


Die Finanzmarktkrise ist durch den regellosen Neolibe-
ralismus, dem Sie hier das Wort reden, ausgelöst wor-
den.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Ach! Das ist doch etwas ganz anderes!)


Nun wollen Sie das wieder auf die Wirtschaft übertra-
gen. Meine Damen und Herren, ich finde das fahrlässig.

Wir stecken in einer ökonomischen Krise. Gleichzei-
tig stecken wir in einer Klimakrise, die sich, wenn nichts
passiert, zu einer systemischen Krise entwickeln wird.
Eine solche systemische Krise hätte zur Folge – das ha-

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(C (D en die Ergebnisse vieler Gutachten, beispielsweise auch es Stern-Berichts, gezeigt –, dass die wirtschaftliche asis für die Großindustrie, für die kleinen Unternehen, für den Mittelstand und für das Handwerk zerstört ürde, wenn nicht gegengesteuert wird. (Heinz-Peter Haustein [FDP]: Ihr seid Schwarzmaler!)


Herr Brüderle, auch Sie müssen sich einmal mit dem
rgument auseinandersetzen, dass sich der Staat nicht
eraushalten darf, sondern dass er durch die Aufstellung
on Regeln und die Schaffung von Rahmenbedingungen
en Mittelstand, die Wirtschaft insgesamt und die Indus-
rie in die Lage versetzen muss, zur notwendigen ökolo-
ischen Transformation des Wirtschaftens und des
roduzierens, auch des Produzierens von Energie, beizu-

ragen. Der Staat muss Hilfestellung geben, damit es
elingt, Wirtschaft und Industrie den Weg hin zu einer
roduktionsweise zu ebnen, die nicht auf Kosten zu-
ünftiger Generationen geht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das waren nur einige beliebig herausgegriffene Bei-
piele für die Forderungen, die die FDP in ihrem Antrag
ormuliert hat.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das Wort „beliebig“ trifft das, was Sie da machen, gut!)


Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur sagen:
in solcher Anwalt für den Mittelstand ist ein Anwalt,
er nicht aus der Krise herausführt, sondern in die
ächste Krise hineinführt. Ich hoffe, das hat jeder ge-
erkt. Herr Brüderle, ich glaube, über die aktuelle Pro-

lematik müssen Sie, um es freundlich auszudrücken,
och ein bisschen nachdenken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Rainer Brüderle [FDP]: Das müssen Sie gerade sagen!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621506000

Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Laurenz
eyer für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Heinz-Peter Haustein [FDP]: Das ist ein guter Mann!)



Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1621506100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Brüderle, zunächst einmal bewerte ich es positiv,
ass Sie einen Antrag zu diesem Thema eingebracht ha-
en.


(Rainer Brüderle [FDP]: Gut!)


Wenn wir heute, am Ende dieser Sitzungswoche und
urz vor der Osterpause, über den Mittelstand reden,
ollten wir uns alle vor Augen führen, dass in solchen
risensituationen, wie wir sie zurzeit erleben, die Gefahr
esteht, dass in der Medienberichterstattung fast aus-
chließlich von großen Unternehmen die Rede ist. Vor
iesem Hintergrund ist es gut, dass wir uns heute noch






(A) )



(B) )


Laurenz Meyer (Hamm)

einmal mit den Grundlagen unserer Wirtschaftspolitik
beschäftigen.

Zu den Grundlagen unserer Wirtschaftspolitik gehört,
zumindest aus Sicht meiner Fraktion, dass wir uns bei
jeder Entscheidung, die wir zu treffen haben, ob im Be-
reich der Steuerpolitik oder wo auch immer, fragen müs-
sen: Wie wirkt sich diese Entscheidung auf familien-
geführte Unternehmen aus? Das ist für mich das
wichtigste Kriterium. Denn die familiengeführten Unter-
nehmen und nicht etwa die großen Publikumsaktienge-
sellschaften sind der Schlüssel für eine erfolgreiche
Wirtschaftspolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ute Berg [SPD] – Heinz-Peter Haustein [FDP]: Sehr gut!)


Dieses Ziel haben wir verfolgt, und wir haben durch-
gehalten, wenn auch zum Teil mit großen Schmerzen;
ich erinnere nur an die Diskussionen über die Erbschaft-
steuer.


(Rainer Brüderle [FDP]: Oh ja! Was habt ihr da bloß angerichtet?)


Ich glaube aber, es wird sich herausstellen, dass wir
manches getan haben, was vernünftig war, wenn auch
mitunter erst auf großen Druck hin und unter starken
Krämpfen.

Herr Schui, ich greife eine Bemerkung von Ihnen zum
Patriotismus auf, weil sich daran ganz besonders gut dar-
stellen lässt, dass Sie wirklich – ich sage Ihnen das ganz
offen – überhaupt keine Ahnung haben. Genau darum
geht es: Die mittelständischen Familienunternehmen
sind mit ihrer Region und mit ihrer Heimat verbunden.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!)


Sie engagieren sich in den Vereinen und Verbänden, tun
etwas für ihre Städte. Sie sind deshalb so wichtig, weil
sie vor Ort an ihren Produktionsstandorten leben und die
Leute in ihren Betrieben kennen.

Ich sage Ihnen: Ich würde den schlimmsten Eindruck
von einem Unternehmer, der einen 20- oder 50-Mann-
Betrieb leitet, gewinnen, wenn die Leute in seinem Be-
trieb unbedingt, um jeden Preis einen Betriebsrat haben
wollten, weil es ihnen so schlecht geht. Wenn er nicht
mehr klarkommt oder die Leute nicht mehr mit ihm klar-
kommen, dann stimmt in solch einem Betrieb etwas
nicht. Das ist wirklich ein Qualitätsurteil.

In den Betrieben, in die ich gehe, kennen die Fami-
lienunternehmer alle Arbeitnehmer, die in den Produk-
tionsstätten arbeiten, noch mit Namen, und sie wissen
über die familiäre Situation Bescheid. Das ist eine posi-
tive Auszeichnung. Sie haben in dem Zusammenhang
gesagt, Patriotismus sei rückwärtsgewandt. Das Gegen-
teil ist der Fall.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir versuchen zurzeit übrigens gemeinsam – das gilt
zum Beispiel hinsichtlich der Managergehälter und der
entsprechenden Veränderungsvorschläge –, Dinge, die in
familiengeführten Unternehmen richtig, angebracht und

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(C (D n der Tagesordnung sind – man denkt über den Tag hiaus, nicht in Quartalsabschlüssen, sondern möglichereise sogar bis hin zur nächsten Generation –, mit esetzesbestimmungen auf die großen Kapitalgesell chaften, die Publikumsaktiengesellschaften, zu übertraen, was mühsam ist. Wir wollen, dass in den großen esellschaften so wie in den Familienunternehmen geacht wird. eswegen ist dieses Denken in den Kategorien des Mitelstandes nicht rückwärtsgewandt, sondern das ist die ukunft – übrigens auch international. Wir können bei der Ausbeutung von Rohstoffen in frika doch nicht mit den kapitalistischen Prinzipien des ommunistischen China wetteifern wollen, sondern wir önnen nur mit der Stärke der deutschen Unternehmensultur auftreten, wonach Nachhaltigkeit wichtig ist und in Wort noch etwas gilt, sodass solche Prinzipien vor rt mehr Bedeutung erhalten und Rechtsstaatlichkeit nd ähnliche Dinge gefördert werden. Nur dann und icht, wenn wir mit denen mithalten wollen, denen Sie ange Zeit nachgeeifert haben, werden wir eine Chance aben. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie heute och nicht begriffen haben, wie eine Wirtschaftsordnung unktioniert, in der auf die Menschen und nicht auf irendwelche ideologischen Vorstellungen gesetzt wird. Meine Damen und Herren, ich möchte mich bei dem ollegen Wend für die faire, konstruktive und manchmal uch kontroverse Zusammenarbeit bedanken. Es hat paß gemacht. Alles Gute für die Zukunft! Das war jetzt ehr, sehr positiv gemeint. Ich habe ihm das auch schon ersönlich gesagt. Gleichzeitig möchte ich ein Thema aufgreifen, das ie, lieber Herr Kollege Wend, schon angesprochen haen, nämlich Opel. Dabei möchte ich an das Stichwort Menschliche Schicksale“ anknüpfen. Jawohl, der entcheidende Schlüssel ist das Betrachten von Menschen nd nicht von irgendwelchen anonymen Unternehmen. Ich sage hier aber ganz klar: Wer den Menschen in eier solchen Situation vorgaukelt, dass mit politischer llmacht wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten außer Kraft esetzt werden könnten, der treibt ein böses Spiel mit en Menschen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie einmal mit Herrn Rüttgers besprechen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch sage das im Angesicht der Leute, die ich vor Augen
abe, die sich vor den Menschen, die Angst um ihre Ar-
eitsplätze haben, auf eine Tribüne stellen und ihnen das
laue vom Himmel versprechen. Holzmann ist ein war-
endes Beispiel. Wenn es keine langfristige Konzeption
ür die Menschen gibt, dann ist es unverantwortlich, so
it dem Schicksal von Menschen zu spielen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann würde Laurenz Meyer ich einmal mit Ihrem Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen ein Gespräch führen!)





(A) )


(B) )


Deshalb kümmert man sich als verantwortungsvoller
Politiker zunächst um die Entscheidungsgrundlagen, und
Ja oder Nein sagt man erst nach verantwortungsvoller
Prüfung, also dann, wenn man wirklich dafür geradeste-
hen kann. Dazu würde ich uns allen raten, sowohl denen,
die schon heute sagen, dass sie nicht helfen können, als
auch denen, die auf jeden Fall helfen wollen.

Kollege Brüderle, vieles von dem, was Ihr Antrag
enthält, ist leider Gottes nichts Neues.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gar nichts!)


– Ja. Er enthält gar nichts Neues. Wie ich schon früher
einmal geflachst habe, kommt es einem ein bisschen so
vor, als gäbe es im Computer eine Zufallsvariable, durch
die die altbekannten Punkte immer wieder neu gemischt
würden.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Modern wäre zum Beispiel, an etwas anzuknüpfen,
das die Große Koalition geschafft hat, indem man etwa
darauf hinweist, dass Handwerkerrechnungen und haus-
haltsnahe Dienstleistungen steuerlich absetzbar sind,
dass dies aber noch lange nicht genug ist. Der Weg muss
in die Richtung gehen, einen Privathaushalt in Zukunft
wie ein Unternehmen zu behandeln.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das wäre modern und würde zum Kampf gegen
Schwarzarbeit und zur Schaffung von mehr Arbeitsplät-
zen in Deutschland beitragen. Der Kündigungsschutz ist
kein geeigneter Ansatz. Betriebliche Bündnisse für Ar-
beit gibt es heute praktisch in jedem Tarifvertrag.


(Zuruf des Abg. Rainer Brüderle [FDP])


– Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen.

Wir sind gut beraten, wenn wir in dieser Zeit zu nach-
vollziehbaren Entscheidungen kommen. Sie sind daran
zu messen, wie sie sich auf die familiengeführten Unter-
nehmen auswirken.

Ich unterstelle Ihnen, dass Sie in der Regierungsver-
antwortung anders reden würden als jetzt in der Opposi-
tion.


(Frank Schäffler [FDP]: Das dauert nicht mehr lange!)


– Dann werden Sie anders reden. Denn die Situation ist
in dieser Zeit kompliziert. Sie kann keine einfachen Ant-
worten vertragen.


(Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/ CSU])


Die Antworten sind so kompliziert wie die derzeitige
Krise.


(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D In der Opposition läuft man Gefahr, zu einfachen ntworten zu neigen. Wir müssen aber alles tun, um den enschen klarzumachen, dass die Kompliziertheit und nübersichtlichkeit der Lage in dieser Zeit keine einfa hen Antworten zulassen. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621506200

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, hat

ie Kollegin Lötzsch das Wort zu einer Kurzinterven-
ion.


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621506300

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Meyer,

ie haben dem Redner meiner Fraktion vorgeworfen,
en Mittelstand als rückwärtsgewandt bezeichnet zu ha-
en. Ich weise darauf hin, dass sich der Kollege Schui
uf den Antrag der FDP bezogen hat, und stelle für un-
ere Fraktion und die mit uns verbundene Partei klar,
ass wir ein sehr gutes Verhältnis zum Mittelstand ha-
en.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Ach!)


In Ostdeutschland – ich habe meinen Wahlkreis in
erlin und habe von dort aus viele Betriebe in den neuen
undesländern kennen gelernt – gibt es fast nur mittel-

tändische Betriebe und leider viel zu wenig Großbe-
riebe. Für uns ist völlig klar, dass vor Ort eine große
achkenntnis vorhanden ist. Viele mittelständische Be-

riebe sind erst nach der Wende entstanden. Die Groß-
etriebe wurden aufgelöst. Die Leute haben sich ein
erz gefasst und kreativ Arbeitsplätze geschaffen.

Ich weise von mir, dass wir diese Menschen als rück-
ärtsgewandt bezeichnen. Im Gegenteil: Wir sind enge
erbündete von ihnen.

Ich lade Sie gerne ein, Herr Meyer – im Zusammen-
ang mit der Frage Ihrer Nominierung wurde festge-
tellt, dass Sie sich viel in Berlin aufhalten; das hat sich
ann auch ausgewirkt –, mit mir gemeinsam mittelstän-
ische Betriebe in meinem Berliner Wahlkreis zu besu-
hen. Ich kann Ihnen eine größere Auswahl anbieten. Ich
eiß nicht, was Ihren Interessen am meisten entspricht.
as ist vielleicht der Maschinenbau; in Betracht käme

uch ein Brauereibesuch. Ich glaube, das wäre für uns
eide interessant.


(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: 1973 haben Sie die letzten Privaten enteignet!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621506400

Herr Kollege Meyer, bitte.


Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1621506500

Liebe Frau Kollegin, ich nehme Ihre Ausführungen

erne zur Kenntnis und hoffe, dass Sie sich in Zukunft
anach richten. Ich kann das alles nur aufgrund der Be-






(A) )



(B) )


Laurenz Meyer (Hamm)

ratungen im Wirtschaftsausschuss und der heutigen Ein-
lassungen beurteilen. Bisher wurde immer in Kategorien
von Großbetrieben oder gewerkschaftlichen Organisa-
tionen argumentiert, aber nicht in der Kategorie der
Menschen.

In den mittelständischen Betrieben – deshalb bin ich
ihnen gegenüber sehr positiv eingestellt – argumentiert
man aber nicht in ideologischen Kategorien, sondern in
Kategorien des Sichkennens und der Konzentration da-
rauf, den eigenen Betrieb zu erhalten und langfristig
weiterzuführen.

Ich will Ihnen erklären, welches Idealbild für mich
dahintersteht. Dem Idealbild eines mittelständischen Un-
ternehmers entspricht für mich – Sie werden möglicher-
weise überrascht sein – der Waldbauer. Er pflanzt heute
Bäume an, deren Ertrag möglicherweise erst die nächste
oder die übernächste Generation ernten kann. Das hier
zum Ausdruck kommende Denken lässt sich in vielen
mittelständischen Betrieben finden. Ich glaube, davon
haben Sie nichts, aber auch gar nichts begriffen, obwohl
Sie eben etwas anderes vorgetragen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621506600

Nun hat das Wort der Kollege Paul Friedhoff für die

FDP-Fraktion.


Paul K. Friedhoff (FDP):
Rede ID: ID1621506700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in
unserem Antrag zur Stärkung des Mittelstandes dessen
Bedeutung umfassend beschrieben. Mein Kollege
Rainer Brüderle hat das noch einmal klargemacht. Herr
Fuchs, Sie haben von Populismus gesprochen. Nach
meiner Meinung hat er sich nur ziemlich klar ausge-
drückt, sodass es auch diejenigen verstehen können, die
keine Volkswirte sind. Die meisten Mittelständler kön-
nen mit vielen Begriffen, die hier verwendet werden, re-
lativ wenig anfangen, weil die Dinge zumindest für sie
nicht auf den Punkt gebracht werden. Man muss vieles
quasi übersetzen, wenn man vom Mittelstand verstanden
werden will. Dafür danke ich meinem Kollegen. Ich
finde das in Ordnung. Das ist kein Populismus, sondern
Klartext.


(Beifall bei der FDP – Dr. Michael Fuchs [CDU/ CSU]: Wo ist der Kollege denn?)


Bevor ich zu einigen anderen Punkten komme, lassen
Sie mich einen positiven Punkt ansprechen. Laut Mittel-
stands-Monitor der KfW fällt der Rückgang der Investi-
tionsbereitschaft im Mittelstand wesentlich geringer
aus als in der Großindustrie. Hieran können Sie sehen,
dass der Mittelstand sein Personal so weit wie möglich
hält, um für den Aufschwung nach der Krise gerüstet zu
sein. Daran zeigt sich, dass Mittelständler – das wurde
bereits gesagt – häufig sehr weit nach vorne sehen und
die aktuelle Krise nicht zum Anlass nehmen, sozusagen
destruktiv zu arbeiten.

Damit diese gelebte unternehmerische Verantwortung
weiterhin wahrgenommen werden kann – das hat über-

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(C (D aupt nichts mit dem zu tun, was hier oft gesagt wird –, üssen die Mittelständler ihre Betriebe steuern können. azu brauchen sie bestimmte Entscheidungsfreiheiten. ehr viele Mittelständler fühlen sich aber in ihrer Entcheidungsfreiheit – ich sage aus eigener Erfahrung: zu echt – durch Vorschriften und bürokratische Regelunen eingeschränkt. Diese Gängelung wirkt sich sehr häuig zulasten von Beschäftigung und Wachstum aus und immt den Unternehmen die dringend benötigten Mögichkeiten, sich zu bewegen. Wir sollten dagegen kämpen und immer daran denken, ob unsere Gesetze unter iesem Gesichtspunkt Sinn machen. Bei einer ganzen eihe von Gesetzen ist das nicht der Fall; dazu komme ch gleich noch. In der momentanen Situation fehlt den Unternehmen, enn die Aufträge wegbrechen, wenn es nicht mehr so und läuft wie zuvor und wenn sie kein großes Eigenapitalpolster haben – hier sieht es zwar etwas besser aus ls vor einigen Jahren, aber wir sind weit davon entfernt, ass wir damit zufrieden sein können –, häufig Liquidiät. Sehr viele Mittelständler beklagen, dass die Vorausahlungen für dieses Jahr auf der Basis der vergangenen uten Jahre ermittelt werden. Hier gibt es zwar einen ehr großen Handlungsspielraum. Wie ich höre, wird er ber nicht genutzt. Man kann vielleicht versuchen, den andlungsrahmen durch komplizierte Verfahren zu ereitern. Manchmal ist es aber so spät oder so aufwendig, ass die eigentliche Arbeit in den Unternehmen erhebich erschwert wird. Hier ist der Finanzminister gefragt, ich darüber intensiv zu informieren und gegebenenfalls urchzusetzen, dass der Handlungsspielraum genutzt ird, damit wir nicht mehr von solchen Fällen hören üssen. Wenn der Handlungsspielraum nicht ausge chöpft wird, wird den Unternehmen dringend benötigte iquidität – diese steht dem Staat nicht zu – entzogen nd die momentane Situation verschärft. Hier muss etas geschehen. Ich möchte Sie bitten, hieran zu arbei en. Zurzeit fallen der Großen Koalition viele ihrer Gesetesänderungen auf die Füße. Diese Änderungen hat sie orgenommen, weil sie in guten Zeiten gemeint hat, sich iese leisten zu können. Ein Beispiel ist das Vorziehen es Zahlungstermins der Sozialversicherungsabgaben. ie können nun sagen: Das ist schon hundertmal genannt orden. – Aber Sie haben diese Regelung noch nicht ge ndert. (Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist das Problem!)


ie kennen zwar das Problem, das wir aufzeigen, nur lö-
en Sie es nicht, obwohl auch Sie merken, dass wir recht
aben.

Um die Rentenversicherung und die Sozialversiche-
ungssysteme insgesamt zu retten, ist über das Vorziehen
er Zahlung bei den Sozialversicherungsabgaben der
eutschen Wirtschaft Liquidität in Höhe von 20 Mil-
iarden Euro entzogen worden. Warum ist das gemacht
orden? Es diente nicht dazu, den Mittelständlern zu
elfen. Sie sind besonders betroffen, weil sie sehr viele
enschen beschäftigen. Dieses Verhalten gegenüber der
irtschaft ist beispielhaft für eine Reihe von weiteren






(A) )



(B) )


Paul K. Friedhoff
Schritten, die in der Großen Koalition beschlossen wor-
den sind.

Ein zweiter Punkt – auch dieser ist oft angesprochen
worden, ich nenne ihn trotzdem – ist die Mittelstands-
feindlichkeit des Gesetzespaketes zur Unternehmen-
steuerreform. Ich beziehe mich auf die Regelungen zur
Hinzurechnung von gezahlten Zinsen und gezahlten
Mieten bei der Berechnungsgrundlage der Gewerbe-
steuer, obwohl gar keine Gewinne vorhanden sind.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU])


Ich habe es immer so verstanden, dass die Gewerbe-
steuer eine Ertragsteuer sein sollte. Aber jetzt ist sie zu-
mindest an dieser Stelle eine Substanzsteuer. Zurzeit
sind die Zinsen zur Kapitalbeschaffung höher, weil man
sich in einer schlechten Situation befindet. Dadurch wird
das Problem verschärft. Auch hier sollten Sie überlegen,
was Sie da beschlossen haben und ob man das nicht ein-
fach rückgängig machen sollte.


(Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Richtig!)


Solche Maßnahmen verschärfen die Lage der Unter-
nehmen. Es kann doch nicht wahr sein, dass man für
nicht gezahlte Gewinne eine Gewinnsteuer bzw. Ertrag-
steuer zahlt. Das muss so schnell wie möglich geändert
werden.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Das stimmt!)


Es handelt sich hier um faktische Steuererhöhungen, die
insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen
eine erhebliche Belastung darstellen.

Ich möchte noch einen Satz zu den betrieblichen
Bündnissen für Arbeit sagen. Ich weiß, dass diese
Bündnisse häufig eingegangen werden. Ich weiß aber
auch, dass sie in aller Regel auf sehr tönernen Füßen ste-
hen,


(Ute Kumpf [SPD]: Nein!)


denn sie sind nicht gesetzeskonform. Nur einer muss
klagen, und schon fällt das ganze Gebilde zusammen.
Viele aber klagen nicht, weil sie erkennen, dass diese
Bündnisse sehr viel Flexibilität bieten. Es kann aber
nicht sein, dass vor Ort eine Entscheidung gefällt wird,
die in Frankfurt, in Berlin oder wo auch immer von den
Verbänden erst noch bestätigt werden muss. Vielmehr
sollte man das den kleinen und mittleren Betrieben – sie
handeln ja gerade verantwortlich – überlassen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621506800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Edelgard Bulmahn

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten erren und Damen! Auch von meiner Seite zunächst eien ganz herzlichen Dank an Rainer Wend – Dank an ich, Rainer, nicht nur weil du wirklich auf eine ganz olle Art und Weise Eigensinn und Gemeinsinn, was für ozialdemokraten auf jeden Fall wichtig ist, kombiierst, sondern weil du auch die Fähigkeit besitzt, in sehr ritischer Reflexion zu Entwicklungen Stellung zu nehen. Daher werden wir dich vermissen. (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Aber nicht alle!)

Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1621506900

ber du bleibst ja in Berlin. Wir werden dich auch in Zu-
unft häufig treffen können. Viel Erfolg und alles Gute
ür deine neue Arbeit!


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU] – Dr. Rainer Wend [SPD]: Danke!)


Ich gestehe, am Anfang der Woche, Herr Friedhoff,
atte ich noch eine große Hoffnung. Ich hatte die große
offnung, dass die FDP aus der Krise, die wir erleben
nd die in ihrer Dramatik wirklich einmalig ist, Rück-
chlüsse zieht und neue Ideen entwickelt. Ich muss aber
agen: Meine Hoffnung wurde enttäuscht. Das Fazit der
nfrage und des Antrags ist, dass es von der FDP nichts
eues gibt:

Steuern runter, Abgaben runter, Löhne runter, Mitbe-
timmung abschaffen. Das ist die Quintessenz der An-
räge, die Sie vorgelegt haben. Kurz gesagt: Deregulie-
ung ohne Ende. Derlei Einfalt – lassen Sie mich das
ehr offen sagen – passt zwar auf einen Bierdeckel, aber
hre Forderungen sind weder von ökonomischem Sach-
erstand geprägt noch zeugen sie von Einsichtsfähigkeit.
ie, meine sehr geehrten Herren und Damen von der
DP, tun schlicht so, als habe die schlimmste Weltwirt-
chaftskrise seit 80 Jahren überhaupt nichts mit markt-
adikalen Ideologien zu tun. Oder wollen Sie wirklich al-
en Ernstes behaupten, dass diese Krise durch zu viele
taatliche Vorschriften oder durch die Überregulierung
er Finanzmärkte verursacht wurde? Das können Sie
icht ernsthaft behaupten.


