Protokoll:
16146

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 146

  • date_rangeDatum: 22. Februar 2008

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:35 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/146 Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Po- ternationalen Ferntourismus – zu dem Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Ute Koczy, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tourismus zur Armuts- bekämpfung und zur sozialen und ökologischen Entwicklung in den Partnerländern nutzen (Drucksachen 16/4603, 16/4181, 16/8173) c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten tenziale der Tourismusbranche in der Ent- wicklungszusammenarbeit durch Aufga- benbündelung im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ausschöpfen (Drucksache 16/8176) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken, Beauftragter der Bundesregierung für Tourismus . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Faße (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . 15413 B 15414 A 15414 B 15416 B 15417 C 15419 B 15421 C 15423 B 15424 B Deutscher B Stenografisch 146. Sitz Berlin, Freitag, den 2 I n h a l Tagesordnungspunkt 24: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Tourismuspolitischer Bericht der Bun- desregierung – 16. Legislaturperiode – (Drucksache 16/8000) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus – zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Annette Faße, Reinhold Hemker, Elvira Drobinski- Weiß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zukunftstrends und Qualitätsanforderungen im in- d i Z A D 15413 A Annette Faße, Niels Annen, Dr. Hans- Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Kreuzfahrttouris- undestag er Bericht ung 2. Februar 2008 t : mus und Fährtourismus in Deutschland voranbringen (Drucksachen 16/5957, 16/8172) . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Kirsten Tackmann, Katrin Kunert und der Fraktion DIE LINKE: Landurlaub und Urlaub auf dem Bauernhof als Chance für einen umweltfreundlichen Tourismus in Deutschland nutzen (Drucksache 16/7614) . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 8: ntrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, r. Karl Addicks, Jens Ackermann, weiterer 15413 C 15413 D Brunhilde Irber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 15425 A 15426 C II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhold Hemker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Integrationspolitik der Bundesregierung – Große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit (Drucksache 16/8183) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Koschyk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Rudolf Körper (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin BK . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Waf- fengesetzes und weiterer Vorschriften (Drucksachen 16/7717, 16/8224) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Für ein schärferes Waf- fengesetz (Drucksachen 16/6961, 16/8224) . . . . . . . R H H B S S G T E V O F n m ( T A K n g ( U A G G D T B s J – – 15427 A 15428 C 15430 A 15430 B 15431 D 15433 B 15434 A 15435 B 15436 D 15438 D 15441 A 15442 A 15442 D 15443 C 15445 C 15446 D 15447 B 15447 C 15448 D 15449 D 15451 C 15452 A 15452 C 15452 C einhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . olger Hövelmann, Minister (Sachsen-Anhalt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . odo Ramelow (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . tephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . abriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: rste Beratung des von den Abgeordneten Dr. olker Wissing, Frank Schäffler, Dr. Hermann tto Solms, weiteren Abgeordneten und der raktion der FDP eingebrachten Entwurfs ei- es Gesetzes zur Änderung des Einkom- ensteuergesetzes Drucksache 16/7519) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 28: ntrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Katrin unert, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion DIE LINKE: Förder- elder nur als Unternehmensbeteiligung Drucksache 16/8177) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . ndreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 29: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Familie, Senioren, Frauen und ugend zu dem Antrag der Abgeordneten Miriam Gruß, Gisela Piltz, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Konkretes und tragfähiges Konzept zur Bekämpfung von Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus vorlegen und zeit- nah umsetzen zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Diana Golze, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Fortführung und Verstetigung der Programme gegen Rechtsextremis- mus 15452 D 15454 D 15456 B 15457 B 15458 C 15459 A 15460 A 15461 C 15463 A 15463 B 15463 C 15464 C 15465 D 15466 C 15468 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 III – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Beratungsprojekte gegen Rechtsextre- mismus dauerhaft verankern und Er- gebnisse der wissenschaftlichen Begleit- forschung berücksichtigen – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Lazar, Irmingard Schewe-Gerigk, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rechtsextremismus ernst nehmen – Bundesprogramme Civitas und entimon erhalten, Initiativen und Maßnahmen gegen Fremdenfeindlichkeit langfristig absichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Lazar, Britta Haßelmann, Irmingard Schewe- Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bundesmittel nicht verschwenden – Be- ratungsnetzwerke gegen Rechtsextre- mismus nachhaltig fördern (Drucksachen 16/2779, 16/1542, 16/4807, 16/1498, 16/4408, 16/5816) . . . . . . . . . . . . . . Katharina Landgraf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Tagesordnungs- punkt 27) Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ 15469 B 15469 D 15473 C 15474 C 15475 A 15475 D 15477 C 15479 A 15480 B 15481 A 15482 A 15482 C Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A A 15470 C 15472 A 15472 C DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15483 A 15483 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 15413 (A) ) (B) ) 146. Sitz Berlin, Freitag, den 2 Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 15479 (A) ) (B) ) Schily, Otto SPD 22.02.2008 DIE GRÜNEN Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.02.2008 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ 22.02.2008 Claudia DIE GRÜNEN Dr. Scheer, Hermann SPD 22.02.2008* Anlage 1 Liste der entschuldigt Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Addicks, Karl FDP 22.02.2008 Bahr (Münster), Daniel FDP 22.02.2008 Barth, Uwe FDP 22.02.2008 Dr. Berg, Axel SPD 22.02.2008 Bodewig, Kurt SPD 22.02.2008 Bollen, Clemens SPD 22.02.2008 Burkert, Martin SPD 22.02.2008 Deittert, Hubert CDU/CSU 22.02.2008* Ernst, Klaus DIE LINKE 22.02.2008 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 22.02.2008 Freitag, Dagmar SPD 22.02.2008 Fricke, Otto FDP 22.02.2008 Friedhoff, Paul K. FDP 22.02.2008 Friedrich (Bayreuth), Horst FDP 22.02.2008 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.02.2008 Griefahn, Monika SPD 22.02.2008 Dr. Freiherr zu Guttenberg, Karl- Theodor CDU/CSU 22.02.2008 Gutting, Olav CDU/CSU 22.02.2008 Haibach, Holger CDU/CSU 22.02.2008 Hajduk, Anja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.02.2008 Haustein, Heinz-Peter FDP 22.02.2008 Hilsberg, Stephan SPD 22.02.2008 Hirsch, Cornelia DIE LINKE 22.02.2008 Hochbaum, Robert CDU/CSU 22.02.2008 H H D K K K K K K L L D L D N P D P P P R R R A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten off, Elke FDP 22.02.2008 umme, Christel SPD 22.02.2008 r. Jung, Franz Josef CDU/CSU 22.02.2008 ampeter, Steffen CDU/CSU 22.02.2008 auch, Michael FDP 22.02.2008 elber, Ulrich SPD 22.02.2008 rummacher, Johann- Henrich CDU/CSU 22.02.2008 ünast, Renate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.02.2008 uhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.02.2008 afontaine, Oskar DIE LINKE 22.02.2008 eutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 22.02.2008 r. Lippold, Klaus W. CDU/CSU 22.02.2008 ührmann, Anna BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.02.2008 r. Müller, Gerd CDU/CSU 22.02.2008 ouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.02.2008 aula, Heinz SPD 22.02.2008 r. Pfeiffer, Joachim CDU/CSU 22.02.2008 flug, Johannes SPD 22.02.2008 iltz, Gisela FDP 22.02.2008 oß, Joachim SPD 22.02.2008 achel, Thomas CDU/CSU 22.02.2008 aidel, Hans CDU/CSU 22.02.2008** oth (Augsburg), BÜNDNIS 90/ 22.02.2008 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 15480 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 (A) ) (B) ) * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der OSZE Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Tages- ordnungspunkt 27) Manfred Kolbe (CDU/CSU): Die Fraktion der FDP fordert in ihrem Gesetzentwurf die Einführung einer ver- schuldensabhängigen Haftung bei zweckfremder Ver- wendung der Spendenmittel; Absenkung des Haftungs- betrags auf 20 Prozent des nicht für gemeinnützige Zwecke verwendeten Betrags. Die verschuldensunabhängige Haftung widerspräche nach Ansicht der FDP dem Ziel des Deutschen Bundes- tages, das bürgerschaftliche Engagement zu erleichtern und zu stärken. In der Praxis haben gerade in größeren Vereinen die Aussteller der Zuwendungsbestätigungen keinen Einfluss auf die Verwendung der Spenden. Sie haften also unter Umständen für etwas, auf das sie kei- nerlei Einfluss haben. Das passt nach Ansicht der FDP nicht zum Konzept einer modernen Bürgergesellschaft. Die mit dem Gesetz zur weiteren Stärkung des bür- gerschaftlichen Engagements vorgenommene Herab- setzung des Haftungsbetrags von 40 auf 30 Prozent der eingegangenen Spenden sei nicht ausreichend. Der Haf- t s s s s 1 z S t n t S ü C w d a l J g w g F G m l g ä F ä z l g f r f c l p P g d F t d g F s b A v u d k r d Dr. Schmidt, Frank SPD 22.02.2008 Schmidt (Nürnberg), Renate SPD 22.02.2008 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 22.02.2008 Schmidt (Mülheim), Andreas CDU/CSU 22.02.2008 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 22.02.2008 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 22.02.2008 Dr. Schwanholz, Martin SPD 22.02.2008 Strothmann, Lena CDU/CSU 22.02.2008 Teuchner, Jella SPD 22.02.2008 Zapf, Uta SPD 22.02.2008** Zeil, Martin FDP 22.02.2008 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich (C (D ungsbetrag sollte keinen Strafcharakter haben, sondern ich an den Steuersätzen bei Einkommen- und Körper- chaftsteuer orientieren. Der Satz bei der Körperschaft- teuer sinkt ab 2008 auf 15 Prozent, der Eingangsteuer- atz bei der Einkommensteuer beträgt ebenfalls 5 Prozent. Der Haftungsbetrag wird daher auf 20 Pro- ent festgesetzt. Es ist nicht angemessen, den gesamten pendenbetrag als Bemessungsgrundlage für den Haf- ungsbetrag anzusetzen. Ausreichend sind die tatsächlich icht für steuerbegünstigte Zwecke verwendeten Be- räge. Bereits bei den Beratungen des Gesetzes zur weiteren tärkung des bürgerschaftlichen Engagements wurde ber diese Haftungsfragen diskutiert. Die Fraktionen der DU/CSU und SPD haben betont, dass dies ein sehr ichtiger Bereich sei, der dringend einer Regelung be- ürfe, Bundestagsdrucksache 16/5985 Seite 10. Dies sei ber im Zuge der Beratung dieses Gesetzes zeitlich nicht eistbar gewesen und werde gesondert im Verlaufe dieses ahres anzugehen sein. Die Fraktion der FDP wurde auf- efordert, einen konkreten Vorschlag vorzulegen. Hier urde aber vornehmlich auf zivilrechtliche Haftungsfra- en Bezug genommen. Dieser Aufforderung kommt die raktion der FDP mit diesem Gesetzentwurf jetzt nach. leichzeitig wurde damals aber bereits festgelegt, dass it dem Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaft- ichen Engagements die steuerlichen Rahmenbedingun- en für die laufende Legislaturperiode abschließend ge- ndert wurden. Daher ist fraglich, ob steuerrechtliche ragestellungen des Gemeinnützigkeitsrechts erneut ver- ndert werden sollen. Die Senkung des Haftungssatzes von 40 auf 30 Pro- ent erscheint durch die Senkung der Steuersätze der etzten Jahre sachgerecht, bedarf aber der weiteren ein- ehenden Prüfung. Die Haftung des Zuwendungsemp- ängers wird seit jeher auf die ungefähre Höhe der nicht echtmäßigen Steuerersparnis des Zuwendungsgebers estgesetzt. Da nach geltendem Recht der durchschnittli- he Steuersatz etwa 28 bis 30 Prozent beträgt – zuzüg- ich Solidaritätszuschlag in Höhe von etwa 1,6 Prozent- unkten, 5,5 Prozent von 28 bis 30 Prozent –, könnte der rozentsatz von bisher 40 Prozent auf 30 Prozent herab- esetzt werden. Letztlich zielt der Vorschlag der FDP arauf ab, statt einer leichten Fahrlässigkeit eine grobe ahrlässigkeit als Voraussetzung für einen Missbrauchs- atbestand anzusetzen. Von den Verbänden des gemeinnützigen Sektors wird ie von der FDP vorgeschlagene Gesetzesänderung be- rüßt. Allerdings sind zunächst mit dem zuständigen achministerium noch rechtliche Fragen im Zusammen- piel mit der Abgabenordnung zu klären. Zudem ist zu edenken, ob an die Fehlverwendung von Mitteln die nforderungen herabgesetzt werden sollten. Schließlich erzichtet der Staat im Gemeinnützigkeitswesen bewusst nd gewollt auf Steuereinnahmen. Als Gegenleistung arf der Staat eine vernünftige Arbeit der Vereine und aritativen Einrichtungen erwarten, zumal auch und ge- ade Spendengelder und Mitgliedsbeiträge fehlverwen- et werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 15481 (A) ) (B) ) Martin Gerster (SPD): Wenn wir heute über den von der FDP-Fraktion eingereichten Gesetzentwurf zur Spendenhaftung sprechen, denke ich spontan an Ernst Ferstl, einen österreichischen Dichter. „Für verlorenes Vertrauen gibt es kein Fundbüro“, hat Ernst Ferstl ein- mal gesagt. Und wenn ich an die aktuelle Diskussion um Spendensiegel und Verschwendung im karitativen Be- reich denke, wird deutlich: Gerade im Bereich des eh- renamtlichen und gemeinnützigen Engagements ist das Vertrauen der Spenderinnen und Spender ein besonders schützenswertes Gut. Und eben weil wir dieses Gut schützen wollen, stehen wir Ihrem Vorhaben skeptisch gegenüber. Ich will Ihnen sagen, warum: Dieser Entwurf kommt zur Unzeit. Und er hält nicht, was er verspricht. Weder verbessert er die Situation der Einrichtungen, die Zu- wendungsbestätigungen ausstellen, noch ist er geeignet, den Zuwendungsgebern die Sicherheit zu geben, dass ihre Spenden und Beiträge richtig verwendet werden. In meinen Augen ist das eine ganz schlechte Basis, um Ver- trauen aufzubauen. Erinnern wir uns: Bei der Beratung des „Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ wurde in der Tat vorgeschlagen, nach Lösungen für die Probleme des zivilrechtlichen Haftungsrechtes im Be- reich des Ehrenamtes zu suchen. Entgegen Ihrer Ankün- digung findet sich hierzu in Ihrem Antrag jedoch kein Wort. Vielmehr beschränken Sie sich auf Vorschläge zur steuerlichen Haftung. Sie fordern, das Prinzip der ver- schuldensabhängigen Haftung auch auf den Bereich der Zweckentfremdung steuerbegünstigter Zuwendungen auszudehnen. Haftbar wäre dann nur, wer bei der Fehl- verwendung vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. Ich sage Ihnen klipp und klar: Wird eine Spende nicht im Sinne des Spenders verwendet, gibt es keinen Grund, seitens des Staates steuerliche Begünstigungen einzuräu- men. Das sind wir den Menschen schuldig, die in gutem Glauben Spenden zahlen und Beiträge entrichten. Ihr Gesetzentwurf versucht den Eindruck zu erwe- cken, diese Koalition wolle dem bürgerschaftlichen Engagement in unserem Land Steine in den Weg legen. Ich versichere Ihnen: Das Gegenteil ist der Fall. Und ich will an dieser Stelle auch deutlich machen: Wenn Sie in Ihrem Gesetzentwurf unterstellen, jeder Aussteller von Zuwendungsbestätigungen sei im Falle von Fehlverwen- dungen grundsätzlich haftbar, ist das schlichtweg unred- lich. Tatsache ist: Nur solche Personen sind von der Haf- tung betroffen, die die Fehlverwendung der Mittel veranlasst haben. Der Sache erweisen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf ei- nen Bärendienst: Sie wissen sehr gut, wie schwierig es sich in der Praxis gestalten kann, bei einem Fehlverhal- ten grobe Fahrlässigkeit nachzuweisen. Ich befürchte, dass der von Ihnen eingeschlagene Weg allzu oft vor Ge- richt enden würde, ohne den Zuwendungsempfängern in der Sache zu dienen. Am Ende würden nur die Anwalts- kanzleien profitieren – nicht die in vielen Feldern unse- rer Gesellschaft hoch engagierten Kirchen; nicht die h 1 b S h h b i D A i l H z u S f w h B b 3 b R h 5 d f d s g d w m v k a d b m N m 3 h n S s f A n H n t t S G s (C (D albe Million gemeinnütziger Vereine; nicht die mehr als 5 000 Stiftungen in unserem Land. Diesen zu helfen ist uns im vergangenen Jahr weitaus esser gelungen, und zwar mit dem „Gesetz zur weiteren tärkung des bürgerschaftlichen Engagements“. Selten at ein Gesetz so schnell Erfolge hervorgebracht. Das at uns sogar der Bundesverband deutscher Stiftungen escheinigt. 1 134 rechtsfähige Stiftungen wurden allein m vergangenen Jahr in der Bundesrepublik gegründet. as ist Rekord, ein Rekord, hinter dem solide politische rbeit steht: Wir haben die förderungswürdigen Zwecke m Gemeinnützigkeits- und im Spendenrecht vereinheit- icht, ebenso die – übrigens deutlich angehobenen – öchstgrenzen für den Spendenabzug. Wir haben den eitlich unbegrenzten Zuwendungsvortrag eingeführt nd den Höchstbetrag für die Kapitalausstattung von tiftungen auf 1 Million Euro verdreifacht. Den Steuer- reibetrag für Übungsleiterinnen und Übungsleiter haben ir von 1 848 auf 2 100 Euro im Jahr erhöht. Außerdem aben wir die Besteuerungsgrenze für die wirtschaftliche etätigung gemeinnütziger Vereine sowie die Zweck- etriebsgrenze für sportliche Veranstaltungen von 0 678 auf 35 000 Euro erweitert. Für Menschen, die ne- enberuflich für eine Körperschaft des öffentlichen echts oder eine gemeinnützige Einrichtung arbeiten, aben wir eine Aufwandspauschale in Höhe von 00 Euro geschaffen. Wer kulturelle Einrichtungen för- ert, kann jetzt vom verbesserten Sonderausgabenabzug ür Mitgliedsbeiträge profitieren. Nicht zuletzt sind wir urch Rechts- und Verwaltungsvereinfachung einen ent- cheidenden Schritt in Richtung Bürokratieabbau gegan- en. Auch beim Haftungssatz bei unrichtigen Zuwen- ungsbestätigungen und fehlverwendeten Spenden sind ir den Zuwendungsempfängern entgegengekommen: it der Absenkung von 40 auf 30 Prozent. Sie schlagen or, den Haftungssatz auf 20 Prozent zu senken. Das lingt zwar gut, geht aber an den Notwendigkeiten und n den Realitäten vorbei. Denn Sie argumentieren auf en falschen Grundlagen. In der Tat ist es sinnvoll, sich ei der Festlegung des Haftungssatzes an der Einkom- ens- und Unternehmensteuerbelastung zu orientieren. ur liegen die durchschnittlichen Sätze bei Einkom- ens- und Unternehmensteuerbelastung eben bei rund 0 Prozent. Sie orientieren sich offensichtlich an den alb so hohen Eingangssteuersätzen. Und das schafft ei- ige Probleme: Auch wenn dem Haftungsbetrag kein trafcharakter innewohnen soll – solche Regelungen ind nur dann sinnvoll, wenn sie die Zuwendungsemp- änger zur Sorgfalt anhalten. Deshalb muss eine gewisse bschreckungswirkung gewahrt bleiben. Schlimmer och: Würden wir Ihren Forderungen folgen, könnte der aftungssatz sogar zum Steuersparmodell verkommen, ämlich in Fällen, in denen die Differenz zwischen dem atsächlichen Steuersatz im Einzelfall und dem Haf- ungssatz zu groß ist. Was schließlich Ihre Forderung angeht, lediglich die umme der tatsächlich fehlverwendeten Mittel als rundlage des Haftungsbetrags heranzuziehen: Hierin ehe ich nur eine nachvollziehende Festschreibung der 15482 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 (A) ) (B) ) herrschenden Rechtspraxis. Das schadet nicht, rechtfer- tigt aber keine der sonstigen Schwächen Ihres Vorha- bens. Diese lassen sich auf zwei Punkte reduzieren: Der Gesetzentwurf weist in die falsche Richtung und lässt die eigentlichen Fragen ungeklärt. Meine Fraktion und ich werden Ihnen auf diesem Weg nicht folgen. Dr. Volker Wissing (FDP): Heute hat die Große Koalition die Möglichkeit noch größer zu werden, und zwar indem sie mit der FDP stimmt. Ich gehe fest davon aus, dass Sie das tun werden, schließlich haben Sie selbst immer wieder die Notwendigkeit des heute von der FDP vorgelegten Gesetzentwurfes betont. Nun ist es zwar sehr bedauerlich, dass die Bundesregierung einerseits die Wichtigkeit einer Überarbeitung der zivilrechtlichen Haftungsregeln anerkennt, gleichzeitig aber außerstande ist, einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten. Die FDP hat deshalb auf Bitte von Union und SPD einen ent- sprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, und jetzt erwarten wir natürlich Ihre Zustimmung. Das ist konstruktive Op- positionsarbeit. Ich hoffe sehr, dass Sie das zu würdigen wissen. Ich bin sehr froh, dass zwischen den Fraktionen Kon- sens darüber besteht, dass die derzeitige Haftungslage ein unhaltbarer Zustand ist. Es steht einem Rechtsstaat wirklich nicht gut zu Gesicht, wenn er Leute für etwas haften lässt, auf das sie überhaupt keinen Einfluss haben. Nur um die Finanzbehörden zu entlasten, wurde die ver- schuldensunabhängige Haftung eingeführt. Damit die Behörden nicht mehr nach Schuldigen suchen müssen, hat man einfach die Schuldfrage für unerheblich erklärt und lässt nun die Verantwortung tragen, wen man eben kriegen kann – egal ob schuldig oder nicht. Sie wissen welch’ hohen Wert die FDP dem Bürokratieabbau bei- misst. Aber einen Bürokratieabbau auf Kosten des Rechtsstaates und der Rechtssicherheit kann niemand ernsthaft wollen. Bürokratieabbau sollte weniger aus der Perspektive der Verwaltung und mehr aus der Perspek- tive der Bürgerinnen und Bürger erfolgen; dann könnten künftig solche Gesetze vermieden werden. Mit unserem Gesetzentwurf bringen wir mehr Rechtsstaat und Ver- lässlichkeit in das Steuerrecht im Allgemeinen und das Gemeinnützigkeitsrecht im Besonderen. Wir schließen eine Lücke, die Sie mit Ihrer jüngsten Reform des Ge- meinnützigkeitsrechts hinterlassen haben. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Herabset- zung des Haftungsbetrages auf 20 Prozent. Damit glei- chen wir diesen der Körperschaftsteuer sowie dem Ein- gangssteuersatz bei der Einkommensteuer in Höhe von 15 Prozent an. Der Haftungsbetrag soll keinen Strafcha- rakter haben, sondern eine Schädigung der Allgemein- heit verhindern. Damit wollen wir das Ehrenamt aktiv fördern. Die verschuldensunabhängige Haftung in Kom- bination mit den hohen Haftungsbeträgen hat bei ehren- amtlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern für erhebliche Verunsicherung gesorgt. Insbesondere kleine Vereine mit einer ehrenamtlichen Verwaltung sehen in dem hohen Haftungsrisiko ein erhebliches Hemmnis beim Umgang mit Spendengeldern. Dabei geht es nicht darum, einer laxen Spendenpraxis Tür und Tor zu öff- n H F e d n d d r S W v s d h s h m F t d z i H o § e S s r g h d V w u i s d w b k d d g s d s U z A r v d (C (D en. Der von uns vorgeschlagene Haftungsbetrag in öhe von 20 Prozent trägt dazu bei, das Risiko für den iskus überschaubar zu halten, während er gleichzeitig hrenamtlich Engagierte nicht in ihrer Existenz gefähr- et. Der Strafaspekt hat im Gemeinnützigkeitsrecht ichts verloren. Der Gesetzgeber sollte sich deshalb bei er Ausgestaltung der Haftungsbedingungen nicht von em Sanktionsgedanken leiten lassen. Unser Gesetzentwurf ist ein klares Signal an das Eh- enamt in Deutschland: Die FDP setzt sich für klare pielregeln und ein kalkulierbares Haftungsrisiko ein. ir wollen gerade kleinen Vereinen die Hemmschwelle or der Spendenakquise nehmen. Wer nach bestem Wis- en und Gewissen Spendenbescheinigungen ausstellt, arf nicht für Fehler haften, die er nicht zu verantworten at. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit ein – nicht nur für die FDP, sondern für alle Parteien ier im hohen Hause. Deshalb fordere ich Sie auf: Stim- en Sie unserem Gesetzentwurf zu. Barbara Höll (DIE LINKE): Der Gesetzentwurf der DP hat aktuelle Brisanz. Eine Absenkung des Haf- ungsrisikos bei Spenden ist angesichts des Spen- enskandals bei UNICEF Deutschland äußerst kritisch u beäugen. Vor diesem Hintergrund widerspreche ich nsbesondere der Einschätzung seitens der FDP, dass der aftungsbetrag keinen Strafcharakter haben soll. Die rdnungsgemäße Verwendung von Zuwendungen nach 10 b des Einkommensteuergesetzes beinhaltet nämlich ine Steuerbefreiung, und nach den publik gewordenen kandalen um Herrn Zumwinkel und Co. sollte der Ge- etzgeber keinesfalls der Steuerhinterziehung neue Tü- en öffnen. Insofern plädiere ich durchaus für einen ewissen Strafcharakter bei der unsachgemäßen Be- andlung von Zuwendungen. Nur so werden die notwen- igen Anreize geschaffen, bei der Bestätigung und erwendung von steuerbefreiten Zuwendungen die not- endige Sorgfalt anzuwenden. Der Fall UNICEF zeigt, dass in Deutschland schon nter der bestehenden Gesetzeslage mit Spenden nicht mmer sorgfältig umgegangen wird. Kritik manifestiert ich beispielsweise an zu hohen Verwaltungskosten und er Verschwendung von Spenden, letzteres beispiels- eise durch hohe Anteilszahlungen für Spendeneintrei- er. Eine Lockerung der Haftung wird eine Signalwir- ung entfalten, solche Praktiken noch auszubauen. Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Einschränkung er bisher geltenden verschuldensunabhängigen Gefähr- ungshaftung bei der Fehlverwendung von Spenden be- rüße ich. Angesichts der vorherrschenden Praxis, bei- pielsweise bei kleinen gemeinnützigen Vereinen, wo ie Verwaltungsarbeit vielfach ehrenamtlich erfolgt, ollte die Haftung nicht zu umfassend ausgelegt werden. nbeabsichtigte Fehler können angesichts der Kompli- iertheit der Materie sowie der vielfach anzutreffenden rbeitsteilung bei der Verwendung von Spenden passie- en. Eine Beschränkung der Gefährdungshaftung auf orsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten halte ich aher für sinnvoll und ausreichend. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 15483 (A) ) (B) ) Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die FDP-Fraktion schlägt vor, die im Rahmen des Ge- setzes zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vorgenommene Haftungsbegrenzung für Aussteller von Zuwendungsbestätigungen von gemeinnützigen Organi- sationen nochmals herabzusetzen. Die bereits vorgenom- mene Herabsetzung des Haftungsbetrages von 40 auf 30 Prozent der eingegangenen Spenden für den Ausstel- ler einer Zuwendungsbestätigung soll nach dem Willen der FDP auf 20 Prozent des nicht für gemeinnützige Zwecke verwendeten Betrages begrenzt werden. Die FDP begründet ihren Vorschlag damit, dass der Haf- tungsbetrag für Aussteller von Spendenbestätigungen keinen Strafcharakter mehr haben soll. Außerdem soll nach den Vorstellungen der FDP die verschuldungsunab- hängige Gefährdungshaftung bei zweckfremder Verwen- dung der Spendenmittel wegfallen. Sie soll ersetzt wer- den durch eine Haftung nur bei vorsätzlichem und grob fahrlässigem Handeln. Diese Änderung würde eine Haf- tungsbegrenzung bedeuten. Wollen wir das? Ich halte es für erforderlich, dass solch eine Haftungsbegrenzung im Rechtsausschuss des Bundestages eingehend debattiert und geprüft wird. Vor dem Hintergrund auch der aktuellen Erfahrungen wie bei UNICEF mit dem Transparenzgebot für die Spendenein- nahmen und ihrer satzungsgemäßen Verwendung durch die gemeinnützige Organisation halte ich es für erforder- lich, dass die Vorgaben für die öffentlich zugängliche Berichterstattung von gemeinnützigen Organisationen verbessert werden. Die von der FDP geforderte Herabsetzung des Haf- tungsbetrages auf 20 Prozent des nicht für gemeinnüt- zige Zwecke verwendeten Betrages geht weit über die erst jüngst beschlossene Herabsetzung der Haftung von 40 auf 30 Prozent der eingegangenen Spenden hinaus. Angesichts auch der aktuellen Ereignisse um die Ab- erkennung des Spendensiegels bei UNICEF durch das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) halte ich eine so weitreichende Änderung erst einmal nicht für vertretbar. Alle Spendenorganisationen haben durch den Entzug des Spendensiegels bei UNICEF viel zu tun, um das öffentliche Vertrauen für ihre jeweiligen gemeinnüt- zigen Organisationen zurückzugewinnen bzw. wieder zu stärken. Ich erwarte von der Bundesregierung Vorschläge für allgemeine Vorgaben an Spendenorganisationen für ihre Berichterstattung über die Gewinnung und die satzungs- gemäße Verwendung ihrer Spendenbudgets. Frau Zypries hat dies bereits angekündigt und ist meines Er- achtens in einer Bringschuld. Gerade die Offenlegung der aufgewandten Verwal- tungskosten, Werbekosten und Provisionen muss öffent- lich zugänglich werden. Die Vergabe von Spendensie- geln durch das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) ist eine sehr verdienstvolle Aufgabe, weil vergleichbare Standards angewandt werden für die Ver- gabe oder auch Aberkennung des Spendensiegels. Dass in den Anwendungserläuterungen für das Spendensiegel des DZI „Werbe- und Verwaltungsausgaben von mehr a b S r c S k b n g m h s t k g S R k z g u O B r E A b z A – – – – – – – – (C (D ls 35 Prozent der Gesamtausgaben als nicht vertretbar ezeichnet werden“, halte ich für problematisch. Viele pendenorganisationen kommen mit einem weit besse- en Verhältnis von Aufwand und Ertrag für den eigentli- hen Spendenzweck aus. Vielleicht sollte das DZI seine tandards auch nach den neuen Ereignissen erneut dis- utieren. Jeder Bürger, jede Bürgerin muss die Möglichkeit ha- en, auf Internetseiten der gemeinnützigen Organisatio- en sich ein eigenes Bild über die Effizienz der jeweili- en Organisation zu machen. Non-Profit-Organisationen üssen sich öffentlich vergleichbar darstellen, dass eißt, sie müssen sich einem transparenten Wettbewerb tellen. Insbesondere die Mittelverwendung in den un- erschiedlichsten Projekten zum Beispiel zur Armutsbe- ämpfung oder durch Hilfen für bessere Lebensgrundla- en in der Dritten Welt müssen für die Spenderinnen und pendern nachvollziehbar dokumentiert werden. Die Bundestagfraktion der Grünen hatte bereits im ahmen der Beratungen des Gesetzes zur weiteren Stär- ung des bürgerschaftlichen Engagements eine Ergän- ung der Abgabenordnung beantragt, nach der sich alle emeinnützigen Körperschaften einer Berichtspflicht nterziehen müssen. Die Berichte der gemeinnützigen rganisationen sollen ethische, soziale und ökologische elange ihrer Tätigkeiten dokumentieren und allen Inte- essierten zugänglich sein. Mit Fragen der Haftungsbegrenzung für ehrenamtlich ngagierte allein ist es wirklich nicht getan. nlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 841. Sitzung am 15. Fe- ruar 2008 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen uzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 bs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: Fleischgesetz Erstes Gesetz zur Änderung des EG-Gentechnik- Durchführungsgesetzes Drittes Gesetz zur Änderung des Betriebsprä- miendurchführungsgesetzes Siebtes Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze Gesetz zur Änderung der Organisation des Bun- desausgleichsamtes Achtes Gesetz zur Änderung des Steuerbera- tungsgesetzes Gesetz zur Neuregelung des Grundstoffüber- wachungsrechts Gesetz zur Änderung des Bundespolizeigesetzes und anderer Gesetze 15484 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 (A) ) (B) ) – Gesetz zur Änderung des Wahl- und Abgeordne- tenrechts – Achtzehntes Gesetz zur Änderung des Bundes- wahlgesetzes – Gesetz zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft – Erstes Gesetz zur Änderung des Strahlenschutz- vorsorgegesetzes – Viertes Gesetz zur Änderung des Fahrlehrer- gesetzes – Gesetz zur Änderung seeverkehrsrechtlicher, ver- kehrsrechtlicher und anderer Vorschriften mit Bezug zum Seerecht – Gesetz zur Vereinfachung und Anpassung statisti- scher Rechtsvorschriften – Gesetz zu dem Abkommen vom 26. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen der Europäi- schen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossen- schaft andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen – Gesetz zu dem Abkommen vom 24. April 2007 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicher- heit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge – Gesetz zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes und des BVL-Gesetzes Darüber hinaus hat er die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: 1. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei der nächsten Änderung des Pflanzenschutzgesetzes die zwischen dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und dem Umweltbundesamt bestehenden Einvernehmensregelungen im Rahmen der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln bzw. bei der Genehmigung der Anwendung eines zugelasse- nen Pflanzenschutzmittels in einem anderen als den mit der Zulassung festgesetzten Anwendungsgebie- ten in Benehmensregelungen abzuändern. Die bisherige aufwendige Aufspaltung in Beneh- mens- und Einvernehmensbehörden entspricht nicht mehr den Anforderungen an ein modernes und effi- zientes Verwaltungsmanagementsystem. Im Hinblick auf die Funktion der beteiligten Behörden (Julius- Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kultur- pflanzen, Bundesinstitut für Risikobewertung und Umweltbundesamt) ist daher jeweils der gleiche Sta- tus herbeizuführen. Es ist nicht gerechtfertigt, dass das Umweltbundesamt eine Vorrangstellung gegen- über den anderen Behörden, dies gilt unter anderem für den Bereich des gesundheitlichen Verbraucher- schutzes, einnimmt. Die Berücksichtigung der Be- 2 – ß f t 1 2 3 (C (D lange berührter Behörden ist vielmehr über einheitli- che Benehmensregelungen sicherzustellen, was auch einen Beitrag zur Deregulierung leistet. . Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei der Umsetzung der Aufzeichnungspflichten in § 6 Abs. 4 PflSchG mit den Ländern eine Lösung anzustreben, die die Sanktionsgefahr im Rahmen von Cross Compliance möglichst nicht erhöht. Gesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes, zur Änderung des EG-Gentechnik-Durchführungs- gesetzes und zur Änderung der Neuartige Lebens- mittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung Darüber hinaus hat er die nachstehende Entschlie- ung gefasst: Zu Artikel 2 (Änderung des EG-Gentechnik-Durch- ührungsgesetzes), Artikel 3 (Änderung der Neuartige Lebensmittelzu- aten-Verordnung) . Der Bundesrat bekennt sich zur Wahlfreiheit der Ver- braucherinnen und Verbraucher sowie der Landwirte. Er unterstreicht die Notwendigkeit von wirksamen Regelungen zur Koexistenz beim Anbau und der Herstellung von gentechnisch freien und gentech- nisch veränderten Futter- und Lebensmitteln. Gleich- zeitig sieht er die Notwendigkeit eindeutiger Kenn- zeichnungsregelungen für Lebens- und Futtermittel. . Der Bundesrat hält es für erforderlich, die verpflich- tende Kennzeichnungsregelung im Bereich Gentech- nik dahin gehend anzupassen, dass ein Lebensmittel nur dann als „gentechnikfrei“ bzw. „ohne Gentech- nik“ bezeichnet werden darf, wenn über den gesam- ten Produktionsprozess, das heißt über alle Herstel- lungs- und Verarbeitungsstufen hinweg, keine Stoffe, die unter Zuhilfenahme gentechnischer Methoden hergestellt wurden, zum Einsatz kommen. . Ferner bittet der Bundesrat die Bundesregierung, auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futter- mittel dahin gehend geändert wird, dass die Ausnah- metatbestände für den Einsatz von gentechnisch ver- änderten Organismen auf Lebensmittelzusatzstoffe und Futtermittelzusatzstoffe sowie Tierarzneimittel beschränkt werden, wenn für diese Stoffe oder Tier- arzneimittel keine Alternativen, außer durch gentech- nisch veränderte Organismen hergestellt, auf dem Markt erhältlich sind. Begründung zu allen Ziffern: Es sollte eine konsequente Verfahrenskennzeich- nung für Lebensmittel und Futtermittel erreicht werden, bei deren Herstellung gentechnische Ver- fahren oder Produkte zur Anwendung kommen, wobei die Gesamtmenge der zufälligen und tech- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 15485 (A) ) (B) ) nisch nicht zu vermeidenden Anteile des gentech- nisch veränderten Materials in einem Lebensmit- tel oder Futtermittel oder in einem seiner Bestandteile in Höhe von 0,9 Prozent nicht verän- dert werden soll. Der Bundesrat hat ferner in seiner 841. Sitzung am 15. Februar 2008 folgende Entschließung gefasst. – Entschließung des Bundesrates zur Bekämpfung der Jugendkriminalität Die jüngsten Fälle von Jugendgewalt haben bundes- weit für Aufsehen gesorgt. Die Tatsache, dass im Be- reich der Gewaltkriminalität junger Menschen in den letzten Jahren zum Teil deutliche Steigerungen zu ver- zeichnen sind, zeigt, dass es sich hierbei nicht um seltene Ausnahmefälle handelt. Diese Zunahme der Gewaltkri- minalität und insbesondere die gerade in den jüngsten Vorfällen zum Ausdruck gekommene Brutalität dürfen nicht hingenommen werden. Im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung sind alle Anstrengungen zu unterneh- men, um dieser alarmierenden Entwicklung Einhalt zu gebieten. Hierzu sind Maßnahmen auf breiter Ebene, so- wohl im präventiven als auch im repressiven Bereich, zu ergreifen. Im Bereich des Jugendstrafrechts gab es in den ver- gangenen Jahren eine Reihe von Bundesratsinitiativen, die Fehlentwicklungen entgegentreten und das jugend- strafrechtliche Handlungsinstrumentarium erweitern wollten, um dem Gericht sachgerechte und auf den Ein- zelfall zugeschnittene Reaktionen zu ermöglichen. Zu- letzt wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Jugenddelinquenz mit Beschluss vom 10. Februar 2006 vom Bundesrat beim Deutschen Bundestag eingebracht (Bundestagsdrucksache 16/1027). Eine Behandlung hat dort noch nicht stattgefunden. Der oben genannte Entwurf und auch die vorangegan- genen Initiativen haben folgende Forderungen zum In- halt: – die regelmäßige Anwendung des allgemeinen Straf- rechts auf Heranwachsende, – die Anhebung des Höchstmaßes der Jugendstrafe bei Heranwachsenden von zehn auf 15 Jahre, – die Einführung des sogenannten Warnschussarrestes, – das Fahrverbot als eine vollwertige Hauptstrafe des Jugendstrafrechts. Im Strafverfahrensrecht ist die Erscheinenspflicht von Zeugen vor der Polizei bei staatsanwaltschaftlicher An- ordnung endlich umzusetzen. Insoweit ist auf den Ge- setzentwurf des Bundesrates zur Effektivierung des Strafverfahrens (Bundestagsdrucksache 16/3659) zu ver- weisen, der ebenfalls im Deutschen Bundestag anhängig ist. Der Bundesrat fordert den Deutschen Bundestag auf, die dort bereits anhängigen Gesetzentwürfe des Bundes- rates nunmehr rasch aufzugreifen und zu verabschieden. – g r r B d n m d n m V P t (C (D Jahresrechnung 2006 – Entlastung Ferner hat der Bundesrat beschlossen, der Bundesre- ierung wegen der Haushaltsrechnung und Vermögens- echnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2006 (Jah- esrechnung 2006) aufgrund der Bemerkungen des undesrechnungshofes Entlastung gemäß Artikel 114 es Grundgesetzes und § 114 der Bundeshaushaltsord- ung zu erteilen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den achstehenden Vorlagen absieht: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Zweiter Bericht über die Erfahrungen mit dem Verfah- ren gemäß §§ 5 bis 7 des Gesetzes über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes – Drucksachen 16/6877, 16/7053 Nr. 5 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 2008 der Bundesregierung Kurs halten! – Drucksache 16/7845 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – Drucksachen 16/7083, 16/7573 Nr. 1 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresbericht 2007 des Nationalen Normenkontroll- rates Kostenbewusstsein stärken – Für eine bessere Gesetz- gebung – Drucksache 16/6756 – Ausschuss für Kultur und Medien – Unterrichtung durch die Bundesbeauftragte für die Unterla- gen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deut- schen Demokratischen Republik Achter Tätigkeitsbericht der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehema- ligen Deutschen Demokratischen Republik – 2007 – Drucksachen 16/5800, 16/6369 Nr. 1.3 – – Unterrichtung durch die Deutsche Welle Erste Fortschreibung der Aufgabenplanung der Deut- schen Welle 2007 bis 2010 – Drucksachen 16/7253, 16/7573 Nr. 4 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- ung abgesehen hat. 15486 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 (A) (C) (B) (D) Auswärtiger Ausschuss Drucksache 16/3897 Nr. 1.26 Drucksache 16/4105 Nr. 1.16 Innenausschuss Drucksache 16/6389 Nr. 1.71 Haushaltsausschuss Drucksache 16/7817 Nr. A.32 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/7393 Nr. A.12 Drucksache 16/7393 Nr. A.13 Drucksache 16/7817 Nr. A.1 Drucksache 16/7817 Nr. A.29 Drucksache 16/7817 Nr. A.30 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 16/7393 Nr. A.25 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 16/3060 Nr. 1.8 Drucksache 16/3897 Nr. 1.25 Drucksache 16/4258 Nr. 2.58 Drucksache 16/6041 Nr. 2.2 Drucksache 16/6389 Nr. 1.80 146. Sitzung Berlin, Freitag, den 22. Februar 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614600000

Die Sitzung ist eröffnet.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir befinden uns heute in der glücklichen Lage, ohne
jede Vorankündigung in die Tagesordnung eintreten zu
können, die wir hoffentlich ähnlich zügig abwickeln.

Zunächst rufe ich die Tagesordnungspunkte 24 a bis
24 d sowie den Zusatzpunkt 8 auf:

24 a)Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Tourismuspolitischer Bericht der Bundesre-
gierung – 16. Legislaturperiode –

– Drucksache 16/8000 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Kultur und Medien

Redet
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(20. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus
Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter
Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordne-
ten Annette Faße, Dr. Reinhold Hemker, Elvira
Drobinski-Weiß, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD

Zukunftstrends und Qualitätsanforderun-
gen im internationalen Ferntourism

– zu dem Antrag der Abgeordnete
Kurth (Quedlinburg), Ute Koczy, Ka

(C (D ung 2. Februar 2008 0 Uhr weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Tourismus zur Armutsbekämpfung und zur sozialen und ökologischen Entwicklung in den Partnerländern nutzen – Drucksachen 16/4603, 16/4181, 16/8173 – Berichterstattung: Abgeordnete Jürgen Klimke Dr. Reinhold Hemker Ernst Burgbacher Dr. Ilja Seifert Bettina Herlitzius c)

richts des Ausschusses für Tourismus (20. Aus-
schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus
Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter
Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Annette Faße, Niels Annen, Dr. Hans-Peter
Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Kreuzfahrttourismus und Fährtourismus in
Deutschland voranbringen

ext
– Drucksachen 16/5957, 16/8172 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Jürgen Klimke
Annette Faße
Ernst Burgbacher
Dr. Ilja Seifert
Bettina Herlitzius

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Ilja
Seifert, Dr. Kirsten Tackmann, Katrin Kunert und
der Fraktion DIE LINKE

Landurlaub und Urlaub auf dem Bauernhof
ce für einen umweltfreundlichen Tou-

n Deutschland nutzen

sache 16/7614 –
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– Druck






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ernst
Burgbacher, Dr. Karl Addicks, Jens Ackermann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Potenziale der Tourismusbranche in der Ent-
wicklungszusammenarbeit durch Aufgaben-
bündelung im Bundesministerium für Wirt-
schaft und Technologie ausschöpfen

– Drucksache 16/8176 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus

Zum Tourismuspolitischen Bericht der Bundesregie-
rung liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der
FDP vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. –
Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster erhält das Wort
der Kollege Ernst Hinsken. – Damit es dem Protokoll
nicht vorenthalten wird: Der Kollege Ernst Hinsken
spricht natürlich in seiner Eigenschaft als Tourismusbe-
auftragter der Bundesregierung, was ihm eine zusätzli-
che Aufmerksamkeit im Plenum sichert.

Bitte schön, Herr Kollege.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ernst Hinsken, Beauftragter der Bundesregierung
für Tourismus:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass heute
der gut 50 Seiten umfassende Tourismuspolitische Be-
richt der Bundesregierung vorgelegt werden kann.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das wird aber auch Zeit!)


Er wurde in den letzten Monaten unter Hochdruck er-
stellt, und er kann sich sehen lassen. Er enthält alles
– von A wie Auslandsmarketing bis Z wie Zukunfts-
märkte –, was dem Tourismus zurzeit auf den Nägeln
brennt.

Wer beim Begriff Tourismus an den nächsten Urlaub,
an die vielleicht schönsten Wochen des Jahres, denkt,
liegt selbstverständlich immer richtig. Wer an eine welt-
weite und deutsche Boombranche mit einem 1-a-
Wachstum denkt, wer an Deutschland als das Messeland
Nummer eins in der Welt denkt, wer an unseren enormen
Kulturreichtum denkt, der liegt goldrichtig, wenn er den
Tourismus dabei immer im Blick hat.

