Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-
zung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen
Kabinettssitzung mitgeteilt: 20. Subventionsbericht
der Bundesregierung.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Bundesminister der Finanzen, Peer Steinbrück.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Das Kabinett hat heute, gemäß demaus dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz resultieren-den gesetzlichen Auftrag, den 20. Subventionsberichtvorgelegt. Er enthält auch die Leitlinien für die Subven-tionspolitik. Der Bericht bezieht sich auf die Jahre 2003bis 2006. In diesem Zeitraum sind die Subventionen desBundes um 1,4 Milliarden Euro zurückgegangen.Der Erfolg hat allerdings zwei Gesichter: Er ist fastausschließlich auf Einsparungen bei den Finanzhilfenzurückzuführen, während die Steuervergünstigungen aufdem Niveau von 2003 geblieben sind. Die Finanzhilfenustglc1gZndfzswrSSfBahgRedetsanken um immerhin 19,4 Prozent. Seit Ende der 90er-Jahre sind sie insgesamt halbiert worden. Die Entwick-lung von 2003 bis 2006 ist wesentlich geprägt durch dieweitere Absenkung der Steinkohlebeihilfe um 1 Milli-arde Euro und dadurch, dass in den Bereichen Landwirt-schaft und Wohnraumförderung Finanzhilfen von je-weils 200 Millionen Euro nicht mehr gezahlt wordensind.Bei den Steuervergünstigungen sind wir weniger er-folgreich gewesen. Das hat im Wesentlichen damit zutun, dass wir in 2004 die Steuervergünstigung für Bio-diesel eingeführt haben, die mit 1,5 Milliarden Euro proJahr zu Buche schlägt. Andere Maßnahmen, zum Bei-spiel das vom Parlament bereits beschlosseneder Eigenheimzulage, werden ihre volle Wnicht 2006, sondern erst in den Folgejahren eDasselbe gilt für eine ganze Reihe von Entsc
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1820 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006 1821
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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1822 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mir liegt noch eine Reihe von Fragen zu anderen The-
en der Kabinettssitzung vor, Herr Minister. – Das Wort
at zunächst der Kollege Hans-Josef Fell.
Herr Minister, das Bundeskabinett hat heute auch den
ntwurf eines Energiesteuergesetzes beschlossen. Ich
abe dazu eine Frage. Bislang konnten sich Biokraftstoff-
nternehmen und ihre Kunden darauf verlassen, dass Bio-
raftstoffe bis 2009 steuerbegünstigt sind. Jetzt sollen ei-
ige Biokraftstoffe teilbesteuert werden, ab 2007 – so
teht es in der Begründung des Gesetzentwurfs – plant
ie Bundesregierung sogar die Vollbesteuerung sämtli-
her Biokraftstoffe. Wie beurteilt die Bundesregierung
or diesem Hintergrund den Bestands- und Vertrauens-
chutz für die Unternehmen und die Verbraucher, die
ufgrund der bisherigen Regelung in diesen Bereich in-
estiert haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir werden dazu beitragen, dass dieser Vertrauens-chutz weiter gewährleistet ist. Sie müssen aber zweiachverhalte unterscheiden: Mit dem Energiesteuerge-etz, dessen Entwurf die Bundesregierung heute be-chlossen hat, leisten wir die Umsetzung von EU-Recht,u der wir zwingend verpflichtet sind. Es gibt eine Ener-iesteuerrichtlinie des Europäischen Rates aus demahr 2003; nebenbei bemerkt muss auch ein Beschlusses Europäischen Gerichtshofes umgesetzt werden. Hiereht es ausschließlich um die EU-rechtlich zwingend
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006 1823
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Bundesminister Peer Steinbrückgebotene Abschaffung der Überförderung im Bereichdes Biodiesels. Es geht hier nicht um die Umsetzung derVereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag, die, wie ichschon angedeutet habe, die Abschaffung dieser steuerli-chen Vergünstigung und die Einführung einer ordnungs-rechtlichen Regelung zum Ziel haben.Im Übrigen will ich betonen, dass die Landwirtschaft,bezogen auf ihren Kraftstoffverbrauch, vom heute verab-schiedeten Gesetzesvorhaben ausgenommen ist. Auchdie Begünstigung des fossilen Diesels in der Landwirt-schaft über die so genannte Gasölbeihilfe ist nicht ange-tastet worden.Ich möchte es noch einmal ausdrücklich sagen, weildas in der öffentlichen Diskussion sehr stark durcheinan-der geht: Es handelt sich um zwei verschiedene Sachver-halte, die beide unter der Überschrift Biokraftstoffe ste-hen. Heute ging es nur um die Umsetzung von EU-Bestimmungen in nationales Recht, was rechtlich zwin-gend ist.Zu Ihrer zweiten Frage. Das wird Gegenstand weite-rer Erörterungen sein. Sie kennen die Verabredungen imKoalitionsvertrag. Schon in nächster Zeit wird es zuChefgesprächen darüber kommen, da mehrere Ressortsdavon betroffen sind, das Ressort des Kollegen Seehofergenauso wie das des Kollegen Tiefensee und des Kolle-gen Glos. Das Parlament wird sich mit dieser Frage spä-testens dann offiziell beschäftigen, wenn es um denHaushaltsplanentwurf für 2007 geht, weil entsprechendesteuerliche Änderungen bzw. ordnungsrechtliche Lösun-gen zur Förderung des Biokraftstoffs in einem Artikelge-setz zum 1. Januar 2007 vom Parlament festgelegt wer-den müssen.
Danke schön. – Die nächste Frage hat die Kollegin
Kerstin Andreae.
Herr Minister, die Landwirtschaft soll weiterhin von
der Besteuerung der Biokraftstoffe ausgenommen wer-
den. Wegen des subventionierten Agrardiesels hat sich
die Verwendung von Biokraftstoffen in der Landwirt-
schaft nicht durchsetzen können. Wissen Sie, wie hoch
der Prozentsatz der Biokraftstoffe in der Landwirtschaft
insgesamt ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine Zahl kann ich Ihnen nicht nennen. Allerdings ist
es so, dass für größere landwirtschaftliche Betriebe Bio-
kraftstoffe bzw. die Beimengung von reinem Biokraft-
stoff eine erhebliche Rolle spielen, während für die klei-
neren landwirtschaftlichen Betriebe die Begünstigungen
beim fossilen Diesel wichtig sind. Das ist der Grund, wa-
rum die Bundesregierung mit der heutigen Vorlage we-
der das eine noch das andere angetastet hat. Eine genaue
Zahl, wie hoch der Prozentsatz ist, kann ich Ihnen nicht
nennen. – Moment, mir wird von den kundigen landwirt-
schaftlichen Experten zugerufen, es seien 5 bis 10 Pro-
zent.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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1824 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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Bundesminister Peer SteinbrückDiese Sätze orientieren sich streng an der Forderung derAbschaffung der Überförderung aufgrund der Rohstoff-preisentwicklung der letzten Jahre. Das ist berechnetworden. Daraus ergeben sich die 5 Cent, 10 Cent oder15 Cent, je nachdem, worauf es sich genau bezieht: aufreinen Biokraftstoff, beigemischten Biokraftstoff oderPflanzenöl. Die EU hat ihre Mitgliedsländer mit der ein-schlägigen Energiesteuerrichtlinie aufgefordert, zu re-geln, dass die Mehrkosten zwar ersetzt werden können,diese aber nicht überkompensiert werden dürfen, wiedies in den letzten Jahren der Fall gewesen ist. Darausergeben sich unterschiedliche Berechnungsergebnissebezogen auf das Pflanzenöl, den reinen Biokraftstoff undden beigemischten Biokraftstoff.Mit Blick auf die ordnungsrechtliche Regelung, vonder hier mehrfach die Rede gewesen ist, sage ich nocheinmal: Die Bundesregierung wird erst in den nächstenWochen und Monaten einen entsprechenden Vorschlagvorlegen und ihn – da bin ich mir ganz sicher – mit denFraktionen diskutieren, weil er sehr weit reichende Fol-gen hat. Ich kann Ihnen nicht vorab irgendwelche Krite-rien in Aussicht stellen, weil diese im Augenblick Ge-genstand der Beratungen in den verschiedenen Ressortssind.
Die nächste Frage hat der Kollege Jürgen Koppelin.
Ich habe eine Frage zur heutigen Kabinettssitzung.
Meine Frage geht an das Bundeskanzleramt.
Es hat ja das deutsch-französische Ministerratstreffen
gegeben und ich habe den Medien entnommen, dass
Frau Merkel bezüglich des Einsatzes deutscher und fran-
zösischer Soldaten im Kongo erklärt hat, man sei sich
vollkommen einig. Hat dieses Thema im Kabinett eine
Rolle gespielt und können Sie mir einmal erklären, was
diese vollkommene Einigkeit zwischen Deutschland und
Frankreich bezüglich eines Einsatzes im Kongo bedeu-
tet?
Frau Staatsministerin Müller, bitte schön.
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Das Thema hat in der heutigen Kabinettssitzung kurz
Berücksichtigung gefunden. Sie kennen die Grundbedin-
gungen, die auf der EU-Ebene formuliert worden sind.
Herr Solana wird zur Abklärung dieser Grundbedingun-
gen in den Kongo reisen.
Es geht hier erstens um eine mögliche Begrenzung
des Einsatzes auf das Gebiet von Kinshasa und zweitens
um eine zeitliche Begrenzung des Einsatzes auf vier Mo-
nate. Es müssen ein VN-Mandat und belastbare Zahlen
anderer EU-Staaten bezüglich einer Beteiligung an ei-
nem möglichen Einsatz vorliegen. Insofern gibt es hier
noch nichts Abschließendes. Es gab also keinen Kabi-
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Ja, bitte schön.
Wenn diese Bedin-
ungen erfüllt sind, wird die Bundeskanzlerin dem Bun-
eskabinett einen Einsatz deutscher Soldaten im Kongo
mpfehlen. So muss ich es aufgrund der Medienberichte,
n denen von einer vollkommenen Einigkeit zwischen
eutschland und Frankreich gesprochen wird, ja verste-
en.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das heißt das nicht. Es heißt: Wenn diese Bedingun-
en erfüllt sind, wird das Kabinett darüber entscheiden.
Wenn die Bedingungen erfüllt sind, wird sie dies dem
abinett sicherlich mitteilen. Ich weise aber darauf hin,
ass sich der Außenminister und der Verteidigungs-
inister natürlich an den bereits jetzt geführten Diskus-
ionen in der EU beteiligen. Wir entscheiden das dann,
enn alle Fragen bezüglich dieses Einsatzes beantwortet
ind.
Ich kann hier keine Pressemeldungen kommentieren.
Die nächste Frage hat die Kollegin Dr. Gesine
ötzsch.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Frage richtetich vor allen Dingen an den Finanzminister.Vorab bemerkt: Es ist sicherlich nicht unbekannt – ichiederhole es aber gerne –, dass unsere Partei denegelsatz des Arbeitslosengeldes für zu niedrig erach-et. – In dieser Woche ist in der Presse die Einkommens-nd Verbrauchsstichprobe veröffentlicht worden. Einigeolitische Kräfte habe das zum Anlass genommen, eineenkung des Regelsatzes zu fordern.Ich wüsste gerne, wie die Bundesregierung dazuteht. Können Sie mir etwas dazu sagen, ob der Regel-atz Bestand hat oder – wenn es nach uns ginge – aufge-tockt wird oder ob es innerhalb der Bundesregierungndere Initiativen dazu gibt?
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006 1825
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Nein, Frau Abgeordnete, aufgestockt wird er nicht. In
den neuen Ländern wird der Regelsatz auf das Niveau
im Westen aufgestockt; das hat die Bundesregierung
festgelegt. Darüber wird sie nicht hinausgehen.
– Helfen Sie mir!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Immer gerne, Herr Minister. – Ihnen ist ja nicht ver-
borgen geblieben, dass in der Presse und augenschein-
lich auch in den Reihen der Koalition aufgrund der
neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe darüber
diskutiert wurde, den Regelsatz zu senken. Ich wollte
von Ihnen die Zusicherung, dass es zu keiner Senkung
des Regelsatzes kommen wird, bzw. eine Auskunft, wer
darüber diskutiert, ihn zu senken.
Ich kenne bisher niemanden, der über eine Senkung
diskutiert hat. Auch ich habe das nicht getan.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die nächste Frage hat der Kollege Hans-Josef Fell.
Herr Minister Steinbrück, gestatten Sie mir noch eine
Frage zum Energiesteuergesetz, nachdem Sie sagten,
dass Sie die Unterstützung für Biokraftstoffe mit einem
Systemwechsel weg von der Steuerbefreiung hin zu ei-
nem ordnungsrechtlichen Instrument, der Quote, auf-
rechterhalten wollen.
Ist der Bundesregierung bewusst, dass eine Quote in
den ländlichen Räumen wenig hilft? Dort wurde im gro-
ßen Stil eine Selbstvermarktungsstrategie umgesetzt,
nach der Landwirte direkt an Pkw- oder Lkw-Besitzer
Biokraftstoffe verkaufen. Ihnen hilft das ordnungsrecht-
liche Instrument der Quote nicht. Dies hilft einzig und
allein den großen Mineralölkonzernen, die dann zwar
ihre Aufgabe ordnungsrechtlich zu erfüllen haben, ande-
rerseits aber nicht die dezentralen Strukturen der Land-
wirtschaft unterstützen. Es wird zu einem Biokraftstoff-
markt kommen, der letztendlich nur ein oligopolisierter
Markt im Sinne der großen Mineralölkonzerne ist.
Diese Bewertung teile ich nicht. Aber ich gebe gerne
zu, dass sich mit der Umstellung von einer steuerlichen
Förderung auf eine ordnungsrechtliche Regelung sehr
viele Aspekte ergeben. Diese Aspekte werden von eini-
gen Ressorts wahrgenommen. Das Landwirtschafts-
ministerium ist genauso wie das Verkehrsministerium,
das Wirtschaftsministerium, das Umweltministerium
und das Finanzministerium einbezogen. Dies wird Ge-
genstand der Beratungen des Bundes sein.
Die Bundesregierung wird dann entsprechende Eck-
punkte vorlegen, um möglichst viele der Probleme, die
Gegenstand der Gespräche sind, aufzugreifen. Die Bun-
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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1828 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006 1829
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ie haben in Ihrer Antwort eben auch klargestellt, dass
ir seit Mitte der 70er-Jahre an einer deutschen Kultur-
tiftung arbeiten und noch nicht vorangekommen sind.
önnen Sie uns noch etwas zu der Ausrichtung und zu
en Abschnitten des vorliegenden Fahrplans sagen, der
azu beitragen soll, dass die Stiftungen beider Bereiche
etzten Endes zusammengeführt werden?
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Herr Kollege Börnsen, man könnte sich ohnehin die
rage stellen, warum ich mit solch einem schwierigen
hema gleich begonnen habe. Manchmal kommt es vor,
ass man die schwierigen Dinge auf das Ende einer Le-
islaturperiode verschiebt und sie dann möglicherweise
ar nicht mehr behandelt. Ich habe mir dieses Thema be-
usst gleich zu Anfang vorgenommen, weil es ein kom-
liziertes Thema ist und weil man dafür Zeit braucht.
as man nicht sozusagen im ersten Schwung bewirkt,
ird man möglicherweise auch später nicht durchsetzen.
Eine gemeinsame Stiftung ist ein Unterfangen, das
ich schon der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt
it seiner Forderung, eine deutsche Nationalstiftung zu
chaffen, zum Ziel gesetzt hatte. Es konnte leider so
icht verwirklicht werden. Sie wissen auch, Kollege
örnsen, dass meine Vorgängerin in der letzten Legisla-
urperiode den Versuch unternommen hat, diese beiden
tiftungen zusammenzuführen. Auch dies ist nicht ge-
ungen. Weil die Koalitionsparteien dies erneut als Ziel
ufgeschrieben haben, gilt es, diese Thematik, die auch
och voll in die Föderalismusdiskussion fällt,
it einer gewissen Vorsicht, mit einer gewissen Diffe-
enziertheit und mit einer gewissen – wie soll ich sagen? –
orgfältigkeit zu behandeln.
Da ist mir ein solides Ergebnis lieber als am Ende ein
rgebnis, welches auch von den Vertretern des Bundes
icht getragen werden kann.
Eine weitere Nachfrage, nämlich des Kollegen Uwe
arth.
