Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-zung ist eröffnet.Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Aktionsplan zur Umsetzungder HIV/Aids-Bekämpfungsstrategie der Bundesre-gierung.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung, Frau Heidemarie Wieczorek-Zeul. – Bitte.
Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin fürwirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:Liebe Kolleginnen und Kollegen! 40 Millionen Men-schen sind mit HIV infiziert. 3 Millionen Menschen sindim Jahre 2006 an dieser Pandemie gestorben. Ich denke,es ist richtig, den Kampf gegen Aids als die „Entschei-dungsschlacht der Humanität“ zu bezeichnen, wie esHenning Mankell getan hat.Die HIV/Aids-Pandemie gefährdet die wirtschaftli-mJwDnwvtehMiMmsdBdDfnFRedetchen Erfolge in den Entwicklungsländern. Sie gefährdetdie politische Stabilität. Sie verschärft die Armut undzerstört Entwicklungschancen. Besonders betroffen istAfrika; in zunehmendem Maße sind aber auch Asien undOsteuropa betroffen. Auch in Deutschland ist es in denletzten Jahren erneut zu einem Anstieg der Zahl der Neu-infektionen gekommen. Viele Menschen betrachten Aidsfälschlicherweise nicht mehr als eine bedrohliche Krank-heit. Aber Aids ist nach wie vor unheilbar. Es bleibt da-her richtig, dass Deutschland den Schwerpunkt der HIV/Aids-Bekämpfung bei der Aufklärung, der Präventionder Infektion, setzt.Wir stehen HIV/Aids nicht wehrlos gegenüber. Mitumfassenden Strategien, die die BundesregierAktionsplan, den sie vorgelegt hat, formuliernen wir Erfolge erzielen. Mit diesem Aktionsstützen wir die Bemühungen der internatio
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iese Idee hätte doch eigentlich von Ihrem Hause kom-
en müssen.
Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
irtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
Mein Respekt vor dem Haushaltsausschuss verbietet
s mir, zu sagen, welchen Rahmen wir uns für die weitere
inanzierung vorgestellt haben – Sie würden im Haus-
altsausschuss sofort intervenieren. Ich kann Ihnen nur
agen, dass der Globale Fonds zur Bekämpfung von
IV/Aids, Tuberkulose und Malaria im September die-
es Jahres seine Wiederauffüllungskonferenz in Deutsch-
and haben wird. Dabei wird es um die Mittel für die
ächste Zeitperiode, von 2008 bis 2011, gehen. Ganz si-
her werden wir nicht unter dem bleiben, was ich Ihnen
etzt für den Haushalt 2007 genannt habe. Ich persönlich
in der Auffassung, dass wir hier noch weiter aufstocken
üssen. Darüber werden wir dann entsprechend beraten.
Ansonsten muss ich sagen: Ich glaube, bei dem wich-
igen Thema der Bekämpfung von HIV/Aids verbietet es
ich, dass wir hier kleinliche Rechenkünste über die Frage
nstellen, wer welche Mittel vorgesehen hat. Sie können
denfalls sicher sein – das kann ich Ihnen sagen –: In der
eit, in der ich Ministerin bin, sind die Mittel für die Be-
ämpfung von HIV/Aids insgesamt von 19 Millio-
en Euro – diesen Betrag habe ich vorgefunden – auf
eute rund 400 Millionen Euro gestiegen. Ich denke, das
acht deutlich, dass wir diese Pandemie sehr, sehr ernst
ehmen und mit all unseren Möglichkeiten dagegen vor-
ehen wollen.
Da nach meinem Überblick alle, die sich zu diesemhemenbereich gemeldet haben, in jedem Fall drankom-en, lasse ich Ihre Nachfrage gleich zu, sodass wir dieunde nicht noch einmal von vorne beginnen müssen. –itte, Herr Kollege Koppelin.
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, ver-
stehe ich Sie dann richtig, dass heute im Kabinett bei der
Beratung über den Aktionsplan überhaupt nicht über
Geld und einen Finanzierungsplan für diesen Aktions-
plan gesprochen wurde, sondern dass Sie nur einen Ak-
tionsplan ohne Finanzierungsgrundlage vorgelegt ha-
ben?
Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
Das ist falsch. Erstens habe ich gesagt, was wir in die-
sem Haushalt dafür veranschlagen und welche Steige-
rung ich mir vorstellen kann, und zweitens werde ich der
Kanzlerin nicht vorgreifen; denn da die Aidsbekämp-
fung beim G-8-Gipfel ein zentrales Thema sein wird,
werden wir die Fragen der weiteren finanziellen Zusagen
dort behandeln. Deshalb bitte ich um Verständnis, dass
ich hier jetzt keinen zusätzlichen Finanzplan vorlegen
kann. Sie können aber ganz sicher sein, dass Sie applau-
dieren werden, wenn die Entscheidungen in Heiligen-
damm getroffen sein werden.
Die nächste Frage stellt die Kollegin Pfeiffer aus der
Unionsfraktion.
Frau Ministerin, zunächst möchte ich mich als Ent-
wicklungspolitikerin bedanken. Ich glaube, es ist eine
gute Sache, dieses Thema sowohl innerhalb Deutsch-
lands als auch global zu sehen und sie miteinander zu
verknüpfen sowie als Gesamtaufgabe zu betrachten.
Darüber hinaus bin ich begeistert darüber, dass Sie
zwei Dinge deutlich angesprochen haben, die mir sehr
am Herzen liegen. Zum einen meine ich das Thema Prä-
vention. Ich glaube, als erste Priorität ist zu nennen, dass
Prävention besser als Heilen ist. Ich glaube, insofern ist
es richtig, dies als Erstes zu nennen.
Ich habe mich zum anderen aber auch besonders da-
rüber gefreut, dass Sie das Thema der sexuellen und re-
produktiven Gesundheit und vor allen Dingen auch der
entsprechenden Rechte ebenfalls so explizit nennen und
sagen, dass wir auch diese verwirklichen müssen. Es
geht dabei um die Frauen, und wir wissen, wie wichtig
im Zusammenhang mit Entwicklungszusammenarbeit
die Frauen sind.
Dahin gehend meine Frage. Sie wollen die sexuelle
und reproduktive Gesundheit mit Maßnahmen für die
HIV-Prävention und mit Maßnahmen gegen HIV/Aids
verknüpfen. Welche konkreten Maßnahmen sind hier ge-
plant?
Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
Erstens darf ich sagen – das konnte ich in der Einlei-
tung nicht darstellen –: Die Bundesregierung engagiert
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ausführlich gewürdigt haben und in Zusammenarbeit mit
der Bundesregierung sogar noch weitere Inhalte ins Pro-
tokoll des Bundestages gebracht haben.
Trotzdem hat der Kollege Beck noch eine Nachfrage.
Das ist dann auch die letzte, die zum Thema der Kabi-
nettssitzung zugelassen wird.
Ich habe noch eine Nachfrage an Sie, Frau Caspers-
Merk, zu den nationalen gesundheitspolitischen Maß-
nahmen. Sie haben das Internet angesprochen. Dazu
möchte ich wissen, ob Sie in dem Zusammenhang an
statische Informationsmöglichkeiten oder auch an perso-
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Das war die eine Antwort. Die andere lautet: Die Unter-
zeichnung durch die mitzeichnenden Ministerien ist er-
folgt.
Der Kollege Koppelin hat die letzte Frage zu diesem
Tagesordnungspunkt.
Ich habe eine Frage an den Vertreter des Bundeskanz-
leramtes. Wir erleben ja seit Bestehen dieser Koalition
fast täglich Meinungsverschiedenheiten bzw. Streitigkei-
ten zwischen den Ministern und Ministerien. Das stei-
gert sich dann ja in den Medien jeweils zum Wochen-
ende. So war auch am letzten Wochenende wieder von
heftigsten Auseinandersetzungen zwischen Minister
Glos auf der einen Seite und Minister Gabriel auf der
anderen Seite die Rede. Wurden diese Meinungsver-
schiedenheiten im Kabinett behandelt, oder gibt es die
Anweisung, diese Streitigkeiten in den Medien fortzu-
setzen?
D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Koppelin, es
gibt keine derartige Anweisung. Ihre Frage war wohl
auch nicht so zu verstehen, dass Sie ernsthaft an eine sol-
che Anweisung glauben.
Im Übrigen sollte es, wie ich finde, auch der liberalen
Sichtweise entsprechen, dass wichtige Fragen ausführ-
lich diskutiert werden. Ich denke, das müsste Ihnen so-
gar entgegenkommen.
Danke. – Ich beende die Befragung der Bundesregie-
rung.
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Parl. Staatssekretär Dr. Hermann Kuesteren notwendigen Planungen werden wir die Entwick-lung des Ausbaufortschritts auf der Basis des TAG ein-beziehen. Die Bundesregierung hat bereits im letztenSommer den ersten Bericht über den Stand des Ausbausvorgelegt. Ganz aktuell verfügen wir über die ersten Er-gebnisse der Kinder- und Jugendhilfestatistik 2006. Da-nach konnten zum Stichtag 31. März 2006, also nachdem ersten Quartal, 285 000 Plätze für unter Dreijährigeermittelt werden.Vor dem Hintergrund dieser amtlichen Zahlen desStatistischen Bundesamtes und zusätzlicher eigener Er-hebungen bei den Jugendämtern werden wir genau prü-fen können, wie sich der Ausbau aktuell weiterentwi-ckelt. Ich denke, wir sind auf einem guten Wege, zeitnahdie Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass für Familienund Kinder eine bedarfsdeckende Infrastruktur in derKindertagesbetreuung entsteht.
Sie haben die Möglichkeit zu zwei Nachfragen.
Ja, gerne. – Sie haben ausgeführt, dass wir aufgrund
des TAG-Berichts über konkrete Zahlen verfügen, und
Sie haben darauf hingewiesen, dass wir wissen, dass die
Versorgung mit Krippenplätzen für die unter Dreijähri-
gen in Westdeutschland bei nur 8 Prozent liegt. Warum
hat die Bundesregierung sich jetzt erst einmal eine Aus-
zeit genehmigt, um weiter nachzuzählen?
Dr
Im TAG ist vorgesehen, dass weiterhin jeweils zur
Mitte des Jahres Ergebnisse an das Parlament übermittelt
werden. Das ist jetzt für diesen Sommer, Juni/Juli, vor-
gesehen. Unabhängig davon aber gibt es eine aktuelle
Diskussion, die uns veranlasst, jetzt etwas Druck zu ma-
chen und mit den Ländern und den Kommunen, den
kommunalen Spitzenverbänden, zu einer Klärung zu
kommen, um zu sehen, wie sich die Situation seit dem
31. März 2006 entwickelt hat, und in diesem Zusam-
menhang auch über Einzelfragen der Finanzierung usw.
zu diskutieren.
Ihre zweite Nachfrage, bitte.
Nun gibt es aus dem Regierungslager sehr unter-
schiedliche Vorschläge. Die Familienministerin hat ge-
fordert, dass insgesamt 750 000 Plätze geschaffen wer-
den. Aus den Reihen der CDU/CSU-Regierungsfraktion
wurde gefordert, es jetzt erst einmal bei der Beobach-
tung des Ausbaus nach dem Tagesbetreuungsausbauge-
setz zu belassen. Wie beurteilt denn die Bundesregierung
diese unterschiedlichen Vorschläge und Vorstellungen?
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Die nächste Nachfrage stellt die Kollegin Haßelmann.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, Sie haben sich ge-
ade wahrscheinlich missverständlich ausgedrückt. Denn
n Ihrer Antwort auf die schriftliche Frage der Kollegin
ager haben Sie dargestellt, dass das Familienministe-
ium und insbesondere die Familienministerin eine klare
osition in der Öffentlichkeit vertreten haben, nämlich
ie, es werde eine Quote an Betreuungsplätzen von circa
5 Prozent angestrebt, dazu würden circa 750 000 Kin-
erbetreuungsplätze in Deutschland gebraucht und es
ebe ein massives Ost-West-Gefälle hinsichtlich des An-
ebots an solchen Plätzen und eine Wahlfreiheit für Fa-
ilien bestünde deshalb nicht. In Ihrer Antwort auf die
weite Nachfrage der Kollegin Sager sagten Sie aber, es
ebe im Moment keine Meinung des Familienministeri-
ms, Sie müssten sich erst einmal eine Meinung bilden.
Klären Sie mich bitte darüber auf, wie die öffentliche
ußerung der Familienministerin zu verstehen ist, die
estern Abend in Interviews und heute Morgen im
Morgenmagazin“ dezidiert gesagt hat, dass wir zusätz-
iche Betreuungsplätze in einer bestimmten Größenord-
ung brauchen und dass es ein nicht hinnehmbares Ge-
älle zwischen Ost und West – in Westdeutschland liegt
as Betreuungsangebot nur bei 8 Prozent – gibt. Sie sa-
en, Sie müssten sich erst einmal eine Meinung bilden,
ber vertreten gleichzeitig eine. Sehen Sie darin keinen
iderspruch?
Dr
Nein, darin sehe ich überhaupt keinen Widerspruch.ch habe versucht, zu erklären, dass im Koalitionsvertragestgelegt ist, dass wir, beginnend 2005, die Zahl der Be-reuungsplätze um 230 000 ausbauen wollen. Ich habehnen dann eine weitere aktuelle Zahl des Statistischenundesamtes genannt, die zeigt, wie weit der Ausbau
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8450 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007
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Parl. Staatssekretär Dr. Hermann Kuesgediehen ist und wie viele TAG-Plätze es insgesamt gibt.Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass der Be-darf bei 35 Prozent liegt. Bei 2,2 Millionen Kindern un-ter drei Jahren ergeben sich ungefähr 750 000 Plätze. Ichhabe ferner gesagt, dass es ebenfalls die Aufgabe derMinisterin ist, über den Koalitionsvertrag hinaus politi-sche Ziele zu formulieren, und dass es in einer parlamen-tarischen Demokratie völlig normal ist, darüber zu dis-kutieren.Der weitere Schritt wird sein, dass wir eine Arbeits-gruppe einsetzen, in der auch die Länder und die Koali-tionsfraktionen vertreten sind, um den Bedarf abzuglei-chen. Ich bin unabhängig von den jetzt vorliegendenZahlen ziemlich optimistisch, dass es in den Ländern imvergangenen Jahr eine Entwicklung auf diesem Gebietgegeben hat. Die Zahl, die sich auf den Stichtag31. März 2006 bezieht, habe ich schon genannt.Wir werden sehen, welche Notwendigkeiten sich er-geben. Dann wird sich die Bundesregierung eine Mei-nung über alle Fragen bilden, die mit diesem Thema zu-sammenhängen.
Eine zweite Nachfrage ist an der Stelle nicht möglich.
– Es bleibt Ihnen natürlich unbenommen, Feststellungen
zu treffen und Schlussfolgerungen zu ziehen.
Die nächste Nachfrage hat der Kollege Beck.