Die Fakten sind: 2006 erzielte Deutschland gut
351 Millionen Übernachtungen. Im vergangenen Jahr

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(C (D onnte diese Zahl sogar auf über 360 Millionen Überachtungen gesteigert werden. Dabei ist für uns besoners erfreulich, dass mehr und mehr ausländische Gäste ekommen sind. Diese Branche meldet bei beiden Gäsegruppen, ausländischen Touristen und Inlandstourisen, ein Plus bei den Übernachtungen von sage und chreibe 3 Prozent. Das sind zum vierten Mal in Folge teigerungsraten. So einen enormen Zuwachs hat es och nie gegeben. Ich meine, das ist vor allen Dingen darauf zurückzuühren, dass die Wirtschaft läuft, dass die Leute wieder ehr Geld in der Tasche haben, dass sich die Wirt chaftspolitik der Bundesregierung auch auf den Tourisussektor positiv auswirkt – stellvertretend sei unser üchtiger Wirtschaftsminister Michael Glos genannt – nd dass Geld in den Tourismus fließt. Der Tourismus ist ine Wachstumsbranche der Zukunft. 2006 hat die Fußballweltmeisterschaft zweifellos inen ganz großen Schub für uns alle gebracht. etzt können wir von der Nachhaltigkeit leben. 1 Million usländer wurde erwartet, über 2 Millionen sind gekomen. Summiert man die Zahl der Zuschauer, haben 0 Milliarden Menschen die verschiedensten Fernsehbeichte weltweit gesehen. Sie haben Lust auf Deutschland ekommen. Mehr und mehr lassen sich bei uns sehen. Besonders herauszustellen ist, dass auch ohne Fußallweltmeisterschaft der Ball rollt; denn Deutschland ist uch für Geschäftsreisen gefragt. Mit rund 260 überreionalen Messen sind wir weltweit Messestandort Numer eins. Auch bei Tagungen und Kongressen in Europa ind wir die Nummer eins. Geschäftsreisen bringen in eutschland einen jährlichen Umsatz von sage und chreibe 63,3 Milliarden Euro. Geschäftsreisen schaffen ine stabile Nachfrage nach Dienstleistungen. Der Gechäftsreisemarkt ist saisonunabhängig und weitgehend risenfest. Wir müssen uns aber anstrengen, insbesondere gegenber asiatischen Wettbewerbern, dass wir die angestrebte arktführerschaft nicht abgeben. Für die osteuropäi chen Länder, insbesondere die in der EU, ist Deutschand in letzter Zeit ein zunehmend attraktiver Geschäftsnd Messestandort geworden. Der Tourismus zählt heute weltweit zu den größten nd am stärksten wachsenden Wirtschaftssektoren. Er ird zu Recht als eine der Leitökonomien des 1. Jahrhunderts bezeichnet. Da gibt es natürlich Chanen, aber auch Herausforderungen, die bewältigt werden üssen; denn die Welt ändert sich und mit ihr die An orderungen an die Tourismuswirtschaft und die Tourisuspolitik. Erstens. Der Tourismus boomt. Die UNWTO zählte 007 fast 900 Millionen Touristenankünfte weltweit. abei ist Europa Marktführer, und wir mischen kräftig it. Aber neue attraktive Reiseziele in Asien oder dem ittleren Osten sind eine starke Konkurrenz. Auch die U-Beitrittsländer sind Wettbewerber auf dem Reise Beauftragter der Bundesregierung Ernst Hinsken markt. Deshalb besteht eine ganz große Herausforderung für unser Land darin, im globalen Wettbewerb der Reiseziele vom wachsenden Kuchen des internationalen Tourismus ein möglichst großes Stück zu erobern. Zweitens. Es gilt daher, insbesondere bei Service und Qualität in Deutschland weiter zuzulegen – gerade angesichts niedriger Personalund Servicekosten in vielen konkurrierenden Ländern. Deshalb hat die Bundesregierung ein Projekt in Auftrag gegeben, das die Qualitätssicherung vorantreiben soll. Drittens. Wir müssen unsere Stärken, mit denen wir reich gesegnet sind, noch intensiver herausstellen. Deutschland hat weiterhin hervorragende Chancen im Tourismus. Deutschland kann zu den touristischen Gewinnern der EU-Osterweiterung zählen. Deutschland kann sehr wohl im globalen Wettbewerb mithalten. Wir können mit Kulturund Städtetourismus punkten. Sowohl in den alten wie in den neuen Ländern gibt es eine ganze Reihe ausnehmend attraktiver Städte, die im internationalen Wettbewerb mithalten können. Projekte wie die Konferenz zu den Städtepartnerschaften, die wir im vergangenen Jahr durchgeführt haben, haben sehr großen Zuspruch gefunden, was mich veranlasst, alles zu tun, dass wir in diesem Jahr einen Kongress zu internationalen Städtepartnerschaften veranstalten. Auf diese Art und Weise können Märkte mit erschlossen werden. Deutschland hat kulturelle Traditionen, die ihresgleichen suchen. Wir haben zudem 32 Weltkulturerbestätten. Damit können wir ein ausgeprägtes Kulturimage nachweisen. Die Spuren des deutschen Papstes und die LutherDekade von 2008 bis 2017 locken inund ausländische Touristen an. Gerade in der heutigen Zeit sucht der Tourist vermehrt auch das Spirituelle. Ohne weissagen zu wollen – aber ich spüre, was auf uns zukommt –, möchte ich darauf verweisen, dass der Religionstourismus sich weltweit größeren Zuspruchs erfreuen wird. Die Bundesrepublik muss dabei sein. Der Mensch versucht, Ruhe zu finden, zu sich selbst zu finden. Das soll ihm gerade im Urlaub in reichem Maße gelingen. Es ist eine schöne Sache, über den Tourismus sprechen zu dürfen. Da möchte ich für die Freunde des eher Handfesten sagen: Unser German Beer, unsere Weine und unsere lokalen Spezialitäten sind weltberühmt. Es gilt, mit diesen Pfunden zu wuchern und sie besonders herauszustellen. Überhaupt muss gerade in Zeiten von Globalisierung und tendenziell vereinheitlichten Urlaubsangeboten die Einzigartigkeit des Urlaubserlebnisses in Deutschland herausgestellt werden. Wie sagte einmal Goethe? Wer sein Vaterland nicht kennt, hat keinen Maßstab für fremde Länder. Also auch das eigene Land sollten wir uns verstärkt anschauen. Wir sollten seine vielfältigen Angebote annehmen und seine reichhaltigen Kulturschätze und seine s u z v r g s r T d I D 5 d b d f s a k S R 5 4 m T A g E m d h B d t d S l W w l s m d F s S d m d (C (D chönen Landschaften genießen. Nebenbei sollten wir ns natürlich auch das Ausland ansehen, um Vergleiche iehen zu können. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Detlef Parr [FDP]: Es lebe der Sport!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Ernst Burgbacher [FDP]: So ist es!)


Viertens. Deutschlands Stärken müssen aber auch
ermehrt an den Mann gebracht werden. „Tue Gutes und
ede darüber“, heißt ein altes Sprichwort. Die Bundesre-
ierung hat gerade in den letzten Jahren vieles zur Unter-
tützung des Tourismus getan. Wir haben in der Bundes-
epublik Deutschland mit der Deutschen Zentrale für
ourismus einen Marketingspezialisten an der Seite, der
ie Bundesrepublik Deutschland weltweit vermarktet.
ch möchte mich dafür bedanken, dass die Mittel für die
eutsche Zentrale für Tourismus im letzten Haushalt um
00 000 Euro erhöht worden sind und in den kommen-
en Haushalten weiter erhöht werden sollen. Dafür ha-
en sich alle Fraktionen eingesetzt. Ein herzliches Wort
es Dankes auch an die Haushälter.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einen
ünften Punkt noch ansprechen. Neben dem sich ver-
chärfenden globalen Wettbewerb ist der Tourismus
uch von der Veränderung der Altersstruktur der Bevöl-
erung betroffen. Demografischer Wandel ist hier das
chlagwort. Das touristische Marktsegment der älteren
eisenden wird wachsen. Man spricht vom „Wachstum
0 plus x“. Wir stellen fest, dass die Altersgruppe der
9- bis 74-Jährigen in der Bundesrepublik Deutschland
omentan nur 29 Prozent ausmacht. Bezogen auf den
ourismussektor aber macht diese Altersgruppe einen
nteil von 48 Prozent aus. Deshalb müssen die Pro-
ramme vermehrt auf diese Gruppe ausgerichtet werden.
s gilt, diesen Markt zu erschließen. Ältere Reisende
öchten anders angesprochen werden und brauchen an-

ere Angebote als junge Leute. Die Themen „Gesund-
eitstourismus“ und „barrierefreies Reisen“ werden an
edeutung gewinnen. Das Wirtschaftsministerium för-
ert beim barrierefreien Reisen Maßnahmen zur Quali-
ätssteigerung. Dies ist ein ganz wichtiger Baustein, um
ie Hoffnungsträger der Tourismuswirtschaft, auch die
enioren, zu gewinnen.

Transparenz und Qualität sind auch wichtige Hand-
ungsfelder der Bundesregierung beim zunehmenden

ettbewerb der Gesundheitssysteme in Europa. Wir
ollen die Gesundheits- und Wellnessurlauber schließ-

ich in Deutschland haben.

Lassen Sie mich abschließend ein weiteres Thema an-
prechen, eine Herausforderung, die es auf dem Touris-
ussektor zu bewältigen gilt, nämlich den Klimawan-
el. Der Klimawandel wird Touristenströme verlagern.
ür Deutschland wird davon ausgegangen, dass es insge-
amt als Reiseland attraktiver wird. Aber wir brauchen
trategien zur Anpassung an die veränderten Umweltbe-
ingungen, und wir brauchen mehr nachhaltigen Touris-
us. Deshalb unterstützen wir den Fahrrad- und Wan-

ertourismus, um nur einige Handlungsfelder zu nennen.






(A) )



(B) )


Beauftragter der Bundesregierung Ernst Hinsken
Meine Damen und Herren, Deutschland ist ein wun-
derbares Land.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie der Abg. Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Deutschland misst dem Tourismus eine großartige Be-
deutung bei. Der Tourismus ist eine ganz starke Wachs-
tumsbranche. Wir müssen und werden die Chancen nut-
zen und vernünftige Rahmenbedingungen dafür
schaffen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es sollte nicht
vergessen werden: Die beste Außen- und Friedenspoli-
tik, die es überhaupt gibt, ist die Tourismuspolitik. Hier
finden Menschen zusammen. Hier lernt man sich verste-
hen. Hier lernt man die Kultur des anderen kennen. Hier
lernt man sich zum Teil auch lieben und alles, was dazu-
gehört.


(Heiterkeit)


Das ist mehr wert als Unterschriften noch so hoher
Staatsmänner und -frauen, die unter Verträge gesetzt
werden. In diesem Sinne meine ich, der Tourismus ist
auf einem guten Weg. Lasst uns hier weiter nach vorne
schreiten!

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614600100

Herr Kollege Hinsken, ich habe Ihren letzten Hinweis

so verstanden, dass das Amt des Außenministers in Zu-
kunft zwar nicht durch das des Tourismusbeauftragten
ersetzt werden könnte,


(Heiterkeit)


hier aber eine ganz wesentliche Verbindung besteht.

Nun hat der Kollege Burgbacher für die FDP das
Wort.


(Beifall bei der FDP)



Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1614600200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Herr Hinsken, wir kommen ja alle gut miteinan-
der aus im Tourismusausschuss; zu lieben brauchen wir
uns aber nicht. Deshalb darf heute auch Kritik geübt
werden.

Ich möchte aber zunächst lobend sagen, dass ich es
gut finde, dass der Deutsche Bundestag heute in der
Kernzeit im Vorfeld der ITB eine Tourismusdebatte
führt. Das begrüße ich ausdrücklich.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun nennt der Tourismusbericht große Herausforde-
rungen. Auch dem stimme ich zu. Globalisierung, Ent-
wicklung neuer Märkte, Klimawandel, demografischer
Wandel, veränderte Kundenwünsche, das sind große He-
rausforderungen. Unser Tourismusbericht folgert daraus
die Notwendigkeit von mehr Offenheit und Flexibilität.

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(C (D a muss ich allerdings sagen: Die Tourismuswirtschaft ommt dem in großen Teilen nach. Bei der Bundesregieung ist in puncto Offenheit und Flexibilität allerdings eider zum größten Teil Fehlanzeige. In den letzten Jahren sind große Anstrengungen unernommen worden, um den Service und die Freundlicheit zu verbessern. Die Erfolge sind wirklich beeindrukend. Zur Ausbildung ist zu sagen, dass es allein im otelund Gaststättengewerbe über 100 000 Ausbilungsplätze gibt. Das ist eine tolle Leistung. Ich glaube, s ist angemessen, all denen einmal zu danken, die hier ür Ausbildung sorgen. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


Wir haben hervorragende Projekte in Deutschland in
er Tourismuswirtschaft, ob das im Hotel- und Gaststät-
engewerbe ist, im Bustourismus, bei den Freizeitparks,
ei Familienurlaub auf dem Lande oder im Gesundheits-
ourismus. Da brauchen wir uns hinter keinem Wettbe-
erber auf der Welt zu verstecken.

Besonders stark sind wir im Städtetourismus. Das be-
rifft nicht nur Heidelberg, das viele Amerikaner besu-
hen, sondern auch die großen Städte wie Berlin und an-
ere. Nur sollten wir nicht übersehen, dass es im
ändlichen Bereich oft sehr viel schwieriger aussieht.
as müssen wir sorgfältig hinterfragen.

Die Fußball-WM wurde angesprochen. Da waren
uch die Partner, mit denen wir es zu tun haben, Herr
aeple, Herr Fischer und andere, sehr aktiv. Das war ein
inmaliger Glücksfall. Seit der Fußball-WM weiß die
anze Welt: In Deutschland gibt es nur freundliche Men-
chen,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Genau!)


nd es ist immer schönes Wetter. Das können Sie mit
einer Marketingkampagne hinbekommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Meine Damen und Herren, die Federführung für den
ourismus liegt beim BMWi. Dafür wurde das Amt des
ourismusbeauftragten geschaffen. Ich sehe nur die
chwierigkeit, dass der Tourismusbeauftragte keine gro-
en Möglichkeiten hat. Schauen Sie in den Haushalt:
as BMWi hat Tourismusmittel in Höhe von circa
7 Millionen Euro, die anderen Ministerien in Höhe von
irca 50 Millionen Euro. Deshalb ist unsere Forderung:
enn wir Tourismuspolitik schlagkräftiger machen wol-

en, dann müssen Kompetenzen im Wirtschaftsministe-
ium gebündelt werden. Dazu legen wir heute einen
ntrag vor, der sich auf Tourismusprojekte in Entwick-

ungsländern bezieht. Ich bitte Sie herzlich, diesen An-
rag wohlwollend zu prüfen und ihn im Ausschuss ent-
prechend zu behandeln.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun gibt es eine Menge Sachfragen. Bei manchem
rgere ich mich; das will ich hier ganz offen sagen. Der
ourismusbeauftragte und andere sagen bei allen mögli-






(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher
chen Veranstaltungen Dinge zu. Ich nenne ein Beispiel:
Es wird gesagt, man wolle sich für den reduzierten
Mehrwertsteuersatz einsetzen. Aber Sie haben nicht ein-
mal in der eigenen Fraktion, geschweige denn beim Ko-
alitionspartner dafür eine Mehrheit. Dasselbe gilt beim
Thema Jugendarbeitsschutzgesetz und beim Thema Bus.
Sie schreiben in dem Bericht, Sie würden sich für Aus-
nahmeregelungen einsetzen. Lieber Herr Hinsken, dann
stimmen Sie bitte unserem Antrag zu, den wir gestern
eingebracht haben! Nicht nur reden, sondern handeln!
Das ist das, was die Wirtschaft braucht.


(Beifall bei der FDP)


Sie schaffen in den Ländern mit Ihrer Unterstützung
Nichtraucherschutzregelungen, die nichts mit Nichtrau-
cherschutz zu tun haben, sondern ein Umerziehungspro-
gramm für die Bevölkerung sind und für die Branche
eine riesige Belastung darstellen.


(Beifall bei der FDP)


Da müssen Sie sich endlich bewegen.

Herr Hinsken, Sie haben es – damit bin ich beim
Thema Gesundheit – bis heute nicht geschafft, dass die
Kurorte in Deutschland wenigstens ähnlich gute Wettbe-
werbsbedingungen im Vergleich mit Kurorten in den
Beitrittsländern vorfinden. Das ist doch das Mindeste,
was die Politik leisten muss.


(Beifall bei der FDP)


Sie nehmen es hin, dass es im Jahr 2007 im Hotel-
und Gaststättengewerbe – man höre und staune – wieder
einen Umsatzrückgang von 3 Prozent gab. Im Beherber-
gungsgewerbe ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen,
während es bei den Gaststätten und Restaurants einen
Rückgang um 4,9 Prozent gibt. Das hat etwas mit Rah-
menbedingungen zu tun. Für diese sind Sie mitverant-
wortlich.


(Beifall bei der FDP)


Der Tourismussektor ist weitgehend mittelständisch
geprägt. Wenn Sie diesem Sektor helfen wollen, dann
machen Sie endlich eine Mittelstandspolitik! Mit Ihrer
Umsatzsteuerreform und mit der beabsichtigten Erb-
schaftsteuerreform machen Sie exakt das Gegenteil von
dem, was Sie sagen. Sie fördern nicht den Mittelstand,
sondern Sie strangulieren ihn immer mehr.


(Beifall bei der FDP)


Die FDP-Bundestagsfraktion legt heute einen Ent-
schließungsantrag mit 31 Forderungen vor. Das ist kon-
krete Tourismuspolitik. Der Tourismusbeauftragte hat
Goethe zitiert. Ich will Wilhelm Busch zitieren: „Froh
schlägt das Herz im Reisekittel, vorausgesetzt man hat
die Mittel.“


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)


Das ist das eigentliche Problem. Mit Ihrer Mehrwert-
steuererhöhung und mit Ihrem Abkassieren tragen Sie
dazu bei, dass eben nicht genügend Geld zur Verfügung
steht und somit dem Tourismus Einnahmen entgehen.
Hören Sie deshalb auf, gegen den Mittelstand Politik zu
machen! Hören Sie endlich auf, die Branche mit immer

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(C (D euen Regelungen zu drangsalieren! Sorgen Sie dafür, ass vom Brutto mehr Netto übrig bleibt! Dann können ir tatsächlich weiterkommen. Die FDP steht für eine Tourismuspolitik, die die Poenziale des Tourismus freilegt. Dadurch wird vielen enschen ein Arbeitsplatz ermöglicht. Die Menschen önnen dafür schon am Sonntag die richtige Wahl trefen. Herzlichen Dank. Das Wort erhält nun die Kollegin Annette Faße, SPD raktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614600300


Annette Faße (SPD):
Rede ID: ID1614600400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Die Deutschen sind Reiseweltmeister, und das soll
uch so bleiben. Der Tourismus boomt; der Muff ist
eg. So die Frankfurter Rundschau vom 9. Februar die-

es Jahres.

Die Zahl der Übernachtungen in Deutschland klet-
erte auf ein Rekordhoch: 360 Millionen im letzten Jahr.
ie Welt war zu Gast bei Freunden, und sie soll auch
eiterhin Gast in Deutschland sein. Denn wir sind ein
eltoffenes Land. Unsere Produkte und unser Marketing

ind hervorragend. Aber ohne ausländische Gäste hätten
ir ein Minus zu verzeichnen. Auch das sollten wir an
ieser Stelle ganz klar und deutlich sagen.

Lieber Ernst Burgbacher, es wurde ausführlich darge-
tellt, wie stark die Tourismuswirtschaft von den Pro-
rammen zur Förderung des Mittelstandes profitiert. Ich
enke, es wäre es wert gewesen, sich mit dieser Passage
es Berichts ausführlich auseinanderzusetzen. Die Er-
olge in der Tourismuspolitik bedeuten aber nicht, dass
ir aufhören zu denken und dass alles so bleiben soll.
ir müssen diesen Bericht vielmehr als Ansporn zum
andeln nehmen. Die Politik wie auch die Tourismus-
irtschaft sind hier gefragt.

Wir wollen, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger ei-
en Urlaub leisten können: Jung und Alt, Ost und West,
rm und Reich. Es geht darum, dafür Sorge zu tragen,
ass alle vom Wirtschaftsaufschwung profitieren können
nd dass eine Vielzahl von unterschiedlichen Angeboten
ur Verfügung steht.

Der Tourismus ist ein starker Beschäftigungsmotor,
er entsprechende Möglichkeiten für den Arbeitsmarkt
ietet. Wir stehen für gute Arbeit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


as heißt, wir wollen eine Arbeit, die gerecht entlohnt
ird, die volle Teilhabe an den sozialen Sicherungssys-

emen ermöglicht, die Anerkennung bietet und nicht
rank macht, die es ermöglicht, erworbene Qualifikatio-
en zu nutzen und auszubauen, die demokratische Teil-






(A) )



(B) )


Annette Faße
habe garantiert und die Vereinbarkeit von Beruf und Fa-
milie gewährleistet.


(Beifall bei der SPD)


Dumpinglöhne und Schwarzarbeit können nicht verant-
wortet werden. Immer weniger Tarifverträge mit zum
Teil sehr niedrigen Löhnen gerade in der Tourismuswirt-
schaft müssen uns veranlassen, über die Einführung ge-
setzlicher Mindestlöhne auch in diesem Bereich ernst-
haft miteinander zu sprechen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


2006 bestanden über 100 000 Ausbildungsverhält-
nisse in der Hotellerie und Gastronomie. Es gibt 13 Aus-
bildungsbereiche im Tourismussegment. Der neue Aus-
bildungsberuf Kaufmann/Kauffrau für Freizeit und
Tourismus hat sich seit seiner Einführung am 1. August
2005 sehr positiv entwickelt. Es besteht weiterer Bedarf
an qualifizierten Arbeitskräften. Aber am bestehenden
Jugendarbeitsschutzgesetz darf hierbei nicht gerüttelt
werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir wollen, dass auch die Fort- und Weiterbildung
weiterhin einen großen Stellenwert hat. Aufgabe der
Bundesregierung ist es, hier aktiv zu sein.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Alles staatliche Regulierung!)


Jawohl, es gibt Komplexe, mit denen wir uns konse-
quent auseinanderzusetzen haben. Das ist zum Beispiel
der große Bereich des demografischen Wandels. Hier
wird es eine Zielgruppenveränderung geben. In dem Be-
richt, über den wir in dieser Woche im Ausschuss disku-
tiert haben, werden uns entsprechende Wege aufgezeigt.
Es wird eindeutig zu einer Schwerpunktverlagerung
kommen. Aber darauf sind noch nicht alle eingestellt.
Die Ausbildungsinhalte für den Servicebereich, die Bau-
planung und die Entwicklung von Produkten müssen
sich ändern. Das gilt für Berufs-, für Fach- und Hoch-
schulen auf Länderebene.

In diesem Zusammenhang ist die Barrierefreiheit ein
wichtiger Aspekt. Barrierefreiheit bedeutet zugleich
Komforttourismus für alle. Auf europäischer Ebene
spricht man von der Forderung nach einem Zugang für
alle. Es ist Zeit, dass Architekten, kommunale und regio-
nale Entscheidungsträger sowie Tourismusverantwortli-
che dem demografischen Wandel in der Gesellschaft
Rechnung tragen und auf die damit verbundenen Anfor-
derungen eingehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Eine barrierefreie Umgebung kommt allen, der Gesamt-
gesellschaft, zugute. Das muss für alle Verkehrsträger
gelten. Wir brauchen im Tourismusbereich eine Dienst-
leistungskette; ich nenne in diesem Zusammenhang den
Begriff „Tür-zu-Tür-Komfort“. Das ist ein Ziel, das wir
anstreben müssen.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D ie Bereiche Gesundheitstourismus, Medical Wellness, urund Heilbäder, Kliniken und Sanatorien sind in den ereich der touristischen Nachfrage einzubeziehen. Ein nächster großer Block, mit dem wir uns auseinanerzusetzen haben, ist der Klimawandel. Der Tourismus st Betroffener und Mitverursacher zugleich. Aber nur ine gesunde Umwelt ist ein Garant für ein attraktives rlaubsziel. Soziale, ökonomische und ökologische achhaltigkeit zu erreichen, ist der Auftrag. Die Tourisusund Verkehrswirtschaft muss sich diesem Thema anz konsequent stellen. Es gilt, unsere Angebote im Beeich der Nationalparke und Naturparke zu erhalten und uszubauen. Jawohl, wir wollen ein umweltfreundliches ngebot machen. Dazu gehört auch der boomende Fahr adtourismus. Der ADFC ist ein guter Partner für uns. azu gehört natürlich auch die Problematik der Mitahme von Fahrrädern im ICE, was immer noch ein unelöstes Problem ist. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ir sollten uns aber auch besonders dem Landurlaub
nd dem Urlaub auf dem Bauernhof widmen. Das wird
ie Koalition in Form eines Antrages tun.

Der Vielfalt der Angebote und der Vielfalt der The-
en, mit denen wir uns im Fachausschuss auseinander-

etzen, möchte ich in Form einer Auflistung gerecht
erden: Camping- und Wohnmobiltourismus, Jugend-
erbergen, Familienerholungsstätten, Geschäftsreisen,
reizeitparke, Märkte, Wassertourismus, Kreuzfahrten,
ustourismus, Städtetourismus. Dies alles sind Berei-
he, die nicht nur zum Bereich Wirtschaft gehören, son-
ern in verschiedenen Ministerien angesiedelt sind.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist das Problem!)


Zum Kreuzfahrttourismus haben wir einen Antrag
orgelegt, den wir heute verabschieden werden.

Ein großer Bereich, der etwas mit naturnahen und
mweltfreundlichen Angeboten zu tun hat, ist der Was-
ertourismus in Deutschland. Wir haben uns mit diesem
ereich ausführlich befasst. Ich freue mich unter ande-

em darüber, dass wir jetzt gemeinsam mit allen Verbän-
en eine freiwillige Sicherheitskampagne auf den Weg
ringen können.

Angebote sind das eine; die Qualität der Angebote
uss aber auch stimmen. Von daher müssen wir uns da-

ür starkmachen, dass die Qualität der Angebote in
eutschland den Preisen, die wir in Deutschland erzie-

en müssen, gerecht wird. In diesem Zusammenhang
üssen wir uns kritisch mit den Siegeln, den Qualitäts-

ennzeichen auseinandersetzen. Die SPD ist der Mei-
ung, dass wir die Kennzeichnung mit Sternen stärken
ollten, anstatt mit einer Vielzahl unterschiedlicher Sie-
eln zu einer Unüberschaubarkeit beizutragen. „Sterne
tärken“ ist daher angesagt.


(Beifall bei der SPD)


Ein gutes Programm muss auch ein gutes Marketing
aben. Wir haben dafür die Deutsche Zentrale für Tou-






(A) )



(B) )


Annette Faße
rismus, die im Ausland für Deutschland wirbt und arbei-
tet. Sie ist aber auch für das Inlandsmarketing zuständig.
Ein herzliches Dankeschön an die engagierten Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter dieser Einrichtung! Wir wissen,
dass die Zusammenarbeit im Ausland mit den Goethe-
Instituten und den Außenhandelskammern intensiviert
werden muss. Wir können zwar nicht in jedem Land tä-
tig sein, ich freue mich aber darüber, dass es gelungen
ist, die Mittel für diese Arbeit in den Haushalten 2008
und folgende aufzustocken.


(Beifall der Abg. Brunhilde Irber [SPD])


Der tourismuspolitische Bericht muss in Zukunft
mehr sein als ein Bericht über den aktuellen Stand. Er
muss die Perspektive einbeziehen.


(Beifall der Abg. Brunhilde Irber [SPD])


Es ist richtig, dass wir ganz deutlich sagen: Der Touris-
mus ist ein Zukunftsfeld für die Welt und unser Land.
Ich sage ganz deutlich, dass die SPD ein Leitbild für den
Tourismus einfordert. Wir müssen uns mit den zukünfti-
gen politischen Schwerpunkten auseinandersetzen und
versuchen, gemeinsam mit den Ländern, die in der Tou-
rismuspolitik einen wichtigen Part spielen, Wege für den
Standort Deutschland aufzuzeigen.


(Beifall bei der SPD)


Das geht nur gemeinsam mit den Ländern. Hier be-
steht Handlungsbedarf: Es geht um die Sommerferienre-
gelung, die Rundfunk- und Fernsehgebühren und die
Nichtraucherschutzregelungen. Ich finde, der Nichtrau-
cherschutz ist zu unübersichtlich geregelt. Ich hätte mir
eine bundesweite Lösung gewünscht.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Warum denn? Alles Zentralismus!)


Lassen Sie uns gemeinsam alles dafür tun, dass die
Deutschen reisen können, und zwar innerhalb Deutsch-
lands – Deutschland ist das bevorzugte Reiseland der
Deutschen –, aber auch ins Ausland. Zu Reisen ins Aus-
land werden meine Kollegen später das Wort ergreifen.
Lassen Sie uns für einen attraktiven Tourismusstandort
Deutschland eintreten und dafür werben.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614600500

Dr. Ilja Seifert ist der nächste Redner für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614600600

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Meine Damen und Herren auf den Tribünen! Sehr
geehrter Herr Hinsken, wenn wir es erreichen würden,
dass Tourismuspolitik als die beste Außen- und Militär-
politik verstanden wird, hätten wir wirklich etwas er-
reicht. Dabei haben Sie uns, die Linke, auf Ihrer Seite.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Jetzt wird es gefährlich, Ernst!)


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(C (D asst uns Menschen zur Erholung ins Ausland schicken nd nicht Soldaten zum Schießen. Der Tourismusbericht, der heute zur Diskussion steht, tellt die Förderung der Steigerung der Leistungsund ettbewerbsfähigkeit der deutschen Tourismuswirt chaft in den Mittelpunkt. Ist das wirklich die richtige ufgabe? Wir, die Linken, meinen, im Mittelpunkt der ourismuspolitik muss stehen, dass die Menschen die öglichkeit haben, sich zu erholen, zu regenerieren und ich zu bilden. Es ist etwas anderes, ob ich die Wirtchaft in den Mittelpunkt stelle oder die Menschen, die ich innerhalb dieses Systems erholen wollen, sollen und önnen müssen. Aus diesem Grunde haben wir einen etwas anderen ugang zu dem Thema, wobei wir an manchen Stellen urchaus zu ähnlichen Ergebnissen kommen wie Sie. Ich öchte ausdrücklich sagen, dass der Bericht informativ nd umfangreich genug ist, sodass man daraus jede enge Schlussfolgerungen ziehen kann. Allerdings inde ich es ziemlich bemerkenswert, dass der zustänige Minister in diesem Tourismuspolitischen Bericht berhaupt nicht vorkommt. (Zuruf von der CDU/CSU: Wir haben einen Tourismusbeauftragten!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Lieber Herr Glos, im Bericht steht – Sie können das
chon auf der ersten Seite lesen –, dass der Tourismusbe-
uftragte tolle Arbeit leistet. Das unterschreibe ich so-
ort. Aber entweder haben wir einen Minister, der dafür
uständig ist, dann muss er auch irgendwann einmal et-
as dafür tun, oder wir haben ein Beauftragtenwesen.
ie Behindertenbeauftragte dieser Regierung ersetzt
icht den Arbeits- und Sozialminister, und die Drogen-
eauftragte ersetzt auch nicht die Gesundheitsministerin.
a müssen wir schon einmal Klartext reden. Vielleicht

ollten wir ein Tourismusministerium schaffen; das wäre
uch eine Variante.

Wenn wir Tourismuspolitik machen wollen, dann
üssen wir nicht die Trends, die ohnehin schon boomen,

tärken, sondern wir müssen dort, wo es Defizite gibt,
um Beispiel bei den Menschen, die wenig Geld haben
Annette Faße hat darauf hingewiesen –, dafür sorgen,

ass auch sie sich erholen können.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist doch eine ganz andere Zielstellung. Ich finde, das
uss man einmal sagen dürfen.

Sie stellen „die reisefreudigen und finanziell gut situ-
erten älteren Reisenden ab 50 Jahren“ als wichtigste
eue Zielgruppe in den Mittelpunkt Ihres Berichtes.
uss ich das wirklich unterstützen? Das läuft doch

rima. Wir müssen vielmehr die alleinerziehende Hartz-IV-
mpfängerin und ihre Kinder unterstützen, damit sie we-
igstens einmal eine Woche Urlaub machen und sich er-
olen können.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Ilja Seifert
Da müssen wir investieren und politisch aktiv sein und
nicht bei den Best-Agern, die reiseerfahren sind und wis-
sen, wie sie sich durchsetzen können.

Insofern ist es durchaus erforderlich, ein paar kriti-
sche Anmerkungen zur DZT, zur Deutschen Zentrale
für Tourismus, zu machen. Wir alle wissen, dass die
Kolleginnen und Kollegen dort in vielerlei Hinsicht gute
Arbeit leisten. Aber ich nenne zwei Beispiele, wo wir
Kritik üben. In der aktuellen Broschüre der DZT werden
Städtereisen in Deutschland hervorgehoben. 50 Städte
werden genannt, darunter nur acht aus Ostdeutschland.
Wo besteht denn der Förderungsbedarf: im Osten oder
im Westen? Es fehlen Städte wie Görlitz, das fast Kultur-
hauptstadt Europas geworden wäre, Weimar, wo immer-
hin einmal der Geheimrat gelebt hat und das immer noch
Kulturstadt ist, oder Wismar und andere Städte. Das ist
alles andere als befriedigend.


(Beifall bei der LINKEN)


Mich interessiert, wie viele Menschen in diesem
Lande touristische Angebote überhaupt wahrnehmen
können, wie viele nicht, warum nicht und wie wir das
ändern können. Wie viele Kinder hatten 2007 keine Rei-
semöglichkeiten, keine Urlaubserlebnisse, keine Ferien-
reisen, weil sich die Eltern das nicht leisten konnten oder
keinen Urlaubsanspruch hatten? Das sind problemati-
sche Fragen, die wir uns in erster Linie stellen müssen,
statt der Frage, wie man denen, die ohnehin Zeit und
Geld haben, noch bessere Fünf- oder Siebensternehotels
mit jeder Menge Service anbieten kann, so bequem das
auch sein mag.

Lassen Sie uns lieber die Städtepartnerschaften unter-
stützen und dort Jugendgruppen, Seniorengruppen, mei-
netwegen auch Gruppen von Menschen mit Behinderun-
gen und deren Selbsthilfeorganisationen die Möglichkeit
geben, Austausch zu betreiben und sich kennenzulernen.
Ist es denn abwegig, zu verlangen, dass „Reisen für alle“
möglich sein muss, dass jedes Kind mindestens einmal
im Jahr für zwei Wochen im Rahmen einer Klassenfahrt
oder Ähnlichem unterwegs sein kann? Ist das eine unan-
ständige Forderung? Ich glaube, nicht. Wir sind der Mei-
nung, dass wir dort eingreifen und politisch aktiv werden
müssen.

Die Linke hat – das unterstützt meine Aussage, dass
wir einen anderen Zugang zur Aufgabe von Tourismus-
politik haben – fünf Leitbilder aufgestellt. Ein Leitbild
ist für uns das Recht jedes Menschen auf Reisen, selbst-
verständlich auch auf Fernreisen. Wir wollen ja, dass
sich die Menschen die Welt anschauen können, um ihre
Weltanschauung auszuprägen. Man muss dafür sorgen,
dass auch Menschen, die wenig Geld haben, das können.

Zum Thema „Barrierefreier Tourismus“. Jeder, der
hier bis jetzt geredet hat, hat darauf hingewiesen, dass
das ein wichtiger Punkt ist; ich vermute, das werden
auch noch weitere Redner sagen. Es geht aber nicht nur
darum, dass auch behinderte Menschen reisen können
– so steht es im Bericht –, sondern es geht auch und vor
allem darum, dass man, indem man Menschen mit Be-
hinderungen die Chance bietet, überhaupt zu verreisen,
Bequemlichkeit für alle herbeiführt.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dass es für alle besser wird, das ist das Ziel. Wir müs-
en das Nutzen-für-alle-Konzept verfolgen, sollten aber
eine Sonderregelungen für behinderte Menschen schaf-
en. Das ist eine ganz andere Herangehensweise, die wir,
ie ich finde, pflegen sollten. Wir brauchen keine Insel-

ösungen. Schwierigkeiten treten ja auch schon früher
uf, nämlich dann, wenn es geht darum geht, ein barrie-
efreies Angebot überhaupt zu finden.

Insofern finde ich es nicht uninteressant, dass die
ZT 25 Millionen Euro bekommt, um den Tourismus in
eutschland zu vermarkten; in ihren Broschüren wird
as Thema „Barrierefreiheit in Deutschland“ aber nicht
rwähnt. Die NatKo, die Nationale Koordinierungsstelle
ourismus für Alle, die sich für den barrierefreien Tou-
ismus einsetzt, erhält aber nur 120 000 Euro, allerdings
icht etwa vom Tourismusministerium, sondern vom
esundheitsministerium. Was soll das denn? Wie ver-

ückt sind wir eigentlich? Warum konzentrieren wir die
elder nicht dort, wo sie hingehören?


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Insofern kann ich nur das unterstützen, was Herr
urgbacher gesagt hat. Lasst uns ein starkes Tourismus-
inisterium bzw. zumindest eine starke Abteilung inner-

alb des Ministeriums schaffen, in der alle Vorgänge
ernünftig koordiniert werden.

Zum ländlichen Tourismus hat die Linke einen eige-
en Antrag vorgelegt. Ich kann Ihnen nur empfehlen,
hm zuzustimmen. Dann werden wir auf diesem Gebiet
irklich vorankommen. Hier können wir etwas errei-

hen, sowohl für die Menschen, die in den ländlichen
ebieten heimisch sind, als auch für die, die dort hinfah-

en. Lasst uns das gemeinsam angehen.

Zum Thema „Ökologisch verantwortbarer Touris-
us“. Wir alle wissen, dass der Tourismus ein janusköp-

iges Phänomen ist. Man fährt dorthin, wo es am Schöns-
en ist, und dort zerlatscht man alles und macht es kaputt.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Stimmt doch gar nicht!)


Das war jetzt etwas grob und holzschnittartig formu-
iert, Herr Kollege Burgbacher.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Viele leben vom Tourismus!)


as ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Touris-
us Mitverursacher der Umweltverschmutzung und der
erstörung schöner Landschaften ist.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Ackermann [FDP]: Im Gegenteil!)


enn wir uns dieser Erkenntnis verweigern, weigern wir
ns, die Realität anzuerkennen.

Das gilt natürlich auch im Hinblick auf Fern- bzw.
lugreisen. Selbstverständlich muss man in Rechnung
tellen, dass durch Flugreisen die Atmosphäre zerstört






(A) )



(B) )


Dr. Ilja Seifert
wird. Daher sind Ausgleichsmaßnahmen erforderlich,
die tatsächlich wirkungsvoll sind, sodass die Umweltzer-
störung, die wir anrichten, überkompensiert wird.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Diese Erkenntnis ist keine Meinung, die von linkssektie-
rerischen Kreisen vertreten wird, sondern anerkannter
Stand der Wissenschaft. Das sollte man einmal sagen
dürfen.

Lassen Sie mich noch ein paar Worte über die Situa-
tion der im Tourismusgewerbe beschäftigten Menschen
sagen. Auch hier finden wir eine sehr schwierige Situa-
tion vor. Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen
Menschen leben davon, andere zu bewirten, zu beherber-
gen, zu transportieren usw. Insofern gebe ich Herrn
Hinsken recht: Die Tourismuswirtschaft ist eine der Leit-
wirtschaften des 21. Jahrhunderts, weil sie sehr arbeits-
intensiv ist.

Wenn in diesem Gewerbe aber kein existenzsichern-
der Lohn erzielt werden kann, wenn die Beschäftigten
nicht ganzjährig arbeiten können und wenn sie ununter-
brochen mit einem Bein im Sozialamt stehen, dann kann
davon, dass die Menschen, die diese Arbeit leisten, zu-
frieden sind, keine Rede sein.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Auch die Menschen, die im Tourismusgewerbe tätig
sind, wollen einmal verreisen, nachdem sie sich anderen
gewidmet haben. Auch hier müssen wir investieren, und
zwar in Form eines Mindestlohnes, von dem sie gut le-
ben können.


(Beifall des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE] und des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Tourismusaus-
schuss – das weiß ich sehr zu schätzen – herrscht eine
ganz andere Atmosphäre als in vielen anderen Ausschüs-
sen dieses Hauses. Lasst uns diese Atmosphäre bitte in
die anderen Ausschüsse verbreiten. Wir müssen die Un-
terschiede, die zwischen uns bestehen, nicht verkleis-
tern. Was aber die Art und Weise, wie wir miteinander
umgehen, betrifft, können wir etwas voneinander lernen.
Ich kann allen Kolleginnen und Kollegen nur empfehlen:
Kommt einmal in den Tourismusausschuss und seht
euch an, dass man auch fair miteinander streiten kann.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Reinhold Hemker [SPD] – Dr. Reinhold Hemker [SPD]: Beifall für die letzte Aussage!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614600700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Bettina Herlitzius,

Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe olleginnen und Kollegen! Der Klimawandel wird die Natur nachteilig verändern. In Bergregionen werden die Besucherzahlen aufgrund von Schneemangel … zurückgehen. … Ansteigende Meeresspiegel bedrohen u. a. die Malediven, Venedig und Manhattan und könnten im schlimmsten Fall diese im Wasser versinken lassen. … Der Klimawandel wird … das Reiseverhalten langfristig weltweit spürbar verändern. uf der anderen Seite trägt der Tourismus selbst zum limawandel bei: 5 Prozent der weltweiten CO2-Emis ionen gehen auf das Konto des Tourismus. – Das sind eine Zitate aus einer Ökozeitung, das steht im Tourisuspolitischen Bericht der Bundesregierung. Wunderbar, die Regierung hat das Problem erkannt, erstanden und handelt, könnte man meinen. Dem ist ber nicht so. Was Sie hier vorlegen, ist eine einfache aterialsammlung mit reichlich Eigenlob. (Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Kann nicht sein!)

Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1614600800

Ihre einseitige Begeisterung über die Wachstumsrate
on 4 Prozent der Tourismusbranche erschreckt mich,
eweist sie doch Ihr mangelndes Problembewusstsein.
ffenbar haben Sie nicht verstanden, was die Stunde ge-

chlagen hat. Wachstum als solcher ist kein Erfolg.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


achstum kann stattfinden, ohne dass der Wohlstand
teigt. Wachstum kann stattfinden, ohne dass es den
enschen besser geht. Wir müssen über die Richtung

prechen, in die der Tourismus wächst.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


onst kann es passieren, dass wir, obwohl wir immer
eiter reisen, immer weniger erleben, weil wir die Welt

mmer mehr verbrauchen, die Menschen, zu denen wir
ahren, immer mehr verarmen und die Umwelt immer
onotoner und eintöniger wird. Die Vielfalt und Schön-

eit der Reiseziele geht langfristig verloren.

Über diese klimapolitische Richtungsentscheidung
teht, von einzelnen Aufzählungen abgesehen, leider
ichts im Tourismuspolitischen Bericht, Herr Minister.
iemand braucht ein dickes Papier, in dem alle touristi-

chen Themen irgendwie angesprochen werden. Die
rage ist: Wie will die Bundesregierung erreichen, dass
ie Tourismuswirtschaft in eine klimafreundliche Rich-
ung umsteuert?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Viele Bürgerinnen und Bürger und Teile der Touris-
usbranche sind längst weiter; sie wollen nicht, dass

urch ihren Urlaub die Umwelt geschädigt wird. Aber






(A) )



(B) )


Bettina Herlitzius
wenn, wie das bei einem Projekt in Mecklenburg-Vor-
pommern der Fall ist, den Reisenden vorgegaukelt wird,
dass sie durch den Kauf eines Baumes im Tourismus-
wald einen CO2-neutralen Urlaub machen können, dann
ist das reine Geschäftemacherei. Wir brauchen dringend
einheitliche Standards für Nachhaltigkeitskriterien.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Brunhilde Irber [SPD]: Wir wären froh, dass die Leute Bäume pflanzen!)


Es ist Ihre Aufgabe, Herr Minister, dafür zu sorgen,
dass die Bürger die notwendigen Informationen bekom-
men, damit sie auf dem Tourismusmarkt Wahlfreiheit
haben. Eigentlich ist es ganz einfach: Legen Sie doch
einfach fest, dass der Preis einer Pauschalreise die CO2-
Belastungen enthalten muss!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Tourismus kann Wohlstand schaffen. 2020 wird jeder
zehnte Arbeitsplatz in den ostdeutschen Ländern vom
Tourismus abhängen. Das ist ein wichtiger Baustein für
den Aufbau Ost. Damit daraus aber dauerhafter Wohl-
stand wird, muss die touristische Infrastruktur umwelt-
und vor allem klimaschonend entwickelt werden. Der
Deutschlandtourismus wächst; das ist eine große
Chance. Wir sollten sehr viel mehr dafür tun und unsere
Naturschätze – vom Elbstromtal bis zum Wattenmeer –
entschiedener schützen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Annette Faße [SPD]: Das machen wir doch: Nationalparks!)


In Hamburg haben die Bürgerinnen und Bürger jetzt die
Chance, dafür zu stimmen.

Der Anteil der Flugreisen nimmt zu: 38 Prozent der
Deutschen fliegen mittlerweile in den Urlaub. Das ist ein
wachsender Reisemarkt; aber das ist auch ein wachsen-
des Problem für unser Klima. Der CO2-Ausstoß durch
Flugzeuge hat sich seit 1990 verdoppelt. Die Flugzeug-
emissionen finden in großer Höhe statt und haben da-
durch enorme negative Auswirkungen auf das Klima.
Ich finde, angesichts dieser Zahlen ist es trostlos, wenn
die Regierung im Tourismuspolitischen Bericht schreibt,
dass angestrebt wird, die CO2-Emissionen pro Flug um
bis zu 10 Prozent zu senken. Das ist ein Witz!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Flugverkehr wächst jährlich um 5 Prozent. Damit ist
der Effekt nach zwei Jahren schon bei null.

Wir wollen niemandem das Fliegen verbieten. Nie-
mand, der hier im Saal sitzt, will das. Aber Fliegen ist
ein unerhörter Luxus, den sich nur ein kleiner Teil der
Menschheit leisten kann. Wenn wir unsere politische
Verantwortung ernst nehmen, müssen wir die Bürgerin-
nen und Bürger an dieser Stelle bitten, Maß zu halten.
Das gilt aber auch für uns.

Die Bundesregierung sieht das Problem offenbar ganz
anders. Sie verschweigt das Problem und spricht beim
Flugverkehr von einer positiven Entwicklung. Ich sehe
darin einen Schnellzug in die Klimakatastrophe. Aber

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(C (D ier versteckt sich auch eine enorme Wettbewerbsvererrung zulasten der inländischen Anbieter. Kollegen on der FDP, hören Sie gut zu. (Jens Ackermann [FDP]: Das machen wir immer!)


ie Bundesregierung subventioniert das Fliegen durch
nversteuertes Benzin. Sie verzichtet freiwillig darauf,
hre rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die-
en Missstand zu beseitigen. Das ist ein Skandal.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Brunhilde Irber [SPD]: Das stimmt nicht!)


enn diese Subventionen richten sich gegen solche Ur-
aubsgebiete, die klimafreundlich erreichbar sind. Sie
chaden damit unserer mittelständischen Tourismuswirt-
chaft.


(Annette Faße [SPD]: Das ist falsch!)


err Minister Glos, es ist allerhöchste Zeit für einen fai-
en Wettbewerb in der Tourismusbranche. Führen Sie
ndlich die Kerosinsteuer und die Ticket-Tax ein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Brunhilde Irber [SPD]: Im nationalen Alleingang?)


Hier gibt es Möglichkeiten. Informieren Sie sich ein-
al.


(Brunhilde Irber [SPD]: Das war der Witz des Jahres! – Lachen bei der SPD)


Auch beim Thema Tourismus kann ich es nicht ver-
eiden, über das Lieblingsprojekt unseres Verkehrs-
inisters, unsere Bahn, zu sprechen. Leider benutzen

ur 6 Prozent der Urlaubsreisenden die Bahn. Was
acht die Bahn? Anstatt attraktivere und zuverlässigere
ngebote für Urlaubsreisende zu entwickeln, streicht sie
eiter Nachtzugverbindungen und verhindert die Fahr-

admitnahme im ICE. So wird das Reiseangebot nie at-
raktiv.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eider verzichtet die Bahn noch immer darauf, Öko-
trom zu beziehen. Wieder eine verpasste Chance, ihre
mweltreisebilanz nachhaltig zu verbessern!


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Ökostrom aus französischen Atomkraftwerken!)


iebe Vertreter der Regierung von den großen Parteien,
uch Sie haben Möglichkeiten. Noch gehört die Firma
ns. Warum sorgen Sie nicht konstruktiv dafür, dass die
ahn nach vorne kommt? Stattdessen laufen Sie vor Ih-

er Eigentümerverantwortung davon.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Der Kreuzfahrttourismus in Deutschland ist in den
etzten zehn Jahren um das Dreifache gewachsen. Seine
mweltbilanz ist katastrophal. Wer denkt denn schon an
mweltverschmutzung, wenn weiße Kreuzer über blaue
eltmeere schippern? Abfälle, Abgase und Abwässer

assen nicht in diese heile Welt, vom Stromverbrauch






(A) )



(B) )


Bettina Herlitzius
ganz zu schweigen. Mit dem Bedarf eines Kreuzfahrt-
schiffes kann eine Stadt mit 200 000 Einwohnern ver-
sorgt werden. Geht das wirklich nicht anders? Wo ist das
regenerative, klimaschonende, solarbetriebene Kreuz-
fahrtschiff aus einer deutschen Werft? Was hat die Bun-
desregierung bisher dafür unternommen? Nichts!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Annette Faße [SPD]: Das müssen Sie sich mal selber fragen!)