Herr Staatsminister, zunächst vielen Dank für daschöne Stichwort Föderalismusreform. Mich würde inte-essieren: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der
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1830 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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)
Uwe BarthFusion und der Föderalismusreform? Ist insbesondererichtig, was ich gehört habe, nämlich dass einige Ver-handlungsführer der Länder, darunter Ministerpräsiden-ten, ihre Zustimmung zur Fusion an Bedingungen knüp-fen, wenn ja, welche sind das und gibt es dazuProtokollnotizen?B
Es ist richtig, dass es von Länderseite den Wunsch
gibt – ich weiß jetzt nicht, ob es jeweils die Ministerprä-
sidenten sind; in diesem Stadium haben sich zumindest
offiziell nicht alle mit der Thematik im Einzelnen be-
fasst, weil es bisher auf Arbeitsebene behandelt wurde –,
in Verbindung mit der geplanten Fusion der beiden Stif-
tungen auch das grundsätzliche Verhältnis, die grund-
sätzliche Abgrenzungsfrage bzw. Kompetenzfrage zwi-
schen Bund und Ländern, was die Kultur angeht, zu
besprechen und zu regeln. In den Vorgesprächen und
Vorverhandlungen gab es ein so genanntes Eckpunktepa-
pier, auf das in den Materialien zur Föderalismusreform
an einer Stelle, nämlich bezogen auf einen neuen
Art. 104 b Grundgesetz, hingewiesen wird. Der Wunsch
ist, dies im Zusammenhang zu diskutieren. Meine Posi-
tion ist: Natürlich kann man über alles reden – Aber un-
ser Ansatz ist: Wir wollen das Ziel der Fusion zu errei-
chen versuchen und wollen es möglichst nicht mit
grundsätzlichen Abgrenzungsfragen belasten, es sei
denn, man kann hier zu einem einvernehmlichen Ergeb-
nis kommen.
Weitere Nachfrage, nämlich des Kollegen Patrick
Meinhardt.
Wird die Bundesregierung gewährleisten, dass das Parla-
ment, insbesondere der Kulturausschuss, an den Ent-
scheidungen über die Zukunft der Stiftung, vor allem in
der Frage „Fusion, ja oder nein?“, entsprechend beteiligt
wird?
B
Ja. Das hat zwei Gründe. Bei schwierigen Dingen soll
man möglichst alle mitnehmen. Sie können davon aus-
gehen, dass ich als Parlamentarier weiß, wie wichtig es
ist, in einer solch schwierigen Frage das Parlament zu
beteiligen. Ich werde auch den Kulturausschuss jeweils
über den Stand informieren – das habe ich schon getan –,
sodass ich Ihre Frage eindeutig mit Ja beantworten kann,
zumal in den Stiftungsräten, zumindest im Stiftungsrat
der Bundesstiftung, auch Parlamentarier mitwirken und
im Stiftungsrat für eine Veränderung eine Zweidrittel-
mehrheit erreicht werden muss. Das ist eine Grenze, die
es schon formal erfordert, Parlamentarier zu beteiligen.
Aber unabhängig davon, habe ich das ohnehin vor.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sie können immer nur eine Nachfrage stellen.
Herr Staatsminister, der Kulturausschuss hat sich in
er letzten Legislaturperiode sehr intensiv mit der Fu-
ion sowie mit dem Eckpunktepapier beschäftigt und
wei Punkte zum Ausdruck gebracht – diese Einschät-
ung wird auch in dieser Legislaturperiode nicht anders
ein –: Erstens. Die strittigen Punkte, die in Punkt 3 des
ckpunktepapiers aufgelistet sind, sind strittig geblie-
en; dazu gab es keine Einigung. Deswegen meine Frage
u diesem Punkt: Gibt es schon weitere Überlegungen,
ie man mit diesen strittigen Fragen umgeht? Der
weite Punkt, der im Kulturausschuss diskutiert wurde,
ar die Finanzierung. Die Kulturstiftung des Bundes
oll etwa 75 Prozent in eine gemeinsame Stiftung ein-
ringen, die Kulturstiftung der Länder etwa 25 Prozent;
rotzdem soll der Stimmenanteil pari sein, wenn nicht
ogar noch weiter zulasten des Bundes gehen. Gibt es da
chon Überlegungen, das anders zu gestalten?
B
Natürlich gibt es Überlegungen; denn das, was Sie an-
esprochen haben, ist der Kern des Problems. Ich habe
ereits in einer vorherigen Antwort versucht, zum Aus-
ruck zu bringen, dass wir, was die Größenordnung be-
rifft, von unterschiedlichen Dimensionen ausgehen. Sie
aben die Zahlen genannt. Der Bund stellt im Augen-
lick für seine Kulturstiftung 38 Millionen Euro zur Ver-
ügung, die Länder, nachdem der Bund sich zu Beginn
ieses Jahres herausgezogen hat, etwa 8,6 Millionen
uro. Das sind die Proportionen, von denen man ausge-
en muss.
Ich habe vonseiten der Länder vernommen, dass die
ereitschaft besteht, den Betrag, den sie für den Erhalt
es kulturellen Erbes erbringen – immerhin sind es
6 Länder –, zu erhöhen, um etwa auf Augenhöhe zu ge-
angen. Aber natürlich müssen wir die Proportionen
uch im Hinblick auf die inhaltlichen Schwerpunkte, die
s schon von der Ausgangsgrundlage her gibt, berück-
ichtigen. Wir wollen sicherstellen, dass die Entschei-
ungsverhältnisse am Ende nicht völlig umgedreht wer-
en. Aufgrund der Gespräche mit den Ländern habe ich
edoch den Eindruck, dass dies durchaus gesehen wird
nd dass es möglich ist, hier zu einem Ergebnis zu kom-
en.
Jetzt habe ich noch eine Frage des Kollegenoldmann.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006 1831
)
)
Herr Staatsminister, Sie haben gerade gesagt, dass Sie
mit den Ländern – also wohl auch mit den Ländervertre-
tern – in der Meinungsbildung im Einklang seien. Gilt
das auch für den Ministerpräsidenten des Landes Nord-
rhein-Westfalen, Herrn Rüttgers, und, wenn nicht, wo
liegen möglicherweise noch Auffassungsunterschiede?
B
Dass ich jetzt schon mit allen einig bin, müssen Sie
missverstanden haben.
Mit dem sind Sie also noch nicht einig?
B
Wenn ich mit allen einig wäre, würde ich dem
Wunsch von Frau Pieper, möglichst schon nach
100 Tagen ein Ergebnis vorzulegen, nachkommen und
hätte Ihnen das Ergebnis attraktiv demonstriert. Das ist
nicht der Fall. Mein erster Ansprechpartner war der Kol-
lege Rüttgers, und zwar deshalb, weil er in seiner Eigen-
schaft als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonfe-
renz Vorsitzender des Stiftungsrates der Länder ist. Mit
ihm habe ich die ersten Gespräche geführt. Nach diesen
Gesprächen, auch mit seinem zuständigen Staatssekretär
für Kultur und Chef der Staatskanzlei, Grosse-
Brockhoff, habe ich den Eindruck, dass Herr Rüttgers
hier einen sehr konstruktiven Part spielt. Aber, wie ge-
sagt, die Gespräche können sich nicht nur auf zwei Per-
sonen konzentrieren; das ist erst der Anfang. Schließlich
brauchen wir die Zustimmung aller Länder.
Wir wollen – das will ich abschließend sagen – diese
Fusion, aber es gibt keine Fusion um jeden Preis; das In-
teresse des Bundes, das auch ein spezielles Kulturinte-
resse beinhaltet, muss gewährleistet sein.
Vielen Dank. – Dann kommen wir zur Frage 5 der
Kollegin Cornelia Pieper:
Inwiefern ist es zutreffend, dass die Bundesregierung in
Absprache mit den Ländern plant, den Sitz der Kulturstiftung
des Bundes in Halle aufzugeben und die fusionierte
Stiftung an einem anderen Ort anzusiedeln, und, wenn dies
zutrifft, an welchem?
B
Eine solche Absprache, dass die Bundesregierung
sich bereits mit den Ländern geeinigt habe, den Sitz der
Kulturstiftung des Bundes von Halle nach Berlin zu ver-
legen, gibt es nicht, Frau Kollegin Pieper. Die Frage des
Sitzes ist in den bisherigen Gesprächen überhaupt nicht
erörtert worden. Sie steht angesichts der zahlreichen zu-
vor zu klärenden kulturpolitischen und finanziellen Fra-
gen zurzeit auch nicht an. Der Sitz ist Halle. Ohne eine
Übereinstimmung der Organisationen und Arbeitsberei-
che der Stiftung in den wesentlichen Fragen ist eine De-
batte über ihren Sitz völlig verfrüht.
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nd dass ihre Antwort dieselbe ist wie meine. Ich binerne bereit, Ihnen diese Frage noch einmal schriftlichu beantworten.
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1832 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
)
)
Staatsminister Bernd NeumannIch kann Ihre Sorge verstehen. Ich möchte deshalbhinzufügen, dass die Äußerungen beispielsweise vonHerrn Genscher, von dem Ministerpräsidenten Böhmer,der mich angesprochen hat, und auch von Günter Grassernsthaft in Betracht gezogen werden, wenn nach erfolg-ter Fusion diese Diskussion geführt werden muss. Ichbitte aber um Verständnis, dass ich mich in der jetzigenSituation auch mit Blick auf den Sitz in Halle an solchenSpekulationen nicht beteiligen kann.
Bevor ich die weiteren Fragen aufrufe, möchte ich
mitteilen, dass auf der Ehrentribüne der Parlamentsprä-
sident von Kroatien, Herr Šeks, mit seiner Delegation
soeben Platz genommen hat. Ich begrüße Sie im Namen
der Abgeordneten des Hauses sehr herzlich und freue
mich, dass Sie zu uns gekommen sind.
Es ist uns eine große Freude, Sie und Ihre Delegation
hier zu Gast zu haben. Der Deutsche Bundestag misst
der Zusammenarbeit unserer Parlamente auch und ge-
rade bei der Gestaltung Europas große Bedeutung bei.
Für Ihren Aufenthalt und für Ihre weiteren parlamentari-
schen Gespräche wünsche ich Ihnen viel Erfolg.
Die nächste Frage hat der Kollege Uwe Barth.
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Wie oft im Jahr trifft sich der Stiftungsrat der Kulturstif-
tung des Bundes, welcher Tagungsort überwiegt dabei
und welche Gründe liegen für die Wahl des Tagungs-
ortes vor, sollte dies nicht Halle sein?
B
Sie fragen mich etwas, das sich zum größten Teil auf
die Zeit bezieht, als ich mein Amt noch nicht innehatte,
sodass ich Ihre Frage nicht konkret beantworten kann.
Ich muss erst nachforschen, wann und wo der Stiftungs-
rat getagt hat. Ich werde Ihnen die Antwort schriftlich
nachreichen.
Ich bin neuer Vorsitzender des Stiftungsrates, wie
man das auch in anderen Bereichen kraft Amtes wird.
Ihrer Frage entnehme ich die Befürchtung – ich bin mit
diesem Problem vorher noch nie konfrontiert worden –,
dass der Stiftungsrat aus welchen Gründen auch immer
nicht an seinem Sitz in Halle, sondern grundsätzlich wo-
anders tagt.
Ich finde: Es muss nicht immer Halle sein, es kann
auch mal Berlin sein. Aber die Tatsache, dass Halle Sitz
der Stiftung ist, sollte schon dazu führen, dass die Stif-
tungsratsmitglieder den Sitz der Stiftung regelmäßig zu
Gesicht bekommen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nächste Frage, Kollege Patrick Meinhardt.
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auch wenn das vielleicht nicht grundsätzlich zutraf.
Verehrter Herr Kollege, ich war zu den Zeiten, als
iese Entscheidung fiel, Mitglied des Kulturausschusses.
ch fand diese Entscheidung damals richtig, weil sie, be-
ogen auf Halle und die neuen Bundesländer, ein beson-
eres Signal gesetzt hat. Das ist auch die Argumentation,
ie gerade von denjenigen, die sich jetzt um das Verblei-
en in Halle bemüht haben, vorgebracht wird. Das sind
ie Argumente von Hans-Dietrich Genscher, Minister-
räsident Böhmer und Günter Grass. Sollten wir in die
ituation kommen, dass diese Fusion organisch gelingt
ich möchte dies gern; dies schreibt auch die Koali-
ionsvereinbarung vor –, werden diese Argumente, wie
orhin schon gesagt, eine gewichtige Rolle spielen.
Dann haben wir noch eine Frage des Kollegen
olfgang Börnsen.
Herr Staatsminister, Sie haben, wie ich finde, auch zureruhigung der Bürgerinnen und Bürger von Halle deut-ich gemacht, dass der Stiftungsrat dort, wo der Sitz dertiftung ist, präsent sein muss. Könnten Sie sich vorstel-en, dass es zur Beruhigung auch der Mitarbeiter beitra-en könnte, wenn Sie sich selbst einmal vor einer Sit-ung des Stiftungsrates auf den Weg nach Halle machenürden, um diese Sache zu klären? Denn ich habe nichten Eindruck, dass Herr Grass vorher gefragt hat, ob deritz überhaupt infrage gestellt worden ist. Wir diskutie-en hier über eine Sachlage, die eigentlich jeglicherrundlage entbehrt.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006 1833
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B
Ihre Frage war ja die, ob ich mir vorstellen kann, un-
abhängig von einer Stiftungsratssitzung Halle einen Be-
such abzustatten. Das habe ich fest vor. Ich darf noch
einmal darauf hinweisen, dass ich erst drei Monate im
Amt bin. Ich habe ohnehin vor, gerade was die neuen
Bundesländer angeht – in der nächsten Woche bin ich in
Erfurt und Weimar, insbesondere wegen der Stiftung
Weimarer Klassik –, alle Einrichtungen, an die Mittel
des Bundes fließen, zu besuchen, und zwar unabhängig
davon, ob eine Stiftungsratssitzung stattfindet. Gerade
nach den Beiträgen, die hier geleistet worden sind, habe
ich unabhängig von dem Besuch, den ich ohnehin ma-
chen möchte, vor, zu einer der nächsten Sitzungen nach
Halle einzuladen.
Ich bin ja jetzt Stiftungsratsvorsitzender. Es kann natür-
lich sein, dass ich mich wegen der langen Anfahrtswege
usw. bei Kollegen, die einer solchen Einladung folgen
müssen, nicht beliebt mache.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Neumann.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Auswär-
tigen Amtes. Zur Beantwortung steht der Herr Staats-
minister Gernot Erler zur Verfügung.
Wir kommen zur Frage 6 des Kollegen Paul Schäfer
:
Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem Vor-
schlag des südafrikanischen Verteidigungsministers, Mosiuoa
Lekota, gegebenenfalls Soldaten aus den Staaten der Southern
African Development Community, SADC, zur Absicherung
der Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo einzuset-
zen?
Herr Kollege Schäfer, ich möchte Ihre Frage wie folgt
beantworten: Der Bundesregierung sind Meldungen be-
kannt, wonach der südafrikanische Verteidigungsminis-
ter solche Überlegungen mit der Presse erörtert hat. Die
Bundesregierung begrüßt es, wenn regionale Organisa-
tionen in Afrika Verantwortung für Frieden und Sicher-
heit übernehmen und hierfür operativ tätig werden.
Nach Kenntnis der Bundesregierung hat bisher weder
die südafrikanische Regierung noch die Südafrikanische
Entwicklungsgemeinschaft, abgekürzt: SADC, diese Mel-
dungen offiziell kommentiert. Die Bundesregierung ver-
mag daher nicht zu beurteilen, ob die Mitgliedstaaten der
SADC diesen Vorschlag aufgreifen werden. Der Vor-
schlag ist jedoch Ausdruck des starken Engagements
Südafrikas in der Demokratischen Republik Kongo, un-
ter anderem als politischer Vermittler, als Truppensteller
bei der UN-Mission im Kongo MONUC und durch Un-
terstützung bei der Armeereform.
Nachfrage, Herr Schäfer?
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Könnte eine solche Unterstützungsaktion nach Auffassung
der Bundesregierung die geplante Militärmission der EU in
der Demokratischen Republik Kongo ersetzen?
Herr Kollege Schäfer, die Vereinten Nationen habenich an die Europäische Union mit der Bitte gewandt, dieN-Mission im Kongo MONUC bei der Absicherunger Wahlen zu unterstützen. Eine entsprechende Bitte anndere Organisationen ist der Bundesregierung nicht be-annt. Für den Fall, dass sich die Südafrikanische Ent-icklungsgemeinschaft zu einer militärischen Unterstüt-
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1834 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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Staatsminister Gernot Erlerzungsaktion bereit erklärte, wäre es zunächst Aufgabeder Vereinten Nationen und der SADC, Art und Umfangeiner solchen Unterstützungsaktion zu untersuchen.Falls sowohl UN als auch SADC eine militärischeMission der SADC in der Demokratischen RepublikKongo empfehlen sollten, müsste geprüft werden, inwelchem Verhältnis ein solcher Beitrag zu einer eventu-ellen Operation der EU stünde. Sollte sich die EU imRahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidi-gungspolitik zu einer militärischen Operation in der De-mokratischen Republik Kongo entschließen, ist die Be-teiligung von Drittstaaten grundsätzlich möglich. 2003hat Südafrika zum Beispiel einen Beitrag zur OperationArtemis in der Demokratischen Republik Kongo geleis-tet.
Nachfrage, Herr Schäfer?
