Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Deutsches Raumfahrtprogramm der Bundesregierung.
Das Wort für den einleitenden funfminütigen Bericht hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Bundeskabinett hat heute das Deutsche Raumfahrtprogramm beschlossen. Es ist das erste Deutsche Raumfahrtprogramm seit fast 20 Jahren. Mit diesem Raumfahrtprogramm geben wir Planungssicherheit sowohl für die Wissenschaft als auch für die Industrie.
Wir werden in den kommenden vier Jahren rund 8 Milliarden DM für Raumfahrtforschung zur Verfügung stellen. Der Löwenanteil stammt dabei aus dem Haushalt des Ministeriums für Bildung und Forschung. Es sind rund 7 Milliarden DM, also mehr als 10 Prozent des Haushaltes für Bildung und Forschung. Damit will ich die Dimension deutlich machen.
Ich will gleich zu Anfang sagen - das war gestern der Presse zu entnehmen; ich weiß, dass die Kolleginnen und Kollegen die Presse sehr aufmerksam lesen -, dass die Bundesregierung zu ihren Verpflichtungen bei der Finanzierung der Internationalen Raumstation, der ISS, steht. Wir werden uns aus diesen Verpflichtungen nicht zurückziehen, sondern sie einhalten. Wir finanzieren 41 Prozent des europäischen Anteils an den Kosten des Aufbaus der Internationalen Raumstation und auch an den Betriebskosten. Das werden wir weiterhin tun, auch wennjeder in diesem Parlament weiß, dass ich nicht sehr glücklich darüber bin, weil es den Handlungsspielraum einengt. Aber das ist eben so; man muss mit den internationalen Verträgen leben, die die Vorgänger abgeschlossen haben.
Die Schwerpunkte des Raumfahrtprogramms liegen in drei Bereichen.
Den ersten Bereich haben wir mit „Erde" überschrieben. Da geht es um die Weiterentwicklung der Satellitentechnologie für Information und Kommunikation.
Das zweite große Projekt ist die Entwicklung eines europäischen Navigationssatellitensystems- Stichwort: Galileo. Es wird in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle in der deutschen, aber vor allem in der europäischen Forschungspolitik spielen. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass wir dieses Projekt in einer Public Private Partnership durchführen sollten. Das gilt sowohl für die Entwicklung als auch für den Betrieb. Es ist völlig klar, dass für die Forschung öffentliche Mittel in größerem Umfang eingesetzt werden müssen. Aber wir brauchen die private Industrie mit im Boot. Sonst wird dieses System anschließend nicht wirtschaftlich erfolgreich angewandt werden können.
Der dritte große Bereich ist die Erdbeobachtung. Die Erdbeobachtung spielt für die Umweltpolitik heute eine maßgebliche Rolle. Durch sie erhalten wir sehr schnell Daten, zum Beispiel wenn ein Schiff unerlaubterweise Öl ins Meer ablässt, wenn ein explodierendes Algenwachstum stattfindet oder wenn Waldbrände entstehen. Erdbeobachtung ist für eine moderne Umweltpolitik unerlässlich. Deshalb ist sie ein Schwerpunkt unseres Deutschen Raumfahrtprogramms.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Erforschung des Weltraumes. Auch dies hat die Bedeutung, unser Wissen zu vergrößern, zum Beispiel bessere Erkenntnisse über den Lauf von Kometen oder die Entstehung des Weltalls und ferner Galaxien zu erhalten.
Das Raumfahrtprogramm hat ebenfalls einen Schwerpunkt auf die Raumfahrtinfrastrukturen gesetzt, ferner auf die Weiterentwicklung der Raumtransportsysteme, die Weiterentwicklung der Ariane und auch der Technik für Raumfahrtsysteme. Mir persönlich ist es ein wichtiges Anliegen, dass wir unsere Programme so umsetzen, dass die kleinen und mittleren Unternehmen, die meines Erachtens gerade hier für den Wettbewerb unerlässlich sind, ihre Bedeutung haben. Sie haben gute Chancen, in der
Bundesministerin Edelgard Bulmahn
Weltraumtechnologie Marktnischen zu finden. Diese Nischen sollen sie auch nutzen können. Sie sollen ihren Anteil an der Fertigung von Subsystemen und Komponenten haben.