(Beifall bei der SPD – Heinz-Peter Haustein [FDP]: Es geht um den Mittelstand!)


Jetzt kann man Ihnen zugutehalten, dass Irren
enschlich ist. Aber ich würde sagen: Einmal Irren ist
enschlich, aber zweimal dem gleichen Irrtum zu unter-

iegen – genau das tun Sie mit diesem Antrag –, ist
chlichtweg dumm.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Den Antrag haben Sie nicht richtig gelesen!)


enn ich den Antrag lese, dann habe ich gelegentlich
en Eindruck, dass man in der FDP glaubt, dass Ökono-
ie Theologie sei.


(Beifall des Abg. Dr. Herbert Schui [DIE LINKE])


konomie ist aber nicht Theologie. Ökonomische Theo-
ien müssen sich dem Wirklichkeitstest stellen, und sie






(A) )



(B) )


Edelgard Bulmahn
müssen diesen Test bestehen. Wenn sie das nicht tun,
dann müssen ökonomische Theorien verändert werden.
Genau das vermisse ich bei Ihnen.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621507000

Frau Kollegin, Herr Kollege Friedhoff würde gerne

eine Zwischenfrage stellen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1621507100

Ja.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621507200

Bitte sehr.


Paul K. Friedhoff (FDP):
Rede ID: ID1621507300

Frau Kollegin Bulmahn, Sie haben gerade wieder das

erzählt, was ich von Ihnen immer höre. Dabei habe ich
geglaubt, dass Sie einmal zu der Einsicht kämen, dass
zwischen „Deregulierung“ und „keine Regeln“ ein
kleiner Unterschied besteht.


(Zuruf von der SPD: Ganz kleiner Unterschied!)


Ich würde sogar sagen, dass das ein sehr großer Unter-
schied ist. Es ist unbestreitbar, dass wir in dieser Krise
erleben – ich hoffe, Sie sehen das genauso –, dass an
manchen Stellen fehlende Regeln das Problem waren,
während es an anderen Stellen, wo es nicht um so hohe
Milliardenbeträge geht, eine Überregulierung gibt, über
die viele Leute klagen. Sie vermitteln hier wieder den
Eindruck, dass Sie diese beiden Dinge vermischen.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1621507400

Herr Friedhoff, da widerspreche ich Ihnen. Wenn man

Ihren Antrag liest, dann stellt man fest, dass Sie die glei-
chen Instrumente vorschlagen, die Sie auch schon vor
10 oder 20 Jahren vorgeschlagen haben. Das tun Sie, ob-
wohl diese Wirtschaftskrise ein Ausmaß hat, das wir
noch nicht erlebt haben, und obwohl wir ganz schmerz-
haft erleben, dass die fehlende Regulierung der Finanz-
märkte diese Krise zu einem ganz erheblichen Teil ver-
ursacht hat. Wir benötigen dringend einen aktiv
handelnden Staat, der in der Lage ist, tatkräftig anzupa-
cken, Investitionen durchzuführen und Gegenstrategien
zu entwickeln. Wir müssen gegensteuern, damit der Bin-
nenmarkt nicht genauso zusammenbricht, wie der Ex-
portmarkt zusammengebrochen ist.

Diese Erkenntnis schlägt sich in Ihrem Antrag über-
haupt nicht nieder. Sie sind weiterhin dafür, die Steuern
zu senken, und Sie sind für den Abbau der Mitbestim-
mung. Sie verkennen, dass gerade die Mitbestimmung
in vielen Betrieben eines der wirksamsten Instrumente
dafür ist, Unternehmen am Leben zu erhalten und zu
vernünftigen Absprachen zwischen der Belegschaft und
der Unternehmensleitung zu kommen. Damit hat ein Un-
ternehmen die Chance, eine solche Wirtschaftskrise zu
überstehen, um anschließend wieder in eine Wachstums-
phase einzutreten. All das findet in Ihrem Antrag über-
haupt keinen Niederschlag. Deshalb sollte man von Ihrer

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(C (D eite stärker kritisch reflektieren, welche Konsequenzen nd welche Lehren aus dieser Krise gezogen werden önnen und gezogen werden müssen. Sie werden mir zweifellos alle zustimmen, wenn ich age, dass der Mittelstand in unserem Land der Motor ür Wachstum und Beschäftigung ist. Viele von Ihnen erden auch der Aussage zustimmen, dass der Mittel tand oft der Vorreiter bei der Umsetzung von Forchungsergebnissen in neue Produkte, in Verfahren und ienstleistungen ist. Genau darauf – auf Innovationsraft, aber auch auf Qualität und Zuverlässigkeit – grünet sich die Stärke der mittelständischen Unternehmen. hre Stärke gründet sich hingegen nicht auf niedrige öhne oder nicht vorhandene Mitbestimmung. Um den Mittelstand und das Unternehmertum in unerem Land zu stärken, braucht es einen handlungsfähien Staat, einen Staat, der verlässliche Rahmenbedinungen schafft – ich unterstreiche das Wort „verlässlich“ –, er für fairen Wettbewerb sorgt – der Markt funktioniert ämlich nur, wenn es Regeln für einen fairen Wettbeerb gibt und diese auch eingehalten werden –, der für ozialen Frieden sorgt und der die berechtigten Sorgen es Mittelstandes ernst nimmt. Was den Mittelstand heute allerdings umtreibt, ist icht die Sorge vor staatlicher Reglementierung oder vor u hohen Löhnen; die Hauptsorge der Mittelständler ist ielmehr, angesichts der wegbrechenden Aufträge deren Zahl liegt bei 30 Prozent, 40 Prozent oder sogar arüber – nicht überleben zu können. Der Kollege Wend at zu Recht einen Zusammenhang zwischen den Unterehmen und den mittelständischen Unternehmen hergetellt: Wenn Aufträge der großen Unternehmen wegbrehen, löst dies eine Kettenreaktion aus; denn dann rechen auch die Aufträge der kleinen Unternehmen eg. Deshalb müssen wir dafür Sorge tragen, dass die roßen Unternehmen überleben und so die kleinen Unernehmen mitziehen können. Opel hat allein in eutschland 700 Zulieferfirmen. Bedroht ist somit nicht ur das Unternehmen Opel, sondern bedroht sind auch iese 700 Zulieferfirmen. Ich könnte andere große Unernehmen nennen, die viel mehr von ihnen abhängige ulieferfirmen haben. Der Mittelstand hat die Sorge, das für seine Unterehmungen nötige Geld nicht zusammenzubekomen. Außerdem hat er die Sorge, seine Belegschaft icht halten zu können; schließlich will er mit einer erahrenen Mannschaft wieder in den Aufschwung starten önnen. Die Koalition hat mit ihren Initiativen, dem Einsatz ezielter Instrumente und mit den beschlossenen und ittlerweile angelaufenen Programmen genau diesen orgen Rechnung getragen. Wir stabilisieren den Banensektor, damit er seine Hauptaufgabe, das Funktioieren des Geldkreislaufes in der Volkswirtschaft zu gaantieren, wieder erfüllen kann. Das Funktionieren des eldkreislaufes ist für den Mittelstand lebensnotwendig. enau darüber haben wir am Mittwoch in der Aus chusssitzung diskutiert. Wir haben mit dem Konjunkurpaket – „Wir bauen Zukunft“ – die Binnennachfrage estärkt, damit die mittelständischen Unternehmen mehr Edelgard Bulmahn Aufträge bekommen. Damit bringen wir gleichzeitig die Modernisierung unseres Landes voran. Auch das ist richtig. Das milliardenschwere Investitionsprogramm, mit dem wir zum Beispiel Schulen und Bildungseinrichtungen modernisieren wollen, hilft den jungen Menschen, den Kindern – das finde ich richtig – und insbesondere auch den mittelständischen Unternehmen. Die gegenwärtige Finanzkrise trifft den Mittelstand in einer ganz besonderen Art und Weise. Das zeigt sich an dem Mittelstandsmonitor der KfW und der Forschungsinstitute. Das Geschäftsklima der kleinen und mittleren Unternehmen hat sich massiv verschlechtert. Daran gemessen waren der Rückgang bei der Investitionsbereitschaft und der Stabilität der Beschäftigungspläne der kleinen und mittleren Firmen relativ moderat; da stimme ich Ihnen zu, Herr Friedhoff. Diese Firmen brauchen unsere Unterstützung, damit sie den eingeschlagenen Weg fortsetzen können. Viele kleine und mittelständische Unternehmen denken nicht nur an heute, sondern auch an morgen und versuchen, diese Krise zu überstehen und ihr knappes Fachpersonal zu halten, um für den nächsten Aufschwung gerüstet zu sein. Die kleinen und mittleren Unternehmen haben das besondere Problem, dass sie in der Regel nicht über hohe Rücklagen verfügen. Deshalb haben wir mit dem Sonderprogramm, das wir schon im letzten Jahr beschlossen haben – es hatte ein Volumen von 15 Milliarden Euro; ich verweise auf die zweite Tranche in diesem Jahr –, die Möglichkeit deutlich verbessert, dass gerade diese Unternehmen Kredite und Zuschüsse erhalten. Welche Wirkung das hatte, zeigt die Tatsache, dass schon Anfang März, also kurze Zeit nachdem dieses Programm angelaufen war, Anfragen nach Krediten mit einem Volumen von rund 1,2 Milliarden Euro vorlagen. In den letzten Wochen hat sich der Umfang dieser Anfragen ganz dramatisch erhöht. Das ist aber gut und richtig; schließlich sollen diese Programme in Anspruch genommen werden. Ich will diese Bühne nutzen, um die Banken und die Sparkassen zu ermutigen, diese Programme ihren mittelständischen Kunden anzubieten. Ich hoffe, dass das Bundeswirtschaftsministerium seine Informationsoffensive über das Programm wirklich zügig über die Rampe bekommt. Die Programme müssen bekannt sein bzw. bekannter gemacht werden und dann auch genutzt werden. Da kommt den Banken und Sparkassen sozusagen eine Schlüsselrolle zu. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Das Besondere an diesem Programm ist im Übrigen,
dass es mit den optionalen Haftungsfreistellungen ei-
gentlich optimale Bedingungen bietet. Wir garantieren
nämlich vonseiten des Bundes Haftungsfreistellungen
zwischen 50 und 90 Prozent. Das heißt, das Risiko für
die Banken und Sparkassen ist extrem gering.

Jetzt ist es ganz wichtig und von entscheidender Be-
deutung, dass die gesamtwirtschaftliche Investitions-
nachfrage nicht zusätzlich durch Probleme beim Kredit-
zugang für Unternehmen geschwächt wird. Das ist
wirklich das A und O.

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(C (D Meine sehr geehrten Herren und Damen, kurzfristig üssen wir alle Kraft darauf konzentrieren, Arbeits lätze zu sichern und Unternehmen, ob groß oder klein, or der Insolvenz zu bewahren. Ihnen, Herr Meyer, age ich dabei ganz klar: Natürlich muss man kritisch rüfen, ob ein Unternehmen ein überzeugendes Konzept at, um in der Zukunft bestehen zu können. Ich sage aber enauso: Wer überhaupt nicht kämpft – das weiß ich aus einer langen politischen Erfahrung –, der hat schon erloren. Uns geht es darum, nicht zu verlieren. Kurzfristig müssen wir, wie gesagt, alle Kraft darauf onzentrieren, Arbeitsplätze zu sichern, Unternehmen or der Insolvenz zu bewahren und Kaufkraft zu stabiliieren. Deshalb hat unser Arbeitsminister Scholz schon m letzten Jahr die Bezugsdauer für das Kurzarbeitereld von 12 auf 18 Monate erhöht. Damit können die etriebe ihre Belegschaften halten und müssen sie nicht n die Arbeitslosigkeit entlassen. Zugleich erstatten wir en Arbeitgebern über die BA die Sozialversicherungseiträge bei Kurzarbeit zur Hälfte und bei Fortbildungsaßnahmen während der Kurzarbeit sogar zur Gänze. as alles hilft den Unternehmen wirklich. Nun kommt die FDP daher und glaubt allen Ernstes, ie Forderung, Steuern und Abgaben noch weiter zu enken, stellen zu müssen. ch sage es noch einmal ausdrücklich: Das hilft dem Mitelstand wirklich nicht. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Da hat die FDP schon recht!)


(Beifall bei der SPD)


(Zuruf von der FDP: Richtig!)


agegen helfen die Programme und Maßnahmen, die
ir gemacht haben, tatsächlich den Menschen und den
nternehmen. Meine Vorredner haben ja schon eine
anze Reihe von Programmen und Maßnahmen genannt:
O2-Gebäudesanierungsprogramm, erweiterte Abschrei-
ungsmöglichkeiten – hier haben wir ja Regelungen zum
eil vorgezogen –, die Möglichkeit zur steuerlichen Ab-
etzbarkeit von Handwerkerdienstleistungen. Auch die
erschrottungs- bzw. Umweltprämie möchte ich nennen.
ie hilft ja nicht nur den Großunternehmen, sondern
uch den Verschrottungs- und Zulieferbetrieben. All das
ilft tatsächlich und zeigt, dass wir einen aktiv handeln-
en Staat brauchen und nicht einen Staat, der sich auf die
olle des Nachtwächters beschränkt.


(Beifall bei der SPD)


Die Koalition hat gehandelt. Das gilt im Übrigen auch
ür den Bürokratieabbau. Darüber haben wir heute
och nicht so viel geredet. Aber indem wir Gesetzge-
ungsverfahren, Verordnungen und Richtlinien durch
en Normenkontrollrat überprüfen ließen, hat die Koali-
ion es geschafft, spürbar Bürokratie abzubauen. Nach-
em wir es auf Bundesebene geschafft haben, wirklich
pürbar Bürokratie abzubauen,


(Lachen von der FDP)


rage ich mich nun schon, wo denn konkrete Vorschläge
er FDP bleiben und welche wegweisenden Maßnahmen






(A) )



(B) )


Edelgard Bulmahn
zum Bürokratieabbau sie in den Ländern ergriffen hat, in
denen sie mitregiert und auch ganz konkret mitentschei-
den kann. All dies vermisse ich.


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte noch kurz auf einen letzten Aspekt einge-
hen. Ich glaube nämlich, dass es wichtig ist, dass wir in
der gegenwärtigen Krise nicht nur darauf schauen, was
wir jetzt tun müssen. Das steht zwar im Vordergrund und
ist wichtig, aber wir müssen auch darauf achten, dass wir
die Weichen für die langfristige Entwicklung richtig stel-
len. Uns ist es deshalb wichtig, dass wir die mittelständi-
schen Unternehmen in die Lage versetzen, langfristig
erfolgreich zu sein. Das heißt, es müssen wirklich Inves-
titionen in die Weiterbildung der Beschäftigten und in
Innovationen stattfinden. Nur so können nämlich Zu-
kunftsmärkte erschlossen werden. Dabei spielt das For-
schungs- und Entwicklungsprogramm für die mittel-
ständischen Unternehmen eine ganz wichtige Rolle.
Die Mittel hierfür haben wir noch einmal um 900 Millio-
nen Euro erhöht. Damit wollen wir den mittelständi-
schen Unternehmen die Unterstützung geben, die sie nö-
tig haben, damit sie all das erreichen können. Wir wissen
nämlich, dass wir in einem bloßen Kostenwettbewerb in-
ternational nicht bestehen können. Wir können nur dann
Zukunftsmärkte erschließen und Arbeitsplätze erhalten,
wenn wir gute Qualität produzieren, wenn wir die Ge-
winner im Innovationswettlauf sind und wenn wir die
Zukunftsmärkte als einer der ersten erschließen. Das ist
langfristig die notwendige Aufgabe. Ich finde, das hat
viel mehr mit Liberalität zu tun, als das Fordern von
Steuersenkungen für Milliardäre oder Bonizahlungen für
gescheiterte Manager.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Blödsinn!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621507500

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1621507600

Kurzum: Die Koalition trägt dem Rechnung. Wir han-

deln entschlossen, weil wir wissen, dass uns ideologi-
sche Seifenblasen nicht helfen.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Das ist uns neu!)


Es kommt darauf an, dass man Verantwortung über-
nimmt. Das hat die Koalition getan und das tut sie. Ich
bin davon überzeugt, dass das die Menschen anerkennen
und unterstützen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621507700

Für die Bundesregierung hat nun das Wort der Kol-

lege Staatssekretär Hartmut Schauerte.

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(C (D H Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kolegen! Lieber Herr Wend, Sie wechseln in eine andere erufliche Aufgabenstellung. Ich danke Ihnen für die usammenarbeit und wünsche Ihnen Glück, auch desegen, weil wir uns im Parlament immer wieder einmal ergewissern sollten, dass man nicht nur im Parlament nd in der Politik für das Gemeinleben nützlich sein ann. Man kann das auch in jeder anderen Position. (Ute Kumpf [SPD]: Wir Frauen wissen besonders viel darüber!)

Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1621507800

eswegen wünsche ich Ihnen viel Glück dabei.

Unter den Vernünftigen ist völlig unstreitig, dass der
ittelstand hochwichtig und von zentraler Bedeutung

ür uns und unsere Wohlstandsmehrung ist. Bei Unver-
ünftigen ist das anders. Die Frage ist also nicht, ob wir
hn ernst nehmen, sondern ob wir ihn ernst genug neh-
en.

Als Beauftragter der Bundesregierung für den Mittel-
tand möchte ich ein paar Bemerkungen zur Vergangen-
eit machen. Zu Ihrem Antrag, Herr Kollege Friedhoff:
er Antrag ist älter, also nicht ganz aktuell.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sehr freundlich ausgedrückt!)


m Prinzip wurde er vor der Krise, über die wir reden,
eboren. Er hätte eine Anpassung benötigt, das wissen
ir. Ich möchte mich damit aber nicht so sehr beschäfti-
en.


(Paul K. Friedhoff [FDP]: Er ist trotzdem richtig!)


Ich möchte einige Bemerkungen zum Mittelstand ma-
hen. Tun wir etwas? Wird er ernst genommen? Ja, er
ird ernst genommen. Ich behaupte, er ist unter dieser
egierung in den letzten drei Jahren ernster genommen
orden als in vielen Regierungsjahren davor.

Für den Kapital- und Kreditmarkt haben wir
norme Programme aufgelegt. Ich will eine Zahl nen-
en: Wir haben im letzten Jahr rund 67 000 Kredit-
nträge des Mittelstandes aus KfW- und ERP-Program-
en bewilligt. Eine solche Zahl hat es noch nie gegeben.
onst hat es sich um 15 000, 20 000 oder 30 000 An-

räge gehandelt.

Die Forschungsausgaben sind enorm gestiegen. Die
ehrheit der Forschungsausgaben in Deutschland landet

eute unstreitig beim Mittelstand und nicht mehr bei den
roßen Einrichtungen. Dieses Switchen ist ein wichtiger
ortschritt.

Wir haben die Beiträge für die Lohnzusatzkosten um
,75 Prozentpunkte und damit die Lohnzusatzkosten
nsgesamt um mehr als 6 Prozent gesenkt. Eine Senkung
nnerhalb von drei Jahren in solch großem Umfang hat
s in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gege-
en; auch nicht zu Zeiten, als wir zusammen an der Re-
ierung waren, Herr Friedhoff. Das gehört zur Wahrheit
azu.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Hartmut Schauerte
Das Thema Bürokratieabbau möchte ich nicht ver-
tiefen. Wir haben es so gründlich und systematisch ange-
packt wie noch nie jemand zuvor. Der Bürokratieabbau
trägt bereits Früchte in Milliardenhöhe und berechtigt zu
den schönsten Hoffnungen; denn dieses Programm
kommt nicht zum Ende, sondern wird konsequent fort-
gesetzt und ausgebaut. Wir haben einen wichtigen Ein-
stieg gefunden, den der Mittelstand auch spüren wird.
Wir sind keineswegs am Ende.

Die Ergebnisse sprechen für sich. In den letzten Jah-
ren ist die Zahl der selbstständigen Mittelständler von
3,65 Millionen auf 4,16 Millionen gestiegen, also ein
Anstieg von 10 Prozent auf jetzt insgesamt 10,9 Prozent
der Erwerbstätigen. Wir haben in Deutschland also eine
deutlich gestiegene Selbstständigenquote. Das ist gut.

Wir haben aber auch andere Dinge gemacht, die nicht
im Fokus stehen. Ich könnte über eine ganze Serie be-
richten, ich will aber nur einen Punkt nennen: Wir haben
etwas für die Altersversorgung der Mittelständler und
Selbstständigen getan. Wir haben erstmals in der Ge-
schichte der Bundesrepublik Deutschland ein pfän-
dungsfreies Alterseinkommen für Mittelständler ein-
gerichtet, in dessen Genuss sie selbst dann kommen,
wenn sie pleitegegangen sind.


(Beifall des Abg. Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD])


Bisher waren die Mittelständler an dieser Stelle sozial
völlig ungeschützt. Es gibt eine Vielzahl von sinnvollen
Dingen, die wir gemacht haben, auch wenn diese nicht
im Zentrum der Diskussion gestanden haben.

Natürlich gibt es noch etwas zu tun. Ich bin der festen
Überzeugung, dass wir noch eine lange Wegstrecke vor
uns haben, bis alles so justiert ist – wenn man das jemals
schafft –, dass man sagen kann: Jetzt läuft es rund, jetzt
kann es so bleiben. Nein, dieser Bereich wird dauerhaft
eine Baustelle bleiben. Er verändert sich permantent.
Deswegen müssen wir immer neue Antworten finden.

In dieser Krise – damit bin ich in der Nähe von Opel –
ist es wichtig, dass wir klarmachen, dass für Kleine wie
Große die gleichen Bedingungen gelten, wenn ent-
schieden wird, ob man ihnen in der Krise hilft. Es darf
keine Vorfahrt für die Großen geben. Ich meine sogar,
große Unternehmen können präziser formulieren, was
sie brauchen, warum sie es brauchen und wie es weiter-
gehen soll, als kleine. Es darf nicht der Eindruck entste-
hen, dass wir bei kleinen Unternehmen höllisch auf
Feinheiten achten, während bei großen Unternehmen
schon dann, wenn der Betriebsratsvorsitzende eine kluge
Rede gehalten hat, davon ausgegangen wird, dass es ein
Konzept für das Unternehmen gibt. Hier muss eine
Gleichbehandlung erfolgen.