Ja, danke. – Haben Sie die Überzeugung, dass eine
EU-Abschreckungstruppe – es heißt ja: Deterrent Force –
eher eine stabilisierende Funktion haben würde als eine
Truppe, die von der SADC gestellt würde?
Ich kann nur noch einmal sagen: Diese Initiative geht
ja überhaupt nicht von der EU und schon gar nicht von
der Bundesrepublik aus. Dabei handelt es sich um eine
Entscheidung der für die Peacekeeping Operations zu-
ständigen Abteilung der Vereinten Nationen, in der man
gesagt hat: Wir brauchen für die zeitlich begrenzte Phase
des Abschlusses der Übergangsregelungen im Kongo,
für die Phase der Wahl, eine Deterrent Force, wie es in
diesem Schreiben heißt. Darum ist die EU gebeten wor-
den. Ob es vorher zu einer Abwägung aller anderen
Möglichkeiten und Alternativen gekommen ist, entzieht
sich vollständig unserer Kenntnis. Wir haben jetzt auf
diese Anfrage zu antworten. Wie Sie wissen, wird schon
eine sehr intensive Arbeit zur Vorbereitung einer solchen
Antwort geleistet.
Zweite Nachfrage, bitte.
Sehen Sie die Chance, dass es noch zu einer solchen
Abwägung der verschiedenen Vorschläge und Initiativen
kommen könnte?
Das kann – wie ich eben schon ausgeführt habe – nur
dann passieren, wenn die Vereinten Nationen eine Nach-
richt von der SADC bekommen und diese Frage noch
einmal aufwerfen. Aber das bisherige Hilfeersuchen der
Vereinten Nationen richtet sich ganz eindeutig an die
EU. Dass hierbei auch bestimmte Erfahrungen mit einer
„Abschreckungsmacht“ eine Rolle spielen, ist ganz of-
fensichtlich, aber von uns nicht zu diskutieren.
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)
Danke schön, Herr Staatsminister Erler.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-isteriums des Innern. Zur Beantwortung steht der Parla-entarische Staatssekretär Peter Altmaier zur Verfü-ung.Ich rufe die Frage 9 des Kollegen Montag auf:Hat die Bundesregierung Beweismittel in der StrafsacheMoussaoui an die USA weitergegeben, und, wenn ja, an wel-che Bedingungen bzw. Zusicherung bezüglich der Beantra-gung, Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe wurdediese Weitergabe geknüpft?
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1836 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
)
)
P
Herr Kollege Montag, die USA stellten am 7. Februar
2002, am 13. April 2003 und am 15. März 2005 in dem
dort geführten Strafverfahren gegen Zacarias Moussaoui
Rechtshilfeersuchen. Mit Schreiben von 20. November
2002 sicherten die USA zu, die von Deutschland über-
mittelten Beweismittel weder gegenüber dem Angeklag-
ten noch gegenüber Dritten direkt oder indirekt zur Ver-
hängung oder Vollstreckung der Todesstrafe zu
verwerten.
Die Rechtshilfeersuchen wurden von Deutschland
teilweise erledigt. Die Übersendung von Erledigungs-
stücken wurde stets mit der Bezugnahme auf diese Zu-
sicherung verbunden.
Bereits im Vorfeld des oben genannten Rechtshilfeer-
suchens hatte das BKA dem FBI Erkenntnisse im Wege
des polizeilichen Informationsaustausches zur Verfü-
gung gestellt. Den Regeln der internationalen polizeili-
chen Zusammenarbeit entsprechend waren diese Infor-
mationen nicht zur Verwendung im Strafverfahren
bestimmt. Auf diesen Umstand hatte das Bundeskrimi-
nalamt mit Schreiben vom 1. Februar 2002 an das FBI
ausdrücklich hingewiesen.
Nachfrage? – Bitte schön.
Auch Sie möchte ich noch einmal fragen: Ist Ihnen
angesichts der Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft in
diesem Verfahren im Eröffnungsplädoyer nunmehr die
Todesstrafe gefordert hat, und angesichts der schockie-
renden Erfahrung, dass die Staatsanwaltschaft in diesem
Verfahren in einem unglaublichen Maße US-Recht ge-
brochen hat – die gestrigen Erklärungen der Richterin
sprechen ja für sich –, bekannt, wo sich diese Beweisstü-
cke jetzt befinden, und ist die Bundesregierung bereit,
gegenüber den Vereinigten Staaten tätig zu werden, um
zu erreichen, dass diese Beweisstücke – sollten sie noch
nicht an die Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren he-
rausgegeben worden sein – nicht herausgegeben werden?
P
Die Bundesregierung hat meines Wissens keine
Kenntnis darüber, dass die Zusicherungen der USA je-
mals nicht eingehalten worden wären. Wir gehen davon
aus, dass die Zusicherungen auch in diesem laufenden
Verfahren eingehalten werden.
Nochmals meine Frage: Wir haben jetzt neue Infor-
mationen. Wir haben die Information, dass die Todes-
strafe beantragt wurde, und sehen das Verhalten der
Staatsanwaltschaft. Wird die Bundesregierung in dieser
Ausnahmesituation gegenüber den Vereinigten Staaten
noch einmal vorstellig werden, um sicherzustellen, dass
diese Zusicherung, der ich grundsätzlich genauso ver-
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Wir kommen zur Frage 10 des Kollegen Jan Korte:
Wann wird die Bundesregierung der Öffentlichkeit eine
Stellungnahme und politische Bewertung zum 20. Tätigkeits-
bericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz vom
19. April 2005 vorlegen?
P
Herr Kollege Korte, ich habe eine gute Nachricht für
ie. Die Stellungnahme der Bundesregierung zum
0. Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten ist
ertig gestellt und auf dem Weg zum Deutschen Bundes-
ag.
Gibt es eine Nachfrage? – Nein.
Dann kommen wir zur Frage 11, ebenfalls vom Kolle-
en Korte gestellt:
Was sind die Gründe dafür, dass keine zeitnahe Behand-
lung der Tätigkeitsberichte des Bundesbeauftragten für den
Datenschutz erfolgt, sondern im Falle des 20. Berichtes bis-
lang fast ein Jahr und im Falle des 19. Tätigkeitsberichtes
16 Monate verstrichen?
P
Herr Kollege Korte, Sie können sich vorstellen, dass
ie Prüfung der vielfältigen Vorschläge, die in diesen
ätigkeitsberichten enthalten sind, eine erhebliche Zeit
n Anspruch nimmt. Im Übrigen darf ich darauf hinwei-
en, dass die neue Bundesregierung seit etwas mehr als
rei Monaten im Amt ist und es geschafft hat, innerhalb
ieser Zeit ihre Stellungnahme auf den Weg zum Deut-
chen Bundestag zu bringen.
Nachfrage?
Herr Staatssekretär, schönen Dank für die Antwort zueiner ersten Frage. Ich bin sehr begeistert.Mit Blick auf die Zukunft frage ich, da ich weiß, dasser Datenschutz Ihnen ganz besonders am Herzen liegt:ie gedenkt die Bundesregierung künftig vorzugehen,odass von der Veröffentlichung eines Berichts bis zurtellungnahme und Diskussion darüber nicht wiederehr als 16 Monate vergehen? Es wäre gut, wenn wir
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006 1837
)
)
Jan Korteein Verfahren finden könnten, durch das dies zeitnähergeschieht.P
Herr Kollege Korte, die von Ihnen angesprochenen
Verzögerungen beziehen sich auf Vorgänge, die in der
Vergangenheit, vor Tätigkeitsaufnahme dieser Bundesre-
gierung, liegen. Die Bundesregierung hat innerhalb von
etwas mehr als drei Monaten ihre Stellungnahme auf den
Weg gebracht. Ich denke, das ist ein guter Anfang. Wir
sollten versuchen, dies bei künftigen Berichten in ähnli-
cher Form zu handhaben.
Weitere Nachfrage? – Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Frage 12 des Kollegen
Dr. Uwe Küster:
Wie bewertet die Bundesregierung den schriftlichen Auf-
ruf des Geschäftsführers des zu 80 Prozent aus Bundesmitteln
und zu 20 Prozent aus Landesmitteln finanzierten Olympia-
stützpunktes Magdeburg, Bernd-Uwe Hildebrandt, Spenden
für die Wiederwahl von Ministerpräsident Wolfgang Böhmer
zu sammeln, in dem es unter anderem heißt: „Wir beabsichti-
gen, Anzeigen in allen Tages- und Wochenzeitungen mit je-
weils wechselndem Text bei gleichem Erscheinungsbild auf-
zugeben. Der Kostenaufwand dürfte bei circa 100 000 Euro
liegen“?
P
Sehr geehrter Herr Kollege Küster, soweit erkennbar
ist, ist Herr Hildebrandt im Zusammenhang mit dem
Aufruf, um den es geht, nicht als Leiter des Olympia-
stützpunktes in Erscheinung getreten. Im Übrigen steht
Herrn Hildebrandt selbstverständlich das Recht auf freie
Meinungsäußerung zu.
Nachfrage, Herr Küster?
Diese Antwort wäre zu akzeptieren, wenn ich nicht
wüsste – auch Sie wissen das –, dass in dem Spenden-
aufruf „Stimmen für Böhmer“ genau die Infrastrukturda-
ten für den Olympiastützpunkt verwendet worden sind.
Der Bund, der den Olympiastützpunkt zu 80 Prozent fi-
nanziert, wäre somit offensichtlich Unterstützer eines
Spendenaufrufs für eine politische Person.
Meine Frage lautet: Wie verhält sich die Bundesregie-
rung dazu, dass in Zusammenhang mit diesem Spenden-
aufruf sowohl Infrastrukturdaten als auch Personal des
Olympiastützpunktes verwendet werden? Ist das nicht
eine indirekte Parteienfinanzierung?
P
Herr Kollege Küster, dazu kann ich nichts sagen.
Denn nach dem, was mir vorliegt, hat Herr Hildebrandt
den Wahlaufruf mit „Manager des Sportclubs Magde-
burg“ unterzeichnet. Das ist ausdrücklich keine Bezug-
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Das werden wir nachreichen.
Dann kommen wir zur Frage 13 des Kollegen
olfgang Wieland:
Wie beurteilt die Bundesregierung die von Kardinal Karl
Lehmann in einem Pressegespräch am 7. März 2006 vorge-
brachte Kritik der Deutschen Bischofskonferenz an der von
der Bundesregierung geplanten Verschärfung des Zuwande-
rungsgesetzes, insbesondere die Feststellung Kardinal Karl
Lehmanns zur beabsichtigten Neuregelung des Nachzuges
von ausländischen Ehegatten nach Deutschland: „Die ge-
plante Heraufsetzung des Nachzugsalters auf 21 Jahre und die
Verpflichtung des Nachziehenden, bereits vor der Einreise
deutsche Sprachkenntnisse nachzuweisen, sind unseres Erach-
tens mit dem Schutz von Ehe und Familie kaum in Einklang
zu bringen“, und wie reagiert die Bundesregierung auf die von
Kardinal Karl Lehmann im gleichen Zusammenhang vorge-
brachte dringliche Forderung der Deutschen Bischofskonfe-
renz nach einer „Bleiberechtsregelung für Menschen, die be-
reits seit Jahr und Tag mit immer wieder nur kurzfristig
verlängerter Duldung in Deutschland leben“?
P
Herr Kollege Wieland, zu dem Gesetz zur Umsetzunger aufenthalts- und asylrechtlichen Richtlinien der Eu-opäischen Union, das unter anderem Veränderungeneim ausländerrechtlichen Ehegattennachzug, auf denie abstellen, vorsieht, wurde im Bundesministerium desnnern ein Gesetzentwurf erarbeitet. Dieser Gesetzent-urf befindet sich derzeit in der Abstimmung mit dennderen betroffenen Ressorts und den Bundesländern.nregungen und politische Meinungsäußerungen zu die-em Gesetzgebungsvorhaben – um solche handelt es sichuch bei den angesprochenen Äußerungen des Herrnardinals – werden von der Bundesregierung daraufhinberprüft, ob und gegebenenfalls wie sie übernommenerden können. Die Haltung der Bundesregierung wird
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1838 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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)
Parl. Staatssekretär Peter Altmaierdann durch einen Kabinettsbeschluss zu einem entspre-chenden Gesetzentwurf festgelegt.Die Frage der Bleiberechtsregelung wird seit gerau-mer Zeit immer wieder angesprochen. Sie hat aber nichtsmit diesem Gesetzgebungsvorhaben zu tun; denn siesteht in keinem inhaltlichen Zusammenhang zu den elfEU-Richtlinien, die umzusetzen sind. Deshalb ist sienicht Gegenstand des anhängigen Gesetzgebungsverfah-rens.Allerdings ist es so, dass das Bundesinnenministe-rium derzeit entsprechend der Koalitionsvereinbarungeine Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes durchführt.Dazu wird demnächst eine Praktikeranhörung stattfin-den. Die Ergebnisse dieser Evaluierung, die auch dieFrage der so genannten Kettenduldungen umfasst, wer-den bis zum Ende der Evaluierungsphase selbstverständ-lich auch daraufhin überprüft, ob sie durch politischesHandeln ergänzt werden können.
Ihre Nachfrage, Kollege Wieland.
Herr Staatssekretär, hat denn die Mahnung des obers-
ten Katholiken in diesem Lande, des Kardinals
Lehmann, nicht insbesondere bei dem christlich firmie-
renden Teil dieser Regierung insoweit besonderes Ge-
wicht, als dass seine Aussage, dass man durch eine An-
hebung des Nachzugsalters für Ehegatten auf 21 Jahre in
den Kernbestand von Ehe und Familie eingreift, bei Ih-
nen zu Nachdenken und Besonnenheit geführt hat, so-
dass Sie in der Lage sind, uns zu erklären, dass Sie von
diesem Plan abrücken, der, wie man lesen konnte, ur-
sprünglich gegen Zwangsverheiratungen gerichtet war?
In Ihrem Referentenentwurf geht es aber auch um Perso-
nengruppen, die aus Staaten kommen, in denen es gar
keine Zwangsverheiratungen gibt. Im Übrigen umfasst
er auch alle Männer, die in der Regel nicht zwangsver-
heiratet werden.
– Ja, so ist das. –
Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist
dieser Entwurf daher sehr weit gefasst. Kurzum: Folgen
Sie dem Rat von oben oder beharren Sie auf Ihrem Refe-
rentenentwurf?
P
Herr Kollege Wieland, die von Ihnen angesprochenen
Äußerungen des Vorsitzenden der Deutschen Bischofs-
konferenz bezogen sich auf eine verfassungsrechtliche
Würdigung der vorgeschlagenen Regelung. Sie können
davon ausgehen, dass die Bundesregierung sich, bevor
sie einen Gesetzentwurf beschließt, umfassend mit der
verfassungsrechtlichen Zulässigkeit desselben auseinan-
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Vielen Dank. – Ich habe zwei Teilfragen.
Zunächst zu den Betriebsprüfungen. Halten Sie es,
wenn dafür mehr Personal zur Verfügung steht, für erfor-
derlich, dass Personen des Bundes häufiger mit in die
Betriebe gehen, und wie passt das mit der generellen
Zielsetzung zusammen, für eine Entflechtung zu sorgen,
die mit der Föderalismusreform verfolgt wird?
Dasselbe frage ich bezüglich der Tatsache, dass die
Software vom Bund praktisch verbindlich festgelegt
wird, die technischen Voraussetzungen dafür aber von
den Ländern geschaffen werden sollen. Wie passt das zu
der allgemeinen Zielsetzung, dass wir durch die Födera-
lismusreform einheitliche Entscheidungsstrukturen
schaffen wollen?
D
Herr Kollege, Sie haben in Ihren beiden Teilfragen
gerade zwei unterschiedliche Dinge angesprochen. Zum
Ersten haben Sie gesagt, mit der Föderalismusreform
werde das Ziel verfolgt, für eine Entflechtung zu sorgen.
Ja, es geht um die Entflechtung, und zwar insbesondere
im Gesetzgebungsbereich und zum Teil auch in den Zu-
ständigkeitsbereichen.
Durch die Föderalismusreform bleibt es aber natür-
lich unbenommen – das kann auch gar nicht anders
sein –, dass die Steuersätze für die Gemeinschaftssteuern
einheitlich erhoben und bundesgesetzlich geregelt wer-
den müssen. Selbstverständlich hat der Bund dann auch
darauf zu achten, dass eine gleichmäßige Erhebung statt-
findet.
Der Bund beabsichtigt, dies insbesondere dadurch zu
gewährleisten – das ist kein neuer Ansatz –, dass die
Bundesbetriebsprüfung auch personell etwas besser aus-
gestattet wird. Wir haben vor, in den nächsten zehn Jah-
ren jeweils 50 zusätzliche Bundesbetriebsprüfer einzu-
setzen, sodass der Anteil derjenigen Prüfungen, an denen
Bundesbetriebsprüfer teilnehmen, gesteigert werden
wird. Das heißt nicht – es handelt sich in diesem Fall so-
wieso nur um Konzernbetriebsprüfungen, also nicht um
die Prüfung von Groß-, Mittel- und Kleinbetrieben –,
dass dort ein einheitliches Besteuerungssystem sozusa-
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Würden Sie mir also zustimmen, dass es insofern eine
erstärkte Doppelbeschickung bei Konzernprüfungen
on Landes- und von Bundesbeamten geben wird und
ir im Zuge dieser Föderalismusreform zusätzliche
oppelstrukturen schaffen werden?