Lassen Sie mich noch etwas zum Verhältnis von nationalem und europäischem Raumfahrtprogramm sagen. Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass das Deutsche Raumfahrtprogramm ein Volumen von insgesamt rund 8 Milliarden DM hat. Wir wenden zurzeit 1,9 Milliarden DM pro Jahr für Weltraumforschung auf. Davon wird der größte Anteil für Programme im Rahmen der ESA aufgewandt.
Wir haben die Entscheidung getroffen - ich denke, darin stimmen wir überein -, dass Weltraumforschung und Weltraumtechnologien im Rahmen europäischer Kooperation verfolgt werden sollten. Deshalb werden 70 Prozent unseres Etats für europäische Projekte eingesetzt. Das ist nicht in allen Ländern der Fall. Frankreich zum Beispiel verwendet einen wesentlich größeren Teil seines Etats für nationale Projekte und nur 35 Prozent für ESA-Projekte. Ich bin der Auffassung: Es ist richtig, dass die wichtigen Projekte und Programme in europäischer Kooperation durchgeführt werden. Deshalb haben wir die Verteilung von 70 Prozent zu30 Prozent.
In den kommenden Monaten wird es in der europäischen Raumfahrtforschungspolitik sehr stark darauf ankommen, zu einer besseren Abstimmung zwischen ESA und EU zu kommen. Wir sind darauf von den so genannten drei Weisen, die durch die EU berufen worden sind, nachdrücklich hingewiesen worden. Sie haben ihre Vor-
schlage für die Zukunft der europäischen Weltraumpolitik gemacht und genau auf diesen Aspekt verwiesen. Das wird deshalb von unserer Seite eines der wichtigen Ziele sein, die wir in den nächsten Monaten verfolgen werden.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin.
Wer möchte hierzu Fragen stellen? - Als Erste hat die Kollegin Aigner das Wort.
Herr Präsident! Frau Ministerin, Sie haben ein nationales Raumfahrtprogramm aufgelegt, das sich im Wesentlichen an der mittelfristigen Planung orientiert und keinen nennenswerten Aufwuchs aufzeigt. Sie haben über die UMTS-Milliarden für Ihren Haushalt nicht wenig Geld bekommen: 1,8 Milliarden DM für den Zeitraum zwischen 2001 und 2003.
Ich entnehme Ihren Worten, dass Sie der Raumfahrt durchaus einen großen Stellenwert beimessen. In Ihrem Bericht betonen Sie „die enorme Hebelwirkung dieser Raumfahrttechnologie in der gesamten Wertschöpfungskette". Weiter heißt es dort:
Wer am Anfang der Wertschöpfungskette mitwirkt, wer die Technikkompetenz besitzt und bei der Festlegung wichtiger Standards und ihrer Schnittstellen dabei ist, hat vorrangigen Einfluss auf die Gestaltung der übrigen Glieder der Wertschöpfungskette.
Gerade das neue Projekt Galileo ist endlich ein Projekt - das sage ichjetzt einmal ganz klar -, das nicht aus dem Forschungshaushalt finanziert werden wird. Die Kollegen, die hier sitzen - einige wie Herr Lothar Fischer -, werden sich ja teilweise an die Diskussionen der letzten 20 Jahre erinnern; ich selbst erinnere mich zumindest an die Diskussionen der letzten 15 Jahre, in denen meine Vorgänger dies immer vergeblich versucht haben. Wir ha-benjetzt endlich ein Projekt, zu dem auch die Anwender nennenswert beitragen. Genau dies ist die Zielsetzung, die wir verfolgen. Nach 20 Jahren haben wir, wie gesagt, endlich dieses Projekt. Ich denke, Sie sollten dieser Bundesregierung einmal gratulieren, dass dies endlich geklappt hat.