Herr Kollege Kues, Sie haben heute keine beneidens-
werte Rolle. Ich wollte fragen, wie denn die Ministerin
den Schlag ins Gesicht verdaut hat, den ihr die Koali-
tionsrunde versetzt hat? Denn es gab keine Zusage für
die Finanzierung ihrer Vorschläge, mit der sie in den
letzten zwei bis drei Wochen verstärkt in der Öffentlich-
keit hausieren gegangen ist.
Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass
der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Kauder – seine
Fraktion muss ja später diese Vorschläge beschließen –,
heute noch einmal festgestellt hat, dass die Frage nicht
lautet, wie hoch der Bedarf sei, sondern, ob überhaupt
ein Bedarf bestehe? Damit stellt er das gesamte Unter-
nehmen, das zum Schwerpunkt der Arbeit Ihres Hauses
geworden ist, infrage. Wie geht die Ministerin damit um,
dass ihre gesamte politische Strategie infrage gestellt
wird?
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Ein kleiner Hinweis: Nachfragen durch Sie, Frau
aßelmann, sind im Moment nicht möglich. Sie müssen
arten, bis Ihre Frage aufgerufen wird.
Das Wort hat die Kollegin Deligöz; ich habe Sie vor-
in leider übersehen. Dann ist die FDP an der Reihe.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,
uch mir ist ein Widerspruch aufgefallen: Sie haben ge-
ade gesagt, die Bundesregierung schätze die Lage so
in, dass ein Bedarf vorhanden ist. Gleichzeitig wurde
ber in den Koalitionsgesprächen vereinbart, dass der
edarf überhaupt erst ermittelt wird. – Das passt irgend-
ie nicht zusammen. Entweder es gibt einen Bedarf
dann muss man etwas tun –, oder es gibt keinen Be-
arf. Teilen Sie mit mir die Einschätzung, dass Ihnen ge-
ügend Grundlagen für die Feststellung des Bedarfs vor-
iegen – Sie haben ja einige Studien zitiert – und dass die
undesländer darüber hinaus keine genaueren Ermitt-
ungen vornehmen, sondern auf die gleichen Daten zu-
ückgreifen werden, die dem Ministerium schon vorlie-
en, sodass dadurch schon jetzt der Bedarf feststeht bzw.
estgelegt werden kann?
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Nein, diese Auffassung teile ich ausdrücklich nicht.ch habe eben die Jugendhilfestatistik von Ende März006 genannt. Ich habe dann gesagt: Es wird weitere Er-ebungen geben. – Auch die Länder sind in diesem Be-eich aktiv. Unabhängig von der vorliegenden Betreu-ngsstudie und unabhängig von Annahmen aufgrundon Erfahrungen beispielsweise in den neuen Ländern,ber auch in anderen Ländern, in denen es weitgehendeetreuungsangebote für unter Dreijährige gibt, werdenir jetzt konkret sehen müssen, wie unterschiedlich dieituation in den einzelnen Bundesländern ist,
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007 8451
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Parl. Staatssekretär Dr. Hermann Kuesum dann festzustellen, wo es welchen Bedarf in welcherForm gibt.
Es wird zum Beispiel bewertet werden müssen, welcheRolle die Tagespflege spielen soll. Auch das wird mansich anschauen müssen. Ich habe ja meine Einschätzungmitgeteilt, dass ich davon ausgehe, dass sich die Welt inDeutschland auch nach dem 31. März 2006 veränderthat.
Die nächste Frage stellt der Kollege Thiele von der
FDP-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, Sie sprachen an,
dass am 31. März 285 000 Plätze zur Verfügung stün-
den. Ich hätte die Frage: Wie viele Plätze bestanden
schon vor Inkrafttreten des TAG, und wie viele sind nach
Inkrafttreten des TAG hinzugekommen?
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Folgende Zahl liegt mir vor: Laut TAG-Bericht 2006
sind circa 21 000 nach Inkrafttreten des TAG hinzuge-
kommen.
Ja, nur eine Frage. – Das Wort hat die Kollegin Hinz.
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Herr Staatssekretär, Sie haben jetzt mehrfach darauf
hingewiesen, dass es eine Statistik gibt, die die Grund-
lage für den TAG-Bericht war, und dass das Statistische
Bundesamt entsprechende Daten aufbereitet hat. Ich
gehe einmal davon aus, dass eine Bundesministerin wie
Frau von der Leyen, der es ja ein echtes Anliegen ist, die
Kinderbetreuung in Deutschland zu verbessern, nicht ir-
gendwelche Zahlen nennt, die nicht belegbar sind.
Von daher würde ich Sie schon gerne fragen, ob die
Einberufung der Runde tatsächlich sachlich begründet
ist, woran der geneigte Zuschauer und die geneigte Zu-
schauerin große Zweifel haben, oder ob es nicht eher so
ist, dass zum einen die Ministerpräsidenten davon über-
zeugt werden müssen, dass das Thema Kinderbetreuung
eine hohe Bedeutung hat, dass diese Aufgabe künftig in
den einzelnen Ländern wahrgenommen werden muss
und dass auch die Länder in den Ausbau der Kinderta-
gesbetreuung mehr Geld einbringen müssen, und dass
zum anderen vor allen Dingen in den Reihen der Koali-
tion, was Ihre Partei angeht, noch ein großer Widerstand
bezüglich des Ausbaus der Betreuungsplätze für unter
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8452 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007
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Die Bundesregierung ist frei in der Beantwortung der
Fragen.
Damit kommen wir zur Nachfrage der Kollegin
Sager.
Es hat aus Reihen der Regierungsfraktionen – zum
Beispiel von Herrn Kauder – auch die Meinung gegeben,
die Bundesregierung habe eigentlich gar nicht die Kom-
petenz, sich in den Fragen der Kinderbetreuung zu Wort
zu melden, zum Beispiel in einer solchen anvisierten
Sonderkonferenz. Wie beurteilen Sie die Frage der Kom-
petenz der Bundesregierung, sich zur Kinderbetreuung
zu Wort zu melden, und wie wollen Sie in der anvisier-
ten Sonderkonferenz mit dieser Frage umgehen?
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Sie wollen die Kollegin Hinz nicht mehr zu Wort
ommen lassen?
Ein Antrag zur Geschäftsordnung. Bitte, Kollege
eck.
Ich möchte den Fortgang der weiteren Fragen nichtufhalten. Es gibt eine ganze Reihe von Fragen; dieseollen auch diskutiert werden. Ich glaube aber, man kannchon jetzt sagen, dass das Thema so weit gediehen ist,ass sich der Bundestag über diese Frage unterhaltenuss.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007 8453
)
)
Volker Beck
Deshalb stelle ich namens meiner Fraktion nach § 106Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 5 Nr. 1 b unserer Ge-schäftsordnung den Antrag auf eine Aktuelle Stunde zudem Thema: Fehlende Finanzierung und Entschlossen-heit der Bundesregierung bezüglich der Kinderbetreu-ungspläne der Bundesfamilienministerin.
Die weitere Diskussion der Fragen verschlägt dasnicht. Aber ich finde, wir sollten das schon zu diesemZeitpunkt festhalten.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat zu den Ant-
worten der Bundesregierung auf die zwei dringlichen
Fragen eine Aktuelle Stunde verlangt. Das entspricht,
wie der Kollege Beck richtig gesagt hat, Nr. 1 b der
Richtlinien für die Aktuelle Stunde. Die Aussprache fin-
det im Anschluss an die Fragestunde statt.
Ich mache vorsorglich darauf aufmerksam, dass sich
die Fraktionen für den Fall, dass die Fragestunde früher
beendet sein sollte, darauf verständigt haben, dass wir
um 15.30 Uhr mit der Aktuellen Stunde beginnen.
Kollegin Hinz, haben Sie zu der dringlichen Frage 2
noch eine Nachfrage? – Bitte schön.
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Ich habe eine konkrete Nachfrage; denn meines Er-
achtens, Herr Staatssekretär, haben Sie die Ursprungs-
frage nicht beantwortet.
Ich kann mir schlechterdings nicht vorstellen – ich
saß auch schon einmal als Landesministerin in solchen
Gremien –, dass Frau von der Leyen als Bundesministe-
rin eine Sonderkonferenz einberuft, in der dann viele
ausgewachsene Ministerpräsidenten und Vertreter der
kommunalen Spitzenverbände sitzen, und dann noch
nicht einmal die Vorstellungen dazu vorträgt, wie sich
der Bund an der Finanzierung des Ausbaus der Kinder-
betreuungsplätze beteiligen will. Dies ist nicht vorstell-
bar.
Deswegen möchte ich Sie noch einmal ganz konkret
fragen: Mit welchen Vorschlägen geht die Bundesfami-
lienministerin in dieses Treffen? Was haben die Minis-
terpräsidenten und die kommunalen Spitzenverbände zu
erwarten? Diese werden nicht allein darauf bauen, dass
Frau von der Leyen das alles so wichtig findet; sie wer-
den vielmehr auch eine Beteiligung des Bundes erwar-
ten.
Dr
Frau Abgeordnete, Sie wissen, dass nicht die Bundes-
regierung, sondern der Vorsitzende zu dieser Konferenz
einlädt und dass man sich darauf verständigt hat, dass
die einzelnen Ausbauschritte – das ist der Wissensstand,
den es seit gestern gibt, als die Absprachen mit dem Vor-
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8454 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007
)
)
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007 8455
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8456 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007
)
)
Herr Staatssekretär, Sie haben die Qualität der Betreu-
ungsplätze angesprochen. Wir wissen, dass insbesondere
die vorschulische Bildung für den späteren Bildungser-
folg von Kindern und Jugendlichen sehr wichtig ist.
Deswegen möchte ich Sie gerne fragen, welche Vor-
schläge Sie zur Verbesserung der Rahmenbedingungen
der Kindertagesbetreuung und zur Weiterentwicklung
der Ausbildung des Erziehungspersonals machen. Gibt
es dafür ein mit der Bundesbildungsministerin abge-
stimmtes Konzept?
Dr
Wir sind mit der Bundesbildungsministerin im Ge-
spräch, ebenso mit den Ländern im Rahmen eines Bund-
Länder-Arbeitskreises. Den Veröffentlichungen des
Bundesfamilienministeriums, unter anderem unserer In-
ternetseite, ist zu entnehmen, welche konkreten Projekte
wir hinsichtlich der Qualifizierung von Erzieherinnen
und Erziehern auf den Weg bringen. Weil die Länder für
dieses Thema zuständig sind, haben wir hier im Wesent-
lichen eine koordinierende Funktion.
Wir glauben, dass wir alles tun müssen, um die früh-
kindliche Bildung zu verbessern, damit alle Kinder, egal
welchen sozialen oder sonstigen Hintergrund sie haben,
zumindest gleiche Startchancen haben, wenn sie in die
Schule kommen. Wir stellen fest, dass in den Ländern
intensive Diskussionen über dieses Thema geführt und
bereits Vorbereitungen getroffen werden, um den Über-
gang vom Kindergarten in die Grundschule besser zu or-
ganisieren. Hier leisten wir Hilfestellungen. Unser Vor-
gehen sprechen wir allerdings mit den Ländern ab.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007 8457
)
)
ch stelle vielmehr fest, dass in die gesamte Familienpo-
itik in Deutschland ungeheuer viel Bewegung gekom-
en ist, wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Dass die ver-
chiedenen Akteure über die einzelnen Aspekte
iskutieren, halte ich für völlig normal in einer Demo-
ratie. Es wäre doch höchst ungewöhnlich, wenn man im
ärz 2007 plötzlich für alle in diesem Zusammenhang
iskutierten Fragen perfekte Lösungen vorliegen hätte,
nd das würde auch nicht dazu passen, dass wir ein föde-
ales System haben, in dem die Länder Zuständigkeiten
aben; in dem die Kommunen Zuständigkeiten haben; in
em der Bund gefordert ist; in dem Private Zuständig-
eiten haben; in dem die Wirtschaft und die Arbeitswelt
efordert sind. Ich halte es für völlig normal, dass dies
in offener Prozess ist.
Die Kollegin Deligöz hat noch eine Nachfrage.
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8458 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007
)
)
Herr Staatssekretär, mich stört es schon ein bisschen,
dass einerseits in den Medien dargestellt wird, dass Sie
ein politisches Ziel verfolgen, und dass Sie uns anderer-
seits hier erzählen, dass es sich um private Wunsch-
träume der Ministerin handelt.
– Ja, natürlich.
Von daher möchte ich Sie jetzt ganz konkret fragen:
Wollen Sie den Ausbau der Kinderbetreuung, und wer-
den Sie dafür Mittel zur Verfügung stellen? Ja oder nein?
Dr
Erst einmal muss ich natürlich zurückweisen, dass es
sich um private Wunschträume handelt. Ich habe eben
deutlich erklärt, in welcher Weise das Ganze in die Ge-
spräche zwischen dem Bund, den Ländern und den
Kommunen eingebunden ist. Es ist völlig klar, dass wir
die Kinderbetreuung ausbauen wollen. Das habe ich aus-
drücklich gesagt. Wir haben dazu im Koalitionsvertrag
Vereinbarungen getroffen.
Ich habe Ihnen auch klar gesagt, welche Entwicklung
es nach den Daten, die uns vorliegen, bislang gibt. Ich
habe Ihnen auch gesagt, dass wir weitere Daten abgrei-
fen werden, um das weiter zu aktualisieren und zu ver-
vollständigen. Ich habe Ihnen auch gesagt, welchen Wert
die Kinderbetreuungsstudie hat, in der auch Zahlen ge-
nannt werden. Um die Konsequenzen festzulegen, die
daraus gezogen werden müssen, wird eine Konferenz
durchgeführt. Danach wird man präziser wissen, was an-
gesagt ist.
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.
Nachdem die dringlichen Fragen und die Fragen zum
selben Geschäftsbereich aufgerufen und beantwortet
worden sind, kommen wir nun zu den übrigen Fragen
auf Drucksache 16/4494 in der üblichen Reihenfolge.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums des Innern. Die Fragen beantwortet der Parla-
mentarische Staatssekretär Peter Altmaier.
Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Keskin, Fraktion
Die Linke, auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen der
geplanten Sanktionsverschärfungen beim Zuwanderungs- und
Aufenthaltsrecht auf den Integrationserfolg der in der Bundesre-
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Frau Präsidentin, ich würde die Fragen 1 und 2 gerne
gemeinsam beantworten.
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Herr Kollege Keskin, Ihre Fragen 1 und 2 beziehen
ich auf Regelungen im Entwurf eines Gesetzes zur Um-
etzung von insgesamt elf aufenthalts- und asylrechtli-
hen Richtlinien der Europäischen Union. Sie wissen,
ass sich dieser Entwurf derzeit in der abschließenden
essortabstimmung befindet und dass es guter Brauch
st, dass die Bundesregierung zum Inhalt solcher Gesetze
rst dann Stellung nimmt, wenn sie von der Bundes-
egierung auch beschlossen worden sind.
