Gesamtes Protokol
Grüß Gott, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-zung ist eröffnet.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Zwischenbilanz zum Ganz-tagsschulprogramm der Bundesregierung.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat die Bundesministerin für Bildung und Forschung,Edelgard Bulmahn.Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungund Forschung:Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Investi-tionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ stelltdie Bundesregierung den Ländern bis einschließlich zumJahr 2007 Investitionsmittel in Höhe von 4 MilliardenEuro für den bedarfsgerechten Ausbau von Ganztags-schulen zur Verfügung. Damit leistet die Bundesregie-rung einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Bil-dungsreform in Deutschland.PbwDa–fdznApfilfidkaBcRedetIch habe dem Kabinett heute eine erste Zwischenbi-lanz zu diesem Ganztagsschulprogramm vorgelegt. Wirkönnen sagen, dass dieses Programm wirklich ein Erfolgist und dass in den Städten und Gemeinden viele Schu-len, sehr viele Lehrerinnen und Lehrer sowie vor allenDingen sehr viele Eltern es nicht nur unterstützen, son-dern es auch als einen ganz wichtigen Impuls für neueGestaltungsmöglichkeiten im Schulsystem verstehenund als solchen nutzen.Heute können wir feststellen: Mit diesem Programmhaben wir der Verwirklichung unseres gemeinsamenZiels einer besseren individuellen und vor allen Dingenauch früheren Förderung aller Schülerinnen und Schüler,das wir auch hier im Deutschen Bundestag heinander erörtert haben, den Weg geebnet undern und Jugendlichen in unserem Land bdungschancen eröffnet. Auch ist es uns m
Wirklich beeindruckend ist Folgendes: Wenn SieGanztagsschulen besuchen – ich denke, das tun Sie ge-nauso, wie auch ich es getan habe und tue –, stellen Siefest, mit welch großem Engagement und Einsatz die Leh-rerinnen und Lehrer, aber auch die Städte und Gemein-den sowie die Eltern dort eine neue Lern- und Lehrkulturentwickeln und umsetzen, wodurch sie das Ganztags-schulprogramm zu einem Schulentwicklungsprogrammei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)äufig mit-d den Kin-essere Bil-it diesemmachen.
Metadaten/Kopzeile:
11662 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11663
)
)
Dr. Ernst Dieter Rossmann– Nun lassen Sie mich doch meine Frage stellen.Meine Fragen lauten: Welche Erfahrungen haben Siedurch die Zusammenarbeit mit den neuen Bundeslän-dern gewonnen – dort gab es ja andere Voraussetzungen –und gibt es Länder, die sich mit der Zusammenarbeit be-sonders schwer tun? Sie sprachen eben an, dass zweiLänder bei dem Begleitprogramm noch nicht mitma-chen. Uns würde interessieren, welche Länder sich die-ser fortschrittlichen Sache verweigern.Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungund Forschung:Lieber Kollege Rossmann, Sie wissen, dass vonseiteneiniger Länder noch vor ein, zwei Jahren scharfe Kritikan dieser Initiative der Bundesregierung geübt wurde. Eswurde darauf hingewiesen, diese würde in Länderzu-ständigkeiten eingreifen. Wir haben immer deutlich ge-macht, dass wir damit keine Verlagerung von Kompeten-zen für die Schulpolitik beabsichtigen bzw. verfolgen;dies wollen wir nicht. Wir wollen damit einen Anstoß füreine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie undfür bessere Bildungschancen der Kinder in unseremLand geben.Inzwischen ist diese Kritik, die damals von einigenvon der Opposition regierten Ländern in sehr scharferForm vorgetragen worden ist – die CDU wird sich be-sonders gut daran erinnern –, verstummt. Ich stelle fest,dass landauf, landab alle, egal welcher Partei sie angehö-ren, inzwischen mehr Ganztagsschulen fordern. Das istsehr erfreulich. Diese positive Erfahrung zeigt, dass allelernfähig sind.Ich will ausdrücklich festhalten: Das Programm wirdvon allen Ländern in großem Umfang genutzt und in An-spruch genommen. Bezüglich des Begleitprogrammssind zwei Länder noch sehr zögerlich, nämlich Baden-Württemberg und Sachsen.
Die nächste Frage hat die Kollegin Pieper.
Frau Ministerin, aus dem Erzbistum Köln und vom
Deutschen Arbeitskreis für Familienhilfe in Freiburg
sind zum Teil erhebliche Bedenken gegen die so genann-
ten offenen Ganztagsschulen bekannt geworden.
Es heißt dort: Die bewährte Hortbetreuung wurde
durch eine so genannte unzuverlässige Billigbetreuung
ersetzt. Das heißt, Kommunen würden die Neueinrich-
tung solcher Schulen nutzen, um erheblich an Betreu-
ungskosten zu sparen. So würde das Betreuungsangebot
gerade für sozial Schwache verschlechtert.
Hält die Bundesregierung derartige Bedenken für be-
gründet oder sind sie zerstreut worden?
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:
Liebe Frau Pieper, ich habe ja darauf hingewiesen,
dass wir ein Begleitforschungsprogramm entwickelt ha-
b
t
d
K
u
i
w
l
g
s
t
I
–
„
w
T
s
t
D
K
s
L
g
d
u
t
t
n
d
l
d
V
d
d
n
l
a
d
n
p
n
f
w
n
L
d
b
k
g
Metadaten/Kopzeile:
11664 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Ich hoffe, auch Sie nicht.
Insofern freut es mich natürlich, wenn ich bei Ihnen dasBedürfnis nach Information geweckt habe.
Schließlich ist dies eine wichtige Voraussetzung dafür,dass Menschen bis ins hohe Alter bildungsfähig bleiben.
Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass wir eine Be-gleitforschung durch wissenschaftlich unabhängigeExperten durchführen und Professor Klieme hierbeifederführend ist. Wir werden selbstverständlich auch dasParlament regelmäßig über die Ergebnisse dieser Be-gleitforschung informieren.
Wir haben, wie gesagt, vor kurzem gemeinsam mit sehrvielen Partnern und Akteuren einen Kongress durchge-führt. Auch Vertreter der Deutschen Kinder- und Jugend-stiftung und eine ganze Reihe von Ländervertretern ha-ben teilgenommen. Alle sind sich einig, dass eineGanztagsschule dazu genutzt werden soll und muss, denUnterricht so zu gestalten, wie ich es eben beschriebenhabe.Es soll nicht mehr so wie bisher ablaufen, dass25 Kinder – womöglich noch im Frontalunterricht – aufdie gleiche Art und Weise unterrichtet werden, zum Bei-spiel zuerst im Fach Englisch und dann in der nächstenStunde im Fach Mathematik. Für den Lernerfolg vonKindern ist es wichtig, dass sie in Zusammenhängen ler-nen können, dass der projektorientierte Unterricht einstärkeres Gewicht hat, dass Kindern individuelle Lern-wege ermöglicht werden. Die 25 Kinder sollen nicht aufdie gleiche Art und Weise unterrichtet, sondern sollenunterschiedlich gefördert werden.Diese Methoden müssen aber immer zum Ziel führen,sodass beim Niveau keine Abstriche gemacht werdendürfen. Es kommt auch darauf an, dass es einen Wechselzwischen den stärker kognitiv sowie den musisch, künst-lerisch und sportlich ausgerichteten Fächern und Lern-phasen gibt, wodurch die Fähigkeiten oder Kompeten-zen von Kindern besser gefördert und entwickeltwerden. Das zieht sich wie ein roter Faden durch dieEntwicklung aller Ganztagsschulkonzepte und Schulmo-delle.Eine ganz große Rolle spielt der größere Anteil des– ich sage das ausdrücklich – eigenständig aktiv anwen-denden Lernens; denn die PISA-Studie und andere inter-nationale Studien haben darauf hingewiesen, dass in denbei uns üblichen Halbtagsschulen Kinder zu wenig ZeituadnuigrtatfSigbemtMzddKugdGD3dwsnWiAGndddmD
Herr Kollege Brase, bitte.
Frau Ministerin Bulmahn, sowohl die PISA-Studie alsuch die OECD-Studie haben auf die Verteilung der Mit-el für die Bildung zwischen Grundschulen und weiter-ührenden Schulen, also zwischen dem Primar- und demekundarbereich, hingewiesen und darin einen Mangeln unserem Bildungssystem gesehen.Lassen Sie uns das einmal mit einem Hausbau ver-leichen. Ein gutes Haus wird nur dann lange stehenleiben, wenn das Fundament sehr stark ist. Wenn manin Haus mit vielen Stockwerken baut, muss das Funda-ent größer sein. Wenn die Kritik der OECD-Studie zu-reffend ist, dann muss ich fragen, ob Ihr Ansatz, mehrittel für das Ganztagsschulprogramm zur Verfügungu stellen, vielleicht der erste Schritt bzw. die Initialzün-ung ist, um das Fundament in der Bildung zu stärken,
as heißt, dem Bedarf der Grundschulen, in denen dieinder zu lernen anfangen, Rechnung zu tragen.Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungnd Forschung:Lieber Kollege Brase, Sie haben völlig zu Rechtesagt, dass die OECD immer wieder darauf hinweist,ass wir im Vergleich zu anderen OECD-Staaten in denrundschulbereich unterdurchschnittlich investieren.eshalb bin ich sehr froh darüber, dass von den000 Schulen, die uns von den Ländern gemeldet wor-en sind, 1 400 Grundschulen sind. Dieses Programmird also von einer Reihe von Ländern ganz besonderstark für die Weiterentwicklung der Grundschulen ge-utzt. Das gilt zum Beispiel für das Land Nordrhein-estfalen, das hier einen klaren Schwerpunkt setzt. Dasst genau richtig.Den zweiten Schwerpunkt bildet die Sekundarstufe I.uch dies ist sinnvoll. Wenn man die Anstrengungen imrundschulbereich und im Bereich der Sekundarstufe Iicht verstärkt und die Schulsituation und damit die Bil-ungschancen nicht verbessert, dann wird vieles vonem, was wir später in der beruflichen Bildung und iner Hochschulausbildung zu verbessern versuchen, nurit einem erheblich größeren Aufwand möglich sein.eshalb muss man genau dort ansetzen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11665
)
)
Bundesministerin Edelgard BulmahnDazu gehört auch unsere Initiative zur Verbesserungder frühkindlichen Bildung und Betreuung. Ich erinneredaran, dass die Bundesregierung im Rahmen der Zusam-menführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe mit denLändern und Kommunen vereinbart hat, dass die Städte,die Gemeinden und die Länder zusätzlich 2,5 MilliardenEuro erhalten, um ganz gezielt die frühkindliche Bildungund Betreuung zu verbessern. Auch das ist ein wichtigerSchritt, um das Bildungsniveau sowohl in der Breite alsauch in der Spitze in unserem Land insgesamt zu verbes-sern.