Lassen Sie mich zum Ende kurz etwas zu unserem ei-
genen Antrag sagen. Tourismuspolitik macht nicht an
unseren Grenzen halt. Ferntourismus, Tourismus in Ent-
wicklungsländern, ist ein ökologisches Problem. Aber
Ferntourismus dient auch der Völkerverständigung, der
Entwicklung, der Demokratisierung und der Armutsbe-
kämpfung. Es ist aber unsere Aufgabe, dafür zu sorgen,
dass ein Gleichgewicht zwischen klimaschonenden Rei-
seformen und armutsmindernden Auswirkungen des
Tourismus entsteht.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Wie sieht
Tourismuspolitik im Zeitalter des Klimawandels aus?
Auf diese Frage müssen wir alle hier in diesem Haus
eine Antwort geben. Ich wünsche mir, dass dieses
Thema endlich an erster Stelle steht.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614600900

Das Wort erhält nun der Kollege Jürgen Klimke,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1614601000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Herlitzius, wir
haben heute schon mehrfach gehört, dass Tourismus pri-
mär etwas mit Freude, Freundschaft, Frieden, Freiheit,
Völkerverständigung, gegenseitigem Vertrauen und
wechselseitigem Kennenlernen, aber nichts mit einseiti-
ger ökologischer Ideologie zu tun hat, wie Sie sie hier
gerade vorgetragen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Tourismus ist ein Wirtschaftsfaktor bei uns und drau-
ßen in der Welt. Diesem wichtigen Thema geht der Be-
richt der Bundesregierung nach. Ich danke Ernst
Hinsken und seinen Mitarbeitern ausdrücklich dafür,
dass sie uns diese wichtigen Sachverhalte im Bereich des
Tourismus so detailliert dargestellt haben. Herzlichen
Dank!


(Beifall bei der CDU/CSU)


Tourismus als Wirtschaftsfaktor ist auch Kernthema
unserer beiden Anträge zum Ferntourismus und zum
Kreuzfahrttourismus, die zusammen mit dem Bericht der
Bundesregierung heute behandelt werden.

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(C (D Erstens. Mit dem Antrag zum Ferntourismus wollen ir nicht nur die Aufklärung der Reisenden zu ökologi chen Fragestellungen voranbringen, sondern wir wollen ie primär mit anderen Kulturen konfrontieren und dazu rmuntern, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Wir ollen Maßnahmen gegen den Kindersextourismus, und ir wollen mehr Land-und-Leute-Programme der Reiseeranstalter vor Ort, damit die Reisenden die Länder, die ie besuchen, besser kennenlernen. Ganz wichtig ist uns, ass der Tourismus zu einem Schwerpunkt der Entwickungszusammenarbeit wird, wenn die Partnerländer es ünschen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ies war bisher nicht möglich, weil die Entwicklungszu-
ammenarbeit touristische Projekte nicht gefördert hat.

ir sehen aber gerade in der Entwicklungszusammen-
rbeit die große Chance, Tourismus ohne negative As-
ekte zu entwickeln: ökologisch nachhaltig, unter Be-
chtung sozialer Mindeststandards und, was ganz
ichtig ist, mit Erhaltung der Identität der Entwick-

ungsländer. Wir wollen keine Globalisierung im Sinne
er Schaffung von Mainstreamsituationen und keine
cDonaldisierung in den Entwicklungsländern, wie es
anchmal leider der Fall ist. Die Nachhaltigkeit ist uns

ier besonders wichtig, und wir sehen in der Zusammen-
rbeit mit den Entwicklungsländern große Chancen für
ie deutsche Wirtschaft.

Zweitens. Der Kreuzfahrttourismus, so heißt es in
em Bericht, ist ein besonders dynamisch wachsender
ereich der deutschen Wirtschaft. Die Zahlen belegen
ies eindeutig: Der Umsatz bei Hochseekreuzfahrten ist
n den letzten zehn Jahren um 173 Prozent gestiegen, bei
lusskreuzfahrten um 252 Prozent. Der Gesamtumsatz
ei Kreuzfahrten von Deutschen betrug im Jahr 2006
,7 Milliarden Euro, und in diesem Jahr gab es erstmals
ehr als 1 Million deutsche Passagiere. Dies geht mit

er Indienststellung neuer Schiffe gerade auf den euro-
äischen Routen einher. Neue Schiffe bedeuten Arbeits-
lätze auch bei uns: bei der Meyer-Werft in Papenburg,
ordniedersachsen, bei Reisebüros und bei den Termi-
als. Es ist uns wichtig, dass die Werften und ihre Zulie-
erer volle Auftragsbücher haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, Deutschland wird zudem
elbst zu einem attraktiven Reiseland für Kreuzfahrt-
nd Fährtouristen. Gerade die Skandinavier kommen
ach Deutschland, bleiben einige Tage hier und geben
ei uns Geld aus. Fragen Sie doch einmal in Rostock,
iel, Hamburg, Cuxhaven, Lübeck, Bremerhaven und
assnitz nach, welch einen wichtigen Wirtschaftsfaktor
ie Passagiere darstellen, die von den Schiffen kommen.
ch habe bei uns in Hamburg nachgefragt: Im Durch-
chnitt lässt jeder Passagier eines Kreuzfahrtschiffes
00 Euro in Hamburg. Das sind jährlich 22 Millio-
en Euro. Hamburg ist eine reiche Stadt; aber wir freuen
ns über diese zusätzlichen 22 Millionen Euro und wür-
en uns über weitere Ausgaben von Passagieren noch
ehr freuen.






(A) )



(B) )


Jürgen Klimke
Mit diesem Antrag wollen wir den Kreuzfahrttouris-
mus weiter voranbringen und sicherstellen, dass mehr
Schiffe unter deutsche Flagge kommen. Bisher fährt nur
ein einziges Schiff unter deutscher Flagge. Bei der Ton-
nagesteuer im Frachtbereich ist es uns gelungen, den
deutschen Anteil zu erhöhen. Dies wollen wir auch bei
der Anzahl der Passagierschiffe erreichen, die unter
deutscher Flagge fahren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, auch in weitere Bereiche
muss mehr investiert werden. Als Beispiel nenne ich
bessere Verkehrsanbindungen der Terminals an Bahn-
höfe, damit die Passagiere zum Beispiel Tagesfahrten
nach Dresden oder Berlin machen und auch dort ihr Geld
ausgeben können.

Das von uns geforderte Auslandsmarketing der Deut-
schen Zentrale für Tourismus bringt, vor allem in Ver-
bindung mit einer verstärkten Markenbildung, viele
Reisende nach Deutschland. Wir haben mit der wunder-
schönen Ostsee eine wunderbare Marke, international
als Baltic Sea bekannt. Warum kann der Ostseetourismus
nicht genauso intensiv forciert werden wie der Touris-
mus im Mittelmeerraum oder in der Karibik?

Wir haben einzigartige Attraktionen, zum Beispiel die
sogenannten weißen Nächte, die weltweit einzigartig
sind. Das ist gerade für Kreuzfahrten etwas Wunderba-
res.

Wir brauchen die Unterstützung der Politik. Unsere
beiden Anträge machen deutlich, welche Maßnahmen
möglich sind. Bitte unterstützen Sie uns weiter dabei.

Danke sehr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614601100

Der Kollege Jens Ackermann hat nun das Wort für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Jens Ackermann (FDP):
Rede ID: ID1614601200

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

nen und Kollegen! Kennen Sie noch das Wort des Jahres
1989? Es lautet Reisefreiheit. Andere Länder und Kultu-
ren kennenzulernen, ist eine Sehnsucht der Menschen.
Ich freue mich, dass dies möglich ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es im
niedersächsischen Landtag eine Abgeordnete gibt, die
sich gegen die Reisefreiheit ausgesprochen hat, indem
sie die Berliner Mauer verherrlicht hat.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Das ist unanständig! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr wahr!)


Die Partei Die Linke ist dafür verantwortlich, dass Geg-
ner der Freiheit in Parlamente einziehen.

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(C (D (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das wird der FDP auch nicht helfen! Ich verstehe gar nicht, warum sie das macht!)


Die Welttourismusorganisation schätzt, dass weltweit
irca 800 Millionen Menschen reisen, davon eine halbe
illiarde grenzüberschreitend. Die Zahl wird sich in den

ächsten zwei Jahren verdoppeln. Die Ursache hierfür
iegt in Asien. Gegenwärtig besitzen 2 Prozent der Chi-
esen einen Reisepass. Die Tendenz ist steigend. Die
hinesen und andere Asiaten werden nach Europa und
uch nach Deutschland reisen, und sie werden mit Flug-
eugen kommen.

Die Globalisierung ist eine Riesenchance für Europa
nd auch für Deutschland, wenn wir weltoffen und gast-
reundlich sind.


(Beifall bei der FDP)


ine Kerosinsteuer, wie sie vom Bündnis 90/Die Grünen
efordert wird, würde nur dazu führen, dass Arbeits-
lätze der boomenden Luftfahrtindustrie von Europa
ach Dubai verlagert würden. Das schwächt die Wirt-
chaft zulasten der Arbeitsplätze in Deutschland, und
em Klima ist damit auch nicht geholfen. Das möchte
ie FDP nicht.


(Beifall bei der FDP)


Es gibt einen Menschen, der es schaffen kann, noch
ehr internationale Gäste nach Deutschland zu locken.
ie kennen ihn alle: Es ist Martin Luther. 2017 wird der
00. Jahrestag der Reformation begangen. Herr
insken, Sie sind zwar katholisch, aber ich hoffe, dass
ie trotzdem dieses Fest mit uns feiern werden. Christen
us der ganzen Welt werden die Wirkungsstätten Luthers
esuchen. Die anstehende Dekade bis zum Lutherjahr
ird Sachsen-Anhalt und Thüringen weiteren Rücken-
ind bringen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

ch habe die Sorge, dass die Große Koalition den kleinen
nternehmern in der Tourismuswirtschaft durch eine

usufernde Bürokratie, ein verkrustetes Arbeitsrecht,
aßnahmen wie die gerätebezogene Rundfunkgebühr

nd ein Jugendarbeitsschutzgesetz, das die Jugendlichen
icht schützt, sondern nur verhindert, dass 16- oder 17-Jäh-
ige eine Lehrstelle erhalten, die Luft nimmt.


(Beifall bei der FDP – Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie sie noch eine Stunde länger arbeiten lassen?)


Im Tourismuspolitischen Bericht der Bundesregierung
st auf Seite 9 zu lesen, dass die Busbranche Beeinträch-
igungen durch die Umsetzung der EU-Feinstaubrichtli-
ie befürchtet und dass sich der Tourismusbeauftragte der
undesregierung bei den Ländern und Kommunen für
usnahmegenehmigungen einsetzt. Ich frage mich, was
abei herausgekommen ist. Herr Hinsken kämpft wie ein
ayerischer Löwe für die Branche. Es kommt aber nichts
abei heraus, weil Sie sich bei Ihrem Koalitionspartner
icht durchsetzen können.


(Beifall der Abg. Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as belastet die in der Tourismuswirtschaft Tätigen.






(A) )



(B) )


Jens Ackermann
Die Politik der Großen Koalition belastet aber auch
die Menschen, die Urlaub machen wollen. 1 600 Euro
haben die Menschen weniger in der Urlaubskasse durch
die Politik der Großen Koalition. Sie nehmen den Men-
schen durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer, durch die
Kürzung der Pendlerpauschale und durch steigende
Krankenkassenbeiträge das Geld aus der Tasche.

Ich fordere Sie auf: Lassen Sie den Menschen ihr
sauer verdientes Geld, damit sie weiter Lust am Reisen
haben!


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614601300

Nächste Rednerin ist die Kollegin Brunhilde Irber,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Brunhilde Irber (SPD):
Rede ID: ID1614601400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Manches fordert mich heraus, Frau Herlitzius.
Sie sollten sich vielleicht die Protokolle durchlesen. Es
war Ihre Kollegin Halo Saibold, die damals einen ein-
stimmigen Beschluss des Deutschen Bundestages zur
Besteuerung des Flugbenzins herbeigeführt hat. Aber
das ist auf europäischer Ebene nicht durchsetzbar.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir können national etwas machen! Sie können die Ticket-Tax einführen!)


Nicht einmal Ihre Kollegen im Europäischen Parlament
haben es geschafft, diesen Beschluss umzusetzen. Ich
möchte auf dieses Thema nicht weiter eingehen.

Wurde die Tourismuswirtschaft früher noch belächelt,
gilt sie heute als einer der globalen Wachstums- und Be-
schäftigungsmotoren. Die UNWTO geht bis zum Jahr
2020 von einer Zunahme des weltweiten Reiseverkehrs
auf 1,6 Milliarden Touristenankünfte aus. Dies ent-
spricht fast einer Verdoppelung der jetzigen Zahl. Das ist
die eine Seite der Medaille. Die andere Seite der Me-
daille ist ein verschärfter globaler Wettbewerb der Reise-
ziele um die Touristen. Für 2020 rechnet die UNWTO
daher mit einem Rückgang des europäischen Anteils an
den internationalen Ankünften von knapp 55 auf 45 Pro-
zent. Unsere Marktanteile werden wir also an Reiseziele
in anderen Weltregionen wie Asien, den Mittleren Osten
und zunehmend an Afrika verlieren.

Globalisierung bedeutet für den Tourismus Chance
und Herausforderung zugleich. Für Deutschland ist sie
eine Chance, weil im Zuge der Erweiterung der Nach-
holbedarf unserer neuen EU-Nachbarn an Auslandsrei-
sen große Wachstumschancen mit sich bringt. Besonders
als Geschäftsreisen- und als Messestandort ist Deutsch-
land für Osteuropa sehr attraktiv. Deutschland profitiert
von der EU-Osterweiterung im Vergleich zu den alten
EU-Ländern in besonderem Maße. Globalisierung ist
aber auch Herausforderung, weil der europäische Osten
aufgrund seines niedrigen Preisniveaus einen knallharten
Wettbewerbsvorteil hat. Auf die Herausforderungen die-

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(C (D es weltweiten Wettbewerbs muss der Tourismus in eutschland klare Antworten geben. Globalisierung und wachsende Tourismusströme steen aber auch für Umweltschäden; das ist uns bewusst. er Tourismus trägt laut UNWTO 5 Prozent zum welteiten CO2-Ausstoß bei. Seit 1990 hat sich der CO2-Aus toß von Flugzeugen verdoppelt. Für den Tourismus ist ie Belastung der Umwelt besonders problematisch, eil der Erhalt einer intakten Umwelt die Existenzrundlage der Branche ist. Diesem Problem trägt jedoch nser Bundesumweltminister Sigmar Gabriel bereits echnung, indem die Mittel für den Klimaschutz von 00 Millionen Euro auf 2,6 Milliarden Euro jährlich aufestockt wurden. Das sind rund 200 Prozent mehr als 005. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Da kann man schon klatschen.

Der Klimawandel wird in Zukunft das touristische
ngebot beeinflussen. Naturkatastrophen können den
ourismus in traditionellen Zielgebieten gefährden und
ouristenströme verlagern. In Wintersportregionen wer-
en die Besucherzahlen aufgrund von Schneemangel zu-
ückgehen. Die andere Konsequenz dieser Entwicklung
st, dass veränderte klimatische Bedingungen auch stei-
ende Besucherzahlen in der Nebensaison oder Verlage-
ungen der Tourismusströme von südlichen in nördliche
egionen bedeuten können. Tatsächlich geht das Potsda-
er Institut für Klimaforschung davon aus, dass Deutsch-

and mit 25 bis 30 Prozent mehr Touristenankünften zu
en Gewinnern gehören wird. Jedoch sind hierfür auch
ntsprechende Tourismuskonzepte notwendig.

Deutschland ist ein attraktives Reiseziel. Das verdan-
en wir einer reizvollen, abwechslungsreichen Land-
chaft und einer erstklassigen touristischen Infrastruktur.
amit nicht genug: Deutschland bietet auch ein vielfälti-
es Kulturangebot, komfortable Unterkünfte sowie ein
ohes Qualitätsniveau in den Bereichen Sicherheit, Hy-
iene und medizinische Versorgung. Wenn wir konkur-
enzfähig bleiben wollen, müssen wir uns vor allem auf
em Gebiet Produktqualität, Preis- und Servicequalität
tändig weiterentwickeln; denn Qualität setzt sich über
urz oder lang immer durch.

Wir sind auf dem richtigen Weg. Das zeigt das Ergeb-
is der Umfrage von „Qualitätsmonitor Deutschland-
ourismus“. Auf einer Skala von 1 bis 6 erhielten wir von
nseren Gästen die hervorragende Note 1,8. Die WM hat
ns einen Imageschub beschert, den wir weiter verstärken
üssen. Die gezielte Vermarktung des Urlaubslandes
eutschland mit der Service- und Freundlichkeitskampa-
ne der Deutschen Zentrale für Tourismus war und ist
ine Erfolgsstory. Der Tourismusausschuss – das freut
ich besonders – hat hierfür den Anstoß gegeben.

Die politischen Weichen für die Tourismusbranche
erden zunehmend auf der EU-Ebene gestellt. Wir ar-
eiten mit Nachdruck am Bürokratieabbau bei grenz-
berschreitenden Dienstleistungen und auch am Abbau
on Wettbewerbsverzerrungen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Mehrwertsteuer!)







(A) )



(B) )


Brunhilde Irber
Die Harmonisierung von Wettbewerbsbedingungen in
Europa ist eine vordringliche Aufgabe. Dass das der
richtige Weg ist, zeigt die Tatsache, dass Europa nach
wie vor mit großem Abstand weltweit die Reiseregion
Nummer eins ist. Auf internationaler Ebene ist Deutsch-
land in der Welttourismusorganisation bis 2009 sogar im
Exekutivrat vertreten, aber auch in der OECD und den
Fachgremien der UN. Deutschland setzt sich hier mit
Nachdruck für die Einhaltung des Ethikkodex zum
Schutz vor sexueller Ausbeutung von Kindern ein.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir beraten heute aber auch den Entschließungsan-
trag der FDP zum tourismuspolitischen Bericht. Darin
ist von „übertriebenen und überflüssigen Sicherheitsvor-
kehrungen“ die Rede. Wenn das Thema Sicherheit nicht
so wichtig ist, warum machen dann 86 Prozent der deut-
schen Touristen ihre Reiseentscheidung von ihrer per-
sönlichen Sicherheit am Urlaubsort abhängig? Wir sind
für die Sicherheit unserer Bürger und Gäste verantwort-
lich und müssen auch Vertrauen in diese Sicherheit ver-
mitteln.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das bezweifelt ja niemand!)


– Ja, dann muss man sich aber überlegen – –


(Ernst Burgbacher [FDP]: Da muss man sich die Flüssigkeitskontrollen anschauen!)


– Das hat aber nichts mit Deutschlandtourismus zu tun.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Doch!)


Jetzt muss ich mich beeilen, weil der Präsident schon
blinkt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614601500

Das ist völlig richtig. Ich bitte im Übrigen den Kolle-

gen Burgbacher, die Rednerin nicht weiter zu stören.


Brunhilde Irber (SPD):
Rede ID: ID1614601600

Ich möchte noch ein Thema, das mir sehr am Herzen

liegt, aufgreifen. Das Deutsche Seminar für Tourismus,
finanziert seit 1980 vom Bund und von Berlin, leistet ei-
nen wertvollen Beitrag zur Fort- und Weiterbildung
unserer Touristiker. Der Rechnungsprüfungsausschuss
fordert nun eine Neuausrichtung der Förderung des
Deutschen Seminars für Tourismus. Dazu wird das Bun-
desministerium bis Ende August einen Bericht vorlegen.
Ich appelliere an Herrn Minister Glos, sich vehement für
den Erhalt dieser einzigartigen Fortbildungseinrichtung
für den gesamten Deutschlandtourismus einzusetzen.
Eine Einstellung der Förderung wäre ein Rückschritt für
unsere Branche und widerspräche unseren Zielen der
Förderung des Qualitätstourismus.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort hat nun der Kollege Klaus Brähmig, CDU/ SU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir iskutieren heute am Vorabend der Internationalen Touismus-Börse den ersten Tourismuspolitischen Bericht er Bundesregierung in dieser Legislaturperiode. Ich öchte dies mit einem Dankeschön an unseren Tourisusminister Michael Glos und an Ernst Hinsken verbin en, der uns als Tourismusbeauftragter mit seiner kleien, engagierten Miniabteilung im Ministerium diesen reativen Bericht vorgelegt hat. Ich möchte im Übrigen darauf hinweisen, dass es seit wei Jahren zum ersten Mal in der Geschichte der Bunesrepublik einen Tourismusbeauftragten gibt, der eine ichtige Koordinierungsfunktion zwischen Bund, Länern und Europa sowie der Branche einnimmt. Ernst insken, wo wir als Parlamentarier dich bei dieser Aufabe unterstützen können, werden wir das natürlich auch n der Zukunft gerne tun. Ich freue mich, dass unsere Ausschussvorsitzende arlene Mortler uns immer unterstützt. Seit Übernahme es Vorsitzes füllt sie diese Aufgabe sehr souverän aus. Es gibt auch im Tourismus noch eine Menge zu tun es ist von meinen Vorrednern schon angesprochen orden –: vor allem der Abbau von Wettbewerbsver errungen in Europa, Deutschland und der Welt. Wir rauchen ein Umsteuern der Politik. Es geht nicht, dass ir nur Politik gegen etwas betreiben; wir müssen auch inmal eine Politik für etwas betreiben. Wir erleben es in er aktuellen Diskussion: Wir in Deutschland sind gegen utobahnen, gegen den Bau von Brücken, gegen den au von Kraftwerken, gegen den Bau von Flughäfen nd Landebahnen. Wenn das so weitergeht, werden wir tehenden Fußes unsere Wettbewerbssituation vor allem m Hinblick auf den arabischen Raum massiv verchlechtern. Da müssen wir unbedingt so schnell wie öglich den Hebel umlegen. Tourismus ist – das wurde schon angesprochen – eltweit eine Wachstumsbranche; auch bei uns in eutschland gibt es ein Wachstum. Viele von uns hätten icht geglaubt, dass eine weitere Steigerung der Zahlen es Jahres 2006, in dem die Fußballweltmeisterschaft tattgefunden hat, möglich wäre. Mehr als 9 Millionen usätzliche Gäste haben die Hotels und Campingeinrichungen in Deutschland genutzt; davon kommen Millionen Gäste aus dem Ausland und 7 Millionen aus eutschland. Dies ist nur möglich gewesen, weil die itarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbände, aber uch die Verbandsfunktionäre eine ausgezeichnete Areit geleistet haben, obwohl wir, die Politik, es ihnen Klaus Brähmig nicht immer leicht machen. Hierfür möchte ich mich im Namen der CDU/CSU-Fraktion herzlich bedanken. Natürlich hängt es auch mit dem exzellenten PreisLeistungs-Verhältnis in Deutschland zusammen, dass diese Leistung erbracht werden konnte. Mein Appell geht an den DEHOGA, dies herauszustellen. Wir können mit unseren Leistungen jederzeit mit jedem Land in Europa und der Welt im Wettbewerb mithalten. Der Tourismus gibt viele Impulse – das ist völlig klar –: für den Einzelhandel, das Baugewerbe, das Handwerk, die Dienstleistungsunternehmen und den Kulturbereich, also für Museen, Theater und Konzertveranstalter, aber auch für die Bereiche des Kunsthandwerks, die Glasbläser im Bayerischen Wald und die Schnitzer und Drechsler im Erzgebirge. Herr Kollege Brähmig, gestatten Sie eine Zwischen frage des Kollegen Burgbacher? Gerne. Herr Kollege Brähmig, Sie reden gerade von den Chancen für die Hotels, die Gastronomie, den Einzelhandel und andere. Die Kollegin Faße hat in ihrem Beitrag die Forderung erhoben, einen Mindestlohn in der Tourismuswirtschaft einzuführen. (Ute Kumpf [SPD]: Das ist gut, Herr Kollege Burgbacher!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614601700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1614601800

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614601900
Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1614602000
Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1614602100

Ich frage Sie: Sind Sie mit mir der Ansicht, dass die Ta-
rifautonomie damit ausgehöhlt würde und dass dies ten-
denziell zum Abbau von Arbeitsplätzen führen würde?
Ist die CDU/CSU bereit, klipp und klar zu erklären, dass
sie so etwas nicht mitmachen würde?


Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1614602200

Ja, Herr Burgbacher, ich schließe mich Ihrer Position

an.

Arbeitsplätze im Tourismus – das wird hin und wie-
der vergessen – sind nicht exportierbare Arbeitsplätze.
Das Tourismusbarometer des Ostdeutschen Sparkassen-
und Giroverbandes, das zur ITB wieder aufgelegt wird,
zeigt die enormen Wachstumspotenziale, die sich in den
letzten 18 Jahren in den neuen Bundesländern ergeben
haben. Ich spreche das an, weil im nächsten Jahr die Ver-
anstaltung „20 Jahre Wiedervereinigung des deutschen
Vaterlandes“ stattfinden wird. Ich sage an dieser Stelle
ganz klar: Es gibt noch Potenziale, die auszuschöpfen
sind. Allein daran, dass 47 Prozent der westdeutschen
Landsleute in den vergangenen 18 Jahren noch nie in
den neuen Bundesländern waren – Emnid hat das vor
kurzem ermittelt –, sieht man, welch enorme Potenziale
im Bereich Tourismus bestehen.

Ich möchte wie die Kollegin Irber kurz auf die zwei
direkt vom Bund geförderten Institutionen eingehen.

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(C (D err Schrader, der Geschäftsführer des Deutschen Seinars für Tourismus, hat es sich nicht nehmen lassen, eute hier zu sein. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, untertützen die Neuausrichtung dieser Institution. Herr chrader, wenn Sie es möchten, werden wir Sie gerne abei unterstützen. Ich gehe davon aus, dass das hohe iveau von 750 000 Euro auch im Jahr 2009 ff. beibealten wird; denn hier geht es um die Qualifizierung der itarbeiter der Tourismuswirtschaft. Diese Qualifizie ung ist mehr denn je notwendig und wichtig. Ich möchte auf die Deutsche Zentrale für Tourisus zu sprechen kommen. Ich brauche an dieser Stelle icht zu sagen, dass Frau Hedorfer eine exzellente Areit leistet. Dennoch gibt es einen Wermutstropfen. Die undeszuwendung liegt im Augenblick bei 25,5 Millioen Euro. Die Länder Österreich und Schweiz geben rotz viel kleinerer Bevölkerungen und viel kleinerer aushalte das Doppelte aus: 50 Millionen Euro. Natür ich weiß auch ich, dass es nicht so einfach ist, mehr eld zur Verfügung zu stellen. Deswegen werbe ich hier m Parlament dafür, für die Haushaltsberatungen 2009 in System einzuführen, das vorsieht, dass der Bund eine umme X – vielleicht 5 Millionen Euro – zur Verfügung tellt und dass die DZT animiert wird, aus der privaten irtschaft und aus den Bundesländern weitere Millionen Euro zu generieren. Mit der Summe von 5 Millionen Euro kann die Deutsche Zentrale für Touismus noch intensiver auf den internationalen Märkten ätig werden. Uns allen ist bewusst – ich kann hier letztndlich nur wenige Länder nennen –: Was China, Indien, steuropa und insbesondere Russland angeht, ist das Po enzial riesig. Wir brauchen auch neue Wege, neue Ideen für Koopeationen. Warum soll es nicht möglich sein, dass ein Auoverkäufer in Amerika, in Australien oder woanders, er mit deutschen Autos – etwa Mercedes, BMW oder udi – handelt, Reiseprospekte in deutscher Sprache anietet? Ernst Hinsken, wir werden dich bei deiner schon erriffenen Initiative unterstützen, einen touristischen asterplan für die Bundesrepublik Deutschland zu entickeln. So kann ein einheitliches Tourismuskonzept uf den Weg gebracht werden. Ich will noch auf folgenden Punkt eingehen, der mich benfalls umtreibt. Ernst Burgbacher, ich vertrete die uffassung, dass wir in der Politik nichts versprechen ollten, was wir letztendlich nicht halten können. Das ilt auch für die kommende Legislaturperiode, die 2009 eginnt. Hier ist schon vieles angesprochen worden. Ich erbe dafür, dass wir in den nächsten Tourismuspoliti chen Bericht der Bundesregierung im Jahr 2009, lieber rnst Hinsken, einen eigenen Klimareport Tourismus ufnehmen. Darin könnte der Zusammenhang zwischen ourismus und Klima gesondert thematisiert werden. (Beifall der Abg. Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir müssen einfach einmal zur Kenntnis nehmen,
ass wir die Welt nicht unbedingt neu erfinden können.
ir brauchen einen Wettbewerb von klimaneutralen






(A) )



(B) )


Klaus Brähmig
Tourismusregionen. Das wäre ganz einfach. Es geht
nicht darum, alles von Berlin aus per Gesetz zu regeln;
vielmehr muss der Wettbewerb in den Regionen gestärkt
werden. Der Südtiroler Reinhold Messner hat kürzlich
dazu aufgefordert, der Globalisierung das Regionale ent-
gegenzusetzen. Ich glaube, Reinhold Messner hat recht.
Warum muss ein Steak aus Argentinien kommen? Kann
es nicht vom Bauernhof neben der Gaststätte kommen?
Diese Aufgaben müssen wir in der nächsten Zeit noch
intensiver angehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir sind uns in diesem Hause einig, dass kein Land
so vielfältig, so abwechslungsreich, so kulturreich und,
was das Reisen angeht, so sicher wie Deutschland ist.
Gerade aus diesem Grund ist Deutschland für die Deut-
schen das Urlaubsland Nummer eins. Ich wünsche all
denen, die dieses Jahr eine Reise machen wollen – wenn
möglich, in Deutschland –, von ganzem Herzen gute
Reiseerfahrungen und Erlebnisse. Der Tourismusbran-
che und den Unternehmen wünsche ich gute Geschäfte
und zufriedene Kunden.

Wilhelm Busch ist heute schon einmal bemüht wor-
den. Auch ich will das sehr gerne tun. Offensichtlich hat
er sich mit dem Thema Reisen sehr intensiv beschäftigt.
Er schrieb einmal:

Eins, zwei, drei im Sauseschritt,
läuft die Zeit, wir laufen mit.
Schaffen, schuften, werden älter,
träger, müder und auch kälter,
bis auf einmal man erkennt,
dass das Leben geht zu End'!
Viel zu spät begreifen viele
die versäumten Lebensziele:
Freude, Schönheit und Natur,
Gesundheit, Reisen und Kultur.
Drum, Mensch, sei zeitig weise!
Höchste Zeit ist’s: Reise, reise!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ein Beitrag zum Tag der Muttersprache!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614602300

Herr Kollege Brähmig, Sie haben zu Recht kalkuliert,

dass ich mich als Kulturpolitiker scheuen würde, Sie
beim Vortragen eines Gedichts zu unterbrechen.


(Heiterkeit)


Dennoch wäre es noch schöner gewesen, wenn der Vor-
trag dieses Gedichts zu einem früheren Zeitpunkt begon-
nen hätte, um noch innerhalb der Redezeit in voller
Schönheit abgewickelt werden zu können.

Nun hat als Letzter in dieser Debatte das Wort der
Kollege Dr. Reinhold Hemker für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im runde haben wir heute mit dieser Aussprache bereits inen Beitrag zu der Leitbilddiskussion geleistet, die im nsatz auch schon im Tourismuspolitischen Bericht der undesregierung verankert ist. Es ist sicherlich wichtig, ie kritischen Anmerkungen aus den drei Oppositionsraktionen sehr ernst zu nehmen. Ernst Burgbacher hat von falschen Rahmenbedingunen gesprochen. Die Aussage ist zunächst einmal richtig. ber wir sind dabei, die Rahmenbedingungen Schritt für chritt zu verändern und weiterzuentwickeln. Auch in Richtung der Fraktion der Grünen sage ich: an muss berücksichtigen, dass in einer Gesellschaft, ie so organisiert ist wie die unsere, in Bereichen mit achstumspotenzialen nicht von vornherein auch die kologischen Bedingungen berücksichtigt werden. ber es gibt – zumindest das haben wir in den letzten ahren erreicht, nicht erst in dieser Legislaturperiode, wo ir einen Tourismusbeauftragten haben – Potenziale eim Fahrradtourismus. Auch wenn da noch Mängel betehen, so gibt es bereits eine Fülle von Touristen – nicht ur deutschen, sondern auch ausländischen –, die mit der ahn anreisen. Entweder bringen sie ihre eigenen Räder it oder leihen Räder aus. Jemand, der so etwas macht, teht übrigens hier; das wissen Sie, Frau Kollegin erlitzius. Es gab das Jahr der Naturparke; auch das wurde im ourismuspolitischen Bericht aufgearbeitet. Wir wissen, ass gerade der Wandertourismus in ländlichen Bereihen in Deutschland boomt. Den Wassertourismus mit anufahrten will ich gar nicht gesondert aufführen. Lieber Ilja Seifert, am Rande einer Sitzung haben wir chon einmal über einen Aspekt gesprochen, den Ernst insken in dem Bericht schon ganz vorsichtig angedeu et hat, dass nämlich mit den Wachstumspotenzialen das ist ein grundsätzliches Problem in unserer Gesell chaft – natürlich nicht alle Menschen in Deutschland, chon gar nicht weltweit angesprochen werden. Lieber rnst Hinsken, ich rege an, dass man in der Vorbereitung er nächsten Diskussionen im Ausschuss im Zusammenang mit der Leitbilddebatte schon jetzt Gespräche führt it den zuständigen Ministern bzw. Ministerinnen in en Bereichen Arbeit und Soziales, Familie, Senioren, rauen und Jugend, aber auch mit Kolleginnen und Kol egen aus den Bundesländern, weil die für die Förderproramme zuständig sind. Dieser Aspekt macht auch mir Sorge. Ich komme ja us einer Jugendbewegung und weiß, dass es in den 0erund auch noch in den 60er-Jahren ganz schwer ar, sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche in nsere Zeltlager oder in die Jugendherbergen zu bekomen; dazu brauchten wir umfangreiche Programme. Das ehört zur tourismuspolitischen Diskussion dazu, auch enn wir natürlich in erster Linie über wirtschaftspoliti che Aufgaben und über die Wachstumspotenziale diees wichtigen Dienstleistungsbereiches sprechen. Ich bin sehr dankbar, dass zumindest drei Debattenedner heute auch auf das Thema eingegangen sind, das Dr. Reinhold Hemker wir nach der ITB vor zwei Jahren im Ausschuss schon aufgegriffen hatten. Dabei geht es um Potenziale für die Weiterentwicklung unterentwickelter Länder. Wir bezeichnen sie ja immer noch mit dem Begriff Entwicklungsländer. Der Kollege Klimke ist darauf dankenswerterweise schon eingegangen. Ich denke, dass wir die Werte, die im Tourismuspolitischen Bericht beschrieben sind, noch viel ernster nehmen müssen. Wenn Menschen aus reichen Ländern in ein armes Land reisen und die Menschen dort einander begegnen, dann kommt es zu Aspekten des solidarischen Lernens, wie ich das vor einiger Zeit in einem Beitrag für eine Zeitschrift einmal genannt habe. Interkultureller Austausch bedeutet immer, dass Menschen voneinander lernen. Darum ist es wichtig, dass dieser Bereich ausgebaut wird. Die Frage ist nur, Ernst Burgbacher, ob das, was Sie in Ihrem Antrag unter Nr. 4 fordern – die Koordination soll im Wirtschaftsministerium stattfinden –, richtig ist. Wir müssen einmal eine Fachdebatte darüber führen, ob es sinnvoll sein könnte, die Zuständigkeit vom BMZ in das Wirtschaftsministerium zu verlagern. Ich halte viel mehr davon, dass man dort eine interministerielle Runde einrichtet, wie wir das von anderen Querschnittsaufgaben auch kennen. Entscheidend ist nur, dass ein Sektorschwerpunkt geschaffen wird. Das ist uns in einer Anhörung im Ausschuss, glaube ich, von den Autoren der Studie mitgeteilt worden, die vor zwei Jahren auf der ITB vorgestellt worden ist. Gerade kleinere deutsche Anbieter, die sich in den letzten Jahren selbstständig gemacht haben, setzen – das zu sagen, ist mir ganz wichtig – auf den sogenannten Community-based-Tourismus. Dabei geht es um die Verankerung von Tourismusangeboten in den Townships oder Barrios, also in den benachteiligten Wohngebieten am Rande der Städte, aber auch im ländlichen Bereich in den sogenannten Entwicklungsländern in Afrika, Asien und Lateinamerika. Dort kommt es dann zu diesen People-to-People-Programmen, zu den Begegnungen von Menschen. Wichtig ist dabei, dass dies meistens mit einem Prozess der Gründung von kleineren touristischen Unternehmen verbunden ist. Ich will damit nichts gegen die großen Player, wie TUI und andere, sagen, die mittlerweile auch interkulturelle oder Bildungsprogramme anbieten und die Touristen – ich sage es einmal ein bisschen platt – nicht nur in den touristischen Erholungsburgen einsperren. Entscheidend wird nur sein, lieber Ernst Hinsken, dass wir genau diese Aspekte in die Leitbilddiskussion einbeziehen und dabei auch den Aspekt friedensbildender Maßnahmen berücksichtigen, die Ilja Seifert vorhin angesprochen hat. Wenn Menschen sich begegnen, finden friedensbildende Maßnahmen statt. Ich denke, das ist in dem Kreis, der das diskutiert, und auch darüber hinaus unbestritten. Eines hat mich besonders gefreut; das will ich hier auch erwähnen, weil es in den letzten Jahren im wirtschaftspolitischen Bereich so nicht gesehen wurde. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und der zuständige Fachausschuss beschäftigen sich seit Jahren mit dem vulgären und schlimmen Sextourismus. E E d t z d m d l s M i t m L A w 1 f a s S s B a B F m g d W s l n z s s (C (D s sind Aufklärungsprogramme durchgeführt worden. s hat in den letzten Jahren aber auch seitens der Bunesregierung in der Zuständigkeit des Innenministers Iniiativen zur Bekämpfung des Sextourismus gegeben, die u ersten Erfolgen geführt haben. Das ist durch die Meien gegangen. Ich bin froh, dass das im Zusammenhang it einem verantwortlichen Tourismus so erwähnt wor en ist und dass hier weitergemacht wird. Wer dann etztendlich die Verantwortung dafür hat, ist mir egal. Ob ie beim BMZ bleibt oder ob unter Einbeziehung des inisteriums dazu eine Arbeitsgruppe eingerichtet wird, st mir egal. Im Tourismuspolitischen Bericht zu diesem internaionalen Zusammenhang steht – das ist meine letzte An erkung –: Die deutsche Entwicklungspolitik orientiert sich im Handlungsfeld Tourismus am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung. Ziel ist ein nachhaltiger Tourismus, der in sozialer, kultureller, ökologischer und ethischer Hinsicht verträglich sowie wirtschaftlich erfolgreich ist. Die Förderung eines nachhaltigen Tourismus ist damit unmittelbar relevant für die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele. Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich freue mich auf die eitbilddiskussion und die detaillierte Behandlung der nträge im Ausschuss. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Reinhold Hemker (SPD):
Rede ID: ID1614602400




(A) )


(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614602500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zu den Überweisungen. Interfraktionell
ird Überweisung der Vorlagen auf Drucksachen 16/8000,
6/7614 und 16/8176 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Der Entschließungs-
ntrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/8194
oll an dieselben Ausschüsse überwiesen werden. Sind
ie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das
o vereinbart.

Wir kommen nun unter Tagesordnungspunkt 24 b zur
eschlussempfehlung des Ausschusses für Tourismus
uf Drucksache 16/8173.

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
eschlussempfehlung die Annahme des Antrags der
raktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 16/4603
it dem Titel „Zukunftstrends und Qualitätsanforderun-

en im internationalen Ferntourismus“. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Das Erste war die Mehrheit. Die Be-

chlussempfehlung ist angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
ehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
en auf Drucksache 16/4181 mit dem Titel „Tourismus
ur Armutsbekämpfung und zur sozialen und ökologi-
chen Entwicklung in den Partnerländern nutzen“. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
dagegen? – Auch diese Beschlussempfehlung ist mit
Mehrheit angenommen.

Tagesordnungspunkt 24 c, Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Tourismus zu dem Antrag der Fraktio-
nen CDU/CSU und SPD mit dem Titel „Kreuzfahrttou-
rismus und Fährtourismus in Deutschland voranbrin-
gen“.

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/8172, den Antrag der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 16/5957
anzunehmen. Wer stimmt dem zu? – Wer stimmt dage-
gen? – Wer enthält sich? – Auch diese Beschlussempfeh-
lung ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen ange-
nommen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 9 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef
Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Ekin
Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Integrationspolitik der Bundesregierung –
Große Kluft zwischen Anspruch und Wirk-
lichkeit

– Drucksache 16/8183 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache wiederum eineinviertel Stunden vorge-
sehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so
vereinbart.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
der Kollege Volker Beck für die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1614602600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich

war es ein Wunsch der Großen Koalition, heute hier über
Integration zu reden. Dann konnte sich die Große Koali-
tion wieder einmal nicht auf eine gemeinsame Politik
und einen gemeinsamen Antrag einigen. Deshalb be-
durfte es einer Initiative von Bündnis 90/Die Grünen,


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ja, wunderbar!)


damit wir heute hier darüber sprechen können. Sehen
Sie, Grüne machen vernünftige Träume wahr!


(Beifall bei der FDP – Lachen des Abg. Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP])


Die Große Koalition scheut zu Recht die Integrations-
debatte, insbesondere die Union, weil sie kurz vor der
Hamburg-Wahl befürchtet, Unionspolitiker können halt
nur Koch. In einer Weltstadt wie Hamburg kommen
platte Antworten wie von Roland Koch eben schlecht an.
Dort lebt man Integration jeden Tag, und dort braucht

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(C (D an konkrete Integrationspolitik und keine polarisierenen Sprachhülsen. Bei Anspruch und Wirklichkeit in der Integrationsolitik – darauf weist unser Antrag hin – hapert es auf er ganzen Linie. Die Koalition tut so – mit Integrationsipfel, Integrationsplan und sogar einer Integrationstaatsministerin auf der Regierungsbank –, als ob ihr das hema sehr wichtig wäre. Schaut man sich aber einmal ie Hardware an, dann sieht man überall nur Defizite. 50 Millionen Euro für Integrationsförderung, (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist doch was!)


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Na, na, na!)


teht im Integrationsplan, wolle man ausgeben. Schaut
an genauer hin, stellt man fest, dass nichts anderes ge-
acht worden ist, als alle Titel, die irgendwie mit Aus-

ändern zu tun haben, zu addieren, bis hin zum Deut-
chen Akademischen Austauschdienst, der, auch wenn
r wichtige Arbeit macht, mit Integrationspolitik über-
aupt nichts zu tun hat. Das ist Blendwerk; das ist Verar-
chung der Öffentlichkeit,


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das ist ja unglaublich! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist ein unparlamentarischer Ausdruck! – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Herr Präsident!)


nd das muss man hier auch deutlich sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben angekündigt, die Integrationsmittel jetzt um
4 Millionen Euro zu erhöhen. Wunderbar! Das gleicht
ber die Kürzung von 67 Millionen Euro im Haushalt
er letzten zwei Jahre nicht einmal aus.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die Mittel sind nie abgerufen worden, Herr Beck! Das wissen Sie doch!)


a sieht man, Sie machen in diesem Bereich zu wenig.
ie reden viel, handeln nicht und nutzen das vonseiten
er CDU/CSU da, wo Sie meinen, damit Punkte sam-
eln zu können – anders als in Hamburg –, zur Polari-

ierung bei den Problemen, die wir haben. Wir müssen
ie Probleme anpacken und lösen, statt hier nur Worte zu
chwingen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Diese Wortwahl hätte Obama nicht gebraucht!)


So eine Integrationsbeauftragte wie diese Frau
Mutter Beimer im Kanzleramt –


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr qualifiziert!)


atten wir noch nie. Lieselotte Funcke, Cornelia
chmalz-Jacobsen und Marieluise Beck hatten ein hohes
nsehen in der Migrations-Community, weil sie in

chwierigen politischen Debatten immer gerade die Ge-
ichtspunkte dieser Community eingebracht haben.






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Die haben auch eine andere sprachliche Begrifflichkeit!)


Bei Frau Böhmer ist es so, dass sie im Wahlkampf Herrn
Koch sekundiert und danach, wenn die Wolken sich ver-
zogen haben, das Ganze ein bisschen schönredet. Das
hat ihr erhebliche Kritik der Migranten eingebracht.

Ich zitiere nur einen Migrationsvertreter Ihres Inte-
grationsgipfels:

Frau Böhmer ist Integrationsbeauftragte. Es ist ihre
Aufgabe, sich schützend vor die Migrantinnen und
Migranten zu stellen.

Dass sie das nicht getan hat, sondern noch Öl ins Feuer
dieses Wahlkampfs gegossen hat, das hat viele ent-
täuscht und entsetzt, und ich meine, zu Recht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wir haben eine heiße De-
batte um die Rede von Herrn Erdogan gehabt. Da
wurde gleich wieder die EU-Beitrittsfrage gestellt, die
mit dieser Rede relativ wenig zu tun hat. Einen Punkt
sollten wir da ausdrücklich hervorheben. Herr Erdogan
hat seinen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern und den
Menschen, die aus seinem Land hier eingewandert sind
und mittlerweile den deutschen Pass haben, ins Stamm-
buch geschrieben: Schickt eure Kinder in die Kindergär-
ten; lasst sie Deutsch lernen! Das ist die wichtige Frage,
an der sich entscheidet, welche Zukunftschancen die
Kinder in dieser Gesellschaft haben. Jeder, der Herrn
Erdogan in Köln zugejubelt hat, sollte diesen Worten
Folge leisten. Das sollten wir den Menschen zunächst
einmal sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der zweite Punkt, den er angesprochen hat, führt in
eine falsche Richtung, hat aber einen Impuls, den wir
ernst nehmen sollten. Er hat gesagt, er wolle hier türki-
sche Schulen und türkische Universitäten gründen. Es
gibt bei uns schon französische und englische Schulen.
Aber bei der türkischen Minderheit in unserem Land ha-
ben wir eine andere soziale Situation. Deswegen würden
solche türkischen Schulen zu mehr Segregation und
nicht zu mehr Integration führen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Da haben Sie recht!)


Das ist der falsche Weg. Aber zu Erdogans Vorschlag
kommt das Bedürfnis nach Wertschätzung der türki-
schen Sprache und Kultur zum Ausdruck. Warum sagen
wir nicht wie im Falle der französischen und englischen
Sprache, dass die Zweisprachigkeit deutsch/türkisch ein
gewichtiges Qualifikationsmerkmal ist?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Damit haben wir keine Probleme!)


Laden wir doch Herrn Erdogan ein, türkische Lehrer
nach Deutschland zu schicken, die die deutsche und tür-
kische Sprache beherrschen, um die Zweisprachigkeit an
unseren Schulen auszubauen und vielleicht ein paar
deutschen Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen,

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(C (D ürkisch als Fremdsprache an unseren Schulen zu erleren. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die sollen erst einmal deutsch lernen! Das ist die Voraussetzung!)


as wäre eine differenzierte Antwort auf Herrn Erdogan
ewesen. Damit wird Integration gefördert; denn sie hat
uch etwas mit Wertschätzung zu tun. Es steht nicht
ehrheit gegen Minderheit. Integration fügt zwei Teile

u einem neuen Ganzen zusammen. Das ist die Aufgabe
on Integrationspolitik.

Was die Bereitschaft, andere wertzuschätzen, angeht,
apert es bei der Union grundsätzlich. Deswegen krie-
en Sie Integrationspolitik schon vom Ansatz her nicht
in.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614602700

Herr Kollege Beck, bei der Durchsicht Ihrer Rede im

lenarprotokoll werden Sie auf eine Formulierung sto-
en, die im parlamentarischen Sprachgebrauch nicht
blich ist


(Sibylle Laurischk [FDP]: Richtig!)


nd die ich für die Zukunft auch nicht zulassen möchte.
ch bin ziemlich sicher, dass Sie das, was Sie gemeint
aben, auch auf andere Weise hätten zum Ausdruck brin-
en können,


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


ie die Aufmerksamkeit stärker auf den Sachverhalt als
uf die Formulierung gerichtet hätte.

Nun erteile ich dem Kollegen Hartmut Koschyk für
ie CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1614602800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

laube, die Schrillheit und die Aufgeregtheit, die in der
ortragsweise des Kollegen Beck zu bemerken war, ma-
hen deutlich, dass die Grünen ein Problem damit haben,
ass die Integrationspolitik bei dieser Bundesregierung
ort angesiedelt ist, wo sie hingehört, nämlich im Zen-
rum der Politik, vertreten durch die Staatsministerin für
ntegration im Bundeskanzleramt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Lieber Herr Beck, ich möchte mich schon differen-
iert mit Ihrem Antrag – soweit er es zulässt – auseinan-
ersetzen. Aber eines muss ich Ihnen schon sagen: Diese
lumpe Weise, mit der Sie auf die Arbeit der Frau Kolle-
in Böhmer als Beauftrage der Bundesregierung für In-
egration in Ihrem Beitrag eingegangen sind, kann ich

ir nur so erklären, dass Sie noch heute darunter leiden,
elche Durchsetzungskraft und welchen Einfluss Ihre
ollegin Beck im Spannungsfeld zu Otto Schily in sie-
en Jahren Rot-Grün gehabt hat.