Unabhängig davon kann ich Ihnen aber sagen, dass
lle Maßnahmen der Bundesregierung im Bereich des
usländer- und Aufenthaltsrechts selbstverständlich da-
auf abzielen, den Integrationserfolg der hier in Deutsch-
and lebenden Migrantinnen und Migranten zu verbes-
ern.
Herr Keskin, da das die Beantwortung der Fragen 1
nd 2 im Zusammenhang war, haben Sie die Möglich-
eit zu insgesamt vier Nachfragen. Bitte.
Herr Staatssekretär Altmaier, vielen Dank für Ihre
ntwort, ich möchte das aber noch genauer wissen.
Meine erste Zusatzfrage: Beim Ehegattennachzug
ird verlangt, dass der Partner noch vor seiner Einreise
n die Bundesrepublik Deutschland Deutschkenntnisse
achweist. Manche der Ehegatten werden diese Mög-
ichkeit nicht haben, weil sie aus Gebieten kommen, in
enen sie diese Deutschkenntnisse gar nicht erst erwer-
en können. Meinen Sie nicht, dass hierdurch Ehe und
amilie, die als Grundrecht geschützt sind, tangiert wer-
en?
Meine zweite Zusatzfrage: Worin sieht die Bundesre-
ierung eigentlich die aktuelle Notwendigkeit, die beste-
enden aufenthalts- und asylrechtlichen Regelungen zu
erschärfen? Ich rede von „verschärfen“ und kann mich
abei auf gesellschaftspolitisch wichtige Verbände wie
ro Asyl, DGB, TGD, Interkultureller Rat usw. bezie-
en.
Danke sehr.
Das waren also die ersten zwei Nachfragen. Bitte.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007 8459
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Zu der Frage des
Nachweises der Deutschkenntnisse vor dem Ehegatten-
nachzug. Es handelt sich dabei um ein Problem, das sehr
breit diskutiert worden ist. Es gibt Staaten in der Euro-
päischen Union, wie beispielsweise die Niederlande, die
bereits seit längerer Zeit eine entsprechende Regelung
kennen und damit gute Erfahrungen gemacht haben.
Ich kann Ihnen auch versichern, dass die von Ihnen an-
gesprochenen grundrechtlichen Fragen einer ausgiebi-
gen und intensiven Prüfung unterzogen worden sind.
Die zweite Frage bezieht sich darauf, ob einzelne Vor-
schriften im Referentenentwurf Verschärfungen mit sich
bringen. Sie wissen, dass es eine sehr subjektive Ein-
schätzung ist, ob etwas als Verschärfung angesehen
wird. Wir haben uns darauf konzentriert, die elf Richtli-
nien der Europäischen Union umzusetzen und gleichzei-
tig dafür zu sorgen, dass die Integrationsvoraussetzun-
gen verbessert werden. Das ist in den letzten Monaten
zwischen den Koalitionsparteien diskutiert worden. Das
Ergebnis ist den Verbänden, die beteiligt worden sind,
mitgeteilt worden. Die Reaktionen auf einzelne Vor-
schriften sind bei der Beteiligung einer großen Anzahl
von Verbänden naturgemäß in einzelnen Fällen positiver
als in anderen.
Sie haben die Möglichkeit zu zwei weiteren Nachfra-
gen. Bitte.
Herr Staatssekretär Altmaier, ich möchte meine erste
Frage konkretisieren. Stellen Sie sich ein Ehepaar vor:
Einer der Ehegatten will nachziehen, kann dies aber
nicht, weil ihre oder seine Deutschkenntnisse nicht aus-
reichen. Wie soll dann die Ehe, die schließlich vom
Grundgesetz geschützt ist, fortbestehen? Auf diese
Weise kann das Zusammenkommen der Familie ad acta
gelegt werden.
P
Herr Kollege Keskin, entscheidend kommt es darauf
an, ob die Möglichkeit besteht, Deutschkenntnisse zu er-
werben. Der Sinn dieser Vorschrift besteht darin, denje-
nigen, die hierherziehen, die Integration in die Lebens-
wirklichkeit in unserem Land zu erleichtern.
Man muss zwischen der Gesetzesregelung und der
administrativen Umsetzung eines solchen Gesetzes un-
terscheiden. Das Beispiel der Niederlande zeigt meines
Erachtens in nachvollziehbarer Form, dass es den betrof-
fenen Ehegatten durch Kooperation mit ihren Herkunfts-
ländern, entsprechende Maßnahmen etwa von Sprachin-
stituten und die Nutzung moderner technischer
Möglichkeiten wie Presse, Funk und Fernsehen und des
Internets ermöglicht werden kann, vor dem Nachzug
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Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die umfangrei-
che Beantwortung. Ich habe eine Nachfrage: Bei wel-
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„Häsinnen“ habe ich gesagt.
Wir haben das schon richtig verstanden.
Nun rufe ich die Frage 14 der Kollegin Christine
cheel auf:
Durch Veränderung welcher Elemente der Unternehmen-
steuerreform will die Bundesregierung die vom Bundesminis-
ter der Finanzen, Peer Steinbrück, als Reaktion auf die Kritik
des SPD-Parteirats angekündigte Veränderung der zeitlichen
den diese Veränderungen konkret aussehen?
D
Die Bundesregierung wird das endgültige Finanz-ableau für die Unternehmensteuerreform voraussicht-ich mit dem Kabinettsentwurf zur Sitzung des Bundes-
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Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendrickskabinetts voraussichtlich am 14. März, also nächsteWoche, vorlegen. Um die zeitliche Wirkung der Finan-zierung vorzuziehen, wird eine Regelung vorgesehen,nach der bei der Festsetzung der Vorauszahlungen fürdas Jahr 2008 die Tarifsenkungen bei der Körperschaft-steuer und Gewerbesteuer nur dann berücksichtigt wer-den, wenn der Steuerpflichtige auch Sachverhalte er-klärt, die die Finanzierung betreffen. Auf diese Weisewerden die voraussichtlichen Steuermindereinnahmenim ersten und sicherlich auch im zweiten Kassenjahr re-duziert. Im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 ist übrigens bereits eine vergleichbare Rege-lung zu den Einkommensteuervorauszahlungen getrof-fen worden; ich verweise auf § 37 Abs. 3 Satz 4 Ein-kommensteuergesetz 2002.
Ihre Nachfrage, bitte.
Frau Staatssekretärin, eine kurze Bemerkung noch
vorab. Sie haben meine These bestätigt, dass viele kleine
und mittelständische Unternehmen die Tarifsenkungen
für die Körperschaften mitfinanzieren.
D
Nein, Frau Kollegin, das bestätige ich so nicht.
Ich interpretiere Ihre Aussage so; das ist mein gutes
Recht.
Es gibt ja in Teilen der SPD die Überlegung, den Un-
ternehmensteuersatz im Hinblick auf die Auswirkungen
nicht so stark abzusenken. Ich würde Sie einmal bitten,
klar zu sagen: Hält die Bundesregierung an der Tarifsen-
kung, die Sie in den Entwürfen formuliert haben, fest,
oder ist hier noch mit Änderungen zu rechnen, was die
Tarifgestaltung bei der Körperschaftsteuer anbelangt?
D
Nein, Frau Kollegin, Änderungen an der Tarifgestal-
tung sind nicht vorgesehen und nicht beabsichtigt.
Haben Sie eine weitere Nachfrage? – Herr Kollege
Dr. Schick.
Frau Staatssekretärin, gibt es Untersuchungen dazu
oder hat die Bundesregierung Untersuchungen dazu ge-
macht, wie sich die Steuerausfälle auf die verschiedenen
Gruppen – also Großunternehmen, mittelständische Un-
ternehmen und private Haushalte – verteilen? Wenn sol-
che Untersuchungen durchgeführt worden sind, welche
Verteilung der Steuerausfälle auf die verschiedenen
Gruppen ergeben sie denn?
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Würden Sie meine Einschätzung teilen, dass das von
den Niederlanden vorgelegte und beschlossene Prinzip
der Besteuerung in Europa eine neue Runde im Steuer-
wettbewerb in dem Sinne einläuten könnte, dass es einen
erneuten, verschärften Druck auf die Unternehmensteu-
ern in anderen Mitgliedstaaten ausübt und dass es im
Sinne des Code of Conduct eine unfaire Praktik im Steu-
erwettbewerb darstellt?
D
Herr Kollege Schick, ich habe gerade die Rücksicht-
nahme auf die deutsche Ratspräsidentschaft erwähnt. Ich
will mich deswegen heute zurückhalten. Aber ich be-
grüße es sehr, dass die EU-Komission eine beihilferecht-
liche Prüfung des niederländischen Steuerrechts ange-
kündigt hat.
Haben Sie eine weitere Nachfrage? – Bitte schön.
Wird nach dem Ende der deutschen Ratspräsident-
schaft die Frist noch nicht verstrichen sein, innerhalb de-
ren die Bundesregierung in dieser Sache im Rahmen der
Code-of-Conduct-Gruppe tätig werden könnte, oder
wird dann sozusagen der Zug abgefahren sein?
D
Nein, Herr Kollege, der Zug ist natürlich dann nicht
abgefahren. Wenn die beihilferechtliche Prüfung durch
die Europäische Union zu dem Ergebnis kommen sollte,
dass das niederländische Steuerrecht insoweit nicht mit
dem EU-Recht vereinbar ist, würde so oder so Ände-
rungsbedarf bestehen. Dann müsste das niederländische
Parlament seine Beschlüsse ändern.
Sie kennen das ja. Das ist bei uns auch so. Auch wir
verabschieden manchmal Gesetzesvorschläge vorbehalt-
lich der beihilferechtlichen Prüfung durch die EU-Kom-
mission.
Deswegen ist zunächst das Ergebnis der beihilferecht-
lichen Prüfung abzuwarten. In einem weiteren Schritt
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8470 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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kischen Erziehungsminister Celik in Ankara er ihr das Ange-bot unterbreitet habe, Vorbereitungskurse in der Türkei durch-zuführen, um insbesondere jungen Frauen, die im Rahmen desFamiliennachzugs nach Deutschland kommen, die Integrationzu erleichtern, dass bei den anschließenden Gesprächen mitStaatsministerin Nimet Çubukçu sowohl in Ankara als auchspäter in Berlin von deren Seite mit Nachdruck die Notwen-digkeit eines frühen Erwerbs der deutschen Sprache schon vorEinreise nach Deutschland betont und der Vorschlag für Vor-bereitungskurse erörtert worden sei und dass StaatsministerinNimet Çubukçu sie darüber informiert habe, dass Ministerprä-sident Recep Tayyip Erdogan Erziehungsminister Celik ange-wiesen habe, die Vorbereitungskurse auf den Weg zu bringen,und der Aussage des türkischen Außenministers AbdullahGül, der auf dem Treffen mit türkeistämmigen Parlamentari-ern und Parlamentarierinnen am 24. Februar 2007 in Ankaradiese Aussagen der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer als un-zutreffend zurückwies?
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007 8471
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Vizepräsidentin Gerda HasselfeldtZur Beantwortung steht Frau StaatsministerinProfessor Dr. Maria Böhmer zur Verfügung.D
Frau Kollegin, ich darf Ihnen wie folgt antworten:
Der türkische Erziehungsminister Celik hat vor kurzem
erneut gegenüber der Bundesregierung erklärt, dass die
türkische Regierung bereit sei, in der Türkei vorberei-
tende Deutschkurse durchzuführen. Es gibt hier durch-
aus Interesse an einer Zusammenarbeit mit der deut-
schen Seite.
Ich glaube, es ist wichtig, dass die türkische Regie-
rung unterstreicht, dass sie der Integration von türkisch-
stämmigen Migranten in der deutschen Gesellschaft sehr
hohe Bedeutung beimisst und dass man dabei auch
Deutschkenntnisse als entscheidend für den Erfolg im
Alltag ansieht. Um sich Deutschkenntnisse anzueignen,
gibt es unterschiedliche Wege. Das ist Ihnen auch be-
kannt. Ein Weg wäre zweifellos, dass man sich in
Deutschkursen vorbereitet. Es gibt aber sicherlich auch
andere Möglichkeiten.
Zu den rechtlichen Regelungen: Sie haben vorhin be-
reits den Kollegen Altmaier dazu befragt. Wir sollten ab-
warten, wie der Gesetzgebungsprozess voranschreitet,
und uns dann der Frage weiter zuwenden.
Was den angesprochenen Widerspruch betrifft: Was
der türkische Außenminister auf seinem Treffen mit tür-
kischstämmigen Parlamentarierinnen und Parlamentari-
ern am 24. Februar 2007 in Ankara gesagt hat, ist der
Bundesregierung nicht bekannt.
Ihre Nachfrage, Frau Kollegin.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatsministe-
rin Böhmer, es hat sich jetzt herausgestellt, dass es einen
Widerspruch gibt, weil der türkische Außenminister Ab-
dullah Gül am 24. Februar in Ankara betont hat, es seien
falsche Behauptungen, dass von türkischer Seite das
Angebot gemacht worden sei, Deutschkurse für nach-
ziehende Ehegatten anzubieten. Ich frage die Bundesre-
gierung, ob sie erwägt, bei türkischen Regierungsvertre-
terinnen oder -vertretern nachzufragen, warum die
Regierung laut Aussage des türkischen Außenministers
Abdullah Gül von diesem Standpunkt abgerückt ist.
D
Mir sind die Äußerungen des türkischen Erziehungs-
ministers Celik bekannt, und daran orientieren wir uns.
Wir sind zeitlich am Ende der Fragestunde, liebe Kol-
leginnen und Kollegen.
Ich danke Ihnen, Frau Staatsministerin und Herr
Staatssekretär, sehr herzlich für die Beantwortung der
Fragen.
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Von der Bundesfamilienministerin wurde ein massi-er Ausbau der Angebote der Betreuung von Kindernnter drei Jahren versprochen; dem hat sich die SPDchnell angeschlossen. Massiv bedeutet: in dem Maße,n dem die Eltern dieses Angebot in Anspruch nehmenollen.Welcher Bedarf vorhanden ist, das wissen wir. Dazuibt es zahlreiche Studien, Experteninterviews, Umfra-en und nationale sowie internationale Vergleiche. Wirissen also, was wir brauchen und wo es Bedarf gibt.m das herauszufinden, müssen keine Gespräche mehreführt werden. Wir brauchen dafür auch keine Lamen-iererei. Wir wissen, was zu tun ist.Nun aber zaudert die Union. Man könnte natürlichuch sagen – das wäre ein bisschen spitzfindig –: Dienion „kaudert“.
ie schaltet nicht einen Gang, sondern gleich drei bisier Gänge zurück.Durch den Beschluss der Koalitionsrunde vomontag ist eines geschehen: Alle Zweifler und Bremseriner modernen Familienpolitik in der Union haben wie-er die Überhand gewonnen und die Regie übernom-en. Ihr Ziel ist, das aufzuhalten, was unser Land undnsere Gesellschaft voranbringen würde. Plötzlich wirdieder daran gezweifelt, dass es überhaupt einen zusätz-ichen Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen gibt. Wir sind
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8472 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007
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Ekin Deligözwieder an der Stelle angelangt, an der Sie von der Unioneigentlich schon immer waren: nicht in der gesellschaft-lichen Realität, sondern in einer verfälschten Welt.