Das gilt, Frau Kollegin Bulmahn, auch für die Be-
trachtung unter dem Aspekt der Arbeitslosigkeit. Auch
Laurenz Meyer hat diesen Aspekt in den Mittelpunkt sei-
ner Rede gestellt. Es ist uns genauso wichtig, zu vermei-
den, dass jemand, der bei Opel arbeitet, arbeitslos wird,
wie es uns wichtig ist, zu vermeiden, dass jemand, der
bei irgendeinem mittelständischen Unternehmen arbei-
tet, arbeitslos wird. Wir wissen, dass wir im Verlauf die-

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(C (D er Krise eventuell mit 500 000 oder 800 000 zusätzlihen Arbeitslosen rechnen müssen; auf die genaue Zahl ill ich mich jetzt nicht festlegen. Da muss man Antorten geben. Da kann man nicht sagen: Wenn es um 0 000 Arbeitsplätze geht – Opel oder Schaeffler –, geen wir vorab eine Antwort, aber was die übrigen der 00 000 oder 800 000 Arbeitslosen, mit denen wir statisisch eventuell rechnen müssen, angeht, geben wir keine ntwort. Ich will – diesen einen Gedanken noch; dann ist eine Redezeit zu Ende – dem Vorwurf vorbeugen, wir andelten bei den Großen schneller als bei den Kleinen. s sind bereits über 400 Anträge von Mittelständlern auf onkrete Hilfe aus den Förderprogrammen, die wir haen – 115 Milliarden Euro –, bei uns eingegangen. Über ehr als 250 dieser Anträge ist schon positiv entschie en worden. So viele Unternehmen wissen schon, dass ie die Chance, um die sie gebeten haben, bekommen. ber Opel und Schaeffler diskutieren wir seit sechs Moaten. Jeden Tag sind sie auf Seite 1 der Zeitung. Natürich will kein Mittelständler auf Seite 1 der Zeitung steen. Das muss er auch nicht; solche Hilfe kann ja auch iskret laufen. Im Hinblick auf Opel und Schaeffler gibt s trotz sechs Monaten Debatte noch keine Entscheiung. Wie gesagt: Wir achten darauf, dass nicht die Groen sich durchsetzen und die Kleinen hinterherlaufen. ier laufen die kleinen Mittelständler voraus. Ob und ie wir den Großen helfen, entscheiden wir, wenn die nterlagen, die uns vorgelegt werden, ausreichend geug sind, damit man eine Entscheidung treffen kann. Ich lege großen Wert darauf, zu sagen: Die Bundesegierung nimmt den Mittelstand ausgesprochen ernst. r hat sich gut entwickelt. Seine Eigenkapitalausstattung st deutlich besser als noch vor drei, vier Jahren. Der ittelstand geht gestärkt in die Krise. Wir wollen ihn onsequent begleiten und die Chancen für den Mitteltand optimieren, solange uns das möglich ist. Im Herbst rauchen wir einen neuen Wählerauftrag. Dann können ir das angehen, was noch nicht geschafft werden onnte. Darauf arbeiten wir dann zu gegebener Zeit hin. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621507900

Nächster Redner ist der Kollege Reinhard Schultz für

ie SPD-Fraktion.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1621508000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

uch ich möchte meinem Kollegen Rainer Wend dan-
en. Der Begriff „Geisteshaltung“ ist schon gefallen. Ich
ill sagen: Uns verbindet, was den Mittelstand angeht,
eiß Gott eine ähnliche Geisteshaltung. Man ist damit in

inem Parteiengefüge manchmal Konflikten ausgesetzt.
uf der anderen Seite hat man den Spaß und den Genuss
er Auseinandersetzungen, die damit verbunden sind.
as verbindet uns beide. Viel Glück auf deinem weite-

en Weg!






(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)

Ich bleibe beim Thema Geisteshaltung. Ich will über
die Geisteshaltung, die aus dem Antrag der FDP hervor-
geht, reden. Diese Geisteshaltung ist eine Betrachtung
wert. Ich finde viele Kolleginnen und Kollegen von der
FDP in den Debatten im Ausschuss in hohem Maße
sympathisch und kenne sie als seriöse Gesprächspartner.
Aber wenn die FDP im Pulk auftritt, ist sie durch ihr De-
regulierungsgerede in dieser Krise ein Brandbeschleuni-
ger; das muss man einmal sagen. Da muss man sich Sor-
gen machen, und man hat Angst.

Auf wessen geistigem Keimboden ist denn all das ge-
wachsen, wodurch die Finanzkrise entstanden ist?
Durch jahrelanges Deregulieren ist es dazu gekommen:
Alle möglichen Finanzmarktprodukte wurden zugelas-
sen. Die Kontrollen wurden runtergefahren. Internatio-
naler Wettbewerb war die Legitimation dafür, dass
Dinge zugelassen wurden, die man unter vernünftigen
Bedingungen überhaupt nicht zugelassen hätte. Dieses
Gebäude ist zusammengebrochen. Da muss man sich
fragen: Wer ist mit geistiger Urheber solcher Krisen


(Paul K. Friedhoff [FDP]: Die SPD!)


und wer nicht?


(Beifall bei der SPD – Paul K. Friedhoff [FDP]: Wer war denn an der Regierung?)


Ich will das aber gar nicht überziehen, sondern jetzt
zur Geisteshaltung der Mittelständler kommen, die
ich nun wirklich gut kenne, auch aufgrund meiner per-
sönlichen Herkunft und der Funktion in meiner Fraktion.
Hier ergibt sich ein ausgesprochen vielfältiges Bild: Es
geht von den Kleinen, die weitgehend sich selbst oder
darüber hinaus sehr wenige Mitarbeiter ernähren, bin-
nenmarktorientiert, in lokalen und regionalen Kreisläu-
fen, bis hin zu den leistungsstarken Mittelständlern im
Anlagen- und Maschinenbau, die international aufge-
stellt sind. Sie sind nicht zu vergleichen. Aber eines ist
allen gemeinsam: Alle wissen, dass sie, wenn sie Geld
verdienen wollen, das nicht durch eine Selbstbefruch-
tung tun können und ohne anderen etwas zu gönnen;
vielmehr müssen sie erkennen, dass sie eingebettet sind
in ein Marktgefüge, in dem auch andere Geld verdienen
müssen, damit sie bei ihnen etwas bestellen und kaufen
können. Nach diesem Prinzip funktioniert das System.
Wer in einer schwierigen Situation fordert, dass die Un-
ternehmen dadurch entlastet werden, dass die Löhne der
Mitarbeiter gesenkt werden, bringt die Balance völlig
durcheinander; denn das würde die Kaufbeziehungen
stören und sich in einer Krise wie der jetzigen katastro-
phal auswirken.


(Beifall bei der SPD)


Deswegen sind wir zu Recht von vielen binnenmarkt-
orientierten Mittelständlern ausdrücklich gelobt wor-
den, sowohl für das erste als auch für das zweite
Konjunkturprogramm, weil diese Programme dazu
beigetragen haben, bei den Käufern, den Bestellern von
Dienstleistungen und Waren, Zuversicht auszulösen. Sie
hatten mehr in der Tasche als vorher, und das dadurch
entstehende positive Grundgefühl wirkt sich auf das Ver-
halten aus. Es wäre eine Katastrophe gewesen, wenn die
Krisenstimmung dazu geführt hätte, dass die Leute


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(C (D trotz der hohen Sparquote in Deutschland – ihr Porteonnaie noch mehr zugehalten hätten. Das haben sie ber nicht getan. Wir haben, trotz Krise, eine relativ staile Binnennachfrage. Das ist die Folge einer klug angeegten Politik. Jeder Mittelständler weiß, dass Kaufeziehungen und Marktbeziehungen durch Geben und ehmen bestimmt werden. Deswegen kann es nicht sein, dass einerseits Lohnerzicht bei den Mitarbeitern gepredigt wird, während ndererseits gerade von diesen Mitarbeitern verlangt ird, dass sie viel kaufen. Das kann nicht gut enden. Das ist das Grundproblem solcher Anträge, wie Sie ie hier seit Jahren einbringen: In einem konkreten einelnen Unternehmen soll der Mitarbeiter möglichst weig verdienen, weil der Mittelständler das angeblich forert. Alle anderen sollen aber mehr verdienen, damit bei iesem Mittelständler trotzdem gekauft wird. Das kann n einer Gesellschaft nicht funktionieren, weder ökono isch noch sozial. Sie verlieren da aus meiner Sicht den esellschaftlichen Überblick vollständig. Ich will Ihnen noch etwas zur Geisteshaltung von ittelständlern sagen, auch anhand von konkreten Bei pielen aus der Gesetzgebung. Ich kenne eigentlich nur ittelständler, die vor der Marktmacht großer Einheiten eschützt werden wollen, die nicht plattgemacht werden ollen von großen Wettbewerbern, ob das große Einaufsketten sind – die fünf Großen gegenüber dem Leensmitteleinzelhandel –, ob das der Textilhandel ist, ob as die kleinen Maschinenbauer gegenüber Siemens ind; vielmehr wollen sie Wettbewerbsgerechtigkeit in inem Staat, der diese Wettbewerbsgerechtigkeit hertellt und durchsetzt. Wir haben es bei der Vergaberechtsreform gesehen. ir wollen nicht, dass die großen Einheiten als General nternehmer die mittelständischen Kleinunternehmer zu umpingbedingungen unter Vertrag nehmen, mit denen ie nicht leben und nicht sterben können, während die roßen den dicken Reibach machen. Wir haben durchesetzt, dass die mittelständischen Unternehmen durch as Grundprinzip der losweisen Vergabe künftig viel esser zum Zuge kommen. Das ist Mittelstandspolitik, ie ich sie verstehe: mit einem praktischen Packende tatt reinem ideologischem Rumgebrülle. Wir haben im Zusammenhang mit der Finanzkrise icht nur die Finanzierungsbedingungen für die mitteltändischen und die kleineren Unternehmen verbessert. as muss sich jetzt erst entfalten; da hat Edelgard ulmahn völlig recht. Wir müssen die Banken dazu beegen, die Möglichkeit, wenigstens zu einem Teil aus er Haftung genommen zu werden, wirklich an den arkt weiterzureichen. Wir haben das Hausbankenprin ip. Wenn die Hausbanken ihre Türen zumachen, dann elfen die KfW-Angebote nichts. Da muss Druck geacht werden. Da sind noch sehr viele Gespräche erfor erlich. Wenn dieser Sektor nicht ans Laufen kommt, ind die anderen Programme umsonst; das stimmt. Aber ir haben die Programme aufgelegt. Das Geld steht zur Reinhard Schultz Verfügung, und jetzt kommt es darauf an, diese Programme gemeinsam vernünftig zu vermarkten. Es gibt immer wieder Probleme, die besonders in schwierigen Zeiten auftreten. Dazu gehört zum Beispiel die Refinanzierung im eigenen Unternehmen. Es gibt steuerliche Mechanismen, die in guten Zeiten positiv und in schlechten Zeiten negativ wirken. Deswegen habe ich mich persönlich sehr darüber gefreut, dass Peer Steinbrück auf dem Mittelstandstag des Deutschen Sparkassenund Giroverbandes erklärt hat, dass er als Finanzminister dafür eintritt, im Zuge der Evaluierung von bestimmten Wirkungen einzelner Maßnahmen der Unternehmensteuerreform all das, was mit Refinanzierung zu tun hat, zu überprüfen und Erleichterungen zu möglichen. Das gilt für die Frage der Verlustvorträge und vielleicht auch für die Frage der Zinsschranke und für andere Mechanismen. Natürlich ist das vernünftig. Wir sind in keiner Weise verbohrt. Es geht ja nicht darum, Unternehmen zu knechten, sondern darum, die Balance hinzubekommen zwischen dem, was an staatlicher Finanzierungsautonomie erforderlich ist, um das Ganze zu erhalten, und dem, was den Unternehmen an Belastungen zugemutet werden kann. Das muss immer wieder neu austariert werden. Das werden wir mit Blick auf diese Probleme tun. Ich hoffe, dass das sehr kurzfristig der Fall sein wird. Die Große Anfrage der FDP zum Thema Bürokratieabbau ist geradezu ein Geschenk für die Regierungskoalition. Ihre Fragen legen den Verdacht nahe, Sie seien bei den Beratungen nicht anwesend gewesen. Jede Ihrer Fragen läuft total ins Leere. Sie tun so, als gebe es noch reihenweise Vollerhebungen, mit denen kleine und mittlere Unternehmen geknechtet werden. Es gibt sie aber so gut wie nicht mehr. Es werden vielmehr entweder Stichproben genommen oder es wird auf vorhandene Verwaltungsdaten zurückgegriffen. Das ist ein großer Fortschritt, der in relativ kurzer Zeit zustande gekommen ist. Sie haben ihn aber gar nicht wahrgenommen. Es bedurfte erst einer Großen Anfrage, um Ihren Geist in diesem Punkt zu erhellen. Jetzt ist es dokumentiert, was durchaus etwas für sich hat. In Ihren Fragen zum Bürokratieabbau weisen Sie reihenweise auf Vorschriften hin, die schon vor fünf Jahren, also zurzeit der vorherigen Koalition, abgeschafft worden sind. Der Wirtschaftsminister musste Ihnen darlegen, dass schon die damals Handelnden den Bürokratieabbau ernst genommen haben. Aber die FDP hat es nicht gemerkt. Es ist eine merkwürdige Art, Politik zu machen, indem man sich von irgendjemand eine Große Anfrage aufschreiben lässt, ohne darüber nachzudenken, ob diese Fragen überhaupt einen realen Hintergrund haben. Zu dieser großen Pleite beglückwünsche ich Sie; uns kommt sie eher zugute. Aber sich selbst und erst recht dem Mittelstand haben Sie damit überhaupt keinen Gefallen getan. Letztendlich muss ein vernünftiges Wirtschaftsmodell darauf ausgerichtet sein, sowohl ein verantwortbares qualitatives und nachhaltiges Wachstum hinzubekommen als auch einen sozialen Ausgleich zu schaffen. E m B d w d h c a g u d f r k S h c i d L w M b R d n n I w g g r b d d A s E d v r z B H (C (D in Wirtschaftsmodell, das nicht beides schafft, wird imer aus der Kurve fliegen. Ein Modell, bei dem nur die ezieher von Transferleistungen im Blick stehen und bei em übersehen wird, dass jemand diese Leistungen erirtschaften muss, wird genauso scheitern wie ein Moell, das nur dafür sorgt, dass ein paar Wenige möglichst ohe Gewinne haben und die anderen in die Röhre guken. Der Ausgleich ist das, was soziale Marktwirtschaft usmacht. Alles, was diesen Ausgleich ermöglicht, ist politisch erechtfertigt. In unterschiedlichen Zeiten kann es sich m unterschiedliche Maßnahmen handeln. Im Zeichen er Finanzkrise haben wir zu harten Maßnahmen gegrifen. Diese waren erforderlich. Ansonsten wäre der Karen vor die Wand gefahren worden. Selbst Sozialdemoraten in meinem Alter, die in jungen Jahren das chlagwort von der Verstaatlichung der Banken gehört atten, haben sich nicht vorstellen können, dass ein solhes Vorgehen einmal notwendig sein würde. Aber jeder m Saal weiß ganz genau: Ohne diese Maßnahmen wäre ie Finanzierung von Wirtschaft und Bürgern in diesem ande nicht mehr möglich. Ohne die Rettung der HRE äre der Laden zusammengebrochen. Dann hätten die ittelständler genauso in die Röhre geguckt wie die Ar eitnehmer. Man kann sich darüber streiten, wie man die ettung organisiert. Aber dass diese Maßnahmen erforerlich waren, wird keiner ernsthaft bestreiten. (Beifall des Abg. Kurt J. Rossmanith [CDU/ CSU])


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


So bringt jede Schwierigkeit und jede Zeit ihre eige-
en Antworten mit sich. Es läuft aber immer darauf hi-
aus, eine vernünftige Balance zu finden zwischen den
nteressen von Unternehmen, die mit großem Risiko
irtschaften, Arbeit schaffen und zum Wohlstand beitra-
en, und den Interessen der Arbeitnehmer und der übri-
en Gesellschaft, die natürlich am Wohlstand partizipie-
en wollen und die in einem erheblichen Umfang dazu
eitragen. Das darf nicht vergessen werden. Es ist nicht
er Mittelständler allein, der den Wohlstand schafft, son-
ern es sind die vielen, die ihm dabei durch ihre tägliche
rbeit helfen.

Wenn wir das sehen, werden wir in Zukunft Mittel-
tandsdebatten etwas unterkühlter und ehrlicher führen.
s geht nicht darum, den egoistischen Mittelständler,
en nichts anderes als seine eigene Bilanz interessiert,
or dem Rest der Welt zu schützen. Es geht vielmehr da-
um, vernünftigen, verantwortlichen Unternehmen dabei
u helfen, sich selbst zu helfen und gleichzeitig einen
eitrag für die übrige Gesellschaft zu leisten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621508100

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Ernst

insken, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1621508200

Werte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und

Kollegen! Ich bin der FDP dankbar dafür, dass die vor-
liegende Große Anfrage gestellt und darüber hinaus ein
Antrag mit Hinterfragungen eingereicht worden ist. Gibt
uns dies doch die Möglichkeit, einmal darauf zu verwei-
sen, was gerade diese Regierung und diese Große Koali-
tion für den Mittelstand und das Handwerk in den letzten
Jahren geleistet haben. Das kann sich wahrlich sehen
lassen; denn in dieser Regierungspolitik finden sich das
Handwerk und der Mittelstand nachhaltig wieder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Als einziger Handwerksmeister, der in dieser Debatte
das Wort ergreifen darf, möchte ich darauf verweisen,
dass auf allen Großveranstaltungen des Handwerks nicht
nur Wirtschaftsminister a. D. Michael Glos und jetzt
Wirtschaftsminister zu Guttenberg, sondern immer auch
die Bundeskanzlerin zugegen waren und mit großem
Beifall bedacht worden sind. Das können Sie, Frau
Handwerkspräsidentin Strothmann, oder Sie als Hand-
werksmeister, Herr Kollege Wittlich, bestätigen. Ich
meine, jemand wird nur dann bejubelt und beklatscht,
wenn er Entsprechendes geleistet hat. Ich darf bei dieser
Gelegenheit auf Folgendes hinweisen: Für mich und für
viele in der Bundesrepublik Deutschland ist das Hand-
werk ein wichtiger Eckpfeiler der Wirtschaft schlecht-
hin.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Der wichtigste!)


Herr Kollege Rossmanith, Sie haben im Haushalts-
ausschuss als zuständiger Berichterstatter vieles für das
Handwerk getan. Ich meine, dass es in der Endrunde die-
ser Legislaturperiode angemessen ist, einmal ein Wort
des Dankes dafür auszusprechen, dass das Handwerk
nicht hintangestellt worden ist, sondern in den Mittel-
punkt der Entscheidungen gerückt wurde. Herzlichen
Dank!


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, ein Handwerker hebt sich
sehr wohl ab. Er ist zu 75 Prozent Personengesellschaf-
ter. Er haftet mit seinem ganzen Hab und Gut. Er hat
keine 38-Stunden-Woche, sondern meist das Doppelte.
Er muss sich verschiedenen Entwicklungen aussetzen.
Er muss sich behaupten; er muss kreativ sein. Er muss
sich nachhaltig einbringen, um sich überhaupt durchset-
zen zu können. Er kann nicht wie ein smarter Manager
eines großen Unternehmens – ich bedauere sehr, dass in
dieser Debatte heute viel zu viel über Opel gesprochen
wurde – seinen Hut nehmen, sondern muss selbst für all
das einstehen, was für ihn wichtig ist, damit er überhaupt
über die Runden kommt. Ein tüchtiger Handwerker ist
für mich ein Fachmann, ein Kaufmann, ein Techniker
und zudem einer, der etwas von moderner Kommunika-
tionstechnologie verstehen muss, um nicht nur die Ge-
räte installieren und reparieren, sondern sie darüber hin-
aus auch vernünftig nutzen zu können.

Ganz besonders wichtig scheint mir – das kommt viel
zu wenig zum Ausdruck – die soziale Verantwortung
zu sein. In keinem anderen Wirtschaftsbereich sitzen Ar-

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(C (D eitgeber und Arbeitnehmer so nahe beieinander in eiem Boot. Jeder weiß: Geht es dem Unternehmer gut, ann geht es auch mir als Arbeitnehmer gut. Erbringe ch als Arbeitnehmer die notwendige Leistung, dann ann ich meinen Betrieb nach vorne bringen, damit etas geschaffen wird. Vergessen wir doch eines nicht: Wo kämen wir hin, enn wir nicht im Rahmen des dualen Systems die Ausildungsleistung des Handwerks mit 480 000 abgechlossenen Ausbildungsverträgen vorweisen könnten? n diesem Zusammenhang richte ich ein herzliches Wort es Dankes an das Handwerk schlechthin. Vergessen wir icht, wie es mit der Jugendarbeitslosigkeit in den Nacharländern aussieht: 21,5 Prozent in Frankreich und in innland, beim PISA-Sieger, 19,8 Prozent. Bei uns in eutschland sind es erfreulicherweise nur 8,1 Prozent. uf diese Zahl kann speziell das Handwerk verweisen nd sagen: Wir geben der Jugend Lebensund Zukunftserspektiven. Wir sorgen für Fachkräfte von morgen. Im Übrigen ist es mir wichtig, darauf zu verweisen, ass insbesondere Handwerker gerne bereit sind, sich hrenamtlich zu betätigen. Deshalb ein Dankeschön an iejenigen – es sind 300 000 an der Zahl –, die sich ehenamtlich einbringen und dafür sorgen, dass unser ammersystem, unser Verwaltungssystem in Sachen andwerk, funktioniert. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Oppermann [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Kollege Friedhoff, eines möchte ich zum Thema
ürokratie sagen: Im letzten Dreivierteljahr hat sich die
DP abgemeldet und nichts mehr dazu gesagt. Wir ha-
en das Bürokratieentlastungsprogramm aufgelegt und
ereinfachungen durchgeführt. Nach dem zweiten Ver-
infachungsgesetz ist von Ihnen nichts mehr gekommen.
ir hingegen waren an dem Thema dran. Ich möchte der
undesregierung dafür danken, dass die Wirtschaft
urch Vereinfachungen seit 2006 um 7 Milliarden Euro
ntlastet wurde. Die Informationspflichten wurden um
2,5 Prozent abgebaut, und mit den drei Mittelstandsent-
astungsgesetzen wurden die Belastungen der Unterneh-
er um 1,8 Milliarden Euro gesenkt.

Ein Beispiel: Über die Handwerkszählungen haben
ir ewig geredet, aber es ist nichts getan worden. Die
andwerkszählungen werden bei 460 000 Unterneh-
ern künftig entfallen. Das ist eine Entlastung. Tue Gu-

es und rede darüber! Wir haben gehandelt. Wir haben
twas gemacht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: So ist es!)


Wir haben darüber hinaus verschiedene Maßnahmen
ereinbart, die einen ausgewogenen Mix ergeben: dauer-
afte Senkung der Steuer- und Abgabenbelastungen, zu-
ätzliche öffentliche Investitionen in Infrastruktur und
ildung, Maßnahmen zur Sicherung der Beschäftigung

owie neue Instrumente, um die Kreditversorgung des
ittelstandes zu sichern. Wir haben – das ist von ver-

chiedenen Vorrednern schon gesagt worden – den soge-






(A) )



(B) )


Ernst Hinsken
nannten Handwerkerbonus verdoppelt und die degres-
sive Abschreibung im Jahr 2009/2010 bei beweglichen
Wirtschaftsgütern auf über 25 Prozent angehoben. Zu-
dem haben wir den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung
von 6,5 auf 2,8 Prozent gesenkt. Bei der gesetzlichen
Krankenversicherung gehen wir ab 1. Juli auf 14,9 Pro-
zent runter. Das entlastet die Arbeitgeber rechnerisch um
circa 2 Milliarden Euro. Dieser Erfolg ist es allemal
wert, hier einmal Erwähnung zu finden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich meine, dass wir dem Anspruch „Mehr Netto vom
Brutto“ gerecht werden. Ich möchte nicht darauf verwei-
sen, was noch alles getan worden ist.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621508300

Nein, Herr Kollege, das können Sie auch nicht. Ihre

Redezeit ist zu Ende.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1621508400

Da ich das nicht mehr kann, eine letzte Bemerkung,

Frau Präsidentin: Handwerker und Mittelständler sind
Menschen wie du und ich. Sie brauchen Zuversicht. Die
Krise muss erfolgreich überwunden werden. Wir werden
das alles schaffen, wenn wir das Handwerk und den Mit-
telstand weiterhin ins Zentrum unserer Bemühungen
stellen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621508500

Ich schließe die Aussprache.

Tagesordnungspunkt 31 b. Interfraktionell wird Über-
weisung der Vorlage auf Drucksache 16/12326 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 32 a bis 32 d auf:

a) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Norbert Röttgen, Bernd Schmidbauer,
Dr. Hans-Peter Uhl, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der CDU/CSU
sowie den Abgeordneten Thomas Oppermann,
Joachim Stünker, Fritz Rudolf Körper, Dr. Peter
Struck und der Fraktion der SPD
sowie den Abgeordneten Dr. Max Stadler,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fort-
entwicklung der parlamentarischen Kontrolle
der Nachrichtendienste des Bundes

– Drucksache 16/12411 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss

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(C (D b)

Dr. Norbert Röttgen, Bernd Schmidbauer,
Dr. Hans-Peter Uhl, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der CDU/CSU
sowie den Abgeordneten Thomas Oppermann,
Joachim Stünker, Fritz Rudolf Körper, Dr. Peter
Struck und der Fraktion der SPD
sowie den Abgeordneten Dr. Max Stadler,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur
Änderung des Grundgesetzes (Artikel 45 d)


– Drucksache 16/12412 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss

c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Hans-
Christian Ströbele, Volker Beck (Köln), Monika
Lazar, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der
parlamentarischen Kontrolle der Geheim-
dienste sowie des Informationszugangsrechts

– Drucksache 16/12189 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss

d) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Wolfgang Nešković, Dr. Lukrezia Jochimsen,
Dr. Norman Paech, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs
eines … Gesetzes zur Änderung des Kontroll-
gremiumgesetzes

– Drucksache 16/12374 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
r. Norbert Röttgen, CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1621508600

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kollegin-

en und Kollegen! Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD
nd FDP bringen eine Novelle des Gesetzes über die
arlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste ein.
u Beginn der Debatte betone ich, dass es uns – denjeni-
en, die diesen Gesetzentwurf einbringen; ich hoffe aber,






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen
auch den anderen Fraktionen – ein Anliegen ist, festzu-
halten, dass Nachrichtendienste legitim und notwendig
sind. Auch Nachrichtendienste gehören mit ihrer Auf-
gabe zum demokratischen Rechtsstaat. Wir brauchen sie;
sie sind ein weiteres legitimes Kind des demokratischen
Rechtsstaates.