Frau Kollegin Reiche, bitte.
Frau Ministerin, auf den Internetseiten Ihres Hauses ist
die Statistik zu den 2004 geförderten Schulen bzw. zu den
geplanten Maßnahmen aufgeführt. Ich möchte zwei Bei-
spiele nennen. Hessen ist mit 181 geförderten Schulen
aufgelistet. Tatsache ist aber – zumindest der Hessischen
Landesregierung zufolge –, dass nur 61 neue Ganztagsan-
gebote geschaffen wurden, allerdings 254 Baumaßnah-
men laufen. Für 2004 sind 191 Baumaßnahmen und
23 echte Ganztagsschulen angemeldet. In Bayern sind
120 Ganztagsangebote neu eingerichtet worden; bei
255 erfolgt eine Weiterentwicklung. Sie melden hingegen
388. Heißt das, dass Sie aus jeder angemeldeten Baumaß-
nahme automatisch eine Ganztagsschule machen oder
wie kommen Ihre Statistiken zustande?
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:
Genau das heißt es nicht, liebe Frau Reiche. Denn wir
fragen sehr konkret und dezidiert nach, wie viele Schulen
durch das Ganztagsschulprogramm zu Ganztagsschulen
aufgebaut und wie viele Ganztagsschulen in diesem Zu-
sammenhang geschaffen werden. Eine zweite Fragestel-
lung bezieht sich darauf, wie viele Baumaßnahmen pro
Schule durchgeführt werden. Wir beziehen uns auf die
Schulen, die uns die Länder gemeldet haben. Das heißt,
dass Sie Ihre Frage an die Länder richten müssten. Denn
wenn die Länder Ihnen solche Informationen geben,
dann weiß in den Landesministerien – wie in Hessen –
offensichtlich die eine Hand nicht, was die andere tut.
Ich rate Ihnen insofern dringend: Reden Sie mit Ihren
Kollegen in Hessen darüber, dass sie sich untereinander
abstimmen sollten! Denn es geht nicht an, dass sie uns
auf unsere sehr differenzierten Fragen – sie sind in fünf
unterschiedliche Bereiche aufgeschlüsselt – völlig an-
dere Informationen geben als Ihnen.
Herr Kollege Fell, bitte.
Frau Ministerin, ich kann mich noch sehr gut an die
Beratungen im Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung im Zusammenhang mit dem
G
u
M
l
e
G
l
d
a
s
s
P
n
S
u
h
u
3
B
–
L
h
s
g
S
D
d
d
d
a
i
K
G
i
z
K
u
A
L
Metadaten/Kopzeile:
11666 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Bundesministerin Edelgard BulmahnWenn Sie die OECD-Studie lesen – ich weiß, dass Siedas durchaus tun –, dann wird Ihnen bekannt sein, dassder jüngsten Untersuchung zufolge das Ganztagsschul-programm die überzeugende und uns nach vorn brin-gende Reforminitiative nach PISA ist.
Deshalb kann ich das, was Sie hier geäußert haben, aufkeinen Fall bestätigen.Ich denke, es ist an der Zeit, die bisherige parteipoli-tisch geprägte Auseinandersetzung, die in Ihrer Fragezum Ausdruck gekommen ist, ad acta zu legen; denn siefortzusetzen dient weder den Kindern noch den Eltern.Es handelt sich im Übrigen auch nicht um ein „Beton-programm“. Das habe ich vorhin ausführlich dargelegt.Vielmehr eröffnen wir den Städten und Gemeinden undvor allen Dingen den Schulen selber mit diesem Pro-gramm eine Chance. Ich finde es außerordentlich erfreu-lich, in welchem Umfang und mit wie viel Engagementdiese Chance von den Lehrerinnen und Lehrern, den El-tern und den Schulen genutzt wird. Das klein zu redendient nicht der Verbesserung unseres Bildungssystems.
Das genaue Gegenteil ist erforderlich: Dieses Programmsollte konstruktiv unterstützt werden. Jeder Abgeordnetekann das in seinem Wahlkreis tun. Ich erwarte, dass Siegenauso wie wir alle einen Beitrag dazu leisten, dass die-ses Programm ein wirklicher Erfolg wird.Lassen Sie mich noch auf einen anderen Punkt zusprechen kommen. Weil wir wissen, dass es in den Bun-desländern an Personal in den Bildungseinrichtungenmangelt, haben wir einen Vorschlag auf den Tisch ge-legt, mit dem die Bundesländer – wenn sie ihn denn an-nähmen – endlich den finanziellen Spielraum erhielten,um mehr Lehrerinnen und Lehrer einzustellen. Ich kannes absolut nicht verstehen, warum die CDU/CSU ihremHerzen nicht einen Stoß gibt und sagt: Wir tragen denVorschlag mit, die Eigenheimzulage zu streichen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, das ist die Nagelprobe, der sich niemand in diesemHaus entziehen kann. Wenn Sie es ernst damit meinen,dass uns die Bildung in unserem Land mehr wert seinmuss, dann müssen Sie angesichts der Situation aller öf-fentlichen Kassen – ich kenne ja die Lage Ihrer Bundes-länder und weiß, welche Diskussionen die Landesregie-rungen zurzeit führen – den Mut und die Courage haben,zu sagen: Eine Eigenheimzulage ist heutzutage ange-sichts der niedrigsten Hypothekenzinsen seit Jahrzehn-ten, des Wohnungsüberschusses in ganz Deutschlandund des Bevölkerungsrückgangs nicht mehr zwingendnotwendig. Zwingend notwendig sind aber mehr Mittelfür Bildung und Forschung.dEarslPvdZbUdvHvgmnduStrWgddimfBRZAs
Herr Kretschmer, wenn Sie bedenken, dass die Bun-esländer mehr als die Hälfte der durch das Streichen derigenheimzulage frei werdenden Mittel erhielten und solleine im Jahr 2008 rund 30 000 Lehrerinnen und Leh-er zusätzlich einstellen könnten, dann müssen Sie sichchon ernsthaft fragen lassen, ob Sie hier der Mut ver-ässt oder ob Sie auf Kosten der Eltern und der Kinderarteitaktik betreiben.
Frau Kollegin Seib, bitte.
Frau Ministerin, in der Antwort der Bundesregierungom 28. Februar dieses Jahres auf die Kleine Anfrageer Union haben Sie unter Ziffer 13 die grundsätzlicheuständigkeit der Bundesländer für den Bildungsbereichejaht. Wörtlich heißt es dort:Die Länder und Kommunen haben die Kosten fürdie Erhaltung der getätigten Investitionen zu tragen.nter den Ziffern 12 und 8 bestätigen Sie schriftlich,ass Ihnen die zu erwartenden Folgekosten sowie die In-estitions- und die Betriebskosten nicht bekannt sind.aben weitere Gespräche mit den kommunalen Spitzen-erbänden – wie in Ziffer 4 dieser Antwort angekündigt –emäß der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundes-inisterien stattgefunden und wenn ja, welche Ergeb-isse haben diese Gespräche gebracht, um die von Ihnenargelegten Lücken zu schließen?Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungnd Forschung:Liebe Frau Kollegin, darf ich Sie so verstehen, dassie jetzt für eine Bundeszuständigkeit für die Schulpoli-ik und insbesondere für die schulische Bildung plädie-en?
enn es eine Bundeszuständigkeit für die Schulpolitikäbe, dann hätten Sie Ihre Fragen zu Recht an die Bun-esregierung gestellt. Tatsächlich gibt es aber eine Lan-eszuständigkeit für die Schulpolitik. Meines Wissensst gerade Bayern eines der Bundesländer, die ständigit Nachdruck auf das Erhalten der Landeszuständigkeitür die gesamte Bildungspolitik pochen. Ich muss dieseundesländer immer darauf hinweisen, dass es in derealität etwas differenzierter ist; denn der Bund hat dieuständigkeit für den betrieblichen Teil der beruflichenusbildung und eine Mitzuständigkeit für die Hoch-chulausbildung.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11667
)
)
Bundesministerin Edelgard BulmahnWir haben keine Zuständigkeit für die Schulen; das istso. Wir haben nichtsdestotrotz die Initiative ergriffen– das ist das Recht des Bundes –, zur Bewältigung einerganz bestimmten Aufgabe finanzielle Mittel zur Verfü-gung zu stellen. Deshalb haben wir auf der Grundlagevon Art. 104 a des Grundgesetzes dieses Ganztagsschul-programm gestartet. Wir haben damit die Verantwort-lichkeiten für die Schulpolitik und für Schulen nicht ver-ändert. Sie bleiben – so wie es in unserer Verfassungniedergelegt worden ist – aufseiten der Länder. Dahermüssen Sie alle Fragen, die Sie mir soeben gestellt ha-ben, Ihren Landesregierungen stellen.
Das Wort hat der Kollege Tauss.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ein wichtiger Hinweis. – Sehr geehrte Frau Ministe-
rin, vielen Dank für Ihren interessanten Bericht. Wir ha-
ben heute Morgen eine sehr interessante Ausschusssit-
zung gehabt, wo der Wissensdurst der Kolleginnen und
Kollegen der Union dadurch etwas konterkariert wurde,
dass die von Ihnen beabsichtigte Begleitforschung – sie
betrifft die Auswirkungen dieses Programms – pauschal
in Bausch und Bogen abgelehnt worden ist.