Was den finanziellen Rahmen angeht, so muss ich Ihnen widersprechen. Wenn 1,9 Milliarden DM für Weltraumforschung aufgewandt werden, dann ist das ein wichtiger Schwerpunkt. Im Gegensatz zu der vorherigen Regierung habe ich die Ausgaben für Weltraumforschung nicht gekürzt. Sie wissen, dass mein Vorgänger die Ausgaben deutlich reduziert hatte. Das habe ich nicht getan; wir haben eine leichte Steigerung vorgenommen.
Ich muss allerdings auch sagen, dass ich es nicht für verantwortbar hielte, zum Beispiel die Ausgaben für die Informations- und Kommunikationstechniken oder auch
Bundesministerin Edelgard Bulmahn
die für die Biotechnologie deutlich zu senken, um diesen Etat jetzt besonders stark zu steigern. Das hielte ich für eine falsche Entscheidung. Nach meiner Meinung haben wirjetzt die richtige Entscheidung getroffen: Wir nehmen eine leichte Steigerung des Haushalts vor und erhöhen die Effizienz dieses Haushalts und des Einsatzes dieser Haushaltsmittel. Dies ist verbunden mit einer klaren Mitverantwortung der Wirtschaft; wir nehmen sie mit ins Boot, wie wir es auch mit dem Projekt Galileo tun werden und bei anderen Projekten tun. Dies ist der Erfolg versprechende Weg für die Weltraumforschung und -technik, aber auch der Erfolg versprechende Weg für eine wirtschaftliche Anwendung, die mir ein ganz wichtiges Anliegen der Weltraumtechnik ist, weil ich davon überzeugt bin, dass wir nur dann eine gute wirtschaftliche Anwendung erreichen werden, wenn auch die Unternehmen selbst ein großes Interesse daran haben. Deshalb ist es wichtig, dass man sie früh mit ins Boot bekommt.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Frage stellt der Kollege Lothar Fischer von der SPD-Fraktion.
Frau Ministerin, im November letzten Jahres haben der ESA-Ministerrat und der EU-Forschungsministerrat die europäische Raumfahrtstrategie beschlossen. Jetzt gilt es, diese Strategie zu implementieren. Ich möchte Sie gern einmal fragen, welchen Beitrag die nationalen Weltraumagenturen, aber auch die EU und die ESA zu dieser Implementierung leisten sollen. Ebenso hätte ich gern gewusst, wie aus Ihrer Sicht die Kooperation von EU und ESA mittelfristig und langfristig organisiert werden könnte.
Herr Kollege, genau diese Verstärkung der Kooperation wird in den nächsten Monaten ein Thema sein. Wir befinden uns zurzeitja in der Debatte über die Schwerpunkte des 6. Rahmenforschungsprogramms. Ich wünsche mir - mit diesem Wunsch stehe ich nicht alleine; er wird von den europäischen Forschungsministern geteilt -, dass wir in der Weltraumforschung, die wir zum Beispiel im Rahmen des 6. Rahmenforschungsprogramms betreiben werden, aber eben auch in anderen Ressorts zu einer kohärenten Abstimmung kommen, das heißt, dass wir insgesamt eine kohärente Weltraumpolitik für die EU - nicht allein für die ESA, sondern für die EU -formulieren. Das wird nicht ganz einfach sein, weil die Mitgliedstaaten der ESA ja nicht mit den Mitgliedstaaten der EU identisch sind. Nichtsdestotrotz gibt es eine breite Übereinstimmung, dass dies notwendig und von der Zielsetzung her richtig ist.