D
Nein, wir schaffen keine zusätzlichen Doppelstruktu-
en; das bestreite ich ganz energisch. Es wäre falsch,
enn Sie das aus meinen Ausführungen schließen wür-
en. Schon heute werden einige Konzernbetriebsprüfun-
en parallel, also gleichzeitig, von Landes- und von
undesbetriebsprüfern durchgeführt. Wir wollen den
nteil dieser Prüfungen, bei denen auch Bundesbetriebs-
rüfer dabei sind, erhöhen. Das sind aber keine zusätz-
ichen Doppelstrukturen.
Wir kommen zur Frage 17 des Kollegen Schick:Wie wird die im Koalitionsvertrag vorgesehene und vonder EU-Kommission im Rahmen der Lissabonagenda gefor-derte einzige Anlaufstelle für ausländische Unternehmen inSteuerfragen verwirklicht?
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1842 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
)
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D
Im Rahmen des Föderalismusreform-Begleitgesetzes
soll die Befugnis der Finanzämter, im Einzelfall verbind-
lich Auskünfte zu erteilen, in der Abgabenordnung aus-
drücklich geregelt werden. Bei ausländischen Antrag-
stellern soll das Bundeszentralamt für Steuern derartige
verbindliche Auskünfte erteilen. Damit steht für Investo-
ren aus dem Ausland, die bislang in Deutschland nicht
steuerpflichtig waren, eine zentrale Anlaufstelle für ver-
bindliche Auskünfte in steuerlichen Fragen zur Verfü-
gung, wenn dieses Gesetz so verabschiedet wird.
Nachfrage.
Kann das dazu führen, dass Betriebe, die am selben
Standort tätig sind, aufgrund unterschiedlicher verbindli-
cher Auskünfte, die von einer Landessteuerverwaltung
bzw. der Bundesbehörde gegeben worden sind, unter-
schiedliche Verfahren anwenden, zum Beispiel bei
Transfer Pricing, oder unterschiedlich besteuert werden?
D
Nein, Herr Kollege Schick, dazu kann das nicht füh-
ren. Das Bundeszentralamt für Steuern gibt schon heute
ausländischen Investoren Auskünfte, wenn sie beabsich-
tigen, sich in der Bundesrepublik Deutschland anzusie-
deln. Diese Stelle ist allerdings erst seit dem 1. Januar
2005 beim Bundeszentralamt für Steuern eingerichtet
worden.
Die Länder haben sich in diesem Zusammenhang ge-
weigert, dem Bundeszentralamt für Steuern das Recht
auf verbindliche Auskünfte nach der Abgabenordnung
zu erteilen. Die Länder haben bisher darauf bestanden,
das Recht so zu belassen, wie es bis jetzt ist, nämlich
dass nur die Finanzämter vor Ort – im Zweifelsfall in
Abstimmung mit der jeweils zuständigen Oberfinanz-
direktion – verbindliche Auskünfte geben dürfen.
In dem vorliegenden Gesetzentwurf, der dem Bundes-
tag am letzten Freitag zugeleitet worden ist, haben sich
die Länder bereit erklärt, dem Bundeszentralamt für
Steuern das Recht, verbindliche Auskünfte im Sinne der
Abgabenordnung zu erteilen, einzuräumen. Dies gilt
aber nur dann, wenn sich ein ausländischer Investor, der
bisher noch keine Betriebsstätte in Deutschland hat, erst-
mals in der Bundesrepublik Deutschland sachkundig
macht. Wenn er dann durch das Bundeszentralamt für
Steuern eine verbindliche Auskunft bekommt, dann ist
diese verbindliche Auskunft für die Finanzverwaltung
bindend, egal wo er sich anschließend ansiedelt. Er muss
dann nicht noch einmal eine verbindliche Auskunft ein-
holen. Diese hat er dann bereits und diese ist für die
Finanzverwaltung bindend.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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1844 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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Metadaten/Kopzeile:
1846 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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)
Vielen Dank. – Sie haben meine Frage im Rahmen Ih-
er Beantwortung der Frage von Frau Haßelmann beant-
ortet.
Meine Frage zielte aber auch darauf ab, welche
ründe Sie eventuell gegen eine Verlagerung des Heim-
echts auf Länderebene sehen. Da möchte ich jetzt gern
irekt nachfragen: Könnten eventuell Probleme im Be-
eich der Qualitätssicherung auftreten?
D
Ich glaube, dass die Antwort, die ich eben gegebenabe, richtig war: Ich sehe keinen Anlass, anzunehmen,ass die Länder geringere Qualitätsansprüche an dieeime stellen werden, als es die Bundesebene bisher
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006 1847
)
)
Parl. Staatssekretär Dr. Hermann Kuesgetan hat. Die föderale Ordnung funktioniert ohnehinnur so, dass man den anderen Ebenen zumindest dengleichen Anspruch unterstellt, den man für sich selbstgelten lässt. Sonst wären wir überhaupt nicht in derLage, die Zuständigkeiten auch in anderen Bereichen zuentzerren, einen Teil der Bundesebene zuzubilligen undeinen anderen Teil in die Subsidiarität der Länder zu ge-ben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Danke. – Wenn Sie das durchweg positiv bewerten,
wie erklärt sich die Bundesregierung dann den breiten
Widerstand und eigentlich auch das Entsetzen der Wohl-
fahrtsverbände bezüglich der Kompetenzverlagerung auf
die Länder?
D
Ich kann zunächst einmal feststellen, dass viele Ver-
antwortliche in der Pflege, auch Wohlfahrtsverbände und
Seniorenorganisationen, sich gegen die Übertragung der
Zuständigkeit auf die Länder ausgesprochen haben. Ich
sage ganz deutlich: Es wird, wie ich eben dargelegt habe,
Sache der Länder sein, durch entsprechendes Handeln
mit diesen Bedenken verantwortlich umzugehen. Die
bisherige Wahrnehmung der politischen und gesell-
schaftlichen Versorgungsleistung in diesem Bereich
durch die Länder lässt auch zukünftig auf eine gute und
sachgerechte Praxis schließen.
Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?
Ja, ich habe eine weitere Zusatzfrage. – Die Bundes-
regierung ist der Auffassung, dass es länderübergreifend
große Übereinstimmungen im Heimrecht geben wird
und dass es nicht zu einer Zersplitterung in 16 unter-
schiedliche Heimrechte kommen kann. Angesichts des-
sen bitte ich um eine schlüssige Erklärung dafür, dass die
Zuständigkeit für das Heimrecht überhaupt auf die Län-
der übertragen werden soll. Wenn angestrebt wird, letzt-
lich doch ein einheitliches Recht zu haben – man hofft,
dass keine Zersplitterung erfolgt –, dann kann doch die
Zuständigkeit auf Bundesebene bleiben; denn dann ist
das letztlich in einer Hand und damit ist auch gesichert,
dass es nicht zu einer Zersplitterung und einer länderspe-
zifischen Ausführung kommt.
D
Frau Abgeordnete, ich habe eben schon darauf hinge-
wiesen, dass bereits bei der bisherigen Regelung die
Notwendigkeit der Umsetzung des Heimrechts in den
einzelnen Ländern bestand. Dabei gab es durchaus eine
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Ja, ich habe noch eine Zusatzfrage. – Wie gedenkt die
undesregierung den bei einer Zersplitterung des Heim-
echts erhöhten Bürokratieaufwand für überregionale
räger – Sie haben vorhin schon gesagt, dass es dazu
ommen könnte – als notwendig zu transportieren und
chlüssig zu erklären – gerade in Zeiten, in denen Entbü-
okratisierung auf breiter Ebene wünschenswert und
ichtig ist?
D
Ich gehe davon aus, dass die Länder hinreichend da-
auf achten werden, dass es nicht zu einer willkürlichen
ersplitterung kommt, und dass unterschiedliche Wege,
ie in den Ländern gegangen werden, dazu dienen, die
ualität der Pflege in den Heimen in einer gewissen
ielfalt sicherzustellen.
Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs.
err Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwor-
ung.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
isteriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Für
ie Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentari-
cher Staatssekretär Ulrich Kasparick zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Dr. Anton
ofreiter auf:
In welcher Höhe sind in der durch die Gesellschafterver-
sammlung vom 8. Dezember 2005 beschlossenen und in der
Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundes-
minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ulrich
Kasparick auf meine Frage 28 vom 8. März 2006,
Plenarprotokoll 16/21, Seite 1599 B, bestätigten Rückforde-
rung eines Teilbetrags des an die Flughafen München GmbH,
FMG, ausgereichten Darlehens Zinsen enthalten und, wenn
nicht, warum?
U
Herr Dr. Hofreiter, die Gesellschafterversammlunger Flughafen München GmbH hat am 8. De-ember 2005 die Rückforderung eines Teils der ausge-eichten Gesellschafterdarlehen beschlossen. Aussagenu Zinszahlungen sind in diesem Beschluss nicht enthal-en. Das ist auch nicht notwendig, weil die Zinszahlun-en in den bis 1993 abgeschlossenen Darlehensverträgen
Metadaten/Kopzeile:
1848 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparickgeregelt sind. Die Verträge lauten in diesem Punkt wiefolgt – ich darf zitieren –:Das Darlehen ist jährlich mit 3,0 % über dem jewei-ligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zuverzinsen. Die Verzinsung beginnt mit dem Tag derÜberweisung der vom Darlehensgeber jeweils ge-zahlten Geldbeträge. Die Zinsleistungen werden in-nerhalb von zwei Monaten nach Feststellung desJahresabschlusses fällig.Jetzt kommt ein für Ihre Frage wichtiger Satz:Zinsleistungen sind nicht zu erbringen, soweit sie
4 Jahre abgedeckt werden können.Der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2005 wirdvoraussichtlich am 27. Juli 2006 festgestellt.Wir haben vorhin in der Arbeitsgruppe schon einmalüber das Thema gesprochen. Sie haben Ihre Frage dahingehend präzisiert: Auf wie viel kumulierte Zinsen hat dieBundesregierung jährlich verzichtet? Die Antwort: Essind gar keine Zinsansprüche entstanden, auf die dieBundesregierung hätte verzichten können, weil die Vo-raussetzungen für Zinszahlungen gemäß Darlehensver-einbarungen nicht erfüllt waren.
Haben Sie Zusatzfragen, Herr Kollege?
Ja, ich habe eine Zusatzfrage. – Sie stimmen mir also
sicherlich darin zu, dass es sich damit um eine Subven-
tion handelt. Ich frage mich, wie Sie das eigentlich mit
dem EU-Recht in Einklang bringen, wenn Sie komplett
auf Kapitalzinsen verzichten. Das heißt, dem Unterneh-
men ist das Kapital über lange Zeit de facto nahezu kos-
tenfrei zur Verfügung gestellt worden. Ich könnte mir
vorstellen, dass es sehr viele Unternehmen gibt, die den
einen oder anderen Geschäftsbereich durchaus mit Ge-
winn fahren könnten, wenn sie keinerlei Kapitalkosten
hätten. Hier ist noch nicht einmal Gewinn entstanden,
wie wir jetzt erfahren durften. Dann handelt es sich doch
offensichtlich um eine Subvention. Oder täusche ich
mich hier?
U
In diesem Fall täuschen Sie sich. Die Bundesregie-
rung hat die vertragliche Regelung mit Bezug auf § 158
Abs. 1 Nr. 5 Aktiengesetz zu beachten.
Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Das ist nicht
der Fall.
Die Fragen 32 und 33 des Kollegen Dr. Geisen wer-
den schriftlich beantwortet.
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Danke.
Die Fragen 35 und 36 der Kollegin Sylvia Kotting-
Uhl werden schriftlich beantwortet.
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des
Umweltministeriums. Ich danke Frau Staatssekretärin
Klug für die Beantwortung.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Bildung und Forschung. Für die Beant-
wortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär
Thomas Rachel zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 37 der Kollegin Priska Hinz auf:
Wie ist die Haltung der Bundesregierung zu den Plänen
der EU-Kommission, ein Europäisches Technologieinstitut,
ETI, zu gründen, und welche Aufgaben könnte ein solches In-
stitut aus Sicht der Bundesregierung erfüllen?
T
Frau Präsidentin! Frau Kollegin, grundsätzlich be-
grüßt die Bundesregierung das Engagement der EU-
Kommission zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der
technologischen anwendungsorientierten Forschung in
Europa. Jedoch sind im Bereich der Technologieförde-
rung insbesondere beim Vorschlag der Kommission für
die Einrichtung eines Europäischen Technologieinstituts
noch zahlreiche Fragen rechtlicher, finanzieller und
sachlicher Art wie im Übrigen auch die Frage des euro-
päischen Mehrwerts zu prüfen. Auffassung der Bundes-
regierung ist, dass die Potenziale der hervorragenden
technischen Universitäten und Einrichtungen in Europa
genutzt und auch weiterentwickelt werden müssen. Viel-
falt und dezentrale Organisation ist eine Stärke der euro-
päischen Wissenschaft, die es zu erhalten gilt. Primär
geht es nach unserer Auffassung also darum, die vorhan-
dene Spitzenforschung der einzelnen Institutionen ver-
stärkt zu fördern.
Hierzu wird im Übrigen auch der Europäische For-
schungsrat auf europäischer Ebene einen wichtigen
Impuls geben, dessen erfolgreiche Umsetzung wir im
Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms höchste
Priorität einräumen. Darüber hinaus könnten die Syner-
gien in den Bereichen Bildung und Forschung sowie
Technologietransfer durch Förderung von Netzwerken
der leistungsfähigen technischen Institute und Universi-
täten in Europa gestärkt werden. Hierbei sollte eine Aus-
wahl der besten Institutionen nach unserer Auffassung
ausschließlich nach Kriterien der Exzellenz im Rahmen
eines Wettbewerbsverfahrens erfolgen.
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Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, wie bewertet die
undesregierung in diesem Zusammenhang die Kritik
ieler Forschungsgemeinschaften, aber auch des EU-
orschungskommissars Potočnik an der Einrichtung ei-
es eigenständigen Technologieinstitutes, wo Sie gerade
elbst darauf hingewiesen haben, dass man auf vorhan-
ene Strukturen zurückgreifen solle? Ist auch die Bun-
esregierung eher der Meinung, dass kein eigenes Insti-
ut geschaffen werden soll, sondern die Aufgaben
erlagert oder ein Netzwerk gestaltet werden soll, in
em die verschiedenen Aufgaben eines solchen Institu-
es dann wahrgenommen werden könnten?
T
Von einer Äußerung des Kommissars Potočnik in
er von Ihnen beschriebenen Art und Weise ist mir
ichts bekannt. Im Gegenteil: Herr Potočnik hat am
ontag im EU-Wettbewerbsrat das von mir gerade an-
esprochene Konzept für das Europäische Technolo-
ieinstitut noch einmal bekräftigt. Demgegenüber steht
ie Bundesregierung einem eigenen rechtlichen Status
keptisch gegenüber. Wir sehen es als besondere Auf-
abe an, die vorhandenen leistungsfähigen europäischen
orschungsinstitute zu stärken und einen Mehrwert
urch eine Vernetzung zu erzielen.
Haben Sie eine zweite Zusatzfrage?
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Ja, ich habe eine zweite Zusatzfrage. – Herr Staats-
ekretär, wie verträgt sich der Plan zur Einrichtung eines
uropäischen Forschungsinstituts mit der vorgesehenen
tablierung eines Europäischen Forschungsrates? Wel-
he Kooperationsmöglichkeiten sehen Sie da und welche
onkurrenz könnte auftreten?
T
Frau Kollegin, wir gehen davon aus und werden uns
assiv dafür einsetzen, dass ein Europäisches Technolo-
ieinstitut – falls es errichtet werden sollte; darüber ist
is jetzt noch keine Entscheidung getroffen worden – auf
einen Fall die Arbeit des Europäischen Forschungsra-
es, ERC, gefährden darf. Es ist der Bundesregierung im
uge ihrer forschungspolitischen Linie ein großes Anlie-
en, dass seine Stellung unbedingt gestärkt werden
ollte.
Nun eine Zusatzfrage der Kollegin Sager.
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1850 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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In der Diskussion steht auch, ob sich das Netzwerk,
über das wir jetzt sprechen, auf bestimmte Technologie-
bereiche konzentrieren soll. Wie ist dazu die Auffassung
der Bundesregierung?
T
Wir befinden uns erst am Anfang einer umfassenden
Diskussion, die nach Auffassung der EU-Kommission
erst im Jahre 2008 abgeschlossen sein soll. Insofern
kann ich zur Auswahl von bestimmten Forschungsberei-
chen zum jetzigen frühen Zeitpunkt noch keine Auskunft
geben.
