Protokoll:
15048

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 48

  • date_rangeDatum: 5. Juni 2003

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:37 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/48 (Drucksache 15/925) . . . . . . . . . . . . . . 3984 A Tagesordnungspunkt 4: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu den Pro- tokollen vom 26. März 2003 zum Nord- atlantikvertrag über den Beitritt der Republik Bulgarien, der Republik Est- land, der Republik Lettland, der Repu- blik Litauen, Rumäniens, der Slowaki- schen Republik und der Republik Slowenien (Drucksachen 15/906, 15/1063, 15/1117) Monika Heubaum SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Berufsbildungsbericht 2003 (Drucksache 15/1000) . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Jörg Tauss, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Dr. Thea Dückert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Las- ten gerecht verteilen – Mehr Unterneh- men für Ausbildung gewinnen 3968 C 3968 D 3970 A 3972 C 3984 A Deutscher B Stenografisch 48. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Nachträgliche Gratulation zum 60. Geburtstag der Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer und des Abgeordneten Klaus Haupt . . . . . . . . . . Berufung des Abgeordneten Josef Philip Winkler als stellvertretendes Mitglied bei der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen im Wahlprüfungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlängerung der Berufung des Abgeordneten Professor Dr. Manfred Wilke im Beirat bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR für die nächste Amtszeit . . . . . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Gedenken zum Tode des ehemaligen Ab- geordneten der FDP Jürgen W. Möllemann D W D P M K G T 3967 A 3967 B 3967 B 3967 B 4037 C Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Kramer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3974 C 3976 C undestag er Bericht ung en 5. Juni 2003 t : r. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . infried Nachtwei BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Theodor Freiherr von und zu uttenberg CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: a) Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Ausbildungsplatzabgabe zer- stört Ausbildungsmotivation 3978 A 3979 D 3980 C 3981 B 3983 D (Drucksache 15/1090) . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 3984 B II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ausbildung belohnen statt bestrafen – Ausbildungsplätze in Betrieben schaf- fen statt Warteschleifen finanzieren (Drucksache 15/1130) . . . . . . . . . . . . . . . . Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Werner Lensing CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Schummer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer CDU/CSU . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . Anton Schaaf SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Brase SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch und des Sozialgerichtsgesetzes (Drucksache 15/1070) . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verordnungsfä- higkeit von Arzneimitteln in der ver- tragsärztlichen Versorgung (Drucksache 15/1071) . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Zustim- mung zur Änderung des Direkt- wahlakts (Drucksache 15/1059) . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. Juni 2000 über ein Europäisches Fahrzeug- und Führerscheininfor- mationssystem (EUCARIS) (Drucksache 15/1058) . . . . . . . . . . . . . in Z T 3984 B 3984 C 3986 A 3988 C 3990 C 3991 C 3993 C 3995 B 3995 C 3996 C 3997 C 3998 B 3999 B 4001 B 4002 C 4003 A 4004 C 4004 D 4004 D 4004 D e) Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau: Rechtsstel- lung der Abgeordneten der PDS im 15. Bundestag (Drucksache 15/873) . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Drucksache 15/874) . . . . . . . . . . . . . . g) Antrag des Präsidenten des Bundes- rechnungshofes: Rechnung des Bun- desrechnungshofes für das Haus- haltsjahr 2001 – Einzelplan 20 (Drucksache 15/1047) . . . . . . . . . . . . . h) Antrag des Präsidenten des Bundes- rechnungshofes: Rechnung des Bun- desrechnungshofes für das Haus- haltsjahr 2002 – Einzelplan 20 (Drucksache 15/1048) . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Ernst Kranz, Wolfgang Spanier, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt- Bohlig, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Stadtumbau Ost auf dem richtigen Weg (Drucksache 15/1091) . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Petra Weis, Eckhardt Barthel (Berlin), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Die Qualitätsoffensive für gu- tes Planen und Bauen voranbringen (Drucksache 15/1092) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Europa-Mittelmeer-Ab- kommen vom 22. April 2002 zur Gründung einer Assoziation zwi- schen der Europäischen Gemein- schaft und ihren Mitgliedstaaten ei- nerseits und der Demokratischen Volksrepublik Algerien andererseits (Drucksachen 15/884, 15/1119) . . . . . 4005 A 4005 A 4005 A 4005 B 4005 B 4005 B 4005 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 III b) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Europa-Mittelmeer-Ab- kommen vom 17. Juni 2002 zur Gründung einer Assoziation zwi- schen der Europäischen Gemein- schaft und ihren Mitgliedstaaten ei- nerseits und der Libanesischen Republik andererseits (Drucksachen 15/885, 15/1120) . . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über die Regis- trierung von Betrieben zur Haltung von Legehennen (Legehennenbe- triebsregistergesetz – LegRegG) Drucksachen 15/905, 15/1037) . . . . . . d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Interna- tionalen Vertrag vom 3. November 2001 über pflanzengenetische Res- sourcen für Ernährung und Land- wirtschaft (Drucksachen 15/882, 15/1036) . . . . . e) – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Barbara Wittig, Dr. Dieter Wiefelspütz, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD, den Abgeordneten Hartmut Büttner (Schönebeck), Volker Kauder, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU, den Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), wei- teren Abgeordneten und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie den Abgeordne- ten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterla- gen-Gesetzes (6. StUÄndG) (Drucksache 15/806) . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rainer Funke, Daniel Bahr (Münster), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (6. StUÄndG) (Drucksachen 15/313, 15/1003) . . . . . . . . . . . . . . f) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Vor- schlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 92/81/EWG Z Z T 4005 D 4006 A 4006 B 4006 D 4006 D, 4007 A und der Richtlinie 92/82/EWG zur Schaffung einer Sonderregelung für die Besteuerung von Dieselkraft- stoff für gewerbliche Zwecke und zur Annäherung der Verbrauchsteu- ern auf Benzin und Dieselkraftstoff KOM (2002) 410 endg.; Ratsdok. 11571/02 (Drucksachen 15/173 Nr. 2.26, 15/401) g)–j) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 36, 41, 42 und 43 zu Petitionen (Drucksachen 15/1017, 15/1018, 15/1019, 15/1020) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts- ordnung: Antrag auf Genehmigung zum Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse (Drucksache 15/1135) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 5: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches So- zialgesetzbuch (Drucksachen 15/898, 15/1137) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Gabriele Lösekrug- Möller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP: Umfassender Schutz der Wal- bestände – Verbot kommerziellen Walfangs konsequent durchsetzen (Drucksachen 15/995 (neu), 15/1128) agesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung (Kriegsdienstverweigerungs-Neurege- lungsgesetz – KDVNeuRG) (Drucksachen 15/908, 15/1051, 15/1125) 4007 B 4007 B, D 4008 A 4008 A 4008 B 4008 C IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 Zusatztagesordnungspunkt 6: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD und der CDU/CSU für die vom Deut- schen Bundestag gemäß §§ 31 und 36 des Gesetzes über die Rundfunkanstalt des Bundesrechts „Deutsche Welle“ (Deutsche-Welle-Gesetz – DWG) zu wählenden Mitglieder des Rundfunkra- tes und des Verwaltungsrates der Deut- schen Welle (Drucksache 15/1122) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 7: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP: Wahl von Mitgliedern in den Stiftungsrat der „Stiftung zur Aufarbeitung der SED- Diktatur“ (Drucksache 15/1123) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Bericht des Petitionsausschusses: Bitten und Beschwerden an den Deut- schen Bundestag Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2002 (Drucksache 15/920) . . . . . . . . . . . . . . . . . Marita Sehn FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller SPD . . . . . . . . . . . Günter Baumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karlheinz Guttmacher FDP . . . . . . . . . . . Uwe Göllner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Frechen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Klaus Hagemann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Haibach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Europäische Ausländer-, Asyl- und Zuwanderungspolitik transparent machen (Drucksache 15/655) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ole Schröder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . U D M B R D S D T P K D D G D D T 4008 D 4009 A 4009 A 4009 A 4010 B 4011 B 4013 A 4014 B 4015 B 4016 C 4017 B 4018 C 4019 C 4021 A 4022 A 4022 B te Vogt, Parl. Staatssekretärin BMI . . . . . . . Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . r. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arieluise Beck, Parl. Staatssekretärin MFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Grindel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lale Akgün SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel CDU/CSU . . . . . . . . . . tephan Mayer (Altötting) CDU/CSU . . . . . r. Michael Bürsch SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel CDU/CSU . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bun- desregierung: Fortsetzung der deut- schen Beteiligung an der Interna- tionalen Sicherheitspräsenz im Kosovo zur Gewährleistung eines si- cheren Umfeldes für die Flüchtlings- rückkehr und zur militärischen Ab- sicherung der Friedensregelung für das Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicher- heitsrats der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Mili- tärisch-Technischen Abkommens zwischen der Internationalen Si- cherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Ser- bien vom 9. Juni 1999 (Drucksachen 15/1013, 15/1118) . . . . b) Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 15/1132) . . . . . . . . . . . . . etra Heß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . urt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . r. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ünther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . . . etlef Dzembritzki SPD . . . . . . . . . . . . . . . . r. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . . agesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dr. Heinz Riesenhuber, Karl-Josef Laumann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der 4024 A 4024 C 4026 B 4027 C 4029 A 4030 B 4031 B 4031 D 4033 B 4035 C 4036 C 4037 C 4037 D 4038 A 4039 A 4040 A 4041 A 4041 C 4042 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 V CDU/CSU: Für eine neue Beteiligungs- kultur – Eigenkapitalsituation von jun- gen Technologieunternehmen durch Mo- bilisierung von Beteiligungskapital und Mitarbeiterbeteiligungen verbessern (Drucksache 15/815) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber CDU/CSU . . . . . . . . Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber CDU/CSU . . . . . . . . Dr. Rainer Wend SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Hand- werksordnung und zur Förderung von Kleinunternehmen (Drucksache 15/1089) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Ernst Hinsken, Dagmar Wöhrl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Hand- werk mit Zukunft (Drucksache 15/1107) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Meisterbrief erhalten und Handwerks- ordnung zukunftsfest machen (Drucksache 15/1108) . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Lange (Backnang) SPD . . . . . . Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA D C H T E W D J D E D E T H D U D M M U 4043 D 4044 A 4047 B 4047 D 4048 C 4050 B 4051 C 4053 A 4054 C 4054 D 4055 A 4055 A 4056 D 4059 A 4061 B 4062 A 4062 C 4063 A 4063 D agmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . hristian Lange (Backnang) SPD . . . . . . . . . Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . artmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von den Abgeordneten Ernst Burgbacher, Dirk Niebel, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutz- gesetzes (Drucksache 15/756) . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Grotthaus SPD . . . . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Göhner CDU/CSU . . . . . . . . . . utta Dümpe-Krüger BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelbert Wistuba SPD . . . . . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Göhner CDU/CSU . . . . . . . . . . ngelbert Wistuba SPD . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er- Mehrwertdiensterufnummern (Drucksachen 15/907, 15/1068, 15/1126) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Krogmann, Ursula Heinen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Den Miss- brauch von Mehrwertdiensteruf- nummern grundlegend und umfas- send bekämpfen (Drucksachen 15/919, 15/1126) . . . . . ubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Krogmann CDU/CSU . . . . . . . . lrike Höfken BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arita Sehn FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . anfred Helmut Zöllmer SPD . . . . . . . . . . . rsula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 4065 B 4067 A 4067 C 4068 B 4070 A 4070 B 4072 A 4072 B 4073 A 4074 A 4075 B 4076 B 4077 C 4078 A 4078 B 4078 B 4078 C 4079 D 4081 B 4082 B 4083 A 4084 A 4085 C VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Klaus Hofbauer, Karl-Josef Laumann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Strukturpolitik zu- kunftsfähig gestalten (Drucksache 15/749) . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Zweiunddreißigster Rahmen- plan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirt- schaftsstruktur“ für den Zeitraum Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Gauweiler, Günter Nooke, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Gedenken an die Opfer des Bomben- kriegs im Zweiten Weltkrieg (Drucksache 15/986) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Gauweiler CDU/CSU . . . . . . . . . . . Angelika Krüger-Leißner SPD . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . 4086 D 4103 C 4103 D 4105 A 4106 D 2003 bis 2006 (Drucksache 15/861) . . . . . . . . . . . . . . Michael Stübgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Christian Müller (Zittau) SPD . . . . . . . . . . . . Jürgen Türk FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veronika Bellmann CDU/CSU BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer CDU/CSU . . . . . . . Klaus Hofbauer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Entschädigung deutscher Zwangs- arbeiter (Drucksache 15/924) . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Hohmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Hohmann CDU/CSU . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S D G T N A L A Z ü D o A W U D E 4086 D 4087 A 4088 B 4089 D 4090 C 4092 A 4093 B 4094 D 4095 C 4096 C 4096 D 4098 D 4100 A 4101 B 4102 B 4102 D ilke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ünter Baumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Wassertou- rismus in Deutschland entwickeln und stärken (Drucksache 15/933) . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung ber den Antrag: Wassertourismus in eutschland entwickeln und stärken (Tages- rdnungspunkt 17) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nnette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ilhelm Josef Sebastian CDU/CSU . . . . . . . ndine Kurth (Quedlinburg) BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 4107 C 4108 A 4109 A 4109 C 4111 A 4111 B 4111 B 4113 A 4114 C 4115 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 3967 (A) ) (B) ) 48. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    1) Anlage 2 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 4111 (A) ) (B) ) verbringen. hingewiesen. Möglichkeiten haben, Urlaub auf, am und im Wasser zu s owie auf die Vereinfachung gesetzlicher Regelungen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung über den Antrag: Wassertouris- mus in Deutschland entwickeln und stärken (Tagesordnungspunkt 17) Annette Faße (SPD): Es ist Sommer und die Ferien- zeit steht vor der Tür. Auch in diesem Jahr werden wie- der Millionen Deutsche ins europäische Ausland reisen oder auch weiter, um Sonne und Meer zu genießen und sich am Strand zu erholen. Dabei wird noch allzu oft vergessen, dass wir direkt vor der Haustür zahlreiche z k c U m d W n b f l v W s s s E v m m w b T R t d u k l r a u u t d S a D E s k r b s b l l r S Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Altmaier, Peter CDU/CSU 05.06.2003 Braun, Helge CDU/CSU 05.06.2003 Bury, Hans Martin SPD 05.06.2003 Deittert, Hubert CDU/CSU 05.06.2003* Glos, Michael CDU/CSU 05.06.2003 Griefahn, Monika SPD 05.06.2003 Grosse-Brömer, Michael CDU/CSU 05.06.2003 Hartnagel, Anke SPD 05.06.2003 Hintze, Peter CDU/CSU 05.06.2003 Hörster, Joachim CDU/CSU 05.06.2003* Kauder (Bad Dürrheim), Siegfried CDU/CSU 05.06.2003 Kramme, Anette SPD 05.06.2003 Lintner, Eduard CDU/CSU 05.06.2003* Möllemann, Jürgen W. fraktionslos 05.06.2003 Neumann (Bramsche), Volker SPD 05.06.2003 Raidel, Hans CDU/CSU 05.06.2003* Schröder, Gerhard SPD 05.06.2003 Dr. Uhl, Hans-Jürgen SPD 05.06.2003 Wolf (Frankfurt), Margareta BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 05.06.2003 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht Rund 10 000 Kilometer lange Binnenwasserstraßen, ahlreiche reizvolle Seen sowie rund 23 000 Quadrat- ilometer Seewasserstraßen an Nord- und Ostsee ma- hen Deutschland zu einem attraktiven Wassersport- und rlaubsrevier mit zentraler Lage in Europa. Zudem ist es it den europäischen Nachbarn in Ost und West sowie em Mittelmeer und dem Schwarzen Meer auf dem asserweg verbunden. Hinzu kommen noch viele klei- ere Flüsse, die nur mit Kanus und Ruderbooten befahr- ar sind. Der Wassertourismus als naturnahe Urlaubsform er- reut sich aufgrund des attraktiven Angebots in Deutsch- and immer größerer Beliebtheit. Allerdings sind die ielfältigen Möglichkeiten zur touristischen Nutzung des assers hierzulande bei weitem noch nicht ausge- chöpft. Zu diesem Fazit kommt die Grundlagenunter- uchung zum Wassertourismus, die vom Bundeswirt- chaftsministerium in Auftrag gegeben wurde und deren rgebnisse jüngst veröffentlicht worden sind. Die Studie versucht zunächst eine Abgrenzung der erschiedenen Sparten des Wassertourismus vorzuneh- en. Untersucht hat sie insbesondere den Wassertouris- us im engeren Sinne. Dazu gehören Wasserwandern, ie zum Beispiel der Kanutourismus, Segeln, Motor- ootfahren, Bootchartertourismus, Surfen, Wasserski, auchen, Angeln, Fischen und auch Trendsportarten wie afting oder Canyoning. Natürlich sind auch alle Spar- en der Schifffahrt Teil des Wassertourismus. Insbeson- ere Hochsee- und Flusskreuzfahrten liegen im Trend nd verzeichnen steigende Gästezahlen. Bei den Fluss- reuzfahrten war im Jahr 2002 ein Umsatz von 265 Mil- ionen Euro zu verzeichnen. Dies entspricht einer Steige- ung von 200 Prozent gegenüber 1995. Zum Wassertourismus im weiteren Sinne rechnet man lle Aktivitäten am Wasser, wie beispielsweise Strand- nd Campingtourismus, Strandsport, Ruderbootverleihe nd vieles mehr. Maritime Großveranstaltungen, Werf- enbesichtigungen oder Schifffahrtsmuseen bezeichnet ie Studie als „mit dem Wassertourismus verbundene egmente“. Die Segmente des Wassertourismus sind lso sehr vielfältig. Dies macht eine allgemeingültige efinition und die Erfassung der Daten so schwierig. Eine gezielte Förderung des Wassertourismus – so das rgebnis der Studie – trägt zum Ausbau des Tourismus owie zur Stärkung der touristischen Wettbewerbsfähig- eit Deutschlands innerhalb der europäischen Konkur- enz bei. Damit wird die Bundesregierung in ihrem Handeln estätigt, die den Wassertourismus als wichtiges Markt- egment längst erkannt hat. So hat die Bundesregierung ereits 1999 den Wassertourismus in ihren tourismuspo- itischen Bericht einfließen lassen. Neben der wirtschaft- ichen Bedeutung dieses touristischen Segments wird da- in auf die finanzielle Beteiligung des Bundes an der ubstanzerhaltung der ostdeutschen Wassersportreviere 4112 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 (A) ) (B) ) Auf deutschen Gewässern gelten eine Vielzahl von gesetzlichen Bestimmungen, die für touristische Nutzer und insbesondere Laien kaum durchschaubar sind. Ins- besondere das Nutzungsrecht für deutsche Wasserstra- ßen ist sehr komplex. Daher hat der Bundesverkehrsminister im Jahr 2000 die so genannte Charterscheinregelung eingeführt. Der auf drei Jahre befristete Feldversuch beschränkt sich auf das Gebiet von der Müritz-Elde-Wasserstraße über den Plauer See und die Stör-Wasserstraße bis zur Müritz- Wasserstraße und die Obere-Havel-Wasserstraße. Dane- ben ist auch die Saar bis zur deutsch-französischen Grenze mit dem Charterschein befahrbar. Der Charter- schein, der sich am französischen Modell orientiert, gilt nur für Boote, die kürzer als 13 Meter sind und deren Höchstgeschwindigkeit 12 Stundenkilometer im stillen Wasser nicht überschreitet. Der Bundesverkehrsminister hat dem Verkehrsausschuss unlängst – kurz vor Abschluss des Feldversuchs – einen ersten Ergebnisbericht vorgelegt. Insgesamt kann festge- stellt werden, dass sich das Charterscheinsystem bewährt hat. Wasser- und Schifffahrtsämter sowie Wasserschutz- polizeien bestätigen, dass Führer von Charterbooten vor- sichtig fahren und sich rücksichtsvoll verhalten. Unsi- cherheiten in bestimmten Situationen, wie zum Beispiel in Schleusen, können durch Ergänzungen bei der forma- lisierten Einweisung behoben werden. Die Einführung des Charterscheins hat die Entwick- lungschancen des Wassertourismus schon ein gutes Stück vorangebracht. Je nach Größe des Unternehmens und des Angebots macht der Anteil der mit Charter- schein vermieteten Boote zwischen 15 und 30 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Darüber hinaus sind inzwi- schen auch Auswirkungen für Bootsschulen bemerkbar. Befragungen durch Charterunternehmen haben ergeben, dass 75 Prozent der Kunden, die ein Boot mit Charter- schein geführt haben, sich im folgenden Herbst ausbil- den lassen, um den Sportbootführerschein zu erwerben. Aufgrund der Erfolge hat das Bundesverkehrsminis- terium grundsätzlich seine Bereitschaft erklärt, die Rege- lung geographisch auszudehnen. Dazu sollen alle in Be- tracht kommenden Wasserstraßen aufgenommen und es der unternehmerischen Entscheidung überlassen werden, ob auch kleinere Wasserstraßen im Charterbetrieb ange- boten werden sollen. Anders als in anderen europäischen Urlaubsrevieren, wie in Irland, Frankreich, England oder den Niederlan- den, wo der Urlaub mit und auf dem Boot zum festen touristischen Programm gehört, sind die Möglichkeiten des Bootsurlaubes in den deutschen Revieren in der Öf- fentlichkeit noch zu wenig bekannt. Hinsichtlich der Öf- fentlichkeitsarbeit wird das Themenjahr 2004 der Deut- schen Zentrale für Tourismus „Faszination Wasser – Meere, Flüsse und Seen in Deutschland“ einen wichtigen Beitrag leisten können. In erster Linie ist es wichtig, dass es zu einer länderüber- greifenden Angebotsgestaltung und zu einer bundesweiten Abstimmung der bisher fast ausschließlich auf Landes- ebene durchgeführten Marketingaktivitäten kommt. Als O m u v i b A c n T f t k b b S b A b U n 1 s s f g g z t s g W E l n m s d 2 V I r w d r f n s s s d s (C (D rientierung und Hilfe bei der Planung und Umsetzung uss zunächst eine bundesweite einheitliche Erfassung nd Bewertung der wassertouristischen Infrastruktur orgenommen werden. Landesweite Entwicklungskonzepte gibt es bisher nur n fünf Bundesländern: Berlin, Brandenburg, Mecklen- urg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen- nhalt. Der Grund liegt in den ungleichen naturräumli- hen Voraussetzungen der einzelnen Bundesländer. Den- och ist der Wassertourismus für alle Bundesländer ein hema. Daher ist eine länderübergreifende Kooperation ür das Marketing unerlässlich. Weiteren Handlungsbedarf zeigt die Grundlagenun- ersuchung hinsichtlich der zielgruppengerechten Ver- nüpfung wasser- und landseitiger touristischer Ange- ote auf. Die Region Berlin/Brandenburg bietet sich eispielsweise hervorragend an, den Wasser- mit dem tädtetourismus zu verbinden. Am Sandstrand Sonnen- aden, mit der Motoryacht die Stadt erkunden, am bend im Biergarten den Sonnenuntergang am Wasser eobachten. Einen schöneren abwechslungsreicheren rlaub kann ich mir kaum vorstellen. Dies gibt es eben icht nur am Meer oder in Amsterdam. Mit mehreren 00 Kilometern schiffbaren Flüssen und Kanälen sowie ieben Seen liegt Berlin inmitten des größten Wasser- portreviers Europas. Rhein, Neckar, Main, Mosel und Donau liegen eben- alls in landschaftlich schönen Lagen. An ihren Ufern ibt es zahlreiche historische Städte, die zum Besichti- en einladen. Auch hier lässt sich noch reichlich Poten- ial erschließen und mit anderen touristischen Angebo- en verknüpfen. Voraussetzung für die sportliche Nutzung der Wasser- traßen ist natürlich deren Instandhaltung. Die Bundesre- ierung investiert in Bau, Betrieb und Unterhaltung des asserstraßennetzes insgesamt jährlich 1,5 Milliarden uro. In der Erschließung historischer, romantischer Kanäle iegt eine weitere Reserve. Ein gutes Beispiel ist der Fi- owkanal nordöstlich von Berlin. Er wird seit 1988 ge- einsam mit dem Land Brandenburg grundinstandge- etzt. Dazu gehört die denkmalgerechte Wiederherstellung er historischen Schleuse Eberswalde, die im September 001 rechtzeitig zu ihrem 170. Geburtstag wieder für den erkehr freigegeben wurde Das Ergebnis sind nachhaltige mpulse für die Region. Eine andere Verknüpfungsmöglichkeit liegt im Fahr- adtourismus. Radwanderungen an historischen Binnen- asserstraßen gewinnen zunehmend an Bedeutung für en Fremdenverkehr. Um die Kapazitäten in diesem Be- eich noch weiter auszuschöpfen, haben die Regierungs- raktionen beschlossen, in diesem Jahr erstmals 10 Millio- en Euro für den Bau von Radwegen an Bundeswasser- traßen bereitzustellen. Ähnlich der Deutschen Alleen- traße stelle ich mir einen Deutschen Wasserwanderweg ehr reizvoll vor. Auch an dieser Stelle zeigt sich der Be- arf an länderübergreifender Kooperation. 6,3 Millionen deutsche Wassersportler und ein Um- atz von 1,67 Milliarden Euro lassen darauf schließen, Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 4113 (A) ) (B) ) dass der Wassertourismus in Deutschland über gute Ent- wicklungschancen mit beträchtlichem Wirtschaftpoten- zial und Arbeitsplätzen verfügt. Die rot-grüne Bundesre- gierung wird dieses touristische Marktsegment daher weiter fördern, um seine Potenziale voll zu erschließen. Dabei werden wir darauf achten, dass die notwendige Balance zwischen Naturschutz und Wassersport gewahrt bleibt. Dies liegt auch im wirtschaftlichen Interesse. Schließlich wollen die Wasserurlauber einen naturnahen Urlaub erleben. Die Wassertourismus-Studie zeigt eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten auf, deren Umsetzung wir nun prüfen müssen. Zu diesem Zweck haben die Regierungs- fraktionen eine öffentliche Anhörung zum Thema „Was- sertourismus“ beantragt. Diese wird am 2. Juli stattfin- den und Wassersportverbänden, Reedereien usw. die Möglichkeit geben, ihre Erfahrung und Vorschläge mit einzubringen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir diese Anhörung erst abwarten und auswerten; denn sie wird sicherlich noch weitere wichtige Erkenntnisse bringen. Leider hat die Opposition darauf bestanden, ihren Antrag heute zu be- raten. Obwohl wir uns ja scheinbar einig sind; denn au- ßer den Faziten der Grundlagenuntersuchung konnte ich keine neuen Aspekte finden. Aber gut, so leisten wir hier einen nicht unwichtigen Beitrag zur Öffentlichkeits- arbeit. Wilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU): Heute bera- ten wir einen Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Thema „Wassertourismus in Deutschland“. Es ist unser Anliegen, auf die Bedeutung dieses äu- ßerst breit gefächerten touristischen Segments aufmerk- sam zu machen. Es ist aber auch unser Anliegen, die Handlungsmöglichkeiten des Bundes in diesem Bereich aufzuzeigen und geeignete Maßnahmen anzuregen, um dem Wassertourismus in Deutschland zu einer höheren Bedeutung zu verhelfen, eine bessere Koordination und Verknüpfung der Einzelmaßnahmen in den Bundeslän- dern und Regionen zu ermöglichen und den Wasser- sportbereich in Deutschland zu einem postiven Image- faktor für unser gesamtes Land zu machen. In ökonomischen Begriffen ist die so genannte Erst- ausstattung ein wesentliches Merkmal der internationa- len Arbeitsteilung und ein wesentlicher Faktor dafür, wo etwas am effektivsten produziert werden kann. Vor un- serem heutigen konkreten Hintergrund kann man die „natürliche Erstausstattung“ Deutschlands für das Pro- dukt Wassertourismus als hervorragend bezeichnen, prä- destiniert dafür, auch international eine herausragende Rolle zu spielen. In Europa gibt es schiffbare Binnenge- wässer in einer Länge von etwa 40 000 Kilometern. Das 10 000 Kilometer lange Netz von Bundes- oder Landes- wasserstraßen in Deutschland ergänzt um eine geogra- phisch breit gestreute Seenlandschaft sowie schließlich 23 000 Quadratkilometern an Seewasserstraßen an Nord- und Ostsee liegt nicht nur räumlich inmitten die- ser europäischen Struktur, es kann auch im übertragenen Sinne Zentrum einer entwicklungsfähigen Wachstums- branche sein. b t m m S a u S z g b m b P K d t G S b „ g s m U w u V a w a e b k D n s D n n t f (C (D So lang die Wasserstraßen in Deutschland sind, so reit ist das Spektrum der Aktivitäten, die wir hier be- rachten wollen. Zum einen verknüpfen wir alles das da- it, was an sportlicher Aktivität auf und im Wasser öglich ist: Kanusport, Motorbootfahren, Segeln, urfen, Wasserski, Tauchen, Angeln, Fischen und uch die Trendsportarten der letzten Jahre wie Rafting nd Canyoning. Der andere große Bereich ist der der chifffahrt, die in verschiedenster Ausprägung die Frei- eitgestaltung der Menschen prägt, angefangen von der roßen Flusskreuzschifffahrt über die Fahrgastschifffahrt is hin zur Fährschifffahrt. Wenn man diese Aktivitäten alle anspricht, so muss an vor allem eines feststellen: Es gibt in Deutschland ereits zahlreiche und erfolgreiche Konzeptionen und rogramme, die aber in Form von bundeslandweiten onzepten oder Untersuchungen vorliegen. Vor allem in en neuen Bundesländern und in Norddeutschland exis- ieren breit angelegte Grundlagen zur Ausnutzung und estaltung der Ressourcen. Es kann Sie nicht überraschen, dass ich an dieser telle auch die kurz nach Stellung unseres heute zur De- atte stehenden Antrages erschienene Grundlagenstudie Wassertourismus“ gerne mit heranziehe. Die Hambur- er Messe- und Congress GmbH hat mit mit dem Deut- chen Tourismusverband unter Förderung des Bundes- inisters für Wirtschaft und Arbeit eine wichtige ntersuchung vorgelegt, die die Situation analysiert so- ie kurz-, mittel- und langfristige Handlungsvorschläge nterbreitet, die sich weitestgehend auch mit unseren orstellungen decken. Sicherlich darf ich vor diesem Hintergrund davon usgehen, dass uns alle über die Fraktionsgrenzen hin- eg die Überzeugung eint, dass dieses Thema für uns lle wichtig ist und wir in diesem Bereich auch als Bund twas tun müssen und sollten. Gerne zitiere ich aus dieser Studie an dieser Stelle: „Insbesondere die wassertouristischen Initiativen zeigen deutlich, worauf es jetzt und zukünftig im Wassertourismus ankommt: auf die Verknüpfung wasser- und landseitiger Angebote und die Stär- kung von Kooperationen über alle Handlungsebe- nen und wassertouristisch relevanten Akteure hin- aus. Dahinter steht die Erkenntnis, dass Wassertourismus mehr ist, als das reine Wasser- sporterlebnis auf dem Wasser.“ Auch die Studie sagt übrigens, dass alle vorliegenden, undeslandweiten wassertouristischen Entwicklungs- onzepte als „vorbildlich“ bezeichnet werden können. ie Vernetzung diese guten Einzelansätze scheint als ächster Schritt daher einfach auf der Hand zu liegen. „Der Mensch lebt nicht nur vom Brot alleine“. Über- etzen wir dies einmal in unsere Begriffe der heutigen ebatte, so muss man feststellen, dass Wassertourismus icht nur vom Wasser alleine leben kann. Es reicht heute icht, die geeignete Wasserfläche oder -strecke anzubie- en; es muss immer eine Infrastruktur an Land geschaf- en werden, die die Aktivität umrahmt. Vielleicht ist der 4114 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 (A) ) (B) ) Flusskreuzfahrer noch halbwegs autonom, aber insbe- sondere Boote brauchen Anlegestellen, Rastplätze, sani- täre Anlagen an Land, Tank- und Entsorgungsmöglich- keiten oder auch Restauration und Hotellerie. Wir müssen uns verdeutlichen, dass die Hemm- schwelle, wassertouristische Angebote anzunehmen, deutlich sinkt, wenn eine Infrastruktur „drumherum“ ge- schaffen wird, die den Menschen etwa die Frage beant- wortet: Wo ruhe ich mich aus? Wo esse ich? Wo schlafe ich? Wenn wir heute einerseits darüber klagen, dass die Binnennachfrage stagniert und andererseits wissen, dass der Umfang der Freizeit steigt und deren Gestaltung für die Menschen wichtiger wird, was anderes kann uns dann einfallen, als durch Schaffung von Rahmenbedin- gungen die Nachfrage nach Tourismusdienstleistungen in Deutschland durch Deutsche anzukurbeln? Wenn dann auch noch ausländische Gäste aufmerksam werden und zu uns kommen: umso besser! Ein florierender Was- sertourismus in Deutschland kann wichtige Wachstums- impulse für verschiedenen Branchen geben: angefangen von den Bootsbauern und den Sportartikelherstellern bis hin zu Reiseveranstaltern, Gastronomie und Hotellerie. Man sollte die Dimension dieser Ausgabeströme nicht unterschätzen. So wird das Potenzial der Interessenten für Surfen auf 1,2 bis 3,8 Millionen Deutsche geschätzt, beim Kanufahren auf 1,2 bis 1,4 Millionen und bei den Tauchern auf 1,2 bis 3,2 Millionen. Es ist klar, dass die- ses gesamte Potenzial nicht auszuschöpfen ist und dass viele an Wassersport Interessierte auch ins Ausland rei- sen, um ihren Interessen nachzugehen. Für Deutschland jedoch gilt es, sich aus diesem Kuchen ein möglichst großes Stück abzuschneiden, um insbesondere auch at- traktive Wochenend- und Kurzreisen ohne große Fahrt- strecken im eigenen Land zu ermöglichen. Ich bin jeden- falls überzeugt, dass man in diesem Bereich das offenbar latent vorhandene Nachfragepotenzial wecken, aktivie- ren und in Form von realer Nachfrage abrufen kann. Wassertourismus in Deutschland ist ein europäisches Thema: Wenn ich oben davon sprach, dass Deutschland eine herausragende Rolle einnehmen kann, so muss dies kein krasses Konkurrenzdenken zu Nachbarländern aus- lösen. Im Gegenteil: Nicht nur in Deutschland selbst können Angebote verknüpft werden, auch verschiedene nationale Angebote können und sollen ineinander über- gehen. In den Zeiten, da der ehemalige Ostblock sich ge- öffnet hat und viele Staaten kurz vor dem Eintritt in den gemeinsamen EU-Markt stehen, sollten wir diesen Ge- danken fördern. Eines unserer zentralen Anliegen ist die Schaffung einer Koordinierungsinstanz unter Federfüh- rung des Bundes, aber in enger Zusammenarbeit mit den Ländern und Tourismusorganisationen. Nicht das Rad neu erfinden, aber eine Vielzahl von Rädern zu einem funktionierenden Räderwerk zu vereinen, dies sollte der Leitgedenke dabei sein. Was wir auch tun sollten – so empfiehlt es uns auch die Studie –, ist, für eine weitestgehende Deregulierung der gesetzlichen Vorschriften sorgen, um eine Entfaltung der Aktivitäten der Menschen zu ermöglichen. Eines der plausibelsten Beispiele: Ein nach unserer Auffassung zu strenges Führerscheinrecht im Bootsbereich macht es in D f h B s d s k w e ß b in te z g w la m w G z d s k „ t D t b V n e S s s N t l p d r S r w T F c s m h (C (D eutschland sehr schwer, ein Boot zu chartern und zu ühren. Es muss denkbar sein, hier eine Vereinfachung erbeizuführen. Der laufende Pilotversuch in einigen undesländern zur Einführung eines Charterscheines cheint ja positve Ergebnisse zu zeigen, sodass wir auf iesem eingeschlagenen Weg eine neue Regelung treffen ollten. Ein wesentliches Thema ist natürlich das Außenmar- eting für eine Vielzahl von verknüpften Angeboten: So ie es Sinn macht, dass nicht jeder kleinere Kurort oder ine einzelne Touristenattraktion selbst ein breites Au- enmarketing betreibt, sondern dies auf höherer Ebene ündelt, so macht es sicher auch Sinn, Wassertourismus Deutschland koordiniert darzustellen und zu vermark- n. Ich hoffe, dass wir vor dem Hintergrund der von mir itierten Studie und auf der Basis unseres Antrages einen emeinsamen Ansatz finden, um wichtige und lohnens- erte Wege zur Förderung des Wassersports in Deutsch- nd beschreiten. Die vereinbarte Anhörung im Touris- usausschuss wird uns in Kürze sicher noch weitere ertvolle Hinweise geben. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Mit etwa 6,4 Millionen Menschen, die sich umindest gelegentlich auf, im oder unter Wasser befin- en, hat sich der Wassersport längst zu einem Breiten- port entwickelt. Die im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums ürzlich herausgegebene Grundlagenuntersuchung Wassertourismus in Deutschland“ belegt das große In- eresse, das wir diesem Tourismussegment zumessen. er Wassersport gehört zu den besonders naturorientier- en Sportarten. Der enge Kontakt zu einer möglichst un- erührten Natur besitzt einen hohen Stellenwert. Die erstädterung und Bewegungsarmut einerseits, die Zu- ahme an Freizeit und Mobilität andererseits führen zu iner immer stärkeren Nachfrage nach Erholung und port in der freien Natur. Mit der wachsenden Zahl der sportlich Aktiven wach- en auch die Ansprüche an die wassersportliche Infra- truktur – aber auch die Konflikte, vor allem mit dem aturschutz. Ihr Antrag spart diesen Aspekt des Wasser- ourismus weitgehend aus, wie er insgesamt trotz seiner obenswerten Kürze bemerkenswert viel Allgemein- lätze enthält. Vielleicht wäre es Ihrem Anliegen doch ienlicher gewesen, die im Ausschuss vereinbarte Anhö- ung mit den Verbänden abzuwarten, statt mit einem chnellschuss Aktivität weitgehend nur zu suggerieren. Die CDU/CSU fordert in ihrem Antrag die Bundes- egierung dazu auf, bei Maßnahmen des Natur- und Um- eltschutzes die Belange der Verbände der Wassersport reibenden angemessen zu berücksichtigen. In meiner unktion als tourismus- und naturschutzpolitische Spre- herin meiner Fraktion möchte ich mich vor allem die- em Aspekt zuwenden, aber nicht ohne vorweg anzu- erken, dass der Naturschutz nach Art. 75 Grundgesetz oheitliche Aufgabe der Länder ist und Sie sich für Ihre Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 4115 (A) ) (B) ) diesbezügliche Forderung an die Bundesregierung schlichtweg den falschen Adressaten ausgesucht haben. Es ist nun einmal das Merkmal des Natursports, dass er bevorzugt an solchen Stellen der Natur stattfinden soll und stattfindet, wo deren Verwundbarkeit besonders groß ist. Noch gibt es Uferpartien voller Artenvielfalt und auf bestimmten Flussabschnitten befinden sich na- tional bedeutsame Raststätten von Wasservögeln, die ab- solut keine Störung vertragen. Hieraus resultieren die klassischen Konflikte zwischen dem Naturschutz und den Interessen von Wassersportlern. Begünstigt durch verbesserte Ausrüstungen, immer neue Geräte und Bootsarten hat die zeitliche und räumliche Ausdehnung von Freizeitaktivitäten in und am Wasser in Bereiche stattgefunden, bei denen früher natürliche Grenzen ge- setzt waren. Es gibt kaum noch unerreichbare Gebiete oder Jahreszeiten, in denen kein Wassersport betrieben wird. Hier brauchen wir in der Tat einen fairen, für alle tragfähigen Interessenausgleich zwischen Wassersport, den Belangen des Naturschutzes und denen der Ruhe su- chenden Touristen. Ich will eines aber deutlich heraus- stellen: Die Probleme, die wir in und auf Flüssen und Bächen haben, sind zumeist ursächlich nicht dem Natur- sport anzulasten. Vielmehr ist es so, dass wir es in Deutschland in den letzten Jahrzehnten geschafft haben, praktisch unser gesamtes Fließgewässersystem künstlich zu verändern – zu kanalisieren, zu begradigen –, und zwar aus häufig zweifelhaften Gründen. Ruhe, Ungestörtheit und Abgelegenheit, wie immer Sie es nennen wollen, das ist jedenfalls zu einer unserer seltensten Ressourcen geworden. Wir brauchen deshalb eine naturverträgliche Ausgestaltung der Erholungsnut- zung und vor allem Fairnessregeln des Natursports ge- genüber der Natur. Die wichtigste Fairnessregel für den Natursport sollte sein, dass die Natur schlicht und ein- fach keinen Schaden erleiden darf. In den Lebensstätten von störungsempfindlichen Tierarten bedeutet das zu- nächst: Während der Brutzeit und Jungvogelaufzucht müssen die Menschen sich fernhalten. Viele Konflikte haben sich in der Vergangenheit allein an dieser ganz einfachen und selbstverständlichen Regel entzündet. Ihre Einhaltung sollte so selbstverständlich werden wie die Hinnahme von Einschränkungen aus wasserwirtschaft- lichen Gründen. Das neue Bundesnaturschutzgesetz hilft uns bei der Bewältigung von Konflikten. Es setzt verstärkt auf frei- willige Vereinbarungen anstelle des Ordnungsrechts. Wo immer ein Spielraum gegeben ist oder Vereinbarungen und Selbstverpflichtungen einen wirklich effizienten Schutzmechanismus ermöglichen, soll dieser Weg auf jeden Fall versucht und beschriften werden. Ein gutes Beispiel wurde mir heute vorgestellt, näm- lich die Kooperationsvereinbarung zum Projekt „Natur- schutz und Wassersport auf dem Greifswalder Bodden und Strelasund“, abgeschlossen zwischen WWF Deutschland und dem Landesanglerverband Mecklen- burg-Vorpommern. Gemeinsam wurden freiwillige Ver- einbarungen zum Schutz des Gebietes erarbeitet und Karten mit einer detaillierten zeitlichen und räumlichen Z Z d d n g s s B r d K w N l h N w d s h g g s g g s g r ü i s D m r W a M t t t R b d v z g e m s l z m (C (D onierung für Angler entwickelt. Sie zeigen, zu welchen eiten die Angler besonders empfindliche Bereiche mei- en sollen, und enthalten interessante Informationen zu en Gebieten. Die Einhaltung der Vereinbarungen wird un von ehrenamtlichen Revierlotsen kontrolliert. Wichtig für die Konfliktprävention sind auch Beteili- ung an und Information über Vorhaben, die den Was- ersport tangieren. Auch das ist im neuen Bundesnatur- chutzgesetz geregelt. Wir haben in dieser Hinsicht die elange der Wassersport treibenden Sportverbände be- eits gefördert und von den Verbänden wurde und wird as auch anerkannt. Wenn Sie, liebe Kolleginnen und ollegen von der Opposition, hier noch mehr erreichen ollen, dann sorgen Sie dafür, dass bei den anstehenden ovellierungen der Landesnaturschutzgesetze die Betei- igungs- und Informationsrechte ausgebaut werden. Uns aben Sie dabei immer an Ihrer Seite. Es gibt jetzt sogar die gesetzliche Möglichkeit, dass atursportverbände als Naturschutzverbände anerkannt erden. Allerdings ist hierbei strikt darauf zu achten, ass nur solche Sportverbände anerkannt werden, die tat- ächlich auch Naturschutzorganisationen sind. Dass Sie, Herr Brähmig, Herr Hinsken, eine Verein- eitlichung der Befahrensregelung auf den Gewässern in anz Deutschland fordern, verwundert mich schon. Ich laube nicht, dass das tatsächlich im Interesse der Was- ersportler liegt. Vielmehr sprechen sich diese doch ge- en generelle Regelungen aus, weil diese notwendige re- ionale Differenzierungen ausschließen. Wenn etwas innvoll ist, dann ist das meines Erachtens die Festle- ung eines einheitlichen Verfahrens, in dem Befahrens- egelungen vor Ort getroffen werden. Aber hierüber und ber noch vieles mehr werden wir in der Anhörung und m Ausschuss noch ausgiebig diskutieren können. Ernst Burgbacher (FDP): Der Wassertourismus ist chon heute ein bedeutendes und lohnendes Segment. abei ist eine Definition des Begriffs „Wassertouris- us“ nicht einfach. Eine mit Mitteln des Bundesministe- iums für Wirtschaft und Arbeit geförderte Studie zum assertourismus in Deutschland fasst darunter zunächst lle Tourismusangebote zusammen, in denen das offene eer, Küstengewässer, Seen, Flüsse und Kanäle die na- ürliche Grundvoraussetzung für touristische Aktivitä- en darstellen. Die Studie differenziert zwischen Wasser- ourismus im engeren und weiteren Sinne – Segeln, udern, Schwimmen, Angeln, Surfen, Tauchen, Motor- oot, Wasserski, Flussreisen oder beispielsweise die Tra- itionsschifffahrt – und den mit dem Wassertourismus erbundenen Segmenten, bei denen das Thema Wasser war eine Rolle spielt, aber eher passiv erlebt wird. 6,34 Millionen Deutsche betreiben „mehr oder weni- er aktiv“ Wassersport. Beim Wassertourismus handelt s sich um einen entwicklungsstarken Wirtschaftszweig it noch ungenutzten Potenzialen. Handlungsbedarf be- teht insbesondere bei der Verknüpfung von wasser- und andseitigen Angeboten, das heißt bei der Schaffung von ielgruppengerechten Angeboten. Dabei ist ein ange- essener Ausgleich von Wassersport und Naturschutz 4116 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 48. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 (A) (C) (B) (D) zu berücksichtigen. Kooperationen zum Nutzen aller Be- teiligten sind hier erfolgversprechend. Rechtliche Rah- menbedingungen wie Führerscheinregelungen sind zu erleichtern. Erstrebenswert sind ein bundesweiter Was- serwanderwegeplan sowie ein übergreifendes Marke- ting. Wassertourismus hat Zukunft und kann Arbeitsplätze schaffen. Die bisherigen Zuwächse lassen für die Zu- kunft weiteres Wachstum erwarten. Eine gezielte Förde- rung des Wassertourismus, so die Studie, trage zum Aus- bau des Tourismus sowie zur Stärkung der touristischen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands innerhalb der euro- päischen Konkurrenz maßgeblich bei. Dennoch stehen die aktuelle Politik der rot-grünen Bundesregierung zu den Ergebnissen der Untersuchung in einem merkwürdigen Widerspruch. So berichtet der DTV, dass die Nachfrage nach Kreuzfahrten sich kon- stanter Zuwächse erfreut. Im Jahr 2002 wurden bei Flusskreuzfahrten rund 221 000 deutsche Passagiere re- gistriert. Sie generierten einen Umsatz von 265 Millio- nen Euro. Das entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 18 Prozent. Welchen Beitrag zur Verste- tigung dieser Zuwächse soll aber eine grüne Verhinde- rungspolitik darstellen, die ausschließlich Risiken zur Leitschnur für politische Entscheidungen macht? Wer die Wachstumsbranche Wassertourismus feiern möchte, muss auf Ideologie beim Hochwasserschutz und Fluss- ausbau verzichten. Eine andere Forderung des DTV ist, „entsprechende zielgruppengerechte Angebote zu schaffen“. Gemeint sind damit Gastronomie, Beherbergung und sonstige Einkäufe im Bereich des „Wassertourismus“. Genau hier aber liegt die größte Schwäche der rot-grünen Bundes- politik: Kaum eine ökonomische Herausforderung, der Rot-Grün nicht mit einer Steuer- oder Abgabenerhöhung begegnet. Die beschlossene Erhöhung der Tabaksteuer und die von den Grünen geforderten höheren Steuern auf Alkohol und Branntwein können beispielhaft genannt werden. Diese Steuererhöhungen in Deutschland haben die aktuelle Konjunktur- und Konsumflaute nochmals verschärft. Das wiederum geht insbesondere zulasten der Tourismusbranche. Wenn die Menschen weniger Geld in den Taschen haben, sparen sie zuallererst hier. Solange Rot-Grün die falschen steuer-, wirtschafts- und arbeits- marktpolitischen Rahmenbedingungen setzt, wird die gesamte Tourismusbranche leiden. Es ist gut, wenn wir neue Stärken des Deutschland- Tourismus herausstellen. Die Initiative der DZT begrüße ich ausdrücklich, der Antrag der Union wird von uns un- terstützt. Leider wird die Wirkung bei der verfehlten Po- litik von Rot-Grün nur gering sein. Sinnvolle Initiativen im Tourismus sind gut, eine neue Politik wäre noch wichtiger! 48. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2003 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504800000


Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer feierte am
31. Mai ihren 60. Geburtstag und der Kollege Haupt am
29. Mai ebenfalls seinen 60. Geburtstag. Ich gratuliere
der Kollegin und dem Kollegen im Namen des Hauses
nachträglich sehr herzlich.


(Beifall)

Sodann müssen zwei Nachwahlen vorgenommen

werden. Im Wahlprüfungsausschuss ist die bei der Frak-
tion des Bündnisses 90/Die Grünen noch offene Position
des stellvertretenden Mitglieds zu besetzen. Hierfür wird
der Kollege Josef Philip Winkler vorgeschlagen. Sind
Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen Wider-
spruch. Dann ist der Kollege Josef Philip Winkler als
stellvertretendes Mitglied in den Wahlprüfungsaus-
schuss gewählt.

Für den Beirat bei der Bundesbeauftragten für die Un-
terlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen
DDR schlägt die Fraktion der CDU/CSU das bisherige
Mitglied Professor Dr. Manfred Wilke für eine weitere
Amtszeit vor. Sind Sie auch damit einverstanden? – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist Professor Wilke ge-

Redet
mäß § 39 Abs. 1 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes in den
Beirat gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung zu erweitern. Die Punkte sind in der Ih-
nen vorliegenden Zusatzpunkteliste aufgeführt:

1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der SPD und
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Forderungen aus
Union und FDP zum Verzicht auf Schuldenerlasse und zur
Eintreibung von Schulden im Ausland (siehe 47. Sitzung)


2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Willi Brase, Jörg
Tauss, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Dr. Thea
Dückert, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Lasten ge-
recht verteilen – Mehr Unternehmen für Au
winnen – Drucksache 15/1090 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und

(C (D ung en 5. Juni 2003 0 Uhr Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Tourismus 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Pieper, Christoph Hartmann geordneter und der Fraktion der FDP: Ausbildung belohnen statt bestrafen – Ausbildungsplätze in Betrieben schaffen statt Warteschleifen finanzieren – Drucksache 15/1130 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Tourismus 4 a)

Wolfgang Spanier, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Franziska
Eichstädt-Bohlig, Volker Beck (Köln), Ursula Sowa, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN: Stadtumbau Ost auf dem richtigen Weg
– Drucksache 15/1091 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Finanzausschuss
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Petra Weis, Eckhardt
Barthel (Berlin), Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Franziska
Eichstädt-Bohlig, Volker Beck (Köln), Winfried Hermann,

ext
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN: Die Qualitätsoffensive für gutes Planen
und Bauen voranbringen – Drucksache 15/1092 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien

5 a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung
des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Drucksache 15/898
(Erste Beratung 43. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

t und Soziale Sicherung
che 15/1137 –
tattung:
ter Jens Spahn
sbildung ge-
Gesundhei
– Drucksa
Berichters
Abgeordne






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-
schusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-
schaft (10. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten
Gabriele Hiller-Ohm, Gabriele Lösekrug-Möller, Sören
Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der
Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Friedrich
Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten
Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der FDP: Umfassender Schutz der Walbestände –
Verbot kommerziellen Walfangs konsequent durchsetzen
– Drucksachen 15/995 (neu), 15/1128 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Hiller-Ohm
Peter Bleser
Dr. Christel Happach-Kasan

6 Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD und der CDU/CSU
für die vom Deutschen Bundestag gemäß §§ 31 und 36 des
Gesetzes über die Rundfunkanstalt des Bundesrechts
„Deutsche Welle“ (Deutsche-Welle-Gesetz – DWG) zu
wählenden Mitglieder des Rundfunkrates und des Verwal-
tungsrates der Deutschen Welle – Drucksache 15/1122 –

7 Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Wahl von
Mitgliedern in den Stiftungsrat der „Stiftung zur Aufar-
beitung der SED-Diktatur“ – Drucksache 15/1123 –

8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ernst Hinsken,
Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU: Handwerk mit Zukunft
– Drucksache 15/1107 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP: Meisterbrief erhalten und
Handwerksordnung zukunftsfest machen
– Drucksache 15/1108 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

10 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU,
des BÜNDNISES 90/DIE GRÜNEN und FDP: Sofortige und
bedingungslose Freilassung von Aung San Suu Kyi
– Drucksache 15/1105 –

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so-
weit erforderlich, abgewichen werden.

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(C (D Außerdem wurde vereinbart, den Tagesordnungsunkt 14 – Kriegsdienstverweigerungs-Neuregelungsgeetz – mit den Beratungen ohne Aussprache aufzurufen nd den Tagesordnungspunkt 23 – Graffiti-Bekämpungsgesetz – abzusetzen. Sind Sie mit diesen Vereinbaungen einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. ann ist so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen vom 26. März 2003 zum Nordatlantikvertrag über den Beitritt der Republik Bulgarien, der Republik Estland, der Republik Lettland, der Republik Litauen, Rumäniens, der Slowakischen Republik und der Republik Slowenien – Drucksachen 15/906, 15/1063 – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 15/1117 – Berichterstattung: Abgeordnete Markus Meckel Dr. Friedbert Pflüger Dr. Ludger Volmer Dr. Werner Hoyer Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin onika Heubaum, SPD-Fraktion, das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Der Beitritt Bulgariens, Estlands, Lettlands, itauens, Rumäniens, der Slowakei und Sloweniens zur ATO ist ein wichtiger Meilenstein zur Festigung der tabilität und Sicherheit des euroatlantischen Raums. it ihm wird ein weiteres Kapitel in der Geschichte des rfolgreichsten Sicherheitsprojektes nach dem Ende des alten Krieges geschrieben. Zugleich rückt mit der Aufahme dieser sieben Staaten die große transatlantische ision eines „Europe whole and free“ wieder ein Stück äher. Die NATO der Zukunft nimmt weiter Gestalt an. as sollte für uns alle ein Grund zur Freude sein. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Erste Beratung 44. Sitzung)

Monika Heubaum (SPD):
Rede ID: ID1504800100

(Beifall des Abg. Markus Meckel [SPD])


Blicken wir zurück: Vor vier Jahren hat das Bündnis
it der Aufnahme Ungarns, der Tschechischen Republik
owie Polens bereits einen entscheidenden Schritt hin
ur Überwindung der Teilung Europas gemacht. Damals
ar und heute ist Deutschland einer der entscheidends-
en Verfechter der Öffnung des Bündnisses für weitere
itgliedstaaten. Niemand in diesem Hause dürfte ernst-






(A) )



(B) )


Monika Heubaum
haft Zweifel daran haben, dass sich der Beitritt dieser
drei Länder als großer Gewinn für das Bündnis erwiesen
hat. Die Stabilitäts- und Sicherheitszone, die die NATO
für ihre Mitglieder schafft, wurde ausgeweitet und der
Demokratisierungsprozess in den Beitrittsstaaten ge-
stärkt.

Im Jahre 1999 hätte es wohl keiner von uns für mög-
lich gehalten, dass die Allianz in einer der Hauptstädte
der Beitrittsstaaten nur wenige Jahre später eine Ent-
scheidung von historischer Dimension fällen würde. Mit
dem Prager Gipfel vom vergangenen November hat die
NATO entscheidende Weichen für das 21. Jahrhun-
dert gestellt: nicht nur durch den Beschluss zur Auf-
nahme von sieben neuen Mitgliedstaaten, sondern auch
durch die Festlegung ganz konkreter Maßnahmen vor
dem Hintergrund der Bedrohung durch den internationa-
len Terrorismus. Zudem hat die Allianz hier konkrete
Handlungsziele für das im Jahr 1999 verabschiedete
neue strategische Konzept beschlossen. An dieser Stelle
möchte ich nur beispielhaft die Schaffung einer NATO-
Response-Force, die Umsetzung des Aktionsplanes zur
zivilen Notfallplanung sowie die Initiativen für die Ver-
teidigung gegen nukleare, biologische und chemische
Waffen nennen.

Mit dem Gipfel von Prag hat die NATO ihre Hand-
lungs- und Zukunftsfähigkeit eindrucksvoll unter Be-
weis gestellt. Ich möchte anfügen: Die Frühjahrstagung
der Parlamentarischen Versammlung der NATO – vor
gut einer Woche ebenfalls in Prag – hat ein weiteres Bei-
spiel dafür geliefert, wie gut sich neben Ungarn und Po-
len auch die Tschechische Republik in das Bündnis inte-
griert hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch mit
der weiteren Beitrittsrunde eine Erfolgsgeschichte für
das Bündnis verbunden sein wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die transatlantische Gemeinschaft wird gestärkt, sie
wird aber auch den weiteren neu definierten Aufgaben
gerecht werden und sich den komplexen Herausforderun-
gen sowohl als Bündnis gemeinsamer Verteidigung und
des gegenseitigen Beistandes, insbesondere gegen den
internationalen Terrorismus, als auch als Forum umfas-
sender Krisen- und Konfliktprävention stellen können.

Fest steht, die Eintrittskarten in die NATO haben die
Beitrittsländer nicht zum Nulltarif erhalten. Es darf nicht
verkannt werden, dass jedes der sieben Länder erhebli-
che Anstrengungen unternehmen musste, um die Voraus-
setzungen für die Mitgliedschaft zu erfüllen. Aber die
Aufnahme in das Bündnis bedeutet für die Beitrittslän-
der Stabilität und bildet damit auch die Grundlage für
gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Prosperität. Nur
solche sicheren Rahmenbedingungen eröffnen den Weg
für Investitionen und fördern die Einbringung von aus-
ländischem Kapital. Die Perspektive der Aufnahme in
das Bündnis hat die Reformanstrengungen und den
Demokratisierungsprozess in diesen Ländern erheblich
beschleunigt. Besondere Bedeutung bekommt hier ne-
ben dem Membership Action Plan die Parlamentarische
Versammlung der NATO. Sie führt die Parlamentarier
der Beitrittskandidaten an die Denkstrukturen im Bünd-

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(C (D is heran und ermöglicht die Festigung persönlicher ontakte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage einer eu opäischen Friedensordnung ist nicht allein Sache der ATO. Die Osterweiterung der Europäischen Union eistet einen großen Beitrag zur euroatlantischen Sichereit. Sie ist eine historische Investition in eine prävenive Friedensund Sicherheitspolitik. EU und NATO üssen eine strategische Partnerschaft eingehen. Dafür etzen wir uns mit Nachdruck ein. Sie bildet die Basis ür ein konstruktives Zusammenwirken zwischen einem tarken Amerika und einem gestärkten Europa. Bei allem, was NATO und EU für die Verbesserung er europäischen Sicherheit unternehmen, ist die Partnerchaft mit einem sich demokratisierenden Russland von erausragender Bedeutung. Dies ist eine der transatlantichen Gestaltungsaufgaben im 21. Jahrhundert. Einem odernen, demokratischen und marktwirtschaftlichen ussland kommt bei der Gestaltung der europäischen Siherheit eine große Rolle zu. Die Kooperation des Bündisses mit Russland, aber auch mit der Ukraine ist unerzichtbar. Der NATO-Russland-Rat und der von der ATO-Ukraine-Kommission beschlossene Aktionsplan ind hier wesentliche Meilensteine und stehen als Symol für eine funktionierende und vertrauensvolle Zusamenarbeit. Diese muss auch in Zukunft weiter ausgebaut erden. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich die Arbeit er Joint Monitoring Groups bezüglich Russlands und er Ukraine des NATO-Parlaments hervorheben, die benfalls ein gutes Beispiel für eine fruchtbare Zusamenarbeit darstellen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, niemand wird an
ieser Stelle daran zweifeln, dass Deutschland als ein
and in der Mitte Europas von der zweiten Beitritts-
unde besonders profitieren wird. Aber nicht nur vor die-
em Hintergrund heißen wir die neuen Mitgliedstaaten
er NATO herzlich willkommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nach erfolgreichem Ratifizierungsverfahren könnten
ulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die
lowakei und Slowenien bereits im Mai 2004 formell
itglieder der Allianz sein. Das wäre für Europa ein
ichtiges politisches Signal. Gleichzeitig – das möchte
ch zum Schluss meiner Ausführungen ausdrücklich sa-
en – bleibt die Tür des Bündnisses offen für weitere
itglieder.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504800200


Ich erteile das Wort Kollegen Volker Rühe, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Volker Rühe (CDU):
Rede ID: ID1504800300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Freude, die die Kollegin Heubaum zum Ausdruck ge-
bracht hat, teilt der ganze Bundestag. Dass sich die
NATO um sieben Staaten erweitert, ist ein ganz entschei-
dender Beitrag zur Einheit und Sicherheit Europas.
Fast wirkt das selbstverständlich; aber man muss sich
noch einmal vor Augen führen, wie hart die Debatten vor
zehn Jahren waren und von wem die Initiative ausging.

Sie ist nicht von den Mitgliedstaaten der NATO aus-
gegangen, sie ist von außen gekommen. Es waren Staats-
männer wie Arpád Göncz in Ungarn, Lech Walesa in Po-
len und Vaclav Havel in Tschechien, die an die Tür der
NATO geklopft und gesagt haben: Wir wollen rein, wir
wollen zu euch, wir wollen dieselbe Sicherheit und Frei-
heit haben wie ihr. Kaum jemand hat zunächst auf sie ge-
hört. Man hat alle möglichen Einwände dagegen vorge-
bracht.

Übrigens war auch die Terminologie immer falsch. Es
war falsch, von der Erweiterung der NATO zu sprechen;
einige haben sogar „expansion of NATO“, Expansion
der NATO, gesagt. Es war eine Öffnung nach dem Klop-
fen derjenigen, die sich aus dem Gefängnis des War-
schauer Paktes befreit haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist gut, dass wir letztlich darauf gehört haben und sich
der Prozess heute in eindrucksvoller Weise fortsetzt.

Ich will nicht zu viele Anekdoten erzählen; aber ich
will, weil immer das Zerrbild von den Militärs darge-
stellt wird, als hätten sie sich nichts Schöneres vorstellen
können als eine Ausweitung der NATO, darauf hinwei-
sen, dass das Ganze nicht von den Militärs ausging. Ich
erinnere mich an ein Gespräch 1996 mit einem deut-
schen Mehrsternegeneral, um es dezent auszudrücken,
der mir gesagt hat, Polen könne noch nicht Mitglied der
NATO werden, die Panzer seien nicht gut genug. Ich
sage das nur, um die Geisteshaltung einiger zu verdeutli-
chen.

Wir sollten den Prozess nie vergessen. Wir haben
heute eine Situation, die uns allen nützt. Aber ausgegan-
gen ist sie von denjenigen, die ihre Völker befreit und
gesagt haben: Entweder haben wir in Europa alle ge-
meinsam Sicherheit und Freiheit im Bündnis oder nie-
mand wird sie auf Dauer haben. Das ist die historische
Leistung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich war in vielen Hauptstädten, auch in Bonn,
die Rücksichtnahme auf Russland ein ganz wesentlicher
Faktor. Man muss auch die Veränderung der russischen
Position von Jelzin bis Putin würdigen. Ich glaube, dass
es eine der großen Leistungen auch von Helmut Kohl
war, Jelzin zu bewegen, 1997 den Widerstand letztlich
aufzugeben. Sonst wäre es nicht möglich gewesen, den
ersten Schritt damals in den 90er-Jahren zu vollziehen.

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(C (D Jetzt tun sich manche schwer mit der Nähe dieser euen Mitgliedstaaten zu den Vereinigten Staaten von merika. Ich weiß, das ist bei Ihnen nicht der Fall, Herr ußenminister. Wir müssen aber berücksichtigen, dass eder mit seiner ganz eigenen Geschichte in die NATO ommt. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Auch der Außenminister!)


as gilt am allermeisten für Deutschland. Man muss
ich nur einmal daran erinnern, mit welcher Geschichte
ir 1955 in die NATO gekommen sind. Bis heute sind
nsere militärischen Entscheidungen davon geprägt.
Deswegen sage ich: Den neuen Mitgliedstaaten – das

ind überwiegend Staaten aus dem ehemaligen War-
chauer Pakt –, die vier oder fünf Jahrzehnte länger so-
usagen eingesperrt waren und die nicht frei entscheiden
onnten, darf man keinen Vorwurf daraus machen, dass
ie sicherheits- und freiheitsdominiert sind und dass sie
anz besonderen Wert auf die Beziehung zu den Verei-
igten Staaten von Amerika legen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

as ist historisch verständlich; denn jeder kommt mit
einer eigenen Geschichte in dieses Bündnis. Jeder neue
itgliedstaat muss natürlich beachten, dass es immer
inmal Situationen geben kann, in denen er europäische
nteressen in einem Konflikt mit den Vereinigten Staaten
on Amerika vertreten muss.
Die Messlatte für eine Mitgliedschaft – die Öffnung

leibt bestehen; das hat die Kollegin eben zu Recht im
inblick auf weitere Staaten angesprochen – bleibt
och: einstimmige Zustimmung der Mitgliedstaaten,
ohe Ansprüche an die demokratischen Strukturen und
konomische Fortschritte der Beitrittsstaaten.
Die Zusammenarbeit auf dem Balkan, die die Armeen

äher zusammengebracht hat, ist wichtig. Ich möchte
ber in diesen Tagen an das zehnjährige Jubiläum des
arshall-Centers in Garmisch-Partenkirchen erinnern,
o sich der Verteidigungsminister mit Rumsfeld treffen
ird. Dieses deutsch-amerikanische Gemeinschaftspro-
ekt ist den Deutschen weitgehend unbekannt. Hier sind
n den letzten zehn Jahren Tausende von Militärs und Zi-
ilisten ausgebildet worden. Nicht die Hardware wie
um Beispiel die Modernisierung der Panzer oder der
lugzeuge, sondern die Software wie die Veränderung in
en Köpfen ist das Entscheidende. Wenn das nicht so
äre, dann wäre die Mitgliedschaft der drei neuen Staa-
en kein Erfolg geworden. Gleiches gilt auch für die an-
tehende Mitgliedschaft von sieben weiteren Staaten.
eswegen geht mein Dank an das Marshall-Center in
armisch-Partenkirchen für seine Arbeit im Rahmen
ieses deutsch-amerikanischen Gemeinschaftprojekts.


(Beifall im ganzen Hause)

Ich habe dieses Center vor zehn Jahren mit dem ver-

torbenen Kollegen Les Aspin eingeweiht; Bill Perry hat
ich besonders darum gekümmert. Ich muss selbstkri-
isch zugeben: Meine amerikanischen Kollegen waren
anchmal mehr daran interessiert, was in Garmisch pas-
ierte, als andere deutsche Kollegen und auch ich selbst.






(A) )



(B) )


Volker Rühe
Was bis zum heutigen Tage dort geleistet wird, ist von
großer strategischer Bedeutung.

Als die Öffnung der NATO für neue Mitgliedstaaten
kaum noch abzuwenden war, wurde eine Diskussion
über die Kosten der Erweiterung initiiert und es wurden
gigantische Summen in Milliardenhöhe genannt – als ob
man Mitglied durch Modernisierung der Panzer wird –,
um abzuschrecken. Das war eine fehlgeleitete Debatte.
Wir haben inzwischen gesehen: Die eigentlichen Verän-
derungen – darauf können diese Staaten stolz sein – sind
die Veränderungen in den Köpfen. Diese haben die Mit-
gliedschaft ermöglicht und nicht die Modernisierung der
Flugzeuge und der Panzer.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich darf sagen, dass es ein Verdienst der Regierung
Helmut Kohls war – natürlich verbunden mit internen
Diskussionen und Auseinandersetzungen; das ist gar
keine Frage –, 1993 in der NATO Studien über die
Machbarkeit einer Öffnung zu beginnen. Nachdem die
Regierung Clinton zunächst den Schwerpunkt auf das
Verhältnis zu Russland gelegt hatte, ist es ihr großes Ver-
dienst gewesen, dass sie diesen Weg eingeschlagen hat.
Ohne die USA wäre es letztlich nicht möglich gewesen,
diesen Prozess zu beginnen und ihn jetzt erfolgreich fort-
zusetzen.

Die Kollegin Heubaum hat schon die Beschlüsse des
Prager Gipfels und die Tatsache angesprochen – das ist
richtig –, dass die NATO eine neue NATO werden wird,
die sich neuen Herausforderungen stellen muss. Ich
glaube, die neuen Mitglieder werden sich dieser Sache
annehmen. Die in Prag getroffenen Entscheidungen sind
Ausdruck der gemeinsamen Überzeugung, dass europäi-
sche und amerikanische Sicherheit unteilbar ist. Ange-
sichts der aktuellen Irritationen, die wir erleben, tun
wir gut daran, zu überlegen, wo es Schwierigkeiten und
wo es Gemeinsamkeiten gibt.

Die Anschläge der Terroristen bedrohen uns alle. Das
gilt auch für die Massenvernichtungswaffen. Sie bedro-
hen Amerikaner und Europäer gleichermaßen. Obgleich
Europäer und Amerikaner manchmal wirtschaftliche
Konkurrenten und Konkurrenten hinsichtlich moderner
Technologie sind, kann man eines nicht bezweifeln: Wo
immer auf der Welt Europa politisch oder ökonomisch
Erfolg hat, nützt es den USA. Umgekehrt gilt: Wenn die
Vereinigten Staaten Erfolg haben, dann nützt dies auch
Europa.

Ich kann keine existenziellen Interessen Europas und
Amerikas erkennen, von denen man sagen kann: Wenn
sich der eine durchsetzt, dann werden die existenziellen
Interessen des anderen berührt. Wir müssen in dieser Si-
tuation erkennen: Es verbinden die USA mit Europa und
Europa mit den USA mehr politische und weltanschauli-
che Gemeinsamkeiten als mit allen anderen Regionen
der Welt. Deswegen hat die NATO auch weiterhin ein
ganz solides politisches und geistiges Fundament.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D ichtig ist aber, dass wir Europäer unsere Verpflichtung rnst nehmen und unsere militärischen Fähigkeiten veressern, um ein gleichwertiger Partner der USA zu weren und auch in Zukunft gemeinsame Operationen mit en USA durchführen zu können. Wir werden die Verteidigungshaushalte nicht dras isch erhöhen können. Ein Regierungswechsel in eutschland würde sicherlich zu einer Erhöhung des erteidigungshaushaltes führen, aber nicht zu einer drasischen Erhöhung. Es kommt darauf an, die Gelder klüer auszugeben, als wir das bisher in Europa tun. Eigentich ist die Analyse ganz klar: In Amerika gibt es eine uftwaffe; in Europa gibt es 25 Luftwaffen. Wir vergeuen jede Menge Geld, weil wir im Wesentlichen noch ationalstaatlich vorgehen. Wir geben immerhin fast 0 Prozent der Mittel aus, die die Amerikaner für Verteiigung ausgeben. Wir haben mehr Soldaten als die Ameikaner, aber wir erreichen nur 10 Prozent des Ergebnises, das die Amerikaner erzielen. Fast jeder Staat, selbst enn er im Binnenland liegt, hat ein eigenes Heer, eine igene Luftwaffe und eine eigene Marine. Wir sollten uns stärker darauf besinnen, nicht mehr ur national – natürlich gibt es nationale Interessen, natinale Profile – vorzugehen. Es gibt bereits Ansätze in ieser Richtung. Ich kann die Bundesregierung nur sehr arin unterstützen, diesen Teil der Vereinbarung in Brüsel umzusetzen, auf diesem Weg fortzufahren und zu euen Strukturen zu kommen: zu komplementären miliärischen Strukturen, zu konsequenter Arbeitsteilung, zu inem Pooling von Ressourcen. Nur durch eine zwichenstaatliche Zusammenarbeit im Hinblick auf unsere ähigkeiten können wir erfolgreich sein. Hier ist die Zusammenarbeit von Großbritannien und rankreich die Nagelprobe. Dahinter fällt auch Deutschand – von anderen einmal ganz zu schweigen – in seien Möglichkeiten, zur Verteidigungsunion in Europa eizutragen, weit zurück. Großbritannien und Frankeich, das ist der Schlüssel. An diesem Projekt wird man erkennen können, ob wir eiterhin nur reden oder ob es einen wirklichen Quanensprung nach vorne gibt. Die Franzosen haben einen lugzeugträger. Wenn er repariert wird, steht keiner zur erfügung. Bei den Engländern ist es ähnlich. Sie brauhen weitere Flugzeugträger. Jetzt gibt es Überlegungen, augleiche englische und französische Flugzeugträger erzustellen, sodass auf einem britischen Flugzeugträger uch französische Flugzeuge – dies geht bisher überaupt nicht – und umgekehrt auf einem französischen lugzeugträger englische Flugzeuge landen können. Wenn dies möglich ist, dann ist das ein ganz entschei ender Schritt. Wenn aber jedes Land wieder einen eigeen Flugzeugträger baut, der in verschiedene Himmelsichtungen fährt, und englische Flugzeuge nicht bei den ranzosen landen können und umgekehrt, dann – das uss ich sagen – ist das eine schlimme Niederlage für ie europäische Sicherheitsund Verteidigungsidentität. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Volker Rühe
Das wird eine ganz entscheidende Nagelprobe sein. Wir
sollten die Kolleginnen und Kollegen ermuntern, diesen
Schritt zu gehen.

Dass jetzt Transportflugzeuge in einem Pool zusam-
mengefasst werden, ist ein richtiger Schritt. Schon vor
zehn Jahren habe ich gesagt – ich weiß, das ist nicht
ganz leicht –: Warum kann man nicht auch U-Boot-Flot-
ten zusammenlegen? Warum haben die Deutschen, die Nie-
derländer und die Norweger – ich brauche Ihnen nicht zu
sagen, was das angesichts der Geschichte des letzten Jahr-
hunderts bedeutet – keine gemeinsame U-Boot-Flotte?
Dann muss man vielleicht auch sagen: Das Hauptquar-
tier sollte nicht in Deutschland sein – als großer Staat
treten wir zurück –, sondern in den Niederlanden. Genau
das wäre ein Beitrag, um Overheads zu sparen, komple-
mentär vorzugehen und die europäische Verteidigung
besser zu organisieren.

So gibt es viele weitere Möglichkeiten, Synergien zu
erreichen und auch Staaten wie Norwegen, die Türkei
und Dänemark einzubeziehen. Ich glaube, dass der
NATO die verbesserten Fähigkeiten der europäischen
Länder zugute kommen werden. Insofern ist dies eine
Politik, die die NATO und gleichzeitig das europäische
Gewicht in der NATO stärkt.

Denken wir an die letzte Krise: Was wäre denn gewe-
sen, wenn wir den Konvent vor fünf Jahren und in dieser
Krise einen europäischen Außenminister mit zwei Hüten
gehabt hätten? Was hätte dieser arme Außenminister sa-
gen sollen? Er hätte sich ähnlich ausgedrückt, wie man
es in den Kommuniqués getan hat, in denen alle Positio-
nen zusammengefügt worden sind. Das allein ist nicht
die Lösung.

Was wäre, wenn niemand Flugzeugträger hat, mit de-
nen man einmal in die eine und einmal in die andere
Richtung fährt, sondern wenn man in einer militärischen
Krise von den Instrumenten her gezwungen ist, sich po-
litisch zu einigen, ohne nationale Interessen zu vernach-
lässigen? Deswegen glaube ich, dass es nicht ausreicht,
nur politische Institutionen zu schaffen. Die militärische
Reorganisation in Europa, also weg von einer rein natio-
nalstaatlichen Organisation, hat vielmehr eine eminent
politische Bedeutung. Würde sie umgesetzt, wären wir
in einer Krise gezwungen, gemeinsame politische Positi-
onen zu ergreifen. Dies ist, wie ich glaube, ein heilsamer
Zwang, wenn wir wollen, dass Europa eine größere
Rolle spielt.

Mir ist klar, dass das, was ich sage, für die neuen
Staaten eine große emotionale Zumutung darstellt; denn
sie sind ja gerade wieder freie Nationalstaaten gewor-
den. Als Erstes schafften sich selbst relativ kleine Staa-
ten wie Ungarn und Tschechien Jagdflugzeuge an – auch
ich habe damals dagegen polemisiert – und hatten kaum
noch Geld für irgendetwas anderes. Das scheint aber
Ausdruck ihrer nationalen Identität und Unabhängigkeit
zu sein. Besser wären allerdings vier, fünf große Ver-
bände in Europa zum Schutz des Luftraumes, auf die
man sich dann auch verlassen kann. Zwar wäre es für die
neuen Staaten emotional besonders schwer, wenn man
von ihnen verlangte, diesen Schutz übernational zu orga-
nisieren. Aber es gibt keinen anderen Weg und deshalb

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(C (D üssen wir, die älteren Nationen in der NATO, die die ein nationalstaatliche Phase schon ein bisschen länger inter sich haben und die bereit sind, nationale Ressouren in gemeinsame europäische Fähigkeiten einzubrinen, mit gutem Beispiel vorangehen. Während die Initiative zur Öffnung der NATO ein ntscheidender Beitrag zur Sicherheit und Einheit Euroas in den 90er-Jahren war – man muss sich nur einmal orstellen, wir hätten die NATO nicht erweitert –, ommt es jetzt darauf an, Europa in der NATO so zu oranisieren, dass sie den Herausforderungen der Zuunft gerecht wird. Wir freuen uns, dass wir durch sehr otivierte Mitgliedstaaten Unterstützung bekommen. ir heißen sie alle willkommen und freuen uns auf die usammenarbeit. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504800400


Ich erteile das Wort Bundesminister Joseph Fischer.

Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504800500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der

etzt anstehenden NATO-Erweiterung – ich freue mich,
ass hier seitens der Fraktionen weit gehende Überein-
timmung über die historische Notwendigkeit dieses
chrittes erzielt wurde – wird meines Erachtens ein ganz
ichtiger Schritt getan, um Frieden und Stabilität auf
nserem Kontinent dauerhaft zu garantieren.
Da der frühere Bundesverteidigungsminister Rühe ge-

ade gesprochen hat und vieles von dem, was er gesagt
at, auch die Zustimmung der Bundesregierung findet – er
at zu Recht auf die historischen Leistungen der Vorgän-
erregierung hingewiesen –, möchte ich es der Fairness
egen nicht versäumen – wir hatten in der Vergangen-
eit manchen heftigen Streit –, seine ganz besondere
olle als Bundesverteidigungsminister beim Anstoßen
er NATO-Osterweiterung zu würdigen. Herr Kollege
ühe, ich bringe Ihnen im Namen des ganzen Hauses,
umindest aber der Bundesregierung unseren Dank zum
usdruck.


(Beifall im ganzen Hause)

Die NATO-Erweiterung ist ein zentraler Schritt. Ich

eginne da, wo mein Vorredner aufgehört hat. Die jet-
ige Erweiterung bis hin zu den baltischen Staaten und
ach Südosteuropa – Polen, Ungarn und Tschechien wa-
en schon vorher Mitglieder – erfolgt in einem parallelen
rozess zur EU-Osterweiterung. Das dürfen wir nicht
ergessen. Wenn in jüngster Zeit Diskussionen aufka-
en, in denen versucht wurde, einen Gegensatz von
ATO-Erweiterung und Erweiterung der Europäischen
nion zu konstatieren, dann kann ich nur sagen, dass es
ich aus unserer Sicht als ein paralleler Prozess darstellt.
u Beginn meiner Amtszeit war es noch ein Anathema,
in Tabu, dass EU und NATO zusammen tagen und die
eiden Spitzen, Javier Solana, der Hohe Repräsentant
er Europäischen Union, und NATO-Generalsekretär
obertson, zusammenarbeiten. Heute ist diese Koopera-

ion eine Selbstverständlichkeit – bei allen Problemen






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer
im Detail, die es immer wieder gibt. Daran wird deut-
lich, welchen Fortschritt wir hier erzielt haben. An dieser
Stelle würdige ich die Leistungen der Zusammenarbeit
von Europäischer Union und NATO in Mazedonien. Die
Zusammenarbeit von Diplomatie und militärischem
Druck sowie die Sicherheitsgarantie von NATO und Euro-
päischer Union, von Lord Robertson und Javier Solana,
haben eine weitere humanitäre Katastrophe, einen barba-
rischen Bürgerkrieg auf dem Balkan verhindert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das macht klar: Wir reden hier über die Zukunft unse-
rer gemeinsamen Sicherheit. Deutschland liegt inmitten
eines zusammenwachsenden Europas, inmitten eines
neuen Stabilitäts- und Sicherheitsraums. Das wird un-
sere Lage dramatisch verändern, das wird die Anforde-
rungen an die deutsche Außenpolitik, eingebettet in die
europäische und in die Bündnispolitik, grundsätzlich
verändern, ebenso die Fähigkeiten und die Notwendig-
keiten, denen die Bundeswehr gegenüber steht.

Seien wir einmal ehrlich: Wer von uns hätte vor zwei
Jahren gedacht, dass die Bundeswehr am Hindukusch
und am Horn von Afrika in solchen Größenordnungen
eingesetzt wird, wie es heute der Fall ist? Das hätte kei-
ner hier im Hause, egal von welcher Seite des Hauses,
als eine realistische Perspektive betrachtet.

All das macht deutlich, dass es um eine dramatische
Veränderung geht. Die neue, die erweiterte NATO muss
hierfür auch neue Strukturen entwickeln. Lassen Sie
mich an diesem Punkt wiederholen, was ich beim
NATO-Frühjahrstreffen der Außenminister gesagt habe:
Das transatlantische Bündnis gründet auf zwei Pfeilern:
auf dem nordamerikanischen, bestehend aus den USA
und Kanada, und auf dem europäischen Pfeiler. Dieses
Bündnis kann nur geschwächt oder gar gefährdet wer-
den, wenn einer der Pfeiler so geschwächt wird, dass er
nicht mehr belastbar ist. Deswegen liegt ein starkes Eu-
ropa im Interesse des Bündnisses; ein schwaches Europa
würde dieses Bündnis gefährden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deswegen kommt es meines Erachtens ganz entschei-
dend auf die erweiterte NATO an. Kollege Rühe hat über
deren Fähigkeiten gesprochen; ich möchte das nicht wie-
derholen, sondern unterstreiche das. Wenn ich richtig in-
formiert bin, haben Frankreich und Großbritannien be-
reits die notwendigen Schritte eingeleitet, um einen
gemeinsamen Flugzeugträger zu bauen. Ja, das erleben
wir in der Europäischen Union wie in der NATO: Wir
müssen Verständnis dafür haben – es ging uns doch über
die Jahrzehnte des Kalten Krieges hinweg nicht sehr viel
anders und wir erleben es auch im Inneren –, wie viel
Zeit, wie viel Verständnis und Aufeinanderzugehen not-
wendig sind, um die Folgen der Teilung im Inneren zu
überwinden. Selbstverständlich sagen viele Menschen in
den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und
der NATO: Wir haben gerade eine Union überlebt, wir
haben für unsere Unabhängigkeit gekämpft. Ja, Jagd-
flugzeuge sind Symbol der nationalen Unabhängigkeit,

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(C (D enauso wie Sprache, eigenes Geld und anderes mehr. as erfordert aus deren Sicht Geduld, das erfordert Zeit. Machen Sie nicht den Boten für die Botschaft verantortlich. Ich teile diese Position nicht; ich plädiere nur ür das zur Überwindung dieser Positionen notwendige erständnis. Das, was Kollege Rühe über die gemeinsaen Fähigkeiten gesagt hat, ist selbstverständlich richig, zutiefst rational und muss die Zukunft im Bündnis ie auch in der Europäischen Union bestimmen. Wir üssen begreifen, dass dies seine Zeit braucht, aber wir üssen dieses transatlantische Bündnis, das so grundätzlichen Veränderungen unterworfen ist, auch stärken. ie NATO betreibt heute nicht mehr klassische Landeserteidigung. Wir sind heute nicht mehr in der Situation ines geteilten Landes, einer geteilten Stadt, wo die ertarrte Frontlinie im Grunde genommen die permanente edrohung, die Konfrontationslinie war. Die NATO bereibt heute gemeinsam mit der Europäischen Union im esentlichen „nation building“, um Nationen zu helfen, ich zu stabilisieren, um in langfristigen Einsätzen regioale Stabilisierung zu betreiben. Das ist ein völlig andees Einsatzprofil. In diesem Zusammenhang müssen wir natürlich die rage stellen: Was heißt Stärkung des europäischen feilers? Europa hat drei Defizite. Das erste Defizit ist ie politische Willensbildung. Darüber wird gar nicht orrangig in der NATO entschieden, sondern sie wird im esentlichen innerhalb der Europäischen Union voranommen müssen. Das leistet jetzt der Konvent. Zweitens estehen große Probleme in den Institutionen bei der msetzung des politischen Willens und drittens in Beug auf die Fähigkeiten, den so genannten Capabilities. as sind die drei großen Defizite. Aber ansonsten hat uropa überall dort, wo es um Softpower-Faktoren geht, twa hinsichtlich des Mittelmeerraumes oder des Nahen stens, einen Instrumentenkasten, der teilweise über das inausgeht, was die Vereinigten Staaten von Amerika in ezug auf regionale Konflikte zu bieten haben. Ich hoffe, dass der Prozess zur Beilegung des Nah stkonfliktes jetzt, angeschoben vom Präsidenten der ereinigten Staaten, wirklich vorangehen wird; ich halte hn für die regionale Stabilisierung für unverzichtbar. ber die Roadmap ist ein europäisches Kind und wurde n der Europäischen Union entwickelt. An diesem Punkt ei auch erwähnt, dass die Reform in den palästinensischen nstitutionen bis hin zum Premierminister vorangegangen t und dass dies vor allen Dingen Miguel Moratinos und avier Solana zu verdanken ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Oder nehmen wir das letzte EUROMED-Treffen der
rabischen Nachbarn, Israels und der Türkei mit der EU
uf Kreta, in dessen Folge sich jetzt der Blockadefaktor
ahostkonflikt auflöst. Hier sehe ich, welche Möglich-
eiten strategischer Natur sich für Frieden und Stabilität
n dieser Zone eröffnen. Der Golfkooperationsrat wird
in ähnliches Instrument sein. Bezüglich der Türkei bitte
ch die Union, nochmals zu überdenken, was es hieße,
er Türkei die europäische Tür zuzumachen. Ich nenne






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer
auch die Stabilitäts- und Partnerschaftsabkommen. Die-
ser ganze Instrumentenkasten zeigt: Wenn wir mit der
institutionellen Willensbildung und den Fähigkeiten vor-
ankommen, wird Europa bei der Sicherung der strategi-
schen Nachbarschaft eine ganz andere Rolle spielen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Dazu gehört aber auch der große Kontinent Afrika,
der unsere Sicherheit ganz entscheidend mitbestimmen
wird, und zwar nicht nur der Mahgreb, sondern – in Ver-
bindung mit dem Terrorismus und der Gefahr durch zu-
sammenbrechende Staatsstrukturen – der gesamte Konti-
nent. Das werden wir an anderer Stelle zu debattieren
haben, aber auch hier ist Europa gefragt.

Was heißt also Stärkung der europäischen Säule? Auf
der NATO-Frühjahrstagung habe ich die amerikanische
Seite gefragt, ob sie bereit sei, ernsthaft über so etwas
wie eine Eurogroup in der NATO zu diskutieren und
sie dann auch zuzulassen. Ich bin der Meinung, dass die
europäische Sicherheit im Wesentlichen in Verbindung
mit EU und NATO bzw. – was die Fähigkeiten betrifft –
innerhalb der NATO geschaffen werden sollte. Das ist
die Position nicht nur dieser Bundesregierung, sondern
auch die der vorherigen.

Ich meine, dass man dann ehrlicherweise das Tabu
der Bildung einer europäischen Gruppe brechen und da-
rüber ernsthaft diskutieren muss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es mag sein, dass man am Ende zu einer Negativposition
kommt. Ich möchte das nicht ausschließen. Aber die
Diskussion mit der nordamerikanischen Seite muss be-
ginnen. Ich meine damit die USA und Kanada.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Das halte ich für einen wichtigen Punkt; denn sonst wer-
den die Prozesse außerhalb stattfinden. Das hielte ich
nur für die zweit- oder drittbeste Lösung.

Im Klartext heißt das: Den neuen Gefahren, die uns
heute, im Moment der Erweiterung, angesichts der dra-
matischen strategischen Veränderungen alle gemeinsam
bedrohen und die eine andere Sicherheitsstrategie erfor-
dern – diese Gefahren sind in der Wirkung mit den alten
Gefahren zu vergleichen –, ihnen zu begegnen, das wird
aber eine neue Sicherheitsstrategie mit anderem Einsatz-
profil und hinsichtlich der regionalen Stabilisierung ähn-
liche Zeithorizonte wie bei der Überwindung des Kalten
Krieges erforderlich machen.

Wenn man das zusammennimmt, werden wir die er-
weiterte NATO neu erfinden müssen. Wir müssen kein
neues Bündnis schaffen, werden aber dieses Bündnis
neu erfinden müssen, wenn es seine Wirkung entfalten
soll.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


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(C (D Herr Minister, Sie haben Ihre Redezeit schon überchritten. Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Ich denke, das ist eine der Botschaften, die mit der Ereiterung verbunden sind. Wenn es darüber hinaus gelingt, die strategische Part erschaft mit Russland auf eine dauerhafte, stabile rundlage zu stellen, werden wir eine völlig veränderte nd sehr positive Sicherheitslandschaft in unserem diekten Umfeld haben. Ich danke Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504800600
Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504800700


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504800800


Ich erteile dem Kollegen Werner Hoyer, FDP-Frak-
ion, das Wort.


Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1504800900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

aben zu Beginn des Ratifizierungsverfahrens vor vier
ochen hier im Deutschen Bundestag einhellig die Auf-
ahme der sieben neuen Mitglieder in die NATO be-
rüßt. Ja, wir haben dieses Ergebnis als geradezu tekto-
ische Veränderung in Europa, die eine Verschiebung
er Geografie bedeutet, begrüßt. Ich freue mich, dass
iese in schwierigen außenpolitischen Zeiten leider sel-
ener gewordene Einigkeit in diesem Hause auch heute
estehen bleibt.
Der Deutsche Bundestag freut sich über diesen

chritt; denn er ist – Kollege Rühe hat völlig zu Recht
arauf hingewiesen – insbesondere mit Blick auf die letz-
en 15 Jahre alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
ie große Leistung, die erreicht worden ist, wird nicht
adurch erbracht, dass wir heute dem Ratifikationsgesetz
ustimmen. Sie ist vielmehr durch eine gigantische Frei-
eitsrevolution erbracht worden, die die Bürgerinnen
nd Bürger in Mittel-, Ost- und Südosteuropa getragen
aben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Länder sind einen langen Weg gegangen. Wir
ehmen sie heute in eine NATO auf, die jetzt eine andere
st als zu dem Zeitpunkt, als sie den Aufnahmeantrag
um ersten Mal erwogen haben. Nachdem sie sich sei-
erzeit vom Joch der sowjetischen Unterdrückung be-
reit haben, haben sie in allererster Linie die Sicherheit
nd die Garantien des NATO-Bündnisses gesehen und
aben deshalb oft genug gesagt: Das ist uns zunächst
inmal wichtiger als die Integration in wirtschaftliche
nd gesellschaftliche Strukturen, die wir im Rahmen der
uropäischen Union vorantreiben. Das ist verständlich.






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer
Der Interessenschwerpunkt hat sich mittlerweile ver-
schoben, denn die NATO ist eine andere geworden. Das
ist eine Erkenntnis, die auch für die Bürgerinnen und
Bürger in den Beitrittsstaaten nicht ganz leicht ist. Es er-
fordert nämlich eine erneute Anpassung, eine giganti-
sche Veränderung nach den ungeheuren Veränderungen,
die den Menschen in Mittel- und Osteuropa in den letz-
ten gut zehn Jahren abverlangt worden sind.

Meine Damen und Herren, die Selbstverständlichkeit,
mit der NATO und EU miteinander umgehen – Herr
Fischer hat das eben zu Recht angesprochen –, war ja
vor zehn oder auch vor acht Jahren noch keineswegs ge-
geben. Ich erinnere mich noch sehr gut: Wenige Tage
nachdem unser damaliger EU-Ratspräsident, der dama-
lige spanische Außenminister Javier Solana, in das Amt
des NATO-Generalsekretärs gewechselt ist, haben wir
einmal ganz vorsichtig versucht, ihn anlässlich eines in-
formellen Mittagessens in den Kreis des Rates einzula-
den, um über Fragen von militärischen und sicherheits-
politischen Dimensionen zu diskutieren. Das ist sofort
strikt abgelehnt worden; das wäre weder in Paris noch in
Washington vermittelbar gewesen. Das ist gerade einmal
acht Jahre her. Das zeigt, dass inzwischen gigantische
Fortschritte erzielt worden sind.

Dennoch steckt die NATO in einer tiefen Krise. Wir
haben das bei der sehr eindrucksvollen Debatte anläss-
lich der NATO-Parlamentarierversammlung in der letz-
ten Woche erlebt. Es ist ein spannender Diskussionspro-
zess, der alles andere als abgeschlossen ist. Ich denke,
wir sollten an dem festhalten, was wir in der NATO ha-
ben. Sie ist das einzige operative Militärbündnis, sie ist
nicht nur das erfolgreichste in der Geschichte, sondern
bietet auch für die Zukunftsgestaltung die beste Perspek-
tive.

Die NATO leistet zurzeit in Afghanistan schon Groß-
artiges und wird ihre Rolle in der zweiten Jahreshälfte
noch verstärken. Aber die NATO kann mehr und wir
werden sie mehr machen lassen müssen. Die Welt ist
nicht sicherer, die Bedrohung nicht geringer geworden;
das wissen wir alle.

Nordamerikaner und Europäer sitzen an einem Tisch
– in institutionalisierter Form, mit jahrzehntelanger posi-
tiver Erfahrung und sogar mit einem funktionsfähigen,
operativ verwendbaren Militärapparat ausgestattet. Wer,
wenn nicht die NATO, sollte für eine gemeinsame west-
liche Sicherheitspolitik den Rahmen bilden, aber eben
zugleich auch den Arm?

Die Realität sieht heute anders aus. Die NATO spielt
bei brandheißen aktuellen Entscheidungen und Heraus-
forderungen der Sicherheitspolitik praktisch keine Rolle.
Das war nach dem 11. September so, trotz der erstmali-
gen Ausrufung des Bündnisfalles, das war im Irak so
und das ist jetzt im Kongo wieder der Fall. Was diesen
letzten Fall angeht, bedauere ich das übrigens sehr. Ich
finde es sehr gut und begrüße auch die Unterstützung der
Bundesregierung bei dem Ansinnen, dass die Vereinten
Nationen sich dem Thema Kongo jetzt in großer Intensi-
tät und mit großer Kraftanstrengung zuwenden. Aber die
sicherheitspolitische Aufgabe, die dort jetzt wahrschein-
lich zu erledigen ist – und das ist nur ein ganz kleiner

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(C (D eil der Aufgaben, die in Afrika zu erledigen sind –, ist ach meiner Auffassung möglicherweise doch besser bei er NATO anzusiedeln als bei der Europäischen Union. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ls glühender Verfechter des europäischen Integrations-
rozesses, der die Meinung vertritt, dass wir auch unsere
icherheitspolitisch-militärischen Strukturen in der EU
erbessern müssen, bin ich dezidiert der Auffassung,
ass wir uns nicht überheben dürfen, wenn wir noch
icht so weit sind. Ich erinnere mich an die Debatte vor
enigen Monaten, als wir gefragt haben, ob nicht viel-
eicht der Einsatz in Bosnien-Herzegowina neben dem in
azedonien besser von der EU wahrgenommen werden
ollte. Da hieß es: Nein, das können wir in der EU noch
icht; so weit sind wir noch nicht. Aber jetzt plötzlich
önnen wir es im Kongo. Beim Einsatz im Kongo sprach
ofi Annan in seiner gestrigen Vorlage für den Weltsi-
herheitsrat schon von 11 000 Mann, auch mit einer gro-
en Aufwuchsperspektive, zusätzlich zu dem, was bei
ONUC jetzt schon der Fall ist. Es geht dort um eine gi-
antische, eine riesige militärische Operation, die nichts
it Blauhelmeinsätzen oder dem Auseinanderhalten von
ereits getrennten Konfliktparteien zu tun hat. Es geht
m einen sehr gefährlichen, einen schmutzigen Einsatz.
Ich bin übrigens der Auffassung, dass die Bundes-

ehr aufgrund ihrer Ausbildungsphilosophie in den
etzten 50 Jahren aus gutem Grunde nicht befähigt ist,
ort einen Kampfeinsatz zu leisten. Wir sollten die Bun-
eswehr dafür gar nicht kritisieren, denn wir haben sie
us gutem Grund anders ausgebildet. Die verteidigungs-
olitischen Richtlinien, über die wir gegenwärtig disku-
ieren, zeigen, dass auch für die Bundeswehr hier ein er-
eblicher Anpassungs- und Modernisierungsbedarf
esteht. Aber wir müssen diese Schritte vorsichtig voll-
iehen und uns auch genau überlegen, mit welchen Fä-
igkeiten wir die Bundeswehr ausstatten wollen.
eine Damen und Herren, die Befürworter der NATO,
u denen ich mich selbstverständlich auch seit vielen
ahren zähle, haben immer gesagt, wenn die NATO nicht
ereit sei, „out of area“ zu gehen, sei sie bald „out of
usiness“. Jetzt hat die NATO ihr theoretisches und zum
eil auch schon ihr praktisches Operationsgebiet längst
usgedehnt. Sie ist längst „out of area“ und droht trotz-
em mehr denn je „out of business“ zu gehen. Woran das
iegt, ist klar.
Wir müssen die Pfeiler und den Bogen der transatlan-

ischen Freundschaftsbrücke wieder auf beiden Seiten
tärken.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as heißt, nicht nur auf politische Deklamation bedacht
u sein, sondern auch die Bereitschaft zu haben, den
merikanischen Freunden auf militärischem Gebiet mehr
nzubieten und mehr zu leisten. Herr Kollege Rühe hat
öllig Recht: Das ist nicht an 24,4 Milliarden Euro fest-
umachen. Es muss darauf ankommen, was wir aus dem
orhandenen Geld machen.






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer
Ich erinnere, da Sie eben das Thema Jagdflugzeuge
angesprochen haben, an die Debatte, die wir Ende der
80er- und Anfang der 90er-Jahre über den Jäger 90, spä-
ter Eurofighter, geführt haben. Durch unsere Entschei-
dungen haben wir dafür gesorgt, dass in Westeuropa drei
Jagdflugzeuge gleichzeitig entwickelt wurden, Gripen,
Rafale und Eurofighter, die jetzt peu à peu in die Luft-
waffen der europäischen Länder eingeführt werden.
Wäre schon damals die Bereitschaft vorhanden gewesen,
über echte Arbeitsteilung im Bündnis zu sprechen,
dann – –


(Jörg Tauss [SPD]: Wer hat damals regiert?)

– Das hat nichts mit Regierung dieser oder jener Couleur
zu tun. Farblich war es in Europa immer sehr bunt. Herr
Kollege Tauss, Sie liegen völlig falsch.


(Zuruf von der FDP: Er liegt immer falsch!)

Das ist eine Frage von Mentalität auf unserem gesamten
Kontinent, seinerzeit wie heute.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Bereitschaft, darüber nachzudenken, ob man
nicht eine wirkliche Arbeitsteilung in dem Sinne vorneh-
men sollte, dass man unsere relativ großen und zumin-
dest damals recht neuen Luftangriffskapazitäten in Tor-
nadoverbänden konsolidiert und stärkt und gleichzeitig
die Luftverteidigungsaufgaben Partnern im Bündnis
überlässt, die ihre Stärke im Bereich der Luftabwehr ha-
ben, war seinerzeit nicht vorhanden. Wir müssen auch
heute sehr viel mehr daran arbeiten, eine solche Bereit-
schaft herzustellen.

Das setzt allerdings den Willen voraus, die Diskus-
sion über Souveränitätsverzicht zu führen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In diesem Rahmen müssten wir uns nämlich auch darü-
ber unterhalten, ob es möglich ist, dass in einem solchen
Fall, den wir leider vor einiger Zeit in Frankfurt erleben
mussten – der Verteidigungsminister war in einer über-
aus schwierigen Entscheidungssituation –, der dann
eventuell notwendig werdende Einsatz auch von einem
britischen, französischen oder niederländischen Flug-
zeug durchgeführt werden kann. Diese Diskussion müs-
sen wir führen. Ich denke, wir sollten jetzt, ermutigt
durch den Beitritt der neuen Mitglieder der NATO, die
Kraft aufbringen, solche Diskussionen zu führen. Wir
sagen diesen neuen Mitgliedern: Welcome to the Club.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
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Ich erteile das Wort dem Kollegen Rolf Kramer, SPD-
Fraktion.


Rolf Kramer (SPD):
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Auf dem NATO-Gipfel in Prag am 21. Novem-
ber letzten Jahres haben die Staats- und Regierungschefs

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(C (D ntschieden, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Ruänien, die Slowakei und Slowenien zu Beitrittsgesprähen einzuladen. Mit den schon 1999 erfolgten Beitritten olens, Tschechiens und Ungarns findet damit ein Proess seinen vorläufigen Höhepunkt, den man vor dem intergrund der Geschichte des letzten Jahrhunderts nur ls atemberaubend bezeichnen kann. Durch den Hitler-Stalin-Pakt vom Sommer 1939 urde im Prinzip eine Trennlinie durch Europa von innland bis an das Schwarze Meer gezogen. Hier wuren Interessensphären abgegrenzt, über die Köpfe der etroffenen Länder und der Menschen hinweg. Nach em deutschen Überfall auf Polen wurden die baltischen taaten der Sowjetunion einverleibt, ebenso ein großer eil Polens und Teile Rumäniens. Im Prinzip hielt diese ufteilung, allerdings mit einer erheblichen Westverchiebung verbunden, bis zum Ende des Kalten Krieges, lso länger als 50 Jahre. Das faschistische Deutschland atte als Akteur maßgeblichen Anteil an dieser verfehlen und verbrecherischen Politik. Deutschland wurde, uch das darf nicht verschwiegen werden, selber Opfer er Folgen dieser Politik. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Lehre, ie die Eliten in den meisten der am Ersten Weltkrieg beeiligten Länder aus diesem Krieg gezogen hatten, nämich eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen den ändern in Westund Zentraleuropa zu vermeiden, zoen die Eliten in Deutschland, zumindest mehrheitlich, ndgültig erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Es war die olitik der sozialliberalen Koalition ab 1969, die urch die Anerkennung der Folgen des Zweiten Weltrieges dazu führte, dass sich die Blöcke anfangs zwar aum wahrnehmbar, aber dennoch mit zunehmender Bechleunigung annäherten. Der Beginn dieser Politik war n der damaligen Bundesrepublik Deutschland mit einer roßen politischen Auseinandersetzung, ja einer innenolitischen Zerreißprobe verbunden. Heute steht fest: Die Verträge mit der Sowjetunion, it Polen, mit der damaligen Tschechoslowakei und der rundlagenvertrag mit der DDR waren die grundlegenen Vorbedingungen für den Helsinki-Prozess und für ie nachfolgenden KSZEund OSZE-Vereinbarungen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


Es war der so genannte Korb 3 der Helsinki-Verein-
arungen, der in den Ländern des damaligen Ostblocks
it dafür sorgte, dass sich die gesellschaftlichen Verhält-
isse anfangs langsam, dann aber mit Urgewalt wandel-
en. Das Konzept von Willy Brandt und Egon Bahr, das
onzept des Wandels durch Annäherung, war, das
ann man heute mit Genugtuung und vor allen Dingen
it Dankbarkeit sagen, erfolgreich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


Als Teile dieses Hauses noch in den Schützengräben
es Kalten Krieges verharrten, sorgte diese kluge und
ertrauensbildende Politik dafür, dass die notwendigen






(A) )



(B) )


Rolf Kramer
Vorbedingungen geschaffen wurden, um das gemein-
same Haus Europa wieder in Frieden und Freiheit be-
wohnbar zu machen. Die große Mehrheit der Menschen
in Deutschland und in Europa hat das damals intuitiv
schnell verstanden. Konnte die Sowjetunion den Prager
Frühling 1968, den Versuch also, einen Sozialismus mit
einem menschlichen Angesicht zu schaffen, mit dem
Warschauer Pakt noch mit Gewalt stoppen, war dies
nach der Einleitung des Helsinki-Prozesses in Europa
nicht mehr möglich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen
nicht vergessen, dass der Wandel im damaligen Ostblock
von Polen ausging – ich erinnere an die Solidarnosc-Be-
wegung – und sich in der Sowjetunion unter Gorbatschow
mit Perestroika und Glasnost fortsetzte. Die von der SPD
und von Willy Brandt zu Beginn der 70er-Jahre eingelei-
tete Politik hat mit zu diesem Wandel beigetragen. Das
bleibt das große Verdienst.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Durchgeführt und umgesetzt haben diesen Prozess aber
die vielen Menschen in den Ländern des ehemaligen
Warschauer Paktes. Das bleibt ihr Verdienst.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem die
Länder, die durch den Hitler-Stalin-Pakt der Willkür der
Diktaturen ausgeliefert wurden, Mitglieder der NATO
werden. Das dient dem Frieden und der Entwicklung in
diesen Ländern und damit auch bei uns.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich
hat sich auch die NATO seit ihrer Gründung verändert.
Die NATO wirkt nicht mehr in erster Linie aufgrund der
atomaren Abschreckung. Das ist aus meiner Sicht der ei-
gentliche Bedeutungswandel. Wie schon in den vergan-
genen Jahren wird die NATO auf der Grundlage gemein-
samer Werte und Überzeugungen ihrer Mitglieder in
Zukunft noch stärker der internationalen Krisen- und
Konfliktbewältigung verpflichtet sein. Die notwendige
verstärkte Partnerschaft zwischen der Europäischen
Union und der NATO ist dabei der Weg, um ein starkes
Amerika und ein sich entwickelndes gemeinsames Eu-
ropa konstruktiv zusammenwirken zu lassen. Der Bei-
tritt der sieben Länder ist ein wichtiger Schritt auf die-
sem Weg.