Nun soll das Ganze durch Gespräche mit den Ländernund Kommunen – von Ihnen werden diese Gesprächevermutlich „Verhandlungen“ genannt – gerichtet wer-den. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wir von den Grü-nen unterstützen die Familienministerin in ihrem Ziel,die Kinderbetreuungsangebote auszubauen, ganz ein-deutig.
Aber ich traue der ganzen Sache nicht. Auch der mo-mentanen Stimmung traue ich nicht. Ich sage Ihnen, wa-rum.Erstens. In den Debatten, die wir in den letzten Wo-chen geführt haben, ist eines deutlich geworden: Dieje-nigen, die schon immer Ressentiments gegenüber derfrühkindlichen Betreuung hatten, sprechen diese jetzt inaller Deutlichkeit aus und weichen davon kein bisschenab. Sie wollen die Realität einfach nicht zur Kenntnisnehmen. Sie wollen den Alltag von Eltern nicht anerken-nen. Ihre Devise lautet, dass nicht sein kann, was nichtsein darf.
Der Schwur der Union auf die Wahlfreiheit, der wahr-scheinlich auch in der heutigen Debatte von ihr geleistetwird, ist verlogen. Das nehmen wir Ihnen nicht mehr ab.Denn die Voraussetzungen für eine Wahlfreiheit sinderstens, dass überhaupt Kinderbetreuungsplätze vorhan-den sind – so weit sind wir noch lange nicht; Sie allekennen die Zahlen –, und zweitens, dass die Eltern selbstentscheiden können, wann und warum sie ihre Kinderbetreuen lassen. Die Politik darf ihnen diese Entschei-dung nicht abnehmen.
So viel Vertrauen müssen wir in die Eltern haben. DieVorstellung, die die Union im Jahre 2007 von der Wahl-freiheit hat, ist im Mittelalter zurückgeblieben.Zweitens. Die aktuelle Strategie der Union ist uns ei-gentlich schon seit Jahren bekannt. In den Ländern undKommunen hören wir die Union immer wieder sagen:Eigentlich brauchen wir gar keinen Ausbau der Kinder-betreuung; denn es gibt genug oder fast genug Betreu-ungsplätze. Eigentlich wollen die Eltern das auch nicht;denn wenn sie es wollen würden, dann gäbe es schon ge-nug Kinderbetreuungsplätze.Die Eltern, die ihre Kinder bereits dann, wenn sichdie Schwangerschaft ankündigt, für einen Betreuungs-platz anmelden, können wahrlich kein ausreichendesAngebot erkennen. Durch dieses Schönreden haben Siebis jetzt verhindern können, dass in Deutschland einRechtsanspruch auf Kinderbetreuung für unter Dreijäh-rige eingeführt wurde. Dass dies geschieht, wollen Sieauch in Zukunft verhindern. Ich hoffe, dass diese Zeitenirgendwann einmal vorbei sind.nRShrkwSw–RKdjMMdBgEdDugdFFIüZddkUdgT
In der Debatte über das Elterngeld sagte sogar Herramsauer, dass nun der zweite Schritt folgen und dieinderbetreuung ausgebaut werden müsse.Sie haben es bisher nicht für notwendig gehalten, miten Ländern und Kommunen Gespräche zu führen. Aberetzt tun Sie so, als sei das notwendig. Gleichzeitig sagenitglieder der CDU/CSU-Fraktion – das gilt auch füritglieder Ihrer Landesregierungen –, der Bund sei fürieses Thema nicht zuständig. Natürlich hat auch derund hier Kompetenzen und ist dafür zuständig. Dabeieht es um unsere politische Verantwortung gegenüberltern und Kindern. Wir können und dürfen uns nichtavor drücken, diese Verantwortung zu übernehmen.as, was Sie hier abgeliefert haben, waren leere Wortend Sonntagsreden. Dafür sind Ihnen die Familien gutenug. Wenn es aber um konkretes Handeln geht, dannrücken Sie sich. Ich nenne das verantwortungslos.
Für die Bundesregierung erteile ich nun das Wort derrau Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen.
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin füramilie, Senioren, Frauen und Jugend:Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ch freue mich über diese Debatte. Denn sie ist längstberfällig, und sie ist richtig.
Wie ist denn die Situation heute? Nach den jüngstenahlen des Statistischen Bundesamtes haben in West-eutschland 8 Prozent der Eltern für ihre Kinder unterrei Jahren einen Betreuungsplatz. Das heißt im Um-ehrschluss: 92 Prozent der Eltern haben keinen. Großenterschiede gibt es dabei zwischen West und Ost: Inen neuen Bundesländern hat sich das Angebot bei un-efähr 37 Prozent eingependelt.Wenn wir von Wahlfreiheit sprechen, muss dies in derat heißen, dass jeder die Wahl hat. Wer seine Kinder
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007 8473
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Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyenüber einen längeren Zeitraum zu Hause betreuen will,hat unseren Respekt und ist willkommen, dies zu tun.Aber genauso müssen diejenigen, die wieder den An-schluss an ihren Beruf suchen, Angebote vorfinden, wosie ihr Kind unter drei Jahren betreuen lassen können.Insofern müssen wir auf diesem Gebiet besser werden.
Wir haben mit dem TAG das Ziel, dass wir im Jahr 2010für 17 Prozent der Eltern ein Angebot haben, auch wenndas im Umkehrschluss heißt, dass immer noch83 Prozent der Eltern kein Angebot haben.Ich finde, moderne Politik muss Politik sein, die amPuls der Zeit ist, die spürt, wenn sich Dinge verändern.Wir haben gemeinsam das Elterngeld eingeführt. Wiralle werden jetzt auf den Versammlungen draußen imLande spüren – ich bin sicher, gerade Sie als Familien-und Bildungspolitikerinnen- und -politiker werden dasjeden Tag erleben –, dass uns die jungen Menschen zuRecht fragen: Was mache ich, wenn das Elterngeld amEnde des ersten Lebensjahres meines Kindes ausläuftund ich wieder in den Beruf zurück möchte?
Ich sage als Familienministerin ganz selbstbewusst:Ungefähr ein Drittel aller Eltern hat Bedarf an einem Be-treuungsangebot. Dies ist im Übrigen europäischerDurchschnitt. Im Augenblick jedoch liegen wir, was dieBetreuungsmöglichkeiten angeht, noch im unteren Drit-tel.
Diese Zahl ist durch das Deutsche Jugendinstitut, einesder renommiertesten deutschen Institute, die auf diesemGebiet forschen und veröffentlichen, bestätigt worden.Dies ist Barcelonastrategie. Deshalb ist die Debatte, diewir führen, eine spannende gesellschaftspolitische De-batte, und sie ist hochaktuell. Natürlich wirbelt diese De-batte die bestehenden, üblichen, schablonenhaften Reak-tionen durcheinander. Aber genau dafür sindPolitikerinnen und Politiker da: am Puls der Zeit zu seinund deshalb dies aktuell zu debattieren.
Jetzt komme ich zum zweiten Punkt – ich habe diesesThema vor vier Wochen angestoßen –: Es ist ein Erfolg,dass es uns gelungen ist, seit der Sitzung des Koalitions-ausschusses gemeinsam als Regierung einen Fahrplanfestzulegen, wie wir diesem Ziel näher kommen. DieFragen – wie sehen die Zahlen im Detail aus, wie siehtes in den einzelnen Ländern aus, wie sieht es in den ein-zelnen Kommunen aus, wer hat massiv ausgebaut in derletzten Zeit, wer hat sich kaum bewegt, wo sind Regio-nen, in denen zum Beispiel in die Qualität mehr inves-tiert werden muss? – sind natürlich berechtigt. Dass diesin der Kommunikation am nächsten Tag verkürzt undnicht glücklich herübergekommen ist, darüber bin ich–uDwdnAtbuwdew2ugawAsansmdgtwEiedwwdNigedslWsn
Natürlich steht die Bundesregierung mit diesem Zielicht alleine da. Das ist eine gesamtgesellschaftlicheufgabe, und es gibt viele Akteure, die daran mitarbei-en. Auch die Länder und die kommunalen Spitzenver-ände sind mit im Spiel. Wir müssen alle mitnehmen,m uns in der Beantwortung der Frage einig zu werden,ie wir das gemeinsam schaffen können. Deshalb wer-en wir mit einer kleinen Arbeitsgruppe den Weg fürine Konferenz bereiten – Bund, Länder und Kommunenerden daran beteiligt sein –, die im Übrigen am. April 2007 stattfinden wird,
m die Zahlen im Detail zu besprechen und auch zu zei-en, was sich in den einzelnen Ländern getan hat. Das istuch spannend, da gezeigt wird, wo gute Arbeit geleisteturde und wo noch ein enormer Nachholbedarf besteht.nschließend werden wir über die Finanzierungswegeprechen.
Dabei will ich auch deutlich sagen, dass wir geradels Bildungs- und Familienpolitikerinnen und -politikericht den Fehler machen sollten, zunächst einmal zuchauen, wie die Familien das finanzieren können. Viel-ehr sollten wir uns selbstbewusst hinstellen und sagen,ass das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist – diesilt gerade für die frühkindliche Bildung –, von der spä-er alle profitieren, wenn eine kleine Generation nach-ächst.
s ist mir auch deshalb wichtig, dies zu sagen, weil wirn diesem Land gerade hinsichtlich der Finanzierung oftine polarisierende Debatte geführt haben.Für im Durchschnitt ein Drittel der Eltern wollen wirieses Betreuungsangebot gemeinsam schaffen. Wennir das Thema Wahlfreiheit ernst nehmen, dann dürfenir aber nicht sagen, dass zwei Drittel der Eltern oderass Eltern mit Schulkindern das mitbezahlen müssen.ein, die ganze Gesellschaft muss dies bezahlen; dennn der Folge profitiert gerade eine Gesellschaft im demo-rafischen Wandel in hohem Maße davon. Wenn nurine kleine Generation nachwächst, von der gerade wir,ie mittlere Generation, die wir später die vielen Altenein werden, viel verlangen – die jungen Menschen sol-en später hochinnovativ und wettbewerbsfähig in dieserelt arbeiten und sich um ihre Kinder, die sie sich wün-chen, und um uns Alte kümmern –, dann müssen wir ih-en am Anfang doch auch das Rüstzeug mitgeben, so-
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Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyendass sie eine Chance haben, diese Aufgaben späterbewältigen zu können.
Deshalb kann ich nur so schließen, wie ich begonnenhabe: Ich freue mich über diese gesellschaftspolitischeDebatte. Ich finde, wir Familienpolitikerinnen und Fami-lienpolitiker sowie Bildungspolitikerinnen und Bil-dungspolitiker sollten eine Bresche für die Kinder undfür die jungen Familien in diesem Land schlagen.Vielen Dank.
Nächster Redner ist nun der Kollege Dirk Niebel für
die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Ich freue mich auch, dass wir im DeutschenBundestag über Kinderbetreuung reden. Frau Ministerin,ich glaube Ihnen die politische Zielsetzung ausdrücklich.Für die Umsetzung haben Sie in Ihren bisherigen Redenallerdings immer noch keinen einzigen Fingerzeig gege-ben.
Es ist tatsächlich so, dass wir in diesem Land mehrKinderbetreuung brauchen. Ich freue mich, dass dieUnion in weiten Teilen im 21. Jahrhundert angekommenist, aber ich bin doch sehr besorgt über manche Reak-tion, die ich aus Ihrer eigenen Partei, Frau Ministerin, imRahmen der Diskussion, die wir in den letzten Wochengeführt haben, hören musste.Ich stelle mir allerdings die Frage, warum gerade dieGrünen diese Aktuelle Stunde beantragt haben. Sie ha-ben die letzten sieben Jahre vor der vergangenen Wahldoch immerhin regiert. Wo ist eigentlich Ihre Erfolgsbi-lanz?
Ich erinnere mich, dass den Kommunen bei der Zu-sammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfeunter der Regierung Schröder versprochen worden ist,pro Jahr 1,5 Milliarden Euro für die Kinderbetreuungzusätzlich zur Verfügung zu stellen. Wo sind denn 2005und 2006 die jeweils 1,5 Milliarden Euro für die Kinder-betreuung in den Kommunen geblieben? Reine Luft-buchungen! Deswegen ist es eindeutig: Sie betreibenhier Ihr politisches Klein-Klein und sind am Ziel, einerbnmusnnwkhwDswigsFffsdoGkidkueeefhhVlGGzame
Als Vater von drei Kindern und einer der wenigenännlichen Kollegen in diesem Haus, die Erziehungs-rlaub genommen haben, meine ich, dass darüber tat-ächlich diskutiert werden muss. Denn all denen, die dasicht kennen, kann ich versichern: Mit Urlaub hat dasichts zu tun gehabt. Aber die gesellschaftliche Denk-eise, dass sich immer nur die Frauen um die Kinderümmern müssen, muss endlich ein Ende haben. Ichabe es am eigenen Leib erlebt: Ein Mann macht so et-as nicht, war die Reaktion.
ie Eltern müssen dann aber die Kinderbetreuung ent-prechend organisieren. Das ist jedoch extrem schwierig,enn es an Betreuungsmöglichkeiten fehlt. Deswegenst die Diskussion grundsätzlich richtig.Die Frage der Finanzierung ist aber in der Tat nichtanz unbedeutend. An dieser Stelle laufen die Vor-chläge der Regierungskoalition bisher ins Leere.
rau von der Leyen hat bei ihren ersten Äußerungen of-enkundig übersehen, dass eine Föderalismusreform er-olgt ist und keine unmittelbare Finanzbeziehung zwi-chen Bund und Kommunen besteht. Das ist vor allemeshalb tragisch, weil viele Länderfinanzminister – egalb rot oder schwarz – klebrige Finger haben und daseld, das man in der Vergangenheit den Kommunen zu-ommen lassen wollte, nicht immer dort angekommenst.
Die Kollegen von den Sozialdemokraten setzen sichafür ein, dass Familien Familien finanzieren sollen. Vorurzem wurde die steuerliche Absetzbarkeit von Betreu-ngsleistungen etwas verbessert. Das soll nun wiederingeschränkt werden. Herr Beck hat angekündigt, dassine eventuell irgendwann vorzunehmende Kindergeld-rhöhung ausgesetzt werden soll, um so das Vorhaben zuinanzieren. Das ist ähnlich, als würden Sie dem Businterherlaufen, weil Sie kein Geld für eine Busfahrkarteaben, und glauben, Sie hätten das eingesparte Geld zurerfügung. Nach dieser Logik wäre es viel klüger, Sieiefen einem Taxi hinterher; dann könnten Sie noch mehreld sparen.