Soll das von der EU-Kommission geplante Europäische
Technologieinstitut, ETI, aus den allgemeinen Forschungs-
mitteln der EU finanziert werden oder werden dafür Sonder-
mittel bereitgestellt?
T
Frau Kollegin, im derzeit diskutierten Entwurf des
7. Forschungsrahmenprogramms ist eine Finanzierung
eines so genannten Europäischen Technologieinstituts
nicht vorgesehen. Die Bundesregierung ist der Meinung,
dass die Möglichkeit einer Finanzierung außerhalb des
7. Forschungsrahmenprogramms derzeit nicht erkennbar
ist. Die Obergrenzen der finanziellen Vorausschau ste-
hen nicht zur Disposition.
Die Bundesregierung wird sich auch weiterhin in die
Debatte zum ETI einbringen. Dabei werden auch die
Fragen der Finanzierung unbedingt erörtert werden müs-
sen. Allerdings muss die Kommission erst einmal erklä-
ren, welcher Finanzbedarf aus ihrer Sicht vorhanden ist
und in welchem Rahmen sie Vorschläge zur Deckung
der Finanzierungsleistungen, die sich aus diesem Kon-
zept ergeben, zu machen gedenkt.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Das heißt also im Klartext: Wenn das Institut einge-
richtet wird und keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung
gestellt werden, dann müsste die Finanzierung aus dem
7. FRP zulasten der Forschungsbereiche, die im 7. FRP
vorgesehen sind, erfolgen.
T
Frau Kollegin, Sie haben damit richtigerweise ein
weiteres wesentliches Problem der Vorschläge der EU-
Kommission angesprochen. Auch wir sehen diese Frage-
stellung als äußerst wichtig und drängend an. Jedenfalls
ist nicht erkennbar, dass die EU-Kommission bisher Mit-
tel außerhalb des 7. Forschungsrahmenprogrammes zur
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Es ist erst zwei Monate her, dass in Pömmeltein zwölfjähriges afrodeutsches Kind von fünf Neonazischrecklich misshandelt wurde. Dieser Fall hat uns allechockiert.Er ist kein Einzelfall. Bitterfeld 30. Januar 2006: Ein4-jähriger Mann aus Burkina Faso wird rassistisch an-epöbelt und bedroht. Köthen am 5., am 10. und am3. Februar: Chinesische Studenten werden von rechts-xtremistischen Tätern beleidigt und angegriffen. Mag-eburg 15. Februar: Ein Rechtsextremer hetzt seinenund auf einen Mann aus dem Togo. 25. Februar inalbe: Drei Rechtsextreme greifen einen Jugendlichenn. Er wird im Gesicht und am Körper verletzt.Ich sage auch: Rechtsextremistische Taten betreffenicht nur Sachsen-Anhalt oder Brandenburg. Sie betref-en vielmehr uns alle. Die meisten führenden KaderWestdeutsche sollten da sehr vorsichtig sein – kommenus den westdeutschen Ländern. Gewalt, Hetze, Denk-alschändungen wie jetzt am Wochenende in Berlin-iergarten sind in allen Bundesländern und Regionenealität.
as Bittere ist: Es vergeht kein Tag ohne Meldungenarüber.Dann hat uns letzte Woche die Nachricht aus Halber-tadt erreicht: Der Landrat entzieht auf Druck der NPDinem Konzert mit dem Titel „Nazis raus aus unserertadt“ die Genehmigung. Die NPD hatte in einemchreiben – ich gehe davon aus, dass Sie dieses Schrei-en kennen – mit „aktiver Teilnahme“ an diesem Kon-ert von Konstantin Wecker gedroht. Aktive Teilnahme,as meint im zynischen Nazijargon: Behinderung, Dro-ung, Beleidigung und, wenn nötig, auch Gewalt. Die-em Erpressungsversuch hat sich der Landrat gebeugt.
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Claudia Roth
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein verheeren-des Signal, wenn die Politik vor der NPD, die eine anti-semitische und rechtsextreme Partei ist, kuscht.
Dies ist doppelt verheerend, weil wir noch vor wenigenTagen hier im Hause anlässlich der Mohammed-Karika-turen mit großer Leidenschaft über Freiheitsrechte, überdie Freiheit der Presse, der Kunst und Kultur diskutierthaben. Es ging zu Recht scharfe Kritik durch das Land,weil man sich nicht von Fundamentalisten in der islami-schen Welt den Mund verbieten lassen wollte.Im Fall von Halberstadt geht es aber nicht um die isla-mische Welt, sondern um Vorgänge in Sachsen-Anhalt.Der Kampf für die Freiheit von Rede und Kunst fängthier, bei uns zu Hause, an.
In der offensiven Auseinandersetzung mit dem Rechts-extremismus geht es im Kern auch um den Kampf fürdie Werte unserer Demokratie. Es geht um die ganz zen-trale Frage, die jeden von uns betrifft: In welchem Landwollen wir leben?Es gibt wirklich sehr bedrohliche Entwicklungen: DieZahl rechtsextremer Gewalt- und Straftaten steigt mas-siv. Die Anhängerschaft in der rechtsextremen Szenewächst. Es gibt neue gefährliche Bündnisse zwischenden rechtsextremen Parteien und den militanten freienKameradschaften. Es findet ein offensiver Kampf derAlt- und Neonazis um die Köpfe, die Straßen und dieParlamente statt. Es gibt ein gezieltes Einwirken auf Ju-gendliche, zum Beispiel durch das Verteilen von Schul-hof-CDs, wie es diese Woche wieder passiert ist. Rechts-extremismus, Antisemitismus und Rassismus werden beiuns viel zu oft – das ist meine Kritik – verharmlost, ver-drängt, relativiert oder gar zur Normalität erklärt. Das istgefährlich falsch.
Wir haben natürlich mit dem Innenminister gespro-chen. Ich bin froh, dass der Innenminister in Sachsen-Anhalt die Handlung des Landrats kritisiert hat. Das warein gutes Signal. Die Verantwortung liegt aber nicht nurbei den Kommunen, den Landkreisen und Ländern, son-dern fängt im Bund an. Deswegen muss von hier aus dasSignal gegeben werden, dass wir vor Neonazis, Anti-semiten und Rassisten nicht zurückweichen, uns vor allebedrohten Menschen in unserem Land stellen
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Was brauchen wir also?
Frau Kollegin, Sie haben das Ende Ihrer Redezeit er-
eicht.
Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Ich komme zum Schluss. – Neben der politischen
useinandersetzung, neben politischen Initiativen benö-
igen wir endlich eine Sicherung, eine Verstetigung, eine
teigerung dieser Mittel. Das muss das Signal sein und
icht das Wegkuschen vor rechtsextremen Drohungen.
Danke schön.
Das Wort hat nun der Justizminister des Landes Sach-
en-Anhalt, Herr Curt Becker.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Sieaben diese aktuelle Debatte vor dem Hintergrund derbsage eines Konzertes von Konstantin Wecker bean-ragt.
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Minister Curt Becker
Ich will diesen Vorfall in Halberstadt gern als Erstes an-sprechen, da ich befürchte, dass einige Presseberichte,aber auch öffentliche Äußerungen eher geeignet sind, ei-ner Legendenbildung Vorschub zu leisten, die letztlichnur den Extremisten zugute kommt.
Ich gestehe freimütig: Auch ich war sehr irritiert, alsich las, der Landrat des Kreises Halberstadt habe einKonzert des Liedermachers auf Druck der rechtsextre-men NPD untersagt. Ich kann alle verstehen, die sich be-sorgt gefragt haben, ob es in Deutschland wieder so weitgekommen ist, dass politische Extremisten die Entschei-dungen der öffentlichen Verwaltungen beeinflussen kön-nen. Auch deshalb bin ich der Sache nachgegangen undhabe den Sachverhalt überprüfen lassen.Er stellt sich anders dar, als ich zunächst befürchtethabe. Fakt ist nämlich, dass der Landrat einen Mietver-trag über die Nutzung einer öffentlichen Schule mit denVeranstaltern eines Konzerts der Antifa-Tour 2006 unterdem Motto „Nazis raus aus dieser Stadt“ nicht geschlos-sen hat. Hat er sich damit einem Erpressungsversuch ge-beugt, wie Sie, Frau Roth, gesagt haben? Er ließ sich vonder geltenden Rechtslage – und Recht muss nun aucheinmal akzeptiert werden – leiten, die vorsieht, dass,wenn er das Wecker-Konzert in der Schule zulässt, dieSchule auch künftig für Veranstaltungen rechtsradikalerMusikgruppen geöffnet werden muss.
– So ist die Rechtsprechung; an ihr können wir nichtvorbei.Er wollte verhindern, dass rechte Parteien eine Platt-form in einer kreiseigenen Schule bekommen. DasNichtzustandekommen eines Mietvertrages bedeutetaber keineswegs eine Absage oder gar ein Verbot desWecker-Konzerts im Landkreis Halberstadt oder in Hal-berstadt selber, im Gegenteil: Der Landrat unterstützteden Veranstalter bei der Suche nach anderen geeignetenRäumlichkeiten, so beim Nordharzer Städtebundtheater.
Nur war dort an diesem Tag kein Raum frei; das Konzerthätte auf einen anderen Tag verlegt werden müssen. Esist also nicht so, dass der Landrat gegen das Konzertwar. Er wollte es nur nicht in einer öffentlichen Schulestattfinden lassen, um nicht einen Fall eintreten zu las-sen, auf den sich andere hätten berufen können.Sachsen-Anhalt, verehrte Frau Kollegin Roth, kapitu-liert nicht vor politischen Extremisten – ich sage esdeutlich –,
weder vor rechtem noch vor linkem noch vor religiösemExtremismus.
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ir wissen, dass vor allem Musik von der rechten Szenels Lockmittel und gleichsam als Einstiegsdroge einge-etzt wird. Ich darf daran erinnern, dass wir mit unsererktion gegen die „Schulhof-CD“ einen großen Erfolgrzielt haben. Wir haben die Materialien beschlagnahmtnd haben erreicht, dass diese CDs nicht mehr auf demchulhof vertrieben werden können.Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen: Frauoth, Sie haben die Vorgänge in Sachsen-Anhalt als einebfolge rechtsextremistisch motivierter Taten hinge-tellt. Wir bedauern das genauso wie Sie, aber wir habeniesen Dingen den Kampf angesagt. Ich weise daraufin, dass unser Landtag im vergangenen Jahr einstimmigas Netzwerk für Demokratie und Toleranz unter derchirmherrschaft des Landtagspräsidenten und desinisterpräsidenten gegründet hat. Ich möchte daraufinweisen, dass für dieses Netzwerk bislang70 Institutionen, Verbände und Einzelpersonen als Mit-irkende gewonnen wurden und Projekte entstandenind, die präventiv gegen Rechtsextremismus wirken.enn wer gegen die rechte Szene angehen will, muss iner Gesellschaft Zivilcourage und Bürgersinn stärken.as wollen wir mit dieser Aktion erreichen.
Sachsen-Anhalt ist sich seiner Verantwortung be-usst. Ein Zurückweichen vor Extremisten gibt es beins nicht.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat nun die Kollegin Cornelia Pieper, FDP-
raktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ch finde es einerseits wichtig, dass wir darüber diskutie-en, dass wir eine wehrhafte Demokratie haben und wireglichen rechtsextremistischen Bestrebungen in unse-em Land die Stirn bieten müssen, und zwar wir alle, alleemokratischen Parteien in diesem Hohen Hause, ge-einsam.
Ich wehre mich andererseits aber auch – das sage ichanz deutlich – gegen den Vorwurf einiger Politiker,ber auch einiger anderer Meinungsbildner, wie bei-pielsweise der Medien, die da sagen, dass sich der
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Cornelia PieperRechtsextremismus in einigen ostdeutschen Gegendenzur dominierenden Alltagskultur entwickelt habe. Dashalte ich für wenig hilfreich, für komplett verfehlt.
Ich glaube, dass das dem Ansehen unseres Landes unddem Ansehen unserer Demokratie schadet.
Herr Minister Becker hat zum Ausdruck gebracht,dass die Landesregierung in Sachsen-Anhalt sehr enga-giert Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus ergrif-fen hat. Wie die Rechtslage auch ist, muss man ehrli-cherweise zugeben, dass das Verhalten des Landrates inHalberstadt vermuten lässt, dass die Demokratie nichtwehrhaft genug ist. Die NPD braucht nur zu drohen – sowar es jedenfalls dort –, einen Drohbrief zu schreiben,schon knickt der Staat ein. Gegen diesen Schein müssenwir uns verwahren. Das darf nicht passieren. Die Demo-kratie muss wehrhaft bleiben. Wo kommen wir hin,wenn Grundfreiheiten so schnell zur Disposition gestelltwerden? Mit wehrhafter Demokratie hat das weiß Gottnichts zu tun. Angst ist immer ein schlechter Berater, vorallem wenn es um die Verteidigung demokratischerGrundrechte geht.Gerichtet an die Grünen, die diese Aktuelle Stundebeantragt haben, sage ich, dass ich es nicht für gut halte,den konkreten Fall, also die Probleme, die im Zusam-menhang mit diesem Vorfall in Halberstadt aufgetretensind, vor den Bundestag zu ziehen.
Denn so entsteht der Eindruck, dass Sie Ihren Landtags-wahlkampf in diesem Hohen Hause führen wollen.
Ich bitte Sie, darüber nachzudenken, ob Sie damitnicht der NPD eine Bühne bereiten, die diesen Leutenüberhaupt nicht gebührt.
Jede Minute Aufmerksamkeit, die wir den rechtsextre-mistischen Parteien in dieser Debatte schenken, ist eineMinute zu viel.
Deswegen will ich für uns ganz deutlich sagen: Wirhalten es für wichtig, dass es ein Bündnis gegen denRechtsextremismus gibt. Rechtsextremismus, Fremden-feindlichkeit und Antisemitismus sind eine Herausforde-rung für unsere Demokratie. Mit Beschämung denkenwir an die rechtsextremistischen Straftaten aus jüngsterZeit. Das gilt nicht nur für Sachsen-Anhalt. Sie habendeutlich gesagt, dass die aktuellen Zahlen der Kriminali-tätsstatistik erneut einen Anstieg der rechtsextremisti-schen Gewalttaten zeigen.vAkAdcgGgZ–AuVehwbSfsgEmrimtkedktDlzBPgBr
Ich warne davor, auf den Druck von rechts mitleichgültigkeit, Hilflosigkeit und Resignation zu rea-ieren. Das wäre ein Tabubruch unserer Gesellschaft.
ur Bekämpfung rechtsextremer Gewalt brauchen wirdas will ich deutlich sagen – eine klare strafrechtlichehndung von Gewalttaten. Ich glaube, darin sind wirns alle einig. Der Staat muss die ihm schon jetzt vorerfügung stehenden Mittel wirksam und konsequentinsetzen. Der Staat muss auf diese Angriffe schnell undart reagieren.Mit dem Strafrecht allein ist es aber nicht getan. Vielichtiger ist, dass sich die Gesellschaft gegen diesenraunen Sumpf stark macht. Der Ruf nach dem starkentaat muss dort verhallen, wo die Zivilgesellschaft ge-ragt ist. Eine vitale Bürgergesellschaft muss das Zielein. Die beschämenden rechtsextremen Straftaten bele-en offensichtliche Defizite unserer Gesellschaft in derrziehung zur Demokratie. Zu einer Erziehung zur De-okratie gehört eben auch eine Achtung fremder Kultu-en. Die Werte einer freiheitlichen Gesellschaft müssenn der Schule eingeprägt, in der Familie erlebbar ge-acht und schließlich von der ganzen Gesellschaft ge-ragen werden.
Im Namen der FDP fordere ich, dass wir unverzüglichonkrete Schritte zur Stärkung der politischen Bildunginleiten. Gefördert werden müssen vor allem Projekteer kommunalen Jugendarbeit, soziales Engagement undulturelle Arbeit in nicht staatlichen Organisationen.
Ich appelliere auch an die Bundesregierung, das Ak-ionsprogramm des Bundes „Jugend für Toleranz undemokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeind-ichkeit und Antisemitismus“ auch nach 2006 fortzuset-en und zu finanzieren. Das wäre ein klares Signal derundespolitik.
Zum Schluss will ich noch eines sagen: Das besterogramm gegen Rechtsextremismus – das gilt auch underade für die neuen Bundesländer – ist Wachstum undeschäftigung. Auf diesem Gebiet soll die Bundesregie-ung endlich ihre Hausaufgaben machen.Danke.
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1854 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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Cornelia Pieper
Das Wort hat nun der Kollege Andreas Steppuhn,
SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen undHerren! Als Abgeordneter für die Harzregion und somitauch für Halberstadt betone ich: Die Absage des Kon-zerts von Konstantin Wecker war aus meiner Sicht einefalsche Entscheidung.
Man darf vor rechtsextremistischen Parteien nicht ku-schen. Das muss die Lehre aus Halberstadt und den da-mit verbundenen öffentlichen Reaktionen sein.