Die Nachrichtendienste haben aber eine Besonderheit
gegenüber anderen staatlichen Einrichtungen: Sie sind
geheim. Damit stellen sie etwas infrage, was originär zur
Demokratie gehört: die Öffentlichkeit als ein wesentli-
ches Kontrollprinzip in der Demokratie. Dies passt nicht
zusammen. Der Anspruch der Demokratie, öffentliche
Kontrolle auszuüben, verträgt sich nicht mit der Aufgabe
von Nachrichtendiensten. Daraus darf und kann aber
nicht der Schluss gezogen werden, dass Nachrichten-
dienste ein kontrollfreier Raum seien. Sie können ihre
Tätigkeit nicht öffentlich darlegen und rechtfertigen.
Also kommt genau an dieser Stelle notwendigerweise
die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste
ins Spiel. Es ist ein Gebot des demokratischen Rechts-
staats, durch das und im Parlament diese Kontrolle der
Nachrichtendienste auszuüben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Genauso ist es aus Sicht der Nachrichtendienste eine
Notwendigkeit – dies folgt daraus –, dass diese Kon-
trolle stattfindet. Die Kontrolle im Parlament ist nicht
gegen Nachrichtendienste gerichtet. Wenn aber die Bür-
gerinnen und Bürger die Vermutung haben müssten oder
wüssten, dass es keine wirksame Kontrolle von Nach-
richtendiensten im Parlament gebe, dann fänden Nach-
richtendienste keine Akzeptanz in einer demokratischen
Gesellschaft.


(Beifall bei der FDP)


In diesem Zusammenhang möchte ich einem immer
noch bestehenden Missverständnis, das uns leider auch
im Vorfeld dieser Debatte erneut vorgetragen worden ist,
offensiv entgegentreten: Die Kontrolle der Nachrichten-
dienste im und durch das Parlament ist nicht Ausdruck
des Misstrauens, sondern eine Bedingung dafür, dass
Nachrichtendienste arbeiten können, eben weil es eine
Bedingung für Vertrauen und Akzeptanz von Nachrich-
tendiensten ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Max Stadler [FDP]: Gesundes Misstrauen!)


Darum sieht sich das Parlament hier in der Pflicht, die
Wirksamkeit seiner Arbeit zu gewährleisten. Es ist daher
die Aufgabe des Parlaments, nicht nur am Ende über die
gesetzlichen Maßnahmen abzustimmen, sondern sich
zuvor selbst über sie klar zu werden, sie auszufeilen und
über sie zu debattieren.

Dem Verständnis meiner Fraktion, der CDU/CSU,
entspricht es, dass dies nicht nach den gerade gegebenen
Mehrheitsverhältnissen im Parlament geschehen soll.
Hier geht es um institutionelle, parlamentarische Grund-
fragen, die über die jeweils bestehenden Gräben hinweg
zwischen jeweiliger Regierungsfraktionenmehrheit und
jeweiliger Opposition in einem institutionellen Konsens

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(C (D ntschieden werden sollten. Darum wissen wir es zu chätzen, dass eine gegenwärtige Oppositionsfraktion, ie FDP, bereit war, hier Verantwortung mit zu übernehen, und sich nicht auf den oppositionellen Gestus zu ückgezogen hat. ies war unsere Intention, das wissen wir zu schätzen; ielleicht gibt es auch noch über die FDP hinaus eine olche konstruktive Haltung. Ich verdeutliche nun ein paar Grundelemente, wie wir ie parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste n diesem Gesetz, aber auch als CDU/CSU-Fraktion insesamt verstehen, damit der Gesetzentwurf, den wir einringen, verständlicher wird. Erstens geht es immer um Kontrolle der Regierung, lso darüber, wie die Regierung die Aufsicht über Nachichtendienste ausübt. Wir werden nicht selbst operativ ätig; diesen Anspruch sollten wir nirgendwo haben. err Ströbele, Sie werden vielleicht gleich Ihre Vorstel ungen vortragen, nach denen Sie die parlamentarische ontrolle an das anknüpfen, was in der Nachrichtenlage m Kanzleramt debattiert wird. Wir sitzen nicht halb im anzleramt. Wir sind nicht die Exekutive, sondern wir ind das Parlament, das die Exekutive kontrolliert und icht selber operativ tätig ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen wissen, worüber diskutiert wird!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir sagen zweitens, dass die parlamentarische Kon-
rolle der Nachrichtendienste Aufgabe des gesamten Par-
amentes ist. Es ist kein Minderheitenrecht. Es ist nicht
er Anspruch der jeweiligen Opposition, die Regierung
nd die Nachrichtendienste zu kontrollieren, sondern
iese Aufgabe liegt in der Verantwortung des gesamten
arlamentes.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht nur des Kontrollgremiums!)


ies ist also kein Minderheitenthema, kein Oppositions-
hema, sondern betrifft das gesamte Parlament.

Daraus folgt drittens, dass wir uns dagegen entschie-
en haben – dies kann man im Gesetzentwurf nachle-
en –, die parlamentarische Kontrolle der Nachrichten-
ienste auszulagern. Sosehr wir den Wehrbeauftragten
chätzen – die Institution und den gegenwärtigen Amts-
räger persönlich –, für so falsch würden wir es halten,
ie parlamentarische Kontrolle auf eine Person oder auf
ine ausgelagerte Institution zu delegieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Thomas Oppermann [SPD])


enauso würden wir es für falsch halten, wenn wir so et-
as wie eine Exekutivkontrolle etwa in der Bundestags-
erwaltung einführen würden. Nein, liebe Kolleginnen
nd Kollegen, unserem Selbstverständnis entspricht es,
ass das gesamte Parlament, dass wir Parlamentarier






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen
diese Aufgabe haben. Wir wollen und sollen uns ihr
nicht entziehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Abschließend: Der Gesetzentwurf ist nicht theorie-
gespeist, sondern folgt aus der Erfahrung der Parlamen-
tarier, die im Parlamentarischen Kontrollgremium ihrer
Arbeit nachgehen. Darum ist er ganz pragmatisch orien-
tiert. Wir wollen die Arbeitsfähigkeit der Parlamentarier
durch konkrete Maßnahmen verbessern.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts davon!)


Wir wollen die Selbstinformationsrechte verbessern. Wir
wollen auch die Durchsetzbarkeit unserer Rechte verbes-
sern. Dies sind ein paar wesentliche Punkte.

Wenn es Bedarf gibt, nachzufragen – das ist nicht der
Regelfall, der Normalfall –, darf sich das Parlament
nicht als schwach erweisen, sondern muss über die not-
wendigen Instrumente verfügen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen sie, wann sie fragen müssen? Sie wissen gar nicht, wann sie fragen müssen!)


Sonst sind mögliche Fehler der Nachrichtendienste ge-
eignet, Regierung und Parlament zu verstricken. Das
wollen wir nicht. Wir müssen in einem solchen Fall ef-
fektiv arbeiten können.

Der eine Entwurf beinhaltet eine einfache Gesetz-
änderung, während der andere Entwurf eine Verfassungs-
änderung beinhaltet, und zwar die Aufnahme der Nach-
richtendienste, aber insbesondere der parlamentarischen
Kontrolle von Nachrichtendiensten ins Grundgesetz. Ich
glaube, dies dient der Aufwertung der Tätigkeit des Par-
lamentes. Beide Gesetzentwürfe zielen auf die Stärkung
der Nachrichtendienste, aber auch auf die Stärkung des
Parlamentes bei der Kontrolle der Nachrichtendienste
ab. Dies ist ein pragmatischer, wirklicher Fortschritt für
die Nachrichtendienste und, wenn es konstruktiv aufge-
nommen wird, auch für das Parlament in der Ausübung
dieser wichtigen Aufgabe.

Besten Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621508700

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Max Stadler,

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1621508800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Die Verbesserung der Kontrolle der Geheim-
dienste war und ist überfällig.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


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(C (D enn man den Nachrichtendiensten mehr Befugnisse ibt – das ist in den letzten Jahren wiederholt geschehen –, ann muss logischerweise auch die Kontrolle über die achrichtendienste verbessert werden. Wir brauchen die ienste, aber sie dürfen in einem demokratischen echtsstaat kein Eigenleben entwickeln, sondern haben ich strikt an Recht und Gesetz zu halten. Dafür tragen ir eine Mitverantwortung. Deshalb müssen die Rechte es Parlamentarischen Kontrollgremiums verbessert erden. (Beifall des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die FDP hat aus diesem Grund schon im Jahr 2006
ls erste Fraktion einen Reformentwurf eingebracht. Es
at lange gedauert, bis sich die Koalition zu einem eige-
en Gesetzentwurf durchgerungen hat. Wir sehen es als
rfolg unserer Oppositionsarbeit an, dass wir zu dem
eute vorliegenden Reformentwurf gekommen sind, den
ie FDP in dieser Form mittragen kann. Denn ein ent-
cheidender Mangel, der im Ursprungsvorschlag von
DU/CSU und SPD enthalten war, ist aufgrund unserer

ntervention herausgenommen worden. Zunächst wollte
ich die Mehrheit das Recht vorbehalten, Mitglieder aus
em Kontrollgremium abzuwählen. Das ist natürlich un-
umutbar und findet sich in dem jetzt vorliegenden Ge-
etzentwurf zu Recht nicht wieder.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine Damen und Herren, dass es zu diesem Gesetz-
ntwurf gekommen ist, ist ein Verdienst derer, die sich
arum besonders bemüht haben: des Kollegen Uhl, des
ollegen Röttgen und des Kollegen Oppermann. Es sind
icht nur die Vorstellungen, die die FDP in ihrem ur-
prünglichen Gesetzentwurf formuliert hat, eingeflossen,
ondern auch die Diskussionsbeiträge beispielsweise des
ollegen Ströbele und des Kollegen Nešković. Wir ha-
en die Notwendigkeit dieser Reform bei vielen Veran-
taltungen und in Podiumsdiskussionen, zum Beispiel in
er Hanns-Seidel-Stiftung, erörtert. Experten wie Pro-
essor Geiger haben uns beraten. Die Ergebnisse all die-
er Diskussionen sind in das Reformwerk eingeflossen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja! Es ist auch sehr viel vorbeigeflossen, Herr Kollege! – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Es ist nicht alles berücksichtigt worden! Ein bisschen weniger!)


Einige wesentliche Punkte wurden aufgenommen.

Ich nenne folgende Beispiele: Die Kontrolldichte
ird größer. Leider ist die ungünstige Entwicklung zu
eobachten, dass die Vermischung von polizeilicher und
achrichtendienstlicher Tätigkeit immer weiter voran-
chreitet. Im Innenausschuss wurde darauf hingewiesen,
ass, was die Kontrolle angeht, Vorgänge, die das Bun-
eskriminalamt, also eine Polizei, betreffen, dort gar
icht mehr zur Debatte gestellt würden, weil das Kon-
rollgremium zuständig sei, wenn das BKA mit dem
ND zusammenarbeitet,






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das wird immer schlimmer!)


im Kontrollgremium gab es bisher aber keine Zuständig-
keit. Das soll jetzt geändert werden. Wir wollen also die
Kontrolldichte erhöhen. An der Formulierung müssen
wir vielleicht noch arbeiten,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Mit Sicherheit! Nicht nur vielleicht!)


damit diese unsere Absicht auch korrekt zum Ausdruck
kommt. Ich will ganz deutlich sagen: Die Rechte der – in
Anführungszeichen – normalen Bundestagsausschüsse,
zum Beispiel des Innenausschusses und des Rechtsaus-
schusses, dürfen auf keinen Fall geschmälert werden,
meine Damen und Herren.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Wolfgang Nešković [DIE LINKE] und Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man das will, dann muss man das auch so aufschreiben, Herr Kollege!)


Als zweiten Fortschritt nenne ich die sogenannte
Whistleblower-Regelung. Die Mitarbeiter der Nach-
richtendienste wissen selbst am besten über dortige
Missstände Bescheid. Bisher war es ihnen verboten, sich
direkt an das Parlament zu wenden. Das wird geändert.
Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass wir über die
rechtswidrige Observierung, das Mitlesen und Speichern
der E-Mails einer Journalistin des Spiegels, nämlich der
Journalistin Susanne Koelbl, nur direkt aus dem Dienst
informiert werden konnten.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man hätte sich aber auch an einen einzelnen Bundestagsabgeordneten wenden können!)


Die Bundesregierung hätte uns darüber im Unklaren ge-
lassen. Deswegen brauchen wir die Whistleblower-
Regelung. Sie wird unsere Kontrollfähigkeiten verbes-
sern.

Ich komme zu einem dritten Punkt, der ebenfalls ei-
nen echten Fortschritt darstellt. Wie Sie wissen, tagt das
Gremium geheim. Es ist eine Zweidrittelmehrheit erfor-
derlich, damit es ausnahmsweise öffentlich Stellung
nimmt. Es muss gesetzlich abgesichert sein, dass die Op-
position in diesem Fall ein Sondervotum abgeben darf.
Ob das Recht auf ein Sondervotum gewährt wird, darf
natürlich nicht davon abhängig gemacht werden, dass
die Mehrheit für sich beansprucht, sich die Sondervoten
vorher zur Prüfung vorlegen zu lassen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht da aber drin, Herr Kollege! Dem haben Sie zugestimmt!)


Das steht nicht im Gesetzestext,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber in der Begründung!)


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(C (D ohl aber in der Begründung. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Begründung können Sie aber nicht mehr ändern!)


as Struck’sche Gesetz, welches besagt, dass ein Ge-
etzentwurf, der eingebracht wurde, im Rahmen der
usschussberatungen noch geändert werden darf, hat

lso auch in diesem Fall Geltung.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch einmal: Die Begründung können Sie nicht mehr ändern!)


Nein. Wir werden aber zum Ausdruck bringen, dass
iese Begründung für uns nicht maßgeblich ist. Sonst
ätten wir, die FDP, diesen Gesetzentwurf gar nicht erst
it eingebracht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie haben doch zugestimmt!)


Meine Damen und Herren, es gibt noch weitere
unkte, die von Bedeutung sind. Ich komme gerne auf
as, was Herr Röttgen gesagt hat, zurück. Dieses Re-
ormwerk wird ein Werk des Parlaments sein. Es handelt
ich nicht um eine Regierungsvorlage. Die Zusage von
DU/CSU und SPD, dass auch die Vorschläge der Grü-
en und der Linken – auch wir, die FDP, haben übrigens
och Änderungswünsche – in den Ausschüssen ergeb-
isoffen beraten werden, nehme ich ernst.

Ein Beispiel. Es muss sichergestellt werden, dass
an, wenn ernste Missstände zu beklagen sind, nicht nur

llein und im stillen Kämmerlein beklagen kann, wie un-
erecht und schlimm die Welt ist,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


ondern dass man wenigstens die Spitze der eigenen
raktion informieren darf, damit Konsequenzen gezogen
erden können.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das steht da aber auch drin!)


as ist ein Punkt, der aus Sicht der FDP noch ergänzt
erden muss.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie das wirklich wollen, dann müssen Sie wohl oder übel unserem Antrag zustimmen!)


Meine Damen und Herren, nach langen Debatten be-
inden wir uns nun endlich in dem Stadium, dass ein be-
atungsfähiger Gesetzentwurf vorliegt. Wir freuen uns,
hn mit eingebracht zu haben. Wir wollen, dass diese Re-
orm vorankommt und noch in dieser Legislaturperiode
eschlossen werden kann.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja! Von wegen!)


ir wollen allerdings noch einige Ergänzungen. Ich bin
ir sicher, am Ende des Beratungsprozesses wird ein






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler
vernünftiges Reformwerk stehen, das von einer breiten
Mehrheit dieses Hauses mitgetragen werden kann.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen wir dann gemeinsam in der nächsten Legislaturperiode!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621508900

Für die SPD-Fraktion gebe ich das Wort dem Kolle-

gen Thomas Oppermann.


Thomas Oppermann (SPD):
Rede ID: ID1621509000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine

Kollegen haben dargelegt, dass wir die Kontrolle der
Geheimdienste brauchen. Wozu brauchen wir aber ei-
gentlich Geheimdienste? Wir leben seit 60 Jahren in ei-
nem demokratischen Verfassungsstaat, der in der Lage
ist, die Freiheit und die Sicherheit seiner Einwohner und
seiner Bürger zu gewährleisten. Wer sich in der Welt
umschaut, der stellt fest, dass das alles andere als selbst-
verständlich ist.

Freiheit und Sicherheit gehören zusammen. Wer stän-
dig in der Furcht vor Gewaltakten oder staatlichen Über-
griffen lebt, der lebt nicht in Freiheit. Deshalb ist es die
Kernaufgabe des Staates, Frieden und Sicherheit zu ge-
währleisten und dadurch menschliche Freiheit zu ermög-
lichen. Ich glaube, dass der soziale Rechtsstaat zu den
größten zivilisatorischen Errungenschaften gehört, die
wir haben.

Bis zum Ende des Kalten Krieges, des Ost-West-Kon-
fliktes, schienen diese Errungenschaften in erster Linie
durch militärische Bedrohungen gefährdet. Das ist heute
in Europa zum Glück nicht mehr der Fall. Jetzt gibt es
andere Bedrohungen, mit denen wir uns auseinanderset-
zen müssen. Sie reichen vom islamistischen Terrorismus
über den Waffen- und Drogenhandel, die Proliferation,
die Weitergabe von nuklearfähigem Material, und die or-
ganisierte Kriminalität bis hin zum gewaltbereiten politi-
schen Extremismus.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Banker haben Sie vergessen!)


– Ja, auch Geldwäsche und andere Straftaten dort sind
hochgefährlich. Ich komme darauf zurück.

Gegen diese Gefahren müssen wir uns zur Wehr set-
zen. Mit Ausnahme von großen Teilen der Linken und
nur noch wenigen Grünen – ich glaube, es ist am Ende
nur noch Christian Ströbele – bezweifelt heute niemand
mehr, dass wir bei der Gewährleistung der inneren Si-
cherheit durch Polizei und Justiz und bei der Verteidi-
gung der äußeren Sicherheit durch die Streitkräfte der
Bundeswehr auf effiziente, gut funktionierende Nach-
richtendienste angewiesen sind.

Herr Nešković, ich will Sie hier gerne unterstützen.
Ich habe gelesen, dass Sie in Ihrer Partei für die Einsicht
kämpfen, dass Nachrichtendienste notwendig sind. Sie
haben gesagt:

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(C (D Es gibt Infos, die nicht auf dem freien Markt erhältlich sind, aber vom Staat dringend benötigt werden, um seine Bürger und seine Werteordnung zu schützen. as Sie da gesagt haben, ist absolut richtig. Ihr Wahlampfleiter Ramelow hat Sie persönlich hart dafür kritiiert. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil er selbst bespitzelt worden ist!)


err Nešković, ich will Ihnen in diesem Zusammenhang
agen: Ich stehe hier auf Ihrer Seite und nicht auf der
eite von Herrn Ramelow.


(Beifall bei der SPD – Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Sie können sich vorstellen, dass mir das in dieser Situation nicht gefällt! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sorgen Sie dafür, dass Ramelow nicht mehr bespitzelt wird!)


Die Dienste sammeln die Informationen, die wir brau-
hen, um Gefahren frühzeitig erkennen, bewerten und
rfolgreich abwehren zu können. In eineinhalbjähriger
rbeit im Parlamentarischen Kontrollgremium bin ich

u der Überzeugung gekommen, dass MAD, Verfas-
ungsschutz und Bundesnachrichtendienst dabei eine au-
erordentlich wertvolle Arbeit leisten.

Ich will das an einigen Beispielen verdeutlichen:

Beim Kaukasus-Konflikt, dem Krieg zwischen Russ-
and und Georgien um Südossetien, konnte die Bundes-
egierung eine qualifizierte außenpolitische Beurteilung
er Situation doch ohne eigenständige Informationen gar
icht vornehmen. Diese liefert in einer solchen Situation
er Bundesnachrichtendienst. Ansonsten hätte die Bun-
esregierung lediglich die Verlautbarungen aus Moskau
der aus Tiflis zur Hand gehabt, um eigene Entscheidun-
en zu treffen. Der Bundesnachrichtendienst hat hier
ertvolle Informationen geliefert.

Ein anderes Beispiel ist die Sicherheit unserer Solda-
en in Afghanistan. Der BND macht die Aufklärungs-
rbeit für die Soldaten, die darauf angewiesen sind, früh-
eitig Gefahren zu erkennen.

Selbst dort, wo der BND nicht zuständig ist, aber im
ege der Amtshilfe hilfreich sein kann, leistet er einen

norm wichtigen Beitrag – auch für die Innenpolitik in
eutschland. Zum Beispiel hat er dabei geholfen, die
atenträger aus Liechtenstein anzukaufen, mit deren
ilfe die Steuerbetrüger, wie Herr Zumwinkel und an-
ere, überführt werden konnten.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist natürlich
ngeheuer wichtig, wenn es zum Beispiel


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Um die PDS geht!)


arum geht, die Drohbotschaften der islamistischen Ter-
oristen, die jetzt aus dem Umfeld der al-Qaida hier in
eutschland verbreitet werden, zu analysieren.

Es ist sicherlich auch hilfreich, wenn wir wissen, wo
ich die 50 oder 60 Gefährder in Deutschland aufhalten,






(A) )



(B) )


Thomas Oppermann
die hier leben, aber in terroristischen Ausbildungslagern
in Pakistan und Afghanistan ausgebildet worden sind,
um Sprengstoffanschläge durchzuführen, und die das im
Zweifel auch machen würden. Das ist die Arbeit der
Nachrichtendienste.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen die negativen Beispiele!)


– Dass es bei dieser Arbeit zu Fehlern kommt, ist unver-
meidlich, Herr Montag.

Nicht unvermeidlich ist aber die Praxis, die sich in-
zwischen in Deutschland eingebürgert hat, nämlich dass
jeder Fehler der Nachrichtendienste hemmungslos skan-
dalisiert wird. Ich halte das für einen schwerwiegenden
Fehler. Das ist eine hochgefährliche politische Strategie,
die im Übrigen auch völlig unangemessen ist. Denn wir
müssen festhalten, dass die deutschen Sicherheitsbehör-
den im Kampf gegen den internationalen Terrorismus
keine roten Linien überschritten haben. Es gibt keine
Renditions und keine folterähnlichen Vernehmungsme-
thoden.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre ja auch noch schöner!)


Es gibt kein Abu Ghureib und kein Guantánamo.

Auch der BND-Untersuchungsausschuss muss letzten
Endes feststellen, dass es Auswüchse wie in den USA
und andernorts, wo rechtsstaatliche Prinzipien und Men-
schenrechte mit Füßen getreten wurden, in Deutschland
nicht gegeben hat.

Die Arbeit der Dienste ist äußerst schwierig, oft ge-
fährlich und mit persönlichen Risiken verbunden. Diese
Arbeit kann nur dann gut und erfolgreich geleistet wer-
den, wenn die Dienste das Vertrauen der demokratischen
Institutionen in diesem Land genießen.

Dieses Vertrauen wiederum setzt voraus, dass die
Dienste innerhalb der rechtsstaatlichen Grenzen operie-
ren, geltendes Recht beachten und ihre nachrichten-
dienstliche Praxis durch eine wirksame Kontrolle beglei-
tet werden kann. Genau das ist die Aufgabe des
Parlamentarischen Kontrollgremiums, die wir durch die-
sen Gesetzentwurf modernisieren und verbessern wol-
len.