(A) )



(B) )


Hartmut Koschyk

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da war wenigstens ein Spannungsfeld! – Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir konnten nämlich erleben, wie Frau Beck gegen Otto
Schily Integrationspolitik der Grünen in sieben Jahren
Rot-Grün durchgesetzt hat. Aber das Thema ist zu wich-
tig, als dass wir uns mit derartigem Geplänkel weiter ab-
geben sollten.

Eines ist festzustellen: Die Grünen haben sich – man
muss sich einmal überlegen, woher sie, was die Integra-
tion angeht, kommen – integrationspolitisch bewegt. In
ihrem Antrag sagen die Grünen, dass die deutsche Spra-
che der Schlüssel zur Integration ist. Liebe Kollegin-
nen und Kollegen von den Grünen, ich kann mich daran
erinnern, dass die Politik der Union noch vor Jahren von
Ihnen als Germanisierungspolitik verunglimpft wurde,
als wir diesen Satz nicht nur deklamatorisch, sondern
verpflichtend mit Blick auf die Zuwanderer gesagt ha-
ben.

Ich bin noch wegen eines anderen Punktes froh über
Ihre Rede, Herr Beck. In Ihrem Antrag ist der Satz ent-
halten:

Die Diskussion um die Rede des türkischen Minis-
terpräsidenten ... Erdogan führt ins Abseits.

Ich habe mich gefragt, was dieser Satz soll. Wollen Sie,
dass im Deutschen Bundestag und in der deutschen Öf-
fentlichkeit über diese Rede nicht diskutiert wird? Dann
kann ich mich nur dafür bedanken, dass Sie mit Ihrem
Redebeitrag diese Diskussion begonnen haben. Es be-
steht überhaupt kein Zweifel daran: Wir wollen würdi-
gen, dass der türkische Ministerpräsident in seiner
Rede in Köln die Deutschen türkischer Abstammung
und die Türken in Deutschland dazu aufgerufen hat,
deutsch zu lernen und sich der deutschen Sprache zuzu-
wenden. Wir wollen auch würdigen, welche bewegen-
den und beruhigenden Worte der türkische Ministerprä-
sident nach der schrecklichen Katastrophe von
Ludwigshafen gefunden hat.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollten Sie Herrn Söder sagen! Was sagt Herr Söder denn dazu?)


Wir wollen uns aber auch mit den anderen Aspekten die-
ser Rede auseinandersetzen, weil sie diskussionswürdig
sind; ich komme darauf noch zurück.

In Ihrem Antrag erklären Sie, dass nicht nur das Ler-
nen der deutschen Sprache für Sie selbstverständlich ist,
sondern auch die Anerkennung der Rechtsordnung und
die Vermittlung unserer Geschichte und kulturellen Tra-
ditionen. Wir freuen uns, dass die Grünen endlich auch
in einem Antrag im Deutschen Bundestag eine glasklare
Absage an ihre früheren Vorstellungen von Multikulti
deutlich zum Ausdruck bringen.

Eines ist aber in Ihrem Antrag klar ersichtlich: Die
Grünen halten ihre hehren Grundsätze, die sie in ihrem
Antrag in zwei, drei Überschriften formulieren, dann
nicht durch, wenn es vor allem im Sinne einer wirklich

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(C (D elingenden Integration konkret wird und auch konkreer werden muss. Wenn es stimmt, dass deutsche Sprachenntnisse wichtig sind, dann war es richtig, die Teilahme an Sprachkursen verbindlicher zu regeln, als dies islang der Fall war. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat sie denn eingeführt? RotGrün hat die Sprachkurse eingeführt, nicht die Union!)


enn deutsche Sprachkenntnisse wichtig sind, dann
äre es doch besser, sie schon vor der Einreise zu erwer-
en, um die Integration zu erleichtern. Das sind die
rundgedanken der von der Großen Koalition beschlos-

enen Novelle zum Zuwanderungsrecht, gegen die Sie
ich in Ihrem Antrag wieder nachdrücklich wenden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Sie haben in Ihrem Antrag zum Ausdruck gebracht,
ass die Diskussion über die Rede von Herrn Erdogan
ns Abseits führe.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir meinen Herrn Söder!)


ir meinen, über diese Rede muss diskutiert werden.
ch will mich dem Aspekt zuwenden, dass Herr Erdogan
n seiner Rede in Köln auf Deutschland Bezug genom-
en und Assimilierung verurteilt hat. Hierzu will ich in

ller Deutlichkeit sagen: Niemand erwartet von den
enschen, die zu uns kommen, dass sie ihre Herkunft

erleugnen und ihre kulturellen Wurzeln zu ihrer ange-
tammten Heimat kappen. Aber wir erwarten von allen,
ie auf Dauer in Deutschland leben wollen, dass sie mit
ns leben wollen und nicht neben uns her in Parallelge-
ellschaften.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Rede von Herrn Erdogan hat viele Fragen, die für
as Zusammenleben der Migrantinnen und Migranten
nd der Mehrheitsbevölkerung in Deutschland wichtig
ind, leider nur am Rande gestreift. Die Lebenssituation
on Mädchen und Frauen, Gleichberechtigung und
ntegration – das kam in der Rede von Herrn Erdogan
it keinem Wort vor. Einen großen Raum nahmen dage-

en die Leistungen seiner Regierung für die Türkei ein.
ie Rede war ein Appell, als Türke in Deutschland der
ürkei die Treue zu halten. Das entspricht nicht unserem
erständnis von Integration.

Da der türkische Ministerpräsident deutsche Staats-
ürger mit türkischen Wurzeln wörtlich dazu aufgerufen
at, in Deutschland politischen Lobbyismus für die Tür-
ei zu betreiben, sage ich ganz klar: Diesem Anspruch
uf Instrumentalisierung deutscher Bürger treten wir ent-
chieden entgegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ür alle in Deutschland gilt: Vereinnahmung für ein an-
eres Land ist in niemandes Interesse. Dies ist vor allem
uch nicht im Interesse der zugewanderten Menschen.






(A) )



(B) )


Hartmut Koschyk
Ich freue mich, dass wir uns in der Großen Koalition
in der Bewertung dieses Teils der Rede von Herrn
Erdogan sehr einig sind. Unsere Kollegin Akgün hat zu
der Art der Kundgebung und der Werbung dafür zu
Recht gesagt:

Mit solchen Dingen werden unsere jahrzehntelan-
gen Bemühungen um Integration fahrlässig kaputt
gemacht.

Wir stimmen der Kollegin Akgün in dieser Bewertung
ausdrücklich zu.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir stimmen auch dem Fraktionsvorsitzenden der SPD,
Herrn Kollegen Struck, zu, der gesagt hat, die Rede von
Herrn Erdogan habe den Eindruck vermittelt, dass Herr
Erdogan „eine Parallelgesellschaft in Deutschland will
oder zumindest bereit ist, eine solche Entwicklung zu
fördern“.

Ich möchte mich noch einem Aspekt zuwenden, den
die Grünen in ihrem Antrag auch angesprochen haben.
Frau Staatsministerin Böhmer wird dann auf die Integra-
tionspolitik der Bundesregierung und auf die Umsetzung
des Nationalen Integrationsplans eingehen, und Kollege
Grindel wird sich mit den Erfolgen des legislativen Han-
delns in der Integrationspolitik befassen. Ich möchte da-
rauf zu sprechen kommen, dass Sie sich für eine rechtli-
che Gleichstellung des Islams einsetzen. Ich glaube,
Sie müssen die Wirklichkeit ein bisschen differenzierter
wahrnehmen. Sie sollten würdigen, dass es eine deutsche
Islamkonferenz unter Vorsitz des Bundesinnenministers
gibt.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber ohne Plan, ohne Ziel und Zweck!)


Der Bundesinnenminister führt wichtige Gespräche mit
den Muslimen in Deutschland. In Kürze wird eine ganze
Reihe von operativen Maßnahmen zu erwarten sein. Das
sollten Sie würdigen. Das tun Sie in Ihrem Antrag aber
mit keinem Wort.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614602900

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Beck?


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1614603000

Gerne gestatte ich eine Zwischenfrage des Kollegen

Beck.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614603100

Bitte.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1614603200

Vielleicht kennen Sie als Koalitionsmitglied ja In-

terna, die öffentlich nicht bekannt sind. Gibt es irgendein
Konzept oder einen Fahrplan für die religionsverfas-
sungsrechtliche Integration des Islams? Sie wissen,
dass es derzeit keine anerkannten islamischen Religions-
gemeinschaften gibt. Bei allen Themen der Integration
– Ausbildung von deutschsprachigen Imamen und Reli-

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(C (D ionslehrern oder Durchführung von konfessionellem eligionsunterricht – ist es ein Problem, dass der Staat einen Partner im religiösen Bereich hat. Daher lautet eine Frage: Gibt es einen Fahrplan für die Islamkonfe enz, und will man dort die Voraussetzungen schaffen, amit alle integrationspolitischen Maßnahmen, die sich araus ableiten, endlich auf den Weg gebracht werden önnen? Lieber Kollege Beck, über all diese Maßnahmen wird esprochen. Ihre Frage insinuiert, dass Sie sich vorstelen, wir könnten von Regierungsseite aus die Muslime in eutschland zwangsverfassen, damit wir einen An prechpartner haben. Das muss doch von unten nach ben kommen. Das Staatskirchenrecht in Deutschland teht jeder Religionsgemeinschaft offen. Vielleicht unerhalten Sie sich einmal mit dem Zentralrat der Juden in eutschland oder den liberalen jüdischen Gemeinden. ie können Ihnen etwas darüber sagen, wie das Staatsirchenrecht in Deutschland praktisch funktioniert. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kenne mich da besser aus als Sie!)

Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1614603300

Lieber Kollege Beck, liebe Freunde, liebe Kollegin-
en und Kollegen von den Grünen, ich hätte mich ge-
reut, wenn Sie in Ihrem Antrag den Bemühungen der
hristlichen Kirchen in Deutschland, mit den Muslimen
u einem ehrlichen und offenen Dialog zu kommen, ein
tück weit Rechnung getragen hätten. Sie sagen kein
ort zur EKD-Handreichung „Klarheit und gute Nach-

arschaft“.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Ihr Antrag, wenn Sie unseren verbessern wollen?)


ch finde es sehr gut, dass der neue Vorsitzende der
eutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, gesagt
at, dass die Kirchen es begrüßen würden, wenn den
uslimischen Schülern in Deutschland islamischer Reli-

ionsunterricht – unter dem Dach der deutschen Schul-
ufsicht – erteilt würde, allerdings unter Beachtung des
rundsatzes, dass ein solcher Religionsunterricht in
eutscher Sprache stattfindet.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie das religionsverfassungsrechtlich machen?)


Ich meine – damit will ich zum Schluss kommen –,
ir haben als Mehrheitsgesellschaft den politischen und
esellschaftspolitischen Auftrag, bei der Integration das
rinzip von Fördern und Fordern durchzuhalten. Die
ritik, die Seyran Ates uns vor kurzem in Erinnerung
erufen hat, sollte endlich etwas bewegen – ich darf mit
em Zitat enden –: Die Mehrheitsgesellschaft schaut
eg, etwa, wenn türkische Mädchen von den Familien

us dem Schwimmunterricht genommen werden oder
icht mit auf Klassenfahrt dürfen. Dann sagen sich viele
eutsche: Soll halt jeder nach seiner Fasson selig wer-
en. Das klingt tolerant, aber diese Multikultiromantik
ewirkt genau das Gegenteil von Toleranz.






(A) )



(B) )


Hartmut Koschyk

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sehen das anders!)


Unsere Devise lautet: Hinschauen, nicht wegschauen.
Nur mit Fördern und Fordern bringen wir die Integration
voran. Diesen Weg beschreibt der Nationale Integra-
tionsplan. Diesen Weg gehen wir weiter.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614603400

Sibylle Laurischk ist die nächste Rednerin für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1614603500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Herr Beck, ich muss Sie nun doch als Ersten anspre-
chen. Sie haben im Zusammenhang mit der Integrations-
politik gerade von realistischen Träumen gesprochen.
Ich denke, das ist ein Widerspruch in sich. Das ist ein
Widerspruch, den Sie mit dem Antrag „Integrationspoli-
tik der Bundesregierung – große Kluft zwischen
Anspruch und Wirklichkeit“ unterstreichen. Ich möchte
betonen, dass die FDP eine realistische Integrations-
politik verfolgt und sich nicht in Träumen bewegt, wie
Sie es offenbar tun.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei den Träumen ging es um die Debatten darüber, was die Koalition gern gemacht hätte! Jetzt keine rhetorischen Verirrungen!)


Die Integrationspolitik stand aufgrund des fürchterli-
chen Brandunglücks in Ludwigshafen und des Besuchs
des türkischen Ministerpräsidenten in Deutschland in
den jüngsten Tagen wieder sehr im Zentrum der Auf-
merksamkeit. Um es klar zu sagen: Der FDP geht es
nicht um Assimilation – das würde unserem Verständnis
vom freien Menschen auch gar nicht entsprechen –, son-
dern um Integration und um das Miteinander aller Men-
schen in dieser Gesellschaft auf der Basis unseres
Grundgesetzes.


(Beifall bei der FDP)


Der Auftritt von Herrn Erdogan in Köln und die be-
geisterte Reaktion seiner Zuhörer und Zuhörerinnen ha-
ben uns schlagartig deutlich gemacht, dass Integrations-
pläne und -gipfel Schritte auf einem Weg sind, der noch
lange nicht zu Ende ist.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)


In diesem Land leben Menschen aus unterschiedlichen
Herkunftsländern zusammen mit Deutschen, die ihrer-
seits Migrationserfahrungen haben. Ich meine damit die
Erfahrung in vielen deutschen Familien, dass nach
Flucht und Vertreibung eine neue Heimat gefunden wer-
den musste. Wir haben in diesem Land viel Integrations-
erfahrung. Ich halte es für eine echte Zukunftsaufgabe,
Integration, also das friedliche Zusammenleben aller
Menschen, in Deutschland zu erreichen. Dazu gehört

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(C (D uch, dass wir uns alle an die hier geltenden Gesetze halen. Ich hätte es sehr begrüßt, wenn Herr Erdogan deutich gemacht hätte, dass zum Beispiel die Zwangsheirat n der Türkei verboten ist, enauso wie es gemäß Strafgesetzbuch in Deutschland er Fall ist. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall der Abg. Gudrun Kopp [FDP])


Gerade die Zwangsheirat ist ein Beispiel dafür, wie
nspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen können.
ir als FDP-Fraktion haben die Gesetzgebung, die zur

erhinderung von Zwangsheirat den Spracherwerb im
usland für Zuwanderungswillige, insbesondere für
hefrauen aus der Türkei, notwendig macht, kritisiert
nd halten sie für verfassungsrechtlich problematisch.
ir werden sehen, wie es bewertet wird. Erste Urteile

azu gibt es ja bereits.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die die Verfassungsmäßigkeit bestätigen!)


Wir sind allerdings der Meinung, dass der Schlüssel
ur Integration der Erwerb der deutschen Sprache ist.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


ir haben dies in unserem sogenannten Sprachantrag
chon lange deutlich gemacht. Selbstverständlich sagen
ir auch, dass es gut ist, weitere Sprachen – durchaus

uch mehr als ein oder zwei Fremdsprachen – zu beherr-
chen. Wir leben in einem Land, das vom Export abhän-
ig ist. Insofern ist es gerade im Hinblick auf unsere
irtschaftliche Entwicklung wichtig, dass Sprachen er-

ernt werden und über die deutsche Sprache hinaus Spra-
hen beherrscht werden. Ich meine, dies ist ein Defizit in
er deutschen Integrationspolitik, das uns nicht klar ist.

Es muss für uns alle selbstverständlich werden, anzu-
rkennen, was Migranten mitbringen, nämlich die
enntnis einer anderen Sprache, in vielen Fällen eine
erufsausbildung, die hier oftmals nicht anerkannt wird,
der auch Sitten und Gebräuche, die eine Bereicherung
ein können. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der
hematik, die frei vom nächsten Wahlerfolg, aber auch

rei von überzogenen Schlagzeilen ist, ist notwendig.
ie neueste Medienstudie belegt, dass Ausländer in
eutschen Medien überwiegend in negativen Zusam-
enhängen dargestellt werden. Dies ist ein Beleg dafür,
elche enormen Anstrengungen noch unternommen
erden müssen, um zu einem gesellschaftlichen Mitei-
ander zu kommen, das den Begriff der Integration ver-
ient.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Schlag-
eile eines Artikels in der Zeit vom 14. Februar 2008
erweisen: „Die Mauer muss weg!“. Das ist ein sehr gu-
er Artikel, den ich nur empfehlen kann. Darin wird un-
er anderem darauf hingewiesen, dass wir das Miteinan-
er mit den Ausländern, die hier leben, immer noch zu
enig als Wir verstehen und dass wir das Wir für alle
enschen, die hier leben, beanspruchen sollten und da-






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk
bei nicht innerlich nur uns als Deutsche verstehen soll-
ten.

Schließlich lässt man die Probleme der Integration
mit einer inneren Abwendung eher verschwinden. Wer
sagt, die Ausländer seien so oder so, ändert nichts an den
Zuständen, sondern erklärt sich für nicht zuständig. Das
müssen wir ändern. Insofern fand ich es interessant,
kürzlich in einem Artikel in der Stuttgarter Zeitung zu
lesen, dass der Ausländeranteil in Deutschland sinkt. Er
sinkt nicht, weil die Menschen Deutschland verlassen,
sondern weil sie die Einbürgerung beantragen und Deut-
sche werden.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsere Staatsbürgerschaftsreform!)


Sie nehmen ein Integrationsangebot an, das wir sehr
ernst nehmen sollten. Sie entscheiden sich für dieses
Land. Sie leben hier als Deutsche.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist die Frage!)


Damit ist das Wir, von dem ich gerade gesprochen habe,
erreicht. Das müssen wir weiterentwickeln.

Ich komme zum Schluss. Ein wechselseitiges Ab-
schotten bringt uns im globalen Wettbewerb nicht weiter.
Nur die Länder, die integrationsfähig sind, werden eine
echte Entwicklungschance haben. Ich plädiere für die
Einrichtung einer Enquete-Kommission zum Thema In-
tegration. So könnten wir alle lernen, und unsere An-
strengungen würden sich nicht in gelegentlichen Debat-
ten oder Integrationsgipfeln erschöpfen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt ein bisschen spät!)


Das Gelingen von Integration ohne Kluft zwischen
Anspruch und Wirklichkeit ist eine Zukunftsfrage für
dieses Land und für Europa.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1614603600

Das Wort erhält nun der Kollege Fritz Rudolf Körper,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für Körper klatsche ich auch! – Gegenruf des Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD]: Gut! Aber das genügt!)



Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1614603700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit

dem Eröffnungsapplaus bin ich zufrieden.

Ich bin ein bisschen traurig und enttäuscht darüber,
wie der Kollege Volker Beck diese Debatte begonnen
hat.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Richtig! – CarlLudwig Thiele [FDP]: Ja! Sehr richtig!)


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(C (D enn ich glaube, diese Debatte ist nicht dazu geeignet, ünstliche Konflikte hervorzuheben oder sogar persönlihe Fehden auszutragen. as wird der großen Herausforderung, die die Integraion in Deutschland darstellt, nicht gerecht. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Das sage ich in aller Ruhe, weil ich der Auffassung
in, dass man dieses Thema umschreiben muss. Dann
ann man erkennen, um welche Dimension es dabei
eht. Wir waren eine Zeit lang heftig umstritten, als wir
esagt haben: Deutschland ist ein Einwanderungsland.
as wurde bestritten. Fakt ist aber: Deutschland ist ein
inwanderungsland.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP] – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Die Union klatscht nicht!)


atsache ist, dass 15 Millionen Menschen mit sogenann-
em Migrationshintergrund in unserem Land leben.
ch weiß, dass der Begriff „Migrationshintergrund“ strit-
ig ist; mir fällt im Moment aber kein besserer Begriff
in.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: „Integrationsland“ wäre doch auch schön! Deutschland ist Integrationsland!)


Wenn man vor diesem Hintergrund über Integration
edet, dann müssen wir betonen, dass die Integration ei-
es Teils dieses Personenkreises als gelungen betrachtet
erden kann. Dafür gibt es Beispiele. Man sollte für In-

egration werben, indem man diese Beispiele in den Mit-
elpunkt rückt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das sage ich nicht, um die Integrationsdefizite, die
ei vielen festzustellen sind, zu verniedlichen oder ver-
essen zu machen. Überhaupt keine Frage: Diese Inte-
rationsdefizite haben auch einen Namen, beispiels-
eise mangelnde oder überhaupt keine Kenntnisse der
eutschen Sprache oder Mangel an Ausbildung und
chulischer Bildung. Die Zahlen, die im Rahmen der In-
egrationsgipfel zugrunde gelegt wurden, sind schon er-
chreckend. Ich bin der Auffassung, mit diesen Fragen
üssen wir uns fernab des üblichen parteipolitischen
eplänkels beschäftigen. Bund, Länder, Gemeinden und
ie gesamte Gesellschaft haben die Aufgabe, weiterhin
ür eine gelingende Integration zu sorgen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sibylle Laurischk [FDP])


Integration ist sehr einfach zu definieren. Integration
eißt Teilhabe. Diese Teilhabe hat rechtliche, ökonomi-
che, soziale und politische Gesichtspunkte. Meine Da-
en und Herren, Ziel einer guten Integrationspolitik ist,

llen dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland lebenden






(A) )



(B) )


Fritz Rudolf Körper
Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer Re-
ligion gleiche Teilhabechancen zu ermöglichen. Das ist
der Auftrag.


(Beifall bei der SPD – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Dann legen Sie mal los! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo bleibt das kommunale Wahlrecht für Drittstaatler?)


Ich bin der Auffassung, nur so können wir den gesell-
schaftlichen Zusammenhalt wahren und die Entwicklung
von Parallelgesellschaften verhindern.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Es gibt keine Parallelgesellschaften!)


Ich will auf das, was der türkische Ministerpräsident
gesagt hat, nicht im Einzelnen eingehen. Ich will mich
darauf beschränken, ihm zu sagen: Forderungen, die da-
rin münden, Parallelstrukturen oder sogar Parallel-
gesellschaften in unserem Lande zu schaffen, lehnen
wir ab, und wir werden so etwas zu verhindern wissen.
Das muss man klar sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er gar nicht gefordert!)


Eine gelingende Integration setzt faire Chancen und
eine klare Rechtsordnung voraus. Die Grundlage ist rela-
tiv leicht zu beschreiben: die Anerkennung der Werte
und Normen unserer Verfassung. Konkret: Die Ach-
tung der Menschenwürde, der Gleichberechtigung von
Mann und Frau, der Meinungsfreiheit, der Glaubensfrei-
heit und eine eindeutige Distanzierung von Gewalt, das
ist der Wertekanon, der Werterahmen, innerhalb dessen
Integration stattzufinden hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Natürlich gilt die Devise „Fördern und Fordern“; aber
es muss auch „Fordern und Fördern“ gelten. Man muss
die Chance auf eine faire Teilhabe schaffen. Ziel unserer
Integrationspolitik muss die volle gesellschaftliche Teil-
habe sein. Diese wird meines Erachtens erst durch Ein-
bürgerung erreicht. Das Ergebnis einer gelungenen In-
tegration muss die Einbürgerung sein. Leider ist es so,
dass die Zahl der Einbürgerungsverfahren und Einbürge-
rungsentscheidungen in den letzten Jahren zurückgegan-
gen ist.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aufgrund Ihrer Gesetze! Sie haben es ja selber erklärt!)


Wir müssen deshalb dafür werben, dass von der Mög-
lichkeit zur Einbürgerung verstärkt Gebrauch gemacht
wird. Ich will dabei nicht verhehlen, dass ich der Auffas-
sung bin, dass wir im Sinne gelingender Integration eine
vernünftige Regelung für das Optionsmodell finden
müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch selber die Hürden erhöht!)


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(C (D Lassen Sie mich deutlich machen: Integrationspolitik st keine Nischenpolitik. Integrationspolitik ist auch icht mit Minderheitenpolitik zu verwechseln. Integraionspolitik ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe; as wird ja an der Anlage des Nationalen Integrationslanes deutlich. Integrationspolitik setzt ein interkultuelles Politikverständnis voraus. Sie wird nur – davon in ich zutiefst überzeugt – in parteiübergreifendem onsens möglich sein. Es ist wichtig, dass wir diesen onsens herzustellen versuchen. Ich will auch ein Wort zur aktuellen politischen Deatte verlieren. Ich finde es sehr schade, dass der hessiche Ministerpräsident im Landtagswahlkampf durch eine Aussagen zur Kriminalität von jugendlichen Ausändern das für eine gelingende Integrationspolitik erforerliche Klima heftig erschüttert hat. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war Rassismus!)


s ist schade, dass wir in der Debatte, die er ausgelöst
at, einen Rückfall in alte Klischees, die einer gelingen-
en Integrationspolitik nicht das Wort reden, erleben
ussten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum klatscht die CDU/CSU jetzt nicht?)


u diesen Aussagen hätte ich mir von Ihnen, liebe Frau
öhmer, insbesondere aber von der Bundeskanzlerin
ehr Differenzierendes, mehr Distanzierendes und we-

iger Relativierendes gewünscht.


(Gerd Andres [SPD]: Sehr richtig!)


adurch hätten Sie einen guten Beitrag zu einer gelin-
enden Integrationspolitik in Deutschland geleistet.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614603800

Das Wort hat nun Kollegin Sevim Dağdelen, Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614603900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Es ist leider so: Vor mir kam eine Sonntagsrede,
nd nach mir wird wahrscheinlich auch eine kommen.


(Widerspruch bei der SPD – Gerd Andres [SPD]: Die einzige ist Ihre!)


Kommen wir zu dem vorliegenden Antrag der Grü-
en. In dem Titel des Antrags wird die große Kluft zwi-
chen Anspruch und Wirklichkeit beklagt. Ich aber
ehaupte, diese gibt es gar nicht. Was ist die integra-
ionspolitische Wirklichkeit in Deutschland? Die Wirk-
ichkeit ist, dass Herkunft sowie soziale Lage über den
ebensweg in Deutschland entscheiden. Migrantinnen






(A) )



(B) )


Sevim DaðdelenSevim Dağdelen
und Migranten sind dabei besonders betroffen. Sie gehö-
ren häufig den sozial benachteiligten Schichten an.

Die Wirklichkeit für sie ist, dass ihre Kinder wegen
der Gebühren oftmals nicht in die Kitas gehen können.
Zudem fehlt es an Angeboten frühkindlicher Sprachent-
wicklung im Rahmen einer institutionalisierten Tagesbe-
treuung für Kinder unter drei Jahren. Der Mangel an
Kita-Plätzen ist in den westdeutschen Ballungsgebieten
extrem hoch, also genau da, wo Migrantinnen und Mi-
granten meistens leben. In den alten Bundesländern be-
trägt die Versorgungsquote bei unter Dreijährigen ledig-
lich 8 Prozent.

Die Wirklichkeit ist auch, dass Kindern und Jugendli-
chen mit Migrationshintergrund der Zugang zu weiter-
führenden Schulen, zu Ausbildungsplätzen und zu
Hochschulen weitgehend verwehrt bleibt. An den
Hauptschulen sind sie überrepräsentiert, an den Gymna-
sien hingegen unterrepräsentiert. 17,5 Prozent der aus-
ländischen Jugendlichen beispielsweise verließen 2005
die Schule ohne Schulabschluss. Das ist weit mehr als
bei den deutschen Jugendlichen. Bei ihnen sind es ledig-
lich 7,2 Prozent; auch das ist schlimm genug.

Die Wirklichkeit ist aber auch, dass es seit Mitte der
90er-Jahre einen ungebrochenen Negativtrend bei der
Ausbildungsbeteiligung ausländischer Jugendlicher gibt.
Ihr Anteil an allen Auszubildenden betrug im Jahr 2006
nur noch 4,2 Prozent. 1994 waren es noch 8 Prozent. Die
Ausbildungsquote betrug 2006 bei ihnen 23 Prozent ge-
genüber 57 Prozent bei deutschen Auszubildenden. Nur
jeder dritte ausländische Jugendliche konnte in eine be-
triebliche Ausbildungsstelle vermittelt werden. Bei deut-
schen Jugendlichen war es die Hälfte.

Nach dem im Dezember 2007 veröffentlichten Be-
richt zur Lage der ausländischen Mitbürgerinnen und
Mitbürger in Deutschland haben ausländische Jugendli-
che bei freien Berufen die größten Chancen. Dort beträgt
ihr Anteil 7,7 Prozent. Am geringsten sind die Ausbil-
dungschancen mit 2,1 Prozent im öffentlichen Dienst. In
dem vorherigen Bericht aus dem Jahre 2005 betrug diese
Zahl – auch das ist noch jämmerlich, aber immerhin –
2,6 Prozent, also deutlich mehr als heute.

Die Wirklichkeit in Deutschland ist auch, dass die Ar-
beitslosenquote von Migrantinnen und Migranten dop-
pelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung ist. Außer-
dem befinden sie sich vorwiegend in sogenannten
prekären Arbeitsverhältnissen, zumeist im Niedriglohn-
bereich. Um die Chancengleichheit am Arbeitsmarkt
– Herr Körper hat in diesem Zusammenhang von Teil-
habe gesprochen – herzustellen, müssten circa
700 000 Migrantinnen und Migranten eine Beschäfti-
gung finden. Voraussetzung dafür ist eine identische Er-
werbsquote.

Die Wirklichkeit ist auch, dass 38 Prozent der Hartz-IV-
Empfängerinnen und -Empfänger in diesem Land einen
Migrationshintergrund haben. Jede fünfte Person mit
Migrationshintergrund muss Grundsicherungsleistungen
in Anspruch nehmen. Bei Personen ohne Migrationshin-
tergrund ist es nur jede 14. Während die Armutsrisiko-
quote in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund

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(C (D ei fast 12 Prozent liegt, liegt sie bei Migrantinnen und igranten bei 28 Prozent. Das ist die integrationspolitische Wirklichkeit in eutschland. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. iese Wirklichkeit ist Ihnen aber seit Jahren und Jahr ehnten bekannt. All diese Informationen stammen aus ffiziellen Berichten, meist aus denen der Bundesregieung selbst. Sie predigen Gleichheit – Herr Körper hat on Teilhabe gesprochen –, schaffen tatsächlich aber ngleichheit. ie predigen Integration und schaffen Ausgrenzung. as war und ist gewollt. Wie sonst lässt sich erklären, ass Sie keinerlei Ursachenbekämpfung von all dem bereiben, was Sie hier beklagen? Sie rücken immer wieder as Erlernen der deutschen Sprache in das Zentrum Ihres ntegrationsverständnisses. (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das ist auch wichtig!)


(Beifall bei der LINKEN)


onkrete Lösungswege zeigen Sie nicht auf. Hier
errscht Fehlanzeige! Außer Sanktionen und Sonntags-
eden fällt Ihnen hierzu nichts ein.


(Beifall bei der LINKEN)


Was tut die Bundesregierung im Hinblick auf diese
atastrophale bildungspolitische Bilanz? An keiner
telle des Berichts der Bundesregierung wird die frühe
elektion der Schülerinnen und Schüler durch das drei-
liedrige Schulsystem infrage gestellt. Die diskriminie-
ende und benachteiligende Beurteilungspraxis bei der
ufteilung auf die unterschiedlichen Schulformen spielt

n dem Bericht ebenfalls keine Rolle. Dass Kinder und
ugendliche mit Migrationshintergrund bei gleicher
eistung schlechtere Beurteilungen von den Lehrerinnen
nd Lehrern bekommen, ist für diese Bundesregierung
ffensichtlich überhaupt kein Problem. Die frühe Selek-
ion nach der vierten Klasse im deutschen Bildungssys-
em ist von Ihnen gewollt; sie wird sogar noch vorange-
rieben.

Dies alles passt gut zu der neoliberalen Politik, die Sie
uch sonst betreiben. Ihr Ziel ist nicht die Angleichung
er Lebensverhältnisse, Ihr Motor des Fortschritts ist die
ngleichheit und die Zementierung der Kluft zwischen
rm und Reich in unserer Gesellschaft. Sie haben be-
usst über Jahrzehnte jede Integrationsförderung unter-

assen – das betrifft nicht nur diese, sondern auch die vo-
angegangenen Bundesregierungen – und stattdessen
ine Politik der gezielten Verweigerung der Integration
nd der Verweigerung von Rechten für Migrantinnen
nd Migranten gemacht. Im Rahmen der Novellierung
es Zuwanderungsbegrenzungsgesetzes von Rot-Grün
ind im letzten Jahr folgerichtig noch weitere Verschär-
ungen festgeschrieben worden. Über all das kommt im-
er das Deckmäntelchen der Integration. Es hört sich

atürlich gut an.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ist auch gut!)


abei handelt es sich aber um ein Flüchtlingsabwehr-
nd Desintegrationsgesetz.






(A) )



(B) )


Sevim DaðdelenSevim Dağdelen
Diese Politik setzen Sie unbeirrt fort. Nicht umsonst
verweigern Sie den hier geborenen oder lange hier le-
benden Menschen die Beteiligung am politischen Wil-
lensbildungsprozess. Ich hoffe, dass Frau Böhmer die
Güte haben wird, einmal zu erklären, warum sie, wenn
sie sagt, dass das kommunale Wahlrecht nicht ausreiche,
nicht das aktive und passive Wahlrecht insgesamt for-
dert, wie wir es zusammen mit den Grünen getan haben.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine Damen und Herren, bei dieser erfolgreichen
Integrationspolitik, nein, Desintegrationspolitik


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Guter Versprecher!)


– Ausnahmen bestätigen die Regel – ist es auch nicht
verwunderlich, dass laut einer Umfrage nur 14 Prozent
der Migrantinnen und Migranten aus der Türkei ihre An-
liegen bei der Bundesregierung in guten Händen sehen.
Wie das Essener Zentrum für Türkeistudien gestern mit-
teilte, fühlt sich ein Viertel von Parteien gut vertreten,
29 Prozent von Gewerkschaften und 32 Prozent von Mi-
grantenselbstorganisationen. Allerdings sehen 27 Pro-
zent – das ist das Schlimmste an dieser Mitteilung – die
türkische Regierung als Vertreterin ihrer Interessen an.
Hier muss sich die Bundesregierung schon einmal fragen
lassen, warum das so ist. Der Grund liegt auf der Hand:
die Wirklichkeit der Lebensverhältnisse dieser Men-
schen in Deutschland.

Wenn Sie von Integration sprechen, Herr Körper und
wie Sie alle heißen mögen, und damit Teilhabe meinen,
dann will ich Ihnen deutlich machen, was Sie für die
Teilhabe dieser Menschen in Deutschland tun können.
Sie müssen das dreigliedrige Schulsystem abschaffen
und eine gemeinsame Schule für alle schaffen, damit
auch diese Kinder und Jugendlichen Teilhabechancen in
Deutschland wahrnehmen können.


(Beifall bei der LINKEN)


Es bedarf zusätzlicher Mittel für Krippen, Kindergärten,
Schulen, Hochschulen, berufliche Bildung und Weiter-
bildung. Nur so kann die Teilhabe in unserer Gesell-
schaft gelingen. Wenn nicht der soziale Status über den
Bildungsweg entscheiden soll, bedarf es einer gebühren-
freien Kinderbetreuung auch in Kindergärten. Studien-
gebühren lehnen wir ebenfalls ab, weil sie einen sozialen
Selektionsfaktor darstellen, der sich gerade bei jungen
Migrantinnen und Migranten bemerkbar macht.


(Beifall bei der LINKEN – Rüdiger Veit [SPD]: Das ist wahr!)


Wenn Sie Jugendliche mit Migrationshintergrund bes-
ser integrieren wollen, dann müssen Sie die Unterneh-
men der Privatwirtschaft und den öffentlichen Dienst in
die Verantwortung nehmen. Deshalb ist eine gesetzliche
Ausbildungsplatzumlage erforderlich, nicht aber ein
Ausbildungsbonus, wie er von Ihnen beschlossen und
hier am Mittwoch von Ihrem Arbeitsminister erläutert
wurde. Wenn Sie nicht wollen, dass Migrantinnen und
Migranten im Niedriglohnbereich ausgebeutet werden,

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(C (D üssen Sie einen gesetzlichen Mindestlohn einführen nd die Minijobs in sozialversicherungspflichtige Bechäftigungsverhältnisse umwandeln. Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Wenn Sie on Fachkräftemangel schwadronieren, dann fordere ich ie auf, endlich die biografischen Lebensleistungen der 00 000 Menschen anzuerkennen, die einen im Ausland rworbenen akademischen Abschluss haben, der in eutschland bis heute nicht anerkannt worden ist. Dann aben Sie auch Fachkräfte, die Sie einsetzen können. Es ging in den letzten Jahrzehnten nie um Teilhabe nd tatsächliche Integration von Migrantinnen und Miranten. Es ging vor allem im Interesse der kapitalistichen Wirtschaftsordnung immer nur darum, die besteenden Ungleichheiten zu zementieren. Ich fordere Sie auf: Wenn Sie Integration wollen, ann schaffen Sie die notwendigen Rahmenbedingunen, damit die Migrantinnen und Migranten nicht mehr ekämpft werden, sondern tatsächlich an unserer Gesellchaft teilhaben können. Ich erteile Staatsministerin Maria Böhmer das Wort. D Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Auf Ihre heutige Rede, Herr Beck, muss ich rwidern: Sie geben immer vor, sich schützend vor die igranten zu stellen. Das machen Sie aber nur schein ar. Was Sie heute und in den letzten Tagen gemacht haen, ist Wahlkampf pur. Sie wollen spalten, statt zusamenzuführen. Das schadet der Integration. (Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie, die Sie den Spalter Koch unterstützt haben, erdreisten sich, das zu sagen!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614604000

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1614604100

Zugleich lenken Sie seit Wochen und Monaten von
en Defiziten Ihrer Integrationspolitik ab. Die Kollegin
ağdelen hat seitenweise aus meinem Lagebericht zi-

iert, den ich im Dezember vorgelegt habe. Diesem Be-
icht liegen die Zahlen aus den Jahren 2005 und 2006
ugrunde. Das ist in der Tat eine bittere Abschlussbilanz
er grünen Integrationspolitik. Die Defizite sind erheb-
ich.


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie außer Papier vorgelegt?)


Ich will nur zwei Daten anführen. Bei Migranten ist
as Risiko der Arbeitslosigkeit doppelt so hoch wie bei
eutschen. Ursache dafür sind fehlende oder unzurei-

hende Abschlüsse. Rund 40 Prozent der Erwerbstätigen
it Migrationshintergrund in Deutschland haben keinen

eruflichen Abschluss. Das belegen die Zahlen des Jah-
es 2005.






(A) )



(B) )


Staatsministerin Dr. Maria Böhmer

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das bittere Erbe von 16 Jahren Schwarz-Gelb!)


Besonders dramatisch ist, dass die Ausbildungsbetei-
ligung der jugendlichen Ausländer bis 2006 auf 23 Pro-
zent gesunken ist. Auch das ist ein Ergebnis Ihrer man-
gelnden Bemühungen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird’s aber albern!)


Sie hätten die Chance gehabt, gegenzusteuern. Sie hätten
Betroffene ins Bundeskanzleramt einladen und Integra-
tionsgipfel durchführen können. Warum haben Sie das
nicht getan?


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen nicht nur Kaffeekränzchen machen, sondern auch Politik!)


Ein Blick in Ihren Antrag zeigt, dass Sie sich mittler-
weile nicht mehr nur auf das Ausländerrecht konzentrie-
ren. Ihr Antrag liest sich wie die Kurzfassung des Natio-
nalen Integrationsplans. Schön, dass Sie dazugelernt
haben; es ist gut, dass Sie sich auf diesen Weg machen.


(Zuruf von der SPD: Das stimmt!)


Sie sind herzlich dazu eingeladen. Sie fordern eine um-
fassende Sprachförderung, den Ausbau der verpflichten-
den Deutschkurse, die interkulturelle Öffnung der Kom-
munen und die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Nur: Was Sie fordern, haben wir schon längst auf den
Weg gebracht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Fritz Rudolf Körper [SPD] – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo machen Sie denn etwas für das kommunale Wahlrecht? Wo machen Sie etwas für das erleichterte Wahlrecht? Nirgendwo!)


Das ist der entscheidende Unterschied. Wir haben in
der Integrationspolitik umgesteuert. In diesem Zusam-
menhang danke ich den beiden Koalitionsfraktionen, die
mit großer Vehemenz und großem Engagement dieses
Umsteuern mit voranbringen.

Herr Körper, ich darf noch einen Schritt weitergehen
als Sie. Sie haben gesagt, Deutschland sei ein Einwande-
rungsland. Ich meine, wir sind inzwischen mehr als ein
Einwanderungsland: Wir sind ein Integrationsland.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nenne ich eine Drohung!)


Denn uns verbindet das Anliegen, den 15 Millionen
Menschen mit Migrationshintergrund in unserem Land
eine Heimat zu geben und sie zu integrieren.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Assimilieren!)


Wir haben Integration als Querschnittsaufgabe defi-
niert und sie in den Mittelpunkt unserer Politik gerückt.
Integration heißt – das wird von beiden Koalitionsfrak-

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(C (D ionen und von der FDP vertreten – gleichberechtigte eilhabe. Das ist der Kern unserer Politik, und das heißt uch, zu Deutschland und zu unseren Werten Ja zu saen. Darauf werden wir uns stützen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Regierung und die Große Koalition haben die
entralen Handlungsfelder der Integration konkret auf-
egriffen. Dazu gehören gute Deutschkenntnisse – das
st das A und O – als Grundlage der Integration. Dafür
nternehmen wir große Anstrengungen. Wir geben für
ie Integrationskurse inzwischen 155 Millionen Euro
us.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat sie denn eingeführt?)


amit ermöglichen wir Verbesserungen im Bereich der
ntegration. Das war das erste große Thema im Nationa-
en Integrationsplan.

Die Bundesregierung weiß, dass sie hier in einer be-
onderen Verantwortung steht. Wir haben eine Vorreiter-
unktion im Zusammenhang mit dem Nationalen Inte-
rationsplan wahrzunehmen. Ich bin sehr dankbar, dass
s hier im Parlament und durch das Vorangehen des In-
enministeriums gelungen ist, die Integrationskursver-
rdnung pünktlich zum neuen Haushaltsjahr in Kraft tre-
en zu lassen. Das schafft die Möglichkeit, dass mehr

enschen, die zu uns gekommen sind, die deutsche
prache – wie gesagt, das A und O – lernen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ir sehen heute, dass die Sprachförderung in jedem
indergarten dazugehört. Sprachförderung von Anfang

n ist die wichtigste Investition in die Zukunft unserer
inder.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist der Kindergartenausbau?)


Wir setzen aber nicht nur auf die nachholende und die
egleitende Integration. Vielmehr fördern wir auch die
orbereitende Integration. Das wird von beiden Koali-
ionsfraktionen mitgetragen. Es bedeutet einen Paradig-
enwechsel in der Integrationspolitik, wenn wir jetzt

on denjenigen, die im Rahmen des Ehegattennachzugs
ach Deutschland kommen, nicht nur erste Deutsch-
enntnisse verlangen, sondern ihnen auch konkrete Hil-
estellung beim Erwerb dieser Kenntnisse durch
eutschkurse an den Goethe-Instituten in der Türkei ge-
en.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das soll dann ganz Ostanatolien beglücken?)


as ist keine Zumutung, sondern eine Erleichterung bei
er Integration in unserem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ehepaare werden auseinandergerissen!)


Lassen Sie uns die Menschen ermutigen und nicht
ntmutigen! Das ist ein wesentliches Element der Inte-
ration. Wir beschreiten mit dem Nationalen Integra-






(A) )



(B) )


Staatsministerin Dr. Maria Böhmer
tionsplan neue Wege und eröffnen neue Chancen. Aber
dazu gehört auch, dass auch die andere Seite die neuen
Wege gerne geht.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614604200

Frau Böhmer, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Dağdelen?

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Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1614604300


Nein, das gestatte ich nicht; denn die Kollegin
Dağdelen hat ausreichend aus dem Lagebericht zitiert.
Sie braucht das jetzt nicht fortzusetzen.

Es ist aber auch klar: Sprachkenntnisse allein genü-
gen nicht. Wir müssen alles daran setzen, die Perspektiv-
losigkeit gerade der jungen Menschen zu überwinden.
Deshalb sind wir uns einig – daran werden wir mit aller
Kraft weiterarbeiten –: Bildung und Ausbildung sind
die Schwerpunkte der Integrationspolitik; denn 40 Pro-
zent der Jugendlichen aus Zuwandererfamilien verfügen
über keinerlei berufliche Qualifikation. Das müssen wir
überwinden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viele Millionen werden Sie dafür ausgeben?)


Wir tun etwas dagegen. Wir haben am Mittwoch im
Bundeskabinett eine Qualifizierungsinitiative beschlos-
sen. Diese Qualifizierungsinitiative und insbesondere
der Ausbildungsbonus, mit dem wir 100 000 zusätzliche
Ausbildungsplätze gerade für die Altbewerber schaffen
wollen, werden den Jugendlichen aus Migrantenfamilien
zugutekommen. Dafür werden wir uns einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Weil Sie immer über Geld reden: Wir geben rund
750 Millionen Euro aus. Hinzu kommen nun die Beträge
aus der Qualifizierungsinitiative. Allein für den Ausbil-
dungsbonus ist ein Volumen von 450 Millionen Euro
und für die Bildungsbegleiter ein Volumen von
240 Millionen Euro vorgesehen. Damit wollen wir den
Jugendlichen die Möglichkeit geben, einen besseren
Schulabschluss zu erreichen und ein Ausbildungsver-
hältnis einzugehen. Wir werden im Rahmen des Ausbil-
dungspaktes alles daransetzen, den Negativtrend zu
stoppen. Wir brauchen die Wirtschaft an unserer Seite.
Politik allein kann es nicht richten. Wir werden den
Schwerpunkt bei den Migranten setzen. Ich selbst werde
im April den Startschuss für ein bundesweites Netzwerk
„Bildungs- und Ausbildungspaten“ geben. Damit ist
klar: Wir reden nicht nur über Integration, sondern wir
handeln. Ich sage in aller Deutlichkeit: Das Jahr 2008
wird das Jahr der Integration in Deutschland sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Schon wieder? Das hatten wir schon einmal!)


Ich möchte noch etwas anfügen, was den Nationalen
Integrationsplan und die Zusammenarbeit mit den Mi-

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(C (D rantinnen und Migranten betrifft. Wir haben Ernst geacht: Wir reden nicht übereinander, sondern miteinan er. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch lächerlich! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur reden, auch was tun!)


ie Migranten und Migrantinnen – nicht nur diejenigen,
ie organisiert sind, sondern auch die vielen anderen –
ind Partner und Handelnde. Sie übernehmen Verant-
ortung.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Schlimme ist, die glaubt das selber!)


ntegration bedeutet auch, bereit zu sein, Verantwor-
ung zu übernehmen. Wir unterstützen die Eigeninitia-
ive und eine aktive Bürgergesellschaft im Bereich der
ntegration; denn der Staat allein wird es nicht schaffen.

ir brauchen eine Bewegung in unserem Land für Inte-
ration. Alle müssen das mittragen. Die Integrationspoli-
ik der Bundesregierung zeichnet aus, dass die Migran-
innen und Migranten als Aktive einbezogen sind.