Ein wesentlicher Teil der NATO-Entwicklung seit
1990 zielte darauf, den mittel- und osteuropäischen
Raum unter anderem durch die Einbindung in ein Netz
von Sicherheitsbeziehungen politisch und wirtschaftlich
zu stabilisieren. Elemente dieser Politik waren und sind
der Euro-Atlantische Partnerschaftsrat, das Programm
Partnerschaft für den Frieden sowie die besonderen Be-
ziehungen der Allianz zu Russland und zur Ukraine.
Alle neuen Mitglieder haben im Rahmen des PfP-Pro-
gramms und mit der anschließenden Teilnahme am so
genannten Membership Action Plan in den Bereichen
Standardisierung und Interoperabilität ihrer militäri-
schen Möglichkeiten große Anstrengungen unternom-

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(C (D en. Das war auch eine der Grundvoraussetzungen für ie Einladung zur Mitgliedschaft. Deutschland hat die zukünftigen Mitglieder in den ergangenen Jahren bei der Vorbereitung auf die Mitliedschaft bilateral ganz konkret unterstützt, zum Beipiel durch Ausbildungshilfe, Materialhilfe, Austausch on Soldaten und militärpolitische Konsultationen. Dait unsere neuen NATO-Partner die geltenden Standards allen Bereichen erfüllen können, wird auch in den ommenden Jahren eine weitere Unterstützung notwenig sein. Dieser Aufgabe wird sich Deutschland nicht erschließen. Wir sollten schon aus unserem Eigenintersse heraus daran interessiert sein; denn Deutschland rofitiert allein aufgrund seiner geographischen Lage in entraleuropa vom Beitritt der neuen Mitglieder. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die NATO t seit 1990 in verstärktem Maße keine bloße Militäroranisation mehr. Dies würde nicht nur dem Art. 2 des ordatlantikvertrages von 1949, sondern auch der aktullen Aufgabenzuweisung durch die NATO selbst bzw. hrer Erweiterungsperspektive widersprechen. Dieser rundsachverhalt wird schon durch die Vorbedingungen eutlich, die die NATO den sieben neuen Mitgliedern für ine Aufnahme gestellt hat. Sie waren nicht nur militäricher, sondern ausdrücklich auch politischer Natur: Deokratie und Rechtsstaatlichkeit, Regelung von internaonalen Streitfragen einschließlich ethnischer Konflikte it friedlichen Mitteln, Respektierung der Menschenechte, Entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen und ivile Kontrolle der Streitkräfte. Alle diese Punkte sind ei den sieben Beitrittsstaaten auf einem guten Weg. Wir freuen uns darauf, die neuen demokratischen taaten Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumäien, Slowenien und die Slowakei als Mitglieder der ATO im alten Europa zu begrüßen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


er Weg zur Überwindung der Spaltung Europas als
rgebnis des Zweiten Weltkrieges ist damit abermals ein
roßes Stück vorangekommen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504801200


Ich erteile nun dem Kollegen Gerd Müller, CDU/
SU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1504801300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die
ATO ist die größte Friedensbewegung in Europa. Sie
st unser Garant für Frieden, Freiheit, Stabilität und
emokratie. Der frühere Bundesverteidigungsminister
olker Rühe hat zu Recht darauf aufmerksam gemacht:
s waren die Beitrittsstaaten, die an die Tür zur NATO
eklopft haben. Ganz bescheiden hat er sein Licht unter






(A) )



(B) )


Dr. Gerd Müller
den Scheffel gestellt: Es waren natürlich auch Helmut
Kohl und Volker Rühe, die die Tür aufgemacht haben.
Ich erinnere an den Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat,
an die Partnerschaft für den Frieden, die den ersten Er-
weiterungsschritt um Polen, Ungarn und Tschechien
nach sich zog, und an unser Bemühen, die baltischen
Staaten in die NATO aufzunehmen. Dafür gebühren
Volker Rühe und Helmut Kohl unser Dank und unsere
Anerkennung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die NATO reicht heute, wenn man die fast assoziier-
ten Mitglieder mitrechnet, von Vancouver bis Wladiwos-
tok. Angesichts dieser Entwicklung stellt sich die Frage,
ob uns bewusst ist, wie wir diese enormen Herausforde-
rungen an die Politik, aber auch an unsere Soldatinnen
und Soldaten schultern können. Es stellt sich auch die
Frage: Wo liegt die Zukunft der NATO? Die NATO ist
heute in der Tat weit über den eigenen Raum hinaus auf
den Krisenschauplätzen der Welt präsent. Sie ist seit vie-
len Jahren auf dem Balkan, ab August in Afghanistan,
im kommenden Jahr wohl auch im Irak und möglicher-
weise zusammen mit der EU im Kongo tätig.

Diese Einsätze sind in der Bevölkerung nicht unum-
stritten. Die Frage muss gestellt werden: Können die
NATO und unsere Bundeswehr diesen Auftrag erfüllen?
Minister Struck und unser Außenminister denken über
einen Kongoeinsatz der Bundeswehr nach. Der Bundes-
verteidigungsminister überlegt die Erweiterung des Af-
ghanistaneinsatzes. Die Bundeswehr leistet schon jetzt
hervorragende Dienste in Bosnien, im Kosovo und in
Mazedonien. Die Bundeswehr erbringt ihren Einsatz in
Nahost. Über 10 000 Soldaten sind derzeit im Friedens-
dienst der NATO und der EU tätig.

Angesichts dieser Belastungen, die wir unseren Sol-
datinnen und Soldaten auferlegen, stellt sich die Frage:
Wie ist die Haltung der Bundesregierung zur Bundes-
wehr im Innern? Ich stelle fest: Es hat noch nie einen
Bundeskanzler, einen Bundesverteidigungsminister und
einen Außenminister gegeben, die so schnell und so
viele Zusagen für Auslandseinsätze gegeben haben und
die gleichzeitig die Bundeswehr zu Hause so schlecht
behandeln, wie sie derzeit behandelt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Kommen Sie doch einmal zum Thema, Herr Kollege! Sie haben das Thema verfehlt!)


All das passt nicht zusammen. Wenn Sie mit den Sol-
datinnen und Soldaten sprechen, dann werden Ihnen
diese Klagen vorgetragen. Die Bundeswehr leidet heute
nicht nur unter drastischer Unterfinanzierung und
schlechter Ausstattung. Was noch viel schlimmer ist: Es
fehlt ihr die Anerkennung dieser Bundesregierung für ih-
ren Dienst!


(Gernot Erler [SPD]: Thema verfehlt!)

Einen Bundeswehreinsatz im Kongo über humanitäre
Hilfe hinaus lehnen wir ab.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D uch eine qualitative Ausweitung des deutschen Afghaistaneinsatzes findet nicht unsere Zustimmung. Zum Kongo: Zunächst wurde ein Angebot für ein mbulanzflugzeug gemacht. Dann wurden Transallflugeuge und Stabsoffiziere genannt. Seit heute sind Fallchirmjäger und Pioniere im Gespräch. Herr Struck, Sie erden heute in der „Welt“ zitiert mit den Worten: Ich glaube nicht, dass Deutschlands Soldaten als Kampftruppen ins Gebiet gehen werden. ch frage Sie: Schließen Sie das aus? Sagen Sie uns, was ie wollen! Auf der einen Seite werden minensichere Fahrzeuge ür die Bundeswehr heute abbestellt; der Dingo wird auf 009 verschoben. Auf der anderen Seite schicken Sie die undeswehr in höchst gefährliche Auslandseinsätze. ies passt nicht zusammen. Sie sagen, die Situation im Kongo gehöre nicht zum hema. Das gehört sehr wohl zum Thema und heute uss darüber gesprochen werden. Im Kongo zeigt sich, err Außenminister, natürlich auch noch etwas anderes, ämlich das Scheitern der Afrikapolitik dieser Bundesreierung. Jahrelang wurde der schwarze Kontinent veressen und vernachlässigt. Jetzt brennt es – nicht nur im ongo. Was wir benötigen, ist nicht die Eingreiftruppe er Bundeswehr. Wir benötigen ein politisches Gesamtonzept für die afrikanischen Staaten zur wirtschaftlihen Kooperation und Stabilisierung. Wo sind die Vorchläge des Bundesaußenministers hierzu? Die Auslandseinsätze der Bundeswehr müssen auch olitisch flankiert sein. Der Bundesaußenminister aber tellt nur Forderungen auf. Herr Bundesaußenminister, er in Einsätze hineingeht, muss auch wieder herausgeen. Wo ist Ihre politische Strategie? Wo sind Ihre Initiaven für Bosnien, für Kosovo, für Mazedonien, für Afhanistan? Die Soldatinnen und Soldaten, unsere evölkerung und wir wollen wissen, ob es sich dort um nbeschränkte, immer währende Einsätze handelt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie ich einige Anmerkungen zur Zukunft der NATO mahen, und zwar zunächst einige aktuelle Anmerkungen ur laufenden Konventsdebatte und zur Rolle der ESVP. eine Einschätzung ist klar: Die ESVP ist wichtig, aber ie kann und soll die NATO nicht ersetzen. Die atlantiche Allianz und unsere Freundschaft im Bündnis mit en Vereinigten Staaten von Amerika bleiben weiterhin uständig für die kollektive Verteidigung der Mitglieder, ber auch für internationales Krisenmanagement. Ameika ist auch in Zukunft unser unverzichtbarer Partner für icherheit und Stabilität. Ebenso wenig sehe ich das Ziel bei der ESVP in der chaffung einer europäischen Armee. Darüber müssen ir miteinander diskutieren. Die Streitkräfte bleiben uch in Zukunft ihrem jeweiligen nationalen Kommando nterstellt. Wir brauchen keine eigenständigen militärichen EU-Strukturen, parallel und in Duplizierung von Dr. Gerd Müller NATO-Strukturen. Das verschwendet Ressourcen, untergräbt die transatlantischen Beziehungen und erschwert eine enge Abstimmung zwischen EU und NATO. Die EU kann die NATO nur ergänzen, nicht ersetzen. Offen ist auch, für welche Einsatzszenarien die neuen Krisenreaktionskräfte vorgesehen sind: Auf welcher Grundlage und unter welchen Voraussetzungen können unsere Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden? Wie weit reicht dafür im Einzelfall der Konsens unter den europäischen Mitgliedstaaten? Es muss insbesondere auch die Frage geklärt werden, wie weit das Recht auf humanitäre Intervention gehen kann und gehen darf. Wir müssen uns dabei hier in diesem Haus und darüber hinaus über die notwendigen Rechtsgrundlagen verständigen und Initiativen zur Anpassung des humanitären Völkerrechts an die neuen Bedrohungen entwickeln. Betrachten wir die Massengräber und Massaker im Irak: Der Einsatz der Amerikaner wurde von Ihnen mit allen Mitteln heftigst bekämpft. Betrachten wir den Massenmord im Kongo: Er wurde von uns allen über Jahre hinweg ignoriert, rechtfertigt jetzt aber offensichtlich den Einsatz der Bundeswehr. – Das ist eine verlogene Moral. Das ist eine gespaltene Moral. Das ist die grüne Moral des Außenministers Ihrer Partei. (Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Null Ahnung!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Europa muss handlungsfähig sein. Das ist unbestrit-
ten. Deshalb werden wir im Rahmen der Konventsde-
batte für mehr Mut in der Frage der Einführung qualifi-
zierter Mehrheitsentscheidungen in der Gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik nach dem Prinzip der
doppelten Mehrheit eintreten, Herr Außenminister.

Einzelnen Staaten darf in Zukunft weder ein nationa-
ler Sonderweg möglich sein, noch dürfen sie das ge-
meinschaftliche Handeln durch ihr Veto verhindern. In
dieser Hinsicht ist sozusagen ein Quantensprung in der
europäischen Ordnung erforderlich. Wir befürworten
deshalb die Zusammenlegung der Positionen Solanas
und des Außenkommissars der EU. Wir sind aber nicht
für die Schaffung eines Königreichs für Joschka Fischer.
Dies wird es nicht geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/ CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es wird weder einen diplomatischen Dienst für Joschka
noch eine Hofgarde für seine Eminenz, den deutschen
Außenminister, geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/ CSU – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht sollten Sie sich der Debatte einmal ernst zuwenden!)


Wir hätten etwas mehr Initiative vonseiten dieses Au-
ßenministers erwartet, um die neuen Entscheidungs-
strukturen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspo-
litik voranzubringen. Auch die NATO und der UN-
Sicherheitsrat sind reformbedürftig.

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(C (D Lassen Sie mich zum Schluss eine grundsätzliche Anerkung machen. (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Endlich!)


ir alle – über die Parteigrenzen und Generationen hin-
us – brauchen mehr Mut für den Frieden in der Welt.
as fängt nicht bei den Truppen an, Herr Außenminister,
ondern das fängt im Kopf an. Notwendig sind eine hu-
anitäre Strategie, eine stärkere Entwicklungskoopera-
ion zwischen Reich und Arm und ein Dialog der Welt-
ulturen und Weltregionen. Dazu gehört aber auch und
n erster Linie der Wille, diese Welt nicht mit Waffen zu
berschwemmen.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Joseph Fischer, Bundesminister: Der Herr gab jedem Menschen einen Kopf, aber nicht jedem ein Hirn! – Gegenruf des Abg. Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Ich habe Sie Gott sei Dank nicht verstanden!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504801400


Ich erteile dem Kollegen Winfried Nachtwei, Bünd-
is 90/Die Grünen, das Wort.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504801500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ollege Müller, leider haben Sie das vorzügliche Niveau
er Rede Ihres Kollegen Rühe in keiner Weise halten
önnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ie gestatten, dass ich jetzt zum Thema zurückkehre.
Wenn der Deutsche Bundestag heute der Aufnahme

on sieben ost- und südosteuropäischen Staaten in die
ATO zustimmt, dann geschieht das in größter Einmü-
igkeit, aber auch ohne sonderlich starken Widerhall in
er Öffentlichkeit. Nichtsdestoweniger ist der bevorste-
ende Beitritt der sieben Staaten ein Vorgang von histo-
ischer Bedeutung, besonders aus der Sicht der betroffe-
en neuen Mitgliedstaaten. Ich bin erleichtert und froh,
ass sich der Erweiterungsprozess ohne die Brüche und
eue Spaltungen vollzogen hat, die ich und viele andere
n der damaligen Opposition Mitte der 90er-Jahre be-
ürchtet hatten.
Bei der gängigen Feststellung, mit der NATO-Erwei-

erung und ihrer Öffnung dehne sich der transatlantische
tabilitätsraum aus, handelt es sich ausdrücklich nicht
m das übliche Selbstlob einer großen Institution oder
m bloße NATO-Lyrik. Die Erweiterung wurde und
ird als Prozess gestaltet, der aus Dialog, Kooperation,
nneren Reformen und Konfliktbeilegung besteht. Die
embership Action Plans stellen Anforderungen an

ie künftigen Mitglieder: hinsichtlich der friedlichen
egulierung von inneren – auch von ethnischen und ter-
itorialen – Konflikten, der Achtung der Menschenrechte
nd der demokratischen Kontrolle der Streitkräfte.






(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei
Schließlich fordern sie Beiträge zur nationalen Verteidi-
gung, zur Bündnisverteidigung und zu Peacekeeping-
Einsätzen der NATO und der Vereinten Nationen.

Die sieben Anwärterstaaten haben hierbei höchst un-
terschiedliche Anforderungen zu bewältigen. Bulgarien,
Rumänien und die Slowakei müssen ihre Armeen aus
der Zeit des Warschauer Paktes in den kommenden Jah-
ren erheblich reduzieren, und zwar um ungefähr ein
Drittel ihrer Kopfstärke. Sie haben sie umzubauen und
auf ihre Interoperabilität im Bündnis umzustellen.

Die baltischen Staaten und Slowenien müssen neue
Streitkräfte aufbauen, die als Teil des Bündnisses aber
viel kleiner sein können, als wenn sie national auf sich
allein angewiesen wären. Der Anspruch kollektiver und
kooperativer Sicherheit findet seinen praktischen Nie-
derschlag in ersten multinationalen Verbänden, zum Bei-
spiel – man höre! – in einer tschechisch-polnisch-slowa-
kischen Brigade, und in einer breiten Beteiligung an
friedensbewahrenden Einsätzen in Bosnien-Herzego-
wina, im Kosovo, in Kabul und sogar bei Enduring Free-
dom.

Zusammengefasst: Die NATO-Beitritte sind bedeut-
same Beiträge zur Stabilisierung eines Raums, der sich
nach der Implosion des Ostblocks wahrhaftig auch sehr
explosiv hätte entwickeln können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die militärische Integration in Europa, in der Europäi-
schen Union und in der NATO schreitet voran. Die poli-
tische Gemeinsamkeit fiel demgegenüber allerdings in
den letzten Monaten massiv zurück. Die Frühjahrsta-
gung der NATO-Parlamentarierversammlung vor ei-
nigen Tagen in Prag war von der Erfahrung einer regel-
rechten Spaltung und Marginalisierung der NATO im
Umfeld der Irakkrise geprägt. Aber die Meinungsrisse
auf dieser Tagung verliefen nicht einfach zwischen dem
so genannten alten und dem neuen Europa, sondern oft
mitten durch die nationalen Delegationen hindurch. Das
notorische Bemühen der Union hierzulande, vor allem
die Bundesregierung zum Sündenbock für die Turbulen-
zen in der NATO zu machen, zielt – das zeigte die Parla-
mentarierversammlung sehr deutlich – an der Realität
völlig vorbei.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Offenkundig wurde bei der NATO-Parlamentarierver-
sammlung die Notwendigkeit, sich über die viel be-
schworenen gemeinsamen Werte und Interessen sowie
über eine gemeinsame Bedrohungsanalyse neu zu ver-
ständigen. Einmütig war aber der Wille der Abgeordne-
ten der NATO-Staaten, zu gemeinsamer Handlungsfä-
higkeit der NATO zurückzufinden. Unüberhörbar war
dabei die Forderung, dass dies nur in transatlantischer
Partnerschaft und nicht in Gefolgschaft geschehen kann.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegin Petra Pau. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir eden über die Zukunft der NATO, über die Zukunft eies Militärpaktes. Mit dem Ende des Kalten Krieges war hm der Sinn abhanden gekommen. Heute wollen Sie ihn ber mit höheren Weihen versehen. Sie nennen das „alernativlos“, „unverzichtbar“ und sogar „historisch“, wie eine Vorredner mehrfach betont haben. Die PDS im undestag hingegen hält das schlicht für falsch. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504801600
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1504801700

eshalb, Herr Kollege Rühe und Herr Kollege Fischer,
ile ich ausdrücklich nicht Ihre Freude, die Sie über die
rweiterung der NATO zum Ausdruck gebracht haben.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Der Krieg gegen den Irak hat eines verdeutlicht: Die
eitere Militarisierung des Politischen führt in eine his-
rische Sackgasse. Das löst keine Probleme, sondern
ehrt sie eher ins Unerträgliche. Nun hat Ludger Volmer
or Wochen an dieser Stelle erinnert, dass es 1990 zwei
erspektiven bzw. Möglichkeiten gegeben hat: Entweder
ird die NATO als Hegemon weiter ausgebaut oder es
ird ein wirkliches System kollektiver Sicherheit ge-
chaffen. Können Sie sich daran erinnern, wann der
undestag zuletzt ernsthaft über ein wirkliches System
ollektiver Sicherheit debattiert hat? Ich vermute, dass
elbst die Dienstälteren unter Ihnen diesbezüglich Erin-
erungslücken haben.


(Beifall der Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])

Ludger Volmer meinte des Weiteren, man habe einen
ittelweg gefunden und man tue jetzt beides, also ver-
ürzt gesagt: Hegemon und Sicherheit. Mich erinnert
as fatal an das Römische Reich. Sie wissen, wie das en-
ete. Allerdings wurde damals mit Schild und Schwert
ekämpft. Heute bedrohen uns weltvernichtende Waffen.
as heißt, dass die Losung „Frieden schaffen ohne Waf-
en“ nichts, aber auch gar nichts von ihrer Brisanz einge-
üßt hat, ganz im Gegenteil.
Wir reden hier übrigens fast nebenbei über einen Ver-

assungsbruch. Das Grundgesetz enthält ein Friedensge-
ot. Es beschränkt die Bundeswehr auf die Landesver-
idigung und daran ändert auch eine erweiterte NATO
ichts.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Innenminister Schily hat vor wenigen Wochen den
ahresbericht 2002 des Verfassungsschutzes vorgestellt.
arin wird die Friedensbewegung gegen den Irakkrieg
ls staatsgefährdend aufgeführt. Der Bundesinnenminis-
r, finde ich, sollte den Millionen, die gegen diesen
rieg demonstriert haben, endlich sagen, warum. Jüngst
at Bundesverteidigungsminister Struck seine neuen
erteidigungspolitischen Richtlinien vorgestellt. Danach






(A) )



(B) )


Petra Pau
findet die Verteidigung der Bundesrepublik künftig welt-
weit, je nach Gutdünken und Interessenlage, statt. Da-
mit, finde ich, ist der Herr Minister Struck zumindest ein
Prüffall für die Verfassungsschützer des Ministerkolle-
gen Schily geworden. Ich hoffe, dass Herr Schily ihn
von dieser Prüfung schon unterrichtet hat.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Unruhe)


Parallel zu all diesen Debatten wirbt die CDU/CSU
für ein militärisches Erstschlagsrecht, also genau das,
was die US-Führung im Irak und anderswo wider alles
Völkerrecht für sich in Anspruch nimmt. Deshalb wie-
derhole ich hier: Eine falsche NATO wird nicht besser,
nur weil sie größer wird, und eine falsche Politik wird
nicht richtig, nur weil SPD und Grüne sowie CDU und
CSU den militärischen Gleichschritt üben.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504801800


Ich erteile dem Kollegen Markus Meckel, SPD-Frak-
tion, das Wort.


Markus Meckel (SPD):
Rede ID: ID1504801900

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Verehrte Kollegin Pau, es ist schon interessant,
sich die Situation anzusehen. Heute, nun wirklich lange
nach den Umbrüchen, den Freiheitsrevolutionen von
1989/90, feiern wir ein wesentliches Ergebnis dieser
Umbrüche, nämlich dass Europa zusammenwächst und
eben auch sicherheitspolitisch zusammenwächst. Volker
Rühe hat sehr klar gesagt: Das geschieht nicht etwa des-
halb, weil die NATO schon am Anfang begriffen hat,
was da passiert; nein – das muss man so klar sagen –, sie
hat es lange nicht begriffen. Vielmehr haben die Völker,
die Freiheit und Demokratie errungen haben, gesagt: Wir
wollen, dass es keine geteilte Sicherheit in Europa und
im transatlantischen Verhältnis gibt. – Erst dann, so nach
und nach, übrigens sehr viel später als die Europäische
Union, hat sich die NATO – ausgehend vom Treffen der
Verteidigungsminister in Travemünde 1994 – auf den
Weg gemacht und versucht, sich zu öffnen. Nach langen
und schwierigen Debatten hat das jetzt zu diesem Ergeb-
nis geführt.

Wie wesentlich das war, haben viele von uns in vielen
Prozessen – wir könnten die Konflikte, mit denen wir
uns in den letzten zehn Jahren beschäftigen mussten,
einzeln durchgehen – schmerzlich lernen müssen. Der
Bundesaußenminister hat oft betont, dass eine militäri-
sche Sicherung der zivilen, administrativen und Nation-
Building-Prozesse notwendig ist, damit diese Prozesse
überhaupt ablaufen können.


(Beifall bei der SPD)

Es ist also sehr wohl wichtig, auf der Höhe der Zeit zu
leben. Dazu gehört die Erkenntnis, dass wir eine Institu-
tion wie die NATO brauchen. Ich kann mich deshalb der
Freude, die zum Ausdruck gebracht worden ist, nur an-
schließen.

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(C (D Die NATO hat nicht nur am Anfang die Frage der Ereiterung erst allmählich begriffen, sondern es war und st zum Teil bis heute eine schwierige Frage, wie sie ngesichts der neuen Herausforderungen in Zukunft ussehen soll. Es ist klar, dass der Wunsch der Kandidaen, hineinzukommen, von militärischen Drohungen estimmt war, von denen manche von uns sagten, sie betünden so nicht. Aber sie waren da und die Kandidaten aben gesagt: Wir wollen in diesen Sicherheitsraum hinin. – Das war, denke ich, völlig legitim. Gleichzeitig verändert sich die Situation. Wir haben eue Herausforderungen. Wie in vorangegangenen Reen schon angesprochen worden ist, besteht die Notwenigkeit einer verstärkten Integration. Der zentrale unkt, der schon 1989/90 für die NATO sprach, war, ass auch die neuen Demokratien in Mittelund Osteuopa ihre Sicherheit nicht mehr national organisieren. ies hätte nämlich zu einer weiteren Destabilisierung uropas geführt. Was wir heute brauchen, ist eine vertärkte Integration. Es gibt eine solche Integration schon innerhalb der ATO. Aber wenn wir genau hinsehen, dann erkennen ir, dass sie zunächst formal und noch relativ wenig entickelt ist. Jeder Staat in Europa – darauf ist hingewieen worden – macht das Gleiche. Was das transatlantiche Verhältnis angeht, ist es ähnlich. Zwar gibt es die ilitärische Integration in den Stäben, in der Planung urch SHAPE und in dem, was in Brüssel aufgebaut orden ist – das ist ganz gewiss wichtig –; aber ansonsen sind die militärischen Fähigkeiten und Strukturen, ielleicht abgesehen von den AWACS, noch nicht besoners stark integriert. Die zentrale Aufgabe von uns Euroäern ist, diesbezüglich Abhilfe zu schaffen. Das, was ier zur Effektivität beim Einsatz von Mitteln von Herrn ühe und anderen dazu gesagt worden ist, kann ich nur usnahmslos unterstützen. Eine andere wesentliche Aufgabe besteht darin – auch as müssen wir sehen –, die Fähigkeit zur Integration zu ewahren. Glücklicherweise ist die Zahl der zivilen pfer des Irakkriegs geringer, als viele befürchtet haen. Dass dies so ist, haben wir den Fähigkeiten von Präisionswaffen zu verdanken. Im Hinblick auf künftige onflikte ist das von zentraler Bedeutung. In diesem Zuammenhang stellt sich natürlich die Frage, wie sich euopäische und amerikanische militärische Einsätze in ukunft entwickeln und inwieweit wir auch in diesem ereich in Zukunft partnerschaftsfähig sein können. artnerschaftsfähigkeit wird nur durch Zusammenareit möglich sein. Wer glaubt, man könne Rüstung und ndere militärische Fähigkeiten noch national entickeln, der geht fehl. Es ist zu beobachten, dass innerhalb der NATO – es ar gerade von der Tagung der Parlamentarischen Verammlung der NATO in Prag die Rede – immer wieder ber die Bedeutung der NATO gesprochen wird. Das ist ichtig und, wenn es um Europa geht, existenziell. Wir erden Sicherheit ohne die transatlantischen Beziehunen und ohne die Institutionen der NATO nämlich nicht ewährleisten können. Markus Meckel Angesichts dieser Reden müssen wir natürlich auch feststellen: Die Praxis war in den vergangenen Jahren oft anders. Im Angesicht der großen Herausforderung bei der Bekämpfung des Terrorismus hat die NATO erstmals Art. 5 des NATO-Vertrages ausgerufen. Sie hat damit ihre Entschlossenheit zum Ausdruck gebracht diese Herausforderung anzunehmen; aber umgesetzt wurde er von zentralen und wichtigen NATO-Partnern eben nicht. In der NATO selbst wurde noch nicht einmal eine zentrale sicherheitspolitische Debatte zu den wesentlichen Fragen geführt. Das zeigt: Wir selbst – trotz unserer unterschiedlichen Perspektiven, zum Beispiel im transatlantischen Verhältnis, was ja in der Irakfrage deutlich geworden ist – müssen noch sehr viel dafür tun, die NATO auf die Höhe der Zeit zu bringen. Die Amerikaner haben im letzten Jahr ihre nationale Sicherheitsstrategie beschlossen. Diese Strategie beinhaltet die Möglichkeit präemptiver Schläge. Darüber gibt es im Bündnis mit Sicherheit keinen Konsens. Dennoch haben wir darüber bis heute noch nicht einmal eine Debatte geführt. Ich bin deshalb sehr froh, dass wir, die Europäer, Herrn Solana gebeten haben, für Europa eine Bedrohungsanalyse zu entwickeln. Eine solche Analyse käme zwar sehr spät; aber es wird nun wirklich Zeit, dass wir selbst unsere Herausforderungen benennen können und klären, mit welchen Mitteln und auf welcher Ebene wir sie bewältigen wollen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


Auf der Ebene der Parlamentarier sind in den letzten
Jahren immer wieder sehr intensive Diskussionen geführt
worden. Wir können nur hoffen – wir fordern die Regie-
rung auf, einen entsprechenden Beitrag zu leisten –, dass
auch in den Institutionen der NATO und im NATO-Rat
die notwendige Diskussion geführt wird. Wir wissen,
dass Versuche unternommen wurden, eine solche Dis-
kussion anzustoßen.

Ich möchte auch von hier aus in Richtung unseres
Partners Frankreich deutlich sagen: Gerade weil wir im
transatlantischen Verhältnis den europäischen Pfeiler
stärken wollen – viele Redner haben das hier zu Recht
gesagt – und ihn zu einer integrierten Kraft, das heißt zu
einer Kraft gemeinsamen Handelns, machen müssen,
darf es nicht sein, dass die Franzosen als eine zentrale
und wichtige Kraft in Europa auf Dauer eine Sonderstel-
lung beanspruchen und sich jeweils vorbehalten, ob sie
mitmachen. Wir sollten die Franzosen auch von dieser
Stelle aus bitten, in die militärische Struktur der NATO
zurückzukehren und damit unsere gemeinsamen Fähig-
keiten zu stärken.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Das Gleiche gilt natürlich auch für andere Partner in-
nerhalb der Europäischen Union. Wir sollten uns deutlich
machen – der Außenminister hat darauf hingewiesen –,
dass es bei den Erweiterungsprozessen, mit denen wir uns
im Rahmen der Ratifikationsprozesse jetzt glücklicher-

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( H e – (C (D eise beschäftigen können, durchaus manche Inkonruenzen bei den Mitgliedschaften gibt. Wir müssten eientlich ein Interesse daran haben, dass so viele Länder ie möglich Mitglied sowohl in der EU als auch in der ATO sind; denn so kann der europäische Pfeiler gestärkt erden. Deshalb begrüße ich es, dass die NATO-Parlamenta ierversammlung beschlossen hat, Schweden jetzt den ssoziierten Status zu geben. Wir müssen den Schweden ber sagen: Überlegt euch doch einmal – wir wissen, ass das eine Reihe schwedischer Kollegen dort zur prache bringen –, ob die Neutralitätsfrage nach dem nde des Kalten Krieges wirklich noch so relevant ist. ie Schweden sollten lieber sagen: Lasst uns mitmahen. Sowohl die Schweden als auch die Finnen haben n internationalen Friedensmissionen große Erfahrungen esammelt, die Europa im Zusammenhang mit der Interation gebrauchen kann. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Ein letzter Punkt, auf den ich noch zu sprechen kom-
en möchte: Wir müssen auch innerhalb der NATO dar-
ber nachdenken, wie die Strukturen künftig aussehen
ollen. Der US-Senat hat im Zusammenhang mit der Ra-
ifizierung der Abkommen über die Erweiterung zwei
ufgaben gestellt, über die der Präsident berichten soll.
um einen ist das die Frage, ob das Konsensprinzip er-
alten bleiben soll. Im Grunde hat er dazu aufgefordert,
as Konsensprinzip in der NATO zu verlassen. Das be-
rachte ich sehr skeptisch. Darüber brauchen wir sowohl
n unseren Ländern als auch in der NATO eine intensive
ebatte.
Der zweite Punkt ist die Frage der Suspendierung ei-

es Mitglieds. Was passiert, wenn sich jemand an die ge-
einsamen Regeln und Gesetze nicht mehr hält und ge-
en die demokratischen Strukturen verstößt? Ich halte
ine solche Diskussion für alle demokratischen Instituti-
nen für durchaus akzeptabel; auch innerhalb der NATO
ollten wir im Rahmen des Rates darüber sprechen.
Lasst uns in Zukunft diese Debatte miteinander füh-

en! Wir stehen im transatlantischen Verhältnis vor gro-
en Aufgaben, weil die Risiken in dieser Welt leider nun
inmal nicht weniger geworden sind, sondern anders.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504802000


Ich erteile das Wort dem Kollegen Freiherr von und
u Guttenberg, CDU/CSU-Fraktion.

Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Am heutigen Tag ist vieles begrüßenswert: zum
inen die klaren Bestandsaufnahmen, zum anderen die
insbesondere vom Kollegen Volker Rühe – aufgezeig-






(A) )



(B) )


Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
ten Perspektiven, die nicht nur den europäischen Pfeiler
beleuchten, sondern auch über den Atlantik hinweg rei-
chen.

Eine der entscheidenden Linien, die von diesem Tag
mitgenommen werden müssen, ist, dass wir über die
Kommunikationsebenen im europäischen Rahmen die
transatlantische Struktur weiterhin pflegen und ihr den
Stellenwert geben müssen, den sie tatsächlich verdient.
Begrüßenswert ist auch die parlamentarische Einigkeit
in diesem Hause; allerdings will ich die in meinen Au-
gen erschreckende Realitätsferne der PDS erwähnen.
Begrüßenswert ist ebenso die Zusammensetzung und
Struktur der neuen Mitgliedsländer, deren Beitritt Aus-
druck der Hoffnung auf eine wirkliche Stabilität und
eine Überwindung der einstigen Spaltung Europas
ist. – So viel zum Istzustand.

Gestatten Sie mir auch einige Punkte zum Sollzu-
stand: Es wäre begrüßenswert, wenn mit derselben An-
strengung und mit demselben Eifer, mit dem noch vor
kurzem eine transatlantische Gegenposition geschmiedet
wurde, eine transatlantische gemeinsame Sicherheits-
analyse angegangen würde. Auch diese Arbeit ist zu
leisten. Sie erfordert die Fähigkeit und den Willen, sich
überhaupt einmal gemeinsamen Sicherheitsinteressen
zuzuwenden. Sie bedarf des Willens, einen gemeinsa-
men Sicherheitsbegriff zu formulieren, der über Europa
und gegebenenfalls auch über den atlantischen Raum
hinweg zu reichen vermag. Außerdem bedarf sie der da-
raus resultierenden Bereitschaft, eine über den eigenen
Tellerrand hinweg blickende Sicherheitsstrategie zu ent-
wickeln.

Ausgangspunkt hierfür ist ein kooperatives, komple-
mentäres und letztlich partnerschaftliches Verhältnis zu
den Vereinigten Staaten von Amerika;


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


nicht spaltend gegengewichtig, sondern ergänzend ne-
bengewichtig. Wir könnten nicht törichter handeln, als
uns den Marktschreiern einer europäischen Gegenge-
wichtsstrategie zu unterwerfen. Das wäre der größte
Fehler, den wir in dieser Zeit machen könnten. Wer näm-
lich nicht willens oder in der Lage ist, bildlich gespro-
chen das Gerüst der transatlantischen Waagschalen mit
zu definieren, der muss zwangsläufig an der Gegenge-
wichtsstrategie scheitern.


(Jörg Tauss [SPD]: Gleichgewicht ist auch nicht schlecht! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Herr Tauss, seien Sie mal lieber ruhig, Sie sind untergewichtig! Und im Körper übergewichtig!)


– Gleichgewicht wäre insoweit begrüßenswert, Herr
Kollege, als es ergänzend und nicht konkurrierend statt-
findet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es geht dabei auch weniger um die Frage, wie wir
eine amerikanische Supermacht verhindern, sondern
eher darum, wie wir mit dem Faktum umgehen, dass

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( s s g P d k d E (C (D merika tatsächlich eine ist. Auch hier müssen wir den atsachen ins Auge blicken, ohne uns als Europäer dabei lein zu reden. Das kann nicht die Konsequenz sein. Ein gutes, erneuertes Verhältnis zu den Vereinigten taaten, gerade im Kontext internationaler Organisatioen, schließt Kritik nicht aus, aber die Kultivierung von prachlosigkeit auf oberster Ebene. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


as gilt auch für unser Verhältnis zum amerikanischen
räsidenten. Da darf man schon fragen, wie abgeschie-
en, wie unbeobachtet, wie finster eigentlich der Ort sein
uss, an dem auch unser Bundeskanzler einmal offen
uf den amerikanischen Präsidenten zugeht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Neu-,

artiell vielleicht eine Redefinition des transatlanti-
chen Verhältnisses, auch und gerade der NATO, erfor-
ert neben der notwendigen, heute oft genannten Ergän-
ung der militärischen Fähigkeiten auch eine ehrliche
useinandersetzung mit den Hausaufgaben, die die an-
eren bereits gemacht haben. Hier ist unter anderem die
ationale Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten zu
ennen, die in einigen Punkten sicherlich kritikwürdig
t; aber wir können sie nicht auf Begriffe wie Unipolari-
t, Unilateralität, einseitiges Hegemonialstreben verkür-
en. Wir müssen uns mit den Hausaufgaben, die andere
emacht haben, auseinander setzen. Sie sind ein Teil der
merikanischen Realität und damit ein Teil der transat-
antischen Realität. Von daher müssen wir über den Sta-
us, mit den Fragestellungen zu ringen, hinausgehen
önnen und uns mit den Antworten, die andere mittler-
eile gegeben haben, auseinander setzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504802100


Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
CDU/CSU):
Herr Präsident, ich schließe.
Grundsätzlich bin ich dankbar für die große Überein-

timmung. In der Frage der Zukunft der NATO, im Zu-
ammenspiel mit den Amerikanern ist allerdings weni-
er eine erschöpfende Retrospektive denn eine klare
erspektive notwendig.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504802200


Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zu den Proto-
ollen vom 26. März 2003 zum Nordatlantikvertrag über
en Beitritt der Republik Bulgarien, der Republik
stland, der Republik Lettland, der Republik Litauen,






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse
Rumäniens, der Slowakischen Republik und der Repu-
blik Slowenien, Drucksachen 15/906 und 15/1063.
Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Drucksache
15/1117, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte dieje-
nigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu
erheben. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen des Hauses bei
den Gegenstimmen der beiden fraktionslosen Abgeord-
neten angenommen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 5 a und b so-
wie die Zusatzpunkte 2 und 3 auf:
5. a) Beratung des Antrags der Abgeordneten

Katherina Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria
Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Ausbildungsplatzabgabe zerstört Ausbil-
dungsmotivation

– Drucksache 15/925 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Berufsbildungsbericht 2003

– Drucksache 15/1000 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Tourismus

ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Willi
Brase, Jörg Tauss, Doris Barnett, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Ab-
geordneten Grietje Bettin, Dr. Thea Dückert,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Lasten gerecht verteilen – Mehr Unternehmen
für Ausbildung gewinnen

– Drucksache 15/1090 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), Ulrike
Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Ausbildung belohnen statt bestrafen – Ausbil-
dungsplätze in Betrieben schaffen statt Warte-
schleifen finanzieren

– Drucksache 15/1130 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Tourismus Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin atherina Reiche, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer an der Debatte icht teilnehmen möchte, den bitte ich, den Saal mögichst geräuschlos zu verlassen. Bitte schön. Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle en! In Deutschland fehlen derzeit weit über 171 200 ehrstellen; allein in den neuen Ländern sind es 85 000. ie Bundesregierung geht intern davon aus, dass im eptember noch zwischen 50 000 und 70 000 Lehrstelen fehlen werden. Rot-Grün bietet den jungen Menschen derzeit keine erspektive; sie fühlen sich im Stich gelassen. Aber das lles ist keineswegs über Nacht über Deutschland heeingebrochen. Der Bundesregierung ist diese Entwickung seit über einem Jahr bekannt; jetzt tut sie überascht. Erst seit wenigen Wochen sieht sich die Bundesegierung zu Aktionen veranlasst. Der Berufsbildungsbericht 2003 ist ein Beleg dafür, ass die Bundesregierung die Lehrstellenkatastrophe seenden Auges auf sich zutreiben ließ. Der Mantel des chweigens wurde darüber ausgebreitet. Für das Ausaß der Misere muss die Bundesregierung deshalb die itverantwortung übernehmen. Die Zahlen im Berufsildungsbericht zeigen ganz deutlich, dass bereits Mitte ai 2002 die Entwicklung absehbar war. Damals gab es ine Lehrstellenlücke von 5 400 Stellen. Die Zahl neu bgeschlossener Ausbildungsverträge in Wirtschaft und erwaltung ging gegenüber dem Vorjahr um 6,8 Prozent urück. Aus politischen Gründen wurde die Lage vertuscht. uch wegen der Bundestagswahl wurde das Thema zu inem Nichtthema erklärt. rst jetzt, also ein Jahr später, wird das Thema wiederntdeckt, und das auch nur, weil der Bundesregierung emoskopisch und innenpolitisch das Wasser bis zum als steht. Die SPD-Linke lehnt sich gegen jede noch so leine Reform auf. Deshalb wurde der SPD-Linken jetzt ie Beruhigungspille Ausbildungsplatzabgabe verabeicht. Das ist der zweite schwerwiegende politische ündenfall. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Unruhe)

Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1504802300

(Widerspruch bei der SPD)







(A) )



(B) )


Katherina Reiche
Es kann nicht angehen, dass ein tief greifendes gesell-
schafts- und wirtschaftspolitisches Problem zum Scha-
den junger Menschen ideologisiert und parteipolitisch
missbraucht wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Cornelia Pieper [FDP])


Die Pläne der Bundesregierung streuen der Öffent-
lichkeit Sand in die Augen. Vom vorgeschlagenen frei-
willigen Fonds bis zum angedrohten Zwangsfonds ist es
nur ein kleiner Schritt. Die entsprechenden Vorbereitun-
gen im BMBF laufen auf Hochtouren. Die Bundesregie-
rung droht ganz offen damit. Richtig ist aber, dass jede
weitere Belastung für die Unternehmen das falsche Mit-
tel ist; denn jede weitere Belastung wirkt lehrstellenver-
nichtend.

Welche Antworten hat nun die Bundesregierung? –
Zum Beispiel die Aussetzung der Ausbilder-Eignungs-
verordnung für fünf Jahre. Das unterstützen wir ganz
ausdrücklich. Weitere Aktionen erweisen sich aber als
falsch und untauglich. Ich nenne als Beispiel JUMP plus,
über das vor kurzem im Kabinett gesprochen wurde. Es
sollen 300 Millionen Euro zusätzlich ausgegeben wer-
den, um bereits laufende Maßnahmen zu verstetigen und
sozusagen am Leben zu erhalten. Aber damit wird keine
einzige neue Lehrstelle geschaffen.

Ich nenne weiterhin das Kreditprogramm für Ausbil-
dungsbetriebe. Für die Unternehmen sind nicht Kredite,
sondern die Senkung der Lohnnebenkosten entschei-
dend. Ich nenne ferner das Verbot der Prüfgebühren für
die Kammern. Auch dadurch ist keine einzige zusätzli-
che Lehrstelle zu erwarten.


(Jörg Tauss [SPD]: Kammerlobbyistin, Frau Kollegin!)


Zweifelsohne – das möchte ich für unsere Fraktion
deutlich sagen – tragen die Unternehmen eine gesell-
schaftspolitische Verantwortung, gerade für die junge
Generation. Zahlreiche Unternehmen stehen jedoch mit
dem Rücken zur Wand. Die Wahrheit ist, dass es einen
traurigen Rekord bei den Insolvenzen gibt. Im letzten
Jahr waren es 38 000 und in diesem Jahr sind es bereits
10 000. Nun bekommen die noch existierenden Unter-
nehmen weitere finanzielle Belastungen und Bürokratie
aufgebürdet. Das verschärft das Insolvenzrisiko; weitere
Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze sind gefährdet.

Die derzeitige Ausbildung im dualen System ist be-
darfsorientiert. Ein Modell, das sich an der Nachfrage
der Schulabgänger orientiert, läuft am Bedarf vorbei.
Wer entscheidet denn eigentlich aufgrund welcher Kom-
petenz, ab wann eine Zwangsabgabe eingeführt werden
soll? Mit welchem Recht will Frau Bulmahn oder Herr
Clement ein Unternehmen vor Ort, das um seine Exis-
tenz kämpft, und einen Unternehmer, der mit seinem
Vermögen haftet, bestrafen? Soll die Zwangsabgabe bei
einer Lücke von 10 000, von 20 000 oder von 50 000
Lehrstellenplätzen eingeführt werden? Welche Quotie-
rungen will man denn dann anlegen? Für sämtliche der
2,45 Millionen Betriebe mit mindestens einem sozialver-
sicherungspflichtig Beschäftigten müsste also die Soll-
stärke an Auszubildenden errechnet, die Differenz zur

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(C (D stgröße gebildet und daraus eine Zwangsverpflichtung rrechnet werden. Das ist schlichtweg verrückt. (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Sie sind fantasielos, Frau Kollegin!)


Wie viel Geld wird für den bürokratischen Aufwand
erloren gehen und was soll mit dem restlichen Geld ge-
chehen? Es würden letztlich mehr außerbetriebliche
usbildungsplätze entstehen, die wiederum kaum Be-
chäftigungsperspektiven auf dem ersten Arbeitsmarkt
röffnen. Außerdem ist eine solche Umlage schon in der
raxis gescheitert. Sie existiert bereits in der Bauwirt-
chaft.


(Jörg Tauss [SPD]: Erfolgreich! – Weitere Zurufe von der SPD)


Herr Tauss, die Zahl neuer Ausbildungsverträge ist
icht höher geworden: Sie sank von 1994 bis zum Jahr
002 von 20 000 auf 9 000 und damit proportional zum
ückgang der Beschäftigten in der Bauwirtschaft.
Die Veranstaltung der Unionsfraktion mit 700 Hand-

erkern am vergangenen Dienstag war – Herr Tauss, Sie
ätten kommen sollen – beeindruckend und lehrreich zu-
leich: Seit mehr als drei Jahrzehnten bewältigen Hand-
erksbetriebe Umsatz- und Ertragsrückgänge. Sie leben
ielfach von der Substanz und versuchen dennoch, aus-
ubilden und so weit wie möglich ihre Mitarbeiter zu
alten und sie weiterzubilden. Parallel dazu stehen
30 000 Handwerksmeister in der Reserve, die sich so-
ort selbstständig machen würden, wenn sie entspre-
hende Rahmenbedingungen vorfinden würden. Das
ätte eine Katapultwirkung auch für Lehrstellen. Dieses
otenzial sollten wir erschließen. Die jetzige Situation
ollte nicht durch ausgeklügelte Stufenmodelle und Aus-
ildungsplatzabgaben verschärft werden. Eine Ausbil-
ungsplatzabgabe führt dazu, dass die Verantwortung im
inblick auf die berufliche Ausbildung von der Wirt-
chaft auf den Staat überginge. Weniger betriebliche und
ehr außerbetriebliche Ausbildungsplätze wären die
olge.
Sie als Bundesregierung sind aufgefordert, einen Weg

ur Sicherung eines ausreichenden Lehrstellenangebotes
nd zur Stärkung des ersten Ausbildungsmarktes über
ine Modernisierung der Ausbildungsordnungen,


(Zurufe von der SPD: Machen wir doch!)

ber eine wachstumsorientierte Steuer- und Finanzpoli-
ik sowie über die Senkung der Lohnnebenkosten zu su-
hen. Ein erster Schritt wäre es, die Mittel des erfolglo-
en JUMP-Programms, die immerhin 1 Milliarde Euro
etragen, direkt zur Senkung der Lohnnebenkosten ein-
usetzen, um ausbildende Betriebe zu entlasten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben in unserem Antrag notwendige Wege auf-

ezeigt: zum Beispiel eine Novelle zum Berufsbil-
ungsgesetz. Schaffen Sie eine international ausgerich-
ete berufliche Bildung, die aus Modulen besteht!
chaffen Sie theoriegeminderte Berufe für Jugendliche
hne Schulabschluss bzw. für benachteiligte Jugendli-
he! Fördern Sie die Verbundausbildung im Handwerk






(A) )



(B) )


Katherina Reiche
und bei kleinen Unternehmen und heben Sie die
Schwelle für den besonderen Kündigungsschutz auf
20 Beschäftigte bei Neueinstellungen an!

Das Vertrauen sowie die Verlässlichkeit von Politik
müssen wiederhergestellt werden. Die Drohung mit ei-
ner weiteren Abgabe, mit einer weiteren bürokratischen
Hürde ist ein zusätzlicher Beitrag zur Verunsicherung
der Unternehmen. Der richtige Weg wäre, Mut und Ri-
siko zu belohnen. Nur so können Sie die fehlenden Lehr-
stellen auffüllen und ersetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504802400


Das Wort hat nun Bundesministerin Edelgard
Bulmahn.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das hebt das Debattenniveau gleich merklich an! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Wenn Sie nicht sprechen, ist das Niveau immer gut! Sie sind ein absoluter Niveaudrücker!)


Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Herren und Damen! Die aktuelle Ausbildungssituation
gibt Anlass zu wirklich sehr großer Sorge. Was ich aller-
dings bei Ihnen, Frau Reiche, und in den Anträgen der
Opposition vermisse, ist ein konkreter Vorschlag, wie
wir vorgehen sollen und was wir verändern sollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In Ihren Anträgen steht nicht ein einziger neuer Vor-
schlag. Sie beinhalten vielmehr die Aufzählung dessen,
was wir seit mehreren Jahren tun. Es freut mich, dass Sie
das, was wir tun, so ausdrücklich unterstützen und für
richtig halten. Nur, ich vermisse einen einzigen neuen
konkreten Vorschlag.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Cornelia Pieper [FDP]: Sie haben unseren Antrag nicht gelesen!)


– Auch Ihr Vorschlag, Frau Pieper, bezüglich einer Aus-
bildungsbeihilfe von 3 500 Euro ist nichts Neues. Wir
gehen so seit Jahren in den neuen Bundesländern vor –
nur, ohne wirksame Effekte. Das ist doch das Problem.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen bitte ich die Opposition, nicht zu schlafen,
sondern zur Kenntnis zu nehmen, was bereits durchaus
mit Erfolg geschieht, was aber nicht verhindert hat, dass
wir in diesem Jahr wieder eine sehr ernsthafte, bedrohli-
che Situation haben.

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(C (D (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Die haben doch Sie produziert!)


Ein nächster Punkt. Ich sage ausdrücklich: In diesem
ahr haben wir eine sehr ernsthafte Situation.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Das ist doch Ihre Politik!)


ur, ich erwarte von einem Abgeordneten – auch von Ih-
en, Herr Kollege –, dass er ein Gedächtnis hat, das zu-
indest vier Jahre zurückreicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

m Jahre 1998 hatten wir eine gleich große Ausbildungs-
ücke. Die jetzige Bundesregierung und die Koalition
nterscheiden sich von Ihnen dadurch, dass wir nicht
infach zusehen, so wie Sie es in den 90er-Jahren getan
aben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


ir handeln vielmehr. Das werden wir in diesem Jahr so
ie auch in den vergangenen Jahren wieder tun.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Lücke um 50 000 grö-

er als im letzten Jahr. Wir verharmlosen dies nicht, son-
ern haben nach vielen Vorgesprächen und Verhandlun-
en, die sich über mehrere Monate hinzogen, eine
usbildungsoffensive gestartet – eine solche Offensive
ntsteht ja nicht aus dem Nichts –, mit der wir erreichen
ollen, dass am Ende dieses Jahres alle Jugendlichen ei-
en Ausbildungsplatz erhalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das ist das Ziel!)


Das ist unser Ziel, darum geht es.
Keine Bundesregierung – darauf weise ich ausdrück-

ich hin – und im Übrigen auch keine Opposition, kein
irtschaftsverband und keine Gewerkschaft darf es zu-

assen, dass Zehntausende von Jugendlichen – es sind
0 000, 70 000, 80 000 – ohne Ausbildungsplatz blei-
en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as können wir nicht hinnehmen. Deshalb muss es uns
emeinsam gelingen, eine Änderung herbeizuführen.
Das Nachfrageverhalten der Jugendlichen hat sich

urchaus verändert. Sie haben sich in den Vorjahren
eutlich flexibler verhalten und sich auch für alternative
ualifizierungswege entschieden. Nach wie vor gibt es
roße regionale Unterschiede. Besonders kritisch ist die
ituation in Ostdeutschland – trotz der Prämie, die Sie
etzt wieder fordern. Deshalb haben wir vor zwei Wo-
hen wieder mit den Ländern einen Vertrag geschlossen,
n dessen Rahmen die Bundesregierung 14 000 betriebs-
ahe Ausbildungsplätze mit rund 95 Millionen Euro fi-
anziert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der aktuellen Si-

uation kann die Gewinnung neuer Ausbildungsplätze






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn
nur durch entschlossenes und gemeinsames Handeln ge-
lingen. Um gemeinsam mit den Sozialpartnern dieses
Ziel zu erreichen, haben wir die Ausbildungsoffensive
gestartet. Wir wollen mit dieser Offensive mehr Betriebe
für Ausbildung gewinnen, aber auch für zusätzliche
Ausbildungsplätze in den Betrieben sorgen, die bereits
ausbilden.

Zusätzlich zu dem unterzeichneten Ausbildungsplatz-
programm Ost öffnen wir im Rahmen der Ausbildungs-
platzoffensive das Programm „Kapital für Arbeit“ auch
für neue Ausbildungsplätze. Mit JUMP plus schaffen wir
neue Qualifizierungs- und Beschäftigungsangebote für
100 000 Sozialhilfeempfänger zwischen 15 und 25 Jah-
ren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben außerdem die Berufsausbildungsvorbereitung
in das Berufsbildungsgesetz integriert, um die Ausbil-
dungschancen von schwer vermittelbaren Jugendlichen
zu erleichtern. Diesem Ziel dient auch ein neues System
von Qualifizierungsbausteinen, die wir zurzeit gemein-
sam mit den Sozialpartnern entwickeln. Schließlich wird
die Ausbilder-Eignungsverordnung für fünf Jahre ausge-
setzt. Damit machen wir den Weg frei, dass deutlich
mehr Betriebe ausbilden können.

Die Ausbildungsoffensive 2003 gibt uns die Chance,
meine sehr geehrten Herren und Damen, nicht nur kurz-
fristig eine Kehrtwende bei der verschlechterten Ausbil-
dungslage zu erreichen, sondern auch langfristig ge-
meinsame Wege zur strukturellen Verbesserung des
dualen Ausbildungssystems einzuschlagen. Jetzt kommt
es allerdings ganz entscheidend darauf an, dass auch die
Unternehmen ihrer Verantwortung gerecht werden und
sicherstellen, dass kein Jugendlicher ohne ein Ausbil-
dungsplatzangebot bleibt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn alle Unternehmen für ihren Bedarf ausbildeten,
dann gäbe es in Deutschland kein Ausbildungsplatzpro-
blem. Tatsächlich bilden in Deutschland weniger als
30 Prozent aller Unternehmen überhaupt aus. Das heißt
im Umkehrschluss: Mehr als 70 Prozent aller Unterneh-
men entziehen sich ihrer sozialen und übrigens auch
ökonomischen Verantwortung; denn diese Betriebe ver-
weigern sich der Aufgabe, selbst für qualifizierte Fach-
kräfte zu sorgen. Qualifizierte Fachkräfte aber fallen nun
einmal nicht vom Himmel.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Unternehmen müssen sie ausbilden; darauf sind letztlich
alle Unternehmen angewiesen.

Daher sage ich erneut klipp und klar: Wir werden uns
nicht damit abfinden, dass sich mehr als 70 Prozent die-
ser Aufgabe verweigern. Das ist nicht hinzunehmen,
wenn wir wirklich wollen, dass das duale System auch in
Zukunft eine bedeutende Funktion hat und gewährleis-
tet, dass zwei Drittel aller Jugendlichen ausgebildet wer-
den.

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(C (D Nach Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarktnd Berufsforschung gibt es auch jetzt noch fast ,2 Millionen Betriebe, die ausbilden könnten, aber in er Realität bilden nur rund 640 000 Betriebe aus. Das eißt, mehr als 500 000 Betriebe könnten ausbilden, tun s aber nicht. Genau das darf auf Dauer nicht so bleiben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn lassen Sie es mich klar sagen: Ausbildung ist eine
ohnende Investition in die Zukunft für alle Betriebe und
ür unsere Gesellschaft insgesamt. Das sagt im Übrigen
uch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
lipp und klar: In der Regel ist es teurer, Fachkräfte über
en Arbeitsmarkt zu rekrutieren, als den Fachkräftebe-
arf durch eigene Ausbildung zu decken.
Ich hoffe also, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass

s uns durch die verabredeten und eingeleiteten Initiati-
en gelingen wird, bis zum Jahr 2003 eine bundesweit
usgeglichene Ausbildungsplatzbilanz zu erreichen. Das
ird nur gelingen, wenn sich die Unternehmen selbst
eutlich stärker engagieren. Bleibt dieses Engagement
us, sind die Verbände der Wirtschaft aufgefordert, ei-
en realistischen Vorschlag vorzulegen, wie dieses Ziel
is zum Ende dieses Jahres erreicht werden kann.
Ich stelle lobend heraus, dass es einen Verband gibt,

er diese Aufgabe wirklich ernst nimmt und ernst ge-
ommen hat. In Niedersachsen hat der Arbeitgeberver-
and Metall mit der IG Metall in der letzten Woche ei-
en Tarifvertrag abgeschlossen, in dem sie auf der einen
eite die Zahl der Ausbildungsplätze noch einmal deut-
ch erhöhen und auf der anderen Seite erklären, zusätz-
ch 1 Million Euro bereitzustellen, um das Ziel von
0 Prozent mehr Ausbildungsplätzen tatsächlich zu er-
eichen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Vorbildlich!)


Ich wünsche mir, dass jeder Verband, jede Branche,
de Region in unserem Lande diese Aufgabe genauso
rnst nimmt und deutliche Signale gibt, dass ihnen Aus-
ildung wichtig ist. Wäre dies der Fall, dann müssten
ir hier im Bundestag nicht überlegen, wie wir dieses
iel erreichen können. Wir tun das Unsere dafür, aber
h sage ausdrücklich: Die Wirtschaft und die Gewerk-
chaften müssen ebenfalls das Ihrige dazu tun; sonst
önnen wir das Ziel nicht erreichen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Dann müsst ihr sie lassen!)


Wichtig ist dabei im Übrigen immer, so wie das in
em angesprochenen Tarifvertrag auch gemacht worden
t, dass der Vorschlag verbindlich und umsetzbar sowie
eine Realisierung nachprüfbar ist. Sollte das nicht der
all sein, wird die Bundesregierung geeignete, auch ge-
etzgeberische Maßnahmen ergreifen müssen. Das hat
er Bundeskanzler bereits im März angekündigt.


(Jörg Tauss [SPD]: Zu Recht!)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn
An dieser Stelle unterstreiche ich allerdings auch aus-
drücklich: Solche freiwilligen Vereinbarungen, wie sie
in Niedersachsen geschlossen worden sind, müssen und
sollten unserer Meinung nach Vorrang haben. Das Enga-
gement, die Mühe und die Initiative jedes Einzelnen
hierzu lohnen sich also.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eine gesetzliche Regelung ist sicherlich das letzte
Mittel,


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Das allerletzte! – Peter Rauen [CDU/CSU]: Das untauglichste!)


ein letztes Mittel, das sich erübrigt, wenn die Wirtschaft
ihrer Ausbildungsverantwortung nachkommt und ihre
eigene Zukunftssicherung energisch vorantreibt. Des-
halb ist es auch verfrüht, hier und heute über die Ausge-
staltung einer möglichen gesetzlichen Regelung zu spe-
kulieren.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Es gibt doch schon eine Arbeitsgruppe!)


Jedem sollte aber klar sein, dass in keinem Fall diejeni-
gen Unternehmen von einer solchen Regelung profitier-
ten, die bis heute und in der Vergangenheit ihrer Auf-
gabe und ihrer Verantwortung in Bezug auf die
Ausbildung nicht nachgekommen sind. Das ist ein klares
Kriterium, das in einer solchen gesetzlichen Regelung
auch berücksichtigt werden wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit anderen Worten: Wer heute nicht oder mit Blick auf
den eigenen Fachkräftebedarf nur unzureichend ausbil-
det, kann morgen nicht darauf hoffen, Zuschüsse für
dann eingestellte Auszubildende zu kassieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wer so kalkuliert, handelt kurzsichtig und wird seiner
Verantwortung nicht gerecht.

Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Wenn die
Wirtschaft in diesem Jahr ihrer Ausbildungsverantwor-
tung nachkommt – das hoffe ich –, dann wird es auch
keine gesetzliche Regelung geben. Wenn sie ihr nicht
nachkommt, müssen wir eine solche Regelung treffen.

Ich gebe auch denjenigen Kolleginnen und Kollegen
Recht, die sich hier sehr kritisch geäußert haben: Es ist
eigentlich eine Schande, dass wir dann zu solchen Mit-
teln greifen müssen. Aber es ist auch eine Schande,
wenn diejenigen Unternehmen, die nicht ausbilden – es
sind viel zu viele –, ihrer Verantwortung nicht nachkom-
men.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504802500


Frau Ministerin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

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(C (D Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung nd Forschung: Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, erwarte ch, dass alle jetzt ihren Part erfüllen und alle Kräfte für ie Bereitstellung von Ausbildungsplätzen einsetzen und obilisieren – in ihrem eigenen Interesse, aber vor allen ingen im Interesse der Jugendlichen in unserem Lande nd damit im Interesse unserer Zukunft. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504802600


Nun hat Kollegin Cornelia Pieper, FDP-Fraktion, das
ort.


(Jörg Tauss [SPD]: Frau Pieper, denken Sie an Ihren gestrigen Appell!)



Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1504802700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

hrter Herr Tauss! Am 1. August beginnt das neue Aus-
ildungsjahr. Es sind gerade noch zwei Monate bis da-
in. Die Lage auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt
n Deutschland ist dramatisch und gibt Anlass zu größter
orge. Die rechnerische Lücke zwischen Ausbildungs-
ngebot und -nachfrage beträgt im April mehr als
60 000 Plätze. Selbst der DGB rechnet im Berufsbil-
ungsbericht bis zum Sommer noch mit einem echten
ehlbestand von 80 000 Plätzen.
Frau Ministerin, ich will Sie einmal darauf hinweisen,

ass es selbst 1998, unter der alten Bundesregierung – das
t der Vergleich, mit dem Sie immer agieren –, in
eutschland 44 189 Ausbildungsplätze mehr gab – ohne
UMP-Programm.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


itte lassen Sie doch diese Fehlinformationen! Wir kom-
en mit diesen Zahlenspielereien hier nicht weiter. Das
ann man den Menschen draußen, den Jugendlichen, die
inen Ausbildungsplatz suchen, nicht erklären.
Ich sage Ihnen ganz klar: Die Schelte gegenüber der
irtschaft, gegenüber den kleinen und mittelständischen
nternehmen hilft nicht. Sie haben die kleinen und mit-
elständischen Unternehmen in Deutschland mit mehr
teuern und Abgaben belastet.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Das ist doch nicht wahr!)


Das ist unser Grundproblem!
Meine Damen und Herren, ich frage mich manchmal,

b Sie verinnerlicht haben, wie ein Arbeits- oder Ausbil-
ungsplatz überhaupt entsteht. Er fällt doch nicht vom
immel. Da entstehen Kosten. Da braucht man wirt-
chaftliche Dynamik. Die kleinen Firmen brauchen Auf-
räge, damit Arbeits- und Ausbildungsplätze entstehen
önnen.






(A) )



(B) )


Cornelia Pieper

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie können den Ausbildungsplatzmangel, die drama-

tische Situation, in der wir uns jetzt befinden, nicht al-
lein mit einer anderen Bildungspolitik beheben. Das
Grundübel in Deutschland ist die falsche Wirtschafts-
und Finanzpolitik der Bundesregierung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das Einzige, was Ihnen noch einfällt, ist das Patentre-

zept der Ausbildungsplatzabgabe.

(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist doch nicht wahr! – Anton Schaaf [SPD]: Lesen Sie doch den Antrag!)


Da kann ich nur sagen: Gute Nacht, Deutschland! Dann
wird alles noch schlimmer. Noch eine Abgabe mehr wird
der Wirtschaft aufgehalst. Das wird garantiert nicht mehr
Ausbildungs- und Arbeitsplätze bringen.

Der Meisterbrief, der die Garantie dafür ist, dass Aus-
bildung im Handwerk stattfindet, soll aufgeweicht wer-
den. Auch das ist keine Maßnahme, um Ausbildung zu
sichern.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch hier wollen wir dem Handwerk die Treue halten
und für den Meisterbrief kämpfen. Keine Frage!

Längst hätte die Koalition konkrete Schritte zur Diffe-
renzierung und vor allem zur Verkürzung der Ausbil-
dungszeiten tun können. Längst hätten Sie, Frau Minis-
terin, die Möglichkeit gehabt, das Berufsbildungsgesetz
zu novellieren. Wir fordern das schon seit langem.


(Lachen des Abg. Jörg Tauss [SPD])

– Herr Tauss, da Sie nur ein Kurzzeitgedächtnis haben,
darf ich Sie daran erinnern, dass wir schon lange eine
Modularisierung, eine größere Differenzierung und Fle-
xibilisierung der Berufsausbildung fordern.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, gefordert haben Sie seit langem!)


Wir wollen Grundberufe mit geminderten Theorieanfor-
derungen. Wir wollen, dass man mit Qualifizierungsbau-
steinen darauf aufbauen kann. Das wäre eine wichtige
Reform, um in Deutschland Ausbildungsplätze zu schaf-
fen.


(Beifall bei der FDP)

Sie werden eine verfehlte Wirtschafts- und Finanzpo-

litik nicht durch neue bürokratische, staatlich orientierte
Programme wettmachen können. Das sage ich Ihnen
ganz deutlich für die FDP-Fraktion. Ich habe noch heute
früh mit einem Unternehmer gesprochen, der mir gesagt
hat: Wir müssen von dieser Bürokratielast befreit wer-
den, gerade auch bei den Ausbildungsplätzen. Er hat mir
erzählt, dass er noch jetzt wegen eines Ausbildungsplat-
zes von 1998 bis 2000 eine versicherungsrechtliche
Überprüfung durch die LVA am Hals hat. Das muss man
sich einmal vorstellen. Wo leben wir denn? Endlich weg

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(C (D it dieser überflüssigen Bürokratie, die letztendlich uch Arbeitsund Ausbildungsplätze vernichtet! (Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Wie beim Handwerk!)


Meine Damen und Herren von der Regierungskoali-
ion, Ihr JUMP-Programm mit 1,1 Milliarden Euro Um-
ang hat nichts gebracht.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


s hat nicht dazu geführt, dass junge Menschen auf den
rbeitsmarkt zurückkehren können. Im Gegenteil: Sie
ngagieren sich wieder auf dem zweiten Arbeitsmarkt,
Bereich der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Dies

tellt doch eine Spirale abwärts und keinen Weg auf-
ärts zum Sprung in den Arbeitsmarkt dar. Deswegen
ritisieren wir auch diese Maßnahme, nicht in allen Tei-
n, aber in vielen. Wir sind der Auffassung, dass man
erade auch in die Betriebe investieren und sie unterstüt-
en muss, damit Ausbildungsplätze entstehen.


(Jörg Tauss [SPD]: Genau das wollen wir ja!)

Seit Ihrer Regierungsübernahme machen Sie eine
ittelstandsfeindliche Politik. Sie haben das Steuer-

echt immer noch nicht vereinfacht, Sie haben es nicht
eformiert. Immer noch werden Personengesellschaften
egenüber Aktiengesellschaften ungerecht behandelt.
ie Rentenversicherungsbeiträge steigen trotz der
inführung der Ökosteuer. Ich erinnere an Folgendes:
ie Grünen wollten durch die Ökosteuer die Rentenver-
icherungsbeiträge senken; das war die Begründung für
iese unsinnige Steuer in Deutschland. Wir erleben das
egenteil.


(Jörg Tauss [SPD]: Das liegt daran, dass wir immer älter werden!)


ch möchte in diesem Zusammenhang an die verschla-
ene Gesundheitsstrukturreform und vieles andere
ehr erinnern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich höre zum Thema Ausbildungsabgabe von der
rünen Fraktionschefin Krista Sager folgende Worte:
enn man merkt, dass sich die Wirtschaft nicht rührt,
ann sollte man auch die Folterinstrumente vorzeigen.


(Zuruf von der FDP: Pfui!)

o leben wir denn? Wir leben in einer sozialen Markt-
irtschaft und nicht in einer Diktatur, in der man Selbst-
tändigen, die Eigeninitiative zeigen, mit Folterinstru-
enten droht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Grünen schlagen vor – O-Ton Thea Dückert und
inister Trittin –, eine Stiftung für betriebliche Bil-

ungschancen einzurichten. Die Stiftung solle verbind-
che Zusagen für einen Kapitalaufbau bekommen. Der
esetzgeber solle Mindestanforderungen definieren,
urch die alle Unternehmen an den Kosten der betriebli-
hen Ausbildung beteiligt würden. Nach Berechnung der






(A) )



(B) )


Cornelia Pieper
Grünen seien 0,3 Prozent der Lohn- und Gehaltssumme
von Unternehmen notwendig, um die Nettokosten für
rund 700 000 Lehrstellen pro Jahr aufzubringen. Wissen
Sie, was das ist? Diese Ausbildungsumlage ist ein Ta-
schenspielertrick. Damit werden die Lohnnebenkosten
noch einmal erhöht und die kleinen Betriebe noch mehr
kaputtgemacht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das ist nicht die Politik, die wir als liberale Mittelstands-
und Bildungspartei vertreten. Das sage ich hier ganz
deutlich.


(Jörg Tauss [SPD]: Ihr wollt, dass sich nichts ändert!)


Das Recht auf Bildung ist nach unserer Auffassung
ein grundlegender Bestandteil der Menschenrechte. Es
ist für uns ein Freiheitsthema. Jeder junge Mensch muss
die Chance bekommen, durch eine gute Ausbildung in
den Arbeitsmarkt einzusteigen.


(Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut! Dafür sorgen wir! – Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


– Das haben Sie nur nicht verinnerlicht. – Weil das so ist,
weil wir in einer Notsituation sind und weil Sie die Re-
form verschlafen haben, haben wir einen Alternativvor-
schlag eingebracht: die Gelder des JUMP-Programms in
eine Ausbildungsprämie von 3 500 Euro einfließen zu
lassen. Das sind die Kosten für einen Ausbildungsplatz
in den ersten fünf Monaten in kleinen mittelständischen
Unternehmen.


(Zuruf von der SPD: Eine Subvention!)

Diesen Vorschlag haben wir mit dem Deutschen Indus-
trie- und Handelskammertag, DIHK, erarbeitet.

Die Notsituation in diesem Bereich haben Sie herbei-
geführt. Wir wären heute gar nicht gezwungen, solch ein
Programm zu initiieren, wenn Sie diese Notsituation
nicht herbeigeführt hätten.


(Zuruf von der SPD: Sehr schlecht recherchiert!)


Die Ausbildungsprämie ist für dieses Jahr ein geeigneter
Weg. Sie ist keine Lösung für die Zukunft. Wir brauchen
eine andere Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik,


(Zuruf von der FDP.: Eine andere Regierung! – Jörg Tauss [SPD]: Neue Subventionen! Das ist eure Forderung!)


aber vor allen Dingen brauchen wir in Zukunft wohl eine
andere Bundesregierung, weil diese Bundesregierung
nicht in der Lage ist, die Herausforderungen anzuneh-
men und die Probleme dieses Landes zu lösen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504802800


Das Wort hat jetzt die Kollegin Grietje Bettin von
Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle en! Liebe Kollegin Pieper, so viele Widersprüche wie n Ihrer Rede habe ich selten in sieben Minuten gehört. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504802900

as fordern Sie eigentlich: Regulierung oder Deregulie-
ung?


(Jörg Tauss [SPD]: Subventionen!)

ie hatten viele Jahre Zeit zu Reformen, zum Beispiel
ur Reform des Berufsbildungsgesetzes. Wir packen das
un endlich an.


(Cornelia Pieper [FDP]: Wann? Das erzählen Sie jetzt schon seit Jahren!)


ch denke, Sie sollten uns dabei unterstützen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Alle meine Vorrednerinnen und Vorredner haben es

ngesprochen: Die aktuelle Situation am Ausbildungs-
arkt ist beängstigend. Tausende junger Menschen, die
emnächst aus der Schule kommen, stehen beim Zugang
n das Ausbildungs- und Berufsleben vor einer riesen-
roßen Hürde, die sie allein nicht nehmen können. Ne-
en der Politik steht in besonderer Weise die Wirtschaft
n der Verantwortung, alle Energie aufzuwenden, um je-
er Schulabgänger und jeder Schulabgängerin ein Aus-
ildungsplatzangebot unterbreiten zu können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Knappe Kassen oder die konjunkturelle Krise dürfen
icht als pauschale Erklärung und Entschuldigung her-
alten. Oberstes gemeinsames Ziel muss es sein, konti-
uierlich ein Angebot an betrieblichen Ausbildungsplät-
en unterbreiten zu können. Gemeinsam müssen wir der
ungen Generation eine Perspektive aufzeigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Konjunkturunabhängig!)


ort, wo Ausbildungsplätze trotz aller Bemühungen
och immer fehlen, müssen wir Brücken bauen. Wir
rauchen nicht irgendwelche Beschäftigungsmaßnah-
en, sondern müssen Angebote von Qualifikations-
austeinen bereitstellen, mit denen insbesondere be-
achteiligte junge Menschen nach und nach eine
ollwertige Ausbildung erwerben können.
Auf Dauer reicht es aber nicht, den jungen Menschen

rsatzmaßnahmen anzubieten, mit denen sie am Ende
ie Hürde ins Berufsleben doch nicht nehmen können.
s kann grundsätzlich nicht sinnvoll sein, dass die Kos-
en der beruflichen Bildung zunehmend vom Staat über-
ommen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Grietje Bettin
Staatliche Mittel sind stark begrenzt. Sie müssen – PISA
hat das gezeigt – vor allem für vorschulische und schu-
lische Bildung verwendet werden. Davon profitiert der
Einzelne, ebenso profitieren davon aber auch die Unter-
nehmer und Unternehmerinnen. Das weltweit hoch ge-
lobte duale System lebt davon, dass die Ausbildung im
Betrieb stattfindet, also praxisbezogen und anwendungs-
orientiert ausgelegt ist.

Vor dem Hintergrund der Lage am Ausbildungsmarkt
ist die Schaffung einer von der Konjunktur unabhängi-
gen Ausbildungsstruktur unser zentrales Ziel. In einem
Hörfunkinterview hat BDI-Präsident Michael
Rogowski die Notwendigkeit anerkannt, dass „wir einen
Weg finden müssen, um diejenigen, die nicht ausbilden,
zur Ausbildung zu bewegen.“

Welchen Weg schlagen Sie, liebe Kolleginnen und
Kollegen von der CDU, dazu vor? In Ihrem Antrag ge-
hen Sie über diese Frage wortlos hinweg. Die FDP
schlägt eine Prämie für neue Ausbildungsplätze vor.


(Cornelia Pieper [FDP]: Und die Senkung von Steuern und Abgaben!)


Hier ist die Wirtschaft schon viel weiter. Der Präsident
des DIHK spricht davon, dass eine Ablösesumme fällig
werden könnte, die von nicht ausbildenden Betrieben an
ausbildende Betriebe gezahlt werden müsse. Klar ist:
Wenn die Wirtschaft nicht eigenständig ihren Ausbil-
dungspflichten nachkommt, muss auf andere Weise ein
gerechter Mechanismus geschaffen werden. Aus diesem
Grund haben wir Grüne das Stiftungsmodell entwickelt,
das schon angesprochen wurde. Dieses Modell könnte
ein Weg sein, um Ungerechtigkeit zwischen ausbilden-
den und nicht ausbildenden Betrieben zu beseitigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Ich denke, das ist das Folterinstrument!)


Die Zustimmung des BDI-Präsidenten zu einem sol-
chen verpflichtenden Ausbildungsfonds ist ermuti-
gend. Nach den einsichtigen Worten erwarten wir Taten.
Bis zum Herbst müssen die Arbeitgeber ein umsetzungs-
fähiges Konzept vorlegen; denn nicht nur die Politik,
auch sie tragen ein hohes Maß an gesellschaftlicher und
sozialer Verantwortung. Vor allem aber sind hohe Aus-
bildungszahlen und Standards Voraussetzung für Wett-
bewerbsfähigkeit und betrieblichen Erfolg. Es geht also
auch um die ureigenen Interessen der Unternehmerschaft
selbst.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erwarten, dass

die Wirtschaft aus eigener Kraft bereit ist, den Ausbil-
dungsplatzmangel zu beheben. Weder der Zeitpunkt
noch die Lage am Ausbildungsmarkt lassen es zu, dass
wir uns hinhalten lassen. Sichtbare und nachvollziehbare
Schritte müssen seitens der Wirtschaft in Gang gesetzt
werden. In dieser Frage dürfen sich alle Unternehmens-
verbände der Unterstützung durch die Politik sicher sein.
Wir wollen aber auch Ergebnisse sehen. Deshalb werden
wir bei Nichterreichen dieses Ziels zu Mitteln der
gesetzlichen Verpflichtung greifen müssen. Das sind

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(C (D ir den jungen Menschen und der Zukunftsfähigkeit uneres Landes schuldig. Abschließend möchte ich an die Bundesregierung ap ellieren, dass sie die Wirtschaft mit Nachdruck zum andeln auffordern und gleichzeitig deutlich machen uss, dass sie, im Interesse der jungen Menschen in unerem Land, für den Notfall alle Vorbereitungen getrofen hat. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504803000


Das Wort hat jetzt der Kollege Werner Lensing von
er CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Werner Lensing (CDU):
Rede ID: ID1504803100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

on der Bundesregierung vorgelegte Berufsbildungsbe-
icht 2003 geht an der aktuellen Realität völlig vorbei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

elbst die Realität wirkt irreal.


(Zuruf von der SPD: Jetzt wird es philosophisch!)


Wem nützt dieser Bericht eigentlich?

(Jörg Tauss [SPD]: Ihnen!)


ach gründlichem Studium bin ich der Meinung, dass er
llenfalls der Druckerei nützt, in der dieser Bericht ge-
ruckt wurde. Ich hoffe, zumindest dadurch wurden in
iesem Betrieb Ausbildungsplätze geschaffen. Ich will
hnen diese kesse Bemerkung erläutern und begründen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, darum bitten wir!)

Gegenüber dem Vorjahr ist ein Rückgang der Zahl der

eu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um insge-
amt 42 000 zu verzeichnen. Dies entspricht einem
ückgang von etwa 6,8 Prozent.


(Jörg Tauss [SPD]: Das wissen Sie aber nur aus dem Bericht!)


etzt kommt es aber: Ende September 2002 hieß es: Nur
och 4 Prozent fehlen, um allen Lehrstellensuchenden
elfen zu können.


(Jörg Tauss [SPD]: Warum zitieren Sie immer aus dem Bericht?)


ört sich das nicht eigentlich gut an? – Ist es aber gar
icht; denn die Zahlen vom September 2002 sind inzwi-
chen haltlos veraltet. Sie sind Schnee von gestern, dabei
artet draußen ein heißer Sommer auf uns alle. Hierbei
eht es nicht um den heißen Sommer des DGB; der war-
et nur auf den Kanzler.
Im Ausbildungsjahr 2003/2004 fehlen inzwischen

ber 171 000 Lehrstellen; Frau Reiche hat bereits darauf
erwiesen. Ich muss es noch einmal sagen und ich sage






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(B) )


Werner Lensing
es nicht mit Schadenfreude, sondern mit Traurigkeit:
Das ist der höchste Wert seit 1998.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und dann wollen Sie JUMP streichen!)


Die Lehrstellenlücke hat sich damit um weitere 10 000
vergrößert. Der Rückgang der Zahl der betrieblichen
Lehrstellen beträgt im Vergleich zum Vorjahresmonat
11,5 Prozent. Dazu sind 1,3 Millionen Menschen zwi-
schen 20 und 29 Jahren berufslos. Ende März waren
561 800 Arbeitslose jünger als 25. Das sind 56 700 mehr
als vor einem Jahr.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt kommen wir zu den Taten!)


In dieser verhängnisvollen Situation dürfte die Zahl
wirklich unnützer rot-grüner Reformvorschläge inzwi-
schen an die Hunderte reichen, während neue Haus-
haltslöcher von der Presse und der Öffentlichkeit nur
noch wahrgenommen werden – und das natürlich auch
nur nebulös –, wenn sie mindestens eine mehrstellige
Milliardenhöhe erreichen. Insofern stimmt es, wenn man
sagt: Die desaströse Wirtschafts- und Arbeitsmarktpoli-
tik der Regierung hat den Lehrstellenmarkt inzwischen
mit voller Macht und Wucht erreicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Genau das ist die Wurzel allen Übels.


(Jörg Tauss [SPD]: Die liegt vor 1998!)

Frau Ministerin, solange Sie dies nicht begreifen, wird
sich die Lage am Lehrstellenmarkt bedauerlicherweise
auch weiterhin dramatisch verschlechtern.


(Cornelia Pieper [FDP]: Genau!)

Frau Ingrid Sehrbrock, – sie ist immerhin Mitglied

im DGB-Vorstand –, hat am 3. April in Berlin erklärt:
Die Lücke hat sich seit Februar also um rund
30 000 fehlende Ausbildungsplätze vergrößert.
Diese Entwicklung ist dramatisch und es muss
schnell gegengesteuert werden.


(Nicolette Kressl [SPD]: Genau!)

Recht hat sie: Es muss sich etwas ändern, und zwar so-
fort.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Und zwar auf der Regierungsbank!)


Das Handwerk und der Mittelstand haben in den
vergangenen Jahren die größte Last übernommen. Dafür
gebührt ihnen unser aller Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Dafür wollen wir sie entlasten!)


Doch, das sage ich hier auch sehr deutlich: So manche
Großunternehmer haben sich dieser Ausbildungsver-
antwortung leider entzogen.


(Jörg Tauss [SPD]: Sehr richtig! Was schließen Sie daraus?)


Diese haben in besseren Zeiten just an dem Ast gesägt,
auf dem sie heute selbst sitzen.

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(C (D ie haben die Kosten für die Ausbildung gespart und anchließend den Rahm, nämlich die qualifizierten Fachräfte, abgeschöpft. as ist zu kritisieren ich bin erstaunt, dass dies selbst Herr Tauss wahrimmt –, und zwar ist das laut zu kritisieren. Das mahen wir auch. Doch in dieser Krisensituation führt der Ruf nach ei er Ausbildungsplatzabgabe völlig in die Irre. Da feiert er Wahnsinn geradezu Triumphe. er Knüppel aus dem Sack trifft doch die Falschen, ämlich insbesondere die meisten kleinen Betriebe, die war willig sind, auszubilden, denen aber aus konjunktuellen Gründen der Atem auszugehen droht. (Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Sie sagten doch gerade, die großen Betriebe bilden nicht aus!)


(Jörg Tauss [SPD]: Ergo?)


(Jörg Tauss [SPD]: Alles wahr!)


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ie trifft auch völlig zu Unrecht diejenigen, die trotz al-
er persönlichen Bemühungen keinen geeigneten Bewer-
er finden. Große Unternehmen hingegen, die sich um
hre Verantwortung drücken, lässt eine solche Abgabe
her kalt. Mehr Lehrlinge werden sie deswegen garan-
iert nicht einstellen.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Aber dann zahlen sie!)


Das Geld, das sie zu zahlen haben, fließt bestenfalls
n die überbetriebliche Ausbildung,


(Jörg Tauss [SPD]: Nein! Ausdrücklich nicht! – Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Lesen Sie den Antrag!)


ie nicht die beste ist. Die Handwerker schauen dann
ieder in die Röhre. Die Ausbildung zu einer staatlichen
eranstaltung zu machen ist das Gegenteil von dem, was
as duale Ausbildungssystem zu seinem tollen Erfolg
ebracht hat.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Darum sagen Sie uns jetzt, wie das geht!)


Wir wollen das noch einmal im Klartext sagen: Durch
ie geplante Ausbildungsabgabe werden die Anstren-
ungen der deutschen Wirtschaft, speziell des Mittel-
tandes und damit auch des Handwerks, in diesem Jahr
och eine möglichst hohe Zahl an Ausbildungsplätzen
ur Verfügung zu stellen, geradezu konterkariert und er-
eblich behindert.


(Beifall des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


Allein schon die zynische – ich kann sie wirklich
icht anders nennen – Ankündigung der Regierungsfrak-
ionen, diese umstrittene Zwangsabgabe, die von






(A) )



(B) )


Werner Lensing
Schröder, als er noch Ministerpräsident in Niedersach-
sen war, zu Recht durchgehend vehement abgelehnt
worden war, nun ausschließlich „zum Wohle der Wirt-
schaft“ erheben zu wollen,


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Unglaublich!)


belastet die kritische Ausbildungssituation in diesem
Jahr und in Ihrer Verantwortung zusätzlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Im Ergebnis ist diese Zwangsabgabe nichts anderes

als ein Schritt hin zur Verstaatlichung der Ausbildung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Es ist immer wieder das Gleiche: umverteilen und
gleichzeitig das Niveau senken, mehr Zwang und weni-
ger Kreativität. Genau in diese armselige Denkstruktur
passt Ihre Forderung nach Einführung einer Ausbil-
dungsplatzabgabe


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Wir warten immer noch auf Ihren Vorschlag!)


und nach einer flächendeckenden Reduzierung der Meis-
tertitel. Dabei garantiert gerade beispielsweise der
Meister die Qualität beruflicher Ausbildung.

Frau Minister Bulmahn hat gemeint, sagen zu können
und zu müssen, dass wir keine eigenen Vorschläge unter-
breiten.


(Jörg Tauss [SPD]: Bis jetzt kam auch noch nichts!)


Wir haben so viele eigene Vorschläge,

(Lachen bei der SPD – Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Wo sind sie denn? Wir haben nichts gehört!)


dass Sie, Frau Bulmahn – das ist mein Eindruck –, hier-
bei die Übersicht verloren haben. Mir liegt ein Katalog
von mindestens acht konkreten Vorschlägen vor,


(Jörg Tauss [SPD]: Lesen Sie mal vor!)

die ich unglaublich gerne im Einzelnen hier erläutern
möchte, woran mich aber die Tagesordnung und die Re-
dezeitbegrenzung hindern.


(Lachen bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber drei möchte ich Ihnen nennen.

(Dirk Niebel [FDP]: Mehr kann Herr Tauss auch nicht aufnehmen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504803200


Herr Kollege Lensing, Ihre Zeit ist aber abgelaufen.

(Lachen und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Nur die Redezeit!)


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(C (D Das ist aber sehr traurig, Herr Präsident. Dann sage ch noch einen Satz als Höhepunkt der Darstellung: as wichtigste und effektivste Ausbildungsprogramm ür ganz Deutschland sind möglichst baldige Neuwahen. In diesem Sinne! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Herr Lensing hat wieder einmal alle Karnevalserwartungen perfekt erfüllt! – Jörg Tauss [SPD]: Ich dachte, jetzt käme wirklich mal ein Höhepunkt!)

Werner Lensing (CDU):
Rede ID: ID1504803300

(Jörg Tauss [SPD]: Noch ein Höhepunkt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504803400


Das Wort hat jetzt die Kollegin Nicolette Kressl von
er SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1504803500

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Herr Lensing, es wäre schön gewesen, wir hätten
enigstens einen Vorschlag und nicht nur nebulöse An-
ündigungen von Ihnen gehört.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn die Ausbildungssituation so kritisch ist, wie sie
ich zurzeit tatsächlich darstellt, dann müssen alle, die in
iesem Bereich Verantwortung tragen, diese auch
ahrnehmen.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Fangen Sie mal bei sich an!)


as ist nämlich die Voraussetzung dafür, dass junge
enschen tatsächlich Startchancen für ihr Berufsleben
ekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

iese Verantwortung muss auch deshalb wahrgenom-
en werden, weil unser wirtschaftliches Wachstum und
er damit verknüpfte Wohlstand in den nächsten Jahren
avon abhängen wird, ob es auch in 10 oder in 20 Jahren
enügend qualifizierte Menschen gibt, die Ideen entwi-
keln, Innovationen auf den Weg bringen und hochwer-
ige Güter und Dienstleistungen produzieren. Dafür
üssen wir jetzt die Basis legen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Verantwortung liegt auch bei denen, die poli-
isch verantwortlich sind. Sie liegt natürlich besonders
tark bei der Wirtschaft. Es kann nicht angehen, dass
onseiten der Wirtschaft immer wieder – wie ich finde:
u Recht – angemahnt wird, dass die Politik mittelfris-
ige und langfristige Perspektiven entwickelt, dass die
irtschaft selbst aber bei der Ausbildung der eigenen






(A) )



(B) )


Nicolette Kressl
Fachkräfte völlig darauf verzichtet, mittelfristig zu den-
ken. Das kann doch wirklich nicht wahr sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb halten wir es für so problematisch, dass gegenüber
dem Vorjahresmonat 57 000 betriebliche Ausbildungs-
stellen weniger gemeldet worden sind und dass der An-
teil der ausbildenden Betriebe auf weniger als ein Drittel
zurückgegangen ist.

Es gibt inzwischen – sicherlich auch wegen der Aus-
bildungsoffensive der Bundesregierung – Hoffnungs-
schimmer. Dazu gehört zum Beispiel der neue Tarifver-
trag für die chemische Industrie wie auch die Initiative
des Metall-Arbeitgeberverbandes Niedersachsen.


(Beifall bei der SPD)

Wir unterstützen solche freiwilligen Aktionen, um es
ganz deutlich zu sagen. Wir werden aber nicht nur zuse-
hen dürfen und können, falls sich immer größere Teile
der Wirtschaft dieser Aufgabe und dieser Verantwortung
nicht stellen. Es geht nicht, dass wir einfach nur zusehen.
Sie haben heute den ganzen Morgen gejammert,
schlechtgeredet und zugeschaut,


(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Was heißt „schlechtreden“! Das kann man gar nicht mehr!)


weil Sie von dem profitieren wollen, was sich entwi-
ckelt.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wenn man Sie hört, wird einem schlecht!)


Das ist nicht die Übernahme politischer Verantwortung,
um es ganz deutlich zu sagen. Hier sind andere Wege ge-
fragt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist deshalb so wichtig, dass wir nicht nur zusehen,
weil wir hier über einen Bereich reden, in dem es um die
Lebenschancen von jungen Menschen geht, um ihr
Selbstwertgefühl, um ihren zukünftigen Platz in der Ge-
sellschaft. Wie sollen denn junge Menschen zu diesem
Staat, zu dieser Gesellschaft, zu dieser Demokratie ste-
hen können, wenn sie erleben, dass wir nicht alle – ich
sage bewusst: alle – Maßnahmen ergreifen, um ihnen
tatsächlich Startchancen geben zu können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb haben wir uns entschieden, dass wir, wenn es
nicht gelingt, durch freiwillige Vereinbarungen zu einem
ausreichenden Ausbildungsplatzangebot zu kommen,
gesetzliche Regelungen vorlegen werden, um ausbil-
dende Betriebe von ihren Kosten zu entlasten. Dies wird
dann selbstverständlich von Unternehmen finanziert, die
sich an dieser Aufgabe nicht beteiligen.

Um auch dies noch einmal deutlich zu sagen: Dieser
Entscheidung geht eine Vielzahl von Maßnahmen vo-
raus, um die Ausbildungsplatzsituation zu verbessern.

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(C (D azu gehört die Ausbildungsplatzoffensive. Dazu gehöen die Erleichterungen bei der Möglichkeit, auszubilen. Dazu gehören aber natürlich auch Maßnahmen wie ie Modernisierung von Ausbildungsordnungen. ei diesem Thema wird es in Ihrem Antrag richtig aburd. Da fordern Sie die Modernisierung von Ausbilungsordnungen. In Wirklichkeit hat erst diese Koaliion und hat erst diese Regierung sich bewegt, während ich vor unserer Zeit im Bereich der Modernisierung von usbildungsordnungen so gut wie nichts getan hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Sie drehen sich doch im Kreis! – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Totaler Stuss! Das stimmt gar nicht! – Jörg Tauss [SPD]: Die Wahrheit tut weh!)


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


in Beispiel: Am 1. August 2002 sind 24 neue Ausbil-
ungsordnungen, davon acht zu neuen Berufen, in Kraft
etreten – und dieser Prozess ist keineswegs am Ende.
Dann schauen wir noch einmal in den Antrag der
DU/CSU: Welcher Zynismus und welche Doppelzün-
igkeit spricht denn aus diesem Antrag, wenn Sie for-
ern, die – erfolgreichen – Programme gegen Jugend-
rbeitslosigkeit einzustellen? Gleichzeitig erlebe ich,
ie sich sämtliche Kolleginnen und Kollegen aus Ihrer
raktion bei Veranstaltungen – manchmal sind es ja in
erson die gleichen – darüber beschweren, dass wir bei
er Bundesanstalt für Arbeit dafür kämpfen mussten,
ass die Programme für Berufsvorbereitungsmaßnah-
en weitergeführt werden – das haben wir erreicht.


(Uwe Schummer [CDU/CSU]: Die Sie zusammengestrichen haben!)


a schimpfen und jammern Sie und gleichzeitig fordern
ie, das JUMP-Programm abzuschaffen. Das ist wirklich
urer Zynismus und pure Doppelzüngigkeit!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Sie werden sich
chon entscheiden müssen, welchen Weg Sie gehen wol-
en. Die sozialdemokratische Fraktion hat sich, wie ge-
agt, erfolgreich für den Erhalt dieser Maßnahmen ein-
esetzt.
Gerade bei diesem Thema erwarten die Menschen

on der Politik zu Recht, dass gemeinsame Lösungs-
ege gesucht werden, statt zu versuchen, aus der kriti-
chen Situation politisches Kapital zu schlagen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Von dieser Regierung erwarten die Menschen nichts mehr!)


ch finde, Sie sollten diese gemeinsamen Lösungswege
icht ideologisch versperren.


(Beifall bei der SPD – Dr. Michael Fuchs [CDU/ CSU]: Wer ist denn hier Ideologe?)


Das muss auch nicht sein. Ich darf kurz aus der
Frankfurter Rundschau“ aus dem Jahr 1999 zitieren.






(A) )



(B) )


Nicolette Kressl
Darin wurde über einen Beschluss berichtet, den die So-
zialausschüsse der CDU damals gefasst haben:

Es muss einen Lastenausgleich geben zwischen
ausbildenden und nicht-ausbildenden Betrieben.


(Zurufe von der SPD: Ach nein!)

Zwar favorisiere die CDA tarifliche Lösungen –
falls aber dieser Weg nicht zum Ausgleich führe,
müsse auch über gesetzliche Regelungen nachge-
dacht werden.


(Zurufe von der SPD: Oh! Recht hat sie!)

Jetzt hingegen unterstellen Sie uns dirigistische Maß-

nahmen, und zwar aus reiner Ideologie.

(Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Die Sozialisten der beiden großen Parteien denken halt gleich! Das ist so!)


– Herr Niebel, dass Sie das feststellen, während Sie sich
weiterhin massiv für den Schutzwall für die Handwer-
kerordnung einsetzen, finde ich Klasse.


(Abg. Jörg Tauss [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504803600


Frau Kollegin Kressl, erlauben Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Tauss?


Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1504803700

Ja, sehr gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504803800


Herr Tauss, bitte.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1504803900

Frau Kollegin Kressl, nur weil es so schön war:

Könnten Sie noch einmal sagen, wen Sie zitiert haben?

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1504804000

Das war die CDA im Jahr 1999. Um es Ihnen noch et-

was näher zu erläutern, Herr Tauss: Dabei handelt es
sich um die Sozialausschüsse der CDU.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Das war ein Ortsverband!)


– Nein, das war kein Ortsverband, sondern bundesweit –,
um es Ihnen noch einmal zu erläutern.

Ich kann Sie deshalb nur auffordern: Unterstützen Sie
das Engagement aller, die sich für die Ausbildungsoffen-
sive stark machen! Benutzen Sie die schwierige Situa-
tion nicht für billige Polemik, sondern ziehen Sie mit uns
an einem Strang! Wir finden, die jungen Menschen, die
einen Ausbildungsplatz suchen und darauf warten müs-
sen, haben ein Recht darauf.

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(C (D Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504804100


Das Wort hat jetzt der Kollege Uwe Schummer von
er CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1504804200

Herr Präsident! Werte Damen! Werte Herren! Im Ja-

uar fehlten nach den Angaben der Bundesanstalt für
rbeit 90 000 Ausbildungsplätze für das neue Ausbil-
ungsjahr. Im Februar waren es 118 000, im März
40 000 und im Mai 171 000. Die Dramatik der Ausbil-
ungssituation nimmt von Monat zu Monat weiter zu.
Jeder zweite Schulabgänger in diesem Jahr wird vo-

aussichtlich keinen betrieblichen Ausbildungsplatz fin-
en, sondern eine Ersatzmaßnahme wahrnehmen müs-
en. Das heißt, es gibt eine Erosion der betrieblichen
ualen Ausbildung.
Was ist Ihre Reaktion darauf? – Ein Ausbildungsgip-

el. Die Minister Clement und Bulmahn luden zu diesem
ipfel ein. Erstmals seit 1983 war es nicht der Bundes-
anzler, sondern die nachgeordneten Ministerien, die
azu einluden. Der Bundeskanzler fehlte. Gerhard
chröder ist wie Richard Kimble auf der Flucht vor den
rgebnissen seiner Arbeitsmarktpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Zukunftschancen junger Menschen sind für die-

en Bundeskanzler eine nachgeordnete Angelegenheit
achgeordneter Instanzen. Das ist der Gipfel seiner Ver-
ntwortungslosigkeit.


(Zuruf von der SPD: Das war aber jetzt energisch!)


Und es kam von Herzen, lieber Kollege.
Es gibt einen sozialdemokratischen Reflex: Hier ist

in Problem und dort ist eine Steuer. So tanken wir für
ie Rente und rauchen für die innere Sicherheit. Dem-
ächst heißt es „Trinken für die Gesundheit“ und als Re-
ept gegen die Ausbildungskrise gibt es eine Ausbil-
ungsplatzabgabe.


(Grietje Bettin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Ihr Rezept?)


Tatsache ist, dass mit 40 000 betrieblichen Insolven-
en eine Rekordzahl erreicht wurde. Mit diesen 40 000
nsolvenzen wurden mehr als 400 000 Arbeits- und
usbildungsplätze vernichtet.


(Zuruf des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Wenn Sie nicht nur Ihren Kehlkopf, sondern auch den
opf nutzen würden, dann könnten Sie auch besser zu-
ören.






(A) )



(B) )


Uwe Schummer

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Ausbildungsschwäche der Betriebe ist ein Spie-
gelbild der miserablen wirtschaftlichen Lage, die auch
von Ihrer Steuer- und Abgabenpolitik verursacht
wurde.

Da wir nur noch wenige Monate bis zum September
2003 Zeit haben, möchte ich drei ganz konkrete Vor-
schläge – den Rest werden wir nachliefern – machen,
über die wir reden sollten.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Aus der CDAoder CDU-Ecke?)


Erster konkreter Vorschlag: Entlasten wir anteilig
Betriebe von Sozialversicherungsbeiträgen für Auszu-
bildende. Die Mittel dafür nehmen wir aus dem JUMP-
Programm, da es für 70 Prozent der betroffenen Jugend-
lichen eine reine Warteschleife ist. Dieses Geld sollte
besser in die Unterstützung der betrieblichen Ausbildung
fließen.


(Jörg Tauss [SPD]: Der Staat zahlt?)

Bei den kleinen Einkommen von 401 bis 800 Euro ha-
ben wir bereits einen solchen Anreiz zur Arbeitsauf-
nahme parteiübergreifend beschlossen.


(Ulla Burchardt [SPD]: Was machen Sie denn mit den Jugendlichen? Lassen Sie sie auf der Straße oder in der Spielhalle?)


Der Sozialversicherungsbeitrag steigt für die Beschäf-
tigten nur langsam an. Nach diesem Vorbild könnten wir
auch einen Anreiz für betriebliche Ausbildungsplätze
schaffen. Etwas Ähnliches bei den Arbeitgeberbeiträgen
für Auszubildende zu machen wäre kreativer und intelli-
genter, als immer neue Abgaben zu erheben.