Es ist auf jeden Fall notwendig, klare finanziellerundlagen für die Vereinbarkeit von Familie und Berufu schaffen. Die FDP hat schon mit ihrem Steuerkonzeptus dem Bundestagswahlkampf deutlich gemacht, wiean Familien finanziell entlasten kann, nämlich durchinen höheren Grundfreibetrag für jeden Menschen in
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Dirk Niebeldiesem Land, egal ob klein oder groß. Für Personen miteigenem Einkommen soll ein Freibetrag in Höhe von7 700 Euro gelten. Wer kein eigenes Einkommen hat, er-hält ein höheres Kindergeld von 200 Euro pro Kind.
Letzteres bietet deutlich bessere Möglichkeiten, die Kin-derbetreuung zu organisieren.
Darüber hinaus haben wir am 5. April letzten Jahresauf der Bundestagsdrucksache 16/1168 einen Antrag mitdem Titel „Flexible Konzepte für die Familie – Kinder-betreuung und frühkindliche Bildung zukunftsfähig ma-chen“ vorgelegt, in dem wir 19 Vorschläge formulierthaben, die insbesondere die Wahlfreiheit der Menschen,mehr Freiraum für die persönliche Lebensgestaltung,mehr Eigeninitiative und private Organisation und diegleiche Teilhabe von Männern und Frauen zum Ziel hat-ten.
Ausweislich der Drucksache 16/2785 ging die Abstim-mung wie folgt aus: Ablehnung des Antrags mit denStimmen der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, derLinken und des Bündnisses 90/Die Grünen. BestenDank! Sie hatten schon längst die Chance, etwas zu ma-chen, aber Sie haben sich nicht bewegt.
Deswegen wird es jetzt Zeit, unideologisch über einFinanzierungskonzept nachzudenken, das mit der Föde-ralismusreform I in Einklang steht. Das bedeutet, dassSie, wenn Sie das Vorhaben mitfinanzieren wollen, Frauvon der Leyen, den Kommunen das Geld nicht unmittel-bar zukommen lassen können. Deshalb müssen Sie cle-verer vorgehen, auch um zu verhindern, dass die Länder-finanzminister einen Teil des Geldes einbehalten. RedenSie doch über Umsatzsteuerpunkte für die Kommunen!Machen Sie konkrete Vorschläge für die bessere Finan-zierung der Kinderbetreuung!Tun Sie mir einen Gefallen: Tun Sie nicht so, als wäredie zwingend notwendige Verbesserung der Kinderbe-treuungsmöglichkeiten allein eine staatliche Aufgabe!Es ist zwar auch eine staatliche Aufgabe, die aber vordem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft zusehen ist. Trotz der vielen Arbeitslosen und des zuneh-menden Fachkräftemangels in den unterschiedlichstenBranchen ist es auch eine Aufgabe der Wirtschaft. VieleUnternehmen tun dabei schon Gutes. Das ist kein Al-truismus; sie sorgen auch aus Eigennutz dafür – teil-weise finanzieren sie es sogar mit –, dass die bei ihnenbeschäftigten Väter und Mütter möglichst schnell wiederiwRuFgDgkdzMddnnuigFdehddJbrusSnuwbh
as ist der richtige Weg. Dabei unterstützen wir Sieerne.
Wenn Sie Ihre eigenen Leute auf Ihre Seite ziehenönnten, wenn die Linken aufhören würden, eine Frau,ie sich um ihr Kind kümmert, als Heimchen am Herdu bezeichnen, und die Konservativen eine berufstätigeutter nicht mehr als Rabenmutter bezeichnen würden,ann wären wir einen großen Schritt weiter.Vielen herzlichen Dank.
Nun hat das Wort die Kollegin Christel Humme für
ie SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kollegin-en! Das, worüber heute diskutiert wird, ist tatsächlicheu. Alle Fraktionen im Bundestag fordern mehr Betreu-ngsplätze für unter Dreijährige. Ich glaube, das habech in der ganzen Zeit, in der ich Mitglied des Bundesta-es bin, noch nicht erlebt.
rau Ministerin, ich gebe Ihnen vollkommen recht: Miten zurzeit vorhandenen Betreuungsplätzen sind wir voninem bedarfsgerechten Ausbau noch weit entfernt. Sieaben gesagt: 750 000 Plätze brauchen wir für einen be-arfsgerechten Ausbau. Das unterstütze ich voll; dennas wird uns von den Wissenschaftlern des Deutschenugendinstituts sowie im Kinder- und Jugendberichtestätigt. Wir haben heute Mittag in der Anhörung erfah-en, dass zwei Jahre nach Inkrafttreten des Tagesbetreu-ngsausbaugesetzes ganze 21 000 Plätze zusätzlich ge-chaffen wurden. Ich finde, das ist eigentlich einkandal.In Kenntnis dieser Tatsachen verstehe ich überhaupticht, dass wir den Ausbau auf die lange Bank schiebennd noch einmal bei den Ländern nachfragen wollen,ie hoch der Bedarf eigentlich ist. Das erinnert mich einisschen an die Kommunen in meinem Wahlkreis. Sieaben immer wieder eine Bedarfsanalyse durchgeführt,
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Christel Hummewenn es darum ging, Kindertagesstättenplätze vorzuhal-ten. Immer wieder kamen sie zu dem Ergebnis: EinBedarf ist nicht vorhanden. Als die Kindertagesstätten-plätze dann aber geschaffen waren, waren die Anmelde-zahlen so hoch, dass es Wartelisten gab. Daher sage ich:Nicht der Bedarf bestimmt das Angebot, sondern dasAngebot den Bedarf.
Das ist richtig; denn Eltern brauchen – Herr Niebel,Sie haben darauf bereits hingewiesen – verlässliche Kin-derbetreuungsangebote. Aber ich glaube, das ist der ein-zige Satz, bei dem ich Ihnen zustimmen kann.
Sie behaupten, wir wollten, dass Familien die Kinder-betreuung finanzieren, und halten das für ungerecht.Herr Niebel, ich halte Ihnen entgegen: Denken Sie an diefamilienpolitischen Leistungen unter der rot-grünen Re-gierung in den letzten Jahren! Wir haben das Kindergeldum 38 Prozent erhöht. Sie werden mir sicherlich rechtgeben, wenn ich feststelle, dass diese Erhöhung nichtdazu geführt hat, dass sich mehr junge Menschen ent-schieden haben, eine Familie zu gründen.
Familien brauchen etwas anderes, nämlich Rahmenbe-dingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Ich kann diejenigen nicht verstehen, die unser solidesFinanzierungskonzept – darüber möchte ich mit Ihnenernsthaft diskutieren – als unsozial bezeichnen. Wir wol-len nämlich so schnell wie möglich zwei wesentlicheUngerechtigkeiten beseitigen.
Die erste und nach meiner Meinung noch immer diegrößte Ungerechtigkeit in unserem Land ist, dass dieHerkunft den Bildungsabschluss bestimmt. Ich glaube,mit früher Förderung können wir genau diese Ungerech-tigkeit beseitigen und mehr Leistung bei der Integrationerbringen. Das ist unser erstes Ziel.Die zweite Ungerechtigkeit ist – das konnten wirheute im „Morgenmagazin“ wieder verfolgen –, dassMänner und Frauen Familie und Beruf in Deutschlandnicht vereinbaren können. Das heißt konkret, dass einerder beiden Partner – wie wir wissen, sind in 90 Prozentder Fälle beide Partner berufstätig, wenn sie sich in jun-gen Jahren für eine Familie entscheiden – auf sein Ein-kommen verzichten muss. Dass das in höchstem Maßeunsozial ist, liegt auf der Hand.Daher bin ich der Meinung: Lassen Sie uns ernsthaftüber unsere soliden Finanzierungsvorschläge diskutie-ren! Nichtstun ist in höchstem Maße unsozial.Schönen Dank.FnFwspWgieCgDicStnEbHUdwldJSzsUhdg
Nächste Rednerin ist die Kollegin Diana Golze für die
raktion Die Linke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-en und Kollegen! Es ist wahrlich ein Trauerspiel für dieamilien – man könnte auch sagen: eine Tragikomödie –,as heute auf den Titelseiten der Tageszeitungen zu le-en ist: Union bremst von der Leyen aus, Christen kip-en Kinderkrippen usw.
ährend Frau von der Leyen gestern Abend in den „Ta-esthemen“ noch einmal deutlich machen durfte, dasshre Pläne nichts anderes bedeuten als die Anpassung anuropäische Standards, bleiben die Herren der CDU/SU in ihrem Elfenbeinturm sitzen und träumen von denuten alten Zeiten, als sie nicht mit solchen schnödenebatten gestört wurden. Die Bundesregierungen habenn den vergangenen Jahren ein familienpolitisches Ni-kerchen gehalten, während in anderen europäischentaaten die Frage nach der qualitativen und der quantita-iven Kindertagesbetreuung ganz oben auf der Tagesord-ung gestanden hat.
Im Jahr 2007 erlebten wir nun ein kurzes scheinbaresrwachen, aber am Ende ist es wohl doch nur wieder dererühmte Theaterdonner. Ich spreche zum einen vonerrn Kauder und den anderen Altvorderen in dernion,
ie von den Lebensentwürfen junger Menschen so wenigissen – sind Sie jetzt traurig, dass ich Sie nicht nament-ich genannt habe? –,
ass sie immer noch die Familienideale des vorletztenahrhunderts hochhalten.
tatt den Vorstoß ihrer Familienministerin zum Anlassu nehmen,
ich die Augen zu reiben, versuchen die Politiker dernionsparteien, sich noch einmal gemütlich umzudre-en. Wachen Sie auf, liebe Kollegen! Ihre Kolleginneniskutieren längst in den Talkshows der Abendpro-ramme offen darüber, dass man die Lebensentwürfe
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Diana Golzevon jungen Menschen ernst nehmen muss und dass sichdie Politik endlich dieser Fragen annehmen sollte.
Statt noch einmal nachzuprüfen, ob die Frau Ministerinihre Hausaufgaben gemacht hat und es wirklich einenBedarf an Betreuung von Kindern unter drei Jahrengibt, bevor sie neue Forderungen stellt, empfehle ichHerrn Kauder, sich selbst noch einmal auf den Hosen-boden zu setzen. Eine kluge Expertise zum Thema Kin-derbetreuung gibt es bereits. Sie hat die Drucksachen-nummer 15/6014 und heißt „Zwölfter Kinder- undJugendbericht“. Darin wird nicht nur die Situation inder Kitalandschaft unter die Lupe genommen, sondernauch das System der Bedarfsermittlung. Ihre Forderungin der Koalitionsrunde war scheinheilig und hat nichtsmit Realitätssinn zu tun, sondern vielmehr – so sieht esaus – damit, als wollten Sie mit Macht etwas verhin-dern, was nicht in Ihr Weltbild passt.
Ich spreche hier aber auch von der SPD. Das Wort„Sozialdemokratie“ kommt mir in diesem Zusammen-hang nur noch schwer über die Lippen. Sie haben heutefrüh im Ausschuss brav die Hand für die Rente ab 67 ge-hoben. Am Freitag wird das hier im Plenum wohl ge-nauso sein. Sie beschließen für die Eltern und für dieKinder von heute die Rentenkürzung von morgen.
Zur Finanzierung der Krippenplätze von heute fällt Ih-nen auch nichts Besseres ein als eine Kindergeldkür-zung.
Es ist eine Kürzung. Um nichts anderes handelt es sichnämlich. Das kann man Ihnen nicht oft genug sagen. Ichmöchte Sie daran erinnern, dass Sie das Kindergeld be-reits zum 1. Januar dieses Jahres massiv gekürzt haben,nämlich durch die Absenkung des Bezugsalters von 27auf 25 Jahre.
Im vergangenen Jahr wurden die Familienzuschläge fürBundesbeamte abgeschafft. Selbst nach Abzug der Über-gangsregelungen war das eine Ersparnis von über3 Milliarden Euro. Ebenfalls im vergangenen Jahr ist dieKürzung der Pendlerpauschale vorgenommen worden,eine Ersparnis von 2,5 Milliarden Euro, die fast hälftigden Bundeshaushalt und die Länder entlastet hat. Wem,denken Sie, haben Sie denn dieses Geld aus den Taschengezogen?
Das sind doch zum großen Teil die Erwerbstätigen, dieKinder haben und deshalb nicht flexibel dem Arbeits-platz hinterherziehen können.Ich habe es hier schon einmal gesagt und wiederholees: Familienpolitik ist Sozialpolitik.ElglnsWsghnKbtsbGAafUlpDrslurSHzKh
ine sozial gerechte Familienpolitik ist nur dann mög-ich, wenn wir auch die Frage nach der Verteilung desesellschaftlichen Reichtums stellen. Die Grenzen ver-aufen nicht zwischen Eltern und Kinderlosen, auchicht zwischen Jung und Alt, sondern immer noch zwi-chen Arm und Reich, zwischen oben und unten.
er die Verteilungsfrage nicht stellen will, der sollte vonozial gerechter Familienpolitik schweigen.Der Gipfel des Zynismus ist die Tatsache, dass Sie zurleichen Zeit mit vollen Händen das Geld zum Fensterinauswerfen. Milliardenschwere Steuergeschenke pla-en Sie für Unternehmen. An den Treueschwüren deroalition zu diesem Projekt werden keine Zweifel laut.Der Ausbau der Kindertagesbetreuung muss soforteginnen, und er könnte sofort beginnen; denn das nö-ige Geld ist da. Die versprochenen Arbeitsplätze hatchon die letzte Unternehmensteuerreform nicht ge-racht. Herausgekommen sind am Ende höchstens mehrolfplätze für die Reichen.
ber ich sage Ihnen: Kinderkrippenplätze sind wichtigerls Golfplätze. Wir sagen: Vorfahrt für Kinder! Vorfahrtür Familien! Die Linke fordert: Stopp für das Projektnternehmensteuerreform. So würden mindestens 8 Mil-iarden Euro frei, die für den Ausbau der Kinderkrippen-lätze verwendet werden könnten.
ie Familien und vor allem die Kinder brauchen keineituellen Sonntagsreden, Herr Niebel, sondern endlichinnvolle Taten. Ich kann nur hoffen, dass sich die Fami-ienministerin nicht von ihrem Vorhaben abbringen lässtnd schnell eine familien- und sozial gerechte Finanzie-ung dafür vorschlägt.Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Johannes
inghammer für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Frau Golze, ich rate Ihnen, einmal darüber nach-udenken und zu prüfen, warum die Gebühren für dieindertagesstätten in Berlin, wo Sie mitregieren, dieöchsten in der gesamten Republik sind.
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Johannes SinghammerWas die Grünen angeht, habe ich Verständnis, dass siediese Aktuelle Stunde beantragt haben. Sie haben dasgetan, um an der aktuellen Diskussion über Familienpo-litik wieder teilzunehmen.