Sie sind nicht mehr das Objekt der Integration, son-
ern sie sind diejenigen, die Integration verantwortlich
itgestalten. Das ist eine entscheidende Wendung. Ich
ill Ihnen einen Satz zitieren, den ein türkischstämmiger
tudent beim Migrantentreffen am 30. Januar im Bun-
eskanzleramt sagte: Wir sind hier, und wir gehören
azu. – Ich finde es eindrucksvoll, dass ein junger
ensch so deutlich zum Ausdruck bringt, dass er in
eutschland zu Hause ist. Wir wollen alles dafür tun,
ass er nicht nur willkommen ist, sondern dass wir ihm
uch deutlich machen, dass wir ihn brauchen. Vielfalt ist
ine Chance. Das bedeutet auch, dass das Thema Inte-
ration überall zu verankern ist. Ich bin sehr froh, dass
ie deutsche Wirtschaft den Weg über die Charta der
ielfalt gewählt hat. 250 Unternehmen haben sich die-

em Projekt angeschlossen. Sie beschäftigen mehr als
Millionen Migrantinnen und Migranten. Wir haben das

hrgeizige Ziel, im Jahr 2008 die Zahl zu verdoppeln.
enn wir betrachten diejenigen, die zu uns gekommen

ind, als eine Bereicherung. Wir wollen das Potenzial
utzen, und wir wollen gemeinsam nach vorne gehen.

Deshalb lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Es
ibt ein altes afrikanisches Sprichwort. Es lautet: Wenn
u schnell gehen willst, gehe alleine, wenn du weit ge-
en willst, gehe gemeinsam! – Wir wollen weit gehen,
nd wir wollen gemeinsam gehen. Ich lade alle hier in
iesem Haus ein, diesen Weg gemeinsam zu gehen; denn
s geht um die Zukunft unseres Landes.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Noch eine Sonntagsrede!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614604400

Das Wort hat nun Josef Winkler, Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Das war schon ein Hammer, was die Frau
Staatsministerin hier vorgetragen hat, nämlich zu be-
haupten, sie habe die Integration nach Deutschland ge-
tragen wie die Heiligen Drei Könige Weihrauch, Myrrhe
und Gold zum Jesuskindlein. Das ist vielleicht in der
Märchenstunde angebracht. Unsere Fraktion hat bereits
vor drei oder vier Wahlperioden ein Einwanderungsge-
setz vorgelegt. Damals haben Sie noch mantraartig be-
hauptet, dass Deutschland kein Einwanderungsland ist.
In der letzten Debatte zu diesem Thema hat das auch ein
Mitglied Ihrer Fraktion hier vorgetragen. Also tun Sie
nicht so, als wären Sie die Erfinderin der Integration.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Warum ist es denn so, dass viele Migrantinnen und
Migranten in Deutschland sich eben nicht von der Bun-
deskanzlerin und von der Staatsministerin Böhmer ver-
treten fühlen? Von Ihnen wird immer mehr Misstrauen in
diesen Communities gesät. Was haben Sie denn hier vor-
getragen? Die grüne Fraktion hat einen Integrationsver-
trag beschlossen. Ein Vertrag hat zwei Partner mit
Pflichten,


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Was passiert, wenn man die Pflichten nicht erfüllt?)


nämlich auf der einen Seite die aufnehmende Gesell-
schaft und auf der anderen Seite die Migrantinnen und
Migranten. Ihr Integrationsplan besteht aber zu 75 Pro-
zent aus Verpflichtungen, die die Migrantenverbände zu
erfüllen haben.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)


Die Verpflichtungen, die die staatliche Seite eingeht, be-
treffen überwiegend die Kommunen und die Länder. Ihr
Beitrag zu dieser Debatte fehlt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wo waren Sie bei der Debatte über Roland Koch? Nach
seinen Äußerungen gab es den Brief der mutigen
17 Integrationspolitiker. Den hat zum Beispiel der Kol-
lege Staatssekretär Altmaier, obwohl er im Innenminis-
terium sitzt, wo normalerweise die integrationsunwil-
ligsten Politikerinnen und Politiker untergebracht
werden, mit unterschrieben. Wo war denn Frau Staatsmi-
nisterin Böhmer bei dieser Debatte?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Auf der falschen Seite waren Sie. Sie haben zu Herrn
Koch gehalten. Sie als Integrationsbeauftragte sollten
sich dafür wirklich schämen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abgetaucht ist sie! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie soll sich entschuldigen!)


Wenn jemand wie Frau Kelek, eine Schriftstellerin,
deren Arbeiten ich nicht als wissenschaftlich ansehe,

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(C (D ber eine angeblich religiös bedingte Integrationsunwiligkeit bei muslimischen und insbesondere türkischen ugendlichen und Knaben in Deutschland fabuliert, dann ird diesen Thesen von der Union und Frau Böhmer reiter Raum eingeräumt. Frau Kelek behauptet zum eispiel, dass die türkischen und muslimischen Jugend ichen deshalb zu Gewalttätigkeiten neigen würden, weil ie zwei blutigen Ritualen ausgesetzt seien, erstens weil ie beschnitten würden und zweitens weil Tiere gechächtet würden. So jemand ist bei Frau Böhmer gerne ls Kronzeugin für die Integration gesehen. Das ist ein rund, warum sich Türkinnen und Türken und türkisch tämmige Deutsche nicht mehr von der Bundesregierung ertreten fühlen. Sie brauchen keine Krokodilstränen zu ergießen, wenn die lieber Herrn Erdogan Beifall klatchen. Das ist wirklich traurig. Sie haben hier etwas zu den Deutschkenntnissen geagt. Wir haben unter der rot-grünen Bundesregierung ie Aufnahme der Sprachkurse ins Zuwanderungsgesetz egen den erbitterten Widerstand der Unionsländer urchgesetzt. Wir haben durchgesetzt, dass der Bund daür viele Millionen Euro in die Hand nimmt. Die meisten undesländer, insbesondere die unionsgeführten, nehen dafür bis heute wenig Geld in die Hand. Sie behaupten, Sie redeten mit den Migranten und icht über sie. Ein Gespräch hat aber zwei Richtungen: ie reden vielleicht beim Integrationsgipfel im Kanzlermt zumindest mit den Verbänden der Migrantinnen und igranten; Sie hören ihnen aber nicht zu. Keine einzige nregung der Migrantinnenund Migrantenverbände urde ins Zuwanderungsgesetz aufgenommen. Sie heben immer den Zeigefinger. Mein Kollege Cem zdemir aus dem Europaparlament hat deshalb gesagt, ie erinnerten ihn eher an das Fräulein Rottenmeier aus em Kinderroman Heidi, das den Migranten ständig mit rhobenem Zeigefinger sagt, was man nicht tun darf. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr originell! Sehr ernsthaft!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


o zutreffend hatte es vorher noch keiner formuliert.

Sie sollten die große Reihe der Integrationsbeauftrag-
en aus den Reihen der FDP, der SPD und der Grünen,
ber auch der CDU – vor Jahren gab es auch in der CDU
ntegrationspolitiker – nicht so unwürdig fortsetzen, wie
ie es jetzt tun. Sie müssen sich nicht nur in Sonntags-
eden für Integration aussprechen, sondern eine konkrete
olitik betreiben. Integration hört nicht mit dem Erler-
en der deutschen Sprache auf. Sprachkenntnisse mögen
er Schlüssel zur Integration sein; aber die Tür muss ir-
endwann auch einmal geöffnet werden. Sie, Frau
taatsministerin für Integration, und erst recht die
nionsfraktion haben dafür bisher wenig getan.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614604500

Das Wort hat nun Michael Bürsch für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1614604600

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Als unaufgeregter Norddeutscher werde ich versuchen,
das Thema aus der Polemik und den persönlichen An-
würfen herauszuholen. Allerdings hat Frau Böhmer mit
der Art und Weise, wie sie die Jahre nach 1998 geschil-
dert hat, eine Replik provoziert. Ich möchte einen ent-
spannten Beitrag zur Wahrheitsfindung vortragen.

Frau Böhmer, in der Zeit nach 1998 wurde ein neues
Staatsangehörigkeitsrecht eingeführt, auf dem Sie jetzt
aufbauen. Es hat das alte, von 1913 stammende Abstam-
mungsprinzip durch ein neues, modernes Recht ersetzt,
das an den Geburtsort anknüpft.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Manche in der Union wollen es wieder zurückhaben! – Gegenruf des Abg. Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja, richtig! Weil es besser war!)


Wir alle erinnern uns, wie das neue Staatsbürgerrecht
1999 von einer bestimmten Partei eines dann gewählten
Regierungschefs aus Hessen nachhaltig bekämpft wor-
den ist. Das war kein hilfreicher Beitrag der CDU zum
neuen Staatsangehörigkeitsrecht.

Ich erinnere an das neue Zuwanderungsgesetz von
2004, das einen enormen Schritt nach vorn bedeutet hat.
Auch darauf bauen Sie jetzt auf. In diesem Gesetz ist
zum ersten Mal überhaupt in einem Gesetz von Integra-
tion die Rede; es enthält eine eigene Abteilung über den
Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von
Ausländern. Damit ist die Sprachförderung überhaupt
erst eingeführt worden, und zwar in einer Größenord-
nung, über die wir jetzt relativ selbstverständlich hin-
weggehen.

Es gibt einiges aus den letzten zehn Jahren, das wir
um der historischen Wahrheit willen in Erinnerung rufen
können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Werte Frau Böhmer, die Integrationspolitik baut insofern
auf den Errungenschaften mindestens des letzten Jahr-
zehnts auf; ich würde sogar wie Frau Laurischk sagen:
auf den Errungenschaften der letzten 50 Jahre. Als wir
die Integrationspolitik 1998 übernommen haben, erin-
nerte mich das an den alten Studentenspruch: Unter den
Unionstalaren lag der Muff von 100 Jahren. Den Muff
haben wir in den Jahren nach 1998 beseitigt. Insofern
können wir, wenn wir den Weg gemeinsam gehen wol-
len, Frau Böhmer, mit einem gewissen Stolz zurückbli-
cken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Damit haben wir kein Problem!)


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(C (D n die Adresse der Grünen sage ich: Rot-Grün war in achen Integration eine Erfolgsgeschichte. Wir haben en Stab gerne an Sie, Frau Böhmer, weitergegeben. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was hat sie damit gemacht? – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Welcher Stab? Das ist ein kleines Streichholz!)


Jetzt kommen wir zu dem Antrag der Grünen. Ich
eile die Einschätzung von Frau Böhmer, dass sich vieles
on dem, was Sie aufgeschrieben haben, sehr wohl im
ationalen Integrationsplan wiederfindet. Ihre Frage
ach Anspruch und Wirklichkeit ist berechtigt; ich
ürde sie umformulieren: Ziele und Umsetzung. Der
ationale Integrationsplan mit seinen 400 Selbstver-
flichtungen ist durchaus ein sinnvolles, weiterführen-
es und zukunftsträchtiges Programm. Was die SPD und
ich jetzt interessiert: Was wird aus diesem formulierten
nspruch? Was wird aus den Zielen, die man sich ge-

etzt hat?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das werden wir in diesem Jahr noch hier im Parlament diskutieren!)


Werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich
itte, ein bisschen mehr Zeit zu geben. Das heißt: Da das
rst im letzten Herbst verkündet worden ist, sollten wir
in Jahr warten. Diese Zeit sollten wir jeder Regierung
nd jedem, der einen solchen Plan auf den Tisch legt, ge-
en. Warten wir ab! Schon in der letzten Debatte darüber
m Herbst habe ich den Wunsch geäußert – ich äußere
hn erneut –, dass wir hier in diesem Parlament gemein-
am, vielleicht partei- und fraktionsübergreifend, evalu-
eren, was bei diesen – von Ihnen schon jetzt kritisch be-
erteten – 400 Selbstverpflichtungen herausgekommen

st. Das interessiert die SPD und mich brennend, und das
üsste jeden hier interessieren. Wenn wir diese Evaluie-

ung vorgenommen haben, können wir feststellen, ob der
nspruch insgesamt, zu 50 Prozent, zu 25 Prozent oder
berhaupt nicht erfüllt worden ist, ob man dem Ganzen
ine „vier minus“ oder eine andere Note gibt.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614604700

Kollege Bürsch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Andres?


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1614604800

Ja, gerne.


Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1614604900

Herr Kollege Bürsch, ich wollte Sie eigentlich schon

iel früher nach einem Bild fragen, das Sie benutzt ha-
en; es hat ein bisschen gedauert, bis ich meine Frage
tellen kann. Sie haben – für meine Begriffe völlig zu
echt – gesagt, dass die jetzige Regierung mit ihrer er-

olgreichen Integrationspolitik auf dem aufbaut, was
ot-Grün geleistet hat.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1614605000

Ja.






(A) )



(B) )


Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1614605100

Sie haben dann formuliert, Rot-Grün habe den Stab

an Frau Böhmer weitergegeben. Da habe ich etwas ge-
stutzt; denn ich finde, dass dieses Bild so nicht zutref-
fend ist.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1614605200

Korrigieren Sie mich!


Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1614605300

Ich finde, dass die Große Koalition in diesem Zusam-

menhang eine erfolgreiche Politik macht. Ich selbst habe
am Integrationsgipfel im Kanzleramt teilgenommen. Ich
finde, dass das, was da gemacht wird, gut ist. Aber das
ist erst dadurch möglich geworden, dass die Union ihre
ausländer- und integrationspolitische Haltung in der
Großen Koalition heftig revidiert hat.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir in Hessen gesehen!)


Das ist nur möglich geworden, weil in dieser Großen
Koalition Integrationspolitik kein Konfliktpunkt mehr
ist, sondern gemeinsam betrieben wird. Insofern haben
wir den Stab nicht an Frau Böhmer weitergegeben, son-
dern arbeiten ganz erfolgreich zusammen.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1614605400

Jetzt kommen wir zu Ihrer Frage.


(Heiterkeit)



Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1614605500

Ich bedanke mich für den Hinweis.

Ich möchte Sie fragen, ob Sie diese Einschätzung
nicht für zutreffender halten als die Formulierung, man
habe nur den Stab an Frau Böhmer weitergereicht.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1614605600

Ich schließe mich Ihrer Kritik an meinem Bild hun-

dertprozentig an. Ich suche noch nach dem richtigen
Bild.

Wir haben auf der Grundlage der wunderbaren Vorar-
beit der Jahre seit 1998 ein gemeinsames Haus errichtet,
das wir jetzt gemeinsam bewohnen und bewohnen wol-
len. Wir sollten uns gegenseitig fragen: Habt ihr im Erd-
geschoss wirklich das umgesetzt, was wir im Oberge-
schoss vorgegeben haben?


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Böhmer legt die Füße auf den Tisch und tut nichts!)


Ich revidiere also das Bild mit der Weitergabe des
Stabes und sage: Aus einer Übung der Jahre seit 1998 ist
eine größere gemeinsame Übung geworden. Ich wün-
sche mir, dass Frau Böhmer, die die Arbeit mittlerweile
übernommen hat, sie im Sinne dessen, was 1998 begon-
nen worden ist, weiterführt und nicht – entsprechend ih-
rer heutigen Rede – desintegrativ handelt. Wenn die

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(C (D amburg-Wahl hinter uns liegt, kann sie das besser mahen. (Beifall des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das war aber nicht sachlich!)


Das war im Rahmen meiner norddeutschen Möglich-
eiten relativ sachlich, Herr Kollege.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614605700

Herr Kollege Bürsch, auch die Kollegin Dağdelen

öchte Ihre Redezeit verlängern.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1614605800

Herr Präsident, jetzt sage ich das, was ich schon zuvor

n Zwischenrufen geäußert habe: Das ğ in Dağdelen-
pricht man nicht aus. Das habe ich vor zwei Jahren, als
ie in den Bundestag gekommen ist, gelernt.


(Beifall bei der LINKEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Stunde Türkisch für alle!)


Wir haben doch heute eine Fortbildungsveranstaltung;
nsofern können wir das auch noch lernen.

Kollegin Dağdelen, gerne beantworte ich eine Frage,
ie Sie stellen wollen.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614605900

Lieber Kollege Bürsch, erstens möchte ich mich herz-

ich dafür bedanken, dass Sie hier festgestellt haben, wie
ein Nachname ausgesprochen wird.

Zweitens. Sie haben, wie Ihr Kollege Andres, darüber
esprochen, dass die SPD nicht erst mit der Regierungs-
bernahme von Rot-Grün, sondern schon vor Jahrzehn-
en angefangen hat, eine migrantenfreundliche Politik zu
etreiben und dass man jetzt gemeinsam vorgeht. Auch
iese von den Grünen angeregte Debatte hat für mich ein
isschen den Beigeschmack von Wahlkampf. Korrigie-
en Sie mich, wenn es nicht so ist! Sie meinen, eine mi-
rantenfreundliche Politik betrieben zu haben. Können
ie mir dann darin zustimmen – das sind relativ
ffenkundige Fakten –, dass mit Inkrafttreten des Staats-
ngehörigkeitsgesetzes zum 1. Januar 2000 die Einbür-
erungszahlen radikal gesunken sind, weil Vorausset-
ungen aufgenommen worden sind, die es vorher nicht
ab, zum Beispiel die Sicherung des eigenen Lebensun-
erhalts, und zwar in Zeiten von struktureller Massenar-
eitslosigkeit, von der Migrantinnen und Migranten am
eisten betroffen sind?

Erinnere ich mich richtig, dass die SPD im Sommer
etzten Jahres ein Gesetz zur Umsetzung von elf EU-
ichtlinien mit beschlossen hat, das letztlich dazu ge-

ührt hat, dass bei der Erteilung der Visa für den Ehegat-
ennachzug vom dritten auf das vierte Quartal 2007 eine
eduzierung um 40 Prozent, im Falle der Türkei um
7,5 Prozent festzustellen ist,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja klar! Weil die Frauen nicht mehr von Zwangsheirat be Sevim DaðdelenSevim Dağdelen troffen sind! Wir schützen die Frauen! Das ist der Hintergrund!)





(A) )


(B) )


sodass Menschen erst gar nicht hierherkommen können,
um sich in dieser Gesellschaft irgendwie zu integrieren?
Hat die SPD das nicht mit beschlossen? Wie kann das
mit Ihrer Aussage, dass Sie in den letzten Jahren und
Jahrzehnten eine so migrantenfreundliche Politik betrie-
ben haben, in Einklang gebracht werden?


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1614606000

Ich freue mich darüber, dass Sie schon in Ihrer Rede

vorhin, aber auch jetzt in Ihrer Zwischenfrage so viele
Zahlen und Fakten vorgetragen haben.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Gute Abgeordnete!)


Ich antworte Ihnen Folgendes:

Ihre Fragen verlangen aus meiner Sicht eine differen-
zierte Debatte über das Staatsangehörigkeitsrecht, was
eine Debatte über die Frage einschließt, die der Kollege
schon angesprochen hat: Was machen wir mit dem Op-
tionsmodell, das ganz offensichtlich – dabei geht es um
die Größenordnung von mehreren Hunderttausend Men-
schen – nicht unbedingt funktioniert – so will ich einmal
vorsichtig formulieren –, das uns in eine schwierige
Lage bringen wird?


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Stimmen Sie unserem Antrag zu!)


Wir sollten wirklich sehr seriös gemeinsam versuchen,
dieses Problem zu lösen. Ihre Frage erfordert, wie ge-
sagt, eine differenziertere Antwort als die, die ich jetzt
hier geben kann.

Meine Position ist die: Die Reform des Staatsangehö-
rigkeitsrechts – sie war dringend nötig –, mit der wir das
alte Recht von 1913, das an die Abstammung ange-
knüpft hat, ersetzt haben – nun wird an den Geburtsort
angeknüpft –, ist ein gewaltiger Fortschritt


(Gerd Andres [SPD]: Ein Meilenstein!)


und hat die Türen wirklich geöffnet. Die Ursachen für
das, was Sie benennen, sind differenzierter und liegen an
anderen Stellen. Dem gehe ich gerne nach. Das können
wir auch im Innenausschuss zum Thema machen. Das
entzieht sich wirklich einer einfachen Antwort. Neues
Staatsangehörigkeitsrecht, neues Paradigma, nämlich
Anknüpfung an den Geburtsort, ist nicht in eine einfache
Gleichung mit Einbürgerungszahlen zu bringen. Darauf
gehe ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen, die zu
dem Thema auch sachkundig sind, gern noch einmal ein.

Ich wollte die Gelegenheit heute nutzen, nicht nur zu
sagen: „Lassen Sie uns in einem Jahr im Parlament – es
geht nicht darum, dass die Regierungsseite schöne Hoch-
glanzbroschüren verbreitet – prüfen, was dabei herausge-
kommen ist!“, sondern auch fünf Punkte einer „Sozialde-
mokratischen Agenda Integration“ vorzutragen. Die
Große Koalition ist gut, hat uns auch weitergebracht, aber

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(C (D s gibt da noch immer eine große Volkspartei SPD, die hre eigenen Vorstellungen hat. Punkt eins: Sprache. Sie ist – das wurde heute schon ft erwähnt – der Schlüssel zu einer erfolgreichen Interation. (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist aber nicht spezifisch sozialdemokratisch!)


as werden wir verfolgen. Der Spracherwerb muss kon-
equent auf jeder Altersstufe gefördert werden: durch
rühkindliche Sprachförderung in den Kindertagesstät-
en,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist auch nichts spezifisch Sozialdemokratisches!)


usbau der Förderangebote in allen Schularten, Nutzung
es Ganztagsschulprogramms für spezielle Sprach- und
ildungsangebote für Kinder und Jugendliche,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Auch nicht spezifisch sozialdemokratisch!)


usweitung und Verbesserung im Bereich der Erwach-
enenbildung und Elternarbeit.

Insbesondere gilt es, die frühkindliche Sprachförde-
ung durch den Einsatz von zweisprachigen Erziehern
it Migrationshintergrund,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Auch nicht spezifisch sozialdemokratisch!)


ntsprechenden Broschüren und Fortbildung zu stärken.
usätzlich sollte die Feststellung des Sprachstandes

rühzeitig, das heißt vor Schulbeginn, einsetzen und mit
ezielten Förderangeboten verknüpft werden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Da war Bayern federführend, Herr Bürsch!)


Bayern ist federführend. Wir schauen uns das gern an.
chleswig-Holstein hat auch etwas zu bieten. Die große
ielfalt in den 16 Ländern ist da gefragt.

Zweites Thema – das wurde auch schon erwähnt –:
ildung/Ausbildung. Menschen mit Migrationshinter-
rund – mir kam bei der Debatte übrigens der Gedanke,
ollege Körper, ob man nicht vielleicht „Integrations-
intergrund“ sagen sollte, weil das Wort „Migrationshin-
ergrund“ offenbar manche Missverständnisse auslöst –
aben in Deutschland unbestritten nach wie vor schlech-
ere Berufschancen. Gerade Jugendliche müssen beim
bergang zur beruflichen Bildung verstärkt durch spezi-

ische Ausbildungsplatz- oder Berufsvorbereitungspro-
ramme gefördert werden. Frau Dağdelen, hier sind
icht nur Staat und Politik gefordert; hier ist auch die
irtschaft gefordert, durch zusätzliche Praktika und zu-

ätzliche Ausbildungsplätze den Zugang zu erleichtern.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Auch nicht spezifisch sozialdemokratisch!)


Die Bundesregierung macht hier durchaus einen wich-
igen Schritt, indem sie im Rahmen ihrer Qualifizierungs-
nitiative – übrigens auf Betreiben der SPD – einen Aus-
ildungsbonus für Betriebe einführt, die zusätzliche






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch
Ausbildungsplätze schaffen und diese mit besonders för-
derbedürftigen Altbewerbern besetzen.

Drittes Stichwort: Teilhabe. Das ist von den Kolle-
ginnen und Kollegen angesprochen worden. Ich setze
mich mit der SPD für ein kommunales Wahlrecht für
Ausländer ein. Ich weiß, dass das durchaus umstritten
ist. Es gibt gerade eine Stellungnahme des Landkreista-
ges, in der das kritisch beleuchtet wird. Aber immerhin
wird – wenn ich den Landkreistag zitieren darf – darin
ausgeführt:

Wenn es stimmt, dass Beteiligungsrechte eine wich-
tige Voraussetzung für die Integration der Ausländer
in Deutschland sind, dann gilt es, dort anzusetzen,
wo es um Entscheidungen geht, die sich unmittelbar
auf die Lebenssituation der Ausländerinnen und
Ausländer auswirken.

Das ist völlig richtig, Landkreistag. An der Stelle sehe
ich auch Handlungsbedarf. Er besteht nicht nur beim
Wahlrecht, sondern auch im Hinblick darauf, in vielfälti-
ger Form Beteiligungsmöglichkeiten auf kommunaler
Ebene zu schaffen.

Viertes Stichwort: Bürgergesellschaft. Netzwerke
für bürgerschaftliches Engagement sollten sich stärker
als bisher für Migrantinnen und Migranten öffnen. Ich
nenne das Beispiel Feuerwehr. Es gibt 1,2 Millionen
Feuerwehrleute. Die Feuerwehr hat vor zehn Jahren eine
Kampagne zur Integration von Frauen in die Feuerwehr
gestartet.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Was ist daran spezifisch sozialdemokratisch?)


Wir haben mit dem Feuerwehrverband gesprochen. Jetzt
gibt es eine Kampagne, deren Ziel es ist, dass auch Men-
schen, die keinen deutschen Pass haben, in diese große
Organisation Feuerwehr hineinkommen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aber das ist doch nicht spezifisch sozialdemokratisch!)


Das ist auch für die Feuerwehr durchaus hilfreich; denn
dort gibt es durchaus Nachwuchsprobleme. Es ist aber
auch ein enormes Integrationsprogramm, um in all den
Organisationen – Bürgerinitiativen auf lokaler Ebene,
Katastrophenschutz, Feuerwehr, Sport – die Möglichkei-
ten zu Teilhabe und Mitgestaltung zu verbessern.

Letztes Stichwort: Kultur. Es geht nicht um die Alter-
native: entweder Assimilation – was Erdogan vorgetra-
gen hat – oder Parallelgesellschaft. Ich meine, es gibt
einen dritten Weg, nämlich dass zwei Kulturen zusam-
menkommen und etwas besseres, etwas attraktiveres
Drittes schaffen. Im Rahmen des Integrationsprozesses
in Deutschland bilden sich neue Kulturen heraus, nicht
nur durch die Zunahme der Zahl binationaler Familien,
sondern durch die wachsende Zahl von Jugendlichen der
zweiten und dritten Generation. Der Bereich Interkultur,
Migrantenkultur muss auf Gebieten wie Künstlerförde-
rung, Bildung, Erziehung und Medienpolitik stärker als
bisher berücksichtigt werden.

Ich schließe mit einem Hinweis auf das, was uns alle
hier immer bewegt: Politik ist ein ständiges Ringen um

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(C (D en richtigen Weg und ist voller Unvollkommenheiten. – as gilt natürlich auch für diese Bundesregierung und lle Fraktionen hier im Haus. Trost finden wir in der Erenntnis von Abraham Lincoln: Staatsmännische Kunst ist der weise Einsatz individueller Unzulänglichkeit für das Gemeinwohl. In diesem Sinne: frohen Freitag! Das Wort hat nun Hartfrid Wolff, FPD-Fraktion. Hartfrid Wolff Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist chon nett, feststellen zu können, dass die Einbringung ieses Antrages innerhalb der SPD einen Diskussionsrozess darüber ausgelöst hat, welche Bilder man beirkt und welche nicht. Es ist übrigens sehr schön, dass an sich jetzt über die Erfolge der Integrationspolitik treitet und dass Integrationspolitik dadurch überhaupt rst eine solche Bedeutung erhält. Es gibt aber Punkte in em Antrag der Grünen, die sehr unterstützenswert sind. aher möchte ich jetzt konkret auf den Antrag eingehen. Die große Bedeutung der frühkindlichen Bildung ür den Erfolg von Integration, die Verbesserung der prachund Integrationskurse und ihre Öffnung geade auch für die nachholende Integration sind Gebiete, uf denen FDP und Grüne weitgehend übereinstimmen. Etwas differenzierter sieht die Sache allerdings bei nderen im vorliegenden Antrag angesprochenen Theen aus, nämlich beim Aufenthaltsrecht und der Einürgerung und überhaupt bei den integrationspolitichen Grundanforderungen an Migranten. Die Grünen ehaupten in ihrem Antrag, Forderungen nach Erlernen er deutschen Sprache, nach Anerkennung der Rechtsrdnung, nach Vermittlung unserer Geschichte und kulurellen Traditionen seien selbstverständlich. Ich glaube, ier in diesem Hause können wir dem uneingeschränkt ustimmen. Aber gilt das auch für die Zugewanderten und ihre achkommen hier in Deutschland? Ist für sie das Beerrschen der deutschen Sprache wirklich selbstvertändlich? lauben die Grünen, dass die Migranten selbstverständich unsere Rechtsund Werteordnung achten, (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut ja nicht einmal Herr Zumwinkel! Da kann man nichts voraussetzen!)


(Beifall bei der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614606100

(Beifall bei der FDP)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


der haben nicht auch sie Fragen, etwa bezüglich der
leichberechtigung der Frau? Herr Beck, da brauchen
ie gar nicht dazwischenzurufen.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Kristina Köhler [Wiesbaden] [CDU/CSU])







(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Wie lange werden diese Forderungen eigentlich in
dieser Klarheit in der deutschen Politik schon erhoben?
Erst der Neuansatz mit dem Zuwanderungsgesetz, bei
dem auch die FDP sich sehr positiv eingebracht hat, hat
es Deutschland ermöglicht, sich als Einwanderungsland
zu verstehen und entsprechende Anforderungen an Mi-
granten zu formulieren. Das ist noch kein Jahrzehnt her.

Insofern scheint es mir nicht nur berechtigt, sondern
auch notwendig, die Erwartungen und Perspektiven sei-
tens der Mehrheitsgesellschaft an die Zuwanderer be-
ständig zu wiederholen: Das Beherrschen der deutschen
Sprache, die uneingeschränkte Akzeptanz unserer
Rechtsordnung und der ihr zugrunde liegenden Wertvor-
stellungen sowie die Auseinandersetzung mit der deut-
schen Geschichte und Kultur sind Voraussetzungen da-
für, hierzulande als Inländer angesehen zu werden.

Diese Akzeptanz, dieses Dazugehören wird nicht
durch staatliche Gesetze und Akte bewirkt, sondern im
alltäglichen Umgang der Menschen miteinander.


(Beifall bei der FDP)


Wer meint, diese Erwartungen nicht mehr darstellen zu
müssen, trägt deshalb leider zum Misserfolg von Inte-
grationsbemühungen bei.

Das hat die Nichtintegration der Generationen von
Zuwanderern bewiesen, die nur als Gastarbeiter gedacht
waren: Deutschland hat seine Ansprüche an Zuwanderer
zu lange Zeit zu wenig artikuliert; das gilt beidseitig.

Dass jetzt offener über Integrationsanforderungen ge-
sprochen wird, schafft eine Perspektive für bessere Inte-
gration, und das ist Verdienst aller hier im Haus vertrete-
nen Parteien.

Die Forderung nach Gleichstellung des Islam wird
von der FDP grundsätzlich unterstützt. Anders als die
Grünen meinen wir jedoch, dass es notwendig ist, sich
über die Grundbedingungen dafür zu verständigen. Hier
bleibt der Grünen-Antrag leider sehr vage.


(Beifall bei der FDP)


Eine rechtliche Gleichstellung zu den Kirchen erfor-
dert, dass der Islam unzweifelhaft die Grundwerte unse-
rer Gesellschaft ohne Vorbehalte akzeptiert und mitträgt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dazu gehören die unbedingte Gewaltfreiheit und auch
die Anerkennung der Trennung von Religion und Staat.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Eine stabile, transparente und beständige Organisations-
form des Islam, die in der Lage ist, diese Grundlagen
auch von den örtlichen Einzelgemeinden einzufordern,
ist unerlässlich. Schließlich darf auch nicht andeutungs-
weise der Anschein erweckt werden, Religion diene als
Vehikel, um Abschottungstendenzen bestimmter Mi-
grantengruppen zu verstärken und Integration zu verhin-
dern.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Es ist noch sehr viel zu tun. Wer das bei der Forde-
rung nach Gleichstellung übersieht, übersieht berech-

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(C (D igte Ansprüche der Mehrheitsgesellschaft und betreibt eider manchmal deren Spaltung. Forderungen an Mocheevereine nach Öffnung nach außen, was jetzt vielach durchaus passiert, nach Kommunikation von Zielen nd Veranstaltungen in deutscher Sprache, nach Achung der rechtlichen Vorschriften, nach in Deutschland usgebildeten Imamen oder nach Transparenz bei Wilensbildung wie Finanzierung sind keine Schikane, sonern notwendiger Anspruch einer Gesellschaft, die zu echt ein hohes Maß an Religionsfreiheit gewährt. Die pauschale Forderung nach Vereinfachung der inbürgerung kann missverstanden werden. Wir sollten ie Einbürgerung nicht entwerten, indem wir unsere Erartungen an Zuwanderer auf ein Maß reduzieren, das iesen Menschen nichts zutraut. Letztendlich ist festzutellen, dass die Staatsangehörigkeit erst am Ende eines ntegrationsprozesses stehen kann. (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: So ein Schwachsinn!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich meine, wir sollten die Zuwanderer als freie und
luge Köpfe achten, die große Anstrengungen unterneh-
en, sich in unserer Gesellschaft einzubringen. Sie ha-

en unsere Gesellschaft in vielerlei Hinsicht bereichert:
irtschaftlich, kulturell und menschlich, als Arbeiter
nd Angestellte, als Unternehmer und Freiberufler, als
achbarn und Freunde. Sie haben – das sage ich ganz
ewusst – unsere Achtung verdient.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614606200

Das Wort hat nun Kollege Reinhard Grindel, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1614606300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

udwigshafen hat uns in bedrückender Weise gezeigt,
ass wir bei der Integration, beim Miteinander statt vor-
rteilsbehaftetem Gegeneinander noch nicht so weit
ind, wie wir das gehofft haben.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Leider!)


ch hoffe, Herr Beck und Herr Winkler, dass die Men-
chen, die uns zuschauen, jetzt nicht Schuldzuweisungen
ersönlicher Art erwarten, wie Sie sie hier betrieben ha-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Aber ich glaube, die Menschen erwarten auch nicht
in solches Beispiel von Selbstgerechtigkeit, wie das die
ollegen Bürsch und Andres hier eben vorgeführt ha-
en. Ich glaube, dass die Menschen ein Gespür dafür ha-
en, dass wir in der Integration noch nicht so weit sind






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
und dass wir uns nicht in dieser selbstgerechten Art und
Weise gegenseitig Erfolgsgeschichten vorhalten können.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Die historische Wahrheit ist nicht selbstgerecht, Herr Kollege! Das ist ein bisschen blödsinnig!)


– Lieber Kollege Bürsch, ich sagen Ihnen, was die Wahr-
heit ist.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wir haben ein neues Staatsangehörigkeitsrecht!)


Die Wahrheit ist, dass es noch nie so viele Jugendliche
ausländischer Nationalität oder mit Migrationshinter-
grund gab, die ohne Abschluss die Schule verlassen ha-
ben, wie am Ende der Regierungszeit von Rot-Grün.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das hat mit dem Staatsangehörigkeitsrecht enorm viel zu tun!)


Es gab noch nie so viele,


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Äpfel und Birnen, Herr Kollege! die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist unter Niveau!)


Es gab noch nie so wenige, die sozialversicherungs-
pflichtig beschäftigt waren, und so viele, die Hartz IV
hatten. Es gibt immer noch Familien, für die Deutsch
keine Rolle spielt, obwohl sie schon seit 20 Jahren bei
uns leben. Da kann man doch nicht von Erfolgsgeschich-
ten sprechen. Da muss man doch anfangen, den Nationa-
len Integrationsplan Stück für Stück umzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614606400

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Reichenbach?


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1614606500

Ja, selbstverständlich.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614606600

Bitte schön.


Gerold Reichenbach (SPD):
Rede ID: ID1614606700

Herr Kollege Grindel, da Sie schon bei der Wahrheit

sind, würden Sie auch zugestehen, dass die Verantwor-
tung für das, was Sie zu Recht kritisiert haben, nämlich
die mangelnden Bildungserfolge von Migrantenkindern,
bei den Ländern liegt, deren Kultusminister mehrheitlich
von der Union gestellt werden?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1614606800

Herr Reichenbach, es sollte in der Tat zum neuen Stil

der Integrationspolitik gehören – er drückt sich bei-
spielsweise im Nationalen Integrationsplan aus –, dass
alle staatlichen Ebenen zugeben, dass wir auf dem Ge-

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(C (D iet der Integration nicht die Fortschritte gemacht haben, ie man hätte machen müssen. Es gibt sicherlich auch efizite in der Zeit der unionsgeführten Bundesregie ung. Viele von uns haben vielleicht gedacht, es würden ehr in ihre Heimat zurückkehren, und haben deswegen alsche Weichenstellungen vorgenommen. In den Länern – auch in den unionsgeführten Ländern – hätte man n den letzten 10 bis 20 Jahren bei der frühkindlichen örderung und bei der Unterstützung ausländischer Kiner in den Schulen mehr machen können. Ich sage in aller Deutlichkeit: Der Nationale Integraionsplan ist doch gerade das Fundament für eine neue ynamik in der Integrationspolitik. Da brauchen wir uns och nicht gegenseitig Erfolgsgeschichten vorzuhalten. ir alle haben unsere Defizite. Deswegen müssen wir lle gemeinsam darangehen, diese aufzuarbeiten. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist aber nicht selbstgerecht!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614606900

Herr Kollege Grindel, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Koppelin?


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1614607000

Ja, selbstverständlich.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1614607100

Kollege Grindel, da ich diesen Disput mit Interesse

erfolgt habe, darf ich Sie zu der Haltung Ihres Koali-
ionspartners in Schleswig-Holstein fragen: Wie bewer-
en Sie die Tatsache, dass die Kultusministerin Erdsiek-
ave vor etwas mehr als einer Woche türkische Schulen

n Deutschland gefordert hat?


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1614607200

Herr Kollege Koppelin, ich kenne dieses Zitat von

rau Erdsiek-Rave nicht. Aber ich sage in aller Deutlich-
eit, dass ich das nicht für richtig halte. Denn wir brau-
hen bei der Integration gerade das Miteinander von
eutschen und ausländischen Kindern und nicht ein Ne-
eneinander, das sich in einer Trennung ausdrückt. Wir
rauchen die frühkindliche Förderung. Auch die Forde-
ung, Türkisch als zweite Fremdsprache in den Schulen
inzuführen, ist in Ordnung. Aber wir brauchen ein ge-
einsames Fundament in der Integration. Das heißt, wir

rauchen eine gemeinsame Sprache, gemeinsame Werte
nd die Verständigung darauf, dass unsere Gesetze und
erfassungsprinzipien gelten. Darauf kommt es an. Da-
er ist die Forderung von Frau Erdsiek-Rave nicht ziel-
ührend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Lieber Kollege Beck, ich verstehe deswegen über-
aupt nicht, dass Sie hier kritisieren, dass der Bund nur
in Viertel der Selbstverpflichtungen im Nationalen Inte-
rationsplan übernommen hat. Integration kann man
och nicht zentralistisch nur mit Aufenthaltsrecht und
taatsbürgerschaftsrecht gestalten. Integration findet vor
rt, also eher in den Ländern und in den Kommunen,






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
statt. Zur Integration gehören engagierte Kindergärtne-
rinnen, Lehrer und Ausländerbehörden, die sich auch als
Integrationsbehörden verstehen.

Wir brauchen Arbeitsvermittler, die den Migranten
helfen. Wir brauchen den Migrationslotsen und den en-
gagierten Außendienstler vom Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge. Wir brauchen in den Sportvereinen
Übungsleiter mit Migrationshintergrund


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)


und Arbeitgeber, die gerade den Migranten eine neue
Chance geben. Wir brauchen zum Beispiel auch die Mit-
wirkung von türkischen Tageszeitungen, die mehr Seiten
in Deutsch drucken könnten. All das gehört zusammen.
Integration ist nicht zentralistisch zu machen, sondern ist
nur möglich, wenn alle staatlichen Ebenen beteiligt sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir brauchen das Engagement der Kommunen, der
Länder und der Zivilgesellschaft. Lieber Kollege Beck
und lieber Kollege Winkler, ich finde, Sie sollten Ihre
persönlichen Angriffe gegenüber Maria Böhmer viel-
leicht noch einmal überprüfen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf keinen Fall! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Arme Maria Böhmer!)


Zur Integrationspolitik gehört auch, dass man richtige
Symbole und ein Stück Emotionalität aussendet, um
Menschen zu zeigen, dass sie willkommen sind.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sollten Sie das mal machen!)


Ich habe sehr aufmerksam verfolgt, was Maria Böhmer
nach dieser schrecklichen Brandkatastrophe in Ludwigs-
hafen – das ist ja ihr Wahlkreis – getan hat. Ich kann nur
sagen: In dieser emotionalisierten, aufgeheizten Stim-
mung hat Maria Böhmer die richtigen Worte und die
richtigen Gesten gefunden, gerade bei ihrem beeindru-
ckenden Besuch der betroffenen Familie und der Trau-
ernden in dem Café schräg gegenüber von dem Haus in
Ludwigshafen, in dem diese Katastrophe geschehen ist.
Dafür hat unsere Integrationsministerin Dank und Aner-
kennung verdient.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür ja! – Gegenruf des Abg. Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Dann können Sie auch mal klatschen!)


Zur Frage des Familiennachzugs. Man mag das – ich
will das vermittelnd ausdrücken – unterschiedlich be-
werten. Da die Grünen in ihrem Antrag flächendeckende
Beratungsstrukturen und niedrigschwellige Schutzpro-
gramme fordern, um Mädchen und Frauen zu helfen und
Zwangsehen zu verhindern, kann ich nur die Frage stel-
len: Wie sollen diese Frauen und Mädchen mit Migra-
tionshintergrund denn diese Angebote wahrnehmen,
wenn sie noch nicht einmal der deutschen Sprache
mächtig sind?


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(C (D (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen doch in die Integrationskurse! Dafür sind auch wir!)


Das ist ein ganz toller Zuruf, Kollege Winkler: „Sie
üssen doch in die Integrationskurse!“ Wir wissen aus

er Evaluation der Integrationskurse, dass sie nicht
ommen. Sie sagen doch immer, man dürfe keinen
ruck ausüben, damit diese Menschen an Integrations-
ursen teilnehmen. Wir können die Familien und die
wangsverheirateten Frauen doch nicht mit der Polizei
azu bewegen, in die Integrationskurse zu kommen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen sie ja abschieben!)


Deshalb sehen wir das zu einem Zeitpunkt vor, an
em wir noch Einfluss nehmen können, nämlich zu ei-
em Zeitpunkt, bevor sie nach Deutschland kommen.
amit stärken wir diese Frauen. Es ist wirklich bedauer-

ich, dass eine Partei wie die Grünen, die sehr auf die
manzipation der Frauen setzt, die Möglichkeit, ein
tück weit mehr Selbstbestimmung zu haben, beschnei-
en will. Dafür habe ich kein Verständnis, lieber Kollege
inkler.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614607300

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Beck?


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1614607400

Ja.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1614607500

Ich halte es für sehr mustergültig, wenn man auf Inte-

rationskurse auch für die Frauen so sehr Wert legt. Ich
enne aus meinem Wahlkreis ein wunderbares Projekt
on muslimischen Frauen für muslimische Frauen, bei
em ein Teil der Frauen mit Kopftuch unterrichtet und
in Teil mit Kopftuch lernt, andere ohne. Das ist so viel-
ältig, wie die Welt eben ist.

Das große Problem dabei ist, dass die Integrations-
urse, die wir gegenwärtig anbieten, das heißt die Zahl
er Stunden, die wir bezahlen, nicht ausreichen, um die-
en häufig bildungsfernen Frauen, die zum Teil schon
eit Jahrzehnten hier in Deutschland sind und Deutsch
ernen wollen, weil sie sehen, dass sie nur dadurch eine
hance in dieser Gesellschaft haben, gerecht zu werden.
enn Sie es so ernst meinen: Wann tun Sie endlich et-
as dafür, dass auch bildungsfernen Menschen über die

etzige Kursstundenzahl hinaus Kursangebote gemacht
nd diese auch finanziert werden? Dabei ist auch wich-
ig, dass es nicht vom Geldbeutel und Willen des Ehe-

annes abhängt, ob eine Frau am Ende wirklich richtig
eutsch sprechen kann, wenn sie es lernen will. Ich

inde, wir sollten beginnen, intensiv mit denjenigen zu-
ammenzuarbeiten, die das wollen. Wir sollten sie ermu-
igen, sie bestärken, ihre Vorbildfunktion in der Migran-
en-Community herausstellen und sie belohnen, statt
hnen das Leben mit restriktiven Regelungen weiter
chwer zu machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1614607600

Herr Kollege Beck, Sie sind nicht auf der Höhe der

Zeit. Seit 1. Januar 2008 – Maria Böhmer hat es vorhin
erwähnt – gibt es eine neue Integrationskursverordnung.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch bekannt! Das reicht nicht aus!)


Für bildungsferne Muslima, möglicherweise also Mus-
lima, die alphabetisiert werden müssen, haben wir die
Zahl der Stunden der Alphabetisierungskurse von 100
auf 300 erhöht.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Wir haben die Zahl der Stunden der Integrationskurse
von 600 auf 900 Stunden erhöht und in besonderen Aus-
nahmefällen – dies betrifft den Personenkreis, den Sie
gerade angesprochen haben – eine weitere Erhöhung der
Zahl der Kursstunden möglich gemacht.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir ja beantragt gehabt! Das haben wir schon zwei, drei Jahre vorher beantragt! Sie haben es abgelehnt!)


Das heißt, anstatt 600 plus 100 Stunden für Alphabeti-
sierungskurse, also 700 Stunden, haben diese Frauen
jetzt die Möglichkeit, 1 500 Stunden wahrzunehmen. Ich
halte das für einen erheblichen Fortschritt, den Sie, als
Sie Ihre Frage gestellt haben, entweder nicht kannten
oder bezüglich dessen Sie auf die Unwissenheit der Zu-
schauer gesetzt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist nicht in Ordnung, Herr Beck. Wir haben sehr viel
gemacht.


(Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] nimmt wieder Platz)


– Wenn Sie bitte stehen bleiben würden, Herr Beck,
dann bekommen Sie darauf eine weitere Antwort.

Bei den Kursen für Muslima geht es nicht so sehr um
das Geld. Die Kurse werden bezahlt, wenn die Familien
dazu nicht in der Lage sind. Ein ganz zentrales Problem
ist, dass diese Frauen Kinder zu Hause haben, die betreut
werden müssen. Rot-Grün hat keine Frauenkurse mit
Kinderbetreuung vorgesehen, die gesondert finanziert
werden.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Wir haben gesagt, dass Kinderbetreuung dabei sein muss! Das stimmt nicht!)


Wir haben zum 1. Januar 2008 die Grundlage dafür
geschaffen, dass während der Integrationskurse eine
ordentliche Kinderbetreuung stattfinden kann, nach dem
Motto: Unten gibt es Integration im Kindergarten, und
oben lernt Mama Deutsch. Das ist der richtige Weg; ihn
beschreiten wir mit unserer Integrationspolitik. Es wäre
schön, wenn Sie diese Fakten zur Kenntnis nehmen wür-
den, Herr Kollege Beck.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Herr Präsident, es ist ein bisschen unfair, dass Sie die hr schon weiterlaufen lassen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Präsidium wird nicht kritisiert während der Sitzung!)


estatten Sie mir bitte einen kurzen Schlussgedanken. –
ch meine, dass wir aufpassen müssen, in welcher Weise
ir solche Diskussionen führen, die öffentlich, unter Be-

eiligung von Fernsehzuschauern, stattfinden.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das gilt für alle Beteiligten, Herr Kollege!)


Selbstverständlich. Aber ich habe doch, wie ich finde,
anz sachlich mitdiskutiert. Ich habe niemanden persön-
ich angegriffen und versucht, anhand von Fakten deut-
ich zu machen, welche Herausforderungen wir zu beste-
en haben.

Noch vor 14 Tagen stand das Thema Integration in al-
en Medien sehr hoch. Ich bin nicht sicher, wie viele
roße Artikel morgen über diese Debatte erscheinen
erden. Mein Eindruck ist: 14 Tage nach der Brandkata-

trophe in Ludwigshafen gibt es wieder andere Themen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Mensch hat über Ludwigshafen gesprochen, außer Ihnen!)


eute ist es Liechtenstein und übermorgen die Wahl in
amburg. Integrationspolitik erfordert einen langen
tem und kein Themenhopping. Ich bin zutiefst davon
berzeugt, dass die Frage, ob die Integration gelingt oder
icht, eine der Schicksalsfragen unseres Landes ist.
ementsprechend kann es natürlich ein Wahlkampf-

hema sein;


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja das Problem!)


s darf aber nicht nur in Wahlkämpfen ein Thema sein.