Zweiter konkreter Vorschlag: Auf einem Ausbil-
dungsgipfel sollte mit den Tarifpartnern vereinbart wer-
den, dass die Ausbildungsgehälter in den nächsten drei
Jahren eingefroren werden. Mit dem gesparten Geld
könnten die Unternehmen zusätzliche Ausbildungsplätze
finanzieren. Im Schnitt liegen die Ausbildungsvergütun-
gen in Deutschland zwischen 430 und 800 Euro. Hier ist
eine Atempause vertretbar, wenn dafür zusätzliche Aus-
bildungsplätze geschaffen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dritter konkreter Vorschlag: Ausbildungsmeister ist
das Handwerk. Dort befinden sich über 80 Prozent der
Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Die freie Berufswahl ist
ein Verfassungsrecht. Das Handwerk leistet hierfür einen
elementaren Beitrag. Die Handwerksberufe – das ist ein
Punkt, über den wir noch heute Nachmittag beraten
werden –, die bis zum Dezember 2004 die Ausbildungs-
quote der übrigen Wirtschaft massiv übersteigen, er-
halten sich so ihren Meisterbrief. Wettbewerb als Instru-
ment für unser Gemeinwohl – das wäre klassisch für
soziale Marktwirtschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Der Staat entlastet Ausbildungsbetriebe von Lohnneenkosten. Die Gewerkschaften garantieren Ruhe bei en Lohnkosten. Die Arbeitgeber sorgen für zusätzliche usbildungsplätze und im Handwerk startet ein Wettbeerb für mehr Lehrstellen. Das wäre ein Gesamtkonept, das wir bis zur Sommerpause auf den Weg bringen önnten und mit dem wir schon in diesem Jahr den chulabgängerinnen und Schulabgängern eine Perspekve eröffnen würden. Meine Damen und Herren von der Regierungskoali on, folgen Sie uns zeitnah, damit die Jugend in eutschland eine Chance hat! (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504804300


Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Thea Dückert vom
ündnis 90/Die Grünen.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504804400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieber Kollege Schummer, mit der Beschreibung der Si-
uation haben Sie ja Recht: 140 000 Ausbildungsplätze
erden möglicherweise im Herbst fehlen. Damit dürfen
ir uns wirklich nicht abfinden. Nur 30 Prozent der Be-
riebe bilden aus. In diesem Jahr werden bis jetzt unge-
ähr 11 Prozent weniger Ausbildungsplätze angeboten
ls im letzten Jahr. Das geht nicht. Nur: Das, was Sie an-
ieten, lieber Herr Kollege Schummer, stellt Ihnen ein
rmutszeugnis hoch zehn aus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ie schlagen vor, die Mittel für das JUMP-Programm zu
treichen und dafür andere Angebote zu machen.


(Jörg Tauss [SPD]: Subventionen! – Gegenruf von der CDU/CSU: Dann haben Sie es wirklich nicht verstanden!)


as geht aber auf Kosten der Jugendlichen, die im
UMP-Programm einen Ausbildungsplatz oder ein An-
ebot gefunden haben – schließlich bilden nur
0 Prozent der Betriebe aus. Auch diese Jugendlichen
aben ein Anrecht auf Hilfe und Ausbildung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


as gilt übrigens genauso für alle anderen Jugendlichen
n diesem Land, die die Schule verlassen und in den Ar-
eitsmarkt hinein wollen, die sich also ihrer Erwerbsbio-
raphie gerade nähern. Vor diesem Hintergrund finde
ch, dass Ihre Vorschläge nicht nur untauglich, sondern
uch zynisch sind; denn Sie wollen ausgerechnet die
aßnahmen zur Disposition stellen und sich zur Finan-
ierung Ihrer Vorschläge der Programme bedienen – das
ollten Sie auch schon in den letzten Jahren; übrigens,
rau Pieper, die betreffenden Programme sind vor allen
ingen in den neuen Bundesländern sehr stark nachge-
ragt –, die insbesondere an diejenigen Jugendlichen ge-
ichtet sind, die Schwierigkeiten haben, sich dem Ar-






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert
beitsmarkt zu nähern, weil sie zum Beispiel in der
Ausbildung Probleme hatten oder sich aus anderen
Gründen arbeitsmarktfern aufgehalten haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Im dualen System – das ist natürlich ein Pfund für die
Wirtschaft in Deutschland – haben die Unternehmen
eine Ausbildungspflicht. Der Staat kann, zum Beispiel
durch JUMP, durch außerbetriebliche Maßnahmen, im-
mer nur Second-best-Lösungen anbieten.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Wir müssen sehen, dass die Jugendlichen in die Betriebe
hineinkommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deswegen sage ich hier ganz deutlich: Wenn die Unter-
nehmen in diesem Sommer dieser Verpflichtung nicht
nachkommen, weil sie nicht können oder nicht wollen,


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Was denn nun?)


dann werden wir gesetzlich eingreifen müssen und die
Unternehmen in die Pflicht nehmen müssen. Das gebie-
tet uns das Recht der Jugendlichen auf Ausbildung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Ministerin hat gesagt, dass 500 000 Betriebe noch
ausbilden könnten. Wenn wir nur die Hälfte dieser Be-
triebe erreichen könnten, hätten wir in diesem Jahr das
Problem schon gelöst.

Ich will noch einmal auf das zurückkommen, was Sie
in Wahrheit vorschlagen. In Ihrem Antrag steht, dass Sie
JUMP streichen und die 1 Milliarde Euro zur Senkung
der Lohnnebenkosten benutzen wollen. Haben Sie ei-
gentlich einmal ausgerechnet, Frau Reiche, wie hoch der
Effekt wäre? Dadurch würde eine Senkung der Lohnne-
benkosten um maximal 0,1 Prozentpunkte erreicht.


(Nicolette Kressl [SPD]: Natürlich ein PISAProblem!)


Sagen Sie einmal ganz im Ernst – denken Sie dabei an
Ihren eigenen Betrieb –: Sind Sie wirklich der Auffas-
sung, dass wir die Probleme auf dem Ausbildungsplatz-
markt in diesem Jahr lösen können, wenn wir JUMP
streichen, also die jungen Leute in die Wüste schicken,
um dafür die Lohnnebenkosten um 0,1 Prozentpunkte zu
senken? Erklären Sie mir in diesem Zusammenhang – –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504804500


Frau Kollegin Dückert, ich muss einmal dazwischen-
gehen. Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Kretschmer?


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504804600

Ja, wenn ich meinen Satz zu Ende geführt habe.

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(C (D Erklären Sie mir in diesem Zusammenhang, wie Sie uf der anderen Seite der Streichung der Ökosteuer das ort reden können, wodurch die Lohnnebenkosten, ämlich der Rentenversicherungsteil, um mehrere ,1 Prozentpunkte steigen würden! (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Deswegen steigt die dauernd!)


rau Reiche, so wird doch kein Schuh daraus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Man erkennt, was Sie wirklich verfolgen. Sie haben

berhaupt kein Interesse daran, Jugendlichen, die ausbil-
ungsfern sind, ein Angebot zu machen. Das ist die Rea-
ität.


(Zuruf von der CDU/CSU: Belügen Sie doch nicht das Volk!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
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Herr Kretschmer, bitte schön.

Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1504804800

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin, Sie ha-

en gerade gesagt, die Unternehmen könnten oder woll-
en nicht ausbilden. Wir möchten von Ihnen doch gern
issen, was denn nun Ihrer Meinung nach zutrifft. Es ist
ämlich ein großer Unterschied zwischen Können und
ollen.
Wir stehen auf dem Standpunkt, dass die Unterneh-
en nicht können – wegen Ihrer verfehlten Wirtschafts-
olitik,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Cornelia Pieper [FDP])


egen der 5 Millionen Arbeitslosen, wegen der Situa-
ion im Handwerk, wegen rückgängiger Umsätze, wegen
0 000 Unternehmenspleiten im Jahr. 40 000 Unterneh-
en bilden nicht mehr aus, aus welchen Gründen auch
mmer. Es gibt eine Ausbildungslücke. Sie ist jetzt auch
n großem Maß in den alten Ländern entstanden. Die
ungen Leute aus meiner Heimat, aus den neuen Bundes-
ändern, sind ja bisher immer in die alten Bundesländer
egangen.
Ist es also nicht Ihre Wirtschaftspolitik, die dafür ge-

orgt hat, dass die Situation jetzt so schlimm ist? Sollten
ie nicht doch etwas daran ändern, bevor Sie anfangen,
it einer Ausbildungsplatzabgabe die Probleme noch zu
erschlimmern?


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wie war es denn 1998?)



Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504804900

Schönen Dank für Ihre Frage, Herr Kollege. – Es gibt
nternehmen, die wollen nicht, und es gibt Unterneh-
en, die können nicht.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Wie unterscheiden Sie das?)







(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert
Dies, lieber Herr Kollege, hat die Wirtschaft schon bes-
ser erkannt als Sie, als die CDU/CSU-Fraktion und vor
allem die FDP-Fraktion.

Herr Rogowski hat am Anfang dieser Woche vorge-
schlagen, einen Fonds einzurichten, um den Unterneh-
men, die Schwierigkeiten haben auszubilden, weil sie fi-
nanzielle Probleme haben, über ein Umlageverfahren
quasi einen Bonus zu geben.


(Jörg Tauss [SPD]: Wer war das?)

So etwas gibt es in der chemischen Industrie und so et-
was gibt es in der Metallindustrie. Es ist ein kluger An-
satz, Fonds zu bilden. Alle zahlen ein und die, die ausbil-
den – ich antworte noch auf Ihre Frage, Herr
Kretschmer; bleiben Sie bitte stehen –, bekommen etwas
aus diesen Fonds. Vom Ansatz her halten auch wir
Grüne das für einen sinnvollen Weg: Alle zahlen ein,
niemand kann sich aus der Verantwortung stehlen, wie
zum Beispiel im Rahmen der Behindertenabgabe. Bei
diesem System muss jeder seinen Obolus leisten und wer
ausbildet, wird unterstützt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das war Rogowski?)


– Das war Rogowski.
Einen solchen Weg geht man in der chemischen In-

dustrie und in der Metallindustrie. Diesen Ansatz kön-
nen wir aufgreifen und weiterentwickeln. Wir Grüne
möchten zu diesem Zweck gern ein Stiftungsmodell ent-
wickeln, ähnlich wie es die Hartz-Kommission vorge-
schlagen hat. Lassen Sie uns über diese Dinge reden und
streiten! Aber hören Sie auf, den Jugendlichen, die mit
der Streichung von JUMP besondere Schwierigkeiten
haben, auf den Pelz zu rücken!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Der Rogowski wird auch immer sozialistischer!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504805000


Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1504805100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

ehrte Gäste! Wir von der „PDS im Bundestag“ meinen:
Der Bundeskanzler muss jetzt sein Wort halten. Er hat in
seiner Regierungserklärung „Mut zum Frieden und Mut
zur Veränderung“ am 14. März eine gesetzlich verord-
nete Ausbildungsplatzabgabe angekündigt,


(Nicolette Kressl [SPD]: Er hat eine gesetzliche Regelung angekündigt!)


wenn die Wirtschaft nicht aus eigener Kraft in der Lage
ist, ausreichend Ausbildungsplätze zu schaffen. Die
Wirtschaft hat den Beweis geliefert: Sie ist dazu nicht in
der Lage. In regelmäßigen Abständen beklagen die Ar-
beitgeberverbände zwar den Mangel an Fachkräften; sie
sind aber offensichtlich nicht bereit, etwas zur Beseiti-
gung dieses Mangels zu tun.

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(C (D Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat am 7. April eine Umfrage zu den Lehrstellenangeboten er DAX-Unternehmen veröffentlicht. Das Ergebnis ist ehr als niederschmetternd: Die Schlusspositionen nehen Lufthansa, Deutsche Börse und SAP ein. Besonders edauerlich ist, dass die Deutsche Post, deren Hauptktionär der Bund ist, die Zahl der Lehrstellen in diesem ahr im Vergleich zum Vorjahr um 350 reduziert hat. Da rage ich mich natürlich: Wie wird der Bund als Aktionär egenüber der Deutschen Post und anderen Unternehen, an denen er beteiligt ist, seiner Pflicht gerecht? chaut man sich das Verhältnis zwischen Gesamtbelegchaft und der Zahl der Auszubildenden an, dann kommt an zu dem Ergebnis, dass die Deutsche Post weit abgechlagen hinter vielen privaten Unternehmen liegt. Wo ist a die Vorbildwirkung des Bundes, Frau Bulmahn? Bemerkenswert ist auch, dass ein DAX-Unternehmen ie Adidas-Salomon – da ist der Bund nicht Aktionär – m Jahre 2003 insgesamt 15 Lehrstellen – ich wiederole: 15 Lehrstellen – bereitstellt. Das ist deshalb bemerenswert, weil gerade dieses Unternehmen seine Proukte an junge Menschen verkauft und mit dem Image ines besonders jugendlichen Lebensgefühls um jugendiche Kunden wirbt, aber offensichtlich kaum bereit ist, twas für junge Menschen zu tun. Das zeigt sich, wenn an sich die Zahl der Ausbildungsplätze anschaut. Die CDU/CSU lehnt in ihrem Antrag eine Ausbil ungsplatzabgabe ab. Dieser Antrag ist überschrieben: Ausbildungsplatzabgabe zerstört Ausbildungsmotivaion“. Wessen Motivation meinen Sie eigentlich: die der ugendlichen oder die der Unternehmer? (Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Gute Frage!)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


ch denke, Sie machen sich Sorgen um die Motivation
er Unternehmer. Sie machen sich in Ihrem Antrag näm-
ch keine Sorgen um die Motivation der Jugendlichen,
ie dringend einen Ausbildungsplatz brauchen und im-
er wieder vertröstet werden. Ich möchte auf das Bei-
piel Adidas-Salomon zurückkommen. Wie viel Motiva-
on brauchte dieses Unternehmen eigentlich, um
5 Jugendliche auszubilden?
Die Lage auf dem Lehrstellenmarkt ist dramatisch.

ie schreiben in Ihrem Antrag:
Im Ausbildungsjahr 2003/2004 fehlen derzeit
148 000 Lehrstellen. Davon allein 105 000 in den
neuen Ländern.

o weit, so schlecht. Was ist nun Ihr Rezept? Warten auf
ie Konjunktur und Abbau von Bürokratie. Die Jugend-
chen können aber nicht warten. Sie haben auch noch
ie erlebt, dass in dieser Republik Bürokratie abgebaut
ird, weder unter Kohl noch unter Schröder.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Bei der PDS ist es am schlimmsten! – Jörg Tauss [SPD]: Das ist nicht wahr!)


ie sagen den Jugendlichen nicht, wie Sie neue Ausbil-
ungsplätze schaffen wollen. Deshalb ist Ihr Antrag,






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch
meine Damen und Herren von der CDU, untauglich und
wird von uns entschieden abgelehnt.


(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Das schockiert uns zutiefst!)


Der Bundeskanzler hat die Ausbildungsplatzabgabe
mittlerweile in Aussicht gestellt, wenn die Unternehmen
nicht bereit sind, ausreichend Ausbildungsplätze zu
schaffen. Für diese Ankündigung – ich hoffe, sie wird
umgesetzt – möchte ich ihn ausdrücklich loben; denn
diese Drohung hat schon – zumindest partiell – Wirkung
gezeigt. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
hat in einem Flugblatt erklärt: Nicht ausbilden könnte
teuer werden. Plötzlich finden Arbeitgeber Argumente,
warum Ausbildung gar kein Verlustgeschäft ist; im Ge-
genteil: Es rechnet sich. Das Klagen über zu hohe Aus-
bildungsvergütungen ist unehrlich. Das Argument steht
in dem genannten Flugblatt. Man kommt zu dem
Schluss, dass viele Auszubildende ihren Unternehmen
mehr einbringen als sie kosten.

Die Arbeitgeberverbände haben den Wert von Azubis
richtig erkannt. Das Problem ist nur, dass die Unterneh-
men offensichtlich nicht bereit sind, sich durch eine
Selbstverpflichtung für die Schaffung der fehlenden
Ausbildungsplätze zu sorgen. Ich darf daran erinnern,
dass das Bundesverfassungsgericht bereits 1980 darauf
verwiesen hat, dass die Verantwortung der Arbeitgeber
besteht, für ein ausreichendes Angebot an betrieblichen
Ausbildungsplätzen zu sorgen und eine gesetzliche Re-
gelung anmahnte. Diese Mahnung ist inzwischen
23 Jahre alt, Frau Ministerin.

Aus den genannten Gründen fordert die PDS die
schnelle Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe für
die Unternehmen, die nicht ausbilden. Das sollte keine
Drohung sein, die sich im Nirwana verliert, sondern
muss jetzt, wo es Not tut, angewandt werden: Nur Mut,
meine Damen und Herren von der Koalition!


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504805200


Das Wort hat jetzt der Kollege Anton Schaaf von der
SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1504805300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Sehr geehrte Frau Pieper, die größten Deregulierer
dieses Landes sind hier heute eingeknickt, als es um ihre
ureigene Klientel ging.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Grietje Bettin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Diejenigen, die in diesem Land – an vielen Stellen zu
Recht – am lautesten nach Subventionsabbau schreien,
haben heute neue Subventionen gefordert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Cornelia Pieper [FDP]: Weil Sie uns in die Lage gebracht haben!)


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(C (D Der Berufsbildungsbericht macht die ökonomische, ber auch die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der beuflichen Bildung eindrücklich klar. Unser wertvollstes apital sind die jungen Menschen. Wir sind ihnen verflichtet. Kommen wir unseren Verpflichtungen nicht ach, verspielen wir ihre Zukunft und gefährden die konomische Zukunft unseres Landes. Noch immer bildet die betriebliche Ausbildung für ie Mehrzahl der jungen Menschen den Einstieg in das erufsleben. Die Grundlage unserer Industriegesellchaft ist die Erwerbsarbeit. Herr Kollege Schaaf, erlauben Sie eine Zwischenrage der Kollegin Pieper? Ich möchte gerne im Zusammenhang reden. Danke. ch glaube nicht, dass wir im Laufe der Debatte noch ubstanzielle Beiträge – ich habe heute zumindest keine ehört – erwarten dürfen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Cornelia Pieper [FDP]: Ihr Beitrag ist noch viel substanzloser! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist Show!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504805400
Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1504805500

Erwerbsarbeit bedeutet nicht nur Gelderwerb, son-
ern auch gesellschaftliche Teilhabe, Anerkennung und
aterielle Sicherheit. Umfragen zeigen, dass Jugendli-
he zwischen 14 und 18 Jahren insbesondere vor Ar-
eitslosigkeit Angst haben. Wir wollen verhindern, dass
as Leben junger Menschen von Unsicherheiten geprägt
ird. Wie sollen sie aber Vertrauen aufbauen, wenn Jahr
m Jahr ein Lehrstellendebakel droht?
Die Unternehmer in diesem Land müssen jedes Jahr

on ihren eigenen Verbänden und den jeweiligen Regie-
ungen – ich sage ausdrücklich: den jeweiligen Regierun-
en – mit Kampagnen und aufwendiger Öffentlichkeits-
rbeit dazu aufgerufen werden, mehr Ausbildungsplätze
u schaffen. Das muss jungen Menschen den Eindruck
ermitteln, nicht gebraucht zu werden, ja überflüssig zu
ein. Das trägt nicht unbedingt zum Zusammenhalt einer
esellschaft bei.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Grietje Bettin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


In Schule, betrieblicher Ausbildung und Studium sol-
en junge Menschen auf das Berufsleben vorbereitet
erden. Darauf haben sie einen Anspruch. Nur ein Drit-
el der Unternehmen in Deutschland bildet aus, aber
00 Prozent der Unternehmen sind auf gut ausgebildete
itarbeiter angewiesen. Im April dieses Jahres klafft
wischen Angebot und Nachfrage bei den Ausbildungs-
lätzen eine Lücke von 160 000. Es ist keineswegs so,
ls stünden ausreichend ausgebildete Arbeitskräfte zur
erfügung. In den nächsten Jahren droht ein erheblicher
angel an Fachkräften, wenn heute nicht genügend

unge Menschen ausgebildet werden. Auf der einen Seite
aben wir dann schlecht Qualifizierte ohne Arbeit und






(A) )



(B) )


Anton Schaaf
auf der anderen Seite einen steigenden Bedarf an Fach-
kräften, den wir nicht decken können.

Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung
auf, die deutsche Wirtschaft nachdrücklich an ihre Ver-
pflichtungen zu erinnern. Falls die Wirtschaft keine Lö-
sung anbietet – unseren Antrag haben Sie in diesem
Punkt offensichtlich nicht richtig gelesen –, ist die Bun-
desregierung gefordert, Maßnahmen zu treffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das heißt, sie muss eine gesetzliche Regelung verab-

schieden. Die Ziele der Regelung sind eine gerechte Ver-
teilung der Kosten für die Berufsausbildung und die
Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze. Wenn bis
zum Ende des laufenden Vermittlungsjahres zu wenig
Lehrstellen zur Verfügung stehen, muss die Bundesre-
gierung aktiv werden. Die Sicherung eines ausreichen-
den Ausbildungsplatzangebots ist zusammen mit der
Modernisierung der beruflichen Bildung im dualen Sys-
tem Voraussetzung für die Erhaltung der Berufs- und Le-
benschancen eines überwiegenden Teils der jungen Ge-
neration.

Über Jahrzehnte entstandene Fehlentwicklungen
müssen jetzt korrigiert werden. Der Staat trägt mittler-
weile einen sehr großen Anteil an den Ausbildungskos-
ten, nämlich 11 Milliarden Euro. Die Verantwortung
wurde Stück für Stück auf den Staat abgewälzt.


(Jörg Tauss [SPD]: So ist es!)

Ob es sich um einen Mangel an Ausbildungsplätzen

oder einen Mangel an ausgebildeten Fachkräften han-
delt, die Öffentlichkeit nimmt die Politik, zumeist die
Regierenden, als Verantwortliche wahr. Das war übri-
gens schon zu Ihren Zeiten so. Auch die Unternehmer
sind schnell dabei, der Politik den schwarzen Peter zuzu-
schieben. Unsere Kinder und Jugendlichen werden dem-
nach unzureichend auf die Berufstätigkeit vorbereitet. In
Teilen stimmt das, aber wir handeln. Für die Qualität der
betrieblichen Ausbildung ist die Wirtschaft zum größten
Teil selbst verantwortlich. Die Unternehmen müssen
ihre eigene Verantwortung erkennen, ihre Strukturen und
Erwartungen überprüfen und vor allen Dingen endlich
handeln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nur wenn sie dazu nicht bereit sind, muss die Politik,
auch im Interesse der Wirtschaft, eingreifen. Ohne aus-
reichende Ausbildung werden wir in den folgenden Jah-
ren auf der einen Seite einen massiven Fachkräftemangel
und auf der anderen Seite einen noch größeren Anstieg
der Arbeitslosenquote erleben.

Die Wirtschaft höhlt ihre eigenen Grundlagen aus,
wenn sie nicht ausbildet. Ausbildung ist die Basis unse-
rer Ökonomie und auch unseres Sozialstaats. Ohne sie
werden wir in Deutschland kein nennenswertes Wirt-
schaftswachstum erreichen; Deutschland wird internatio-
nal nicht mehr mithalten können.

Meine Damen und Herren, überrascht hat mich die
Lektüre eines gemeinsamen Positionspapiers von Herrn

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(C (D ollegen Schummer und Dietmar Schäfers von der G BAU. Herr Schummer, unsere Positionen scheinen ar nicht so weit auseinander zu sein. Zumindest habe ich as beim Lesen so verstanden; denn in dem Papier steht: Betriebe, die nicht ausbilden, wollen wir anreizen, ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung für die berufliche Bildung nachzukommen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Oh, Herr Schummer!)


a stimme ich absolut mit Ihnen überein, Herr
chummer. Jetzt geht es darum, diese gesellschaftliche
erpflichtung von den Unternehmern in diesem Land
uch einzufordern. Dabei können Sie gerne behilflich
ein.


(Abg. Uwe Schummer [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Sie brauchen sich nicht zu melden, ich rede im Zusam-
enhang weiter.
Weiter heißt es in dem Papier – auch das zitiere ich

ehr gern –:
Gäbe es die tarifliche vereinbarte Umlagefinanzie-
rung in der Bauwirtschaft nicht, sähen die Ausbil-
dungsplatzzahlen in der krisengeschüttelten Bau-
branche noch schlechter aus.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hört! Hört!)

a gebe ich Ihnen Recht: Ausbildung muss tatsächlich
onjunkturunabhängiger gestaltet werden. Dafür treten
ir gerade ein. Helfen Sie mit dabei!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben weiter gesagt:
Die Schaffung von betrieblichen Ausbildungsplät-
zen hat oberste Priorität.

azu haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon
eutliches gesagt.
Auch Bundesregierung, Unternehmerverbände und
ewerkschaften haben in ihrer gemeinsamen Kampagne
ür tarifliche Vereinbarungen nach diesem Vorbild ge-
orben.
Handeln wir jetzt nicht, nehmen wir in Kauf, dass ei-

em zunehmenden Teil unserer Jugendlichen die materi-
lle wie auch die soziale Lebensperspektive fehlt. Die
olgekosten für die Gesellschaft würden dramatische
usmaße annehmen. Deshalb müssen wir jetzt vernünf-
ge Instrumente zur Förderung der betrieblichen Ausbil-
ung entwickeln. Eine Alternative dazu gibt es nicht.
onst überlassen wir den Umgang mit ausgegrenzten Ju-
endlichen, die dann zu ausgegrenzten Erwachsenen
erden, den sozialen Sicherungssystemen. Das wäre
erantwortungslos.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Anton Schaaf
70 Prozent der Unternehmen bilden nicht mehr aus.
Das ist nicht nur konjunkturell oder steuerpolitisch be-
dingt, wie Sie behaupten, sondern mittlerweile struktu-
rell begründet. Es ist eben bequemer und auch günstiger,
nicht auszubilden.

In der betrieblichen Ausbildung erleben wir seit Jah-
ren, eigentlich schon seit Jahrzehnten, zumindest seit ei-
nem Jahrzehnt, eine Wackelpartie. Im ureigensten Inte-
resse der Wirtschaft und vor allen Dingen im gesamtge-
sellschaftlichen Interesse, jungen Menschen ein selbstbe-
stimmtes Leben zu ermöglichen, muss mit dieser Wackel-
partie Schluss sein. Die jungen Menschen in diesem
Land brauchen eine Politik, die sich für ihre Zukunft
verantwortlich zeigt. Diese Politik machen wir. Politik
allein wird unsere Zukunft aber nicht sichern können.
Wir brauchen die Bereitschaft aller Akteure dieser Ge-
sellschaft, Verantwortung zu übernehmen. Dazu rufen
wir gerade die Unternehmerinnen und Unternehmer die-
ses Landes auf. Wir leisten unseren Beitrag.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504805600


Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Michael Fuchs von
der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1504805700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin,
ich will mit Ihnen einmal ein bisschen das Lang- und das
Kurzzeitgedächtnis überprüfen. Wissen Sie, wie die
Zahl der Jugendarbeitslosen gegenüber dem Vorjahres-
monat angestiegen ist? – Um 33 000 allein im Monat
Mai. Richten wir das Kurzzeitgedächtnis aber auch auf
etwas noch näher Liegendes. Sie haben Ende April auf
dem berühmten Ausbildungsgipfel Folgendes zusammen

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1504805800


Die gemeinsamen Anstrengungen, um so viele Ar-
beitsplätze wie möglich zu mobilisieren, haben ab-
solute Priorität.

– Einverstanden! –
Jegliche Diskussion über eine Ausbildungsabgabe
lehnen wir ab, da dies den gemeinsamen Anstren-
gungen schadet.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

Was wollen Sie eigentlich?

Gleichzeitig, Frau Ministerin, sitzen Sie, wie wir ge-
hört haben, der SPD-Arbeitsgruppe vor, die an den Plä-
nen eines zweistufigen Modells zur Ausbildungsplatzab-
gabe arbeitet. Ich kann das nur als Täuscherei
bezeichnen.


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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Schizophrenie!)


Das genau ist Ihre Politik: Zuerst erzählen Sie den Un-
ernehmen, dass Sie einen Vorschlag ablehnen und da
icht mitmachen werden, weil er der wirtschaftlichen
ntwicklung schadet. Aber nur einige Tage später – ich
age nur: Kurzzeitgedächtnis – wird dann großartig ver-
ündet, dass doch eine Ausbildungsplatzabgabe kommt.
enau das ist Ihre Politik.


(Widerspruch des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD])


Hören Sie besser zu! Dann lernen Sie etwas.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Von Ih nen wirklich nicht!)

ie sorgen nicht für die Verlässlichkeit, die wichtig ist,
amit es in diesem Land weiter aufwärts gehen wird.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Sie haben doch die Möglichkeiten gehabt! Es reicht!)


Ähnliches haben wir schon mit den Vorschlägen von
errn Hartz erlebt. Vor fast genau einem Jahr – ich ap-
elliere wieder an Ihr Gedächtnis – wurden uns
Millionen neue Arbeitsplätze versprochen. Was ist
enn daraus geworden? – Es war nur ein Papiertiger: au-
er Kosten und Spesen nichts gewesen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Doch! Arbeitslose!)


Dieses Jahr gibt es im Monat Mai die höchste Ar-
eitslosigkeit, nicht seit der Wiedervereinigung, sondern
eit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

as haben Sie – und niemand anderes – mit Ihrer Politik
u verantworten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Je ernster die Probleme in unserem Land werden,

esto unausgereifter sind Ihre Konzepte. Es fehlen eine
lare, verlässliche Politik und jedes wirtschaftliche Ge-
amtkonzept. Der Stillstand auf dem Arbeitsmarkt und
amit die Probleme, die wir auf dem Ausbildungssektor
aben, resultieren doch aus Ihrer katastrophalen Wirt-
chaftspolitik, die dazu führt, dass kein Unternehmer
ehr den Mut hat, Arbeitsplätze zu schaffen. Wann
chafft denn ein Unternehmer Arbeitsplätze? – Doch im-
er nur dann, wenn er Geld verdient. Aber zurzeit ver-
ient die deutsche Wirtschaft kein Geld mehr. Das sehen
ie auch am Aufkommen der Körperschaftsteuer.


(Zuruf von der CDU/CSU: Weil alles wegbesteuert wird! – Gegenruf des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Er hat doch gesagt, wir zahlen keine Steuern! Wie kann dann alles wegbesteuert werden? Alles unlogisch!)


Wir haben in diesem Jahr die größte Pleitewelle, die
ieses Land jemals erlebt hat. 42 000 Unternehmen
erden Pleite gehen. 400 000 Arbeitsplätze und






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs
20 000 Ausbildungsplätze, Frau Bulmahn, werden uns
dadurch verloren gehen.

Ich habe eine ganz konkrete Bitte an das Bundeskabi-
nett. Sie können mir helfen, dass in meinem Wahlkreis
Arbeits- und auch Ausbildungsplätze erhalten bleiben.
Ungefähr 20 Kilometer rheinabwärts von Koblenz gibt
es das wunderschöne Städtchen Weißenthurm. Dort be-
findet sich die Firma Schmalbach-Lubeca, die vom Kon-
zern Ball übernommen wurde. Dieses Unternehmen ist
ein Dosenhersteller mit 500 Beschäftigten. Geplant war,
dieses Jahr 20 Auszubildende einzustellen. Aber dieser
Plan wurde aufgegeben. Seit Januar gibt es Kurzarbeit.
Der Betrieb wird demnächst geschlossen. So vernichten
Sie Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Sagen Sie Herrn
Trittin, er soll diese dämliche Verordnung aussetzen, da-
mit die Arbeitsplätze in dieser Branche erhalten bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Willi Brase [SPD]: Hören Sie bloß auf mit dem Dosenpfand! Peinlich ist das!)


Wir können es uns in dieser wirtschaftlichen Situation
nicht leisten, das Dosenpfand durchzusetzen, weil da-
durch Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze vernichtet
werden. Ich bin der Meinung, dass es so nicht weiterge-
hen kann.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie hier als Lobbyist oder als Abgeordneter auftreten!)


Sie sind seit fünf Jahren an der Regierung und wissen
ziemlich genau, dass dieses Dosenpfand kompletter
Blödsinn ist.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie reden als Lobbyist!)

– Herr Tauss, Ihr Zuruf wird auch durch noch so viel
Lautstärke nicht intelligenter.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wo sind denn die Analytiker in dieser Regierungs-
mannschaft? Man verspürt nur noch Hektik. Es vergeht
kein einziger Tag, an dem in diesem Land nicht neue pa-
nikartige Töne zu hören sind. In diesem rot-grünen Panik-
orchester fiedelt jeder auf seiner eigenen Geige. Der
Kanzler nennt das völlig zu Recht eigene Kakophonie.

Angesichts dieses kakophonen Orchesters – schauen
Sie sich nur die Steuererhöhungsdiskussionen der
letzten Tage an; Frau Nahles: Vermögensteuer, Frau
Simonis: Mehrwertsteuer, Herr Schreiner: Erbschaft-
steuer, Herr Eichel: Eigenheimzulage und möglicher-
weise Erhöhung der KFZ-Steuer, Frau Schmidt:
Tabaksteuer, etc. –


(Widerspruch bei der SPD)

ist es klar, dass kein Mensch in dieser Republik mehr
Vertrauen in Ihre Politik hat und dass kein Mensch den
Mut hat zu investieren. Wenn man nicht mehr weiß, wel-
che Steuern in welcher Höhe am nächsten Tag auf einen
zukommen, dann kann man meiner Meinung nach nicht
mehr investieren. Genau diese Situation haben Sie durch

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(C (D ie ständige Verunsicherung der deutschen Wirtschaft rreicht. Das muss geändert werden. Herr Kollege Fuchs, erlauben Sie eine Zwischenfrage es Kollegen Tauss? Das kann ja nur lustig werden. Herr Tauss, bitte schön. Ganz ernsthaft: Können Sie mir nochmals vortragen, elche Position die Christlich-Demokratische Arbeitehmerschaft im Moment einnimmt und wie die Äußeungen von Herrn Koch in diesen Tagen lauteten? Können Sie uns kurz etwas zu dem von ihm geforderten ubventionsabbau und zu den Vorschlägen des Herrn toiber sagen? Zu Herrn Koch kann ich Ihnen nur Folgendes sagen: r hat zusammen mit Herrn Steinbrück gefordert, die ubventionen abzubauen, und zwar rasenmäherartig. ir dürfen aber mit den Mitteln, die durch den Abbau on Subventionen zur Verfügung stehen, nicht generell ie Taschen des Staates auffüllen. Auch das hat Herr och gesagt; nur, das hören Sie nicht gerne. Wir müssen iese Mittel vielmehr für die Senkung der Steuern, die ie Bürger zahlen müssen, verwenden. Dann macht das anze Sinn. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Freibier für alle! Und was ist mit der CDA?)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504805900

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Muss das sein?)

Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1504806000
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504806100
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1504806200
Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1504806300

(Jörg Tauss [SPD]: Kakophonie!)


Die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe wird
n diesem Lande kein Problem lösen. Im Gegenteil: Sie
ird mehr Bürokratie schaffen und dafür sorgen, dass
ich noch mehr Betriebe verabschieden müssen; denn sie
irkt kostenerhöhend. Gerade der Bundeskanzler hat Ih-
en mit der Agenda 2010 ins Stammbuch geschrieben,
ass die Lohnnebenkosten dringend gesenkt werden
üssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

as machen Sie denn jetzt anderes, als sie wieder zu er-
öhen? Bei der Absenkung der Lohnnebenkosten müs-
en Sie ansetzen. Zusätzliche Belastungen der deutschen
irtschaft sollten Sie aber bitte unterlassen.


(Jörg Tauss [SPD]: Agenda 2010! Stimmen Sie zu!)


Lassen Sie mich ein Letztes aus dem eigenen Erleben
n meinem Wahlkreis sagen – Herr Tauss, hier können






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs
wir sofort gemeinsam etwas tun; ich bin gespannt, wie
weit Sie bereit sind zu springen –: Es gibt in meinem
Wahlkreis ein Unternehmen mit 190 Arbeitsplätzen. Die
hatten bis jetzt circa 15 Azubis. Dieses Jahr bilden sie
nur neun aus. Wissen Sie, warum? Weil sie ab
200 Beschäftigten einen Betriebsrat freistellen müssten.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

Machen wir uns doch nichts vor: Das sind die Hemm-

nisse, die Sie geschaffen haben!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Schaffen wir das gemeinsam ab, und das so schnell wie
möglich! Denn es muss nun wirklich nicht sein, dass
deswegen die Einstellung von Auszubildenden verhin-
dert wird. Sie sehen, es gibt viel zu tun. Aber ich be-
fürchte, Sie werden wie immer nichts tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So weit der Verbandslobbyist!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504806400


Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt er-
teile ich dem Kollegen Willi Brase von der SPD-Frak-
tion das Wort.


(Beifall bei der SPD)


Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1504806500

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Wir begrüßen die Aktivitäten im Rahmen der Aus-
bildungsoffensive des Jahres 2003 ausdrücklich.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Die aktuellen Zahlen belegen die Notwendigkeit dafür
überdeutlich. Es ist richtig, dass wir gemeinsam durch
kurzfristig greifende Maßnahmen, die jetzt angebracht
sind, versuchen, einiges auf den Weg zu bringen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Auf einen Punkt will ich hinweisen, der von meinem
Vorredner in einer Art und Weise aufgegriffen wurde,
dass ich das so nicht stehen lassen kann: Wir halten das
Engagement der Betriebs- und Personalräte, die in den
Unternehmen hier und heute auch unter Verzicht der Be-
legschaften zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen, für
ungeheuer wichtig. Es war gut, dass wir das Betriebs-
verfassungsgesetz reformiert haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Vertreter und deren Gewerkschaften, die das
teilweise bis hin zu tarifvertraglichen Vereinbarungen
machen, haben es nicht verdient, als Blockierer be-
schimpft zu werden. Sie brauchen vielmehr unsere Er-
mutigung und Unterstützung. Das sollte sich die Opposi-
tion endlich einmal merken.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Kollege Lensing, der Berufsbildungsbericht 2003 gibt ie viele Berufsbildungsberichte zuvor einen umfassenen und ausreichenden Überblick über die Struktur, die age und die Entwicklungsperspektiven der beruflichen ildung. Ich bin mir ganz sicher: Wir werden darüber owohl in den Ausschüssen als auch hier im Plenum disutieren. Deshalb finde ich die Bemerkung, er gebe ichts her, wirklich deplatziert. Es macht aber Sinn, meine Kolleginnen und Kolle en, sich einmal die finanzielle Seite der beruflichen ildung anzuschauen: Was kostet die Ausbildungskrise en Staat und was wenden die ausbildenden Unternehen auf? Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat in wei Studien, die sich auf das Jahr 2000 bezogen – daals hatten wir übrigens ein Wachstum von drei Proent; in jenem Jahr war eine gute Konjunktur zu vereichnen –, Folgendes aufgelistet: Bund und Länder gaben 7,8 Milliarden Euro für die inanzierung der beruflichen Bildung aus. s wurden 1 433 Millionen Euro zur Schaffung zusätzicher betrieblicher Ausbildungsplätze ausgegeben. ,2 Milliarden Euro wurden für die berufsbildenden chulen ausgegeben, also für den schulischen Teil der ualen Ausbildung sowie für die Vollzeitberufsschulen. 54 Millionen Euro machte das Schüler-BAföG aus. Ich eise nur darauf hin, dass im Schuljahr 2000/01 über 03 000 Schülerinnen und Schüler die Berufsfachschuen besuchten, um einen Berufsabschluss zu erhalten, daon mehr als 36 000 nach BBiG und Handwerksordnung nd über 167 000 nach Landesrecht. Vergegenwärtigt an sich diese Zahlen, muss man durchaus Angst haben, ass das duale System immer weiter verstaatlicht wird, llein was die finanzielle Seite angeht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Jörg Tauss [SPD]: Steuerfinanziert!)


Damit sind wir aber noch nicht am Ende. Im selben
ahr finanzierte die Bundesanstalt für Arbeit mit
,3 Milliarden Euro die berufliche Ausbildung. Insge-
amt wurden also circa 11 Milliarden Euro vom Bund,
on den Ländern und der BA für die Durchführung der
eruflichen Ausbildung ausgegeben. Die zweite Studie
ringt zum Ausdruck, dass die Unternehmen für alle
zubis Nettokosten von 14,6 Milliarden Euro hatten.
tellt man diese beiden Zahlen gegeneinander, muss
an zu dem Ergebnis kommen, dass nicht immer mehr
usbildungskosten von den Unternehmen und Betrieben
uf die öffentliche Hand und die Bundesanstalt abge-
älzt werden dürfen. Das können wir nicht weiter hin-
ehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb hält es die SPD-Fraktion für richtig und not-
endig, die Finanzierungsfrage in der beruflichen Bil-
ung zu diskutieren und Perspektiven zu entwickeln.
uch die schon mehrfach angesprochene IAB-Unter-

uchung, die zu dem Ergebnis kam, dass von






(A) )



(B) )


Willi Brase
1,2 Millionen ausbildungsfähigen Betrieben nur noch
640 000 ausbilden, führt uns zu der Überlegung, wie wir
künftig die Schaffung ausreichender und qualitativ hoch-
wertiger Ausbildungsplätze konjunkturunabhängiger
machen können. Es muss das Ziel sein, dass eine ausrei-
chende Zahl betrieblicher Ausbildungsplätze konjunktur-
unabhängig angeboten wird; nur dann können wir allen
Jugendlichen eine dauerhafte Perspektive bieten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es wird Sie nicht verwundern, dass wir natürlich auch
tarifvertragliche Lösungen unterstützen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, Tarifverträge! Die anderen wollen sie abschaffen!)


Sie haben sich bewährt. Wir verkennen nicht die schwie-
rige konjunkturelle Lage in der Bauindustrie, wissen
aber, dass dies auch etwas mit einem überhöhten Bau-
boom im Zuge der Wiedervereinigung zu tun hat. Auch
das muss reguliert werden. Im Grundsatz hat sich aber
die Berufsbildungsabgabe auf tarifvertraglicher Grund-
lage in der Bauindustrie bewährt. Wir fordern die Tarif-
vertragsparteien auf, darüber nachzudenken, ob sie sie
nicht auch in anderen Branchen einführen. Ich hielte dies
für richtig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bringe den Begriff „Bonus-Malus-System“ be-
wusst in die Diskussion hinein. Was spricht eigentlich
dagegen, die Unternehmen zu belohnen, die nach wie
vor Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, aber dieje-
nigen, die es könnten und nicht tun, ein bisschen an den
Kosten zu beteiligen? Ich halte diesen Gedanken nicht
für verkehrt. Wir möchten eine unbürokratische Rege-
lung, die sehr schnell umzusetzen ist. Daran werden wir
arbeiten; denn unser Ziel muss es sein, eine ausreichende
Zahl von qualitativ hochwertigen Ausbildungsplätzen
anzubieten.

Ganz kurz zum FDP-Antrag: Wer meint, das JUMP-
Programm habe nichts gebracht, und damit die Schaf-
fung von 60 000 neuen betrieblichen Ausbildungsplät-
zen ignoriert, hat eine falsche Sichtweise. Das akzeptie-
ren wir nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Redezeit geht zu Ende.

(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)

Daher beschränke ich mich darauf, noch auf einen Punkt
hinzuweisen. Es ist völlig klar, dass wir eine Reform
der beruflichen Bildung umsetzen müssen. Mit mehr
Qualität in der beruflichen Bildung und mit einer besse-
ren Wertigkeit der abgeschlossenen Ausbildungen von
Facharbeiterinnen und Facharbeitern sowie Gesellinnen
und Gesellen und durch verbesserte Prüfungsstrukturen
leisten wir in Fortsetzung unserer Neuordnung einen ab-
solut richtigen Beitrag, um mittel- und langfristig die be-

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(C (D ufliche Bildung auf den Pfad zu bringen, auf den sie geört. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as Neuordnungsverfahren in der Elektroindustrie zwi-
chen IG Metall und dem Zentralverband Elektrotech-
ik- und Elektronikindustrie, in nur zehn Monaten sie-
en neue Elektroberufe entwickelt zu haben, sollte uns
u genau dieser Qualität ermutigen. Wir werden diesen
eg weiter gehen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504806600


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

en Drucksachen 15/925, 15/1000, 15/1090 und 15/1130
n die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
orgeschlagen. Die Vorlage auf Drucksache 15/925 soll
usätzlich an den Ausschuss für Tourismus überwiesen
erden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
ann sind die Überweisungen beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 26 a bis 26 h sowie

ie Zusatzpunkte 4 a und 4 b auf:
26 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch und
des Sozialgerichtsgesetzes
– Drucksache 15/1070 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in
der vertragsärztlichen Versorgung

– Drucksache 15/1071 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes
über die Zustimmung zur Änderung des Di-
rektwahlakts

– Drucksache 15/1059 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 29. Juni 2000 über ein Europäisches
Fahrzeug- und Führerscheininformationssys-
tem (EUCARIS)


– Drucksache 15/1058 –






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau
Rechtsstellung der Abgeordneten der PDS im
15. Bundestag

– Drucksache 15/873 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau
Änderung der Geschäftsordnung des Deut-
schen Bundestages

– Drucksache 15/874 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung

g) Beratung des Antrags des Präsidenten des Bun-
desrechnungshofes
Rechnung des Bundesrechnungshofes für das
Haushaltsjahr 2001

– Einzelplan 20 –

– Drucksache 15/1047 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

h) Beratung des Antrags des Präsidenten des Bun-
desrechnungshofes
Rechnung des Bundesrechnungshofes für das
Haushaltsjahr 2002

– Einzelplan 20 –

– Drucksache 15/1048 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

ZP 4 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Ernst
Kranz, Wolfgang Spanier, Sören Bartol, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig,
Volker Beck (Köln), Ursula Sowa, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN
Stadtumbau Ost auf dem richtigen Weg

– Drucksache 15/1091 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Finanzausschuss
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Petra
Weis, Eckhardt Barthel (Berlin), Sören Bartol,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt-
Bohlig, Volker Beck (Köln), Winfried Hermann,

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(C (D weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Die Qualitätsoffensive für gutes Planen und Bauen voranbringen – Drucksache 15/1092 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Kultur und Medien Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachen Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a bis 27; die Zu atzpunkte 5 a und 5 b sowie Tagesordnungspunkt 14 uf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlaen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 27 a: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 22. April 2002 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Demokratischen Volksrepublik Algerien andererseits – Drucksache 15/884 – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 15/1119 – Berichterstattung: Abgeordnete Gert Weisskirchen Bernd Schmidbauer Dr. Ludger Volmer Dr. Werner Hoyer Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Drucksache 5/1119, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte dieenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich u erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der esetzentwurf ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 27 b: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 17. Juni 2002 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits – Drucksache 15/885 – Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 15/1120 – Berichterstattung: Abgeordnete Gert Weisskirchen Bernd Schmidbauer Dr. Ludger Volmer Dr. Werner Hoyer Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/1120, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 27 c: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Registrierung von Betrieben zur Haltung von Legehennen (Legehennenbetriebsregistergesetz – LegRegG)


(Erste Beratung 46. Sitzung)





(A) )


(B) )


(Erste Beratung 46. Sitzung)


– Drucksache 15/905 –

(Erste Beratung 43. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft (10. Ausschuss)

– Drucksache 15/1037 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Wilhelm Priesmeier
Gitta Connemann
Friedrich Ostendorff
Hans-Michael Goldmann

Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 15/1037, den Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 27 d:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu dem Internationalen Vertrag vom 3. No-
vember 2001 über pflanzengenetische Res-
sourcen für Ernährung und Landwirtschaft

– Drucksache 15/882 –

(Erste Beratung 43. Sitzung)


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(C (D Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft – Drucksache 15/1036 – Berichterstattung: Abgeordnete Matthias Weisheit Helmut Heiderich Ulrike Höfken Dr. Christel Happach-Kasan Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und andwirtschaft empfiehlt auf Drucksache 15/1036, den esetzentwurf anzunehmen. In diesem Zusammenhang weise ich auf eine offen ichtliche Unrichtigkeit in der französischen Fassung des ertragstextes hin: In Art. 12 Abs. 2 muss anstatt auf rt. 12 Abs. 4 richtigerweise auf Art. 11 Abs. 4 verwieen werden. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der so ben vorgetragenen, korrigierten Fassung zustimmen ollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Entaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beatung angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zutimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angeommen. Tagesordnungspunkt 27 e: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Barbara Wittig, Dr. Dieter Wiefelspütz, Wilhelm Schmidt Franz Müntefering und der Fraktion der SPD, den Abgeordneten Hartmut Büttner (Schönebeck)

Michael Glos und der Fraktion der CDU/CSU,
den Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn,
Volker Beck (Köln), Katrin Dagmar Göring-
Eckardt, Krista Sager und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie den
Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der
FDP eingebrachten Entwurfs eines Sechsten
Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterla-
gen-Gesetzes (6. StUÄndG)


– Drucksache 15/806 –

(Erste Beratung 40. Sitzung)

– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Rainer Funke, Daniel Bahr (Münster),
Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs
eines Sechsten Gesetzes zur Änderung der
Stasi-Unterlagen-Gesetzes (6. STUÄndG)


– Drucksache 15/313 –






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

(Erste Beratung 19. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)

– Drucksache 15/1003 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Barbara Wittig
Hartmut Büttner (Schönebeck)

Silke Stokar von Neuforn
Gisela Piltz

Der Innenausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 15/1003, den Ge-
setzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschuss-
fassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
in zweiter Beratung angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig ange-
nommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/1003 empfiehlt der Ausschuss, den von
der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines
Sechsten Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-
Gesetzes auf Drucksache 15/313 für erledigt zu erklären.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 27 f:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu
der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur
Änderung der Richtlinie 92/81/EWG und der
Richtlinie 92/82/EWG zur Schaffung einer
Sonderregelung für die Besteuerung von Die-
selkraftstoff für gewerbliche Zwecke und zur
Annäherung der Verbrauchsteuern auf Benzin
und Dieselkraftstoff

KOM (2002) 410 endg.; Ratsdok. 11571/02
– Drucksachen 15/173 Nr. 2.26, 15/401 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Schultz (Everswinkel)

Georg Fahrenschon

Der Ausschuss empfiehlt in Kenntnis der Unterrich-
tung die Annahme einer Entschließung. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthal-
tungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion ge-
gen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion angenommen.

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-
titionsausschusses.

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(C (D Tagesordnungspunkt 27 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 36 zu Petitionen – Drucksache 15/1017 – Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ SU vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für en Änderungsantrag auf Drucksache 15/1110? – Gegentimmen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist it den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die timmen der CDU/CSU bei Enthaltung der FDP abgeehnt. Wer stimmt für die Sammelübersicht 36? – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Sammelübericht 36 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen egen die Stimmen der CDU/CSU bei Enthaltung der DP angenommen. Tagesordnungspunkt 27 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 41 zu Petitionen – Drucksache 15/1018 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent ält sich? – Sammelübersicht 41 ist einstimmig angeommen. Tagesordnungspunkt 27 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 42 zu Petitionen – Drucksache 15/1019 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent ält sich? – Sammelübersicht 42 ist ebenfalls einstimmig ngenommen. Tagesordnungspunkt 27 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 43 zu Petitionen – Drucksache 15/1020 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent ält sich? – Sammelübersicht 43 ist ebenfalls einstimmig ngenommen. Die heutige Tagesordnung soll um die Beratung einer eschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüung, Immunität und Geschäftsordnung zur Genehmiung zum Vollzug gerichtlicher Durchsuchungsund eschlagnahmebeschlüsse erweitert werden. Erhebt sich agegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist as so beschlossen. Ich rufe Zusatzpunkt 11 auf: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Antrag auf Genehmigung zum Vollzug gerichtlicher Durchsuchungsund Beschlagnahmebeschlüsse – Drucksache 15/1135 – Wir kommen sofort zur Abstimmung über die Be schlussempfehlung. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen. Zusatzpunkt 5 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Drucksache 15/898 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung – Drucksache 15/1137 – Berichterstattung: Abgeordneter Jens Spahn Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung empfiehlt auf Drucksache 15/1137, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Zusatzpunkt 5 b: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele HillerOhm, Gabriele Lösekrug-Möller, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP Umfassender Schutz der Walbestände – Verbot kommerziellen Walfangs konsequent durchsetzen – Drucksachen 15/995 1 s D S h g D I w h e u s D g d e (C (D Berichterstattung: Abgeordnete Gabriele Hiller-Ohm Peter Bleser Dr. Christel Happach-Kasan Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 5/995 chlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist angenommen mit den timmen der Koalitionsfraktionen und der FDP bei Entaltung von CDU/CSU. Tagesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung (Kriegsdienstverweigerungs-Neuregelungsgesetz – KDVNeuRG)


(Kulturelle Angelegenheiten)





(A) )


(B) )


(Erste Beratung 43. Sitzung)


– Drucksachen 15/908, 15/1051 –

(Erste Beratung 43. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

(12. Ausschuss)

– Drucksache 15/1125 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Weigel
Jutta Dümpe-Krüger
Thomas Dörflinger
Ina Lenke

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
end empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 15/1125, den Gesetzentwurf anzunehmen.
ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
altungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
instimmig angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Wer zustimmen will, möge
ich bitte erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
er Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig an-
enommen.
Ich rufe Zusatzpunkt 6 auf:

Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD und der
CDU/CSU
für die vom Deutschen Bundestag gemäß §§ 31
und 36 des Gesetzes über die Rundfunkanstalt

(Deutsche-Welle-Gesetz-DWG)

glieder des Rundfunkrates und des Verwal-
tungsrates der Deutschen Welle

– Drucksache 15/1122 –
Wer stimmt für diesen Wahlvorschlag? – Wer stimmt

agegen? – Wer enthält sich? – Der Wahlvorschlag ist
instimmig angenommen.
Ich rufe Zusatzpunkt 7 auf:






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, der
CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN und der FDP
Wahl von Mitgliedern in den Stiftungsrat der
„Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“

– Drucksache 15/1123 –
Wer stimmt für diesen Wahlvorschlag? – Gegenstim-

men? – Enthaltungen? – Der Wahlvorschlag ist einstim-
mig angenommen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 6 auf:
Beratung des Berichts des Petitionsausschusses

(2. Ausschuss)

Bitten und Beschwerden an den Deutschen
Bundestag

Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des
Deutschen Bundestages im Jahr 2002

– Drucksache 15/920 –
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die

Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Vorsitzen-
den des Petitionsausschusses, Kollegin Marita Sehn,
FDP-Fraktion, als erster Rednerin das Wort.


Marita Sehn (FDP):
Rede ID: ID1504806700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Weniger Petitionen – das war die dominierende Schlag-
zeile nach der Übergabe des Tätigkeitsberichtes des Peti-
tionsausschusses für das Jahr 2002 an den Präsidenten
des Deutschen Bundestages vor zwei Wochen. In der Tat
ist die Entwicklung auffallend: 13 Prozent weniger Ein-
gaben als 2001, gegenüber dem Jahr 2000 sogar
33 Prozent weniger. Wird der Petitionsausschuss deshalb
arbeitslos?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es besteht
kein Grund zur Panik. Der Petitionsausschuss hatte und
hat noch viel zu tun. So haben die Ausschussmitglieder
im Auftrag des Deutschen Bundestages im Jahr 2002
22 658 Petitionen abschließend behandelt. Das heißt,
auch wenn weniger Petitionen eingereicht wurden,
konnte die Anzahl der bearbeiteten Petitionen um mehr
als 5 000 gesteigert werden. Auch im vergangenen Jahr
haben Ihre Kolleginnen und Kollegen im Petitionsaus-
schuss eine beachtliche Arbeit geleistet, eine Arbeit, die
sowohl für den Deutschen Bundestag als auch für die
Bürgerinnen und Bürger von großer Bedeutung ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Trotzdem bleibt die Frage im Raum, warum die Zahl
der Eingaben so stark rückläufig ist. Während Rot-Grün
das wahrscheinlich gerne als Beleg für eine gute und
bürgernahe Regierungspolitik sieht


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



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(C (D da können Sie ruhig klatschen –, wird die Opposition ie Zahlen bestimmt anders interpretieren. Hier würde es eißen: Die Bürger haben resigniert und aufgegeben. Sie aben jegliches Vertrauen in die Regierung, den Staat nd seine Institutionen verloren. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann unmöglich sein, Frau Sehn!)


uch ohne Blick in die Kristallkugel oder angespannte
ektüre des Kaffeesatzes kann ich Ihnen sagen: Beides
timmt so nicht. Ich glaube, darin sind wir uns einig.
Bevor ich die Ursache bei anderen suche, frage ich
ich zuerst: Was können wir, was kann der Deutsche
undestag, was kann der Petitionsausschuss dafür tun,
ass sich die Bürgerinnen und Bürger wieder vermehrt
n uns wenden? Was können wir tun, damit der Peti-
ionsausschuss als das gesehen wird, was er ist: das of-
ene Ohr des Parlamentes für die Hinweise, Sorgen und
itten der Bürgerinnen und Bürger? Ich bin davon über-
eugt, dass der Petitionsausschuss ein Aktivposten für
as Image des Deutschen Bundestages ist.


(Beifall im ganzen Hause)

Wir haben im letzten Jahr 5 030 Eingaben zu Geset-

en erhalten. Bestehende Regelungen wurden kritisiert,
uf Ungerechtigkeiten wurde hingewiesen, Unstimmig-
eiten wurden moniert. Es ist eigentlich schade, dass
iese Anregungen nicht noch stärker genutzt werden,
um Beispiel in Gesetzgebungsverfahren. Keine Regie-
ung, ob Rot-Grün, ob Schwarz-Gelb, ist so gut, als dass
ie von ihren Bürgern nicht noch lernen könnte.
Oder nehmen Sie die 8 802 eingereichten Beschwer-

en über Behörden, abstruse Verwaltungsvorschriften
nd die tagtäglichen Erfahrungen unserer Bürgerinnen
nd Bürger im Umgang mit der Bürokratie. Wie oft er-
ben wir im Petitionsausschuss, dass Gesetze nicht dem
inn, sondern den Buchstaben nach angewendet werden.
ch möchte, dass die Bürgerinnen und Bürger – auch die,
ie hier auf der Tribüne sitzen – es erfahren: Bei nahezu
der zweiten Petition ist der Petitionsausschuss erfolg-
eich. Das ist nicht nur ein Erfolg für die Ausschussmit-
lieder und den Ausschussdienst, sondern für den Parla-
entarismus in Deutschland.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese hohe Erfolgsquote verdanken wir nicht zuletzt
ielen Behördenmitarbeitern, die nicht an einem büro-
ratischen Unfehlbarkeitsdogma festhalten, sondern be-
eit sind, gemeinsam mit uns nach einer Lösung zuguns-
n des Petenten zu suchen. Entgegen weit verbreiteten
orurteilen wiehert auf deutschen Ämtern nicht nur der
mtsschimmel. Deshalb möchte ich mich an dieser
telle bei den vielen engagierten und mutigen Behörden-
itarbeitern bedanken, die in vielen Fällen dazu beige-
agen haben, dass den Petenten geholfen werden konnte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Marita Sehn
– Richtig, ich denke, an dieser Stelle darf man klatschen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen

in der Öffentlichkeit verstärkt auf die Möglichkeit von
Eingaben hinweisen. Wir müssen den Bürgerinnen und
Bürger vermitteln, was wir für sie tun können. Wir kön-
nen zum Beispiel Gesetzesänderungen einfordern, kön-
nen dazu beitragen, dass ein behördlicher Ermessens-
spielraum zugunsten des Petenten genutzt wird und dass
eingereichte Vorschläge und Ideen nicht ungelesen ver-
schwinden, sondern von der Politik zur Kenntnis genom-
men werden.

Der Petitionsausschuss will sich um eine noch stär-
kere Bürgernähe bemühen. Eine vereinfachte Eingabe
von Petitionen per E-Mail könnte ein erster Schritt in
diese Richtung sein. Bürgernähe heißt für mich aber
auch, unsere Beschlussempfehlungen und Briefe nicht in
Ministerial- bzw. Juristendeutsch abzufassen, sondern in
einer Sprache, die auch ohne Jurastudium oder Fremd-
wörterlexikon verständlich ist. Außerdem werden wir
die Öffentlichkeit verstärkt über unsere Arbeit sowie die
an uns herangetragenen Anliegen informieren.

Der Petitionsausschuss ist der politische Seismo-
graph in Deutschland. Wenn 3 577 Eingaben, also na-
hezu 25 Prozent aller Petitionen, den Geschäftsbereichen
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit sowie
des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Si-
cherung zuzuordnen sind, dann ist das ein klares Signal
dafür, dass hier etwas im Argen liegt und dringender
Handlungsbedarf besteht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind ja auch große Ministerien!)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue
mich, Vorsitzende eines Ausschusses sein zu dürfen, der
sich in konstruktiver und parteiübergreifender Weise den
Bitten, Vorschlägen und Beschwerden der Bürgerinnen
und Bürger annimmt.

Ich freue mich, mit einem Ausschussdienst zusam-
menzuarbeiten, der dafür Sorge trägt, dass jede einzelne
Petition gewissenhaft behandelt wird. Ich denke, wir alle
können auf den Petitionsausschuss und die im Namen
des Deutschen Bundestages geleistete Arbeit stolz sein.

Schönen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504806800


Ich erteile der Kollegin Gabriele Lösekrug-Möller
von der SPD-Fraktion das Wort.


Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1504806900

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir alle kennen Elton John und Eros Ramazotti; ich un-
terstelle das einfach mal. Ich glaube, das wird so sein.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Persönlich?)


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(C (D ir kennen sie als Stars der Musikszene. Sind sie aber etenten? Ich habe gelernt, dass Reden sogar im Bunestag spannend sein sollten. Deshalb gebe ich die Antort erst am Ende meines Beitrages. Sie haben also hineichend Zeit – zumindest einige Minuten –, zu berlegen, ob sie auch zu diesem spannenden Personenreis gehören, über den wir gerade sprechen. Wir sprechen über die Arbeit unseres Petitionsaus chusses im vergangenen Jahr. Dazu gehört, dass wir em Sekretariat, das uns bei der Arbeit wirklich gut unerstützt hat, und allen, die dort tätig sind, herzlich danen. n meinen Dank möchte ich allerdings auch jene Mitglieer einschließen, die bis zum September 2002 mitgeareitet haben. Einige sind nicht mehr dabei. Besonders ein Vorgänger als Sprecher der sozialdemokratischen bgeordneten, Bernd Reuter, hat sehr große Schuhe hinerlassen. Ich danke also auch denjenigen, die an dem rgebnis mitgewirkt haben, heute aber nicht in unserer unde sind. Ähnlich wie die Frau Vorsitzende möchte ich die Auferksamkeit auf jene Petitionen richten, die nie den chreibtisch eines Abgeordneten erreichen, für die also eine parlamentarische Beratung nötig ist. In 2002 waen dies immerhin mehr als 5 000. Das ist knapp ein iertel aller bearbeiteten Petitionen. Sie wurden durch at, Auskunft, Verweisung und Materialübersendung eredigt. Was sagt uns das? Über das Sekretariat sagt uns as sicherlich, dass es gut arbeitet. Über die Behörden, ie offenbar nicht bürgerfreundlich und kundenorientiert rbeiten, sagt uns das aber auch eine ganze Menge. So eht das nicht weiter. Deshalb sage ich: Nicht nur der Vorschriftendschun el muss gelichtet werden, sondern auch die Beratung nd Information müssen besser werden. Ich denke, wir rauchen keine Experten, die ihre fachliche Kompetenz adurch unter Beweis stellen, dass sie schwierige Sacherhalte kompliziert darlegen. Wir wollen Fachleute, die hren Expertenstatus dadurch nachweisen, dass sie komlizierte Sachverhalte verständlich machen. Das trifft anchmal auch uns Abgeordnete, zum Beispiel, wenn ir Stellungnahmen der Ministerien erhalten. Auch sie ind durchaus mit Fachchinesisch gespickt. Im ganzen aus sind wir der Meinung, dass wir das zukünftig nicht ehr durchgehen lassen wollen. Auch hier brauchen wir larheit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diesen direkten raht zum Parlament, den Petitionen nun einmal darstelen, wollen wir intensivieren. Gute Beispiele sind hierfür ilfreich. Ich erlaube mir, über ein Beispiel aus der aktueln Arbeit zu berichten. Dazu müssen Sie alle sich – das ird mühelos gelingen – in die Lage einer Bäuerin verseten, die, so schrieb sie, dies mit Leib und Seele ist. Seit nfang der 70er-Jahre hat sie gemeinsam mit ihrem Mann Gabriele Lösekrug-Möller in einem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb gearbeitet. 1988 verstarb der Ehemann und die Witwe – drei kleine Kinder waren auch noch da – entschloss sich, den Bauernhof alleine weiter zu bewirtschaften. So weit, so gut. Was sie nicht bedachte: Bei Abgabe des Betriebes hätte ihr eine Hinterbliebenenrente zugestanden. Was sie nicht wusste: 1995 änderte sich mit der Einführung der Bäuerinnenrente das Hinterbliebenenrecht. Was sie dann erlebte: Ihr ursprünglicher Anspruch auf Hinterbliebenenrente wäre höher gewesen als jener, den sie nun – nach neuem Recht und nach weiterer Einzahlung in die Alterskasse – erhalten soll. Das verstand die Petentin nicht und sie fand es ungerecht. Wir auch. Also wurde den zuständigen Ministerien und den Fraktionen diese Petition als Material überwiesen, damit Abhilfe geschaffen werden kann. Vor zwei Tagen erreichte mich die Nachricht: Problem erkannt, Kritik berechtigt. Für Abhilfe sorgt eine Gesetzesänderung noch in diesem Jahr. Nun freut sich die Petentin hoffentlich; wir tun dies. Ohne sie wäre diese Gerechtigkeitslücke nicht geschlossen worden. Dafür, finde ich, müssen wir dankbar sein. Ich bin Ihnen abschließend noch eine Antwort schul dig, wie das mit Eros Ramazotti und Sir Elton John war. Die Antwort lautet: Ja. Ich möchte das gerne noch ausführen – so viel Redezeit bleibt mir gerade noch –: Mit 12 000 anderen Musikern sind sie Petenten, allerdings bei der EU. Sie fordern eine geringere Mehrwertsteuer auf Musik-CDs. Begründung: CDs sollen als sozial notwendige Kulturgüter gelten. Ich bin auf das Ergebnis gespannt. Dem Ausschuss wünsche ich weiterhin kollegiale Zusammenarbeit. Danke. Das Wort hat jetzt der Kollege Günter Baumann von der CDU/CSU-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her ren! Die Debatte zum Jahresbericht des Petitionsausschusses gibt mir die Gelegenheit, mich namens der CDU/CSU-Fraktion bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussdienstes für die kompetente, und, wie ich denke, kollegiale Zusammenarbeit ganz herzlich zu bedanken. Der gleiche Dank gilt den Mitgliedern meiner Arbeitsgruppe für ein sehr gutes Miteinander. Ich möchte auch unserem ehemaligen Kollegen Hubert Deittert, der vier Jahre lang das Amt des Obmannes in der Fraktion innehatte, ganz herzlich danken. d l t s d B E d le ti V r h g d s V f M w P ü r i d s b d s t g M z – s s t a D O e g v – (C (D Das Petitionsrecht ist ein Grundrecht, das in Art. 17 es Grundgesetzes verankert ist, aber dennoch gelegentich unterschätzt wird. Das von der Verfassung garanierte Recht, sich jederzeit mit Bitten und Beschwerden chriftlich an das Parlament, die Volksvertretung, wenen zu können, verdient meines Erachtens eine größere edeutung in unserer Gesellschaft. Die große Zahl von ingaben jedes Jahr macht deutlich, welche Hoffnungen ie Menschen in unseren Ausschuss setzen. Oft ist es ihr tzter Ausweg. Es ist erfreulich, festzustellen, dass der Petionsausschuss in mehr als der Hälfte der Fälle – meine orredner sagten es bereits – erfolgreich sein konnte. Manche Petitionen können allerdings erst nach meh eren Wahlperioden positiv abgeschlossen werden. Dies at uns das Beispiel des Truppenübungsplatzes Voelsang in der Eifel gezeigt. Es gibt aber auch Petitionen, ie vom Ausschuss an die Bundesregierung zur Berückichtigung überwiesen werden – also mit dem höchsten otum – und sich trotzdem nicht zu einem guten Ende ühren lassen. Hier wünsche ich mir manchmal, dass die inisterien mehr Kraft für sinnvolle neue Lösungen aufenden, als an Althergebrachtem festzuhalten. Beeindruckender als die Anzahl der neu eingereichten etitionen in 2002 mit etwa 14 000 finde ich die Zahl der ber 22 000 erledigten Petitionen, von denen uns der Beicht des Ausschusses Kenntnis gibt. Erwähnen möchte ch an dieser Stelle auch die gute Zusammenarbeit unter en Fraktionen im Ausschuss. Das ist in anderen Auschüssen nicht ganz so. Ich glaube, diese Zusammenareit tut uns wirklich gut. Wenn sich Bürger mit Beschwerden über verschie ene Verwaltungen an den Ausschuss wenden, sind Löungen im Ausschuss in der Regel im Konsens der Frakionen möglich. Anders sieht es bei Bitten um esetzgeberische Maßnahmen aus. Dabei spielen die ehrheitsfraktionen natürlich ihre Mehrheit aus, und war leider oft nicht im Sinne des Petenten. Das müssen Sie sich leider sagen lassen. (Zuruf von der SPD: Es ist trotzdem nicht richtig!)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)





(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504807000

(Beifall bei der CDU/CSU)

Günter Baumann (CDU):
Rede ID: ID1504807100

(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall im ganzen Hause)


(Widerspruch bei der SPD)


Die besonderen Befugnisse des Ausschusses haben
ich für unsere Arbeit immer wieder als nützlich erwie-
en, zum Beispiel einen Ortstermin wahrzunehmen, Ak-
en einzusehen oder einen Vertreter der Bundesregierung
nzuhören. Auch dabei kann man Erstaunliches erleben.
ie Mehrheitsfraktionen lehnten zum Beispiel einen
rtstermin in Bayreuth kategorisch ab, bei dem es um
ine Petition zum Erhalt eines Bundeswehrstandortes
ing. Dabei wäre dadurch das Ansehen des Ausschusses
or Ort gestärkt worden.


(Klaus Hagemann [SPD]: Das war als Wahlkampftermin geplant!)


Das war kein Wahlkampftermin, Herr Kollege.






(A) )



(B) )


Günter Baumann
Ein anderes Beispiel ist ein Minister, der in Fern-
sehtalkshows das Petitionsrecht preist und die Arbeit des
Ausschusses würdigt, aber der Ladung des Ausschusses
nicht folgt und fadenscheinige Gründe vorschiebt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es wirft kein gutes Licht auf die Bundesregierung insge-
samt, wenn Worte und Taten auseinander klaffen. Auch
hier sollte der Respekt vor dem Ausschuss und dem Par-
lament gewahrt werden.


(Zuruf von der SPD: Das gilt für alle!)

Dass die Mitgliederzahl im Petitionsausschuss in die-

ser Wahlperiode reduziert worden ist, ist nicht gerade ein
positives Signal. Dadurch haben wir Abgeordnete natür-
lich mehr Petitionen zu bearbeiten. Zudem sind wir in
mindestens einem anderen Ausschuss tätig. Das ist
schon ein ganzer Packen Arbeit. Ich möchte auch daran
erinnern, dass in der vergangenen Wahlperiode mehrere
Abgeordnete über 1 000 Petitionen als Berichterstatter
bearbeitet haben. Das ist schon ein ganzes Stück Arbeit.

Trotz alledem ist die Tätigkeit im Petitionsausschuss
gerade für neu gewählte Abgeordnete eine sehr gute
Schule, erhält man doch nirgendwo sonst einen so guten
Überblick über Sorgen und Wünsche der Bürgerinnen
und Bürger in unserem Land. Nirgendwo spiegeln sich
Sinn und Unsinn der Gesetzgebung, Licht und Schatten
der Verwaltungstätigkeit in unserem Lande so anschau-
lich wider wie im Petitionsausschuss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Daher würde ich mir wünschen – die Vorsitzende hat es
bereits gesagt –, dass unsere Arbeit ein größeres Echo in
der Öffentlichkeit findet. Das Presseecho auf die Über-
gabe des Jahresberichtes an den Bundestagspräsidenten
in der vorletzten Woche war mehr als dürftig.

Als Abgeordneter aus einem der neuen Länder finde
ich es erfreulich, dass sich der Ausschuss in den vergan-
genen Jahren immer stärker als Anwalt auch dieser Bür-
gerinnen und Bürger bewährt hat. Bekanntlich nutzen
die Ostdeutschen die Möglichkeit der demokratischen
Teilhabe am intensivsten. Die Sachsen zählen zu den
fleißigsten Petenten. So kamen im Jahr 2002 allein aus
Sachsen 319 Eingaben pro eine Million Einwohner an
den Deutschen Bundestag.

Die meisten Petitionen aus den neuen Bundesländern
sind Hilferufe über bürokratisches Dickicht in unserer
Gesetzgebung. So bitten zum Beispiel Petenten um Auf-
klärung über unverständliche Rentenbescheide oder eine
allein erziehende Mutter fragt, warum vom Unterhalts-
vorschuss für ihr erstes Kind die Hälfte des Kindergeldes
wieder abgezogen wird. Eine traurige Aktualität im ver-
gangenen Jahr hatte die Bitte einer Bürgerinitiative, die
ein Ende des Elbeausbaus in Sachsen forderte. Der Peti-
tionsausschuss informierte sich vor Ort. Die Warnung
der Petenten, eine höhere Fließgeschwindigkeit des
Flusses habe größere ökologische Folgen, hat sich we-
nige Wochen später durch die Jahrhundertflut als wahr
herausgestellt.

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(C (D Viele Petitionen aus den neuen Ländern haben mit der ufarbeitung des SED-Unrechts zu tun. Vor allem von er DDR-Diktatur politisch Verfolgte, deren Renten zum eil unter Sozialhilfeniveau liegen, wenden sich an uns. orgen hat dieses Parlament erneut die Möglichkeit, ine Regelung für SED-Opfer nach einem Antrag der DU/CSU-Fraktion auf den Weg zu bringen. Es erreichen den Ausschuss immer wieder Enteig ungsfälle, für die im Einigungsvertrag keine Regelung etroffen worden ist. So steht bei den stecken gebliebeen Entschädigungen immer noch eine Lösung aus. Die ürger haben vom untergegangenen Staat, der DDR, eld versprochen bekommen und es nicht erhalten; im etzigen Staat findet sich niemand, der zuständig ist. Aber selbst in Vermögensfällen, die im Einigungsver ag geregelt sind, kommen viele nicht an ihr Ziel. Der ahresbericht 2002 nennt einen menschlich ganz besoners bewegenden Fall, den ich ganz kurz schildern öchte: Ein mittelständischer Unternehmer aus Sachsen ird 1972 enteignet, flüchtet in den Westen und baut ort einen neuen Betrieb auf. Als die Mauer fällt, kehrt r in seine Heimat zurück, um den alten Betrieb wieder ufzubauen. Obwohl alle Voraussetzungen für eine ückübertragung erfüllt sind und der Betroffene fristgeäß den Antrag gestellt hat, bekommt er seinen Betrieb ie zurück. Stattdessen wird er über Jahre von der Treuandanstalt und vom Vermögensamt mit ungerechtferigten Forderungen hingehalten. Sein ehemaliges Unterehmen war nicht ganz so schlecht und hat nach der ende noch produziert. Es wird danach von der Treuand liquidiert. Die Maschinen werden unter dubiosen mständen ins Ausland verkauft. Jahrelange Gerichtserfahren bringen außer Kosten keinen Erfolg. In diesem all hat der Ausschuss über alle Parteigrenzen hinweg lle seine Befugnisse in einem Maße ausgeschöpft, wie as nur selten der Fall ist: Wir führten Gespräche mit der reuhand, den Vermögensämtern und dem Bundesfianzministerium und nahmen bei allen zuständigen Beörden Akteneinsicht. Wir mussten auch den Petitionsusschuss des Sächsischen Landtages bemühen, weil nur ort eine Landesbehörde vorgeladen werden konnte. Nur ank der guten Kooperation der beiden Petitionsauschüsse war es schließlich möglich, alle Beteiligten an eien Tisch in Berlin zu bringen. Auf eine Entschädigung, uf die wir vorher monatelang vergeblich gehofft hatten, onnten wir uns jetzt einigen. Nach zwölf Jahren hat dait ein Petent natürlich nicht mehr sein Eigentum, aber enigstens eine angemessene Entschädigung erhalten. Meine zusammenfassende Einschätzung unserer Ar eit im Jahre 2002 ist: Wir haben durch fleißige Arbeit nd, wie ich denke, durch sachlichen Meinungsstreit in en meisten Fällen vielen Bürgerinnen und Bürgern in nserem Land helfen und damit ein Stück Vertrauen in nsere demokratische Grundordnung für sie wiedergeinnen können. Dies sollte uns Ansporn sein, unsere Areit auch im neuen Jahr der Tätigkeit des Petitionsauschusses mit gleicher Intensität fortzusetzen. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Josef Philip Winkler, Bündnis 90/Die Grünen. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504807200

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Beschwerden und Meckereien sind
die Muskeln der Schwachen, sagt ein afghanisches
Sprichwort. Die Beschwerden und Meckereien, die wir
heute debattieren, sind aber ein bedeutendes Stück deut-
scher Demokratie.

Im Tätigkeitsbericht über die an den Deutschen Bun-
destag gerichteten Bitten und Beschwerden lassen die
Bürgerinnen und Bürger die Muskeln spielen und sie fin-
den im Petitionsausschuss einen starken Anwalt ihrer In-
teressen im Parlament. Der Petitionsausschuss hat auch
im Jahr 2002 seine Erfolgsstory fortgeschrieben.

Der Jahresbericht des Petitionsausschusses erweist sich
einmal mehr als ein Bestseller der Demokratie. Mehr als
22 000 Eingaben wurden – das wurde bereits erwähnt –
2002 vom Petitionsausschuss bearbeitet und zum Ab-
schluss gebracht. Hinzu kommt, dass auch bei fast jeder
zweiten Petition etwas für die Petenten erreicht werden
konnte. Das ist wirklich eine beeindruckende Bilanz.


(Beifall im ganzen Hause)

Ein neues Problem zu entdecken ist dabei genauso

wichtig, wie die Lösung für ein altes zu finden. Der Peti-
tionsausschuss leistet beides in hervorragender Weise.

Das war gute Arbeit. Auch ich möchte mich dem
Dank an die Abgeordneten der vorigen Wahlperiode an-
schließen, die dies mit geleistet haben. Mein Dank gilt
auch dem hervorragend arbeitenden Ausschussdienst
und Ausschusssekretariat des Petitionsausschusses.


(Beifall im ganzen Hause)

Mein allererster Dank gilt aber den Bürgerinnen und

Bürgern dieses Landes. Denn sie sind schließlich die
Autoren dieses Bestsellers der Demokratie. Nur mit ihrer
Hilfe, ihren Anregungen und Ideen, Hinweisen und Be-
schwerden kann die Arbeit gelingen.

Der Petitionsausschuss beackert dabei ein sehr weites
Feld. Mein Vorgänger als Obmann des Bündnisses 90/
Die Grünen im Petitionsausschuss, der verehrte Kollege
Helmut Wilhelm, hat den schönen Satz geprägt, der Peti-
tionsausschuss sei zuständig von Atombombe bis Zahn-
plombe. Auch im Berichtszeitraum finden wir wieder
Petitionen von Atomkraft bis Zahnbehandlung.

Auch ich hatte schon Petitionen zu geschundenen
Asylbewerbern, traurigen Eisbären und zornigen Wan-
dergesellen zu bearbeiten. Ob es um die verspätete oder
zu geringe Rentenauszahlung, überhöhte Krankenkas-
senbeiträge oder die Einstufung in die Pflegeversiche-
rung geht – tagtäglich bemüht sich der Ausschuss – wie
wir sehen, oft mit Erfolg – um die Lösung konkreter Pro-
bleme der Bürgerinnen und Bürger.

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(C (D Petitionen sind aber auch der Stoff, aus dem Gesetze ind. In diesem Zusammenhang gehe ich auf Ihre Ausührungen ein, Herr Baumann. Denn wenn sich Menschen it Vorschlägen zu Gesetzesänderungen und -verbesseungen an den Ausschuss wenden, wird dies aufgegrifen. Oft stand am Anfang eines neuen Gesetzes eine Peition. Ich nenne als aktuelles Beispiel nur den esetzentwurf der Bundesregierung zum verstärkten undenschutz bei so genannten 0190-Servicenummern. (Marita Sehn [FDP]: Das beschließen wir noch heute Abend!)


Als migrations- und flüchtlingspolitischer Sprecher
einer Fraktion richtet sich mein besonderes Augen-
erk auf die zahlreichen Petitionen – im Berichtszeit-
aum waren es circa 500 – aus dem Bereich des Auslän-
er- und Asylrechts. Die Praxis hat hierbei gezeigt, dass
ie Anforderungen, die an den Petitionsausschuss gerich-
et werden, oft weit über das hinausgehen, was wirklich
eleistet werden kann. Das hat verschiedene Gründe.
Zum einen ist der Petitionsausschuss kein „Härtefall-

usschuss“ und kann keine Entscheidungen außerhalb
er gesetzlichen Grundlagen treffen, auch wenn humani-
äre Gründe oder eine durchaus gelungene Integration
afür sprechen. Zum anderen werden Petitionen oft sehr
pät – zum Beispiel erst kurz vor der Abschiebung – ein-
ereicht oder es liegen keine Rechtsverstöße durch das
undesamt für die Anerkennung ausländischer Flücht-
inge vor.
Dennoch gibt es im Einzelfall auch wichtige, manch-
al sogar lebensrettende Erfolge. Zum Beispiel konnte
ine lebensbedrohliche Abschiebung in letzter Sekunde
erhindert werden. Im Sommer bekam der Petitionsaus-
chuss einen dringenden Hilferuf von Hilfsorganisatio-
en, die von einer bevorstehenden Abschiebung eines
urdischen Kriegsdienstverweigerers berichteten. Das ist
nsofern ein sehr dramatischer Fall, als der Betreffende
chon einmal in die Türkei abgeschoben und dort gefol-
ert wurde. Als Folge davon war der Petent inzwischen
sychisch schwer krank und extrem selbstmordgefähr-
et. Der Asylfolgeantrag wurde dennoch abgelehnt. Erst
ine entsprechende Petition hat dazu geführt, dass ein
ertreter des Bundesamtes für die Anerkennung auslän-
ischer Flüchtlinge in Nürnberg denjenigen persönlich
ufgesucht hat. Er kam ganz selbstverständlich zu dem
chluss – man höre und staune! –, es bestehe „kein Zwei-
el, dass der Antragsteller den vorgetragenen Folterun-
en ausgesetzt war“. Der Asylfolgeantrag wurde da-rauf-
in genehmigt. Ich meine – ich hoffe, dass das auch für
ie gilt –, dass sich allein für diesen Fall die Arbeit des
etitionsausschusses im letzten Jahr schon gelohnt hätte.


(Beifall im ganzen Hause)

Es gibt aber auch ganz andere außergewöhnliche

älle. Wir befreien, wenn es sein muss, sogar Eisbären,
um Beispiel Kenneth und Boris. Das sind zwei Eisbä-
en der weltweit gerühmten Eisbärendressur des ehema-
igen DDR-Staatszirkus. Der Staatszirkus wurde 1990
bgewickelt und die beiden Bären wurden an einen
ubiosen mexikanischen Zirkus verkauft. Schon bald
ab es Besorgnis erregende Informationen über die Art






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler
und Weise der Haltung und Pflege der beiden Eisbären,
die in Form einer Petition an uns herangetragen wurden.
Die beiden Bären wurden geschlagen und ausgepeitscht
sowie ohne Wasser bei rund 45 Grad Hitze in kleinen,
verschmutzten Käfigen gehalten. In einer Petition wurde
die Auflösung des Kaufvertrags zwischen dem Zirkus
und der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonder-
aufgaben gefordert. Die damalige Staatssekretärin im
Bundesumweltministerium, Frau Altmann, hat sich der
Sache persönlich angenommen. Sie hat mithilfe des
Auswärtigen Amtes die beiden Eisbären gerettet. Inzwi-
schen sind sie in einem anständigen Zoo in Nordamerika
untergebracht.


(Beifall im ganzen Hause)

Ich möchte noch kurz auf Bayreuth eingehen, obwohl

ich das um des Friedens willen eigentlich nicht tun
wollte. Wenn aber Herr Baumann das darf, dann darf
auch ich das. Die Forderung nach einem Ortsbesichti-
gungstermin, den die Opposition im Petitionsausschuss
erhoben hatte, war, wie ich finde, ganz eindeutig vom
Wahlkampf geprägt;


(Günter Baumann [CDU/CSU]: Damals war kein Wahlkampf! So ein Quatsch!)


denn mit einer Ortsbesichtigung hätten wir den Men-
schen vor Ort signalisiert, dass dort eventuell noch etwas
zu machen wäre. Sie wissen aber ganz genau, dass dort
nichts mehr zu machen war. Das Ministerium hatte ent-
schieden und die Sache war gelaufen. Deswegen – und
aus keinem anderen Grund – haben wir das abgelehnt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Klaus Hagemann [SPD]: Die schwarz-gelbe Regierung hat entschieden! – Gegenruf des Abg. Günter Baumann [CDU/ CSU]: Da war doch keine Wahl!)


Damit möchte ich die Misstöne beenden. Ich finde,
dass der Petitionsausschuss ein Leuchtturm im Paragra-
phenmeer ist. Er weist Wege aus aussichtslosen Situatio-
nen und sorgt auch dafür, dass so manchem von uns,
mich eingeschlossen, ein Licht aufgeht. Damit das Licht
dieses Ausschusses in Zukunft noch heller strahlen
möge, möchte ich als Katholik – ganz im Sinne des ge-
rade stattgefundenen Ökumenischen Kirchentags –
Martin Luther zitieren:

Bittet, rufet, schreiet, suchet, klopfet, poltert – und
das muss man für und für treiben ohne Aufhören!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504807300


Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Guttmacher von
der FDP-Fraktion.


Dr. Karlheinz Guttmacher (FDP):
Rede ID: ID1504807400

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Das Recht eines jeden Bürgers, sich mit seinen Sor-

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(C (D en und Nöten an das Parlament zu wenden, besteht, seit s die Bundesrepublik Deutschland gibt, und ist im rundgesetz verankert. Eine wesentliche Funktion unseer parlamentarischen Demokratie ist, dass wir, der Petiionsausschuss des Deutschen Bundestages, den Bürgeinnen und Bürgern zu ihrem Recht verhelfen, Unrecht erhindern und dort, wo es entsteht, beseitigen. In dieem Prozess – das sage ich als jemand, der schon in der etzten Legislaturperiode im Petitionsausschuss des eutschen Bundestages gearbeitet hat – hat unser Auschuss gute kollektive Arbeit geleistet. Ich danke Ihnen ls liberaler Abgeordneter dafür, dass es zu einer solch uten Zusammenarbeit kam. Das hat sich natürlich auch uf das Ergebnis des Ausschusses ausgewirkt. Art. 17 des Grundgesetzes gewährt jedermann das echt, Bitten und Beschwerden einzureichen. Damit gilt as Petitionsrecht für Erwachsene, für Minderjährige, ür Ausländer, aber auch für Staatenlose. Man kann eine etition für sich selbst, für andere oder in einem gesellchaftlichen Interesse bei uns einreichen. Der Petitionsausschuss hat Erfahrungen dabei sameln können, die Sorgen und Nöte der Petenten zu erfasen, aber auch Lücken und Schwachstellen im Gesetzgeungsverfahren und beim Auf-den-Weg-Bringen von erordnungen zu erkennen und Abhilfe zu schaffen. Im Jahr 2002 wurden mit 13 832 Petitionen zwar 2 Prozent weniger Petitionen eingereicht. Zum Bereich es früheren Ministeriums für Arbeit und Sozialordung gab es aber mit 25 Prozent nach wie vor die meisen Petitionen. So weist der Petitionsbericht 2002 bei en Sammelund Massenpetitionen zur Kritik an der entenüberleitung für diejenigen, die in der DDR im esundheitsund Sozialwesen gearbeitet haben, rund 9 900 Unterschriften aus. Das Gleiche trifft für die ammelund Massenpetitionen zur Kritik an den verchiedenen rentenrechtlichen Begrenzungsregelungen ür ehemalige Angehörige der Zusatzund Sonderersorgungssysteme der DDR zu, bei denen knapp 0 000 Unterschriften zu verzeichnen waren. Der Petitionsausschuss muss demnächst die im Jahr 002 eingebrachte Petition zur Anerkennung der dem ittleren medizinischen Personal durch DDR-Recht zurkannten Sonderversorgung bewerten und darüber entcheiden. Ich möchte gerade auf diese Petition etwas näer eingehen. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands waren Re elungen für die Überleitung der Anwartschaften der so enannten Bestandsrentner und für jene zu treffen, die in ukunft das Rentenalter erreichen würden. Die Regelunen hatten zu berücksichtigen, dass es sich bei den in der DR erworbenen Anwartschaften um solche handelt, ie nach dem Abschluss des Einigungsvertrags – wie zuetzt durch das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1999 estgestellt – dem Eigentumsschutz unterliegen. Das Einkommen des mittleren medizinischen Per onals der früheren DDR war außerordentlich gering. as führte dazu, dass diese Personen nicht in die 1971 ingerichtete Freiwillige Zusatzrentenversicherung auf )


(Beifall im ganzen Hause)





(A) )


Dr. Karlheinz Guttmacher
genommen werden konnten, weil sie eben nicht den
Schwellenwert eines Gehalts von 600 Mark der DDR er-
reichten. Die Rentenverordnung der DDR sah vor, dass
bei den betreffenden Angehörigen des mittleren medizi-
nischen Personals die Dienstjahre mit dem Faktor 1,5
multipliziert wurden, damit sie dann eine angemessene
Rente bekamen. Bis Ende 1996 wurden nach dem Ren-
tenüberleitungsgesetz die Dienstjahre weiter mit dem
Faktor 1,5 ermittelt und eine entsprechend hohe Rente
gezahlt.

Ohne jede Begründung wurde nach dem 1. Januar
1997 Vertrauensschutz nicht mehr gewährt. Die Verkür-
zung der Rente durch den Wegfall des Steigerungsbe-
trags liegt je nach Versicherungsbiografie des Betroffenen
zwischen 150 und 200 Euro. Unter Berücksichtigung der
Festlegung des Bundesverfassungsgerichts, dass die
Rentenanwartschaft durch gesetzgeberische Eingriffe
durchschnittlich um nicht mehr als 10 Prozent gemindert
werden darf, wird in dieser Petition gefordert, dass dieje-
nigen, die nach dem 1. Januar 1997 in Rente gegangen
sind oder noch gehen werden, denjenigen, die davor in
Rente gegangen sind, gleichgestellt werden.

Ich hoffe, dass der Petitionsausschuss ähnlich wie bei
der Befürwortung der Sonderversorgung der 35 000 Be-
schäftigten des früheren Zeiss-Kombinats im Jahre 1994
die Kraft und Stärke zeigt, durch eine Korrektur der Ge-
setzeslage – in diesem Fall müssten wir eine kleine Kor-
rektur am Sozialgesetzbuch VI anbringen – den Betrof-
fenen des mittleren medizinischen Personals beim
Eintritt in die Rente Bestandsschutz zu gewähren.

Als wohl dienstältester Abgeordneter im Petitionsaus-
schuss stelle ich fest, dass unser Ausschuss als „Kum-
merkiste der Nation“ sehr gut nachgefragt wird. In kei-
nem anderen Ausschuss ist die Palette der Probleme, die
gelöst werden sollen, so breit wie im Petitionsausschuss.
Die damit verbundenen Aufgaben können die Mitglieder
des Petitionsausschusses allein nicht bewältigen. Ich
danke von Herzen allen Mitarbeitern des Ausschuss-
dienstes, des Ausschusssekretariats, aber auch den bei-
den Vorsitzenden im Jahr 2002, Frau Lüth und Frau
Sehn, meiner Fraktionskollegin, für die konstruktive Zu-
sammenarbeit.

Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504807500


Das Wort hat jetzt der Kollege Uwe Göllner von der
SPD-Fraktion.


Uwe Göllner (SPD):
Rede ID: ID1504807600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich will mich dem Dank an das Sekretariat na-
türlich anschließen. Herr Guttmacher, ich will in diesen
Dank aber auch unsere eigenen Mitarbeiter einbeziehen,
ohne die wir dieses Pensum nicht leisten könnten.


(Beifall im ganzen Hause)

Außerdem möchte ich mich bei den Damen und Her-

ren Parlamentarischen Geschäftsführern ausdrücklich

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(C (D edanken, die es, soweit ich mich erinnern kann, zum rsten Mal ermöglicht haben, dass eine Debatte über die rbeit des Petitionsausschusses in der Kernzeit stattfinet. Herr Baumann, ich war in der letzten Wahlperiode icht nur im Petitionsausschuss, sondern auch im Verteiigungsausschuss Mitglied. In dieser Funktion habe ich n der Schließung des Standortes Bayreuth mitgewirkt. ir hatten im Verteidigungsausschuss die Wahl zwi chen zwei in der gleichen Region liegenden Standorten: ir haben uns gegen Bayreuth ausgesprochen. Diese ntscheidung zu treffen war unvermeidbar; sie ist endültig und unumkehrbar. Diese Entscheidung auf dem etitionswege verändern zu wollen haben wir als einen ntauglichen Versuch betrachtet, das Petitionsverfahren u missbrauchen. Das war aus meiner Sicht, Herr aumann, auch dem von Herrn Guttmacher gerade anesprochenen Klima nicht zuträglich. Man sollte mit solhen Dingen vorsichtiger umgehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall im ganzen Hause)


Ich sehe die wichtigsten Aufgaben des Petitionsaus-
chusses im Grundrecht eines jeden Bürgers, sich, ers-
ens, an das höchste Parlament in seinem Nationalstaat
enden und, zweitens – daraus resultierend –, auf eine
ntensive Auseinandersetzung mit seinem Anliegen
irklich vertrauen zu können.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Gerade in einer repräsentativen Demokratie wie der
nseren wirkt das Petitionsrecht in ganz besonderer
eise nach außen. Es ist, wie ich meine, das wichtigste

nstitut parlamentarischer Öffentlichkeitsarbeit. Au-
erhalb von Wahlterminen steht der Deutsche Bundestag
o jedem Mann und jeder Frau offen. Seine Bedeutung
st unter anderem daran erkennbar, dass wir im letzten
ahr, das diesen Bericht umfasst, allein 5 000 Petitionen
earbeitet haben, die sich mit laufenden Gesetzgebungs-
erfahren befassten.
Einige der Eingaben, die ich persönlich im letzten

ahr zu bearbeiten hatte, zielten darauf ab, unser Zivil-
echt zu durchforsten, das seit rund 100 Jahren in man-
hen Paragraphen unverändert ist. Beispielsweise führte
in Petent in seiner inzwischen 28. Petition die §§ 166
is 168 des Strafgesetzbuches an, die er für historisch
nd kulturell überholt hielt.
Wir haben uns mit dieser Petition befasst. Das Justiz-
inisterium hat uns die Entscheidungsgrundlagen ver-
chafft. Der Petent wurde darauf hingewiesen, dass diese
aragraphen nach wie vor ihre Gültigkeit haben; denn sie
efassen sich mit dem Schutz von Weltanschauung, mit
em Strafmaß bei Zuwiderhandlung und mit dem Schutz
er Totenruhe. Außerdem wurde er darauf hingewiesen,
ass zeitgemäße Auslegungen gegebenenfalls erfolgen
erden. Ich erwähne dieses Beispiel, weil es zeigt, dass
icht jede Petition unbedingt zum Erfolg führt.


(Marita Sehn [FDP]: So ist es!)


(B)







(A) )



(B) )


Uwe Göllner
Eine andere Petition mit gesetzesinitiativem Cha-
rakter haben wir hingegen nicht abgeschlossen, sondern
den Fraktionen zur Prüfung überwiesen. Sie wurde von
einem Krankenhausarzt eingereicht, der für „Ärzte ohne
Grenzen“ bereits mehrfach im Ausland unterwegs war.
Dadurch hat er wie viele seiner Kollegen für das Anse-
hen der Bundesrepublik eine Unmenge getan, ohne eine
gesetzliche Arbeitsplatzgarantie nach seiner Rückkehr
zu haben.

In anderen europäischen Ländern ist das anders; dort
führt der Einsatz im Ausland gerade dazu, dass die Ärzte
in ihrer persönlichen Karriere bevorteilt werden. Das
Beispiel des im Ausland tätigen Arztes hat uns dazu ver-
anlasst, das Petitionsverfahren nicht abzuschließen, son-
dern es als Grundlage für Veränderungen an die zustän-
digen Ministerien zu überweisen. Gerade vor dem
Hintergrund, dass das letzte Jahr das „Jahr des Ehrenam-
tes“ war, war dies ein besonders wichtiger Anstoß.

Zugegeben: Das Petitionswesen wirkt im Stillen, weil
es überwiegend die persönlichen Beschwerden einzelner
Bürger behandelt. Ich merke das jede Woche, wenn die
schwarzen Kartons mit den neuen Petitionen kommen.
Das bedeutet, dass man sich immer wieder neu hinein-
vertiefen und sich Zeit nehmen muss; unbemerkt von der
Öffentlichkeit, doch bemerkt vom Petenten, dem wir
vielleicht helfen können.

Den berühmten Blumentopf gewinnen wir mit unse-
rer Arbeit nicht; das machen wir eher in den Fachaus-
schüssen. Aufgrund dessen dauerte es immer eine ge-
wisse Zeit, bis der Petitionsausschuss nach einer
Bundestagswahl besetzt war. Beim letzten Mal war das
anders: Zum einen fanden sich unter den alten und neuen
Abgeordneten zügig genügend Mitglieder, die in den Pe-
titionsausschuss wollten, zum anderen war vielleicht die
Tatsache hilfreich, dass aufgrund der Verkleinerung des
Deutschen Bundestages auch der Petitionsausschuss
kleiner geworden ist.

Das führt allerdings dazu, dass wir nun mit 25 Mit-
gliedern die gleiche Arbeit leisten, die wir vorher mit
29 Mitgliedern geleistet haben. Die Statistik des letzten
Jahres – Herr Guttmann hat schon darauf hingewiesen –
weist aus, dass die Eingabenzahl um exakt so viel Pro-
zent geringer war, wie der Bundestag weniger Mitglieder
hat. Ich führe das darauf zurück, dass die Petenten ein-
sichtig sind und uns künftig mit genauso viel Arbeit be-
legen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Redezeit ist abgelaufen. Ich danke Ihnen ganz
herzlich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Marita Sehn [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504807700


Nächster Redner ist der Kollege Jens Spahn, CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol egen! Vorweg möchte ich als jüngerer, neu im Bundesag vertretener Abgeordneter sagen, dass ich in der Areit im Petitionsausschuss die Chance sehe, einen inblick in viele verschiedene Themenbereiche und in ie Sorgen von Bürgerinnen und Bürgern aus allen chichten und Regionen Deutschlands gewinnen zu könen. Wir beschäftigen uns mit Themen wie – darüber ha en wir gerade schon gesprochen – die artgerechte Halung von Eisbären, die Euro-Umstellung, die Entschädiung für Wertpapiere der BRABAG von 1940 bis hin zu o komplexen Themen wie die Anschläge vom 1. September. Es gibt Petitionen im Umfang von meheren Aktenordnern, mit Videokassetten, aber auch Petiionen, die auf eine Postkarte oder einen Bierdeckel geritzelt wurden. Gerade die letzteren Beispiele machen eutlich, wie leicht und unkompliziert es für die Bürgeinnen und Bürger ist, ihr Grundrecht wahrzunehmen. Für mich als Wahlkreisabgeordneten ist es spannend, ie Petitionen aus dem Wahlkreis zu begleiten, beispielseise eine Petition aus Rheine, in der es um die Nachfolenutzung für Bundeswehrliegenschaften und um den rhalt einer Ausbildungsstätte der Bundeswehr geht. erade in Zeiten, in denen die Ausbildungsplatz Suhenden wenig Erfolg haben, ist eine solche Werkstätte ür 56 Azubis eine wichtige Einrichtung. Ich hoffe, dass ir im Ausschuss zu einer vernünftigen Lösung komen. Ein besonderes Augenmerk möchte ich darauf rich en, dass der größte Teil der Petitionen aus dem Bereich er sozialen Sicherung, insbesondere der Krankenund entenversicherung, kommt. Wie sollte es auch anders ein? Auf diesem Gebiet besteht das größte Finanzvoluen unserer Haushalte. Ein Großteil der Bevölkerung ist ehr oder minder stark in Kontakt mit diesen sozialen icherungssystemen. Nahezu 90 Prozent der Menschen n Deutschland sind gesetzlich krankenversichert. In eutschland haben wir es fast zu einer perversen Perfekion getrieben: In der Absicht, eine allumfassende Einelgerechtigkeit herzustellen, haben wir eine hoch komlexe, durchregulierte und intransparente Mammutürokratie geschaffen. Es gibt in diesem Zusammenhang zahlreiche Einga en, etwa zur Kostenübernahme der gesetzlichen Kranenversicherungen. Den Menschen ist es nicht verständich, warum die Krankenkassen sich beispielsweise eigern, die Kosten für eine Krebsvorsorgetherapie oder ür eine Stoßwellentherapie zu erstatten, wenn sie sich m Nachhinein als erfolgreich herausstellt und sogar kosengünstiger ist und eine Operation erspart hat. Um hier Petitionen vorzubeugen, braucht das Ge undheitswesen ganz einfach mehr Transparenz, mehr ahlmöglichkeiten und vor allem Beteiligungsrechte, itwirkungsrechte bei der Festlegung des Leistungska aloges gerade derer, die bezahlen, nämlich der Versiherten und der Patienten. Jens Spahn Ähnlich zahlreiche Eingaben gab es zum Beispiel bei Problemen der Rentner. Natürlich ist es eine sinnvolle Regelung, dass jemand neun Zehntel der zweiten Hälfte seines Erwerbslebens gesetzlich versichert sein muss, um später in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert sein zu können; denn wir können natürlich nicht zulassen, dass die, die sich vorher der Solidargemeinschaft entzogen haben, im Alter wieder hineinkommen. Aber diese arg technische Lösung führt zu viel Unverständnis, Verbitterung und Ärger. Gerade im Bereich der Sozialversicherung wird symptomatisch deutlich, dass Bürokratie und Verwaltung die Freiheit in diesem Land, einem der freiesten der Welt, nach und nach einzuengen und zu bedrängen drohen. Die Menschen fühlen sich ohnmächtig und hilflos. Dies ist in vielen Petitionen zu erkennen. Sie fühlen sich der Bürokratie ausgeliefert. Sie können Verwaltungsentscheidungen, oft in missverständlichstem oder unklarstem Deutsch, nicht nachvollziehen. All dies ist keine gute Basis für die Akzeptanz unseres Systems bei den Menschen. Ergo: Der Petitionsausschuss und seine Arbeit sind wichtiger denn je, als Regulativ des Parlaments, aber auch, um zu überwachen, wie das, was wir als Gesetzgeber vielleicht positiv intendiert haben, von der Regierung und letzten Endes von den Gerichten gesehen und umgesetzt wird. Aber der Petitionsausschuss entlässt uns als Abgeordnete insgesamt – in Zukunft wahrscheinlich noch stärker – nicht aus der Pflicht, diesem elenden, überbordenden Bürokratismus endlich Einhalt zu gebieten. Nächste Rednerin ist die Kollegin Gabriele Frechen, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle gen! Auch ich möchte auf die Bedeutung des Petitionsausschusses hinweisen. Es ist eine gute Schule für neue Abgeordnete. Aber das funktioniert nur dann, wenn erfahrene Kolleginnen und Kollegen sozusagen das starke Gerippe des Ausschusses bilden. Das ist ein Zitat von Bernd Reuter vom 12. Dezember 2001. Als neue Abgeordnete kann ich dieses Zitat nur bestä tigen. Die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen sind eine wahre Fundgrube an Daten, ähnlich gelagerten Fällen und Erfahrung. Dass sie dieses Wissen nicht für sich behalten, sondern an die Neulinge weitergeben, verkürzt die Einarbeitungszeit ungemein. Dafür, dass sie nicht verlangen, dass wir all das einfach von ihnen überneh m g d h i z l z T m W e d n s d n s I s A R r s d p n d o v d t G d g g f d R I r l u U d e u (C (D en, bedanke ich mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, anz herzlich. Als ich mich lange vor Einzug in den Deutschen Bun estag für den Petitionsausschuss entschieden habe, abe ich nicht gewusst, worauf ich mich einlasse. Aber ch wollte diese Unmittelbarkeit, den direkten Kontakt wischen den Menschen, die wir vertreten, und dem Parament. Als es dann ernst wurde, wuchs – das gebe ich u – die Spannung: Was bekomme ich eigentlich auf den isch? Bekomme ich die Petition als Schriftstück und uss dann entscheiden, in welches Verfahren wir gehen? ie erkenne ich überhaupt, wer zuständig ist? Als die rsten Akten dann auf meinem Schreibtisch lagen, war ie Erleichterung recht groß. Die Fülle an Informatioen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Auschusses im Vorfeld zusammentragen, stellt sicherlich ie Hauptarbeitslast im Zusammenhang mit den Petitioen dar. Für diese Arbeit möchte ich mich beim Auschussdienst ganz herzlich bedanken. ch denke, alle, die im Bereich Petitionen arbeiten, tehen zu diesem kurzen Weg zum Parlament, dem rt. 17 des Grundgesetzes, nach dem jedermann das echt hat, „sich einzeln oder in Gemeinschaft mit andeen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zutändigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenen.“ Schon 1794 war im Allgemeinen Landrecht für die reußischen Staaten unter anderem vorgesehen, „dass eiem jeden freistehe, Zweifel, Einwendungen und Beenklichkeiten gegen Gesetze anzuzeigen“. – Das Petitinsrecht ist also keine neue Erfindung; das gab es auch orher schon. Für uns bietet sich so die Möglichkeit, die irekte Wirkung unserer Gesetze zu reflektieren. Die Peitionen zeigen, dass es bei weitem nicht nur um aktuelle esetze geht, und sie zeigen auch, dass nichts so gut ist, ass es nicht verbessert werden kann. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1504807800

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





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(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504807900

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1504808000

(Marita Sehn [FDP]: Recht hat er gehabt!)