Ich möchte deshalb diese Gelegenheit nutzen, Sie zu
bitten, uns nochmals den Hintergrund dieser Begleitfor-
schung zu erläutern. Außerdem frage ich Sie nach Ein-
zelheiten dieser Begleitforschung, um deren Sinnhaftig-
keit auch den Kolleginnen und Kollegen der Union zu
verdeutlichen. Heute Morgen gab es zwar einen rot-
grün-gelben Mehrheitsbeschluss, mit dem diese Zweifel
zurückgewiesen wurden, aber vielleicht könnten wir zu
noch mehr Gemeinsamkeit kommen, wenn Sie die
Freundlichkeit besäßen, uns dies nochmals zu erläutern.
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:
Im Rahmen der Begleitforschung werden zum Bei-
spiel unterschiedliche Ganztagsschulmodelle miteinan-
der verglichen. Es wird analysiert, zu welchen Leis-
tungssteigerungen die einzelnen Konzepte und Modelle
führen. Deshalb wird es keine einmalige Untersuchung
sein, sondern im wahrsten Sinne des Wortes eine Beglei-
tung der Schulen über einen längeren Zeitraum.
In anderen Diskussionszusammenhängen habe ich
schon einmal darauf hingewiesen, dass wir in Deutsch-
land zu wenig empirische Langzeituntersuchungen über
die Entwicklung unseres Schulsystems haben. In dieser
Untersuchung werden zum Beispiel die unterschiedli-
chen Modelle einer offenen und einer gebundenen Ganz-
tagsschule miteinander verglichen. Darüber hinaus wird
die Gestaltung des Unterrichts selbst berücksichtigt, ana-
lysiert und verglichen. Das Ganze wird immer in Verbin-
d
u
d
h
p
d
s
t
t
t
w
S
g
s
m
t
r
i
u
f
d
d
n
h
b
u
4
s
d
i
L
V
e
g
w
w
u
J
d
n
r
i
k
s
L
Frau Kollegin Lötzsch, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, ichöchte vorausschicken, dass wir von der PDS das Ganz-agsschulprogramm sehr unterstützen und es für einenichtigen Ansatz halten. Ich habe der Bundesregierungm März dieses Jahres eine schriftliche Frage gestelltnd mich nach dem – sehr unterschiedlichen – Mittelab-luss erkundigt. In der Antwort ist ausgeführt worden,ass einzelne Bundesländer meinen, einen höheren alsen jetzt vorgesehenen Landesanteil zu benötigen. Kön-en Sie mir bitte sagen, welche Bundesländer einen hö-eren Bedarf angemeldet haben und ob dieser Bedarf soefriedigt wird, wie es die Bundesländer wünschen?Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungnd Forschung:Der Schlüssel, der der Verteilung der insgesamtMilliarden Euro zugrunde gelegt worden ist, beziehtich auf die Anzahl der Schülerinnen und Schüler voner ersten bis zur zehnten Klasse. Auf dieser Grundlagest die Summe errechnet worden, die den jeweiligenändern für die gesamte Laufzeit dieses Programms zurerfügung steht. Ich habe darauf hingewiesen, dass wirin Verzeichnis der angemeldeten Mittel im Internet ein-estellt haben; das heißt, Sie können dort genau sehen,ie viele Mittel von den jeweiligen Ländern angemeldetorden sind. Die Anforderungen der Länder liegenngefähr im Bereich dessen, was ihnen für dieahre 2003/04 zur Verfügung stehen würde.Es ist aber in der Vereinbarung auch festgelegt wor-en, dass ein Land, das zum Beispiel in diesem Jahricht die volle Summe der ihm zustehenden Mittel ab-uft, diesen Differenzbetrag nicht verliert, sondern ihnm nächsten oder übernächsten Jahr in Anspruch nehmenann. Das heißt, der entscheidende Faktor ist die Ge-amtsumme, die den Ländern zur Verfügung steht. Dieänder entscheiden selber, in welchem Jahr sie wie viele
Metadaten/Kopzeile:
11668 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Bundesministerin Edelgard Bulmahnder ihnen zustehenden Mittel abrufen. Das ist auch ver-nünftig, weil Planung und Umsetzung in den Ländernunterschiedlich schnell stattfinden. Wir wollen ja mitdiesem Programm etwas in der Sache bewegen und nichtdie Länder gängeln. Deshalb ist es gut, dass wir die Ver-einbarung getroffen haben, wonach die Länder selberentscheiden können, in welchem Umfang sie wann ihreMittel abrufen.Von der Gesamtsumme für das Jahr 2003/04 sind be-reits 927 845 000 Euro von den Ländern angemeldetbzw. abgefordert worden. Das zeigt ja, dass die Mittelwirklich in dem Umfang, wie wir sie eingeplant haben,von den Ländern genutzt werden.
Frau Kollegin Dominke, bitte.
Frau Ministerin, ich habe noch eine Ergänzungsfrage
zum Thema Begleitforschung. Sie haben das ja eingangs
schon dargelegt und Herr Kollege Tauss hat es eben auch
noch vertieft. In der Folie von Ihrem Haus, die an uns
verteilt wurde, haben Sie den Bereich Begleitforschung
mit ein paar Stichworten unterfüttert wie zum Beispiel
„Unterstützung der Länder bei der dezentralen Evaluie-
rung des Investitionsprogramms“. Mich interessiert, wie
das Ministerium für Bildung und Forschung hierbei die
Länder finanziell unterstützt und welche inhaltlichen
und fachlichen Hilfestellungen es dabei gibt.
Außerdem ist hier die Rede von ständigem Ergebnis-
transfer bzw. kontinuierlicher Dokumentation. Mich
würde interessieren, wie dieser Punkt mit Forschung zu-
sammenhängt. Natürlich sind Dokumentation und Statis-
tik wichtig. Aber wie passt das zum Bereich Forschung
und wie finanzieren Sie das im Detail?
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:
Zu der ersten Frage, liebe Frau Kollegin: Wir unter-
stützen die Länder, indem sie diese Forschungsergeb-
nisse zur Kenntnis erhalten. Natürlich können sie, wenn
sie daran Interesse haben, auch an den Programmen mit-
wirken. Ich habe ja vorhin gesagt, dass die Begleitfor-
schung durch wissenschaftlich unabhängige Forschungs-
institute durchgeführt wird. Darauf lege ich auch großen
Wert, dass die wissenschaftliche Unabhängigkeit ge-
währleistet ist. Insofern wird die Begleitforschung feder-
führend durch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
ler dieser Institute durchgeführt. Natürlich profitieren
auch die Länder davon. Wenn sie die Ergebnisse kennen,
können sie zum Beispiel selber auch Rückschlüsse und
Schlussfolgerungen daraus ziehen.
Zu dem zweiten Punkt, nach dem Sie gefragt haben,
der Dokumentation: Es ist doch ein selbstverständlicher
Bestandteil der Forschungstätigkeit, dass Forschungser-
kenntnisse und -ergebnisse dokumentiert werden.
Deshalb kann ich, offen gesagt, Ihre Frage nicht ganz
nachvollziehen. Wenn wir Wissenschaftlerinnen und
W
F
w
g
u
D
s
B
s
i
E
E
d
d
S
n
a
v
d
s
e
s
e
f
g
l
w
d
w
g
B
u
s
u
b
rst dadurch sind sie ja überhaupt erst gewinnbringend.
rst dadurch können wir von ihnen profitieren. Erst da-
urch werden sie nützlich.
Deshalb kann ich – das will ich noch einmal aus-
rücklich sagen – Ihre Frage nicht ganz nachvollziehen.
elbstverständlich ist die Dokumentation Bestandteil ei-
es jeden Forschungsprojektes; alles andere wäre wohl
uch etwas eigenartig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt noch
ier Fragestellerinnen und Fragesteller auf meiner Liste,
ie ich gerne noch aufrufen würde. Vielleicht kann man
ich in der gebotenen Kürze äußern.
Die nächste Frage hat die Kollegin Multhaupt.
Vielen Dank. – Liebe Frau Ministerin, ich möchteine Frage zur inhaltlichen Ausgestaltung des Ganztags-chulprogramms stellen. In dem von Ihnen heute schonrwähnten Begleitprogramm ist unter anderem als Zielormuliert, dass die Ganztagsschulen auch dazu beitra-en sollen, den dramatischen Zusammenhang von sozia-er Herkunft und Bildungserfolg in Deutschland zu über-inden. Meine Frage ist nun: Gibt es bei den bisher ausem Programm geförderten Schulen bereits erste Hin-eise darauf, inwieweit dieses Ziel erreicht ist? Konkretefragt: Werden in dem hier schon mehrfach erwähntenegleitforschungsprogramm diese Ziele mit evaluiertnd wann können wir da eventuell mit ersten Ergebnis-en rechnen?Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungnd Forschung:Liebe Kollegin, dieses Begleitforschungsprogrammeginnt in den kommenden Wochen. Deshalb können
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11669
)
)
Bundesministerin Edelgard Bulmahnwir jetzt noch keine Ergebnisse der Begleitforschungvorstellen. Es gibt in einzelnen Ländern Untersuchun-gen; ich habe vorhin bereits auf das Land Rheinland-Pfalz verwiesen. Dort ist jetzt nach einem Jahr eine Un-tersuchung durchgeführt worden, die zeigt, dass in denSchulen, die zu Ganztagsschulen geworden sind, eineaußerordentlich hohe Zufriedenheit herrscht, und zwarsowohl aufseiten der Eltern und Schüler – ich habe vor-hin darauf hingewiesen – als auch aufseiten der Lehre-rinnen und Lehrer. Außerdem zeigt die Untersuchung,dass in den Schulen, die jetzt seit einem oder anderthalbJahren Ganztagsschulen sind, bei allen Schülerinnen undSchülern deutliche Leistungszuwächse erkennbar sind.Diese Untersuchung bezieht sich aber nur auf ein-zelne Schulen. Umfassendere und damit auch belastba-rere Aussagen werden wir erst in einiger Zeit – ichdenke, in zwei, drei Jahren – zur Verfügung haben, wenndie Untersuchungen sich nicht mehr nur auf einen klei-neren Raum, nämlich ein Bundesland, sondern auf großeTeile der Bundesrepublik erstrecken. Die Erfahrungenerfolgreicher Bildungsnationen machen allerdings deut-lich, dass es einen Zusammenhang zwischen zur Verfü-gung stehender Lernzeit, Unterrichtsgestaltung, indivi-dueller Förderung und Leistungserfolg und -ergebnis desBildungssystems gibt. Sie wissen ja, dass Deutschlandbei der PISA-Studie leider alles andere als gut abge-schnitten hat. Alle Länder, die sehr gut abgeschnitten ha-ben, haben ein Ganztagsschulsystem. Es ist auch klar:Eine wirkliche individuelle Förderung ist in einer Halb-tagsschule kaum umfassend umzusetzen; sie ist sehrschwierig zu realisieren. Das ist auch einer der Gründe,warum Eltern und Lehrer die Chance der Ganztags-schule so offensiv und engagiert aufgreifen.