Zur Beteiligung der nationalen Raumfahrtagenturen oder der Forschungseinrichtungen, die diese Aufgabe praktisch für diejeweiligen nationalen Regierungen übernehmen: Das DLR ist für Deutschland die nationale Raumfahrtagentur. Es hat maßgeblich an der Erarbeitung der jeweiligen Programme - Kommunikation, Navigation, Erdbeobachtung, Forschung unter Weltraumbedingungen, Raumstation, Raumtransport, Technik für Raum-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
des Forschungshaushalts insgesamt ausmacht, zulasten anderer wichtiger Forschungsbereiche wie der Biotechnologie oder der Informations- und Kommunikationstechnik aufstocken würde.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Wissenschaft als auch der Industrie, Sicherheit geben will. Ich habe den Kollegen vorhin die einzelnen Titelansätze genannt; außerdem sind sie im Deutschen Raumfahrtprogramm ausdrücklich aufgelistet. Ich könnte sie für die einzelnen Bereiche - Kommunikation und Navigation - noch einmal vorlesen.
teten Kostenreduzierungen herbeizuführen, die nicht zulasten der Technologie gehen sollen, sondern die vor allen Dingen auch - so sage ich es einmal - zulasten des Managements, der Verwaltung gehen müssen. Wenn ich von „Lasten" spreche, dann heißt das, dass wir seitens der europäischen Forschungsminister schon wollen, dass das, was wir für alle anderen Bereiche erwarten, nämlich dass man ein möglichst gutes Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen herstellt und dieses Verhältnis noch verbessert, auch für die Weltraumforschungsprogramme gelten muss, auch für die Ariane. Deshalb dürfen wir nicht sofort die Flinte ins Korn werfen und sagen: „Das können wirja alles nicht realisieren". Wir müssen vielmehr versuchen, dieses Ziel umzusetzen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
entschlossen -, die Systemführerschaft bei der Ariane-Oberstufe zu behalten und den Standort Deutschland weiter zu stärken. Das will ich in diesem Zusammenhang ausdrücklich sagen. Ich glaube auch, dass es uns durchaus möglich ist, dies zu leisten.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung und Forschung: In der mittelfristigen Planung waren leider keine großen Mittelsteigerungen vorgesehen. Genau das Gegenteil war der Fall. Deshalb habe ich vorhin darauf hingewiesen, dass wir im Gegensatz zu unserer Vorgängerregierung diesen Haushalt leicht angehoben haben, damit wir die Forschungsschwerpunkte verfolgen können, die wir uns gesetzt haben. Wir werden dadurch zum ersten Mal - das muss man in diesem Zusammenhang auch erörtern; es ist wirklich ein Fortschritt in der Raumfahrt und in der Weltraumforschung - ein Projekt, nämlich das Projekt Galileo, gemeinsam, das heißt aus Mitteln des Forschungshaushalts und vor allen Dingen aus Mitteln des Verkehrshaushalts der EU, finanzieren. Das hat es bisher noch nicht gegeben. Ich finde, das ist ein ganz entscheidender Fortschritt; denn gerade die Forschungspolitiker haben über viele Jahre hinweg die Zielsetzung, dass die Anwender einen maßgeblichen Finanzierungsbeitrag für die Entwicklung von Raumfahrttechnologie sowie für die Nutzung erbringen, verfolgt. Die Kosten für die Ariane habe ich vorhin bereits genannt. Die Mittel, die wir in dem gesamten Bereich Raumtransport einsetzen, haben einen Umfang von 213,9 Millionen DM pro Jahr. Dieses kann man - wie gesagt - nicht als Peanuts bezeichnen. Es handelt sich um eine durchaus nennenswerte Summe, die wir in diesen Bereich investieren.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
mit ausländischen Staatschefs. Die Bundesregierung kommentiert grundsätzlich keine Informationen, die unter Verstoß gegen Geheimhaltungsvorschriften weitergegeben wurden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Dr. Barbara Hendricks, Pari. Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege Michelbach, es handelt sich um einen sehr beachtlichen Beitrag zur radikalen Steuervereinfachung, der viele gute Ansätze enthält, aber nach erster Einschätzung in weiten Teilen auch erheblicher Kritik begegnen muss. Eine intensive politische und fachliche Analyse wird im Bundesministerium der Finanzen derzeit vorbereitet.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Öffentlichkeit schonbekannt geworden-beschließenund dann dem Parlament zuleiten.