Die öffentliche Auseinandersetzung mit der Absagedes Wecker-Konzertes und den Folgen lehrt uns: Ein Zu-rückweichen vor rechtsextremen Parteien bewirkt dasGegenteil.
Deshalb hätte ich mir gewünscht, der Landrat von Hal-berstadt hätte Mut und Courage bewiesen und dieDurchführung des Konzertes befürwortet und unter-stützt.
Selbst wenn man Auseinandersetzungen mit der rech-ten Szene erwartet, muss es in einem demokratischenRechtsstaat möglich sein, eine derartige Veranstaltungdurchzuführen.
Deshalb ist zu begrüßen, dass geplant ist, dieses Konzertim Rahmen einer Open-Air-Veranstaltung mit Unterstüt-zung von Verbänden und Organisationen, zum Beispielden Gewerkschaften, sowie vielen Kommunalpolitikernnachzuholen.
Diese Veranstaltung ist eine Gelegenheit, bei der dieMenschen in der Harzregion deutlich machen können:„Wir sind gegen rechtsextreme Parteien, braunes Gedan-kengut und Fremdenfeindlichkeit.“
aefzRSdHbgDhbnBnbHwdDdbzgenzgtCZDtmdzc2z
Die Ereignisse von Halberstadt haben, nicht zuletzturch die mediale Berichterstattung, dazu geführt, dassalberstadt und die vom Tourismus geprägte Harzregionundesweit in der öffentlichen Wahrnehmung Schadenenommen haben. Lassen Sie mich deshalb hier sagen:ie übergroße Mehrheit der Menschen in der Harzregionat mit rechtsextremen Gedankengut nichts am Hut undedauert es sehr, dass ein Eindruck entstanden ist, dericht gerechtfertigt ist.
ereits jetzt – das zeigen viele E-Mails und Briefe – sindegative Auswirkungen auf den Tourismus unverkenn-ar.An dieser Stelle möchte ich noch einmal klarstellen:alberstadt und die gesamte Harzregion werden nachie vor gute Gastgeber für Menschen aus Europa under ganzen Welt sein.
ennoch gilt es, sich in der Harzregion mehr als an-erswo mit der Entwicklung des Rechtsextremismus zueschäftigen und Lehren und Konsequenzen daraus zuiehen.Wir als Sozialdemokraten haben bereits in der ver-angenen Legislaturperiode unter Rot-Grün Programmerarbeitet, die sich mit dem Rechtsextremismus ausei-ander setzen, und die notwendigen finanziellen Mittelur Verfügung gestellt, um Projekte und Initiativen ge-en den Rechtsextremismus zu unterstützen. Hierfür tre-en wir auch in der großen Koalition ein.
Wir treten dafür ein, dass Förderprogramme wieivitas, Xenos und Entimon weiterhin durch finanzielleuschüsse gesichert werden.
enn erst dadurch können die zahlreichen lokalen Initia-ivprojekte gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitis-us und Rechtsextremismus unterstützt werden. Seitem Jahr 2001 wurden bundesweit mehr als 4 000 Ein-elprojekte über diese Programme gefördert. Die jährli-he Fördersumme betrug allein 19 Millionen Euro. Ende006 laufen nun aber zwei Förderprogramme aus. Nichtuletzt angesichts der aktuellen Ereignisse in Branden-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006 1855
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Andreas Steppuhnburg und Sachsen-Anhalt steht die SPD zu ihrem Wortund steht die SPD-Bundestagsfraktion zu ihrer Aussageim Koalitionsvertrag, diese Maßnahmen weiterhin zuverstetigen.
Uns ist bekannt, dass es im FamilienministeriumPläne gibt, diese Programme auf Bereiche des Linksex-tremismus sowie radikale Islamisten auszuweiten unddie Mittel für den Kampf gegen Rechtsextremismus zukürzen. Deshalb sage ich an dieser Stelle für die SPD-Bundestagsfraktion deutlich: Mit uns wird es bei diesenProgrammen keine Abstriche und Kürzungen geben.
Im Gegenteil: Angesichts der Auseinandersetzung, inder wir mit den rechtsextremen Parteien stehen, ist ei-gentlich das Gebot der Stunde, diese Mittel sogar nochaufzustocken. Hier gilt es, im Rahmen der anstehendenHaushaltsberatungen ein Zeichen zu setzen, insbeson-dere um lokale Aktionsbündnisse zu unterstützen.Es sind aber auch die Bundesländer gefragt. Deshalbbetrachte ich mit großer Sorge, dass es insbesondere dieCDU/FDP-geführte Landesregierung in Sachsen-Anhaltin den vergangenen Jahren versäumt, ja verschlafen hat,Initiativen gegen rechtsextreme Entwicklungen zielge-richtet zu fördern.
Dies ist der falsche Weg. Angesichts der Plakatkampa-gnen von NPD und DVU im Landtagswahlkampf hat derDGB in Sachsen-Anhalt die Parteien dazu aufgerufen,einen Teil ihres Wahlkampfetats für Projekte gegenRechtsextremismus zur Verfügung zu stellen.
Einige Parteien, unter anderem die SPD, sind darauf ein-gegangen. Die Regierungsparteien in Sachsen-Anhaltdagegen haben das nicht für nötig gehalten.
Dieses Signal ist mehr als traurig.Abschließend möchte ich noch einmal betonen: Esdarf kein Wegschauen geben. Wir alle müssen uns enga-gieren, wenn rechtes Gedankengut und Rechtsextremis-mus keine Chance mehr haben sollen.
Möglichen Rechtsextremisten gilt es, eine klare Kantezu zeigen und nicht zu kuschen. Deshalb ist es wichtig,im Rahmen der heutigen Debatte – wenn wir sie schonführen –, ein Zeichen zu setzen und den Menschen inSachsen-Anhalt und in Brandenburg zu zeigen: Sie ste-hdFHtmg–BnkgnaFrwdtbutsrSenmbDHaBgds
Ich erteile das Wort dem Kollegen Roland Claus,
raktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Die Reaktion oder, besser gesagt, die Nichtreak-ion der CDU/CSU-Fraktion auf meinen Vorredneracht vielleicht mehr deutlich, als man mit Worten sa-en könnte.
Sie müssen sich schon selbst beantworten, was dieserlödsinn soll. Ich weiß nicht, ob diese Form der Ausei-andersetzung dem Thema angemessen ist.
Wo Antifaschismus zum Unwort wird, ist die Demo-ratie in Gefahr. Ich will eine andere, viel banalere Be-ebenheit erzählen: In einer Sporthalle in einem mir be-achbarten Bundesland fiel mir eine Ergebnistafel auf,uf der geschrieben stand: Adolf Hitler ist mein besterreund. Ich habe das Management der Einrichtung da-auf aufmerksam gemacht. Man reagierte mit dem er-arteten Entsetzen und sagte: Ja natürlich, wir werdenas sofort entfernen. Ich merkte aber, dass bei den Leu-en noch etwas im Hinterkopf war. Ich fragte nach undekam die Antwort: Das muss seit Wochen dort stehennd ist niemandem aufgefallen.Genau das ist das Problem: die schleichende Akzep-anz des Rechtsextremismus bis in die Mitte unserer Ge-ellschaft. Insofern hält die fatale Fehlleistung des Land-atsamtes in Halberstadt uns allen womöglich nur einenpiegel vor. Es gibt sehr viel Rassismus und Rechts-xtremismus im Alltag, der Menschen widerfährt, dieiemand kennt und die hier niemals zur Sprache kom-en werden. Deshalb müssen wir uns mit diesem Themaefassen.
ie gemeinsame Empörung über die Geschehnisse inalberstadt enthebt uns nicht unserer gemeinsamen Ver-ntwortung, dem Rechtsextremismus entgegenzutreten.In Sachsen-Anhalt existiert ein funktionierendesündnis für Demokratie und Toleranz. Vor dem Hinter-rund der ausgesprochenen Drohungen wäre es Aufgabees dortigen Landrates gewesen, nicht etwa feige undtill zu kuschen und zu kapitulieren, sondern dieses
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1856 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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Roland ClausBündnis anzusprechen und Öffentlichkeit herzustellen.Dass dies nicht geschehen ist, ist besonders ärgerlichund nicht hinzunehmen; denn zusammen mit diesemBündnis hätte man sehr wohl öffentlich agieren können.
Jetzt geht es allerdings nicht darum, ganz Halberstadtin Haftung zu nehmen. Die Fraktion meiner Partei hat imdortigen Kreistag sofort eine Sondersitzung des Kreis-ausschusses verlangt; dort wird man sich mit diesemThema auseinander zu setzen haben.
Wir erleben seit vielen Jahren – ich seit 15 Jahren –,dass das Engagement gegen Rechtsextremismus zuwei-len diskriminiert bzw. lediglich als ein Kampf gegen ge-sellschaftliche Randerscheinungen verstanden wird. HerrMinister Becker, durch Ihre verbale Gleichsetzung vonlinks und rechts haben Sie zur Lösung des Problems,über das wir heute reden, wirklich keinen vernünftigenBeitrag geleistet.
Lassen Sie mich daran erinnern, dass es im Jahr 2001zu so etwas wie einem „Aufstand der Anständigen“ ge-kommen ist. Seinerzeit haben hier im Bundestag vierFraktionen gemeinsam einen Beschluss zum Kampf ge-gen den Rechtsextremismus gefasst, der noch immergültig ist und einiges bewirkt hat. An Ihre Adresse, HerrBecker, und an die Adresse der CDU/CSU-Fraktion, diediesen Beschluss damals nicht mitgetragen hat, möchteich sagen: Wäre es heute nicht an der Zeit, dem zuzu-stimmen, anstatt neue Vorwürfe zu erheben?
Wir können vieles tun. Aber gegen „Nazis in denKöpfen“ hilft vor allem Bildung.
Schauen Sie sich doch einmal an, wie dürftig die Zeitdes Dritten Reiches in den Schulbüchern abgehandeltwird.
Oder schauen Sie sich die Politik des Landes Sachsen-Anhalt an: Einer Ihrer ersten Schritte, die Sie eingeleitethaben, als Sie dort im Jahr 2002 die Regierung übernom-men haben, bestand darin, dass Sie das Auslaufen desFeststellenprogramms für die Jugendarbeit angekündigthaben. Das muss man ansprechen; denn der Weg, denSie, Herr Becker, damals eingeschlagen haben, warfalsch.
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ieser Umstand ist bestimmt nicht geeignet, der Bedeu-ung des Kampfes gegen den Faschismus gerecht zuerden.
Ich will für meine Fraktion ganz ausdrücklich sagen,ass wir Initiativen wie die Konstantin Weckers unter-tützen, der es nicht einfach hinnimmt, dass die DVU imunde mit der NPD auf Schulhöfen CDs mit rechtsextre-istischem Inhalt verteilen will, sondern sich wehrt. Dasalten wir für wichtig.Ich sage noch einmal: Wo Antifaschismus zum Un-ort wird, ist die Demokratie in Gefahr. Lassen Sie unsemeinsam gegen die schleichende Akzeptanz desechtsextremismus in der Gesellschaft antreten. Wirleiben dabei: Faschismus ist keine Meinung, sondernin Verbrechen.
Das Wort hat nun die Kollegin Kristina Köhler, CDU/
SU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-en! Demokratie ist keine Eigenschaft einer Gesell-chaft. Sie ist eine Momentaufnahme, die Tag für Tagerteidigt werden will: gegen diejenigen, die unserer De-okratie offen entgegenstehen, und gegen diejenigen,ie die Freiheiten der Demokratie gern annehmen, umie dann als Waffe gegen die Demokratie selbst zu rich-en.
ies tut der Rechtsextremismus zurzeit verstärkt. Ganzgal jedoch, welcher Instrumente sich der Extremismusemächtigt, es darf kein Zurückweichen vor den Feindennserer Demokratie geben.
Die CDU/CSU ist allerdings der Meinung, Projekteegen Extremismus müssen Projekte der demokrati-chen Mitte sein. Deshalb wollen wir, dass man auch deninksextremismus und den Islamismus nicht aus denugen verliert.
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Kristina Köhler
Leider wird von den linken Abgeordneten in diesemHause immer wieder versucht, den Eindruck zu erwe-cken, jeder Gegner von Rechtsextremismus sei automa-tisch ein Demokrat. Wenn ich mir jedoch die selbst er-nannten Antifaschisten anschaue oder wenn ich höre,dass die Kommunistische Plattform der Linkspartei sagt,man dürfe weder die Verbrechen der kommunistischenRegime verurteilen noch dürfe man Kuba wegen Men-schenrechtsverletzungen angreifen, dann muss ich sa-gen: So etwas Menschenverachtendes und Geschichts-vergessenes! Mit solchen Menschen kann man nichtgemeinsam unsere Demokratie verteidigen.
Es geht heute ganz aktuell um die Ereignisse inSachsen-Anhalt und Brandenburg, wie das Thema derAktuellen Stunde auf Verlangen der Grünen lautet. Einesdieser Ereignisse ist das Konzert Konstantin Weckers imRahmen seiner so genannten Antifa-Tour in Halberstadtin Sachsen-Anhalt, ein Musterbeispiel dafür, wie dieAuseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nichtfunktioniert.
Die Presse war in den letzten Tagen voll mit Artikeln,die den immer gleichen Tenor hatten: NPD verhindertWecker-Konzert.
Die Reaktionen der Politiker folgten prompt: Frau Kolle-gin Lazar von den Grünen sprach davon, dass die Hal-berstädter Politiker „Erfüllungsgehilfen rechtsextremerZiele“ seien.
Auch Herr Kollege Edathy von der SPD war sich nichtzu schade, den Halberstädtern einen Mangel an demo-kratischer Zivilcourage vorzuwerfen.
Meine Damen und Herren, es ist so einfach, von hieraus den Menschen vor Ort Ratschläge zu erteilen undmal eben ganze Landkreise zu verurteilen.
Dabei hätte ein einziger Anruf in Halberstadt genügt, umherauszufinden, dass die Geschichte zu parteipolitischenZwecken nicht taugt. Ich habe mit dem Landrat telefo-niert. Er sagte mir, dass von den Politikern, die sich ver-ächtlich geäußert haben, bis heute kein einziger fähigwar, zum Telefonhörer zu greifen und sich bei den Men-schen vor Ort zu informieren.
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as Konzert wurde auch nicht verboten.
Frau Roth, ich erkläre es Ihnen: Es ging lediglich da-um, wo man ein solches Konzert stattfinden lassenann. Das sollte nicht an der Schule geschehen,
orauf man sich mit dem Veranstalter, dem Verein Zora,m 9. Februar auch geeinigt hatte. Der Presserummel be-ann auch erst am 8. März. Am 26. März sind übrigensandtagswahlen in Sachsen-Anhalt.Was hat nun die NPD mit der Sache zu tun? Ganz ein-ach: Man wollte das Konzert deshalb nicht an einerchule stattfinden lassen, weil man befürchtet hat, mitinem solchen Antifa-Konzert das Tor dafür zu öffnen,ass in Zukunft auch die NPD Konzerte an Schulen ver-nstalten kann.
Das ist kein Unsinn. Diese Problematik ist real und dieuristen unter Ihnen kennen sie: Man kann ein öffentli-hes Gebäude nicht einfach für einen bestimmten Zweckur Verfügung stellen, ohne dass dann auch andere dasecht haben, es zum selben Zweck zu nutzen.
in berühmtes analoges Beispiel ist die Nibelungenhallen Passau, die aufgrund gerichtlicher Entscheidungentrotz allem Widerwillen – regelmäßig für die DVUufgeschlossen werden muss.
Das ist das Dilemma von Demokratie, welches ichingangs erwähnt habe: Sie liefert ihren Gegnern biswei-en selbst die Waffen. Aber Demokraten sollten sichicht auch noch vor den Augen ihrer Gegner gegenseitigerfleischen.
Ich erteile das Wort der Kollegin Monika Lazar,ündnis 90/Die Grünen.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Rechtsextremismus hat sich in einigen Regionen zu ei-ner ernsthaften Gefahr entwickelt. Rechtsextremistenversuchen, die öffentliche Meinung zu bestimmen. Nie-mand hört das gerne. Die Kolleginnen und Kollegen vonder Union möchten, wie wir das auch heute wieder ge-hört haben, die rechtsextremen Provokationen und Straf-taten sogar als Einzelfälle darstellen.