Herr Kollege Müller, bitte.
Frau Minister, ich frage noch einmal nach, weil ei-nige Ihrer Antworten, die die Begründung dafür seinsollen, dass wir die Ganztagsschule so dringend benöti-gen, nicht schlüssig sind. Sie haben angeführt, um vom45-Minuten-Takt einer Schulstunde in den gleitendenUnterricht zu wechseln, benötige man Ganztagsschulen.Ich sehe das nicht so; denn ich kenne viele Schulen, diediesen Wechsel bereits heute vollzogen haben. Sie habenweiterhin gesagt, um aus dem Frontalunterricht zumBeispiel in den Projektunterricht zu wechseln, benötigeman Ganztagsschulen. Auch das sehe ich nicht; denn ichkenne viele Schulen, die das bereits vollzogen haben,ohne Ganztagsschulen zu sein.Ich stimme Ihnen zu, dass das Angebot der Ganztags-schule für die Eltern, die Schule und Beruf miteinandervereinbaren wollen, durchaus eine Hilfe sein kann. Indiesem Punkt sind wir sicherlich d’accord. Meine Fragean Sie, um das vielleicht etwas konkreter zu machen:Sehen Sie in dem Ganztagsschulkonzept einen schul-artenübergreifenden inhaltlichen Ansatz oder soll diesesKonzept eine neue Schulform begründen?Meine zweite Frage bezieht sich auf die Gesamtschu-len, die nach herkömmlicher Lesart bereits Ganztags-saSduehdGaisnGHsGsgtattlsaurvWUagdDdGgSddBgtemw
Zu Ihrer zweiten Frage. Das Konzept der Ganztags-chulen ist eine Chance für alle Schulformen und Schul-rten, weil es zu einer Änderung der Unterrichtskulturnd Schulkultur führen kann bzw. in vielen Fällen be-eits dazu geführt hat. Ich bin sicher, dass diese Chanceon allen Schulformen genutzt werden wird.Noch eine Anmerkung zu den Gesamtschulen. Dieelt ist nicht ganz so simpel, wie Sie sie beschreiben.nter den Schulen, die sich im Rahmen der PISA-Studiels die besten herausgestellt haben, befindet sich eineanze Reihe von Gesamtschulen. Es gibt aber zwischenen Schulen einer Schulart riesige Unterschiede.
as ist das eigentlich gravierende Ergebnis dieser Stu-ie: Es gibt riesige Leistungsunterschiede innerhalb derymnasien und innerhalb der Realschulen. Dramatischroße Unterschiede bestehen also nicht zwischen denchularten – das hätte man eigentlich erwartet –, son-ern innerhalb einer Schulart. Deshalb habe ich als Bun-esbildungsministerin so vehement für bundesweiteildungsstandards und für regelmäßige Leistungsver-leiche, die schulartübergreifend sind, plädiert. Ansons-en würden wir nichts über diese großen Unterschiederfahren. Wir müssen zu vergleichbaren Standards kom-en. Alles andere ist nicht zielführend.Ich sage noch einmal ausdrücklich: Insgesamt müssenir das Bildungsniveau sowohl in der Breite als auch in
Metadaten/Kopzeile:
11670 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Bundesministerin Edelgard Bulmahnder Spitze verbessern. Dazu können Ganztagsschulen ei-nen wichtigen Beitrag leisten.
Frau Kollegin Berg, bitte.
Aus den Fragen einiger Kollegen der Opposition ging
eine ganz gehörige Skepsis gegenüber dem Ganztags-
schulprogramm der Bundesregierung hervor.
Vielleicht kann man diese Skepsis ein wenig zurück-
drängen, wenn man einmal über den bundespolitischen
Tellerrand hinausschaut. Meine Frage lautet daher: Kön-
nen Sie einmal darstellen, welche Schulsysteme es im
europäischen Raum gibt und welche Parallelen zum
deutschen Schulsystem möglicherweise bestehen?
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:
Zu den erfolgreichsten Bildungsnationen gehört Ka-
nada. Die Bevölkerungsstruktur dort ist mit unserer
durchaus vergleichbar. Und obwohl es in Kanada eben-
falls ein föderales System gibt, sind dort nationale Bil-
dungsstandards völlig unstrittig. Es gibt auch keinen
Streit um die Anerkennung von Bildungsabschlüssen.
Man hat sich auf Grundzüge eines gemeinsamen Bil-
dungssystems verständigt. Das heißt, man kann solche
Strukturen in einem föderalen System auch ohne Verän-
derung der Zuständigkeit schaffen.
Was in diesen Ländern ebenfalls der Fall ist, ist, dass
Kinder länger zusammen lernen. Wir führen diese De-
batte ja auch in Deutschland. Das Entscheidende ist, dass
man undogmatisch vorgeht und Schulen in einem stärke-
ren Maße entscheiden können – hierfür sollte mehr Of-
fenheit gezeigt werden –, wie sie den Unterricht und die
Schulabläufe organisieren.
In der PISA-Studie wurde ja neben dem in Deutsch-
land deutlich geringeren Bildungsniveau auf den großen
Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bil-
dungschancen hingewiesen. Es ist wirklich erschreckend
– das müssen wir für Deutschland insgesamt konstatie-
ren; das gilt zum Beispiel aber auch im Land Bayern –,
dass ein Kind aus einer bildungsferneren Familie sechs-
mal schlechtere Chancen hat, das Abitur, den höchsten
Schulabschluss, zu erreichen, als ein Kind aus einer
Akademikerfamilie – und dies bei gleicher schulischer
Leistung, bei gleichen schulischen Kompetenzen. Das ist
ein wirklich erschreckendes Ergebnis.
Deshalb ist die individuelle Förderung ein wichtiger
Punkt. Ein Umdenken ist in unseren Schulen zwingend
geboten und notwendig, damit die Bildungschancen
nicht von der familiären Herkunft abhängig sind, son-
dern damit jedem Kind Chancen eröffnet werden und
man als Kind bzw. Jugendlicher nicht in Schubladen ein-
s
u
g
i
D
g
r
K
a
S
v
g
u
g
c
a
R
r
d
e
r
d
s
c
r
s
a
z
z
S
i
r
c
g
s
s
d
u
d
f
p
s
z
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungnd Forschung:Lieber Herr Schummer, ich verstehe Ihre Ausführun-en so, dass Sie der ersten innovativen Idee, der Strei-hung der Eigenheimzulage, zustimmen. Das freut michußerordentlich.
Das ist eine innovative Idee – da haben Sie völligecht –, mit der wir den Ländern – ich habe vorhin da-auf hingewiesen – erhebliche finanzielle Spielräume fürie Beschäftigung zusätzlicher Lehrerinnen und Lehrerröffnen. Wir haben uns also durchaus Gedanken da-über gemacht, wie man die Länder unterstützen kann,amit sie finanzielle Spielräume erhalten, die notwendigind, um das Bildungssystem zu verbessern. Es ist si-herlich richtig, dass für eine Ganztagsschule mehr Leh-erinnen und Lehrer erforderlich sind. Dabei kommt esehr auf die einzelne Schule an. Darüber hinaus ist aberuch wichtig, dass wir bereit sind, mehr in die Bildungu investieren. Das ist eine zwingende Notwendigkeit,u der es keine Alternative gibt.Die Modellrechnungen fallen je nach Schulform undchulart sehr unterschiedlich aus. Wir haben schon jetztn den einzelnen Ländern ganz unterschiedliche Regula-ien sowie in den jeweiligen Schulformen unterschiedli-he Schulzeiten. Deshalb kann es keine Generalformeleben. Die Entscheidung liegt bei den Ländern. Wirchreiben den Ländern ja auch nicht vor, in welcher Höheie Mittel für die einzelne Schule abrufen dürfen. Auchas liegt in der Entscheidungskompetenz der Länder.Ich jedenfalls will keine Detailsteuerung der Schulennd der Länder. Wenn man das wollte, dann müssten wirarüber eine weitere Diskussion führen. Ich würde dasür falsch halten. Wir eröffnen mit dem Ganztagsschul-rogramm den Schulen und den Ländern Gestaltungs-pielräume. Es kommt darauf an, diese offensiv zu nut-en.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11671
)
)
Bundesministerin Edelgard BulmahnWie gesagt, wenn wir Ihre Zustimmung für die Strei-chung der Eigenheimzulage erhalten, dann bin ich jeder-zeit gerne bereit, mit Ihnen über eine zweite innovativeIdee zu sprechen. Das sichere ich Ihnen zu.
Vielen Dank, Frau Ministerin.
Gibt es Fragen zu den anderen Themen der heutigen
Kabinettssitzung? – Das ist nicht der Fall. Gibt es da-
rüber hinaus Fragen an die Bundesregierung? – Auch
das ist nicht der Fall. Damit beende ich die Befragung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 15/3756, 15/3792 –
Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 15 der
Richtlinien für die Fragestunde die schriftliche Frage der
Abgeordneten Petra Pau auf Drucksache 15/3792 auf.
Da diese Frage inzwischen schriftlich beantwortet ist,
kann die Fragestellerin gemäß Nr. 15 Abs. 3 der Richt-
linien für die Fragestunde nur fragen, warum die Ant-
wort nicht innerhalb der Wochenfrist gegeben worden
ist.