Ich habe Ihnen gesagt: Steuervereinfachung steht weiter auf der steuerpolitischen Agenda dieser Bundesregierung. Selbstverständlich werden wir, wenn das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Besteuerung von Renten und Pensionen aller Voraussicht nach in diesem Jahr erfolgt, daraus unsere Schlussfolgerungen zu ziehen haben. Dabei werden wir aber - das darf ich insbesondere den älteren Bürgerinnen und Bürgern sagen - darauf Wert legen, dass Sozialrenten in der normalen Höhe, wie man sie als Sozialrentner überhaupt erreichen kann, nicht von der Steuer betroffen sein werden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Mit seiner an die tschechische Regierung gerichteten Äußerung hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin bei der Podiumsdiskussion am 4. Mai dieses Jahres in Passau seine bekannte Ablehnung des Atomkraftwerks Temelin erneuert und gefordert, die Risiken eines zukünftigen Betriebes von Temelin nicht zuzulassen und sich an die von der tschechischen Regierung selbst formulierten Bedingungen hinsichtlich der Zustimmung zur Fertigstellung von Temelinvom Mai 1999 zu halten.
Dr. Klaus Rose (CDU/CSU): Nachdem Bundesminister Trittin gefordert hat: „Macht aus Temelin eine grüne Wiese" und ich Ihrer Antwort entnehmen muss, dass er keine entsprechenden Schriftstücke oder Ähnliches an die tschechische Regierung geschickt hat, möchte ich fragen, ob wenigstens die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung mit dem sozialdemokratischen Regierungschef Zeman in Prag schärfer umgehen als Herr Trittin. Denn es ist schließlich zu wenig, wenn er nur versucht, bei einer Podiumsdiskussion die Zuhörer zufrieden zu stellen; er muss auch etwas Echtes leisten.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
der alten Regierung die tschechische Regierung eher dazu ermuntert hat, Temelin weiterzubauen?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
USA ist -, dass dort ein Standard vorherrscht, der hier nicht akzeptiert wird.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Zusatzfrage, Kollege Michelbach.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
gemacht werden kann. Sie leistet zudem einen wesentlichen Beitrag für die Versorgungssicherheit des von Stromausfällen und Versorgungsengpässen betroffenen Großraums Neu-Delhi.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Margareta Wolf, Pari. Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege Hübner, Sie wissen, dass bereits im Jahre 1994 mit dem Bau dieses Wasserkraftwerkes begonnen wurde - es ist jetzt zu 70 Prozent fertig gestellt - und dass die erforderlichen Umsiedlungsmaßnahmen nahezu vollständig abgewickelt worden sind, sodass die Bundesregierung auf dieses Verfahren keinerlei Einfluss mehr hat.
Herr Staatssekretär, ist in den nächsten Wochen für die Mitarbeiter der Wehrbereichsverwaltung eine Mitteilung des Verteidigungsministeriums auf Staatssekretärsebene geplant?
Wir streben eine unverzügliche, das heißt ohne schuldhaftes Zögern vorgenommene Information an.
Sie können noch zwei Zusatzfragen stellen, wenn Sie wollen.
Ist es dem Verteidigungsministerium denn möglich, die betroffenen Abgeordneten aus der Region zu informieren, sodass sie vielleicht etwas mehr von der Feinplanung erfahren?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
16523
Walter Kolbow, Pari. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Kollegin, das ist uns eine vornehme Pflicht.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Willsch.