Mit überzogener Hysterie stellen sie stattdessen Schre-ckensbilder von Linksextremismus und überbordendemIslamismus in den Raum.Meines Wissens haben Autonome oder radikale Isla-misten noch nicht versucht, in unseren Parlamenten fürAngst und Schrecken zu sorgen. Wahlerfolge von Rechts-extremen in Ländern oder Kommunen gibt es dagegen insteigender Zahl. Im Wahlkampf spielen sich Rechtsextre-misten zunächst als Kämpfer für das Volk auf. Mit plattenParolen missbrauchen sie die Probleme der Menschenzum Stimmenfang. Sind sie erst einmal gewählt, zeigensie ihre wahren Ziele, wie das so häufig im Landtag vonSachsen zu sehen war, wo die NPD eine eigene Fraktionstellt.In Halberstadt und im gesamten Harz agieren Neona-zis schon mit Erfolg. Die Harzregion bildet einenSchwerpunkt rechtsextremer Gewalt in Sachsen-Anhalt.Die Rechtsextremen schlagen Andersdenkende zusam-men und greifen nach Macht und Einfluss.Konstantin Wecker ist ein bekannter Liedermacher.Er tritt zurzeit auch in anderen ostdeutschen Städten auf,zum Beispiel am Wochenende in Leipzig. Dort gibt essolche Probleme nicht. Sein Konzert in Halberstadtsollte unter dem Motto „Nazis raus aus dieser Stadt“ ste-hen. Der NPD gefiel das nicht. Sie forderte die Verant-wortlichen auf, das Konzert abzusagen. Zur Sicherheitdrohten sie noch Randale an, falls die Kreisverwaltungihren Willen nicht erfüllen würde. Und was geschah?Die Verantwortlichen reagierten in vorauseilendem Ge-horsam. Das Konzert fiel aus. Da fragt man sich: Wer hatin Halberstadt das Sagen?Dass Neonazis in unserem Land Veranstaltungen ver-hindern können, weil sie ihnen nicht passen, ist skanda-lös. Einer öffentlichen Zensur durch Rechtsradikalemüssen wir uns entgegenstellen.
Zivilcourage, Demokratie und das Einstehen für kultu-relle Vielfalt sind Werte, die wir offensiv vertreten.Vorfälle wie in Halberstadt machen deutlich, wiewichtig es ist, Rechtsextremismus zu bekämpfen undDemokratie zu stärken. Gerade in vielen örtlichen Ver-waltungen und kommunalen Parlamenten besteht darinoffensichtlich noch immer großer Nachholbedarf; auspraktischer Erfahrung vor Ort kann ich das, wie ichgawpzdsldsmumhmswddvftdhcNtisOtzdtnrwwdIjawCsebur
Die erfolgreichen Bundesprogramme bleiben vor die-em Hintergrund unverzichtbar. Sie müssen unbedingtangfristig abgesichert werden. Stattdessen will die Bun-esregierung die finanziellen Mittel dafür – das wurdechon gesagt – herunterfahren. Noch dazu ist eine Ver-ischung mit anderen Inhalten wie Linksextremismusnd radikalem Islamismus geplant, wie uns heute im Fa-ilienausschuss bestätigt wurde. Das läuft auf eine er-ebliche Mittelkürzung hinaus und bedeutet für vieleobile Beratungsteams und Opferberatungsstellen, dieich in den letzten Jahren etabliert haben und die soichtig sind, das Aus.In besonderem Maße betroffen wären die neuen Bun-esländer. Dort konnten in den vergangenen Jahrenurch die Civitas-Programme des Bundes engagierte zi-ilgesellschaftliche Netzwerke entstehen. Das Zurück-ahren der öffentlichen Unterstützung würde viele Struk-uren zerschlagen. Bündnis 90/Die Grünen werden inen Haushaltsberatungen entschieden dagegen vorge-en. Seit Jahren verteidigen wir die zivilgesellschaftli-hen Programme gegen Kürzungsversuche der Union.ach wie vor halten wir derartige Pläne für nicht akzep-abel.Die Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismusst zudem nicht sachgerecht. Selbst den Verfassungs-chutzberichten kann man entnehmen, wie extrem hochrganisationsgrad und undemokratisches Gefahrenpo-enzial neonazistischer Strukturen sind. Eine Gleichset-ung mit einzelnen linksextremen Aktionen verharmlostie Gefahr von Neonazismus, Rassismus und Antisemi-ismus.
Es gibt noch immer mehr Opfer rechter Gewalt. Den-och will sich der Bund aus der Förderung der Opferbe-atungsstellen zurückziehen. Ein Großteil der Verant-ortung soll künftig auf die Kommunen verlagerterden. Dort fehlt aber oft das Problembewusstsein fürieses Thema. Somit werden die zivilgesellschaftlichennitiativen allein gelassen. Was wird dann aus den lang-ährig angelegten Strukturprojekten? Sollen sie sich etwandere Namen und Vorhaben ausdenken und ihre be-ährten Konzepte nicht weiter verfolgen, um einehance auf Förderung zu behalten?Ich denke, wir können es uns nicht leisten, das ent-tandene Know-how und die wertvollen Erfahrungen derngagierten Leute vor Ort zu verlieren. Angesichts derestehenden rechtsextremen Gefahr wird eine sicherend langfristige Finanzgrundlage gebraucht.Die Regierung ist in der Pflicht, entstandene Struktu-en zu erhalten. Wir fordern Sie auf, die Probleme mit
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Monika Lazardem Rechtsextremismus in Deutschland ernst zu neh-men und in Ihren Konzepten und Finanzplänen ange-messen zu berücksichtigen.
Das Wort hat nun der Kollege Sebastian Edathy, SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Frau Kollegin Köhler, ich glaube, es ist eher zweitran-gig, ob der Landrat des Kreises Halberstadt ein Konzertabgesagt oder dem Stattfinden eines Konzertes nicht zu-gestimmt hat.
Wir sagen den Bürgerinnen und Bürgern zu Recht,seid mutig und zeigt Zivilcourage gegen Rechtsextre-mismus. Ich finde, das eigentliche Problem ist: Wennwir das glaubwürdig sagen wollen, dann müssen wir vonden öffentlichen Repräsentanten unseres Staates zu-gleich erwarten können, dass sie mit Mut und als Vorbildvorangehen. Das ist der entscheidende Punkt.
Es kann nicht sein – und zwar nirgendwo in unsererRepublik –, dass Rechtsextremisten darüber entschei-den, welche kulturellen oder sonstigen Veranstaltungenstattfinden oder nicht stattfinden. Das ist der entschei-dende Punkt.
Wenn wir uns diesem Thema und auch der Frage wid-men – sie ist hier angesprochen worden –, wie es mit denProgrammen des Bundes gegen Rechtsextremismus ei-gentlich weitergeht
und was wir tun können, um den Menschen vor Ort Un-terstützung zukommen zu lassen, dann bin ich sehr da-für, dass wir nicht ideologisch argumentieren. Herr Lan-desminister, ich weiß nicht, ob Sie mit Islamisten inSachsen-Anhalt dieselben Probleme wie mit Rechts-extremisten haben. Aufgrund der Zahlen, die ich kenne,bezweifle ich das zumindest.
Wir schauen uns die Fakten an und sagen, dass dasKonsequenzen haben muss. Diese sind eindeutig. ImJtnK1DdSweda–hZHrdgDglLdwbeeZsadngndD
0 000 gewaltbereite Rechtsextremisten gibt es ineutschland. Die Hälfte davon lebt in den neuen Bun-esländern, was übrigens gravierende Folgen hat. Inachsen-Anhalt beispielsweise kommen auf 100 000 Ein-ohner drei gewalttätige Übergriffe mit einem rechts-xtremistischen Hintergrund. Im Schnitt der alten Bun-esländer ist es eine Gewalttat. Auch das ist zu viel unduch das ist schlimm.
Frau Kollegin Pieper, ich habe gerade von Ihnen ge-ört: „Immer die Ossis“. Rechtsextremismus ist ohneweifel ein gesamtdeutsches Problem. Man wird dererausforderung, die damit verbunden ist, aber nicht ge-echt, wenn man nicht auch zur Kenntnis nimmt, dassieses Problem regional sehr unterschiedliche Ausprä-ungen hat.
as muss für uns und auch für das Bundesengagementegen Rechtsextremismus Folgen haben.
Ich begrüße es, dass das Land Sachsen-Anhalt in denetzten Jahren stärker als zu Beginn der Wahlperiode desandestages bereit war, solche Projekte kozufinanzieren,ie wir aus dem Bundeshaushalt unterstützen. Ich finde,ir haben bei den Bundesprogrammen und insbesondereei der Unterstützung kultureller Aktivitäten zu Rechtinen Schwerpunkt auf die neuen Bundesländer gelegt.2004 hat es 140 Konzertveranstaltungen von Rechts-xtremisten gegeben – auch das ist eine interessanteahl –; 80 davon fanden in den neuen Bundesländerntatt. Ich glaube, in diesen Zusammenhang bettet sichuch der aktuelle Anlass für die heutige Debatte ein, iner wir über Halberstadt sprechen. Ich denke, wir habenicht zu viele Veranstaltungen und zu viele Aktivitätenegen Rechtsextremismus, sondern leider immer nochicht genug. Alle, die in diesem Bereich tätig sind, ver-ienen unser aller Unterstützung.
Das ist auch der Grund, weshalb wir nach meinemafürhalten in den Haushaltsberatungen sehr stark Acht
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Sebastian Edathydarauf geben müssen, dass wir hier zu einer Verstetigungdes Mitteleinsatzes kommen.
Wenn wir uns mit diesem Thema beschäftigen, dannbrauchen wir nicht Kleinmut und Kurzatmigkeit, son-dern dann brauchen wir eine Verstetigung des Bundesen-gagements und einen langen Atem.
Das gilt übrigens auch – das will ich deutlich sagen –für das Thema politische Bildung.
Ich halte es für hochproblematisch, wenn im Entwurfdes Bundeshaushaltes für 2006 vorgesehen ist, die Mittelfür die Bundeszentrale für politische Bildung um 20 Pro-zent abzusenken. Wir brauchen nicht weniger politischeBildung, sondern mehr politische Bildung.
Ich glaube, dass das Parlament sein ureigenstes Rechtselbstbewusst wahrnehmen sollte, um eine Änderung derRegierungsvorlage zu erreichen. Das Haushaltsrecht isteines unserer vornehmsten Privilegien. Im Interesse derStärkung der Demokratie in diesem Land, die ständigbedroht und verletzbar ist, sollten wir es an dieser Stelleweidlich ausüben.Das gilt auch für die Frage, wie wir mit Menschenund ihren Projekten und Initiativen umgehen, die sich indiesem Bereich engagieren. Es ist zweifelhaft, was inHalbe vor wenigen Tagen passiert ist. Dort sind De-monstrationsteilnehmer eines gewerkschaftlich organi-sierten Protestes gegen einen Neonaziaufmarsch in über-triebener Weise kontrolliert worden. Auch halte ich esfür fragwürdig, was aus dem Raum Stuttgart zu hörenist. Dort werden Nazigegner, die mit Plaketten mit einemdurchgestrichenen Hakenkreuz auf den Straßen unter-wegs waren, wegen Verwendung eines verfassungs-feindlichen Symbols angeklagt.Wir dürfen nicht die Gegner von Neonazismus stig-matisieren und sie auf dieselbe Stufe mit denjenigen stel-len, gegen die sie sich wenden. Sie brauchen unsereUnterstützung – in Halberstadt, aber auch überall an-derswo. Lassen Sie uns in diesem Sinne in die Haus-haltsberatungen gehen! Rechtsextremismus ist eine Be-drohung der Demokratie. Wir sind gehalten, uns ihmentgegenzustellen.
Das Wort hat nun der Kollege Alois Karl, CDU/CSU-
Fraktion.
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st es nicht so, dass gerade die Ausblendung all der ande-en Spielarten des Extremismus, die alleinige Fokussie-ung auf den Extremismus der rechten Seite gerade jeneestärkt, die ihr extremes Süppchen kochen? Wir alsDU/CSU-Fraktion wenden uns gegen Extremismus ineder Form. Ich halte die Diskussion der heutigen Stundeür bewusst verkürzt und auch für gefährlich. Sie thema-isieren ein Problemfeld, engen es bewusst ein und er-ennen die Facetten der Gefährdung der anderen Articht.
Das Bundesinnenministerium weist in dem Verfas-ungsschutzbericht – das haben wir gehört – aus, welchetraftaten bei uns allenthalben anfallen: Es sind mehr als4 000. Jede dieser Straftaten ist zu viel. Der Extremis-us muss allgemein bekämpft werden. Ein Zurückwei-hen darf es nirgendwo geben. Religiös motivierter Ex-remismus ist uns genauso zuwider wie nationalistischotivierter Extremismus. Marxistisch oder links moti-ierter Extremismus kann bei uns genauso wenig be-chönigt oder verharmlost werden wie der Rechtsextre-ismus. Für keine Spielart des Extremismus darf esoleranz geben.
ull Toleranz und kein Zurückweichen der Gesellschaftder des Staates – das ist unsere Losung.
Unsere Aufgabe in der Politik ist es, Orientierung zueben und sich nicht mit kurzatmigem Aktionismus zueschäftigen. Das Bohren der dicken Bretter und Nach-altigkeit sind die eigentliche Aufgabe unseres politi-chen Handelns.
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Alois KarlDer Extremismus, egal ob von rechts oder links, mussvon uns als dauerhafte Aufgabe verstanden werden, un-sere Grundordnung zu verteidigen. Hierauf müssen wirunsere Politik ausrichten. Politischer Extremismus istweder auf Deutschland konzentriert, noch ist er eineFrage der Vergangenheit oder der Gegenwart.
Auch die Wahlergebnisse in Italien und Frankreich– dort hat der nationalistische PräsidentschaftskandidatLe Pen sogar mehr Stimmen erhalten als der sozialisti-sche – zeigen, dass wir in Deutschland von solchen Ge-fährdungen Gott sei Dank noch weit entfernt sind.
Dies haben wir gerade der Eindeutigkeit der Politikzu verdanken. Ich verweise dabei auf das Beispiel Bay-ern.
Gerade Innenminister Beckstein und die Staatsregierungzeigen politischen Einsatz, um gegen rechte Gruppierun-gen, die NPD und die Republikaner, vorzugehen. Es gibtkeinen Zweifel daran, dass bei diesen Gruppierungenkeine Toleranz, Kooperation und Duldung möglich sind.Die jetzt erkennbaren Bestrebungen in Sachsen-An-halt und Brandenburg dürfen wir nicht verharmlosen.
Wir müssen auch die Motivation derer erkennen, die sichheute extrem zeigen. Für viele junge Leute ist die Ar-beitslosigkeit ein Grund für die Perspektivlosigkeit, we-gen der sie sich Rattenfängern zuwenden.
Zu der Arbeitslosigkeit kommt ein weiteres gesell-schaftliches Problem hinzu. Vielen fehlt ein innererKompass; sie sind daher anfällig für extremistisches Ge-dankengut. Als richtig verstandenes Konjunkturpro-gramm gegen Extremismus und als Gebot unserer Poli-tik wollen wir daher die wirtschaftliche Situation in denneuen Bundesländern verbessern, um jungen Leutenwieder eine Perspektive im Arbeitsleben zu geben.
Arbeit bedeutet nach unserer Vorstellung Teilhabe an derGesellschaft und am gesellschaftlichen Leben. Wer sichin dem Teufelskreis von Arbeitslosigkeit und Perspektiv-losigkeit befindet und sich zudem mit einer Politik kon-frontiert sieht, die von Beliebigkeit und Wertelosigkeitgetragen zu sein scheint, von dem können wir nicht er-warten, dass er bereit ist, sich für die Werte der Demo-kratie einzusetzen und ihren Grundkonsens zu teilen.IgGAinswdzWzsdG–LglFKsIbnTRgFs
Herr Kollege, denken Sie an Ihre Redezeit!
Ich komme zum Schluss.
Ich meine, dass wir unsere Aufgabe im Parlament
ann richtig erfüllen, wenn wir über das tagespolitische
eschäft und über Brandenburg und Sachsen-Anhalt
selbst wenn dort Wahlkampf ist – hinaus den jungen
euten Orientierung bieten, damit sie den Weg zu einer
estärkten Demokratie finden und nicht in die Arme
inks- oder rechtsextremer Rattenfänger fallen.
Ich danke Ihnen sehr herzlich.
Das Wort hat nun der Kollege Niels Annen, SPD-
raktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herrollege Karl, ich glaube, es herrscht kein Dissens in die-em Hause, dass extremistische Gewalttaten – ob sie vonslamisten oder von Linksextremisten begangen werden –ekämpft werden müssen. Aber darum geht es heuteicht.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit nun auf unserhema lenken.
echtsextremisten drohen damit, ein Konzert zu spren-en. Ob Absage, Verhinderung oder was auch immer,rau Kollegin Köhler, es findet aufgrund einer politi-chen Entscheidung nicht statt. Das ist kein Szenario aus)
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Niels Annender deutschen Vergangenheit, sondern das ist vor weni-gen Tagen in Sachsen-Anhalt geschehen. Darüber mussdieses Haus heute reden.Die rechtsextreme NPD hat den Auftritt des Lieder-machers Konstantin Wecker verhindert.
Erschreckend ist, dass dafür ein Brief des örtlichenNPD-Vorsitzenden offensichtlich ausgereicht hat, ange-reichert durch mehr oder minder gut verhüllte Drohun-gen, die dann über das Internet wiederholt worden sind.