Ich stimme meinem Kollegen Röttgen zu: Es ist kein
Geburtsfehler des Gesetzentwurfs, dass er nicht wie
üblich in einem Ministerium oder von der Bundesregie-
rung erarbeitet worden ist, sondern aus der Mitte des
Bundestages kommt. Das ist kein Geburtsfehler, im Ge-
genteil: Die praktischen Erfahrungen und erlebten Defi-
zite der Kontrollarbeit können so in konkrete Verbesse-
rungen einfließen.

Nach meinem Verständnis und nach dem richtigen
Verständnis ist das Parlamentarische Kontrollgremium
kein Feind, sondern ein Partner der Nachrichtendienste.
Partnerschaft setzt allerdings eine annähernd gleiche Au-
genhöhe voraus. Die ist nicht gegeben, wenn neun Abge-
ordnete, die keine externe Hilfe in Anspruch nehmen
können, drei Dienste mit annähernd 10 000 Mitarbeitern
kontrollieren sollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung, dem ch in sicherheitspolitischen Bewertungen selten folgen ann, hat in diesem Zusammenhang allerdings völlig zu echt von einem „zwergenhaften Organ“ gesprochen. as wollen wir ändern, ohne das Parlamentarische Kon rollgremium – wie die Grünen es wollen – quasi in eien ständigen Untersuchungsausschuss zu verwandeln. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was?)


Lassen Sie mich die wichtigsten Punkte des Gesetz-
ntwurfs nennen: Die Informationspflichten der Bundes-
egierung werden deutlicher gefasst.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hängt davon ab, was man in Erfahrung bringt!)


s wird die Rechtspflicht eingeführt, wahrheitsgemäße
nd vollständige Angaben zu machen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch selbstverständlich!)


as Gremium erhält neue Rechte auf Aktenherausgabe,
utritt zu Diensträumen und das Recht zur Befragung
on Mitarbeitern. Ich betone, dass das nicht bedeutet,
ass jeder Abgeordnete nach Belieben Diensträume be-
reten kann. Es sind keine Rechte der einzelnen Mitglie-
er, sondern des Gremiums, die nur durch das Gremium
elbst ausgeübt werden können.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gibt es auch heute schon! Das hätten Sie schon machen können!)


Es wird ein Frühwarnsystem eingerichtet, durch das
itarbeiter Missstände künftig direkt dem Gremium

ortragen können. Das ist bisher nur über den Dienstweg
öglich und führt dazu, dass Mitarbeiter, die etwas mit-

uteilen haben, entweder anonym kommunizieren oder
ich direkt an die Medien wenden. Beides ist nicht gut.

Wir haben des Weiteren eine stärkere Zuarbeit von
itarbeitern der Abgeordneten


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stärkere? Heute gibt es gar keine!)


nd des Sekretariats sowie die schon von meinem Kolle-
en Röttgen begrüßte Verankerung des Kontrollgre-
iums im Grundgesetz vorgesehen.

Das alles wird dazu beitragen, dass sich die Kontrolle
erbessert, ohne dass dabei die Grenzen der politischen
erantwortung verwischt werden. Die politische Verant-
ortung für die Dienste haben das Bundeskanzleramt,
as Innenministerium und das Verteidigungsministe-
ium. Deshalb ist es ausgeschlossen, dass sich das
remium in operative Vorgänge einmischen oder gar
eisungen erteilen darf. Es bleibt dabei, dass der Kern-

ereich exekutiver Eigenverantwortung vom PKGr nicht
ngetastet werden darf. Nicht zuletzt wird die Fähigkeit
er Dienste, mit internationalen Partnern zu kooperieren,
adurch gesichert, dass nur solche Informationen mitge-






(A) )



(B) )


Thomas Oppermann
teilt werden können, die der Verfügungsberechtigung
des Bundes unterliegen.

Ich komme zum Schluss. Im Ergebnis stellt das neue
Gesetz eine angemessene Balance zwischen notwendi-
ger Vertraulichkeit bzw. Geheimhaltung und möglicher
Offenheit dar. Das verbessert am Ende nicht nur die
Kontrolle der Dienste, sondern auch ihre Arbeitsfähig-
keit. Nur effektiv kontrollierte und dadurch legitimierte
Dienste sind gute Nachrichtendienste im demokratischen
Verfassungsstaat, weil sie das notwendige Vertrauen ge-
nießen.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621509100

Nächster Redner ist der Kollege Wolfgang Nešković,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1621509200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Wir diskutieren heute über die par-
lamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätig-
keiten. Nachrichtendienste können in gefährlicher Weise
in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger ein-
greifen. Mit ihren Beobachtungs-, Überwachungsmög-
lichkeiten und -techniken können sie Menschen umfas-
send bespitzeln und ausforschen. Zahlreiche Affären und
Skandale der Geheimdienste haben in der Vergangenheit
die Öffentlichkeit beschäftigt und berechtigterweise für
Empörung gesorgt. So arbeitet schon von 2006 bis heute
ein Untersuchungsausschuss dieses Parlamentes daran,
die Verschleppung von Murat Kurnaz, den Einsatz von
BND-Agenten im Irak, die Bespitzelung von Journalis-
ten und vieles mehr aufzuklären. In all diesen Fällen hat
die parlamentarische Kontrolle versagt. Dies räumen die
Regierungsfraktionen selbst ein, indem sie unter „Pro-
blem und Ziel“ darauf verweisen, dass das Gremium „in
mehreren Fällen durch die Bundesregierung frühzeitiger
und umfassender“ hätte unterrichtet werden müssen. Es
ist gut, dass die Regierungsfraktionen dies erkannt ha-
ben. Ganz schlecht ist aber, dass sie das Problem nicht
gelöst haben.

Heute gilt für den Zustand der Geheimdienstkon-
trolle: Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht
wissen, ist ein Ozean. Wenn der Gesetzentwurf der Re-
gierungsfraktionen und der FDP Gesetz würde, müsste
es zukünftig heißen: Was wir nicht wissen, ist ein Ozean,
was wir wissen, ist eine Pfütze. Denn der Entwurf leidet
unter einem ganz entscheidenden Konstruktionsfehler.
Der Konstruktionsfehler besteht darin, dass es keine
starken Minderheitenrechte im neuen Gremium geben
soll. Das ist schlecht in einer parlamentarischen Demo-
kratie; denn in ihr kontrolliert in erster Linie nicht das
gesamte Parlament die Regierung, sondern die Opposi-
tion. Das ist ihr Verfassungsauftrag. Herr Röttgen, das

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(C (D ann man sogar in der Rechtsprechung des Bundesverassungsgerichts nachlesen. (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Haben Sie mehr Menschenrechte als andere?)


ch bin gerne bereit, Ihnen die Fundstelle zu geben. Das
st auch ein sinnvoller Verfassungsauftrag.

Denn es liegt auf der Hand: Nur die Opposition bringt
ie nötige Leidenschaft mit, der Regierung nicht nur
orgfältig auf die Finger zu schauen, sondern notfalls
uch einmal draufzuhauen. Dieser Disziplinierungs-
rang ist bei den Regierungsfraktionen, die die Regie-
ung unterstützen wollen, naturgemäß nicht besonders
usgeprägt. Alle, die in der letzten Zeit zusammengear-
eitet haben, wissen, dass ich die Wahrheit sage. Nach
em vorgelegten Gesetzentwurf entscheiden also die Re-
ierungsfraktionen über das Ausmaß der Kontrolle der
egierung, die sie eigentlich beschützen wollen. Das ist

chlecht und verbessert nicht – das leuchtet jedem ein –
ie Kontrolle. Ohne Minderheitenrechte werden wir
eine wirksame Kontrolle der Geheimdienste erreichen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ihnen liegt heute auch ein Gesetzentwurf meiner
raktion vor, der dem Kontrollgremium an entscheiden-
er Stelle eine neue Aufgabe zuweist. Nach unserem Ge-
etzentwurf hat das Bundesamt für Verfassungsschutz
ünftig die Überwachung eines Bundestagsabgeordneten
em Präsidenten des Bundestages mitzuteilen. Diese
berwachung unterbleibt, wenn ein Fünftel der Mitglie-
er des Kontrollgremiums ein Veto einlegt. Mit diesem
ntwurf stellen wir die Kontrolle in unserer parlamenta-

ischen Demokratie vom Kopf zurück auf die Füße. Wir
üssen festhalten: Wer ist Koch, und wer ist Kellner?
ir, das Parlament, sind der Koch. Es ist die Legislative,

ie die Exekutive kontrolliert, nicht umgekehrt.

Das freie Mandat gemäß Art. 38 unseres Grundgeset-
es stellt ein herausgehobenes Verfassungsgut dar. Es ist
in Wesensmerkmal unserer Demokratie. Das Grundge-
etz schützt die Ausübung dieses Mandates in vielfälti-
er Weise. Es schützt vor Strafverfolgungsmaßnahmen,
or Beeinträchtigungen wegen Äußerungen und Abstim-
ungen im Bundestag oder in den Ausschüssen, vor
inschränkungen der persönlichen Bewegungsfreiheit,
or der Verwirkung von Grundrechten, vor Maßnahmen,
ie die Übernahme oder Ausübung des Abgeordneten-
andats erschweren oder verhindern sollen. All das kön-

en Sie in Art. 46 und Art. 48 des Grundgesetzes nachle-
en.

Ein vergleichbarer Schutz des freien Mandates vor
en Geheimdiensten besteht jedoch nicht. Es ist deswe-
en notwendig, eine gesetzliche Regelung zu schaffen,
ie Abgeordnete auch vor politisch motivierter Schnüf-
elei der Geheimdienste bewahrt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


n unserem Gesetzentwurf ist auch der Schutz des Parla-
ents in seiner Arbeitsfähigkeit und Funktionsfähigkeit

nd damit der Demokratie vorgesehen. Genau diesen






(A) )



(B) )


Wolfgang NeškoviæWolfgang Nešković
Schutz streben wir mit dieser Regelung an. Ich darf da-
her um Ihre Zustimmung bitten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621509300

Ich gebe dem Kollegen Hans-Christian Ströbele,

Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Hier sitzen eine ganze Reihe von Mitgliedern des Parla-
mentarischen Kontrollgremiums.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geheimnisträger! – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Jetzt keine Geheimnisse!)


Wir alle haben gemeinsam in den letzten Jahren die Er-
fahrung gemacht, dass man alle paar Wochen – manch-
mal ist es auch jede Woche – von Journalisten angerufen
wird. Dann heißt es: Herr Abgeordneter, da steht doch
im Ticker oder in der Zeitung wieder etwas von einem
neuen Skandal beim Bundesnachrichtendienst oder beim
Bundesamt für Verfassungsschutz. Sagen Sie doch ein-
mal etwas dazu. – Dann erkundigt man sich und stellt
fest, dass man davon noch nie etwas gehört hat und dass
man sich damit im Parlamentarischen Kontrollgremium
beschäftigen muss. Auch danach stellt man aber immer
wieder fest, dass offenbar die Lektüre des Spiegels, der
Süddeutschen Zeitung, manchmal auch der Berliner Zei-
tung mehr an Informationen für die Kontrolltätigkeit
bringt als die mehr oder weniger langen und anstrengen-
den Sitzungen im Parlamentarischen Kontrollgremium.
Dazu kann ich nur sagen: Damit muss Schluss sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


Wir machen jetzt kein Reförmchen, sondern eine Re-
form des Kontrollgremiumgesetzes, um diesen Zustand
für die Zukunft zu ändern. Verehrte Kollegen, ich finde
es hervorragend, dass Sie sich in der Koalition noch so
kurz vor den Wahlen hin und wieder auf etwas einigen
können. Aber angesichts dieser Gesetzentwürfe muss ich
sagen: Das, was dabei herausgekommen ist, ist völlig
unzulänglich und nicht einmal ein erster Schritt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zu dem entscheidenden Problem, von bestimmten
Vorgängen aus der Zeitung zu erfahren, dazu, die Bun-
desregierung wirklich veranlassen und zwingen zu kön-
nen, uns Vorgänge von besonderer Bedeutung – das steht
schon heute im Gesetz – zeitnah mitzuteilen, steht in Ih-
rem Gesetzentwurf null Komma nichts.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)


Darin findet sich nicht einmal der Anschein eines Vor-
schlages, wie man das in Zukunft ändern könnte. Wir
lassen über unseren Gesetzentwurf mit uns reden, ob

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(C (D an nun bestimmte Regelungen so oder anders gestaltet. ber auch Sie müssen sich in dieser Hinsicht Gedanken achen. Ein weiterer Punkt. Wir alle leiden unter folgendem roblem: Wir als Abgeordnete haben viele Aufgaben. ie Parlamentarischen Geschäftsführer sind gleichzeitig itglieder des Gremiums und schauen in den Sitzungen mmer auf die Uhr, wann die Sitzung endlich zu Ende st, weil sie noch andere Termine haben. Das ist vertändlich. Deshalb ist die Forderung ebenfalls verständich, dass wir besser ausgestattet werden müssen. Es geht m das, was in allen Ausschüssen des Deutschen Bunestages selbstverständlich ist, nämlich die Unterstütung durch Mitarbeiter. Wir alle wissen: Viele Abgeordete wären in vielen Situationen ohne die Mithilfe von achkundigen Mitarbeitern in den Ausschüssen nur die älfte wert, wenn überhaupt. Deshalb ist es dringend erforderlich, dass wir in dieem besonders wichtigen Gremium, in dem viel Material nfällt, Mitarbeiter beschäftigen können, die nicht nur das schlagen Sie vor – Akten lesen und ein Informa ionsgespräch mit ihren Abgeordneten führen dürfen, ondern die, wie es auch in allen anderen Ausschüssen er Fall ist, in das Gremium mit hineingehen und dort erahren, was die Bundesregierung berichtet, über was disutiert wird, bei welchen Punkten man beim nächsten al nachbohren muss usw., und die das aufarbeiten, was n diesem Gremium besprochen wird. Auch in diesem unkt ist Ihr Vorschlag völlig unzulänglich. Alle, die in iesem Gremium sitzen, wissen, dass wir es gar nicht it so vielen Akten zu tun haben. Es sind ganz wenige älle, in denen wir uns mit Akten befassen. Im Wesentlihen geht es um mündliche Berichte, die die Bundesegierung dem Gremium erstattet. Wenn die Mitarbeiter avon nichts erfahren, dann sind sie – verzeihen Sie – aum die Hälfte wert. Deshalb kann das so nicht enden. ir schlagen deshalb vor, dass auch die Mitarbeiter an en Sitzungen des Gremiums teilnehmen können. Wir schlagen weiterhin vor, dass endlich ein Protokoll n diesem Gremium geführt wird. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja wohl das Wenigste!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eute dürfen sich die Abgeordneten nicht einmal Auf-
eichnungen machen, die sie mitnehmen können, um et-
as nachzuarbeiten oder sie als Erinnerungsstütze zu
utzen, in denen sie nach einem Vierteljahr, nach einem
alben Jahr, nach zwei Jahren oder nach fünf Jahren
achschauen können, was damals besprochen wurde und
as ihnen gesagt wurde. Null Komma nichts. Wenn man

n das Sekretariat geht und fragt, ob es dort ein Protokoll
ber die Sitzung gibt, dann erfährt man, dass das Sekre-
ariat nur einige Stichpunkte zu diesem Thema aufge-
chrieben hat. So kann das nicht weitergehen. Gerade
eil das Gremium so abgeschlossen arbeitet, muss es
öglich sein, sich darüber zu informieren, wie die Situa-

ion vor zwei Monaten, vor einem Jahr oder vor zwei
ahren war und ob die Bundesregierung wirklich auf den
nd den Punkt hingewiesen hat, wie sie es heute behaup-






(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele
tet. Auch in dieser Hinsicht ist Ihr Gesetzentwurf völlig
unzureichend.


(Beifall des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Lassen Sie mich nun auf den letzten Punkt kommen,
der bei Ihnen ganz am Anfang steht; der Kollege Röttgen
hat damit ja auch angefangen. Es geht darum, dass das
ganze Parlament die Kontrollaufgabe wahrnimmt.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie denn, bitte?)


Unter dem ganzen Parlament verstehe ich nicht nur neun
Abgeordnete. Das Parlament besteht aus mehr als
600 Abgeordneten.


(Beifall des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Diese anderen über 600 Abgeordneten können doch
nicht völlig dadurch von dieser Kontrolltätigkeit ausge-
schlossen werden, dass sie überhaupt keine Informatio-
nen bekommen, auch wenn sie beispielsweise im
Rechtsausschuss, im Innenausschuss, im Verteidigungs-
ausschuss oder wo auch immer sitzen, wo ähnliche The-
men angetippt werden. Ihr Gesetzentwurf sieht in § 1
eine Regelung vor – ich hoffe, das ist nicht beabsichtigt –,
die die Beschäftigung anderer Abgeordneter und vor al-
len Dingen anderer Ausschüsse mit den Themen, die im
Parlamentarischen Kontrollgremium behandelt werden,
geradezu ausschließt.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621509400

Herr Kollege Ströbele.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das halten wir nicht für richtig. Der Passus muss ge-
strichen werden. Damit ist Ihr Gesetzentwurf auf gar
keinen Fall praktikabel. Ich mache Ihnen einen einfa-
chen Vorschlag: Unser Gesetzentwurf war eher da. Das
ergibt sich aus der Drucksachennummer.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621509500

Herr Kollege Ströbele.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Er ist besser, er ist besser ausgearbeitet, und er kann
sich sehen lassen. Mit ihm würden wir unsere Probleme
wirklich in den Griff bekommen. Deshalb: Stimmen Sie
ihm zu!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621509600

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Dr. Hans-Peter Uhl, CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und ollegen! Jetzt sind es drei Jahre, in denen sich der ND-Untersuchungsausschuss in mühevoller Kleinrbeit stundenlang mit Themen befasste, die wir als Mitlieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums kenen. Es handelt sich um Themen wie die Verhöre in uantánamo, die Tätigkeit von BND-Mitarbeitern wäh end des Irakkrieges, die Bespitzelung von Journalisten; s geht um Nachrichtenhändler, die sich als Journalisten usgeben, und anderes mehr. Ich wage die Behauptung: enn das Verhältnis zwischen den Mitgliedern des Par amentarischen Kontrollgremiums und dem Nachrichendienst ein anderes wäre, eines der vertrauensvollen usammenarbeit unter Einhaltung der Geheimschutz ichtlinien, dann wäre der BND-Untersuchungsauschuss wahrscheinlich nicht nötig gewesen. Was hier arteiübergreifend von Herrn Nešković über Herrn tröbele, Herrn Oppermann und Herrn Röttgen bis hin u Herrn Stadler artikuliert worden ist, zeigt, dass wir lle uns in der bisherigen Situation nicht wohlfühlen. ir fühlen uns durch das, was wir in den Zeitungen le en, und dadurch, dass wir vieles nicht erfahren haben, anchmal regelrecht gedemütigt. as kann sich ein Parlament nicht bieten lassen. Dageen muss es sich parteiübergreifend wehren. Wir unterehmen hier den Versuch, uns zu wehren. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch einmal, wie!)

Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1621509700

(Dr. Max Stadler [FDP]: Das ist leider so!)


a gibt es aber Grenzen, die natürlich einzuhalten sind,
err Ströbele. Es trennen uns einige Gedanken, auf die

ch eingehen will.

Sie schlagen vor, das Parlamentarische Kontrollgre-
ium zu einem Ausschuss wie jeden anderen zu ma-

hen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht das?)


as kann nicht richtig sein. Dieses Gremium ist ein Aus-
chuss sui generis, weil die Tätigkeit, der es nachgeht,
ine Tätigkeit sui generis ist. Die Nachrichtendienste,
ie heute wichtiger denn je sind, müssen geheim arbei-
en. Spätestens seit dem 11. September 2001 können wir
ie Sicherheit in Deutschland nicht mehr durch noch
ehr Soldaten, durch noch mehr Polizisten gewährleis-

en; für mehr Sicherheit sorgen wir vielmehr durch noch
ehr nachrichtendienstliche Erkenntnisse.

Nicht jeder Dienst kann alles wissen; deswegen brau-
hen die einzelnen Dienste den Austausch mit anderen
iensten, mit Diensten befreundeter Länder auf der gan-

en Welt. Daher dürfen wir bei unserer Tätigkeit das Ge-
lecht aus nachrichtendienstlichen Erkenntnissen, das
rinzip des Gebens und Nehmens – do ut des – nicht be-
inträchtigen. Wenn wir öffentlich darüber berichten
ürden, welcher Nachrichtendienst wem welche Er-
enntnisse mitgeteilt hat, würde dieser Informationsfluss
nverzüglich eingestellt werden – zum Schaden






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Uhl
Deutschlands, weil Deutschland dadurch unsicherer
würde.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht denn das?)


Schon daran erkennt man, wie kompliziert die Dinge
sind. Da es um eine geheime Tätigkeit geht, muss auch
die Kontrolle geheim erfolgen.

Wir sollen über „Vorkommnisse von besonderer Be-
deutung“ – so heißt der Schlüsselbegriff – informiert
werden. Dieser Begriff lässt verschiedene Auslegungen
zu. Hinzu kommt, dass uns die Bundesregierung und
nicht die Dienste informieren. Die Bundesregierung
kann Vorkommnisse von besonderer Bedeutung aber nur
dann weitergeben, wenn sie vom Präsidenten des Nach-
richtendienstes informiert wurde. Der Präsident des
Nachrichtendienstes kann Vorkommnisse von besonde-
rer Bedeutung nur dann weitergeben, wenn er von der
Leitungsebene informiert wurde. Die Leitungsebene ih-
rerseits kann es nur dann tun, wenn sie von der Arbeits-
ebene informiert wurde. Wir haben sämtliche Varianten
der Desinformation oder der Nichtinformation erlebt;
auf irgendeiner Ebene blieb irgendetwas hängen, weswe-
gen die Bundesregierung uns nicht informiert hat. Wel-
che Stelle Schuld hatte, musste daher von Fall zu Fall
entschieden werden.

Wir sollten uns davor hüten – Herr Ströbele, auch da
sind wir nicht beieinander –, uns in den Kernbereich
exekutiver Eigenverantwortung zu begeben.


(Beifall bei der FDP – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht auch nicht drin!)


Das darf auch der Untersuchungsausschuss nicht. Darin
sind wir uns eigentlich alle einig. Dazu gibt es eine
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das ist eine Behauptung von Ihnen! Dazu gibt es keine Gerichtsentscheidung!)


Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung ist
die Nachrichtendienstliche Lage dienstags vormittags im
Kanzleramt.


(Thomas Oppermann [SPD]: Da will der Ströbele aber rein!)


Ströbele will, dass Abgeordnete daran teilnehmen oder
zumindest die dort gegebenen Informationen erhalten.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Nein!)


Da trennen uns Welten; da sind wir grundsätzlich ande-
rer Meinung. Das ist nicht Aufgabe des Parlaments.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das ist wirksame Kontrolle!)


Sie haben gesagt: Das Parlament soll in toto infor-
miert werden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht über alles, aber über vieles!)


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(C (D uch das ist falsch. Dem liegt ein regelrechter Denkfeher in Bezug auf dieses Gremium zugrunde. Warum? ir, die neun Mitglieder dieses Gremiums, auch Sie, ind mit Kanzlermehrheit gewählt, um unserer Kontrollätigkeit abschließend und ohne Rückkoppelung mit dem arlament nachzugehen. Es wäre nicht systemgerecht, enn wir neun in den Fraktionen alles weitererzählten. an kann darüber diskutieren – das werden wir auch och tun –, ob man gegenüber den Spitzen der Fraktioen eine Ausnahme machen kann. Überhaupt, Herr ešković: Wir befinden uns heute in der ersten Lesung nd werden uns erneut treffen. Wir sollten uns das eine der andere noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich glaube, es ist gut, dass wir das Grundgesetz dahin ehend ändern wollen, dass dieses Gremium demonstraiv in der Verfassung verankert wird. Die verstärkte Konrolltätigkeit wird zu mehr Zusammenarbeit führen. Uns ist vollkommen klar, dass wir ein hohes Maß an erantwortungsbewusstsein an den Tag legen müssen, eil wir durch Indiskretionen regelrecht sicherheitsge ährdend tätig sein können. Um Schaden von der Bunesrepublik Deutschland abzuwenden, dürfen wir nichts us diesem Gremium hinaustragen. Das ist ganz wichtig; aran muss sich jeder halten. Deswegen ist es wahrcheinlich auch falsch, Herr Ströbele, wenn die Mitrbeiter, die wir jetzt zu Recht hinzuziehen können, auch leich das Recht erhalten, mit in die Sitzung zu gehen. ein, das wäre ein Schritt zu weit. Wir sollten die Zahl er Mitglieder nicht gleich verdoppeln von 9 auf 18. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat auch keiner vorgeschlagen!)


ir sollten uns zwar eine Arbeitshilfe geben, aber die
öglichkeiten zur Indiskretion nicht mutwillig vergrö-

ern.