Herr Staatssekretär, Sie haben die am 31. Januar verkündete Entscheidung angesprochen. Ich frage Sie, ob Sie Verständnis dafür haben, dass die Mitarbeiter ein wenig verunsichert sind, wenn sie zum einen ein Zitat der Sprecherin des Verteidigungsministeriums, Birgit Loga, in der Zeitung lesen müssen, wonach Pläne, das Gebäude zu räumen, im Moment vom Tisch seien, und zum anderen der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Oberst Jochen Cholin, erklärt, die Bundesbehörde bleibe auf Dauer in der hessischen Landeshauptstadt. Diese beiden Aussagen stehenja in einem gewissen Widerspruch zueinander. Vielleicht können Sie den betroffenen Mitarbeitern durch eine Antwort auf meine Fragejetzt helfen, etwas mehr Sicherheit für die Zukunft zu bekommen.
Herr Kollege, unabhängig von diesen Aussagen habe ich volles Verständnis für die Ängste und Unsicherheiten, die sich aus den Veränderungen im Zusammenhang mit der Bundeswehrreform ergeben. Da ich in meiner Eigenschaft als bayerischer Abgeordneter, der aber hier nicht zu sprechen hat, mit der Zusammenlegung der Wehrbereichsverwaltungen Stuttgart und München zu tun habe, weiß ich, welche Probleme hier auftauchen. Ich kann Ihnen zusagen, dass wir alles tun, um unverzüglich verlässliche Auskünfte zu geben, damit solche Unsicherheiten vermieden werden können.
Ich will hinzufügen, dass mit der Aussage „auf Dauer" sicherlich die Positionierung als Außenstelle gemeint ist, um eine regionalnahe Versorgung, wie sie eine Wehrbereichsverwaltung früherer Art sicherte, zu gewährleisten.
Vielen Dank.
Ich rufe die Frage 17 des Kollegen Wolfgang Gehrcke von der PDS-Fraktion auf:
Trifft es zu, dass - wie in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 22. März 2001 berichtet - der Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping, seinen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die WDR-Sendung „Es begann mit einer Lüge" vom Februar 2001 zurückgezogen hat?
Herr Kollege Gehrcke, Herr Präsident, auch hier bitte ich darum, die beiden Fragen des Abgeordneten Gehrcke im Zusammenhang beantworten zu können.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Ich hatte nicht nach einer eidesstattlichen Versicherung gefragt - diese mag es gegeben haben -, sondern nach dem Antrag des Ministers Scharping auf einstweilige Verfügung. Das ist sicherlich etwas anderes. Würden Sie gefälligst auf meine Frage antworten und nicht das darstellen, was in Ihrem Hause an Vorabklärungen abläuft. Ich habe meine Frage doch eindeutig formuliert.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Der Beschluss des Kabinetts war keine vorgezogene Haushaltsberatung. Es ist dem Bundesfinanzminister, dem Bundeskanzler und der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung klar, dass die Umsetzung des Aktionsprogramms eine Rolle in den Haushaltsberatungen des Bundeskabinetts spielen wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Straubinger, Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt: Die Entwicklungszusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit der Republik Simbabwe ist weitgehendst eingefroren. Die letzten Zusagen erfolgten im Jahre 1998. Noch laufende Maßnahmen werden auf Basis der bestehenden Verpflichtungen auf niedrigstem Niveau und möglichst bevölkerungsnah fortgeführt, um keine Projektruinen zu hinterlassen. Eine Einstellung der Zusammenarbeit wird erforderlich sein, falls Projektpersonal in diesen Vorhaben gefährdet ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Max Straubinger (CDU/CSU): Herr Staatsminister, gibt es dazu schon konkretere Überlegungen, die über Ihre Ausführungen hinausgehen?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Deß.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
der Bundesregierung ausdrücklich begrüßt. Es wurde vom ungarischen Ministerpräsident Orbän persönlich ins Leben gerufen. Ziel der postgradualen ungarischen Eliteeinrichtung ist esjungen Hochschulabsolventen aus den Ländern Mittel- und Osteuropas sowie aus den deutschsprachigen Ländern eine praxisnahe Zusatzqualifikation in den Fachbereichen Recht, Wirtschaft, Verwaltung und Geschichte zu ermöglichen. Die Gründungsveranstaltung der deutschsprachigen Universität in Budapest ist für September 2001 vorgesehen; mit dem Lehrbetrieb soll im September 2002 begonnen werden. Als Träger der Universität wurde eine - aus ungarischen Budgetmitteln gespeiste - Stiftung eingerichtet. Ungarn hat im Doppelhaushalt 2001/2002 etwa 19 Millionen DM für diese Universität vorgesehen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Fritz RudolfKörper zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 29 des Abgeordneten Hartmut Koschyk auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung das auch an sie gerichtete Positionspapier verschiedener Verbände der Deutschen in Russland „über die Situation der russisch-deutschen Zusammenarbeit bezüglich der Probleme der Russlanddeutschen und der Maßnahmen zu ihrer Verbesserung" und wird die Bundesregierung die Anliegen des Positionspapiers in den Dialog mit der russischen Regierung zum Zwecke einer Verbesserung der Situation der Deutschen in Russland einbringen?