Ich füge hinzu: Vor wenigen Wochen hat sich die Bun-destagsfraktion der Grünen auf einer Klausurtagung abernicht darüber einigen können, ob Familie ein Wert ansich ist. Wer nicht weiß, wie viel Wert die Familie unddie Erziehungsleistung von Müttern und Vätern für Kin-der haben, wer sich nicht einmal sicher ist, ob Familieüberhaupt ein Wert an sich ist, der sollte eine AktuelleStunde zu diesem Thema möglichst nicht beantragen.
Wir wollen eine moderne Familienpolitik, und die ba-siert auf dem Prinzip der Wahlfreiheit. Wir wollen mehrSicherheit bei der Betreuung, und wir wollen mehr Dy-namik beim Ausbau der Betreuungseinrichtungen.Die – zum Teil leidenschaftliche – Diskussion, auchdie bei uns, also innerhalb der Union, hat gezeigt, wieernst wir dieses Thema nehmen. Für uns ist das keineLuftballondiskussion – in eine solche Diskussion pumptman zunächst einmal viel Luft hinein, bevor man sielangsam wieder herausströmen lässt –; vielmehr nehmenwir das sehr ernst.
– Für uns ist es kein Gedöns. – Wir gehen Schritt fürSchritt sorgfältig vorwärts.
Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, bis2010 230 000 zusätzliche Betreuungsplätze durchzuset-zen. Die Finanzierung dieser Vorgaben wird durch dieEntlastung der Kommunen aufgrund der Zusammenle-gung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ermöglicht.
2,5 Milliarden Euro jährlich stehen bereit. Davon sollen1,5 Milliarden Euro für den Ausbau der Kinderbetreu-ung verwandt werden.Jetzt hat die Ministerin angekündigt, dass darüberhinaus bis zum Jahr 2013 noch einmal 250 000 Betreu-ungsplätze bereitgestellt werden. Das ist konsequent undrichtig. Denn zwischenzeitlich haben wir das Elterngeldin Kraft gesetzt – Rot-Grün hat das viele Jahre nicht ge-schafft –, und dieses Elterngeld – das zeichnet sich ab –ist ein Erfolg. Wenn im kommenden Jahr, im Jahr 2008,für die ersten Eltern nach zwölf bzw. 14 Monaten derBezug des Elterngeldes ausläuft, dann erwarten sie Si-cherheit bei der Betreuung. Deshalb ist es richtig, eineneue Dynamik bei den Betreuungseinrichtungen einzu-fordern.DsIdhtLBsusrdg–zfnWgslioKhezüm–hmUzWphsZF
Es ist logisch zwingend, jetzt die unterschiedlichennteressen mit den Ländern abzustimmen. Warum? Weilie neuen Bundesländer einen sehr hohen Ausbaugradaben; da fehlt es manchmal weniger an der Infrastruk-ur als an den Kindern. Einige alte Bundesländer, alsoänder in Westdeutschland, sagen: Wir brauchen keineundeseuros; wir wollen das selber finanzieren. Andereagen: Nur her damit! Diese Interessen abzugleichen, istnbedingt nötig. Deshalb kann es objektiv nicht sinnvollein, in der heutigen Debatte ein komplettes Finanzie-ungssystem vorzulegen. Ich wiederhole: Erst müssenie unterschiedlichen Interessen mit den Ländern abge-lichen werden.
Für uns ist es bezüglich der Finanzierung wichtigdas sage ich hier erneut –, das Prinzip der Wahlfreiheitu erhalten. Alle Finanzierungsvorschläge, die die Wahl-reiheit einengen können, sind nach unserer Auffassungicht geeignet. Das betrifft insbesondere das Kindergeld.as ist die Konsequenz, wenn wir beim Kindergeld län-ere Zeit eine Durststrecke einlegen? Eine solche Durst-trecke trifft insbesondere die, die ohnehin einen schma-en Geldbeutel haben. Deren Dispositionsfähigkeit, alsohre Möglichkeit, die Betreuung ihrer Kinder selbst zurganisieren und darüber zu entscheiden, was sie für ihreinder ausgeben wollen, wird massiv beschnitten. Des-alb meine ich, dass der Vorschlag, beim Kindergeldine Durststrecke einzulegen oder bei den Freibeträgenu kürzen, nicht in die richtige Richtung führt und dassber eine andere Finanzierung nachgedacht werdenuss.
Wir werden das schon vorlegen. Wir in der Koalitionaben auch schon einige gemeinsame Vorschläge ge-acht. Ich nenne die demografische Rendite und denmbau der 145 Familienleistungen, was in diesem Jahru einem ersten Ergebnis führen wird.Noch zur Frage der Wahlfreiheit. Das Gegenteil vonahlfreiheit ist eine staatliche beeinflusste Erziehungs-olitik. Die wollen wir nicht. Wir nehmen die Wahlfrei-eit ernst. Wir glauben, dass die Eltern am besten wis-en, was ihre Kinder brauchen. Das wird auch dieielsetzung unserer Politik sein.
Das Wort hat nun die Kollegin Krista Sager für dieraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.
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Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! HerrSinghammer, Sie können doch nicht daran vorbeireden,dass Sie in dieser Woche gerade die Dynamik aus demProzess genommen haben, weil Ihre dynamische Minis-terin Ihnen zu dynamisch geworden ist. Auf so viel Dy-namik waren Sie nicht eingestellt und sind Sie bis heutenicht eingestellt.
Es ist doch bezeichnend: Seitdem Frau von der Leyengesagt hat: „Elterngeld reicht nicht; wir brauchen mehrKrippenplätze in Deutschland“, ist sie die beliebtesteMinisterin der Bundesregierung.
Das zeigt doch eindeutig, was die Menschen in diesemLand von dieser Bundesregierung erwarten.
Jetzt fragt man sich doch: Warum lässt ausgerechnetdie Union ihre beliebteste Ministerin beim beliebtestenThema im Regen stehen?
Ihre Ministerin geht tapfer voran – wie Blücher. Undwas macht die Unionstruppe? Sie schmeißt sich wie dieHasen in die Furche!
Sie haben Angst – das ist doch Ihr Problem –, dass dieMinisterin Sie am Ende noch hinterherschleifen könnte.Das ist das, was diese Woche passiert ist.
Die Zahlen hat Frau von der Leyen heute noch einmalganz deutlich genannt. Ich finde es irgendwie herzergrei-fend, dass Sie jetzt plötzlich so viel Sympathie für dasrot-grüne Tagesbetreuungsausbaugesetz inklusive Finan-zierung entwickeln.
Wie haben wir uns mit Herrn Koch im Vermittlungsaus-schuss um diese Finanzierung balgen müssen!
Wir haben das doch gegen Sie durchsetzen müssen.
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Die Zahlen, die Frau von der Leyen genannt hat, sindöllig richtig. Wir haben in Westdeutschland einen Ver-orgungsgrad von 8 Prozent für Kinder unter drei Jahren.eswegen müssen wir schneller vorankommen.
as machen Sie jetzt? Sie sagen: Ach Gott, ach Gott, hatenn unsere Fachministerin da richtig gerechnet? Hat sieich nicht vielleicht geirrt? Ist das alles nicht nur ein gro-er Irrtum? Müssen wir uns das alles nicht viel genauernschauen? – Das Problem ist doch offensichtlich: Sieemontieren Ihre eigene Ministerin, weil Sie selbst eineuszeit brauchen.
Warum brauchen Sie selbst eine Auszeit? Sie brau-hen eine Auszeit, weil Sie völlig durcheinander sind.
eswegen reden Sie auch so viel durcheinander. Sie re-en wie folgt: Brauchen wir jetzt mehr Krippen, oderind Krippen eigentlich doch etwas Schlechtes? Wennir mehr Krippen brauchen: Darf der Bund das mitfi-anzieren, oder darf er das auf gar keinen Fall mitfinan-ieren?
enn er es mitfinanzieren sollte: Woher soll das Geldommen? – Dafür haben Sie überhaupt kein Konzept.ie können nicht sagen – das ist es doch –, was mit denorderungen Ihrer eigenen Ministerin passieren soll.
Das Problem ist doch nicht, dass die Realität ineutschland sich geändert hat, sondern das Problem ist,ass Sie es sich in der Opposition so bequem gemachtaben, dass Sie über viele Jahre in dieser Realität nichtngekommen sind; in der Regierung holt Sie das jetztin.
Die Erfahrung, dass man es sich in der Oppositionanchmal zu einfach macht – das muss ich Ihnen ganzhrlich sagen –, machen Sie vielleicht nicht allein. Sieaben es sich mit Ihren ideologischen Abwehrgefechtenegen Rot-Grün tatsächlich zu einfach gemacht. Ichann Ihnen jetzt ein Zitat nicht ersparen. „Solange dienion in Deutschland etwas zu sagen hat, werden wir
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Krista Sagerdafür sorgen, dass sich über deutsche Kinderbetten diedeutschen Eltern und sonst niemand beugt.“
Das Zitat ist nicht von der Familienministerin. Das istauch nicht von Bischof Mixa. Das ist von der Bundes-kanzlerin Merkel persönlich, vom 4. Dezember 2002.
Ich behaupte: Frau Merkel hat schon da gewusst, dasssie Unsinn redet, aber sie hat es Ihnen zuliebe getan,meine Herren, um Sie ein bisschen fröhlich hinter sichzu versammeln.
Wenn man so einen Blödsinn in der Opposition redet,muss man sich doch nicht wundern, wenn man in derRegierung Angst vor der eigenen Ministerin bekommt.
Insofern hatten wir das Gefühl, dass man der Frauheute einmal beispringen und den Truppen in der Unionsagen muss: Lasst sie nicht im Regen stehen.Ich sage Ihnen aber auch: Es gibt manchmal unheil-volle Geschichten, die einen erst einholen, wenn man ander Regierung ist, aber die Uhr tickt weiter.
Wir Grüne konnten beim Kosovokonflikt die Uhr nichtanhalten. Die Eltern, die keinen Krippenplatz für ihrkleines Kind haben, können die Uhr auch nicht anhalten.Auch für Sie tickt also die Uhr. Sehen Sie zu, dass Sieschnell in die Puschen kommen.
Nun hat das Wort die Kollegin Nina Hauer für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Liebe Frau Ministerin, ich glaube, Sie brauchen sich umIhre Dynamik keine Sorgen zu machen.
aedwSdaVsuWwmtDsrrh6hdmUhwDengdMzwwsKOiKBF
ber die Realität in den Familien ist längst eine andere.iele empfinden es als zynisch, wenn wir jetzt ernsthaftagen, wir wissen nicht, welchen Bedarf wir an Betreu-ngsplätzen für unter Dreijährige in Deutschland haben.
ir wissen doch, wie viele Elterngeld beantragen. Dasird ein Jahr lang gewährt. Danach stehen die Familienit ihren Kindern da und erwarten, dass wir einen Be-reuungsplatz zur Verfügung stellen.
as ist ein Versprechen, das wir gegeben haben. Wirind entschlossen, dieses Versprechen auch zu halten.Wir wissen, dass es in den alten Ländern, Berlin he-ausgerechnet, nur für rund 8 Prozent der unter Dreijäh-igen Betreuungsplätze gibt. Schon daran können Sie se-en, welcher Bedarf besteht. Bei einem Anteil von,9 Prozent in Bayern kann sich jeder vorstellen, wieoch da der Bedarf ist. Angesichts der Tatsache, dass derurchschnittliche Anteil in Europa bei 35 Prozent liegt,üssen auch wir ihn erhöhen.Die Bedarfszahlen, die uns vorliegen, beruhen aufmfragen unter Eltern, die entweder schon arbeiten ge-en, arbeiten wollen oder erwarten, dass sie demnächstieder einen Arbeitsplatz zur Verfügung haben.
as sind diejenigen, die den Bedarf angeben. Dann gibts auch noch diejenigen, die im Moment den Bedarficht haben, aber darauf warten, dass ihnen die Chanceegeben wird, ihr Kind betreuen zu lassen. Sie glaubenoch wohl selber nicht, dass es einen Vater oder eineutter in Deutschland gibt, die ihr Kind leichten Her-ens in eine fremde Betreuung geben. Zunächst einmalollen sie wissen, wie die Qualität der Betreuung ist under sich den ganzen Tag um das eigene Kind kümmert.Wenn das Angebot erst einmal da ist und die Elternehen, dass die Einrichtungen beispielsweise an denindergarten oder die Schule angehängt sind und vonrganisationen getragen werden, die zuverlässig und guthre Kinder betreuen, wird – das ist die Erfahrung in denommunen – den entsprechenden Einrichtungen dieude eingerannt. Deswegen liegt der reale Bedarf, der inamilien vorhanden ist, viel höher, als es die Bedarfs-
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Nina Hauerzahlen, die uns vorliegen, ausdrücken. Die sehr schwie-rige Frage – ich lebe auf dem Land; da redet man überKinderbetreuung anders als hier in Berlin, weil die ande-ren Familienangehörigen mitreden –, ob es richtig ist,was man vorhat, und ob das Kind wirklich fremdbetreutwerden soll, können viele junge Paare bzw. Alleinerzie-hende leichter beantworten, wenn das Angebot da ist.Deren Betreuungsbedarf wird somit in den abgefragtenBedarfszahlen kaum erfasst.
Allein deshalb brauchen wir die Debatte um die Zahlennicht noch einmal zu führen.Wir müssen uns aber auch darüber klar sein, dass wirden Eltern nicht nur entsprechende Möglichkeiten anbie-ten, wenn wir sie bezahlen können, sondern dass wir ih-nen mehr geben müssen. Deswegen finde ich es richtig,dass meine Partei einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbe-treuung auch für die unter Dreijährigen fordert. Wir wol-len, dass die Eltern sich darauf verlassen können. Ichglaube niemals, dass die Länder dafür kein Bundesgeldnehmen.
Bei unserem Programm zur Ganztagsbetreuung war esso, dass erst alle dagegen geredet und sich aufgeblasenhaben; aber am Ende haben alle Bundesländer das Geldgenommen und die Ganztagsbetreuung an den Schulenausgebaut.Wir haben das Geld auch zur Verfügung. Wir könntenbei der Umbildung des Ehegattensplittings dort leicht1,9 Milliarden Euro herausnehmen. Dann bezahlen nichtdie Familien die Betreuung, sondern die Gut- und Groß-verdiener, und zwar größtenteils in Ehen ohne Kinder.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren, was daran un-gerecht sein soll – im Gegenteil!Ich finde auch den Vorschlag gut, mit der Kindergeld-erhöhung zu warten und zu sehen, ob wir den Elternnicht etwas Vernünftigeres anbieten können. Ich kommeaus Hessen; da wünschen sich manche Eltern vielleichteine Kindergelderhöhung, um die Studiengebühren be-zahlen zu können, die die hessische Landesregierungeinführt.