Ich glaube, dass Herr Oppermann die richtigen Worte
ewählt hat, als er gesagt hat, dass das Parlamentarische
ontrollgremium nicht Feind, sondern Partner der
ienste sein soll. Die Dienste sollen nämlich im Ver-

rauen auf die Geheimhaltung durch uns Vorkommnisse
on besonderer Bedeutung partnerschaftlich rechtzeitig
erichten. Wir müssen wissen, wie wir damit umzuge-
en haben: Wir müssen sie für uns behalten, können aber
emeinsam darüber diskutieren. Damit wird jeder – der
ienst, die Regierung und auch wir als Parlamentarier in
ertretung des Gesamtparlaments – der Rolle eines part-
erschaftlichen Umgangs gerecht.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Rüdiger Veit [SPD])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621509800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 16/12411, 16/12412, 16/12189 und
6/12374 an die in der Tagesordnung aufgeführten
usschüsse vorgeschlagen. Die Vorlage auf Druck-

ache 16/12189 zu Tagesordnungspunkt 32 c soll eben-






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
falls federführend im Innenausschuss beraten werden.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 33 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Artikel-10-Geset-
zes

– Drucksache 16/509 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/12448 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Helmut Brandt
Klaus Uwe Benneter
Dr. Max Stadler
Ulla Jelpke
Wolfgang Wieland

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Helmut Brandt, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1621509900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren im Plenum wie auch auf der Tribüne! Ich möchte
zu Beginn, damit die Zuhörerinnen und Zuhörer verste-
hen, worüber wir reden, nur kurz deutlich machen: Es
geht um ein Gesetz, das sich auf Art. 10 unseres Grund-
gesetzes bezieht, also auf das Post- und Fernmeldege-
heimnis.

Die erste Änderung des Artikel-10-Gesetzes, über die
wir heute beraten, beruht auf Erkenntnissen, die im Zuge
einer Evaluierung gewonnen wurden. Die Evaluierung
hat gezeigt, dass dieses Gesetz durchaus seinen Ansprü-
chen gerecht wird. Es hat sich aber erwiesen, dass die
den Sicherheitsbehörden zustehenden Befugnisse nicht
mehr den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten
genügen.


(Zuruf des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Mit anderen Worten, Herr Ströbele: Die derzeitigen Be-
fugnisse der Sicherheitsbehörden sind nicht hinreichend
für eine effektive Erfüllung ihrer Aufgaben.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)


Ich nenne ein Beispiel: Ein junger Deutscher tune-
sischer Abstammung steht in Verdacht, die im Septem-
ber 2007 festgenommene Sauerland-Zelle dadurch un-
terstützt zu haben, dass er Zünder aus der Türkei nach
Deutschland geschmuggelt hat. Trotz dieses bestehenden
Verdachts konnte kein auf den damals erst 15-Jährigen
bezogener Informationsaustausch stattfinden. Begründung:

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(C (D ine Speicherung entsprechender Daten Minderjähriger nter 16 Jahren in Dateien scheitert an der bestehenden echtslage. Die Erfahrung zeigt aber, dass extremistische Organiationen, die zum Beispiel in Europa für den Dschihad ropaganda machen, über verschiedene Foren im Interet vermehrt Jugendliche rekrutieren und dass dieser all durchaus kein Einzelfall ist. Wir halten es deshalb ür erforderlich, die Altersgrenze für die Speicherung nd den Austausch von Daten Minderjähriger von 16 auf 4 Jahre zu senken. Dem Interesse der Minderjährigen n Datenschutz wird dadurch Rechnung getragen, dass ie Speicherung und Nutzung von deren Daten nur dann ulässig sind, wenn tatsächlich Anhaltspunkte dafür betehen, dass von diesen Jugendlichen eine erhebliche efahr für Leib oder Leben eines Dritten ausgehen önnte. Einer neuen Studie zufolge sind immerhin ,9 Prozent der Jugendlichen Mitglied einer rechtsextreen Gruppierung. Mir erscheint folgende Änderung im Kampf gegen echtsextremismus, die ebenfalls in diesem Änderungsesetz vorgesehen ist, von ganz besonderer Bedeutung: ls gemeinnützig anerkannte extremistische Organisa ionen können in der Regel leichter als andere Spenden kquirieren und entsprechende Steuerprivilegien nutzen. ie hieraus resultierende Finanzausstattung versetzt sie ann in die Lage, ihre extremistischen Bestrebungen achhaltiger zu verfolgen. Um dies zu verhindern, wird em Bundesverfassungsschutz nunmehr die Befugnis ereilt, bei den Finanzämtern, die dem Steuergeheimnis nterliegen, die Auskunft einzuholen, ob eine solche Oranisation als gemeinnützig anerkannt ist. Dem Bundesnachrichtendienst wird mit einer weiteen Änderung zudem die Befugnis zur gerätebezogenen berwachung von Handys erteilt. Auch hier erfolgt die esetzänderung aufgrund der gewonnenen Erfahrung, ass häufig das gleiche Mobiltelefon benutzt wird, allerings mit ständig wechselnden SIM-Karten, sodass eine ontinuierliche Überwachung des Handys derzeit unöglich ist. Zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens geört die zusätzliche Befugnis des Bundesnachrichtenienstes, strategische Fernmeldeaufklärung in zwei Beeichen zu betreiben: einerseits zur Unterbindung des nternationalen Rauschgifthandels und andererseits zur hndung der illegalen Schleuserkriminalität innerhalb er Europäischen Union, allerdings mit der Einschränung, dass ein Bezug zur Bundesrepublik Deutschland estehen muss. Neben all den Änderungen, die ich aufgeführt habe, etrifft eine der wichtigsten Änderungen den Kernbeeichsschutz privater Lebensgestaltung. Wir alle erinern uns noch an die jüngst geführte Debatte zum Buneskriminalamtgesetz. Die Kernbereichsregelung, auf ie wir uns nach etlichen Diskussionen verständigt haen, wird nunmehr auch Gegenstand des Artikel-10-Geetzes. So wird das sogenannte Richterband eingeführt: ei Zweifeln über die Kernbereichsrelevanz eines Ge präches im Rahmen einer Live-Abhörmaßnahme muss Helmut Brandt die Entscheidung eines Mitglieds der G-10-Kommission eingeholt werden. Mit diesem Gesetz werden nicht alle berechtigten Erwartungen an ein Änderungsgesetz erfüllt. Vielmehr ist es notwendig, beispielsweise im Bereich der QuellenTKÜ und des Betriebssystems NADIS-neu in der nächsten Legislaturperiode weitere Änderungen vorzunehmen, um die Möglichkeit der Aufklärung durch unsere Sicherheitsbehörden an die sich ständig verändernden technischen und tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. Lassen Sie mich zusammenfassend sagen, dass mit den jetzt vorgenommenen Änderungen ein erster wichtiger Schritt unternommen wird, um bestehenden und künftigen Bedrohungsszenarien im Bereich des Terrorismus, der Proliferation und des Rechtsextremismus effektiv begegnen zu können. Wir bitten um Ihre Zustimmung. Besten Dank. Für die FDP-Fraktion gebe ich das Wort dem Kolle gen Dr. Max Stadler. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bitte des Kollegen Brandt, diesem Gesetz zuzustimmen, kann die FDP-Fraktion leider nicht erfüllen. Ich komme gleich auf die Einzelheiten zu sprechen. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hoffentlich!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621510000

(Beifall bei der FDP)

Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1621510100

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass wir es mit ei-
nem äußerst sensiblen Bereich zu tun haben, der den
Deutschen Bundestag erstmals in dieser Form im Jahr
1968 beschäftigt hat, als die erste Große Koalition aus
CDU/CSU und SPD regiert hat. Damals, am 13. August
1968, ist das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post-
und Fernmeldegeheimnisses – es heißt G-10-Gesetz,
weil es Art. 10 des Grundgesetzes einschränkt – in Kraft
getreten. Dagegen gab es eine Verfassungsklage. Das
Bundesverfassungsgericht hat das Gesetz mit Mehrheit
für verfassungskonform erachtet, jedenfalls im Grund-
satz, wenn es später auch Details beanstandet hat. Es gab
aber das berühmte Sondervotum der Verfassungsrichte-
rin Wiltraud Rupp-von Brünneck, das Rechtsgeschichte
geschrieben hat. Sie schrieb in dieses Sondervotum:
Principiis obsta – wehret den Anfängen!


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


Das war der erste Schritt zur Abkehr von rechtsstaat-
lichen Grundsätzen, weil mit diesem Gesetz der damali-
gen Großen Koalition die richterliche Kontrolle bei ei-
nem Grundrechtseingriff beseitigt worden ist.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Eine Mehrheit des Bundesverfassungsgerichts hat ieses Gesetz dennoch für verfassungskonform gehalten. eswegen hatte der Deutsche Bundestag die Aufgabe, in er G-10-Kommission den Grundrechtsschutz so gut wie öglich zu gewährleisten. Ich will an dieser Stelle nicht erschweigen, dass die Kontrolldichte in diesem Bereich erade in den letzten Jahren wesentlich verbessert urde. Wir wissen mittlerweile aus Studien des Maxlanck-Instituts, dass auch die richterliche Kontrolle im ereich Telefonüberwachung in manchen Fällen nicht ie gewünscht funktioniert hat. Ich will die Gelegenheit der heutigen Debatte nutzen, m zu erwähnen, dass gerade unter dem Vorsitz des ozialdemokraten Dr. Hans de With, der in der sozial iberalen Koalition Staatssekretär im Bundesjustizminiserium unter Dr. Hans-Jochen Vogel gewesen ist – das inmal zur rechtsstaatlichen Tradition der SPD –, verucht wurde, den Grundrechtsschutz zur Geltung zu ringen. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


Dieses verdienstvolle Bemühen der G-10-Kommis-
ion wird meiner Meinung nach teilweise konterkariert,
ndem mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf schon
ieder Erweiterungen der Eingriffsbefugnisse der Nach-

ichtendienste geschaffen werden, ohne dass sie zwin-
end notwendig sind. Ich nehme das Beispiel auf: Ist es
enn unumgänglich, die Daten Jugendlicher zu spei-
hern? Was ist der nächste Schritt?


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kinder!)


n einem Bundesland gab es kürzlich die Speicherung
er Daten von Kindern. Wollen wir das wirklich? Wir
aben doch eines aus dem BND-Untersuchungs-
usschuss gelernt: Es gibt oft Verdachtsmomente, die
ich aus zweiter Hand speisen und die äußerst vage sind.
as ist nicht so, wie wenn vor Gericht nach einem strik-

en Verfahren etwas festgehalten wird. Deshalb muss
an, wenn es darum geht, schon Jugendliche oder gar
inder zu erfassen, äußerst vorsichtig sein.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völlig richtig!)


Ich frage mich auch, ob Schleuserkriminalität Gegen-
tand der strategischen Fernmeldeaufklärung sein muss.
chleuserkriminalität ist strafrechtlich gesehen Unrecht.
ir können den BND aber nicht auf alle Straftaten an-

etzen. Es muss klar getrennt werden zwischen Geheim-
ienstarbeit und Polizeiarbeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


Ich komme zum Schluss. Das Verfahren, das die
roße Koalition gewählt hat, ist eine Zumutung. Sie ha-
en den Gesetzentwurf im Jahr 2006 eingebracht. Dann
lieb er drei Jahre bei Ihnen liegen. Am letzten Freitag
ind Sie mit zahlreichen Änderungen gekommen, die
eute in zweiter und dritter Lesung durchs Parlament ge-
en sollen. Das ist jetzt ein völlig anderer Gesetzentwurf






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler
als der, den Sie vor drei Jahren eingebracht haben. Sie
haben sich mit dieser Vorgehensweise die erste Lesung
für diesen völlig neuen Gesetzentwurf, den Sie uns letz-
ten Freitag um 14 Uhr per Fax ins Büro geschickt haben,
gespart. Sie haben so eine korrekte Behandlung in den
Ausschüssen, vielleicht mit Sachverständigenanhörung,
umgangen, und das in einem Bereich, der grundrechts-
relevant ist. Dem können wir nicht zustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621510200

Für die SPD-Fraktion gebe ich das Wort dem Kolle-

gen Klaus Uwe Benneter.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird jetzt eine schwere Aufgabe!)



Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1621510300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolle-

ginnen und Kollegen! Ich zitiere zunächst aus dem
Grundgesetz, damit die Zuhörerinnen und Zuhörer, die
etwas zahlreicher als wir erschienen sind, auch etwas
von unserer Debatte haben. In Art. 10 des Grundgesetzes
heißt es:


(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fern-

meldegeheimnis sind unverletzlich.


(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines

Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschrän-
kung dem Schutze der freiheitlichen demokrati-
schen Grundordnung oder des Bestandes oder der
Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann
das Gesetz bestimmen, dass sie dem Betroffenen
nicht mitgeteilt wird und dass an die Stelle des
Rechtsweges die Nachprüfung durch von der
Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane
tritt.

Um das Gesetz, das in Art. 10 des Grundgesetzes ermög-
licht wird, geht es.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer wieder geht es darum!)


Deswegen heißt es gemeinhin G-10-Gesetz.

Das G-10-Gesetz ist zuletzt vor acht Jahren novelliert
worden, im Jahre 2001, allerdings vor September 2001.
Dann hat – Kollege Brandt hat darauf hingewiesen –
eine Evaluierung stattgefunden. Wie er will auch ich die
Zuhörer einbeziehen: Es ist also überprüft worden, ob
das Gesetz in der Praxis etwas taugt, ob es standhält. Da-
bei hat sich herausgestellt, dass das Gesetz im Wesentli-
chen gut gemacht ist und lediglich in einigen Details,
insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung des inter-
nationalen Terrorismus, Anpassungen erfahren muss.

Dann ist lange an den Änderungen gearbeitet worden.
Im Jahre 2006 – der Kollege Stadler hat darauf hinge-
wiesen – hat es den Entwurf gegeben.

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(C (D (Dr. Max Stadler [FDP]: Das ist schon lange her!)


ieser Entwurf ist unter Rot-Grün entstanden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2006? Leider nicht mehr!)


r ist dann, Herr Ströbele, als rot-schwarzer Entwurf in
er neuen Legislaturperiode eingebracht worden. Das
age ich nur vorsorglich, weil ich weiß, dass Sie nach
ir sprechen werden und unter Umständen alles Mögli-

he kritisieren werden. Es ist unser damaliger gemeinsa-
er Entwurf, den wir heute hier beraten.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den haben Sie doch verschlechtert!)


Wegen des Vorrangs des BKA-Gesetzes, das ebenfalls
ehr ausführlich beraten werden musste, haben wir den
ntwurf damals zurückgestellt. Richtig ist, dass – auch

ür uns ganz plötzlich – mit einer sehr weitgehenden und
mfassenden sogenannten Formulierungshilfe versucht
urde, uns einen neuen Gesetzentwurf unterzujubeln.
a haben wir nicht mitgemacht. Wenn Sie jetzt sagen,
as sei ein neuer Gesetzentwurf geworden, dann ist das
icht richtig. Wir haben es im Wesentlichen bei dem
ntwurf, den wir unter Rot-Grün entwickelt haben, be-

assen und ihn lediglich an ein paar Entwicklungen ange-
asst.

Ich nenne die vier wesentlichsten Punkte: Erstens
eht es darum, den Schmuggel von Kriegswaffen zu un-
erbinden, hier also bessere Möglichkeiten zur Aufklä-
ung zu schaffen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Proliferation!)


as gilt nur für Schiffe, die außerhalb deutscher Ho-
eitsgewässer unterwegs sind; sonst ist das Zollkriminal-
mt zuständig.

Zweitens geht es um bedeutsame Fälle von Schleuser-
riminalität, die sich erst in den letzten Jahren in dieser
eise international entwickelt hat.

Drittens geht es darum, deutsche Handys im Ausland
ber ihre Telefonnummern lokalisieren zu können, zum
eispiel im Falle einer Entführung.


(Dr. Max Stadler [FDP]: Der Punkt ist gut!)


Viertens werden die Nachrichtendienste dazu befugt,
on sich aus bei den Finanzämtern nachzufragen, ob ein
erein gemeinnützig ist oder nicht. Das ist sehr sinnvoll.
ir fragen uns doch immer, weshalb rechtsradikale Ver-

ine von uns noch unterstützt werden. Oftmals stellt sich
eraus, dass sie unerkannt weiterhin als gemeinnützig
eführt werden.

Das sind die vier wesentlichen Neuerungen, die in
iesen Gesetzentwurf eingeflossen sind, und das haben
ir gemeinsam verabredet.

Was seitens unseres Koalitionspartners, vor allem des
n diesen Fragen unersättlichen Innenministers, einzu-
ringen versucht wurde, was wir aber nicht aufgenom-
en haben, sind die Vorratsdatenspeicherung und der






(A) )



(B) )


Klaus Uwe Benneter
Zugriff durch die Verfassungsschutzbehörden. Das wird
es mit uns nicht geben. Ebenso wird die NADIS-Datei
keine Volltextdatei werden, sondern eine Indexdatei blei-
ben. Die NADIS-Datei ist eine Datei, mit deren Hilfe die
Verfassungsschutzbehörden untereinander Informatio-
nen austauschen können und auf die sie gemeinsam zu-
greifen können.

Wir haben erreicht, dass der Kernbereichsschutz aus-
geweitet wurde. Er ist so formuliert wie in der Strafpro-
zessordnung und wie im Bundeskriminalamtgesetz.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb ist es immer noch falsch! – Dr. Max Stadler [FDP]: Das ist wieder derselbe Fehler!)


– Sie haben das immer kritisiert. Auch der Bundesdaten-
schutzbeauftragte hat das in den letzten Tagen kritisiert
und sich darauf bezogen, dass Erkenntnisse aus dem
Kernbereich privater Lebensgestaltung eine Telefon-
überwachung von vornherein ausschließen. Das ist klar.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt „klar“? Das Gegenteil ist klar!)


Wir haben die Regelung getroffen, dass, wenn sich erst
im Laufe einer Überwachung herausstellt, dass der
Kernbereich betroffen ist, die Überwachung sofort zu
unterbrechen ist, weil der Kernbereichsschutz Vorrang
hat. Das heißt, die Menschen in unserem Lande sollen
prinzipiell unkontrolliert telefonieren und Briefe austau-
schen können.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können sie doch gerade nicht!)


Das muss auch weiterhin gewährleistet sein; denn bei
uns sind Aktivitäten von Geheimdiensten grundsätzlich
nur ausnahmsweise gerechtfertigt.

Zu dem Kritikpunkt, was die Speicherung von Daten
Minderjähriger angeht. Wir haben die gewünschte Rege-
lung, das Alter generell herabzusetzen, verhindert. Es
gibt lediglich im Einzelfall die Möglichkeit, die Daten
zu speichern. Das setzt aber voraus, dass ganz konkrete
Erfahrungen und Erkenntnisse vorhanden sind.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Aber es darf natürlich nicht so weit gehen, wie es nach
der Meinung des Datenschutzbeauftragten sein müsste.
Er verkennt einfach den Unterschied zwischen polizeili-
chen Aufgaben und den Aufgaben der Geheimdienste.
Herr Kollege Stadler, Sie haben selbst auf diesen Unter-
schied hingewiesen. Da muss es eine klare Trennung ge-
ben. Die Geheimdienste untersuchen keine Gefahrenla-
gen, erst recht keine konkreten Gefahrenlagen. Dafür ist
die Polizei im Rahmen von Strafverfolgungsmaßnahmen
zuständig. Die Geheimdienste sollen aber weiterhin im
Vorfeld Aufklärungsarbeit leisten. Wenn Minderjährige
als Boten für Waffen, Munition oder Sprengstoff einge-
setzt werden, muss es im konkreten Einzelfall möglich
sein, entsprechende Daten speichern und übermitteln zu

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(C (D önnen. Nicht mehr ist in dem Gesetzentwurf enthalten; as haben wir durchgesetzt. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gegenteil ist richtig!)


Ich meine, dass es uns gelungen ist, zu einem guten
esetz zu kommen, das sich sehen lassen kann. Die ge-
lanten Änderungen sind sinnvoll, wohlüberlegt und
uch lange beraten worden.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht mit uns!)


err Kollege Stadler, Sie beschweren sich zu Unrecht
arüber, dass es erst in letzter Minute Formulierungsvor-
chläge gab. Wir jedenfalls haben sie sehr eingehend und
usführlich beraten.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist „wir“?)


Das sind die Koalitionsfraktionen, die für das Gesetz
erantwortlich sind.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind 22 neue Seiten!)


Wir geben den Geheimdiensten einige wenige neue
efugnisse, für die ein unabweisbares Bedürfnis besteht.

m Gegenzug schaffen wir mit den Regelungen gerade
um Kernbereichsschutz für die zeugnisverweigerungs-
erechtigten Personen und erst recht mit den Regelungen
u den Benachrichtigungen einen wesentlich umfassen-
eren Schutz für die Betroffenen. Das ist eine verant-
ortliche Politik mit klarer sozialdemokratischer Hand-

chrift.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine ganz schlechte Handschrift! – Dr. Max Stadler [FDP]: Mit einer unleserlichen Handschrift!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621510400

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau, Fraktion Die

inke.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621510500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch beginne mit einem Dank an meine Vorredner. Ich
uss jetzt nicht mehr Art. 10 Abs. 1 und 2 vorlesen, weil

lle, die an dieser Debatte teilnehmen, schon wissen,
orum es geht. Ich will aber ergänzen: Die Kontrolle
ber die tatsächlichen Eingriffe in das Post- und Fern-
eldegeheimnis obliegt den Organen der Volksvertre-

ung. Auch das regelt Art. 10 des Grundgesetzes. Mit
em G-10-Gesetz werden Geheim- und Nachrichten-
ienste befugt, das beschriebene Grundrecht gezielt au-
er Kraft zu setzen. Darin liegt die Brisanz dieses Arti-
els und aller Regelungen, die wir hierzu beraten und
eschließen.

Es wurde auch schon gesagt, dass das geltende G-10-
esetz aus dem Jahre 2001 stammt. Ich habe damals mit






(A) )



(B) )


Petra Pau
Nein gestimmt – übrigens im Unterschied zu den Grü-
nen. Bereits seinerzeit hatten Datenschützer und Bürger-
rechtler moniert, dass der Eingriff in das Fernmeldege-
heimnis von einer absoluten Ausnahme immer mehr zu
einem üblichen Regelfall wird.

In diese Negativrichtung zielen nun auch die Ände-
rungen, die heute beschlossen werden sollen. Die Befug-
nisse des BND werden ausgeweitet, ebenso die Fälle, bei
denen das Fernmeldegeheimnis außer Kraft gesetzt wer-
den darf. Es ist also naheliegend und sicherlich auch
nachvollziehbar, dass die Fraktion Die Linke dazu erneut
Nein sagen wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Hinzu kommt – wir haben es beim letzten Tagesord-
nungspunkt debattiert –: Alle Fraktionen beschweren
sich aktuell darüber, dass sich der Bundesnachrichten-
dienst nicht in die Karten schauen lässt. Aber wenn wir
keine hinreichende parlamentarische Kontrolle über das
Tun und Lassen des BND haben, dann ist es recht unlo-
gisch, ihn jetzt vorauseilend mit weiteren Befugnissen
und Sonderregeln auszustatten. Wir sollten vielleicht erst
einmal die Kontrolle hinreichend regeln und dann weiter
darüber reden.