(Beifall im ganzen Hause)


Von Kreditwesen und Asylfragen über offene Vermö-
ensfragen im Osten und alle Facetten von Sozialleistun-
en bis hin zu Wahlschablonen für Blinde und Petitionen
ür und gegen die Abschaffung der Splittingtabelle bietet
er Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses einen
undgang durch so gut wie alle Gesetze, Behörden und
nstitutionen. Von allen Berichterstatterinnen und Be-
ichterstattern wird viel Fleiß, Zeit und Engagement ver-
angt. Dafür gibt es dann wenig Lob, kaum Anerkennung
nd so gut wie keine Öffentlichkeitswirksamkeit.


(Marita Sehn [FDP]: Das wollen wir ändern!)

mso mehr ist die exklusive Zeit im Plenum zu loben,
ie uns hier heute zugestanden wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Marita Sehn [FDP])


Ob Einzel- oder Sammelpetitionen: Jeder Petent hat
in Anrecht darauf, dass seine Petition ernst genommen
nd verfolgt wird. Natürlich sind die Grenzen unserer
)






(A) )



(B) )


Gabriele Frechen
Arbeit das geltende Recht, aber nur für Vergangenheit
und Gegenwart. Für die Zukunft können, müssen und sol-
len wir aus Petitionen lernen. Wo Ermessensspielraum
ist, da ist auch immer Platz für Einzelfallentscheidungen.

Bernd Reuter hat einmal gesagt, dass wir eine Arbeit
leisten, die zwischen Lust und Frust eingebettet ist; ich
möchte sagen: manchmal auch zwischen Weinen und
Lachen. Wenn eine Petition zum Kreditwesen damit be-
ginnt, dass ein Petent versucht hat, einen Kredit mit dem
anderen zu tilgen, dann kann ich den weiteren Verlauf in
der Akte voraussagen. Sosehr ich mir dann wünsche,
meine Vorahnung möge sich nicht erfüllen, so weiß ich
doch, dass es genau so kommen wird. Wir erhalten ganz
tiefe und ganz nahe Einblicke in menschliche Schicksale
und können nicht immer und nicht allen helfen. Aber
wenn es uns in diesen Fällen gelingt, einen geordneten
Ausstieg aus der Schuldenfalle anzustoßen, dann ist das
ein sehr großer Erfolg.

Auf der anderen Seite habe ich wohl mit dem nötigen
Ernst, aber auch mit einem Schmunzeln die Petition ei-
ner Unternehmerin bearbeitet, die die Steuerberaterrech-
nung vom Finanzamt bezahlt haben wollte. Sie stand auf
dem Standpunkt, dass sie keine Bilanzen und auch keine
Steuererklärungen brauche und wenn das Finanzamt un-
bedingt welche haben wolle, dann soll es dafür auch be-
zahlen.


(Heiterkeit bei der SPD)

Das ist ein für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler si-
cherlich des Öfteren nachvollziehbarer Standpunkt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich
auch bei Ihnen für die Zusammenarbeit und für die gute
Atmosphäre bedanken. Die meisten Voten sind einstim-
mig. Wo das nicht der Fall ist, gelingt es uns oft in der
Sitzung, eine Einigung zu erzielen, manchmal nicht in
der ersten oder in der zweiten und manchmal eben über-
haupt nicht. Manches, mit dem man draußen zu punkten
hofft, wird heute aus der Opposition anders beurteilt als
zur eigenen Regierungszeit.


(Beifall bei der SPD – Marita Sehn [FDP]: Und umgekehrt!)


Trotzdem denke ich, dass wir in erster Linie das Wohl
des Petenten zum Ziel haben.

Der größte Kummerkasten Deutschlands steht in
der Schadowstraße 12 bis 13. Ich wünsche mir, dass
viele Bürgerinnen und Bürger von diesem Kummerkas-
ten und von dieser Möglichkeit der demokratischen Teil-
habe Gebrauch machen und wir auch in den nächsten
Jahren unter Beweis stellen können, dass wir bestrebt
sind, Lösungen zu finden.

Hans-Jochen Vogel hat in seiner Rede zum 50-jähri-
gen Jubiläum des Petitionsausschusses gesagt:

Ich wünsche Ihnen und mir, dass der jährliche Be-
richt des Petitionsausschusses auch künftig in der
so genannten Kernzeit behandelt wird, und ich
wünsche Ihnen und mir außerdem, dass dann die
Regierungsbank gut besetzt


(Heiterkeit bei der SPD)


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(C (D und vielleicht hin und wieder sogar der Bundeskanzler zugegen ist. ch schließe mich diesen Wünschen an. Nächste Rednerin ist die Kollegin Sibylle Pfeiffer, DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! „Du musst bestimmt in den Petitionsausschuss; das üssen alle Neuen.“ So ungefähr ist es mir gesagt woren, als es sicher war, dass ich Mitglied dieses Hohen auses werden würde. Es wurde also gesagt – das beone ich –: Du musst! Wie despektierlich, habe ich gedacht, war mir aber, enn ich ernst darüber nachdachte, nicht sicher – das ebe ich zu –, ob der Petitionsausschuss wirklich so prikelnd und aufregend ist, wie man mir versicherte. Ich usste, dass damit viel Arbeit verbunden und diese Areit nicht sehr medienwirksam ist. Dass wir im Übrigen eute zu dieser Zeit über die Tätigkeit des Petitionsauschusses debattieren können, ist – Frau Frechen hat es ereits gesagt – eine tolle Sache. Dafür sollten wir uns edanken; denn medienwirksam sind wir normalerweise icht. Es kam dann so, wie es kommen musste: Als neue bgeordnete des Bundestages bin ich tatsächlich Mitlied des Petitionsausschusses geworden. Mittlerweile in ich dafür dankbar. Ich bin dafür dankbar, dass ich die öglichkeit habe, mich mit all dem auseinander zu seten, was mir tagtäglich begegnet. Ich bin dafür dankbar; enn wir haben eine ungeheuer spannende Aufgabe. Wir ind sehr nahe an der gelebten Politik, an der Realität, an em, was die Bürger dieses Landes beschäftigt, aufregt, rgert, belastet; was auch immer, wir sind dabei. Ich spreche hier nicht von Aktenbergen und Gesetzen, ondern davon, dass jede Petition einen Namen, ein Geurtsdatum, einen Wohnort, eine Telefonnummer und in en meisten Fällen auch eine ganz lange Geschichte hat. ch finde, wir haben eine bedeutende Aufgabe zu leisen. Es gilt, diese Bedeutung zu erkennen und verantortlich damit umzugehen. Denn meist verbergen sich inter einer Petition, in Aktendeckel gepresst, Schickale. Wir erkennen auf diese Art und Weise mögliche Un erechtigkeiten und mögliche Lücken im Gesetzeswerk. iese hätten wir ohne den Petenten nicht erkannt. Denn ein Gesetzgeber ist in der Lage, jeden erdenklichen inzelfall abzudecken. Deshalb ist das Petitionsrecht ein otwendiges und sogar sinnvolles Regulativ. Es weist ns auf Lücken hin, die wir ändern oder schließen könen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504808100

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1504808200






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Sibylle Pfeiffer
Ich kann logischerweise nicht – Sie haben es gehört –
über die Petitionen des Jahres 2002 sprechen. Aber ich
habe schon in der kurzen Zeit, in der ich Mitglied des
Petitionsausschusses bin, sehr viel erlebt. Ohne mich
jetzt in juristische Einzelheiten zu verlieren, möchte ich
einen konkreten Fall schildern. Er ist ein bisschen ent-
fernt von dem großen Friede-Freude-Eierkuchen, das
wir hier im Moment erleben.

Es geht darum, dass ein Petent bemängelt, dass im
Gesetz diejenigen, die ihre Arbeitsstelle zugunsten von
Arbeitslosigkeit aufgeben, gegenüber denjenigen bevor-
zugt werden, die weiterhin in Teilarbeit bleiben. Mit an-
deren Worten: Diejenigen, die arbeiten, werden gegenüber
denjenigen, die zu arbeiten aufhören, klar benachteiligt.
Im Ergebnis motiviert die jetzige Regelung also die
Menschen, ihre Arbeitsstelle aufzugeben.

Darüber, dass so etwas logischerweise nicht gewollt
ist, waren wir uns eigentlich einig. Ein ganz großes poli-
tisches Anliegen meiner Fraktion ist es, die Menschen
zur Arbeit zu bewegen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Kollegen von der SPD brauchten für diese Erkennt-
nis zwei Sitzungen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die haben auch nicht geklatscht!)


Aber letztendlich sind wir dann doch zu einem einver-
nehmlichen Ergebnis gekommen. Ich denke, es ist ein
gutes Ergebnis. Wir haben diesen Fall gemeinsam an das
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit als Mate-
rial überwiesen. Somit kann dieses Gesetz neu überdacht
werden.

Wir beschäftigen uns unter anderem auch – die Arbeit
ist sehr facettenreich – mit Auslandsgeschäften, Ent-
wicklungshilfe und Ähnlichem. Leider läuft mir jetzt
meine Redezeit davon. Es tut es mir Leid, dass ich nicht
mehr über einen spannenden Fall aus dem Entwick-
lungshilfebereich berichten kann, wobei wir in diesem
Zusammenhang nach verschwundenen Akten, genau den
Zeitraum betreffend, um den es in dieser Beschwerde
geht, suchen. Eine Nachfrage bei der Staatsministerin im
Auswärtigen Amt hat sich als nicht sehr fruchtbar und
dienlich erwiesen. Was verschwundene Akten bedeuten,
wissen wir alle ganz aktuell, es ist uns nicht neu. Ich
nenne nur das Stichwort „Hirsch-Märchen“ und Ähnli-
ches. Ich bin aber weiterhin an dieser Akte interressiert.
Da ist noch einiges anhängig und damit ist noch viel Ar-
beit verbunden.

Sie sehen, ich habe über den Petitionsausschuss fast
nur Gutes zu berichten. Nur eines ärgert mich nach wie
vor – ich gebe es zu –: Die politischen Mehrheiten sind
für meine Begriffe immer noch falsch. Oft erkennt Rot-
Grün Handlungsbedarf erst auf Nachfrage und nach Hil-
festellung. Ich gebe in diesem Zusammenhang allerdings
die Hoffnung nicht auf.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


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(C (D Liebe Kollegin Pfeiffer, ich gratuliere Ihnen recht erzlich zu Ihrer ersten Rede in diesem Hohen Hause nd wünsche Ihnen weiterhin viel Engagement für die rbeit im Petitionsausschuss sowie persönlich und poliisch alles Gute. Nächster Redner ist der Kollege Klaus Hagemann, PD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Herzlichen Glückwunsch, iebe Kollegin Sibylle Pfeiffer! Wenn ich aber daran enke, dass wir in der letzten Petitionsausschusssitzung cht Petitionen auf Antrag der CDU/CSU abgesetzt haen, dann bin ich mit Ihrem letzten Satz nicht ganz einerstanden. (Marita Sehn [FDP]: Das waren nicht so viele!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504808300

(Beifall im ganzen Hause)

Klaus Hagemann (SPD):
Rede ID: ID1504808400

Es waren nur fünf, okay.

(Zuruf von der CDU/CSU: Es waren drei von den Grünen dabei!)

ch habe nur daran erinnert, weil Sie meinten, liebe Kol-
egin, Sie würden uns immer auf die Sprünge helfen. In
iesem Falle dauert es also ein bisschen länger.
Meine Damen und Herren, in diesem Jahr hatte der

etitionsausschuss fast in jedem Monat Besuch aus dem
usland. Viele Delegationen haben uns aufgesucht, um
it uns über das deutsche Petitionswesen zu diskutieren.
n dieser Woche war eine Delegation des tschechischen
arlaments bei uns, vor drei Wochen eine Delegation des
uxemburgischen Parlaments, in der nächsten Woche
erden Delegationen aus Vietnam und Dänemark kom-
en. Es besteht also ein großes Interesse an unserem Pe-
itionswesen.
Dies hat seinen Grund sicherlich darin, dass wir ein

utes Petitionssystem haben. Die bei uns bestehenden
egelungen nehmen viele andere Staaten zum Vorbild,
nsbesondere die jungen Demokratien. Die Väter und
ütter des Grundgesetzes haben 1949 eine kluge Ent-
cheidung getroffen, als sie das Petitionsrecht als ein
rundrecht einführten. Seitdem ist es nicht mehr nur ein
nadenrecht des Fürsten oder des Königs; die Behand-
ung von Petitionen stellt nun einen politischen Akt dar.
ir Parlamentarier – das wurde schon mehrfach heraus-
estellt – können Fehlentwicklungen und Fehlleistungen
er Verwaltungen in unserem Staat feststellen und erken-
en, wo Korrekturbedarf angebracht ist. Dafür sind ge-
ügend Beispiele genannt worden, die ich nicht zu wie-
erholen brauche. Auch werden uns aus Sicht der Bürger
endenzen nahe gebracht, die die Notwendigkeit der
nderung von politischen Normen und Gesetzen aufzei-
en.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem ich unser

etitionswesen gelobt habe, muss ich auch die andere
eite der Medaille betrachten. Demokratie ist nichts






(A) )



(B) )


Klaus Hagemann
Statisches, sie ist nie vollkommen. Veränderungen und
Reformen sind notwendig. Das Petitionswesen kann
nicht nur Kummerkasten sein – hier greife ich einen vom
Kollegen Guttmacher gebrauchten Begriff auf –, auch
nicht nur politische „Telefonseelsorge“. Der Petitions-
ausschuss muss zwar auch dies sein – hier leistet der
Ausschussdienst hervorragende Arbeit und fängt sehr
vieles auf –;


(Beifall bei der SPD und der FDP)

aber er soll darüber hinaus zur aktiven Teilhabe des Vol-
kes an der politischen Willensbildung beitragen. Über
die alle vier Jahre stattfindenden Wahlen hinaus kann der
Bürger – hier appelliere ich an die Zuhörerinnen und Zu-
hörer, insbesondere an unsere jugendlichen Besucherin-
nen und Besucher – sein Recht wahrnehmen, durch die
Petitionen auf die Politik einzuwirken. Die Herausforde-
rung besteht hier darin, bürgerschaftliches Engagement
einzubringen: nicht nur zu meckern, sondern auch zu
handeln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Weiterentwick-
lung des Petitionswesens – darauf werde ich den Rest
meiner Redezeit verwenden – hat ihren Niederschlag
auch in der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und
Grünen gefunden. Ich zitiere:

Wir wollen das Petitionsrecht über die Lösung indi-
vidueller Anliegen hinaus zu einem politischen
Mitwirkungsrecht der Bürgerinnen und Bürger ge-
stalten.

Dies ist zumindest für meine Arbeitsgruppe die Über-
schrift für das, was in den nächsten drei Jahren noch auf
der Tagesordnung des Petitionsausschusses steht. Man
kann es auch so formulieren: Es geht darum, unser Peti-
tionsrecht für das 21. Jahrhundert fit zu machen. Dabei
können wir auf einem guten Fundament aufbauen.

Lassen Sie mich einige Beispiele dafür nennen, wo
wir meiner Ansicht nach ansetzen müssen, um unser Pe-
titionswesen weiterzuentwickeln, denn es genügt nicht,
nur zu jammern, dass wir zu wenig Aufmerksamkeit der
Presse erreichen; ich bedauere das genauso. Aber wir
müssen uns einmal selbst fragen: Woran liegt es, dass
dieses Interesse etwas nachgelassen hat? Vielleicht lie-
gen die Fehler auch bei uns und die Weiterentwicklung
muss von uns ausgehen. Wir müssen mehr Präsenz in
den Wahlkreisen, draußen in der Republik zeigen und
vor Ort sein, nicht nur bei Vor-Ort-Terminen im Zusam-
menhang mit Petitionen; vielmehr müssen wir auch mit
den Petenten und Petentinnen vor Ort reden.


(Günter Baumann [CDU/CSU]: Zum Beispiel nach Bayreuth!)


Die SPD-Arbeitsgruppe hatte diese Woche einen interes-
santen Vor-Ort-Termin im Wahlkreis Fürth, bei dem wir
über die Unterbringung Asylsuchender in Fürth und in
Zirndorf, aber auch über die Problematik von Kuren und
Rehabilitation gesprochen haben.

Lieber Kollege Baumann, es ist sicherlich eine gute
Arbeit, vor Ort mit den Leuten zu reden; Sie werden das
genauso machen. Wir wollen dies fortführen.

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(C (D Wir benötigen eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit. ir empfehlen, verstärkt darüber nachzudenken, öffentche Ausschusssitzungen durchzuführen. Ebenso müsen wir – so haben wir es bei einer Dienstreise in Schottand beobachtet, liebe Kollegin Pfeiffer – mehr ffentliche Anhörungen auch der Petenten durchsetzen. as sind Denkansätze, die wir weiterführen wollen. Dazu gehört auch, mehr Regierungsvertreter einzula en. Ich kann nur unterstreichen, was die Kollegin rechen gesagt hat: Es wäre nicht schädlich, wenn bei iesem Thema die Regierung besser vertreten wäre. – wischenzeitlich hat sich die Regierungsbank doch etas gefüllt. Aber es wäre gleichfalls nicht schädlich, enn auch das Rund unserer Kolleginnen und Kollegen twas mehr gefüllt wäre. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


an soll nicht nur auf die anderen zeigen; drei Finger
eigen immer wieder auf einen selbst zurück.
Ebenso sollten wir mehr Gebrauch von der Möglich-

eit zur Akteneinsicht machen. Aber dabei stehen wir
iner großen Bürokratie gegenüber. Uns fehlen Hilfsmit-
el hierfür. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir die-
es Instrument verbessern und verstärkt nutzen können.
ußerdem ist es sicherlich nicht ausreichend, liebe Kol-
eginnen und Kollegen, nur einmal im Jahr über das Peti-
ionsrecht zu diskutieren.


(Marita Sehn [FDP]: So ist es!)

Lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen; da-

über haben wir uns auch in Schottland bei dessen jun-
em Parlament, das neue Ideen hat, informiert. Es geht
arum, neben dem bereits vorhandenen Bürgerbüro auch
as Internet wesentlich stärker in die Petitionsarbeit ein-
ubeziehen. In dieser Hinsicht können wir das Petitions-
echt weiterempfehlen, damit sich insbesondere junge
enschen – ich gucke wieder nach oben zu unseren jun-
en Gästen – verstärkt in die Petitionsarbeit einbringen
önnen. In diesem Zusammenhang muss sicherlich auch
ber eine Grundgesetzänderung nachgedacht werden,
enn der berühmte Art. 17, der hier schon mehrfach ge-
annt worden ist, regelt, dass man die entsprechenden
nterlagen in schriftlicher Form und unterschrieben ein-
eichen muss. Dafür müssen wir sicherlich neue Formen
inden, über die wir zu diskutieren haben.
Ein wichtiger Punkt ist die Zusammenarbeit mit
enschen, die Interesse an der Weiterentwicklung des
etitionsrechts haben, wie beispielsweise mit dem Ver-
in zur Förderung des Petitionswesens in der Demokra-
ie, der am 23. Mai in Bremen eine interessante Tagung
urchgeführt hat. Auch hier gibt es Ansätze, die wir be-
rachten sollten. Die angesprochene Veranstaltung hatte
as Thema „Mit Petitionen Politik verändern“. Das
ollte Motto für uns sein; es ist Maxime für mich und
eine Arbeit. Ich lade Sie ein, dies mit der SPD-Arbeits-
ruppe zusammen zu tun.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Auf wei-

erhin gute Kooperation in diesem Petitionsausschuss!






(A) )



(B) )


Klaus Hagemann

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504808500


Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
Holger Haibach, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1504808600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Herr Kollege Hagemann, Sie haben Recht: Öffent-
lichkeitsarbeit muss verstärkt stattfinden. Wenn man al-
lerdings anderthalb Jahre vor einer Landtagswahl
beschließt, dass ein Termin in Bayreuth ein Wahlkampf-
termin ist, dann wird man das nicht so einfach hinbe-
kommen, fürchte ich.


(Günter Baumann [CDU/CSU]: Das glaubt dann niemand! Das ist dann unglaubwürdig!)


Alle Bereiche des täglichen Lebens, in denen Bürge-
rinnen und Bürger auf Verwaltungen und Institutionen
treffen, können Gegenstand von Petitionen sein, mit de-
nen wir uns dann zu beschäftigen haben. Deshalb ist es
– das klang hier auch schon an – gerade für einen neuen
Abgeordneten besonders lehr- und hilfreich, sich im Pe-
titionsausschuss umzutun. Dafür gibt es zwei Gründe:
Kein anderer Ausschuss bietet die Möglichkeit, sich mit
der gesamten politischen Bandbreite der Themen zu be-
schäftigen. Kein anderer Ausschuss bietet die Möglich-
keit, sich so direkt mit Bürgern auseinander zu setzen
und ihnen zu helfen, wobei leider auch zur Wahrheit ge-
hört, dass Hilfe eben nicht immer möglich ist.

Um das, was der Kollege Hagemann gesagt hat, noch
einmal aufzugreifen: Ich habe kürzlich eine Reise in den
Iran und in die Türkei unternommen und konnte dort mit
Vertretern der Petitionsausschüsse der Parlamente dieser
Länder sprechen. Dabei ist mir wieder klar geworden,
welch hohes Gut das Petitionsrecht ist und wie wichtig
es für die Weiterentwicklung der Demokratie ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Deutschen und auch die in Deutschland lebenden
Ausländer machen von ihrem Petitionsrecht sehr häufig
Gebrauch. Dabei steht Originelles neben sehr Ernsthaf-
tem. Zum Thema Originelles habe ich auch etwas beizu-
tragen: Ich habe eine Petition einer Dame bearbeitet, die
die Abschaffung elektrischer Wäschetrockner gefordert
hat. Das Anliegen wurde genau geprüft, unter anderem
vom Bundesumweltministerium. Nicht weiter überra-
schend ist das Ergebnis: Diesem Anliegen konnte natür-
lich nicht entsprochen werden.

Nun wieder ernsthaft: Die Frau Vorsitzende hat be-
reits gesagt, dass der Petitionsausschuss sozusagen der
Seismograph für politische Fehlentwicklungen ist. Dazu
ist zu sagen, dass die Zahl der ausländerrechtlichen Pe-
titionen im Gegensatz zu der der Petitionen insgesamt
immer noch gleich hoch ist. Ich möchte dazu einige Bei-
spielsfälle nennen, die mir im Laufe der Zeit begegnet

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(C (D ind. Zum Beispiel habe ich die Petition einer Iranerin earbeitet, die sich gegen ihre Abschiebung gewehrt hat. ie wurde im Iran des Ehebruchs bezichtigt. Wer sich in wenig auskennt, weiß, was das unter Scharia-Gesetzebung bedeutet. Das Bundesamt für die Anerkennung usländischer Flüchtlinge hat das als nicht ausreichenen Grund für ein Bleiberecht angesehen und leider onnte der Petitionsausschuss ihr nicht helfen. Positive Entwicklungen hat es – ich möchte auch da ür ein Beispiel aufgreifen – für die tschetschenischen lüchtlinge gegeben. Hier konnte wenigstens zum Teil, enn auch nicht in allen Bereichen, durch Gespräche it dem Bundesinnenministerium geholfen werden. Unverändert hoch ist weiterhin die Zahl der Petitio en der Spätaussiedler. Auch hier konnte gemeinsam twas erreicht werden. Zum Beispiel konnte eine Großamilie aus Kasachstan in Deutschland bleiben, nachdem s entsprechende Gespräche gegeben hatte. Das große roblem dabei – das ist letztendlich auch in dem Bericht ur Sprache gekommen – sind die Sprachkenntnisse. eider nehmen diese immer mehr ab, denn es handelt ich inzwischen um die dritte oder vierte Generation der pätaussiedler. An einer Stelle möchte ich ein wenig Öl ins Feuer ießen, weil es eine Sache ist, die gerade meine Fraktion ehr stark beschäftigt hat. Wir haben vorhin über eine inzelpetition abgestimmt, bei der CDU und CSU Einelausweisung beantragt haben. Es ging um einen Anrag der Ackermann-Gemeinde, einer Vertriebenenvereiigung. Diese hat sich an den Petitionsausschuss ewandt, weil ihr die finanzielle Unterstützung zur Einichtung einer deutsch-tschechischen Verständigungsinsitution verweigert worden ist. CDU und CSU sehen in er Arbeit von Vertriebenenverbänden einen wichtigen eitrag zur Verständigung in Europa und auch einen ichtigen Beitrag zum Erhalt des Erbes der Vertriebeen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Klaus Hagemann [SPD]: Ein bisschen einseitig geschildert!)


Wie wichtig das ist, möchte ich gern mit einem Zitat,
as ich hier mit Genehmigung der Frau Präsidentin vor-
esen möchte, unterstreichen. Es geht dabei speziell um
96 des Bundesvertriebenengesetzes. In diesem Zitat
eißt es:

Mit diesem Paragraphen haben Bund und Länder ...
die Verpflichtung übernommen, das kulturelle und
historische Erbe der ehemaligen deutschen Ostpro-
vinzen … sowie der historischen Siedlungsgebiete
in Ost-, Mittelost- und Südosteuropa zu sichern und
zu bewahren. In diesen Gebieten befinden sich
Zeugnisse deutscher Kultur von unschätzbarem
Wert. Sie müssen für kommende Generationen im
In- und Ausland erhalten werden.

eiter unten heißt es:
In erster Linie ist die staatliche Förderung aber eine
Aufgabe des Bundes.






(A) )



(B) )


Holger Haibach
Diese Worte stammen aus einem Artikel mit dem Ti-
tel „Europas geschichtliches Erbe – Die Erinnerung an
die Vertreibungsverbrechen gehört dazu“. Autor ist der
Bundesinnenminister Otto Schily.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Es wäre schön gewesen, wenn Sie auch in diesem Fall
auf Ihren Minister gehört hätten, wie Sie das normaler-
weise tun.

Trotz dieser Auseinandersetzung in diesem und viel-
leicht auch in manch anderem Bereich glaube ich, dass die
Zusammenarbeit im Allgemeinen gut funktioniert. Ich
hoffe – das möchte ich zum Abschluss noch betonen –,
dass die Zusammenarbeit im Sinne der Petentinnen und
Petenten auch weiterhin zielorientiert und effektiv ver-
läuft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504808700


Ich schließe die Aussprache.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Europäische Ausländer-, Asyl- und Zuwande-
rungspolitik transparent machen

– Drucksache 15/655 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Dr. Ole Schröder, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1504808800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute

treffen sich in Brüssel wieder einmal die Justiz- und die
Innenminister der Europäischen Union. Innenminister
Schily entscheidet in diesem Moment mit seiner Stimme
über wichtige Fragen der Asyl- und Ausländerpolitik.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hoffentlich entscheidet er richtig! – Gegenruf von der SPD: Immer!)


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(C (D ies geschieht hinter verschlossenen Türen. Diese Bechlüsse werden Deutschland bei der nationalen Rechtsestaltung extrem einschränken. Aber, meine Damen nd Herren, was wissen wir, die Mitglieder des Deutchen Bundestages, über das, was dort besprochen wird? (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Was im Ausschuss darüber berichtet wird!)


nser Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung,
ns, den Bundestag, umfassend und zum frühestmögli-
hen Zeitpunkt über die Beratungen und anstehenden
ntscheidungen in EU-Angelegenheiten zu informie-
en. Diese Unterrichtungspflicht umfasst alle Vorha-
en, auch die der Zuwanderungspolitik innerhalb der
U.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

ie Unterrichtung hat vollständig und detailliert zu er-
olgen.
Mit dem heutigen Antrag wollen wir dafür sorgen,

ass die Bundesregierung endlich ihrer Verpflichtung
achkommt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

erade das sensible Thema der Zuwanderung bedarf des
esellschaftlichen Konsenses und muss von der Bevöl-
erung mitgetragen werden.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Auch von der CDU!)


as dient auch der Gewährleistung des inneren Friedens
nd der inneren Sicherheit in unserem Land.
Doch während wir auf nationaler Ebene noch über

as von der rot-grünen Regierung erneut eingebrachte
uwanderungsgesetz diskutiert haben, wird auf EU-
bene bereits darüber entschieden, die Zufluchtsmög-
ichkeiten auf Personen auszuweiten, die nicht staatlich
erfolgt sind, und das mit der Möglichkeit des vollen Fa-
iliennachzugs, auch bei gleichgeschlechtlichen Le-
enspartnerschaften.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: So fortschrittlich sind die Europäer!)


arüber hinaus wird die Drittstaatenregelung, die we-
entliche Säule unseres Asylrechtskompromisses aus
em Jahr 1993, der ja zu einem erheblichen Rückgang
es Asylmissbrauchs führte, faktisch abgeschafft,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es! – Gegenruf des Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist falsch!)


hne dass in Deutschland ernsthaft Kenntnis davon ge-
ommen wird.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Woher wissen Sie es denn?)


st es das, was die Bundesregierung unter ausreichender
itwirkung des Bundestages versteht?
Die Regierung verzögert immer wieder die Weiterlei-
ng von wichtigen Ratsdokumenten.






(A) )



(B) )


Dr. Ole Schröder
Meine Damen und Herren, die Richtlinie zur Festle-
gung von Mindestnormen für die Aufnahme von
Asylbewerbern wurde Ende Januar dieses Jahres in
Brüssel verabschiedet. Durch diese Richtlinie werden
Regelungen getroffen, die maßgebliche Auswirkungen
für die Akzeptanz von Ausländern insgesamt haben. So
werden zum Beispiel ihr Zugang zum Arbeitsmarkt und
die Ausweitung der Gewährung von teuren Sozialleis-
tungen geregelt. Aber ist diese Richtlinie jemals im Bun-
destag oder in einem seiner Ausschüsse beraten worden?
Wir haben in der Tat darüber beraten – am 12. März,
zwei Monate nach Verabschiedung der Richtlinie. Noch
einmal zum Mitschreiben: Wir haben zwei Monate nach
der Verabschiedung Gelegenheit bekommen, über diese
Richtlinie zu diskutieren.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Unglaublich!)


Nur so viel zum Begriff „frühestmöglicher Zeitpunkt“.
Ein anderes Beispiel, liebe Kolleginnen und Kolle-

gen, zum Thema der umfassenden Informationspflicht:
Der Innenminister ist vor der letzten Ratssitzung noch
nicht einmal bereit gewesen, dem Innenausschuss seinen
Standpunkt zu den anstehenden Verhandlungen darzule-
gen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Es ging immerhin um die Ausweitung des Flüchtlings-
begriffs einschließlich der damit verbundenen Statusauf-
wertung für Flüchtlinge sowie um die weitgehende
Gleichstellung von EU-Bürgern mit EU-Ausländern mit
allen Rechten und Vergünstigungen. Informationen wur-
den von den Parlamentarischen Staatssekretären unter
dem Vorwand verweigert, man wolle die Verhandlungs-
strategie nicht preisgeben.

Meine Damen und Herren, hier geht es nicht um eine
Strategie, hier geht es um einen Standpunkt. Hier geht es
darum zu erfahren, welche Ausländerpolitik die Bun-
desregierung im Namen Deutschlands auf EU-Ebene
vertritt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung traut sich offensichtlich nicht, der
Öffentlichkeit zu erklären, dass sie sich einem erweiter-
ten Zuzug Asylsuchender in die EU nicht widersetzt.
Dass die Regierung nicht bereit ist, ihren Standpunkt vor
dem JI-Rat zu erläutern, lässt für mich drei mögliche
Schlussfolgerungen zu: Entweder befasst sich niemand
in der Regierung damit;


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das kann wohl nicht sein!)


oder der Informationsfluss zwischen der Ständigen Vertre-
tung in Brüssel und der Regierung funktioniert nicht – das
kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen –;


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Genau! Der ist hervorragend!)


oder es wird, was nahe liegt, versucht zu blockieren

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)


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(C (D nd den Bundestag und damit die deutsche Bevölkerung ußen vor zu lassen. Dass es die Bundesregierung mit der Verfassung und em geltenden deutschen Recht nicht ganz so genau immt, führe ich Ihnen gerne an einem weiteren Beispiel or Augen: Im Bereich der Zuwanderungsund Asylpoitik verhandelt diese Bundesregierung in Brüssel nicht uf der Grundlage des geltenden und damit auch für iese Regierung bindenden Ausländerrechts, sondern uf der Basis des für verfassungwidrig erklärten Zuwanerungsgesetzes. (Zuruf von der SPD: Wäre Ihnen das Kindernachzugsalter 16 lieber?)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ier wird ein gescheitertes Gesetz durch die Hintertür
ür Deutschland bindend gemacht. Dies geschieht unbe-
erkt von der deutschen Öffentlichkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ch frage Sie: Wollen Sie das wirklich zulassen? Müssen
ir uns als Abgeordnete dieses Hauses nicht darauf be-
innen, welche Verpflichtung wir haben?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504808900


Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Sonntag-Wolgast?


Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1504809000

Ich denke, im Laufe meines Vortrages werden alle

ragen beantwortet werden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Zuruf von der SPD: Feigling!)

Wie können wir auf EU-Ebene zu mehr Transparenz

n der Asyl- und Zuwanderungspolitik kommen? Wie
önnen wir das praktisch umsetzen? Es müssen endlich
bersichtliche und zeitnahe Aufstellungen über den Ver-
andlungsstand der EU-Vorlagen erstellt werden. Dies
aben wir in unserem Antrag näher ausgeführt. Die Bun-
esregierung soll dabei klar benennen, welche Auswir-
ung ihr Abstimmungsverhalten auf europäischer Ebene
uf das deutsche Asyl- und Ausländerrecht hat.
Meine Damen und Herren, wenn wir es als Parlamen-

arier in eigener Verantwortung nicht schaffen, unser Be-
eiligungsinteresse gegen die Bundesregierung durchzu-
etzen, müssen wir auch darüber nachdenken, Art. 23
es Grundgesetzes entsprechend anzupassen. Wir wer-
en im Rahmen der Zustimmung zum neuen europäi-
chen Verfassungsvertrag Gelegenheit dazu haben; denn
ie Zustimmung bedarf der Zweidrittelmehrheit sowohl
m Bundestag wie auch im Bundesrat.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist falsch!)


as Vorliegen einer Stellungnahme des Bundestages
ird zwingende Voraussetzung für die Aufnahme von
erhandlungen auf EU-Ebene sein.






(A) )



(B) )


Dr. Ole Schröder
Die für die Zukunft unseres Landes entscheidende
Frage, ob wir mehr Zuwanderung in unser Land wol-
len, darf nicht am deutschen Parlament und der deut-
schen Bevölkerung vorbei geregelt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie nicht zu, dass ein so wichtiges Thema wie die
Zuwanderung ohne Beteiligung des Bundestages ent-
schieden wird!

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Cornelie SonntagWolgast [SPD]: Unglaublich! In jeder Sitzung befassen wir uns mit dieser Frage!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504809100


Das Wort hat die Parlamentarische Staatssekretärin
Ute Vogt.

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Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1504809200


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-
gen! In ihrem Antrag fordert die CDU/CSU, dass der
Deutsche Bundestag umfassend und zum frühestmögli-
chen Zeitpunkt zu informieren sei. Ich sage Ihnen: Die-
ser Antrag ist entbehrlich.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Leider nicht, Frau Staatssekretärin!)


Das, was Sie unter Punkt 1 geschrieben haben – zumin-
dest das, was ich genannt habe –, ist bereits in unserem
Grundgesetz niedergelegt und wird von der Bundesre-
gierung auch eingehalten.


(Beifall bei der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Nein, nein, Sie halten sich nicht daran!)


Ich muss mich fragen, wo Sie, meine Damen und
Herren von der CDU/CSU, in den letzten Wochen, Mo-
naten und Jahren gewesen sind. Allein im Innenaus-
schuss haben wir seit dem Rat von Lissabon, also seit
März 2000, in nahezu 40 Vor- und Nachberichten dem
Parlament Rechenschaft abgelegt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Nein, jedes Wort müssen wir Ihnen aus der Nase ziehen!)


Wenn Sie das auf die Zahl der Sitzungen des Innenaus-
schusses umrechnen, dann kommen Sie zu dem Ergeb-
nis, dass wir uns in etwa 60 Prozent der Sitzungen mit
diesem Themenbereich befasst haben.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Weil wir es ständig auf die Tagesordnung setzen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504809300


Frau Staatssekretärin, gestatten Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Koschyk?

U
Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1504809400


Gerne.

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(C (D (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Hat er denn alle Informationen mitbekommen?)



Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1504809500

Frau Staatssekretärin, sind Sie bereit, einzuräumen,

ass die Obleute gemeinsam mit dem Innenausschuss
rst am Beginn dieser Legislaturperiode auf Drängen der
nion ein Verfahren verabredet und Fristen für die Vor-
nd Nachberichte zu den EU-Innen- und -Justizminister-
äten festgelegt haben?


(Zuruf von der SPD: Das war unser Vorschlag!)


Sind Sie auch bereit, einzuräumen, dass die Bundes-
egierung – einmal durch Sie und einmal durch den
taatssekretär Körper – im Hinblick auf das Nachzugsal-
er völlig widersprüchliche Aussagen im Ausschuss und
n der Fragestunde am gleichen Tag gemacht hat? Ver-
tehen Sie das unter einer umfassenden Informations-
flicht gegenüber dem Parlament?


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das ist ein wenig peinlich gewesen!)


U
Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1504809600

Sehr geehrter Kollege Koschyk, auf das Nachzugsal-

er werde ich im Laufe meiner Rede noch zu sprechen
ommen.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das tut auch Not! – Rüdiger Veit [SPD]: Das war 16 Jahre lang geltendes Recht!)


ber die entsprechend geltenden Rechtssetzungen sind
ie unverzüglich informiert worden.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Aber wir sind unterschiedlich informiert worden!)


Bezüglich des neuen Verfahrens kann ich für die Bun-
esregierung unter unserer Verantwortung nur bestäti-
en, dass wir unsere Berichtspflicht immer sehr regel-
äßig wahrgenommen haben. Ich muss allerdings
inräumen, dass die Union in der Tat erst seit der neuen
egislaturperiode ein intensives Interesse an diesen Be-
ichten zeigt. Diese sind vorher nicht so intensiv disku-
iert worden. Das lag aber nicht an der mangelnden Vor-
age.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn Sie schon danach fragen, möchte ich Sie noch
n ein Zweites erinnern. Es gab Zeiten, in denen ich un-
er einem anderen Bundesinnenminister in der Opposi-
ion saß.


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Die kommen bald wieder!)


ch kann mich kaum daran erinnern,

(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Die Erinnerung werden wir bald auffrischen!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Ute Vogt
dass es überhaupt relevante Berichte dieser Art gab, weil
der damalige Herr Innenminister noch nicht einmal per-
sönlich zu diesen Sitzungen gefahren ist. Deshalb hat
Deutschland bei den entsprechenden Verhandlungen der
Europäischen Union überhaupt keine Rolle gespielt.


(Rüdiger Veit [SPD]: Er musste sich um Schwarzgeldkassen kümmern, deshalb hatte er keine Zeit dafür! – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Er war viel öfter im Ausschuss als der jetzige!)


Unsere Bundesregierung gewährleistet jedenfalls das,
was durch die Verfassung vorgegeben wird. Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, eines werden wir aber nicht tun:
Wir werden nicht das aufkündigen, was in unserer Ver-
fassung mit gutem Recht und Sinn festgelegt wurde,
nämlich die Gewaltenteilung zwischen Legislative und
Exekutive.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aha, so nennt man jetzt die Missachtung des Parlaments!)


Das, was Sie am Ende Ihres Antrages vorschlagen, hätte
ein Maßgabegesetz zur Folge, wodurch diese Trennung
aufgehoben werden würde.


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Stimmt ja nicht!)

Nun habe ich, genauso wie sicherlich auch viele mei-

ner Kolleginnen und Kollegen, durchaus Verständnis da-
für, dass Sie trauern, zum Teil verärgert und manchmal
auch richtig wütend darüber sind, dass Sie nicht die
Chance haben, selbst zu regieren.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Es kommt aber bald wieder! – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Es geht um die Menschen in Deutschland, die darüber traurig sind, und nicht um uns!)


Trotzdem muss man eine demokratische Entscheidung
und die Tatsache akzeptieren, dass die Bundesregierung
ihre eigenen vernünftigen Verhandlungspositionen nicht
gegen die Ansichten der Opposition austauschen und
dazu übergehen wird, diese in den Verhandlungen zu
vertreten.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Es geht um die Ansichten des deutschen Volkes!)


Ich glaube, so etwas muss auch von der Opposition ak-
zeptiert werden, wenn sie die demokratischen Spielre-
geln kennt und auch anwendet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Koschyk, ich will gerne ein von Ihnen schon an-
gesprochenes Thema inhaltlich aufgreifen. In der Tat:
Wir haben im Februar eine wichtige Richtlinie zur
Familienzusammenführung zwar noch nicht beschlos-
sen – vermutlich wird sie heute, gerade in diesen Stun-
den, beschlossen –, haben uns über ihre konkrete Aus-
gestaltung aber schon geeinigt. Unser Ziel, auch durch
diese Richtlinie, – wie durch andere auch – die Zuwan-

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(C (D erung zu steuern und zu begrenzen sowie die Integraion zu festigen, (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das sollten Sie öfter sagen!)


urde gerade an diesem Beispiel sehr eindrucksvoll
eutlich gemacht.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nun sind wir aber gespannt!)


Die Familienzusammenführung wird gemäß der
ichtlinie auf die Kernfamilie begrenzt. Wir haben zum
eispiel erreicht, dass die Einreise derjenigen, die sich
xtremistisch betätigen, versagt werden kann. Daneben
aben wir erreicht, dass Deutschland die Möglichkeit
at, für Kinder über zwölf Jahre davon Gebrauch zu ma-
hen, den Nachzug von entsprechenden Integrationsvo-
aussetzungen abhängig zu machen, also zum Beispiel
avon, ob die Sprache schon beherrscht wird oder ob
lar ist, dass sie in kurzer Zeit erlernt werden kann.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist gerade das Problem! Das sind Sie bei 18 Jahren!)


Für diejenigen, die die Richtlinie nicht so genau ken-
en, sage ich: In der Europäischen Richtlinie ist für alle
nderen Mitgliedstaaten ein Nachzugsalter von 18 Jah-
en vorgesehen.
Nun lese ich in Abschnitt 2 Ihres Antrages, dass Sie

as geltende Ausländer- und Asylrecht gerne als Grund-
age für die Verhandlungen nutzen würden. Gleichzeitig
iehen Sie durch die Lande und bejammern als die Par-
ei, die das Fähnchen für die Familien gerne besonders
ochhält, dass man das Nachzugsalter nicht auf sechs
ahre absenken kann.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist kein Widerspruch!)


ätten wir Ihrem Antrag gemäß auf der Grundlage unse-
es geltenden Rechts verhandelt, hätten wir keine Aus-
ahmemöglichkeit, das Nachzugsalter auf zwölf Jahre
estzusetzen, sondern hätten ein Nachzugsalter von
6 Jahren akzeptieren müssen. Dieses Alter liegt immer
och unter dem, was die EU vorgibt. Ich möchte Sie bit-
n, sich einmal zu überlegen, was Sie politisch wollen:
ntweder geltendes Recht oder Ihre eigenen Positionen,
ie Sie im Lande verkünden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Weniger Zuwanderung wollen wir!)


eides jedenfalls passt nicht zusammen, jedenfalls nicht
o, wie Sie es hier vorgetragen haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Jeder nach Gusto!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist kein Geheim-
is, dass es in der Europapolitik zwischen CDU und
SU große Unterschiede gibt.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Da sind wir uns einig!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Ute Vogt
Selbst die „Rheinische Post“ schrieb gestern: Europa-
streit der Union schaukelt sich hoch. Im Artikel wird
nachvollziehbar und auch so, wie wir es erleben, der
Dissens beschrieben, der sich zwischen CDU und CSU
mehr und mehr breit macht, insbesondere in aktuellen
Fragen der Europapolitik.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Den hätten Sie gern!)


Gerade Sie, Herr Strobl, müssten wissen, dass nicht zu-
letzt Wolfgang Schäuble unter so eingrenzenden euro-
päischen Debatten, wie sie vonseiten der CSU geführt
werden, zu Recht leidet.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Was Sie alles wissen!)


Der Europastreit in der Union schaukelt sich hoch
und findet seinen Ausdruck in Anträgen, in denen Sie
sich an Formalien klammern und meinen, der Bundesre-
gierung etwas zuschieben zu müssen. Ich möchte Sie in
unser aller Interesse bitten, dass Sie zu einer konstrukti-
ven Europapolitik zurückkehren, wie es wenigstens vor
einigen Jahren in Ihrer Fraktion der Fall gewesen ist.


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Da sind wir schon längst!)


Sie müssen das anerkennen, was wir alle wussten, als
wir uns mit Freude auf den Weg zu einem vereinten Eu-
ropa gemacht haben: Europa bedeutet nicht, dass ein
Land den Segen für alle bringt, sondern es bedeutet, dass
alle miteinander an einem Tisch verhandeln müssen.
Man muss sich zusammensetzen und akzeptieren, dass
man nicht alles 1 : 1 erreicht, was man selber gerne
hätte. Man muss in der Lage sein, auf andere zuzugehen
und zusammen mit den anderen ein gemeinsames Eu-
ropa zu bauen.

Zur Verhandlungsposition – Herr Schröder hat es noch
einmal angesprochen –: Wir erläutern unseren Standpunkt
in jeder Ausschusssitzung mit Freude aufs Neue. Was
wir natürlich nicht tun können, ist, die Verhandlungsstra-
tegie ganz genau darzulegen. Aber ich glaube, dass je-
der, der etwas von Politik und der Möglichkeit, etwas
durchzusetzen, versteht, weiß, dass man dies nicht ma-
chen kann.

Ich kann Sie darum nur bitten: Vertrauen Sie dem
Bundesinnenminister. Seine Verhandlungsergebnisse
zeigen uns jedes Mal aufs Neue, dass er derjenige ist, der
das Interesse unseres Landes in Europa mit maximalem
Erfolg vertritt. Darauf kommt es am Ende an. Darüber
informieren wir Sie gerne jederzeit erneut.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504809700


Nächster Redner ist der Kollege Dr. Max Stadler,
FDP-Fraktion.


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1504809800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Es fällt mir als FDP-Politiker schwer, einfach

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(C (D ieder zur Tagesordnung überzugehen; denn über die icker läuft die Meldung vom Tode Jürgen Mölleanns. Trotz der politischen Differenzen, die wir in etzter Zeit mit ihm hatten, gilt unser Beileid natürlich einer Familie. Ein solcher Vorfall bewegt umso mehr, ls Jürgen Möllemann vor nicht allzu langer Zeit geeinsam mit mir für die FDP mit dem Bundesinnenmiister über Einzelheiten des Zuwanderungsgesetzes der etzten Legislaturperiode verhandelt hat. Das führt zu der heutigen Debatte, die auf Wunsch er CDU/CSU mit diesem Antrag die Zuwanderungsrage, die wir schon am 9. Mai erörtert haben, noch einal aufwirft. Ich glaube nicht, dass sich die Positionen er Fraktionen in diesen wenigen Wochen so sehr veränert haben, dass es Sinn macht, diese Debatte erneut zu ühren. Aber in dem Antrag der CDU/CSU wird ein ernproblem sehr richtig angesprochen, nämlich die rage: Wie und in welchem Umfang können wir uns als eutscher Bundestag, als nationale Parlamentarier an er Entscheidungsfindung auf der EU-Ebene beteiligen? s ist in der Tat ein unguter Zustand, wenn uns von der U her über Richtlinien eine Rechtsetzung aufgezwunen wird, die wir als Parlamentarier nachträglich nicht ehr beeinflussen können. Deswegen ist dies ein Prolem, das ernsthaft diskutiert werden muss. Ich finde, es st sogar ein zentrales Problem des viel geplagten EUemokratiedefizits. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir brauchen den öffentlichen Diskurs, die öffentli-
he Debatte über die entscheidenden politischen Fragen,
gal ob sie auf Länderebene, auf Bundesebene oder auf
er EU-Ebene diskutiert werden. Deswegen ist es rich-
ig, dass sich der Deutsche Bundestag einschaltet. Wir
ls FDP ergreifen ganz klar Partei für die Rechte des
eutschen Parlaments, wie sie in Art. 23 des Grundge-
etzes festgelegt sind.


(Beifall bei der FDP)

Dennoch werden wir den CDU/CSU-Antrag ableh-

en.

(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Richtig!)


enn er bringt erstens nichts wesentlich Neues; soweit
r Neues bringt, geht er, zweitens, zu weit – ich werde
as noch begründen –, und drittens sind wir der Mei-
ung, dass eine Einigung über eine Migrationspolitik auf
er EU-Ebene dringend erforderlich ist, was Sie mit Ih-
em Antrag ja verhindern wollen.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist immer zu begrüßen, wenn neue Kollegen im
undestag versuchen, die Routine zu durchbrechen.
err Dr. Schröder, der den Antrag der Union gerade be-
ründet hat, hat sich darum verdient gemacht, dass die
U-Themen jetzt verstärkt im Innenausschuss diskutiert
erden. Ich muss Ihnen trotzdem berichten: Das ist
eine Neuigkeit. Darüber haben wir uns auch früher
chon Gedanken gemacht.






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler
Ich erinnere mich gut an ein Gespräch, das wir mit
holländischen Abgeordneten geführt haben, in dem wir
uns informiert haben, wie sie dies halten: Die niederlän-
dische Regierung hat in der Tat ein imperatives Mandat
für ihre Position im EU-Ministerrat. Seinerzeit haben
alle Fraktionen einvernehmlich die Auffassung vertre-
ten: Der richtige Weg besteht darin, dass wir uns recht-
zeitig in die Debatten einklinken, dass wir eine öffentli-
che Debatte herbeiführen, dass wir der Bundesregierung
unsere Meinung mit auf den Weg geben – aber bewusst
nicht in Form eines imperativen Mandats. Warum? –
Dies wäre nicht flexibel genug und ist der Verhandlungs-
ebene EU nicht angemessen. Dass sich eine Bundesre-
gierung in Verhandlungen mit zahlreichen europäischen
Partnerstaaten auf eine Einigung hinbewegt – bei der
Migrationspolitik halten wir dies, wie gesagt, sogar für
dringend erforderlich –, wird unmöglich, wenn, wie Sie
dies in Ihrem Antrag wollen, die Verhandlungsposition
etwa durch ein so genanntes Mandatsgesetz ein für alle
Mal festgeschrieben ist. Wenn das alle EU-Staaten täten,
wäre jegliche Einigung von vornherein völlig ausge-
schlossen. Das zeigt, dass der Weg, den Sie vorschlagen,
nicht der richtige Weg ist.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen fällt mir auf, dass Sie ohnehin die letzte
Konsequenz scheuen. Sie wollen in Ihrem Antrag die
Verhandlungspositionen festschreiben. Das nutzt aber in
Ihrem Sinne gar nichts. Eine anfängliche Verhandlungs-
position kann ich zwar festschreiben, entscheidend ist
dann aber die Abstimmungsposition. Das haben Sie
nicht einmal so formuliert. Es wäre auch wirklich unsin-
nig, eine solche Bindung vorzunehmen.

Ich sage dies, obwohl ich selber das Interesse einer
Oppositionspartei habe, in diesen Diskussionen mitzu-
wirken. Auch wenn jeder Vergleich ein wenig hinkt, aber
nehmen wir doch einmal das Beispiel des Bundesrates:
Ist es denn dort so, Herr Kollege Koschyk, dass die
bayerische Landtagsopposition der bayerischen CSU-
Staatsregierung verbindliche Direktiven für ein Abstim-
mungsverhalten mitgibt? – Keineswegs, und das ist doch
eine gewisse Parallele.


(Abg. Hartmut Koschyk [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Da meine Redezeit fast schon zu Ende ist, kann ich
jetzt keine Zwischenfrage mehr zulassen.

Zum Schluss möchte ich noch eine Bemerkung los-
werden: Sie von der Union haben uns in den 90er-Jahren
in der Asyldebatte immer wieder entgegengehalten, das
Grundrecht auf Asyl, das wir verteidigt haben, werde
sich in Europa nicht halten lassen. Jetzt haben sich an-
scheinend die Vorzeichen geändert. Von der EU kommt
eine liberale Migrationspolitik. Wir als FDP fürchten
diese nicht, Ihnen aber entspricht sie verständlicherweise
nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


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(C (D Das Wort hat die Parlamentarische Staatssekretärin arieluise Beck. Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin bei der Bunesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; eauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtinge und Integration: Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Der Kollege Max Stadler ist nun einmal demokraiefest. Denn das, was er eben dargelegt hat, ist völlig lausibel: Es ist das Recht und sogar die Aufgabe des arlaments, Transparenz zu verlangen. Das schließt übigens die Medien mit ein. Wir haben große Schwierigeiten gehabt, EU-Themen dieser Art in den Medien zu latzieren. In diesem Bereich besteht durchaus Handungsbedarf. Gleichzeitig hat der Kollege Stadler aber uch dargelegt, dass nicht mit imperativen Mandaten gerbeitet werden kann, wenn Regierungen aus 16 Staaten ufeinander treffen, die den Auftrag haben, Komproisse zu schließen. Sie scheinen nach fast fünf Jahren in der Opposition ergessen zu haben, dass man Kompromisse schließen uss, wenn man eine Regierung stellt und Teil der Euroäischen Union ist, (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aber doch nicht, wenn man eine schlechte Regierung hat, Frau Beck!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504809900

nd dass man auf europäischer Ebene nicht mit der Er-
artung antreten kann, die politischen Vorstellungen
eutschlands könnten uneingeschränkt übernommen
erden.
Es geht mir um den mangelnden demokratischen
eist, den Sie mit Ihrem Antrag offenbaren.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wir wollen die Kontrolle einer schlechten Regierung! Darum geht es!)


ieser Geist wird in der Begründung Ihres Antrags deut-
ich. Sie weisen darin zunächst auf das Einstimmig-
eitserfordernis innerhalb der EU hin, um dann fest-
ustellen, dass dieses Erfordernis die Bundesrepublik
eutschland in die Lage versetzt, die Verabschiedung ei-
er Ihrer Ansicht nach unangemessen großzügigen Ein-
anderungspolitik zu verhindern. Hier wird also darauf
bgestellt, dass Deutschland die Möglichkeit einer Blo-
kadepolitik hat, die auch in Anspruch genommen wer-
en sollte. – Das kann sich vielleicht eine Opposition
eisten, aber eine Regierung kann nicht so verfahren,
enn sie ein produktiver und konstruktiver Teil Europas
ein möchte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Jenseits der Verfahrensfrage ist in der umfangreichen
egründung des Antrags noch einmal alles zusammen-
etragen worden, das Ihre Sicht der Welt, der Migration
nd der Flüchtlingspolitik offenbart. In der Tat wird wie-
er deutlich, wie tief der Graben ist. Sie stellen erneut






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Marieluise Beck
darauf ab, dass der Entwurf des Zuwanderungsgesetzes,
der den Bundestag bereits passiert hat, vermeintlich zu
einer massiven Zunahme der Einwanderung führen
würde.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Sie noch einmal
zu bitten: Hören Sie doch mit dieser Verunsicherung
der Bevölkerung auf, die sachlich nicht haltbar ist!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Das wissen Sie doch gar nicht, ob sie nicht haltbar ist!)


Vielleicht muss ich es noch einmal Punkt für Punkt aus-
führen, wenn es Ihnen so schwer fällt, es zu verstehen.

Welche Zuwanderungsmöglichkeiten die EU-Bürge-
rinnen und Bürger haben,


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Um die geht es überhaupt nicht!)


entzieht sich aufgrund des Rechts auf Freizügigkeit jeg-
licher nationalen Gesetzgebung – sowohl unter unserer
Regierung als auch unter einer von Ihnen geführten Re-
gierung.

Was den Familiennachzug aus Drittländern angeht,
behaupten Sie fälschlicherweise, das sei die inzwischen
größte Zuwanderungsgruppe unter in Deutschland le-
benden Ausländern. Das ist in der Sache falsch. Offen-
sichtlich haben Sie noch nicht gemerkt, dass sich auch
die Zusammensetzung unserer Bevölkerung ändert. Es
gibt nämlich zunehmend mehr Deutsche, die Ausländer
oder Ausländerinnen heiraten. Bei dem Ehegattennach-
zug von Ausländern nach Deutschland handelt es sich zu
mehr als 50 Prozent um den Zuzug zu Deutschen, die au-
ßerhalb des Landes geheiratet haben. Wollen Sie diesen
Menschen erklären, dass Sie das Recht auf Zusammenle-
ben in einer Familie gesetzlich einschränken wollen?


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das problematisieren wir doch gar nicht! Darum geht es doch nicht! Sie bauen hier einen Popanz auf, Frau Beck!)


– Wenn Sie sagen, darum gehe es nicht, stimmen wir in
dieser Frage ja überein. – Insofern gibt es auch in diesem
Bereich nur begrenzte Steuerungsmöglichkeiten.

Es gibt des Weiteren die Gruppe der Spätaussiedler.
Gestern haben wir im Innenausschuss darüber gespro-
chen, dass es scheinbar fraktionsübergreifend Überle-
gungen gibt, die Ansiedlungspolitik sehr behutsam und
sensibel zurückzufahren.
Daneben gibt es die Gruppe der jüdischen Kontingentzu-
wanderer. Ich gehe davon aus, dass niemand in diesem
Haus diese Zuwanderung infrage stellt. Und schließlich
gibt es die Gruppe der Asylbewerber, die Schutz suchen
und die aufgrund von völkerrechtlichen Verbindlichkei-
ten – sei es die Genfer Flüchtlingskonvention, sei es die
Europäische Menschenrechtskonvention – auch ein
Recht auf Schutz in Deutschland haben.

Das alles ist bisher in dem alten Ausländerrecht gere-
gelt gewesen und wird auch in dem neuen Ausländer-

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(C (D echt geregelt sein. Es wird nur ein neues Türchen aufgetoßen: Es wird nämlich die Möglichkeit geben, rbeitsmigranten aus Drittstaaten in denjenigen Bereihen anzuwerben, in denen der deutsche Arbeitsmarkt ein Arbeitskräfteangebot vorhalten kann. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Es geht um das gesamte Asylrecht, Frau Beck!)


s ist absehbar, dass angesichts einer solch hohen Ar-
eitslosigkeit wie im Augenblick dieses kleine Türchen
ehr schmal bleiben wird; denn es gilt das Vorrangprin-
ip. Es ist durch nichts, aber auch durch gar nichts ge-
echtfertigt, dass Sie ständig – offensichtlich bewusst;
enn Sie müssten inzwischen in der Lage sein, den Ge-
etzentwurf zu lesen – Verunsicherung und Ängste in der
evölkerung hervorrufen, indem Sie vor einem drohen-
en massenhaften Zuzug warnen. Es ist schlichtweg
icht in Ordnung, bei einem solch sensiblen Thema in
ieser Art und Weise öffentlich zu agieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Rüdiger Veit [SPD]: Das ist sehr milde ausgedrückt! Es ist verantwortungslos!)


Ich möchte noch auf einen anderen inhaltlichen Kern-
unkt zu sprechen kommen. Sie verbinden – das hat sich
chon in der gestrigen Beratung des Innenausschusses
ezeigt – die Ausländerinnen und Ausländer überwie-
end mit Worten wie „Defizit“, „Problem“, „Herausfor-
erung“ oder „Konflikt“. Offensichtlich wollen Sie nicht
ur Kenntnis nehmen, dass inzwischen eine große Zahl
on Migrantinnen und Migranten Teil unserer Bevölke-
ung geworden ist, dass sie zu uns gehören und integriert
ind. Natürlich gibt es auch Probleme. Aber Ihre Argu-
entation, dass eigentlich alle Ausländer tendenziell ein
roblem seien und dass wir deswegen alles versuchen
üssten, um so viele Grenzen wie nur möglich hochzu-
iehen, wirkt negativ auf das Klima und die Stimmung
n unserer Bevölkerung und auch darauf, wie Migranten,
ber auch wie Menschen, die erkennbar anders aussehen,
on unserer Bevölkerung angesehen und angesprochen
erden. Das – das sage ich Ihnen aus tiefer Überzeu-
ung; hier spreche ich als Anwältin der Migranten – spü-
en viele Migranten in winzig kleinen Alltagsgesten, Zu-
ückweisungen und Ressentiments auf sprachlicher
bene, aber auch durch Blicke, durch Wegrücken und
urch vieles mehr.
Ich möchte Sie noch einmal bitten, darüber nachzu-

enken, dass Sie Verantwortung für das übernehmen,
as Sie tun. Ein Klima, das es Menschen, die von woan-
ers herkommen, schwer macht, gleichberechtigt und
nerkannt in unserem Land zu leben, dürfen Sie nicht
it erzeugen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504810000


Nächster Redner ist der Kollege Reinhard Grindel,
DU/CSU-Fraktion.






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1504810100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Beck, was Sie eben gemacht haben, ist nicht in
Ordnung; denn Sie haben um einen ganz entscheidenden
Punkt herumgeredet. Zurzeit liegen auf dem Tisch des
EU-Innenministerrates eine Vielzahl von Richtlinienent-
würfen, die das Asylrecht betreffen. Sie müssen schon
den Zuschauern und den Kollegen deutlich machen, dass
man dann, wenn diese Entwürfe EU-Recht werden wür-
den, den gesamten Asylkompromiss von CDU/CSU,
SPD und FDP vergessen könnte.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist das!)

Die Drittstaatenregelung, das Flughafenverfahren und
die Liste über die sicheren Herkunftsländer wären weg.
Dann hätten wir nicht ein Türchen, sondern ein riesiges
Einfallstor für eine neue Zuwanderung aufgemacht.
Dann bekommen Sie Integration, die von Deutschen und
Ausländern gleichermaßen akzeptiert wird, nicht mehr
hin. Deshalb ist es nicht in Ordnung, dass Sie diesen As-
pekt des Asylrechts in Ihrer Rede völlig ausgeschlossen
haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das ist doch einfach falsch, was Sie sagen! Das stimmt doch nicht! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ihr Horrorgemälde ist auch nicht in Ordnung!)


Herr Stadler, Sie haben den Sachverhalt auch nicht
ganz richtig dargestellt, was die Europafestigkeit des
Grundrechts auf Asyl angeht. Das ist gerade unser Pro-
blem. Weil wir als einziges Land in Europa einen Indivi-
dualanspruch, ein so ausgestaltetes, nicht europataug-
liches Asylrecht haben, haben wir die Probleme.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

Hätten wir wie alle übrigen Länder eine reine Instituts-
garantie, könnten wir uns viel eher über Harmonisierung
auf europäischer Ebene unterhalten.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

Das Grundrecht auf Asyl


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bleibt auch!)


hat eben die Konsequenz, dass wir wie kein anderes
Land in Europa von Zuwanderung durch Asylbewerber
betroffen sind, die kein Recht haben, sich auf das Asyl-
recht zu berufen. Das ist das Thema.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Max Stadler [FDP]: Die Zahlen in Großbritannien sind höher als bei uns!)


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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1504810200
Die Frage, wie das Problem der Zuwanderung im
neuen Verfassungsvertrag zu behandeln ist – das steht
auch in dem Artikel der „Rheinischen Post“, und zwar
ganz am Ende –, ist zwischen CDU und CSU, auch in
unserer Fraktion, völlig unstreitig. Wir sind grundsätz-
lich dafür, dass das in die nationale Zuständigkeit zu-
rückgeführt wird, weil mit diesem Verfassungsvertrag
auch eine klare Kompetenzabgrenzung bezweckt war

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(C (D nd nicht zuletzt auch deshalb, weil sich gerade in eutschland das Problem der Zuwanderung mit einer chärfe stellt, wie das in keinem anderen Land der Fall t. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist kein Problem, sondern eine Tatsache!)


eswegen geht es bei der Frage, wie man den Verfas-
ungsvertrag sieht, auch ein bisschen darum, nationale
nteressen wahrzunehmen. Auch den Blick dafür sollten
ir nicht verlieren.
Es ist zu befürchten, dass sich der deutsche Innenmi-

ister heute im Innenministerrat wieder an einem
chlechten Schauspiel beteiligt,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er dann von Koch gelernt! – Sebastian Edathy [SPD]: Das macht er nie!)


ei dem in Wahrheit die Grünen Regie führen. Der Kol-
ege Volker Beck hat in Interviews mehrfach ganz offen
ie Strategie vorgegeben. Ich zitiere, was er gesagt hat:

Falls kein Kompromiss über das Zuwanderungsge-
setz zustande kommt, können wir besser mit den
Regelungen leben, die auf europäischer Ebene so-
wieso kommen.

(Sebastian Edathy [SPD]: Das ist auch so!)


Ich sage Ihnen: Es ist nicht entscheidend, womit die
rünen leben können, sondern es ist entscheidend, wo-
it Deutsche und – ich betone: und! – Ausländer leben
önnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deutsche und Ausländer, Frau Beck, brauchen ein
lima, in dem Integration möglich ist,


(Sebastian Edathy [SPD]: Sie sind der Klimakiller!)


n dem es auf beiden Seiten Integrationsbereitschaft gibt.
eswegen haben wir über ein Integrationsgesetz und
ber weiter gehende Maßnahmen im Bereich der Inte-
ration gesprochen. Ich sage Ihnen: Das von Ihnen ge-
ünschte Klima bekommen wir nur, wenn wir uns um
ehr Integration, aber nicht um mehr Zuwanderung
ümmern. Das ist unser entscheidender Ansatz und darin
nterscheiden wir uns. Das ist wahr.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will die Auswirkungen der europäischen Richt-

nien auf das deutsche Ausländerrecht nur an einem
eispiel erläutern. Nach dem, was wir aus Luxemburg
ehört haben, ist heute offenbar der Richtlinienvorschlag
um Status langfristig aufhältiger Drittstaatsangehöriger
in der Sprache der EU-Bürokraten heißt das so – ab-
chließend beraten worden. Die Kommission will – das
st offenbar angenommen worden –, dass Ausländer be-
eits nach fünfjährigem Aufenthalt eine Aufenthaltsver-
estigung bekommen, ohne dass dafür ein eigener Inte-
rationsbeitrag geleistet werden muss. Wenn das






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
Wirklichkeit wird, dann können wir Integrationskurse im
Ausländerrecht vergessen.


(Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Wir sagen: Wer sich als Ausländer –

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
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Herr Kollege – –

Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1504810400

– ich will nur den Satz zu Ende führen; dann kann

Herr Winkler gern fragen – beharrlich weigert, unsere
Sprache zu lernen, wer jedes bisschen Integration ver-
weigert, der darf doch nicht automatisch eine Aufent-
haltsverfestigung bekommen. Wir brauchen doch einen
Anreiz, damit es zur Integration kommt. Deswegen ist es
sinnvoll, Aufenthaltsverfestigung an Integrationsleis-
tungen zu knüpfen. Das haben Sie heute in Luxemburg
aufgegeben. Hinter den verschlossenen Türen des Rates
haben Sie wieder unsere Diskussion um das Zuwande-
rungsrecht vorbestimmt und einen ganz zentralen Punkt,
wo es um mehr Integration geht, unmöglich gemacht.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Durch die Hintertür Europa!)


Dieses Verfahren ist nicht in Ordnung. Das lehnen wir
ab.


(Beifall bei der CDU/CSU)


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Herr Kollege Grindel, wären Sie bereit, anzuerken-

nen, dass Ihre Formulierung, Zuwanderung sei ein Pro-
blem, dazu beitragen könnte, genau das gesellschaftliche
Klima zu erzeugen, von dem Sie gerade sagten, dass
auch Sie es nicht erzeugen wollen, nämlich ein gegen-
über Zuwanderern feindliches Klima, und wären Sie be-
reit, in Zukunft Ihre Formulierung diesbezüglich zu
überdenken?


(Sebastian Edathy [SPD]: Ich glaube nicht, aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben!)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1504810500

Für mich, lieber Kollege Winkler, sind Ausländer

kein Problem. Für mich sind nicht integrierte Ausländer
ein Problem.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Für mich ist ein Problem, dass mir immer mehr Men-
schen sagen: Was redet ihr im Parlament eigentlich he-
rum? Guckt doch mal auf die Straßen, um zu sehen, wel-
che Probleme wir haben


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

mit – das ist nicht zu leugnen – Intensivtätern aus der
Türkei, aus arabischen Ländern und, wie ich gern zuge-
ben will, auch mit jugendlichen Aussiedlern.

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(C (D err Kollege Winkler, die Integration in diesem Land ird scheitern, wenn wir die Sorgen und Nöte der Menchen nicht ernst nehmen, wenn die Menschen das Geühl haben, dass wir uns damit nicht auseinander setzen, eil wir es für politisch nicht opportun halten. Um es ganz klar zu sagen: Es ist zum Beispiel auch in Mittel, um Rechtsextremisten zu bekämpfen. Den echtsextremisten dürfen wir keinen Fußbreit weichen; eswegen müssen wir diese Themen aufgreifen und uns it ihnen auseinander setzen. Wir dürfen sie nicht aufrund einer – wie auch immer gearteten – politischen ultur verschweigen. Deswegen sprechen wir diese Proleme an. Wenn wir schon über die Harmonisierung des Asyl echts in Europa reden: Warum hat die Europäische ommission bis heute eigentlich keine Richtlinie für ine gerechtere Lastenverteilung in Europa vorgegt? Der für das Asylrecht zuständige EU-Kommissar t ein portugiesischer Sozialist. (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Keine Portugalfeindlichkeit!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ortugal hat im letzten Jahr 245 Asylbewerber aufge-
ommen und gehört zu den größten Nettoempfängern in-
erhalb der Europäischen Union. Es wäre doch nur fair,
enn uns Portugal einige Tausend Asylbewerber ab-
ähme, so wie es bei der Verteilung der Asylbewerber
uf die einzelnen Bundesländer der Fall ist. Ich frage
ich, ob dieser portugiesische Kommissar noch die glei-
hen – relativ weltfremden – Richtlinienentwürfe wie
erzeit vorlegen würde, wenn es innerhalb der EU eine
astenverteilung gäbe.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese Frage richtet sich nicht nur an den Kommissar

us Portugal, sondern auch an den deutschen Bundesin-
enminister. Warum hat Herr Schily nicht ein einziges
al gesagt: Ich will eine Richtlinie zur Lastenvertei-
ng; sonst behalten wir die vielen Fragen der Zuwande-
ung in der Zuständigkeit der nationalen Parlamente und
egierungen?


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn es um eine Harmonisierung geht, müssen wir

uch über die Sozialleistungen sprechen. Die Bedingun-
en sind in keinem anderen Land so attraktiv wie in
eutschland. In vielen EU-Ländern – auch das müssen
ie einmal zur Kenntnis nehmen – gibt es für Asyl-
ewerber nur sehr geringe Sozialleistungen, die zudem
eitlich begrenzt sind. Dort gibt es eine medizinische
ersorgung nur in absoluten Notfällen. NGOs und ge-
einnützige Einrichtungen spielen bei der Versorgung
er Asylbewerber in vielen EU-Ländern die entschei-
ende Rolle.
Wenn wir den Rechtsrahmen für Asylbewerber in Eu-

opa schon vereinheitlichen, dann sollten Asylbewerber
Deutschland auch in Zukunft nur so versorgt werden,






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
wie das in Österreich, in den Niederlanden, in Italien
oder in Spanien üblich ist.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als wenn es ihnen hier so gut ginge!)


Wenn wir über die Kürzung sozialer Leistungen in vie-
len Bereichen sprechen, dann muss es auch erlaubt sein,
über Kürzungen bei Sozialleistungen für Asylbewerber
und geduldete Ausländer nachzudenken.


(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das muss auch noch kommen!)


Einige Zyniker sagen: Was regt ihr euch auf? Wenn
Rot-Grün so weitermacht, dann werden bald auch die
Asylbewerber einen Bogen um Deutschland machen. –
So denken wir nicht. Wir wollen, dass es mit unserem
Land wieder aufwärts geht. Wir wollen aber nicht, dass
es mit den Asylbewerberzahlen wieder aufwärts geht.
Das wäre aber die unweigerliche Konsequenz, wenn die
Vorschläge für die Asylrichtlinien tatsächlich EU-Recht
werden würden. Das müssen jeder politisch Verantwort-
liche und jeder Bürger in unserem Land wissen. Deshalb
erwarten wir von der Bundesregierung und ihrem Innen-
minister, dass diese Richtlinienentwürfe, so wie sie jetzt
auf dem Tisch liegen, sofort in den Schreibtischen der
Kommission wieder verschwinden und niemals Gesetz
werden. Dazu sollte Herr Schily in Brüssel, in Luxem-
burg, in Saloniki oder wo auch immer seinen Beitrag
leisten.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504810600


Nächste Rednerin ist die Kollegin Lale Akgün, SPD-
Fraktion.


Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1504810700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich halte

es für wichtig, dass dieses Thema heute auf der Tages-
ordnung steht. Nicht dass ich im Antrag der CDU/CSU
irgendetwas Sinnvolles und Beschließenswertes ent-
deckt hätte, aber man kann anhand dieses Antrags erken-
nen und deutlich machen, wie konfus, konzeptlos und
rückwärts gerichtet die Vorstellungen der Union von Zu-
wanderungspolitik und vom künftigen Europa sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Norbert Geis [CDU/CSU]: Das sind doch Schlagworte! Das sind doch Luftblasen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen der Unionsfraktion,
insbesondere liebe Kollegen Grindel und Schröder, es
gibt kaum ein Thema, das in den letzten Wochen und
Monaten von den Innenpolitikern so intensiv diskutiert
wurde wie dieses: In jeder Sitzungswoche gab es Treffen
der Berichterstatter, für Juli ist eine Anhörung angesetzt
und der Innenausschuss hat mehrfach einzelne Richt-
linien diskutiert. Das Ergebnis all dieser Beratungen ist,

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(C (D ass Sie heute einen Antrag vorgelegt haben, in dem Sie ehaupten, Sie seien nicht ausreichend informiert. Ihre vorgebrachten Argumente zeigen: Es mangelt Ih en nicht an Information, sondern an Verständnis für die usammenhänge und vor allem an europäischem Beusstsein. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Danke, Frau Oberlehrerin! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein europafeindlicher Antrag der CDU!)


Ich will das anhand einiger grundsätzlicher Punkte
die Formulierung der einzelnen Richtlinien diskutieren
ir ja wöchentlich, auch wieder im Anschluss an diese
ebatte – aufzeigen.
Widerspruch eins: Sie beklagen – ich zitiere – „den
eit gehenden Verlust der nationalen Gestaltungsfähig-
eit in Asyl-, Ausländer- bzw. Zuwanderungsfragen“
nd erwarten, dass die Bundesregierung das deutsche
usländerrecht in den Verhandlungen über die Richtli-
ien eins zu eins abbildet. Sie fordern sogar, die Bundes-
egierung müsse ein Veto einlegen, wenn dies nicht voll-
tändig gelinge.
Nur einige Absätze später formulieren Sie folgenden

atz:
Ziel einer europäischen Ausländer-, Zuwande-
rungs- und Asylpolitik muss es sein, im gesamten
Raum der EU gleiche Regelungen für Aufnahme,
Aufenthalt und Aufenthaltsbeendigung von Flücht-
lingen ... zu schaffen ...


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504810800


Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Grindel?


Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1504810900

Bitte.


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1504811000

Frau Kollegin Akgün, ich stimme Ihnen zu, dass wir

äufig – auch gestern im Ausschuss – über diese The-
en gesprochen haben. Aber wie bewerten Sie es denn,
ass die Bundesregierung im Vorfeld des heute tagenden
nnenministerrats zunächst davon gesprochen hat, dass
s bei der Entscheidung über die von mir angesprochene
ichtlinie noch einige schwierige Punkte gebe, über die
inigung zu erzielen sei, weswegen mit einer Einigung
icht zu rechnen sei, und uns eine Presseagentur heute
itteilt, dass sich der Innenminister über diese Richtlinie
erade mit seinen 14 Kollegen verständigt hat?


(Rüdiger Veit [SPD]: Das ist sehr erfreulich! Was meckern Sie denn?)


Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir
war darüber geredet haben – das beklagen wir nicht –,
ir über den wirklichen Verhandlungsstand und darüber,






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
wie der Innenminister die Verhandlungen im Rat voran-
treibt, aber überhaupt nicht informiert werden?


Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1504811100

Herr Kollege Grindel, Sie haben es doch selbst ge-

sagt: Wenn man die Verhandlungsergebnisse vorher
wüsste, bräuchte man nicht mehr zu verhandeln. Was
wollen Sie eigentlich? Gleiche Regeln in ganz Europa,
aber bitte für alle verbindlich mit heute gültigen deut-
schen Rechtsnormen? Oder wollen Sie, dass man wirk-
lich versucht, der europäischen Dimension zur Geltung
zu verhelfen?


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Wo war jetzt die Antwort?)


Sie müssen doch verstehen: Die 15 Staaten haben völ-
lig unterschiedliche – teils liberale, teils restriktive – Re-
gelungen zur Zuwanderung. Wollen Sie, dass wir die Er-
gebnisse schon vorher in der Tasche haben? Das geht
nicht, Herr Grindel.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber wenn man innerhalb von 24 Stunden seine Meinung ändert, ist das doch ein Problem, oder?)


So kann man nicht miteinander verhandeln.
Deutschland besitzt viele Spezifika im Ausländer-

recht, die anderen Staaten völlig unbekannt sind. Wir
unterscheiden zum Beispiel beim Familiennachzug zwi-
schen GFK-Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtig-
ten. In solchen Fragen müssen Kompromisse gefunden
werden, die der Situation aller Mitgliedstaaten gerecht
werden.

Ihre Forderung ist so, als würden die Briten ein ein-
heitliches Verkehrsrecht in der EU fordern; aber nur
dann, wenn alle anderen Staaten auf Linksverkehr um-
stellen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)


Wissen Sie, was bemerkenswert ist? Der Bundesinnen-
minister hat es in zähen Verhandlungen geschafft, in den
meisten Punkten das deutsche Recht abzubilden, sprich:
den Linksverkehr in Europa durchzusetzen. Jetzt kom-
men Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Opposition,
und sagen: Linksverkehr reicht uns nicht; wenn die deut-
sche Norm für die Rückspiegelgröße nicht übernommen
wird, legen wir ein Veto ein.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wenn es in die richtige Richtung geht, machen wir auch Linksverkehr mit!)


Oder um es auf unser Thema zu übertragen: Wegen
einer eventuellen minimalen Änderung des Rechtsstatus
einiger weniger wären Sie bereit, die europäische Eini-
gung in einem solch wichtigen Punkt zu begraben. Darf
ich Sie daran erinnern, dass die Vorgehensweise und die
Zuständigkeit der EU für diese Frage im Amsterdamer
Vertrag geregelt sind? Darf ich Sie daran erinnern, dass
die Unionsparteien den Amsterdamer Vertrag mitgetra-
gen, ja, in ihrer Regierungszeit entscheidend mitverhan-
delt haben? Wo ist denn der europäische Geist Ihrer Par-

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(C (D ei geblieben? Wo ist der europäische Geist – das sage ch als Kölnerin – eines Konrad Adenauer geblieben? Er ürde sich angesichts Ihrer Europaskepsis heute im rab umdrehen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Widerspruch zwei: Sie fordern, dass die Bundesregie-
ung strikt nach dem heute geltenden deutschen Auslän-
errecht und nicht nach dem Zuwanderungsgesetz ver-
andelt. Gleichzeitig lese ich in Ihren Kommentaren zu
en einzelnen Richtlinien, dass Sie sich selbst nicht nach
em deutschen Ausländerrecht richten, sondern andere,
um Teil dem Zuwanderungsgesetz ähnliche Regelun-
en fordern.
Hier ist zum einen die Familienzusammenführung

u nennen. Die Bundesregierung hat es in einem Kraft-
kt geschafft, ein Kindernachzugsalter von zwölf Jahren
urchzusetzen, wie es auch im Zuwanderungsgesetz
teht, übrigens gegen alle anderen Mitgliedstaaten, die
in Nachzugsalter von 18 Jahren haben.
Jetzt sagen Sie Folgendes: Das Nachzugsalter ist noch

mmer zu hoch, Sie wollen ein Nachzugsalter von maxi-
al zehn Jahren, manchmal auch von sechs, wie es ge-
ade passt; wir sollen uns nicht am Zuwanderungsgesetz,
ondern am geltenden Recht orientieren. Das Problem
st: Im geltenden deutschen Ausländerrecht ist das Nach-
ugsalter 16 Jahre. Deswegen müssen Sie mir schon er-
lären, was Sie eigentlich wollen: den mit Ihnen im Zu-
anderungsgesetz ausgehandelten Kompromiss oder das
eltende Recht? Oder, andersherum gefragt: Was ist
ehr, zehn oder 18?
Dann gibt es in Ihrem Antrag die Forderung, fünf Jahre

echtmäßiger Aufenthalt seien nicht ausreichend für die
rlangung eines langfristigen EU-Aufenthaltsrechts.
ch frage mich, wie das mit deutschem Recht konform
eht; denn das sieht schon heute die Erteilung der unbe-
risteten Aufenthaltserlaubnis nach fünf Jahren vor.
Sie fordern einen Integrationsbeitrag durch Erlernen

er deutschen Sprache. An diesem Punkt sind wir uns
öllig einig; aber das steht so nicht im Ausländerrecht,
ondern im Zuwanderungsgesetz.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber nicht in der EU-Richtlinie!)


Es gibt einen dritten Punkt, bei dem wir uns in der Tat
m Zuwanderungsgesetz orientieren, und zwar ganz be-
usst: Das ist die Anerkennung der nicht staatlichen
nd geschlechtsspezifischen Verfolgung als Flucht-
rund. Wir tun das – ich sage es noch einmal – ganz be-
usst, weil wir die Einzigen in Europa sind, die sich ei-
er solchen Statusverbesserung für wenige Hundert
ersonen bisher verschließen. Es kann doch nicht das
iel deutscher Politik sein, im humanitären Bereich auf
wig europäisches Schlusslicht zu bleiben. Da sollten
ie von Ihrer Position herunterkommen. Ihre konservati-
en und christdemokratischen Freunde in den anderen
U-Staaten teilen Ihre Position in diesem Punkt übrigens
uch nicht.






(A) )



(B) )


Dr. Lale Akgün
Widerspruch Nummer drei: Sie fordern von der EU ein
Gesamtkonzept im Bereich Asyl- und Einwanderungs-
politik. Andererseits sprechen Sie der EU an allen Ecken
und Enden die Kompetenz für dieses Thema ab und tor-
pedieren selbst einzelne Richtlinienvorschläge bei jedem
denkbaren Nebensatz.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Absolut europafeindlich!)


Auch da weiß ich nicht, was Sie eigentlich wollen.
Was ich weiß, ist: Sie haben vor kurzem eine hervor-

ragende Gelegenheit verpasst, ein gutes Gesamtkonzept
im Bereich Asyl- und Einwanderungspolitik auf nationa-
ler Ebene mit zu beschließen, nämlich das Zuwande-
rungsgesetz. Auch hier war Ihre Taktik leider genau so
wie heute im europäischen Bereich: zuerst ein Gesamt-
konzept fordern, dann Einzelforderungen für einen Kom-
promiss aufstellen, und wenn die Forderungen dann im
Kompromisspapier stehen, wird das Ergebnis abgelehnt,
weil es nicht der Maximalforderung entspricht. Sie sagen
mal Ja, mal Nein, weil Sie im Bereich Zuwanderung gar
kein Konzept haben und nicht wissen, was Sie wollen.

Einen klugen Satz habe ich in Ihrem Antrag gelesen.
Er heißt:

Wer umfassende Problemstellungen ohne Berück-
sichtigung von Zusammenhängen erledigen will,
verliert zwangsläufig den Überblick.

Der Satz ist nicht deshalb klug, weil wir dadurch im
Thema weiterkämen, sondern deshalb, weil er eine pas-
sende Zustandsbeschreibung Ihrer Politik ist. Zuwande-
rung ist ein komplexes Thema, das eine langfristige Per-
spektive braucht und bei dem alle Zusammenhänge
berücksichtigt werden müssen: Arbeitsmarkt, Demogra-
phie, Integration, Fluchtursachenbekämpfung und vieles
mehr.

Sie verlieren den Überblick, weil Sie zurzeit nur einen
Zusammenhang sehen, nämlich den zwischen konfuser
Zuwanderungspolitik, populistischen Forderungen und
den anstehenden Landtagswahlterminen. Das aber ist
kein Konzept.

Daher rate ich Ihnen: Lassen wir diesen Antrag
schnell verschwinden; denn er ist unaktuell, inhaltlich
falsch und uneuropäisch. Lassen wir ihn verschwinden
und kehren wir zur konkreten Sacharbeit zurück, so wie
wir es in den letzten Wochen und Monaten getan haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Man zeigt nicht mit nacktem Finger auf angezogene Leute!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504811200


Nächster Redner ist der Kollege Stephan Mayer,
CDU/CSU-Fraktion.


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1504811300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen

und Kollegen! Die Vorgehensweise, mit der die Bundesre-

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(C (D ierung beharrlich versucht, ihre Zielsetzungen in puncto uwanderung und Migration durchzusetzen, ist einem beim erhalten von Kleinkindern bestens bekannt. Sie werden es chon öfter festgestellt haben: Wenn ein Kind seinen Willen ei der Mutter nicht durchsetzen kann, dann versucht es ies flugs darauf beim Vater. Rot-Grün ist am 8. Dezember vergangenen Jahres mit dem Zuwanderungsesetz kläglich vor dem Bundesverfassungsgericht gecheitert, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das waren nur formale Gründe wegen Ihres Theaters im Bundesrat!)


at aber nichts Besseres zu tun, als das Zuwanderungs-
esetz wortgleich in den Bundestag einzubringen und
ebenbei über die Hintertür der europäischen Zuwande-
ungs- und Asylpolitik die eigenen ideologischen Ziel-
etzungen zu verfolgen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/
ie Grünen, der Kollege Volker Beck, hat dieses Ansin-
en in verräterischer und offenkundiger Art und Weise
ffenbart, indem er sich nach dem Scheitern des rot-grü-
en Zuwanderungsgesetzes vor dem Bundesverfas-
ungsgericht in der „Welt“ vom 21. Dezember 2002 wie
olgt äußerte:

Dann können wir besser mit dem geltenden Auslän-
derrecht leben und mit den Regelungen, die auf eu-
ropäischer Ebene sowieso kommen …

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Ein weiteres markantes Beispiel für die Ignoranz des
undesinnenministers Schily gegenüber Entscheidungen
es Bundesverfassungsgerichts ist, dass er Ende Mai,
lso erst vor kurzem, in Nürnberg ohne rechtliche
rundlage den im Zuwanderungsgesetz vorgesehenen
achverständigenrat für Zuwanderung und Integration
nstallierte.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

ies stellt eine eklatante Missachtung des Bundesverfas-
ungsgerichts, des Bundestages und des Bundesrates dar.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nahezu unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit

rfolgen auf europäischer Ebene derzeit entscheidende
eichenstellungen für das künftige deutsche Asyl-, Aus-

änder- und Zuwanderungsrecht. Dabei muss allen eines
lar sein: Der einzige Garant dafür, dass wir in Deutsch-
and eine Zuwanderungspolitik betreiben können, die
nsbesondere den gesellschafts- und arbeitsmarktpoliti-
chen Anforderungen entspricht, kann nur die Bundesre-
ierung sein; denn auf europäischer Ebene können wir
ür unsere Belange keine Schützenhilfe erwarten.
Aber die Bundesregierung wird diesem Auftrag nicht

erecht;

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Leider wahr! – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das ist das Problem!)







(A) )



(B) )


Stephan Mayer (Altötting)

denn eine effektive Zuwanderungsbegrenzung ist nicht
das Anliegen der rot-grünen Koalition. Es kann nicht an-
gehen, dass der Bundesinnenminister Schily auf europäi-
scher Ebene nicht auf Grundlage des derzeit in Deutsch-
land gültigen Ausländer- und Asylrechts verhandelt,
sondern auf Grundlage des ideologisch verbrämten Zu-
wanderungsgesetzes.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Ziel ist klar: Es sollen auf europäischer Ebene

vollendete Tatsachen geschaffen werden, weil Ihnen be-
wusst ist, dass das von Ihnen eingebrachte Zuwande-
rungsgesetz in Deutschland in der vorliegenden Form
nie Rechtswirklichkeit erlangen kann.

Es ist ein Unding, dass hinterrücks über die Verab-
schiedung einiger weniger EU-Richtlinien wichtige und
unabdingbare Grundpfeiler unseres Asyl- und Zuwande-
rungsgesetzes ausgehebelt und ausgehöhlt werden. Kein
anderer Staat Europas hat so viele Ausländer aus Nicht-
EU-Staaten wie Deutschland. Zwischen 1996 und 2000
lag die Zahl derjenigen, die im Rahmen des Familien-
nachzugs nach Deutschland kamen, zwischen 55 886
und 75 888 Personen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit den Aussiedlern?)


Die Zahlen weisen also eindeutig eine steigende Ten-
denz auf.

Vor diesem Hintergrund sind die in dem Entwurf ei-
ner Familienrichtlinie beabsichtigten großzügigen Fami-
liennachzugsmöglichkeiten für Deutschland besonders
belastend. So kann es eben nicht angehen, dass ein ei-
genständiges Aufenthaltsrecht bereits nach fünf Jahren
besteht sowie ein Anspruch auf Ehegattennachzug ge-
schaffen wird, auch wenn die Ehe erst nach der Einreise
geschlossen wurde.

Vor dem Hintergrund unserer ohnehin äußerst ange-
spannten Lage unserer sozialen Sicherungssysteme ist es
nicht akzeptabel, dass die Richtlinie den Familiennach-
zug zu Flüchtlingen vorsieht, auch wenn kein ausrei-
chender Nachweis über Wohnraum, Krankenversiche-
rung und Unterhalt erbracht wird.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: RotGrün ist eben familienfreundlich! Auch bei Flüchtlingen!)


Eine generelle Ausweitung der Zuwanderung ist
ebenfalls nicht sachgerecht. Abgesehen davon, dass die
Europäische Union über keinerlei Kompetenz zur Ar-
beitsmarktregelung verfügt und auch nicht verfügen soll,
ist es nicht tragbar, dass angesichts der heute Vormittag ver-
öffentlichten aktuellen Arbeitslosenzahlen von 4,42 Millio-
nen für Deutschland und 15 Millionen für Europa die
Voraussetzungen für Nicht-EU-Ausländer zur Arbeits-
aufnahme in Deutschland drastisch reduziert werden.
Als der Anwerbestopp für Nicht-EU-Ausländer von der
damaligen sozial-liberalen Koalition 1973 verhängt
wurde, betrug die Arbeitslosenquote in Deutschland
1,2 Prozent. Heute beträgt die bundesweite Arbeitslo-
senquote über 10 Prozent. Die rot-grüne Bundesregie-

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(C (D ung beabsichtigt dennoch, den Anwerbestopp für NichtU-Ausländer aufzuheben. Der Richtlinienvorschlag über Bedingungen für die inreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen ur Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständien Erwerbstätigkeit sieht vor, dass ein einklagbarer Anpruch auf einen Aufenthaltstitel geschaffen wird, wenn ine freie Stelle nicht innerhalb von nur drei Wochen anerweitig besetzt werden kann. Ich fordere die rot-grüne undesregierung deshalb nachdrücklich auf, sich mit aler Kraft gegen diesen Richtlinienvorschlag zur Wehr zu etzen; denn schon heute ist der Anteil der Arbeitslosen nter den Ausländern in Deutschland doppelt so hoch ie unter den Deutschen und der Anteil der Sozialhilfempfänger unter den Ausländern ist dreimal so hoch wie nter der deutschen Bevölkerung. Weitere Kernelemente des deutschen Asylund Zuanderungsrechts, die Drittstaatenregelung, die Herunftsstaatenregelung sowie die Flughafenregelung, solen über die Hintertür Europa – die Zahlen sprechen für ich – ad absurdum geführt werden. (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Auch das stimmt doch wieder nicht! – Gegenruf des Abg. Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Natürlich stimmt das!)


Frau Kollegin Sonntag-Wolgast, die Neuerung des deut-
chen Asylrechts aus dem Jahre 1993 hat sich bewährt. So
ank zwischen 1993 und heute die Zahl der Asylbewerber
on 438 000 auf circa 71 000 Personen pro Jahr.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das ist eine Tatsache! – Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unter anderem, weil die Kriege auf dem Balkan beendet worden sind!)


Die Drittstaatenregelung soll nun laut dem Richtli-
ienentwurf über Mindestnormen für Asylverfahren so-
ie Zu- und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft
adurch aus den Angeln gehoben werden, dass es keine
inreiseverweigerung an der Grenze ohne Einleitung ei-
es Asylverfahrens mehr geben darf und dass grundsätz-
ich eine individuelle Einzelfallprüfung zu erfolgen hat.
ine Abweisung an der Grenze durch die Grenzbehör-
en wäre dann nicht mehr möglich und die Drittstaaten-
egelung wäre eine jederzeit widerlegbare Vermutung.
Auch einer Erweiterung des Flüchtlingsbegriffs

ann in der von der Europäischen Union beabsichtigten
orm nicht unwidersprochen zugestimmt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ot-Grün muss sich endlich von dem Wunschgedanken
erabschieden, das gesamte Unheil der Welt auf deut-
chem Boden lösen zu wollen und zu können.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollten sich schämen! – Zurufe von der SPD)


s besteht daher überhaupt kein Anlass, den Flüchtlings-
egriff auf nicht staatliche und geschlechtsspezifische
erfolgung zu erweitern. Abgesehen davon gilt es, ganz






(A) )



(B) )


Stephan Mayer (Altötting)

deutlich darauf hinzuweisen, dass das deutsche Auslän-
derrecht schon in der heute gültigen Form ausreichend
Möglichkeiten bietet,


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


dass Personen, die geschlechtsspezifisch oder nicht
staatlich verfolgt werden, nicht abgeschoben werden
können. Ich erinnere an dieser Stelle an § 53 des Auslän-
dergesetzes.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: So ist es!)


Deutschland ist ein ausländerfreundliches und offenes
Land.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das soll es auch bleiben!)


Die deutsche Bevölkerung ist gerne bereit, Ausländer in
die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Dies sieht man
allein daran, dass in Deutschland mit 9,3 Prozent na-
hezu doppelt so viele Ausländer leben wie durchschnitt-
lich in den anderen Ländern der Europäischen Union.
Nur ist es als politische Verantwortungsträger unsere
Pflicht und Schuldigkeit, die Integrationskraft und die
Integrationsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger in
Deutschland nicht zu überfordern und über Gebühr zu
belasten,


(Sebastian Edathy [SPD]: Das tut doch keiner! – Zuruf der Abg. Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD])


indem die ohnehin schon eine Größenordnung von Städ-
ten wie Dortmund und Nürnberg umfassende jährliche
Zuwanderung von 600 000 Personen ungezügelt und
unkalkulierbar erhöht wird.


(Sebastian Edathy [SPD]: Das ist sehr unsachlich, was Sie hier vortragen!)


Die Bundesregierung kann an der entscheidenden
Stellschraube drehen. Der Bereich des Einwanderungs-
und Zuwanderungsrechts unterliegt auf europäischer
Ebene dem Einstimmigkeitserfordernis. Werden Sie,
meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regie-
rungskoalition, daher endlich Ihrer nationalen Verant-
wortung gerecht! Verhindern Sie eine weitere Liberali-
sierung des Asyl-, Ausländer- und Zuwanderungsrechts
auf europäischer Ebene und sorgen Sie dafür, dass eine
ausgewogenere und gerechtere Verteilung zwischen den
Mitgliedsländern innerhalb der Europäischen Union er-
reicht wird!


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das brauchen wir uns von Ihnen nicht sagen zu lassen!)


Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504811400


Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
Michael Bürsch, SPD-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! er Schluss der Debatte bietet immer die Möglichkeit, on den Aufgeregtheiten, Zuspitzungen, Übertreibungen nd Horrorszenarien auf den Kern dessen zurückzukomen, worüber Sie heute sprechen wollen. Der Kern ist m Grunde die Fragestellung: Wollen wir eine Wagenurg Deutschland, in die möglichst kein Nichtdeutscher ineinkommt, (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Wo leben Sie denn, Herr Bürsch?)

Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1504811500

der wollen Sie der Tatsache Rechnung tragen, dass
eutschland wie auch seine Nachbarn ein Land ist,


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Die gleiche Zuwanderung hat wie England und Frankreich!)


as Zuwanderung und Abwanderung erlebt?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Aber gesteuert und begrenzt!)


Noch wichtiger ist die Frage: Wollen wir eine Lösung
ür Deutschland, also nach deutschem Muster, auf 14 an-
ere Länder übertragen – ab nächstem Jahr auf zehn wei-
ere Länder – oder wollen wir im 21. Jahrhundert eine
ortschrittliche Lösung für – das betone ich – Europa, die
er Tatsache der Globalisierung Rechnung trägt? Sie,
iebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, ha-
en praktisch nur über Deutschland, Deutschland,
eutschland gesprochen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nun aber langsam! – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Na, na!)


ie wollen den Ausländer an sich nicht. Er ist in Ihrer
eltanschauung ein Problem.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Clemens Binninger [CDU/ CSU]: Haarsträubend! – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das ist wirklich Quatsch! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


as ist keine Grundlage für eine humane und fortschritt-
iche Lösung.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504811600


Herr Kollege Bürsch, gestatten Sie eine Zwischen-
rage des Kollegen Grindel?


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1504811700

Herr Grindel, wenn Sie später auf Ihre Zwischenfrage

urückkommen, gerne.
Eines will ich Ihnen aus didaktischen Gründen vor
ugen führen – Stichwort: Europa; es ist immer wieder
inmal gut, auf die Grundlagen einzugehen –: Der Euro-
äische Rat von Tampere hat im Oktober 1999 grundle-
ende politische Vorgaben für eine europäische Migrati-
nspolitik definiert. Die Eckpunkte lauten:






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch
Erstens. Die Europäische Union soll eine umfassende
Asyl- und Einwanderungspolitik entwickeln und dabei
der Notwendigkeit der Kontrolle der Außengrenzen
Rechnung tragen. – Das ist ein Auftrag.

Zweitens. Die Gemeinschaft bekennt sich für die Berei-
che Flucht und Asyl umfassend zur Genfer Flüchtlingskon-
vention und zu den einschlägigen Menschenrechtsüberein-
künften wie der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Drittens. Es soll ein gemeinsames Konzept zur Inte-
gration von Drittstaatsangehörigen erarbeitet werden,
die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Europäischen
Union haben.

Viertens. Die gemeinsame Integrationspolitik wird da-
rauf gerichtet, den rechtmäßig in der EU ansässigen Dritt-
staatsangehörigen „vergleichbare Rechte und Pflichten
wie EU-Bürgern zuzuerkennen“.

Fünftens. Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung im
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben ist inso-
weit auch von Bedeutung.

Genau darüber sollten wir heute reden, was Sie aber
nicht getan haben. Wir wollen eine europäische Rege-
lung. Statt sich mit diesen Vorgaben von der europäi-
schen Ebene zu befassen, haben Sie einen Antrag vorge-
legt, der einen schlichten Rückzug in nationalstaatliche
Denkschemata verfolgt.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Es geht um die Vertretung deutscher Interessen!)


Wie widersprüchlich und zum Teil auch kontrapro-
duktiv für unsere nationalen Interessen Ihre Vorstellun-
gen sind, demonstriere ich an einem Beispiel – ich
nehme hier das von Herrn Grindel angeführte Stichwort
der Lastenverteilung auf –: Es gibt eine Richtlinie zum
vorübergehenden Schutz in Massenzustromsituationen,
wie es im EU-Deutsch heißt. Diese Massenzuflucht-
Richtlinie reagiert auf die im Jugoslawienkonflikt verur-
sachte Massenflucht in Mitgliedstaaten der Gemein-
schaft in den 90er-Jahren. Angestrebt wird eine gerechte
Lastenverteilung durch die EU-Ebene in Situationen des
Massenzustroms. Flüchtlinge sollen gleichmäßig verteilt
werden. Dabei obliegt es zwar den Mitgliedstaaten, die
Aufnahmekapazitäten mitzuteilen; damit ist aber nicht
zu hinterfragen, inwieweit die Richtlinie effektiv ist.

Die Richtlinie nimmt insbesondere ein deutsches An-
liegen auf: den Grundsatz der Aufgabenteilung und Las-
tengerechtigkeit. Inwieweit dieser Grundsatz noch wei-
terentwickelt werden könnte, ist hier nicht die Frage.
Aber mit Maximalpositionen, wie Sie sie fordern, hätte
die Bundesregierung die Verabschiedung dieser Richtli-
nie unterminiert. Im Ergebnis wäre dann ein System der
Lastenverteilung bei Massenfluchtsituationen überhaupt
nicht zustande gekommen. Dann hätten wir befürchten
müssen, in einem erneuten Fall wiederum ein „Haupt-
nachfrageland“ von Flüchtlingen zu werden. Das wollen
sicherlich auch Sie nicht. Mit der nun verabschiedeten
Richtlinie – hier hat die Bundesregierung in unserem In-
teresse gehandelt – kann sich die Bundesrepublik auf
eine gerechte Verteilung unter den Mitgliedstaaten der

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(C (D U berufen. Genau dies entspricht ureigenem deutschen nteresse. Herr Kollege Bürsch, lassen Sie jetzt eine Zwischenrage des Kollegen Grindel zu? Ich freue mich über jedes Interesse von Herrn rindel. Herr Kollege Bürsch, ich habe mich schon zu einer wischenfrage gemeldet, als Sie von der Wagenburg eutschland sprachen. Können Sie bestätigen, dass es eim EU-Gipfel in Nizza Bundeskanzler Schröder und er hier zeitweise anwesende Außenminister Fischer waen, die sich dort massiv für das Prinzip der Einstimmigeit beim Asyl-, Ausländerund Zuwanderungsrecht ingesetzt haben, und können Sie mir einmal erklären, orin das Problem besteht, wenn wir verlangen, dass ich die Bundesregierung an das hält, was sie sich in izza selbst eingehandelt hat – damals stand ich, wie Sie issen, vor der Tür und habe das genau verfolgt –, und arum Sie uns jetzt vorhalten, dass wir die Bundesregieung an die Möglichkeit der Einstimmigkeit erinnern, ie sie in Nizza selbst ausgehandelt hat? Ich beantworte Ihnen diese Frage gerne. Meine Antort ergibt sich aus dem, was ich am Anfang meiner ede gesagt habe. Wir suchen eine europäische Lösung, err Grindel. Eine solche Lösung kann nur ein Komproiss aus den Interessen von 15 europäischen Ländern ein. Es kann in keinem Falle heißen, dass sich ein Land it seinen Vorstellungen durchsetzt. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Warum ist das verhandelt worden?)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504811800
Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1504811900
Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1504812000
Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1504812100

iese Lösung müssen wir zusammen mit den anderen
ändern suchen, und zwar auf der Grundlage dessen,
as alle beteiligten Länder wollen und was dann im eu-
opäischen Interesse ist. Dabei hilft das Einstimmig-
eitsprinzip, auf das Sie sich jetzt berufen, nicht weiter.
ir müssen anerkennen, dass dies nur mit Blick auf das
eht, was wir für die europäische Ebene brauchen, zu der
emnächst nicht mehr 15, sondern 25 Länder zählen
erden. Wir müssen über unseren nationalen Tellerrand
inausschauen und die Wagenburg verlassen, die ich in
hren Anträgen sehe.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Fälschlicherweise!)