Zur Beantwortung dieser Frage erteile ich das Wort
dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundes-
minister der Verteidigung, Hans Georg Wagner.
H
Frau Präsidentin! Frau Kollegin Pau, in der Tat bin
ich heute Morgen darüber informiert worden, dass eine
Frage von Ihnen nicht fristgemäß beantwortet wurde.
Das hat mich geärgert; denn die technische Ausstattung
der beiden für die Beantwortung solcher Fragen verant-
wortlichen und dazu befugten Parlamentarischen Staats-
sekretäre ist so gut, dass sichergestellt ist, dass sie im In-
land auch am Wochenende jederzeit erreichbar sind.
Auch in unseren Abgeordnetenwohnungen in Berlin
oder zu Hause in unseren Wahlkreisen sind die techni-
schen Einrichtungen so, dass eine fristgemäße Beant-
wortung möglich ist. Das nächste Mal wird Ihre Frage
fristgemäß beantwortet.
Falls Sie mich dabei erwischen sollten, dass eine sol-
che Panne noch einmal passiert, dürfen Sie die Frage
hier noch einmal stellen.
– Ja.
Sie haben eine Zusatzfrage, Frau Kollegin?
Erst einmal herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.
g
s
w
g
A
v
t
l
S
l
s
e
w
l
e
B
P
d
d
w
c
B
a
P
B
m
h
P
k
t
g
w
B
t
B
m
Metadaten/Kopzeile:
11672 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Ich rufe nun die Frage 2 der Kollegin Bellmann auf:
Gedenkt die Bundesregierung, im Zuge derartiger Förder-
entscheidungen in Zukunft Gemeindevertretern und Bürgern
vor Ort ein Mitspracherecht einzuräumen, und wie steht die
Bundesregierung Befürchtungen von deutschen und tschechi-
schen Gemeindevertretern gegenüber, welche bei der Errich-
tung weiterer Windkraftanlagen auf dem Erzgebirgskamm ne-
gative Auswirkungen auf die Tourismusregion Erzgebirge
erwarten?
Si
Im Rahmen der Sitzung der deutsch-tschechischenmweltkommission, die am 25. Februar dieses Jahrestattgefunden hat, wurde sowohl mit unseren tschechi-chen Kollegen als auch mit den Vertretern des sächsi-chen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirt-chaft vereinbart, zukünftige Projektvorschläge derschechischen Seite nach Eingang im Bundesumweltmi-isterium auch dem sächsischen Umweltressort mit deritte um Stellungnahme zuzuleiten. Das haben wir beien in Rede stehenden Vorschlägen auch getan.Wir werden darüber hinaus darauf achten, dass fürerartige Projekte die nach der tschechischen Gesetzge-ung vorgesehene Umweltverträglichkeitsprüfung selbst-erständlich durchgeführt wird. Dabei werden, entspre-hend der Gesetzeslage, sowohl die tschechischen alsuch die deutschen Gemeindevertreter und Bürger deretroffenen Region hinreichend Gelegenheit haben,ventuelle Bedenken zu derartigen Projekten einzubrin-en. Dies wird dazu beitragen, die negativen Auswirkun-en auf die touristisch genutzten Regionen diesseits undenseits der deutsch-tschechischen Grenze zu vermeiden.ch sage ausdrücklich: Das ist natürlich ein Vorhaben aufegenseitigkeit. Wir haben großes Interesse daran, dassir und die Bürger auf der deutschen Seite informiertnd einbezogen werden. Aber Sie wissen, wenn ich dasnführen darf, dass in den 90er-Jahren im Erzgebirge aufeutscher Seite eine relativ große Anzahl von Wind-raftanlagen in unmittelbarer Nähe der Grenze errichtetorden ist – ich nenne hier nur den Windpark Jöhstadtit vier Anlagen von über 90 Metern Höhe –, die natür-ich Auswirkungen auf die grenznahen tschechischenegionen haben. Ich will damit nur sagen: Wir habenier eine Vereinbarung, die sehr auf Kooperation beidereiten abstellt. Auch das einschlägige EU-Gemein-chaftsrecht muss eingehalten werden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11673
)
)
Ihre Zusatzfrage, bitte.
Frau Staatssekretärin, es ist sehr interessant, dass Sie
davon sprechen, dass hier negative Auswirkungen ver-
mieden werden sollen. Also gehen von Windparks offen-
sichtlich negative Auswirkungen aus; das impliziert Ihre
Aussage.
Meine Frage ist: Wie wird die Regionalplanung be-
rücksichtigt? Wir haben jetzt von den Gemeindevertre-
tungen diesseits und jenseits der Grenze gesprochen. Ich
erinnere daran, dass zum Beispiel in der Regionalpla-
nung des mittleren Erzgebirges ein neues Windparkpro-
jekt bei Pfaffroda abgelehnt wurde.
Si
Zu Ihrer Bemerkung: Das weise ich in aller Deutlich-
keit zurück. Wir haben in Deutschland die Umweltver-
träglichkeitsprüfung, um negative Auswirkungen mögli-
cherweise gar nicht erst eintreten zu lassen und um diese
Projekte wirklich gut zu prüfen. Wenn man die Interpre-
tation, die Sie dargestellt haben, im Raum stehen lassen
würde, hieße das, dass man bei allen Industrieanlagen,
die vernünftigerweise einem Prüfverfahren zu unterwer-
fen sind, von vornherein einen negativen Bescheid er-
warten würde. Wir sollten die Verfahren, die sich zum
einen auf die tschechische Gesetzgebung und zum ande-
ren auf das übernommene EU-Gemeinschaftsrecht be-
ziehen, nicht in Misskredit bringen. Wenn Anlagen, egal
welcher Art, auch Industrieanlagen, genehmigt werden
sollen, prüfen wir natürlich bestimmte Auswirkungen.
Nach Beendigung dieser Prüfungen kann es eben auch
total vernünftig sein, diese Anlagen zu bauen.
Auch die Regionalplanung findet Berücksichtigung.
Das tschechische Umweltministerium hat beispielsweise
bezüglich des Windparks, den Sie genannt haben, so-
wohl raumplanerische als auch geologische Gutachten in
Auftrag gegeben. Im Rahmen der grenzüberschreitenden
Umweltverträglichkeitsprüfung können natürlich nicht
nur die betroffenen Gemeinden, sondern auch die Bürge-
rinnen und Bürger ihre Einwände zu Gehör bringen. Alle
Stellen in der Region sind damit befasst. Dabei geht es
nicht nur um die Lärmentwicklung – auf diese Proble-
matik haben Sie hingewiesen –, sondern es geht auch um
die Frage, wie sich ein Gebiet entwickelt. Genau aus die-
sem Grund suchen wir jenseits der gesetzlichen Vor-
schriften die Kooperation sowohl mit dem sächsischen
Umweltministerium als auch mit den Behörden vor Ort,
die in den Regionen die Entscheidungen über diese Fra-
gen zu treffen haben.
Es gibt keine weitere Zusatzfrage. Dann schließe ich
diesen Geschäftsbereich. Vielen Dank, Frau Staatssekre-
tärin.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers
und des Bundeskanzleramtes auf. Zur Beantwortung der
z
m
m
V
a
m
I
d
F
w
m
i
Z
m
k
v
d
A
n
s
v
t
e
l
k
Ihre Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wen hat der Bundeskanzler ge-
eint, als er von der Mitnahmementalität der Deutschen
n seiner kollektiven Volksbeschimpfung in der „Bild“-
eitung vom 18. September gesprochen hat?
F
Ich glaube, Ihnen ist klar, welche Rolle der Bundes-
anzler im Rahmen der Verfassung hat und dass dem
on mir aus nichts hinzuzufügen ist.
Eine weitere Zusatzfrage.
Der Kanzler hat von Mitnahmementalität gesprochen,eswegen interessiert mich, ob die Bundesregierung dernsicht ist, dass eine Aufforderung an jemanden, zu-ächst einmal sein Vermögen zu verbrauchen, zum Bei-piel durch eine Urlaubsreise, um dann in den Genusson Sozialhilfe zu kommen, wie es die SPD-Bundes-agsfraktion in ihrer Broschüre indirekt auf Seite 23mpfiehlt, nicht auch unter die Mitnahmementalität fal-en könnte, die der Bundeskanzler so medienwirksamritisiert hat.
Metadaten/Kopzeile:
11674 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Fr
Herr von Klaeden, bei Broschüren, die von Fraktio-
nen des Deutschen Bundestages in deren Verantwor-
tungsbereich herausgegeben werden, betrachtet es die
Bundesregierung grundsätzlich nicht als ihre Aufgabe,
diese zu bewerten.
Ich rufe die Frage 4 des Kollegen Eckart von Klaeden
auf:
Wie bewertet es die Bundesregierung grundsätzlich, wenn
– wie im Fall der oben genannten Broschüre – auf Möglich-
keiten aufmerksam gemacht wird, wie Sozialansprüche gel-
tend gemacht werden können?
F
Herr Kollege von Klaeden, ich beantworte Ihre Frage
wie folgt: Wenn im Verantwortungsbereich der Fraktio-
nen des Deutschen Bundestags Broschüren herausgege-
ben werden, betrachtet es die Bundesregierung grund-
sätzlich nicht als ihre Aufgabe, diese zu bewerten.
Herr Staatssekretär, ich frage hier nach Sachverhal-
ten, die in dieser Broschüre eine Rolle spielen. Ich
nehme dabei Bezug auf die Beschimpfung des deutschen
Volkes durch den Bundeskanzler in der „Bild“-Zeitung
vom 18. September, in der er den Deutschen kollektive
Mitnahmementalität vorgeworfen hat. Ich finde, dann
kann man sich auch zu Fragen äußern, die im Deutschen
Bundestag eine Rolle spielen.