(Beifall bei der LINKEN)


Ein weiterer Kritikpunkt der Fraktion Die Linke hat
schon eine Rolle gespielt: Der vorliegende Gesetzent-
wurf ist rund drei Jahre alt. Kurz vor Beratungsschluss
wurde noch eine Vielzahl von Änderungen vorgenom-
men, allerdings nicht nur ohne die Opposition über die-
ses Vorhaben rechtzeitig in Kenntnis zu setzen, sondern
auch ohne den Bundesbeauftragten für den Datenschutz
in Kenntnis zu setzen, dass man so etwas einbringen
will, geschweige denn seinen Rat einzuholen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Ich muss sagen: Ein Schelm, Kollege Benneter, wer da-
bei an Zufall denkt!


(Beifall bei der LINKEN)


Trotzdem hat Peter Schaar vorgestern dem Bundestag
eine erste Stellungnahme zu diesen Änderungsanträgen
zugeschickt. Der Kern seines Kurzgutachtens ist: Er hält
den nun verändert vorliegenden Entwurf für nicht mit
dem Grundgesetz vereinbar. Nun weiß man, dass es
manch einen im Hause gibt, den das nicht stört, der es
mit dem Grundgesetz nicht so genau nimmt. Die Linke
nimmt es sehr genau.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Ich finde, Sie sollten nicht ständig nach Karlsruhe schie-
len, in der Hoffnung, dass Sie dort die nötige Politikbe-
ratung bekommen, um ein richtiges Gesetz zu machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Gerade weil es um verbriefte Bürgerrechte geht, wird
sich die Linke auf die Seite der Verfassung stellen und
sie schützen. Wir werden folglich keinem Gesetzentwurf
zustimmen, der über die Bestimmungen des Art. 10 des
Grundgesetzes, die eingangs zitiert wurden, hinwegzielt

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(C (D (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das machen wir auch nicht!)


nd dessen Einhaltung im Übrigen aktuell durch den
undestag überhaupt nicht zu kontrollieren ist.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621510600

Ich gebe das Wort dem Kollegen Hans-Christian

tröbele, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

s ist richtig: Dieses sogenannte G-10-Gesetz, unter
em sich der normale Mensch nichts vorstellen kann,
urde unter Rot-Grün immer wieder behandelt. Wir ha-
en nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsge-
ichtes aus einem alten verfassungswidrigen Gesetz
001 ein verfassungsgemäßes Gesetz gemacht. Wir ha-
en gleichzeitig eine Evaluierung vorgesehen. Diese hat
ach zwei Jahren stattgefunden und zu einem Ergebnis
eführt. Daraufhin haben wir uns wieder zusammenge-
etzt und gefragt: Was muss jetzt geändert werden? – So
uss ein Gesetzgeber arbeiten.

Wir haben dann 2004/2005 einen neuen Vorschlag er-
rbeitet, der aber, weil einem gewissen Gerhard einfiel,
ass er die Legislaturperiode besser vorzeitig beendet,
icht mehr zum Zuge gekommen ist. Wir waren uns
icht in allen Punkten einig, aber etwa – Herr Kollege
enneter, ich gebe Ihnen recht – bei der Proliferation,
enn es also darum geht, den Transport von Kriegswaf-

en und sogenannten Dual-Use-Gütern, aus denen man
affen herstellen kann, zu unterbinden. Wir waren da-

ür, hier entsprechende Regelungen anzuwenden. Aber
ei den Schleusungen, beim Menschenhandel waren wir
ehr skeptisch; das war damals sehr streitig. Es ist dann
a zu keinem Gesetz mehr gekommen.

Nun haben Sie 2006 einen neuen Vorschlag vorgelegt,
u dem ich nicht sehr viel sagen möchte. Der Vorschlag
n Bezug auf die Proliferation ist in Ordnung. Andere
unkte sind nicht in Ordnung.

Was Sie aber vor wenigen Tagen, vom Kollegen Uhl
ugeschickt, nachgeliefert haben, ist keine kleine Ände-
ung; die Änderungen umfassen 22 Seiten.


(Dr. Max Stadler [FDP]: 23 Seiten!)


iele Paragrafen des Gesetzentwurfes wurden geändert.
s gibt neue Formulierungen und alte Formulierungen,
ie verändert worden sind. Es gibt Formulierungen, die
us dem BKA-Gesetz übernommen worden sind. So
eht es wirklich nicht. Wir können darüber in den Aus-
chüssen nicht mehr reden. Sie wollen das heute im Eil-
erfahren durchziehen. Das, was Sie hier versuchen, ist
nparlamentarisch und undemokratisch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Im Innenausschuss hat keiner das Wort ergriffen!)







(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele
Jetzt komme ich zu den Inhalten. Dieser Gesetzent-
wurf, den Sie jetzt verabschieden wollen, Herr Kollege
Benneter – –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621510700

Herr Kollege Ströbele, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Benneter?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Klar. Wir sind ja Berliner und können noch ein biss-
chen diskutieren.


Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1621510800

Herr Kollege Ströbele, ich bin sowohl Mitglied des

Innenausschusses als auch des Rechtsausschusses. In der
Sitzung des Innenausschusses in dieser Woche hat nicht
ein einziger Abgeordneter, auch keiner aus der Opposi-
tion, das Wort in der Beratung dieses Gesetzentwurfs ge-
wünscht. Über den Gesetzentwurf ist ohne Debatte abge-
stimmt worden.

Stimmen Sie mir zu, dass lediglich im Rechtsaus-
schuss der Abgeordnete Ströbele das Wort ergriffen hat
und auf die Bedenken des Bundesdatenschutzbeauftrag-
ten hingewiesen hat? Mehr ist über diesen Gesetzent-
wurf nicht debattiert worden.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Innenausschusses war ich nicht anwesend. Dazu
kann ich nichts sagen. Ich weiß nicht, seit wann die Kol-
legen diese 22 Seiten vorliegen hatten. Darüber müssen
Sie sich gleich vielleicht mit dem Kollegen Wieland in
einem Streitgespräch auseinandersetzen.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Ich war in beiden Ausschüssen anwesend!)


Sie haben recht, was den Rechtsausschuss angeht.
Wenn Sie dieser Ihrer Obliegenheit als Mitglied des
Rechtsausschusses nachgekommen wären, hätten Sie
den Kollegen Ströbele, also mich, gehört.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Habe ich!)


Ich hätte Ihnen schon dort meine Bedenken vorgetragen
und erläutert, die sind dort allerdings nicht auf viel Ge-
genliebe gestoßen – leider.


(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das wird sich heute nicht ändern!)


Wenn Sie in der Sitzung des Rechtsausschusses meine
Bedenken ernst genommen hätten, hätten wir uns heute
vielleicht eine Diskussion über den einen oder anderen
Punkt ersparen und die Debatte abkürzen können. Also:
Immer auf Ströbele hören!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Max Stadler [FDP])


Jetzt komme ich zu den inhaltlichen Punkten. Sie ha-
ben aus dem BKA-Gesetz die Formulierung übernom-
men, dass dann, wenn klar ist, dass ein Sachverhalt al-

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(C (D ein den Kernbereich privater Lebensgestaltung betrifft, icht abgehört werden soll. Das muss aber feststehen. (Helmut Brandt [CDU/CSU]: Von vornherein!)


olche Fälle werden Sie ausschließen können. Die gibt
s so gut wie nie.


(Dr. Max Stadler [FDP]: Ja!)


as heißt, das, was Sie da reinschreiben, ist ein Placebo.

Die andere Regelung, die Sie aus dem BKA-Gesetz
bernommen haben, zu dem, was sonst aufgezeichnet
ird – nach dem BKA-Gesetz soll sich das dann ein
ichter ansehen und entscheiden, ob man das benutzen
arf oder nicht –, ist ein schlechter Witz. Da Sie den
ichter nicht beauftragen können, sagen Sie, das soll ein
itglied der G-10-Kommission sein. Nehmen wir den
ollegen Stadler, der Mitglied in der G-10-Kommission

st:


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre gut! Aber bei Herrn Uhl wäre das schlecht!)


ch stelle mir jetzt vor, wie der Kollege Stadler Woche
ür Woche, Tag für Tag, da sitzt und sich die Tonbänder
on den abgehörten Telefongesprächen anhört, mög-
ichst unter Hinzuziehung eines Dolmetschers. Das ist
och völlig lebensfremd. Das funktioniert doch nie.
enn Sie sich den vollen Terminkalender des Herrn

tadler anschauen, stellen Sie fest, dass er nicht einmal
ünf Minuten Zeit hat, um sich das anzuhören. Das ist
in völlig untauglicher Vorschlag. Den können Sie
leich zu den Akten nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun kommen wir zu der Kinderdatei. Der Kollege
enneter hat gesagt, dass wir bei einer klaren Gefahren-

age, wenn von einem Kind die Gefahr ausgeht, Gesprä-
he des Kindes aufnehmen und speichern können müs-
en. Das Kind könnte ja den Zünder oder die Pistole
ringen, und dadurch könnte eine brenzlige Situation
ntstehen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ermittlungsverfahren!)


as steht in Ihrem Vorschlag aber leider nicht drin, Herr
ollege Uhl. Wenn Sie das wenigstens hineingeschrie-
en hätten! In dem Gesetzentwurf steht aber, dass das
öglich ist, wenn „nicht ausgeschlossen werden kann“,

ass von dem Vorgang eine Gefahr ausgeht. Können Sie
o etwas jemals ausschließen? Nehmen wir einmal an,
ie haben einen vagen Hinweis aus irgendeiner Szene.
önnen Sie dann ausschließen, dass von dem Kind eine
efahr ausgeht, auch wenn der Hinweis noch so vage,
och so unvollkommen und noch so zweifelhaft ist?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621510900

Herr Kollege Ströbele, ich muss Sie an Ihre Redezeit

rinnern.






(A) )



(B) )


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ausschließen können Sie das nie. Sie wollen eine
Kinderdatei einführen. Das halten wir für unzulässig.
Auch aus diesem Grund lehnen wir diesen Gesetzent-
wurf ab. Den Änderungsvorschlag –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621511000

Herr Kollege Ströbele!


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– lehnen wir ab, auch weil er nicht beraten werden
konnte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621511100

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Stephan Mayer, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1621511200

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Es ist unbestreit-
bar, dass dem G-10-Gesetz eine außerordentlich hohe
gesellschaftspolitische, rechtspolitische, aber auch si-
cherheitspolitische Bedeutung zukommt. Wenn in einer
freiheitlich-demokratischen Gesellschaft wie der deut-
schen ein Eingriff in elementare Freiheitsrechte wie das
Briefgeheimnis, das Postgeheimnis oder das Fernmelde-
geheimnis vorgenommen wird, dann darf dies – das ist
in diesem Haus Gott sei Dank Konsens – nur in ganz
engen Grenzen – die Hürden dafür sind hoch – und nur
in ganz wenigen Ausnahmefällen erfolgen.

Angesichts dieses sehr schwierigen verfassungsrecht-
lichen Hintergrundes gilt es, besondere Sorgfalt an den
Tag zu legen, wenn Hand an das G-10-Gesetz gelegt
wird.

Mit dem jetzt vorliegenden Gesetz werden wir diesem
Anspruch aber in vollem Umfang gerecht. Meine sehr
verehrten Kollegen von der Opposition, es trifft nicht zu,
dass hier ein großer Rundumschlag gemacht wird. Viel-
mehr wird in ganz wenigen Ausnahmefällen geringinva-
siv in das G-10-Gesetz eingegriffen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt sonst „minimalinvasiv“!)


Herr Kollege Stadler, es ist richtig, dass wir uns mit
der Beratung dieses Gesetzes viel Zeit gelassen haben.
Dies war aber auch notwendig, um insbesondere der ge-
änderten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerich-
tes, aber auch – ich erinnere an den 11. September 2001
und den Umstand, dass seit diesem Tag insgesamt sieben
terroristische Angriffe auf deutschem Boden versucht
wurden – den geänderten Sicherheitsbedürfnissen und
der erhöhten Bedrohungssituation in Deutschland und
außerhalb Deutschlands Rechnung zu tragen. Die
Punkte, die jetzt aufgenommen wurden, sind meines Er-
achtens außerordentlich notwendig, um unsere Sicher-

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(C (D eitsbehörden, den Bundesnachrichtendienst und das undesamt für Verfassungsschutz, wirklich auf gleiche ugenhöhe mit dem internationalen Terrorismus und nsbesondere mit der organisierten Kriminalität zu brinen. Ein ganz wesentlicher Punkt: Seit 2003 sind insgeamt 41 Deutsche – ich habe es nachgezählt – im Ausand entführt worden: in Afrika, in Südamerika und im ittleren Osten. Allein im Jahr 2008 wurden 18 deutche Staatsangehörige verschleppt und entführt. Bisher ar es aufgrund der rechtlichen Situation leider nicht öglich, die Mobiltelefone der Betroffenen zu orten. ach der jetzigen Novellierung wird dies Gott sei Dank öglich sein. Ich sage „Gott sei Dank“, weil es hier, eine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der pposition, um Leib und Leben von deutschen Staats ngehörigen geht. (Dr. Max Stadler [FDP]: Dieser Punkt ist in Ordnung!)


s ist nur recht und billig, dass der Bundesnachrichten-
ienst nunmehr die Möglichkeit haben wird, sowohl die
erätenummer als auch die Mobiltelefone der entführten
eutschen zu orten.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gegen wen reden Sie jetzt?)


Ein weiterer wichtiger Punkt – das Stichwort Prolife-
ation ist schon gefallen –: Leider wird immer mehr
uklearwaffenfähiges Material verschifft; viele Trans-
orte erfolgen auf dem Seeweg. Bisher war es nicht
öglich, Telefone auf deutschen Schiffen außerhalb

eutscher Hoheitsgewässer zu überwachen. Dies wird
etzt nach der Änderung dieses Gesetzes möglich. Es
ann doch nicht sein, dass unsere Sicherheitsbehörden
uschauen müssen, wenn sich auf deutschen Schiffen
ekanntermaßen nuklearwaffenfähiges Material oder
riegswaffen befinden sollten, die dann im Zielland
öglicherweise dazu benutzt werden, Angriffe auf deut-

che Truppen oder sonstige deutsche Staatsangehörige
u unternehmen. Es kann uns aber genauso wenig recht
ein, wenn diese Kriegswaffen oder anderes Material
azu benutzt werden, Angriffe auf andere Staaten zu un-
ernehmen. Deswegen ist es richtig, dass wir mit diesem
eringinvasiven Eingriff in das G-10-Gesetz der verän-
erten Sicherheitssituation in Deutschland, aber auch
eltweit Rechnung tragen.

Ich halte es – das sage ich auch ganz offen – für ein
tückweit verantwortungslos, wie sich die Opposition
ei diesem wichtigen Gesetz verhält. Dieses Gesetz stellt
inen angemessenen Ausgleich dar zwischen den wichti-
en Sicherheitsinteressen Deutschlands und dem Schutz
ichtiger Individualrechtsgüter von deutschen Staats-

ngehörigen im Ausland einerseits und dem berechtigten
nd gar nicht zu unterschätzenden Anspruch des Staates
ndererseits, wichtige Freiheitsrechte wie das Fern-
elde-, Brief- oder Postgeheimnis zu wahren.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621511300

Herr Kollege Mayer, Sie müssen zum Schluss kom-

en.






(A) )



(B) )


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1621511400

Diese praktische Konkordanz wird mit diesem Gesetz

in vollem Umfang erfüllt. Deswegen kann ich Sie wirk-
lich nur alle ermuntern und auffordern, diesem Gesetz
zuzustimmen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621511500

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Ab-

stimmung über den von der Bundesregierung einge-
brachten Gesetzentwurf zur Änderung des Artikel-10-
Gesetzes. Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/12448, den Ge-
setzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/509
in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in
der zweiten Beratung mit den Stimmen der Koalition bei
Gegenstimmen der Opposition angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung: Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wol-
len, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Der Gesetzentwurf ist damit auch in der dritten Beratung
mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der
Opposition angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 34 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Katrin Kunert, Katja Kipping, Dr. Gesine
Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Keine Anrechnung der Abwrackprämie bei
ALG II und Eingliederungshilfe

– Drucksachen 16/12114, 16/12358 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Karl Schiewerling

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Gabriele Lösekrug-Möller, SPD-Fraktion.


Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1621511600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln den Antrag
der Linken „Keine Anrechnung der Abwrackprämie bei
ALG II und Eingliederungshilfe“. Zu den unzähligen
Anträgen der Fraktion Die Linke zu Veränderungen des
SGB ist ein weiterer hinzugekommen. Wir wissen: Er
wird nicht der letzte sein. Betrachtet man diese Serie, be-
stätigt sich der Eindruck, dass sie alle – mal mehr, mal
weniger – populistisch belegen sollen, wie unzureichend

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(C (D nser Sozialstaat für seine Bürger sorgt. Nach dem otto „Steter Tropfen höhlt den Stein“ scheint es Ihnen arum zu gehen, Vertrauen in die Sozialgesetzgebung rundsätzlich zu unterminieren. ch finde das problematisch. Es geht Ihnen dabei nicht ur um die Höhe der Regelsätze und um Fragen der Anechenbarkeit von Einkünften, sondern Sie sind auch daei, das Prinzip der Nachrangigkeit sturmreif zu schieen. Dafür liefern wir Ihnen weder Waffen noch unition. Parallel zu diesen Angriffen fordern Sie, den Leisungsbereich qualitativ und quantitativ nach der Devise Immer mehr Leistung für immer mehr Anspruchsbeechtigte“ auszuweiten. Bei dem Antrag heute geht es m die Umweltprämie. Sie verlangen die Nichtanrechung dieses Zuschusses als Einkommen bei Grundsicheungsempfängern nach SGB II und XII. Schon bei der Beratung im Fachausschuss wurde eutlich, dass es keine einheitliche Bewertung Ihrer Forerung gibt. Meines Erachtens ist die Umweltprämie ein ehr erfolgreiches Instrument. Es stärkt die Nachfrage ach Autos und hilft damit, die Auswirkungen der Wirtchaftskrise auf die Automobilindustrie abzuflachen. rotzdem ist sie umstritten. Das hat sich gerade anläss ich der Verlängerung dieser Förderung gezeigt. Auch ei der Frage der Anrechenbarkeit gibt es im Parlament eine Übereinstimmung. Wer steht für welche Lösung? Bei unserem Koaliionspartner gibt es zwar Sympathien für die Nichtnrechnung, aber keine wirkliche Zustimmung. (Zuruf von der LINKEN: Wie steht es denn bei Ihnen?)


(Andrea Nahles [SPD]: So ist es!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


oweit ich weiß, kommt aus der Spitze der Fraktion ein
lares Nein. Das Bundesministerium für Arbeit und So-
iales ist davon überzeugt, dass die gesetzliche Grund-
age zu einer Anrechnung zwingt. Der Präsident des
undessozialgerichtes vertritt in der Presse die gegentei-

ige Auffassung.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


ogischerweise liegen jedoch noch keine Urteile, gar
etztinstanzliche, vor. Deshalb äußert er sich auch nicht
ua Amt.

Die SPD-Fraktion hat sich selbstverständlich mit die-
er Frage befasst. Für uns – das darf ich sagen – ist die
erzeitige Praxis und damit die Gesetzeslage unbefriedi-
end.


(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)


ir sehen in der Umweltprämie ein Marktanreizinstru-
ent. Sie ist eine der vielen Antworten auf die schwie-

ige wirtschaftliche Lage und soll dazu beitragen, in der
uto- und Zulieferindustrie Arbeitsplätze zu erhalten.
ir haben es – Frau Kipping, das ist auch für Sie interes-






(A) )



(B) )


Gabriele Lösekrug-Möller
sant – also mit einem einzigartigen Impuls der Nachfra-
gesteigerung zu tun.


(Zuruf von der LINKEN: Nachhaltig!)


Bezieher und Bezieherinnen von Grundsicherung, Ar-
beitssuchende und Menschen mit Behinderungen davon
auszuschließen, halten wir für falsch.


(Beifall bei der SPD)


Denn auf der einen Seite nehmen wir Mitnahmeeffekte
hin. Ich bin sicher, dass das unvermeidbar ist, wenn man
bürokratischen Aufwand gering halten will. Wir dürfen
jedoch andererseits nicht Personengruppen ausschließen,
die aus meiner Sicht ganz besonders auf einen Zuschuss
angewiesen sind, um sich ein neues kleines Auto kaufen
zu können.

Ich komme aus einer ländlichen Region. Dort sind die
Wege zur Arbeit – auch zu der Arbeit, die man sucht –
weit. Der ÖPNV ist nicht mit der BVG in Berlin zu ver-
gleichen.


(Beifall des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621511700

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Seifert?


Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1621511800

Ja, selbstverständlich.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621511900

Liebe Frau Kollegin, Sie sagen, dass Sie selbst nicht

so genau wissen, wer in den Koalitionsfraktionen bei
dieser Frage wofür steht. Sie haben jetzt gerade gesagt,
die SPD-Fraktion sei dagegen, dass Menschen mit Be-
hinderungen, die auf einen Pkw angewiesen sind und
laut Eingliederungshilfe eingegliedert werden sollen,
diese Abwrackprämie auf ihr ohnehin geringes Einkom-
men angerechnet bekommen. Sie sagen, Sie sind dage-
gen. Aber Ihre Kollegin Silvia Schmidt macht großes
Theater, dass es eine Sauerei sei, dass es angerechnet
werde. Was ist denn nun die Meinung der SPD-Fraktion,
und warum lassen Sie nicht einfach offen abstimmen?
Dann würden wir sehen, wie die Mehrheiten hier sind.


(Beifall bei der LINKEN)



Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1621512000

Herr Kollege Seifert, Ihre Frage hätte sich erübrigt,

wenn Sie meine nächsten Sätze gehört hätten. Wir als
SPD-Fraktion – dazu gehört auch meine Kollegin Silvia
Schmidt – sind definitiv dafür, herbeizuführen, dass die
Umweltprämie als nicht anzurechnendes Einkommen
gilt.


(Beifall bei der SPD)


Dazu möchte ich gerne noch einige Ausführungen ma-
chen.

Bevor Sie Ihre Zwischenfrage stellten, war ich gerade
dabei, zu schildern, dass jene, die in meiner Heimat Ar-

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(C (D eit suchen, auf einen Pkw angewiesen sind. Ich empehle Ihnen, sich einmal den Parkplatz vor einem Jobenter anzuschauen. Das ist keine Ausstellung von euwagen. Selbst jeder Autohändler würde seinen Blick bwenden. Hohe Verbrauchskosten sind ein weiteres Arument. Hinzu kommen klimapolitische Aspekte, von enen noch gar nicht die Rede war. Herr Seifert, unsere orderung erstreckt sich nicht nur auf das SGB II, sonern auch auf das SGB XII. Meine Antwort auf Ihre Frage lautet: Menschen mit ehinderung nur deshalb die Umweltprämie vorzuentalten, weil sie im Leistungsbezug sind, würde meines rachtens unserer guten Politik für Menschen mit Behinerung widersprechen. (Beifall des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD] – Heinz-Peter Haustein [FDP]: Ihr beklatscht euch immer nur selbst!)


eshalb verlangt die SPD-Bundestagsfraktion auch im
inblick auf Menschen mit Behinderung die Nichtan-

echnung auf das Einkommen.

Wie können wir das erreichen?


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Sie sollten einfach unserem Antrag zustimmen!)


ir appellieren ganz herzlich an unseren Koalitionspart-
er.


(Beifall bei der SPD)


nsere Bereitschaft, mit Ihnen eine gesetzliche Klarstel-
ung vorzunehmen, ist da.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Zuckerbrot und Peitsche!)


Ich erlaube mir noch eine Anmerkung an die Antrag-
teller und verweise auf den Beginn meiner kurzen
ede. Die Sozialpolitik der Bundesrepublik Deutschland
uss weiterentwickelt werden, wenn sie den Herausfor-

erungen heute und in Zukunft gerecht werden soll; ich
enke, hier sind wir alle einer Meinung. Sozialdemokra-
en und Sozialdemokratinnen arbeiten daran, und zwar
onstruktiv. Dazu gehört, dass wir Ihren Antrag heute
blehnen.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Man merkt nichts davon!)


Man merkt wirklich, dass Ihnen das Regierungsge-
chäft mehr als fremd ist. – Wir werden im Rahmen der
oalition nach einer Lösung suchen; denn wir wollen se-

iös handeln.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Genau! Wir machen nichts für das Schaufenster!)


ch habe die herzliche Bitte, dass wir uns bemühen, zur
ösung dieses Problems noch in dieser Legislatur-
eriode eine Mehrheit zu bekommen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



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Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621512100

Ich gebe das Wort dem Kollegen Heinz-Peter

Haustein, FDP-Fraktion.