Wir haben mit dem Nationalen Integrationsplan eine
ute Grundlage geschaffen. Jetzt müssen wir aber dafür
orgen, dass dieser Plan durch unsere politische Alltags-
rbeit umgesetzt wird. Das liegt im Interesse unserer
itbürger, ob sie Migranten sind oder Einheimische.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614607700

Nun hat Kollegin Lale Akgün für die SPD-Fraktion

as Wort.


(Ute Kumpf [SPD]: Eine Kurzintervention war angemeldet!)



Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1614607800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

ede von Ministerpräsident Erdogan hat hohe Wellen
eschlagen. Ich war am vorletzten Sonntag in der Köln-
rena und habe ihm gelauscht. Aus eigener Anschauung
ann ich Ihnen sagen: Er hat die Menschen mit seiner
ede für sich eingenommen, indem er ihnen sinngemäß






(A) )



(B) )


Dr. Lale Akgün
zurief: Wir nehmen uns eurer Sorgen und Probleme an,
wir sind immer für euch da, und wir sind glücklich,
wenn ihr glücklich seid.

Bei den meisten seiner türkischstämmigen Zuhörer
hat er damit ins Schwarze getroffen. Er hat die Seelen
derer massiert, die sich hierzulande offensichtlich nicht
heimisch fühlen. Der Berater des türkischen Minister-
präsidenten, Herr Zapsu, hat noch eins draufgelegt und
erklärt, mit der Rede in Köln habe Erdogan der Integra-
tion in Deutschland einen größeren Dienst erwiesen als
alle deutschen Politiker zusammen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diesen Schuh müs-
sen wir uns nun wirklich nicht anziehen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Die deutsche Politik und die deutsche Gesellschaft ha-
ben in den vergangenen Jahrzehnten viel für die Integra-
tion der Zugewanderten getan.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man von der Union einmal absieht!)


Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Der Kardinal-
fehler allerdings lag darin, dass Teile unserer Gesell-
schaft noch bis ins Jahr 2000 behauptet haben, Deutsch-
land sei kein Einwanderungsland. Ich möchte an dieser
Stelle daran erinnern, dass Johannes Rau viel Prügel ein-
stecken musste, als er 1999 in seiner Antrittsrede sagte:

Ich will der Bundespräsident aller Deutschen sein
und der Ansprechpartner aller Menschen, die ohne
einen deutschen Pass bei uns leben und arbeiten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Viele, gerade in der Politik, haben den visionären Cha-
rakter seiner Aussagen damals sträflich verkannt. Für die
Zugewanderten war er „ihr Bundespräsident“.

Nun, die Welt hat sich weitergedreht: Wir haben das
Staatsbürgerschaftsrecht reformiert, wir haben das Jus
Soli eingeführt und mit dem Zuwanderungsgesetz im
Jahr 2005 einen Paradigmenwechsel eingeläutet. Seit-
dem ist allen klar, auch wenn ich manche mit den Zäh-
nen knirschen höre: Wir sind ein Einwanderungsland.

Dass Integration an vielen Stellen gelungen ist, zeigt
übrigens auch eine Umfrage von Forsa für den Stern.
Deutsche und Türken stimmen in vielen Punkten über-
ein. Eine große Mehrheit lehnt zum Beispiel eine Paral-
lelgesellschaft ab. Auch beim demokratischen Rechts-
staat sind sich Deutsche und Türken mehrheitlich einig.
Die Umfrage zeigt zudem: 76 Prozent der befragten
Deutschen und 81 Prozent der befragten Türken finden
es wichtig und richtig, dass sich die Türken als Teil
Deutschlands fühlen sollen.

Hier sind wir beim Knackpunkt: Genau das ist die
Leerstelle der Integration, auf die Erdogan eingegangen
ist. Diesen Schuh müssen wir uns doch anziehen. Warum
fühlen sich die Zugewanderten so fremd, dass sie
Erdogan als – ich sage das in Anführungsstrichen – ih-
rem Regierungschef zujubeln? Diese Frage hat für mich

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(C (D ine Schlüsselbedeutung. Deshalb finde ich es richtig, ass wir hier heute über Integrationspolitik diskutieren nd uns im Deutschen Bundestag durchaus selbstkritisch ragen, wohin die Reise eigentlich geht. Auch im Antrag der Grünen-Fraktion sind viele wichige Forderungen enthalten: von der Sprachförderung im indergarten über Antidiskriminierungspolitik bis zur echtlichen Gleichstellung des Islam. Aber – jetzt omme ich zum großen Aber, das ich ausdrücklich an lle Fraktionen dieses Hauses und an die Bundesregieung richte – Integrationsgipfel, Nationaler Integrationslan und Islamkonferenz – das alles sind integrationsolitische Damen ohne Unterbleib und schlichtweg berflüssig, wenn wir es nicht schaffen, allen Menschen n diesem Land das Gefühl von Zugehörigkeit zu vermiteln. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen das große Ganze in den Blick nehmen,
tatt uns immer wieder in Detailfragen zu verstricken.

ie bekommen wir es hin, dass sich jeder Mensch, der
ier dauerhaft lebt und arbeitet, der Gesellschaft zugehö-
ig fühlt? Die Antwort ist einprägsam: Wir benötigen ein

ir-Gefühl, das Einheimische und Zugewanderte glei-
hermaßen einschließt. Dieses Wir-Gefühl werden wir
ur bekommen, wenn wir aufhören, ständig das Fremde
u betonen: die vermeintlich andere Kultur, Sprache und
eligion. Das alles bringt uns nicht weiter. Es vertieft
ie ethnischen Gäben, statt sie zuzuschütten.

Wir müssen umkehren und zum Teil genau das Ge-
enteil dessen versuchen, was wir bisher gemacht haben.
tatt immer nur nach den Unterschieden zu fragen, soll-

en wir das Gemeinsame betonen und deutlich machen,
as die Menschen in diesem Land eint, egal ob sie in der
ürkei, in Vietnam oder in Russland geboren sind, ob sie
atholiken, Sunniten, Aleviten oder Atheisten sind, ob

ie zu Hause Deutsch, Arabisch oder Kroatisch spre-
hen. Darauf gibt es für mich nur eine Antwort: Wir
rauchen einen tragfähigen und lebendigen Verfas-
ungspatriotismus. Er ist die Grundlage für das Wir-
efühl und der Kern von Integration. Deswegen, Frau
öhmer, sollten Sie auch nicht sagen: Wir müssen
5 Millionen Menschen integrieren, weil diese einen Mi-
rationshintergrund haben. Die meisten dieser 15 Mil-
ionen Menschen sind deutsche Staatsbürger und schon
ängst in der Gesellschaft angekommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen fordere ich: Schluss mit den ethnischen
bgrenzungen und Unterteilungen, Schluss mit dem

wigen Ihr und Wir! Schaffen wir einen Verfassungspa-
riotismus! Kreieren wir ein Wir-Gefühl auf der Grund-
age unserer gemeinsamen Werte! Was kann Politik tun,
amit dieses Wir-Gefühl entsteht und sich ausbreitet?
rei Punkte sind für mich dabei wichtig.

Erstens. Schaffen wir das Optionsmodell ab! Wir
rauchen ein echtes Jus Soli.






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Dr. Lale Akgün

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jedes Kind, das in Deutschland geboren wird, soll die
Staatsbürgerschaft erhalten und sich nicht mit 18 für
oder gegen die deutsche Staatsbürgerschaft entscheiden
müssen.


(Beifall des Abg. Bodo Ramelow [DIE LINKE] – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Da sind wir anderer Auffassung, Frau Kollegin!)


Zweitens. Wir brauchen das kommunale Wahlrecht
für Ausländer. Jeder, der in Deutschland dauerhaft recht-
mäßig lebt, soll auf lokaler Ebene am politischen Wil-
lensbildungsprozess teilnehmen können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich stehe zu beiden Forderungen, wohl wissend, dass wir
sie in dieser Legislaturperiode mit diesen politischen
Mehrheiten nicht mehr werden umsetzen können.

Drittens. Wir können schon jetzt – das ist für mich die
wichtigste der drei Forderungen – die Zahl der Einbür-
gerungen erhöhen. Denn nur als deutsche Staatsbürger
können sich Migranten vollständig zugehörig fühlen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Mein Appell richtet sich aber nicht nur an die Mehr-
heitsgesellschaft, sondern auch an die Zugewanderten.
Auch sie müssen etwas für das Wir-Gefühl tun. Ich sage
es einmal etwas provokativ: Sie müssen Deutsche wer-
den. Ich meine nicht Deutsche im ethnischen Sinn, nicht
Deutsche in dem Sinn, dass sie ihre Muttersprache nicht
mehr lernen und pflegen oder ihre Kultur ablegen – nein,
Deutsche im ursprünglichen Sinn des Wortes. „Deutsch“
bedeutet nichts anderes als dem Volke zugehörig.

Mein Appell ist also eine Absage an eine ethnisch
zerklüftete Gesellschaft. Er ist eine Absage an Ideen ei-
nes Staatsvertrages für die türkische Gemeinde und an
Minderheitenrechte für die zugewanderten Minderhei-
ten. Solche Ideen, auch die Idee einer Türkenpartei, hel-
fen uns nicht weiter. Wir können das Zusammenleben in
unserem gemeinsamen Haus Deutschland nicht auf Min-
derheitenrechte gründen. Wir wollen, dass alle Men-
schen, die ja gleich sind, gleich behandelt werden.

Angesichts der aufgeregten Stimmung unter den tür-
kischstämmigen Menschen nach den Vorfällen der letz-
ten Wochen möchte ich ihnen von hier aus zurufen: Las-
sen Sie uns zur Rationalität und zu einem unbefangenen
Umgang miteinander zurückkehren! Haben Sie Ver-
trauen in die demokratischen Institutionen unseres ge-
meinsamen Landes! Seien Sie versichert: Dort, wo es
Ausländerfeindlichkeit gibt, benennen und verfolgen wir
sie entschieden. Aber da, wo es keine gibt, sagen wir
auch das ganz deutlich.

Meine Damen und Herren, wir hätten uns viel Ärger
erspart und ein Erdogan hätte keine Chancen gehabt,
hätten wir schon im Jahre 1999 den wegweisenden Wor-
ten Johannes Raus mehr Geltung verschafft. Jetzt müs-
sen wir nach vorne blicken. Ich glaube, wir sind auf
einem guten Weg, wenn wir die gegenseitigen Anschul-

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(C (D igungen und Nickeligkeiten beiseitelassen, um endlich en Blick für unsere Gesellschaft, die nur gemeinsam, ls eine Gesellschaft, bestehen kann, freizubekommen. ch fordere Sie alle auf: Lassen Sie uns aufeinander zuehen! (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ein schöner Abschluss!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614607900

Zu einer nachträglichen Kurzintervention erteile ich

as Wort Kollegen Gerd Andres.


Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1614608000

Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich zunächst

ei der Kollegin Akgün entschuldigen, insbesondere an-
esichts ihrer hervorragenden Rede. Es gab ein bisschen
erwirrung. Denn ich hatte mich zu einer Kurzinterven-

ion zum Beitrag von Herrn Grindel gemeldet, die aber
icht zum Zuge kam.

In seiner Rede hat Herr Grindel mir und dem Kolle-
en Bürsch vorgeworfen, wir hätten uns selbstgerecht
erhalten. Deswegen will ich ausdrücklich wiederholen,
as ich in meiner Zwischenfrage gesagt habe.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Und das, was ich gesagt habe!)


Ja. Das, was Herr Bürsch gesagt hat, möchte ich auch
och einmal unterstreichen.

Erstens. In der Integrationspolitik hätten wir während
er rot-grünen Regierungszeit gerne mehr gemacht; das
age ich ausdrücklich. Viele Dinge konnten wir aber des-
alb nicht machen, weil wir auf Ihren erbitterten Wider-
tand gestoßen sind, auch im Bundesrat.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ihr Minister Schily war auch dabei! – Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)


r begann unmittelbar nach Übernahme der Regierung
urch die rot-grüne Koalition, und zwar durch Herrn
och. Er fand seine Wiederholung durch Herrn Koch im
andtagswahlkampf in Hessen. Dafür hat er aber – Gott
ei Dank! – die Quittung bekommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Er hat die meisten Stimmen bekommen!)


Zweitens – hier stimmen wir wieder überein –: Ich
inde, die Große Koalition kann auf dem, was Rot-Grün
eleistet hat, aufbauen. Das ärgert Sie – das weiß ich –,
ber das müssen Sie schon so akzeptieren. Die Große
oalition hat das gut begonnen, und sie macht es gut.
as beginnt mit Frau Böhmer und der Aufwertung ihres
mtes durch Ansiedlung im Bundeskanzleramt, und das

etzt sich mit den Bemühungen um Integration und mit
en Integrationsgipfeln fort.

Ich teile ausdrücklich das, was Sie zum Auftreten von
rau Böhmer in Ludwigshafen gesagt haben. Mein Res-
ekt, Frau Dr. Böhmer; hier bin ich völlig Ihrer Mei-






(A) )



(B) )


Gerd Andres
nung. Sie haben recht: Wir haben auch das Angebot an
Integrationskursen ausgebaut. Allerdings hätte ich Sie
von der Union gerne einmal erlebt, wenn wir das wäh-
rend der rot-grünen Regierungszeit gemacht hätten. Be-
sonders Sie, Herr Grindel, hätte ich da gerne einmal er-
lebt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das, was ich gesagt habe, hat nichts mit Selbstgerech-
tigkeit zu tun. Das hat etwas damit zu tun,


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Mit Wahlkampf hat das zu tun!)


dass sich die Haltung der CDU in dieser Angelegenheit
verändert hat. Das ist eine der Grundlagen dafür, dass
die Große Koalition eine so erfolgreiche Integrationspo-
litik machen kann, die man natürlich, Herr Kollege
Grindel, ohne Weiteres noch verbessern kann. Das hat
aber nichts mit Selbstgerechtigkeit zu tun.


(Beifall bei der SPD – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Mit Wahlkampf hat das zu tun!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614608100

Kollege Grindel.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind wieder die Selbstgespräche der Großen Koalition!)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1614608200

Herr Kollege Andres, die Kollegin Akgün hat gesagt,

wir sollten auf Gemeinsamkeiten setzen. Ich schlage vor,
dass wir das, was Sie jetzt versuchen, sein lassen und
uns gemeinsam ans Werk machen, den Nationalen Inte-
grationsplan, den wir auch unter Beteiligung von Abge-
ordneten der Opposition vereinbart haben, Stück für
Stück abzuarbeiten.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bitte? Wer war denn dabei? Das waren nur Abgeordnete der Regierungsfraktionen! Da war kein Abgeordneter der Opposition dabei! – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Dass wir uns das hier auch noch anhören müssen! Unfassbar!)


Denn im Endeffekt kommt es nicht darauf an, ob Sie
recht haben oder ob ich recht habe, sondern es kommt
darauf an, dass wir im Sinne der in Deutschland gebore-
nen Kinder handeln, die zu 50 Prozent einen Migrations-
hintergrund haben. Wenn diese Kinder keine gute Zu-
kunft haben, hat unser Land keine gute Zukunft. Ihnen
müssen wir eine Perspektive geben. Diese Aufgabe soll-
ten wir jetzt in Angriff nehmen. Wir dürfen nicht nach
hinten schauen, sondern wir sollten nach vorne schauen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614608300

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/8183 an die in der Tagesordnung aufge-

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(C (D ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 26 a und 26 b auf: a)

regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Waffengesetzes und weite-
rer Vorschriften

– Drucksache 16/7717 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/8224 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Gabriele Fograscher
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Petra Pau
Silke Stokar von Neuforn

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von
Neuforn, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Für ein schärferes Waffengesetz

– Drucksachen 16/6961, 16/8224 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Gabriele Fograscher
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Petra Pau
Silke Stokar von Neuforn

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile schon wieder
em Kollegen Reinhard Grindel für die CDU/CSU-Frak-
ion das Wort.


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1614608400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für

ie Regie und die Tagesordnung kann ich nichts.

Mit der Änderung des Waffengesetzes sorgen wir für
ehr Sicherheit in unserem Land, und wir wirken Be-

rohungssituationen im öffentlichen Raum entgegen.
ir schaffen damit rechtliche Rahmenbedingungen, um

ie wachsende Gewaltkriminalität einzudämmen, bei der
it steigender Tendenz Waffen benutzt werden.

Niemand von der Koalition behauptet, dass wir damit
ie Kriminalität mit Messern oder Waffenimitaten voll-
tändig beseitigen werden, und natürlich wissen wir um
ie große Zahl von illegalen Waffen, die bei Straftaten
ingesetzt werden. Aber es ist die Pflicht der Politik, Re-
elungen zu treffen, die, wo dies unter Beachtung des
erhältnismäßigkeitsgrundsatzes möglich ist, den Waf-






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
fengebrauch einschränken, und vor allem, Rechtsgrund-
lagen zu schaffen, damit die Polizei einschreiten kann,
wo immer dies nötig ist.

Natürlich ist die Bekämpfung der Gewaltkriminalität
eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Aber die
Politik muss ihrer Pflicht, die Bürger zu schützen, ge-
recht werden, wo immer sie es kann. Das tun wir mit
dem neuen Waffenrecht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Beispiel Anscheinswaffen. Immer wieder werden mit
diesen originalgetreuen Nachbildungen von Feuerwaffen
Straftaten begangen, vor allem Raubdelikte. Anscheins-
waffen sind geeignet, Situationen herbeizuführen, in de-
nen sich Polizeibeamte bedroht fühlen und vermeintlich
in Notwehr von der Dienstwaffe Gebrauch machen.
Diese Waffen sind auch aus Gründen des Jugendschut-
zes zu ächten. Das ist kein Spielzeug, das sind gefährli-
che Gegenstände. Deshalb wollen wir, dass sie aus der
Öffentlichkeit verschwinden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Wir haben deshalb ein strenges Verbot des Führens sol-
cher Waffen vorgesehen, das nach dem Recht über Ord-
nungswidrigkeiten bußgeldbewehrt ist. Der Transport
solcher Waffen soll nur noch in verschlossenen Behält-
nissen möglich sein. Wir gehen davon aus, dass sich die
Zahl der Anscheinswaffen oder Softair-Waffen erheblich
reduzieren wird, dass sie allenfalls noch im heimischen
Garten zum Einsatz kommen.

Hier bin ich bei der Abteilung „gesellschaftliche He-
rausforderung“. Ich lade die Eltern dazu ein, mit ihren
Kindern Gespräche zu führen und ihnen klarzumachen,
dass es sinnvollere Freizeitgestaltungen gibt, als mit An-
scheinswaffen herumzuschießen. Auch das gehört dazu,
wenn wir heute über Waffen reden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wie an vielen anderen Stellen des Gesetzes vermei-
den wir eine übermäßige Beeinträchtigung der berech-
tigten Interessen von Jägern, Schützen und Waffen-
sammlern. Mit Blick auf die vielen hundert Mails, die
viele Kollegen, wie ich weiß, bekommen haben, sage
ich: Die Situation der Schützen und Jäger wird erleich-
tert, sie wird nicht erschwert. Wir haben es hier mit fach-
kundigen, geschulten, geprüften Personen zu tun, die um
ihre Sorgfaltspflichten wissen. Deswegen haben wir uns
dazu entschlossen, die Waffen, die von Jägern und
Schützen verwandt werden, aus dem Geltungsbereich
des Anscheinsparagrafen herauszunehmen. Das heißt
mit Blick auf die vielen Briefe, die wir bekommen ha-
ben: Der Anscheinsparagraf gilt nicht für die von Schüt-
zen und Jägern benutzten Waffen.

Mehr Sicherheit schaffen wir auch durch die Kenn-
zeichnungspflicht bei Waffen und wesentlichen Bestand-
teilen von Waffen, die gesondert gehandelt werden.

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(C (D Die Einführung von Blockiersystemen für Erbwaffen st sinnvoll, damit entwendete Erbwaffen nicht bei Strafaten eingesetzt werden können. Auch hier haben wir ine Ausnahme für Jäger und Schützen vorgesehen, weil ie sichere Aufbewahrungsmöglichkeiten besitzen. Das edeutet: Wenn sie kein eigenes Bedürfnis zum Besitz er Waffe haben, dürfen sie diese zwar nicht benutzen; ber sie dürfen sie ohne Blockierung behalten. Um eine Beschädigung historisch wertvoller Waffen u vermeiden, haben wir eine Ausnahmevorschrift für ammler vorgesehen, sowohl was das Blockiersystem ls auch was die Kennzeichnungspflicht anbelangt. Intensiv haben wir uns in der Koalition und auch im usschuss mit dem Verbot des Führens von Messern be chäftigt. Zunächst will ich ausdrücklich hervorheben, ass wir es begrüßen, dass Hamburg mit dem allgemeien Messerverbot auf der Reeperbahn als einem regionaen Kriminalitätsschwerpunkt von den schon bestehenen Instrumenten des Waffenrechts Gebrauch gemacht at. Aber es ist nicht zu bestreiten, dass es gerade in roßstädten an vielen Stellen zum Einsatz von Messern ei Straftaten kommt; das wurde uns in der Sachverstänigenanhörung eindrucksvoll vorgeführt. Für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im öffentichen Raum ist mindestens ebenso bedeutsam, dass betimmte Messertypen, die nicht verboten sind, wie Einandmesser oder Messer mit einer feststehenden Klinge, erade von Jugendlichen mitgeführt werden, um vereintliche Stärke zu zeigen, damit zu drohen und sie im rnstfall auch zu benutzen. Vor allem Einhandmesser aben den Kultstatus der seit 2003 verbotenen Butterflyesser übernommen. Auf der anderen Seite – das ist ahr – werden Messer natürlich auch zu einer Vielzahl on sinnvollen und allgemein anerkannten Zwecken einesetzt. Die große Mehrheit der Bevölkerung geht verntwortungsvoll mit dem Werkzeug Messer um. Wir mussten also – das war eine große Herausfordeung, die uns viel Zeit gekostet hat – eine sinnvolle Abägungsentscheidung treffen. Wir sind im Ergebnis für in Verbot des Führens von Einhandmessern und Mesern mit einer Klingenlänge ab 12 Zentimetern in der ffentlichkeit. Wir wollen dies dem Recht über Ordungswidrigkeiten zuordnen, um der Polizei vor Ort och mehr Beurteilungsspielraum zu geben, in welchen allkonstellationen einzuschreiten ist und wann nicht. ir sind davon überzeugt, dass diese Regelung dazu ühren wird, den Einsatz von Messern, die bisher zuriffsbereit geführt werden durften, erheblich zu reduzieen. Das ist im Interesse des Schutzes der Menschen, die bends in Ruhe Bus oder Straßenbahn fahren und auf der traße unterwegs sein wollen, dringend geboten. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gleichzeitig erlauben wir das Führen dieser Messer,
enn ein berechtigtes Interesse vorliegt. Einhandmesser
erden auf dem Bau, von Bergsteigern oder Rettungs-

auchern verwandt. Eindringlich haben manche Kolle-






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
gen auf die Bedeutung des Hirschfängers bei der bayeri-
schen Tracht hingewiesen.


(Beifall des Abg. Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU])


Deshalb haben wir umfassende Ausnahmevorschriften
aufgenommen. Das gilt insbesondere für die Berufsaus-
übung, bei der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem
sonstigen anerkannten Zweck, also wenn zum Beispiel
Hobbywinzer mit dem Weinrebenschneider im Dorf
oder Jäger zum Revier unterwegs sind.

Nun kann man gegen unsere Regelung einwenden: Es
kann zu Ausweichverhalten kommen. Was ist mit Klin-
gen von 11 Zentimetern? – Ein totales Verbot, Messer zu
tragen, hätte bedeutet, dass jeder Bürger ein berechtigtes
Interesse für das Mitführen sogar eines Schweizer Mes-
sers hätte haben müssen. Das ist nicht von dieser Welt.
Auf der anderen Seite sage ich mit Blick auf die Kritik
der FDP im Ausschuss: Ich finde, Politik muss handeln,
wo sie – wenn auch unvollkommen; das räume ich ein –
handeln kann.


(Beifall des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD])


Hinsichtlich Einhandmessern und Messern mit festste-
hender langer Klinge sage ich bei aller Liebe zur Frei-
heit: Wenn ein Jugendlicher in der U-Bahn mit einem
Einhandmesser vor den Augen einer älteren Dame oder
eines körperlich unterlegenen anderen Jugendlichen he-
rumfuchtelt, dann heißt es für mich nicht „im Zweifel für
die Freiheit“, sondern „im Zweifel für die Sicherheit“.
Die Polizei muss ein solches Verhalten unterbinden kön-
nen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich zu einem anderen Diskussionspunkt
kommen: die Absenkung der Altersgrenze für das Schie-
ßen mit Druckluftwaffen von zwölf auf zehn Jahre. Wir
alle wissen, dass dies ein Thema mit erheblichem Verun-
glimpfungspotenzial ist. Ich will hier aber durchaus auf
das verweisen, was uns gleich mehrere Sachverständige
in der Anhörung gesagt haben: Wissenschaftliche Lang-
zeitstudien haben ergeben, dass nicht die Frage der Al-
tersgrenze das Entscheidende ist, sondern die Qualifika-
tion – in fachlicher und psychologischer Hinsicht – der
Jugendschießsportwarte und Trainer, die die talentierten
Jungschützen ausbilden.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Das ist richtig!)


Deshalb sind wir gemeinsam dafür, dass von den Aus-
nahmen für besonders talentierte Jungschützen ab zehn
Jahren, die das Waffengesetz schon zulässt, stärker Ge-
brauch gemacht wird. Wir haben das Innenministerium
gebeten, in den Ländern eine einheitliche Verwaltungs-
praxis einzufordern.

Grundsätzlich will ich wiederholen, was ich in der
ersten Lesung bereits gesagt habe: Die Schützenvereine
vor Ort leisten nicht nur einen Beitrag zum kulturellen

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(C (D eben in der Gemeinde; in vielen Vereinen wird auch ine hervorragende Jugendarbeit geleistet. chützenvereine haben es nicht verdient, unter Generalerdacht gestellt zu werden. Vielmehr sollten wir ihnen ür ihren ehrenamtlichen Einsatz vor Ort sehr dankbar ein. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Richtig!)


Herr Präsident, ich komme zum Schluss, indem ich
ich für die sehr gute Unterstützung durch die Mitarbei-

er des Bundesinnenministeriums bedanke. Herr Parla-
entarischer Staatssekretär, ich wäre Ihnen dankbar,
enn Sie diesen Dank weitergäben. Ich danke der Kolle-
in Gabriele Fograscher von der SPD für die gute Zu-
ammenarbeit. Die Koalition hat auf einem wichtigen
eld der inneren Sicherheit – insofern sind wir wieder
ei Gemeinsamkeiten; damit wollen wir dann auch ins
ochenende gehen –


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Die nächste Krise kommt!)


andlungsfähigkeit bewiesen. Wir haben jetzt in ge-
einsamer Arbeit einen guten Gesetzentwurf hinbekom-
en. Dafür bitte ich um Zustimmung.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614608500

Das Wort hat nun Hartfrid Wolff, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die neuer-

iche Waffenrechtsreform ist wie ihre Vorgängerin von
002 nicht geeignet, die Sicherheit für die Menschen in
eutschland zu erhöhen.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


as ist das eindeutige Ergebnis der Expertenanhörung.


(Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Das war Ihr Experte!)


uch die von den Koalitionsfraktionen nominierten Ex-
erten befanden nur wenige der von SPD und CDU/CSU
orgenommenen Änderungen als für die innere Sicher-
eit nützlich. Es sind deutliche Verschärfungen aufge-
ommen worden, ohne dass überhaupt evaluiert wurde,
b die damaligen Änderungen zu einem tatsächlichen Si-
herheitsgewinn geführt haben. Hier habe ich erhebliche
weifel.

Mit Ausnahme der Vorgaben zu den Anscheinswaf-
en, die auch wir ausdrücklich begrüßen, lehnen wir die
egelungen dieses Gesetzentwurfs ab. Tatsache ist: Le-
al erworbene und angemeldete Waffen spielen in der
riminalstatistik keine Rolle.






(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Unsinn!)


Die illegalen Waffen werden aber vom Waffengesetz
nicht erreicht. Das Herumdoktern am Waffengesetz ist
purer Aktionismus,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was Sie machen, ist doch Lobbyismus!)


reine Augenwischerei.


(Beifall bei der FDP)


Vor der Hamburg-Wahl will Rot-Schwarz noch schnell
suggerieren, für Sicherheit zu sorgen. Das ist durchsich-
tig.

Dass die Koalition selbst nicht daran geglaubt hat, in
einer sachlichen Debatte mit Argumenten bestehen zu
können, zeigt sich am hanebüchenen Gesetzgebungsver-
fahren: Erst macht Innenminister Schäuble Vorschläge,
die er kurz danach wieder zurückzieht, und dann will die
Koalition in kürzester Zeit das Waffenrecht ändern und
peitscht die Vorlagen durch den Ausschuss und das Par-
lament.

Problemlösungen im Bereich der Kriminalität müssen
nicht primär das Waffenrecht, sondern den Zusammen-
hang von Straftat und Strafe und das vernachlässigte
Feld der Kriminalprävention in den Blick nehmen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber auch das Waffenrecht!)


Nicht der Gegenstand, Herr Wieland, ist das Problem,
sondern derjenige, der ihn einsetzt.

Die über Nacht in den Gesetzentwurf eingebauten
Messerregelungen zeichnen sich vor allem durch eines
aus: Schwammigkeit. Die Koalition lässt Polizei und
Justiz mit dem Vollzug des Gesetzes völlig allein. Jeder
Polizist muss nun in der konkreten Situation entschei-
den, ob Brauchtum vorliegt oder der Zweck zum Führen
des Messers „allgemein anerkannt“ ist. Das ist in der
konkreten Situation schwer möglich.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)


Die Sachverständigen haben diesen von Ihnen gewählten
Ansatz in der Anhörung fast einhellig abgelehnt.


(Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Was?)


Stattdessen forderten sie die Möglichkeit, das Tragen
von Waffen an bestimmten Orten, zum Beispiel in Dis-
kotheken, zu verbieten. Diese Initiative Hamburgs hat
die FDP unterstützt, und sie ist auch vernünftig. Innen-
senator Körting dagegen, der Urheber dieser grotesken
Messerregelung,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch unverschämt!)


hat selbst längst nicht alle bestehenden Möglichkeiten
ausgeschöpft. Er hätte über das Hausrecht das Mitführen
von Messern in der U-Bahn und anderswo verbieten las-
sen können.

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(C (D (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Soll er an jeden Bus ein Schild hängen?)


och das hat er nicht getan. Fazit: Die SPD macht Pro-
aganda, aber sie handelt nicht.


(Beifall bei der FDP)


Vor allem wird mit der Neuregelung der ohnehin
chon bürokratische Wust, mit dem Waffenbesitzer über-
ogen werden, noch weiter aufgebläht. So ist es nicht
insichtig, warum die vorhandenen Kontrollen bei der
erbringung von Schusswaffen ins Ausland nun verdop-
elt werden. Die diesbezüglich vorgesehenen neuen Vor-
chriften bringen überhaupt keinen Sicherheitsgewinn,
onterkarieren aber jede Absichtserklärung zum Büro-
ratieabbau.

Das Gleiche gilt für die neuen Informations- und
uchführungspflichten. Im Gesetzentwurf werden die
osten klein gerechnet. Tatsächlich gibt es eine insge-

amt große Belastung für die mittelständischen Unter-
ehmen. Angesichts der einfachen Prognose, dass diese
nformations- und Buchführungspflichten keinen Sicher-
eitsgewinn bringen, demonstriert diese Regelung die
bgehobene Ignoranz gegenüber wirtschaftlichen Zu-
ammenhängen. Darüber hinaus ist die Erweiterung der
ennzeichnungs- und Buchführungspflichten eindeutig
egen die berechtigten Interessen der legalen Waffenbe-
itzer, insbesondere der Jäger, Sportschützen und Samm-
er antiquarischer Waffen, gerichtet. Dies verursacht nur
osten, ohne dass der Nutzen ersichtlich ist.

Wie übertrieben im Waffenrecht argumentiert wird,
ieht man auch daran, dass selbst die sinnvolle Jugend-
rbeit im Sport zurückgedrängt wird. Es werden nicht
ur Belastungen aus der damaligen Reform aufrecht-
rhalten; die SPD will auch vernünftige Überlegungen
ur Stärkung des Nachwuchses nicht angehen; ich nenne
n diesem Zusammenhang ganz bewusst die Sozialde-
okraten. Jetzt ist es schon so weit, dass auf Rummel-

lätzen Kinder unter 12 Jahren mit einem Luftgewehr
chießen dürfen, im Sportverein – unter fachkundiger
ufsicht – aber nicht. Den Wettbewerb „Jugend trainiert

ür Olympia“ scheint die Bundesregierung auf den Jahr-
arkt verlegen zu wollen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt hat nicht mal Ihre Fraktion geklatscht!)


Die Neuregelung in § 15 a des Gesetzentwurfs, dass
portordnungen nur noch dann genehmigt werden kön-
en, wenn sie im besonderen öffentlichen Interesse lie-
en, halte ich für falsch und dirigistisch. Insgesamt be-
teht die Gefahr, dass der Breitensport behindert werden
oll.

Auch das grundgesetzlich geschützte Erbrecht wird
einer Meinung nach zu stark eingeschränkt.


(Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Das ist unglaublich! – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Waffenbesitzer von geerbten Waffen, denen keinerlei
Unzuverlässigkeit nachgewiesen werden kann, sollen
nun pauschal verpflichtet werden, Blockiersysteme in
ihre Waffen einzubauen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ziehen Sie doch in die USA, wenn es hier so schrecklich ist!)


– Beruhigen Sie sich doch, Herr Wieland! – Es ist ab-
surd, dass dies auch für Waffen gilt, die bereits lange vor
der Entstehung dieses Gesetzentwurfs vererbt worden
sind.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie kann man nur so offen Waffenlobbyist sein! Das ist ja richtig peinlich!)


Zwar sind kulturhistorische Sammlungen als ganze
– Herr Grindel hat zu Recht darauf hingewiesen –, nicht
aber einzelne obsolete Waffensysteme ausgenommen.
Die Abgrenzungen hierzu sind allerdings schwierig.

Mit immer neuen bürokratischen Pflichten für legale
Waffenbesitzer und einem Generalverdacht gegen Sport-
schützen, Jäger und Waffensammler wird keine Untat zu
verhindern sein. Was die Bundesregierung hier vorgelegt
hat, ist kein richtiger Gesetzentwurf, sondern eine An-
sammlung schwammiger Begriffe, die lediglich auf die
öffentliche Wirkung zielt, reale Sicherheitsfragen aber
nicht berührt. So kommt es zu einem reinen Alibigesetz,
das kaum Nutzen, aber viel Schaden stiften wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614608600

Das Wort hat nun der Innenminister des Landes Sach-

sen-Anhalt, Holger Hövelmann.


(Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1614608700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Zunächst bedanke ich mich sehr herzlich für die
Gelegenheit, vor diesem Hohen Hause reden zu dürfen.
Das ist, glaube ich, auch für einen Landesminister keine
alltägliche Erfahrung.

Das Gesetzgebungsverfahren zum Waffenrecht zeigt,
wie das Zusammenwirken zwischen den unterschiedli-
chen Verfassungsorganen Bundesrat und Bundestag
funktionieren kann. Ich bin ein wenig stolz darauf, dass
das kleine und bescheidene Bundesland Sachsen-Anhalt
im Frühjahr vor fast einem Jahr auf der Innenminister-
konferenz in Berlin die Anregung geben konnte – sie ist
dann auch aufgegriffen worden –, entsprechende Ände-
rungen im Waffenrecht der Bundesrepublik Deutschland
vorzunehmen.

Verehrter Herr Kollege Wolff, das wurde nicht im
Hinblick auf die Hamburger Bürgerschaftswahlen ini-
tiiert, sondern aufgrund der Erfahrungen der Länderpoli-
zeien mit der Realität, nämlich mit den Gefährdungen
von Polizistinnen und Polizisten durch das polizeiliche
Gegenüber, wenn derjenige mit Anscheinswaffen agiert.

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(C (D (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eine Auswertung des Meldedienstes ergab für Sach-
en-Anhalt allein im Jahr 2007 38 Vorfälle, bei denen
nsbesondere Kinder, Jugendliche und Heranwachsende
it Softair-Waffen hantierten. Eine Vielzahl von Ereig-

issen mit Waffenimitaten zeigt deren Gefährlichkeit. Es
st sogar schon zum Einsatz von Schusswaffen durch
olizeibeamte gekommen. So ist der Fall eines Mannes
ekannt, der auf einem Schulhof mit einer Pistole he-
umfuchtelte. Sofort rückten Beamte aus, die Bilder von
rfurt vor Augen. Als das Team eintraf, richtete der
otenzielle Amokläufer seine Waffe auf eine 24-jährige
olizistin. Die junge Frau feuerte zwei Warnschüsse ab
nd schoss dem 52-Jährigen dann gezielt in den Ober-
chenkel. Als sie dem Außer-Gefecht-Gesetzten die
affe entriss, wunderte sie sich sofort über das Gewicht

er Waffe. Die Pistole war viel zu leicht. Der psychisch
estörte Mann hatte mit einer sogenannten Softair-
istole hantiert, einer Spielzeugwaffe.

Wenn Gegenstände aufgrund ihres äußeren Erschei-
ungsbildes den Anschein erwecken, es handele sich um
chusswaffen, dann ist ein Polizeieinsatz mit großen Ri-
iken verbunden. Hier sind wesentliche Rechtsgüter in
efahr, sowohl für den Betroffenen als auch für die Poli-

isten. Hier muss – ich betone: muss – der Gesetzgeber
räventive Regelungen schaffen, und zwar bevor im
chlimmsten Fall Menschenleben zu beklagen sind.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


it dem neuen Waffengesetz wird nun das Führen von
nscheinswaffen in der Öffentlichkeit verboten und als
rdnungswidrigkeit geahndet. Gleiches gilt für das Füh-

en von gefährlichen Messern, insbesondere von Ein-
andmessern. Verehrter Herr Wolff, Polizisten können
chon unterscheiden, ob eine ältere Dame mit einem

esser Pilze im Wald sammelt oder ob ein angetrunke-
er Jugendlicher mit einem Messer in der U-Bahn han-
iert.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Darum geht es nicht! – Gegenruf des Abg. Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Genau darum geht es!)


Genau darum geht es. – Das kann die Polizei, und das
önnen wir von der Polizei auch erwarten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Fragen Sie doch die Gewerkschaft der Polizei!)


Ich möchte aber auch die Gefährlichkeit von Gas- und
chreckschusspistolen in Erinnerung rufen. Diese Waf-
en können schwerste bis tödliche Verletzungen verursa-
hen. Deshalb wird der sogenannte Kleine Waffenschein
uch nur zuverlässigen und geeigneten Personen erteilt.
enerell sehe ich – das sage ich ganz bewusst vor die-






(A) )



(B) )


Minister Holger Hövelmann (Sachsen-Anhalt)

sem Hohen Hause – überhaupt keinen Bedarf für Gegen-
stände, die aussehen wie echte Waffen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir sollten gemeinsam die weiteren Entwicklungen ge-
nau beobachten und erforderlichenfalls das Gesetz in
Zukunft weiter verschärfen. Dabei dürfen Erwerbs- und
Handelsverbote – ich weiß, dass ich mich hier auf Glatt-
eis begebe – kein Tabuthema sein.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Pure Ideologie!)


Wir alle können auf das Ergebnis, den Gesetzentwurf,
der nun im Deutschen Bundestag zur Verabschiedung
ansteht, stolz sein. Ich will ausdrücklich all denjenigen
danken, die zu diesem Ergebnis beigetragen haben. Wir
werden das neue Waffengesetz konsequent umsetzen. So
stärken wir die innere Sicherheit in unserem Lande. Das
Gesetz ist fachlich und politisch richtig. Das Gesetz ist
Prävention und Repression zugleich. Ich hoffe, dass Sie
den Gesetzentwurf verabschieden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614608800

Das Wort hat nun Bodo Ramelow, Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Bodo Ramelow (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614608900

Werte Kolleginnen und Kollegen! Als Abgeordneter

aus Thüringen und als Bewohner der Stadt Erfurt habe
ich ein ganz besonderes Verhältnis zu dem Thema, über
das heute diskutiert wird. Wir haben in Thüringen das
Leistungszentrum für Schießsport in Suhl und in Ober-
hof unsere Biathleten, die ausgebildete Schützen sind.
Als Erfurter habe ich das Massaker am Gutenberg-Gym-
nasium erleben und den Angehörigen beistehen müssen.
Alle in Erfurt waren durch diese Tat sehr traumatisiert.
Deswegen bewegt mich das Thema Waffenrecht sehr.

Ich gebe zu, dass ich mich über bestimmte E-Mails
und Faxe, die mir danach zugeschickt wurden, sehr är-
gere. Man wird häufig in die Ecke gestellt und als ein
Gegner der Benutzung von Waffen dargestellt, nur weil
man sich kritisch zu den Grauzonen äußert, in denen
Waffen nicht richtig angewendet werden. Das ist doch
keine Beleidigung für den Jäger, der seiner Jagd ordent-
lich nachgeht. Das ist doch keine Beleidigung für den
Sportschützen, der seinen Sport ordentlich ausübt. Es
muss aber erlaubt sein, darüber zu reden, dass es Fehl-
entwicklungen gibt. Deswegen habe ich Fragen. Ich
gebe Herrn Grindel völlig recht: Spielzeugwaffen, die
wie ein Original aussehen, haben aus unserer Sicht über-

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(C (D aupt keine Daseinsberechtigung. Warum müssen solche affen durch die Gegend getragen werden? (Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Die Anhörung hat mir sehr viel Vergnügen bereitet,
eil dort eine intellektuelle Schärfung der Argumente

tattgefunden hat. Es wurden von den Kollegen aus
achsen-Anhalt Waffen vorgelegt, die man mit eigenem
uge nicht als echt oder falsch erkennen konnte. Dem
pfer ist es völlig egal, ob die Waffe echt oder nicht echt

st. Ein Überfall auf einen XY-Markt oder eine Tank-
telle mit einer solchen Waffe führt immer zu einer Trau-
atisierung und hinterlässt immer Opfer. Deswegen

inde ich es völlig richtig, dass diese Art von Spielzeug-
affen schlicht aus dem Verkehr gezogen werden müs-

en,


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


der, wie es mit dem vorliegenden Entwurf umgesetzt
ird, dass sie 50 Prozent kleiner oder größer ausfallen
üssen oder mit einer bestimmten Farbe versehen wer-

en, damit man erkennt, dass es sich um ein Spielzeug
andelt. Im Kern waren wir uns aber darüber einig, dass
olche Spielzeuge an sich völlig überflüssig sind.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich gebe zu, dass wir mit den Regelungen über die
rbwaffen nicht zufrieden sind. Im Gegensatz zu Herrn
ollegen Wolff, der hier eine waffenlobbyistische Rede
ehalten hat


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch des Abg. Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP])


ich hätte gern einen Hinweis darauf, für wen er die
ede gehalten hat; für die Freiheit jedenfalls nicht –, bin

ch der Meinung, dass man Erbwaffen mit Blockiersys-
emen optimal sichern kann, ohne sie zu zerstören. Man
ann eine Erbwaffe, mit der jemand hantiert, der dazu
eine Erlaubnis hat, entweder mit einem Blockiersystem
der mit einem Abzugsschloss sichern. Beides sind Op-
ionen. Ich glaube, wir gehen da in die richtige Richtung,
enn auch noch nicht weit genug. Ich will sagen, dass
ich das nicht daran hindert, meiner Fraktion zu emp-

ehlen, alle Vorschläge anzunehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Endlich werden Sie einmal vernünftig!)


Ein zweites Thema, auf das Herr Grindel hingewiesen
at, betrifft Messer und das damit verbundene Drohpo-
enzial. Ich glaube, dass wir da noch nicht die optimale
ösung haben. Das hat Herr Grindel auch nicht behaup-

et.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nehmen Sie mich nicht zu sehr in Schutz! – Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Das ist rufschädigend für Herrn Grindel! – Gegenruf des Abg. Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Eine komische Koalition!)







(A) )



(B) )


Bodo Ramelow
– Ich finde, dass man bei vernünftigen Regelungen ent-
spannt sein müsste. – Das Hantieren mit einem Einhand-
messer in einer Straßenbahn muss von uns unterbunden
werden. Das hat nichts mit der Oma zu tun, die beim Pil-
zesammeln ein Messer bei sich trägt. Es geht um die Be-
drohung durch Waffen, die offen von Menschen getra-
gen werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ich glaube, dass weder die Hamburger noch die Berli-
ner Lösung die richtige ist. Eigentlich müssten wir die-
ses Bedrohungspotenzial aus der Öffentlichkeit entfer-
nen. Das hat nichts mit den Pfadfindern oder Mitgliedern
von Trachtengruppen, die einen Hirschfänger tragen, zu
tun. Das hat auch nichts mit dem Jäger und dem Angler
zu tun, die ein solches Messer für die Ausübung ihres
Sports brauchen. Es gibt aber keinen Grund, sich in der
Straßenbahn mit einem Einhandmesser die Fingernägel
sauber zu machen und zu behaupten, man bedrohe doch
niemanden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Durch eine solche Handlung und das Vorzeigen von
Waffen an öffentlichen Orten fühle ich mich bedroht.
Diese Bedrohung muss durch die Politik zurückgedrängt
werden.


(Beifall des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD])


Damit werden wir nicht jedes Messermassaker in Fami-
lien oder jeden Ehekrach, der mit Messern ausgetragen
wird, verhindern können. Aber wir müssen dies themati-
sieren. Es geht um Einhandmesser; es geht um diese
Form der Bedrohung. Deswegen bin ich eigentlich auch
mit der 12-Zentimeter-Regelung nicht einverstanden.


(Beifall des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


Ich glaube, dass man damit das Problem am falschen
Ende anpackt. Trotzdem sind wir insgesamt auf einem
guten Weg.

Abschließend möchte ich sagen, was aus unserer
Sicht völlig fehlt und was ich uns allen ins Stammbuch
schreibe: Es geht um das elektronische Waffenzentralre-
gister und fälschungssichere Dokumente für alle, die be-
rechtigt sind, mit Waffen umzugehen, und für alles, was
mit der Handhabung von Waffen zusammenhängt. Da
haben wir nach den Ereignissen von Erfurt noch nachzu-
arbeiten. Wir haben immer noch keine fälschungssiche-
ren Dokumente. Außerdem brauchen wir die Einführung
eines Zentralregisters. Wir dürfen diese Aufgabe nicht
auf 257 Ordnungsämter verlagern, die noch Karteikarten
verwenden und sich nicht untereinander abstimmen. In
einer Zeit, in der wir für alles und jedes elektronische
Register einführen und jeder unter Generalverdacht
steht, sollte es möglich sein, jede legale Waffe zu erfas-
sen, damit sie von der illegalen unterschieden werden
kann. Dem Polizisten soll, bevor er zu einem Haus
kommt, ermöglicht werden, zu überprüfen, ob dort Waf-

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(C (D en lagern oder nicht. Diesen Schritt müssen wir gemeinam tun. Deswegen möchte ich uns auffordern, nach der eutigen Verabschiedung gemeinsam an der Einführung ines Waffenzentralregisters zu arbeiten. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614609000

Das Wort hat nun Kollegin Silke Stokar von Neuforn,

raktion Bündnis 90/Die Grünen.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Bitte keine Anbiederung an die Große Koalition!)



(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

ege Wiefelspütz, ich greife Ihre Bitte gerne auf: Die
roße Koalition musste bei der Verschärfung des Waf-

engesetzes zum Jagen getragen werden. Die Blockier-
ysteme im BMI funktionierten reibungslos: Der erste
esetzentwurf, der vorgelegt wurde, war weichgespült.
ie müssen selber zugeben, dass erst die Berücksichti-
ung von etwa 50 Änderungsanträgen, die nach der aus-
ezeichneten Anhörung, die von den Oppositionsfraktio-
en durchgesetzt wurde,


(Ralf Göbel [CDU/CSU]: Da war nichts durchzusetzen!)


ingebracht wurden, dazu geführt hat, dass aus dem Ge-
etzentwurf des BMI das scharfe Waffengesetz gewor-
en ist – wir haben den Entwurf zum Teil erst einen
bend vor der Innenausschusssitzung erhalten –, das wir

uvor in unserem Antrag gefordert hatten.