Konstantin Wecker ist offensichtlich ein höflicherMensch. Er bezeichnet die Verhinderung des Konzertsals einen „Mangel an Zivilcourage“. Ich will deutlich sa-gen: Ich halte diese Entscheidung für ein politisch ver-heerendes Signal.
Denn wieder einmal scheint es der NPD gelungen zusein, demokratische Institutionen der Bundesrepublikmassiv vorzuführen und unter Druck zu setzen. Wiedereinmal scheint es gelungen zu sein, die demokratischeGesellschaft gegenüber den Neonazis in die Defensivezu drücken. Wieder einmal hat das Thema Rechtsextre-mismus in diesem Land Hochkonjunktur.Die Vorfälle nicht nur in Sachsen-Anhalt, nicht nur imOsten Deutschlands, sondern – darin stimme ich meinenVorrednern ausdrücklich zu – im gesamten Bundesgebietsind Anzeichen für eine Entwicklung, die uns in der TatAnlass zur Sorge gibt. Parteien wie die NPD und dieDVU haben nicht nur im Osten Deutschlands in den letz-ten Jahren kontinuierlich den Aufbau ihrer Strukturenverfolgt. Sie hatten und haben dabei keine Berührungs-ängste vor gewalttätigen Straftätern. Einige haben sie so-gar in ihre Parteiorganisation integriert. Wir haben esheutzutage bei den Neonazis nicht mehr nur mit irgend-welchen kahl rasierten Menschen mit Springerstiefeln zutun, die klar erkennbar sind. Es handelt sich vielmehr umden offensichtlichen Versuch, sich in der politischenMitte dieses Landes zu positionieren und die demokra-tiefeindliche Ideologie hinter Nadelstreifen und halb-wegs zivilem Auftreten zu verbergen. Das dürfen wirden Rechtsextremisten nicht durchgehen lassen. Wirmüssen uns mit ihren Strategien auseinander setzen.Wie weit die NPD und ihre Helfershelfer in ihrem Be-mühen vorgedrungen sind, zeigt nicht nur der Vorgang,über den wir uns in der heutigen Aktuellen Stunde unter-halten. Die Zahlen sind bereits genannt worden und siesind eindeutig. Über 12 000 rechtsextremistisch bedingteStraftaten wurden im Jahr 2004 begangen. Die Tendenzist bedauerlicherweise – das ist unstrittig – steigend.Deshalb war und ist es richtig, dass wir dieser Gefahrvon rechts mit Bundesprogrammen und einer entspre-chenden Mittelausstattung begegnen und so eine dauer-huegsrADddgcAdeGhltddggsWhtmsDazhshts
as haben wir gewährleistet. Die Evaluationen sind ein-eutig positiv; das können wir belegen.Unsere Philosophie bei der Arbeit gegen rechts unden entsprechenden Programmen ist und bleibt, diejeni-en zu stärken, die sich vor Ort diesen menschenfeindli-hen Ideologen entgegenstellen.
ber das, was in der Vergangenheit unter dem Begriffer akzeptierenden Jugendarbeit firmierte und was derine oder andere nicht ganz zu Unrecht als staatlichelatzenpflege bezeichnet hat, dürfen wir nicht wieder-olen. Wir müssen vielmehr die Arbeit, die vor Ort ge-eistet wird, unterstützen; denn nur so werden die Struk-uren aufgebaut, die wir brauchen, auf die sich eineemokratische Gesellschaft verlassen muss.
Ich stimme meinen Vorrednern zu, die die Entschei-ung des Landrats für falsch halten. Man hätte dafür sor-en müssen, dass das Konzert stattfindet.
Aber wir müssen uns die Frage stellen, in welchemesellschaftlichen Klima eigentlich eine solche Ent-cheidung zustande kommt.
ie kann es denn sein, dass jemand mehr Angst davorat, dass ein solches Konzert stattfindet, als vor den poli-ischen Folgen einer Konzertabsage? Das heißt, wirüssen uns grundsätzlich mit der Strategie auseinanderetzen. Die Erfahrung unserer erfolgreichen Arbeit zeigt:ort, wo alle demokratischen Kräfte trotz der einen odernderen Meinungsverschiedenheit zusammenstehen undusammenarbeiten, gibt es Erfolg, vielleicht nicht voneute auf morgen, aber von heute auf übermorgen. Manieht das an den Wahlergebnissen, an der inneren Sicher-eit und an dem sich entfaltenden kulturellen Leben.Die Demokraten müssen zusammenstehen. Das sollterotz aller Differenzen in diesem Haus die Botschaftein.Danke schön.
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Niels Annen
Ich erteile das Wort dem Kollegen Reinhard Grindel,
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wir sind uns hier im Haus einig, dass wir den Kampf ge-gen Rechtsextremismus und Antisemitismus offensiv,entschieden und klar führen müssen. Ich möchte aberhinzufügen: Dieser Aufgabe sollten wir uns gemeinsamstellen und wir sollten auch wenige Wochen vor Land-tagswahlen nicht der Versuchung erliegen, kleinkariertparteipolitische Süppchen zu kochen, wie es der eineoder andere gemacht hat. Dafür ist die Diskussion, sofinde ich, zu ernst.Lieber Herr Kollege Claus, gerade vor dem Hinter-grund der Attitüde, mit der Sie Ihre Rede gehaltenhaben, muss ich sagen: Wenn ich einen Fraktionsvorsit-zenden hätte, der so aufgetreten ist wie Ihr Fraktionsvor-sitzender Lafontaine,
der uns Abgeordnete als Schweinebande und Plapperfrit-zen bezeichnet hat – eine schlimme Sprache – und derdamit – ich sage das hier sehr deutlich – bewusst auchrechtsextremistische Stimmungen bedient hat,
dann würde ich erst einmal vor der eigenen Tür kehren.Es wäre in dieser Debatte hilfreich gewesen – HerrClaus, vielleicht nutzen Sie im Nachgang noch die Gele-genheit –, ein distanzierendes Wort zu Herrn Lafontainezu sagen. Das hätte auch zu dieser Debatte gehört.Ich finde es richtig, dass Herr Annen darauf hinweist,dass vor Ort viele eine gute Arbeit leisten. Ich hätte mirauch gewünscht – das ist meine persönliche Meinung –,dass die Landkreisverwaltung dort entschiedener vorge-gangen wäre,
und zwar aus einem Grund: weil es sehr viele bzw., umes nicht zu dramatisieren, eine Reihe von Fällen gibt, indenen auf Schulhöfen, in Jugendklubs und Diskotheken
Neonazis versuchen, durch martialisches Auftreten– auch durch Angstschüren – Stimmungen zu machenund dort die Mehrheit zu erkämpfen.
Es gibt sehr tapfere Jugendklubleiter und Schulleiter, diedagegen kämpfen.WldZdkwjgShrteLscbvshfZwowgesgNbnrStSodwMhml
enn diese Menschen zum Teil mit erheblichem persön-ichen Risiko gegen solche Bestrebungen ankämpfen,ann brauchen sie auch von allen staatlichen Stellen daseichen, dass sie genauso mit vollem Einsatz entschie-en gegen Rechtsextremismus kämpfen.
Ich habe vorhin gesagt, wir sollten bei dieser Debatteeine parteipolitischen Süppchen kochen. Ich finde, dassir hier zu kurzsichtig über die zahlreichen Modellpro-ekte, was Rechtsextremismus angeht, geredet haben. Eseht doch im Kern nicht darum, dass irgendjemand deninn dieser Projekte infrage stellt, sondern darum, zu se-en oder, wie es so schön neudeutsch heißt, zu evaluie-en, ob das, was wir machen, richtig ist und ob wir effek-iv die Menschen, insbesondere die Jugendlichen,rreichen, und zwar weiß Gott nicht nur in den neuenändern. Wir können doch nicht auf Dauer, wie hier ge-agt worden ist, jedes einzelne Projekt finanziell absi-hern. Es ist auch Aufgabe der kommunalen Jugendar-eit und Aufgabe von Kommunalpolitikern, nach denielen Jahren, in denen solche Modellprojekte unter-tützt worden sind, zu entscheiden, ob sie sich bewährtaben, ob sie fortgeführt werden sollen und ob man da-ür Geld einsetzt. Um diese Überprüfung wird es in derukunft gehen und um nichts anderes. Ich finde es des-egen nicht in Ordnung, der neuen Bundesregierungder dem zuständigen Ministerium zu unterstellen, sieürden den Kampf gegen Rechtsextremismus nicht en-agiert führen. Wir sollten uns solche Unterstellungenrsparen.
Ich will die Arbeit von Sozialprojekten nicht infragetellen. Wir sollten uns aber schon fragen, ob das Drin-endste, was die betroffenen Jugendlichen, die sich voneonazis vereinnahmen lassen, brauchen, ein Sozialar-eiter ist. Ich habe manchmal den Eindruck, dass sie ei-en Ausbildungsplatz und einen vernünftigen Lehrher-en brauchen, der sich um sie kümmert.
ie brauchen Sportvereine mit engagierten Übungslei-ern, in denen sie die Erfahrung machen, dass manelbstbewusstsein und Anerkennung findet, wenn manrdentliche sportliche Leistungen bringt, aber nichtann, wenn man rechte Sprüche reißt oder Leute mit Ge-alt bedroht. Insofern ist ein Teil der Antwort auch:ancher Euro ist besser für einen Sportplatz angelegt alsinterher für Sozialprojekte.
Wir müssen jetzt Überzeugungsarbeit leisten und ge-einsam bei dieser Debatte gerade gegenüber den Wäh-ern in Sachsen-Anhalt deutlich machen, dass Protest-
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1864 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006
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Reinhard Grindelstimmen für Extremisten nichts bringen. Die DVU undauch die NPD tun, wenn sie in den Parlamenten sitzen,nichts für die Menschen, sondern halten unverschämteReden und bekämpfen sich innerparteilich gegenseitig.Jede Stimme für diese Parteien ist eine verloreneStimme. In der kommenden Zeit geht es darum, das klarzu machen.Gegen Rechtsextremismus müssen Demokraten einigkämpfen, couragiert und mit Rückgrat. Ich sage nocheinmal: Niemand sollte der Versuchung erliegen, diesesThema in Wahlkampfzeiten parteipolitisch zu vereinnah-men.Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat nun das Wort
die Kollegin Kerstin Griese, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich will auf einen Aspekt eingehen, der noch gar nicht soausführlich erwähnt wurde. Sie, Herr Grindel, habenProjekte gegen Rechtsextremismus angesprochen. Manmuss sehen: In Halberstadt waren es gerade Jugendliche,die sich für ein Konzert gegen Neonazis eingesetzt ha-ben. Das war das erfolgreiche Ergebnis von pädagogi-schen Programmen, von der Arbeit mit Jugendlichen, diesich dort für Toleranz und Demokratie engagiert haben.Sie wollten mit diesem Konzert ein Zeichen gegen Neo-nazis, für Toleranz und Demokratie setzen.Wer in Halberstadt versagt hat, war die Erwachsenen-welt:
Es war der Landrat. Die Erwachsenen haben eben keineVorbildfunktion ausgeübt. Ich bin wirklich der Überzeu-gung, dass der Ansatz, Jugendliche, die sich für Demo-kratie und Toleranz einsetzen, zu stärken, richtig ist.Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden,Stephan Kramer, hat im Zusammenhang mit den Vorfäl-len in Halberstadt von einer Bankrotterklärung für diePolitik im Hinblick auf die NPD gesprochen. Er hat den,wie ich finde, klugen Satz gesagt:Wer den Aufstand der Anständigen fordert, solltezunächst selbst in den Spiegel schauen.Das möchte ich dem Halberstädter Landrat von hier ausgern sagen.
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an kann nicht sagen: Das ist das Gleiche; das eineteht gegen das andere. Auf den Konzerten dieser Parteiird zum Beispiel verfassungsfeindliches Liedgut ge-pielt wird. Es gibt eine ganze Menge Möglichkeitendas zeigen viele Beispiele –, NPD-Konzerte zu verbie-en.
Ich möchte noch etwas zu unseren Programmen ge-en Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Anti-emitismus sagen – in dieser Wahlperiode werden wirie wahrscheinlich „Programme für Vielfalt, Toleranznd Demokratie“ nennen –: Wir haben bewusst den An-atz gewählt, diejenigen Jugendlichen, diejenigen zivil-esellschaftlichen Kräfte zu unterstützen, die sich für dieemokratie einsetzen. Ich glaube, es war ein erfolgrei-her Ansatz. Die sehr wohl vorhandene Evaluation zeigt,ass dort eine Wirkung erzielt worden ist, dass Bera-ungsstellen aufgebaut wurden, dass Menschen in ihremngagement für Demokratie und Zivilgesellschaft unter-tützt wurden.Wir sehen, dass es gerade in den neuen Bundeslän-ern – Frau Pieper, das ist keine Stigmatisierung dereuen Bundesländer, sondern einfach die Realität –ichtig war, dass dort neue Strukturen geschaffen wur-en, weil es teilweise keine gewachsenen gab. Insbeson-ere die Opferberatungsstellen und die mobilen Bera-ungsteams leisten dort eine sehr gute und sehr wichtigerbeit.
Wir haben heute im Rahmen der Haushaltsberatungenm Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugendnter anderem diese Programme beraten. Wir haben er-ahren, dass es weitaus mehr Anträge auf Unterstützungolcher Projekte gibt, als überhaupt bewilligt werdenonnten. Ich finde, es ist ein gutes Zeichen, dass sichoch mehr Menschen für Demokratie und Toleranz ein-etzen wollen.Auch in Sachsen-Anhalt gibt es Opferberatungsstel-en und Netzwerkstellen, die Perspektiven für Jugendli-he aufzeigen. Dort gibt es das Projekt „Courage zei-en“. Es gibt dort eine ganze Menge Ansätze, die wirier – auch mit unseren Debatten – unterstützen sollten.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 24. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. März 2006 1865
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Kerstin GrieseIn den neuen Bundesländern leben weniger Auslände-rinnen und Ausländer als in Hamburg. Trotzdem ist dieZahl der ausländerfeindlichen und rechtsextremen Straf-taten dort höher. Dieses Problem sollte uns sehr nach-denklich machen. Angstzone bedeutet, dass sich Men-schen anderer Hautfarbe oder anderer Gesinnung dortnicht mehr auf die Straße trauen. Wir dürfen in der De-mokratie keine Angstzonen – diesen Begriff benutzt manin der Wissenschaft; die Neonazis nennen es „nationalbefreite Zonen“; ich finde diesen Begriff ganz schlimm –dulden; wir müssen uns gemeinsam dagegenstellen.
Wir, die CDU/CSU-Fraktion und die SPD-Fraktion,haben im Koalitionsvertrag gemeinsam festgehalten:Wir wollen den Kampf gegen Rechtsextremismus undWir wollen die Mittel für diese Projekte nicht kürzen– das werden wir, denke ich, in der großen Koalition ge-meinsam auch hinbekommen –, sondern versuchen, fürdiese Arbeit Mittel in Höhe von 19 Millionen Euro zurVerfügung zu stellen. Wir wollen das Programm gegenRechtsextremismus, Antisemitismus und Gewalt unterdem Titel „Für Demokratie, für Toleranz, für Vielfalt“fortführen; denn das ist die Zielrichtung, um die es geht.Mir ist ganz wichtig, dass wir uns die Evaluation ge-nau ansehen, um festzustellen, wo wirklich Arbeit nötigist. Wir haben gesehen, dass gerade die Beratungsteamsund die Opferberatungsstellungen ganz wichtig sind. Inder heutigen Zeit ist es ein, wie ich finde, wichtiges Si-gnal in Richtung der Opferberatungsstellen, dass wirdiese Arbeit weiter unterstützen wollen.Die Evaluation zeigt auch: Wenn man eine nachhal-tige Wirkung haben will, braucht man eine Vernetzung,Fremdenfeindlichkeit, für Demokratie und Toleranz fort-führen und auf Dauer verstetigen. Ich sage ganz deut-lich: Auch wir als SPD-Fraktion stehen dazu; ja, wirwollen den Kampf gegen den Rechtsextremismus verste-tigen; wir sehen eindeutig, dass wir dort weiterhin einenSchwerpunkt setzen müssen. Ich habe mit großer Zu-stimmung gelesen, dass Sie, Frau Kollegin Köhler, auchin der aktuellen Ausgabe „Blickpunkt Bundestag“ un-missverständlich gesagt haben: Der Schwerpunkt mussauf der Bekämpfung des Rechtsextremismus liegen;denn von dort gehen eindeutig die größeren Gefahrenaus.
Ich sage deutlich, auch für uns als SPD-Fraktion: Wirwollen trotz aller haushaltstechnischen Probleme eineLösung finden, bei der mobile Beratungsteams, Opferbe-ratungsstellen und Netzwerkstellen weiter bestehen kön-nen. Wir wollen gemeinsam überlegen, wie man das er-reichen kann; denn wir wissen, dass – bei allenhaushaltstechnischen Problemen – diese Arbeit eine sehrwichtige ist.ersskrsEznd9
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesord-
ung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 16. März 2006,
Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.