Deswegen frage ich Sie: Ist es Ausdruck von Mitnahme-
mentalität, wenn in einer Broschüre darauf hingewiesen
wird, wie man vermeiden kann, dass das eigene Fahr-
zeug bei der Vermögensanrechnung für die Sozialhilfe
eine Rolle spielt? Es heißt hier wörtlich:
Um Ihr Auto behalten zu können, müssen Sie zwei
Hürden überwinden: … Haben Sie keine triftigen
Gründe, ein Auto zu halten, wird das Amt Sie in der
Regel auffordern, innerhalb einer bestimmten Zeit
Ihr Auto zu verkaufen.
Dann findet sich die Glühbirne am Rand als Zeichen
dafür, dass es eine sehr kecke Idee ist, wie man dieser
Aufforderung entgehen kann:
Das gilt allerdings nur, wenn Sie selbst Halter des
PKW sind. Gehört das Auto nicht Ihnen, sondern
einem Verwandten oder Freund, der es Ihnen zum
Fahren überlässt, kann das Sozialamt natürlich
nicht den Verkauf fordern.
Würden Sie bitte Ihre Zusatzfrage stellen.
m
v
b
r
g
w
w
h
w
d
Z
m
m
F
B
g
p
e
z
u
C
u
b
m
I
k
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es denn für richtig,
enn die Mitglieder einer eheähnlichen Gemeinschaft,
ie es auf Seite 35 der von der SPD-Bundestagsfraktion
erausgegebenen Broschüre der Fall ist, aufgefordert
erden, die Unterstützung für ihren Partner einzustellen,
amit beide in der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft
usammenlebenden in den Genuss der Sozialhilfe kom-
en?
F
Herr von Klaeden, im Verantwortungsbereich der
raktionen des Deutschen Bundestages herausgegebene
roschüren zu bewerten, betrachtet die Bundesregierung
rundsätzlich nicht als ihre Aufgabe.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Beck.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, zu
rüfen, ob bei der Bundeszentrale für politische Bildung
ine Broschüre zu erhalten ist, in der der Unterschied
wischen Bundesregierung und Parlament erläutert wird
nd die man den Kolleginnen und Kollegen von der
DU/CSU-Fraktion zur Verfügung stellen kann, damit
ns solche Fragen in zukünftigen Fragestunden erspart
leiben?
F
Herr Kollege Beck, wir werden das gerne prüfen undhrer Bitte, falls die Prüfung positiv verlaufen ist, nach-ommen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11675
)
)
Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Homburger.
Herr Staatssekretär, wie bewerten Sie die eben vom
Kollegen von Klaeden zitierten Aussagen bzw. darge-
stellten Sachverhalte, und zwar nicht vor dem Hinter-
grund der Broschüre der SPD-Bundestagsfraktion, son-
dern ganz konkret in Bezug auf das vom Bundeskanzler
gegebene Interview?
F
Dazu habe ich gerade gesagt, dass die Rolle des Bun-
deskanzlers in unserer Verfassung, dem Grundgesetz,
deutlich beschrieben ist. Sie berufen sich auf Aussagen,
die er gemacht hat. Dem habe ich nichts hinzuzufügen
und dazu gebe ich auch keine Bewertung ab.
Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Ich schließe die-
sen Geschäftsbereich. Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Die Fragen 5 und 6 des Kollegen Manfred Kolbe zum
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verbrau-
cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft werden
schriftlich beantwortet.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Parlamentari-
sche Staatssekretärin Iris Gleicke bereit.
Ich rufe Frage 7 des Kollegen Klaus Hofbauer auf:
In welchem finanziellen Einzelumfang werden Baufort-
schritte an der Bundesautobahn A 6 im Abschnitt Amberg-
Ost–Pfreimd im Jahr 2005 umgesetzt?
I
Lieber Herr Kollege Hofbauer, aus dem für
Ende 2008 vorgesehenen Fertigstellungstermin dieses
Abschnittes der Bundesautobahn A 6 folgt für die ab
2005 verbleibende Bauzeit von vier Jahren ein jährlicher
Mitteleinsatz von 20 bis 25 Prozent der noch zu finan-
zierenden Projektkosten von rund 145 Millionen Euro,
und zwar auch für das Jahr 2005. Nach der Verabschie-
dung des Bundeshaushalts für das Jahr 2005 wird in Ab-
stimmung mit der bayerischen Straßenbauverwaltung
über die Höhe des Mitteleinsatzes zu entscheiden sein.
Ihre Zusatzfrage, bitte.
Frau Staatssekretärin, können Sie mir die Angaben,
die in den letzten Tagen gemacht wurden, bestätigen,
dass für dieses Projekt im Jahre 2005 30 Millionen Euro,
im Jahre 2006 36 Millionen Euro, im Jahre 2007 40 Mil-
l
w
n
m
j
w
z
i
w
s
2
s
p
h
E
m
D
f
s
F
j
m
s
a
f
K
n
F
w
a
t
n
a
Metadaten/Kopzeile:
11676 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11677
)
)
Metadaten/Kopzeile:
11678 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11679
)
)
Die verkehrstechnische Frage, ob es eine Ortsumgehung
oder keine Ortsumgehung geben soll, kann ich gut nach-
vollziehen; aber diese haben andere zu beantworten. Ich
gehe davon aus, dass man sich gegebenenfalls darüber
unterhalten muss, wenn es diesbezüglich zu den von Ih-
nen dargelegten Schwierigkeiten kommen sollte. Ich bin
der falsche Adressat. Das verstehen Sie auch.
Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, ich verstehe aber nicht, dass dies
beschlossen wurde, obwohl Beamte Ihres Hauses mit
hervorragenden Ortskenntnissen bei mir im Wahlkreis
gewesen sind.
F
Herr Kollege Girisch, wir haben ausgezeichnete Be-
amtinnen und Beamte im Bundesinnenministerium. Wir
sind stolz auf sie.
– Deren Arbeit ist von derselben Qualität gekennzeich-
net wie die der politischen Führung und der Leitung des
Hauses. Darin haben Sie Recht, Herr von Klaeden.
– Ich habe überhaupt nichts verglichen, sondern nur ei-
nen Zwischenruf von Herrn von Klaeden aufgenommen.
Das will ich hier kundtun.
Herr Girisch, die Frage der Nutzungserweiterung ist
von vielen Sachargumenten geprägt. Das ist eine ge-
m
d
s
j
b
D
a
H
d
c
s
w
d
s
–
h
E
1
z
z
g
a
v
D
a
s
–
h
s
O
r
m
s
a
n
a
m
S
B
b
F
r
s
(C
(D
einsame Entscheidung der Beteiligten von hüben und
rüben. Ich bin sicher, dass diese Frage eine Rolle ge-
pielt, nicht aber den Ausschlag gegeben hat. Man muss
etzt darauf achten, wie sich das insbesondere im Hin-
lick auf den LKW-Durchgangsverkehr entwickelt.
ann muss man die Frage gegebenenfalls noch einmal
ufgreifen.
Es gibt noch eine weitere Zusatzfrage des Kollegen
ofbauer.
Herr Staatssekretär, sind diese Entscheidungen mit
en Ländern oder auch mit den Kommunen abgespro-
hen worden? Ihr Haus hat mir noch vor drei Wochen
chriftlich mitgeteilt, dass keine Entscheidung getroffen
ird, die nicht mit den Ländern abgestimmt ist.
Fr
Herr Abgeordneter Hofbauer, Abstimmung und Ab-
prache bedeuten nicht, dass jeder vorgebrachte Punkt
Herr Girisch hat auf ein ganz bestimmtes Problem
ingewiesen – zu einer Negativentscheidung führt. Die
xpertenkommission, hat, wie gesagt, vom 14. bis
6. September dieses Jahres getagt und dabei die Nut-
ungserweiterung erörtert; man könnte sie auch Nut-
ungsänderung nennen. In der Kommission sind die Ar-
umente gegeneinander abgewogen worden.
Es kommt uns bekanntlich im Wesentlichen darauf
n, dass sich die EU-Mitgliedschaften auch im Bereich
on Handel und Wirtschaft entsprechend entwickeln.
afür ist auch die Frage entscheidend, welcher Verkehr
n welcher Stelle zulässig und möglich ist. Die in Rede
tehende Nutzungsänderung wurde gewünscht.
Von der Expertenkommission, die die Frage diskutiert
at. Ich bin sicher, dass auch die Frage eine Rolle ge-
pielt hat, wie sich eine Nutzungsänderung auf eine
rtsdurchfahrt wie in Waidhaus auswirkt. Sie haben da-
auf hingewiesen, dass unsere Beamtinnen und Beamten
it Sicherheit eine gute Ortskenntnis aufweisen. Das
teht außer Frage. Aber eine solche Entscheidung beruht
uf einem Abwägungsprozess. Ich denke, wir sollten zu-
ächst einmal abwarten, wie sich die Nutzungsänderung
uswirkt, und dann gegebenenfalls die Frage noch ein-
al in dem von Ihnen vorgebrachten Sinn aufgreifen.
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen, Herrtaatssekretär.Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs desundesministeriums des Innern. Ich rufe den Geschäfts-ereich des Bundesministeriums der Finanzen auf. Dieragen beantwortet die Parlamentarische Staatssekretä-in Dr. Barbara Hendricks.Die Frage 22 des Kollegen Dr. Egon Jüttner wirdchriftlich beantwortet.
Metadaten/Kopzeile:
11680 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerIch rufe die Frage 23 der Kollegin Ina Lenke auf:Wie werden vor dem 31. Dezember 2004 abgeschlosseneVerträge für Kapitallebensversicherungen mit ermäßigtemAnfangsbeitrag bzw. mit Dynamiktarifen nach In-Kraft-Tre-ten des Alterseinkünftegesetzes am 1. Januar 2005 steuerlichbehandelt und wird es für den Fall grundsätzlichen Bestands-schutzes dieser Verträge eine Deckelung der maximal mögli-chen regelmäßigen jährlichen Beitragserhöhungen geben?D
Frau Abgeordnete Lenke, nach § 10 Abs. 1 Nr. 3
Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes in der ab
2005 geltenden Fassung sind Beiträge zu den von Ihnen
angesprochenen Kapitallebensversicherungen als Son-
derausgaben steuerlich abziehbar. Die hierfür einschlägi-
gen Regelungen des § 10 Abs. 1 und 2 in der am
31. Dezember 2004 geltenden Fassung sind in diesen
Fällen weiter anzuwenden.