Lassen Sie mich an dieser Stelle sagen: Auch wir
erden dem Waffengesetz zustimmen. Die wesentlichen
orderungen unseres Entschließungsantrags sind mit den
nderungsanträgen aus dem Parlament – nicht aus dem
MI – in den Entwurf aufgenommen worden. Ich finde,
as ist ein besonderes Erlebnis: Das Innenministerium,
as sonst bei der Verschärfung von Gesetzen überhaupt
eine Grenzen und Schranken kennt, ist in der Frage des
affengesetzes seit Jahren handlungsunfähig. Deswe-

en müssen wir gemeinsam die Verantwortung überneh-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind die Lobbyinteressen, die dahinterstehen!)


Ich finde es richtig, dass die in unserem Antrag ent-
altenen Vorschläge übernommen worden sind. Wir ha-
en gefordert, die Berliner Initiative zum Verbot der ge-
ährlichen Einhandkampfmesser zu übernehmen; die
achanhörung hat deutlich gezeigt, dass dies erforder-

ich ist. Die CDU/FDP-Regierungen, die sich sonst so
ür scharfe Gesetze einsetzen, haben dies im Bundesrat
um Kippen gebracht. Ich finde es gut, dass wir das
eute im Bundestag reparieren und dafür sorgen, dass
er Bedrohung durch diese Einhandkampfmesser im öf-






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn
fentlichen Raum ein Riegel vorgeschoben wird. Wie
konnten Sie eigentlich in der Vergangenheit erklären,
dass jeder im öffentlichen Raum, in der Fußgängerzone
mit einer täuschend echt aussehenden Pistole herumlau-
fen und damit Leute bedrohen konnte, ohne dass die Po-
lizei eingreifen durfte! Es war erforderlich, hier zu rea-
gieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1614609100

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Wolff?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mit dem größten Vergnügen.

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Frau Kollegin, Sie haben gerade gesagt, dass diese

Regelung in der Sachverständigenanhörung eindeutig
befürwortet worden sei. Stimmen Sie mir zu, dass der
Sachverständige des BKA, Erich Bartsch, und die Sach-
verständigen Professor Heubrock und Professor Csaszar
nicht der Meinung waren, dass der Ansatz eines Messer-
verbotes sinnvoll ist?

Butterflymesser wurden bereits verboten; die Zahl der
Verbrechen, bei denen diese Messer eingesetzt werden,
ist nicht deutlich gesunken. Jetzt wollen Sie ein anderes
Messer verbieten. Stimmen Sie mir zu, dass es besser ist,
Initiativen zur Verbesserung der Jugendarbeit zum Bei-
spiel in Vereinen, der Kriminalprävention und der Erzie-
hungsmethoden zu starten, anstatt immer am Waffenge-
setz herumzubasteln?


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Beides muss man tun!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Wolff, ich stimme Ihnen in beiden
Punkten nicht zu. Ich verstehe nicht, wie man sich ange-
sichts der Presseberichte, die wir täglich in unseren hei-
matlichen Zeitungen lesen – täglich lese ich in Hannover
von Messerattacken, von schweren Körperverletzungen
und von Tötungen mit dem Messer –, den richtigen An-
sätzen entgegenstellen kann.

Wir haben einen umfangreichen Antrag zum Thema
Jugendgewalt in den Bundestag eingebracht. Selbstver-
ständlich benötigen wir bei der Auseinandersetzung mit
den Themen Jugendgewalt und Jugendkriminalität um-
fassende Konzepte. Dennoch ist es nicht angemessen,
das, was wir nun tun, als einen Widerspruch zu bezeich-
nen. Mit der Änderung des Waffengesetzes müssen wir
auf eine gesellschaftliche Fehlentwicklung reagieren.

Es ist doch so: Genau die Waffenproduzenten, die Sie
in Ihrer Rede hier verteidigt haben, haben auf das Verbot
der gefährlichen Butterfly-Messer reagiert. Diese Ein-
handkampfmesser wurden entwickelt, um das Waffenge-
setz zu unterlaufen und um einen bestimmte Zielgruppe
– über sie reden wir hier – zu bedienen: Es sind Jugend-

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Herr Kollege Wolff, ich wollte sowieso jetzt zu Ihren
nträgen kommen. Einen Antrag, den Sie noch im In-
enausschuss gestellt haben, haben Sie hier gar nicht
ingebracht. Die FDP hat in dieser Auseinandersetzung
och tatsächlich beantragt, dass bei der Zuverlässigkeits-
berprüfung zwischen guten und schlechten Straftätern
nterschieden wird.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Das ist falsch! Das kann ja wohl nicht wahr sein!)


ie haben im Innenausschuss beantragt, den Ladendie-
en die Waffenbesitzkarte wegzunehmen. Die Steuerhin-
erzieher sollen diese Karte nach Ihren Vorstellungen
ber behalten dürfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Was soll denn der Populismus? Das ist doch Blödsinn!)


Sie sind die Top-Freiheitspartei der Woche. Sie haben
n Hamburg gefordert, den Leinenzwang für Kampf-
unde abzuschaffen. Sie setzen sich für freies Rauchen
n verqualmten Kneipen ein. Sie fordern mehr Daten-
chutz für Steuerhinterzieher. Jetzt wollen Sie auch noch
reie Waffen für freie Bürger.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Das ist ja unglaublich! Frau Kollegin, was soll das denn? Das ist ja unverschämt! Das ist purer Wahlkampf, den Sie hier machen!)


Der Top-Freiheitskämpfer dieser Woche ist Guido
esterwelle. Angesichts des Skandals um die massen-

afte Steuerhinterziehung ruft er öffentlich zur Steuer-
ebellion auf. Das heißt doch nichts anderes als: Steuer-
interziehung ist eine erlaubte Rebellion.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Kommen Sie zum Waffenrecht zurück!)


Sie verklären hier Steuerhinterziehung zum Freiheits-
ampf. Sie vertreten hier eine freie Bürgergesellschaft in
olgendem Sinne: Freiheit für Kampfhunde, Freiheit für
aucher, Freiheit für Waffenbesitzer, Freiheit für Steuer-
interzieher. Wir sind eine andere Bürgerrechtspartei.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Was ist das denn für eine Ideologie? Ei, ei, ei, ei, ei!)


Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Die Novelle zum
affengesetz steht an. Wir werden diese Gelegenheit

utzen, um dafür einzutreten, dass ein nationales Waf-






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn
fenregister eingerichtet wird. Ich habe dies im Innenaus-
schuss gefordert. Wir sollten diese von der EU veran-
lasste Novelle nutzen, um hier Bürokratie abzubauen. Es
ist richtig: Es gibt in den Ländern Hemmnisse, die nicht
erforderlich sind.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614609200

Kollegin Stokar, der Kollege Wolff hat Ihnen schon

drei Minuten mehr Redezeit beschert. Aber jetzt sind Sie
wirklich deutlich über die Zeit.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme zum Schluss: Ich danke für die gute Zu-
sammenarbeit. Wir werden dem Gesetzentwurf der Re-
gierung in diesem Fall zustimmen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614609300

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Stephan

Mayer das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1614609400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Ich glaube, man
kann unumwunden feststellen: Mit dem Gesetzentwurf,
der heute zur Abstimmung vorliegt, trifft die Große
Koalition ins Schwarze. In dieser schwierigen Gemenge-
lage – es geht um die Umsetzung eines Schusswaffen-
protokolls der Vereinten Nationen, um die Beachtung
des europäischen Rechts und um das auslaufende Privi-
leg der Erben – ist dieser Gesetzentwurf ein angemesse-
ner und ausgewogener Kompromiss.

Es ist erfreulich, dass es uns gelungen ist, dass das Er-
benprivileg auch nach dem 1. April dieses Jahres gilt.
Diejenigen, die einen Sach- und Fachkundenachweis ha-
ben, diejenigen, die Inhaber eines Waffenscheins oder
eines Jagdscheins sind, dürfen Waffen, die ihnen vererbt
werden, in Besitz nehmen. Außerdem müssen sie diese
Waffen nicht mit einem Blockiersystem unbrauchbar
machen. Das ist ein erfreulicher Schritt.

Darüber hinaus ist es gelungen, dass für diejenigen
Waffen, für die noch keine Blockiersysteme vorhanden
sind, zunächst einmal eine Übergangsregelung gilt. Das
heißt, auch diese Waffen dürfen geerbt und in Besitz ge-
nommen werden. Diese Waffen müssen erst dann un-
brauchbar gemacht werden, wenn die entsprechenden
Blockiersysteme vorhanden sind. Darüber hinaus kön-
nen historisch bedeutsame Waffen auch so aufbewahrt
werden, dass sie nicht mit einem Blockiersystem ver-
bunden werden müssen.

Sehr erfreulich ist, dass das Führen von Anscheins-
waffen im öffentlichen Raum in Zukunft verboten ist.
Von Anscheinswaffen geht in vielen Fällen – darauf

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(C (D urde bereits hingewiesen – wegen der Verwechslungsefahr das gleiche Bedrohungspotenzial aus wie von charfen Schusswaffen. Insbesondere ist es gelungen, die Anliegen des Jagderbandes, aber auch der vielen Schützenvereine in dieem Gesetzentwurf ordentlich aufzunehmen. Wir konnen allerdings nicht allen Anliegen gerecht werden. Einem Anliegen, das von anderer Seite immer wieder orgebracht wurde, dass der Handel mit Waffen unterunden wird oder in Zukunft möglicherweise verboten ird, kann aufgrund des europäischen Rechts nicht echnung getragen werden. Wir sind als Mitglied des innenmarkts an europäisches Handelsrecht gebunden nd können als nationaler Gesetzgeber den Handel mit chusswaffen nicht allein unterbinden. Insbesondere Schützenvereine stellen in vielen emeinden und Städten in Deutschland einen ganz ichtigen gesellschaftlichen Faktor dar. Sie leisten herorragende Nachwuchsarbeit. In vielen Städten und Geeinden, insbesondere in kleineren Dörfern, ist der chützenverein ein Hort gemeinschaftlichen ehrenamtlihen Engagements. Dort trifft sich die Dorfgemeinchaft. Vor diesem Hintergrund wäre es meines Erachens sehr erfreulich gewesen, wenn ein Anliegen des eutschen Schützenbundes umzusetzen gewesen wäre, ämlich das Alter, ab dem Jugendliche in den Verein geen können, m dort – wohlgemerkt – unter fachund sachkundiger nweisung und Aufsicht durch hervorragend ausgebilete Übungsleiter den Schießsport zu betreiben, von wölf auf zehn Jahre zu senken. Es gibt wissenschaftlihe Erkenntnisse darüber, dass gerade das Schießen soohl die Disziplin als auch die Konzentrationsfähigkeit teigert. s wäre schön gewesen, wenn wir als nationaler Gesetzeber in Deutschland insoweit für eine Anpassung an anere Länder gesorgt hätten. In Frankreich beispielsweise st es erlaubt, dass schon Kinder ab acht Jahren den chießsport unter fachund sachkundiger Aufsicht ausben. Gott sei Dank haben wir erreicht, dass Pauschalgeehmigungen erteilt werden können. In Zukunft kann lso für einen Tag der offenen Tür oder für ein Schützenest vom Landratsamt oder von der kreisfreien Stadt eine auschalgenehmigung erteilt werden, nach der Jugendlihe unter zwölf Jahren das Schießen ausprobieren könen. Es besteht die Gefahr, dass viele Kinder und Juendliche im Alter zwischen acht und zwölf Jahren den chützenvereinen sozusagen verloren gehen, weil sie ich anderen Sportarten zuwenden, etwa der Leichtathleik, dem Basketball, dem Fußball, und so einfach zu spät en Weg in den Schießsport finden und dann natürlich, erade was den Leistungssport anbelangt, sehr stark ins intertreffen geraten. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Richtig!)


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Richtig!)







(A) )



(B) )


Stephan Mayer (Altötting)

Ich bitte die Länder dann aber auch darum, von der
Möglichkeit, sowohl Pauschalgenehmigungen als auch
Einzelfallgenehmigungen zu erteilen, in Zukunft in un-
bürokratischer Weise Gebrauch zu machen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich ist es nie so, dass das Messer oder die
Schusswaffe allein verletzt oder tötet.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Richtig!)


Die Zahl von Schusswaffen und Messern ist aber dafür
ausschlaggebend – das ist genauso richtig –, dass in
Deutschland immer noch zu viele Straftaten mit Schuss-
waffen und Messern verübt werden. Beispielsweise gab
es allein im Jahr 2007 nach Auskunft des Bundeskrimi-
nalamts insgesamt 7 314 gemeldete Fälle von Straftaten
im Zusammenhang mit Waffen. Allein im letzten Jahr
sind insgesamt 16 464 Schusswaffen sichergestellt wor-
den.

Deswegen ist es richtig, dass in Zukunft das Führen
von Messern im öffentlichen Raum stärker reglementiert
ist, dass Einhandmesser und auch Messer mit einer fest-
stehenden Klinge ab einer Länge von 12 Zentimetern
verboten sind.

Zum Abschluss möchte ich darauf hinweisen, dass es
uns als Union Gott sei Dank gelungen ist, den Ausnah-
mekatalog sehr weit zu fassen. Für die professionelle
Ausübung ist das Führen von Messern im öffentlichen
Raum erlaubt. Was den Freizeitbereich angeht, so wur-
den für diejenigen sehr weitreichende Ausnahmen vor-
gesehen,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


die als Angler, Bergsteiger, Segler oder Taucher auf den
Gebrauch von Messern nun einmal angewiesen sind.

Das Führen des Hirschfängers in der bayerischen Le-
derhose – Kollege Grindel hat dankenswerterweise
schon darauf hingewiesen – wird auch in Zukunft erlaubt
sein; das war mir ein großes Anliegen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das war aber ein wichtiger Hinweis!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614609500

Kollege Mayer, können Sie bitte zum Schluss kom-

men?


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1614609600

In dem Sinne kann ich nur alle auffordern, insbeson-

dere die FDP, diesem sehr ausgewogenen und sinnvollen
Gesetzentwurf zuzustimmen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614609700

Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Gabriele

Fograscher das Wort.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Wir als Abgeordnete haben von unserem Recht Gerauch gemacht, den ursprünglichen Entwurf der Bunesregierung zum Waffengesetz zu ergänzen, zu ändern nd in Teilen auch zu verschärfen. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sollten Sie beim BMI immer machen!)

Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1614609800

abei haben wir auch die alltäglichen Erfahrungen der
olizei und den Sachverstand von Experten aufgegriffen.
ber, Herr Wolff, wir haben uns nicht zum Lobbyisten
emacht und deren Wünsche eins zu eins übernommen.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Was soll denn das?)


ie Regelungen, die wir getroffen haben und die wir
eute beschließen, sind Regelungen mit Augenmaß. Die
ustimmung aus anderen Fraktionen zum Entwurf der
oalitionsfraktionen zeigt, dass es vernünftige Regelun-
en sind.

Uns als SPD-Bundestagsfraktion war es besonders
ichtig, das Verbot des Führens von Waffenimitaten,
en sogenannten Anscheinswaffen, und das Verbot des
ührens von gefährlichen Messern in den Gesetzentwurf
ufzunehmen.

Die Anhörung des Innenausschusses war für uns auf-
chlussreich. Es wurden uns verschiedene Schusswaffen
ezeigt. Das waren einmal eine echte Waffe, wie sie die
olizei in NRW benutzt, dann eine Schreckschusswaffe,
ine Gaswaffe und eine Softair-Waffe, die unter das
uropäische Spielzeugrecht fällt. Selbst Fachleute kön-
en diese Waffen nicht voneinander unterscheiden. Das
edrohungspotenzial – Herr Minister Hövelmann hat
ierfür ein anschauliches Beispiel geschildert – ist
norm. Deshalb wollen wir, dass diese Waffen aus dem
ffentlichen Raum verschwinden.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Anscheinswaffen ist in Ordnung!)


n Zukunft ist das Führen dieser Waffenimitate verboten.
in Verstoß gegen das Führungsverbot kann mit einem
ußgeld von bis zu 10 000 Euro geahndet werden.

Ein weiteres Problem, auf das wir mit dieser Novel-
ierung reagieren, ist die Zunahme von Delikten, bei
enen Messer eine Rolle spielen. Hierzu hat uns der
achverständige des Landes Berlin in der Anhörung ein-
eutige Zahlen genannt. Im Jahre 2006 gab es allein in
erlin 1 135 Straftaten, bei denen Messer eingesetzt
urden. 2007 waren es bereits 1 566 Delikte. Das ist

ine Steigerung von fast 38 Prozent binnen Jahresfrist,
nd das allein in Berlin. Diese Zahlen waren und sind für
ns Grund genug, zu handeln.

Die Hamburger Regelung, um die das Waffenrecht
chon im letzten Jahr ergänzt worden ist,


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Die ist vernünftig!)







(A) )



(B) )


Gabriele Fograscher
oder das Hausrecht allein, Herr Wolff, lösen das Problem
eben nicht.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Doch!)


Ich möchte mich an dieser Stelle bei der Senatsinnen-
behörde des Landes Berlin für ihre Initiative und für die
konstruktive Unterstützung, die sie bei der Erarbeitung
dieses Gesetzes für ein Messerführungsverbot gezeigt
hat, bedanken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der ursprüngliche Gesetzentwurf von Berlin mit einer
Beschreibung von verbotenen Klingenformen war sehr
kompliziert und so nicht umsetzbar.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Genau!)


Aber in vielen Gesprächen mit Vertretern der Senats-
innenbehörde und Polizisten aus Berlin haben wir eine
Lösung gefunden, die praktikabel ist und der Polizei zu-
sätzliche Handlungsmöglichkeiten gibt. Spring-, Fall-
und Faustmesser sind bereits verboten. Wir verbieten
jetzt das Führen sogenannter Einhandmesser sowie das
Führen von Messern mit einer feststehenden Klinge; da-
rauf ist schon hingewiesen worden.

Die Einhandmesser sind die Nachfolgemesser – so
muss man das wohl darstellen – der 2003 im Waffenge-
setz verbotenen Butterflymesser. Die Szene reagiert auf
solche Dinge.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Produzenten leider auch!)


Es gibt auch Messer, die eindeutig aus dem militärischen
Bereich stammen und zu keinem anderen Zweck dienen,
als zu verletzen oder gar zu töten. Diese haben in einer
bestimmten Jugendszene und bei jungen Männern Kult-
status. Wir geben der Polizei jetzt die Möglichkeit, ein-
zugreifen, bevor etwas passiert. Es gibt keinen Grund,
mit einem Messer offen und zugriffsbereit im Park, auf
der Straße oder in der U-Bahn zu hantieren.

Wir stellen aber im vorgesehenen § 42 a Abs. 3 des
Waffengesetzes klar, dass Messer im Zusammenhang
mit der Berufsausübung, zum Sport, zur Brauchtums-
pflege oder bei Vorliegen eines berechtigten Interesses
geführt werden dürfen. Dies gilt für den Jäger, den Ang-
ler, den Camper, den Bergsteiger und den Metzger am
Marktstand sowie für den Rebschneider im Weinberg
und natürlich auch für den Trachtler beim Oktoberfest-
umzug.

Durch die Aufnahme des Verbots des Führens sowohl
von Anscheinswaffen als auch von gefährlichen Messern
in das Ordnungswidrigkeitsrecht geben wir der Polizei
einen Ermessens- und Handlungsspielraum und schaffen
im Interesse der Öffentlichkeit ein Mehr an Sicherheit
im Alltag. Herr Wolff, die Polizei wird – da bin ich mir
sicher – verantwortlich mit diesen Spielräumen umge-
hen.


(Beifall der Abg. Silvia Schmidt [Eisleben] [SPD])


Die Gespräche zur Novellierung des Waffenrechts
waren konstruktiv und haben zu einem, wie ich meine,

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(C (D ehr guten Ergebnis geführt. Mein Dank gilt dem Mitbeichterstatter Herrn Grindel, aber auch den Mitarbeiteinnen und Mitarbeitern des BMI und des BMJ sowie der olizei. Leider hat sich die FDP mit falsch verstandener Libealität zum Sprecher von Bedenkenträgern und Lobbyisen gemacht. Wir lehnen die von der FDP vorgeschlaene Beschränkung der Zuverlässigkeitsregelung nach 5 des Waffengesetzes ab. Wer mit einer Waffe umge en will, muss sich insgesamt rechtstreu verhalten. Der ntzug der Erlaubnis ab einer Verurteilung von mehr als 0 Tagessätzen hat für uns generalpräventive Wirkung, nd deshalb halten wir daran fest. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Gesetzentwurf in seiner geänderten Fassung ist
in Beitrag zu mehr innerer Sicherheit. Den berechtigten
nteressen legaler Waffenbesitzer wie Jäger, Sportschüt-
en und Sammler haben wir mit zahlreichen Ausnahme-
egelungen Rechnung getragen. Ich will hier für meine
raktion sagen: Wir erkennen die Arbeit in den Schüt-
envereinen an. Ich komme aus einem Bezirk, in dem
iele aktive Schützen in den Städten und Gemeinden
ute Jugendarbeit leisten. Aber wir konnten dem Anlie-
en der Schützenvereine nicht folgen. Doch ich denke,
ir haben jetzt mit den Ausnahmeregelungen und einer

inheitlicheren Verwaltungspraxis in den Ländern einen
ompromiss gefunden, mit dem wir dem Anliegen ge-

echt werden. Wir wissen, dass wir mit dem Waffenrecht
llein nicht Kriminalität bekämpfen. Aber wir können
it den gefundenen Regelungen im jetzigen Gesetzent-
urf einen wichtigen Beitrag leisten. Deshalb bitte ich
m Zustimmung.

Danke sehr.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614609900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
ung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften. Der
nnenausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 16/8224, den Gesetzent-
urf der Bundesregierung auf Drucksache 16/7717 in
er Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
ie dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
en wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dage-

en? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall.
er Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
timmen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion, der
raktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die
rünen gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angenom-
en.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz-






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
entwurf ist mit den Stimmen der Unionsfraktion, der
SPD-Fraktion, der Fraktion Die Linke und der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP-
Fraktion angenommen.

Wir kommen nun zur Beschlussempfehlung des In-
nenausschusses zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen mit dem Titel „Für ein schärferes Waffen-
gesetz“. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/8224, den An-
trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksa-
che 16/6961 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist ein-
stimmig angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Volker Wissing, Frank Schäffler, Dr. Hermann
Otto Solms, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuer-
gesetzes

– Drucksache 16/7519 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Es ist vereinbart, dass die Reden der folgenden Kolle-
ginnen und Kollegen zu Protokoll gegeben werden:
Manfred Kolbe für die Unionsfraktion, Martin Gerster
für die SPD-Fraktion, Dr. Volker Wissing für die FDP-
Fraktion, Dr. Barbara Höll für die Fraktion Die Linke
und Christine Scheel für die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen.1)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/7519 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Lötzer, Katrin Kunert, Dr. Barbara Höll, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Fördergelder nur als Unternehmensbeteili-
gung

– Drucksache 16/8177 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. – Ich
höre dazu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der
Kollegin Ulla Lötzer für die Fraktion Die Linke.

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q1) Anlage 2

(C (D Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Herr umwinkel und der finnische Konzernchef Kallasvuo aben eines gemeinsam: In ihrer unendlichen Gier nach endite kennen sie keinerlei Grenzen, egal wie viele enschen auf der Strecke bleiben oder welche zerstöre ische Wirkung dies auf die Gesellschaft hat. Alle wissen, das Nokia-Werk in Bochum arbeitet ochrentabel. Aber Gewinne zu erzielen, reicht nicht us. Im Zeitalter grenzenloser Flexibilität und Liberaliierung der Kapitalmärkte ist Gewinn nicht genug. Es uss der höchstmögliche Profit für einige wenige sein. okia hat sich zum Ziel gesetzt, das Vermögen seiner nleger alle fünf Jahre zu verdoppeln. Heute zahlen den reis die Beschäftigten in Deutschland, morgen in Ruänien oder in Finnland. Nokia ist kein Einzelfall, und diese Entwicklung ist icht nur das Resultat des Verhaltens einiger besonders ynischer Konzernchefs, die den Hals nicht voll genug riegen können. Es ist auch das Ergebnis einer Wirtchaftspolitik, die zwar einen grenzenlos freien europäichen Binnenmarkt schafft, aber keine Harmonisierung on Standards – weder sozialer noch ökologischer Art – der von Unternehmensbesteuerung damit verbindet. amit werden Konzernchefs nicht auf ihre soziale Ver ntwortung verpflichtet. Darüber müssen wir allerdings eden und die Konsequenzen daraus ziehen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


(Beifall bei der LINKEN)

Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614610000

Vor fast zwei Jahren hatte ich die Bundesregierung
efragt, was sie unternehmen wolle, um Massenentlas-
ungen parallel zu hohen Gewinnen zu verhindern. In ih-
er Antwort lehnte sie eine Ausweitung von Mitbestim-
ungsrechten ausdrücklich ab und ebenfalls den

esseren Schutz vor Kündigungen. Die Bundesregierung
chrieb in der Antwort, dass mit dem derzeit gültigen
ündigungsschutzgesetz die Arbeitnehmerinnen und
rbeitnehmer vor willkürlichem und sozial ungerecht-

ertigtem Verlust des Arbeitsplatzes ausreichend ge-
chützt seien. Das erzählen Sie heute einmal vor den
erkstoren von Nokia!

Das Ruhrgebiet steht für Solidarität. Das war in der
ergangenheit so und ist auch jetzt so. Allen diesen
enschen, die in Schauspielhäusern, Symphonieorches-

ern, Schulen, Kindergärten und Betrieben arbeiten,
üssen Sie heute eine Antwort darauf geben, wie Sie ih-

en helfen wollen und welche politischen Konsequenzen
u ziehen sind.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


iese Menschen setzen ein Zeichen gegen Shareholder-
alue-Politik der Global Player. Ihre Zeichen fehlen.
randreden vor dem Werkstor, wie Herr Rüttgers sie ins-
eniert, sind verlogen, wenn keinerlei politische Konse-
uenzen daraus folgen.






(A) )



(B) )


Ulla Lötzer
Eine Möglichkeit haben wir Ihnen heute in unserem
Antrag vorgeschlagen: Öffentliche Subventionen für
strukturschwache Regionen sind ein unverzichtbares
wirtschaftspolitisches Instrument. Es darf aber in Zukunft
nicht mehr sein, dass der Staat die knappen öffentlichen
Steuergelder in Millionenhöhe an private Unternehmen
verschenkt. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wer-
den zweimal zur Kasse gebeten: zum einen für die För-
dergelder und zum anderen für die Kosten der Werks-
schließungen. Es reicht nicht aus, 41 Millionen Euro
zurückzufordern, weil die Arbeitsplatzzusagen nicht ein-
gehalten wurden.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wir fordern, direkte Subventionen mit beträchtlicher
regionalwirtschaftlicher Bedeutung durch staatliche Be-
teiligung zu ersetzen. Dies würde die öffentliche Hand
zu Miteigentümern machen und eine Mitsprache bei we-
sentlichen Entscheidungen ermöglichen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Ein Aufsichtsratsbeschluss zur Schließung des Werkes,
wie er nächste Woche getroffen werden soll, wäre dann
nicht möglich.

Jeder und jede bei Nokia Beschäftigte hat allein im
letzten Jahr einen Gewinn von 90 000 Euro erzielt. Statt
einer staatlichen Beteiligung könnten Subventionen auch
alternativ in Form von Belegschaftsanteilen gewährt
werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Damit würden sie unmittelbar an die Interessen der Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer geknüpft. Entsprechend
müssten deren Einfluss und Entscheidungsmöglichkei-
ten auch im Aufsichtsrat weiterentwickelt werden.

Zudem sollten Sie endlich einmal Stellung zu den
Forderungen der Gewerkschaften beziehen, beispiels-
weise im Aufsichtsrat nur mit einer Zweidrittelmehrheit
über Standortverlagerungen entschließen zu können.
Warum gilt das nur bei VW? Warum gilt das nicht gene-
rell? Die Mitbestimmungsrechte sind in die Debatte ein-
zubringen.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Grundgesetz sieht die Sozialbindung des Eigen-
tums vor. Die Bundesregierung – die Koalitionsfraktio-
nen entsprechend – ist in ihrem Handeln dieser Sozial-
bindung verpflichtet – und nicht dem Shareholder-Value
des Nokia-Konzerns. Nehmen Sie diese Verantwortung
endlich wahr! Verhalten Sie sich verfassungsgemäß!

Danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614610100

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Andreas

Lämmel das Wort.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Trübes Wetter, trüber Antrag, könnte man sagen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1614610200

as, was Sie, Frau Lötzer, dazu gesagt haben, ist – es tut
ir leid – noch trüber gewesen. Ich kann nur feststellen:

ch habe die volkseigene Wirtschaft erlebt. Sie haben
iese Erfahrung leider noch nicht machen können. Dort-
in wollen wir nicht zurück.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


„Subventionsheuschrecke“, in diesem Wort drückt
ich der Unmut der Bevölkerung und der Politik über die
ntscheidung von Nokia zur Einstellung der Handypro-
uktion und Schließung des Werkes in Bochum aus.
achdem bekannt wurde, dass Nokia von 1988 bis 1999

nvestitionsbeihilfen von rund 60 Millionen Euro aus der
emeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
irtschaftsstruktur“ und von 1998 bis 2007 rund 10 Mil-

ionen Euro vom Bundesforschungsministerium im Rah-
en der Forschungsförderung erhalten hat, dauerte es

atürlich nicht lange, bis einige Professoren reflexartig
in generelles Ende der Regionalförderung in Deutsch-
and forderten. Natürlich ärgere auch ich mich – das
ebe ich hier offen zu – über die Vorgehensweise von
okia und halte das Verhalten der Konzernspitze für in-

kzeptabel. Aber das Verhalten der Konzernmanager
on Nokia kann man nicht mit dem Verhalten der deut-
chen Wirtschaft insgesamt gleichsetzen.


(Lachen bei der LINKEN – Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as sind angestellte Manager. Sie haben keinen Bezug
um Standort. Sie haben keinen Bezug zu ihren Werken,
ie sie weltweit betreiben. Das unterscheidet sie ganz
rundsätzlich von mittelständischen Unternehmern, die
elbst in der Verantwortung stehen und an Standorte ge-
unden sind, Frau Lötzer. Das ist der große Unterschied.
as Verhalten von Nokia aber können wir überhaupt
icht akzeptieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie fordern nun in Ihrem Antrag, Fördergelder nur als
nternehmensbeteiligung zu gewähren und unter diesem
indruck die Förderregelungen der Gemeinschaftsauf-
abe sofort zu ändern. Künftig soll die betriebliche Ein-
elförderung mit beachtlicher regionalwirtschaftlicher
edeutung nur in Form von öffentlichen Kapitalbeteili-
ungen gewährt werden,


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Sehr gut!)


amit die öffentliche Hand darüber Einfluss auf unter-
ehmerische Entscheidungen im Sinne des Gemein-
ohlinteresses ausüben kann; so Ihr Antrag.


(Zustimmung von der LINKEN)







(A) )



(B) )


Andreas G. Lämmel
Alternativ dazu sollen Subventionen in Form von Beleg-
schaftsanteilen gewährt werden; das hatten Sie gerade
erwähnt.

Als ich mir Ihren Antrag zum ersten Mal durchgele-
sen habe, sind mir sofort ein paar Fragen eingefallen:
Erstens. Was heißt eigentlich „beachtliche regionalwirt-
schaftliche Bedeutung“? Wer beurteilt das denn?


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Das muss politisch vor Ort entschieden werden!)


Zweitens. Woran soll sich denn, Frau Lötzer, der Staat
beteiligen? Soll sich der Staat an Nokia beteiligen oder
soll sich der Staat an der Tochter beteiligen, in die inves-
tiert wird? Es ist völlig offen, woran sich der Staat betei-
ligen soll.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Am besten nirgendwo!)


– Am besten nirgendwo; völlig richtig.

Drittens. Wer soll denn diese Beteiligung verwalten?
Wer soll die geforderten umfangreichen Informations-
und Berichterstattungspflichten bearbeiten?

Viertens. Hätte die staatliche Beteiligung denn etwas
an der Entscheidung von Nokia zum Umzug nach Rumä-
nien geändert?

Um es vorwegzunehmen: Wir halten von Ihrem An-
trag genauso wenig wie von dem generellen Infragestel-
len der Regionalförderung in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Staatliche Beteiligungen an privaten Unternehmen in
großem Stil hatten wir schon einmal. Ich sage Ihnen nur
eines dazu: Die Große Koalition, meine Fraktion und ich
wollen nicht wieder dahin zurück.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Gudrun Kopp [FDP])


Wie absurd Ihr Vorschlag ist, zeigt der Blick auf die
Förderbilanz, Frau Lötzer. Nehmen Sie beispielsweise
den Zeitraum zwischen 2000 und 2006: In diesen sechs
Jahren wurde im Bereich der gewerblichen Wirtschaft in
Deutschland in 22 886 Fällen gefördert. Um die Einheit
zu verkleinern, nehme ich das Beispiel Sachsen: In die-
sen sechs Jahren gab es allein in Sachsen 6 636 Förder-
fälle. Jetzt wollen wir einmal großzügig rechnen und
sagen, dass 50 Prozent davon regionalwirtschaftlich be-
deutsam sind. Sie können selbst ausrechnen, dass die
Bundesländer bzw. der Bund etwa 11 500 staatliche Be-
teiligungen verwalten müssten, wenn Ihr Antrag umge-
setzt würde. Die Gedanken, die Sie sich machen, sind
völlig absurd. Sie sind bar jeglicher Vernunft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Eines bleibt aber festzuhalten, Frau Lötzer: Die Regio-
nalförderung insgesamt ist sinnvoll. Sie hat sich als ein
wirksames Instrument zur Bewältigung des Struktur-
wandels in Deutschland und den anderen EU-Mitglied-
staaten bewährt. In den neuen Bundesländern können

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(C (D ir die Segnungen der deutschen Regionalförderung beonders deutlich spüren. Fakt ist aber auch, dass es keine Massenabwanderung hemals geförderter Unternehmen aus Deutschland gibt. as, was Sie hier dargestellt haben, ist falsch. Nokia geört zu den ganz wenigen Einzelfällen, die man an einer and abzählen kann. Es ist kein Fördertourismus in ang gesetzt worden, was oft von Ihnen behauptet wird. (Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Das habe ich nicht behauptet!)


Natürlich muss man sich immer wieder Gedanken
arüber machen, wie man fördert und welche Instru-
ente man dazu braucht.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Was ist Ihre Alternative?)


s ist auch wichtig, der Frage nachzugehen, ob verlorene
uschüsse immer das geeignete Mittel sind. Vielleicht
ind vor allem zur Förderung des Mittelstandes andere
örderungsformen geeigneter. Darüber kann man disku-

ieren. Ich frage mich nur, warum Sie in den dafür zu-
tändigen Gremien, zum Beispiel im Unterausschuss
Regionale Wirtschaftspolitik“, noch nicht ein einziges
al einen solchen Vorschlag eingebracht haben. Im Ge-

enteil: In diesem Unterausschuss hat die Vertreterin Ih-
er Fraktion die Segnungen der Regionalförderung ei-
entlich immer sehr positiv dargestellt.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Wo steht in dem Antrag: Wir sind gegen Regionalförderung?)


Zusammenfassend möchte ich sagen: Dieser Antrag
st ein populistischer Schnellschuss der Linken. Die er-
olgreiche Strategie der Regionalförderung ändert man
icht aufgrund eines Antrages. Deswegen werden wir
iesen Antrag ablehnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Gudrun Kopp [FDP])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614610300

Das Wort hat die Kollegin Gudrun Kopp für die FDP-

raktion.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1614610400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und

amen! Ich bin nicht überrascht, diesen Antrag vorlie-
en zu haben; denn er passt genau in die Linie der Frak-
ion Die Linke, die 18 Jahre nach der Wiedervereinigung
mmer noch auf Plan- und Staatswirtschaft setzt. Die
inke ist in der sozialen Marktwirtschaft immer noch
icht angekommen und akzeptiert ihre Regeln nicht.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Es geht um soziale Gerechtigkeit!)


on daher kann ich nur sagen: Man sollte sich mit die-
em Antrag gar nicht lange aufhalten. Das ist völlige Il-
usion. Der Weg, den Sie beschreiten wollen, ist ein Irr-
eg.
Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Ist Nokia besser?)







(A) )



(B) )


Gudrun Kopp
Das hat sich zigmal bewahrheitet. Das ist einfach nicht
der Fall. Ich will aber ausdrücklich darauf hinweisen,
dass meine Fraktion das Verhalten der Nokia-Manager
kritisiert.

Ich wage einen Blick auf die Förderung insgesamt.
Frau Lötzer, in Ihrem Antrag sprechen Sie davon, dass
die regionale Wirtschaftsförderung ein unverzichtbares
Element ist. Schauen wir einmal genauer hin. Ich ver-
weise auf den letzten Bericht des Bundesrechnungsho-
fes, der gerade an der regionalen Förderung einiges zu
kritisieren hatte. Ich zitiere zwei Hauptkritikpunkte. Im
Bericht steht, diese Förderungen seien unzureichend
kontrolliert


(Zuruf von der LINKEN: Genau!)


und das Parlament sei unvollständig informiert, und es
gebe nicht genügend Angaben über gescheiterte Vorha-
ben und über Arbeitsplätze, die dauerhaft geschaffen
wurden. Damit müssen wir uns auseinandersetzen.

Ich halte es für besonders problematisch, dass bei der
regionalen Strukturförderung die Bedürftigkeit des För-
dermittelempfängers nicht geprüft wird. Im Gegenteil:
Wir haben im Unterausschuss gehört, dass das Geld eben
nicht an finanzschwache, sondern ganz gezielt an finanz-
starke Unternehmen gehen soll. Außerdem sei das ein-
zige Ziel dieser Förderung, die Standortansiedlung
strukturpolitisch zu beeinflussen.

Ich möchte, dass wir im Parlament und in den Aus-
schüssen über diese Zielsetzung noch einmal nachden-
ken und darüber, wie sinnvoll diese Förderung sein
kann, wenn wir in Einzelfällen fördern. Ich sehe durch-
aus, dass es bei der Evaluierung Verbesserungen gibt.
Wir haben gehört: Es gibt jetzt eine Ist-Soll-Gegenüber-
stellung bei den Förderungen. Ich finde, das ist ein Fort-
schritt. Das muss man ausdrücklich so sagen. Aber bei
anderen Wirtschaftsförderungsprogrammen – auch das
haben wir gehört – gibt es so gut wie keine Evaluierung.

Ich muss Ihnen sagen: Wenn wir die Wirtschaftsun-
ternehmen insgesamt sehen, die kleinen, mittelständi-
schen bis hin zu den größeren und großen, dann besteht
natürlich die Gefahr, dass durch eine staatliche, eine öf-
fentliche Förderung ein Ungleichgewicht entsteht. Wenn
nach dem Gießkannenprinzip gefördert wird, schafft
diese Förderung mehr Ungerechtigkeit im Wirtschafts-
gefüge. Davor möchte ich warnen. Ich sage: Wir müssen
uns die Förderungen genauer anschauen, und zwar auch
mit Blick auf die Transparenz. Auch das war ein Punkt
im Unterausschuss „Regionale Wirtschaftsförderung“.
Hierzu haben wir gesagt, dass die Transparenzrichtlinie
der EU umgesetzt werden muss; wir haben gehört, dass
diese Umsetzung derzeit erfolgen soll. Denn es muss
doch für Mitbewerber und für uns, für alle am Markt
Teilnehmenden, feststellbar und nachvollziehbar sein,
welche Unternehmen in welchem Umfang öffentliche
Fördermittel bekommen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Da hinken wir hinterher. Ich finde, auf diesen Punkt
müssen wir unbedingt achten.

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(C (D Unter dem Strich: Die soziale Marktwirtschaft hat ich ohne Zweifel bewährt. Wir brauchen keine Staatsirtschaft. Wir brauchen nicht den Staat als Miteigentüer von Unternehmen. m Gegenteil: Das ist eher schädlich, als dass es nutzt. ir sollten uns zur Auflage machen, bei der staatlichen örderung noch genauer hinzuschauen und zielgenauer orzugehen, damit wir die Wirtschaft insgesamt nicht it Störfeuer versehen und nicht aus dem Gleichgewicht ringen, sondern sie gezielt unterstützen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Widerspruch bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614610500

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Garrelt

uin das Wort.


Garrelt Duin (SPD):
Rede ID: ID1614610600

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol-

egen! Wir haben es bei diesem Tagesordnungspunkt mit
weierlei zu tun: zum einen mit einer erneuten Bewer-
ung der Vorgänge um die Werksschließung bei Nokia in
ochum und zum anderen mit der grundsätzlichen
rage, wie wir mit Beihilfen von unserer Seite aus um-
ehen wollen. Eines ist klar: Hektische Standortschlie-
ungen wie die in Bochum weisen vor allen Dingen auf
ines hin, nämlich auf schwerwiegende Management-
ehler. Ein leistungsstarkes Management stellt sich
echtzeitig auf Veränderungen ein, bringt Umstrukturie-
ungen voran und wartet nicht bis zur letzten Minute, um
ine Werksschließung bekanntzugeben.

Der in Europa zuständige Industriekommissar, Günter
erheugen, sagte – ich darf das kurz zitieren –:

Das Verhalten von Nokia ist Ausfluss einer neuen
Religion, die den Shareholder-Value vergöttert. Das
ist der falsche Weg. Wenn, wie im Fall Nokia, un-
ternehmerische Verantwortung gegenüber den Ar-
beitnehmern und dem Standort von reiner Profitma-
ximierung abgelöst wird, so wird das Vertrauen in
die Zuverlässigkeit und Gerechtigkeit der sozialen
Marktwirtschaft gefährdet.

Ich möchte mich diesen Worten von Günter
erheugen ausdrücklich anschließen. Ich glaube – des-
egen habe ich ihn zitiert –, dass wir auf europäischer
bene solche Partner brauchen, wenn es um die Frage
eht, wie wir unsere Fördermechanismen nach der EU-
sterweiterung an europäische Entwicklungen, aber

uch an die Globalisierung anpassen können.

Ich komme zu den Vorgängen in Bochum zurück.
ine Werksschließung zu verkünden, ohne gemeinsam
it den Beschäftigten auch nur den Versuch zu unter-

ehmen, den Standort fortzuentwickeln und nach Re-
trukturierungswegen zu suchen, das ist eines internatio-
al so erfolgreichen Unternehmens unwürdig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Garrelt Duin
Verbunden mit dem Wissen um das Unternehmenser-
gebnis des letzten Jahres – ein Rekordgewinn von
7,2 Milliarden Euro und eine Rendite von über
20 Prozent – ist das Verhalten der Konzernleitung ge-
genüber den Beschäftigten und der gesamten Region
vollkommen unverantwortlich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Denn diesen Gewinn, den das Unternehmen gemacht
hat, haben die Beschäftigten erarbeitet. Das ist der erste
wichtige Faktor.

Der zweite wichtige Faktor ist: Diesen Gewinn haben
die Verbraucherinnen und Verbraucher bezahlt. Es gab
gutes Geld für gute Produkte mit einem guten Image.
Dieses gute Image ist – das füge ich hinzu – hoffentlich
nachhaltig beschädigt.

Werksschließungen können durch Beihilfen nicht ver-
hindert werden. Allerdings können die Standortnachteile
strukturschwacher Regionen durch Subventionen oder
Beihilfen verbessert werden; damit hat Deutschland in
der Wirtschaftsförderung gute Erfahrungen gemacht.
Dort, wo sie angebracht sind, haben sie maßgeblich zum
Aufbau wirtschaftlicher Strukturen beigetragen. Wir
können mit unseren Beihilfen dafür sorgen, dass regio-
nale Ungleichgewichte in Deutschland, aber auch in Ge-
samteuropa – das, was bei Nokia geschehen ist, ist
schließlich ein europäisches Problem – ausgeglichen
werden.

Das heißt nicht, dass wir dadurch die Region Bayeri-
scher Wald oder meine Heimatregion Ostfriesland sozu-
sagen auf die gleiche Höhe heben, auf der andere, beson-
ders erfolgreiche Wirtschaftsregionen sind. Wir können
aber dafür sorgen, dass ein Ausgleich stattfindet, dass es
zu einer Angleichung der Lebensverhältnisse kommt
und dass wir für die Unternehmen und die Unternehmer
die Voraussetzungen schaffen, die notwendig sind, damit
sie sich in diesen Gebieten ansiedeln. Dafür sind eine
solche Wirtschaftspolitik und eine solche Förderpolitik
da.

Die Erfolge der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse-
rung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ sind messbar
und sehr beeindruckend; darauf hat Kollege Lämmel
schon hingewiesen. Seit 1991 konnten wir im Rahmen
der GA-Förderung Investitionen in Höhe von rund
200 Milliarden Euro anstoßen. Dadurch konnten in
Deutschland fast 1 Million zusätzlicher Dauerarbeits-
plätze geschaffen und 1,5 Millionen Arbeitsplätze gesi-
chert werden.

Ich sage noch einmal: Werksschließungen können wir
auch durch eine Reform der Wirtschaftsförderung nicht
vollkommen verhindern. Hierzu sind auf europäischer
Ebene weitere Elemente notwendig, die wir mit ansto-
ßen müssen. Das möchte ich an einem Beispiel verdeut-
lichen: Wir brauchen mehr denn je eine europaweite
Steuerpolitik. Wenn wir nicht auf europäischer Ebene im
Hinblick auf die Unternehmensbesteuerung in Europa
Mindeststeuersätze vereinbaren, dann werden uns solche
Fälle wie der von Nokia in Bochum immer wieder be-

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(C (D egnen. Deswegen besteht hier dringender Handlungsedarf. (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Gleichwohl, Frau Lötzer, ist es nicht so – auch das hat
err Lämmel schon deutlich gemacht –, dass es zu einer
iesenwelle der Verlagerung von Jobs ins Ausland ge-
ommen ist.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Ich habe auch nicht gesagt, dass das stattgefunden hat!)


n diesem Zusammenhang möchte ich eine Studie er-
ähnen, die wahrscheinlich auch Sie in Ihren Büros ha-
en.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Das, was Sie gerade gesagt haben, habe ich aber nicht behauptet!)


iese Studie wurde übrigens vom DGB veröffentlicht;
aher dürfte sie auch aus Ihrer Sicht unverdächtig sein.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Nicht durch Tatsachen verwirren lassen! – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Ja!)


as Ergebnis ist, dass es seit dem Jahre 2005 bei
Prozent der Betriebe zu Verlagerungen gekommen ist,

ass allerdings in nur 20 Prozent der Fälle auch die Jobs
ns Ausland verlagert worden sind. Viele Jobs konnten in
eutschland gehalten werden. Ein Fünftel der angekün-
igten Verlagerungen wurde nicht vorgenommen. In fast
5 Prozent der Fälle ist es sogar zu einer Rückverlage-
ung nach Deutschland gekommen. Das hat viel mit Zu-
eständnissen der Belegschaften zu tun, aber auch mit
er Intervention von Gewerkschaften und mit öffentli-
hem Druck.

Solche Zahlen nützen den Menschen, die in Bochum
etroffen sind, nichts. Es geht jetzt darum, genau zu
berprüfen, welche konkreten Vorgänge es bei den Bei-
ilfen in Bochum gegeben hat. Wir wissen: Viele Millio-
en Euro aus der GA sind dorthin geflossen. Das Land
ordrhein-Westfalen prüft jetzt, inwieweit die gesetzlich
orgeschriebenen Strukturen geschaffen wurden. Ich
offe, dass das Land in dieser Auseinandersetzung er-
olgreich sein wird.

Ich will zum Schluss zu dem Antrag der Linken kom-
en. Sie fordern – ich zitiere –,

Lehren aus dem Fall Nokia zu ziehen und mit sofor-
tiger Wirkung die Förderregeln insbesondere der
Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regiona-
len Wirtschaftsstruktur“ so zu ändern, dass betrieb-
liche Einzelförderungen mit beträchtlicher regional-
wirtschaftlicher Bedeutung in Form von öffentlichen
Kapitalbeteiligungen oder Belegschaftsanteilen in
entsprechender Höhe gewährt werden.