Aber insgesamt gesehen ist es doch eher so, dass die El-tern lieber von Anfang an eine gute Infrastruktur habenals einzelne Steuergeschenke, die am Ende den Groß-und Gutverdienern zugute kommen. Das trifft auch aufdas Kindergeld zu. Das ist keine soziale Leistung, son-dern gehört zum Steuerrecht. Dem Kindergeld steht einFreibetrag gegenüber, der umso höher ist, je höher dasEinkommen ist. Das ist ein ungerechter Finanzierungs-zuschuss für die Gutverdiener, während die Normalver-drvnskgWlSsKDsiJzfSdiAdm7aneJwzMGtsnvbBu
Nächste Rednerin ist die Kollegin Elisabeth
inkelmeier-Becker für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrten Kol-egen! Auch wenn das Ihre Feindbilder infrage stellt undie sehr darunter leiden, kann ich Ihnen mitteilen: Es be-teht Konsens über den bedarfsgerechten Ausbau derinderbetreuung für unter Dreijährige.
ie Ministerin hat schlicht formuliert, welche Zahl die-em Bedarf aller Wahrscheinlichkeit nach entspricht. Siest zu dem Ergebnis gekommen, dass wir bis zumahr 2013 insgesamt 750 000 Plätze und damit 270 000usätzliche Plätze brauchen. Das reicht dann für unge-ähr ein Drittel der Kinder und entspricht europäischemtandard.Ob das dem tatsächlichen Bedarf entspricht, entschei-en die Eltern aufgrund ihrer Lebensplanung und durchhre Anmeldungen, also durch Inanspruchnahme diesesngebots. Erst dann, wenn Plätze frei bleiben, werdenie Träger keine weiteren Plätze für diese Altersgruppeehr einrichten. Ob das bei weniger oder bei mehr als50 000 Plätzen der Fall sein wird, können wir in Ruheuf uns zukommen lassen. Jedenfalls ist klar, dass zu-ächst einmal massive Schritte in Richtung mehr Plätzerforderlich sind.
Wir von der Union stellen unsere Familienpolitik seitahrzehnten unter den Begriff der Wahlfreiheit. Wennir diese ernst nehmen – und das tun wir –, dann impli-iert das auch die Anerkennung der Tatsache, dass jungeenschen ihre Wahlfreiheit heute anders ausüben als dieeneration ihrer Eltern. Viele sehen nicht mehr die Al-ernative Beruf oder Familie, sondern stellen die Ent-cheidung für den Beruf an den Anfang ihrer Lebenspla-ung und schauen dann, ob das mit Kindern zuereinbaren ist oder nicht.Ich weiß aus eigener Erfahrung – ich habe vor zwölfzw. 14 Jahren für meine damals zweijährigen Töchteretreuung gebraucht –, wie kompliziert, teuer, schwierignd demotivierend es ist, wenn man nicht auf ein gutes
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Elisabeth Winkelmeier-BeckerBetreuungsangebot oder qualifizierte Tagesmütter zu-rückgreifen kann. Deshalb wage ich zu prognostizieren:Wenn wir hier nicht mehr tun, dann wird das einer derGründe bleiben, weshalb junge Menschen sich gegenKinder entscheiden. Das gilt vor allem für gut ausgebil-dete Frauen in interessanten und schnelllebigen Berufen,die sich nicht vorstellen können, eine längere Kinder-pause einzulegen.Mit dem Elterngeld fördern wir jetzt ganz bewusst,dass sich junge Mütter und Väter bis zu 14 Monateselbst um ihre Kinder kümmern können. Jetzt geht es da-rum, dass im Anschluss daran Betreuungsmöglichkeitenvorhanden sind. Es geht aber nicht darum – das war einemotionaler Punkt in der Auseinandersetzung –, Lebens-entwürfe von Familien, die sich anders entschieden ha-ben, infrage zu stellen. Auch das gehört zur Wahlfreiheitund bedarf keiner Rechtfertigung.Heute gibt es gute Gründe, sich anders als früher zuentscheiden: die bessere Ausbildung der Frauen, die Bei-behaltung des gewohnten Lebensstandards, den mantrotz Kind nicht aufgeben will, und auch die geringereVersorgungssicherheit durch den Ehepartner, die sich da-durch ergibt, dass eine durchgängige Erwerbsbiografiedes Partners nicht gesichert ist oder dass es zu Trennun-gen kommt. Deshalb müssen wir für die Generation, diejetzt vor der Entscheidung steht, eine Familie zu grün-den, bessere Rahmenbedingungen schaffen. Wenn imMoment die Betreuungsmöglichkeiten für unter Dreijäh-rige die Schlagzeilen bestimmen, dann liegt das daran,dass da der größte Handlungsbedarf besteht.
Eine Anmerkung zur Finanzierung. Grundsätzlichfällt es in die Zuständigkeit der Länder, die Betreuungauszubauen.
Die Länder trauen sich hier auch einiges zu und habendie Kinderbetreuung mittlerweile als Standortvorteil er-kannt.
– Baden-Württemberg ist ein Beispiel. Aber auch meinHeimatland Nordrhein-Westfalen kann man hier als gu-tes Beispiel anführen.
Es zeigt, dass auch die Grünen noch nicht in der Lebens-wirklichkeit angekommen waren. Denn nach zehn Jah-ren Rot-Grün und davor nach 30 Jahren SPD-Regierungin Nordrhein-Westfalen hat die Regierung von JürgenRüttgers eine Betreuungsquote von 2,8 Prozent vorge-funden.
DCbuddunBmsD1dgzrsdjebtBMdsVaaWB
a geistert im Moment die unglaublich hohe Zahl von84 Milliarden Euro durch die Medien. Wenn man sichiese Zahl genauer anschaut, dann erkennt man, dass sieroße Brocken enthält, die mit Familienförderung nichtsu tun haben.Ich nenne ein Beispiel. Ich will zwar die Witwen-ente, die 34 Milliarden Euro ausmacht, nicht infragetellen, aber man muss sich schon fragen, was das miter Förderung von jungen Familien zu tun hat. Eineunge Familie, die ansonsten keine sozialen Leistungenrhält, bekommt nur Kindergeld bzw. einen Kinderfrei-etrag zugestanden. Das deckt bei weitem nicht die Kos-en eines Kindes. Deshalb lehnen wir es ab, an dieseneträgen zu rütteln, auch wenn mit den eingespartenitteln junge Familien an anderer Stelle unterstützt wer-en sollen.
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Dann komme ich zum Schluss.
Ich denke, wir sollten als Familienpolitiker mutiger
ein und die von uns in der Familienpolitik erbrachten
orleistungen mit der Forderung verbinden, dass Geld
us dem allgemeinen Steuertopf für Familienleistungen
ufgewandt wird. Ich denke, dass wir da in konstruktiver
eise noch einiges auf den Weg bringen werden.
Ich danke Ihnen.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Ingrid Arndt-rauer für die SPD-Fraktion.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007 8483
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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Vor 22 Jahren, also 1985, habe ich meine wirt-schaftswissenschaftliche Promotionsarbeit begonnen mitdem Thema „Die Rückkehr aus der Familientätigkeit indie Erwerbstätigkeit als gesellschaftspolitische Auf-gabe“. Damals hieß der zuständige Minister Geißler, derfür konservative CDU-Mitglieder manchmal eine kleineZumutung war.Ich habe meine Arbeit damals leider nicht beendenkönnen; denn mir sind vier Kinder und eine fehlendeKinderbetreuung dazwischengekommen, sowohl an derUni, an der man mir eine Stelle angeboten hatte, als auchspäter, als ich eher ländlich gewohnt habe. Ich musstealso jahrelang zu Hause bleiben, konnte weder meinePromotion abschließen noch irgendeinen Beruf ergrei-fen. Ich habe es nachher noch geschafft, wieder einzu-steigen. Aber ich weiß aus persönlicher Erfahrung, wieschwer das ist.Was ich richtig schlimm an dieser Sache finde, ist,dass sich dieses Problem nach 22 Jahren noch nicht erle-digt hat. Ich halte es immer noch für eine gesellschafts-politische Aufgabe – dies ist nicht nur eine Aufgabe derPolitik, sondern auch eine der Gesamtgesellschaft –, da-für zu sorgen, dass Menschen aus der Familientätigkeit– früher wurde dies so komisch formuliert; so muss manes nicht nennen; also nachdem sie Kinder bekommen ha-ben – wieder in die Berufstätigkeit einsteigen können.Wir versuchen, die Situation zu verbessern. Ich findees gut, dass wir das versuchen. Ich finde es gut, dass wirdas in der Großen Koalition zusammen mit der CDUmachen,
wobei ich häufig den Eindruck habe, dass Ihre Parteiba-sis noch nicht ganz so weit ist wie diejenigen, die hier zudiesem Thema reden.
Aber vielleicht ändert sich das ja.Sie haben jedenfalls eine Ministerin, die das voran-treibt; das freut mich sehr. Da ist es vielleicht hilfreich,dass sie eigene Erfahrungen damit gemacht hat, wie dasmit kleinen Kindern in dieser Gesellschaft und mit derBetreuung dieser Kinder so ist.Wir sind im Moment in der Situation, dass wir enor-men Zeitdruck haben. Wir können das Problem nichtschieben. Wir können nicht noch einmal rechnen lassenund noch einmal irgendeinen, der vielleicht ansatzweiseetwas herausbekommen hat, fragen, ob er vielleicht neueErkenntnisse hat. Wir haben das Problem: Wir müssenzum 1. Januar nächsten Jahres – oder sagen wir: zweiMonate später; ich bin ja optimistisch, dass alle MännerElternzeit nehmen, also spätestens bis März nächstenJahres – den Eltern ein Angebot machen können. Das istdas Problem, vor dem wir stehen.ssgdswdnWVIetAVtdssSjrsPgnkgfRtzePDDeduwk
ir haben gerade unseren Kindern gegenüber eine großeerantwortung, was nachhaltige Finanzpolitik angeht.
ch denke, wir müssen dafür sorgen, dass unsere Kinderher weniger Schulden haben, als wir sie jetzt aufge-ürmt haben, und nicht noch mehr erben.
lso haben wir die Aufgabe, in den Etats nachzusehen.ielleicht können wir im Familienetat irgendwelche al-en Zöpfe abschneiden; das möchte ich nicht bestreiten.Ob es am Ende diejenigen Vorschläge sein müssen,ie die SPD vorgelegt hat, darüber wird man reden müs-en. Aber wir haben etwas vorgelegt, und das ist das Ent-cheidende. Wir haben diese Sache ein bisschen „mittruck“ befrachtet. Wir haben unseren Koalitionspartneretzt ein bisschen genötigt, aktuell und konkret Finanzie-ungsvorschläge zu machen und nach Möglichkeiten zuuchen. Wir dürfen die Länder auf keinen Fall aus derflicht entlassen. Dies ist natürlich auch eine Länderauf-abe. Aber auch der Bund ist in der Pflicht, die Richtli-ien so zu setzen, dass sich die Länder danach richtenönnen.Ich möchte noch ganz kurz ein weiteres Thema auf-reifen: die Rente mit 67. Ich halte diese Entscheidungür absolut nicht verantwortungslos. Das ist das einzigichtige, was wir machen können, um unsere Sozialsys-eme in diesem Bereich zu erhalten. Dieses Thema hatwar mit der Kinderbetreuung nichts zu tun; aber es hattwas – das wurde erwähnt – mit verantwortungsvollerolitik zu tun.
ie wollen wir hier machen. Das ist unsere Zielsetzung.eswegen sind wir hier.Ich würde mich sehr freuen, wenn ich, auch wenn ichs nicht schon für mich erreicht habe, für meine Kinder,ie jetzt zwischen 16 und 22 Jahre alt sind, die Betreu-ng ihrer Kinder regeln könnte. Es würde mich freuen,enn wir das noch in dieser Legislaturperiode hinbe-ommen.Danke schön.
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8484 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007
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Ingrid Arndt-Brauer
Nun hat das Wort der Kollege Steffen Kampeter für
die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Ich möchte mich zuerst einmal bei der Fraktiondes Bündnisses 90/Die Grünen dafür bedanken, dass
sie uns mit dieser Aktuellen Stunde die Möglichkeit gibt,über die familienpolitischen Leistungen der GroßenKoalition Rechenschaft abzulegen. Das ist eine gute Ge-legenheit, die wir gerne nutzen.
Diese Debatte hat gezeigt, dass Ursula von der Leyender Familienpolitik zu Beginn des 21. Jahrhunderts einerkennbares, modernes Gesicht gegeben hat. Darauf sindwir als Union ganz besonders stolz.
Nachdem ich die Büttenrede der Kollegin Sager ge-hört habe,
wird mir eines klar: Der parlamentarischen Linken isthier ein bisschen das Feindbild verloren gegangen.
Sie hatte in unseren Reihen immer eine Paschaversamm-lung vermutet.
Jetzt bestimmt das, was die „Welt“ heute den „konserva-tiven Feminismus“ nannte, die Politik der Großen Koali-tion.
Das ärgert insbesondere die Grünen. Wir brauchen unsda überhaupt nicht zu verstecken.Ich will an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es füruns als Union zwei wichtige Dinge gibt: die materielleWahlfreiheit und die organisatorische Wahlfreiheit. Wirsind im ersten Regierungsjahr insbesondere im Bereichder materiellen Wahlfreiheit zwei große Schritte weiter-gekommen. Wir haben das Elterngeld eingeführt – zumersten Mal eine positiv mit dem Einkommen verbundenefamilienpolitische Leistung, die insbesondere in denjeni-gen Bereichen, die wir als besonders kinderarm identifi-ziert haben, endlich eine gesellschaftliche AnerkennungdgrvsvihlrlIKnbsPWedWbt21dwpedgrebWwuDrfh
n einem Maße eingeführt, das Kinderbetreuung imäuslichen Bereich materiell und organisatorisch ermög-icht. Auch dies ist eine kleine Revolution in der mate-iellen Absicherung der Entscheidungsfreiheit der Fami-ien in unserem Land.
ch glaube, wir müssen zukünftig auch im Bereich derinderfreibeträge – nicht in dieser Legislaturperiode –
och weiter überlegen, welche Möglichkeiten sich erge-en, die materielle Wahlfreiheit besser auszugestalten.Reden wir über den zweiten Punkt, die organisatori-che Wahlfreiheit. Es entsteht der Eindruck, als ob allearteien in diesem Haus seit gestern oder seit vorletzteroche das Thema der Betreuung der unter Dreijährigenntdeckt hätten. Auch da brauchen sich die Union oderie SPD hier im Haus nicht zu verstecken.
ir finanzieren die Betreuung der unter Dreijährigeneispielsweise über das Gesetz für moderne Dienstleis-ungen am Arbeitsmarkt, mit dem wir seit dem Jahre005 in einer schwierigen Operation Jahr für Jahr,5 Milliarden Euro an die Gemeinden transferieren. Aufiesem Umweg – es ist zugegebenerweise ein Umweg –ird der Bund bis 2010 insgesamt 500 000 Betreuungs-lätze für unter Dreijährige mitfinanzieren. Das ist einenorme finanzielle und organisatorische Anstrengung,ie es an dieser Stelle vielleicht einmal hervorzuhebenilt.