Anders ausgedrückt: Kapitallebensversicherungen,
die am 31. Dezember 2004 die Voraussetzungen für eine
steuerliche Vergünstigung erfüllen, bleiben auch über
2004 hinaus steuerbegünstigt. Es besteht ein Bestands-
schutz.
Bei den so genannten Dynamiktarifen liegt eine steu-
erlich relevante Vertragsänderung nicht vor, wenn die
Vertragsanpassungen bereits bei Vertragsabschluss ver-
einbart worden sind. Dabei ist jedoch zu prüfen, ob ein
Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten
zur Umgehung der Steuerpflicht vorliegt.
Das BMF-Schreiben zu Vertragsänderungen bei Le-
bensversicherungen lässt eine angemessene Dynamisie-
rung zu, die zum Beispiel vorliegt, wenn ein fester Vom-
Hundert-Satz oder eine Erhöhung entsprechend der Bei-
tragserhöhung in der gesetzlichen Rentenversicherung
oder dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller
Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung
vereinbart worden ist. Das BMF stimmt sich zurzeit mit
den obersten Finanzbehörden der Länder ab, um den Be-
griff „fester Vom-Hundert-Satz“ näher zu präzisieren.
Ihre Zusatzfrage, bitte.
Frau Staatssekretärin, wie Sie wissen, ist die Alters-
vorsorge ein wichtiger Faktor neben der gesetzlichen
Rentenversicherung. Wir haben schon im Zusammen-
hang mit der Direktversicherung gemerkt, wie schwer es
den Versicherten fällt, die Krankenversicherungsbeiträge
zu bezahlen; meist sind es 10 Prozent der Summe. Auch
hierbei habe ich die Sorge, dass das Abstimmungsver-
fahren so lange dauern wird, dass die Menschen nicht
mehr die Möglichkeit haben, noch in diesem Jahr ent-
sprechende Verträge zu unterschreiben und abzusehen,
wie das Finanzministerium nach dem 1. Januar 2005
vorgehen wird.
Ich komme zu meiner Frage: Wann kann ich mit dem
Abschluss Ihrer Überlegungen rechnen und in welcher
Bestimmung finde ich Ihre Absprachen wieder?
B
m
W
d
e
n
m
s
t
k
S
r
s
a
d
s
n
b
v
e
G
B
B
w
w
B
–
d
n
B
F
i
n
m
(C
(D
D
Wie Sie wissen, müssen wir solche Auslegungsfragen
it den obersten Finanzbehörden der Länder erörtern.
ir streben an – an uns soll es nicht liegen –, das noch in
iesem Jahr zu tun; das Thema würde dann Eingang in
in BMF-Schreiben finden. Wir können in dieser Frage
icht allein entscheiden, sondern sind auf die Zustim-
ung der obersten Finanzbehörden der Länder angewie-
en. Mindestens acht Länder müssen unsere Position un-
erstützen, damit unsere Vorschläge umgesetzt werden
önnen.
Sie haben noch eine Zusatzfrage, Frau Lenke.
Frau Staatssekretärin, das finde ich sehr merkwürdig.
ie haben mir eben gesagt, dass Sie im Laufe dieses Jah-
es – das kann auch der 31. Dezember 2004 sein – zu
olchen Vereinbarungen kommen werden. Wenn man
ber bedenkt, dass es sicherlich Menschen geben wird,
ie noch vor dem 31. Dezember 2004 dynamisierte Ver-
icherungen abschließen wollen – das wären dann so ge-
annte Altverträge –, damit die Beiträge steuerfrei blei-
en, dann muss man feststellen, dass das, was Sie
orsehen, viel zu spät ist; denn Sie haben sich noch nicht
inmal gut vier Wochen vor In-Kraft-Treten des neuen
esetzes festgelegt und können den Bürgerinnen und
ürgern keine Auskunft geben.
D
Doch, Frau Lenke. Ich hatte Sie schon in meiner Ant-
ort auf Ihre schriftlich eingereichte Frage darauf hinge-
iesen, dass eine angemessene Dynamisierung, zum
eispiel in Anlehnung an die Beitragsbemessungsgrenze
ich hatte Ihnen ja ein paar Beispiele genannt –, auf je-
en Fall vorgenommen werden kann. Die obersten Fi-
anzbehörden der Länder müssen gemeinsam mit dem
undesfinanzministerium noch klären, was unter der
ormulierung „fester Vom-Hundert-Satz“ zu verstehen
st. Aber eine Dynamisierung beispielsweise in Anleh-
ung an die Entwicklung der Inflationsrate ist natürlich
öglich.
Ich rufe die Frage 24 der Kollegin Ina Lenke auf:Werden Beiträge für bis zum 31. Dezember 2004 abge-schlossene Versorgungsverhältnisse mit Pensionskassen oderPensionsfonds, die eine Kapitalzahlung bei Tod des Versi-cherungsnehmers sowohl während der Anwartschaftszeit alsauch während der Leistungsphase vorsehen, auch nach dem1. Januar 2005 nach § 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz wei-terhin steuerfrei bleiben oder ist eine Umstellung des Versor-gungsverhältnisses zwischen Arbeitgebern und Pensionskas-sen/Pensionsfonds, der Versorgungszusagen zwischenArbeitgebern und Arbeitnehmern und der tarifvertraglichenVereinbarungen zwischen den Tarifvertragsparteien erforder-lich, wovon mehr als 1 Million Arbeitnehmer betroffenwäre?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11681
)
)
Dr
Zurzeit werden mit den obersten Finanzbehörden der
Länder Fragen im Zusammenhang mit der praktischen
Umsetzung der Änderungen durch das Alterseinkünfte-
gesetz unter Beteiligung der Verbände ausführlich erör-
tert und abgestimmt. Bereits zweimal hat eine Arbeits-
gruppe auf Fachebene getagt und sich auch mit den von
Ihnen angesprochenen Fragen zur betrieblichen Alters-
vorsorge befasst. Aufgrund der Ergebnisse dieser Erörte-
rungen ist beabsichtigt, das BMF-Schreiben vom
5. August 2002 zu überarbeiten und eine Übergangsre-
gelung für Versorgungszusagen aufzunehmen, die vor
dem 1. Januar 2005 erteilt wurden – so genannte Altzu-
sagen – und die die neuen Anforderungen des § 3 Nr. 63
EStG hinsichtlich der Auszahlungsformen der Versor-
gungsleistungen nicht vollständig erfüllen. Die entspre-
chenden Versorgungsordnungen müssten in diesen
Punkten dann nicht geändert werden. Es ist vorgesehen,
das überarbeitete BMF-Schreiben noch in diesem Jahr
im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen.
Ihre erste Zusatzfrage, bitte.
Frau Staatssekretärin, aus Sicht der Bürger und Bür-
gerinnen, für die ich hier frage, ist mir das viel zu unkon-
kret. Sie haben von Übergangsregelungen gesprochen.
Ich finde es zwar sehr gut, dass es solche Regelungen
geben soll. Aber können Sie mir in etwa sagen, ob die
Übergangsregelung ein Jahr, fünf Jahre oder zehn Jahre
gelten wird? Was denkt das Finanzministerium darüber?
D
Frau Kollegin Lenke, auch dies müssen wir mit den
obersten Finanzbehörden der Länder abstimmen. Wir
sind also hier ebenfalls auf deren Mitarbeit und Zustim-
mung angewiesen. Wir werden dies rechtzeitig vor Ende
dieses Jahres im Bundessteuerblatt veröffentlichen, so-
dass es eine bindende Wirkung für die Finanzverwaltung
entfaltet.
Ihre zweite Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, Sie wissen, dass 1 Million Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer davon betroffen ist.
Da Sie auf meine vorangegangene Frage geantwortet ha-
ben, dass die Abstimmung zwischen Bundesregierung
und Bundesländern rechtzeitig erfolgen werde, bitte ich
Sie um die Einschätzung, welches Datum vor dem
31. Dezember 2004 für Sie „rechtzeitig“ ist.
D
Frau Kollegin, ich hatte Sie darauf hingewiesen, dass
die entsprechenden Versorgungsordnungen nicht geän-
dert werden müssen. Ihre Befürchtung ist also zum
G
l
s
n
d
t
f
n
d
t
L
S
d
F
z
D
P
„
i
r
d
S
s
D
p
t
d
B
B
P
u
d
d
n
V
s
d
g
(C
(D
lück grundlos. Dass Sie Bedenken haben, ist verständ-
ich. Aber ich konnte sie jetzt wohl zerstreuen. Die ent-
prechenden Versorgungsordnungen werden, wie gesagt,
icht geändert werden müssen. Wir arbeiten mit Hoch-
ruck an einer entsprechenden Regelung. Wir beabsich-
igen, dies auf jeden Fall noch vor Jahresende zu veröf-
entlichen, sodass Rechtsklarheit herrscht. Es muss also
icht 1 Million Verträge geändert werden. Das wäre in
rei Wochen tatsächlich nicht möglich.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Beantwor-
ung der Fragen.
Ich rufe nun die Frage 25 der Kollegin Dr. Gesine
ötzsch auf:
Trifft es zu – „Wirtschaftswoche“ Nr. 39 –, dass Sparkas-
sen von Existenzgründern neuerdings eine Gebühr verlangen,
wenn sie einen Businessplan zwecks Kreditvergabe prüfen,
und sogar eine Gebühr anfällt, wenn der Kredit nicht gewährt
wird, und wie beurteilt die Bundesregierung Gebühren von
bis zu 250 Euro für Arbeitslose, die sich als Ich-AG selbst-
ständig machen wollen, im Hinblick auf das Instrument der
Ich-AG?
Zur Beantwortung steht nun der Parlamentarische
taatssekretär Dr. Ditmar Staffelt zur Verfügung.