Kolleginnen und Kollegen, es geht um ein solidari-
ches europäisches Gemeinwesen. Dafür müssen wir
eues Recht schaffen und dürfen nicht eine Fortsetzung
eutschen Rechtes verlangen.
An die Adresse des Kollegen Stadler richte ich einen
inweis zur Verbesserung seines berechtigten Anlie-
ens, was die Beteiligung des Parlaments angeht. Na-






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch
türlich brauchen wir eine Rückkopplung. Aber muss es
denn die Rückkopplung auf die nationale Ebene sein? Ist
dies tatsächlich die Ebene, die für eine europäische par-
lamentarische Kontrolle richtig ist? Bei dem Bau des eu-
ropäischen Hauses ist doch vielmehr anzustreben, dass
die Demokratisierung auf Gemeinschaftsebene erfolgt,
was bedeutet, dass das Europäische Parlament beteiligt
wird. Wir sollten also nicht so sehr an unsere eigenen In-
teressen denken, sondern sollten die europäischen Parla-
mentarier an dem Gesetzgebungsverfahren beteiligen.
Würden alle Mitgliedstaaten ihre Ausnahmen und Be-
schränkungen im Rahmen der europäischen Harmonisie-
rung verankern wollen, dann wäre das Niveau des Har-
monisierungsprozesses zwangsläufig sehr niedrig.
Europäische Integration lässt sich auf diese Weise si-
cherlich nicht erreichen.

Insofern brauchen wir eine europäische Harmonisie-
rung von Ausländer-, Asyl- und Zuwanderungspolitik
auf einem hohen Niveau, genau so, wie es der Gipfel von
Tampere 1999 beschrieben hat und wie Sie es damals
auch nicht bestritten haben. Die völkerrechtlichen Ver-
pflichtungen und Maßstäbe des Menschenrechts müssen
dabei, wie es ebenfalls in Tampere gesagt worden ist,
eine entscheidende Rolle spielen; denn nur so wird durch
gesamteuropäische Zuwanderungs- und Integrationspo-
litik eine gleichmäßige Verteilung der Lasten und der
Belastungen, die mit der Aufnahme von Drittstaatsange-
hörigen bzw. Asylsuchenden verbunden sein können, auf
alle Mitgliedstaaten erreicht.

Wir werden nur zu vernünftigen Ergebnissen kom-
men, wenn alle Mitgliedstaaten tatsächlich bereit sind,
Abweichungen von ihrem Recht in Kauf zu nehmen und
anzunehmen. Dafür brauchen wir keine nationalen
Scheuklappen, sondern den europäischen Blick.

Für die CDU/CSU hilft vielleicht ein Hinweis auf
Konrad Adenauer; meine Kollegin Akgün hat schon ei-
nen solchen gegeben. Ich sage Ihnen etwas, was Konrad
Adenauer in seiner Weisheit und in seiner Europaorien-
tiertheit schon vor 50 Jahren geäußert hat:

In der Politik ist es niemals zu spät. Es ist immer
Zeit für einen neuen Anfang.

Gerade für die Europapolitik des 21. Jahrhunderts, für
das Zeitalter von Globalisierung und des Wegfalls von
Grenzen sollten Christdemokraten im Sinne Adenauers
in der Tat einen neuen Anfang wagen. Nur Mut!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Norbert Geis [CDU/CSU]: Das gilt auch für die SPD!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504812200


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/655 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

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(C (D Bevor wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum ächsten Tagesordnungspunkt kommen, darf ich Sie biten, sich von Ihren Plätzen zu erheben. Heute Mittag erreichte uns die Nachricht vom Tod nseres Kollegen Jürgen Möllemann. Noch wissen wir ichts über die näheren Begleitumstände seines plötzlihen Todes. Jürgen Möllemann gehörte seit der siebten Wahlperi de dem Deutschen Bundestag an. Er hat in dieser Zeit uf Bundesund Landesebene wichtige politische Positinen ausgefüllt. Die Kritik an seiner Person, die besoners in den letzten Monaten in den Medien zu lesen war, arf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Jürgen öllemann in seiner jahrzehntelangen politischen Arbeit ehr viel Anerkennung erworben hat. Wir trauern um unseren verstorbenen Kollegen und rücken seiner Familie unser tief empfundenes Beileid us. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 8 a und 8 b uf: a)


(Die Anwesenden erheben sich)



(3. Ausschuss)

Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der
Internationalen Sicherheitspräsenz im Ko-
sovo zur Gewährleistung eines sicheren Umfel-
des für die Flüchtlingsrückkehr und zur mili-
tärischen Absicherung der Friedensregelung
für das Kosovo auf der Grundlage der Resolution
1244 (1999) des Sicherheitsrats der Vereinten
Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militä-
risch-Technischen Abkommens zwischen der
Internationalen Sicherheitspräsenz (KFOR)

und den Regierungen der Bundesrepublik
Jugoslawien und der Republik Serbien vom
9. Juni 1999

– Drucksachen 15/1013, 15/1118 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gert Weisskirchen (Wiesloch)

Dr. Friedbert Pflüger
Dr. Ludger Volmer
Dr. Werner Hoyer

b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 15/1132 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Hermenau
Lothar Mark
Herbert Frankenhauser
Dietrich Austermann
Jürgen Koppelin

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Petra Heß, SPD-Fraktion.


Petra Heß (SPD):
Rede ID: ID1504812300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, dass ich
angesichts meiner kurzen Redezeit darauf verzichte,
noch einmal alle Argumente anzuführen, die dafür spre-
chen, dem Antrag der Bundesregierung zuzustimmen.

Keinem ist der Beschluss seinerzeit leicht gefallen.
Der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping
selbst war es, der einräumte, dass alle in der Regierung
Bedenken hatten. Um eine humanitäre Katastrophe im
Kosovo zu verhindern, blieb jedoch keine andere Wahl.

Wenn man heute, Jahre später, die Berichte liest und
vor Ort sieht, was sich dort bereits entwickelt hat, so
zeigt das, was sich im Kosovo noch entwickeln kann. Ich
denke, dass man aus diesem Grunde seine Meinung hin-
sichtlich der Auslandseinsätze der Bundeswehr ruhig
korrigieren darf.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Jawohl!)

Ich selbst habe das jedenfalls getan und auch andere ha-
ben ihre Haltung in dieser Frage geändert.

Auf welch wackligen Beinen der Frieden im Kosovo
nach wie vor steht, belegen Beispiele: die serbische Leh-
rerin, die auf ihrem täglichen Arbeitsweg von KFOR-
Soldaten begleitet werden muss, das Kloster, das von
deutschen Soldaten bewacht werden muss, oder die Ort-
schaft Nowake, immer noch ein gefährdetes Vorzeige-
projekt für die Rücksiedlung von serbischen Flüchtlin-
gen, in der mit EU-Geld Häuser wieder aufgebaut
werden. Deutsche Soldaten wachen über die Sicherheit
der Menschen. Sie tun Friedensdienst, und zwar im
wahrsten Sinne des Wortes.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich stimme mit Verteidigungsminister Struck überein,
der sagt, der Einsatz von KFOR und SFOR gleiche ein
wenig der Hilfe eines Großvaters, der das Enkelkind auf
dem Fahrrad hält. Wie er bin ich der Meinung, dass En-
kelkinder irgendwann auch alleine fahren müssen, doch
ist das Kind zum gegenwärtigen Zeitpunkt einfach noch
nicht so weit. Ich füge hinzu und gebe zu bedenken:
Stürzt ein Kind, weil es zu früh losgelassen wird, wird
seine Angst umso größer und es dauert nur noch länger,
bis es sich das nächste Mal allein aufs Fahrrad traut.

Das KFOR-Mandat ist die Voraussetzung für den zi-
vilen Wiederaufbau. Das Kosovo hat die entscheidende
Schlüsselfunktion bei der Orientierung der gesamten Re-
gion hin zu einem Europa der Integration. Demnach ist
das Mandat für Frieden und Stabilität unerlässlich.

Versuche, die behauptete Unrechtmäßigkeit des Ko-
sovo-Einsatzes und einer Beteiligung an ihm gerichtlich
feststellen zu lassen, haben in keinem Fall zum Erfolg
geführt. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Be-
gründung seines Beschlusses vom 25. März 1999 klarge-

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(C (D tellt, dass das Grundgesetz den Bund ermächtigt, sich inem System kollektiver Selbstverteidigung wie der ATO anzuschließen und sich mit eigenen Streitkräften n Einsätzen zu beteiligen, die im Rahmen solcher Sysme vorgesehen sind und nach ihren Regeln stattfinden. ie deutsche Beteiligung am Kosovo-Einsatz stellte soit keinen Verstoß gegen das Grundgesetz dar. Die Regierungsparteien haben im Zusammenhang mit em Einsatz im Kosovo vielfach unsachliche Schelte nd Kritik seitens der Friedensforschung und aus den eihen der Friedensbewegung erfahren müssen. Der Dilog war stellenweise schwierig oder gar unterbrochen. uf beiden Seiten besteht aber das Interesse, gerade uch bei der Suche nach Antworten auf die genannten euen Herausforderungen, diesen kritischen Dialog fortusetzen. Der Philosoph Immanuel Kant hat schon vor mehr ls 200 Jahren den Anspruch erhoben, dass der Frieden ls eine Bedingung, als Mittel und Ziel allen politischen andelns zu gelten hat. Vor diesem Hintergrund dienen ie Soldaten im Kosovo dem wohl größten Ziel und der rößten Sehnsucht der Menschheit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich denke im Übrigen, die Bundeswehr wird heute
eltweit als Armee des Friedens und der Freiheit wahr-
enommen. Mit dem Einsatz im Kosovo wird sie diesem
rteil einmal mehr gerecht.


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das war sie schon immer!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin froh, dass
Bundestag hinsichtlich dieses Einsatzes der Bundes-
ehr ein so großes Einvernehmen herrscht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as sind wir den Menschen in der Region schuldig, das
ind wir aber auch unseren Soldatinnen und Soldaten
chuldig, die ein Recht darauf haben, bei ihrem schwieri-
en und gefährlichen Dienst die breite Unterstützung des
eutschen Bundestages hinter sich zu wissen.
Ich möchte es daher nicht versäumen, allen Soldatin-

en und Soldaten der Bundeswehr ganz herzlich zu
anken, die für Freiheit und Demokratie im Kosovo ein-
eten und eine unverzichtbare Aufbauarbeit leisten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


ch füge abschließend hinzu: Ich möchte auch ihren Fa-
ilien dafür danken, dass sie diese Entscheidung mittra-
en.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504812400


Liebe Kollegin Heß, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer ers-
ten Rede in diesem Hohen Hause und wünsche Ihnen
persönlich und politisch alles Gute.


(Beifall)

Das Wort hat der Kollege Kurt Rossmanith, CDU/

CSU-Fraktion.


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1504812500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir haben jetzt zum wiederholten Male eine
Entscheidung über die Verlängerung des Mandats für un-
sere Streitkräfte, derzeit 3 800 Soldaten, im Kosovo zu
treffen. Ich betone ausdrücklich, dass die CDU/CSU ei-
ner erneuten Verlängerung des Mandats nur unter der
Bedingung zustimmt, dass sie auf ein weiteres Jahr be-
fristet wird, auch wenn diese Befristung im Antrag ex-
pressis verbis nicht enthalten ist. Vor Ablauf eines Jahres
werden wir uns über mögliche weitere Verlängerungen
zu unterhalten haben.

Ich sage Ihnen aber auch, dass uns diese Entschei-
dung alles andere als leicht fällt. Natürlich hat sich die
Sicherheitslage im Kosovo verbessert und auch die po-
litische Konsolidierung macht deutliche Fortschritte. Al-
lerdings können wir bei weitem noch nicht zufrieden
sein. Erinnern wir uns daran, dass im Juni 1999, als das
Mandat mit unserer ersten Zustimmung beschlossen
wurde, nicht nur die Sicherheitslage, sondern die ge-
samte Lage im Kosovo äußerst fragil war. Ich glaube, es
ist mit ein ganz wesentliches Verdienst unserer dort ein-
gesetzten Soldaten, dass sich die Situation innerhalb die-
ser vier Jahre so deutlich, wenn auch – ich betone es
noch einmal – bei weitem noch nicht zufriedenstellend,
zum Positiven entwickelt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb ist die internationale Öffentlichkeit voll des Lo-
bes über die Arbeit und die Pflichterfüllung unserer Sol-
daten, die sich durch ein umsichtiges Handeln und eine
große Professionalität auszeichnen. Auch ich möchte
mich dem Dank anschließen. Ich betone ausdrücklich
noch einmal den Dank an unsere Soldaten, die dort im
Kosovo Dienst leisten, aber auch an alle Soldaten der
Bundeswehr, die außerhalb unseres Vaterlandes in
schwierigen Einsätzen Dienst leisten für die Wiederher-
stellung von Frieden und Freiheit und zum Wohle der
dort lebenden Menschen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Man kann nicht oft genug betonen, meine sehr verehr-
ten Damen und Herren, dass es uns die derzeitige Koali-
tion von Rot und Grün nicht leicht macht, einen derarti-
gen Antrag zu unterstützen oder einen Beschluss
mitzutragen. Ich will dazu kurz einige Punkte festhalten:

Erstens. Die Frage geht an die Bundesregierung, aber
natürlich auch an die sie tragenden Fraktionen: Weshalb
lassen die sich hier alles gefallen? Zum wiederholten
Male erhalten wir den Antrag zur Verlängerung des

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(C (D andats im allerletzten Moment. Heute ist der 5. Juni. eder weiß, dass dieses Mandat am 11. Juni auslaufen ürde, wenn wir nicht heute den Verlängerungsbechluss fassen. In sechs Tagen ist überhaupt keine Disussion möglich. Zweitens. Es fehlt – ich habe es eingangs schon erähnt – eine klare Aussage darüber, dass die Verlänge ung nur für ein Jahr gilt und dann ein neuer Beschluss efasst werden muss, wenn die Voraussetzungen gegeen sein sollten. Drittens. In diesem Antrag sind keinerlei Aussagen ber die finanziellen Auswirkungen enthalten. Es steht ur ganz lapidar in einem Satz, dass im Haushalt Vororge getroffen worden sei. Das ist überhaupt nicht mögich; denn der Haushalt 2004 wurde in diesem Parlament nd in den entsprechenden Ausschüssen noch nicht disutiert, geschweige denn beschlossen. Der vierte Punkt, den ich hier ansprechen will, betrifft ie Haushaltslage. Jeder weiß: Das Finanzkorsett für nsere Streitkräfte ist viel zu eng. Herr Bundesminister truck, die 24,4 Milliarden Euro sollen bis 2006 versteigt werden. Man muss es der Bundesregierung lassen: m Wortschöpfungen ist sie nicht verlegen. Jeder, der raußen das Wort verstetigen hört, meint, das sei eine anz tolle Sache. Im Endeffekt heißt verstetigen aber, ass die Mittel weiter abnehmen, weil die laufenden osten bis zum Jahr 2006 ansteigen werden. Dass aber die Zusage, die sowohl vom Bundeskanzler ls auch vom Finanzminister zu hören war, die Streiträfte würden von den Streichungen ausgenommen, ängst konterkariert wird, zeigt der gestrige Hinweis des inanzministers, dass von der vorgesehenen Haushaltsperre in Höhe von 100 Millionen Euro die Streitkräfte icht ausgenommen werden. Sie sind zwar nur mit Millionen Euro betroffen, aber sie wurden nicht ganz usgenommen. Deshalb ist die Aussage, dass die Streiträfte von eventuellen Kürzungen ausgenommen weren, als sehr vage zu beurteilen. (Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Kurt, sag doch mal etwas zum Mandat!)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)


Die Realität und die Aussichten für unsere Streitkräfte
ind sehr düster. Deshalb – das darf ich abschließend
och sagen – fällt es uns nicht leicht, zuzustimmen.
enn wir das dennoch tun, dann schlicht und einfach in
er Gewissheit, dass absehbar ist – das hoffe ich zumin-
est; das wurde uns in der Vergangenheit dargelegt –,
ass die Anzahl der Bundeswehrsoldaten im Kosovo
on der Kürzung der Mannschaftsstärke insgesamt be-
roffen sein wird, sodass wir in Zukunft nicht mehr
800 Soldaten dorthin entsenden müssen.

Dr. Peter Struck (SPD):
Rede ID: ID1504812600
Tragen

ie dafür Sorge – nicht erst seit der Diskussion um Af-
hanistan vor wenigen Tagen –, dass unsere Streitkräfte,
ie im Ausland im Einsatz sind, die notwendige Ausrüs-
ung erhalten und dass dort, wo minensichere Fahr-
euge notwendig sind, sie in erforderlicher Anzahl vor-
anden sind. Das ist eine Bitte und eine Aufforderung,






(A) )



(B) )


Kurt J. Rossmanith
die uns alle berührt. Eine derartige Zusage würde uns die
Zustimmung wesentlich erleichtern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504812700


Nächster Redner ist der Kollege Ludger Volmer,
Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504812800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Dass wir heute so unaufgeregt und relativ harmo-
nisch über das Thema Verlängerung des KFOR-Einsat-
zes reden können, zeigt, dass die Befassung mit diesem
Thema zu einer gewissen Routine geworden ist, aller-
dings zu einer Routine, die zwiespältig zu beurteilen ist.

Positiv daran finde ich, dass es zur Normalität gehört
und dass es akzeptiert wird, dass sich die Bundeswehr an
internationalen Friedenseinsätzen – ich betone: Frie-
denseinsätzen – beteiligt. Der Einsatz im Kosovo hat
deutlich gemacht, dass es nach wie vor notwendig ist,
dass eine stabilisierende internationale Schutzmacht vor
Ort ist, um den Wiederaufbau und den Konsolidierungs-
prozess in dieser Region zu begleiten.

Der Grund, warum es als zwiespältig zu beurteilen ist,
besteht darin, dass wir heute zum wiederholten Male das
Mandat verlängern müssen. Das ist ein Indiz dafür, dass
die selbsttragenden Friedens- und Entwicklungspro-
zesse, die wir uns für die Region erhofft hatten, noch
nicht die Dynamik gewonnen haben, die wir wollten.
Deshalb können wir heute feststellen: Wir brauchen
nach wie vor den Einsatz von KFOR im Kosovo. Des-
halb werden wir ihm auch zustimmen. Neben und be-
gleitend zu diesem Einsatz brauchen wir aber neue poli-
tische Initiativen, um endlich zu einem nachhaltigen
Frieden zu kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


In diesem Sinne begrüßen wir es auch, dass die De-
batten in den letzten Monaten wieder an Dynamik ge-
wonnen haben. Wir sehen viele positive Elemente in der
Entwicklung des Kosovo, etwa die Integration ehemali-
ger UCK-Kämpfer in ordentliche Sicherheitsagenturen.
Wir hoffen zumindest, dass diese Integration gelingt.
Darüber hinaus sehen wir Fortschritte im Verwaltungs-
aufbau und im Bildungswesen.

In diesem Zusammenhang sollten wir dem deutschen
Diplomaten Michael Steiner, der dort nun als Sonderbe-
auftragter für die UNO fungiert, zum Ende seiner Amts-
zeit einen sehr herzlichen Dank für sein großes Engage-
ment aussprechen.


(Beifall im ganzen Hause)

Wenn man das Engagement von Steiner kennt, sich an-
sieht, wie viel er im positiven Sinne dort durcheinander-
gerüttelt und zusammengebracht hat und sich die dorti-
gen Defizite anschaut, dann kann man ermessen, wie
riesig die Aufgabe ist, die noch vor uns liegt, und wie

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(C (D ichtig es ist, dass die internationale Gemeinschaft dort eiterhin mit der militärischen Schutztruppe engagiert leibt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die internationale Gemeinschaft hat die Formel ge-
rägt, dass im Kosovo zunächst einmal die demokrati-
chen Standards, die Standards des Zusammenlebens
nd die multiethnischen Standards festgelegt werden
üssen, bevor man über den Endstatus des Kosovo dis-
utieren kann; das war auch immer die Auffassung von
teiner und der Bundesregierung. Diese Formel bleibt
ielleicht richtig. Jeder bekommt aber mit, dass subtil
ber den Status geredet wird. Ohne harte Thesen in der
ebatte aufzustellen, sollte man sich vielleicht den einen
der anderen experimentellen Gedanken erlauben, um
icht nur der Statusfrage näher zu kommen, sondern
uch, um die Entwicklung der Standards zu beflügeln;
enn man könnte ja auch die These aufstellen, dass die
ntwicklung der Standards von dem vorgestellten End-
tatus abhängig ist.
Es ist ein Unterschied, ob diejenigen, die nationale

der nationalstaatliche Ambitionen haben, sich dabei ei-
en altmodischen Nationalstaat vorstellen, der sich ge-
enüber den Nachbarn igelig und stachelig darstellt,
öglichst krass abgrenzt und von einem möglichst gro-
en Imponiergehabe geprägt sein muss, oder ob dies ein
ationalstaat ist, dessen Nationalstaatlichkeit in einem
orgestellten europäischen Prozess schon wieder ver-
lüssigt wird. Nicht zuletzt deshalb sollten wir parallel
ur Befürwortung von KFOR wieder die Diskussion auf-
ehmen und verstärken, die wir immer mal wieder ge-
ührt haben. Diese wird jetzt vielleicht notwendiger als
uvor, da wir hier den europäischen Erweiterungspro-
ess beschlossen haben. Wir sollten darauf hinarbeiten,
ass alle Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawi-
ns, auch diejenigen, die heute noch nicht an dem Pro-
ess beteiligt sind, eine europäische Perspektive erhalten


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Markus Löning [FDP])


nd diese europäische Perspektive sehen und nutzen, um
hre eigenen nationalstaatlichen Vorstellungen an dem
uropäischen Modell zu überprüfen und zu relativieren,
m dadurch möglicherweise auch die Entwicklung der
nternationalen Standards, die wir uns wünschen und
orstellen, zu beschleunigen.
Es geht also um eine europäische Perspektive. Alle
ürger der europäischen Staaten, auch die der Balkan-

taaten, die ansonsten in naher Zukunft vom EU-Inland
mgeben sein werden, müssen die Möglichkeit haben,
ich selbst als Bürger dieses vereinigten Europas zu be-
reifen und zumindest perspektivisch dort ihre Entwick-
ungsrichtung zu sehen.
Wir hoffen, dass dies positive Auswirkungen auf die

ntwicklung der Standards hat und die militärische Flan-
ierung auf mittlere Sicht überflüssig macht.
Vielen Dank.






(A) )



(B) )


Dr. Ludger Volmer

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Markus Löning [FDP])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504812900


Ich erteile dem Kollegen Günther Nolting, FDP-Frak-
tion, das Wort.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1504813000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-

deswehr bleibt auch weiterhin ein verlässlicher Partner.
Sie ist größter Truppensteller im Rahmen internationaler
Friedenseinsätze. Viele tapfere und tüchtige Soldatinnen
und Soldaten riskieren ihr Leben für Deutschlands au-
ßenpolitische Reputation und vor allem für die notwen-
dige Sicherung des Friedens in der Welt. Dafür möchte
auch ich den Soldatinnen und Soldaten an dieser Stelle
im Namen der gesamten FDP-Fraktion danken.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich danke aber auch den Soldatinnen und Soldaten,
die hier vor Ort in Deutschland eine hervorragende Ar-
beit leisten. Den Willen der Politik, lediglich mit einem
Bundestagsbeschluss und der fortlaufenden Freigabe
von etwas mehr als 1 Milliarde Euro für die Verlänge-
rung des SFOR- und KFOR-Einsatzes zu bekunden,
wäre zu einfach und zu wenig. Es muss vielmehr von po-
litischer Seite gewährleistet werden, dass beste Voraus-
setzungen für eine professionelle Vor-Ausbildung und
die Unterstützung deutscher Kräfte im Ausland durch
Bereitstellung modernster Ausrüstung und modernsten
Materials geschaffen werden. Dazu gehört auch die beste
Betreuung der Familien und der Freunde in Deutsch-
land. Nur so kann ein andauerndes Engagement in inter-
nationalen Einsätzen stattfinden und die Motivation der
Soldatinnen und Soldaten erhalten bleiben. Auch über
die Einsatzlänge und die Einsatzhäufigkeit werden wir
uns im Verteidigungsausschuss und auch hier im Deut-
schen Bundestag noch einmal unterhalten müssen. Hier
brauchen wir Veränderungen und Verbesserungen.


(Beifall bei der FDP)

Der Einsatz im Kosovo muss verlängert werden. Da-

für steht die FDP-Bundestagsfraktion. Wir werden dem
Antrag zustimmen. Aber es darf nicht zu einem Verlän-
gerungsautomatismus kommen. Herr Kollege Volmer,
Sie haben es angesprochen und ich schließe mich Ihnen
gerne an: Dies darf nicht zur Routine werden. Die Auf-
träge der Soldaten – ich hoffe, dass wir hier übereinstim-
men – müssen ständig auf Aktualität und Notwendigkeit
überprüft werden. Nicht nur ich, sondern auch die Solda-
tinnen und Soldaten stellen sich die Frage: Warum und
wie lange bleibt die Bundeswehr im Kosovo? Die Bun-
desregierung muss die Frage beantworten: Wie sieht das
politische Ziel einer fortwährenden Präsenz aus?

Herr Struck und Herr Außenminister Fischer, hier
sind Sie gefragt. Auch Sie müssen sich fragen lassen: Ist
die Aufbauhilfe durch die CIMIC-Verbände überhaupt
noch notwendig? Sind die Kriegsschäden nicht weit-

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(C (D ehend beseitigt? Geht es nun nicht vorrangig um den olitischen Wiederaufbau im Kosovo? Ich sage noch inmal: Hier steht die gesamte Bundesregierung in der erantwortung. Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir ein per önliches Wort. Sie werden verstehen, dass es mir als bgeordneten der FDP aus Nordrhein-Westfalen, der en Kollegen Möllemann – er war einer meiner Vorgäner im Amt des verteidigungspolitischen Sprechers – ehr als 30 Jahre gekannt hat, nicht leicht fällt, heute ier zu stehen. Ich meine, dass beim Tod eines Kollegen ie politischen Differenzen beiseite zu stehen haben. In iesen Stunden und Tagen haben wir an die Familie zu enken, an die Ehefrau und an die Kinder. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504813100


Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Detlef
zembritzki für die SPD-Fraktion.


Detlef Dzembritzki (SPD):
Rede ID: ID1504813200

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr ge-

hrte Kollegen! Vor einigen Tagen erklärte der Leiter des
tabilitätspaktes, Erhard Busek, in einem Interview, es
ebe heute auf dem Balkan keine militärische Bedro-
ung mehr. Ganz so optimistisch, wie Herr Busek dies
ieht, schätze ich die Lage noch nicht ein. Ich denke,
rotz der grundsätzlichen Aussagen aller meiner Vorred-
erinnen und Vorredner haben wir, als wir uns auf dieses
andat einließen, gewusst, dass wir dafür einen langen
tem brauchen würden.
Ein Teil der Wegstrecke hin zu einem stabilen und de-
okratischen Kosovo ist zurückgelegt, aber es bleibt
och viel zu tun. Solange Wohngebiete mit Waffenge-
alt vor Übergriffen zu schützen sind und Zivilisten es-
ortiert werden müssen, wird es ohne militärische Prä-
enz nicht gehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der KFOR-Einsatz im Kosovo hat gewalttätige Aus-

inandersetzungen erfolgreich verhindert. Dennoch
ommen wir nicht umhin, uns über kurz oder lang mit
inigen elementaren Fragen auseinander zu setzen.
ierzu gehört – Herr Volmer hat das angesprochen –
uch die Diskussion über den völkerrechtlichen Status
es Kosovo. Ich finde es aber auch notwendig, nochmals
arauf hinzuweisen, dass ein erkennbarer oder ein noch
rkennbarerer Prozess, als das vielleicht jetzt schon der
all ist, notwendig wird, damit der innergesellschaftliche
ialog, der sich mit den Pflichten und den Standards ei-
er gedeihlichen Koexistenz auseinander zu setzen hat,
rkennbar wird und damit die Toleranz und das gedeih-
iche Zusammenleben akzeptiert werden. Ich denke, das
st eine unabdingbare Forderung, die wir hier immer
ieder einzubringen haben. Bei diesen Pflichten und
tandards beziehe ich ausdrücklich die Roma ein, die






(A) )



(B) )


Detlef Dzembritzki
gewiss nicht am wenigsten gelitten haben, deren Leiden
jedoch am wenigsten beachtet wurde und wird.

Die UN-Verwaltung und ihre Repräsentanten haben
im Kosovo sicher eine große Aufbauleistung voll-
bracht. Ich möchte hier den Einsatz von Herrn Steiner
würdigen, ich möchte an dieser Stelle aber auch aus-
drücklich die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
die in diesem Bereich tätig sind – was ja ebenfalls nicht
immer ungefährlich ist –, einbeziehen. Das gilt für die
öffentlich Bediensteten wie auch für die Nichtregie-
rungsorganisationen, die sich im Kosovo einbringen.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Entwicklung von Strukturen der Staatlichkeit und
der Selbstverwaltung des Kosovo schreiten voran.
Doch mit dem Installieren von Institutionen wie dem frei
gewählten Parlament oder den Gemeindevertretungen ist
es nicht getan. Es bedarf vielfältiger Anstrengungen, um
diese Institutionen auch wirklich mit Leben zu erfüllen.
Nach meinen Erfahrungen, Kolleginnen und Kollegen,
können auch wir Parlamentarier uns im persönlichen
Austausch einbringen; sowohl auf bilateraler wie auf
multilateraler Ebene können wir einiges bewirken. Wir
alle sollten jede Gelegenheit nutzen, in Gesprächen mit
Kollegen und Multiplikatoren der Region die Bereit-
schaft der dortigen Akteure zu befördern, miteinander
den konstruktiven Dialog zu pflegen;


(Beifall bei der SPD)

denn die jungen politischen Systeme des Balkans sind
durchaus noch fragil. Sie sind durch extremistische, natio-
nalistische Positionen gefährdet und haben daher jede
Unterstützung von uns nötig. Die geringe Beteiligung
der Bürgerinnen und Bürger des Kosovo an den Wahlen
ist nur ein Indiz für die noch mangelnde Akzeptanz der
demokratischen Organe. Die verbreitete Ansicht, dass
Politik mit Korruption und Vetternwirtschaft Hand in
Hand geht, ist ein weiteres Indiz.

Herr Volmer, Sie haben zu Recht auf die Notwendig-
keit der Veränderungsprozesse hingewiesen. Deswegen
stimme ich an dieser Stelle Herrn Busek ausdrücklich
zu, wenn er für eine Taskforce für Polizei, Justiz und
Verwaltung optiert. Gerade im Kosovo, aber auch in an-
deren Regionen des Stabilitätspaktes müssen konse-
quente Anstrengungen für eine durchsetzungsfähige
Rechtsstaatlichkeit unternommen werden. Organisier-
tes Verbrechen und korrupte Strukturen müssen be-
kämpft werden. Erst dann werden in ausreichendem
Maße Investitionen in der Region erfolgen und ein
selbsttragendes Wirtschaftssystem entstehen können.
Das ist insbesondere für diese Region notwendig, weil
dort 70 Prozent der Menschen arbeitslos sind und die
meisten ihren Unterhalt nur über Transfergelder decken
können.

Bei allen Leistungen, die die Vereinten Nationen im
Kosovo erbracht haben, bin ich davon überzeugt, dass
die Europäische Union in Zukunft eine noch stärkere
Rolle wird übernehmen müssen. Es liegt in unserem ur-
eigenen Interesse, dass der Balkan nicht Krisenherd,

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(C (D ondern prosperierender Teil unserer Europäischen nion wird. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


erschiedene Parlamentariererkonferenzen auf euro-
äischer Ebene, zuletzt Ende Mai in Brüssel, haben ver-
eutlicht, dass die Länder Europas bereit sind, Verant-
ortung zu übernehmen. Ich gehe davon aus, dass der
nstehende EU-Gipfel in Thessaloniki dem Balkan ei-
en konkreten Fahrplan in die Europäische Union auf-
eigen wird. Eben für diese Perspektive stehen auch die
oldatinnen und Soldaten – Herr Rossmanith, anders als
ie das hier formuliert haben – gut ausgerüstet und mit
oller Fürsorge unseres Bundesverteidigungsministers
m Kosovo.


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Waren Sie noch nie dort?)


hr Einsatz ist dennoch nicht ungefährlich; die Trennung
on ihren Familien ist schmerzlich. Umso mehr will ich
en Soldatinnen und Soldaten danken und ihnen Glück
nd Erfolg für die Fortsetzung ihrer Mission wünschen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504813300


Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
ollege Dr. Schockenhoff, CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1504813400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
ie Debatte hat gezeigt, dass wir uns in der Einschät-
ung der Lage im Kosovo nicht unterscheiden. Der Weg
ur Bildung einer demokratischen Gesellschaft ist
chwierig und die Stabilität des Kosovo ist weiterhin
urch ethnische Gegensätze, organisierte Kriminalität
nd politischen Extremismus gefährdet.
Wir erfahren von verstärkten Spannungen zwischen

en unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und von
er schwindenden Akzeptanz der internationalen Sicher-
eitspräsenz. Sowohl die zivile Mission der Vereinten
ationen UNMIK als auch die militärische Mission
FOR werden zunehmend als Protektorat empfunden.
Die KFOR hat in diesem schwierigen Umfeld weiter-

in eine Schlüsselrolle für die öffentliche Sicherheit
nne. Deswegen muss das Mandat – auch darüber sind
ir uns einig – verlängert werden. Wir wissen aber auch,
ass das Mandat nicht unbedingt einfacher wird.
Wir müssen nüchtern feststellen, dass kaum nachhal-

ige Fortschritte in der wirtschaftlichen und sozialen Ent-
icklung zu verzeichnen sind und dass deshalb nur ein
eringer Rückzug von Vertriebenen erfolgt.
Stattdessen nimmt der politische Streit über die offene

rage des künftigen Status des Kosovo wieder zu. Das
rinzip „Standards vor Status“ ist richtig. Wir müssen
uerst praktische Fragen regeln, die Sicherheitslage ver-






(A) )



(B) )


Dr. Andreas Schockenhoff
bessern und schrittweise Kompetenzen an die lokalen
Selbstverwaltungsorgane übertragen. Aber die Verbesse-
rung der Standards erfolgt, wenn überhaupt, viel zu lang-
sam. Deshalb wird die Lösung der Statusfrage wieder in
weitere Ferne rücken. Damit ist ein erfolgreicher Ab-
schluss der KFOR-Mission aus heutiger Sicht zeitlich
nicht absehbar.

Nach unserer Auffassung muss vor allem die UNMIK
mehr Einfluss nehmen, um die Dynamik des politischen
Prozesses, den Sie zu Recht angemahnt haben, Herr
Volmer, zu verstärken und die Konfliktparteien vor Ort
stärker zu Kompromissen zu drängen.

Mit großer Sorge verfolgen wir auch den seit Wochen
schwelenden Streit über die Präsenz der EU-Militär-
truppe in Mazedonien. In den letzten Woche hat der ma-
zedonische Verteidigungsminister angekündigt, seine
Regierung werde die Anwesenheit der EU-Truppen über
den September hinaus nicht dulden. Wenn aber der Mili-
täreinsatz der Europäischen Union den Konflikt zwi-
schen der albanischen Minderheit und der slawischen
Mehrheit nicht schlichtet, sondern im Gegenteil neuen
Streit auslöst, hat das auch erheblichen Einfluss auf den
Kosovo und die Präsenz der KFOR.

Wir bitten Sie deshalb, Herr Außenminister, gegen-
über den Vertretern der slawisch-mazedonischen Regie-
rung sehr deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass sie
mit einer Ablehnung der Fortsetzung der EU-Mission
und damit wahrscheinlich einer weiteren Zerstückelung
des ohnehin kleinen Landes keine Fortschritte auf dem
Weg der Annäherung an Europa erzielen können und
dass sie auf diesem Weg einer EU-Mitgliedschaft sicher-
lich nicht näher rücken können.

Herr Verteidigungsminister, Sie haben unlängst neue
verteidigungspolitische Richtlinien vorgelegt, denen zu-
folge der Hauptauftrag der Bundeswehr nicht mehr in
erster Linie in der Landesverteidigung im herkömmli-
chen Sinn bestehen soll, sondern in der Kriseninterven-
tion in Regionen, in denen unsere Sicherheitsinteressen
auf dem Spiel stehen. Das ist richtig und wir unterstüt-
zen das nachdrücklich.

Wir unterstützen auch, dass eine neue Ausrichtung
der Bundeswehr diesem neuen Auftrag gerecht wird.
Wir müssen dann aber – auch angesichts der vergange-
nen Monate – offen und vorurteilsfrei über die Formen
der Bedrohungen reden. Wir müssen außerdem darüber
reden, bei welchen Konstellationen Einsätze der Bun-
deswehr außerhalb des NATO-Gebiets legitim sind. Frau
Kollegin Heß hat vorhin auf eine schwierige Diskussion
innerhalb der Koalitionsfraktionen zu Beginn des Ko-
sovo-Konflikts hingewiesen und hat zumindest deutlich
gemacht, dass es Situationen gibt, in denen auch ohne
ein Mandat der Vereinten Nationen ein Kampfeinsatz
nicht nur erforderlich, sondern auch legitim sein kann.
Ich glaube, dass wir das als einen Acquis der deutschen
Position für zukünftige Debatten festhalten sollten, die
wir mit unseren Bündnispartnern führen werden.

Herr Volmer, Sie haben die Routine angesprochen, mit
der wir inzwischen Mandate für Bundeswehreinsätze ver-
längern. Ich glaube, es ist überfällig, dass wir ein Gesetz

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(C (D ber die Beteiligung des Deutschen Bundestages an der ntsendung der Bundeswehr verabschieden. Die jetzige egelung – das gilt auch für Debatten wie die heutige, die ir inzwischen fast jedes halbe Jahr führen – ist der Praxis icht angemessen. Wir brauchen ein Entsendegesetz, das ie Verantwortung des Bundestages klarstellt. Aber die efinition eines Einsatzes der Bundeswehr muss in Ihem Hause, Herr Struck, und darf nicht im Geschäftsordungsausschuss des Deutschen Bundestages erfolgen. ir sollten uns zügig eine entsprechende gesetzliche Reelung geben. ch hoffe, dass wir das in der gleichen Übereinstimmung un werden, mit der wir heute das Mandat für den Einatz der Bundeswehr im Kosovo verlängern. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss mpfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Drucksahe 15/1118 zu dem Antrag der Bundesregierung auf ortsetzung der deutschen Beteiligung an der Internatioalen Sicherheitspräsenz im Kosovo. Der Ausschuss mpfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/1013 anzunehen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Geenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussmpfehlung bei drei Gegenstimmen mit Zustimmung ller übrigen anwesenden Mitglieder des Bundestages ngenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Heinz Riesenhuber, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Für eine neue Beteiligungskultur – Eigenkapitalsituation von jungen Technologieunternehmen durch Mobilisierung von Beteiligungskapital und Mitarbeiterbeteiligungen verbessern – Drucksache 15/815 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort als rstem dem Kollegen Professor Riesenhuber für die DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Es ist nicht ganz einfach, in der Stunde zur Tagesordnung überzugehen, in der wir die Nachricht über den Tod von Jürgen Möllemann bekommen haben. Er war über viele Jahre ein Weggefährte im Streit und in der gemeinsamen Arbeit. Wir fühlen mit seiner Familie. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504813500




(A) )


(B) )

Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1504813600

Wir haben heute einige neue Nachrichten erhalten,
die bedrückend sind. Die Arbeitslosigkeit im Mai war
wahrscheinlich die höchste, die es jemals in diesem Mo-
nat gegeben hat. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel
hat neue Prognosen über die Wirtschaftsentwicklung
vorgelegt und rechnet in diesem Jahr mit einem Null-
wachstum. Der Exportindikator zeigt weiter nach unten.
Das Institut für Weltwirtschaft erwartet, dass es im lau-
fenden Jahr durchschnittlich 4,5 Millionen Arbeitslose
geben wird. Die veröffentlichten Zahlen sind sehr dra-
matisch.

Die Programme der Bundesregierung ziehen nicht.
Das Job-AQTIV-Gesetz dümpelt bestenfalls vor sich
hin. Der Jobfloater ist nach dem, was jetzt veröffentlicht
worden ist, an der Grenze des Flops. Die Ich-AGs starten
sehr langsam. Das alles belegt, dass die einzelnen Maß-
nahmen nicht wirksam sind. Die Menschen sind nicht
wild auf neue Programme und warten auch nicht ge-
spannt auf neue Maßnahmen der Regierung, die sie
glücklich machen sollen. Das, was die Menschen wirk-
lich wollen, ist, dass man sie bei der Arbeit in Ruhe lässt
und dass die Politik sie nicht ständig beschäftigt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eine Debatte über Unternehmen im Bereich der

neuen Technologien ist nicht vorrangig eine Debatte
über neue Programme. Es geht auch nicht darum, wie
wir neue staatliche Maßnahmen anlegen wollen. Es geht
um eine andere Frage, nämlich: Wie schaffen wir den
Freiraum dafür, dass diese Unternehmen erfolgreich sein
können?

Die staatliche Hilfe kann ihren Sinn haben. Auch
nach Röpke, dem Altmeister der marktwirtschaftlichen
Ordnungspolitik, kann der Staat durchaus die Aufgabe
und die Pflicht haben, Hürden abzubauen, die das Auf-
kommen des Neuen behindern. So war es zu Beginn der
Entwicklung vor 20 Jahren, als wir in Deutschland eine
Gründungskultur eigentlich noch nicht hatten.


(Jörg Tauss [SPD]: Auch vor vier Jahren!)

Eine Gründungskultur auf Basis neuer Technik hat in

Deutschland keine große Tradition. Wir haben da immer
mit einem gewissen Neid nach den USA geschaut: Sili-
con Valley, Route 128, die Spin-offs aus den großen Uni-
versitäten, das Zusammenspiel mit einer dynamischen
Venture-Capital-Szene. Dies alles war hier nicht immer
vorhanden. Es ist aber auch nicht so, dass dies sozusagen
eine Eigenschaft der Amerikaner ist. Es war durch Maß-
nahmen geschaffen worden, an denen auch der Staat
Ende der 50er-Jahre beteiligt war, und zwar zu Recht.

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(C (D as sich aus dem SBIund dem SBIC-Programm entwikelt hat, wissen wir alle: Da ist eine Entwicklung dynaisch begleitet worden, als eine kritische Masse von ungen Unternehmen da war, und zwar dadurch, dass an die Steuern gesenkt hat, die capital gain tax halbiert zw. weiter gesenkt hat. Das heißt: Der Staat hat schritteise Raum geschaffen. So haben wir vor 20 Jahren angefangen. Wir haben ersucht, aus den Fehlern anderer zu lernen. Nicht alles, as die Amerikaner gemacht haben, war von vornherein ptimal. Was wir hier angefangen haben, hat sich in eier außerordentlichen Dynamik entwickelt. Zu nennen ind die Technologiezentren, der Versuch, Cluster und ritische Massen zu bilden, zusammenzuführen, was aus nterschiedlichen Bereichen kam, die Vernetzung von parkassen, Banken, Versicherungen, Kommunen und nfrastruktur, mit der Wissenschaft. Aus alldem ist etwas ntstanden, das sich weiter entwickelt hat, gestützt durch as BTU-Programm mit staatlichen Zuschüssen zur ründung. Aber zugleich hat sich der Staat immer weier zurückgezogen. Der Staat hat Raum geschaffen. Statt uschüssen gab es Bürgschaften; zugleich kam eine priate Venture-Capital-Szene auf, die eine große Dynamik ntwickelt hat. Parallel dazu – das können wir heute nicht diskutie en; das will ich auch nicht beschreiben – gab es eine ntwicklung, die die neuen Techniken mit großem chwung vorangebracht hat. Die Biotechnologie hat an chwung gewonnen. Es erwuchs aus winzigen Anfänen. Zu Beginn der 80er-Jahre hatten wir ein paar Dutend Lehrstühle, an denen auch mal Gentechnologie geehrt wurde, keinen einzigen Lehrstuhl, an dem nur entechnologie gelehrt wurde. Daraus ist eine Landschaft mit großem Reichtum ent tanden: die Genzentren in Köln, in München, in Berlin nd in Heidelberg; Zusammenarbeit von Industrie, Maxlanck-Gesellschaft und Universitäten. Wir haben das bei er Informationstechnik gemacht. Ich erinnere daran, wie ir die Empfehlungen der Queisser-Kommission – wir rauchen neue Wissenschaftler, mehr Informatiker – umesetzt haben: 100 Millionen für die Deutsche Forchungsgemeinschaft – mit der einzigen Auflage, neue ehrstühle einzurichten. Aus den drei Strängen ist es zuammengewachsen. Die Leute haben gesehen: Grünung ist möglich und kann erfolgreich sein. Gleichzeitig ist die Entwicklung von neuer Technik u nennen. Es gab ganze Jahrgänge von tüchtigen Wisenschaftlern, die das aufgreifen konnten. So hat sich bei ielen jungen Männern und Frauen, auch sehr gestandeen Männern und Frauen, die sich einfach mal rausgeagt haben und den Kopf rausgestreckt haben, schritteise eine Kultur entwickelt, mit der wir in die 90erahre gestartet sind. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Wenig Ströbeles dabei!)


(Ute Kumpf [SPD]: Hände aus den Taschen!)


er Schwung war deshalb möglich, weil sich der Staat
uf der Kapitalseite zurückgezogen hat. Das private
agniskapital ist gewachsen. Die Fonds sind gewach-






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(B) )


Dr. Heinz Riesenhuber
sen. Neue Fonds sind aufgelegt worden. Leute waren be-
reit, etwas zu riskieren und zu investieren.

Für diese Art von neuen Techniken ist eine wirklich
grundsätzliche Frage: Woher kriegen wir das Eigenkapi-
tal? Die Unternehmen können nicht über Fremdkapital,
über Kredite finanziert werden. Kredite beleihen geron-
nene Arbeit der Vergangenheit, nicht aber die Vision ei-
ner Zukunft. Es muss Kapital sein, das bereit ist, volles
Risiko einzugehen. Deshalb muss es in seiner anderen
Qualität gewürdigt werden.

Es ist eine Gründerszene entstanden. Bis 1998 hat die
Zahl der Gründungen jährlich zugenommen, auch was
auf neuer Technik basierende Dienstleistungen angeht.
Seit 1998 ist dieser Trend rückläufig.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist nicht wahr, Herr Riesenhuber! Vielleicht 2000/2001)


– Herr Tauss, den Streit darüber können wir nachher aus-
tragen. Die entsprechenden Zahlen liegen vor. Die
Quelle dafür ist das Institut für Mittelstandsforschung.
Selbst wenn wir uns darauf einigen, dass der Trend erst
seit dem Jahr 2000 rückläufig sei, gilt: In diesem Jahr
haben Sie regiert. In Ihrer Regierungszeit ist die Zahl der
Neugründungen im technischen Bereich offensichtlich
anhaltend rückläufig.

Wir haben den Aufstieg und den Niedergang des
Neuen Markts erlebt. Der Neue Markt ist gestern „be-
graben“ worden. Er ruhe in Frieden; die Sache ist vorbei.
Der Neue Markt war von drei Phasen gekennzeichnet:
Aufschwung, Überhitzung, Zusammenbruch. Zum
Schluss ist eine Situation entstanden, in der über den
Gang an die Börse kein neues Eigenkapital mehr be-
schafft werden konnte. Es gibt keine neuen Börsengänge
mehr, praktisch kein IPO mehr. Da die Wagniskapitalge-
sellschaften kein Exit und keine Möglichkeit haben, spä-
ter wieder Kasse zu machen, investieren sie nicht.

Die Eigenkapitaleinsätze auf allen Ebenen sind rück-
läufig. Frau Bulmahn sagt: Die Frühphasenfinanzierung
ist um ungefähr 80 Prozent, von 380 Millionen Euro auf
77 Millionen Euro, zurückgegangen. Rezzo Schlauch – er
ist nicht da – sprach in einer Rede, die er kürzlich gehal-
ten hat, von einem Rückgang von 90 Prozent. Eine
zweite und eine dritte Finanzierungsrunde finden prak-
tisch nicht mehr statt, weil das nötige Geld nicht vorhan-
den ist. Auf dem Gebiet der Informationstechnik hat es
einen Rückgang um fast 90 Prozent gegeben. Auf dem
Gebiet der Biotechnik war der Rückgang zwar nicht so
stark; aber auch da gab es einen Rückgang um immerhin
50 Prozent. Im letzten Jahr standen dort noch knapp
250 Millionen Euro zur Verfügung.

Wir befinden uns also in einer ganz schwierigen Situ-
ation. Im letzten Quartal des vergangenen Jahres haben
vier Dutzend Unternehmen im Bereich der Biotechnolo-
gie Konkurs angemeldet. So etwas gab es vorher nicht.
Wir riskieren, eine Landschaft, die sich mit großem
Schwung entwickelt hat, zu zerstören. Das wäre gefähr-
lich.

Die entscheidende Frage lautet: An welchen Stellen
kann man ansetzen? Ich gehe davon aus, dass die Lage

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(C (D war in allen Ländern schwierig ist, aber in Deutschland chwieriger als anderswo. Der Risikokapitalmarkt in nderen europäischen Ländern ist im Schnitt um knapp 0 Prozent eingebrochen; in Deutschland ist er um 0 Prozent eingebrochen. Großbritannien und Deutschand hatten beide einen guten Anteil am europäischen isikokapitalmarkt. Der Anteil Deutschlands ist von 8 Prozent auf 13 Prozent zurückgegangen; der Anteil roßbritanniens liegt bei 34 Prozent. Angesichts der gegenwärtigen Landschaft befinden ir uns also in Schwierigkeiten; damit verbunden ist ber auch ein Zeichen der Hoffnung. Herr Kollege Riesenhuber, das Präsidium wäre Ihnen ankbar, wenn Sie sich in der Regel in der Rufund ichtweite des Präsidiums aufhielten, weil uns das die inhaltung der Geschäftsordnung erleichterte. Ich nehme diese Intervention in Demut entgegen. itte, rechnen Sie mir sie nicht auf die Redezeit an, sonst omme ich in Schwierigkeiten. Ich bitte um Nachsicht. In der gegenwärtigen Situation steht Deutschland also chlechter als andere da. Die Gründe dafür müssen wir ei uns suchen. Wir sollten überlegen, was wir machen önnen. Wären nur die anderen schuld, könnten wir ichts tun; nur weil wir selbst schuld sind, können wir twas tun. s geht um drei Bereiche – eigentlich sind alle eigenapitalrelevant –: die Fonds, die Business Angels und ie Aktienoptionen. Die Anzahl der Neuauflagen von onds ist bis 1999 gestiegen. 1999 waren es noch 0 Fonds, 2000 waren es 20 Fonds, 2001 keine einziger ehr. Im Jahr 2002 waren es vielleicht zwei Fonds; aber s wird darüber gestritten, ob das wirklich so war. Dazu ommen zwei Unternehmensbeteiligungsgesellschafen; das ist etwas anderes. Außerdem verweise ich auf ie Gründungen im Ausland. Das heißt, in einer kritichen Zeit, in der wir eigentlich Eigenkapital für die weite Finanzierungsrunde bräuchten, sind nicht mehr inreichend Fonds vorhanden. Die Antwort auf die rage „Woran liegt das?“ lautet meistens: Seit zwei Jahen geben die Finanzämter keine verbindlichen Steuerescheide mehr aus. Ein Investor kann mit falschen Rahmenbedingungen war nicht gut leben, aber er kann überleben. Wenn eine ntscheidung aber ausbleibt, kann er nicht überleben. eshalb werden keine neuen Fonds gegründet, bzw. enn sie gegründet werden, dann im Ausland. Ich habe ehört, dass im vergangenen Jahr von Deutschland aus 2 Fonds im Ausland gegründet wurden. Das erleichtert en Zugang für unsere eigenen Firmen nicht. Was haben wir in diesem Zusammenhang zu tun? in Verzicht auf die Besteuerung der Fonds würde die ache zwar erleichtern. Die kompliziertere Frage ist die es so genannten Carried Interest, also das, was die Dr. Heinz Riesenhuber Fondsinitiatoren selbst machen. Ich rate, das nachzulesen, was unsere tüchtigen Bundesländer eingebracht haben: Bayern, Hamburg und Sachsen-Anhalt haben zusammen einen sehr vernünftigen Vorschlag dazu unterbreitet, auf dem man aufbauen kann. Wir müssen schnell zu einer Entscheidung kommen. Das heißt, dass die Bundesregierung in ihrer Weisheit und Klugheit den Bundesrat frühzeitig einbeziehen wird. Je schneller wir uns einig sind, desto schneller passiert etwas. Der zweite Bereich sind die Business Angels. Wir hatten eine aufblühende Landschaft von Business Angels. Business Angels sind erfahrene Männer und Frauen, die ein bisschen Geld haben und bereit sind, mit haftendem Geld sowie ihrem Rat und ihrer Erfahrung in ein junges Unternehmen einzusteigen. Manch ein Gründer hat vielleicht geniale Ideen, was die Technik betrifft, weiß aber nicht, wie man Märkte und Kunden behandelt, wie man Märkte abschätzt oder mit Behörden umgeht. Ein Business Angel bringt weit mehr als Geld in ein Unternehmen ein. Herr Kuhn, ich fand es prima, dass Sie vor ein paar Wochen in einer Debatte gesagt haben, dass die Besteuerung der Business Angels nicht sehr vernünftig ist. Eine entsprechende konkrete Aussage findet sich auch in dem Innovationspapier, das Sie mit einigen Kollegen erarbeitet haben. Es bewegt sich leider überwiegend auf einer hohen Abstraktionsebene. Ich habe zwar nichts gegen eine hohe Abstraktionsebene, sie muss im Gesetz aber auch umgesetzt werden. Der heilige Thomas – sic! – sagte: In den allgemeinen Grundsätzen ist man sich immer einig; schwierig wird es erst, wenn es konkret wird, das heißt, wenn es ins Gesetzblatt kommt. Da würde ich gerne etwas sehen. Wenn wir die Wesentlichkeitsgrenze der Beteiligung, die die Bundesregierung auf 1 Prozent heruntergeknüppelt hat, wieder auf 10 Prozent, die wir einmal hatten, oder vielleicht noch stärker anheben, dann schaffen wir eine völlig andere Situation, in der die Business Angels gestaltend wirken können. Aktienoptionen sind ein Instrument zur Stärkung des Eigenkapitals für junge Unternehmen, weil sie keine hohen Gehälter bezahlen können. Ansonsten wäre ihr begrenztes Eigenkapital schnell weg. Aktienoptionen müssen in Deutschland genauso wie in anderen Ländern besteuert werden. Wenn sie höher besteuert werden, bekommen wir entweder die guten Leute nicht oder unsere Firmen gehen ins Ausland. Auch in diesem Zusammenhang existieren prächtige Beschlüsse. Die Parlamentarischen Staatssekretäre der Bundesregierung haben uns während der ganzen letzten Legislaturperiode erklärt, dass auf diesem Gebiet etwas geschieht. Es geschah aber nichts. Die Wirtschaftsministerkonferenz hat einen einstimmigen Beschluss gefasst. Uns liegen Vorschläge von BDI und VCI vor. Ich rate dringend dazu, etwas zu tun und nicht nur darüber zu reden. Es gibt so viele Grundsatzpapiere. Ich will den Inhalt unserer prächtigen Papiere nicht im Einzelnen darlegen. F p m L I I – d e k S u p F f d d 1 s D h h h r t r t s M p s p h e n s d d z d t I w a k s A (C (D rau Bulmahn plagt sich mit ihrem Hightech-Masterlan. So etwas legt man, wenn man weise handelt, unittelbar nach der Regierungsbildung vor. Sie sind in die egislaturperiode gestartet, ohne zu wissen, was Sie mit hrer Regierungsverantwortung anfangen wollen. Das ist hr Kernproblem. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504813700

(Heiterkeit und Beifall)

Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1504813800




(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Liebe Frau Scheel, Sie haben es vielleicht gewusst, es
em Finanzminister aber nicht in der Form gesagt, dass
r es Ihnen geglaubt hätte. Deshalb ist es nicht dazu ge-
ommen und deshalb haben wir ein Steuersystem, dass
ie und ich für suboptimal halten. Deshalb müssten wir
ns gemeinsam an die Arbeit machen.
Ich drösele nicht im Einzelnen auf, was der Master-

lan enthält. Vieles davon ist in Ordnung. Dass wir von
rankreich den Plan Innovation übernehmen, halte ich
ür eine vernünftige Idee. Früher haben wir allerdings
ie Ideen in Europa eingebracht und nicht die Pläne an-
erer übernommen. Dass die jungen Unternehmen bei
5 Prozent Forschungsaufwand in den ersten acht Jahren
teuerfrei gestellt werden, halte ich für eine gute Sache.
as wird in dem Plan offensichtlich diskutiert. Dass wir
ier einen neuen Markt schaffen, einen Hightechmarkt,
alte ich eher für problematisch, aus Gründen, die wir
ier nicht diskutieren können; aber wir können an ande-
er Stelle darüber reden.
Was hier zu eher soften Themen wie Unternehmer-

raining und Markterschließung gesagt wird, mag alles
ichtig sein. Immerhin geht es im Grundsatz in die rich-
ige Richtung. Auch dass Herr Clement im Jahreswirt-
chaftsbericht und in seiner Mittelstandsoffensive „Pro
ittelstand“ – da gibt es inzwischen wunderbare Pa-
iere –, sagt, dass man Beteiligungskapitalfonds bilden
oll, auch in Public Private Partnership, halte ich für
rima. Ich sehe es nur noch nicht. Aber es muss gesche-
en. Hier liegt der wesentliche Punkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde

benfalls prima, dass EU-Kommissar Busquin jetzt ei-
en europäischen „Investing in research“-Plan auf-
tellt. Das ist alles wunderbar. Aber entscheidend ist,
ass etwas ins Gesetzblatt kommt. Wir versuchen hier,
er Bundesregierung in brüderlicher Hilfe Vorschläge
u machen. Es ist schließlich Christenpflicht, den Be-
ürftigen zu helfen; da tun wir unser bescheidenes Bes-
es.


(Beifall bei der CDU/CSU – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Es ist nicht so leicht, wenn ein Nackter versucht, seinen Mantel zu teilen!)


Wir sind völlig offen für innovative Vorschläge. Wenn
hre Ideen noch besser sind als die unseren, dann sind
ir glücklich und dankbar und nehmen sie mit Freude
uf. Aber dann wollen wir diese Sache durchziehen. Wir
önnen nicht alle Probleme lösen, aber wir können dafür
orgen, dass die jungen Unternehmen wieder Luft zum
tmen haben. Sonst verlieren wir eine ganze Kultur,






(A) )



(B) )


Dr. Heinz Riesenhuber
eine Kultur, die mehr als alle anderen neue Technik aus
der Wissenschaft gewinnt und diese überträgt.

Die ganzen Strategien zum Technologietransfer haben
nie optimal funktioniert. Aber wenn junge Frauen und
Männer dafür kämpfen, ihre Ideen in Produkte, Problem-
lösungen und Verfahren umzusetzen und sie in Märkte,
die durch die Produkte erst geschaffen werden, zu brin-
gen, dann entsteht eine neue Welt, die Zukunftsperspek-
tiven eröffnet und schnell wächst.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das schafft nicht eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze,

aber das sind Bereiche, in denen es Zukunftsperspekti-
ven gibt: die Welt der Quanten, die Welt der Gene, die
Welt der Computer, die Fähigkeit, Krankheiten zu hei-
len, die wir heute noch nicht verstehen, die Fähigkeit,
eine komplexe Welt zu begreifen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504813900


Herr Kollege Riesenhuber, ich darf mit aller Vorsicht
an die abgelaufene Redezeit erinnern.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Ein bisschen noch!)

Die Beweglichkeit des Präsidiums bei der von den Frak-
tionen festgelegten Redezeit bleibt leider etwas hinter
Ihrer zurück.


Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1504814000

Ich bitte sehr um Nachsicht, Herr Präsident.
Ich darf schließen mit dem herzlichen Wunsch an die

Koalition: Machen wir uns an die Arbeit und versuchen
wir, eine Lösung zu finden, die sich nicht in allgemeinen
Grundsatzpapieren erschöpft, sondern neue Hilfen ein-
schließt, mit denen wir den jungen Unternehmen die
Möglichkeit verschaffen, die Zukunft für uns alle zu ge-
winnen. Auf gute Arbeit!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504814100


Der Kollege Tauss hat das Wort zu einer Kurzinter-
vention erbeten. Bitte schön.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1504814200

Ich freue mich auf die hohe Aufmerksamkeit. – Ich

will unmittelbar auf das, was Sie gesagt haben, antwor-
ten.

Sie haben, lieber Herr Kollege Riesenhuber, das Aus-
land angesprochen. Ich glaube, wir brauchen gar nicht
über den großen Teich zu schauen.

Nehmen Sie einfach zur Kenntnis, was bei uns 2001,
2002 lief: Wir hatten 2001 500 Millionen Euro Risiko-
kapital in diesem Land, 2002 waren es noch
77 Millionen Euro. Das ist keine Spielerei mit Jahres-
zahlen.

Sie haben den Zusammenbruch des Neuen Marktes
angesprochen. Ich halte es für eine Blamage für den In-

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(C (D ustriestandort und den Technologiestandort Deutschand, dass wir keine Technologiebörse mehr haben. Da ind wir uns ja einig. Nur, dieser Zusammenbruch ist och nicht aufgrund von Beschlüssen erfolgt, sondern er st erfolgt, weil der überhitzten und aufgeblasenen New conomy in vielen Bereichen das Gegenteil gefolgt ist. o wird heute überhaupt nicht mehr investiert, weil auch ie Renditen gesunken sind. Aus diesem Grunde habe ich die Bitte, dass Sie nicht mmer Forderungen an die Politik richten, sondern dortin, wo sie hingehören. Die Banken versagen kläglich. s gibt keine Banken mehr, außer den kleinen und den parkassen – darüber können wir heilfroh sein –, die ihr reditgeschäft noch einigermaßen anständig betreiben nd Kreditabteilungen haben, die für junge Unternehen zur Verfügung stehen und in der Lage sind, sie zu eurteilen. Es gibt konkrete Maßnahmen wie beispielsweise das TU-Programm mit einem Volumen von 1 Milliarde uro. In den letzten fünf Jahren hat Rot-Grün – ich sage as, auch wenn Ihnen diese Zahl nicht gefällt; es ist uner aller Geld – 60 Milliarden Euro in die jungen Techologieunternehmen gesteckt. Wo ständen wir, wenn wir s nicht gemacht hätten? Da ich Sie als einen der wenigen seriösen Kollegen us Ihrer Fraktion im Bereich Technologie und Forchung schätze – viele gibt es nicht mehr; das habe ich hnen schon einmal gesagt –, abe ich die Bitte an Sie, sich nicht an der Miesmacherei u beteiligen und die Aufbruchstimmung, die wir geeinsam fordern, nicht zu zerreden. Wir sollten vielmehr ganz konkret darüber reden – ein aar Punkte haben Sie angesprochen –, wo die Verantortung liegt und an wen wir die Forderungen zu richten aben. Aber zu sagen, auf diesem Gebiet sei nicht genüend getan worden, insbesondere nicht vom Bundesmiisterium für Bildung und Forschung, ist nicht richtig. ch kann Ihnen sagen, dass das, was wir in den letzten ahren erreicht haben, schlichtweg sensationell war; das ollten Sie auch als Oppositionspolitiker anerkennen. An ie Entwicklung der letzten Jahre müssen wir anknüpen. Ich würde mich freuen, wenn Sie an dieser Stelle, wie ie es sonst sind, korrekt bleiben würden. Herr Kollege Riesenhuber, Sie möchten sich jetzt siher für die Komplimente des Kollegen Tauss bedanken. Genau das tue ich mit Respekt und brüderlicher Ver undenheit. Lieber Herr Tauss, Sie haben mich so reundlich gelobt. Aber ich muss sagen: So sind wir alle. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Heiterkeit bei der SPD)


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504814300
Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1504814400






(A) )



(B)


Dr. Heinz Riesenhuber
Sie haben uns bis jetzt also nicht richtig eingeschätzt.
Was Sie an mir loben, ist bei uns nicht ungewöhnlich. In
anderen Parteien sieht es vielleicht anders aus.

Ich möchte nun auf die von Ihnen angesprochenen
Punkte eingehen. Ich kann im Moment nicht nachrech-
nen, ob die Zahl von 60 Milliarden Euro, die Sie in die
jungen Unternehmen gesteckt haben, stimmt. Angesichts
eines Bundeshaushalts von rund 240 Milliarden Euro
scheint mir das ein sehr stattlicher Betrag zu sein. Aber
diese Zahl wird sicherlich auf einer gesicherten Basis be-
ruhen.

John Diebold hat einmal gesagt: Es kommt nicht da-
rauf an, dass wir viel Geld für die Müllabfuhr bezahlen.
Es kommt vielmehr darauf an, dass die Straßen sauber
sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Da so viel Geld investiert wurde, muss man sagen, dass
es nicht am Geld gelegen hat, dass die Situation so
schlecht ist. Woran hat es dann gelegen?


(Jörg Tauss [SPD]: An der Anschlussfinanzierung!)


Ich will nicht unterstellen, dass es an der fehlenden Intel-
ligenz gelegen hat. Das verbietet mir schon der parla-
mentarische Umgang und der freundliche Respekt vor
Ihnen persönlich.

Sie sagten, dass es nicht an Beschlüssen lag, dass der
Neue Markt zusammengebrochen ist.


(Jörg Tauss [SPD]: An den Banken!)

Sicher nicht! Aber vielleicht gab es den Zusammenbruch
wegen nicht gefasster Beschlüsse. Das wird sicherlich
nicht der einzige Grund sein; wie immer im Leben wird
es mehrere Gründe für diese Entwicklung geben. Trotz-
dem würde ich sagen, dass es weniger die Beschlüsse als
die nicht gefassten Beschlüsse hinsichtlich der Aktien-
optionen bis hin zur Fondsbesteuerung waren. Ich habe
versucht, Ihnen das in einfachen und schlichten Worten
zu erläutern.

Schließlich sagten Sie, lieber Herr Tauss, die Banken
würden kläglich versagen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)

Sie lesen sicherlich ebenso sorgsam Bilanzen wie jeder
andere von uns. Angesichts der Bilanzen muss man sich
fragen, wie viel die Banken noch riskieren können. Aus
der vorgelegten Bilanz der Deutschen Bank erkennt
man, dass sie mit dem Altkundengeschäft mehr verdient
hat als mit dem Investmentbanking.


(Zuruf von der SPD: Aha!)

Das heißt also, die Banken wissen genau, wo das nach-
haltige Geschäft liegt.

Aber wenn Sie weder den Banken noch ihren Kunden
die Chance geben, Geld zu verdienen und Gewinne zu
machen,


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist doch albern!)


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(C (D nd wenn Sie nicht eine wirkliche Steuersenkung urchführen, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, ass der eine keine Kredite geben kann und der andere icht kreditfähig ist. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Axel Berg [SPD]: Die Banken haben falsch investiert!)


Die freundschaftliche Bitte an Sie ist: Lassen Sie die
eute Geld verdienen! Lassen Sie die Leute erfolgreich
ein! Sie haben in der letzten Debatte gefragt, wie man
ie Steuerpräferenzen – so haben wir sie genannt – für
ie jungen Unternehmen finanzieren soll. Im Moment
ehmen wir keine Steuern von diesen Unternehmen ein,
eil sie nicht vorankommen. Wenn man ihnen aber
urch geringe Besteuerung von Fonds und Aktienoptio-
en Luft lässt und die Beratung und Finanzierung durch
usiness Angels ermöglicht, dann kann der hochver-
hrte Finanzminister, den wir alle schätzen, in ein paar
ahren von einer großen Zahl erfolgreicher junger Unter-
ehmen eine reiche Ernte einfahren. Das wünschen wir
hm. Vor allen Dingen wünschen wir den jungen Unter-
ehmen, dass sie wirklich gut verdienen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504814500


Ich erteile das Wort dem Kollegen Rainer Wend,
PD-Fraktion.


Dr. Rainer Wend (SPD):
Rede ID: ID1504814600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten

ie mir, dass ich den freundschaftlichen Ton von Herrn
iesenhuber aufgreife und Ihnen, Herr Kollege
iesenhuber, sage: Ihr Vortrag war der Form nach wie
ewohnt exzellent und in der Sache – wenn ich Ihre Aus-
lüge in die rituelle Kritik der Bundesregierung außer
cht lasse – weitgehend zutreffend. Ich glaube übrigens,
ass der Antrag, den die CDU/CSU zu dieser Thematik
orgelegt hat, ziemlich ausgezeichnet ist. Zu einem grö-
eren Lob kann ich mich nicht hinreißen lassen.


(Beifall des Abg. Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU])


Ich möchte Ihnen aber zunächst, bevor ich auf die
inge zu sprechen komme, in denen wir uns einig sind,
n zwei Punkten, die in Ihrem Vortrag anklangen und in
em vorliegenden Antrag noch deutlicher zum Ausdruck
ommen, widersprechen. Zum einen sagten Sie – das
ar ein Ausflug in die Makroökonomie –: Mit dem
irtschaftsstandort Deutschland wird es nur besser,
enn wir endlich zu einer stärkeren Deregulierung
ommen. Dazu stelle ich fest: Nicht Sie persönlich, son-
ern Ihre Fraktion ist, was das Thema Deregulierung an-
eht, nicht mehr ausreichend satisfaktionsfähig.


(Beifall bei der SPD)

enn Sie können natürlich nicht in Sonntagsreden – von
ir aus auch donnerstagsnachmittags – die Deregulie-
ung fordern, aber dann, wenn wir in der Praxis beim
andwerksrecht deregulieren, auf die Barrikaden gehen
nd sagen: Da machen wir nicht mit. Eines von beiden
)






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Wend
geht nur: Sonntagsreden halten oder sich so verhalten,
wie Sie es ansonsten tun.


(Beifall bei der SPD)

Wenn wir im Rahmen der Gesundheitsreform das

Thema der Apothekerkammern ansprechen und fragen:
„Muss das mit dem Vertrieb noch so sein oder können
wir nicht einen Versandhandel einführen und Mehrfach-
besitz zulassen?“, dann sagen Sie dazu: Deregulierung
ja, aber nicht an dieser Stelle. Wenn man sich im Hin-
blick auf die Kassenärztlichen Vereinigungen fragt, wer
in diesem Bereich Verträge abschließen kann und ob wir
nicht auch hier deregulieren sollten, sagen Sie: Deregu-
lierung ja, an dieser Stelle aber nicht.

Damit möchte ich Ihnen Folgendes sagen – ich ver-
binde damit eine Bitte –: Gleichgültig ob es um das all-
gemeine Thema Steuersenkungen oder um das allge-
meine Thema Deregulierung geht, beides sind wichtige
Themen, die wir angehen müssen. Bei Ihnen aber ver-
kommen sie in der aktuellen politischen Debatte dazu,
dass sie für Sonntagsreden herhalten müssen. Denn
wenn es um die praktische Umsetzung geht, stehen Sie
im Weg. Daran sollten Sie arbeiten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der zweite Punkt, den ich Ihnen wirklich nicht vor-
werfe – ich glaube, so muss vermutlich jede Opposition
handeln –, ist: Es geht darum, dass Sie zu den Themen
Fondsbesteuerung, Business Angels, Stock Options
eine Reihe kluger Vorschläge machen. Das alles sind
wichtige Themen. Die Regierung hat in diesem Zusam-
menhang das Problem, dass es ihr gelingen muss, die
notwendigen finanziellen Mittel aufzubringen, um die
für sich genommen mehr als sinnvollen Vorschläge um-
zusetzen. Das ist nicht immer ganz einfach. Wir befin-
den uns in einem Zielkonflikt; wir müssen das im Zu-
sammenhang mit dem Haushalt regeln. Darauf müssen
Regierungsfraktionen naturgemäß stärker achten, als Sie
dies tun müssen.

In diesen beiden Punkten habe ich also einen Einwand
bezüglich Ihres Antrages. In der Analyse der Situation
und in dem, was wir tun könnten, liegen wir aber nicht so
weit auseinander.

Ein paar Worte zur Lage des Beteiligungskapital-
marktes: Natürlich ist die Mobilisierung von Beteili-
gungskapital für junge Technologieunternehmen für die
SPD-Fraktion ein ganz wichtiges wirtschaftspolitisches
Ziel. Ich sage das deshalb, weil wir es vermeiden sollten,
über Dinge kontrovers zu diskutieren, die nicht kontro-
vers sind. Natürlich steckt der Beteiligungskapital-
markt für junge Technologieunternehmen – auch da
haben Sie Recht – derzeit in einer schweren Krise. Übri-
gens – auch das wissen Sie –, das ist keine rein deutsche
Besonderheit, sondern ein globales Phänomen. Ein gro-
ßer Teil der Unternehmen, die mit Beteiligungskapital fi-
nanziert wurden, ist in Bedrängnis geraten oder gar in-
solvent.

Die Beteiligungskapitalgeber haben hohe Schäden zu
verkraften und sind oft nicht in der Lage, in ausreichen-

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(C (D em Umfang Anschlussfinanzierungen zur Verfügung zu tellen. Es überrascht deshalb nicht, dass sich die Kapialgeber bei neuen Engagements sehr bedeckt halten. Die Zufuhr von Beteiligungskapital seitens privater apitalgeber für junge innovative Unternehmen, die ihre rste Finanzierungsrunde suchen, ist fast versiegt. Entprechend rückläufig ist die Förderung der öffentlichen and, die auf die frühen Phasen der Unternehmensenticklung konzentriert ist. Die aktuellen Zahlen der eutschen Ausgleichsbank und der Kreditanstalt für iederaufbau sprechen dazu eine beredte Sprache. Die Gründe für die schwierige Situation sind viel ältig: zum Teil nicht tragfähige Geschäftsmodelle, entäuschte Erwartungen, Verfall von Unternehmensbewerungen, Krise und Auflösung des Neuen Marktes und atürlich auch die eingetrübte Konjunktur. Was in welhem Umfang wofür kausal ist und wo die Zusammenänge zu suchen sind, darüber kann man viel diskutieen. (Jörg Tauss [SPD]: Auch über das Gejammer der Opposition! – Gegenruf des Abg. Dirk Niebel [FDP]: Der Einzige, der jammert, sind Sie, Herr Tauss!)


üssten heute nicht viele Beteiligungskapitalgeber ihre
nappen Mittel einsetzen, um den Bestand noch nicht
rofitabler Beteiligungsunternehmen zu sichern, gäbe es
icherlich auch keine so ausgeprägte Verknappung bei
rstrundenfinanzierungen. Die Marktteilnehmer werden
us der Entwicklung der letzten Jahre gewiss auch ihre
ehren ziehen.
Zu den Maßnahmen, die vonseiten der Koalitions-

raktionen und der Bundesregierung vorgeschlagen wer-
en: Die Bundesregierung leistet ihren Beitrag, damit
er Beteiligungskapitalmarkt für junge Technologieun-
ernehmen so schnell wie möglich wieder Tritt fasst.
azu ist es erforderlich, Förderansätze, die die jetzige
undesregierung noch aus Ihrer Zeit übernommen hat,
eiterzuentwickeln, auszubauen, im Einzelfall aber auch
m Hinblick auf die steuerlichen Auswirkungen kritisch
u überprüfen, die nicht so linear, eindeutig und mono-
ausal sind, wie Sie es beschrieben haben, Herr
iesenhuber.
Anders als in den Jahren mit einer ausgesprochen eu-

horischen Stimmung am Kapitalmarkt reicht es derzeit
icht aus, vor allem Kapital für die Frühphase zu mobili-
ieren und dann zu erwarten, dass der Markt die An-
chlussfinanzierung schon bereitstellen werde. Wenn
ussichtsreiche Unternehmen und Projekte wegen der
egenwärtigen Kapitalmarktlage an der Anschlussfinan-
ierung scheitern, ist das eine volkswirtschaftliche Ver-
chwendung. Auf der anderen Seite soll man bekanntlich
chlechtem Geld kein gutes hinterherwerfen. Für den
taat bedeutet das eine Gratwanderung und eine schwie-
ige Abwägung; denn es wäre kaum zu rechtfertigen,
enn der Staat einspränge, obwohl private Beteiligungs-
apitalgeber zu keinem weiteren Engagement bereit
ind. Es kann also immer nur um Anschubfunktionen
es Staates gehen.






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Wend
Hier müssen wir uns fragen, was wir derzeit konkret
tun. Wir planen vonseiten der Bundesregierung und der
Koalition einen Dachfonds, der aus dem Europäischen
Investitionsfonds und dem ERP-Sondervermögen des
Bundes gespeist wird. Dieser Dachfonds, der für weitere
Partner offen ist, wird zusammen mit privaten Kapital-
gebern in Venture-Capital-Fonds in Deutschland inves-
tieren. Der Dachfonds wird über die nächsten Jahre mit
rund 500 Millionen Euro eigenem Investment etwa
1,7 Milliarden Euro Beteiligungskapital für die Unter-
nehmen in Deutschland mobilisieren können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir hoffen, dass das für die privaten Kapitalgeber ein
deutliches Signal darstellt.

Auch auf der Ebene des Investments in einzelnen Un-
ternehmen wollen wir den privaten Kapitalgebern zu-
sätzliche Angebote machen, sich wieder verstärkt zu en-
gagieren. Zusätzliche Liquidität soll dem Markt zur
Verfügung gestellt werden. Ferner hoffen wir, dass durch
die Fusion von KfW und DtA zusätzliche Anschubwir-
kungen organisiert werden.

Ein letztes Wort zu den steuerlichen Rahmenbedin-
gungen, die Sie zu Recht ansprachen: Uns ist sehr wohl
bewusst, dass diesen steuerlichen Rahmenbedingungen
eine große Bedeutung zukommt. Mein Eindruck ist, dass
wir auch hier nicht auf ganz schlechtem Wege sind. Bei
der Fondsbesteuerung bin ich zuversichtlich, dass wir
gemeinsam – die Bundesländer wurden bereits ange-
sprochen – zu sehr akzeptablen Lösungen kommen wer-
den. Für die Mitarbeiterbeteiligungsoption hat das Mi-
nisterium für Wirtschaft und Arbeit wiederholt flexible
Regelungen eingefordert und sich dafür eingesetzt, die
Veräußerungsgewinnbesteuerung bei Business-Angel-
Investments zu überdenken. Ich glaube, dass das der
richtige Weg ist.

Meine Damen und Herren, in meinem Beitrag habe
ich versucht, auf Ihre zum Teil guten, zum Teil rituell et-
was schwierigen Argumente differenziert einzugehen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist nicht gelungen!)


Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, bei diesem Thema,
das für unsere weitere wirtschaftliche Zukunft nicht völ-
lig unbedeutend ist, das eine oder andere gemeinsam zu-
stande zu bringen. Die Form unserer Debatte macht
mich diesbezüglich optimistisch.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504814700


Nächste Rednerin ist die Kollegin Gudrun Kopp,
FDP-Fraktion.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1504814800

Herr Präsident! Sehr geehrte Herren und Damen! In

Bezug auf den Antrag der CDU/CSU-Fraktion, den die

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(C (D DP rundum als recht positiv beurteilt, lassen Sie mich uch auf Ihre Worte eingehen, Herr Professor iesenhuber: Es gibt nicht nur höchste Insolvenzraten ei der New und der Old Economy. Ich halte es ebenfalls ür Besorgnis erregend, dass fast jedes vierte deutsche nternehmen derzeit erwägt, die Produktion ins Ausland u verlegen, und zwar wegen der hohen Kosten aufgrund er hier herrschenden Steuerund Abgabenstrukturen. as ist alarmierend. (Beifall bei der FDP – Werner Kuhn [Zingst] [CDU/ CSU]: Da kann ich gar nicht klatschen!)

Hinsichtlich des fehlendes Eigenkapitals für den deut-

chen Mittelstand nenne ich ebenfalls ein paar Zahlen,
ie wirklich sehr alarmierend sind. Nach einer Umfrage
es Sparkassen- und Giroverbandes aus dem vergange-
en Jahr weisen nur noch 40 Prozent aller Unternehmen
ine Eigenkapitalquote auf; sie geht fast gegen null. Je
leiner das Unternehmen ist, Herr Dr. Wend, desto grö-
er sind die Probleme; das wissen wir alle.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Das kommt darauf an!)


ehr als die Hälfte der Betriebe mit weniger als
Million Euro Jahresumsatz haben inzwischen schon
ein Eigenkapital mehr. Diese dramatische Situation
uss uns alle umtreiben; sie gilt es zu überwinden.


(Beifall bei der FDP)

ösungen dafür findet man aber auf gar keinen Fall, in-
em man jede Woche oder fast jeden Tag über neue
ögliche Steuererhöhungen spricht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

ie Diskussion über die Themen Tabaksteuer und Mehr-
ertsteuer sowie eine mögliche Erhöhung der Mineral-
lsteuer – heute aktuell in den Medien zu lesen – ist Gift
ür die Konjunktur, Gift für den Wirtschaftsstandort
eutschland.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Kettenrauchen mit Daniel Düsentrieb!)


as führt zu einer totalen Verunsicherung bei den Fir-
en.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es ist doch überhaupt keine Frage, dass die im deut-

chen Einkommensteuerrecht vorgenommene Absen-
ung der Wesentlichkeitsgrenze bei Beteiligungen auf
in Prozent erheblich zur Schwächung der Beteiligungs-
ultur beigetragen hat.


(Beifall bei der FDP)

eder Business Angel wird sich zweimal überlegen, ob
r wirklich sein Geld zur Verfügung stellen kann, weil es
orher vom Finanzminister zum größten Teil schlicht
inkassiert wird.
Natürlich haben die Kolleginnen und Kollegen der
DU/CSU-Fraktion völlig Recht mit ihren Aussagen,
ass Kontrollmitteilungen faktisch bereits eingeführt
eien und dass eine Mindeststeuer am Finanzplatz






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp
Deutschland diesem sehr großen Schaden zufügen
würde. All dies sind Diskussionen, die uns schaden.

Mir geht es darum, Herr Kollege Tauss, dass wir nach
Lösungen für diese wirklich dramatische Situation su-
chen, die alles andere als lustig ist.


(Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut! Hört auf zu jammern!)


Angesichts dieser verfehlten Wirtschafts- und Steuerpo-
litik unterstreiche ich noch einmal, was Herr Kollege
Riesenhuber völlig zu Recht sagte: Wir können noch so
viele Fonds auflegen, uns noch so sehr bemühen, Pro-
gramme zu initiieren. Alle Anstrengungen, die wir unter-
nehmen, werden null und nichtig sein, sofern wir nicht,
um Luft zu bekommen, mit einer klaren, einfachen Be-
steuerung für jeden Arbeitnehmer und für Unternehmen
hier am Standort Deutschland einen Impuls setzen.

Wir haben vor längerer Zeit ein klares und einfaches
Steuerkonzept mit Steuersätzen von 15, 25 und
35 Prozent vorgelegt.


(Dirk Niebel [FDP]: Und gerecht!)

– Gerecht ist es natürlich auch. – Ehrlicherweise muss
man die Frage stellen, wie dies finanziert werden kann.
Die Anregungen, die Herr Professor Paqué, Finanzmi-
nister in Sachsen-Anhalt, am vergangenen Freitag gege-
ben hat – sie sind in der „FAZ“ nachzulesen –, halte ich
für hervorragend. Natürlich müssen wir uns nicht nur
über Subventionsabbau unterhalten, sondern in dieser
Hinsicht auch handeln, und zwar nicht selektiv. Es war
von Steuersenkungen und von Deregulierungen die
Rede, aber es fehlte das Stichwort Subventionsabbau.
Ein Befreiungsschlag ist nur durch eine pauschale Sen-
kung der Subventionen möglich.


(Jörg Tauss [SPD]: Das haben wir im Bundesrat erlebt!)


Nur dann schaffen wir es, Milliarden einzusparen. Ich
bitte Sie, in dieser Hinsicht künftig sehr viel mutiger zu
sein.

Wenn Sie nicht glauben, dass dies derzeit möglich ist,
dann führe ich an, welche Gesamtsumme an Subventio-
nen das Institut für Weltwirtschaft in Kiel genannt hat.
Sie betrug im Jahr 2001 – man höre und staune –
155 Milliarden Euro.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Was soll denn ein junger Unternehmer aus Ihrem Vortrag lernen?)


Das entspricht einem Drittel unserer gesamten Steuer-
einnahmen; das muss man sich einmal vorstellen. Wenn
man davon abzieht, was an staatlichen und halbstaatli-
chen Subventionen gezahlt wird, bleiben – quasi netto –
immer noch Subventionen in Höhe von 110 Milliarden
Euro. Wenn Sie nur 20 Prozent davon pauschal strei-
chen, dann haben Sie ein Einsparvolumen von
22 Milliarden Euro.


(Jörg Tauss [SPD]: Werden Sie einmal konkret!)


Das ist ein Batzen Geld.

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(C (D Ich kann Sie nur auffordern, wirklich mutige Schritte u Liberalisierung, Deregulierung, Steuersenkung und ubventionsabbau zu vereinbaren. Dann haben Sie auch ns auf der Seite derjenigen, die mitarbeiten. Ich kann nur noch einmal sagen: Der Antrag der DU/CSU-Fraktion ist wirklich sehr gut. Ich freue mich uf die Debatte darüber in den entsprechenden Auschüssen und hoffe, dass wir endlich vom Reden zum andeln kommen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Rainer Wend [SPD]: Auf die Debatte im Ausschuss freue ich mich nicht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504814900


Ich erteile das Wort der Kollegin Christine Scheel,
ündnis 90/Die Grünen.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504815000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

orab zwei Bemerkungen zu Ihnen, Frau Kopp.
Der erste Punkt. Ich gebe Ihnen völlig Recht; auch ich

rachte das Steuerrecht für zu kompliziert. Unser Pro-
lem ist aber, dass in der Bundesrepublik Deutschland
ber Jahrzehnte alle gesellschaftspolitischen Felder – von
er Bildung über die Familie und die Bauförderung bis
in zur Kulturpflege – im Steuerrecht geregelt wurden
nd dass es unheimlich schwer ist, das wieder zurückzu-
rehen. Ich glaube, wir sind darüber einig, dass man die
otwendigen Investitionen an der einen oder anderen
telle besser über Direktinvestitionen als über das Steu-
rrecht regeln könnte. Das ist ein sehr schwieriger Weg.
ber man muss ihn gehen; da gebe ich Ihnen Recht.
Der zweite Punkt. Selbstverständlich werden wir wei-

er Subventionen abbauen. Aber ich möchte Sie bitten,
ass Sie, wenn Sie die vom Institut für Weltwirtschaft
enannte Summe von 155 Milliarden Euro aufgreifen,
en Bürgerinnen und Bürger auch sagen, dass in diesen
ubventionen die Finanzierung unserer Bildungseinrich-
ungen enthalten ist. Es entspricht dem Grundgesetz und
nserem Verfassungsauftrag, dass der Staat für die Fi-
anzierung dieser Einrichtungen aufkommt. Dies ist
icht privatwirtschaftlich zu tragen.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Das ist auch keine Subvention! Das ist ja Quatsch!)


Das ist keine Subvention im engeren Sinne. Ich ver-
ute, es wird sehr mühsam sein, sich zunächst einmal
uf einen Subventionsbegriff zu verständigen.
Dazu werden Vorlagen kommen. Ich bin gespannt,
ie die FDP sich verhält, wenn es konkret wird. Denn
ann sind Sie meistens nicht mehr dabei.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Gudrun Kopp [FDP]: Aber umgekehrt auch nicht!)


Es gibt zwei Gründe, warum mir der Antrag, den die
nion vorgelegt hat, nicht so gut gefällt.






(A) )



(B) )


Christine Scheel
Herr Riesenhuber, der erste Grund ist: Der Duktus des
Antrages ist mir zu negativ. Er verbreitet eine schlechte
Stimmung.


(Jörg Tauss [SPD]: Keine Aufbruchstimmung!)


Wir alle sind der Auffassung, dass wir hier etwas tun
müssen und sollen. Es ist klar, dass die Förderung von
jungen Technologieunternehmen ein Schlüssel zur In-
novationstätigkeit der Gesellschaft in Bezug auf neue
Produkte und Technologien ist. Wir sollten das positiv
formulieren und nicht immer alles als ganz furchtbar
darstellen.

Der zweite Grund ist: Die Lösungsansätze zu steuerli-
chen Fragen, die Sie hier formulieren, sind ein Schnell-
schuss. Wir können keine steuerlichen Regelungen
mehr gebrauchen, die denjenigen große Schlupflöcher
eröffnen, die sie nicht brauchen. Die Regelungen müssen
zielgenau, effektiv, kontrollierbar, nachvollziehbar und
im internationalen Wettbewerb sinnvoll sein.


(Jörg Tauss [SPD]: Vereinfachung des Steuerrechts!)


Wir dürfen keine Maßnahme ergreifen, ohne uns die
Konsequenzen zu überlegen. Ich denke, wir werden im
Laufe des Verfahrens noch über die eine oder andere
Maßnahme diskutieren können.

Da Sie sich immer für die negative Seite zuständig
fühlen, möchte ich ein paar positive Sachen sagen.


(Dirk Niebel [FDP]: Die schlechte Politik machen doch Sie!)


Deutschland ist der zweitwichtigste Technologieex-
porteur der Welt, das weist der Bericht zur technologi-
schen Leistungsfähigkeit des letzten Jahres aus.


(Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]: Das haben wir vor vier Wochen diskutiert!)


Wir haben hier nach wie vor eine weltweit führende Po-
sition, übrigens auch bei Patentanmeldungen. Tatsache
ist auch, dass nach dem Gründungsboom im Hightech-
bereich Ende der 90er-Jahre, speziell im Segment IT und
im Bereich der Biotechnologie, im Zuge der anhaltenden
Konjunkturschwäche ein Rückgang an Neugründungen
stattgefunden hat. Dass wir eine Zunahme an Insolven-
zen verzeichnen mussten, ist richtig. Aber man darf die
Ursachen dieser Entwicklung nicht vorrangig auf man-
gelhafte steuerliche Rahmenbedingungen zurückführen.
Man muss die eigentlichen Ursachen auch im Zusam-
menhang mit den gestaltbaren Rahmenbedingungen für
innovatives Handeln von Unternehmen sehen.

Die Aussagen in der aktuellen Analyse der Deutsche
Bank Research vom Mai 2003, die wir bekommen ha-
ben, klingen viel seriöser als das, was Sie formulieren.
Ich zitiere kurz aus dem Bericht. Dort heißt es:

Ein Teil des Rückgangs der Gründungsaktivitäten
kann durch die anhaltende Wachstumsschwäche in
Deutschland erklärt werden. Ein bedeutender Teil
des Nachlassens ist aber auf das Platzen der Bubble

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(C (D an den Wachstumsbörsen und am Venture-CapitalMarkt zurückzuführen. ie Übertreibungen an diesen Märkten – das ist die Interretation – führten natürlich auch zum Zusammenbruch es Neuen Marktes. Spekulationsblasen an Börsen hat icht – das möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen – ie Politik zu verantworten. Vielmehr sind es die Akteure uf den Märkten selbst, die dies zu verantworten haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben für vieles, aber nicht für alles die Verantwor-
ng. Leider haben auch hier unseriöse Investitionsentschei-
ungen stattgefunden; das war nach der Konsolidierung der
enture-Capital-Märkte bei Unternehmensneugründungen
u sehen. Hier müssen wir feststellen, dass Unternehmer
re Fehlinvestitionen und Finanzanleger und -anlegerinnen
r spekulatives Verhalten selbst zu verantworten haben.
Die Politik kann und will hier bessere, kalkulierbare

ahmenbedingungen für Investorenverhalten bieten.
ch denke, das ist auch sinnvoll. Bei Bund, Ländern und
ommunen existieren insgesamt 129 Förderprogramme,
ie sehr sorgfältig geprüft und ausgebaut werden. Eine
ielzahl dieser Programme wird, was sehr schön ist, ge-
ade in der letzten Zeit wieder stärker in Anspruch ge-
ommen. Hier gibt es also durchaus positive Gesichts-
unkte. Aber nach wie vor stellen die Risikoaversion
nd der Gründungspessimismus unter den Deutschen
roße strukturelle Hemmnisse für innovative Neugrün-
ungen dar. Das ist eine psychologische Realität.
Ich sage es einmal ganz neutral: Das hat nichts mit

er steuerlichen Frage zu tun. Dem ist auch nicht unbe-
ingt durch Förderprogramme zu begegnen, sondern nur
it einem Mentalitätswechsel der Akteure und der po-
nziellen neuen Unternehmer und Unternehmerinnen.
iesen Aspekt muss man berücksichtigen, wenn man
ergleiche mit den USA betrachtet; denn dort ist die Si-
ation ganz anders – hierzu gibt es wunderbare Untersu-
hungen –: Die Risikobereitschaft ist höher und dement-
prechend ist die Grundsituation eine ganz andere.
Lassen Sie uns also, da wir die Zukunft positiv gestal-
n, hier investieren und diese Unternehmenskultur för-
ern wollen, die entsprechenden Regelungen gemeinsam
eiterentwickeln! Lassen Sie uns dafür sorgen, dass wir
ie unternehmerischen Talente in der Bundesrepublik
eutschland fördern! Lassen Sie uns aber in der öffentli-
hen Diskussion bitte nicht den Fehler machen, unseren
tandort immer schlecht zu reden! Denn wenn wir das
un, was leider vorwiegend vonseiten der FDP geschieht,


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist doch eine Unverschämtheit! Sie machen die schlechte Politik und die Opposition soll schuld sein! Das ist ja unglaublich!)


ührt dies dazu, dass die Motivation derjenigen, die hier
in Unternehmen gründen wollen, nicht gerade gefördert
ird. Darum sollte es uns aber eigentlich gehen.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504815100


Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
Kollege Reinhard Schultz, SPD-Fraktion.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1504815200

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte ge-

hört ja, was das Aufeinander-Zugehen anbetrifft, zwei-
felsfrei zu einer der erfreulicheren Debatten. Das fing
mit Ihnen, Herr Professor Riesenhuber, an und hat sich
so weitgehend fortgesetzt.

Ich persönlich bin sehr davon überzeugt, dass man ge-
nau hinsehen muss, wenn man junge Gründungsunter-
nehmen, egal aus welchen Bereichen, fördert, ob man
sich nicht selber in die Tasche lügt, wenn man dies in
erster Linie durch Veränderung der steuerlichen Kulisse
macht, weil die Gründer selber und ihre Unternehmen in
ihren Verlustphasen davon meistens leider relativ wenig
haben; es sei denn, man überträgt die Vorlaufverluste so-
zusagen bis in alle Ewigkeit. Aber dann wird das, was
aus ihnen wird, wiederum für den Fiskus außerordent-
lich schwer kalkulierbar.

Deswegen haben wir in Deutschland in der Vergan-
genheit darauf gesetzt und setzen darauf auch heute
– das gilt übrigens für alle Industrieländer, die einen ho-
hen Anteil von Forschungs- und Entwicklungskosten im
privaten wie im öffentlichen Bereich aufweisen, woraus
Unternehmensgründungen hervorgehen –, diesen Unter-
nehmen durch direkte Förderung zu helfen. Sie selber
haben darauf abgehoben. Es gab eine Menge an Beteili-
gungskapital und Gründungshilfen über die KfW und die
DtA. Das wird künftig über die KfW-Mittelstandsbank,
wie sie, nachdem wir uns gestern geeinigt haben, heißen
wird, fortgeführt.

Das Problem ist natürlich, dass die Zahlung von Hil-
fen einen gewissen Eigenanteil bei der Finanzierung
voraussetzt, der denjenigen, die Unternehmen neu grün-
den oder bestehende Unternehmen fortführen wollen,
zunehmend fehlt.

Noch viel schwieriger ist – darauf ist ebenfalls schon
eingegangen worden –, Hausbanken zu finden, die sich
bei der Finanzierung eines normalen mittelständischen
Unternehmens über das normale Risiko hinaus engagie-
ren. Sie sind noch nicht einmal bereit, „Querschreibun-
gen“ vorzunehmen, also einen zinsgünstigen Kredit der
Mittelstandsbank durchzureichen. Das ist ein riesengro-
ßes Problem, das wir angehen müssen. Wir sind auf je-
den Fall bereit, über die Instrumente der Banken, die wir
haben und die wir sogar etwas schärfer gefasst haben,
Mittel auszugeben und die Programme fortzusetzen, und
zwar in vergleichbarer Größenordnung wie in der Ver-
gangenheit. Wir müssen aber auch die Umgebung ent-
sprechend anpassen.

Es ist eben anschaulich dargestellt worden, dass vie-
les dazu beigetragen hat, dass im Hightechbereich im
Augenblick keine Gründungsstimmung aufkommen
will. Das eine Problem ist, dass in diesem ganz interes-
santen Segment, über das alle gestaunt haben, eine Blase
geplatzt ist. Heute trauen sich viele diesen Schritt nicht
und gehen ihn nicht, auch wenn sie könnten. Das ist ein

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(C (D roßes psychologisches Problem, an dessen Lösung man rbeiten muss und bei dem man durch öffentliche Dartellung viel erreichen kann. Es fängt bei der Schule an, eht aber bis dahin, dass die Politik über solche Voränge redet und so darauf hinwirkt, dass sich die Menchen wieder trauen, sich selbstständig zu machen. Ein weiteres Problem ist, dass sich die Anleger, die uf dem Venture-Capital-Markt investiert haben, zuehmend des Risikos bewusst werden. Dies ist insbesonere deswegen der Fall, weil die normalen Ertragsquelen, aus deren Überschüssen sie diese Investitionen in er Vergangenheit finanziert haben, in der Regel nicht ehr in dem Maße sprudeln wie in der Vergangenheit nd alles etwas näher am Rand genäht ist. Sie müssen etas stärker auf ihren Cashflow achten. Wenn also die uelle versiegt, wenn das Geld, das investiert werden oll, gerade einmal für das Kerngeschäft reicht, dann ann man betteln und beten, sogar noch etwas Geld hinerherwerfen und obendrein noch die Steuersätze senken aber Venture-Capital-Beteiligungen werden die Anleer nicht eingehen. Das machen sie nun einmal nicht aus einer Nächstenliebe. Insofern glaube ich, dass man zwei Dinge beachten uss. Man muss zum einen dafür sorgen, dass sich das endel, das nach dem IT-Boom, nach der Begeisterung nd nach dem Platzen der Spekulationsblase in einem ereich des absoluten Attentismus gestanden hat, wieder n einen normalen Bereich einpendelt. Man muss zum anderen dafür sorgen, dass der Ven ure-Capital-Markt verstetigt wird. Dazu gehört, dass wir ns die Möglichkeiten der öffentlichen Hilfen ansehen üssen. Neben den Programmen der KfW, die nach wie or eine beachtliche Größenordnung aufweisen – KfW nd DtA haben im letzten Jahr zusammen 600 Millionen uro zur Verfügung gestellt; das ist auch im europäichen Vergleich, den wir nicht zu scheuen brauchen, sehr iel Geld –, müssen wir, wo es vernünftig ist, auf die teuerliche Kulisse sehen. ie haben das Thema Business Angles angesprochen. as ist ein sehr zweischneidiges Schwert; das wissen Sie ahrscheinlich genauso gut wie ich. Es geht um die rage der wesentlichen Beteiligung. Wenn man eine icht wesentliche Beteiligung eingeht, dann ist man auch bei einem Gesellschafterdarlehen –, was die Haf ung angeht, weitgehend außerhalb des Risikos. Im Falle iner Insolvenz kommt man, zumindest theoretisch, auf inen recht hohen Platz auf der Gläubigerliste. Wenn an eine wesentliche Beteiligung eingeht, dann ist man war voll in der Haftung, hat aber den großen Vorteil, ass man die Verluste einer solchen Beteiligung im selen Jahr oder zeitlich gestreckt bei der Steuer voll mit einen anderen Einkünften verrechnen kann. Beides leichzeitig geht aber nicht. Als wir damals diese Änderungen im Steuerrecht vor enommen haben, habe ich mit den betreffenden Agenuren und Einzelpersonen geredet. Am liebsten hätten sie atürlich beides, nämlich die Möglichkeit der vollständien Absetzbarkeit möglicher Verluste und gleichzeitig en Platz eins auf der Gläubigerliste. Das geht bei einem olchen Geschäft nicht. Wir müssten überlegen, wie man Reinhard Schultz zu einer Regelung kommen kann, die etwas besser auf diese besondere Situation zugeschnitten ist, sodass kein Sonderfall geschaffen wird, der natürlich Begehrlichkeiten bei anderen hervorruft. Das Gleiche gilt auch für die steuerliche Behandlung von Risikobeteiligungen. Im Gegensatz zu manchen anderen glaube ich, dass wir bei dem im Zusammenhang mit dem Steuervergünstigungsabbaugesetz verfolgten Ansatz, die Verlustzuweisungen zu begrenzen, richtig gehandelt haben. Es wird ja niemandem die Möglichkeit des Verlustvortrags genommen, sondern sie wird auf der Zeitachse lediglich verstetigt. Im Grunde genommen ist es eher eine Optimierung der persönlichen steuerlichen Situation des betroffenen Bürgers, der Einkommensteuer zahlen muss, und des Unternehmens, das Körperschaftsteuer zahlt. Niemandem wird die Möglichkeit des Verlustvortrags genommen, sondern sie wird – zugunsten der Verstetigung der Steuereinnahmen – lediglich vernünftig auf der Zeitachse verteilt. Bei der Körperschaftsteuer haben wir dies gemeinsam mit dem Bundesrat so geregelt. Für viel wichtiger halte ich neue Vorstöße bei der Mobilisierung privaten Beteiligungskapitals. Im Rahmen einer Anhörung des Finanzausschusses zum Finanzplatz Deutschland hatten wir gestern eine ganz spannende Diskussion. Alle Varianten von der Fondsfinanzierung bis zum Aufbau neuer Märkte – es geht darum, eigene Börsen für bestimmte Hightech-Segmente aufzubauen –, sind diskutiert worden. Wir haben noch einmal unterstrichen, dass wir in Bezug auf die Fonds das fortsetzen werden, was wir bereits im Steuervergünstigungsabbaugesetz vorgesehen haben. Wir werden die inländischen und die ausländischen Fonds zum 1. Januar 2004 steuerlich völlig gleichstellen. Das ist seit längerem bekannt und auch verbindlich. Das schafft Planungssicherheit und es werden Produkte angeboten und Programme aufgelegt, die dieser neuen und mit Recht erwarteten steuerlichen Kulisse entsprechen. Ich hoffe, dass auch für die Segmente, die wir hier diskutieren, etwas Maßgeschneidertes aufgelegt wird. In Bezug auf das Investmentgesetz, in dessen Rahmen dies vorgesehen ist, und das Investmentsteuergesetz, das parallel dazu verabschiedet wird, werden wir auch zu überlegen haben, ob wir der Finanzaufsicht nicht mehr Ermessensspielraum einräumen sollten, sodass sie kurzfristig auf Produktideen, die dieser Gründerkulisse eher entsprechen, reagieren kann und wir weg von der starken Verrechtlichung kommen. Diese erklärt sich aufgrund des Sicherheitsbedürfnisses, sie führt aber zu sehr langsamen Reaktionen der Aufsichtsbehörden bei neuen Ideen. Der Chef der Deutschen Börse hat uns gesagt, dass es neue Hightech-Börsen geben wird. Es ist die Pflicht der Deutschen Börse und der Regionalbörsen, dafür zu sorgen, dass sie eingerichtet werden, auch in internationaler Kooperation. Der Neue Markt ist ja geschlossen worden. Es sind ja nicht alle Unternehmen, die in diesem Index notiert waren verschwunden; ein großer Teil wird inzwischen an den – in Anführungszeichen – normalen Börsen i „ G s D f e d s Z (C (D nternational gelistet. Ein anderer Teil ist allerdings weg vom Fenster“. Wir werden neue Anstrengungen erleben, die die ründerszene massiv befruchten werden. Ich denke, wir ollten das konstruktiv unterstützen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504815300


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/815 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist
ie Überweisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 sowie die Zu-

atzpunkte 8 und 9 auf:
10 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD

und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
der Handwerksordnung und zur Förderung
von Kleinunternehmen

– Drucksache 15/1089 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

P 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ernst
Hinsken, Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Handwerk mit Zukunft

– Drucksache 15/1107 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer
Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Meisterbrief erhalten und Handwerksordnung
zukunftsfest machen

– Drucksache 15/1108 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für
diese Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat der Kollege
Brandner für die SPD-Fraktion das Wort.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1504815400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

nen und Kollegen! Mit der Einbringung des Gesetzent-
wurfes zur Änderung der Handwerksordnung und zur
Förderung von Kleinunternehmen schließen wir eine Lü-
cke aus der Hartz-II-Gesetzgebung. Es geht um das Kon-
zept der Ich-AG. Wie Sie wissen, gehören zur Ich-AG
der Existenzgründungszuschuss aus dem Sozialgesetz-
buch III, die Minimalbesteuerung, die Einführung einfacher
Buchführungsrichtlinien für Kleinunternehmen und vor al-
lem auch die Liberalisierung der Handwerksordnung.