Heinz-Peter Haustein (FDP):
Rede ID: ID1621512200

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Da-

men und Herren! Sicherlich kennen Sie alle Captain
Flint und Die Schatzinsel. Das Thema ist Ihnen bestimmt
bekannt. Bei Schätzen geht es nicht nur darum, dass im
Erzgebirge Schätze gesucht werden, sondern es geht
auch um Wracks.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Beim „Wrack“ dürfen wir dann wieder an das neu kon-
struierte Wort „Abwrackprämie“ denken.

Für den einen Teil ist sie etwas Gutes. Sie hilft der
Autoindustrie, aber eben nur dieser, vor allem den Auto-
händlern. Angesichts der Kriterien, die im Rahmen der
Abwrackprämie angesetzt werden, geht es allerdings
weniger um deutsche Autos, sondern um Autos aus
Korea oder Rumänien.

Wie dem auch sei. Auch ich bin Mittelständler und
freue mich, wenn man den Autohäusern helfen kann und
es ihnen besser geht. Ich vertrete eine Branche, in der
Aufzüge gebaut werden, „ Fahrstühle“, wie die Leute sa-
gen. Meine Kollegen fragen mich: Wieso gibt es diese
Prämie eigentlich nur für Autos? Warum gibt es sie nicht
auch zum Beispiel für Fahrstühle?


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Weil die nicht so viel CO2 verbrauchen!)


Warum kann man nicht die Aufzüge aus alten Häusern
herausreißen, sie modernisieren und dann wieder ein-
bauen? Wieso gibt es eine solche Prämie nicht auch für
alte Waschmaschinen oder alte Kühlschränke? Wieso
nur für die Autoindustrie?


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Berechtigte Frage!)


Liebe Freunde, diese Frage muss doch einmal erlaubt
sein.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Darum geht es heute aber nicht. Heute geht es nur um
die Frage: Wieso wird die Abwrackprämie bei ALG-II-
Empfängern nicht ausgezahlt, sondern verrechnet?
Hierzu ist Folgendes zu sagen: Wir als FDP haben den
Kurs klar gesteckt. Es geht um die Leute, die das Geld
erarbeiten, die morgens früh um fünf oder sechs Uhr auf-
stehen, zur Arbeit zu fahren, die Steuern zahlen, die So-
zialsysteme speisen. Es geht aber auch darum, in unse-
rem Land ein soziales Netz zu flechten und diese Leute,
die das selbst nicht leisten können, aufzufangen.

Dass Hartz IV nicht das Gelbe vom Ei ist, wissen die
meisten hier. Wir schlagen ein Bürgergeld vor, um end-
lich einmal dieses Wirrwarr bei Hartz IV – ständige Kla-
gen, Nichtklagen und ein Hin und Her – abzuschaffen.
Es wird noch etwas dauern, aber ich denke, wenn wir mit

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(C (D nseren Freunden der CDU/CSU regieren, wird das chon klappen. (Beifall bei der FDP – Lachen bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In diesem Fall allerdings begründet die Bundesregie-
ung die Ablehnung mit ordnungspolitischen Vorgaben.
ie bringt als Regierung also die Ordnungspolitik ins
piel und sagt, deshalb darf die Prämie nicht an Hartz-IV-
mpfänger ausgezahlt werden. Liebe Freunde der Re-
ierung, wir sagen: Die Ordnungspolitik treten Sie im
oment mit Füßen. Sie schmeißen sie massenweise über
ord, um beim Wrack zu bleiben. Von daher kann man
uch einmal eine Ausnahme machen und den Hartz-IV-
mpfängern diese Abwrackprämie zahlen.

Wir werden uns bei diesem Antrag der Stimme ent-
alten.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das ist weder Fisch noch Fleisch!)


enn wir Schätze heben wollen, dann müssen wir die
chätze unserer Menschen in den Herzen und in den
öpfen erreichen. Dann kommen wir auch durch diese
rise hindurch.

In diesem Sinne ein herzliches Glückauf aus dem Erz-
ebirge.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621512300

Nächster Redner ist der Kollege Karl Schiewerling,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: So, jetzt kommt das Münsterland!)



Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1621512400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Herr Kollege Haustein, die
bwrackprämie oder, besser gesagt, die Umweltprämie
ann man bewerten, wie man will: ordnungspolitisch
der wie auch immer. Sie ist aber ein Erfolg, und die
enschen fragen nach. Es zeichnet sich ab, dass die

aufzeit verlängert wird, und in der Krise, in der wir uns
efinden, wird den Menschen durch diese Prämie durch-
us Mut gegeben. Ob das alles ordnungspolitisch sauber
der nicht sauber ist, lasse ich jetzt einmal dahingestellt,


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie es eigentlich besser wissen!)


ber ich glaube, dass ein wichtiges Zeichen gesetzt wor-
en ist.

Bei der Verabschiedung des Konjunkturpaketes II hat
ohl niemand die rechtliche Situation der Empfänger
on Arbeitslosengeld II im Blick gehabt. Es hat auch
iemand daran gedacht, dass es hier möglicherweise
chwierigkeiten dahin gehend geben könnte, dass sie
ein rechtlich einen Anspruch auf dieses Geld haben;
enn diese Abwrackprämie von 2 500 Euro stellt nach






(A) )



(B) )


Karl Schiewerling
der Definition des Gesetzes eine wesentliche Verbesse-
rung der finanziellen Situation dar und ist von daher ge-
mäß Definition anzurechnen.

Ich denke einmal, dass auch deswegen niemand auf
die Idee gekommen ist, weil wir berücksichtigen müs-
sen, in welcher Situation – auch finanzieller Situation –
sich die Menschen befinden, die von Arbeitslosengeld II
leben müssen. Bedenken Sie: Jemand, der 58 Jahre alt
ist, darf ein Schonvermögen von maximal 6 100 Euro
für Konsumausgaben haben. Im Übrigen glaube ich,
dass sich viele Bezieher von Arbeitslosengeld II fragen,
was ihnen eigentlich die Abwrackprämie nutzt, da sie
das Geld für einen Neu- oder Jahreswagen überhaupt
nicht aufbringen können. Sie werden diese Diskussion
hier möglicherweise als ziemlich abstrus empfinden.

In der Tat verstehe ich auch unter diesem Gesichts-
punkt den Antrag der Linken nicht. Nahezu bei jedem
Antrag, den Sie zu diesem Thema hier in den Deutschen
Bundestag eingebracht haben, haben Sie nämlich darauf
hingewiesen, dass die Menschen, die Arbeitslosengeld II
beziehen, arm sind und aufgrund der Höhe der Sätze
keine Möglichkeit haben, Rücklagen zu bilden: noch
nicht einmal für die Waschmaschine, den Trockenauto-
maten oder den Elektroherd. Sie weisen darauf hin, dass
die Sätze erhöht werden müssen, damit sie ein Minimum
an Lebensstandard haben. Jetzt kommen Sie mit einem
Antrag, die Abwrackprämie für Hartz-IV-Empfänger
einzuführen, wohl wissend, dass die gesamte Situation
so ist, wie sie ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Hinzu kommt übrigens – das wissen Sie auch –, dass
jemand, der Arbeitslosengeld II erhält, nach den Buch-
staben des Gesetzes kein Auto haben darf, das mehr als
7 500 Euro wert ist. Das ist festgelegt. Ich will gerne zu-
gestehen, dass es solche Autos gibt. Das will ich nicht in
Abrede stellen. Wenn aber jemand mehr dafür bezahlt
hat, dann wird dies als zusätzliches Vermögen angerech-
net.

Ich sage in aller Deutlichkeit, ich halte diese Diskus-
sion für ziemlich abstrus und an den Haaren herbeigezo-
gen. Es kann aber sein – das will ich nicht in Abrede
stellen –, dass es vielleicht 100 oder 200 Bedarfsgemein-
schaften gibt, der zwei Personen von etwa 58 oder
60 Jahren mit einem Schonvermögen von 6 000 Euro
angehören – für beide zusammen sind es also
12 000 Euro –, das sie für einen Autokauf verwenden
könnten.

Unsere Fraktion hat immer wieder darauf hingewie-
sen, dass die Umsetzung des Gesetzes nicht die Aufgabe
des Parlaments, sondern der Exekutive ist. Die Exeku-
tive ist das Bundesarbeitsministerium, das festgestellt
hat, dass nach dem Buchstaben des Gesetzes die Ab-
wrackprämie beim Arbeitslosengeld II angerechnet wer-
den muss. Das haben wir akzeptiert. Wir hätten es aber
genauso akzeptiert, wenn das Bundesarbeitsministerium
gesagt hätte, die Abwrackprämie ist nicht anrechnungs-
fähig.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D Nun liegt die Stellungnahme des Präsidenten des undessozialgerichts vor. Vielleicht wird dadurch die iskussion neu eröffnet. Es kann sein, dass sich das undesarbeitsministerium auf der Grundlage dieser Stel ungnahme noch einmal mit diesem Thema befassen ill. Sollte das Bundesarbeitsministerium zu einer ande en Einschätzung kommen, dann werden wir auch dieses ittragen und einer entsprechenden Regelung nicht ehr im Wege stehen. Wir würden das akzeptieren. Ich will einen Punkt klarstellen, Herr Kollege Seifert. ie haben vorhin gesagt, dass auch Behinderte in der age sein müssen, sich ein neues Auto zu kaufen, und nspruch auf die Abwrackprämie haben sollten. Dageen spricht überhaupt nichts. Behinderte sind nicht beroffen, sofern sie nicht nach dem jetzigen Stand der inge Arbeitslosengeld II beziehen. as ist ein Teil der Regelungen – das will ich nicht in brede stellen –, der möglicherweise im Rahmen der rüfung mitzuklären ist. Wir diskutieren wieder einmal die zusätzlichen Bearfe von Personen, die Arbeitslosengeld II beziehen. Es st unstrittig, dass es sich dabei um eine Grundsicherung andelt. Große Sprünge – das weiß jeder – kann man dait nicht machen. Das war auch nie beabsichtigt; denn s handelt sich um eine steuerfinanzierte Grundsicheung, die von denen erwirtschaftet werden muss, die eier Erwerbsarbeit nachgehen. Ich halte es für zwingend geboten, endlich diejenigen n den Blick zu nehmen, die mit ihrem Nettoeinkommen napp über dem Arbeitslosengeld II liegen, ie sich trotz Abwrackprämie kein neues Auto leisten önnen, die aufgrund der Situation, in der sie leben, kein usätzliches Kindergeld, keine Zuschüsse für die Klasenfahrt ihrer Kinder und keine weitere finanzielle Unerstützung bekommen und dennoch durch ihre Arbeit ie Steuern erwirtschaften müssen, mit denen wir die rundsicherung für Arbeitslosengeld-II-Bezieher ein chließlich der Abwrackprämie finanzieren müssen. Es geht in diesem Punkt nicht um Neid. Es geht vielehr darum, dass wir die Leistungsträger unserer Ge ellschaft – den Facharbeiter, die Erzieherin oder die rankenschwester – nicht weiter belasten und ihnen das efühl geben, dass sich Arbeit wieder lohnt. Die Debatte m die Abwrackprämie von 2 500 Euro halte ich, wie esagt, bei unter dem Strich vielleicht 100 oder 00 Fällen, um die es in der Bundesrepublik gehen mag, ür eine Phantomdebatte. Ich sage es noch einmal: Sollte das Bundesarbeitsmiisterium feststellen, dass die Abwrackprämie bei Areitslosengeld-II-Beziehern nicht auf die Grundsicheung angerechnet wird, dann wird sich unsere Fraktion em nicht in den Weg stellen. Eine Gesetzesänderung, m einen Sonderfall zu schaffen, werden wir aber nicht Karl Schiewerling mittragen. Denn damit öffnen wir ein neues Fass, das wir an anderer Stelle nicht mehr zubekommen. Wir fangen an dieser Stelle wieder an, zu diskutieren, ohne zu wissen, was noch durch andere gesetzliche Regelungen auf uns zukommt. Ich rate uns, bei einer klaren Linie zu bleiben. Herzlichen Dank. Nächste Rednerin ist die Kollegin Katja Kipping, Fraktion Die Linke. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Haustein, wenn Sie Ihr neoliberales Bürgergeld mit Arbeitszwang als das Gelbe vom Ei anpreisen, dann kann ich nur sagen: Bei diesem Eigelb ist Salmonellenalarm gegeben. Kommen wir zu unserem vorliegenden Antrag. Die Linke fordert, dass die Abwrackprämie nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird. Herr Schiewerling behauptet, dass wir eine Phantomdiskussion betreiben. Wer schon länger Hartz-IV-Bezieher ist, kann sich sicherlich auch mit Abwrackprämie keinen Neuwagen – auch keinen kleinen – leisten. Aber es gibt Aufstocker, die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind und trotzdem mobil sein müssen, um ihre vielen Minijobs ausüben zu können. Als Beleg dafür möchte ich gerne aus einem Brief zitieren, der uns in den letzten Tagen zugegangen ist: Ich bin leider zurzeit auf ALG-II-Hilfe angewiesen und habe... Einkommen aus freiberuflichen Tätigkeiten. Mein alter Pkw war am Ende (21 Jahre alt, Spritfresser und immer kaputt, hohe Steuern)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Widerspruch bei der LINKEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621512500

(Beifall bei der LINKEN)

Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621512600

(Beifall bei der LINKEN)

lebensgefährlich. Ich hatte Glück, dank der Ab-
wrackprämie endlich einen Neuwagen zu leasen ...
Nun muss ich bangen, dass das Arbeitsamt mir
schreibt, dass die 2 500 angerechnet werden sol-
len ...

Weiter schreibt dieser Mann:

Bei uns ... hängt sehr viel von einem funktionieren-
den Pkw ab. Ich wohne in einem kleinen Dorf ohne
Einkaufsläden ...

Diese beiden Sätze zeigen, dass die Ursachen des Pro-
blems tiefer liegen. Wenn wir an die Wurzeln des Pro-
blems gehen wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass
es auch im ländlichen Raum ein so gutes Bus- und Bahn-
angebot sowie eine so gute Flächenplanung gibt, dass
die Menschen überhaupt nicht auf das Auto angewiesen
sind.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Eine Umweltprämie, die ihren Namen verdient, üsste ganz anders ausgestaltet sein. Der Präsident des mweltbundesamtes, Herr Troge, hat dazu einen sehr chönen Vorschlag unterbreitet. Er meint, man solle all enjenigen, die ihr Auto verschrotten und auf den ÖPNV msteigen, einen Zuschuss zur Jahreskarte geben. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


us und Bahn zum halben Preis, perspektivisch mögli-
herweise sogar zum Nulltarif und ein gutes Angebot in
er Fläche, das wäre eine Verkehrspolitik, die sozial und
kologisch vertretbar ist.


(Beifall bei der LINKEN – Mechthild Rawert [SPD]: Das lässt sich in der Fläche nicht realisieren! – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Es geht um die Konjunktur!)


Nun haben wir aber eine Abwrackprämie für den
auf von Neuwagen. Wenn jeder Millionär, der seinen
ldtimer gegen einen neuen Edelflitzer eintauschen will,
ie Abwrackprämie in Höhe von 2 500 Euro bekommt,
ann müssen zum Beispiel auch ein Aufstocker, der auf
rbeitslosengeld II angewiesen ist, oder eine Allein-

rziehende, die ihre alte Spritschleuder, die ständig ka-
utt geht, gegen einen Kleinwagen eintauschen möchte,
ie 2 500 Euro Abwrackprämie bekommen.


(Beifall bei der LINKEN)


Mit dieser Forderung stehen wir nicht allein. Sogar
er oberste Sozialrichter Peter Masuch, der Präsident des
undessozialgerichtes, hat eindeutig gesagt: Die Ab-
rackprämie ist eine zweckbestimmte Einnahme, die
icht auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen ist. – Ich
ordere vor diesem Hintergrund das Bundesministerium
uf: Klären Sie dieses Problem durch eine Verordnung!

SPD und Union spielen hier Verantwortungsping-
ong. Die SPD sagt, sie würde gerne


(Zuruf der Abg. Gabriele Lösekrug-Möller [SPD])


Frau Lösekrug-Möller, Sie haben sehr viel Gift ver-
prüht, obwohl Sie letztendlich all unseren Ansätzen ei-
entlich zustimmen –,


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das sagt die Richtige!)


önne aber wegen der Union nicht. Die Union sagt: Wir
ären mit allem, was das Bundesministerium macht,

inverstanden. Wir wollen bloß nicht den Weg eines Ge-
etzgebungsverfahrens gehen. – Dazu kann ich nur sa-
en: Das Ganze artet langsam in Verantwortungsping-
ong aus. Sie können sich nicht hinter dem jeweils
nderen verstecken. Das Bundesministerium ist gefragt.
enn Sie das nicht auf dem Weg einer Verordnung klä-

en, dann trägt das SPD-geführte Ministerium die Ver-
ntwortung dafür, dass die Abwrackprämie bei Arbeits-
osengeld-II-Beziehern angerechnet wird.


(Beifall bei der LINKEN – Andrea Nahles [SPD]: Jetzt ist wieder die SPD schuld!)







(A) )



(B) )


Katja Kipping
Hören Sie auf, sich zu verstecken, und sorgen Sie dafür,
dass die Abwrackprämie nicht auf das Arbeitslosen-
geld II und die Grundsicherung für Menschen mit Be-
hinderung angerechnet wird!

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621512700

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Markus Kurth, Bündnis 90/Die Grünen.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621512800

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und

Herren! Eines vorweg: Die Abwrackprämie ist aus Sicht
meiner Fraktion – ich meine: auch objektiv – ökologi-
scher, ökonomischer und ordnungspolitischer Unsinn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Andrea Nahles [SPD]: Wenn aber Unsinn, dann für alle! – Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das Ministerium schweigt sehr laut!)


Sie ist ökologischer Unsinn, weil auf jede Lenkungswir-
kung verzichtet wird. Sie sollten nicht von einer Um-
weltprämie sprechen; denn es handelt sich um eine reine
Absatzhilfe für die Automobilindustrie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie ist ökonomischer Unsinn, weil die Anpassung der In-
dustrie an die Überkapazitäten, wie wir alle wissen, frü-
her oder später sowieso kommen muss.


(Andrea Nahles [SPD]: Sagen Sie das mal den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern!)


Sie zögern den fälligen Anpassungsprozess nur hinaus
und verbraten dabei Milliarden an Steuergeldern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Mechthild Rawert [SPD]: Wie viele Erwerbslose wollen denn die Grünen?)


Sie ist auch ordnungspolitischer Unsinn. Der Bundes-
wirtschaftsminister, also der Minister der Union, hat ge-
sagt: Wir können Opel nicht retten, weil dann jeder um
Unterstützung bitten würde und wir uns als Staat nicht
überall beteiligen können. – Im Umkehrschluss frage ich
Sie: Warum gibt es nicht eine Kühlschrankprämie, eine
Waschmaschinenprämie oder eine Staubsaugerprämie?
Auch das sind alles ökologische Produkte.


(Andrea Nahles [SPD]: Das ist eine gute Idee! Ja, wunderbar!)


Das bedeutet, dass Sie ordnungspolitisch vollkommen
ohne Kompass durch die Gegend laufen. Bei den Sozial-
demokraten wundert mich das nicht.


(Beifall bei der LINKEN – Andrea Nahles [SPD]: Freier Markt!)




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(C (D Frau Nahles, nun hören Sie mir einmal zu. (Andrea Nahles [SPD]: Ich höre Ihnen immer zu, Herr Kurth! Deshalb habe ich mich ja aufgeregt!)


hr Kanzlerkandidat möchte vor den VW-Werkstoren
en dicken Max markieren. Geschenkt! Aber bei der
nion verwundert es mich schon, dass sie ordnungspoli-

isch kein Verständnis hat.

Nun gut, nun haben wir diese Regelung. Wenn man
chon diese unsinnige Prämie einführt, dann muss man
ie wenigstens allen zugutekommen lassen. Wenden Sie
as Recht systematisch an. Man erhält diese Prämie
och nur, wenn man sich einen Neuwagen kauft. Das
eißt, die Abwrackprämie kann gar nicht, wie es das
inisterium unterstellt, auf die allgemeinen Lebensun-

erhaltskosten angerechnet werden, sondern es ist eine
ogenannte zweckbestimmte Einnahme. Andere zweck-
estimmte Einnahmen sind nach der Arbeitslosengeld-II-
erordnung und den schon jetzt geltenden Auslegungs-
orschriften der Bundesagentur für Arbeit nicht anzu-
echnen, wie zum Beispiel die Eigenheimzulage.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Mein Reden!)


s geht hier um Rechtssystematik. Es geht hier über-
aupt nicht um eine besondere Begünstigung von Ar-
eitslosengeld-II-Beziehenden.

Wie Herr Schiewerling richtig gesagt hat, ist es so,
ass vermutlich nur sehr wenige ALG-II-Beziehende
iese Prämie beantragen werden und dass wir im Grunde
enommen eine Art Phantomdebatte führen. Wenn die
aktische Bedeutung so gering und die Rechtsanwen-
ung so klar ist, dann frage ich mich: Warum wird trotz-
em so ein Gehampel darum gemacht? Warum stellt
an sich hier so an? Der Verdacht liegt doch nahe – das

ermitteln Sie; das finde ich von der symbolischen Wir-
ung her schwierig –, dass Sie Arbeitslosengeld-II-
eziehende zu Bürgern zweiter Klasse erklären,


(Mechthild Rawert [SPD]: Jetzt aber mal halblang!)


ndem Sie ihnen deutlich zeigen: Ihr seid es nicht wert,
ie Abwrackprämie zu erhalten. – Das ist der eigentliche
olitische und demokratische Skandal dieser Debatte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Andrea Nahles [SPD]: Ohne uns gäbe es sie überhaupt nicht!)


Herr Haustein, es geht gar nicht darum, irgendjeman-
en zu begünstigen. Die Abwrackprämie wird von den
teuerzahlerinnen und Steuerzahlern sowieso bezahlt. Es

st nicht so, dass die Mittel für die Abwrackprämien ein-
espart würden, wenn man die Arbeitslosengeld-II-
eziehenden ausnähme. Das Geld für die Prämie be-
ommen dann eben andere. Das heißt, die Arie „Wir
üssen an die Leistungsträger denken“ zieht in diesem
alle nicht. Das Argument geht an dieser Stelle vollkom-
en ins Leere.






(A) (C)



(B) )


Markus Kurth

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regie-
rungsfraktionen, die es jetzt beide nicht gewesen sein
wollen – diese ganze Geschichte wird Ihnen langsam un-
angenehm –: Sie haben hier eine breite Mehrheit. Ver-
schanzen Sie sich nicht hinter den Ministerien oder ge-
genseitigen Zusicherungen. Machen Sie es einfach!
Diese Regelung ist relativ einfach und simpel umzuset-
zen. Handeln Sie! Oder sind Sie wie in vielen anderen
Fragen auch hier strukturell handlungsunfähig? Es wird
Zeit, dass Bündnis 90/Die Grünen wieder mitregieren.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mechthild Rawert [SPD]: Da warten wir alle drauf, was da kommen wird!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621512900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-

Sicherung der interkommunalen Zusammen-
arbeit

– Drucksachen 16/9443, 16/11976 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Ernst Burgbacher

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben.
Sind Sie damit einverstanden? – Es handelt sich dabei
um die Reden folgender Kolleginnen und Kollegen:
Dr. Georg Nüßlein, CDU/CSU, Reinhard Schultz, SPD,
Paul K. Friedhoff, FDP, Dr. Herbert Schui, Fraktion Die
Linke, Britta Haßelmann, Bündnis 90/Die Grünen.1)

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/11976, den An-
trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 16/9443 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu
dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel
„Keine Anrechnung der Abwrackprämie bei ALG II und
Eingliederungshilfe“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/12358, den
Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/12114
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition
bei Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der
Fraktion Die Linke sowie bei Enthaltung der FDP ange-
nommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 35 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge-
ordneten Britta Haßelmann, Cornelia Behm,
Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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(D

ungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en der SPD, CDU/CSU und FDP bei Gegenstimmen

es Bündnisses 90/Die Grünen und der Fraktion Die
inke angenommen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 22. April 2009, 13 Uhr, ein.

Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, aber
uch den Zuschauerinnen und Zuschauern auf der Tri-
üne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein
chönes Wochenende.

Die Sitzung ist geschlossen.