Ich habe lange überlegt, welchen VEB man für Han-
ys gegründet hätte – wahrscheinlich einen „VEB Ka-
elloses Ferngespräch“. Ich will damit sagen: Ihre For-
erung ist absolut falsch. Wir wollen keinen Staat, der






(A) )



(B) )


Garrelt Duin
Anteile von bzw. Beteiligungen an einer Vielzahl von
Unternehmen erwirbt.


(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ach ja? Was ist mit den Volksaktien?)


Herr Lämmel hat darauf ausdrücklich hingewiesen. Diese
Forderung macht deutlich, dass Sie sich mit den Grund-
gedanken der Marktwirtschaft nach wie vor nicht ausrei-
chend auseinandergesetzt haben. Würde man Ihrem Vor-
schlag folgen, gäbe es keine Abgrenzung mehr zwischen
Aufgaben des Staates und Aufgaben der Privatwirtschaft.
Ich bin davon überzeugt, dass eine Beteiligung an Verlus-
ten von Unternehmen – man lese die Begründung Ihres
Antrages! – die Möglichkeiten des Staates bei weitem
überschreiten würde.

Im Übrigen haben Sie in Ihrem Antrag den Grundsatz
der zeitlichen Befristung einer Förderung der regionalen
Wirtschaft außer Acht gelassen. Wie soll das denn funk-
tionieren, wenn sich der Staat an einem Unternehmen
beteiligt? Wenn wir bei der Befristung von fünf Jahren
blieben, müssten die Anteile dann, egal welche wirt-
schaftliche Situation wir haben, nach fünf Jahren wieder
veräußert werden? Oder sollte der Staat die Anteile auf
Dauer, auf ewig und drei Tage, halten? Beide Varianten
hielte ich für falsch.

Sie erheben ferner die Forderung,

dass damit in den Aufsichtsräten und entsprechen-
den Unternehmensgremien … Entscheidungsmög-
lichkeiten für die öffentliche Hand … verbunden
sind.

Das ist ebenfalls Unsinn. Sie erwecken den Eindruck,
als ob staatliche Stellen ein Unternehmen per se besser
führen könnten als die Privatwirtschaft.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Das haben wir gesehen!)


So allgemein kann man das wohl nicht unterschreiben;
deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen

Wir müssen gleichwohl darüber nachdenken, wie wir
die Fördermöglichkeiten des Bundes im Konzert mit der
Europäischen Union und mit den Bundesländern opti-
mieren können. Es ist ja nicht so, dass man sagen
könnte: Das ist alles perfekt. Wir müssen sicherlich
Überlegungen anstellen, aber Ihr Vorschlag führt nicht
zum Ziel. Deswegen werden wir ihn ablehnen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Machen Sie doch einen besseren Vorschlag!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614610700

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

Kollegin Dr. Thea Dückert das Wort.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1614610800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Natürlich müssen wir über die nationale und internatio-
nale Subventionspraxis diskutieren, und natürlich müs-

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(C (D en wir über Mitarbeiterbeteiligungen als eine neue orm der Unternehmenskultur diskutieren. Wir Grüne aben hierzu schon wichtige Vorschläge in das Parlaent eingebracht. Frau Lötzer, Sie haben im Zusammenhang mit Nokia on Verlogenheit der Politik gesprochen. Dann ist Ihr ntrag die Spitze der Verlogenheit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


ch will Ihnen auch sagen, warum. Sie suggerieren, dass
eispielsweise im Fall Nokia eine öffentliche Beteili-
ung in Höhe der dort getätigten Subventionen die skan-
alöse Praxis der Arbeitsplatzverlagerung nach Rumä-
ien verhindert hätte. Sie wissen sehr gut, dass dies
egenüber den Beschäftigten ein ganz billiger Populis-
us ist.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN der SPD und der FDP – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Es ist eine einfache Rechnung der Aufsichtsratsmehrheit!)


Sie gehen sogar noch weiter. Sie tun so, als ob die
raxis der Umwandlung von Subventionen in öffentliche
eteiligungen bei anderen Fällen in Deutschland, die es
urchaus gibt, diese Form der Unternehmenspolitik ver-
indert hätte.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das ist doch nur eine Behauptung! Argumentieren Sie doch einmal!)


ie thematisieren in keiner Weise, wie hoch die Beteili-
ungen des Staates für welche Unternehmen sein müss-
en, um damit Einfluss auf das Unternehmen zu nehmen.
ie betreiben nicht nur Volksverdummung, sondern Sie
chwelgen auch noch in der Nostalgie einer ziemlich
ückwärtsgewandten Stamokap-Vorstellung, die wir längst
berwunden haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil er eine zu Recht kri-
isierte unpräzise Subventionspraxis in eine schleichende
auschale Verstaatlichung überführen will. Für die öko-
omischen Probleme in Deutschland gibt es in dieser
orm keine Lösung.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Das ist keine Verstaatlichung!)


Natürlich ist es richtig und notwendig, zu kritisieren,
ass der Gang nach Rumänien von Nokia auch dazu ge-
utzt wird, die Kosten dieser Arbeitsplatzverlagerung in
eutschland von der Steuer abzusetzen. So etwas ist
berhaupt nicht akzeptabel. Hier muss man ansetzen.
ber der Ruf nach mehr Staat in den Unternehmen ist
ach unserer Auffassung der völlig falsche Weg.

Wir müssen bei der Wirtschaftsförderung über die
ahmenbedingungen diskutieren. Hier ist der Staat ge-

ordert. Eine solche Förderung muss klug und die Sub-
entionspraxis so angelegt sein, dass nicht immer nur die






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert
großen Unternehmen bedacht werden. Vielmehr muss
die Infrastruktur gefördert werden. Das Problem zum
Beispiel bei Nokia ist, dass nach fünf Jahren, nachdem
das Geld einkassiert war und sich Nokia vom Acker
machte, nichts mehr verbleibt. Die Förderung von Infra-
struktur, zum Beispiel in Form einer Schienenanbindung
in strukturschwachen Regionen oder einer Breitbandan-
bindung und Vernetzung, ist allemal wichtiger als eine
Subventionspraxis, die sich in Europa und in Deutsch-
land auf große Unternehmen konzentriert.


(Andreas G. Lämmel [CDU/CSU]: Das stimmt gar nicht!)


Die Gelder, die für Subventionen bereitgestellt wer-
den, landen in Deutschland und Europa nur zu 11 Pro-
zent bei kleinen und mittleren Unternehmen. Das ist ein
Skandal. Aber dazu sagen Sie von der Linken nichts,
weil auch Sie nur an Großbetriebe denken. Sie setzen
eben nicht da an, wo der Motor für Beschäftigung und
ökonomische Entwicklung ist, nämlich bei kleinen und
mittleren Betrieben.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614610900

Kollegin Dückert, bitte kommen Sie zum Schluss.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1614611000

Ich komme zum Schluss. – Natürlich brauchen wir als

Starthilfe für Existenzgründungen, Innovationen und
strukturschwache Regionen den Einsatz von öffentlichen
Mitteln. Natürlich müssen wir darüber diskutieren. Aber
das, was Sie vorschlagen, ist der Wolf im Schafspelz. Da
machen wir nicht mit.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614611100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
Drucksache 16/8177 zur federführenden Beratung an
den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie und zur
Mitberatung an den Finanzausschuss und an den Aus-
schuss für Angelegenheiten der Europäischen Union zu
überweisen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? –
Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 29 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Miriam
Gruß, Gisela Piltz, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Konkretes und tragfähiges Konzept zur Be-
kämpfung von Extremismus, Fremdenfeind-

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(C (D lichkeit und Antisemitismus vorlegen und zeitnah umsetzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Diana Golze, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Fortführung und Verstetigung der Programme gegen Rechtsextremismus – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Beratungsprojekte gegen Rechtsextremismus dauerhaft verankern und Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung berücksichtigen – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Lazar, Irmingard Schewe-Gerigk, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rechtsextremismus ernst nehmen – Bundesprogramme Civitas und entimon erhalten, Initiativen und Maßnahmen gegen Fremdenfeindlichkeit langfristig absichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Lazar, Britta Haßelmann, Irmingard ScheweGerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bundesmittel nicht verschwenden – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus nachhaltig fördern – Drucksachen 16/2779, 16/1542, 16/4807, 16/1498, 16/4408, 16/5816 – Berichterstattung: Abgeordnete Thomas Dörflinger Sönke Rix Miriam Gruß Diana Golze Monika Lazar Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die nionsfraktion die Kollegin Katharina Landgraf. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt ohl kaum ein Thema, das so sehr zum Aktionismus anegt wie das Thema Rechtsextremismus. Alle werden ktiv und schreiben sich auf die Fahne, ihn aus Deutschand verbannen zu wollen. Nur um es gleich zu Beginn estzustellen: Dieses Ziel verfolgen wir alle, allerdings eder auf seine eigene Art und Weise. Wir, die CDU/ SU-Fraktion, und unser Koalitionspartner, die SPDraktion, haben daher beschlossen, keinen eigenen An rag vorzulegen. Wir handeln lieber gleich, und zwar so, Katharina Landgraf dass die Anträge der Opposition längst von den Aktivitäten der Bundesregierung überholt werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sönke Rix [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU)

Katharina Landgraf (CDU):
Rede ID: ID1614611200




(A) )


(B) )


Mittlerweile gibt es das neue Programm „Jugend für
Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextre-
mismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ oder
kurz „Vielfalt tut gut“. Darin werden 90 lokale Aktions-
pläne und 93 Modellprojekte gefördert. Hierfür sind im
Haushalt 2007 Mittel in Höhe von 19 Millionen Euro be-
reitgestellt worden. Im Übrigen entspricht dies genau der
Summe, die im Antrag der Linken gefordert wird. – Er-
staunlich, dass Sie sich in diesem Punkt der Regierungs-
koalition anschließen wollen!

Zusätzlich zu diesem präventiv ausgerichteten Pro-
gramm sind weitere 5 Millionen Euro für das ergänzende
Programm „Förderung von Beratungsnetzwerken – Mo-
bile Intervention gegen Rechtsextremismus“ verfügbar.
Hier wird der Schwerpunkt auf anlassbezogene Interven-
tionen gegen Rechtsextremismus gesetzt.

Sie sehen also, die Programme werden nicht nur er-
folgreich weitergeführt, sondern die Mittel dafür wurden
sogar erhöht. Auch ist sichergestellt, sehr geehrte Damen
und Herren von der FDP, dass, wie in Ihrem Antrag ge-
fordert, keine Lücken bei der Fortführung und Finanzie-
rung der Maßnahmen gegen Rechtsextremismus entste-
hen.

Ihre Forderung nach Kampagnen im Bereich des
Sports ist ebenfalls bereits erfüllt. So gab es zum Bei-
spiel in Leipzig im Sommer 2007 ein Projekt mit dem
Namen „Cool down, kick off! – Straßenfußball für Tole-
ranz“. Ziel ist es, dass Kinder und Jugendliche lernen,
auf friedliche Weise Konflikte zu lösen und Schwächere
ins Team einzubinden. Sie werden für Respekt und
Teamgeist begeistert und stärken ihre Sozialkompeten-
zen. Außerdem gibt es das stetig fortlaufende Projekt
„Footpower“, auf Deutsch „Kraft der Füße“, ebenfalls in
Leipzig. Es soll Kindern und Jugendlichen beim Fuß-
ballspielen Regeln und Respekt vermitteln, ihren Ehr-
geiz wecken und ihnen helfen, an sich selbst zu glauben.
Ihr Toleranzverständnis wird gefördert, und es wird mit
rassistischen Vorstellungen aufgeräumt. Das entspricht
dem, was schon der Friedensnobelpreisträger Nelson
Mandela sagte: Fußball ist eine der wichtigsten Aktivitä-
ten, die Menschen zusammenbringt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sönke Rix [SPD])


Dies sind nur zwei beispielhaft herausgegriffene Pro-
jekte, von denen es in ähnlicher Form über Deutschland
verteilt unzählige gibt. Alle sind durch das Bundespro-
gramm „Vielfalt tut gut“ gefördert, und alle sind kleine
Mosaiksteine im großen Bild einer toleranten Gesell-
schaft.

Das jetzt aufgestellte Programm berücksichtigt zu-
dem die Evaluierung bestehender bisheriger Programme,


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben nicht!)


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(C (D ie der Frage nachging, welche Strukturen sich bewährt aben und welche nicht. Alles einfach nur weiterzufühen, verehrte Kollegin Lazar, was sich bisher entwickelt at, ist nicht nur sachlich falsch, sondern auch im Hinlick auf den Einsatz öffentlicher Mittel nicht zu verantorten. Das Programm „Vielfalt tut gut“ setzt gerade im juendpolitischen Bereich stark auf Prävention. Ich kann ies in meinem Wahlkreis im Muldental verfolgen. Man uss bereits bei den Kindern beginnen, damit sich extreistisches Gedankengut gar nicht erst in ihren Köpfen estsetzen kann. Dies gilt in erster Linie für die besoners anfälligen männlichen Jugendlichen. Kollegin Landgraf, gestatten Sie eine Zwischenfrage er Kollegin Lazar? Ja, bitte. Da Sie gerade Ihren Wahlkreis ansprechen, komme ch auf etwas zurück, worüber wir uns bereits in einer er letzten Debatten unterhalten haben. Gerade im Mulentalkreis gab es mit dem neuen Programm „Vielfalt tut ut“ Schwierigkeiten, weil in dem lokalen Aktionsplan is zuletzt von der Verwaltung versucht wurde, eine sehr rfahrene Initiative, das „Netzwerk für Demokratische ultur“ in Wurzen, auszugrenzen. Es bedurfte erst der ntervention von vielen Seiten, damit diese Initiative in en lokalen Aktionsplan einbezogen werden konnte. etzt klappt das zwar alles, aber stimmen Sie mir zu, ass es auch bei dem neuen Programm Schwierigkeiten ab, insbesondere wenn es in der lokalen Verwaltung anesiedelt ist? Ich sehe nicht, dass es dort Schwierigkeiten gibt. Ich laube, dass sich die Akteure erst finden müssen. In dieem Prozess der Findung hat der Kreistag sogar noch eiene Mittel bereitgestellt, (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Hervorragend!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614611300
Katharina Landgraf (CDU):
Rede ID: ID1614611400
Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1614611500
Katharina Landgraf (CDU):
Rede ID: ID1614611600

amit weitere Programme und Initiativen gefördert wer-
en konnten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich finde es gut, Frau Lazar, wenn wir nicht von der
einen Bundeszuständigkeit ausgehen, sondern das
hema auch als Sache der Länder und insbesondere der
ommunen ansehen. Daran müssen sie sich erst einmal
ewöhnen. Dabei gibt es leichte Einarbeitungsprobleme
nd Kompetenzgerangel, wie es überall der Fall ist. Ich
öchte aber betonen, dass der Prozess erfolgreich verlau-

en ist. Wir haben jetzt im Muldentalkreis ein Superpro-
ramm, dessen Fördervolumen über die 100 000 Euro hi-
ausgeht, die der Bund jährlich bereitstellt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Katharina Landgraf
Die Kommunen und Landkreise waren zunächst nicht
informiert, an welchen Orten welche Projekte umgesetzt
werden sollten. Jetzt erhalten sie die Bundesmittel di-
rekt. Damit wird sichergestellt, dass alle demokratischen
Kräfte zusammenarbeiten.

Diese Meldungen zeigen mir, dass wir auf dem richti-
gen Weg sind. Eine sinnvolle Ergänzung des Programms
„Vielfalt tut gut.“ ist das zusätzliche 5-Millionen-Euro-
Programm zur Förderung von Beratungsnetzwerken
– das entspricht Ihrer Forderung nach zusätzlichen Mit-
teln, die ich immer unterstützt habe –, bei dem es im
Wesentlichen darum geht, bei Vorfällen mit rechtsextre-
mistischem Hintergrund mobile Interventionsteams ein-
zusetzen. Auch das hat sich bewährt. Die Beratungskom-
petenz der mobilen Beratungsteams, die seinerzeit im
Programm „Civitas“ entwickelt wurden, wird ausdrück-
lich mit einbezogen. Die Behauptung, dass die bisher ge-
förderten Initiativen leer ausgingen, ist also falsch.

Bei aller Notwendigkeit, gegen Rechtsextremismus
vorzugehen, betone ich, dass es sich dabei nicht allein
um eine Aufgabe des Bundes handelt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Johannes Singhammer [CDU/ CSU]: Das machen wir!)


Es sollen viele Akteure vor Ort mitwirken. Das ist so ge-
wollt. Denn schließlich geht es um die Menschen vor Ort
und darum, die gesamte Gesellschaft einzubinden. Ziel
muss es sein, eine breite Bewegung für Vielfalt und To-
leranz und damit gegen Extremismus ins Leben zu rufen
und zum Hinsehen aufzufordern. Dass sich Linksextre-
misten zur Bekämpfung von Rechtsextremisten beauf-
tragt sehen, ist ein denkbar ungeeigneter Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Demokratie verträgt keinerlei Extremismus.

Wir müssen uns fragen, wie bei jungen Menschen ex-
tremes Gedankengut entsteht. Dazu trägt ein großes
Bündel von Faktoren bei, angefangen mit Perspektiv-
losigkeit – egal ob tatsächlich oder nur eingebildet –
über das Fehlen eines gefestigten Wertekanons und der
Suche nach Orientierung oder Heimatgefühl bis hin zu
fehlendem Selbstwertgefühl und der Beeinflussung
durch das persönliche Umfeld.

Man muss also bei der Stärkung des Selbstwertgefühls,
beispielsweise durch Anerkennung, und der politischen
Bildung durch Angebote zur Teilhabe am politischen und
gesellschaftlichen Leben ansetzen. Persönliche Miss-
erfolge dürfen nicht reflexartig der Demokratie in die
Schuhe geschoben werden.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Um die genannten Ziele zu erreichen, gibt es eine
Reihe von Aktivitäten. Allen voran ist die Arbeit der
Bundeszentrale für politische Bildung zu nennen. Sie
gibt Publikationen heraus, die zum großen Teil kostenlos
an Schüler und Lehrer abgegeben werden. Des Weiteren
organisiert sie zum Beispiel Veranstaltungen mit Zeit-
zeugen, präsentiert Filme und gestaltet Ausstellungen.

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(C (D Aber auch andere Organisationen sind mit immer euen Ideen am Start. Das Anne-Frank-Zentrum testet erade im Rahmen eines Pilotprojekts in den siebten bis ehnten Klassen an Berliner Schulen einen Comic, der n die Lebensgeschichte von Anne Frank angelehnt ist. eschichtslehrer haben beobachtet, dass sie ihre Schüler icht mehr erreichen, wenn es um die NS-Zeit geht. äufig schalten Schüler bei einer zu intensiven Beschäf igung mit dem Thema im Unterricht auf Durchzug, enn sie nur das Wort Auschwitz hören. Ein gelungener Unterricht muss sich aber nicht nur it historischen Ereignissen, sondern auch mit einzelnen ebensgeschichten beschäftigen. An dieser Stelle setzt er Comic an. Das sind gute Beispiele dafür, wie mit niedrigschweligen Angeboten das Interesse der Kinder und Jugendlihen geweckt und auch erhalten werden kann. Das kann uch zu großer Eigeninitiative führen. In meinem Wahlkreis in Grimma haben Schüler der chten und neunten Klasse ein Theaterstück selbst entickelt. Der Titel lautet „No Navigation. Ohne Peilung“. as zentrale Thema ist: Wie geraten Jugendliche in den og rechtsextremer Gruppen? Das Stück wurde im Somer 2007 am Grimmaer Johann-Gottfried-Seume-Gym asium aufgeführt. Danach wurde es ausgewertet und arüber mit Schulklassen diskutiert. Das ist ein extrem ohnendes und Denkanstöße gebendes Stück. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die Medien tragen aber auch zum Kampf gegen das
ergessen bei. Letzten Montag lief im Fernsehen bei-
pielsweise der Film „Sophie Scholl“ zum Gedenken an
en Tag der Ermordung der studentischen Widerstands-
ämpferin und ihrer Mitstreiter. Die Aufarbeitung der
errschaft der Nationalsozialisten erfolgt in unserer Zeit

lso glücklicherweise mehr denn je.

Mein Fazit: Wir sollten die laufenden Projekte weiter
nterstützen und viele Menschen mitnehmen. Die Me-
ien bitte ich eindringlich, nicht nur über rechts- und
inksextreme Übergriffe zu berichten. Sie sollten auch
abei sein, wenn sich Menschen einmischen und Cou-
age zeigen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Abschließend möchte ich darum werben, unser aller
rbeit und die Programme unter die neue Überschrift
ngagement für Bildung und Demokratie zu stellen. Das
chließt Kampf gegen jegliche Form von Extremismus
in.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614611700

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege

hristian Ahrendt.






(A) )



(B) )


Christian Ahrendt (FDP):
Rede ID: ID1614611800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Frau Landgraf, Sie haben zu Recht bemerkt,
dass es bei der Bekämpfung von Extremismus, Frem-
denfeindlichkeit und Antisemitismus nicht auf Aktionis-
mus ankommt. Aber die Anträge liegen seit 2006 vor.
Die Regierung hat sehr lange gebraucht, um überhaupt
etwas auf den Weg zu bringen.

Das eigentliche Thema ist die Frage, wie man Extre-
mismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus be-
kämpfen will. Setzt man auf kurzfristige, anlassbezo-
gene Konzepte, oder setzt man lieber auf langfristige
Strategien? Diese Frage gilt es zu beantworten. Wenn
man auf kurzfristige Konzepte setzt, hat man sicherlich
die Chance, schnell Ergebnisse zu erzielen. Das Problem
kurzfristiger Konzepte ist aber, dass sie nicht das Verhal-
ten ändern. Man braucht sehr lange, um Verhalten zu än-
dern. Wir alle kennen das von den Diäten, die man im
Frühjahr macht, wenn man sich über die Pfunde ärgert,
die man sich im Winter zugelegt hat. Man hungert ein,
zwei Wochen. Dann fallen die Pfunde. Aber anschlie-
ßend setzt der Jo-Jo-Effekt ein, weil man sein Verhalten
nicht geändert hat. Auch bei den Konzepten kommt es
darauf an, langfristig zu handeln. Gerade hier steuern Sie
in die falsche Richtung, weil Sie nur den kurzfristigen
Erfolg im Auge haben.


(Katharina Landgraf [CDU/CSU]: Nein! Zuhören!)


Wenn Sie langfristige Konzepte verfolgen wollen,
müssen Sie entsprechende Strukturen aufbauen. Diese
wirken wesentlich früher und präventiv. Sie können auch
nicht ausschließlich auf die Schüler abstellen. Es gibt
viele Strukturen, die verhindern, dass man an sie heran-
kommt. Zum Beispiel gehen viele gar nicht mehr zur
Schule. Man muss dorthin gehen, wo die Menschen sind,
um sie zu erreichen. Ich denke zum Beispiel an die dörf-
lichen Strukturen in Mecklenburg-Vorpommern. Wir
brauchen dort örtliche Beratungsstellen und Präventiv-
teams. Diese dürfen nicht – das gilt auch für die zu tref-
fenden Personalentscheidungen – auf kurzfristiges, son-
dern müssen auf langfristiges Agieren ausgerichtet sein.
Das ist die Hauptkritik, die wir an den Konzepten üben,
die die Bundesregierung vorgelegt hat.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


– Es ist doch schön, dass Sie nach der Rede von Frau
Stokar nun etwas Positives von Herrn Wieland hören.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt punktuelle Übereinstimmungen!)


Es wäre besser gewesen, wenn Sie die vorhandenen
Konzepte intensiver fortgeführt hätten. Hätte man Pro-
gramme wie Civitas nicht nur mit 5 Millionen Euro aus-
gestattet, wie Sie es tun, sondern intensiver fortgeführt,
hätte man eine langfristige Orientierung erreicht. Dann
erzielte man bessere Ergebnisse. Deswegen bleibt es bei
der Kritik, die wir in unserem Antrag geübt haben, und
deswegen sind unsere Anträge nach wie vor aktuell.

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(C (D Ich danke Ihnen. Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Sönke Rix as Wort. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614611900


Sönke Rix (SPD):
Rede ID: ID1614612000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

s ging nun schneller als geplant. Vielen Dank. Viel-
eicht kriege ich noch zwei Minuten ab. Ich glaube aber,
ch kann es relativ schnell machen.

Es ist schön, zu beobachten, wie gut hier schon die
usammenarbeit zwischen der FDP und den Grünen

unktioniert. Das können wir für Hessen ganz gut ge-
rauchen. Sagen Sie doch Ihren Kollegen im Hessischen
andtag, dass es eine punktuelle Zusammenarbeit gibt.


(Patrick Döring [FDP]: Da stören nur noch Sie!)


ielleicht kann man darauf aufbauen.

Nun zum Thema. Es ist vor allem angesprochen wor-
en, dass die Programme zu bürokratisch seien. Man be-
ürchtet, dass wir in einigen Bereichen nicht zu dem Ziel
ommen, das wir eigentlich alle gemeinsam verfolgen.
ch glaube, dass wir im laufenden Programm tatsächlich
u viele bürokratische Hürden haben, aber ich finde es
ut, dass das Ministerium und auch die zuständigen Ab-
eilungen so flexibel sind, wie es gerade in dem Beispiel
us Ihrer Heimat, Frau Landgraf


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aus unserer gemeinsamen Heimat!)


Ihrer gemeinsamen Heimat –, zum Ausdruck kam. Das
inisterium ist flexibel, und solche guten Projekte wer-

en unterstützt. Das Ministerium ist deshalb eines Lobes
ert. Es ist schön, dass wir an einem gemeinsamen
trang ziehen.


(Beifall bei der SPD)


Die vielen Anträge, die uns heute vorliegen, sind teil-
eise schon veraltet. Frau Landgraf hat schon erwähnt,
ass wir handeln. Wir haben keinen gemeinsamen An-
rag formuliert, aber wir handeln. Ich nenne das mit
9 Millionen Euro ausgestattete Programm „Vielfalt tut
ut.“ und das Programm „kompetent. für Demokratie“,
as neu und mit 5 Millionen Euro ausgestattet ist. Dieses
rogramm läuft, und deshalb brauchen wir es nicht mit
inem Antrag zu unterstützen. Ich bin dem Ministerium
nd dem Koalitionspartner dankbar, dass es unserem
anften Druck nachgegeben hat und das Programm fort-
ührt. Ich hoffe, dass wir zu einer Verstetigung kommen,
m die guten Projekte vor Ort zu unterstützen.

Dass wir alle gemeinsam handeln, macht deutlich,
ass es ein Anliegen aller im Deutschen Bundestag ver-
retenen Fraktionen ist, etwas gegen Rechtsextremismus
u tun, und zwar auf verschiedenen Ebenen. Ich finde,






(A) )



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Sönke Rix
das ist sehr gut so. Gerade mit dem Programm „Vielfalt
tut gut.“ arbeiten wir sehr stark präventiv. Wir haben ei-
nige Anregungen aus den Anhörungen aufgenommen.
Wir haben zum Beispiel aufgenommen, dass wir uns
nicht nur um Jugendliche bemühen, sondern auch um
Kinder. Auch das ist sehr wichtig; denn die Bekämpfung
von Rechtsextremismus und die Förderung von Demo-
kratie fangen nicht erst bei Jugendlichen an, sondern
schon bei Kindern.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es kann nicht früh genug sein!)


Da bin ich bei einem Punkt, den auch Sie, Frau
Landgraf, angesprochen haben. Sie haben die politische
Bildung und die dafür zuständigen Institutionen genannt.
Diese Institutionen leisten gute Arbeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist aber auch ganz wichtig, dass Demokratie erfahrbar
und erlebbar ist. Es darf nicht nur einfach und platt dar-
gestellt werden, wie der Bundespräsident und die Abge-
ordneten gewählt werden und wie Demokratie funktio-
niert. Demokratie muss vielmehr erfahrbar sein. Ich
glaube, dass auch die Länder in der Bildungspolitik ein
Stück weit umdenken müssen. Sie müssen sich fragen,
wie man nicht nur in den Schulen eine größere Beteili-
gung von Kindern und Jugendlichen erreichen kann.


(Beifall bei der SPD)


In dieser Hinsicht sind wir in der Großen Koalition
und in der Bundesregierung auf einem guten Wege. Poli-
tik gegen Rechtsextremismus und für Demokratie be-
steht nicht nur aus diesen beiden Programmen. Dazu ge-
hören auch das bürgerschaftliche Engagement und die
Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Wir sind auf
einem guten Wege, Prävention zu betreiben.

Das Programm mit den mobilen Beratungsstellen und
der Opferberatung – dafür sind 5 Millionen Euro extra
im Haushalt bereitgestellt worden – ist ein sehr gutes
Programm. An dieser Stelle muss man alle Initiativen
und Projekte vor Ort – es sind über 90 lokale Aktions-
bündnisse – und deren Arbeit würdigen und ihnen Dank
aussprechen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])


Insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir diese Pro-
gramme neu organisiert haben, wird vor Ort eine gute
Arbeit geleistet.

Wir sind uns alle darüber einig, dass wir nicht nur bei
uns im Familienausschuss und im Familienministerium
gegen rechts kämpfen – das habe ich bereits gesagt –;
vielmehr ist das auch in allen anderen Häusern eine ganz
wichtige Aufgabe. Für Demokratie zu werben und gegen
Rechtsextremismus zu kämpfen, fängt damit an, genü-
gend Betreuungsplätze für Kinder zu schaffen und etwas
für die frühkindliche Bildung zu tun. Man sollte auch et-
was für ein längeres gemeinsames Lernen tun und vor al-
len Dingen Perspektiven für junge Menschen schaffen.

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(C (D as ist der beste Weg, um gegen Extremismus von echts zu kämpfen. Danke schön. Für die Fraktion Die Linke spricht nun die Kollegin lla Jelpke. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf den rsten Blick scheinen die hier abschließend zur Beratung tehenden Anträge zu den Bundesprogrammen gegen echtsextremismus in der Tat überholt zu sein, weil be eits im letzten Jahr zwei neue Bundesprogramme angeaufen sind. Wir meinen aber, dass die Erfahrungen der raktiker und Praktikerinnen einen dringenden Anlass eben, heute diese Debatte zu führen. Frau Landgraf, die rünen und wir von der Linken haben in den vergangeen Wochen Anhörungen mit Fachleuten und Praktikern urchgeführt. Ich meine, dass diese Debatte dazu genutzt erden muss, über eine bessere Ausgestaltung der Proramme zu diskutieren. In diesem Zusammenhang möchte ich aus dem Abchlussbericht zum Civitas-Programm zitieren: Eine innvolle Förderpolitik müsse Projekte fördern, die von kteurinnen und Akteuren der Zivilgesellschaft verantortet werden und … auf die lokalen Kontextbedingungen abgestimmt sind … An die Stelle permanenter Förderung von immer neuen Modellen sollte eine Förderpolitik treten, die sicherstellt, dass Bewährtes erhalten bleibt und verstetigt werden kann. Genau das ist bei der Einsetzung des neuen Bundesrogramms nicht beachtet worden. Aus der zutreffenden nalyse, dass die Kommunen beim Kampf gegen den echtsextremismus unbedingt mitgenommen und einbeogen werden müssen, haben Sie die Folgerung gezoen, dafür zu sorgen, dass jetzt einzig die Kommunen ber die Beantragung von Mitteln entscheiden können. llein die Kommune entscheidet, wer die Arbeit machen ann und soll. Vor allen Dingen gibt es einen grundlegenden Kontruktionsfehler, der dazu führt, dass das Bundesproramm gerade dort keine Wirkung entfaltet, wo es am ötigsten wäre. Nehmen wir zum Beispiel die Kommuen der Regionen, in denen die Neonaziszene sehr stark st. Gerade in diesen Kommunen und Regionen wird das roblem oft bagatellisiert und heruntergespielt. Natür ich möchte keine Kommune an der Spitze stehen, wenn s darum geht, wo die Neonaziszene besonders stark ist. ir wollen die Kommunen nicht unter Generalverdacht tellen; der uns allen bekannte Fall in Mügeln ist aber ein Einzelfall. Gerade deswegen muss über entsprehende Erfahrungen diskutiert werden. Ulla Jelpke Aus unserer Sicht handelt es sich bei dem Konstruktionsfehler der Programme nicht um ein Versehen – Herr Rix, Sie haben ein wenig versucht, es so darzustellen –, sondern um das Ergebnis einer politischen Entscheidung. Die alten Bundesprogramme waren zumindest der Unionsfraktion schon immer ein Dorn im Auge. Meine Damen und Herren von der Union, es geht Ihnen offensichtlich darum, die staatliche Definitionsmacht und die Kontrolle über alle Aktivitäten im Bereich der Programme zur Bekämpfung von Rechtsextremismus zurückzuerlangen. (Katharina Landgraf [CDU/CSU]: Wenn Sie wüssten, wie ein Kreisrat funktioniert! Das ist doch keine staatliche Definitionsmacht!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614612100

(Beifall bei der LINKEN)

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614612200

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


– Frau Landgraf, ich erinnere Sie daran, dass die Pro-
jekte in der Tat unabhängig waren und dass auch unbe-
queme Tatsachen zur Sprache gebracht wurden. Das hat
Sie offensichtlich gestört.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn man dem ungeliebten Thema Rechtsextremis-
mus schon nicht ausweichen kann – das war lange Zeit
Ihr Ziel; oft genug wurde das Thema verharmlost und
bagatellisiert –, dann wollen Sie im Moment wenigstens
die Kontrolle darüber haben, was von den Projekten the-
matisiert wird. Ich möchte deutlich sagen: Es ist falsch
– Sie haben das versucht –, den aktiven Antifaschismus
als Extremismus abzutun. Wir lehnen das konsequent ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch im Zusammenhang mit der Etablierung von Be-
ratungszentren erkennen wir diesen Ansatz: eine Form
der staatlichen An- und Einbindung, die die Arbeit ge-
gen die extreme Rechte eher behindern wird.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614612300

Kollegin Jelpke, Sie müssen bitte zum Schluss kom-

men.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614612400

Glauben Sie im Ernst, dass Polizei in Jugendklubs die

einzige Möglichkeit ist, Jugendliche vor Nazis zu schüt-
zen?

Am Ende möchte ich noch einmal sehr deutlich sa-
gen, dass Geld für den Kampf gegen den Rechtsextre-
mismus gebraucht wird. Es braucht vor allem unabhän-
gige und unbequeme Initiativen, die nicht am staatlichen
Gängelband hängen. Dieses Ziel wird in der Mehrzahl
der vorgelegten Anträge verfolgt, und deswegen werden
wir sie unterstützen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614612500

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

Kollegin Monika Lazar das Wort.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie wir in den vorherigen Redebeiträgen schon gehört aben, sind – darin sind wir uns wahrscheinlich einig – er Kampf gegen Rechtsextremismus und das Engagement ür Demokratie zwei Seiten einer Medaille. So müssen ir mit diesem Thema umgehen. Allerdings lässt die Umsetzung der beiden Bundesrogramme gegen Rechtsextremismus einige demokratiche Prinzipien vermissen. Das wurde auch in der Anhöung der grünen Bundestagsfraktion vor einigen Tagen eutlich. Engagierte Leute aus der Praxis, aus Initiativen nd Verwaltungen berichteten dort von ihren Erfahrunen und zeigten wichtige Veränderungen auf. Natürlich ann noch kein abschließendes Urteil gefällt werden. Jeoch wurden einige Probleme benannt. Neonazis agieren m eigenen Umfeld. Genauso kleinteilig müssen auch ir agieren. Am besten ist es, wenn dies in unabhängien, flexiblen Projekten vor Ort geschieht. Diese haben aber als Modellprojekte im Programm Vielfalt tut gut“ fast keine Chance auf Förderung. Dort ird nämlich kein Antrag bearbeitet, der nicht schon 0 Prozent Kofinanzierung beinhaltet. Das bedeutet, nur er politisch genehm ist, kann auf Kofinanzierung hof en. Außerdem konkurrieren viele Projekte um dieselben eldtöpfe. Manche kleinen Träger, insbesondere ehren mtlich arbeitende, mussten ihre Arbeit schon einstellen der haben sich angepasst – auf Kosten der Inhalte. Wer s trotz der Hürden schafft, sich ins Spiel zu bringen, chlägt sich zunächst mit einer ausufernden Antragsürokratie herum. Projektinhalte bleiben meist wochenang auf der Strecke. Statt sie zu bearbeiten, wächst der ktenstapel. Im Bereich des anderen Bundesprogramms, im Beeich der mobilen Beratung und Opferberatung, wird der okus neuerdings auf kurzfristige Krisenintervention ge egt. Langfristige Förderung ist nicht mehr möglich, obohl gerade das wichtig wäre. Das hat schwerwiegende olgen für Opfer rechter Gewalt; denn Ansprechpartner nd Sachverstand gehen verloren. In Sachsen gab es um Beispiel bis Anfang dieses Jahres die Opferberaungsstelle AMAL, eine regional vernetzte Anlaufstelle it Büros in den Brennpunkten Wurzen und Görlitz. etzt werden diese Büros abgewickelt, weil sie keine örderung mehr erhalten. Beratungssuchende müssen un in die großen Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz ahren, um dort Hilfe zu bekommen. Praktiker berichten auch, dass beim Interventionsproramm die staatlichen und zivilgesellschaftlichen Stellen chwer kompatibel sind. Wenn das der Fall ist, erfahren ie Beratungsstellen von den aktuellen Fällen aus der eitung und gehen der Sache nach. Aber es läuft doch twas falsch, wenn die Berater erst in die Zeitung chauen und dann beim Ministerium anrufen müssen, m zu fragen, ob sie aktiv werden können. Was wir brauchen, ist eine fundierte, abgestimmte trategie von Bund und Ländern für eine Demokratisieung des Alltags. Monika Lazar (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1614612600

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Die Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus müs-
sen weiterentwickelt werden, das heißt mehr Beteili-
gungsrechte, mehr strukturelle Gleichberechtigung und
mehr Chancen, insbesondere für kleine, unabhängige
Träger. Denn nur auf Augenhöhe können Zivilgesell-
schaft und Verwaltung gemeinsam etwas erreichen. Da-
rauf muss es uns allen ankommen.

Schönen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614612700

Das Wort hat der Kollege Gert Winkelmeier.


Gert Winkelmeier (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614612800

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Das Land Norwegen hat Anzeige gegen die Modemarke
Thor Steinar erstattet, weil man verhindern will, dass die
norwegische Flagge weiterhin Kleidung ziert, die beson-
ders gerne von Rechtsextremisten getragen wird. Über
diese Anzeige muss jetzt die deutsche Justiz entschei-
den. Sie hat aber schon in der Vergangenheit merkwür-
dige Entscheidungen auf diesem Gebiet getroffen. Ich
erinnere nur daran, dass Anstecker mit einem durchge-
strichenen Hakenkreuz als verfassungsfeindlich einge-
stuft wurden. Erst der Bundesgerichtshof hat vorherige
Entscheidungen korrigiert.


(Sönke Rix [SPD]: Letztlich hat der Kläger aber gewonnen!)


– Ich habe es ja gerade erwähnt.

Einen Zickzackkurs gibt es auch bei der Forderung
nach dem NPD-Verbot. Mal heißt es „ja“, mal heißt es
„nein“, mal heißt es „vielleicht“. Das ist alles andere als
zielführend. Es ist mangelnde Konsequenz im Umgang
mit Faschisten, die man Verantwortlichen, ob in der Poli-
tik oder in der Justiz, vorwerfen muss. Es fehlen auch
Analysen und langfristige Strategien zur politischen
Auseinandersetzung.

Nun zu den vorliegenden Anträgen. Die Akteure müs-
sen in einer Demokratieoffensive vernetzt sein, damit
das Zusammenwirken aller Demokraten zivilgesell-
schaftliche Wirkung entfaltet; denn nur dann, wenn alle
an einem Strang ziehen, besteht Aussicht auf Erfolg, da-
rauf, dass den Rassisten wirksam das Handwerk gelegt
wird.

Dann muss die Regierung aber auch konsequent han-
deln. Auf der einen Seite stockt sie die Gelder für den
Kampf gegen den Rechtsextremismus um 5 Millionen
Euro auf 24 Millionen Euro auf – das ist in Ordnung; das
ist sehr gut –; auf der anderen Seite aber lässt sie nicht
zu, dass unabhängige Initiativen, die seit Jahren eine er-
folgreiche Arbeit gegen den Rechtsextremismus leisten,
diese Gelder beantragen können. Die Bundesregierung
ruft also zum zivilgesellschaftlichen Engagement auf,
um es durch ihre eigenen Vorgaben indirekt wieder zu

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(C (D erhindern. Das ist absurd. Damit wird letztendlich die ntifaschistische Arbeit verbürokratisiert. Warum sind denn nach dem Willen der Bundesregieung nur Kommunen berechtigt, Anträge auf Förderung on Projekten gegen rechts zu stellen, warum nicht auch reie Träger? Wollen Sie die Kontrolle behalten, indem ie die Abläufe verstaatlichen? (Katharina Landgraf [CDU/CSU]: Sind wir die Kommunen?)


uch das ist absurd. Um in Ihrer Sprache zu bleiben: Sie
ordern, aber Sie fördern nicht.

Das Bündnis für Demokratie und Toleranz hat noch
m Jahr 2006 darauf beharrt – ich zitiere –:

Im 2007 neu anlaufenden Bundesprogramm „Maß-
nahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und

(Entwicklung integrierter lokaler Strategien)

tragsrecht für die sog. Gebietskörperschaften und
die freien Träger zu verankern.

arum hören Sie nicht auf Ihre eigenen Experten? Die
aben doch gute Gründe für ihre Einschätzungen.

Es muss darum gehen, wie die Arbeit, besonders die
rbeit der mobilen Opferberatungen und Netzwerkstel-

en, kontinuierlich und langfristig gesichert werden
ann.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614612900

Kollege Winkelmeier, kommen Sie bitte zum Schluss.


Gert Winkelmeier (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614613000

Ich komme zum Schluss.

Modellprojekte sind wichtig, aber langjährige antifa-
chistische Erfahrung und Kontinuität sind es ebenfalls.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614613100

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Niels

nnen das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Niels Annen (SPD):
Rede ID: ID1614613200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

öchte gern noch etwas zu der Grundphilosophie unse-
er Programme sagen. In diesem Hause ist häufig und zu
echt davon die Rede, dass der Staat dafür verantwort-

ich ist, seinen Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit zu
arantieren und auch ein Sicherheitsgefühl zu vermit-
eln. Wenn der Rechts- und Linksextremismus in einen
opf geworfen werden, wie das hier geschehen ist
wenn auch nur in Nebensätzen –, dann darf man ein-
al auf Folgendes hinweisen: Es gibt in Reiseführern

ber Deutschland keine Warnungen für Menschen mit
unkler Hautfarbe oder ausländischem Hintergrund, be-
timmte Regionen in unserem Land zu besuchen. Was






(A) )



(B) )


Niels Annen
wir gemeinsam in den letzten Jahren erfolgreich geleistet
haben und was wir jetzt in der Großen Koalition mit un-
serem Koalitionspartner erfolgreich fortsetzen, ist ein
Beitrag zur Sicherheit und auch zu dem, was die Väter
des Grundgesetzes konstruiert haben. Es ist ein Beitrag
zur wehrhaften Demokratie.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Unsere Philosophie, diejenigen zu unterstützen, die
sich aus der Zivilgesellschaft heraus engagieren, aber
auch die Betroffenen zu stärken, die sich organisiert ha-
ben, die sich zu Initiativen und lokalen Bündnissen zu-
sammengetan haben, ist richtig. Dabei geht es um finan-
zielle Unterstützung. Dabei geht es aber auch um
Unterstützung, was das Know-how anbelangt. Die meis-
ten, die sich in diesem Land politisch engagieren, die
sich für ihre Gemeinschaft einsetzen, tun dies ehrenamt-
lich, in ihrer Freizeit. Deswegen ist es wichtig, auch
Know-how bereitzustellen. Es ist aber auch ein politi-
sches Zeichen, das ausgesandt wird: Wir lassen euch in
eurem Engagement, in eurem Kampf gegen Rechtsextre-
mismus nicht allein.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich glaube, es ist wichtig, auch darauf hinzuweisen,
dass wir die Projekte, die der Kollege Rix und andere
Redner hier beschrieben haben, erfolgreich auf den Weg
gebracht haben und sie fortsetzen, dass wir uns aber
nicht auf Engagement vor Ort, auf mobile Bera-
tungsteams, auf Unterstützung und Strukturen, die wir
aufgebaut haben, beschränken. Wir haben in den letzten
Jahren mehr als 250 Projekte im Rahmen des Pro-
gramms Xenos gefördert. Dies betrifft junge Menschen,
die aus der schulischen und beruflichen Ausbildung
kommen und sich an der Schnittstelle zum Einstieg in
das Berufsleben befinden. Auch sie brauchen natürlich
Unterstützung und müssen angesprochen werden. Das
ist eine erfolgreiche Arbeit. 400 000 Jugendliche sind in
diesem Bereich gefördert worden. Ich finde, es ist wich-
tig, auch dieses Engagement als einen Teil unseres
Kampfes gegen den Rechtsextremismus zu begreifen,
weshalb es an dieser Stelle noch einmal genannt werden
soll.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir von wehr-
hafter Demokratie sprechen – ich beziehe mich da bei-
spielsweise auf den Innenminister des Landes Mecklen-
burg-Vorpommern, der das öffentlich immer gesagt
hat –, dann muss man deutlich machen, wo die Zusam-
menhänge bestehen zwischen den gewaltbereiten Schlä-
gerbanden, die sich in sogenannten freien Kamerad-
schaften organisieren, die mit Gewalt drohen und
bewiesen haben, dass sie bereit sind, Gewalt anzuwen-
den, und denjenigen, die versuchen, auf der parlamenta-
rischen Bühne für ihre rechtsradikalen Ideen zu werben.
Ich sage hier ganz deutlich: Solange sich Herr Voigt,
Herr Pasteurs, Herr Apfel – wie auch immer sie heißen –
nicht von diesen Schlägerbanden distanzieren, so lange
sie diese Schlägerbanden als Saalordner nutzen, solange
sie sie als organisatorischen Unterbau für ihre Wahl-
kämpfe nutzen und solange sie diesen Menschen einen

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latz auf ihren Wahllisten anbieten, solange werden wir
n diesem Hause darauf hinweisen, dass sie die politi-
che Verantwortung für die Gewalttaten tragen, die da
eschehen.

Wir werden vonseiten der Bundesregierung mit dem
rogramm auch materielle Unterstützung leisten. Wir
eigen, dass wir uns nicht in die Ecke drängen lassen
nd dass wir das praktizieren, was die Väter und die
ütter des Grundgesetzes zu Recht deutlich gemacht ha-

en: Wir praktizieren eine wehrhafte Demokratie.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1614613300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf
rucksache 16/5816.

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
chlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Frak-
ion der FDP auf Drucksache 16/2779 mit dem Titel
Konkretes und tragfähiges Konzept zur Bekämpfung
on Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemi-
ismus vorlegen und zeitnah umsetzen“. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist ange-

ommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
er Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
ie Linke auf Drucksache 16/1542 mit dem Titel „Fort-

ührung und Verstetigung der Programme gegen Rechts-
xtremismus“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
ung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
eschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Unions-

raktion, der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Frak-
ion Bündnis 90/Die Grünen und der antragstellenden
raktion Die Linke bei Enthaltung der FDP-Fraktion an-
enommen.

Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner
eschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
raktion Die Linke auf Drucksache 16/4807 mit dem Ti-

el „Beratungsprojekte gegen Rechtsextremismus dauer-
aft verankern und Ergebnisse der wissenschaftlichen
egleitforschung berücksichtigen“. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es
nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
timmen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion und der
DP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die
inke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ange-
ommen.

Unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
he 16/5816 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
ntrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-

ache 16/1498 mit dem Titel „Rechtsextremismus ernst
ehmen – Bundesprogramme Civitas und entimon erhal-
en, Initiativen und Maßnahmen gegen Fremdenfeind-
ichkeit langfristig absichern“. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Petra Pau

enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion ge-
gen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der FDP-
Fraktion angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 5 seiner
Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/4408
mit dem Titel „Bundesmittel nicht verschwenden – Bera-
tungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus nachhaltig för-
dern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschluss-

empfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfraktion und
der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der FDP-Fraktion,
der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am
Schluss der heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 5. März 2008, 13 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.