Dr
Ich weise darauf hin, dass die Beantwortung dieser
rage dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
ugeteilt worden ist.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, der
achverband der Sparkassen-Finanzgruppe, hat in einer
ressemitteilung vom 17. September 2004 zum Thema
Keine Gebühren für Gründer“ Stellung zu dem Artikel
n der „Wirtschaftswoche“ Nr. 39 bezogen, der auch Ih-
er mündlichen Frage zugrunde liegt. Darin widerspricht
er Deutsche Sparkassen- und Giroverband der Aussage,
parkassen verlangten von Gründern eine Gebühr, wenn
ie deren Businessplan zwecks Kreditvergabe prüfen.
er gesamte Bearbeitungsaufwand im Kreditvergabe-
rozess der Institute werde mit den Finanzierungskondi-
ionen des Kredites abgegolten. Sofern Sparkassen aller-
ings gebeten würden, bei der Entwicklung von
usinessplänen im Rahmen angebotener Berater- und
etreuerkonzepte tätig zu werden, setzten sie dafür
reise, die sich an der jeweiligen Beratungsintensität
nd nicht am Finanzierungsvolumen orientierten. Grün-
er sollten also im Einzelfall von ihnen konkret gefor-
erte Gebühren, die im engen Zusammenhang mit Fi-
anzierungsgesprächen stehen, unter Hinweis auf die
erbandsaussage vom 17. September 2004 zurückwei-
en.
Ihre erste Zusatzfrage, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,er Bundestag hat in der letzten Woche einen Beschlussefasst, der die Anforderungen an Ich-AGs zu Recht
Metadaten/Kopzeile:
11682 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004
)
)
Dr. Gesine Lötzschpräzisiert bzw. verschärft. Sind Sie mit mir der Auffas-sung, dass gerade das Verlangen von Beratungsgebührendie Schwelle, eine Ich-AG zu gründen, weiter erhöht?D
Frau Abgeordnete Lötzsch, ich weise noch einmal
darauf hin: Ein Businessplan oder eine Plausibilitätsstu-
die für ein Unternehmen kann von den Sparkassen kos-
tenpflichtig erstellt werden. Wenn ein Ich-AGler zur
Sparkasse geht, um eine Finanzierung seines Unterneh-
mens zu erwirken, und in diesem Zusammenhang, also
im Zusammenhang mit einem konkreten Kredit, ein sol-
cher Businessplan überprüft oder auch erstellt wird,
dann ist diese Dienstleistung, so jedenfalls die Presse-
mitteilung des Deutschen Sparkassen- und Giroverban-
des, frei und wird nicht gesondert in Rechnung gestellt.
Insofern sehe ich an dieser Stelle keine Hürde.
Es wäre schön, wenn wir alle dazu beitrügen, die ent-
sprechenden Personen über die Haltung des Deutschen
Sparkassen- und Giroverbandes zu informieren, falls
solche Fragen auftauchen
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,
eine Pressemitteilung ist das eine und die Wirklichkeit
ist manchmal das andere. Ist das Bundesministerium tä-
tig geworden, um den Wahrheitsgehalt dieser Presse-
erklärung zu überprüfen? Schließlich sind auch die
Angaben in der „Wirtschaftswoche“ aufgrund entspre-
chender Erfahrungen veröffentlicht worden.
D
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
hatte bisher den Eindruck, dass der Deutsche Sparkas-
sen- und Giroverband etwaige Fragen nach bestem Wis-
sen und Gewissen und insbesondere nach Rückfrage mit
den jeweiligen Sparkassen beantwortet hat. Wir gehen
davon aus, dass diese Pressemitteilung den tatsächlichen
Gegebenheiten entspricht. Sollte es etwa andere Prakti-
ken seitens einzelner Sparkassen geben, können wir nur
ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir für solche Infor-
mationen dankbar sind, und würden dieser Sache natür-
lich nachgehen.
Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Wirtschaft und Arbeit auf. Herr Parlamenta-
rischer Staatssekretär Ditmar Staffelt steht zur Beant-
wortung der Fragen weiterhin zur Verfügung.
Die Fragen 26 und 27 des Kollegen Karl-Josef
Laumann, die Frage 28 des Kollegen Dr. Egon Jüttner,
die Frage 29 des Abgeordneten Dirk Niebel und die
Fragen 30 und 31 des Kollegen Hans-Joachim Otto
werden schriftlich beantwortet.
a
d
H
i
s
s
g
m
b
n
n
s
B
u
a
t
t
w
d
I
b
s
s
d
g
w
s
g
d
d
w
w
e
w
A
s
d
w
(C
(D
Ich rufe die Frage 32 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch
uf:
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Protest-
forschers Professor Dieter Rucht vom Wissenschaftszentrum
Berlin – „Berliner Zeitung“, 22. September 2004 –, der eine
Umfrage unter 1 025 Hartz-IV-Demonstranten durchgeführt
hat und zu dem Schluss kommt, dass „es sich um eine demo-
kratische Protestgemeinde“ handle?
D
Die Bundesregierung kann die Einschätzung von
errn Professor Rucht weder teilen noch ablehnen, da
hr die Erkenntnisse, auf denen die Aussage von Profes-
or Rucht beruht, nicht vorliegen.
Im Übrigen hat die Bundesregierung keine Veranlas-
ung, daran zu zweifeln, dass sich die ganz überwie-
ende Mehrheit der Teilnehmer an den genannten De-
onstrationen auf dem Boden des Grundgesetzes
ewegen.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,
un hätten Sie ja meine Frage zum Anlass nehmen kön-
en, sich mit dieser Studie von Professor Rucht zu be-
chäftigen. Immerhin ist sie vom Wissenschaftszentrum
erlin erstellt worden, einer Institution, die hier in Berlin
nd in der Bundesrepublik einen guten Ruf genießt.
Ich kann also aufgrund Ihrer letzten Einlassung davon
usgehen, dass Vertreter der Bundesregierung nicht wei-
er behaupten werden, dass die Anti-Hartz-Demonstra-
ionen von Rechtsextremisten missbraucht oder genutzt
erden?
D
Frau Abgeordnete Lötzsch, an dieser Stelle würde ichhnen ausdrücklich widersprechen. Ich dachte eigentlichisher, dass auch Sie das so sehen. Es ist ganz selbstver-tändlich, dass es bei solchen Demonstrationen in ver-chiedenen Städten unseres Landes auch Teilnehmer auser rechtsradikalen und rechtsextremistischen Ecke ge-eben hat, die berechtigte Ängste, die dort formuliertorden sind, für ihre politische Sache zu nutzen ver-ucht haben. Damit haben wir uns natürlich auseinanderesetzt. Die Bundesregierung hat den Populismus undie Angstmacherei, die dort betrieben worden sind, aus-rücklich kritisiert. Dies hat nichts damit zu tun, dassir selbstverständlich davon ausgehen, dass sich dereit überwiegende Teil der Demonstranten, wie ich esben schon sagte, auf dem Boden des Grundgesetzes be-egt.Im Übrigen beziehen wir uns anlässlich einer solchennfrage nicht nur auf Zeitungsmeldungen, sondernchauen auch in die Studie des Wissenschaftszentrums,as auch wir schätzen, hinein. So kann ich darauf ver-eisen, dass auch Professor Rucht ausdrücklich davon
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. September 2004 11683
(C)
)
Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffeltgesprochen hat, dass rechtsextremistische und rechtsra-dikale Tendenzen bei solchen Demonstrationen festzu-stellen waren. Ich zitiere:Werden die Kategorien „eher rechts“ und „ganzrechts“ zusammengefasst, so ist der Anteil derRechten in Leipzig und Dortmund am höchsten
…
In Völklingen beispielsweise organisierte die NPD einesolche Hartz-IV-Demonstration. In anderen Städten wiebeispielsweise in Magdeburg versuchten sich rund 40 bis60 rechte Demonstranten an die Spitze der Hartz-IV-De-monstration zu setzen. Von den übrigen Demonstrantenwurden sie allerdings glücklicherweise in die Schrankenverwiesen.Ich will also sagen: Es hat solche Ansätze gegeben.Diese Ansätze – darin sind sich, wie ich glaube, alleFraktionen des Deutschen Bundestages mit der Bundes-regierung einig – haben wir nachhaltig zu kritisieren undwir müssen diese Rechtsextremisten von den Demokra-ten ganz klar und entschieden abgrenzen.
Ihre weitere Zusatzfrage.
D
Soweit ich mich, Frau Abgeordnete, erinnere, haben
die Vertreter der Bundesregierung immer eine differen-
zierte Auffassung vertreten. Dabei darf allerdings – da-
rauf bestehe ich ganz ausdrücklich – nicht in Vergessen-
heit geraten, dass es sowohl am linksextremistischen als
auch am rechtsextremistischen Rand den populistischen
Versuch gegeben hat, den Leuten mit Verweis auf
Hartz IV Angst zu machen. Dies steht fest und ist im
Übrigen auch von allen Beobachtern so kommentiert
worden. Alles Weitere zu diesem Thema habe ich bereits
gesagt.
Im Übrigen, Frau Abgeordnete Lötzsch, sollten Sie
uns nicht unterschätzen. Wir lesen selbstverständlich ab
und an auch Studien, insbesondere dann, wenn sie so in-
teressant und aktuell wie die vorliegende sind.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwor-
tung der Fragen. Ich schließe damit diesen Geschäftsbe-
reich.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,
nun haben Sie ja gezeigt, dass Sie doch die Studie, zu-
mindest Teile daraus, gelesen haben. Das ist ja sehr er-
freulich. Sie können mir also bestätigen, dass Sie davon
ausgehen, dass die Mehrheit der Demonstrierenden nicht
dem rechten Spektrum zuzuordnen ist. Daraus leite ich
ab, dass die Bundesregierung nicht weiter versuchen
wird, den Protest dadurch zu diskreditieren, dass sie da-
rauf verweist, dass auch Rechtsextreme versucht haben,
sich in diese Demonstrationen einzuschleichen.
r
F
d
u
S
d
2
(D
iums für Gesundheit und Soziale Sicherung auf. Die
ragen 33 und 34 der Kollegin Hannelore Roedel wer-
en schriftlich beantwortet, ebenso die Fragen 35
nd 36 der Kollegin Gitta Connemann.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde und auch am
chluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 30. September
004, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.