Ich will eines klar sagen – Frau Haßelmann wurde ge-ade schon immer unruhig, als die Redner der Koalitiontwas gesagt haben –: Wir haben vor rund einem Jahr alsürgerliche Koalition von Union und FDP in Nordrhein-estfalen, nachdem wir 39 Jahre nicht an der Regierungaren, eine Betreuungsquote der unter Dreijährigen vonnter 3 Prozent vorgefunden. Das ist Schlusslicht ineutschland. Ich hätte mir gewünscht, dass die Redne-innen der Grünen, die heute hier so laut das Wort ge-ührt haben, dies auch in Düsseldorf im Landtag getanätten, solange sie in der Verantwortung waren.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007 8485
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Steffen Kampeter
Die CSU – für manche die institutionalisierte Pascha-organisation –, die noch länger als 39 Jahre in Bayern re-giert, hat es geschafft, mit 7 Prozent einen der höchstenAnteile in den westdeutschen Flächenländern bei der Be-treuung der unter Dreijährigen zu erreichen.
Das zeigt, wie hier Feindbilder und die Realität ausei-nanderklaffen.
Die Union ist auch im Bereich der organisatorischenKinderbetreuung spitze.Hier wird der Eindruck erweckt, die Gemeinden wür-den warten, bis der gute Onkel Landesregierung oder dergute Onkel Bundesregierung das Geld vorbeibringt, undwürden dann erst entdecken, dass Kinderbetreuung fürdas Entwicklungspotenzial von kommunaler Politikwichtig ist. Viele Gemeinden haben Geld dringend nötig,aber sie wissen, dass Kinderbetreuung für sie ein wichti-ger Standortfaktor ist. Die Gemeinden warten mit sol-chen Dingen doch nicht, bis wir ihnen eine Wurst hin-hängen. Jede Gemeinde weiß: Sie wird nur wachsen, siewird im Wettbewerb nur bestehen können, wenn sie sichauch im Bereich der organisatorischen Wahlfreiheitengagiert.
So dumm, wie manche die Kommunalpolitik machenwollen, ist sie eigentlich nicht.Abschließend möchte ich sagen,
dass das alles auch anständig finanziert werden muss. Estut mir leid: Das ist noch kein Finanzkonzept; das ist einVorschlag der SPD. Das ist ungeheuer wichtig; denn ichwill eines festhalten: Wenn wir ein Kind mit einemSchuldschein in eine Kinderbetreuungseinrichtung schi-cken und dieser Schuldschein später abbezahlt werdenmuss, dann ist das keine soziale Politik zwischen denGenerationen.Auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen.
Deshalb ist eindeutig klar, dass diese Veränderung mate-riell so abgesichert werden muss, dass sie mit der Haus-haltslage vereinbar ist. In dieser Hinsicht werden wir alsHaushaltspolitiker Ursula von der Leyen aktiv unterstüt-zen.Herzlichen Dank.
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Keine Sorge, Herr Niebel, Sie müssen sich nicht lang-eilen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es istenügend Dynamik in der Großen Koalition. Die Fami-ienpolitik kommt voran. Dieser Erfolg hat viele Mütternd Väter. Ich danke der Ministerin von der Leyen. Ichanke Renate Schmidt, die den Zug angeschoben hat.ch danke auch meiner Kollegin Nicolette Kressl, dieeute nicht anwesend sein kann und die das Konzept fürnsere Fraktion federführend erarbeitet hat,
ie man beim Ausbau der Kinderbetreuung tatsächlichorankommen kann.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will deutlichachen, dass es um zwei Ziele geht. Das erste Ziel be-ieht sich auf Bildungschancen. Davon war heute viel zuenig die Rede. Es geht uns um Bildungschancen fürinder,
nd zwar um Bildungschancen für alle Kinder, und umhancengleichheit. Das hat auch viel mit Integration undrmutsbekämpfung zu tun. Das ist unser Ziel. Um derinder willen wollen wir bessere Bildungschancen, wol-en wir eine gute Betreuung ab dem ersten Geburtstag,amit sich auf diesem Gebiet etwas tut und etwas voran-ommt.
Deshalb sieht unser Konzept nicht nur einen quantita-iven Ausbau vor; vielmehr geht es auch um Qualitäts-teigerung. Wir sehen erstens einen Zuschlag für dieeuen Bundesländer vor, die keine Quantitätssteigerung,ber mehr Qualität brauchen. Wir sehen zweitens vor,ehr Geld in die Hand zu nehmen für die Qualität in un-eren Kindertagesstätten, für eine bessere Ausbildunger Erzieherinnen und der immer noch sehr wenigen Er-ieher, für eine bessere Sprachförderung.Qualität und Quantität gehören hier zusammen. Dasst auch im Sinne unserer Kinder das Beste.Wenn wir uns die ellenlangen Wartelisten anschauen,ie in jeder westdeutschen Kleinstadt, in jedem Dorfxistieren, kann ich nur sagen: Wir sollten noch schnel-er vorankommen; der Schwung, die Dynamik solltenoch zunehmen. Es geht; man kann tatsächlich etwaserändern.
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8486 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007
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Kerstin GrieseDeshalb haben wir als SPD ein Konzept vorgelegt,wie man durchfinanziert und ohne neue Schulden – HerrKampeter, das sollten Sie einmal loben – etwas tun kann,um die Kinderbetreuung auszubauen.
Zum Zweiten geht es uns um Sicherheit und Planbar-keit für die Eltern. Es geht um die Vereinbarkeit vonKindern und Beruf. Deshalb ist mir ganz wichtig: Wirbrauchen einen Rechtsanspruch. Wir brauchen nicht ir-gendeine Zielzahl, wie viele Plätze geschaffen werdenmüssen. Das kann man zwar in der Bedarfsplanung oderin der Begründung eines Gesetzes, wie beim Tagesbe-treuungsausbaugesetz, festlegen. Aber wir brauchen ei-nen Rechtsanspruch.Denn dieser Bedarf verändert sich. Er ist mindestensso dynamisch wie die Große Koalition. Das heißt, derBedarf wird immer größer. Immer mehr Eltern sehen: Esist gut für mein Kind, wenn es mit anderen Kindern zu-sammen ist, wenn dort Bildungschancen eröffnet wer-den.
Deshalb ist es gut, wenn wir sagen: Wir brauchen ei-nen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab dem ers-ten Geburtstag. Wir sagen: Man muss dafür mehr Geldin die Hand nehmen. Fast 2 Milliarden Euro mehr wol-len wir dafür in die Hand nehmen. Es geht wirklich. Wirhaben ein Finanzierungskonzept vorgelegt.Wir sollten uns auch nicht darüber streiten, dass derFöderalismus daran schuld wäre, dass man nichts tunkönnte. Wir haben das Kinder- und Jugendhilfegesetzauch im Rahmen der Föderalismusreform bewusst in derBundeskompetenz belassen. Im Tagesbetreuungsausbau-gesetz ist enthalten, wie man Änderungen machen kann.Dort ist ein konditionierter Rechtsanspruch vorgesehen.Diesen wollen wir auf einen Rechtsanspruch ab dem ers-ten Geburtstag erweitern. Es geht also; wir können tat-sächlich etwas tun, und wir haben schon viel getan.Wenn ich immer wieder höre, dass wir noch eineKonferenz brauchen und Sie, Frau Ministerin, diesedurchführen müssen, so meine ich, Sie sollten das gerntun. Ich habe mich ein bisschen daran erinnert gefühlt,dass wir als SPD-Fraktion gestern im Kino getagt habenund den Film von Al Gore gesehen haben. Al Gore hatgesagt: Zum Thema Klimaschutz gibt es Hunderte vonwissenschaftlichen Expertisen; alle sagen das Gleiche.Ehrlich gesagt, das ist in der Familienpolitik auch so.Alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagendas Gleiche: Wir brauchen den Ausbau der Kinderbe-treuung.Wir haben den Bericht des Deutschen Jugendinstituts.Wir haben die Zahlen aus dem TAG-Bericht. Wir brau-chen für etwa 50 Prozent der Kinder von ein bis zweiJahren und für etwa 70 Prozent der Kinder von zwei bisdrei Jahren Betreuungsplätze.GtseüsTwVtmniuezddgtG–dgknSaighae
Liebe Frau Ministerin, Sie haben bei der Diskussionber das Elterngeld, die ebenfalls hoch herging, denchönen Satz gesagt, Sie würden bei dem männlicheneil der Bevölkerung verbale Aufgeschlossenheit beieitgehender Verhaltensstarre registrieren.
erbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhal-ensstarre – das nimmt natürlich in diesem Hause nie-and für sich in Anspruch. Aber das gibt es manchmaloch. Weil morgen Internationaler Frauentag ist, sagech: Wenn es nicht schnell genug vorangeht, lassen Siens ein Frauenbündnis machen! Dass es geht, dass mantwas tun kann, ist belegt. Wir als SPD haben ein Kon-ept dafür vorgelegt. Am liebsten wäre mir, wir könntenas im Sinne der Kinder und Familien in unserem Land,ie mehr Bildungschancen und mehr Chancen auf Inte-ration und auf gute Betreuung ab dem ersten Geburts-ag brauchen, gemeinsam gestalten.Vielen Dank.
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
eorg Fahrenschon für die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Kollege Niebel, die Reihenfolge der Redner und
er Anteil an der Redezeit ergeben sich aus dem Wahler-
ebnis. Darauf möchte ich Sie hinweisen.
Herr Niebel, arbeiten Sie daran! Auch Sie haben Zu-unftschancen, das ist unbestritten.
Liebe Frau Sager, Ihnen als erfahrene Parlamentsred-erin brauche ich nicht zu sagen, dass Lautstärke undchnelligkeit nicht die Argumente ersetzen. Sie kommenn einer Tatsache nicht vorbei: Unsere Bundesministerinst ein beredtes Beispiel dafür, dass die Antwort der Re-ierung der Feind der Frage der Opposition ist. Heuteaben wir das wieder einmal erlebt.Sie eröffnen uns eine große Chance; denn wir könnenls Regierungsfraktionen deutlich machen, dass wir unsinig sind.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007 8487
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Georg Fahrenschon
Der qualitätsorientierte bedarfsgerechte Ausbau der Be-treuung von Kindern ist ein wichtiger Beitrag zur Inno-vations- und zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Gute Betreuung ermöglicht Kindern gute Chancen. Wirwollen dabei den unterschiedlichen familiären Situatio-nen gerecht werden und deutlich machen, dass Eltern,die für die Betreuung ihrer Kinder staatliche Institutio-nen in Anspruch nehmen wollen oder müssen, um Berufund Familie zu verbinden, genauso unsere Unterstützungverdienen wie Eltern, die die Betreuung ihrer Kinderausschließlich selbst wahrnehmen wollen. Genauso wol-len wir die Leistung alleinerziehender Männer undFrauen beachten, wenn wir uns über die Betreuungs-situation in Deutschland unterhalten.Wir unterstützen alle, die sich ihrer familiären Auf-gabe stellen, weil wir der festen Überzeugung sind, dassdas Ja zum Kind ohne Angst vor der Zukunft, dafür abermit Potenzialen für die Zukunft verbunden sein sollte.Zentrales Ziel von CDU/CSU ist daher der Ausbau einesbedarfsgerechten, zeitlich flexiblen, bezahlbaren undvielfältigen Angebots für alle Altersgruppen.Dabei muss aber auch klar gesagt werden: Wir führendie Debatte vor dem Hintergrund des TAG, des Gesetzeszum Ausbau der Tagesbetreuung. Deshalb ist doch of-fensichtlich, dass man nicht einfach beliebige Bedarfs-zahlen in den Raum stellen und die Finanzierung einStück weit unter den Tisch fallen lassen kann.
Vielmehr muss man an erster Stelle eine Bedarfsanalyseüber das TAG hinaus erstellen.
Diese Bedarfsanalyse resultiert aus der Tatsache, dasswir vor noch nicht allzu langer Zeit mit derFöderalismusreform I deutlich gemacht haben, dass dieAufgabe bei den Ländern liegt. Es ist doch nicht ver-kehrt, darauf hinzuweisen, dass wir gemeinsam mit denLändern das Thema beleuchten müssen. Damit ist wederStreit noch Umfallen verbunden; das ist redlich und inder Sache geboten, und es zeichnet die Politik von CDUund CSU aus.
Ich will noch einmal deutlich machen: Das Ziel vonCDU und CSU ist es, mit ihrer Politik den unterschiedli-chen familiären Situationen gerecht zu werden.
Daher wollen wir den Eltern keine Lebensmodelle vor-schreiben, sondern familienfreundliche Bedingungen fürmöglichst freie Entscheidungen und möglichst vielWahlfreiheit schaffen. Dabei gilt es, die gesetzliche Lageim Blick zu haben.DSsuewvsDmrVhdedm–BdwFzEaekdeKDtDKtÜfBw
er von Ihnen vorgelegte Vorschlag würde eine Familieit einem Jahresbruttoarbeitslohn von 60 000 Euro umund 1 000 Euro im Jahr, also um gut 9,3 Prozent imergleich zum geltenden Recht, mehr belasten. Daseißt aus unserer Sicht im Klartext: Der Ausbau der Kin-erbetreuung, den Sie vorschlagen, der ja in erster Linieine Familienförderung sein soll, belastet überwiegendie geförderten Familien selbst. Da machen wir nichtit.
Dieser Vorschlag bringt uns nichts. Wir müssen uns dieedarfssituation ansehen und gemeinsam mit den Län-ern überlegen,
ie wir die vielen Unterstützungsmöglichkeiten, die dieamilienförderung in Deutschland heute schon bietet,ielgenauer ausrichten.
Ich will Ihnen noch etwas sagen: Der Vorschlag, anshegattensplitting zu gehen, ist in wesentlichen Teilenuch unsozial. Sie müssen sich schon mit der Frage aus-inandersetzen, welchen Sondereffekt, welche Rückwir-ung die Streichung des Ehegattensplittings hat. Paare,ie sich einmal wegen der Kinder für die Einverdiener-he entschieden haben, sollten nicht mit dem Auszug derinder auf das Ehegattensplitting verzichten müssen.as ist nicht gerecht. Hier gehen Sie in die falsche Rich-ung.
iese Eltern kümmern sich auch nach dem Auszug ihrerinder um diese ebenso wie um ihre Enkel.Deshalb ist die Union nicht zu diesem ziel- und orien-ierungslosen Aktionismus bereit. Wir sind der festenberzeugung, dass dies in eine finanzielle Sackgasseührt. Wir sind daran interessiert, gemeinsam mit denundesländern die Betreuungssituation in Deutschlandeiter voranzubringen.
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8488 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 84. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. März 2007
(C)
(D)
Georg FahrenschonHerzlichen Dank.
Ich schließe die Aussprache.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am
Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 8. März 2007,
9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.