Das Kleinunternehmerförderungsgesetz werden wir
morgen in zweiter und dritter Lesung verabschieden. Es
benötigt allerdings die Zustimmung des Bundesrates. Der
jetzt vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
der Handwerksordnung ist jedoch nicht zustimmungs-
pflichtig. Wir können und werden ihn deshalb zügig be-
raten und noch vor der Sommerpause verabschieden.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


Erst wenn alle drei Teile des Konzepts im Gesetzblatt
stehen, wird sich – wir werden es sehen – bei der Ich-AG
eine Gründungsdynamik entwickeln.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


– Nun stöhnen Sie nicht schon jetzt, liebe Kolleginnen
und Kollegen von der CDU/CSU; denn entgegen allen
Unkenrufen ist unser Weg, Existenzgründungen aus der
Arbeitslosigkeit heraus zu fördern, bereits jetzt ein voller
Erfolg.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D llein in den ersten fünf Monaten haben mehr als 0 000 Arbeitslose den Sprung in die Selbstständigkeit ewagt, avon 26 000 allein in Form der Ich-AG. Dabei konnte ieses Konzept – ich wiederhole mich –, seine volle irksamkeit noch gar nicht entfalten. Wir versprechen ns deshalb von der raschen Umsetzung der Liberalisieung im Handwerksbereich und von der zügigen Beraung des Kleinunternehmerförderungsgesetzes im Bunesrat einen weiteren Durchbruch für mehr Existenzen nd mehr Beschäftigung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Subventioniert!)


Uns hat in den vergangenen Monaten eine Flut von
nfragen Arbeitsloser erreicht, die sich selbstständig
achen wollten, jedoch von den Handwerkskammern
it Blick auf die geltende Handwerksordnung daran ge-
indert wurden. Abmahnungen, Bußgelder und Betriebs-
chließungen wurden Existenzgründern angedroht oder
eilweise vollzogen. Das wollen und müssen wir ändern.


(Jörg Tauss [SPD]: Gewerbefreiheit à la FDP!)

Wir wollen in einem ersten Schritt die Handwerksord-

ung für den Bereich einfacher Tätigkeiten entzerren
nd liberalisieren. Wir nehmen mit dieser kleinen No-
elle eine Klarstellung in das Gesetz auf, die der
öchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht. Worum
eht es konkret? In § 1 Abs. 2 der Handwerksordnung
eißt es:

Ein Gewerbebetrieb ist Handwerksbetrieb im Sinne
dieses Gesetzes, wenn er handwerksmäßig betrie-
ben wird und ein Gewerbe vollständig umfasst, das
in der Anlage A aufgeführt ist, oder Tätigkeiten
ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesent-
lich sind (wesentliche Tätigkeiten).

s kommt also auf die wesentlichen Tätigkeiten an. Wir
ollen nun mit diesem Gesetz klarstellen, welche Tätigkei-
n nicht zum Kernbereich eines Handwerks gehören,
lso keine wesentlichen Tätigkeiten im Sinne § 1 Abs. 2
es Gesetzes sind.
Keine wesentlichen Tätigkeiten eines Gewerbes der
nlage A der Handwerksordnung sind insbesondere so
enannte einfache Tätigkeiten, die in kurzer Anlernzeit
rlernbar sind. Das Bundesverfassungsgericht hat „ein-
ache Tätigkeiten“ definiert: Es sind Tätigkeiten, die ein
urchschnittlich begabter Berufsanfänger in zwei bis
rei Monaten erlernen kann. Wir stellen in diesem Ge-
etz aber auch klar, dass wesentliche Tätigkeiten auch
ann nicht vorliegen, wenn sie zwar eine längere An-
ernzeit verlangen, aber für das Gesamtbild des betref-
enden Gewerbes der Anlage A nebensächlich sind und
eshalb nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern,
uf die die Ausbildung in diesem Gewerbe hauptsächlich
usgerichtet ist. Schließlich zählen zu den wesentlichen
ätigkeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 der Handwerksord-
ung nicht solche Tätigkeiten, die sich nicht aus einem
ewerbe der Anlage A entwickelt haben.






(A) )



(B) )


Klaus Brandner
Mit dieser kleinen Novelle werden viele Unklarheiten
der Auslegung der Handwerksordnung und noch mehr
Ungereimtheiten bei ihrer Ausführung beseitigt. Wir
werden dadurch mehr Existenzgründungen ermöglichen,
die bisher verhindert oder behindert wurden. Gerade
heute Morgen haben wir in einem Gespräch mit den füh-
renden Vertretern der Handelsverbände in Deutschland
erfahren, dass der Handel Impulse braucht, um aus der
negativen Stimmung herauszukommen. Er sieht einen
Impuls darin, durch geschlossene Serviceleistungen
neue Beschäftigungsfelder zu erschließen. Zum Beispiel
könnten diejenigen, die Teppiche verkaufen, zugleich
auch die Serviceleistung des Verlegens oder des Anbrin-
gens von Fußleisten anbieten. Es sind also viele Ge-
schäftsfelder denkbar, von denen Beschäftigungsimpulse
ausgehen können. Bereiche, die heute brach liegen,
könnten wir mit dieser gesetzlichen Änderung leicht er-
schließen.

Mit der kleinen Novelle der Handwerksordnung er-
öffnen wir zugleich die Diskussion über die große No-
velle der Handwerksordnung, die mit der Vorlage des
Regierungsentwurfs vom 28. Mai 2003 begonnen
wurde. Lassen Sie mich deshalb mit einigen grundsätzli-
chen Bemerkungen dazu schließen.

Die Reform der Handwerksordnung kommt aus
meiner Sicht mindestens 13 Jahre zu spät. Spätestens mit
der Vereinigung Deutschlands wäre eine grundlegende
Reform der Handwerksordnung überfällig gewesen. So
haben wir noch zu Beginn der 90er-Jahre das alte Regel-
werk in die neuen Bundesländer übertragen, mit fatalen
Konsequenzen für die Gründungsdynamik in diesen
Ländern. Wir hätten uns viel Ärger ersparen und für
viele Gründungswillige auch ein hohes Maß an Unge-
rechtigkeiten vermeiden können, wenn wir schon damals
mutig an eine Novellierung der Handwerksordnung her-
angegangen wären. Wie viele hoch qualifizierte Techni-
ker, Ingenieure und Werkmeister aus der ehemaligen
DDR sind davon abgehalten worden, sich im Handwerk
selbstständig zu machen, mit der Begründung, sie hätten
keinen Meisterbrief? Das werden wir jetzt ändern – für
viele leider 13 Jahre zu spät.

Zum Schluss noch eine Bitte an das Handwerk und an
die Verbandsfunktionäre: Rüsten Sie verbal ab!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was hier in den letzten Tagen und Wochen an Verbands-
radikalismen in die Debatte eingeführt wurde, ist nur
schwer erträglich.


(Beifall bei der SPD – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Klaus Zwickel ist nichts dagegen! – Jörg Tauss [SPD]: Dagegen sind Gewerkschaftler harmlos! – Dirk Niebel [FDP]: Und das sagt ein Gewerkschaftsfunktionär!)


Ich will hier auf Beispiele verzichten. Es war jedenfalls
nicht meisterlich, was dort geboten wurde. Es ist eher
beschämend, meine Damen und Herren.

Den Handwerkern, die uns heute zuhören, sage ich:
Wenn wir jetzt nicht handeln, dann können wir das

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(C (D andwerksrecht in Deutschland nicht zukunftssicher nd europafest machen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir stehen zum Meisterbrief. Wir schaffen ihn nicht ab.
ir fördern ihn beispielsweise, indem wir das BAföG
uf eine neue und erweiterte Grundlage gestellt haben.
amit schaffen wir Qualitätsstandards, von denen viele
ndere nur träumen.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

ber die Voraussetzung für die Berufsausübung ist doch
icht allein der große Befähigungsnachweis. Wem wollen
ie denn klar machen, dass sich ein Diplom-Ingenieur im
andwerk nicht selbstständig machen kann, sondern nur
erjenige, der eine entsprechende Meisterprüfung abge-
gt hat?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir werden in der Debatte, die uns von anderen euro-

äischen Mitgliedstaaten und den europäischen Gerich-
en aufgezwungen wird, immer mehr in die Defensive
edrängt, wenn wir jetzt nicht handeln. Demnächst wer-
en Anbieter aus zwölf europäischen Nachbarländern
ei uns ihre Handwerksleistungen ungehindert anbieten
önnen, ohne den gleichen strengen Zugangsvorausset-
ungen zu unterliegen wie ihre deutschen Mitkonkurren-
en. Hier muss etwas passieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Den zukünftigen Existenzgründern sage ich: Wir wer-
en für mehr Berufsfreiheit in einem bisher regulierten
arkt sorgen. Das wird Ihnen helfen. Es wird erheblich

eichter sein, eine selbstständige Existenz im Handwerk
u gründen. Wir werden Ihnen dabei zur Seite stehen,
ngefangen mit Förderinstrumenten wie dem Überbrü-
kungsgeld oder der Ich-AG, mit steuerlichen Hilfen und
ünstigen Kreditprogrammen der Mittelstandsbank, mit
er Modernisierung der beruflichen Bildung, bis hin
um Meister-BAföG. Damit bieten wir ein komplettes
rogramm an. Ich denke, dieses Programm ist in die Zu-
unft gerichtet. Ich bitte Sie dazu um Ihre Unterstützung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504815500


Nächster Redner ist der Kollege Ernst Hinsken für die
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1504815600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
err Brandner, auch wenn Sie sich noch so oft einreden,
ass die Ich-AG etwas Gutes sei: Es wird nicht stimmen.
ie Realität draußen zeigt etwas ganz anderes. Die
orge im Handwerk ist gerade wegen der Einführung der
ch-AG besonders groß. Wenn Sie als Spitzenredner und
irtschaftspolitischer Sprecher der SPD hier ans Pult ge-






(A) )



(B) )


Ernst Hinsken
hen, dann, so meine ich, sollten Sie sich so vorbereiten,
dass Sie nichts Falsches sagen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Richtig!)

Sie haben darauf verwiesen, dass die Novellierung der
Handwerksordnung um 13 Jahre zu spät kommt, dass da-
mals nicht gehandelt wurde, als die neuen und die alten Bun-
desländer vereinigt wurden. Hinsichtlich der Anerkennung
von Meisterprüfungen – zum Beispiel in der Industrie –
möchte ich Sie daran erinnern, dass die Verordnung über
die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen von
Meistern 1991 im Bundestag beschlossen wurde. Ich sehe
es Ihnen nach, dass Sie das nicht wissen, weil Sie damals
noch nicht im Bundestag waren. Sie können es aber nach-
lesen. Wir waren damals sehr wohl auf der Höhe der Zeit
und haben die notwendigen Maßnahmen ergriffen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Brandner [SPD]: Sie müssen mal zur Sache kommen, Herr Hinsken!)

Ich gehöre zu den Anhängern des großen Befähi-
gungsnachweises. Ich gehöre zu denen, die die
Handwerksordnung, die das Handwerk mit seinem
Kammerwesen, mit seinem Innungswesen für un-
verzichtbar halten.

Das sagte – passen Sie jetzt gut auf! – Bundesminister
Clement auf dem Deutschen Handwerkstag am 29. No-
vember 2002, also vor einem halben Jahr, in Leipzig.


(Dirk Niebel [FDP]: Hat er vergessen!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1504815700

Es wird durch diese Bundesregierung, jedenfalls
durch mich, keine Maßnahmen geben, die gewis-
sermaßen von oben herab Veränderungen im Hand-
werk erzwingen wollen.


(Dirk Niebel [FDP]: Das hat er auch vergessen!)


Das, was wir tun, was wir tun können im Verhältnis
zum Handwerk, was die Rechtsordnung angeht, die
Handwerksordnung angeht, das wird nur so gestal-
tet werden, dass Sie

– gemeint war das Handwerk –
mitgehen. Wir werden das mit Ihnen tun, das was
notwendig ist, aber nicht ohne Sie, nicht gegen Sie
und erst recht nicht von oben herab. Das ist mein
Verständnis der Arbeit.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Dafür hat er Applaus verdient!)

Wo er Recht hat, hat er Recht. Aber den Worten müss-

ten auch Taten folgen. Davon kann aber nicht die Rede
sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Birgit Homburger [FDP])


Denn das Verfallsdatum von Clements Worten ist schnel-
ler abgelaufen, als die Worte aus seinem Munde sprudeln.
Lassen Sie mich ein Sprichwort von La Fontaine zitieren:
Am Werke erkennt man den Meister!

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(C (D Jetzt blasen Sie, meine Damen und Herren von Rotrün, aus ideologischen Gründen zum Sturm auf den eisterbrief. Wer sich so verhält, ist unglaubwürdig. ch kann auch nicht ganz nachvollziehen, dass eine roße Tageszeitung in der vergangenen Woche getitelt at: Das Handwerk hat mit Clement seinen Meister geunden. – Darauf kann ich nur erwidern: Es hat nicht seien Meister, sondern seinen Vernichter gefunden. Das ist ie Sorge, die uns vor allem bewegt. Seit vergangenem Mittwoch ist im Handwerk die ölle los: Briefe, Telefonate, Hilferufe (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wahnsinn!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


reffen zigfach bei mir und meinen Kolleginnen und
ollegen ein.


(Klaus Brandner [SPD]: Alles bestellt! Zahlt die CDU-Fraktion das Porto?)


undesminister Clement und Sie, seine Genossen,
chlagen wie bei einem Amoklauf wild um sich: Belei-
igungen am laufenden Band. Entspricht das Ihrem Ver-
tändnis der Zusammenarbeit; wollen Sie so die Hand-
erks-ordnung gestalten und meinen Sie, dass das
andwerk sie dann mittragen kann?
Ich möchte nur an die Worte von Minister Clement in

eipzig erinnern. Wenn Herr Clement ausführt, dass ihn
um Beispiel der Betrug am Sozialstaat wütend macht,
ann halte ich ihm entgegen: Auch uns macht das wü-
end. Aber Mittelständler öffentlich zu bezichtigen, dass
ie ihre Ehepartner als Scheinangestellte beschäftigen,
ie sich dann arbeitslos melden und auf Kosten der All-
emeinheit Geld kassieren – wie erst gestern wieder ver-
chiedenen Pressemeldungen zu entnehmen war –, ist
ehr als starker Tobak.

(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Das ist wohl noch nie vorgekommen?)

Für mich ist das Brunnenvergiftung, die wir für keine

esellschaftliche Gruppierung wollen und schon gar
icht für das Handwerk, eine wichtige wirtschaftliche
ruppierung, auf die wir in der Vergangenheit in großar-
iger Weise setzen konnten und weiter setzen wollen.
enn wegen ein paar schwarzer Schafe eine gesamte ge-
ellschaftliche Gruppierung in Verruf zu bringen geht
eit über meine Vorstellungswelt hinaus.
Was machen Sie noch? Täter- und Opferrolle werden

ertauscht: Sie von Rot-Grün treiben Deutschland in die
irtschaftliche Misere und schieben den schwarzen
eter dem Handwerk zu. So leicht machen Sie es sich!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Auch folgender Punkt ist nicht zu übersehen. Mir

ommt es so vor, als ob Sie von Rot-Grün, insbesondere
err Clement, über eine radikale Korrektur des Hand-
erksrechts das Handwerk dafür abstrafen wollen, dass
s bei der letzten Wahl nicht die SPD gewählt hat.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Da ist etwas dran! Das war eine kluge Entscheidung!)







(A) )



(B) )


Ernst Hinsken
Sie ignorieren völlig, wofür das deutsche Handwerk
steht: für 5,3 Millionen Arbeitsplätze und 528 000 Aus-
bildungsplätze in 580 000 Betrieben, und das, obwohl
im letzten Jahr über 10 000 Betriebe Pleite und dadurch
300 000 Arbeitsplätze verloren gegangen sind.

In diesem Zusammenhang ist auch die Frage zu stel-
len, warum nur etwa die Hälfte derjenigen, die die Meis-
terprüfung ablegen, in die Selbstständigkeit gehen. Für
mich gibt es nur eine kurze Antwort: weil die Bedingun-
gen so schlecht sind. In Deutschland stehen 130 000
Handwerksmeister in Reserve. Sie, meine Damen und
Herren von Rot-Grün, sollten dafür sorgen, dass die
Rahmenbedingungen verbessert werden. Ich prophezeie
Ihnen, dass es, wenn Sie das tun, einen wahren Boom an
Existenzgründungen geben wird. Es gibt das alte Sprich-
wort: Ein schlechtes Handwerk, das seinen Meister nicht
ernährt! Abgewandelt auf die Bundesregierung, muss es
heute heißen: Eine schlechte Regierung, die ihre Meister
ausgrenzt!

Wie sieht denn Ihre Antwort aus? Herr Clement hofft
auf die Gründung von 200 000 Ich-AGs durch Erwerbs-
lose noch in diesem Jahr. Anstatt tüchtige Existenzgrün-
der zu fördern, kommt wieder nichts Gescheites heraus
frei nach dem Motto: Denn sie wissen nicht, was sie tun!


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo haben Sie denn das her?)


Sie von Rot-Grün sind feige – das betone ich aus-
drücklich noch einmal –, weil Sie nicht den Mut aufbrin-
gen, heute Ihre vom Kabinett verabschiedeten Vor-
schläge zur Novellierung der Handwerksordnung in den
Deutschen Bundestag einzubringen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meckerei! Schlechtreden!)


Sie haben gerade einmal einen Zehn-Zeilen-Antrag vor-
gelegt. Da lobe ich mir meine Kolleginnen und Kollegen
von der FDP- und der CDU/CSU-Fraktion, die jeweils
einen umfangreichen Antrag in den Bundestag einge-
bracht haben und die versuchen, den Bürgern und insbe-
sondere den Handwerkern wieder Perspektiven zu geben
und Mut einzuflößen, den sie dringend benötigen und
der ihnen bislang abgeht, weil Sie das Handwerk so
lange nach unten gedrückt haben, bis negative Zahlen zu
verzeichnen gewesen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es ist traurig, dass Sie, wie zu lesen ist, auch bei dem

vorliegenden Gesetzentwurf mit allen Raffinessen trick-
sen, um den Meisterbrief abzukoppeln.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist gar nicht in der Tagesordnung!)


Es ist nicht hinnehmbar, wenn Bundeswirtschaftsminis-
ter Clement eine Reform der HWO gegen das Handwerk
über das Knie brechen will. Nicht gegeneinander, son-
dern miteinander – so müsste das Gebot der Stunde sein.
Das war auch versprochen.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sie reden doch am Thema vorbei!)


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(C (D ber Sie haben ja noch nicht einmal mitbekommen, dass s mehrere verschiedene Anträge gibt. Herr Kuhn, ich itte Sie, künftig zuerst alles zu lesen und nicht mehr olche saudummen Zurufe wie eben zu machen. (Beifall bei der CDU/CSU – Christian Lange [Backnang] [SPD]: So geht das aber nicht, Herr Präsident!)


Bei der Reform der Handwerksordnung darf meiner
einung nach – das ist auch die Meinung unserer
reunde im Handwerk – das Kind nicht mit dem Bade
usgeschüttet werden. Es ist unbestritten, dass Deutsch-
nd moderne, dynamische, flexible und europafeste
andwerksmeister braucht. Wir brauchen Unternehmer,
ie mit Fachkompetenz, betriebswirtschaftlichem Fach-
issen, Mut und handwerklichem Können neue
eschäftsideen entwickeln und Kunden gewinnen. Tref-
end heißt es hierzu in den „Meistersingern“ von Richard
agner: „Verachtet mir die Meister nicht!“ Der Meister-

rief muss als Qualitätssiegel des deutschen Handwerks
rhalten bleiben. Anstatt diesen, wie von der Bundesre-
ierung vorgesehen, unter dem Gesichtspunkt der Ge-
ahrenabwehr nur noch in 29 von 94 Handwerksberufen
u belassen, sollten unserer Meinung nach auch Krite-
ien wie Ausbildungsleistung und Schutz wichtiger Ge-
einschaftsgüter berücksichtigt werden. Allein die Er-
üllung eines dieser Kriterien sollte als Voraussetzung
usreichen, damit sich ein Gewerbe in der Anlage A der
andwerksordnung wiederfindet.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Ist das eine Rede nach innen oder was ist das hier?)


Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungs-
ank – diese ist ja geradezu überfüllt –, haben kein Gesel-
nstück, geschweige denn eine Meisterleistung abgeliefert.
ie – das möchte ich hier ausdrücklich sagen – dürften nicht
inmal in die Anlage B aufgenommen werden.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Da hat er Recht! – Klaus Brandner [SPD]: Das Maß an Arroganz ist wirklich unerträglich!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504815800


Herr Kollege Hinsken, denken Sie bitte an die Rede-
eit.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1504815900

Sie haben genau gestoppt, Herr Präsident. Danke für

en Hinweis.
Der Begriff „Meister“ steht überall für etwas Positi-

es und Besonderes, im Sport genauso wie in der Politik.
as für einen Mediziner der Doktortitel ist, ist für einen
andwerker der Meistertitel. Wir haben in zwölf Punk-
en zusammengefasst, wie wir uns den Meister der Zu-
unft vorstellen. Das wird in den nächsten Wochen und
onaten von entscheidender Bedeutung sein. Wir lassen

n diesem Bereich nicht locker. Wir werfen uns für das
andwerk in die Bresche. Wir wollen die Voraussetzun-






(A) )



(B) )


Ernst Hinsken
gen dafür schaffen, dass sich das Handwerk auch in Zu-
kunft entfalten kann,


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sagen Sie das mal Ihren eigenen Leuten!)


dass es nicht zu guter Letzt von Ihnen so unterdrückt
wird, dass es nicht mehr zu existieren vermag.


(Klaus Brandner [SPD]: Ihre eigenen Leute sehen das aber anders, Herr Hinsken! Zu wem reden Sie jetzt?)


Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Jetzt hat der Clement seinen Meister gefunden! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Freiheit! – Klaus Brandner [SPD]: Das ist ja schlimmer als in der DDR!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504816000


Ich erteile dem Kollegen Fritz Kuhn, Bündnis 90/Die
Grünen, das Wort.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504816100

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf, den wir heute bera-
ten, und dem, den wir in einiger Zeit beraten werden,
machen wir eine umfangreiche Reform der Handwerks-
ordnung, die Teil der Agenda 2010 ist. Ich will Ihnen
einfach einmal die Ziele nennen.

Wir wollen mehr Chancen für Betriebsgründer. Wir
wollen deregulieren und Zwangsbarrieren abbauen. Wir
wollen den Wettbewerb optimieren. Wir wollen Klein-
unternehmen fördern. Schließlich wollen wir einen Bei-
trag zum Abbau der Schwarzarbeit leisten. Ich will Ih-
nen ganz klar sagen, dass dies Ziele sind, an denen
jemand, der an der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in
Deutschland interessiert ist, nach meiner festen Über-
zeugung nicht vorbei kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Was Sie hier aufziehen nach dem Muster „Ist man nun
für oder gegen das Handwerk, für oder gegen den
Meister?“, ist eine völlig falsche und fatale Diskussion,
mit der Sie von einem Problem ablenken wollen, das Sie
haben.

Wir wollen mit dem, was wir machen, das Handwerk
stärken und wir wollen auch den Meister stärken. Aber
eines wollen wir nicht, nämlich dass der Meisterbrief
eine Zugangsbeschränkung für junge Existenzgründer
wird. Das ist er in einigen Bereichen unserer Wirtschaft
heute.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deswegen machen wir die Reformen, die auf dem Tisch
liegen.

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(C (D (Zuruf von der CDU/CSU: Von Tuten und Blasen keine Ahnung!)


Wenn man Berufe, die nicht mit Gefahren verbunden
ind, von der Anlage A der Handwerksordnung in die
nlage B überführt, ist das eine Erleichterung für Exis-
enzgründungen. Deswegen werden wir das tun. Für un-
ere Fraktion ist eher die Frage, ob nicht noch mehr der
erufe, die jetzt noch in der Anlage A stehen, in die
nlage B überführt werden können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Völliger Quatsch!)


Ich will noch einmal klar sagen: Wir sind nicht gegen
en Meisterbrief.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Keine Ahnung!)

as können Sie der Bevölkerung draußen nicht weisma-
hen. Wir sind fest davon überzeugt, dass der Meisterbrief
ine andere Bedeutung bekommen muss. Er muss ein
ualitätssiegel sein, das den Verbraucher darüber infor-
iert, dass derjenige, der ein solches Siegel hat, für eine
esondere Qualität bürgt und eine besondere Ausbildung
at.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Solch ein Qualitätssiegel bräuchten die Grünen auch, Herr Kuhn!)


eswegen können Sie diese einfache Gleichung nicht
ufstellen.
Jetzt will ich einmal eine ordnungspolitische Frage an

ie Union stellen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Da sind wir sehr gespannt!)

Ja, das ist eine ordnungspolitische Grundfrage, um die
ie sich nicht herumdrücken können. – Ich will Ihnen
inmal drei Zitate von Herrn Merz vorlesen; das werden
ie ja wohl aushalten.
Erstens.
Wir sind sofort bereit, mit Ihnen ein erhebliches
Stück an Bürokratieabbau zu betreiben.

riedrich Merz am 30. Oktober hier im Bundestag.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie können auch klatschen; das ist ja von Herrn Merz.
Zweitens.
Alte Besitzstände können nicht gegen ökonomische
Erfordernisse aufrechterhalten werden.

err Merz in einem „DHZ“-Gespräch.
Drittens.
Es sollte auch gelingen, mehr Menschen als bisher
Anreize zum selbstständigen Unternehmertum zu
geben.

riedrich Merz in „Mut zur Zukunft“.






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Genau das brauchen wir! – Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Was hat das mit der Handwerksordnung zu tun? Nichts!)


Eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, finde ich
wirklich seltsam. Sie reißen in solchen Zitaten – Ihre Re-
den hier im Haus sind voll davon – die Klappe für Frei-
heit auf und sind andererseits für Zugangsbeschränkun-
gen. Was Sie hier ordnungspolitisch darstellen, kann
nicht funktionieren.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Sie schütten das Kind mit dem Bade aus!)


Sie machen eine Rolle rückwärts und verteidigen die Zu-
gangsbeschränkungen, die es heute gibt. Mancher kann
einen Handwerksbetrieb einfach deshalb nicht aufma-
chen, weil er den Meisterbrief nicht machen will oder
nicht machen kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Was Sie machen, ist ganz einfach Folgendes: Sie träl-
lern das Lied der Freiheit und schlagen die Trommeln
des Zwangs.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Völliger Quatsch!)


Das ist die Ordnungspolitik, mit der Sie uns hier kom-
men.
Der Angriff, Herr Merz, den Sie auf die SPD und die
Gewerkschaften – in der Verbindung! – immer führen,
ist nichts anderes als Projektion. Sie werfen den anderen
ein Problem vor, dass sie in großer Abhängigkeit von ei-
ner bestimmten gesellschaftlich relevanten Gruppe
seien, und tatsächlich haben Sie selbst das Problem,
nämlich in Bezug auf das Handwerk. Ich kann diesbe-
züglich keinen Unterschied sehen. Sie gehen vor Lobbys
in die Knie und werfen eben dies anderen vor.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: So ein Blödsinn! Das habe ich überhaupt noch nicht gehört!)


So etwas ist politisch nicht in Ordnung und es wird sich
meines Erachtens rächen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Worum geht es? Ludwig Erhard hat gesagt: Markt-
wirtschaft ist, was den Verbrauchern dient. Wer markt-
wirtschaftlich denkt, beseitigt Zugangsbarrieren bei
der Eröffnung von Geschäften. Wir von der Regierung
machen das in diesem Bereich sehr konsequent.

Jetzt möchte ich noch eine Bemerkung zu dem Ge-
setzentwurf machen, der heute in erster Lesung beraten
wird; die anderen Vorlagen sind noch nicht eingebracht
worden.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Alles platt machen wollt ihr! Das ist es!)


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(C (D ir wollen Kleinunternehmen fördern. Wer einfache Täigkeiten, die man in zwei bis drei Monaten erlernen ann, auf dem Markt anbieten will, soll dies ohne Diskriinierung durch die Handwerkskammern und die Beörden tun können. In diesem Zusammenhang möchte ich ganz offen auch an Ihre Adresse, Herr Hinsken – sagen: Es geht ier um Bereiche, in denen einzelne Handwerker in der etzten Zeit wirklich versagt haben. (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Sie haben versagt!)


ch will Ihnen einmal ein Beispiel aus meinem häus-
ichen Umfeld nennen: Aufgrund eines Sturmschadens
usste ein Zaun neu gespannt werden. Jetzt versuchen
ie einmal, beim deutschen Handwerk in Berlin einen
chlosser oder jemand anderes aus diesem Gewerk zu
inden, der in solch einem Fall hilft.


(Dirk Niebel [FDP]: Ich dachte, Sie sind in Heidelberg zu Hause!)


ch habe vier oder fünf Anrufe getätigt und nur Absagen
ekommen. Man sagte mir, das lohne sich nicht, das
unktioniere nicht oder man habe keine Zeit, ich solle
päter noch einmal anrufen. Es war ein Hin und Her.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die Grünen sollen das selber machen!)


iese einfache Aufgabe hat letztendlich eine Berliner
irma ausgeführt, die heute diskriminiert wird, aber in
er Lage ist, in einem Allroundpaket diese und verschie-
ene andere Dienstleistungen anzubieten. Im Bereich
er Existenzgründungen und der Ich-AGs wollen wir
rmöglichen, dass solche Tätigkeiten einfach ausgeführt
erden können. Sie blockieren das. Sie wollen den
arkt und damit auch den Wettbewerb beschränken.
as alles begründen Sie mit fadenscheinigen Argumen-
en. Was Sie wollen, ist nichts anderes als krude und ele-
entare Wettbewerbsbeschränkung. Das kann doch
icht angehen.
Zu Ihrem Zwischenruf, man solle das doch selber ma-

hen, muss ich Ihnen sagen: Sie haben keine Ahnung da-
on, wie viele Arbeitsplätze wir durch das Angebot von
ienstleistungen, nach denen viele Leute suchen und die
n Anspruch genommen würden, schaffen könnten. Des-
alb muss die Möglichkeit gegeben werden, Allround-
etriebe zu gründen, die beispielsweise einen Wasser-
ahn reparieren oder eine Dachrinne säubern können,
hne dass sie von den Handwerkskammern und den Be-
örden verfolgt werden. Das ist der entscheidende
unkt. Wenn Sie das nicht verstehen, haben Sie von der
odernen Berufswelt und der Realität, in der die Bevöl-
erung lebt, meines Erachtens keine Ahnung. Deswegen
ehandeln wir heute diesen Gesetzentwurf in erster Le-
ung und werden ihn nach den Beratungen im Ausschuss
uch verabschieden.
Was Sie zu den Ich-AGs sagen, ist wirklich Mumpitz.
ollege Brandner hat dazu Ausführungen gemacht. Wir
aben einen Anfang gemacht, aber wir haben bei der
erabschiedung der Vorschläge der Hartz-Kommission
anz deutlich gemacht: Es muss noch einiges dazukom-






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
men, zum Beispiel die Förderung von Kleinunternehmen
und der Abbau von Diskriminierungen, die es heute
noch gibt.

Herr Schauerte – Sie gucken so merkwürdig –, erklä-
ren Sie mir einmal ordnungspolitisch: Mit welchem Ar-
gument wollen Sie jungen Leuten, die so etwas anbieten
wollen, um sich aus der Arbeitslosigkeit zu befreien,
Ihre Ablehnung begründen? Was soll dafür denn der
Grund sein? Welches Argument spricht dafür, dass
Handwerker ein Monopol auf solche Tätigkeiten, die sie
nicht ausüben wollen, haben, während andere, die diese
Arbeit machen wollen und arbeitslos sind, dazu nicht be-
rechtigt sind? Das müssen Sie mir einmal vernünftig er-
klären. Sie können das ja im Ausschuss versuchen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Damit will ich zum Schluss kommen. Wir werden
mehr Wettbewerb im Bereich der handwerklichen
Dienstleistungen schaffen. Wir werden uns in diesem
Zusammenhang nicht in eine Auseinandersetzung mit
Ihnen treiben lassen. Wir lassen uns nicht nachsagen, wir
seien gegen den Meisterbrief; er ist als Gütesiegel wich-
tig für den Verbraucherschutz. Wir werden die Pläne
sehr rasch umsetzen, damit unsere Marktwirtschaft fle-
xibler wird.

Ich dachte immer, dass die Union für Flexibilität und
Wettbewerb stehe.


(Dirk Niebel [FDP]: Das haben Sie nie gedacht!)


Wenn man die Seligsprechung des Handwerks durch
Frau Merkel – sie beschrieb es als Herzstück der Gesell-
schaft – betrachtet, dann stellt man fest: Das war starker
Tobak. Ich kann nur sagen: Der Papstbesuch hat ihr nicht
gut getan. Sie hätte etwas nüchterner reden sollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Die letzte Bemerkung hätten Sie sein lassen können!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504816200


Der Kollege Friedrich Merz hat jetzt das Wort zu ei-
ner Kurzintervention.


Friedrich Merz (CDU):
Rede ID: ID1504816300

Herr Kollege Kuhn, Sie haben meine Aussagen in

mehreren Interviews zitiert. Ich möchte zunächst aus-
drücklich bestätigen, dass die Zitate richtig sind und
überhaupt nicht dem widersprechen, was wir zur Hand-
werksordnung zu sagen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie widersprechen auch nicht unseren berechtigten Ein-
wendungen gegen Ihren heutigen und den noch kom-
menden Gesetzentwurf.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie haben am Mittwoch gut zugehört!)


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(C (D Ich will versuchen, das zu begründen: Sie schaffen in Qualifikationsmerkmal, eine Berufszugangsvorausetzung ab und erklären dies zu einem Beitrag zur Libealisierung und zu einem Beitrag, mit dem eine höhere elbstständigenquote erreicht werden kann. (Klaus Brandner [SPD]: Das wollen Sie doch auch!)


Ich stelle Ihnen einmal eine Frage: Wenn ich es rich-
ig weiß, haben Sie auf Lehramt studiert. Käme irgendei-
er von Ihnen auf die Idee, die zweite Staatsprüfung für
as Lehramt abzuschaffen, um auf diese Art und Weise
ine höhere Beschäftigungsquote der Lehrer zu ermög-
ichen? Was meinen Berufsstand anbetrifft, stelle ich die
rage: Kommt irgendeiner von Ihnen auf den Gedanken,
ie zweite juristische Staatsprüfung abzuschaffen und
as als einen Beitrag zur Deregulierung zu bezeichnen,
m so eine größere Anzahl von Richtern, Staatsanwälten
nd Rechtsanwälten in der Bundesrepublik Deutschland
u ermöglichen?
Mit Verlaub, Herr Kollege Kuhn, das ist doch eine
usrede. In Wahrheit geht es Ihnen um etwas ganz ande-
es: Es stört Sie, dass es in der Bundesrepublik Deutsch-
and ein hohes Maß an Qualifikation und privatwirt-
chaftlicher Fähigkeit zur Ausbildung gibt. Ihre Antwort
autet: Auf der einen Seite organisieren Sie den Bereich
er Mikroökonomik, die Volkswirtschaft ganz unten,
eu – Stichworte Ich-AG und Kleinstunternehmerförde-
ung – und holen diesen Bereich damit sozusagen aus
er Schwarzarbeit heraus und stellen ihn in Konkurrenz
ur Realwirtschaft. Auf der anderen Seite schaffen Sie
anz oben mitbestimmte große Konzerngesellschaften,
ie der andere Teil Ihres gesellschaftspolitischen Leit-
ildes sind. Dazwischen gibt es aber noch etwas: die
ragende Säule der deutschen Volkswirtschaft mit quali-
izierten Berufszugängen und hervorragender privat-
irtschaftlicher Ausbildungsleistung. All das stört Sie.
Das haben wir übrigens heute Morgen in der Berufs-

ildungsdebatte und in der Debatte über die Abgabe, die
ie für nicht ausbildende Unternehmen erheben wollen,
ehört.
Ich bitte Sie: Wenn Sie mich in Zukunft zitieren, dann

itieren Sie mich in diesem Zusammenhang bitte voll-
tändig und fügen Sie hinzu, was ich über die Reform-
edürftigkeit der Handwerksordnung gesagt habe.
ch gehöre nämlich zu denjenigen, die sehr nachdrück-
ich gesagt haben, dass hier manches reformiert werden
uss. Wenn Sie unseren Antrag lesen, werden Sie fest-
tellen, welche Reformen wir vorschlagen. Lieber Herr
uhn, die Redlichkeit gebietet es, dass Sie dies in Zu-
unft auch sagen.
Ich entnehme dem Handbuch des Deutschen Bundes-

ages, dass Sie zwischen 1989 und 1992 eine Professur
ür sprachliche Kommunikation an der Stuttgarter Merz-
kademie inne hatten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn
ie bei dem bleiben würden, was politische Seriosität
usmacht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







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Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504816400


Zur Erwiderung, Kollege Kuhn.

Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504816500

Lieber Kollege Merz, ich bin überrascht. Ich dachte,

Sie seien ein echter Marktwirtschaftler. Ihre Ausführun-
gen haben das aber nicht bestätigt.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Sie haben sich mit dem Thema nicht auseinander gesetzt!)


Ich will Ihnen sagen, an welchem Punkt wir nicht
übereinstimmen: Bei nicht gefahrgeneigten Berufen
– darüber reden wir; wir können darüber diskutieren,
welche Berufe das sind – ist der Markt eine herausra-
gend gut funktionierende Instanz, um zu beurteilen, ob
die Leistung und die Qualifikation, die jemand erbringt,
tatsächlich gut ist oder nicht. Genau das wollen wir. Sie
wollen das nicht. Sie misstrauen der Fähigkeit der Ver-
braucherinnen und Verbraucher, zu beurteilen, welche
Firmen sie für welche Dienstleistungen in Anspruch
nehmen.


(Zuruf des Abg. Friedrich Merz [CDU/CSU])

– Selbstverständlich. Ansonsten würden Sie nicht sagen,
dass man uns arme Individuen vor Missgriffen schützen
und darum auf jeden Fall den Meisterzwang aufrechter-
halten müsse. In dieser ordnungspolitischen Frage be-
steht zwischen uns eine Differenz.

Sie sind ein halbierter Marktwirtschaftler. Sie miss-
trauen dem Marktgeschehen. Ich kann allein beurteilen,
ob das Brot eines Bäckers schmeckt. Das hat nichts mit
der Frage zu tun, ob der Bäcker einen Meisterbrief hat
oder nicht. Der Markt entscheidet selbstverständlich
auch, ob die Qualität stimmt oder nicht.

Zu Ihrer Frage bezüglich der Schule. Ich habe nicht
auf Lehramt studiert, aber egal. Die Schule ist durch die
Erziehung der Kinder ein öffentliches Gut, das wir nach
unserer Überzeugung – übrigens nicht unbedingt nach
Ihrer – nicht allein dem Markt überlassen können; denn
wenn bestimmte Ergebnisse nicht erzielt werden, ist der
Schaden an unseren Kindern irreparabel. Das ist der
Grund, warum jedenfalls wir auf einem öffentlichen
Schulwesen bestehen und die Privatschulen nach stren-
gen gesetzlichen Regelungen allerhöchstens als Ergän-
zung dazu verstehen.

Deswegen geht es selbstverständlich in diesem Fall
um die Qualifikationen, die unsere Gesetze vorschrei-
ben, womit ich nicht sagen möchte, dass wir bei der Leh-
rerausbildung in Deutschland und vor allem bei der
Lehrerfortbildung nicht einiges verbessern könnten.

Im Klartext: Ihre Unterstellung uns gegenüber funktio-
niert nicht. Wir wollen so viel Marktwirtschaft, wie in
diesem Bereich möglich ist. Ich muss nur feststellen, dass
Sie den Marktkräften misstrauen und eigentlich, Herr
Merz, doch ein ganz schöner Regulierer sind, obwohl Sie
immer Deregulierung auf Ihre Fahnen schreiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch Quatsch!)


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(C (D Das Wort hat der Kollege Dirk Niebel von der FDPraktion. (Jörg Tauss [SPD]: Noch ein großer Deregulierer!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504816600


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1504816700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Der Bundeskanzler der Bundesrepublik
eutschland ist bei seiner ersten Wahl mit der Maßgabe
ngetreten, sich am Abbau der Arbeitslosigkeit messen
assen zu wollen, und zwar jederzeit. Im Zusammenhang
it dem Hartz-Konzept wurde von 2 Millionen zusätz-
ichen Arbeitsplätzen gesprochen und die Bundesregie-
ung bietet uns seit fünf Jahren wirklich einiges. Ich
abe mir einmal eine Stichwortsammlung zusammen-
estellt, die jedoch nicht vollständig ist: JUMP, Job
QTIV, Hartz, Jobfloater, Kapital für Arbeit,
genda 2010, Ich-AG, IWAN. All das soll die Arbeits-
arktprobleme lösen. Aber wir hören heute aus Nürn-
erg, dass wir wieder 400 000 Arbeitslose mehr haben
ls im gleichen Monat letztes Jahr. – Hervorragend!


(Birgit Homburger [FDP]: Nicht hervorragend! Schlecht!)


iese Bundesregierung ist grandios bei der Schöpfung
on Worthülsen und versagt kläglich bei der Bekämp-
ung der Arbeitslosigkeit und der Schaffung von Rah-
enbedingungen auf dem Arbeitsmarkt, durch die die
irtschaft wieder wachsen kann und mehr Menschen in
en Arbeitsmarkt können.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie haben mit der Ich-AG ein neues Instrument ge-

chaffen, ein weiteres Pflänzchen im Dschungel der un-
ndlichen Fördermöglichkeiten der Bundesanstalt für
rbeit. Herr Brandner, Ihr Staatssekretär Andres schreibt
ir, Eingang 5. Juni, auf meine parlamentarische An-
rage, es habe 16 094 Ich-AGs gegeben; das sind fünf-
al weniger als beim Überbrückungsgeld. Sie hätten das
eld in die Hand nehmen und in den Topf für Über-
rückungsgeld geben sollen, dann hätten Sie ohne Ver-
omplizierung und weiteren bürokratischen Wust die
örderung der Existenzen ehemals Arbeitsloser weiter-
in unterstützen können. Das wäre effektive Arbeits-
arktpolitik gewesen.
Sie legen hier einen Gesetzentwurf vor, mit dem die
andwerksordnung verändert werden soll. Sie machen
inen entscheidenden Fehler: Sie nehmen diejenigen, die
n dem Bereich arbeiten und davon leben, die die Stütze
er Ausbildung in diesem Land und das Rückgrat der
eutschen Wirtschaft sind, bei den notwendigen Reform-
chritten nicht mit. Sie knallen ihnen einfach eine Än-
erung vors Hirn, die sie nicht nachvollziehen können,
bwohl doch selbst die Handwerksorganisationen ver-
tanden haben und wissen, dass die Handwerksord-
ungsreform notwendig ist, dass sie zukunftssicher und
uropafest gemacht werden muss. Nehmen Sie sie doch
n die Hand, wie es Herr Clement vor dem Handwerks-






(A) )



(B) )


Dirk Niebel
tag gesagt hat, und nehmen Sie sie bei den notwendigen
Veränderungsschritten mit!

Das kann zum Beispiel eine Veränderung der Aner-
kennung anderer Qualifikationen, anderer Zugänge sein,
ein Abgehen vom Inhaberprinzip, das es ermöglicht,
dass man meinetwegen einen Meister einstellt und so
seine selbstständige Existenz gründet. Es muss mit Si-
cherheit eine Veränderung bei der Meisterausbildung
als solche erfolgen; sie ist zu teuer, zu lang, zu bürokra-
tisch. Aber insgesamt könnten Sie das Handwerk mit-
nehmen auf einem fortschrittlichen Weg zu einer Moder-
nisierung eines der wichtigsten Wirtschaftszweige, die
wir in der Bundesrepublik Deutschland haben. Das tun
Sie nicht und deswegen werden Sie auch hier versagen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504816800


Herr Kollege Niebel, erlauben Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Lange?


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1504816900

Selbstverständlich.

Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1504817000

Vielen Dank, Herr Kollege Niebel. Ich habe den Ein-

druck, dass Sie am 5. Januar 2003 nicht auf dem Landes-
parteitag Ihrer Partei in Stuttgart waren. Deshalb frage
ich Sie, ob Sie den Ausführungen des baden-württem-
bergischen Wirtschaftsministers und stellvertretenden
FDP-Bundesvorsitzenden zustimmen, der sagte:

Ich fordere die Vertreter des Handwerks dazu auf,
sich nicht als Bremser auf dem Weg zur Selbststän-
digkeit zu betätigen, sondern die Reformvorschläge
von Professor Hellwig, dem Vorsitzenden der Mo-
nopolkommission, und der Bundesregierung aktiv
zu begleiten, um damit mehr Gründigungswilligen
den Weg in die Selbstständigkeit zu erleichtern und
damit auch mehr Arbeitsplätze zu schaffen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1504817100

Lieber Herr Kollege, selbstverständlich stimme ich

den wegweisenden Ausführungen meines Landesvorsit-
zenden und stellvertretenden Ministerpräsidenten zu. Das
ist übrigens der Sachstand dessen, was Herr Clement vor
dem Handwerkstag gesagt hat. Er hat gesagt, die Vertreter
des Handwerks sollten sich nicht als Bremser betätigen.
Genau das habe auch ich vor nicht ganz anderthalb Minu-
ten gesagt. Sie müssen einmal zuhören.

Da der Kollege Brandner die Vertreter des Hand-
werksverbandes hier auffordert, verbal abzurüsten,
möchte ich ihn und Sie an die Äußerungen der Vertreter
des Deutschen Gewerkschaftsbundes, von Verdi und der
IG Metall im Rahmen der Diskussion über die
Agenda 2010 erinnern.


(Zuruf der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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(C (D enn es so weitergeht, wie wir es von Ihnen gewohnt ind, dann wird daraus eine Agenda zwei Zehntel. Genau uf diesem Weg befinden wir uns jetzt. Wenn das Handwerk mitgenommen werden soll, dann uss es sich auch bewegen. Deswegen hat Walter öring Recht. Deswegen hat die FDP-Bundestagsfrakion Recht. Deswegen könnten Sie unserem Antrag eientlich zustimmen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Rainer Wend [SPD]: Deswegen hat die Bundesregierung Recht!)


Wir haben heute 400 000 Arbeitslose mehr als vor ge-
au einem Jahr und Sie legen uns einen Gesetzentwurf
ur Ich-AG vor! Das ist ein Skandal; es ist schlichtweg
ine Unverschämtheit. Wir müssen die Arbeitslosigkeit
ekämpfen, indem wir das Steuersystem reformieren.
ir müssen einfache, niedrige und gerechte Steuersätze

chaffen und die sozialen Sicherungssysteme zukunfts-
ähig gestalten, damit die Lohnnebenkosten herunterge-
en und es sich wieder lohnt, jemanden einzustellen. Wir
üssen außerdem das Arbeitsrecht deregulieren, damit
ie bürokratischen Hemmnisse – angefangen beim Kün-
igungsschutz über das Tarifvertragsgesetz und das Be-
riebsverfassungsgesetz bis hin zum Rechtsanspruch auf
inen Teilzeitarbeitsplatz – nicht dazu führen, dass ge-
ade diejenigen geschädigt werden, die man doch eigent-
ich schützen wollte.
Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen in diesem

and Chancen haben, mitzumachen. Ihre Politik bewirkt
as Gegenteil. Wir brauchen nicht immer wieder neue
orthülsen, sondern am besten eine neue Regierung.
Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Klaus Brähmig [CDU/CSU]: So schnell wie möglich! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Apropos Worthülse!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504817200


Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär
itmar Staffelt.
Dr
Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1504817300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Ich bin Ihnen ausdrücklich „dankbar“, dass Sie
urch den Stil und Inhalt Ihrer Rede Ihr Interesse an ei-
er sachlichen Diskussion über dieses Thema zum Aus-
ruck gebracht haben. Natürlich können Sie als Opposi-
ion herumknüppeln und herumbrüllen.


(Dirk Niebel [FDP]: Unser Antrag liegt vor!)

ie Frage ist nur, ob es nicht für Sie und für uns alle bes-
er wäre, wenn wir das Thema inhaltlich bearbeiten wür-
en. Mit solchen Reden verweigern Sie sich in jedem
all.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: So ein Unsinn! Lesen Sie unseren Antrag!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt
Lassen Sie mich noch auf einen weiteren Punkt einge-
hen. Sie sprechen davon, dass es eine Unverschämtheit
ist, Ihnen einen Gesetzentwurf zur Ich-AG vorzulegen.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist das Unwort des Jahres 2002!)


Sie sollten sich ein bisschen sachkundiger machen. Die
Ich-AG ist ein Teil aus einer Vielzahl von Gesetzesände-
rungen und neuen Gesetzen, die wir seit Beginn dieser
Legislaturperiode vorangebracht haben.


(Lachen des Abg. Dirk Niebel [FDP] – Zurufe von der CDU/CSU)


Fragen Sie doch einmal in den Arbeitsämtern nach.
Der Direktor des Arbeitsamtes meines Wahlkreises Ber-
lin-Neukölln hat mir gesagt, dass 6 000 Arbeitslose ihr
konkretes Interesse an einer Ich-AG bekundet haben.
Warum reden Sie das sofort wieder schlecht? Doch nur,
um Polemik zu machen! Das darf doch nicht wahr sein
und wird der Situation, in der wir uns befinden, einfach
nicht gerecht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zu diesem Bereich gehören auch die Minijobs. Frü-
her haben Sie sich beklagt, die Koalition würde immer
nur mit ordnungspolitischen Maßnahmen gegen die
Schwarzarbeit vorgehen. Jetzt wenden wir marktwirt-
schaftliche Mittel und Methoden an, indem wir Men-
schen die Chance geben, aus der Schwarzarbeit in die
Legalität zu gehen. Sie können entweder einen Minijob
annehmen oder sich selbstständig machen. Warum wol-
len Sie diese Maßnahmen kaputtreden? Es ist einfach
nicht nachvollziehbar.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Erlauben Sie mir eine polemische Bemerkung in Bezug
auf die Anmerkung, die Herr Merz im Zusammenhang
mit seinen Beispielen über akademische Grade und die
Handwerksordnung gemacht hat: Wir bewegen uns hier
– das sollten Sie als Jurist wissen – auf dem Boden des
Gewerberechtes. Gemessen am Gewerberecht ist die
Handwerksordnung ein Exot. Es ist eigentlich eine Ab-
surdität: Ihre Vorgänger haben im 19. Jahrhundert für die
Gewerbefreiheit gekämpft. Heute scheinen Sie dies al-
les vergessen zu haben. Wir müssen Strukturen aufbre-
chen. Das war doch auch einmal Ihre Forderung.

Führen Sie hier keine kurzfristigen politischen Schar-
mützel, indem Sie sich einer Reform verweigern, die wir
dringend benötigen! Denn die Zahlen beim Handwerk
weisen aus, dass es nicht nur ein konjunkturelles, son-
dern auch ein strukturelles Problem gibt,


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Aber nicht beim Handwerk!)


das wir mit der Änderung der Handwerksordnung zum
Besseren wenden wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Das ist Ihre schlechte Politik! – Ernst Hinsken [CDU/ – d k c w ta n n – E n – E S g m – u a k tr n I T g f f g c ü d J w w a h Ü s f G A k (C (D CSU]: Machen Sie eine bessere Politik! Dann geht es dem Handwerk wieder besser!)


Herr Hinsken, wenn wir dabei stehen bleiben, dass wir
ie wagnerschen Meistersinger zum Vorbild einer zu-
ünftigen Wirtschaftsordnung in unserem Lande ma-
hen, dann sage ich: Gute Nacht, Herr Hinsken! Damit
erden wir nämlich noch mehr Arbeitslosigkeit und den
tsächlichen Niedergang des Handwerks inszenieren.
Das, was Sie hier erklärt haben, entspricht im Übrigen

icht den Tatsachen. Wir haben mit dem Handwerk ei-
en sehr interessanten Dialog geführt.


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie waren nicht dabei; Sie wissen das doch gar nicht.
s ist ganz typisch: Sie sind an einem Dialog mit uns
icht interessiert.


(Werner Wittlich [CDU/CSU]: Weil es nur Unsinn ist, was Sie sagen!)


Das alles können Sie sagen; es kommt in das Protokoll.
s spricht nicht gerade für Sie.


(Dirk Niebel [FDP]: Die handwerklichen Fähigkeiten dieser Regierung lassen wirklich zu wünschen übrig!)


Ich sage Ihnen noch einmal: Ich habe mit Herrn
chleyer und vielen anderen Vertretern des Handwerks
esprochen. Wir haben übrigens sehr viel Übereinstim-
ung vorgefunden; das sollte man nicht ganz vergessen.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie können ruhig darüber lachen; es ist so. – Wir waren
ns darin einig, dass die Leipziger Beschlüsse nicht
usreichen, um das Handwerksrecht europa- und zu-
unftssicher zu machen. Wir haben gesagt: Die Indus-
iemeister, die Techniker und die Ingenieure müssen ei-
en noch besseren Zugang zum Handwerk haben. Das
nhaberprinzip muss aufgegeben werden. Auch das
hema des unerheblichen Nebenbetriebs muss und wird
eregelt werden.
Wir waren uns im Übrigen auch darin einig, dass es

ür einen Gesellen, der sich entschließt, eine Meisterprü-
ung zu machen, keinerlei zeitliche Begrenzung mehr
eben darf. Die dreijährige Wartezeit wird also gestri-
hen. Schließlich haben wir eine sehr intensive Debatte
ber die Frage geführt, ob es nicht zulässig sein muss,
ass ein Geselle, der zehn Jahre tätig ist und davon fünf
ahre in verantwortungsvoller Position in einem Hand-
erksunternehmen gearbeitet hat, in die Lage versetzt
erden muss, einen eigenen Betrieb gemäß Anlage A
ufzumachen.
Das alles sind Ergebnisse, über die wir gesprochen

aben. Wir haben nicht immer eine hundertprozentige
bereinstimmung erzielt. Aber wir sind in diesen Ge-
prächen sehr weit gekommen.
Am Ende geht es um die Frage, ob wir über die Ge-

ahrgeneigtheit hinaus andere Eigenschaften zur
rundlage der Einordnung der Handwerke in die
nlagen A oder B machen. Auch im Fortgang der Dis-
ussion werden wir darüber sprechen müssen.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt
Herr Schauerte beispielsweise unterscheidet sich – in
diesem Falle einmal wohltuend – von Herrn Hinsken.
Ich habe nämlich gehört, dass er bereits festgestellt hat
– das war jedenfalls in den Zeitungen zu lesen –, min-
destens 30 Handwerke von den 94 könnten ohne weite-
res in die Anlage B transferiert werden. Das ist schon
einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Es muss Er-
kenntnisse geben, die dafür sprechen.

Lassen Sie mich ein Weiteres sagen: Wir glauben da-
ran – ich bitte darum, Ihr Verständnis im Hinblick auf
den Markt zu mobilisieren –, dass es für das Handwerk
gut ist, wenn es nicht nach althergebrachten Gewerken
organisiert ist, sondern sich an der Nachfrage auf dem
Markt orientiert. Daraus können sich zukunftsträchtige
Gewerke entwickeln, die dem einzelnen Unternehmen
sehr viel bessere Zukunftschancen in seiner betriebswirt-
schaftlichen Planung ermöglichen, als das heute in die-
sen traditionellen Kategorien der Fall ist.
Die Grundidee ist doch folgende: Wir wollen damit auch
Innovationen erzielen und dafür Sorge tragen, dass sich
diese Unternehmen am Markt breiter orientieren können.
Insoweit handelt es nicht nur um eine Maßnahme für
Kleinstunternehmen, sondern um eine Reform für das
gesamte Handwerk, für die sehr vieles spricht.

Herr Kuhn hat völlig Recht: Warum misstrauen wir
eigentlich den Konsumenten? Er hat den Bäcker als Bei-
spiel angeführt; ich könnte viele andere Beispiele nen-
nen. Jeder wird sich doch genauso wie bei einem Indus-
trieprodukt und bei anderen Dienstleistungen sehr genau
überlegen, wem er sich anvertraut und wem er einen
Auftrag erteilt. Dabei spielt der Meisterbrief ohne Frage
eine zentrale Rolle als Qualitätssiegel. Sehr viele werden
sagen, es lohne sich für sie, dieses Qualitätssiegel in ih-
rem Betrieb vorweisen zu können, weil es ihnen Wettbe-
werbsvorteile gegenüber anderen bietet.

Meine Damen und Herren, was wir heute machen, ist
nur ein kleiner Schritt, um Existenzgründern zu helfen,
um ein paar Schranken zu beseitigen und um dafür zu
sorgen, dass auch jene Betriebe, die in einer Grauzone
arbeiten, Rechtsicherheit haben und nicht mehr unnöti-
gerweise verfolgt werden. Deshalb bitte ich Sie, diesem
Gesetzentwurf zuzustimmen. Wir glauben, auf dem rich-
tigen Wege zu sein. Vor dem Hintergrund der wirtschaft-
lichen Lage unseres Landes bitte ich Sie, die Polemik
wegzulassen und mit uns in einen sachlichen Dialog
über diese Fragen einzutreten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504817400


Das Wort hat jetzt die Kollegin Dagmar Wöhrl von
der CDU/CSU-Fraktion.


Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1504817500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Herr Dr. Staffelt, ich weiß nicht, warum Sie sich so
echauffiert haben. Ich glaube, Sie haben die falsche
Rede gehalten. Wir sollten hier nicht im Streit agieren,

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(C (D ondern versuchen, einen Konsens zu finden. Darauf war hre Rede nicht ausgerichtet. Aber ich nehme etwas ganz anderes übel. Normalereise bin ich nicht so nachtragend; jeder, der mich ennt, weiß das. Aber ich nehme einen Wortbruch übel: or noch nicht einmal sechs Monaten haben wir im Verittlungsverfahren zu den Hartz-Gesetzen zusammengeessen. Bereits dort waren die Handwerksordnung und ie Ich-AG ein Thema gewesen. In dieser Sitzung hat ns Herr Clement sein Wort als Minister gegeben, dass ie Novelle der Handwerksordnung und die Ich-AGs geeinsam mit der Opposition und dem Handwerk auf den eg gebracht werden. err Stiegler, Herr Brandner, Herr Dr. Staffelt, Frau r. Dückert, Herr Kollege Laumann und Herr Kollege iebel waren dabei; sie alle können das bestätigen. Wir aben uns auf das Wort eines Ministers verlassen. (Klaus Brandner [SPD]: Was spricht denn dagegen?)


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Brandrede!)


(Dirk Niebel [FDP]: Das hat er versprochen!)


Was ist herausgekommen? Fakt ist: Seit diesem heili-
en Versprechen des Wirtschaftsministers gab es kein
inziges Gesprächsangebot, geschweige denn ein Ge-
präch mit uns. Dasselbe gilt für das Handwerk. Ich weiß
icht, mit welchen Vertretern des Handwerks Sie gespro-
hen haben, Herr Staffelt. Vielleicht mit Ihrem Friseur?
ch habe keine Ahnung. Mit den wichtigen Vertretern
es Handwerks, die die Probleme wirklich kennen, ha-
en Sie keine Gespräche geführt. Das wissen wir, weil
ir beim Handwerk nachgefragt haben. Sie haben nur in
onntagsreden auf Handwerkstagen Versprechungen ge-
acht, aber keine persönlichen Gespräche geführt.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt doch nicht!)


ielmehr haben Sie nur getäuscht, enttäuscht und eine
nanständige Politik gemacht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Brandner [SPD]: Jetzt bin ich enttäuscht! Jetzt unterstellen Sie etwas, von dem Sie gar nicht wissen können, wie es war!)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, welche Phi-
osophie steht hinter Ihrem Gesetzentwurf? Sie setzen
uf Kleinstunternehmen ohne Qualifikation. Natür-
ich brauchen wir einfache Tätigkeiten und auch in die-
em Bereich mehr Selbstständigkeit. Es muss attraktiv
ein, im Niedriglohnbereich zu arbeiten. Arbeit ist wirk-
ich genug vorhanden. Man braucht nur vom Tiergarten
um Reichstagsgebäude zu laufen, dann sieht man noch
eute den Müll vom Kirchentag. Die Arbeit liegt also
uchstäblich auf der Straße.
Ich will auch nicht in Abrede stellen, dass es wirklich

otwendig ist, Verbesserungen im Niedriglohnbereich
nzugehen. Ich glaube, die Union hat insbesondere bei
en Minijobs gezeigt, dass wir bereit sind, auf diesem
ebiet vernünftige Reformen anzugehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl
Der Geburtsfehler Ihrer Gesetze ist jedoch, dass Sie
ausschließlich auf Tätigkeiten setzen, die nur geringe
Qualifikation erfordern, und diese fördern, dabei aber
die Leistungsträger unserer Gesellschaft, zu denen auch
das Handwerk gehört, völlig aus den Augen verlieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wer ist es denn, der immer wieder mehr Arbeitsplätze

als der Durchschnitt der übrigen Wirtschaft geschaffen
hat?


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jenseits der Wirklichkeit!)


Wer ist es denn, der dreimal mehr ausgebildet hat als der
Durchschnitt der Gesamtwirtschaft? Wer ist es denn, der
immer für hohe Qualifikation gesorgt hat? Das ist das
Handwerk.

Ich muss es Ihnen doch nicht erklären, liebe Kollegin-
nen und Kollegen: Wir leben heute in einer hoch moder-
nen, komplexen Wissensgesellschaft. Das Wissen ver-
doppelt sich inzwischen innerhalb von fünf Jahren. Wir
alle müssen heute mehr wissen als früher. Die jungen
Menschen heute müssen mehr wissen als wir früher. Das
gilt für alle Berufe und für alle Ebenen. Wir sind ein roh-
stoffarmes Land; deswegen ist der Faktor Humankapital
eine unserer wichtigsten Ressourcen. Die Zukunft unse-
res Landes hängt auch nicht von „nur“ gut ausgebildeten
Unternehmern und Beschäftigten ab, sondern von sehr
gut ausgebildeten Unternehmern und Beschäftigten;
denn nur so werden wir es schaffen, unseren Lebensstan-
dard künftig auf derzeitigem Niveau zu erhalten. Das ist
keine neue Erkenntnis. Es wäre gut, wenn auch Sie das
endlich erkennen würden.

Sie können auch Friedrich den Großen oder Ludwig
Erhard nachahmen, die das bereits erkannt haben. Ludwig
Erhard war einer derjenigen, der den Meisterbrief immer
hoch hielt, der wusste, welche Qualifikation mit dem
Meisterbrief zusammenhängt. Dieser Weg war richtig
und er ist auch heute noch richtig. Wir alle reden doch
vom lebenslangen Lernen, von hohen Qualifikationen
und davon, dass dies ein wesentlicher Standortvorteil ist.

Das Gesetz, das Sie auf den Weg bringen wollen, wird
jedoch nicht zu mehr Existenzgründungen führen, die
Bestand haben werden. In den ersten Monaten wird die
Selbstständigenquote sicherlich steigen, die Statistik
wird sich natürlich verändern – das beabsichtigen Sie
auch –, aber diese Existenzgründungen werden nach ein
paar Monaten wieder vom Markt verschwunden sein.
Das ist keine Lösung für unsere arbeitsmarktpolitischen
Probleme. Vielmehr brauchen wir stabile Existenzgrün-
dungen, Betriebe mit Zukunftsaussichten, die auch künf-
tig Menschen ausbilden und Arbeitsplätze schaffen. Dies
wird auf die Ich-AGs bestimmt nicht zutreffen, liebe
Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da täuschen Sie sich!)


65 Handwerksberufe – darunter auch Friseure, Maler
und Lackierer – die jetzt noch für eine Unternehmens-
gründung einen Meisterbrief benötigen, werden dafür
künftig keinerlei Qualifikation mehr brauchen.

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(C (D (Christian Lange [Backnang] [SPD]: So ein Quatsch!)


ngesichts dessen frage ich Sie: Wieso soll heute das
riseurhandwerk, das allein im letzten Jahr noch über
0 000 Lehrlinge ausgebildet hat, weiterhin über seinen
igenen Bedarf hinaus ausbilden,


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das hat weder etwas mit dem Gesetzentwurf noch mit der Wirklichkeit zu tun!)


enn ein Meister damit rechnen muss, dass sich seine
uszubildenden sofort nach der Ausbildung im Laden
ebenan selbstständig machen können? Er zöge doch
eine eigene Konkurrenz heran. Zukünftig wird doch
einer mehr über den Bedarf hinaus ausbilden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

aher ist es auch verständlich, dass Sie sich den Zorn
er Handwerker zuziehen. Dies ist auch volkswirtschaft-
ich schädlich und einfach unvernünftig.
Ich frage mich, wie denn Ihre Vorstellungen dazu, zu
ehr Qualität, zu noch mehr hochwertigen Leistungen
m Handwerk und zu mehr Lehrstellen zu kommen, aus-
ehen. Diese Vorstellungen vermissen wir; dazu findet
ich nichts.
Als einzige Änderung werden Sie kurzfristig eine

teigende Zahl von Ich-AGs verzeichnen können, die in
inen ungleichen Wettbewerb mit den wirklichen Leis-
ungsträgern treten werden. Diese werden aber in null
omma nichts wieder von der Bildfläche verschwunden
ein, wenn die Subventionen abgeschöpft sein werden,
ie sie von der Bundesanstalt für Arbeit bekommen.
Humankapital ist der Schlüssel für hohe Produktivität.
ir brauchen diese hohe Produktivität, damit wir im
ettbewerb mit unseren Mitwettbewerbern im Ausland
estehen können, damit weiterhin die hohen Standards
rhalten werden können, die wir tatsächlich haben, vor
llem im sozialen Bereich; das wissen Sie alle.
Aber so geht es nicht. Sie können keine Gesetze mit

egativen Auswirkungen auf die Menschen beschließen,
on denen Sie erwarten, dass sie ihr Leben selbstständig
n die Hand nehmen und zupacken. Am Dienstag waren
ber 850 Handwerker hier. Da haben Sie erlebt, dass
elbst das Wort „Ausbildungsboykott“ mit heftigem Bei-
all bedacht worden ist. Daran sieht man, wie weit Sie
ie Menschen bringen. Sie haben einen falschen Ansatz.
eue marktfähige Produkte bekommen Sie nicht durch
rust und Leistungsverweigerung, sondern nur durch In-
ovation und Qualität sowie durch motivierte Menschen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


ur so entstehen Arbeitsplätze und nur so bringen Sie
ie de facto 6 Millionen Arbeitslosen, die es momentan
ibt, wieder in Arbeit.
Die qualifizierte Suche nach neuen Wegen hat

chumpeter einmal den „Prozess der ’schöpferischen
erstörung‘“ genannt. Bei Ihnen ist es anders: Sie zer-






(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl
stören nur; von schöpferischer Kraft ist hier wirklich
überhaupt nichts zu spüren.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ich möchte es
in einem Bild darstellen: Gute Erträge eines Kirschbau-
mes erreiche ich nur durch gute Standortbedingungen,
durch einen nahrhaften Boden und durch fachlich ge-
konnten Baumschnitt. Wenn Sie nun einen Baum mit der
Axt an den Wurzeln abhacken, können Sie zwar zukünf-
tig die Kirschen im Sitzen essen, aber es werden nie
mehr Früchte an diesem Baum wachsen. Es werden auch
keine neuen Triebe wachsen, die unter den richtigen
Rahmenbedingungen zu neuen Bäumen werden können,
die wieder Früchte tragen.

Sorgen Sie dafür, dass es nicht zu diesem Kahlschlag
kommt! Das können Sie nur tun, indem Sie wirklich Re-
formen angehen, und zwar mit den Betroffenen. Dann
haben Sie eine Chance, dass es die richtigen Reformen
sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504817600


Das Wort hat jetzt der Kollege Christian Lange von
der SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1504817700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Herr Kollege Niebel, lassen Sie mich zunächst an
die Kolleginnen und Kollegen der Partei der Freiheit


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Gute Formulierung!)


ein paar Zitate richten:
Es wird von niemanden bestritten, dass die Meister-
ausbildung ein überaus erfolgreicher und geeigneter
Weg in eine sichere Existenz ist. Aber es stellt sich
doch die Frage, ob dieser Weg in allen Fällen
zwanghaft vorgeschrieben werden muss.
Wenn der Meisterbrief so gut und Erfolg verspre-
chend ist, wenn er dem angehenden Unternehmer
im Handwerk eine vergleichsweise sichere Per-
spektive für die eigene Existenz bietet, dann wird er
doch auch ganz von selbst auf dem Aus- und Wei-
terbildungsmarkt nachgefragt werden.
Wir müssen wieder den Mut haben, im Meisterbrief
das zu sehen, was er sein soll: der Nachweis einer
seriösen, qualitätsvollen Ausbildung, die für den
Verbraucher erwarten lässt, dass er eine erstklassige
Handwerksleistung einkauft.
Qualität aber braucht keinen Zwang; sie setzt sich
einfach durch.

Genau so ist es. Genau das sagte Walter Döring auf be-
sagtem Parteitag. Deshalb fordere ich die FDP-Fraktion
hier auf: Ziehen Sie Ihren Antrag zurück und stimmen
Sie dem Antrag der Koalitionsfraktionen zu.

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(C (D Ein zweiter Punkt: Frau Kollegin Wöhrl, weil Sie beüglich der Qualität fragen – – Entschuldigen Sie. Erlauben Sie, bevor Sie zu Frau öhrl kommen, eine Zwischenfrage des Kollegen iebel, den Sie zunächst angesprochen haben? Immer doch, gern. Bitte schön. Vielen Dank, Herr Kollege Lange. Nachdem Sie uns jetzt aufgefordert haben, unseren ntrag zurückzuziehen, frage ich Sie: Wäre es Ihnen öglich, auch den Rest der Rede von Herrn Döring vorulesen? (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504817800
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1504817900
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504818000
Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1504818100


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1504818200

Das wäre mir möglich, wenn Sie mir entsprechende
edezeit einräumen würden.


(Dirk Niebel [FDP]: Als Antwort auf die Frage wäre das möglich!)


s wäre mir ein Vergnügen. Er führt danach nämlich
och aus, wie es sich mit der Gewerbefreiheit in
eutschland verhält. Da gibt es eben keinen Zwang,
eine Regulierung des Marktes. Er führt aus, dass wir
uch in den freien Berufen und der Industrie die Gewer-
efreiheit haben und dass wir sie auch im Bereich des
andwerks stärker als in der Vergangenheit brauchen.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504818300


Herr Lange, erlauben Sie eine weitere Frage des Kol-
egen Niebel?


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1504818400

Nein. Ich glaube, es ist müßig.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504818500


Keine weiteren Fragen.

Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1504818600

Ich gebe Ihnen die Rede gerne zur weiteren Lektüre.
Zum zweiten Punkt der Qualifikation. Frau Kollegin
öhrl, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass diese Bun-
esregierung mit dem Meister-BAföG bereits einen Weg
egeht, um die Qualifikation weiter zu fördern, und zwar
n einem Ausmaß, in dem Sie, die Sie sich hier zur Blo-
kade aufschwingen, es in der Vergangenheit nicht getan
aben. Ein Zuwachs im Bereich des Meister-BAföGs






(A) )



(B) )


Christian Lange (Backnang)

von über 100 Prozent – seitdem wir dieses Gesetz ver-
bessert haben – bedeutet einen Ausbau der Qualität.

Warum gehen wir diesen Weg? Warum haben wir in
diesem Bereich eine Nachfrage von über 100 Prozent?
Das ist so, weil die entsprechenden Anwärter zum
Meister auf den Markt setzen und weil sie wissen, dass
sie ohne das Qualitätssiegel Meister auf dem Markt
keine Chance haben. Genau so soll es auch sein. Deshalb
wird es, wenn wir diese Reform durchgeführt haben,
letztendlich mehr Meister, mehr Auszubildende, mehr
Gesellen und mehr selbstständige Existenzen geben. Das
ist gut so und das ist das Ziel unserer Reform, meine Da-
men und Herren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Und es wird mehr Pleiten geben!)


– Herr Kollege Hinsken, ich bin dankbar, dass Kollege
Schauerte noch sprechen wird.

Lassen Sie mich – damit komme ich zu meinem drit-
ten Punkt – Folgendes feststellen: Ihr Kollege Schauerte
sagt, so steht es in der „Financial Times“ geschrieben,
dass er bereit ist, den Weg der Bundesregierung zu
gehen. Er möchte andere Kriterien und nur 30 bis
34 Berufe aus der Anlage A, dem Meisterzwang, heraus-
nehmen. Jetzt frage ich Sie, Herr Hinsken: Für wen ha-
ben Sie eigentlich gesprochen: für die CDU/CSU-Frak-
tion oder für die Lobby, die Sie vertreten, nämlich das
Handwerk?


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh, oh!)

Das ist doch die Frage, die Sie an dieser Stelle einmal
beantworten müssen. Welches ist eigentlich die Position
Ihrer Fraktion, meine Damen und Herren von der CDU/
CSU?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich viertens auf den Gesetzentwurf zu
sprechen kommen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504818700


Herr Lange, erlauben Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Hinsken?


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1504818800

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504818900


Bitte schön, Herr Hinsken.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1504819000

Herr Kollege Lange, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu

nehmen, dass ich mich als Volksvertreter natürlich auch
für das Handwerk verantwortlich fühle? In diesem Fall
habe ich mich gerne für vernünftige und verbesserte
Bedingungen für das Handwerk ausgesprochen. Ich
meine, dass es über Fraktionsgrenzen hinweg unser aller
Ziel sein sollte, alles zu tun, um dem Handwerk auf die

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(C (D ukunft bezogen, Perspektiven zu geben und es nicht eiterhin so niederzumachen, wie das aus Ihrer Sicht in en letzten Tagen und Wochen der Fall war. Im Übrigen möchte ich Sie bitten, mir zu sagen, ob Sie ereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir statt eines riteriums, das Sie anwenden wollen, um den Anspruch rheben zu können, der Anlage A anzugehören – ich meine ie Gefahrgeneigtheit –, drei Kriterien einführen und ier vor allen Dingen der Ausbildungsleistung und auch nderen Bereichen eine gewisse Bedeutung einräumen ollen, um somit sicherzustellen, dass das Handwerk eiterhin ein Qualitätszeichen in unserer Wirtschaft leibt und die Ausbildungsleistung so, wie Kollegin öhrl das eben gesagt hat, gewährleistet werden kann. Herr Kollege Hinsken, lassen Sie mich zunächst Fol endes zu Ihrer ersten Frage sagen: Wir alle sind hier ersammelt, um das Handwerk zu stärken. Über diesen unkt besteht in der Tat Konsens. Ich bitte Sie, das auch ntsprechend zu formulieren und nicht etwas anderes zu ehaupten. Zweiter Punkt. Wenn wir das Handwerk stärken wol en, dann dürfen wir in der Tag diejenigen, die sich im andwerksbereich – auch als ganz kleine Unternehmer – elbstständig machen wollen, nicht diffamieren. Ich erinere an Ihre Veranstaltung, die Sie in dieser Woche im aul-Löbe-Haus durchgeführt haben. Dort habe ich zur enntnis nehmen müssen, dass kleine Selbstständige als Selbstständigenproletariat“ diffamiert worden sind. (Zurufe von der CDU/CSU: Was? – Von wem? Wer hat das denn gesagt?)

Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1504819100

Ich sage Ihnen, Herr Kollege Hinsken, ganz ehrlich:
ch finde, es ist einer CDU/CSU-Fraktion und der Partei
udwig Erhards unwürdig, solche Bemerkungen auf ei-
er Veranstaltung zu dulden.
ie hätten aufstehen und sagen müssen: Nein, wir sind
roh, dass es jemand wagt, in die Selbstständigkeit zu ge-
en; denn es ist besser, in die Selbstständigkeit zu gehen,
ls dem Steuerzahler auf der Tasche zu liegen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun komme ich zu meinem nächsten Punkt. Ich
öchte Ihnen etwas zu den Kriterien sagen. Das betrifft
en zweiten Teil Ihrer Frage, Kollege Hinsken. In der
at hat das Handwerk drei Kriterien vorgeschlagen: die
efahrgeneigtheit, die Ausbildungsleistung und die
achhaltige wirtschaftliche Leistung. Darüber kann man
eden. Aber die Bundesregierung hat dem Bundesrat ei-
en Gesetzentwurf zugeleitet – über diesen beraten wir
ier ja gar nicht –, in dem sie die Gewerke in Punkt und
omma nach ihren Kriterien dargestellt hat. Weder das
andwerk noch die CDU/CSU-Fraktion haben dies bis
eute getan. Ich bitte Sie – daher habe ich auf den Kolle-
en Schauerte, der gleich noch sprechen wird, hingewie-
en –, die Karten auf den Tisch zu legen.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Die liegen doch längst auf dem Tisch!)







(A) )



(B) )


Christian Lange (Backnang)

Sagen Sie doch, was nach Ihren Kriterien an den
Anlagen A und B der Handwerksordnung geändert wer-
den soll. Dann kann man darüber reden. Aber Sie tun es
nicht, weil Sie die Menschen aufhetzen wollen. Das ist
der wahre Grund – sonst nichts.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf werden wir
Erleichterungen für Existenzgründer schaffen, die außer-
halb des Geltungsbereichs der Handwerksordnung tätig
werden wollen, die also einfache Tätigkeiten ausüben
wollen. Durch den vorliegenden Gesetzentwurf nehmen
wir eine gesetzliche Klarstellung vor und nicht mehr.
Das ist notwendig, da das Handwerk derartige Tätigkeiten
häufig immer noch als zum Handwerk dazugehörige Teil-
tätigkeiten ansieht. Die Folge ist – ich merke, die Auf-
merksamkeit lässt nach; warten Sie bitte ab –, dass auch
für einfache Tätigkeiten die Meisterprüfung verlangt wird,
obwohl das nicht der langjährigen höchstrichterlichen
Rechtsprechung entspricht. Mit dem Gesetzentwurf, der
heute auf dem Tisch liegt, beschließen wir nur noch ein-
mal geltendes Recht und nichts anderes.

Handwerkskammern und Behörden gehen vielfach,
wie wir gehört haben, mit Abmahnverfahren, Betriebs-
schließungen und Bußgeldern gegen Unternehmen vor,
die einfache Tätigkeiten ausüben, aber nicht in der
Handwerksrolle eingetragen sind. Dadurch werden Exis-
tenzen aufs Spiel gesetzt. Ich will zwei Beispiele nen-
nen, damit das geneigte Publikum weiß, worüber wir
hier eigentlich beraten. Das erste Beispiel: Ein Mann,
der sich selbstständig machen will und einen fünftägigen
Kurs besucht hat, will folgende Tätigkeiten ausüben: Er
will Lackschäden an Kfz beheben, Alufelgen polieren,
Interieurausbesserungen in Autos vornehmen – sprich:
die Polster säubern –, Dellen entfernen und Steinschlag-
schäden an Frontscheiben ausbessern. Diese Arbeit ist
ihm mit der Begründung, das gehöre zum Kernbereich
der Tätigkeit eines Lackierers, verboten worden.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Wo ist das Problem?)


Ich will Ihnen ein zweites Beispiel nennen, damit alle
wissen, worüber wir reden. Im Kreis Siegen-Wittgenstein
gibt es einen Trockenbaubetrieb, der auch ab und zu
kleine Maurerarbeiten durchführt. So mauert er beispiels-
weise eine Tür zu, bevor er seine Trockenbauarbeiten
macht. Das macht ein Fünftel seiner Arbeit aus. Gegen
diesen Betrieb liegt ein Bescheid vor – ich habe den Be-
scheid sogar vorliegen –, dass er diese Tätigkeiten sofort
einzustellen habe, weil das Teil des Maurerhandwerks
sei. Er wird, weil das nicht nur als Verletzung der Hand-
werksordnung, sondern auch als Schwarzarbeit gilt, mit
einer Bußgeldandrohung von 300 000 Euro belegt. Durch
solche Bescheide werden Firmen, Arbeits- und Ausbil-
dungsplätze vernichtet. Das muss ein Ende haben. Das ist
ein Ziel des Gesetzentwurfes der Bundesregierung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Ihr seid ja tolle Hechte!)


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(C (D Hinter dem, was so abstrakt klingt – ich nenne nur echtsprechung und Minderhandwerk –, stehen einzelne chicksale. Dadurch sind lauter einzelne Betriebe drauen im Land betroffen, die dran glauben müssen. Das ist eute leider die Praxis, und zwar contra legem, gegen as Gesetz. Diesem Gesetzentwurf zur kleinen Novelle, den wir eute beraten – er war Teil des Ergebnisses der Hartzommission – hat sogar Herr Schleyer, der auch in der ommission saß, zugestimmt. Auf einmal ist das alles ichtig, alle sind in die Opposition gegangen und machen eine Blockade. Nichts anderes machen Sie. Sie haben ein Interesse am Aufbau von Existenzen und haben – leier – kein Interesse an sachlicher Zusammenarbeit. Stattessen machen Sie Klamauk und Krawall, so wie wir es nfang dieser Woche erlebt haben, und nichts anderes. Wenn man über dieses Thema spricht, muss man ein ache Tätigkeiten natürlich auch definieren. Ich will die etzten Minuten meiner Redezeit dazu nutzen, damit Ihen klar wird, was einfache Tätigkeiten eigentlich sind. infache Tätigkeiten sind solche, die ein durchschnittich begabter Berufsanfänger in zwei bis drei Monaten rlernen und erledigen kann. Keine wesentlichen Tätigeiten sind solche, die zwar eine längere Anlernzeit verangen, aber für das Gesamtbild des betreffenden Geweres der Anlage A nebensächlich sind und deswegen icht die Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, auf die ie Ausbildung in diesem Gewerbe hauptsächlich ausgeichtet ist. Die Kunden wollen heute alles aus einer Hand be ommen und nicht mehr von Pontius bis Pilatus laufen nd fünf, sechs oder sieben Handwerker beauftragen. as ist gefährdet, wenn wir an dieser Stelle keine echtssicherheit und -klarheit schaffen. Auch deshalb rauchen wir den Gesetzentwurf der kleinen Handerksnovelle. Vergessen Sie nicht: Wenn Sie den vorlieenden Entwurf im Laufe des Gesetzgebungsprozesses blehnen, dann gefährden Sie Ausbildungsplätze, Exisenzen und die Betriebe, die es schon heute gibt. Sie verbrüdern sich, aus mir nicht erklärlichen Grün en, mit dem ZDH; denn er hat ihm einmal zugestimmt. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist keine Schande!)

Das ist keine Schande. Das ist in Ordnung. Aber Sie müs-
en wissen, dass alle anderen Wirtschaftsverbände – mit
usnahme dieses einen Lobby-Verbandes – dies anders
ehen. Es ist in Ordnung, wenn das Ihre Meinung ist.
ber ich habe meine Zweifel, dass es der Partei Ludwig
rhards, die sich einmal für die Gewerbefreiheit und für
ualität eingesetzt hat, dass es Ihrer Partei würdig ist.
eshalb bitte ich um Zustimmung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504819200


Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat
etzt der Kollege Hartmut Schauerte von der CDU/CSU-
raktion das Wort.






(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1504819300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Meine erste Bemerkung: Zwischen Ernst Hinsken
und mir passt bei der Diskussion um die Handwerksord-
nung kein Blatt Papier.


(Dirk Niebel [FDP]: Das haben Schröder und Lafontaine aber auch schon einmal gesagt!)


Wir haben gemeinsam einen Antrag entwickelt und vor-
gelegt, in dem wir sehr deutlich und sehr präzise sagen,
was wir geändert sehen wollen und was wir für vernünf-
tig und notwendig halten. In diesem befinden sich min-
destens zwölf sehr konkrete Vorschläge.

Sie haben bis heute keinen Antrag und auch keinen
Gesetzentwurf vorgelegt, weil Sie sich nicht wirklich ei-
nig sind. Nach der Reaktion, die Sie in der Öffentlichkeit
erlebt haben, haben Sie gezögert. Nun müssen Sie neu
nachdenken. Eigentlich war vorgesehen, dass Sie in der
heutigen Debatte Ihren Entwurf vorlegen. Er ist aber
nicht zustande gekommen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504819400


Herr Kollege Schauerte, erlauben Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Brandner?


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1504819500

Gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504819600


Herr Brandner, bitte.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1504819700

Herr Schauerte, zwischen Sie und Herrn Hinsken

passt kein Blatt Papier. Das haben Sie gerade hier öffent-
lich ausgeführt. Ich zitiere dazu die „Financial Times
Deutschland“ vom 30. Mai 2003. Darin sagen Sie:

Der Meisterzwang kann für gut 30 der 94 Meister-
berufe abgeschafft werden.

Ich habe Herrn Hinsken so verstanden, dass er die
Meisterberufe stärken und ausbauen will. Können Sie
uns diesen Widerspruch erklären oder wie breit ist bei
Ihnen ein Blatt Papier?


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1504819800

Das ist kein Zitat, ich will Ihnen die Frage aber ganz

sauber beantworten: Wir haben Kriterien vorgeschla-
gen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Jawohl! Das ist der Punkt!)


Aufgrund dieser Kriterien – wenn Sie sich die Mühe ma-
chen würden, das zu überprüfen, kämen Sie zu ähnlichen
Erkenntnissen – wird es in Zukunft Handwerksberufe
geben, die den vollen Schutz des Meisterbriefes nicht
mehr benötigen oder ihn nicht mehr erhalten. Der eine
oder andere wird nach der ordnungsgemäßen Überprü-
fung anhand der Kriterien herausfallen.

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(C (D nsofern ist auch Ihr Vorwurf, wir wollten hier eine absoute Sperre gegen jede Veränderung einrichten, immer alsch gewesen. Sie schauen einfach nicht richtig hin. Noch einmal: Wenn das Kriterium der Gefahrgeneigtheit uropafest ist – das fordern Sie –, ein öffentliches Gut arstellt – das fordern wir alle – und geeignet ist, eine ntscheidung zu treffen, dann, das sagen wir, gibt es uch noch andere Kriterien, die in die gleiche Kategorie assen könnten. Ich nenne die Ausbildungsleistung; sie t geeignet. Herr Kuhn hat es gerade gesagt, als er auf ie Kurzintervention von Friedrich Merz geantwortet at. Wir sind bei der Ausbildungsleistung sehr sorgfältig, eshalb sage ich: Wer überproportional ausbildet, muss uch eine besondere Qualifikation haben können, etwas esonders Privilegiertes haben dürfen und in besonderer eise geschützt sein dürfen. Das ist ein hohes Gut und as wollen wir haben. Herr Brandner, wenn Sie mit Ihrem Husarenritt unab estimmt weitermachen und die Ausbildungsleistung icht als Kriterium aufnehmen, dann werden zu den underttausend Ausbildungsplätzen, die in diesem Jahr dualen Berufsausbildungssystem fehlen, noch einmal twa Hunderttausend dazukommen. as können wir nicht verantworten. Deswegen nennen ir neue Kriterien, einschließlich der Ausbildungsleisng. Wir wollen die Handwerksgewerke, die ihre Ausbil ungsanstrengungen erhöhen, sogar noch mehr sichern. as ist ein intelligenter Ansatz und es ist doch ein geeinsames Ziel von uns, die duale Ausbildung zu eröglichen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass in Ihren eihen zurzeit eine heftige Diskussion darüber geführt ird, ob Sie das Ausbildungskriterium vielleicht doch ufnehmen müssen, und dass Sie in Ihrem Eifer – ich age Ihnen gleich noch etwas zu Ihrem Übereifer – an iese Sache vielleicht nicht gedacht haben. Öffnen Sie ich dieser These doch einfach! Seien Sie modern und usbildungsfreundlich! Tun Sie etwas für die Jugend! otivieren Sie die Handwerker, möglichst viel auszubilen! (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Das war keine Antwort!)


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Genau!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Mir stellt sich folgende Frage, die hier ja auch immer
ieder diskutiert wird: Warum hat Herr Clement – wenn
r auch Journalist ist – das, was er vor einem halben Jahr
esagt hat, so gründlich vergessen?


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist es! – Dirk Niebel [FDP]: Er ist nicht Clement, sondern dement! Er hat es vergessen!)


on seiner Natur her neigt er eigentlich nicht dazu und er
t das auch nicht gerne. Ich kann Ihnen aber sagen, wa-
um er es getan hat: Er ist mit seiner Reformagenda in
chwerstes Feuer geraten. Die Linken bei Ihnen – Herr
randner, Sie waren dabei – standen auf Tischen und
änken. Daraufhin hat er umsteuern müssen, um ihnen






(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte
etwas zum Fraß vorzuwerfen. Er hat ihnen zur Beruhi-
gung versprochen, beim Handwerk den Knoten durchzu-
schlagen. Genauso ist es gelaufen. Es ist eine Unver-
schämtheit, einen wichtigen Wirtschaftsbereich als
politische Verfügungsmasse hin- und herzuschieben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Was Sie hier betreiben, ist eine unverschämte Legendenbildung!)


Ein Großteil dieser Aufregung hätte vermieden wer-
den können, wenn Sie die Gespräche in aller Ruhe ge-
führt hätten und wir so zu übereinstimmenden Ergebnis-
sen hätten kommen können. Unsere zwölf Vorschläge
sind mit dem Handwerk abgestimmt. Man muss dazu sa-
gen, dass sie sehr viele Veränderungen bedeuten würden.
Ich will sie in meiner kurzen Redezeit nicht alle auflis-
ten, doch wir sind wirklich sehr modern. Aber mit die-
sem brutalen Ritt, den Herr Clement den Linken zuge-
standen hat, damit sie der Agenda von Herrn Schröder
zustimmen, haben Sie das Porzellan zerschlagen. Damit
haben Sie Vertrauen zerstört. Wirtschaft und Wachstum
in unserem Lande haben Sie nicht weitergebracht, son-
dern die Enttäuschung in unserem Lande noch vergrö-
ßert. Das ist Ihr Problem. Deswegen müssen wir schnell
zur Sachlichkeit zurückkommen. Öffnen Sie sich für un-
sere Kriterien, dann kommen wir ein ganzes Stück mit
dem Programm voran, das wir umsetzen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will noch etwas zu den übrigen Gründen sagen.

Alles, was wir tun, muss nützlich sein. Wenn Ihre Opera-
tion zur Förderung von Wachstum, Arbeitsplätzen und
Ausbildung hilft, müssen wir die Operation akzeptieren.
Wenn sie nicht hilft, müssen wir sie sein lassen. Schauen
wir uns die Sache einmal genauer an. Sie sagen: Das
Handwerk hat eine schlechtere wirtschaftliche Entwick-
lung als die Gesamtwirtschaft genommen. Das ist in Tei-
len wahr, hängt aber wohl auch damit zusammen, dass
das Handwerk im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft aus-
schließlich an der Binnenkonjunktur hängt. Wer hinge-
gen die Binnenkonjunktur schlecht macht, darf sich an-
schließend nicht darüber wundern, dass es dem
Handwerk schlechter als der exportierenden Wirtschaft
geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie sagen: Die enge Verfasstheit des Handwerks stört

die Gründungsdynamik. Schauen Sie sich einmal die
Gründungsdynamik und die Entwicklung von Existen-
zen im Einzelhandel an. In diesem Bereich herrscht ab-
solute Freiheit. Dort sieht es noch schlechter als beim
Handwerk aus. Schauen Sie sich einmal die Gründungs-
dynamik bei Rechtsanwälten an. Dieser Berufsstand ist
verkammert und besitzt eine Gebührenordnung mit ex-
plodierenden Gebühren. Sie können anhand eines Kur-
venverlaufs nicht einfach auf die Ursache schließen. Sie
haben keine sorgfältige Ursachenanalyse betrieben. Man
muss doch fragen: Hat das eine überhaupt etwas mit dem
anderen zu tun? Oder sind dies unterschiedliche Kausali-
täten, die wir hier zu berücksichtigen haben?

Bevor so stark eingegriffen wird, wie Sie es vorhaben,
muss erst einmal der Nachweis geführt werden, dass

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(C (D iese Maßnahmen dem Handwerk und der Binnennachrage wirklich helfen. Lenken Sie mit dieser Operation icht in Wirklichkeit von Ihrer zerstörerischen Wirtchaftspolitik zulasten der Binnenkonjunktur ab? Ist das icht Ihr eigentliches Thema? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ollen dafür die Handwerker mit einer nicht sachgerech-
n Reform bezahlen? Das kann doch nicht wahr sein!
as kann nur einer machen, der sein Land nicht liebt.


(Klaus Brandner [SPD]: Schauerte!)

ir wollen Dinge beschließen, die diesem Land weiter-
elfen. Sie hingegen sind jeden Beweis schuldig geblie-
en, dass Ihr Übermaß weiterhilft. Wir sagen: Ihr Über-
aß behindert, stört und zerstört.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Um die Ernsthaftigkeit der Ausbildungsfrage anzu-

prechen, möchte ich einige Zahlen nennen. In Deutsch-
nd gibt es 760 000 freie Berufe. Sie sind auch deswe-
en frei, weil sie durch fast nichts reglementiert sind.
iese 760 000 freien Berufe bilden 160 000 junge Men-
chen aus. Das Handwerk mit seinen 580 000 Unterneh-
ungen bildet 564 000 junge Menschen aus. In der Be-
ufssparte, die den höchsten Ausbildungsbeitrag leistet,
erstören Sie die Ausbildungsmotivation in unverant-
ortlicher Weise. Wie wollen Sie das Eltern erklären,
ie nicht wissen, wo sie ihre Kinder ausbilden lassen
önnen?


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie zerstören die Ausbildungsbereitschaft; das wer-
en Ihnen die Handwerker bestätigen. Diese fühlen sich
urch Ihre Vorgehensweise in einer solchen Weise miss-
chtet, dass ihnen – ich möchte es einmal jovial sagen –
er Hals schwillt. Sie sind nicht mehr bereit, unter diesen
mständen auszubilden. Sprechen Sie doch einmal mit
ertretern der Lackiererinnung oder der Friseurinnung.
llein in diesem Bereich gibt es zum gegenwärtigen
eitpunkt über 80 000 Ausbildungsplätze. Diese Innun-
en werden blockieren, weil sie diese Maßnahmen nicht
ollen. Dennoch werden Sie sie wohl durchsetzen. Aber
er im dualen Ausbildungssystem so sehr über dem
urchschnitt der deutschen Wirtschaft ausbildet, der hat
s nicht verdient, unter solchen, im Übermaß ausgedach-
n und zum Teil ideologisch begründeten Gesetzge-
ungsvorhaben zu leiden. Das ist der Punkt, gegen den
ir uns wehren.
Kommen Sie zurück zu einer ordnungsgemäßen, kau-

albezogenen, ursachengerechten Reformdiskussion und
ir sind an Ihrer Seite. Alles andere ist falsch, schadet
em Handwerk und schadet dem Wirtschaftsstandort
eutschland. Nehmen Sie unsere Kriterien auf und Sie
aben einen ersten großen und vernünftigen Schritt ge-
an.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504819900


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

Drucksachen 15/1089, 15/1107 und 15/1108 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Ernst
Burgbacher, Dirk Niebel, Klaus Haupt, weiteren
Abgeordneten und der Fraktion der FDP einge-
brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Ände-
rung des Jugendarbeitsschutzgesetzes

– Drucksache 15/756 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Wi-
derspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat das
Wort der Kollege Ernst Burgbacher für die antragstel-
lende FDP-Fraktion.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1504820000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ende

April dieses Jahres waren mehr als 164 000 unbesetzte
Ausbildungsplätze bei den Arbeitsämtern gemeldet. Dem
standen mehr als 325 000 Bewerber ohne Ausbildungs-
platz gegenüber. Die Situation ist dramatisch – wir haben
das heute Vormittag schon diskutiert. Wir hier in diesem
Hause müssen alles tun, diesen Problemen zu begegnen.


(Beifall bei der FDP)

Es kann nicht sein, dass in unserem Land mehr und mehr
junge Menschen vor der Situation stehen, keinen Ausbil-
dungsplatz zu bekommen. Heute Morgen haben wir über
das Instrument der Ausbildungsplatzabgabe diskutiert –
nach unserer festen Überzeugung ein völlig falsches In-
strument.


(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir haben in einem Be-

reich eine ganz besondere Situation, nämlich in der Tou-
rismuswirtschaft, insbesondere im Hotel- und Gaststät-
tengewerbe. Dort gibt es Arbeitsplätze, genauer gesagt
Ausbildungsplätze, die kaum exportierbar sind. Laut ei-
ner aktuellen DIHK-Unternehmensbefragung beabsich-
tigt fast jedes vierte von 10 000 befragten Unternehmen in
Deutschland eine Produktionsverlagerung ins Ausland. In
der Tourismuswirtschaft ist das kaum möglich. Die Tou-
rismuswirtschaft hat in Deutschland rund 2,8 Millionen
Beschäftigte und zählt circa 107 000 Auszubildende. Am
31. Dezember 2001 gab es rund 93 000 Ausbildungsver-
hältnisse im Hotel- und Gaststättengewerbe; das war im-

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(C (D erhin eine Steigerung von 2,6 Prozent gegenüber dem orjahr. Wir haben freie Stellen. Heute Morgen habe ich die eldung gelesen, dass im Hotelund Gaststättengeerbe in Baden-Württemberg mehr als 2 000 Ausbilungsplätze unbesetzt sind. Da müssen wir uns doch die rage stellen: Warum werden diese Plätze nicht besetzt? Nun reden wir in diesen Zeiten immer wieder davon, as wir gemeinsam in diesem Hause tun können, um die ituation zu entschärfen. Die Leute draußen – die jungen eute, aber genauso die Arbeitgeber – erwarten nicht die roßen Konzepte; sie stehen mit dem Rücken zur Wand nd wollen, dass etwas geschieht. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Albrecht Feibel [CDU/CSU])


as ist unsere Herausforderung. Wenn Sie nun um die
ituation wissen, dass in diesem großen und wichtigen
ereich – ich habe die Zahlen schon genannt – in vielen
äusern nur noch Abiturienten ausgebildet werden,


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Dummes Zeug!)

eil die nämlich über 18 sind, und dass Auszubildende
nter 18 in vielen Häusern überhaupt nicht mehr ge-
ommen werden, dann müssen Sie doch handeln. Darauf
ielt unser Gesetzentwurf ab.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Albrecht Feibel [CDU/CSU])


Meine Damen und Herren, es geht eben nicht, dass
ie die Auszubildenden im Hotel- und Gaststättenge-
erbe um 22 Uhr einfach nach Hause schicken müssen;
ie Betriebsabläufe lassen so etwas nicht zu. Übrigens
ollen das auch die Jugendlichen heute überhaupt nicht.
ie haben sich auf diesen Beruf eingestellt und wissen,
as das mit sich bringt. Jetzt müssten sie um 22 Uhr auf-
ören. Was machen sie? Sie ziehen sich um und gehen in
ie Disco. So kann man doch keine Politik gestalten!


(Beifall bei der FDP)

Heute haben Sie die Möglichkeit, zu beweisen, ob Sie
irklich willens sind, etwas zu verändern und erkannte
ängel zu beseitigen, oder ob es nur Lippenbekennt-
isse sind und Sie sich dann, wenn es konkret wird, auf
hre alten ideologischen Vorstellungen zurückziehen. Ich
in gespannt auf die Debatte hier und in den Ausschüs-
en.
Ich wiederhole: Nach den bestehenden Regelungen ist

ür Jugendliche unter 18 Jahren in diesen Bereichen um
2 Uhr Schluss. Bekanntlich hat sich das Ausgehverhalten
ber völlig verändert. Wir wissen, dass Jugendliche län-
er ausgehen und dass sich ihre Bedürfnisse verändert
aben.
Zudem muss man die Situation im Hotel- und Gast-

tättengewerbe berücksichtigen: Eine ganze Menge Be-
riebe erwirtschaften keine Gewinne mehr, sondern ar-
eiten mit Verlust. Diese Betriebe leiden erheblich unter
em Konsumrückgang – durch Ihre Politik mit verschul-
et.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher
Wenn Sie zum Beispiel die Tabaksteuer erhöhen, dann
trifft das vor allem diese Betriebe. Denn irgendwo muss
schließlich das Geld wieder eingespart werden.

Machen Sie doch einmal mit bei konkreten Maßnah-
men, die diese Situation erheblich entschärfen würden!
Wir schlagen Ihnen vor, die Arbeitszeiten so zu verän-
dern, dass junge Leute ab 16 Jahre bis 24 Uhr arbeiten
dürfen; am Vorabend von Berufsschultagen soll eine an-
dere Regelung gelten. Das ist eine geringfügige Ände-
rung, die aber viel bringen würde.

Sie können in dieser Frage zeigen, ob Sie für die Aus-
zubildenden nur hehre Worte übrig haben oder ob Sie be-
reit sind, über Ihren ideologischen Schatten zu springen
und zu handeln. Wenn Sie unseren Gesetzentwurf mittra-
gen, dann helfen wir damit vielen jungen Menschen, ei-
nen Ausbildungsplatz zu bekommen. Wir werden Sie
nicht an Ihren Worten, sondern an Ihren Taten messen.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504820100


Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Grotthaus
von der SPD-Fraktion.


Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1504820200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Herr Kollege Burgbacher, wenn Sie davon spre-
chen, dass wir unsere Politik unseren ideologischen Vor-
stellungen unterordnen, dann darf ich Ihnen antworten:
Anscheinend haben Sie in Ihren Antrag vor allem Ideo-
logie hineingepackt, indem nämlich Arbeitnehmer-
rechte abgebaut und Schutzrechte für junge Menschen
aufgegeben werden sollen.


(Beifall bei der SPD – Ernst Burgbacher [FDP]: Jetzt haben wir es! Das sind Sie!)


Nichts anderes steht bei Ihnen im Vordergrund.
Ich will das an einigen Zahlen deutlich machen. Sie

sprachen davon, dass das starre Arbeitsrecht und die
zahlreichen Restriktionen in diesem Bereich dazu füh-
ren, dass das Ausbildungspotenzial nicht ausgeschöpft
werden kann. Sie haben einige Zahlen genannt. Ich will
diese Zahlen verdeutlichen. In den vergangenen zehn
Jahren gab es im Gastronomie-, Hotel- und Gaststätten-
gewerbe eine Steigerung von fast 50 Prozent auf 91 986
Ausbildungsverhältnisse,


(Ernst Burgbacher [FDP]: Hervorragend!)

obwohl keine Änderungen am Jugendarbeitsschutzge-
setz erfolgt sind, Herr Burgbacher. Insofern ist das, was
Sie verdeutlichen wollen, nämlich dass sich das Jugend-
arbeitsschutzgesetz hinderlich auswirkt, in keiner Weise
überzeugend.


(Beifall der Abg. Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Der andere Punkt, den Sie erwähnt haben, nämlich
dass die geltende Regelung zu einer bevorzugten Bereit-
stellung von Ausbildungsplätzen für Abiturienten ge-
währleistet sei, ist ebenfalls falsch, wie Sie wissen müss-

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(C (D en, wenn Sie sich sachkundig gemacht hätten. Ich öchte auch dazu einige Zahlen anführen: Rund 8 Prozent der Auszubildenden bei den Restaurantfacheuten sind Hauptund Realschüler, unter den Fachräften, die im Gastgewerbe ausgebildet werden, sind es und 70 Prozent, unter den Hotelfachleuten rund 4 Prozent, unter den Hotelkaufleuten rund 32 Prozent nd unter den Fachleuten für die Systemgastronomie 7 Prozent. Sie sollten sich etwas mehr damit beschäftien und sich die Zahlen einmal zu Gemüte führen! Ich sage noch einmal deutlich: Sie sprechen zwar von lexibilität, aber Sie verstehen darunter die Aufgabe von rbeitnehmerrechten und von Arbeitsschutzrechten für unge Menschen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ernst Burgbacher [FDP]: Wenn es den Jugendlichen dient, ja! – Weitere Zurufe von der FDP)


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das müssen Sie sagen!)


Ihre Reaktion gefällt mir übrigens. Je mehr Zwischen-
ufe Sie machen, desto mehr zeigt mir das, dass Sie sich
it der Thematik nicht befasst, dass Sie sich mit den
ahlen nicht vertraut gemacht haben und dass Sie von
en Fakten ablenken wollen, die hier genannt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie gehen davon aus, dass sich das Freizeitverhalten
unger Menschen verändert hat. Das ist wohl richtig.
ber ich glaube, dass es einen Unterschied zwischen
em Freizeitverhalten junger Menschen am Wochenende
nd der Vorgabe gibt, wann man als Arbeitnehmer zur
erfügung zu stehen hat. Als junger Mensch kann man
ich aussuchen, an welchem Tag in der Woche man bis
4 Uhr in eine Diskothek geht. Als Arbeitnehmer kann
an sich aber nicht aussuchen, ob man bis 22 Uhr oder
is 24 Uhr arbeitet. In diesem Fall ist man verpflichtet.
ie haben außerdem gänzlich unerwähnt gelassen, dass
s auch Ausnahmeregelungen gibt. In Schichtbetrieben
ann nämlich die Arbeitszeit bis 23 Uhr verlängert wer-
en. Auch das möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben.
ch habe diese Anmerkungen gemacht, weil es mir wich-
ig erschien, den besonderen Wert des Jugendarbeits-
chutzes herauszustellen.
Die SPD-Fraktion lehnt den Gesetzentwurf der FDP

us zwei Gründen ab: Zum einen wird mit den vorge-
chlagenen Maßnahmen in keiner Weise das angestrebte
iel erreicht. Die zugrunde gelegte Bewertung, das gel-
ende Recht behindere die Schaffung von Ausbildungs-
lätzen, wird durch Zahlen widerlegt. Dies habe ich Ih-
en gerade deutlich gemacht. Zum anderen ist die
egründung, die Jugendarbeitsschutzregelungen seien
ufgrund veränderten Freizeitverhaltens zu vernachlässi-
en, mehr als dürftig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ies gilt in Gänze auch für Ihren Antrag. Daher lehnen
ir ihn ab.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504820300


Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Reinhard Göhner
von der CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Reinhard Göhner (CDU):
Rede ID: ID1504820400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

lege Grotthaus, mit dem Abbau von Arbeitnehmerrech-
ten hat der vorliegende Gesetzentwurf der FDP nun
wirklich nichts zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Lassen Sie uns einmal ganz nüchtern und sachlich über
das Problem und über das reden, was im Gesetz steht. Im
Jugendarbeitsschutzgesetz ist geregelt, dass ein Jugend-
licher nicht mehr als acht Stunden pro Tag arbeiten darf.
Das soll auch nach dem Gesetzentwurf der FDP so blei-
ben. Es geht aber um die Frage, ob ein jugendlicher
Lehrling auch noch um 22.30 Uhr oder 23 Uhr arbeiten
darf. Das gesamte Jugendarbeitsschutzgesetz ist sicher-
lich gut gemeint. Aber in drei Detailfragen hat sich die-
ses Gesetz als das Gegenteil von Gut herausgestellt, weil
es sich zulasten der Jugendlichen auswirkt.

Dass ein Lehrling im Alter von 17 Jahren zum Bei-
spiel im Hotel- und Gaststättengewerbe nach 22 Uhr
nicht mehr tätig sein darf, ist in der Tat eine anachronis-
tische Vorschrift.


(Zuruf von der SPD: Warum?)

Ein 17-Jähriger darf zwar bis 24 Uhr in eine Gaststätte
oder in eine Disco gehen, aber nur vor dem Tresen und
nicht dahinter. Von jungen Leuten zu verlangen, dass sie
als Koch in einem Abendrestaurant – solche gibt es tat-
sächlich – um 22 Uhr den Löffel fallen lassen oder dass
sie in einer Gaststätte ab dieser Uhrzeit nicht mehr be-
dienen, mag zwar einmal gut gemeint gewesen sein. Im
Endeffekt führt das heute aber dazu, dass in solchen Be-
trieben vorzugsweise Abiturienten als Lehrlinge einge-
stellt werden. Diese Regelung wirkt sich also als eine
Benachteiligung der Haupt- und Realschüler aus.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


In allen Berufen des Hotel- und Gaststättengewerbes
liegt das Durchschnittsalter der Ausbildungsanfänger
über 18 Jahre. Das ist doch kein Zufall. In der System-
gastronomie sind 85 Prozent der Lehrlinge – wohlge-
merkt: zu Beginn ihrer Ausbildung – 18 Jahre und älter.
Bei den Hotelkaufleuten sind es sogar 90 Prozent. Der
Sachverhalt ist offensichtlich: Das Jugendarbeitsschutz-
gesetz wirkt in diesem Bereich als Bremse für Haupt-
und Realschüler.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nicht die böse Opposition, sondern das Bundesinstitut
für Berufsbildung hat das exakt festgestellt: 2001 waren
84,5 Prozent der Ausbildungsanfänger älter als 18 Jahre;
beim Hotelkaufmann bzw. bei der Hotelkauffrau waren
es 89,5 Prozent. Die Durchschnittsalter der Ausbil-
dungsanfänger betrugen: beim Restaurantfachmann
18,7 Jahre, beim Hotelfachmann 19,1 Jahre; bei Fach-
kräften im Gastgewerbe 18,5 Jahre. So weit die Fakten.

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(C (D ie müssen wir ändern. Auch Hauptund Realschüler üssen in diesem Bereich mehr Chancen bekommen. Das Jugendarbeitsschutzgesetz ist in diesem Punkt eradezu kurios. Lassen Sie uns doch bitte einmal ohne cheuklappen, ganz nüchtern darüber reden! Beispiel eins: Nach geltendem Recht kann ein 17-jäh iger Bäckerlehrling sinnvollerweise ab 4 Uhr in der ackstube tätig sein. Aber ein in Ausbildung befindlicher ellner muss im Abendrestaurant um 22 Uhr den Löffel allen lassen. Nennen Sie das schlüssig und logisch? (Jörg Tauss [SPD]: Sind Sie Lobbyist oder Abgeordneter?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Beispiel zwei – Sie haben es selbst erwähnt –: In gro-
en Hotelbetrieben oder in großen Gastronomiebetrie-
en, in denen die Leute in zwei Schichten arbeiten, darf
er Lehrling bis 23 Uhr arbeiten. In einer kleinen Hotel-
ension, in einem Restaurant, das vielleicht mittags drei
tunden und abends von 18 bis 23 Uhr aufmacht, darf er
icht bis 23 Uhr arbeiten. Das ist nicht schlüssig. Da ist
eine Logik im Gesetz.
Diese Beispiele zeigen, dass das Jugendarbeitsschutz-

esetz in diesem Punkt nicht dem Schutz der Jugendli-
hen dient. Es schadet den Interessen der jungen Leute
nd deshalb sollten wir es auch ändern.
Das gilt übrigens auch für die Regelung mit den Be-

ufsschultagen. Am Vortag muss der Lehrling schon um
0 Uhr den Löffel fallen lassen – als ob die Lehrlinge in
er Berufsschule am anderen Tag nicht frisch und mun-
er und lernbegierig sein können, wenn sie bis 21 Uhr
earbeitet haben! Das ist doch lachhaft.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Warum dann nur bis 21 Uhr und nicht bis 24 Uhr?)


Ich nenne einen weiteren Punkt – er ist in den FDP-
ntwurf nicht aufgenommen worden, muss aber auch
eändert werden –: Nach dem geltenden Jugenarbeits-
chutzgesetz darf die so genannte Schichtzeit elf Stun-
en nicht überschreiten. Das heißt nicht, dass der Ju-
endliche bis zu elf Stunden arbeiten darf. Nein, es soll
ei acht Stunden bleiben. Aber die so genannte Schicht-
eitenregelung hat die kuriose Folge, dass zum Beispiel
ine 17-Jährige in einer Hotelpension, die Halbpension
it Abendessen bietet – kein theoretisches Beispiel –,
it Arbeitszeiten morgens von 7 Uhr bis 10 Uhr – Früh-
tück, Zimmer machen – und später von 16 bis 20 Uhr,
icht beschäftigt werden darf, weil die Öffnungszeiten
inen Zeitraum von insgesamt mehr als elf Stunden um-
assen, obwohl die Arbeitszeit nur sieben Stunden be-
rägt. Wenn ein Restaurant hier am Gendarmenmarkt
on 11 bis 14 Uhr und abends von 17 bis meinetwegen
3 Uhr geöffnet hat, beträgt die Schichtzeit ebenfalls
ehr als elf Stunden; der Lehrling muss um 22 Uhr den
öffel fallen lassen. Nach dem FDP-Entwurf könnte in
inem klassischen Speiserestaurant mit Öffnungszeiten
on 11 bis 14 Uhr sowie von 18 bis 23 Uhr der jugendli-
he Lehrling auch nicht nach 22 Uhr beschäftigt werden.
azu werden wir im Laufe der Ausschussberatungen si-
herlich etwas ergänzen können.






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Göhner

(Ernst Burgbacher [FDP]: Ja!)

Es ist ja richtig: 90 000 Ausbildungsplätze im Bereich

der Hotels und Gaststätten! Deshalb, liebe Kollegen von
der SPD, lassen Sie uns einmal auf diese ausbildungs-
platzintensive Branche hören! Die Branche beklagt ge-
rade, dass sie vorwiegend Ältere, vorwiegend Abiturien-
ten einstellen muss; sie würde mehr Haupt- und
Realschüler einstellen. Lassen Sie uns deshalb den Auf-
schwung in diesem Servicebereich nutzen. Sie loben die-
ses Gewerbe zu Recht. Aber dann hören Sie doch auf die
Vertreter! Sie haben sich an alle Fraktionen gewandt,
auch an Ihre Fraktion, mit der Bitte, diese Grenze her-
aufzusetzen.

Ich kann nur nochmals sagen: Das alles im Gesetz ist
immer noch gut gemeint, aber für Jugendliche zwischen
16 und 18 Jahren, vor allem solche mit Haupt- oder Re-
alschulabschluss, nicht mehr gut. Deshalb rate ich dazu,
dass wir im Ausschuss einmal ganz nüchtern gucken, ob
wir das nicht schnell ändern können.


(Renate Gradistanac [SPD]: Wir arbeiten nur so!)


Das würde den Jugendlichen helfen. Wir müssen die Ju-
gend vor diesem Gesetz schützen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504820500


Das Wort hat jetzt die Kollegin Jutta Dümpe-Krüger
vom Bündnis 90/Die Grünen.


Jutta Dümpe-Krüger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504820600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir versu-

chen einmal, das ganz nüchtern zu betrachten: Weil es in
Deutschland eine hohe Arbeitslosigkeit gibt und weil vor
allem jede Menge Ausbildungsplätze fehlen, muss das
Jugendarbeitsschutzgesetz geändert werden; denn schuld
an der ganzen Misere ist natürlich – wie könnte es anders
sein? – unser starres Arbeitsrecht. Das jedenfalls meint
die FDP.

Deshalb beschäftigen wir uns heute mit einem ebenso
schlichten wie abenteuerlichen Vorschlag – ich zitiere –:

Mit einer punktuellen Flexibilisierung des Gesetzes
zum Schutz der arbeitenden Jugend wird der Ju-
gendarbeitslosigkeit entgegengewirkt.

Im Klartext: Damit mehr Jugendliche in Ausbildung
kommen, will die FDP Zumutbarkeitskriterien ver-
schärfen und entlang ihrer Philosophie das Jugendar-
beitsschutzgesetz in folgenden Punkten ändern:

Erstens. Jugendliche in Gaststätten und im Schaustel-
lergewerbe sollen künftig bis 24 Uhr statt wie bisher bis
22 Uhr auf Trab gehalten werden.

Zweitens. An einem dem Berufsschultag unmittelbar
vorangehenden Tag sollen die Beschäftigungszeiten von
20 Uhr auf 21 Uhr ausgeweitet werden.

Das sind die liberalen Vorschläge. Damit setzen Sie
die Brechstangen- und Rasenmäherpolitik, die wir schon

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(C (D eute Morgen in der Ausbildungsplatzdebatte erlebt haen, auf dem Rücken junger Leute nahtlos fort. (Widerspruch bei der FDP – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Jetzt hat Sie es uns aber gegeben!)


Kein Bauer spannt ein Fohlen vor den Pflug. Er weiß
ämlich, dass das Tier noch nicht leistungsfähig ist und
ass körperliche Beanspruchung im jugendlichen Alter
ie Leistungskraft für die Zukunft schädigen kann.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ür junge Menschen sollte der gleiche Grundsatz gelten.
iese Erkenntnis ist etwas älter als ich – Sie stammt aus
em Jahr 1931 – und ist unter der Überschrift „Der Ju-
endliche im Betrieb – Praxis des Arbeitsschutzes und
er Gewerbehygiene“ nachzulesen. Auch wenn wir mitt-
rweile eine ganze Menge dazugelernt haben, ist eines
ahr geblieben: Ausbildung kommt nicht von Ausbeu-
ng und es wird kein frühkapitalistisches Zurück in die
ukunft geben, schon gar nicht nach Ihrem Motto: Hau
eg den Arbeitsschutz für Jugendliche!


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: In welcher Welt leben Sie eigentlich? – Ernst Burgbacher [FDP]: Meinen Sie das alles ernst? Sie tun mir Leid!)


Die Realität ist eine völlig andere: Deutsche Unternehmen
iehen sich aus ihrer sozialstaatlichen Verantwortung für
ie Ausbildung mehr und mehr zurück. Nur noch ein
nappes Drittel bildet überhaupt aus. Sie selbst weisen
arauf hin, dass allein in der Tourismusbranche zum
nde des Jahres 20 000 Lehrstellen fehlen. Welchen
chluss ziehen Sie daraus? – Nicht den Unternehmen,
ein, den Auszubildenden müssen die Daumenschrau-
en angelegt werden. Es bleibt allerdings Ihr Geheimnis,
ie Sie mit der geforderten Verlängerung neue Arbeits-
lätze schaffen wollen. Aber dass alle Vorschläge der
pposition einer hohen Geheimhaltungsstufe unterlie-
en, haben wir heute Morgen gemerkt: Jedes Mal, bevor
in solcher kommen konnte, war die Redezeit abgelau-
en.
Außerdem haben Sie das Gesetz nicht gelesen. Wenn

ie das getan hätten, dann wüssten Sie, dass es gerade
ür den Bereich der Gastronomie, des Schaustellerge-
erbes, für Krankenpflegeeinrichtungen, Altenheime,
äckereien usw. eine Reihe von Ausnahmeregelungen
ibt. 16-Jährige dürfen in Bäckereien bereits um 5 Uhr
orgens Brötchen backen, 17-Jährige bereits ab 4 Uhr.
§ 16 bis 18 des Jugendarbeitschutzgesetzes sehen au-
erdem noch Ausnahmeregelungen an Samstagen sowie
n Sonn- und Feiertagen vor.
Interessant sind auch Ihre Aussagen zum Ausgehver-

alten von Jugendlichen. Motto: Weil 16-Jährige heutzu-
ge länger ausgehen und am öffentlichen Leben teilneh-
en, müssen sie auch länger arbeiten.


(Otto Fricke [FDP]: Sie sollen sogar wählen können, habe ich gehört!)







(A) )



(B) )


Jutta Dümpe-Krüger
Ich weiß nicht, ob Sie in Ihrem jugendlichen Alter ein-
mal nachts in irgendeiner Kneipe gekellnert haben. Ich
vermute allerdings, eher nicht.


(Marita Sehn [FDP]: Doch! – Ernst Burgbacher [FDP]: Doch!)


Hätten Sie es getan, wäre Ihnen der gravierende Unter-
schied zwischen Freizeit und Arbeit klar.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Jugendarbeitsschutzgesetz soll Jugendliche vor
Überforderung und Gefahren am Ausbildungs- und Ar-
beitsplatz schützen. Sie stehen unter besonderem Schutz,
weil ihre psychische und physische Entwicklung noch
nicht abgeschlossen ist. Auch wenn es stimmt, dass sich
junge Menschen heute schneller entwickeln, dann heißt
das nicht, dass ihre Entwicklung mit 16 Jahren abge-
schlossen ist. Im Gegenteil: Die Anforderungen an Ju-
gendliche in einer sich rasant verändernden und immer
komplizierter werdenden Welt hat dazu geführt, dass der
körperliche und auch der soziale Reifungsprozess länger
dauert. Deshalb müssen wir sie in vollem Umfang schüt-
zen


(Ernst Burgbacher [FDP]: Vor allem vor einem Ausbildungsplatz!)


und deshalb lehnen wir Ihre Änderungen zum Jugendar-
beitsschutzgesetz ab.

Ich will Ihnen hier noch als Letztes sagen: Den
Schutz von Jugendlichen als Ideologie zu bezeichnen,
das ist schon ein starkes Stück. Ich hoffe, dass das viele
Jugendliche so wahrgenommen haben.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504820700


Jetzt hat der Kollege Engelbert Wistuba von der SPD-
Fraktion das Wort.


Engelbert Wistuba (SPD):
Rede ID: ID1504820800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Der uns heute vorliegende Entwurf löst
bei mir geteilte Gefühle aus. Zum einen begrüße ich die
Intention des Gesetzentwurfs ausdrücklich, setzt sich die
FDP-Bundestagsfraktion doch für eine Bekämpfung der
viel zu hohen Jugendarbeitslosigkeit und des nicht zu ak-
zeptierenden Lehrstellenmangels in Deutschland ein.
Darüber hinaus könnte man sogar einen leichten Anflug
längst tot geglaubter sozial-liberaler Anwandlungen er-
kennen, wenn Sie sich für eine größere Chancengleich-
heit von Haupt- und Realschülern gegenüber Gymnasi-
asten einsetzen. Aber, um es mit Goethe gleich
klarzustellen: Die Botschaft höre ich wohl, allein mir
fehlt der Glaube.


(Beifall bei der SPD)

Bei der Wahl der Mittel – das hat Ihnen der Kollege

Grotthaus schon klar diagnostiziert – trennen sich unsere

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(C (D ege aber deutlich. Auf die Antwort der Bundesregieung auf Ihre Kleine Anfrage zur Ausweitung des § 14 es Jugendarbeitsschutzgesetzes, in dem es um die achtruhe geht, wurde schon hingewiesen. Ich will es rotzdem noch einmal betonen: Sinn und Zweck dieses esetzes ist nicht die Bekämpfung der Jugendarbeitsloigkeit bzw. des Ausbildungsplatzmangels. Vielmehr eht es um den Gesundheitsschutz der betroffenen areitenden Jugendlichen. Herr Burgbacher, das können Sie auch mit dem Arguent eines veränderten Freizeitverhaltens nicht außer raft setzen. Ich kann kaum nachvollziehen, dass es ach Ihrer Meinung keinen großer Unterschied ausacht, ob ein junger Mensch bis 24 Uhr arbeiten muss der tanzen gehen darf. (Beifall bei der SPD – Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist auch schon um 20 Uhr ein Unterschied!)


Darüber hinaus sind in dem Gesetz bereits branchen-
pezifische Ausnahmen – das wurde hier schon gesagt –,
nsbesondere für das Gaststätten- und das Schausteller-
ewerbe, enthalten.
Zweitens. Wir sprechen hier über das Thema Ausbil-

ung. Bei Ihrem Vorschlag stellt sich mir die Frage, wel-
he spezifischen Lerninhalte nach 22 Uhr eigentlich ver-
ittelt werden sollen. Ich behaupte, dass es im
estaurant, in der Küche oder auf dem Rummel keine
pezifischen Nachtinhalte gibt. Servicearbeiten wie Auf-
äumen, Säubern oder Frühstück-Eindecken können
uch zu den geltenden Arbeitszeiten gemacht werden.
Das führt mich zu Punkt drei.

(Ernst Burgbacher [FDP]: Ich nehme Sie einmal mit! Dann schauen wir uns das einmal an!)


Gerne.

(Wolfgang Grotthaus [SPD], zu Abg. Ernst Burgbacher [FDP] gewandt: Das hätten Sie gestern Abend tun können!)


Ich möchte fortfahren, liebe Kolleginnen und Kolle-
en.
Ich möchte alle an dieser Diskussion Beteiligten noch

inmal daran erinnern – der Kollege Grotthaus hat das
chon in ähnlicher Weise ausgeführt –, dass die Zahl der
zubis im Gastgewerbe in den letzten zehn Jahren um
ber 50 Prozent gestiegen ist. Dies kann man einerseits
ls einen verdienstvollen Beitrag zur Bekämpfung des
usbildungsplatzmangels interpretieren. Man könnte bei
inem Blick auf die Realität in diesem Gewerbe anderer-
eits aber auch zu dem Schluss kommen, dass diese Ent-
icklung darauf zurückzuführen ist, dass reguläre Ar-
eitskräfte im Gastgewerbe durch billige Auszubildende
rsetzt wurden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will den Kollegen von der FDP nichts unterstel-

en. Ein Blick auf die Angaben des Statistischen Bundes-
mtes zeigt aber, dass die Beschäftigungsquote in der
ranche seit 1995 – bis auf das Jahr 2001 – bei steigen-
em Ausbildungsplatzangebot stetig zurückgeht.






(A) )



(B) )


Engelbert Wistuba
Punkt vier. Nach einer Pressemitteilung des Deut-
schen Hotel- und Gaststättenverbandes vom 14. Februar,
dessen Formulierung interessanterweise dem Gesetzent-
wurf der FDP sehr ähnlich ist, liegt die Ausbildungs-
quote im Gastgewerbe mit 12 Prozent deutlich über dem
Durchschnitt der Wirtschaft. Das heißt doch – ich be-
grüße das ausdrücklich –, dass die Branche schon jetzt in
überproportionalem Maße ausbildet. So weit, so gut. Ich
gebe aber zu bedenken, dass dies nicht auf Kosten der
Ausbildungsqualität geschehen darf,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

wie das bei einer weiteren Verschiebung des Verhältnis-
ses von ausgebildeten Arbeitnehmern zu Auszubilden-
den der Fall sein würde.

Ich formuliere es zum Schluss noch einmal klar und
deutlich: Ihre Intention ist löblich, der vorgeschlagene
Weg führt aber nicht zum gewünschten Ziel. Im Namen
meiner Fraktion wehre ich mich gegen den Ansatz
„mehr billige Azubis auf Kosten regulärer Arbeitsver-
hältnisse“.


(Beifall bei der SPD)

Der brancheninterne Sparzwang darf unter keinen

Umständen auf dem Rücken der jungen Menschen aus-
getragen werden. Aus der alltäglichen Arbeit wissen wir
doch, dass es schon heute in allen Betriebssystemen Ver-
stöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz gibt, egal ob
es sich um die Einhaltung von Arbeitszeiten oder um ta-
rifvertragliche Vereinbarungen handelt. Eine weitere
Senkung dieser Sanktionsschwelle ist deshalb absolut in-
akzeptabel.

Um Ihnen ein Beispiel zu geben, verweise ich Sie auf
einen Bericht in der „Bild“-Zeitung vom 15. Mai 2003,
wo – ich denke, es war die Münchner Ausgabe – über ei-
nen Hotelchef berichtet wurde, der in den letzten Monaten
mir nichts, dir nichts zehn Azubis die Gehälter gekürzt
und sie letztendlich – zum Teil in der Probezeit – ohne
triftige Gründe rausgeworfen hat.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Sauerei!)


Diese jungen Menschen sind doch schon heute das un-
terste Glied in der Arbeitshierarchie. Für ein Aufwei-
chen ihres Arbeitsschutzes werden Sie unsere Stimme
nicht erhalten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Abschließend möchte ich Ihnen ein chinesisches
Sprichwort mit auf den Weg geben. Es lautet folgender-
maßen: Es gibt Menschen, die Fische fangen, und sol-
che, die nur das Wasser trüben. – In diesem Sinne emp-
fehle ich allen Beteiligten klare Sicht in dieser Debatte
und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen einhard Göhner das Wort. (Jörg Tauss [SPD]: In welcher Eigenschaft jetzt? – Dr. Uwe Küster [SPD]: Sprichst du jetzt als Abgeordneter?)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504820900


Dr. Reinhard Göhner (CDU):
Rede ID: ID1504821000

Ich habe vorhin fünf Minuten kürzer geredet, als mir

n Redezeit zustand.
Herr Präsident! Liebe Kollegen! Ich möchte noch ei-

en kurzen Versuch machen, die Diskussion wieder zu
ffnen. Sie haben gesagt, Herr Kollege, es gehe beim Ju-
endarbeitsschutzgesetz um Gesundheitsschutz für die
ugendlichen – in Ordnung. Jetzt erklären Sie mir aber
inmal, was es mit Gesundheitsschutz zu tun hat, wenn
er Lehrling bei McDonald’s nach geltendem Recht
dort wird prinzipiell mehrschichtig gearbeitet und der
etrieb ist sehr ausbildungsintensiv – bis 23 Uhr arbei-
en kann, dieser Lehrling im Nachbarrestaurant, einem
peiserestaurant, das als Abendspeiserestaurant von 18
is 23.30 Uhr geöffnet hat, aber ab 22 Uhr nicht mehr ar-
eiten dürfte. Das hat doch nichts mit Gesundheitsschutz
u tun!
Und was hat es mit Gesundheitsschutz zu tun, wenn

er 17-jährige Lehrling beim Bäcker morgens um 4 Uhr
sinnvollerweise, das geht beim Bäcker nicht anders –
n der Backstube anfangen darf, aber abends um 22 Uhr
en Löffel fallen lassen muss?


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Worauf bezieht sich die Kurzintervention?)


Deshalb lassen Sie uns wirklich überlegen, ob es noch
eitgemäß ist, zu behaupten, dass der Gesundheitsschutz
ines Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren beein-
ächtigt ist, wenn er nach 22 Uhr etwas tun muss. Wenn
ie das ernst meinen, dann müssten Sie die anderen Re-
elungen – für McDonald’s, für den Bäcker – auch än-
ern. Das wollen Sie doch selbst nicht.


(Brunhilde Irber [SPD]: Wieso haben Sie sie denn nicht geändert? Das Gesetz stammt doch aus Ihrer Zeit!)


Deshalb schlage ich vor, dass wir im Ausschuss ernst-
aft darüber reden. Wenn Ihnen 24 Uhr zu spät ist, dann
eden wir über die 23 Uhr, die das Hotel- und Gaststät-
ngewerbe selbst vorschlägt und die, wie ich Ihnen ge-
agt habe, bei McDonald’s und in allen anderen Schicht-
etrieben – in jeder Hotelkette gibt es Schichtbetrieb –
ulässig sind, nur nicht in der kleinen Hotelpension, die
icht mehrschichtig arbeitet; dort sagen Sie: 22 Uhr
nde der Fahnenstange.
Ich finde, Sie sollten unter diesem Gesichtpunkt über-
gen, ob Sie an Ihrer Position tatsächlich festhalten wol-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504821100


Herr Kollege Wistuba, wollen Sie noch einmal das
Wort ergreifen? – Bitte schön.


Engelbert Wistuba (SPD):
Rede ID: ID1504821200

Herr Göhner, ich meine, Schichtarbeit ist ein notwen-

diger Sektor in unserem Land. Das sagt Ihnen jemand,
der über 20 Jahre seines Lebens im Schichtdienst gear-
beitet hat. Ich sage aber auch, dass wir das so bald wie
möglich eingrenzen sollten. Gerade bei jungen Men-
schen ist eine Eingrenzung besonders notwendig.

Sie sprachen davon, dass es Sonderregelungen gibt.
Wir wissen das; ich habe das in meinem Redebeitrag an-
gesprochen, ebenso die anderen Kolleginnen und Kolle-
gen. Wir werden Ihre Ansicht hinsichtlich der Punkte,
die die Schaffung von Ausbildungsplätzen betreffen,
aufgrund der von Ihnen vorgelegten Änderung des Ge-
setzes nicht teilen. In diesem Sinne sage ich: Wir werden
bei unserer Haltung bleiben und dem Gesetz nicht zu-
stimmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504821300


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 15/756 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-

gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-
/0900er-Mehrwertdiensterufnummern

– Drucksachen 15/907, 15/1068 –

(Erste Beratung 44. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

– Drucksache 15/1126 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hubertus Heil

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Dr. Martina Krogmann, Ursula Heinen, Karl-
Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Den Missbrauch von Mehrwertdiensteruf-
nummern grundlegend und umfassend be-
kämpfen

– Drucksachen 15/919, 15/1126 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hubertus Heil

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(C (D Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt ein ntschließungsantrag der Fraktion der FDP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die eratung eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre keien Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als erster edner der Kollege Hubertus Heil von der SPD-Frakion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das esetz, das wir heute in zweiter und dritter Lesung beraen und über das wir abstimmen werden, macht den Weg rei für mehr Verbraucherschutz gegen den Missbrauch on 0900erund 0190er-Nummern. Ich möchte nur ein Beispiel für den Missbrauch nen en. In einem Wohnhaus in Berlin, in dem zufälligereis Rufen Sie uns sofort an. Wir konnten Sie nicht anreffen. Es ist sehr dringend. – Darunter war eine 0190erummer angegeben. Dies ist ein eklatanter Fall von Abocke und Missbrauch dieser Mehrwertdienste, denen ir heute mit diesem Gesetz entgegenwirken werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1504821400
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1504821500

Worum geht es? Es geht bei diesem Gesetz darum, ei-
en fairen Interessenausgleich zwischen den Ansprüchen
er Verbraucherinnen und Verbraucher auf Schutz und
em Interesse der Mehrwertdienste – mehrheitlich handelt
s sich bei diesen Diensten um seriöse Anbieter –, ihr Ge-
chäftsmodell auch künftig zu betreiben, zu schaffen.
ngesichts der Tatsache, dass es sich um einen Zweig
er Telekommunikationsbranche handelt, der einen Um-
atz von immerhin 1,5 Milliarden Euro erzielt und in
em weiteres Wachstum erwartet wird, ist das wirt-
chaftspolitisch geboten. Der Verbraucher und vor allem
ie Branche brauchen mehr Rechtssicherheit.
Nach den Ausschussberatungen und Anhörungen

iegt Ihnen ein Gesetz vor, mit dem wirksam gegen
inwählprogramme, so genannte Dialer, vorgegangen
erden kann, die sich über Internetseiten automatisch
uf den Rechner aufschalten. Wir werden nicht nur dafür
orgen, dass sich die Betreiber diese Dialer bei der Regu-
erungsbehörde für Telekommunikation und Post zukünf-
g registrieren lassen müssen, sondern auch dafür – das
ahen im Übrigen auch die Initiative des Bundesrates und
er Antrag der Union vor –, dass diese Dialer auf eine
ummerngasse beschränkt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass die Abzocke
m Internet durch das Aufschalten von Dialern – dies
ann durch Anklicken eines Bildes geschehen, ohne dass
s der Verbraucher bemerkt – zukünftig schwieriger wird
nd dass mehr Transparenz herrscht. Wir werden außer-
em dafür sorgen, dass es bei 0900er- und 0190er-Num-






(A) )



(B) )


Hubertus Heil
mern zukünftig eine Preisobergrenze von 2 Euro pro
Minute bzw. 30 Euro pro Einwahl geben wird. Wir wer-
den die Anbieter darauf verpflichten, die Verbindung
nach einer Stunde automatisch zu trennen.

Wir wollen darüber hinaus klar machen – auch das
gehört zur Transparenz –, dass die Verbraucherinnen und
Verbraucher ein Auskunftsrecht gegenüber der Regu-
lierungsbehörde haben, um zu erfahren, wer sich hinter
diesen Diensten befindet. Die Verbraucherinnen und
Verbraucher sollen Adressen von Unternehmen bekom-
men, die in Deutschland im Falle von Missbrauch haft-
bar gemacht werden können.

Mit diesem Gesetz soll durch verschärfte Bußgeld-
vorschriften eine größere Abschreckung erzielt werden.
Wir werden den Bußgeldkatalog dahin gehend verän-
dern, dass die Regulierungsbehörde zukünftig eine
Strafe bis zu 100 000 Euro und nicht wie bisher bis zu
20 000 Euro verhängen kann. Wir halten das für notwen-
dig, um in diesem Bereich gegen den Mißbrauch vorzu-
gehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP)


– Von der FDP wurde gerade gerufen: zu wenig. Ich
habe Ihren Entschließungsantrag gelesen, in dem Sie
eine Obergrenze für das Bußgeld von 500 000 Euro vor-
schlagen. Es geht um die Verhältnismäßigkeit des Buß-
geldes. Ich halte es für interessant, dass Liberale sehr
harte Strafen vorschlagen, wenn es um das Eigentum
geht. In anderen Bereichen des Rechts sollten Sie das
auch einmal fordern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will noch darauf hinweisen, dass wir auch für eine

Preisansage sorgen werden, die erfolgt, bevor ein Ent-
gelt bezahlt werden muss, damit die Verbraucher wissen,
auf was sie sich bei den Mehrwertdiensten einlassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zum Schluss noch eine Bemerkung. In der Anhörung
ist auch vonseiten der Opposition oft gefragt worden,
warum wir diese Vorschriften nicht für alle Nummern-
gassen, sondern nur für 0900er- und 0190er-Nummern
einführen. Den 0900er-Nummern gehört die Zukunft in
diesem Bereich; die 0190er-Nummern werden in zwei
Jahren auslaufen. Wir sehen nach In-Kraft-Treten dieses
Gesetzes die Gefahr, dass auf andere Nummerngassen
ausgewichen und mit diesen Nummern dann Missbrauch
getrieben werden kann. Wir müssen darauf – wir machen
das in unserem Entschließungsantrag zur Berichterstat-
tung deutlich – flexibel reagieren.

Es geht allerdings nicht, dass wir die Regelung, die
wir jetzt haben, pauschal allen Nummerngassen über-
stülpen und damit beispielsweise in Bezug auf 0137er-
Nummern, die vor allen Dingen für Televoting bzw.
TED-Umfragen – zum Beispiel im Rahmen der Sendung
„Deutschland sucht den Superstar“ – genutzt werden,
Regelungen schaffen, die gar nicht greifen oder das Ge-
wollte verhindern würden. Wenn es um Televoting geht,
ist es nicht sinnvoll, Preisobergrenzen im Hinblick auf

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(C (D ie Dauer des Anrufs festzulegen. Bei den 0137er-Numern geht es nämlich nicht darum, dass die Leute besoners lange telefonieren, sondern darum, dass besonders iele Menschen anrufen. Insofern wäre es falsch, diese egelung auf alle Anrufarten zu beziehen. Das betrifft brigens auch andere Nummerngassen. Wir müssen allerdings einen Blick auf diese Dinge aben. Deshalb fordern wir in unserem Entschließungsntrag die Bundesregierung auf, im Rahmen eines Jahes, im Rahmen der großen TKG-Novelle, dann, wenn in weiterer Missbrauch auftritt, dafür zu sorgen, dass ieser abgestellt werden kann. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zum Schluss möchte ich feststellen: Wir schaffen
eute mehr Sicherheit für die Verbraucherinnen und
erbraucher.
Ich möchte mich übrigens ganz herzlich auch bei den
olleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen be-
anken. Ich finde, die Arbeit im Ausschuss für Wirt-
chaft und Arbeit, Frau Dr. Krogmann, war insofern ein
utes Beispiel für das Parlament, als wir es geschafft ha-
en, miteinander über die Sache zu diskutieren.
Wenn wir den Unterausschuss Telekommunikation

nd Post hätten, hätten wir öfter das Vergnügen, so vor-
ugehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


n einem großen Ausschuss ist es leider oft so, dass
ensterreden gehalten werden. Das ist leider so in einem
arlament. Wir sollten uns dieses beispielhafte Verfah-
en der Gesetzgebung vielleicht auch für die große TKG-
ovelle bewahren; ich würde mich darüber freuen. Dies
t kein Feld, bei dem es um linke oder rechte Ideologie
eht, sondern um Vernünftiges oder Unvernünftiges.
Wir beschließen heute ein vernünftiges Gesetz. Ich

anke Ihnen, dass offensichtlich Sie alle in diesem
ause es heute mit unterstützen.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504821600


Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Krogmann von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall der Abg. Ursula Heinen [CDU/CSU] – Jörg Tauss [SPD]: Frau Krogmann, bitte zumindest so versöhnlich wie im Ausschuss!)



Dr. Martina Krogmann (CDU):
Rede ID: ID1504821700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber
ollege Heil, es ist schön, Sie so freudig darüber zu se-
en, dass wir den vorliegenden Gesetzentwurf heute ge-
einsam verabschieden. Auch wir als Opposition freuen
ns. Wir freuen uns vor allem darüber, dass Sie fast alle






(A) )



(B) )


Dr. Martina Krogmann
Punkte unseres Antrages nachträglich in Ihren Gesetz-
entwurf aufgenommen haben.


(Ulrich Kelber [SPD]: Alle sinnvollen!)

Wir freuen uns darüber, dass wir als konstruktive Oppo-
sition Ihnen so gute Ideen und Lösungen geliefert haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Machen Sie das ruhig öfter! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das schreit nach Wiederholung! – Hubertus Heil [SPD]: Beispielsweise bei der Gesundheitsreform!)


Eines dürfen wir nicht vergessen: Der Gesetzentwurf,
den Sie, Herr Staatssekretär Staffelt, zuerst auf den Tisch
gelegt haben, war absolut unzureichend,


(Ulrich Kelber [SPD]: Deshalb gibt es das Parlament!)


um den Missbrauch in diesem Bereich zu bekämpfen.
Alle Sachverständigen, Verbände, Diensteanbieter und
Verbraucherschützer haben durch die Bank Ihren ur-
sprünglichen Gesetzentwurf massiv kritisiert. Ich finde
es positiv, Herr Kollege Heil, dass Sie sich nicht ver-
schlossen haben, sondern unseren guten Argumenten ge-
genüber offen waren


(Jörg Tauss [SPD]: Wir sind völlig offen, Frau Krogmann, wie ein Scheunentor!)


und sie in Ihren Gesetzentwurf aufgenommen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich will einmal kurz deutlich machen, worum es heute
geht: Mehrwertdiensterufnummern sind all diejenigen
Nummern, mit denen man telefonisch oder über den PC
schnell und einfach Dienstleistungen abfragen kann, zum
Beispiel Beratungsdienste, den Wetterbericht, Renn-
ergebnisse, Verbraucherschutzinformationen, Staupro-
gnosen, also Dienste all dieser Art. Das Problem ist, dass
es bei diesen Diensten seit längerem zu einem erhebli-
chen Missbrauch im Rahmen dieser Nummern gekom-
men ist.

Dadurch entsteht erstens ein erheblicher volkswirt-
schaftlicher Schaden. Die schwarzen Schafe unter den
Mehrwertdiensteanbietern fügen gerade den seriösen
Anbietern Schaden zu. Der Markt ist im Wachsen. Mit
UMTS, mobilen Diensten und mobilem Internet wird
dieser Markt in Zukunft noch größer werden.

Zweitens entsteht ein erheblicher Schaden bei den
Verbrauchern, die mit immer kreativeren Methoden im-
mer übler und gnadenloser abgezockt werden, und zwar
überall: im Festnetz, per Handy, per Fax und vor allem
im Internet. Beispiel Handy: Ihr Handy klingelt nur ein-
mal. Auf dem Display erscheint eine 0137er- oder
0190er-Nummer, oftmals getarnt durch eine Länderken-
nung, die davor steht. Wenn Sie nun arglos zurückrufen,
kostet Sie dieser eine Anruf bis zu 3 Euro. Oder Sie be-
kommen eine SMS mit einem netten Text: Versuche seit
Tagen, dich zu erreichen, ruf unbedingt sofort zurück!
Wenn Sie auf die fünfstellige Kurzwahl antworten, kann
Sie dieser eine Anruf rund 5 Euro kosten.

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(C (D Besonders dreist ist die Abzocke allerdings im Interet. it einem falschen Klick zum Beispiel beim Schließen on Pop-ups auf der Bildschirmoberfläche oder beim ffnen einer getarnten E-Mail installieren sich, ohne ass man es merkt, die Dialer oft von selbst. Das böse rwachen kommt erst Wochen später mit der Telefonechnung. Dann stellt man fest, dass man pro Einwahl ogar bis zu 1 000 Euro berappen muss. Diese Beispiele machen deutlich, dass wirklich drin ender Handlungsbedarf besteht. Uns war es in den geamten Beratungen wichtig, mit diesem Gesetz den chmalen Grat zu gehen, einerseits die Verbraucher vor bzocke zu schützen, andererseits aber auch die seriöen Anbieter zu schützen, also nicht über das Ziel hinuszuschießen und die erfolgreichen Geschäftsmodelle aputtzumachen. Deshalb waren uns vor allem vier unkte wichtig, die Sie jetzt in Ihren Gesetzentwurf aufenommen haben: Erstens. Das Gesetz darf nicht auf die 0190eroder 900er-Rufnummerngassen beschränkt bleiben. ies wäre eine Einladung auf dem Silbertablett an alle bzocker gewesen, einfach auf andere Rufnummern ausuweichen. Deshalb ist es gut, dass Sie unserem Vorchlag gefolgt sind und eine eigene Rufnummerngasse ür Dialer geschaffen haben. Das reicht aber aus unserer icht für die nahe Zukunft noch nicht aus. Deshalb sollten ir – Kollege Heil, Sie haben es angesprochen – im Rahen der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes nbedingt in diesem Bereich nachhaken, die Rufnumerngassen überprüfen und schauen, welcher Handungsbedarf besteht, um die schwarzen Schafe herauszuiltern. Der zweite Punkt, der uns am Herzen lag und jetzt in en Gesetzentwurf aufgenommen worden ist, betrifft die uskunftspflicht für Zuteilungsnehmer. Für uns ist es norm wichtig, dass jeder Bürger Auskunft über Name nd Anschrift des Diensteanbieters einer 0190er-Numer verlangen kann, damit zumindest die Transparenz egeben ist, die der Verbraucher dringend braucht. ier haben Sie in unserem Sinne Ihren Gesetzentwurf achgebessert. Es ist zu Präzisierungen gekommen, die erade für die Netzbetreiber wichtig sind und den Unterehmen Klarheit bringen. Der dritte Punkt betrifft die Preisansage. Für uns ist ichtig, dass der Verbraucher bei jeder Internetverbinung, die durch einen Dialer hergestellt wird, online eine nformation über den aktuellen Preis erhält und diese Inormation auch selbst durch Anklicken bestätigen muss. n der Vergangenheit ist es nämlich oft passiert, dass die nbieter mit einem Lockangebot geworben haben, dieer Preis dann aber gar nicht mehr galt und die Preise exrbitant in die Höhe geschnellt sind. Auch dies wollten Dr. Martina Krogmann wir verhindern. Sie haben unserer Forderung im Nachhinein stattgegeben. Dafür vielen Dank, wunderbar! Unser vierter Punkt, den Sie ebenfalls aufgenommen haben, betrifft die Zwangstrennung nach einer Stunde. (Manfred Helmut Zöllmer [SPD]: Das war doch im Gesetzentwurf drin! – Ulrich Kelber [SPD]: Frau Krogmann, ein bisschen näher an die Wahrheit!)


(Marita Sehn [FDP]: Das ist wohl wahr!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Vorher war in Ihrem Gesetzentwurf völlig unklar, wer
diese Zwangstrennung überhaupt zu vollziehen hat. Jetzt
haben Sie nachgebessert. Die Diensteanbieter sind – das
war unser Vorschlag – im Gesetz. Auch das ist wunder-
bar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wichtig ist uns, dass das Gesetz jetzt schnell verab-

schiedet wird und dass wir im Rahmen der TKG-Novel-
lierung über die einzelnen Punkte noch einmal sprechen,
um hier dem dynamischen Markt gerecht zu werden. Da-
mit Sie frohe Pfingsttage feiern können, sage ich zu Ihrer
Beruhigung, liebe Kollegen: Wir werden diesen Gesetz-
gebungsprozess ebenfalls mit unseren guten Vorschlägen
bereichern und Ihnen auch dann wieder mit besseren Lö-
sungsvorschlägen zur Verfügung stehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Drohungen kurz vor Pfingsten!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504821800


Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulrike Höfken vom
Bündnis 90/Die Grünen.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504821900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der heute zu verabschiedende Gesetzentwurf
ist tatsächlich ein großer Erfolg, meiner Meinung nach
auch ein Erfolg der von dieser Bundesregierung wahrge-
nommenen Querschnittsaufgabe Verbraucherschutz.
Er ist ein Erfolg des Verbraucherschutzes insgesamt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir freuen uns sehr, wenn der Bundesrat diesen Vor-

schlägen zur Verbesserung des Verbraucherschutzes
folgt. Auch der CDU/CSU bekommt die Oppositions-
rolle sehr gut; denn sie orientiert sich immer stärker am
Verbraucherschutz. Das ist ebenfalls ein Erfolg.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Marita Sehn [FDP]: Ihr habt aber lange gebraucht, bis ihr das kapiert habt!)


Heute ist übrigens das 25. Jubiläum des Blauen En-
gels. Weil wir gerade beim Thema Telekommunikation
sind: Wir würden uns darüber freuen, wenn bald zum
Beispiel das Label Blauer Engel für Handys etabliert
würde, um den Verbraucher über die von ihnen ausge-

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(C (D ende Strahlenbelastung zu informieren. Auf diesem Geiet haben wir gemeinsam noch etwas zu tun. Der Missbrauch der so genannten Mehrwertdienste ufnummern führte zu eklatanten Missständen; sie sind ereits beschrieben worden. Man muss wirklich sagen, ass die daraus resultierenden Schädigungen der Wirtchaft und der Privathaushalte die Nutzung der seriösen iensteanbieter geradezu blockierten. Das kann nicht innvoll sein. Eine solche Lizenz zum Gelddrucken, wie ie bestanden hat, ist nicht im Sinne des Erfinders und icht im Sinne der Bundesregierung. Deswegen ist dies tzt auch beendet worden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben neue Instrumente geschaffen, so die Ein-
ührung der Preisangabepflicht, die Einführung einer
reisobergrenze – sie ist jetzt auf 2 Euro pro Minute
zw. 30 Euro bei Blocktarifen reduziert – und die
wangstrennung. Zu ihnen zählt aber auch Folgendes:
enn der Anbieter in Zukunft nicht vorher über den
reis informiert, bekommt er auch kein Geld. Die Be-
eislast liegt beim Anbieter. Mit einer Übergangsfrist
on einem Jahr gilt diese Regelung auch für den Mobil-
unk. Die FDP fordert, dass man diese Regelung unver-
üglich auf den Mobilfunk zu übertragen habe,


(Hubertus Heil [SPD]: Das ist wirtschaftsfeindlich!)


ber ich meine, diese Übergangszeit für die Wirtschaft
uss gewährt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

uch ich konnte mich dieser Auffassung anschließen.


(Zuruf von der SPD: Es gehen Tausende von Arbeitsplätzen verloren!)


Ein neues Instrument besteht insbesondere darin, dass
ie Dialer registriert werden müssen und damit das Ver-
teckspiel endlich vorüber ist. Die Registrierpflicht be-
nhaltet unter anderem die Versicherung, dass eine
echtswidrige Nutzung, zum Beispiel durch Täuschung
ber die Kosten, auszuschließen ist. Auch hier werden
ie Anbieter also ganz anders in die Pflicht genommen.
Somit ist auch die Stärkung der Regulierungs-

ehörde in diesem Punkt zu begrüßen; denn sie schafft
chlicht und ergreifend einen besseren Wettbewerb. Al-
es, was wir vorher hatten, bedeutete eine wettbewerbs-
erzerrende Wirkung, die für die Wirtschaft überhaupt
icht positiv war.
Es wurde schon gesagt: Im parlamentarischen Verfah-

en haben wir sowohl im Änderungsantrag wie auch im
ntschließungsantrag einige Erweiterungen vorgenom-
en, um der technischen Entwicklung sowie den Erfah-
ungen mit diesen Techniken und mit den Raffinessen
er Anbieter Rechnung zu tragen. Auch hierzu stehen
ntscheidungen noch bevor.
Ich bin sehr froh, dass es zu einer Verständigung darü-

er gekommen ist, dass in Zukunft für möglichst alle Te-
efonmehrwertdienste, deren Preis zeitabhängig ist, eine






(A) )



(B) )


Ulrike Höfken
Preisangabepflicht eingeführt wird. Es kann nicht sein,
dass sie bei anderen Waren beispielsweise für jeden Lolli
gilt, aber nicht für diese Art von Dienstleistungen.

Ebenso halte ich es für sehr wichtig, dass bei Diens-
ten, die über die Internetverbindungen abgerufen wer-
den, ein aktiver Bestätigungsschritt vor deren Nutzung
eingeführt wird. Auch ich habe Kinder im jugendlichen
Alter und teile das Schicksal vieler Eltern, die horrende
Telefonrechnungen bezahlen mussten, weil kein Er-
wachsener und erst recht nicht Jugendliche absehen kön-
nen, in welche Angebote sie sich einwählen und welche
Anbieter ihre Dienste über das Internet präsentieren. In-
sofern halte ich dies für einen bedeutenden Schritt im
Sinne positiver Unterstützung, um die Privathaushalte
vor ungewollten Gebühren zu bewahren und die Nut-
zung des Internets für Kinder und Jugendliche wieder
möglich zu machen.

Ebenso erachte ich es als gut, dass die Änderungen
und die Zustimmung zum Gesetz im Ausschuss für Ver-
braucherschutz und in anderen Ausschüssen mit den
Stimmen der CDU/CSU erfolgten. Daher gehe ich davon
aus, dass es auch im Bundesrat möglich sein wird, dieses
Gesetz möglichst zügig zu beschließen und die Schutz-
maßnahmen anschließend so schnell wie möglich in
Kraft treten zu lassen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504822000


Das Wort hat jetzt die Kollegin Marita Sehn von der
FDP-Fraktion.


Marita Sehn (FDP):
Rede ID: ID1504822100


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu
hohe Telefonkosten, einseitige Beweislasten für Internet-
und Telefonnutzer, keine rechtliche Handhabe gegen be-
trügerische Firmen – das sind nur einige der Beschwer-
den zu den 0190er- oder 0900er-Nummern, wie sie in
mehr als 150 Eingaben – ich sage hinzu: Es kommen
täglich neue – an den Petitionsausschuss des Deutschen
Bundestages vorgebracht werden.

Wir sind sehr froh, dass endlich etwas passiert.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auch wenn die FDP den Gesetzentwurf – das muss ich
an dieser Stelle sagen – nicht für optimal hält, werden
wir ihm zustimmen. Wir brauchen im Bereich der Mehr-
wertdiensterufnummern klare, verständliche und prak-
tikable Regelungen. Mit den Wildwestmethoden auf
dem Telekommunikationsmarkt muss Schluss sein.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr richtig!)


Besonders irritiert mich, wie lange es gedauert hat,
bis Rot-Grün bereit war, einer verbindlicheren Regelung
mit einer Interventionspflicht der Regulierungsbehörde
im Betrugsfall zuzustimmen.

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(C (D (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ewig lange!)


rau Höfken, die FDP hat von Anfang an darauf ge-
rängt,


(Jörg Tauss [SPD]: „Von Anfang an“! Ihr seid Helden!)


en Verbraucherschutz nicht zu einer Ermessenssache
er Regulierungsbehörde zu machen. Betrug kann nicht
ingenommen werden, sondern muss geahndet werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auch das vorgesehene Bußgeld in Höhe von
00 000 Euro – Herr Heil, im ursprünglichen Gesetzent-
urf standen 50 000 Euro; Sie haben das jetzt aufgrund
nseres Entschließungsantrages verdoppelt –


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP] – Ulrich Kelber [SPD]: Bilden Sie sich nur ein paar Sachen ein, wenn es Ihnen dann besser geht!)


st immer noch ein Ausdruck rot-grüner Halbherzigkeit.
ir fordern nach wie vor eine Anhebung der Bußgelder

m konkreten Betrugsfall auf bis zu 500 000 Euro.

(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])

err Heil, Betrug ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein
erbrechen. Wir wollen keinen Betrügerschutz, sondern
erbraucherschutz.


(Beifall bei der FDP)

Einen ganz wesentlichen Aspekt, der ebenfalls in

ahllosen Petitionen erwähnt wird, lässt der Gesetzent-
urf völlig außer Acht: die massenhafte Belästigung der
nternetnutzer mit Massenwerbesendungen, so genann-
en Spam-Mails. Die Petentinnen und Petenten beschwe-
en sich, dass sie keine Möglichkeit haben, sich gegen
iese Werbeflut zu wehren. Sie beschweren sich über
ocksendungen, die per Fax, Mail oder SMS verschickt
erden und die Empfänger auffordern, teure 0190er-
ummern anzuwählen. Die Verbraucher müssen das
echt und die Möglichkeit haben, sich vor dem elektro-
ischen Informationsmüll zu schützen.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle ha-
en ein Interesse daran, dass der massenhafte Betrug mit
en so genannten Mehrwertdiensterufnummern einge-
ämmt wird. Die FDP fordert die Bundesregierung auf,
ie Entwicklung in diesem Bereich genauestens zu ver-
olgen und dem Deutschen Bundestag Bericht zu erstat-
en.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist unser Entschließungsantrag!)


an kann nicht ein Gesetz machen und dann, Herr
auss, ein Jahr wegschauen. Deshalb wollen wir, dass
ie Bundesregierung dem Bundestag nach sechs Mona-
en Bericht erstattet.






(A) )



(B) )


Marita Sehn
Herr Heil, wir haben einen entsprechenden Entschlie-
ßungsantrag in den Deutschen Bundestag eingebracht;
Sie haben ihn erwähnt. Sie sollten ihm zustimmen,
meine Damen und Herren von Rot-Grün –


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Nein, Sie unserem! Unserer ist viel schöner!)


im Interesse der seriösen Unternehmen, im Interesse der
Verbraucherinnen und Verbraucher und nicht zuletzt in
unserem eigenen Interesse, im Interesse einer glaubwür-
digen Verbraucherschutzpolitik.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Lautes Klatschen macht es nicht besser!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504822200


Das Wort hat jetzt der Kollege Manfred Zöllmer von
der SPD-Fraktion.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist ein großer Verbraucherschützer!)



Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1504822300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kollegin Sehn, auch mit Ihrem Entschließungsan-
trag können Sie die Defizite der FDP im Verbraucher-
schutz nicht wettmachen.


(Beifall bei der SPD – Marita Sehn [FDP]: Lieber Kollege, an dieser Stelle sind Sie leider auf dem falschen Dampfer!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wettbewerbssi-
tuation zwischen den Anbietern, die mit der Öffnung
und Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes
verbunden war, hat aus der Sicht der Verbraucherinnen
und Verbraucher viele positive Ergebnisse mit sich ge-
bracht, besonders bei den Preisen, die deutlich gesunken
sind.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Wer hat das gemacht?)


Doch Liberalisierung hat auch ihre Schattenseiten.
Jetzt sollten Sie, Frau Sehn, genau zuhören: Wo ein
freier Markt herrscht, gibt es auch Missbrauch. Telefoni-
sche Mehrwertdienste und Internetangebote werden zum
Teil benutzt – wir haben dies hier in sehr eindrucksvol-
len Beispielen gehört –, um in betrügerischer Art und
Weise bei vielen Telefon- und Internetnutzern abzukas-
sieren. Dort ist großer materieller Schaden entstanden.

Dem werden wir nun einen Riegel vorschieben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Marita Sehn [FDP]: Sehr spät!)


Heute ist deshalb ein guter Tag für den Verbraucher-
schutz.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ursula Heinen [CDU/CSU]: Aber nur, weil es die Union gegeben hat!)



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(C (D Dazu sage ich gleich etwas. Ich wollte nämlich gerade agen: Ich bin sehr erfreut darüber, dass es zu unseren nträgen breite Zustimmung gibt, Frau Heinen. (Ursula Heinen [CDU/CSU]: Sagen Sie Danke!)


omit ist es möglich, gemeinsam und konstruktiv ver-
ünftige Lösungen zum Schutz der Verbraucherinnen
nd Verbraucher zu finden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Es geht doch!)


n diesem Ergebnis haben in der Tat viele mitgewirkt:

(Hubertus Heil [SPD]: Der Erfolg hat viele Väter!)

ie Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf, die Sach-
erständigen mit ihrer Anhörung, auch die CDU, Frau
einen,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und FDP)


er Bundesrat mit seinen Vorschlägen

(Marita Sehn [FDP]: Die Petantinnen und Petanten! – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Nur Sie nicht!)


nd natürlich SPD und FDP, die Koalitionsfraktionen

(Heiterkeit bei der FDP)


on der FDP habe ich in diesem Zusammenhang erst
etzt etwas Konstruktives vernommen.
Das, was wir heute beschließen, stellt einen großen

chritt für den Verbraucherschutz auf dem Telekommu-
ikationsmarkt dar.


(Marita Sehn [FDP]: Ich glaube, Sie sind noch nicht lange genug dabei, um das beurteilen zu können!)


urch eine Reihe von Maßnahmen wird der Missbrauch
er 0190er- und 0900er-Mehrwertdiensterufnummern
ffektiv bekämpft. Wir schützen die Verbraucherinnen
nd Verbraucher sowie – auch das ist sehr wichtig – die
eriösen Anbieter von Mehrwertdiensten auf diesem
arkt.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Folgende Regelungen sind dabei wichtig: erstens der
ufbau einer für jeden auch über das Internet zugängli-
hen Datenbank von 0900er- und 0190er-Nummern
nd deren Anbietern. Wer sich hinter diesen Nummern
erbirgt, wird endlich durchschaubar. Die Anbieter kön-
en sich dadurch in Zukunft nicht mehr verstecken.
weitens. In der Werbung und vor der Nutzung dieser
ummern werden die Diensteanbieter zur präzisen
reisangabe verpflichtet. Drittens. Nunmehr wird es
ine Preisobergrenze von 2 Euro pro Minute, bei
locktarifen von 30 Euro geben.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Wessen Idee war das? – Ursula Heinen [CDU/CSU]: Von wem kam die Idee?)







(A) )



(B) )


Manfred Helmut Zöllmer
– Das war Ihre Idee, Frau Heinen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Deswegen habe ich ja auch gesagt: Sie haben konstruk-
tiv mitgearbeitet. Das ist auch gut so.

Viertens. Dialer werden in Zukunft bei der Regulie-
rungsbehörde zu zertifizieren sein. Dann wird nur noch
eine einzige Nummerngasse zur Verfügung stehen, die
von den Verbraucherinnen und Verbrauchern im Übrigen
gesperrt werden kann. Das ist ein ganz wichtiger Schritt
im Kampf gegen den Missbrauch in diesem Bereich. Der
ist wirklich sehr groß.

Fünftens. Der Regulierungsbehörde werden effektive
Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen an die Hand ge-
geben.


(Ursula Heinen [CDU/CSU]: Wessen Idee war das?)


Das Bußgeld wird auf 100 000 Euro festgesetzt. Das ist
notwendig, aber auch ausreichend. Folgendes sage ich
an die Adresse der FDP:


(Marita Sehn [FDP]: Das hat aber lange gedauert!)


Ihr Antrag, auf grünem Papier geschrieben, ist – das
muss ich leider sagen – flüssiger als flüssig.


(Marita Sehn [FDP]: Er ist sehr bunt!)

Er ist in diesem Zusammenhang völlig überflüssig.


(Beifall bei der SPD – Marita Sehn [FDP]: Sie haben ihn wahrscheinlich nicht gelesen!)


Die gesetzliche Regelung und die vorgelegten Anträge
erfassen die aktuellen Missbrauchstatbestände.

Nun kann man in der Tat fragen, warum wir nicht
dem CDU-Vorschlag, diese Regelungen auch auf andere
Nummerngassen – etwa auf 0137er- und 0192er Num-
mern – auszudehnen, gefolgt sind. Natürlich ist auf
Dauer nicht völlig auszuschließen, dass es auch hier zu
Missbrauchstatbeständen kommen kann. Deswegen ha-
ben wir ja unseren Entschließungsantrag vorgelegt. Aber
hier liegt die Problematik anders. Denn jede Nummern-
gasse wird unterschiedlich genutzt. Daher muss auch
jede Nummerngasse für sich gesondert betrachtet wer-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer beispielsweise an einem Televoting oder an einer

Quizshow teilnimmt, wird nicht in der Leitung gehalten,
sondern hinausgeworfen. Eine Entgelthöchstgrenze von
2 Euro oder das Abschalten nach einer Stunde wären
hier ein völlig stumpfes Schwert. Dies würde nicht wei-
terhelfen. Mit unserem Entschließungsantrag gehen wir
den richtigen Weg.

Wir wissen, dass es auch in Zukunft Handlungsbedarf
gibt. Deshalb sind die gesetzlichen Regelungen im Inte-
resse des Verbraucherschutzes dynamisch weiterzuent-
wickeln. Unser Ziel ist und bleibt es, den Missbrauch zu

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(C (D ekämpfen, nicht die Mehrwertdienste. Ein fairer Inteessenausgleich ist deshalb notwendig. Die CDU ist mit ihrem Antrag und ihren Forderungen n einigen Punkten deutlich über das Ziel hinaus gechossen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Das war Populismus!)


er ein Inkassoverbot fordert, bekämpft nicht nur den
issbrauch, sondern auch die seriösen Anbieter von
ehrwertdienstleistungen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das vernichtet Arbeitsplätze!)


eshalb können und wollen wir diesen Vorschlägen
icht folgen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem,
as wir vorgelegt haben, dienen wir dem Verbraucher-
chutz in besonderer Weise, gleichzeitig aber auch der
irtschaftlichen Entwicklung in diesem wichtigen Wirt-
chaftszweig.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504822400


Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Ursula Heinen.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1504822500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Heute ist – da hatten meine Vorredner Recht
ein guter und wichtiger Tag für die Verbraucher,


(Beifall im ganzen Hause)

eil wir heute endlich das Gesetz zur Bekämpfung des
issbrauchs bei Mehrwertdiensterufnummern verab-
chieden werden. Man könnte aber auch sagen: Was
ange währt, wird endlich gut; denn es hat schon einige
eit gedauert, bis die Regierung diesen Gesetzentwurf
it den entsprechenden und unbedingt notwendigen Än-
erungs- und Entschließungsanträgen vorgelegt hat.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Allerdings!)


Ich möchte hier festhalten: Es ist meiner Kollegin
artina Krogmann zu verdanken, die schon in der letz-

en Legislaturperiode dieses Thema immer wieder vor-
ngetrieben hat,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Manfred Helmut Zöllmer [SPD]: Wo war Ihr Gesetzentwurf?)


ass wir heute ein vernünftiges Gesetz dazu verabschie-
en können. Von Ihnen gab es – das haben Sie, Herr Heil






(A) )



(B) )


Ursula Heinen
und Herr Zöllmer, indirekt zugegeben – nur Halbherzi-
ges.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wo war der Gesetzentwurf der CDU?)


Es hat einige Zeit gedauert, bis Sie wirklich zu den we-
sentlichen Änderungen gekommen sind.

Wir werden heute diesem Gesetzentwurf mit all sei-
nen Änderungsanträgen zustimmen.


(Hubertus Heil [SPD]: Herzlichen Glückwunsch!)


Allerdings lässt der Entwurf zwei für uns ganz wesentli-
che Punkte offen; Martina Krogmann hat das vorhin an-
gesprochen. Zum einen stellt sich die Frage, welche
Nummerngassen von den vorgesehenen Regelungen
überhaupt erfasst werden sollen. Wir wollen, dass sich
das Gesetz nicht auf die 0190er- bzw. 0900er-Nummern
konzentriert, sondern auch auf andere Nummerngassen
erstreckt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ansonsten droht, dass der Missbrauch von den einen auf
die anderen Nummerngassen verlagert wird. Für böswil-
lige Diensteanbieter ist es geradezu eine Einladung und
eine Aufforderung, ihr Spiel bei anderen Nummerngas-
sen fortzusetzen. Das wollen wir unterbinden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber immerhin: In Ihrem Entschließungsantrag geben

Sie einen Prüfauftrag mit auf den Weg. Das ist der erste
Schritt zur Erkenntnis.


(Jörg Tauss [SPD]: Nun übertreiben Sie nicht!)

Wir können nur hoffen, dass diesem ersten Schritt wei-
tere Schritte bis zu einer vernünftigen und vollständigen
Umsetzung folgen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der zweite Punkt, den wir in dem vorliegenden Ge-

setzentwurf vermissen, ist das Inkassoverbot. Es ist mir
als Verbraucherschützerin völlig unbegreiflich, warum
Sie diese Regelung nicht aufgenommen haben, schließ-
lich gehört sie für einen wirklich effektiven Schutz vor
Missbrauch unbedingt dazu. Denn nach wie vor – auch
nach dem vorliegenden Gesetzentwurf mit all seinen Än-
derungsanträgen – trägt der Verbraucher das generelle
Prozessrisiko. Der Netzbetreiber bucht auch für die
Diensteanbieter Forderungen beim Kunden ab, ganz
gleich, ob sie berechtigt sind oder nicht. Wir wollen,
dass schon dann das Prozessrisiko beim Diensteanbieter
liegt und dieser, wenn die Forderungen unberechtigt
sind, Einspruch erheben muss.

Das wurde auch in der Anhörung des Wirtschaftsaus-
schusses so gesehen. Dort haben sowohl ein Einzelsach-
verständiger als auch die Verbraucherzentrale Bundes-
verband ein Inkassoverbot gefordert.


(Abg. Hubertus Heil [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Bitte.

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(C (D (Jörg Tauss [SPD]: Nein, das macht die Frau Präsidentin!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504822600


Eigentlich haben Sie Recht. Aber manchmal geht es
uch ohne mich.


(Jörg Tauss [SPD]: Nein, nein!)

Bitte schön, Herr Heil.

Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1504822700

Frau Kollegin Heinen, es gibt auch in Ihrer Fraktion
irtschaftspolitiker, die das mit dem Inkassoverbot et-
as anders sehen. Aber nun zu meiner Frage: Geben Sie
ir Recht, dass die Stellungnahmen eindeutig ergeben
aben – auch ich war bei dieser Anhörung –, dass ein In-
assoverbot nichts anderes bewirken würde als eine Re-
onopolisierung in diesem Bereich? Zu Deutsch heißt
as: Die Telekom hätte, weil man sich gegen eine solche
orderung nicht wehren kann, die Möglichkeit, auch
eiterhin Inkasso durchzusetzen, andere Mehrwertdien-
teanbieter aber nicht mehr. Ist die CDU für die Ab-
chaffung des Wettbewerbs im Bereich der Mehrwert-
ienste?


Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1504822800

Zum ersten Teil Ihrer Frage. Die Verbraucherzentrale
undesverband hat eindeutig ein Inkassoverbot gefor-
ert. Ein Einzelsachverständiger, Herr Rechtsanwalt
ärting, der nicht von uns, sondern von Ihnen benannt
orden ist, hat gesagt:

Solange der Missbrauch von Mehrwertdiensten
nicht damit „bestraft“ wird, dass „schwarze Schafe“
ihre Gebühren nicht mehr beitreiben können, wird
die Diskussion um unseriöse Praktiken nicht abrei-
ßen.

ußerdem hat er gesagt, dass Regelungen, nach denen
ie Kunden Einwendungen gegen einzelne Rechnungs-
osten erheben können, nicht wirken, wenn es kein In-
assoverbot gibt.
Um Ihre Frage nach dem Wettbewerb zu beantworten:
ie Deutsche Telekom sagt aus Gründen der Kulanz bei-
pielsweise zurzeit schon, dass sie die Forderungen der
ntsprechenden Diensteanbieter nicht eintreibt. Wir wol-
en, dass das bei den Netzbetreibern generell der Fall ist.
ie Kunden werden seriöse Rechnungen ganz normal
ezahlen und die unseriösen eben nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [SPD]: Das war keine Antwort auf die Frage!)

rau Sehn hat auf eine ganze Menge Fälle, bei denen ge-
au dieses Problem auftrat, hingewiesen. Mit diesen
usste sich der Petitionsausschuss befassen. Mit einem
nkassoverbot werden wir dieses Problem lösen.
Auch wenn diese neu eingeführten Regelungen es den

erbrauchern etwas erleichtern sollen, möchten wir
otzdem noch einmal an Sie appellieren: Setzen Sie das
hema Inkassoverbot wieder auf die Tagesordnung,
enn Sie das alles in einem Jahr bzw. vielleicht schon in






(A) )



(B) )


Ursula Heinen
wenigen Wochen – das andere Problem mit den Num-
merngassen ist ja noch nicht gelöst – noch einmal über-
prüfen müssen!

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen:
Letztendlich haben Sie alle Punkte wunderbar beim
Bundesrat abgeschrieben.


(Hubertus Heil [SPD]: Da sind auch sozialdemokratische Experten am Werk!)


Dafür danken wir Ihnen ganz herzlich. Das geht ja bis in
die kleinsten Formulierungen; das ist wirklich hervorra-
gend. Ein Punkt taucht bei Ihnen aber leider nicht auf,
nämlich der Short Message Service. Immer mehr Han-
dynutzer erhalten diese Short Messages unaufgefordert.


(Jörg Tauss [SPD]: Beim Wahlkampf der CDU! Ich war empört!)


Sie werden aufgefordert, teure Nummern anzurufen oder
Short Messages zurückzuschicken.


(Jörg Tauss [SPD]: Die CDU hat mir eine geschrieben! Sie schrieb, dass ich die CDU wählen soll! Stellen Sie sich das einmal vor!)


Mein Patenkind musste 100 Euro Taschengeld an
seine Eltern zahlen, weil es immer auf einen Short Mes-
sage Service geantwortet hat. Man hat es eingeladen, an
einem Chat teilzunehmen. Es ist gut erzogen und hat im-
mer zurückgeschrieben, dass es nicht teilnehmen würde.
Daraufhin musste es zahlen. Der Bundesrat empfiehlt,
das Thema SMS aufzunehmen. Sie haben es bislang ab-
gelehnt. Wir wünschen uns – so steht es auch in der Stel-
lungnahme des Bundesrates –, dass auch Sie es noch ein-
mal überprüfen und dass es auch von Ihrer Fraktion
aufgegriffen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie uns in den kommenden Wochen weiter

über die angesprochenen Änderungen diskutieren. Eines
ist aber sicher: Heute haben wir wirklich etwas für die
Verbraucherinnen und Verbraucher erreicht. Es verdient
unsere gemeinsame Anstrengung, dass wir auch in Zu-
kunft weiter dafür arbeiten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall im ganzen Hause – Zuruf von der SPD: Versöhnlich angefangen, versöhnlich aufgehört!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504822900


Danke schön. – Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

desregierung eingebrachten Gesetzentwurf auf den
Drucksachen 15/907 und 15/1068. Der Ausschuss für
Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Buchstabe a seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1126, den
Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. –
Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen?– Der Gesetz-
entwurf ist damit in zweiter Beratung einstimmig ange-
nommen worden.

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(C (D Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Sie können sich erheben, wenn ie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Stimmt jeand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzntwurf ist damit auch in dritter Lesung einstimmig anenommen worden. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie ungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1143. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsntrag ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die rünen und CDU/CSU gegen die Stimmen der FDP abelehnt worden. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft nd Arbeit zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU it dem Titel: „Den Missbrauch von Mehrwertdiensteufnummern grundlegend und umfassend bekämpfen“. er Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Bechlussempfehlung auf Drucksache 15/1126, den Antrag uf Drucksache 15/919 abzulehnen. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Entaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen ie Stimmen der CDU/CSU angenommen worden. Unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 15/1126 empfiehlt der Ausschuss, eine Entchließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? -– Gegenstimmen? – Gibt es Entaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist damit, soweit ch sehe, einstimmig angenommen worden. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a und 13 b auf: a)


Hofbauer, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Strukturpolitik zukunftsfähig gestalten

– Drucksache 15/749 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Zweiunddreißigster Rahmenplan der Gemein-
schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ für den Zeitraum 2003
bis 2006

– Drucksache 15/861 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Finanzausschuss






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Wider-
spruch gibt es nicht. Dann verfahren wir so.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Michael Stübgen.


Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1504823000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Mit dem Auslaufen der Agenda 2000 Ende 2006
steht die Europäische Union vor einer weit reichenden
Reform ihrer Regionalstruktur- und Kohäsionspolitik.
Schon Anfang Dezember dieses Jahres will die Europäi-
sche Kommission mit ihrem dritten Kohäsionsbericht
ihre Leitlinien für die künftige Regionalförderung vorle-
gen. Es ist also höchste Zeit, dass wir uns als deutsches
Parlament mit der Frage der künftigen Strukturpolitik
der Europäischen Union beschäftigen.

Wir müssen zunächst einmal die aktuelle Strukturpo-
litik analysieren und Änderungsbedarf formulieren.
Dabei werden wir es nach 2006 mit drei entscheidend
veränderten Sachverhalten zu tun haben:

Erstens. Wir werden dann wahrscheinlich zwölf Mit-
gliedsländer mehr in der Europäischen Union sein.
Zweitens. Dies wird dazu führen, dass die finanziellen
Ressourcen der Europäischen Union grundlegend geän-
dert und angepasst werden müssen. Drittens. Wir haben
es mit dem so genannten statistischen Effekt zu tun. Da-
rauf komme ich später zurück.

Die Beschäftigung des Deutschen Bundestages mit
diesem Thema mit dem Ziel einer Beschlussfassung ist
deshalb so entscheidend, weil die Bundesregierung in
dieser wichtigen politischen Frage keine klare Position
hat. Wirtschaftsminister Clement hat im Europaaus-
schuss vor einigen Wochen erklärt, dass die Bundesre-
gierung davon ausgeht, dass sämtliche deutsche Struk-
turfördergebiete in das so genannte Phasing out fallen.
Er hat in diesem Zusammenhang aber eine nationale
Kompensation zugesagt. Für Eichel ist das unmöglich, er
lehnt dies ab.

Der zuständige europäische Kommissar Barnier ist
in Deutschland gewesen und hat die Bundesregierung
um Unterstützung für sein Programm gebeten, für die
betroffenen Strukturfördergebiete, die durch den so ge-
nannten statistischen Effekt ihre Förderung zu verlieren
drohen, eine Anschlussregelung zu schaffen. Die Bun-
desregierung hat ihn abfahren lassen, ohne ihm Unter-
stützung zuzusagen. Die Bundesregierung hat in dieser
wichtigen politischen Frage weder eine klare Position in
den europäischen Räten noch gegenüber der Kommis-
sion. Wir verlieren Zeit. Dabei geht es um sehr viel Geld.

Ich möchte kurz auf drei unserer Forderungen im An-
trag eingehen.

Erstens. Wir fordern mehr Spielraum für die Feinab-
grenzung nationaler Fördergebiete. Es hat sich in der

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(C (D isherigen Strukturpolitik gezeigt, dass die Abgrenzung on Fördergebieten nur nach den Bevölkerungsplaonds weder in Deutschland noch in vielen anderen euroäischen Ländern die Möglichkeit offen lässt, gezielt nd fein justiert zu fördern. Meine Heimat Lausitz zum eispiel hat das Problem, dass es ein extrem strukturchwaches Gebiet ist. Da die Lausitz aber mit einem geingen Bevölkerungsplafond mit dem so genannten peckgürtel Berlins zusammengerechnet werden muss, ällt die gesamte Region aus der Förderung heraus. Eine ezielte Förderung dieses strukturschwachen Gebietes st nicht möglich. Es ist also wichtig, dass die Mitgliedsänder mehr Möglichkeiten haben, ihre Förderpolitik zu trukturieren. Das starre Festhalten am Bevölkerungslafond muss aufgegeben werden. Zweitens. Eine weitere notwendige Änderung be ieht sich auf den so genannten statistischen Effekt. b 2007 wird die Situation eintreten, dass nahezu alle iel-1-Fördergebiete in den neuen Ländern, wenn nicht ogar alle, aus der Strukturförderung herausfallen weren, und zwar nicht etwa, weil sie sich so gut entwikelt hätten und sie durch ihre Entwicklung aus der ördernotwendigkeit herausfielen. Das wäre ja sehr poitiv und jeder von uns würde das begrüßen. Nein, Sie allen aus dieser Strukturförderung heraus, weil aufrund des Beitritts der mittelund osteuropäischen Läner das Gesamtniveau des Bruttoinlandsprodukts in eutschland drastisch sinkt und damit diese Regionen tatistisch über das so genannte 75-Prozent-Kriterium es Förderzuganges rutschen. Das heißt, es wird zwar icht besser, sie bekommen aber nichts mehr. Es besteht hier die Gefahr, dass eine langjährige ge ielte und gute Förderpolitik punktuell abbricht und dass ie Entwicklung in diesen Regionen einen zusätzlichen chlag bekommt. Deshalb fordern wir, dass es nicht einach mit einem Phasing out getan ist. Diese Regionen ollen über einen Lauf von sieben Jahren langsam abgetuft werden, außerdem sollte aber angesichts der spezillen Situation, die nachvollziehbar ist, eine Anschlussegelung mit einem vielleicht etwas niedrigeren Niveau eschaffen werden, sodass Förderung auf hohen Niveau uf diesen Gebieten weiter möglich ist. Das betrifft im esentlichen Strukturfördergebiete in den neuen Länern. Wie die wirtschaftliche Situation und die Arbeitsarktsituation dort aussehen, brauche ich hier wohl icht weiter auszuführen. Der dritte Punkt, der sehr wichtig ist, ist die renzlandförderung. Hier haben wir zum einem ein uropäisches Programm zur Grenzgürtelförderung, das n sich sehr gut ist. Wir, die CDC/CSU-Fraktion, haben ieses Programm in diesem Haus auch schon mehrfach egrüßt. Alle Fördermaßnahmen, die in diesem Proramm vorgesehen sind, sind vernünftig. Man könnte ich um Einzelpunkte streiten; insgesamt ist es ein sehr ernünftiges Programm. Es hat aber leider einen entcheidenden Haken: Die Fördermaßnahmen können naezu nicht greifen, weil dieses Programm hoffnungslos nterfinanziert ist. Deshalb bleibt unsere Forderung an ie Bundesregierung, die wir immer – auch in diesem Michael Stübgen Antrag – wiederholen müssen, weil bisher nichts verändert und nichts getan worden ist, dass dieses Grenzlandförderprogramm finanziell deutlich aufgestockt wird, sodass es seine Aufgaben erfüllen kann. Des Weiteren ist es wichtig, dass gerade in den ehemaligen Außengrenzgebieten der Europäischen Union bei der Neuabgrenzung der GA-Fördergebiete ein zusätzlicher Regionalindikator hinsichtlich der Grenzlage zu den Beitrittsgebieten mit aufgenommen wird, sodass diese Gebiete in Zukunft eine bessere Chance haben, die für sie notwendige GA-Förderung zu bekommen und die zumindest vorübergehenden nachteiligen Auswirkungen der Erweiterung der Europäischen Union abzufedern. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten diesen Antrag als Grundlage nehmen, in den Ausschüssen zielorientiert dieses wichtige Thema zu beraten, möglichst mit dem Ergebnis, ein klares, eindeutiges Votum des Bundestages zu erzielen; denn wir haben als Deutscher Bundestag nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, in Fragen der europäischen Rechtsetzung die Bundesregierung zu kontrollieren und Handlungsanweisungen zu geben. Herr Kollege, achten Sie auf die Zeit. Ich bin fertig. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. So schnell hat man manchmal Erfolg. Danke schön. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christian Müller, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die bevorstehende Erweiterung der Europäischen Union wird in der Tat den regionalpolitischen Handlungsbedarf in Europa, besonders aber auch bei uns verstärken. In dieser Beurteilung der Situation liegen wir wohl ziemlich nahe beieinander. Wir gehen davon aus, dass Regionen betroffen sein werden, die schon heute wirtschaftlich schwach sind oder im Strukturwandel stehen. Hierzu gehören auch solche an den Außengrenzen der Beitrittsstaaten. Weitere Regionen, insbesondere im ländlichen Raum, könnten hinzukommen. Alle zusammen müssen sich schon jetzt auf den stärkeren Anpassungsdruck vorbereiten und sich für das erweiterte Europa fit machen. Zu dieser vorläufigen – zugegebenermaßen ziemlich ungenauen – Situationsbeschreibung gehört aber auch die Feststellung, dass ebendiese Regionen auf mittlere Sicht von den Vor t a a B h s a n g t m W s a D d w h E t w m d w b d p i M l n C f t e E Z V d d S s (C (D eilen der Entwicklung profitieren können. Wir dürfen ber nicht übersehen, dass dabei zunächst auch Risiken uftreten können. Nicht zuletzt deshalb hat die Bundesregierung in den eitrittsverhandlungen eine siebenjährige Übergangsfrist insichtlich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern in betimmten Dienstleistungen durchgesetzt. Deshalb unterstützen wir die Bundesregierung dabei, lle notwendigen Schritte gegenüber der EU zu unterehmen, um auch nach dem Auslaufen der gegenwärtien Förderperiode Ende des Jahres 2006 strukturpoliisch handlungsfähig zu bleiben. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504823100
Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1504823200

(Beifall bei der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504823300
Christian Müller (SPD):
Rede ID: ID1504823400

Die europäische Strukturpolitik als Ausdruck innerge-
einschaftlicher Solidarität ist insgesamt von positiver
irkung. Sie hat erheblich zur Verbesserung des wirt-

chaftlichen und sozialen Zusammenhalts – besonders
uch in den ostdeutschen Bundesländern – beigetragen.
ies muss auch nach der Erweiterung der EU gelten.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Der größte Teil der bedürftigsten Regionen wird in
en neuen Mitgliedstaaten liegen. Die regionalen Ent-
icklungsunterschiede innerhalb der EU werden er-
eblich zunehmen. Auf dieses Problem wird sich die
U-Strukturpolitik konzentrieren müssen.
Andererseits muss sich die europäische Strukturpoli-

ik an finanziellen Zwängen ausrichten. Nettozahler
ie wir dürfen nicht überfordert werden. Fördermaßnah-
en für neue Mitglieder müssen deshalb weitestgehend
urch Einsparungen in der alten Gemeinschaft finanziert
erden. Dabei sind – das ist unabdingbar – vergleich-
are Regionen gleich zu behandeln.
Die Abgeordneten der Koalition teilen die Auffassung

er Bundesregierung, dass sich die europäische Struktur-
olitik künftig stärker am Prinzip der Subsidiarität und
n Verbindung damit am Gedanken des europäischen
ehrwerts orientierten sollte. Regionalpolitischer Hand-

ungsspielraum kann und muss dadurch wiedergewon-
en werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der
DU/CSU, ich meine, wir begegnen uns in dieser Auf-
assung. Sie haben das in den Punkten 3 bis 5 Ihres An-
rags ausformuliert; deshalb muss ich nicht näher darauf
ingehen.
Die Diskussion über die zukünftige Ausgestaltung der

U-Strukturpolitik hat längst begonnen und muss ohne
weifel intensiviert werden. Die Kommission hat erste
orschläge für den Herbst angekündigt. Wir begrüßen
eshalb die Initiative des Bundeskanzlers, sich anhand
es vorgelegten Eckpunktepapiers für die künftige EU-
trukturpolitik mit den deutschen Bundesländern inten-
iv abzustimmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Christian Müller (Zittau)

Um allerdings eines deutlich hervorzuheben: Die not-
wendige Konzentration der EU-Strukturförderung auf
die strukturschwächsten Regionen der EU hat eine zwin-
gende Konsequenz. Die fortgeschrittenen Mitgliedstaa-
ten – insbesondere diejenigen, die keine Ziel-1-Gebiete
im Sinne der Strukturfondsförderung sind – müssen sich
selbst um die Förderung ihrer strukturschwachen Regio-
nen kümmern können.

Wir brauchen eine eigenständige Regionalpolitik und
benötigen dafür wieder mehr beihilferechtliche Hand-
lungsspielräume als heute. Eine Reform der Beihilfen-
kontrolle der Kommission ist dringend geboten. Diese
muss flexibler werden und in Richtung einer Miss-
brauchskontrolle entwickelt werden.


(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die Kommission muss sich dabei auf Beihilfefälle kon-
zentrieren, die EU-weit tatsächlich zu Wettbewerbsver-
zerrungen führen können.

Wir können es nicht hinnehmen, dass die Kommis-
sion zeitgleich die EU-Strukturfondsförderung und die
nationale Regionalförderung in den fortgeschritteneren
Mitgliedstaaten wie Deutschland reduzieren will. Das
haben wir hier schon mehrfach angesprochen und kriti-
siert. Es darf zu keiner massiven Einschränkung des re-
gionalpolitischen Spielraums der Bundesländer ab 2007
kommen.

Unser politisches Handeln ist erkennbar nicht auf eine
Verschlechterung der Nettozahlerposition unseres Lan-
des, sondern auf die Rückgewinnung nationaler Spiel-
räume in der Strukturpolitik gerichtet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Insofern unterscheiden wir uns von Ihrer Position, die
Sie in Ihrem Antrag beschrieben haben. Das gilt auch für
das von Ihnen zum wiederholten Male geforderte
Grenzgürtelprogramm. Die geforderte Mittelaufsto-
ckung des entsprechenden europäischen Programms
kann unter dem Gesichtspunkt der Nettozahlerposition
der Bundesrepublik Deutschland so nicht erfolgen.


(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich abschließend noch etwas zur
Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ ausführen. Ich habe an dieser Stelle
schon mehrfach festgehalten, dass die GA von Bund und
Ländern in den vergangenen Jahren zu einer wirksamen
und zeitgemäßen Regionalförderung weiterentwickelt
worden ist, die den Ländern weitgehende Eigenständig-
keit und Flexibilität einräumt. Sie garantiert bei der Be-
kämpfung von regionalen Disparitäten in strukturschwa-
chen Gebieten nachweislich eine Zielgenauigkeit, die
von keinem anderen Förderinstrument erreicht wird. In
der GA wird außerdem ein regionalpolitischer Konsens
zwischen Bund und Ländern ermöglicht, der auch eine
Voraussetzung für das hohe Förderniveau besonders in
Ostdeutschland ist.

Wir gehen davon aus, dass der Bund bei regionalen
Fehlentwicklungen im gesamten Bundesgebiet hand-
lungsfähig bleiben muss – wir würden es als Abgeord-

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(C (D ete ganz besonders zu spüren bekommen, wenn dem icht so wäre –, zumal er für regionale Strukturprobleme olitisch immer mit in die Verantwortung genommen ird. Daher hat der Deutsche Bundestag in seinem Bechluss vom 27. Juni 2002 die Bundesregierung aufgeordert, zu prüfen, wie die Gemeinschaftsaufgabe als unverzichtbares und regelgebundenes System und Koordinierungsrahmen einer gemeinsamen Regionalförderung von Bund und Ländern auch nach dem Jahr 2004 erhalten bleiben kann. Die Mittelausstattung der GA ist nicht nur eine Anelegenheit des Bundeshaushalts mit seinen bekannten eschränkungen, sondern natürlich auch von einer Kofianzierung durch die Länder, die in den letzten Jahren mmer mehr an ihre Grenzen stieß, und von dem durch rüssel genehmigten Fördergebiet abhängig. Dieser Geanke weist deutlich über den von Ihnen beklagten aushaltsrahmen der GA hinaus. Lassen Sie uns auch nach dem Meinungsaustausch in er heutigen Debatte einen konstruktiven Dialog über ie künftige EU-Strukturpolitik führen. Die Beratungen ber Ihren Antrag können dazu sicherlich beitragen. Ich ehe dieser Debatte mit großem Interesse entgegen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504823500


Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jürgen Türk.


Jürgen Türk (FDP):
Rede ID: ID1504823600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Gel-
er aus der EU-Regionalhilfe fast wirkungslos versi-
kern. Deshalb ist auch auf diesem Gebiet ein System-
andel notwendig. So müssen in der Finanzpolitik
ringend neue Akzente gesetzt werden. Denkbar wäre
um Beispiel, künftig einen Teil der von der EU ausge-
eichten Mittel als Darlehen bzw. Kredite für öffentlich-
rivate Unternehmenspartnerschaften bereitzustellen.
as würde zu mehr Verantwortung und unternehmeri-
chem Denken im Umgang mit den Geldern beitragen.
Eine effizientere Finanzpolitik liegt im vitalen Inter-

sse von Deutschland als dem mit Abstand größten Net-
ozahler. Sie ist aber auch deshalb notwendig, weil zu er-
arten ist, dass künftig die für jedes einzelne Land zur
erfügung stehenden Mittel mit dem Beitritt von zehn
elativ wirtschaftsschwachen Staaten deutlich knapper
ls derzeit sein werden. Aufgrund der extrem ange-
pannten Haushaltslage in Deutschland ist es kaum vor-
tellbar, dass die Bundesregierung der von EU-Regional-
ommissar Barnier geforderten deutlichen Aufstockung
es EU-Strukturfonds in der nächsten Finanzierungspe-
iode von 2007 bis 2013, die im Wesentlichen zulasten
eutschlands ginge, zustimmen kann und wird. Kom-
issar Barnier agiert in diesem Punkt nach dem Motto:
eile und herrsche. So jedenfalls empfinde ich das.






(A) )



(B) )


Jürgen Türk
Er weiß genau, dass die neuen Bundesländer nach der
Erweiterung aus der Ziel-1-Förderung herausfallen und
einen erheblichen Teil der ihnen jetzt zufließenden För-
dermittel einbüßen würden. Er versucht daher, die Mi-
nisterpräsidenten der neuen Bundesländer auf die EU-
Seite zu ziehen. Sie sollen – ich glaube, sie haben das
schon getan – Druck auf die Bundesregierung ausüben,
damit Deutschland mehr in den Strukturfonds einzahlt.
Dann, so Barnier, werde er dafür sorgen, dass die neuen
Bundesländer weiterhin großzügig gefördert würden.
Der Bund und die Länder dürfen sich aber in dieser
Frage von der EU nicht auseinander dividieren lassen,
sondern müssen gemeinsam nach einer Lösung suchen,
die den besonderen Problemen Ostdeutschlands Rech-
nung trägt und Deutschland als Ganzes nicht über Ge-
bühr zum Nachteil gerät.

Davon, dass in der EU-Strukturpolitik einiges nicht
rund läuft, zeugt unter anderem die Tatsache, dass viele
Länder große Mühe haben, die bewilligten Hilfsmittel
fristgerecht abzurufen, zu verbrauchen und eine ord-
nungsgemäße Schlussabrechnung dafür vorzulegen.

So erhält Deutschland laut „FAZ“ vom 6. März 2003
2 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt 2002 zurück.
1 Milliarde Euro Agrarsubventionen sind verloren und
1 Milliarde Euro für Regionalpolitik – darüber sprechen wir
ja jetzt – können auf andere Haushaltsjahre verlagert
werden. Ich kann die Bundesregierung nur auffordern,
das zu tun, zum Beispiel für die lebenswichtige LeiLa.

Ich sage Ihnen, wer LeiLa ist. Das ist die Verbindung
Leipzig–Lausitz. Herr Stübgen hat schon davon gespro-
chen, dass die Lausitz als Region abgehängt wird. Mit
1 Milliarde Euro kann man da sehr viel machen. Man
kann zwei Wirtschaftsräume miteinander und mit der
polnischen Grenze verbinden, wenn es nur um das Geld
geht. Da kommen 1 Milliarde Euro zurück. Sie erfüllen
so die Zielsetzung der GA – ich zitiere aus der Unterrich-
tung –, dass strukturschwache Regionen durch Ausgleich
ihrer Standortnachteile Anschluss an die allgemeine Wirt-
schaftsentwicklung halten können. Außerdem bereiten
Sie eine strukturschwache Grenzregion mit dreifacher Be-
lastung – man muss das immer wieder einmal sagen: An-
passungsdruck, Strukturschwäche, EU-Erweiterung – so
sinnvoll auf die EU-Erweiterung vor. Die EU-Gemein-
schaftsaktion – das haben wir alle festgestellt – war ja
nicht das Gelbe vom Ei. Eine Anpassung im Hinblick
auf die Erweiterung spielte da kaum eine Rolle.

Was die Gemeinschaftsaufgabe angeht, so hat die
FDP ihre seit Jahren vertretene Meinung, dass die
Mischfinanzierungen von Bund und Ländern zurückge-
führt werden müssen, nicht geändert. Sie sind schlicht
ineffizient, da keine klaren Verantwortlichkeiten für die
Gelder bestehen. Aber wenn man schon Mischfinanzie-
rungen macht, dann sollte man sich sorgfältiger als bis-
her überlegen, wo sie wirklich sinnvoll sind und wo
nicht. So ist es beispielsweise nicht hinnehmbar, dass
aufgrund der Finanzknappheit der Länder eine für die
Osterweiterung wichtige Einrichtung wie die Deutsch-
Polnische Wirtschaftsförderungsgesellschaft eingeht.
Wir brauchen sie noch. Sie hat in den vergangenen Jah-
ren einen guten Beitrag geleistet und sie wird das auch

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(C (D ach der EU-Erweiterung noch tun müssen. Ich will dait nur sagen: Folgen Sie unserem Antrag, die Deutscholnische Wirtschaftsförderungsgesellschaft zu erhalten. Auch unser Antrag mit dem Titel „Bürokratieabbau – lexible Anwendung von Bundesrecht in wirtschaftschwachen Regionen“ – der Wirtschaftsminister hat Anang des Jahres auch einmal davon gesprochen; das ist ider wieder vergessen worden – macht deutlich, wie ich die FDP-Fraktion eine ergebnisreichere Regionalolitik vorstellen kann. Aber ein Fördertopf da und einer hier werden uns auf auer nicht wirklich weiterhelfen, sondern nur eine ahmenpolitik, die wirtschaftliche Freiräume zulässt nd damit Wirtschaftsentwicklung nachhaltig fördert. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504823700


Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rainder
teenblock.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Vorredner haben schon sehr deutlich auf den Re-

ormbedarf in der EU-Strukturpolitik und die Herausfor-
erungen, die sich insbesondere durch die EU-Osterwei-
erung für die Strukturpolitik stellen, hingewiesen. Dazu
erde ich einiges sagen.
Wir dürfen hier aber auch nicht den Eindruck erwe-

ken, als wenn alles das, was wir in der Europäischen
nion bisher an Strukturpolitik realisiert haben, nur ne-
ativ gewesen wäre, sondern sollten sehr deutlich auch
uf die Erfolge der Strukturpolitik hinweisen. Man
uss sich einmal angucken, was Strukturpolitik etwa in
rland oder in anderen peripheren Regionen wie Spa-
ien, Portugal oder Griechenland geleistet hat. In Grie-
henland lag noch 1988 das Bruttoinlandsprodukt bei ei-
em Niveau von nur 58 Prozent des EU-Durchschnitts.
as ist in den Jahren bis 2000 um fast 10 Prozentpunkte
ngehoben worden. Das macht sehr deutlich, dass das
in Politikansatz ist, der Solidarität in Europa und eine
uropäische Entwicklung in ökonomische Gleichge-
ichtszustände hinein sehr befördert hat.
ch glaube auch, dass diese Politik nicht nur auf quanti-
ative, sondern auch auf qualitative Wachstumsele-

ente ausgerichtet ist. Wir haben durch unsere aktive
rbeitsmarktpolitik die Teilhabegerechtigkeit gestärkt.
ußerdem haben wir die Gleichstellung der Geschlech-
er sicherlich quantitativ und qualitativ nachhaltig geför-
ert, auch durch Strukturpolitik. Ich glaube, dass man
nsgesamt von einem erfolgreichen Projekt sprechen
ann.
Unsere Erfolge zeigen, wie wichtig es ist, den einge-

chlagenen Weg fortzusetzen. Aber natürlich gibt es ei-
en Reformbedarf. Eines unserer drei zentralen Kriterien
ür diese Reform ist – der Kollege Türk hat gerade da-






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
rauf hingewiesen – die Erhöhung der Effektivität die-
ser Strukturfonds. Die Art und Weise, wie die Vergabe-
verfahren zum Teil ablaufen, und die Tatsache, dass sehr
viele Geldmittel nicht ausgeschöpft werden können, ha-
ben auch etwas mit den bürokratischen Abläufen bei der
Beantragung dieser Mittel zu tun. Es gilt, diese bürokra-
tischen Abläufe zu verschlanken und die Effizienz der
Verteilung der Mittel sicherzustellen. Das ist für uns ein
ganz wichtiger Punkt.

Der zweite für uns wichtige Punkt ist, dass Solidari-
tät in Europa erhalten bleibt. Die Debatte über Nettozah-
lungen sollte sich unserer Meinung nach nicht allein da-
rum drehen, wie viel Deutschland gibt und wie viel es
erhält. Solidarität und wirtschaftliche Stärke beruhen auf
anderen Prinzipien. In diesem Zusammenhang sollte
man sich auch klar machen, dass die exportorientierte
deutsche Wirtschaft vom europäischen Binnenmarkt
sehr stark profitiert. Anders formuliert: Unsere Wirt-
schaft ist sehr stark auf den europäischen Binnenmarkt
konzentriert; neun unserer größten Handelspartner gehö-
ren zum europäischen Raum. Das Geld, das in Struktur-
politik investiert wird und dazu dient, dass in den ent-
sprechenden Regionen Nachfrage geschaffen wird,
müssen wir im Grunde genommen als ökonomischen
Gewinn für Deutschland werten. Deshalb ist eine De-
batte über Nettozahlungen, die sich auf Soll und Haben
beschränkt, natürlich ein bisschen verkürzt. Trotzdem
spielt sie, was Vermittlung und Akzeptanz in der Bevöl-
kerung angeht, politisch eine wichtige Rolle.

Man muss sich einmal Folgendes vor Augen halten:
Von 4 Euro für die Strukturpolitik fließen 3 Euro in die
entsprechenden Regionen – das ist auch richtig so – und
1 Euro in Aufträge außerhalb der entsprechenden Re-
gion. Davon profitiert der deutsche Export natürlich
ganz besonders. Daher sollte man die Kritik an der bis-
herigen Strukturpolitik relativieren.

Solidarität hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass
wir das Regionalprinzip – für mich ist es im Rahmen
von Strukturpolitik zentral – beibehalten. Wir sollten die
Bemessungsgrundlage – anders als es einige fordern –
nicht nach nationalstaatlichen Kriterien ausrichten. Viel-
mehr sollte es in diesem Bereich tatsächlich eine solida-
rische Politik geben. Unserer Ansicht nach sollte Förde-
rungswürdigkeit an den Verhältnissen auf regionaler
Ebene bemessen werden. Man muss – mein Kollege
Stübgen hat das angesprochen – über die Kriterien für
die Förderungswürdigkeit einer Region wirklich rational
diskutieren, damit man keinen falschen Ansatz verfolgt,
zum Beispiel indem man für verschiedene Regionen eine
gemeinsame Bemessungsgrundlage anwendet, sodass
sie im Weiteren ihre Förderungswürdigkeit verlieren, ob-
wohl nach wie vor deutlicher Handlungsbedarf besteht.
Ich wiederhole: Wir sollten über die Kriterien für Förde-
rungswürdigkeit rational diskutieren.

Aus meiner Sicht geht es aber nicht an, dass man in
der Frage der Erweiterung Solidarität hintanstellt. Es
kann nicht richtig sein, dass wir in Bezug auf die Ver-
gabe von Mitteln aus den Strukturfonds andere Krite-
rien für die Förderung der europäischen Länder, die Mit-
glied der Europäischen Union werden, als für die

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(C (D isherigen Zahlungsempfänger anwenden. Es gibt für ns keine Staaten und keine Regionen erster und zweiter lasse. Es müssen auch in Zukunft dieselben Kriterien ie bisher gelten. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


uch das, was ich gerade beschrieben habe, gehört zur
olidarität. Gerade in den Ländern, mit deren Beitritt die
uropäische Union erweitert wird, gibt es Befürchtun-
en, dass es in diesem Punkt keine Solidarität gibt.
Das Gebot der Fairness erfordert – wir unterstützen

as – eine Regelung – auch das ist schon angesprochen
orden –, die den statistischen Effekt berücksichtigt.
iejenigen Regionen, die ohne die Erweiterung unter
as 75-Prozent-Kriterium gefallen wären, die lediglich
urch die erweiterungsbedingte Absenkung des Brutto-
nlandsproduktes herausfallen, sind nur statistisch und
icht real reicher geworden. Deshalb brauchen wir in
iesem Bereich gerechte Übergangsregelungen.
Diese Regelungen können sich aus verschiedenen

lementen zusammensetzen: degressive Förderung, ge-
inge Pro-Kopf-Fördersätze, flexiblere Kofinanzierun-
en. Wir müssen auf jeden Fall dafür sorgen, dass für
iese Regionen nicht nur Phasing-out, sondern eine an-
ere Förderungsstruktur bereitsteht. Ich denke dabei na-
ürlich gerade an die neuen Bundesländer. Nach den
euen Zahlen, die mir vorliegen, sind es – ich muss fast
agen: leider – nicht wenige, sondern relativ viele Regio-
en, die auch weiterhin durch Strukturfonds gefördert
erden müssen. Man kann diese ökonomische Entwick-
ung bedauern, aber ich glaube, dass so sehr viele ost-
eutsche Regionen in dem Förderstrukturprogramm
leiben werden.
Von den inhaltlichen Aspekten der Förderpolitik – las-

en Sie mich das abschließend sagen – ist die weitere
örderung der Nachhaltigkeit für uns besonders wich-
ig. Die EU-Strategie zur nachhaltigen Entwicklung ist
ür uns im Rahmen der Strukturpolitik der zentrale An-
er. In der Vergangenheit wurden unserer Meinung nach
u viele Projekte gefördert, die irreversible Umweltschä-
en verursacht haben. Deshalb fordern wir, dass die
ualität der Entwicklung von Regionen und nicht nur
ein quantitativ ökonomisches Wachstum bei der Ver-
abe der Fördermittel in den Mittelpunkt gerückt wird.
egionale Entwicklungskonzepte müssen einen ganz-
eitlichen Ansatz verfolgen und soziale, ökonomische
nd ökologische Entwicklungsfaktoren in gleichberech-
igter Weise berücksichtigen. Dieses Kriterium muss
ach unserer Ansicht bei der Vergabe von Fördergeldern
erücksichtigt werden.
Abschließend will ich anmerken, dass die Beratung in

en Ausschüssen konstruktiv sein wird, weil wir in vie-
en Punkten dicht beieinander sind.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504823800


Das Wort hat die Abgeordnete Veronika Bellmann.


Veronika Bellmann (CDU):
Rede ID: ID1504823900

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Damen

und Herren Kollegen! Herr Steenblock, Sie haben Recht:
Strukturpolitik hat viel Gutes getan. Wie unschwer zu
hören ist, komme ich wie viele meiner Kollegen, die hier
heute schon gesprochen haben, aus Sachsen, einem Bun-
desland, das die regionale Strukturpolitik der EU wegen
seiner wirtschaftlichen Schwäche sehr dankbar ange-
nommen hat.

Die so genannte Ziel-1-Förderung hat in den ost-
deutschen Ländern einen sehr hohen Stellenwert. Aus
unserem Antrag will ich deshalb nur diesen Punkt he-
rausgreifen. Am Ende der derzeitigen Förderperiode
2003 werden die Entwicklungsrückstände in Ostdeutsch-
land nicht aufgeholt sein. Der Aufbau Ost ist durch eine
verfehlte Politik leider zum Stillstand gekommen. Der
Beweis dafür ist, dass das Bruttoinlandsprodukt von
1998 bis 2003 um durchschnittlich 2,3 Prozent gesunken
ist.

Das Anliegen der ostdeutschen Bundesländer ist, die
Förderung für die Ziel-1-Gebiete auch nach der EU-Ost-
erweiterung in der gleichen Höhe wie bisher zu erhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Türk [FDP])


In diese Förderkategorie kommen nur Regionen, deren
Bruttoinlandsprodukt 75 Prozent des EU-Durchschnitts-
wertes unterschreitet. Nach dem Beitritt der neuen EU-
Länder übersteigen die meisten Ziel-1-Regionen Ost-
deutschlands die 75-Prozent-Marke, ohne tatsächlich – das
wurde hier schon des Öfteren angesprochen – an Wirt-
schaftskraft gewonnen zu haben. Es wird sozusagen
reich gerechnet.

Wer den Gradmesser der 75 Prozent überschreitet, be-
kommt im nächsten Förderzeitraum, also von 2007 bis
2013, nur noch die Hälfte der Förderung, das bedeutet, statt
20 Milliarden nur noch 10 Milliarden. Nach unseren Be-
rechnungen würde das zu einem Verlust von 75 000 Ar-
beitsplätzen führen. Neuansiedlungen könnten nur noch
mit 18 Prozent, statt bisher 35 Prozent der Investitions-
summe gefördert werden. Dadurch würde die Schaffung
neuer Arbeitsplätze enorm erschwert.

Gleichzeitig entsteht vor der Haustür Ostdeutschlands
eine Höchstförderzone, die noch dazu Lohnkostenvor-
teile von bis zu 70 Prozent bietet. Man kann an einer
Hand abzählen, wo in Europa, was die Unternehmensan-
siedlungen betrifft, zukünftig die Post abgeht und wer
ins Abseits gerät. Diese Perspektive steigert in Ost-
deutschland nicht gerade die Euphorie für Europa im
Allgemeinen und für die Osterweiterung im Besonderen.
Deshalb muss mit regionaler Strukturpolitik gegenge-
steuert werden.

Die ostdeutschen Ministerpräsidenten, die CDU/CSU-
Abgeordneten des Europäischen Parlaments und des
Deutschen Bundestages haben ihre Vorschläge zur künf-
tigen Gestaltung der EU-Strukturpolitik vorgelegt.

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(C (D elbst der Ausschuss der Regionen hat in seinen Leitliien die besondere Situation der Gebiete nach dem Verust des Ziel-1-Status berücksichtigt. Er schlug deshalb ie Annahme der Obergrenze von 0,45 Prozent des Brutoinlandsprodukts der Gemeinschaft als Grundlage für en Haushalt der Regionalpolitik nach 2006 vor. Der zutändige EU-Kommissar Michel Barnier setzte noch eins rauf: Er sprach sich für eine neue Ziel-1-a-Förderung us, die sehr nahe am jetzigen Volumen liegen müsse nd für einen sehr langen Zeitraum gelten solle. Das chließt die bestehenden Spielräume für das für Investitioen so wichtige Beihilferecht über das Jahr 2006 hinaus it ein. Nun könnte man damit glücklich und zufrieden sein, enn dahinter auch noch eine befürwortende Stellungahme der Bundesregierung stünde. Sie steht noch aus; ir können uns überraschen lassen, was wir dazu noch u hören bekommen. Wir werden sicherlich auch im usschuss noch einiges miteinander zu diskutieren haen. Alle Reformbestrebungen von deutscher Seite werden aran zu messen sein, wie sie den Erfordernissen künftier Regionalund Strukturpolitik in Ostdeutschland geecht werden. Nach wie vor gilt der Merksatz – ich laube, manche haben ihn sich noch nicht gehörig genug inter die Ohren geschrieben –: Wenn Ostdeutschland icht auf die Beine kommt, wird auch der Aufschwung n ganz Deutschland nicht gelingen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Aber leider ist von Bundesminister Clement bisher
ur unterschwellig eine Art Androhung – so habe ich es
umindest empfunden – zu hören, dass alle Deutschen
egen der EU-Hilfen und der damit verbundenen höhe-
en Beitragszahlungen leiden werden. Die Ostdeutschen
ls Prellbock der Nation? Ich weiß nicht, ob das so gut

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1504824000
Mit Leistungskür-
ungen, Steuererhöhungen für Verbraucher und Unterneh-
en, langsamerem Wirtschaftswachstum und – man höre
nd staune – mit einem schwachen Euro ist zu rechnen.
Leistungskürzungen, Steuererhöhung und Nullwirt-

chaftswachstum gibt es seit dem Amtsantritt von Rot-
rün. Das der EU-Strukturpolitik ab 2007 in die Schuhe
u schieben ist absolut vermessen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


enn der Bundeswirtschaftsminister jetzt von einem
chwachen Euro spricht, obwohl dieser sich seit spätes-
ens März auf dem Höhenflug befindet, verschlägt einem
as wirklich fast die Sprache. Man muss fragen: Wo lebt
er Mann eigentlich? Vielleicht, Herr Staatssekretär
taffelt, fragen Sie ihn einmal, ob er noch im vergange-
en Jahrhundert lebt.
Unter diesen Umständen ist eine von Clement ange-

prochene nationale Kompensation für die Regionen,
ie den Ziel-1-Status verlieren, mehr als fraglich, man
ann sogar sagen: verlogen. Aber die Ankündigungshäu-






(A) )



(B) )


Veronika Bellmann
figkeit steht bei Herrn Clement bekanntlich immer im
Quadrat zur eigentlichen Umsetzung.


(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Das ist leider richtig!)


Pascal hat gesagt: Man muss die Tugenden der
Menschen nicht nach ihren außergewöhnlichen Ankün-
digungen beurteilen, sondern nach ihrem täglichen
Benehmen. – Mit ihrem täglichen Benehmen ist die
Bundesregierung noch immer nicht in der ostdeutschen
Realität angekommen. Zeichen dafür: Die Solidarpakt-
mittel sind degressiv gestaltet, die Investitionszulagen
werden gekürzt, die GA-Mittel werden gekürzt, die In-
frastrukturmittel werden gekürzt, Mittel für den Ver-
kehrswegebau in den Grenzregionen im Hinblick auf die
EU-Osterweiterung sind praktisch nicht vorhanden.
Stattdessen gibt es Programme, die im Osten nicht grei-
fen: Jobfloater, den ich immer gern Jobflopper nenne,
Hartz-Programm usw.

Es ist traurig, aber wahr: Der Osten kann sich auf die
Bundesregierung nicht verlassen, sonst ist er verlassen.
Da gehen wir lieber zur EU. Das ist sicherlich nicht un-
bedingt der einfachere Weg, aber er verschafft uns
Planungssicherheit und Kontinuität für einen Sechsjah-
resförderzeitraum mit einmaligem Verhandlungsauf-
wand. Bei der Bundesregierung hätten wir bei sechsma-
ligem Verhandlungsaufwand vielleicht nicht einmal ein
Jahr Planungssicherheit.

Heute so, morgen so, Politik nach Kassenlage und
Belieben – das schafft kein Vertrauen. Es gibt ein schö-
nes Bild: Ein Landwirt kann das Wachstum des Weizens
nicht beschleunigen, wenn er einfach nur an den Halmen
zieht. Ähnliches gilt für die EU-Strukturpolitik. Sie zu
reformieren, die Osterweiterung zu finanzieren und
nationale Regionen, die Hilfe brauchen, nicht aus dem
Auge zu verlieren geht nicht ohne einen nennenswerten
Beitrag, sowohl ideell als auch materiell. Darauf hinzu-
weisen ist der Sinn unseres Antrages.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504824100


Ich gratuliere Ihnen, Frau Kollegin Bellmann, im Na-
men des Hauses zu Ihrer ersten Rede.


(Beifall)

Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär

Ditmar Staffelt.

D
Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1504824200


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Auch wenn Sie hier Ihre erste Rede gehalten ha-
ben, liebe Frau Kollegin, lege ich doch großen Wert da-
rauf, dass Sie ein bisschen präziser mit dem umgehen,
was Sie hier behaupten. Allein die Tatsache, dass wir in
unseren nationalen Haushalt mehr als 2,3 Milliarden Euro
für Verkehrsinvestitionen in den Grenzregionen einge-
stellt haben, und die Tatsache, dass dazu noch mehr als

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(C (D Milliarden Euro aus der Europäischen Union kommen, ind Sachverhalte, die Sie hier völlig ausgeblendet haben. Ähnliches gilt auch für die Anstrengungen, die soohl von früheren Bundesregierungen als auch von dieer Bundesregierung unternommen worden sind, um geade in Ostdeutschland dafür Sorge zu tragen, die ichtigen Zentren der Wirtschaft, so gut es eben geht, in hrer Investitionstätigkeit zu unterstützen und das hohe aß der Solidarität für Ostdeutschland, das es in eutschland in den letzten zwölf Jahren gab, sehr kontiuierlich und ohne große Diskussionen fortzusetzen. (Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Das ist etwas unfair!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ie sollten bei solchen Reden die Kirche im Dorf lassen.

(Beifall bei der SPD)


Vor einem knappen Jahr hat der Deutsche Bundestag
inen Antrag mit dem Titel „Die Gemeinschaftsauf-
abe‚Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur‘
ls regelgebundenes Fördersystem erhalten“ angenom-
en. Es wurde gesagt, diese Gemeinschaftsaufgabe sei
in flexibler Handlungsrahmen für die regionale Wirt-
chaftsförderung der Länder, der die Gleichbehandlung
on strukturschwachen Regionen im Standortwettbe-
erb sichere und einen unproduktiven Subventionswett-
auf um überregionale Ansiedlungen verhindere.
Die Bundesregierung wurde in dieser Entschließung

es Bundestages vom 27. Juni 2002 insbesondere aufge-
ordert, zu prüfen, wie diese Gemeinschaftsaufgabe als
nverzichtbares regelgebundenes System auch nach dem
ahr 2004 erhalten bleiben könne. Ferner sollte die Bun-
esregierung darauf hinwirken, dass Bund und Länder
ie Wirksamkeit ihrer strukturpolitischen Aktivitäten
tärker und besser aufeinander abstimmen.
Der 32. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Ver-

esserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ orientiert
ich an dieser Entschließung des Deutschen Bundesta-
es. Der 32. Rahmenplan wurde nach sorgfältiger Vorbe-
eitung vom Bund-Länder-Planungsausschuss der Ge-
einschaftsaufgabe unter Vorsitz von Bundesminister
lement am 24. April 2003 einstimmig verabschiedet.
Der Planungsausschuss hat auch eine Orientierungs-

iskussion über die zukünftige regionale Investitionsför-
erung in Deutschland geführt. Im Zusammenhang mit
er Diskussion um die Föderalismusreform bestand im
lanungsausschuss Einigkeit in der Frage, die Nutzung
er Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regio-
alen Wirtschaftsstruktur über 2006 hinaus zu vertiefen,
nd zwar insbesondere mit Blick auf die Absicherung
er Gemeinschaftsaufgabe Ost, auf die Sicherung eines
ationalen regionalpolitischen Handlungsspielraums und
uf eine noch größere Wirksamkeit und Flexibilität der
emeinschaftsaufgabe.
Ich erinnere daran – Sie waren zehn Jahre erfolgreich
Sächsischen Landtag tätig –,


(Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Acht Jahre!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt
dass auch die sächsische Staatsregierung hier mit am
Tisch gesessen hat. Es sind also nicht irgendwelche rot-
grünen Hirngespinste, wie Sie das zu nennen pflegen,
sondern es sind tatsächlich wohlausgewogene Erörterun-
gen der beteiligten Länder und der Bundesregierung.
Damit ist bereits ein wesentlicher Teil des künftigen Ar-
beitsprogramms der Bund-Länder-Gremien der Gemein-
schaftsaufgabe vorgezeichnet.

Lassen Sie mich zur Erläuterung angesichts der knap-
pen Zeit nur dies sagen: Der regionalpolitische Hand-
lungsspielraum wird auch unserer Meinung nach be-
dauerlicherweise durch die Europäische Union immer
stärker eingeschränkt. Verlautbarungen aus Brüssel las-
sen weitere Einschränkungen befürchten. Die EU-Kom-
mission erwägt nach der Osterweiterung parallele Redu-
zierungen der EU-Regionalförderung und der nationalen
Regionalförderung in Deutschland. Der Planungsaus-
schuss hatte daher einen ausreichenden Spielraum der
Mitgliedstaaten der EU zur eigenständigen Lösung ihrer
Regionalprobleme gefordert.


(Beifall bei der SPD)

Ich denke, das ist sehr wichtig.

Es ist schade, dass Sie mir nicht mehr zuhören, Frau
Kollegin. Sie scheinen an Informationen nicht interes-
siert zu sein, sonst hätten Sie wissen müssen, dass Herr
Clement mit Sicherheit nicht davon gesprochen hat, dass
der Euro im Moment in einer schwachen Phase ist. Das
muss ein Missverständnis sein.


(Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Das ist wörtlich aus der Leipziger Rede von Herrn Clement!)


– Es mag ein Versprecher sein. Niemand glaubt, dass er
das wirklich gesagt hat. Zeigen Sie es mir einmal. Eine
solche Politik sollte man nicht machen. Das ist eher un-
seriös.


(Beifall bei der SPD)

Im vorliegenden Antrag der CDU/CSU-Fraktion wird

deshalb ebenfalls – das begrüßen wir – auf eine Rückge-
winnung regionalpolitischer Handlungsspielräume der
Mitgliedstaaten abgezielt, wobei Sie dieses Ziel durch
eine Reform der europäischen Strukturpolitik erreichen
wollen. Unklar bleibt in Ihrem Antrag die Rolle der Bei-
hilfekontrolle der EU-Kommission, für die in erster Li-
nie eine „effizientere Gestaltung“ gefordert wird. Ich
möchte einen Schritt weitergehen und die Forderung er-
heben, dass die Beihilfekontrolle der EU-Kommission
den Mitgliedstaaten einen ausreichenden regionalpoliti-
schen Handlungsspielraum belässt.

Zur EU-Strukturpolitik wird im Unionsantrag zu
Recht eine Zurückdrängung des Zentralismus gefordert.
Mich irritiert allerdings die Forderung, diejenigen Regi-
onen, die wegen des beitrittsbedingt sinkenden EU-Brut-
toinlandsproduktdurchschnitts nach 2006 aus der Ziel-1-
Kategorie herausfallen würden, in der kommenden För-
derperiode gleichwohl weiterhin wie ein Ziel-1-Gebiet
behandeln zu wollen. Die Bundesregierung lehnt eine

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(C (D olche Sonderbehandlung aus verschiedenen Gründen b. Dazu gehört vor allem, dass wir mit unserer Fordeung nach einer Konzentration der EU-Regionalfördeung auf die Ziel-1-Regionen auch die Forderung nach iner strikten Anwendung des 75-Prozent-Kriteriums erbinden. Ich sage das ganz ausdrücklich auch im Hinlick auf die erweiterte Union und die Entwicklungen in en Beitrittsländern, die zum Teil nicht die allerschlechesten sind. Um erreichte Fördererfolge in den aus der Förderung erausfallenden Ziel-1-Regionen nicht zu gefährden, etzen wir uns sodann für Übergangsregelungen im Rahen eines generellen, fairen Phasing-out, wie es neueutsch so schön heißt, also im Rahmen eines so geannten Hinausgleitens, ein. Wie dies konkret aussieht, teht heute noch nicht fest. Dies wird abzustimmen sein. ier befinden wir uns wiederum mit den Bundesländern n einem engen Dialog. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für seriöse Aus agen, inwieweit die neuen Länder den Ziel-1-Status berhaupt verlieren, zu früh ist. Entscheidend dafür weren die wirtschaftlichen Daten der Jahre 2001 bis 2003 ein, sodass wir feststellen müssen, dass hier erst einmal valuiert werden muss. Nach dieser Evaluierung wird ich am Ende darstellen lassen, wie die konkrete Situaion in Bezug auf diese Länder aussehen wird. Herr Kollege Staffelt, gestatten Sie eine Zwischenrage? D Bitte. Bitte schön. Herr Staatssekretär, schon heute kennt man die wirt chaftliche Situation in den neuen Bundesländern. Die önnen Sie beschreiben; das haben Sie bereits heute und estern in der Fragestunde getan. Sie wissen demzufolge uch, welche Anstrengungen in den kommenden Jahren ufgrund der wirtschaftlichen Situation nötig sind. Deswegen die Frage: Können Sie uns zum einen er lären, ob aus Ihrer Sicht das finanzielle Volumen von ngefähr 20 Milliarden Euro, das in den Jahren 2006 bis 014 gezahlt würde, nötig ist? Wenn Sie nicht wollen, ass dieses Geld auf dem Weg über die Europäische nion zur Verfügung gestellt wird, wie wollen Sie dann um anderen diese Mittel bereitstellen, die für den Aufau Ost nötig sind, um die Erfolge, von denen Sie geprochen haben, und die Solidarität, die dem zugrunde iegt, nicht zu gefährden? D Herr Abgeordneter, ich will Ihnen zum Ersten sagen, dass Sie nicht nur über ein Ziel-1-Gebiet in Deutschland sprechen dürfen. Sie müssen vielmehr sehen, was eine solche Förderung für die gesamte Europäische Union bedeutet. Das heißt, Sie würden eines tun: Sie würden die 25-Prozent-Linie in entsprechender Weise aufstocken. Zusätzlich zu den Gebieten, die jetzt im Rahmen der EU-Beitrittsstaaten zu fördern sind, würden weitere Gebiete in Europa in die Förderung einbezogen. Dies ist finanziell nicht durchzuhalten. (Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Das war nicht meine Fragestellung!)


(Vorsitz: Präsident Wolfgang Thierse)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504824300
Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1504824400
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504824500
Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1504824600




(A) )


(B) )

Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1504824700

Zum Zweiten sage ich Ihnen, dass sich die neuen
Bundesländer gemeinsam mit der Bundesregierung auf
nationaler Ebene überlegen müssen, welche Fördermög-
lichkeiten und -notwendigkeiten es gibt. Wenn Sie sich
daran erinnern, über wie viele Jahrzehnte hinweg es in
den alten Ländern Fördertatbestände gegeben hat – ich
nenne nur die Zonenrandförderung und die Berlin-För-
derung –, dann müssten Sie sich in diesem Bereich auch
die Frage der Evaluierung stellen. Deswegen sind wir im
Dialog mit den Regierungen der neuen Bundesländer.
Ich bin sicher, dass wir eine gute Lösung für die neuen
Bundesländer finden werden.

Meine Damen und Herren, ich hätte gern noch ein
Wort zu den Grenzregionen gesagt, aber meine Zeit
läuft ab.


(Ute Kumpf [SPD]: Aber nur jetzt, nicht für immer! – Zuruf von der CDU/CSU: Die Redezeit! – Heiterkeit bei der CDU/CSU)


– Das sind die Spitzfindigkeiten, nachdem sich das Ge-
witter verzogen hat.

Ich verweise nur auf eines: Die Grenzregionen schla-
gen vor, dass es einen Gürtel von Förderregionen an den
ehemaligen Außengrenzen geben soll. Hier gibt es über-
haupt nur zwei Arbeitsamtsbezirke in Bayern, die nicht
als Fördergebiete ausgewiesen sind. Von daher erscheint
ein solcher Ansatz nicht sehr hilfreich zu sein.

Erlauben Sie mir bitte noch eine letzte Bemerkung, da
Sie hier das Thema EU-Osterweiterung mit der Formel
angesprochen haben, Sie wüssten schon, wohin die In-
vestitionen gingen. Von allen Volkswirten, wirtschafts-
wissenschaftlichen Instituten und Analysten wird bestä-
tigt, dass die Bundesrepublik Deutschland von der EU-
Osterweiterung erheblich profitieren wird. Ich gebe Ih-
nen Recht, dass sich die Frage stellt, ob alle Regionen in
Deutschland davon profitieren werden. Dass die grenz-
nahen Regionen besondere Probleme haben, steht ganz
außer Frage. Allerdings geht es hier nicht nur um Förde-
rung, sondern auch darum, dass sich dort etwas bewegt
und die Dienstleister aufwachen, sich orientieren und in
Kooperationen mit den Unternehmen auf der anderen
Seite der Grenze einwilligen. Darum werbe ich gemein-
sam mit den Industrie- und Handelskammern sowie den
Handwerkskammern für noch mehr Bewegung und un-
ternehmerische Initiativen. Nur das wird am Ende hel-

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(C (D en, nicht aber der Aufbau neuer Subventionstatbestände nd neuer Grenzen und Mauern. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504824800


Ich erteile das Wort dem Kollegen Klaus Hofbauer,
DU/CSU-Fraktion.


Klaus Hofbauer (CSU):
Rede ID: ID1504824900

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Herr Staatssekretär, ich gebe Ihnen Recht: Die EU-
sterweiterung wird für uns ebenfalls einen großen Vor-
eil bringen. Auch ich bin davon überzeugt, dass die Ost-
rweiterung den Grenzregionen auf Dauer Vorteile brin-
en wird. Entscheidend ist aber, dass wir diesen Prozess
ktiv gestalten und miteinander Akzente setzen. Hierzu
ind die Politik, die Wirtschaft und die Kammern aufge-
ufen. Wir brauchen für die Grenzregionen eine konzer-
ierte Aktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Aber wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und
erren, was uns in der Strukturpolitik zurzeit am meis-
en Schwierigkeiten bereitet? – Die fatale Wirtschafts-
nd Arbeitsmarktpolitik in Deutschland. Die struktur-
chwachen Gebiete leiden in ganz besonderem Maße un-
er der verkehrten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik
on Rot-Grün.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir sind uns in diesem Hause sicherlich darüber ei-

ig, dass Strukturpolitik in den letzten Jahren erfolgreich
nd richtig war und auch in Zukunft notwendig sein
ird. Dabei muss uns aber vor allen Dingen im Hinblick
uf die Erweiterung und Einigung Europas bewusst sein,
ass wir die Strukturpolitik auf allen Ebenen reformieren
üssen: die europäische Strukturpolitik, die nationale
trukturpolitik und vor allen Dingen das Zusammenwir-
en beider Politiken. Ich teile die Auffassung meiner
orredner, dass ein wesentliches Element der europäi-
chen Strukturreform eine Rückgewinnung nationaler
andlungsspielräume sein muss. Wir spüren bei der
emeinschaftsaufgabe, was uns Brüssel alles vor-
chreibt. In der letzten Förderperiode haben wir nicht
inmal eine Abgrenzung der Fördergebiete von Brüssel
enehmigt bekommen. Nicht einmal mit der Klage, Herr
ollege Müller, die wir gemeinsam vorgeschlagen und
ngestrebt haben, sind wir durchgekommen. Die europä-
sche Strukturpolitik wird also nur dann Erfolg haben,
enn auch größere nationale Spielräume eine Chance
aben. Das müssen wir in diesen Wochen und Monaten
rkämpfen, insbesondere im Hinblick auf die Verab-
chiedung einer europäischen Verfassung.


(Beifall des Abg. Jürgen Türk [FDP])

Leider Gottes – ich sage dies sehr klar und deutlich – ist
dem jetzigen Entwurf, soweit er uns vorliegt, im Grunde
enommen nur eine Festschreibung der bisherigen






(A) )



(B) )


Klaus Hofbauer
Verträge enthalten. Wir müssen uns also verstärkt Gedan-
ken darüber machen, was wir in Bezug auf die Struktur-
politik in die europäische Verfassung einbringen wer-
den. Ich bin der festen Überzeugung und unterstreiche
dies: Wir brauchen auch in Zukunft eine europäische
Strukturpolitik.

Ich komme zu ein paar Anmerkungen zur GA und
insbesondere zur Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung. Der zweiunddreißigste Rahmenplan zeigt auf, dass
diese GA auch in den letzten Jahren erfolgreiche An-
sätze verzeichnete. Aber es gibt natürlich auch Pro-
bleme, Herr Staatssekretär, zu denen Sie nichts gesagt
haben. Die finanzielle Ausstattung der GA ist selbst-
verständlich nicht befriedigend. In Bezug auf die Grenz-
regionen können Sie zwar sagen, dass alle bis auf zwei
Landkreise über die GA „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ gefördert werden. Es steht jedoch
fest, dass wir zum Beispiel die Höchstsätze nicht aus-
schöpfen können, weil die finanziellen Voraussetzungen
dafür fehlen. Wir müssen uns also insbesondere hinsicht-
lich der nächsten Jahre hierüber Gedanken machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie
mir, noch ein paar Sätze zu den Grenzregionen zu sa-
gen. Herr Kollege Müller, auch Sie haben die Idee von
sich gewiesen, Grenzregionen zu fördern. Wir werden
hier durch den Herrn Bundeskanzler beschützt. Er hat in
Weiden etwas gesagt, das ich mit Genehmigung des
Herrn Präsidenten wörtlich zitieren darf. Ich habe die
Rede sogar dabei. Das ist die einzige Rede eines SPD-
Mannes, die ich ständig bei mir trage.


(Karl Diller, Parl. Staatssekretär: Welche Reden haben Sie sonst noch dabei?)


– Ich habe einige dabei, aber von der SPD nur diese vom
Herrn Bundeskanzler in Weiden. – Bundeskanzler
Schröder hat dort „ein vernünftiges, auch materiell un-
terlegtes Programm der Förderung der Grenzregionen“
versprochen. Ich stelle hier ganz bescheiden fest, dass
dies eines der vielen Versprechen von Herrn Schröder
ist, die er nicht gehalten hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dies müssten wir einfordern, aber nicht nur deshalb,
Herr Staatssekretär, weil es der Herr Bundeskanzler ver-
sprochen hat. Ich bitte auch die besondere Situation in
den Grenzregionen zu berücksichtigen. Das Lohngefälle,
das Wirtschaftsgefälle und das Strukturgefälle sind we-
der anderswo in Europa noch weltweit so rapide wie
zwischen den Grenzregionen und den angrenzenden Bei-
trittsländern. Hinzu kommt natürlich ein gewaltiges För-
dergefälle. Darin besteht unser Problem. Deswegen bitte
ich, diesen Gedanken nicht von sich zu weisen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie
mir noch eine Schlussbemerkung. Wir sollten diesen An-
trag, über dessen einen oder anderen Punkt sicherlich
Diskussionsbedarf besteht, beraten. Hinsichtlich des
Themenbereiches Strukturpolitik sind wir bereit, eine
gemeinsame Strategie zu entwickeln – im Hinblick auf
Europa und im Hinblick auf die nationale Entwicklung
und die Osterweiterung. Wir sollten jetzt Konzepte vor-
legen, weil in Europa die Weichen gestellt werden und

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(C (D ie Osterweiterung neue Aufgaben und Ziele hervorringt. Gehen wir in diesem Sinne den Weg gemeinsam an! ie Strukturpolitik ist notwendig. Wir sollten es miteinnder schaffen, weil Europa dadurch wirklich positiv getaltet wird. Herzlichen Dank. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 15/749 und 15/861 an die in der Tagesrdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind ie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind ie Überweisungen so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Erwin Marschewski ordneter und der Fraktion der CDU/CSU Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter – Drucksache 15/924 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen artin Hohmann, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Dieses Land ist stark geworden und wird stark bleiben, wenn es im Innern gerecht zugeht. as sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder am 6. Auust 2002. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Max Stadler [FDP]: Haben Sie seine Rede dabei?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504825000
Martin Hohmann (AfD):
Rede ID: ID1504825100

Ob es gerecht zugeht, darüber kann man grübeln und
ücher schreiben. Wir als Politiker sollen nach Sehen
nd Beurteilen handeln. Zu den wichtigsten Leitbegrif-
en beim Handeln gehört in der Tat Gerechtigkeit. „Ge-
echtigkeit“ war auch bei der Rede von Gerhard
chröder als SPD-Vorsitzendem zum 140-jährigen Jubi-
äum der SPD ein häufig gebrauchtes Wort.


(Ute Kumpf [SPD]: Waren Sie dabei?)

Es ist ausreichend berichtet worden. – Ich darf einige
itate bringen:






(A) )



(B) )


Martin Hohmann
Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit – diese Grund-
werte von damals sind unsere Werte von heute. Da-
ran wird sich nichts ändern.

Oder:
Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit – das sind für
uns keine statischen Begriffe. Alle drei sind Voraus-
setzung für einander und stehen in Beziehung zu-
einander.

Oder:
Wir sagen: Ohne Gerechtigkeit gibt es keine Frei-
heit und ohne Freiheit keine Solidarität.

Ich komme zu den Grünen. Fast zur gleichen Zeit, im
Mai 2003, fasste der Parteirat von Bündnis 90/Die Grü-
nen einen Beschluss für die Bundesdelegiertenkonferenz
in Cottbus. Auch darin war die Gerechtigkeit ein häufi-
ger Gast. Sie trat als einfache Gerechtigkeit, als Ge-
schlechtergerechtigkeit und als internationale Gerechtig-
keit auf.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Generationengerechtigkeit!)


Weil Rot und Grün die Gerechtigkeit so herausstellen,
schöpfen wir Hoffnung. Wir haben neue Zuversicht, mit
unserem Antrag zur Entschädigung deutscher Zwangsar-
beiter gemeinsam voranzukommen. Denn Gerechtigkeit
verlangt im Kern: gleiches Leid, gleiche Entschädigung.
Menschenrechte sind unteilbar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Was wollen wir mit unserem Antrag erreichen? –

Gerechtigkeit. Im Einzelnen möchten wir die Bundesre-
gierung auffordern, „einen Gesetzentwurf zu erarbeiten
und … vorzulegen, der eine humanitäre Geste für Perso-
nen vorsieht, die als Zivilpersonen aufgrund ihrer deut-
schen Staats- oder Volkszugehörigkeit durch fremde
Staatsgewalt während des Zweiten Weltkrieges und da-
nach“ Zwangsarbeit leisten mussten. Wir bitten für die
deutschen Opfer von Zwangsarbeit um „eine Einmalzah-
lung, vergleichbar der für die NS-Zwangsarbeiter ge-
schaffenen Regelung“. Wir ersuchen die Bundesregie-
rung, „die Anzahl der nach einem solchen Gesetz
Antragsberechtigten zu ermitteln“, einen entsprechenden
Gesetzentwurf zu erstellen und die finanzielle Ausstat-
tung des Fonds zu regeln.

Bei alledem ist zu bedenken, dass die Opfer von
Zwangsarbeit sich in einem sehr fortgeschrittenen Alter
befinden. Die Zeit drängt. Eine schnelle Regelung ist nö-
tig.

Um eine Regelung auch für deutsche Zwangsarbeiter
bemüht sich die Union im Bundestag seit Schaffung der
NS-Zwangsarbeiter-Stiftung „Erinnerung, Verantwor-
tung und Zukunft“. Im Einzelnen sind hier Fragen und
Initiativen von verschiedenen Unionsabgeordneten zu
nennen. Bisher haben wir von Ihnen leider nur abschlä-
gige Antworten erhalten. Dennoch resignieren wir nicht.
Wir haben einen langen Atem. Wir kämpfen für eine ge-
rechte Sache und wir wissen, dass wir heute in einer an-
deren Situation sind.

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(C (D Warum? Die Einschätzung und Bewertung der deutchen Heimatvertriebenen unterlag nach dem Krieg staren Schwankungen. Während zunächst alle Parteien den ertriebenen und Flüchtlingen ein Rückkehrrecht quasi elbstverständlich einräumten, weil man sich eine endültige Vertreibung von 15 Millionen Menschen nicht orstellen konnte, gab es seit der Ostpolitik von Willy randt Dissonanzen. Die Anerkennung der machtpoliisch geschaffenen Fakten nahm den Heimatvertriebenen etzte vage Hoffnungen. Damit standen die Heimatvertriebenen und die so ge annten fortschrittlichen und linken Kräfte, mit ihnen ie SPD, seit den 70er-Jahren eher unversöhnlich in verchiedenen politischen Lagern. Ausgrenzungen und Abrenzungen verschärften den Streit ebenso wie die ationale Ich-Schwäche, die besonders von der neu ufgekommenen Partei der Grünen hingebungsvoll geflegt wurde. (Sebastian Edathy [SPD]: Nationale IchSchwäche? Herr Hohmann, Sie reden mal wieder an der Sache vorbei!)


(Sebastian Edathy [SPD]: Auf was?)


o waren noch im Mai 1990 Claudia Roth und Angelika
eer als Demonstrantinnen hinter einem Transparent


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn das für eine schräge Rede?)


hören Sie bitte zu – mit der Aufschrift „Nie wieder
eutschland!“ zu finden. Das hat sie nicht gehindert, zur
leichen Zeit als Abgeordnete des Deutschen Bundesta-
es


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht es jetzt um Zwangsarbeiter oder geht es um nationale Identität?)


as nicht unbeträchtliche Bundestagssalär zu beziehen.

(Sebastian Edathy [SPD]: Herr Hohmann, jetzt wird es aber unsachlich!)

Gerade bei den Grünen – heute: Bündnis 90/Die Grü-

en – wurde lange ein lieb gewordenes Bild gepflegt: die
leichsetzung der Vertriebenen mit dem äußerst rechten
pektrum der Politik, mit Revanchisten und Chauvinis-
en. Zwar hat es vereinzelte schrille Stimmen aus dem
ereich der Vertriebenen gegeben. Mit übergroßer
ehrheit gehörten die Vertriebenen jedoch von Anfang
n zu dem wertvollen und tatkräftigen Aufbaupotenzial
nseres demokratischen Staates. Nicht zu vergessen ist
nsbesondere die Charta der Vertriebenen. Mit ihr ver-
ichteten die Vetrieben bereits im April 1950 auf Re-
anche und Gewalt und verpflichteten sich, am Aufbau
ines friedlichen Europas mitzuwirken.
Die Grünen sollten daher ihr fortwirkendes Negativ-

ild und ihr altes Feindbild ablegen. Erst recht muss mit
er Unterstellung Schluss sein, dass, wer an das Elend
er Vertreibung erinnere, den Holocaust verharmlose.


(Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Edathy [SPD]: Das hat aber mit dem Antrag nichts zu tun!)







(A) )



(B) )


Martin Hohmann
Neue Hoffnung gibt hier – ich sage viel Gutes über ihn – In-
nenminister Otto Schily. Er hat sich, das sei dankbar an-
gemerkt, mehrfach mit Offenheit und Sensibilität dem
Schicksal unserer Vertriebenen zugewandt.

Meine Damen und Herren, wenn ich zuvor gesagt
habe, wir seien heute in einer neuen Situation, so bezieht
sich das auf eine neue öffentliche Wahrnehmung des
Vertreibungsschicksals. Lassen Sie mich stellvertre-
tend drei Namen nennen: Professor Dr. Guido Knopp ist
es gelungen, besonders mit seinen Fernsehbeiträgen zur
deutschen Zeitgeschichte, neues Interesse für die Zeit
des Zweiten Weltkrieges, seine Täter und seine Opfer zu
wecken. Dr. Jörg Friedrich hat mit seinem Buch „Der
Brand“ erstmals die Perspektive der mehr als 600 000 zi-
vilen Opfer des Bombenkrieges in den Mittelpunkt ge-
rückt. Schließlich hat die Novelle „Im Krebsgang“ des
Literaturnobelpreisträgers Günter Grass den Untergang
des Flüchtlingsschiffes „Wilhelm Gustloff“ thematisiert.

Damit lebten die deutschen Schicksale aus der Schre-
ckenszeit des ausgehenden Krieges wieder auf. Vielen
wurde klar, dass ein Verschleppungsschicksal jeden tref-
fen konnte, der sich im sowjetischen Machtbereich auf-
hielt. Um die Sollzahlen an Arbeitssklaven für die Lager
des Gulag zu erfüllen, wurde der 12-jährige Junge aus
Breslau ebenso eingefangen wie die 17-jährige Ober-
schülerin aus der S-Bahn in Berlin-Mahlsdorf.

Diese neue Betroffenheit ist messbar. Sie ist demo-
skopisch erfasst worden. Vor zwei Monaten hat das
Emnid-Institut auf die Frage, ob auch deutsche Zivilis-
ten, die Zwangsarbeit leisten mussten, eine Entschädi-
gung oder eine Geste der Wiedergutmachung erhalten
sollten, eine Zustimmung von 80 Prozent registriert. In
den östlichen Bundesländern lag die Zustimmung für das
Anliegen unseres Antrages sogar bei fast 90 Prozent.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Heute fragen insbesondere junge Menschen nach
Flucht, Vertreibung und Verschleppung. Sie wollen die
ganze Wahrheit wissen. Diese Wahrheit ist entsetzlich.
Wahrheit ist: Es hat rund zwei Millionen deutsche
Zwangsarbeiter gegeben. Wahrheit ist: Rund die Hälfte
von ihnen hat nicht überlebt. Wahrheit ist: Besonders
viele Frauen und nicht wenige Kinder wurden Opfer der
Zwangsarbeit. Wahrheit ist: Die meisten von diesen
Frauen waren sexuelles Freiwild für die enthemmte auf-
gehetzte Soldateska.

Entwürdigung und Demütigung waren neben Hunger
und Kälte Schicksal dieser Frauen. Ich zitiere aus dem
Buch von Freya Klier „Verschleppt ans Ende der Welt“:

… und wenn das nicht schnell genug ging mit dem
Hacken, dann wurde zur Abschreckung mal eine er-
schossen … Und zwischenrein wurden immer wie-
der Frauen zum Vergewaltigen weggezerrt … Das
Erschütterndste aber, so erzählte mir meine Mutter
mal, als ich erwachsen war, das waren die Frauen-
leichen, die man so übel zugerichtet hatte … Eine
Frau, die hatte gerade entbunden, da lag das Neuge-
borene daneben und der Frau – sie war schon steif
gefroren – steckte ein Stock in der Scheide … Der

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(C (D Anblick hat meine Mutter ihr Leben lang verfolgt, trotz allem, was wir selbst durchmachen mussten. as war kein Einzelfall. Vergewaltigung, Hunger, Enträftung und Tod betrafen die Mehrheit dieser Frauen, ie Kinder nicht zu vergessen. Ich bin sicher, auch Sie von den Regierungsfraktionen assen diese Schicksale und dieses grausame Leid nicht leichgültig. Sie haben für unsere deutschen Landsleute einen Stein an der Stelle Ihres Herzens. Sie haben erannt, dass es noch lange keine Vergötzung der Nation edeutet, denjenigen einen Ausgleich zukommen zu lasen, die stellvertretend für diese Nation leiden mussten. ie waren die Deutschen, derer man habhaft werden onnte. Sie waren die Deutschen, die alles abbüßen ussten. Sie waren die Deutschen, an denen die Racheefühle abgearbeitet wurden. Gemeinsam haben wir die flicht, diesen nun alten Überlebenden etwas von ihrer ürde wiederzugeben. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich bschließend auf die eingangs zitierten Kernbegriffe soialdemokratischen und grünen Selbstverständnisses zuückkommen, auf Gerechtigkeit und Solidarität. Unter euen Umständen stehen diese Begriffe neu auf dem rüfstand. Es kann nicht sein, dass die IOM, die Internaional Organization for Migration, in der ganzen weiten elt nach NS-Zwangsarbeitern sucht, um sie zu entschäigen, und dass wir die deutschen Zwangsarbeiter vor nserer eigenen Haustür im Regen stehen lassen. s kann nicht sein, dass für diese kleine Minderheit alter enschen die Leitbegriffe Solidarität und Gerechtigkeit olitische Leerformeln bleiben. Das wäre ideologisch epanzerte Kälte. Das wäre die Enttarnung der von Buneskanzler Schröder initiierten NS-Zwangsarbeiterentchädigung als Polittheater. Es kann nur eine Gerechtigkeit und nur eine Men chenwürde geben. Wir von der Union haben die NSwangsarbeiterentschädigung in der Hoffnung mitgetraen, dass die jetzige Regierung auch für deutsche wangsarbeiter etwas Konkretes tut. Mitleid reicht icht. Als Unionspolitiker appellieren wir an die Kolleinnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen: ieses Land wird nur stark bleiben, wenn es im Innern erecht zugeht. Wir verlangen Gerechtigkeit und Mitmpfinden, auch für deutsche Zwangsarbeiter. Ich erteile das Wort dem Kollegen Sebastian Edathy, PD-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich laube, wir tun alle gut daran, egal welcher Fraktion wir ngehören, uns zu bemühen, uns sachlich an das Thema nzunähern, das die Union heute mit ihrem Antrag auf ie Tagesordnung gesetzt hat. Das sage ich bewusst als ngehöriger einer Generation, die Jahrzehnte nach dem Sebastian Edathy Ende des Zweiten Weltkrieges geboren ist; ich gehöre dem Geburtsjahrgang 1969 an. Gerade als Mitglieder des Bundestages haben wir eine besondere Verantwortung dafür, das Geschehene nicht vergessen zu lassen und uns immer wieder zu fragen, ob wir die richtigen Schlussfolgerungen aus dem gezogen haben, was von deutschem Boden in deutschem Namen ausgegangen ist und was die Folge dieser Geschehnisse war. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504825200
Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1504825300




(A) )


(B) )


Ich glaube, deswegen ist es sinnvoll, zu Beginn einer
solchen Debatte noch einmal in Erinnerung zu rufen,
was in den Jahrzehnten seit Gründung der Bundesrepu-
blik durch den Gesetzgeber auf den Weg gebracht und
verwirklicht worden ist, um auch deutschen Opfern der
Ereignisse des Zweiten Weltkrieges ein Stück Gerechtig-
keit und Anerkennung zuteil werden zu lassen, insbeson-
dere wenn es sich um Opfer handelt, die ein besonders
schweres Schicksal zu tragen hatten.

In diesem Zusammenhang ist an das Kriegsgefange-
nenentschädigungsgesetz, aber auch an das Häftlingshil-
fegesetz zu erinnern, das ja immer noch gilt. Die entspre-
chende Stiftung bewilligt insbesondere bei sozialen
Notlagen auch heute noch Zuwendungen für Menschen,
die aus politischen Gründen interniert und als deutsche
Staatsbürger seitens anderer Staaten zur Zwangsarbeit
herangezogen worden sind.

Herr Kollege Hohmann, andererseits war es 50 Jahre
lang Konsens im Deutschen Bundestag, dass Verschlep-
pung zu dem Zweck, die Betroffenen als Arbeitskräfte
einzusetzen, als allgemeines Kriegsfolgenschicksal be-
wertet worden ist. Mit ihrem Antrag „Entschädigung
deutscher Zwangsarbeiter“ fordern CDU und CSU ab-
weichend von dieser Bewertung der Heranziehung deut-
scher Bürger zur Zwangsarbeit als allgemeines Kriegs-
folgenschicksal nun die pauschale Entschädigung
früherer deutscher Zwangsarbeiter. Es lohnt sich, den
Antrag der CDU/CSU einmal näher zu betrachten.

Einleitend – Herr Hohmann hat den Bezug auch in
seiner Rede gerade hergestellt – wird direkt Bezug auf
die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“
genommen, die der Deutsche Bundestag im Sommer
2000 zu errichten beschlossen hat. In Ihrem Antrag wei-
sen Sie darauf hin, dass durch diese Stiftung insbeson-
dere jene früheren Zwangsarbeiter berücksichtigt wer-
den sollten, die als Bewohnerinnen und Bewohner
Osteuropas aufgrund des späten Falls des Eisernen Vor-
hangs zuvor nicht die Möglichkeit hatten, von deutscher
Seite eine Entschädigung zu erhalten.

Auf dieser Grundlage, also mit dem Hinweis darauf,
dass das eine späte Wiedergutmachung an die Opfer
deutschen Handelns ist, heißt es dann in dem Antrag der
Union ohne einen sachlichen Zusammenhang aber, dass
dies nun auch für frühere deutsche Zwangsarbeiter gel-
ten müsse. Daneben sagt die Union in ihrem Antrag, die
Bundesregierung solle sich nun an jene ausländischen
Staaten bzw. ihre Nachfolgestaaten wenden, die deut-

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(C (D che Bürgerinnen und Bürger zur Zwangsarbeit herangeogen haben. Diese Forderung hat eine Reihe von nionsabgeordneten parallel zur Verabschiedung des tiftungsgesetzes bereits im Jahre 2000 erhoben. Nur enn dies nicht zum Ziel führe bzw. wenn sich die Bunesregierung nicht an die betreffenden ausländischen taaten wenden wolle, dann möge die Regierung einen esetzentwurf vorlegen, auf dessen Grundlage analog ur Entschädigung ausländischer Zwangsarbeiter auch rühere deutsche Zwangsarbeiter zu entschädigen seien. as ist der Inhalt des Antrages der Union. Lassen Sie mich für die SPD-Bundestagsfraktion ierzu folgende Stellungnahme abgeben: Dass auch viele deutsche Bürger während des Zweiten eltkrieges und unmittelbar danach Opfer von Gewalt nd Willkür wurden, ist zutreffend. Es gilt – nein, es ist elbstverständlich – das Leid dieser Menschen anzuerkenen. Darüber gab es im Deutschen Bundestag im Übrigen ie Streit. Im Gegenteil: Das Kriegsgefangenenentschädiungsgesetz, das Häftlingshilfegesetz und das Bundesverorgungsgesetz – auch dieses dritte Gesetz zählt dazu – atten zum Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern zu helfen, ie ein besonders hartes Los getroffen hatte, das über das llgemeine schwere Schicksal der Bevölkerung eines andes, das Gott sei Dank einen Krieg verloren hatte, hiausging. Bereits in den 50er-Jahren herrschte darüber Konsens, ass die Heranziehung von Deutschen zur Arbeitsleisung in der Folge des Zweiten Weltkrieges als allgemeies Kriegsfolgenschicksal zu bewerten sei. Hier wird eutlich: Wir haben eine Meinungsverschiedenheit. Es ilt: Das Leid, das Deutschland über andere gebracht at, ist schlimm. Das Leid, das deutsche Bürger als olge dessen erlitten haben, ist ebenfalls schlimm. Aber ür beides gilt: All dieses Leid hatte seine Wurzeln im nrecht der NS-Zeit und damit in Deutschland. Es ist nicht verständlich und sachlich begründbar, aus er Schaffung einer Stiftung für die Entschädigung ausändischer Zwangsarbeiter abzuleiten, man müsse nun uch für frühere deutsche Zwangsarbeiter eine Zusatzreelung schaffen. Lassen Sie mich in diesem Zusammenang Folgendes sagen: Wenn, wie ich glaube, die Union us der Existenz der Stiftung „Erinnerung, Verantworung und Zukunft“ in unangebrachter Weise ableitet, es estehe nun die Notwendigkeit für eine Entschädigung uch deutscher Zwangsarbeiter, dann ist es sehr beremdlich, wenn ausgerechnet der Kollege Hohmann das ort ergreift, der bei dem Gesetzgebungsbeschluss über iese Stiftung nicht mit Ja gestimmt hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504825400


Kollege Edathy, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Marschewski?


Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1504825500

Ja, bitte.






(A) )



(B) )


Erwin Marschewski (CDU):
Rede ID: ID1504825600

Herr Kollege Edathy, meine erste Frage: Opfer sind

doch Opfer. Ist es nicht gleich, wer sie zu Opfern ge-
macht hat?

Meine zweite Frage: Ist Ihnen bekannt, dass es viele
Opfer gibt, die vom Kriegsgefangenenentschädigungs-
gesetz und auch vom Häftlingshilfegesetz eben nicht er-
fasst worden sind?

Meine dritte Frage: Halten Sie es für richtig, dass,
wenn die betroffenen Menschen zum Kanzleramt gehen,
sie dort von niemandem empfangen werden und ihre Re-
solution beim Pförtner abgeben müssen?


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Jetzt haben wir ihn aber überfordert!)



Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1504825700

Herr Strobl attestiert mir Überforderung. Diese Auffas-

sung kann ich nicht teilen. Was ich wahrnehme, ist – das
will ich in aller Gelassenheit sagen –, dass die Union
nach 50 Jahren – ich nenne Bundeskanzler Kiesinger als
ein Beispiel – den Konsens darüber aufkündigt, dass
man Leid nicht gegeneinander aufrechnen darf und dass
man sehen muss, wo die Ursachen für Leid liegen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In diesem Zusammenhang – ich werde sofort auf das
eingehen, was Sie gefragt haben, Herr Marschewski –
will ich doch sagen: Man muss sich einmal vor Augen
halten, dass Sie in Ihrem Antrag unter anderem der Re-
gierung nahe legen, an Russland heranzutreten, ein
Land, in dem als Folge des Zweiten Weltkrieges
21 Millionen Menschen gestorben sind, darunter 7 Milli-
onen Zivilisten, um es aufzufordern, frühere deutsche
Zwangsarbeiter zu entschädigen. Ich will deutlich sagen:
Das wäre eine erbärmliche, beschämende und ge-
schichtslose Haltung, die Sie von der Regierung erwar-
ten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich komme zu Ihren Fragen, Herr Marschewski. Zu
Ihrem letzten Punkt, der Übergabe von Unterschriften
im Bundeskanzleramt, hat es meines Wissens aus der
Unionsfraktion eine schriftliche Frage gegeben. Sie ist
von der Regierung beantwortet worden. Es war wohl so,
dass diese Übergabe nicht angekündigt worden war. Das
heißt, diese Menschen kamen zum Bundeskanzleramt
und haben erwartet, dass der Bundeskanzler sie persön-
lich empfängt. Die Menschen haben aber die Möglich-
keit gehabt, einem Beamten des Bundesgrenzschutzes
ihre Unterschriften zu übergeben.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Ich denke, dies hätte man auch anders vorbereiten

können. So wie ich den Bundeskanzler kenne, hätte es
keine Probleme gegeben, einen Termin zu vereinbaren,
an dem er diese Menschen empfangen hätte. Diesen
Punkt in die Debatte einzuführen finde ich ein bisschen
kleinkariert, Herr Marschewski.

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(C (D Ich komme zu den anderen beiden Punkten, die Sie enannt haben. Ihre Frage war: Ist es dem Opfer nicht etztlich gleichgültig, wer der Täter ist? Ihre Argumentaion läuft darauf hinaus, die Situation des Opfers zu würigen. Wenn Leid, Bedrückung und Not verursacht woren sind, dann muss man Abhilfe schaffen. – Ich glaube, an hätte diese Debatte in den 50erund 60er-Jahren so ühren können. Wenn man sich den Charakter der Geetzgebung anschaut, die Sie als nicht hinlänglich beeichnet haben, beispielsweise mit Blick auf frühere riegsgefangene, frühere politische Häftlinge oder auf olche Internierte, die dauerhaft gesundheitliche Schäen davongetragen haben, dann wird man einsehen: rundgedanke war, dass die Leistung des Staates eine ingliederungshilfe sein sollte. Die Leistung des Staaes sollte dazu dienen, diesen Menschen den Start in ein eordnetes Leben zu ermöglichen. Wir führen diese Debatte 50 Jahre zu spät, Herr arschewski. Ich habe den Eindruck, dass sie seitens er Union auch deshalb geführt wird, um hier ein vereintliches Defizit kenntlich zu machen, von dem ich er festen Überzeugung bin: Es ist in dieser Form nicht orhanden. Die Menschen, um die es geht, die Leid erahren haben, haben in den letzten 50 Jahren in der Bunesrepublik bzw. im östlichen Teil unseres Landes – dieer Teil gehörte bis 1990 nicht zur Bundesrepublik – elebt. Ich halte dies für nicht den richtigen Zeitpunkt, iese Debatte zu führen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504825800


Herr Kollege Edathy, der Kollege Marschewski
öchte noch einmal nachfragen. Wollen Sie das zulas-
en oder weiterreden?


Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1504825900

Ich bin damit einverstanden, wenn Herr Marschewski

och eine Frage stellt – nicht wieder drei.


Erwin Marschewski (CDU):
Rede ID: ID1504826000

Herr Kollege Edathy, verstehen Sie, dass ich Sie nicht

erstehe?


Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1504826100

Herr Kollege Marschewski, ich gehöre dem Bundes-

ag seit 1998 an. Wenn ich nicht falsch informiert bin,
ehören Sie dem Bundestag schon einige Jahre länger
n. Wenn ich ebenfalls nicht falsch informiert bin, hat es
or 1998 eine 16-jährige Regierungszeit unter konserva-
iver Führung gegeben. Wenn Sie auf die Idee kommen,
ass die Bundesregierung, die von Sozialdemokraten
nd Bündnis 90/Die Grünen gestellt wird, hier ein Ver-
äumnis habe, während Sie 16 Jahre lang selber nicht
azu in der Lage, nicht willens oder nicht einsichtig wa-
en, das zur Sprache zu bringen und zu regeln, was Sie
etzt als angebliches Versäumnis kennzeichnen, dann
ann ich das nur als unglaubwürdig und als Heuchelei
etrachten.






(A) )



(B) )


Sebastian Edathy

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, Leid kann
man nicht gegeneinander aufrechnen; es summiert sich.
Zwangsarbeit – auch das habe ich gesagt – ist für jeden
Betroffenen ein einschneidendes und schlimmes Ereig-
nis. Dies aber schließt nun einmal unterschiedliche Be-
wertungen hinsichtlich der Frage staatlicher Reaktionen
nicht aus.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der
Union: Was eigentlich ändert die Tatsache der Errich-
tung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zu-
kunft“ daran, dass wir hier immer eine grundsätzliche
Übereinstimmung gehabt haben, dass das harte Schick-
sal der deutschen Bevölkerung als Folge der barbari-
schen Politik des Deutschen Reiches zu bewerten ist?
Meine Antwort wäre: Das ändert nichts daran. Leider ist
es so, dass sich bei der Lektüre des Unionsantrages un-
vermeidlich der Eindruck aufdrängt, dass dieses Be-
kenntnis zu geschichtlicher Verantwortung nunmehr
relativiert werden und die Bewertung historischer Ver-
antwortung massiv verändert werden soll. Ansonsten
hätte Ihr Antrag zumindest anders begründet werden
müssen.

Unabhängig von der Frage der Kriegsschuld, wie Sie
es in Ihrem Antrag versuchen, kann man dieses Thema
nun einmal nicht behandeln. Ich erlaube mir, den Kolle-
gen Hohmann zu zitieren. In einer Rede aus dem
Jahre 2001 sagte er mit Blick auf die Stiftung „Erinne-
rung, Verantwortung und Zukunft“ – ich glaube, völlig
zu Recht –, dass Deutschland und die deutsche Wirt-
schaft eben nicht aufgrund rechtlicher, sondern aufgrund
politisch-moralischer Verpflichtung Entschädigung leis-
ten.

Gleichwohl – das will ich hier zusichern – werden wir
im Innenausschuss Gelegenheit haben, Ihren Antrag im
Detail sachlich zu beraten. Wir werden dabei allerdings
seitens der SPD darauf achten, dass wir allen Versuchen
zur Umdeutung unserer schwierigen Geschichte mit
Nachdruck entgegentreten.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504826200


Herr Kollege Edathy, der Kollege Hohmann möchte
Sie auch noch etwas fragen. Wollen Sie das zulassen
oder nicht?


Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1504826300

Ich halte das jetzt nicht für unbedingt erforderlich,

weil ich zum Ende meiner Rede kommen möchte. Aber
Herr Hohmann soll die Gelegenheit haben, als Berichter-
statter der Union hier seine Frage zu stellen.


Martin Hohmann (AfD):
Rede ID: ID1504826400

Herr Kollege Edathy, stimmen Sie mir darin zu, dass

der Sachverhalt doch etwas anders ist? Denn wir müssen
genau sein. In § 3 des Kriegsgefangenenentschädigungs-
gesetzes war geregelt, dass die Entschädigung, die da-
mals bei 1 DM pro Tag Lagerhaft lag, die Freiheitsent-
ziehung und die Arbeitsleistung abdecken sollte. Es war

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(C (D ie rot-grüne Bundesregierung, die nach 1998 diesen onsens durchbrochen und beschlossen hat, dass die Areitsleistung in einer Zwangsarbeitshaft extra honoriert erden sollte. Sie haben neue Regeln geschaffen. Nachdem Sie diese Änderung vorgenommen und eine ruppe von Opfern herausgegriffen haben, (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen, dass das falsch ist!)


rscheint es mir nur recht und billig, das auch für andere
u tun. Stimmen Sie mir darin zu?


(Beifall bei der CDU/CSU)



Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1504826500

Ich stimme Ihnen darin nicht zu, Herr Kollege
ohmann. Auch trifft das, was Sie geschildert haben,
achlich nicht zu. Ich beschäftige mich zwar nicht täg-
ich mit diesem Thema – das muss ich hinzufügen –,
ber ich habe mich sehr sorgfältig auf diese Debatte vor-
ereitet.
Das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, das zum

. Januar 1993 aufgehoben worden ist, ist gerade als
olge der Tatsache zustande gekommen, dass in der Re-
el jene ausländische Staaten, die Kriegsgefangene zu
chwerer Arbeit eingesetzt haben, diesen keinen nen-
enswerten Geldbetrag mit auf ihren Weg zurück in die
undesrepublik gegeben haben.

(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Das sind doch keine Kriegsgefangenen!)

as war der Grund für das Zustandekommen des
riegsgefangenenentschädigungsgesetzes. Darin ist ge-
egelt worden, dass je nach Dauer der Haft bis zu
2 000 DM als Entschädigung und Hilfe für die Wieder-
ingliederung in ein – in Anführungsstrichen – „norma-
es“ Leben in Deutschland gewährt werden sollen.
Mit dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Erin-

erung, Verantwortung und Zukunft“ – Sie waren da-
als Berichterstatter, haben sich aber am Ende gemein-
am mit 30 Abgeordneten der Union nicht dazu in der
age gesehen, das Gesetz mit zu verabschieden – haben
ir die Konsequenz aus dem Fall des Eisernen Vorhangs
989/1990 gezogen, indem wir den vielen betroffenen
enschen in Osteuropa, denen wir keine direkte und un-
ittelbare Hilfe gewähren konnten, eine Anerkennung
on Deutschen für in Deutschland erlittenes Leid als
päte Wiedergutmachung zukommen lassen wollten. Da-
it hat Deutschland im Sinne der Wahrnehmung von
istorischer Verantwortung Stellung bezogen.
Herr Hohmann, ich will an dieser Stelle auf einen

unkt zu sprechen kommen, in dem wir als Demokraten
emeinsamkeit wahren sollten. Ich meine, wir wären
ut beraten, uns darauf zu verständigen. Darauf möchte
ch zum Schluss meiner Rede zu sprechen kommen.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Dann mach’s doch!)


Meine Mutter ist gebürtige Schwerinerin. Sie ist auf
inem Bauernhof groß geworden und hatte drei Brüder,






(A) )



(B) )


Sebastian Edathy
einen jüngeren und zwei ältere. Die beiden älteren Brü-
der sind im Krieg gefallen. Der Bauernhof meiner Groß-
eltern ist ihnen weggenommen worden. Sie sind zwei,
drei Jahre später aus Gram gestorben. Sie hatten den In-
halt ihres Lebens verloren.

Ich habe mit meinem Onkel, dem jüngeren Bruder
meiner Mutter – kein Akademiker, sondern ein einfacher
Mann; ein Arbeiter, der in einer Fabrik Teile zusammen-
geschraubt hat –, sehr oft über dieses Leid meiner Fami-
lie mütterlicherseits gesprochen. Er hat immer wieder
gesagt: Wir haben schweres Leid erlitten. Er hat aber
auch immer wieder gesagt: Die Verantwortung für dieses
Leid können wir nicht den Russen zuschieben. Die Ver-
antwortung für dieses Leid liegt vielmehr bei uns selbst,
beim deutschen Volk, weil wir es zugelassen haben, dass
ein Verbrecher wie Adolf Hitler nicht nur unser Land,
sondern fast die ganze Welt ins Unglück gestürzt hat.

Ich glaube, wenn wir uns wieder auf diesen Punkt be-
sinnen, Herr Hohmann, dann kommen wir zu einer sach-
lich angemessenen Debatte, die frei von Polemik ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504826600


Ich erteile dem Kollegen Max Stadler, FDP-Fraktion,
das Wort.


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1504826700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Ich möchte gern die Mahnung des Kollegen Edathy
aufgreifen und jede Polemik unterlassen. Herr Kollege
Edathy, wenn Sie aber behaupten, der vorliegende An-
trag der Union komme 50 Jahre zu spät, dann muss ich
Ihnen sagen, dass das nicht ganz richtig ist; denn wir ha-
ben die gesamte Zwangsarbeiterdebatte 50 Jahre zu spät
geführt. Wir sind außerdem nicht wegen des Falls des
Eisernen Vorhangs zu einer Regelung der Entschädigung
von Zwangsarbeitern gekommen. Das war nur ein Teil-
aspekt. Übrigens wollte Ihre Bundesregierung polnische
Zwangsarbeiter davon ausnehmen. Diese wurden – Kol-
lege Beck weiß das sicherlich noch genau – erst nach
Verhandlungen einbezogen.

Es hatte ganz andere Ursachen, dass der Deutsche
Bundestag vor drei Jahren – viel zu spät! – das unsägli-
che Leid, das den Zwangsarbeitern unter den National-
sozialisten angetan wurde, mit einer symbolischen Ent-
schädigungsleistung anerkannt hat. Ich möchte das jetzt
nicht im Detail darstellen. Aber das ist wichtig für den
heutigen Zusammenhang; denn schon in der damaligen
Debatte hatten der Kollege Hohmann und andere Abge-
ordnete in der Tat versucht, im selben Atemzug über die
Frage der Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter – das
ist das heutige Thema – zu diskutieren. Das habe ich na-
mens der FDP heftig kritisiert, weil die Gefahr bestand,
dass wir dadurch falsche historische Parallelen gezogen
hätten. Das war nicht angemessen und nicht der richtige
Zeitpunkt.

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(C (D Es bleibt aber festzuhalten, dass Zwangsarbeit für jeen Betroffenen ein schweres Schicksal ist. Deswegen st es jetzt, nachdem wir die Stiftung „Erinnerung, Verntwortung und Zukunft“ vor drei Jahren ins Leben geufen haben, durchaus angebracht, über die Frage, die eute von der Union aufgeworfen worden ist, sachlich u diskutieren. Das, was Kollege Edathy über die Verntwortung des Nationalsozialismus und des Deutschen eiches für die Leiden, die durch den Zweiten Weltkrieg ntstanden sind, gesagt hat, ist zwar richtig, betrifft aber iederum nur einen Teilaspekt des Problems. Gerade egen der ursächlichen Verantwortung der Nazis wäre s tatsächlich inopportun, wenn nun die Bundesrepublik eutschland an andere Staaten mit der Forderung nach ntschädigung deutscher Zwangsarbeiter herantreten ürde. Das schließt aber nicht aus, dass wir im Namen er Bundesrepublik Deutschland das Leid, das auch eutsche Zwangsarbeiter erdulden mussten, benennen, nerkennen und finanziell entschädigen. Deswegen wird die FDP in den weiteren parlamenta ischen Beratungen dem Antrag der Union im Grundsatz olgen. Freilich gibt es etliche Einzelfragen zu klären. So uss vom Bundesfinanzministerium genau dargelegt erden, ob die Zahlungen, die der betreffende Personenreis schon erhalten hat, Eingliederungshilfen sind, die em Charakter nach nicht dazu dienten, Zwangsarbeit und sei es nur symbolisch – anzuerkennen. Es muss es Weiteren geklärt werden, ob sich aus einem entsprehenden Beschluss unerwünschte Präjudizwirkungen ereben können. Die Kriegsfolgengesetzgebung ist ja an ich abgeschlossen. Schließlich müssen wir darüber achdenken, ob Zwangsarbeit nur dann entschädigt weren soll, wenn sie mit zusätzlichen Erschwernissen verunden war. So ist das in den Entschädigungsregelungen estgelegt, nach denen die Stiftung „Erinnerung, Verantortung und Zukunft“ verfährt. Wenn all diese Fragen befriedigend beantwortet sind, ann kann dem vorliegenden Antrag der Union ohne ede Polemik näher getreten werden. Nun hat Kollegin Silke Stokar von Neuforn, Bündnis 90/ ie Grünen, das Wort. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504826800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

ege Hohmann, Sie haben versucht – ich habe das eigent-
ich auch erwartet –, die Debatte nach altem Muster zu
olarisieren. Ich glaube, dass Sie Ihr Ziel nur so errei-
hen können. Sie sollten aber aufgrund der Reden, die
ch zum Beispiel über das Heimkehrergesetz gehalten
abe, die Erfahrung gemacht haben, dass die von Ihnen
eabsichtigte Polarisierung gerade bei meiner Person
icht funktioniert.
Sie haben den Grünen pauschal eine nationale Ich-

chwäche vorgeworfen. Die Grünen als Gruppe, also die






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn
vielen Menschen, die in dieser Partei sind, haben Ihrer
Meinung nach eine nationale Ich-Schwäche.

Ich möchte versuchen, etwas zu meinem Begriff von
Heimat und zu meinem Begriff von Heimatverbunden-
heit sagen. Das war für mich ein wichtiger Grund, Mit-
glied der Grünen zu werden, weil nämlich gerade der Er-
halt der Umwelt für mich ein Ausdruck tiefer
Heimatverbundenheit ist. Heimat hat für mich nichts mit
Ideologie zu tun, sondern hat für mich etwas mit meiner
Heimatinsel Fehmarn, mit der Landschaft und den Men-
schen, die mir wichtig sind, zu tun. Es hat aber eben
nichts mit einer bestimmten politischen Ausrichtung und
der nationalen Identität – Sie versuchen, in diese Debat-
ten immer wieder diesen Begriff einzubringen – zu tun.
Für mich stellt den wesentlichen Konsens, den wir alle
hier haben, und zwar Deutsche, Zugezogene, auch mein
Kollege Josef Winkler, der sich heute in der Zuwande-
rungsdebatte geäußert hat und erkennbar indischer Her-
kunft ist, unser Grundgesetz dar – das steht für mich
auch für die Stabilität unserer Nachkriegsdemokratie –,
unsere Verfassung, die – das merkt man in den innenpo-
litischen Debatten – Ihnen nicht mehr viel wert ist. Die
Grundwerte unserer Verfassung beschreiben für mich
den Konsens, der bindend ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke, dass gerade auch meine Partei – ich möchte

hier zum Beispiel an Antje Vollmer erinnern – mit der
Aufarbeitung der Schuld des Nationalsozialismus über-
haupt erst den Boden für diese Debatte bereitet hat. Ich
gehöre zu dieser Generation. Die Karriere meines Groß-
vaters vom Polizeibeamten zum Major des Reichssicher-
heitsdienstes hat mich sehr beeindruckt. Ich habe mich
mit dieser Biografie aus meiner Familie viele Jahre be-
fasst. Ich habe mich auch mit dem Trauma befasst, das
meine Mutter erlitten hat, als sie die Dresdner Bomben-
nächte erleben musste. Versuchen Sie nicht, hier so zu
tun, als wäre die Definition unserer Geschichte in Ihrer
Partei gut untergebracht.

Meine Partei hat gerade mit der Aufarbeitung der
Schuldfrage, die wir gegen unsere Eltern durchsetzen
mussten, erst den Boden dafür bereitet, dass wir heute – ich
begrüße das; ich habe das auch in der letzten Debatte ge-
sagt – offen über deutsche Opfer reden können. Die Ta-
buisierung der deutschen Opfer konnte erst beendet wer-
den, nachdem es in der Gesellschaft eine Anerkennung
der deutschen Schuld gegeben hatte. Meine Damen und
Herren von der CDU/CSU, genau dieses Verhältnis müs-
sen wir sehen: Aus der Anerkennung der deutschen
Schuld entwickelt sich bei uns im Lande eine freie De-
batte auch zu den deutschen Opfern.


(Martin Hohmann [CDU/CSU]: Dann tun Sie was für die!)


Auf dieser Ebene können wir eine Diskussion über Op-
fer und Schuld führen.

In der Bewertung Ihres Antrags schließe ich mich
meinem Kollegen Edathy an. Ich möchte Sie einfach nur
um etwas bitten: Lesen Sie doch bitte einmal die Rede
Ihres ehemaligen Bundeskanzlers Kiesinger nach, die er
1966 gehalten hat, als es um die Verlängerung der Frist

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(C (D ei Regelungen zur Kriegsfolgenentschädigung ging. Ich abe festgestellt: Es war kein Versehen. Es war kein andwerklicher Fehler. Er hat damals gesagt: Es gibt eine Einzelfallgerechtigkeit. – Er hat damals gesagt: Es ar richtig, keine Sondertatbestände aufzunehmen. – Er at damals als CDU-Bundeskanzler einen Satz gesagt, en ich für sehr falsch und für zynisch halte: Wir wollen vestieren in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit. Nachdem Sie jahrelang nur „Schlussstrichgesetze“ das gilt auch für das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz on 1992 – gemacht haben, bin ich froh, dass Rot-Grün rkannt hat: Jawohl, es gibt noch Gerechtigkeitslücken; s gibt noch Opfer. Aus genau diesem Grunde haben wir amals diese Stiftung ins Leben gerufen. Vorwürfe könen wir Ihnen und nicht Sie uns machen. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504826900


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen

uf Drucksache 15/924 an die in der Tagesordnung auf-
eführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
ung so beschlossen.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Peter

(Bremen)

der CDU/CSU
Gedenken an die Opfer des Bombenkriegs im
Zweiten Weltkrieg

– Drucksache 15/986 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen

eter Gauweiler, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1504827000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Diese Debatte geht fast nahtlos von dem vorhe-
igen historischen Gesichtspunkt zu einem anderen über.
in Kapitel des Koalitionsvertrags dieser Regierung,
essen Kanzler der 15. Deutsche Bundestag gewählt hat,
rägt die Überschrift „Moderne Gesellschaftspolitik“. In
iesem Kapitel ist der Begriff „Erinnerungskultur“ zwar
icht erfunden, aber wieder aufgebracht worden. Damit
erbunden stellen sich zwei Fragen. Zum einen: Wie
ransportiert unsere Kulturnation Erinnerungen? Zum






(A) )



(B) )


Dr. Peter Gauweiler
anderen: Wie lassen sich diese Erinnerungen kulturell
gestalten, pflegen und reflexiv verarbeiten?

Wir haben von dem Herrn Kollegen Edathy vorhin zu
Recht gehört, dass man Leid nicht aufrechnen soll. Das
ist richtig: Man soll Leid weder aufrechnen noch gegen-
rechnen.

In Deutschland gab es um die Weihnachtszeit eine
sehr weit gehende Debatte über das Buch eines Mannes,
der eher aus Ihrem Lager kommt. Ich meine den linksli-
beralen Historiker Jörg Friedrich; sein Buch heißt „Der
Brand“. Es beschäftigt sich mit den Bombardierungen
der deutschen Zivilbevölkerung zwischen 1943 und
1945. In einer Stellungnahme zu diesem Buch und der
damit verbundenen Debatte schreibt die „Süddeutsche
Zeitung“ – auch sie ist einer übertriebenen Distanz zum
sozialdemokratischen oder rot-grünen Lager unverdäch-
tig – Folgendes – ich halte das für sehr wichtig –:


(Sebastian Edathy [SPD]: Eine Zeitung der Mitte!)


Ein aufgeklärtes Bewusstsein bedarf keiner halbier-
ten Erinnerung. Die Wahrnehmungssperren der
Nachkriegszeit sind längst aufgehoben. Die eigene
Täterschaft ist weitgehend im historischen Ge-
dächtnis der Deutschen verankert.

– Das stimmt doch. –
Daher kann die Erinnerung an die eigenen Opfer
getrost zurückkehren.

Wer zuerst fragt, wem die Wahrheit nutzen könnte,
anstatt festzustellen, welche Aussage wahr und welche
falsch ist, hat sich selbst um jede Glaubwürdigkeit ge-
bracht. Der Betreffende hat sich von der Tatsachenprü-
fung schon verabschiedet, bevor diese überhaupt begon-
nen hat. Darum geht es.


(Zuruf des Abg. Hans-Christian Ströbele Der Begriff Erinnerungskultur, Herr Ströbele, wird in diesem Hause heute nicht zum ersten Mal benutzt. Bei diesem Tagesordnungspunkt wird er im Zusammenhang mit der Bombardierung der Zivilbevölkerung in 1 000 Städten und Gemeinden, die im April/Mai 1943 begann, verwendet. Wir schreiben heute Anfang Juni 2003. Es war vor genau 60 Jahren, als es bei den Luftangriffen der Alliierten zur Zeit der Ruhrschlacht zu einem – ich zitiere Herrn Friedrich – „Zivilisationssprung“ kam. Ich zitiere weiter: In dieser Zeit geriet die Bombardierung zur Massenausrottung. In dieser Woche, der letzten und der vorletzten Woche vor genau 60 Jahren stieg die Anzahl der Opfer in der so genannten Ruhrschlacht sprunghaft an. Bis dato waren – das war schlimm genug – im Schnitt 500 zivile Opfer pro Tag zu beklagen. Bei der Bombardierung der Stadt Wuppertal-Barmen starben in der Nacht zum 30. Mai 3 500 Menschen. In den folgenden Wochen eskalierte die Situation weiter, bis zum Höhepunkt, der Operation Gomorrha: 12. Juni Düsseldorf: 1 300 Tote; 22. Juni K 1 e z s W g F e B a s c z d g s M s g B A r b t E W k W r l P A 9 w b n r G r s s P d e m (C (D refeld: 1 056 Tote; 29. Juni Köln: 4 380 Tote; 28. Juli 943 Hamburg: 45 000 Tote. Warum hat Günter Grass sein Buch „Im Krebsgang“ inen Tabubruch genannt? Er sagte, dass diese Themen war in der Geschichte jeder Familie in Deutschland präent seien, dass diese Thematik aber in der öffentlichen ahrnehmung und der damit verbundene Schauder umangen würde, als ob es eine verrufene Stelle wäre. Die rage des Ansprechens hat er in seinem Buch in einem inzigen Satz auf den Punkt gebracht. Die Heldin seines uches, Tulla, redet im Danziger Dialekt auf Paul, der lles über das Schicksal der „Wilhelm Gustloff“ aufchreiben soll, ein: Wie eisig die See gewesen ist und wie die Kinderchen Kopp unter. Das musst Du aufschreiben; das bist Du uns schuldig als glücklich Lebender. Das ist unsere Schuldigkeit. Unser schöner, glückliher Streit, den wir in diesem Haus während der Situngswochen täglich führen können, ist das eine; aber ie historische Verpflichtung – Herr Kollege, entschuldien Sie, ich habe Sie bisher nicht gekannt; aber die Dartellung der Erlebnisse Ihrer eigenen Familie und Ihrer utter, hat mich berührt – und die Schuldigkeit des Aufchreibens und des Nicht-vergessen-Lassens trägt der anze Deutsche Bundestag, die politische Klasse der undesrepublik Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Sebastian Edathy [SPD])


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundeskulturstiftung – das entspricht ihrem
uftrag –, zu der sich dieses Haus bekennt, wird in Be-
eichen tätig werden, in denen die Kulturkompetenzen
eim Bund liegen. Das sind beispielsweise der interna-
ionale Kulturaustausch, die Hauptstadtkultur und die
rinnerungskultur.
Jeder von Ihnen hat in seiner Abgeordnetenpost jede
oche irgendeine Einladung für einen Erinnerungsmar-
er der deutschen Geschichte. Ich habe die aus der letzten
oche gesammelt. So bereiten wir im Deutschen Histo-

ischen Museum – das finde ich großartig – eine Ausstel-
ung zur Erinnerung an den Besuch des amerikanischen
räsidenten Kennedy vor. Für das Jahr 2004 sind große
usstellungen in Vorbereitung, weil sich dann zum
0. Mal die Monate Juni, Juli und August 1914 jähren
erden. In dieser Zeit begannen in diesem Hause die De-
atten, die den Ersten Weltkrieg vorbereiten sollten.
Aber wir dürfen in dieser Erinnerungskultur doch kei-

en dunklen Fleck lassen, vor allem nicht in dem Be-
eich, der in jeder Familie – ich zitiere Ihren Wahlhelfer
ünter Grass – als „Schauder“ vermerkt ist. Dieser Be-
eich darf nicht mit einem Tabu belegt werden. Es ist
chlimm genug, dass diese Debatte erst so spät und so
pät am Abend und in so schwacher Besetzung als letzter
unkt im Deutschen Bundestag geführt werden kann.
Wir können dieses Thema nicht beiseite tun, weil es

er politischen Klasse – möglicherweise sogar querfeld-
in – unangenehm ist. Das können wir nicht tun. Dem
üssten Sie sich gemeinsam widersetzen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504827100


Ich erteile das Wort der Kollegin Angelika Krüger-
Leißner, SPD-Fraktion.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1504827200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Lassen Sie mich eine Bemerkung machen, be-
vor ich auf den Antrag zu sprechen komme. Historische
Debatten im Deutschen Bundestag unterliegen immer ei-
ner besonderen Problematik. Die Gefahr, dabei eine be-
stimmte Sichtweise auf die Geschichte politisch zu in-
strumentalisieren, ist nicht gering. Besonders groß ist die
Gefahr dann, wenn es um die Auseinandersetzung mit
dem Nationalsozialismus und – daraus resultierend – die
Frage nach dem Selbstverständnis der Deutschen geht.

Ich denke aber, Sensibilität und Vorsicht sind vor al-
lem dann nötig, wenn es um die Opfer geht. Hier ist eine
sachliche Sicht geboten, die weder die Trauer verbietet
noch eine Positionierung der Deutschen in der Opfer-
rolle ermöglicht und dabei das Leid der anderen verges-
sen lässt.

Die Deutschen als Opfer im Zweiten Weltkrieg sind
in den letzten Jahren zunehmend ins Blickfeld geraten.
Zunächst hat dieser Umstand die Vertriebenen betroffen.
Ein wichtiger Auslöser – das hat Herr Gauweiler gerade
erwähnt – war die Novelle „Im Krebsgang“ von Günter
Grass. Ich habe diese Auseinandersetzung mit der Ver-
treibung und dem Elend, das sie bedeutete, für sehr
wichtig gehalten. Auch sie ist ein Teil der deutschen Ge-
schichte, ein Teil der Geschichte des Nationalsozialis-
mus und des Leids, das diese Diktatur brachte.

Aus diesem Gedächtnis heraus ist die Ablehnung des
Krieges in Deutschland stärker als in vielen anderen
Ländern. Das haben wir erst kürzlich beim Irakkrieg
feststellen können. Die Politik der Bundesregierung hat
diesem Umstand Rechnung getragen.

Was für die Vertriebenen gilt, gilt natürlich auch für
die Opfer der verheerenden Bombenangriffe auf Magde-
burg, Dresden, Hamburg und viele andere Städte in
Deutschland. Bis zu 600 000 Tote, unzählige Verletzte,
zerstörte Städte und Kulturgüter, an all das muss man
sich erinnern. All das muss auch Teil der Erinnerungs-
kultur sein.

Im Grunde ist es das auch immer gewesen. Allerdings
fand die Erinnerung häufig im kleineren Kreis statt.
Auch wenn es schon eine Aufarbeitung in der Litera-
tur und in der Wissenschaft gab, so hatte diese in
Deutschland selten die ganz große Öffentlichkeit.

Auch das von Kollegen Herrn Gauweiler erwähnte
Buch „Der Brand“ von Jörg Friedrich hat in letzter Zeit
sicherlich einen neuen Anstoß gegeben, diese Diskus-
sion wieder zu entfachen. Ich persönlich kann nicht sa-
gen, dass mir das Buch von Friedrich in jeder Hinsicht
zusagt. Ich habe immer ein Problem, wenn die Sprache
einen Vergleich mit dem Holocaust suggeriert, Luft-
schutzbunker zu Krematorien werden und Bombardie-
rung selbst zum Vernichtungskrieg wird. Ich sage Ihnen

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(C (D anz ehrlich: Diese unverhohlene sprachliche Gleichtellung mit dem Holocaust ist mir zuwider. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dennoch stellt das Buch sicherlich keine Apologie
nd keinen Revanchismus dar. Dafür bürgt auch der Au-
or, der zuvor die Verbrechen der Wehrmacht untersucht
atte. Es ist vielmehr ein Anstoß für eine wissenschaftli-
he Diskussion, die zu Recht auch in der Öffentlichkeit
eführt wird und damit ein wichtiger Teil des Umgangs
it der Geschichte ist.
Sicherlich war es auch Anstoß für die Kollegen der
DU/CSU, diesen Antrag vorzulegen, in dem sie eine
onzeption der Bundesregierung fordern, wie auf
undesebene in angemessener Form der 60. Jahrestag
er Zerstörung begangen werden soll. In der Begrün-
ung heißt es dazu, es sei sittliche Pflicht der Bundesre-
ublik, der Opfer in angemessener Weise zu gedenken.
ch muss zugeben, dass ich mit dem Begriff „sittliche
flicht“ einige Probleme habe. Wenn ich ihn richtig ver-
tehe, so meinen Sie, es sei unmoralisch, nicht aller Op-
er des Zweiten Weltkrieges zu gedenken. Aber erlauben
ie mir in diesem Zusammenhang folgende Erwähnung:
ie Zerstörung von Dresden, Hamburg und vielen ande-
en deutschen Städten war vor allem Resultat des natio-
alsozialistischen Regimes in Deutschland


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Unstreitig!)


nd sie war Resultat der vorausgegangenen Angriffe auf
otterdam und Coventry.
Dies muss beim Gedenken bedacht werden. Dann
da gebe ich Ihnen Recht – ist es eine Pflicht, alle Op-
ergruppen in unsere Erinnerungskultur mit einzubezie-
en. Auch wenn die Trauer um die Opfer der Bomben-
ächte zumeist eine eher stille ist, so findet sie doch statt,
nd das schon seit vielen Jahrzehnten.
Dass die wissenschaftliche Diskussion diesen Aspekt

es Zweiten Weltkrieges mehr ins öffentliche Interesse
erückt hat, ist begrüßenswert. Unverständlich ist mir al-
erdings Ihre Forderung nach einer Konzeption ausge-
echnet zum 60. Jahrestag. Ich fragte mich zunächst:
arum? Ich erinnere mich, dass zum 50. Jahrestag, ei-
em allgemein doch als wichtiger anerkannten Jubiläum,
eine Konzeption gefordert wurde. War das aus Ihrer
icht damals nicht notwendig oder fanden Sie es nicht
ichtig, das Ihrer damaligen Bundesregierung anzutra-
en?
Um einen anderen Vergleich anzubringen: Auch zum

0. Jahrestag des 17. Juni 1953 gibt es keine Konzep-
on der Bundesregierung. Das ist sicherlich ein mindes-
ns ebenso relevantes Datum der deutschen Geschichte.
chauen Sie, was sich in diesen Wochen und Monaten an
ufarbeitung zu diesem Teil der Geschichte getan hat
nd noch tun wird.
Bei den Gedenkstätten haben wir eine Konzeption

orgelegt, und das zu Recht. Es geschah auch auf
unsch der Bundesländer, die um diese Unterstützung
nd um die finanzielle Hilfe des Bundes gebeten haben






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(B) )


Angelika Krüger-Leißner
und die die gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung mit
der Bundesregierung gemeinsam wahrnehmen wollen.
Die Kulturhoheit der Länder wird dabei von uns selbst-
verständlich berücksichtigt.

Die Konzeption, die Sie mit Ihrem Antrag fordern, ist
aus meiner Sicht nicht nötig; denn Sie können selbst
feststellen: Gedenken geschieht allerorts auf vielfältige
Weise und tausendfach. Die Vielzahl an historischen
Ausarbeitungen und die große Menge an Veranstaltun-
gen beispielsweise zum 17. Juni zeigen, dass sich die
Menschen ihr Erinnern selber schaffen. Sie haben Orte
zum Gedenken und Tage zum Gedenken. Sie können in
einer Vielzahl historischer Ausarbeitungen Fakten und
Meinungen über ihre Geschichte nachlesen. Was hier für
den 17. Juni gilt, gilt ebenso für die Bombenangriffe auf
Deutschland.

Gerade in der Nachkriegszeit fand eine starke Ausei-
nandersetzung mit den Opfern statt. Diese Erinnerungs-
kultur schließt Vertriebene und Bombenopfer ein. Wir
haben ihr Leid in unser kollektives Gedächtnis mit auf-
genommen. Ich erinnere daran: Es gibt einen Tag des
Gedenkens, den Volkstrauertag, an dem in angemesse-
ner Weise aller Opfer des Zweiten Weltkriegs gedacht
wird. Das hat auch der damalige Bundespräsident
Roman Herzog in seiner Rede zum Gedenktag für die
Opfer des Nationalsozialismus 1996 deutlich hervorge-
hoben.

Es gibt viele Gedenkorte, die alle zum Gedenken an
die Opfer der Bombenkriege geeignet sind. An den
wichtigsten möchte ich hier besonders erinnern, nämlich
an die Neue Wache in Berlin, in deren Widmungstext es
heißt:

Wir gedenken der Unschuldigen, die durch Krieg
und Folgen des Krieges in der Heimat, die in Ge-
fangenschaft und bei der Vertreibung ums Leben
gekommen sind.

Es gibt viele Veranstaltungen, und das nicht nur zum
60. Jahrestag. In Dresden beispielsweise laden jährlich
mehrere Initiatoren zum „GeDenken 13. Februar“ ein,
dem Tag, an dem die Stadt zerstört wurde. Kirchen und
Initiativen sind hier gleichermaßen tätig.

Wir haben im Jahr 2005 vieler zu gedenken. Ich halte
es für falsch, eine Opfergruppe aus der Vielzahl heraus-
zunehmen und eine staatliche Lenkung des Gedenkens
anzustreben. Es geschieht so viel in großen wie in klei-
nen Städten. Überall ist die Erinnerung an die Zerstörun-
gen noch da und vielfach ist im Stadtbild das Leid noch
spürbar. Diese Erinnerung müssen wir wach halten. Aber
eine staatliche Konzeption ist dafür nicht nötig.

Ich finde es wichtig, dass sich private Initiativen, Ver-
eine, Verbände, Einzelpersonen, Kirchen und vor allen
Dingen der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
damit befassen und geeignete Formen der Aufarbeitung
und des Gedenkens finden. Eine Einmischung der Bun-
desregierung über die Unterstützung von Forschung und
Initiativen zu diesem Thema hinaus halte ich sogar für
kontraproduktiv.

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(C (D Vergessen wir nicht: Wir haben zwei funktionierende useen, nämlich das Deutsche Historische Museum und as Haus der Geschichte, und auch das Zeitgeschichtlihe Forum in Leipzig, die sich intensiv mit diesen Theen beschäftigen. Der Antrag suggeriert, es gebe ein Defizit in der Auf rbeitung. Wenn wir uns anschauen, was Länder, Komunen und viele Einrichtungen im Rahmen der Erinneungsarbeit tun, dann können wir erkennen, dass wir icht skeptisch zu werden brauchen. Es ist vieles auf den eg gebracht. Ich würde eher fürchten, dass die Länder, ommunen und die Verantwortlichen vor Ort sehr skepisch werden, würden wir jetzt als Akteure auftreten. Ich halte es für gefährlich, wenn es zu einer Form des edenkens führt, die Apologien und Aufrechnung der pfer ermöglicht. Ich will dies dem Antrag nicht untertellen. Das nationale Gedenken darf aber nie Basis für inen neuen Nationalismus werden. Trauer um die Opfer ann nie ohne Erkennen der Gründe geschehen. Dresden nd Hamburg können nie ohne Coventry und Rotterdam edacht werden. Darüber sollte zwischen uns Einigkeit estehen. Auf keinen Fall dürfen wir die Opfer gegeneiander ausspielen oder gar aufrechnen. Wir müssen mit en Empfindungen der Generation der Leidtragenden erantwortungsvoll umgehen. Werte Kollegen der CDU/CSU, Ihre Forderung in iesem Antrag nach einer großen nationalen Aktion ist ngesichts des in der Erinnerungskultur Erreichten nicht ngemessen. Unser kollektives Gedächtnis, das geprägt st vom Wissen um die Vergangenheit und der kritischen nalyse des Geschehens, darf nicht zur Umsetzung einer ationalen Erinnerungspolitik werden. Auch das sind wir en Opfern schuldig. Wir müssen die Erinnerung bewahren. Wir müssen uch in Zukunft darauf achten, dass die Mahnung weiter esteht. Denn das Gedenken an alle Opfer des Nationalozialismus – ob es Juden, ob es politisch Verfolgte, Verriebene oder die Bombenopfer sind – garantiert unsere este Haltung zur Demokratie. Das ist vor allem eine enschliche und keine nationale Aufgabe. Danke. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504827300


Ich erteile Kollegen Hans-Joachim Otto, FDP-Frak-
ion, das Wort.


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1504827400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

rau Kollegin Krüger-Leißner, ich muss gestehen, dass
hre Rede, die viele kluge und sensible Worte enthielt,
ei mir ein sehr ambivalentes Gefühl ausgelöst hat. Denn
h kann auch bei aufmerksamem Zuhören Ihrer Rede nicht
erstehen, was dagegen einzuwenden ist, dass wir uns da-
um bemühen, für Hunderttausende von Opfern – ich be-
one: Opfern – eine angemessene Form des Gedenken
u finden. Wir sind uns völlig einig darin, dass ein sol-






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

ches Gedenken nicht in Nationalismus abgleiten darf. Es
darf nicht aufgerechnet werden. Es muss auch klar sein,
wer Täter und wer Opfer war. Aber wir sprechen hier – um
das ganz klar zu sagen – über Hunderttausende Getötete,
vorwiegend Frauen und Kinder.

Wir haben in diesem Hause eine bestimmte Form der
Erinnerungskultur entwickelt, sodass ich es für nicht
ausreichend empfinde, wenn Sie jetzt sagen: Es gibt
doch schon so viele Initiativen; wir brauchen uns daher
darum nicht mehr zu kümmern; dem kann sich der Deut-
sche Bundestag entziehen. – Das sehe ich nicht so.

Herr Dr. Gauweiler, der Antrag – wir begrüßen ihn abso-
lut – hat einen Mangel, den ich ansprechen möchte – viel-
leicht können wir diese Dinge zusammenführen –: Auch
ich bin wie Frau Kollegin Krüger-Leißner der Meinung,
dass das Suchen nach einer angemessenen Form eines
solchen Gedenkens nicht primär Aufgabe der Bundesre-
gierung sein sollte. Der Bundestag, wir alle, das Parla-
ment, ist aufgerufen, eine angemessene Form des Geden-
kens zu finden, die objektiv und weder nationalistisch
noch revanchistisch ist.

Herr Dr. Gauweiler, ich darf Sie daran erinnern:
Schon bevor Sie in dieses Haus kamen, haben wir, der
Bundestag, an einer anderen Stelle, als es um Erinne-
rungskultur ging, einen Erfolg erzielt. Damals ging es
darum, ein Holocaust-Mahnmal zu errichten. Wir haben
die Suche nach einer angemessenen Form aus der Ver-
antwortung der Bundesregierung gelöst und in die Ver-
antwortung des Bundestages übertragen. Wir haben frak-
tionsübergreifend eine, wie ich finde, gute Lösung
gefunden. So etwas schwebt mir auch in Bezug auf Ihren
Antrag vor. Wir sollten die Suche nach einer angemesse-
nen Form des Gedenkens nicht auf die Bundesregierung
abschieben. Wir als Parlament selber haben die Aufgabe,
eine Erinnerungskultur zu entwikkeln. Wir können uns
dabei vielleicht der Zuarbeit externer Sachverständiger
bedienen; ich denke an eine Anhörung und Ähnliches.

Frau Krüger-Leißner, ich denke nicht daran, große
Denkmäler zu errichten. Aber eine angemessene Form
des Gedenkens sollten wir erreichen. Dies ist, wenn wir
den Opfern gerecht werden wollen, allerdings nur dann
zu erreichen, wenn wir das fraktionsübergreifend tun,
nicht in parteipolitische Polemik abgleiten und uns nicht
wechselseitig unlautere Motive vorwerfen.

Wenn wir das schaffen, dann wäre das in der Tat eine
große kulturpolitische Leistung, die dem Bundestag sehr
gut zu Gesicht stünde. Ich denke, dass wir alle es – egal was
in den letzten 60 Jahren passiert oder was hinterlassen wor-
den ist – den Hunderttausenden Opfern, die in diesen
Bombennächten ihr Leben haben hergeben müssen,
schuldig sind, dass der Bundestag auch dieser Opfer-
gruppe gedenkt.

Deswegen werden wir Ihrem Antrag in den Aus-
schüssen prinzipiell zustimmen. Aber ich möchte an die
beiden großen Fraktionen und vielleicht auch an die der
Grünen appellieren, dass wir hier im Parlament eine
Konzeption suchen und dies nicht von der Bundesregie-
rung verlangen. Wir selber sind aufgerufen, eine ange-
messene Form des Gedenkens zu finden.

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(C (D Vielen Dank. Ich erteile Kollegin Silke Stokar von Neuforn, ündnis 90/Die Grünen, das Wort. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504827500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind

ier nicht im „Literarischen Quartett“. Insoweit beteilige
ch mich auch nicht an haarspalterischen Buchbespre-
hungen. Ich habe das Buch „Der Brand“ gelesen, weil
s ein provozierendes und radikales Buch ist. Da ich da-
on ausgehe, dass diejenigen, die sich hier zu diesem
uch geäußert haben, es ebenfalls gelesen haben, war
ieser Teil der Debatte für mich durchaus interessant. Ich
abe es als ein radikales Antikriegsbuch empfunden; das
st meine Bewertung.
Meine Damen und Herren, ich halte es für richtig,

ass sich die angemessenen Formen einer Erinnerungs-
ultur aus dem Bundestag heraus entwickeln sollen. Das
ehört in die Fachausschüsse. Den Wiederaufbau der
resdner Frauenkirche – ich habe ihn über die Jahre
erfolgt – empfinde ich als die eindrucksvollste Form
er Erinnerung und Wiedergutmachung, weil dieses
ymbol der Zerstörung mit großer Unterstützung aus
roßbritannien, Frankreich und den USA, also aus Län-
ern, die an diesem Krieg beteiligt waren, wiedererrich-
et wird. Wenn wir in den Ausschüssen darüber reden,
önnen wir uns vielleicht auch einmal Gedanken ma-
hen, die über die deutsche Behandlung der Geschichte
inausgehen und in denen es darum geht, wie man der
ielen zivilen Opfer dieser verheerenden Kriege, die es
nfolge des deutschen Angriffskriegs in Europa gegeben
at, gerade im erweiterten Europa gedenken kann.
Ich vertrete stets eine Gedenkkultur von unten, die

ich aus Erleben, aus Betroffenheit entwickelt und sich
n der Begegnung mit anderen Menschen weiterentwi-
kelt. Deswegen bin ich auch sehr stolz darauf, dass
eine Heimatstadt Hannover seit vielen Jahren eine
nge Partnerschaft mit Hiroshima hat. In dieser Partner-
chaft war es von Anfang an Tradition, dass nicht nur
ir Hannoveraner der Opfer von Hiroshima gedachten.
ielmehr war es ein gegenseitiges Gedenken. Auch
annover ist im Zweiten Weltkrieg fast komplett zer-
tört worden. Insbesondere in den großen industriell ge-
rägten Stadtgebieten, in denen die Arbeiter wohnten,
at es sehr viele Opfer gegeben. Es war schon frühzeitig
eil unserer Stadtkultur, dieser Opfer bei gegenseitigen
esuchen gemeinsam mit den Opfern in Hiroshima zu
edenken. Den Gedanken des internationalen Geden-
ens möchte ich in unsere Debatte einbringen.
Meine Damen und Herren, auch ich will in dieser De-

atte keine Polarisierung. Im Zusammenhang mit der
erstörung Dresdens halte ich es für wichtig, die Debatte
ber Militärstrategien einzubeziehen, die derzeit in Eng-
and geführt wird. Für mich lautet das Ergebnis dieser De-
atte: Auch wenn ein Verteidigungs- und Befreiungskrieg






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Silke Stokar von Neuforn
geführt wird, der moralisch gerechtfertigt ist – in
dieser Bewertung sind wir uns sicherlich einig; die Befrei-
ung vom Faschismus war ohne Frage moralisch gerechtfer-
tigt –, kann ein solcher Krieg völkerrechtswidrige Ele-
mente enthalten. Gerade aufgrund der Erfahrungen, die in
Deutschland, aber auch in London mit der Bombardie-
rung ziviler Flächen gemacht wurden, ist es heute nicht
mehr möglich, gegen die zivile Bevölkerung in dieser
Form Krieg zu führen.

Mein letzter Satz: Ich ziehe aus dieser Diskussion, die
ich nie für beendet halte, weil der Opfer immer wieder
neu gedacht werden muss, die Lehre, dass ein Einsatz für
eine europäische Friedenspolitik das Beste ist, was wir
für die Opfer tun können.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504827600


Ich erteile dem Kollegen Günter Baumann, CDU/
CSU-Fraktion, das Wort.


Günter Baumann (CDU):
Rede ID: ID1504827700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Seit einiger Zeit läuft in den Medien, in der Öffent-
lichkeit der Bundesrepublik eine Debatte über die deut-
sche Erinnerungskultur. In deren Zentrum stehen die
Zerstörungen deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg
und die Opfer des Bombenterrors unter der deutschen
Zivilbevölkerung. Verstärkt ist dabei der Ruf zu verneh-
men, die Deutschen mögen sich endlich der Kriegsopfer
aus den eigenen Reihen mehr annehmen, als es bislang
geschehen ist.

Ich frage mich, warum wir diese Problematik gerade
in der heutigen Zeit diskutieren. Ich persönlich glaube
nicht, dass wir unsere eigenen Opfer im Krieg in den
Jahren zuvor mit einem Tabu belegt haben. Jeder von
uns, der nach 1945 geboren ist, kennt Familienschicksale
– wir haben heute von einigen gehört –, jeder hat über
seine eigene Familiengeschichte etliches gehört, weiß
von Opfern und ist mit dem Verlust an Heimat konfron-
tiert worden. Das sind Themen, die unsere gesamte deut-
sche Nation betreffen.

Nein, wir leiden nicht an Gedächtnisverlust. Das zeigt
auch die politische Debatte, wenn es um existenzielle
Fragen von Krieg und Frieden geht. Politiker berufen
sich oft auf die Grundwerte unserer Bundesrepublik,
sei es bewusst oder unbewusst. Zwei davon möchte ich
nennen.

Der erste lautet: „Nie wieder Krieg“. Damit drücken
wir aus, dass wir Deutschen – gerade weil wir auf unse-
rem eigenen Territorium unmittelbar Kriegsopfer
waren – die Schrecken des Krieges so gut kennen, dass
wir die Verhinderung zukünftiger Kriege als Leitprinzip
unserer Identität annehmen wollen, egal welcher politi-
schen Richtung wir angehören.

Der zweite Grundwert lautet: „Nie wieder Dikta-
tur“. Das demokratisch-freiheitliche Leitprinzip unse-

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(C (D er Identität kann freilich zum ersten Leitprinzip insofern n Widerspruch geraten, als es gerade vor dem Hinterrund der Erfahrung des Holocaust den Befreiungskrieg ls letztes Mittel – meine Vorredner sprachen davon – icht ausschließt. Obwohl die eigenen Opfer somit in unserem kollekti en Gedächtnis durchaus gegenwärtig waren und sind, ibt es dennoch einen guten Grund, dass wir heute daüber diskutieren. Unser kollektives Gedächtnis wandelt ich mit dem Generationswandel. Wenn wir uns in der unde umschauen, stellt sich die Frage: Wie viele von ns haben den Krieg noch selbst erlebt? Wir haben auch uf diesem Gebiet der Erinnerungskultur einen Generatinswechsel in der gesamten Gesellschaft. Wenn wir aber nationale Tragödien nicht mehr kraft ersönlicher Erfahrungen, kraft kollektiver Erinnerungen ahrnehmen können, wird die Erinnerung institutionaliiert, wie es auch bei anderen Ereignissen, zum Beispiel ei der Ermordung europäischer Juden, vielfältig gechieht. Anderenfalls, wenn wir das nicht machen, droht n den nächsten Jahren tatsächlich ein Gedächtnisverlust. Es ist gut, wenn wir um die Toten in anderen Ländern rauern, die dem Krieg zum Opfer fielen, der von eutschland ausging. Aber wir dürfen unsere eigenen oten nicht vergessen. Wenn wir auch in Zukunft aus der eschichte lernen wollen, müssen wir uns immer auch essen vergewissern, was unserem eigenen Volk durch ie Hitlertyrannei widerfahren ist. Die Erinnerung an die Opfer von Dresden, Hamburg der Köln – man könnte viele Städte nennen – zählt zu nserem nationalen Erbe. Die Stadt Dresden – Frau tokar, Sie sprachen davon –, deren historisches Zenrum in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 fast öllig zerstört worden ist, hat mit dem Wiederaufbau der rauenkirche unserer Erinnerungskultur ein eindruckolles Denkmal gesetzt. Ich vertrete aber die Meinung, dass diese Erinnerung icht nur den Städten und Gemeinden überlassen werden arf, deswegen unser Antrag. Wir fordern die Bundesreierung auf, ein Konzept vorzulegen. Herr Kollege Otto, ch gebe Ihnen Recht: Das kann auch der Bundestag sein. ie Erinnerung soll eine gesamtnationale Aufgabe sein. Wenn wir uns hier einigen könnten, wäre das eine ute Sache. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504827800


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/986 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
ung so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:






(A) (C)



(B) (D)


Präsident Wolfgang Thierse

Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Brähmig, Ernst Hinsken, Edeltraut Töpfer, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Wassertourismus in Deutschland entwickeln
und stärken

– Drucksache 15/933 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

Die Kollegen Annette Faße, Wilhelm Josef Sebastian,
Undine Kurth und Ernst Burgbacher haben ihre Rede-
beiträge zu Protokoll gegeben.1) Damit kann ich die Aus-
sprache schließen.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/933 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
sung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen
Bundestages auf morgen, Freitag, den 6. Juni 2003,
9 Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen allen einen kühlen Abend.
Die Sitzung ist geschlossen.