Herr Kollege Koschyk, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Der Inhalt der von Vertretern der russischen Bewegung „Wiedergeburt-Einigung-Eintracht" - so der Name der deutschen Seite - überreichten Unterlagen ist uns bekannt. Ich weiß, dass mit Ihnen entsprechende Gespräche geführt worden sind und dass Ihnen die Unterlagen bekannt sind. Die Sorgen der russlanddeutschen Verbandsvertreter beziehen sich aktuell insbesondere auf die auf russischer Seite offenbar bestehenden Unsicherheiten darüber, in welchem Umfang das von der russischen Regierung zur Förderung von Russlanddeutschen aufgelegte Zehnjahresprogramm bis 2006 fortgesetzt wird.16530
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Pari. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper
Die von deutscher Seite durchgeführten Fördermaßnahmen werden auf der Grundlage der von allen Seiten begrüßten Konzeption „Aussiedlerpolitik 2000" im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung fortgeführt. Im Übrigen werden Vorschläge russlanddeutscher Verbandsvertreter zur Verbesserung ihres Status innerhalb der russischen Gesellschaft in der deutsch-russischen Regierungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen erörtert. Deshalb ist beabsichtigt, das Positionspapier in der nächsten Sitzung der Regierungskommission, die aller Voraussicht nach im Herbst stattfinden wird, zu behandeln.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade bestätigt, dass diesem Positionspapier von der Bundesregierung ein entsprechender Stellenwert eingeräumt wird und dass es in die nächste deutsch-russische Konsultation einfließen soll. Hat sich die Bundesregierung denn auch schon Gedanken über den Teil des Positionspapiers gemacht, in dem ein zusätzliches deutsch-russisches Regierungsabkommen angedacht worden ist, das den Russlanddeutschen und ihren Selbstorganisationen auch eine bilaterale Berufungsgrundlage geben soll?
Herr Kollege Koschyk, dazu kann ich Ihnen keine abschließende Meinung kundtun, zumal dieses Positionspapier noch nicht so lange vorhanden ist. Sie kennen ein paar Hintergründe, wie dieses Positionspapier entstanden ist, welche Sorge dort auch zugrunde liegt. Das ist für uns natürlich auch ein ganz gewichtiger Anlass, zu schauen, ob diese Sorge berechtigt ist oder nicht, auch im Hinblick auf das in Russland zuständige Ministerium. Auch das wird Gegenstand unserer Erörterungen sein. Ich sage Ihnen ganz offen: Da wir vorhaben, dieses Positionspapier auch zur Diskussion zu stellen, werden wir das alles vorurteilsfrei beraten und besprechen.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie selbst eingeräumt haben, dass gewisse Befürchtungen vonseiten der russlanddeutschen Organisationen auch im Hinblick auf die Berechenbarkeit der russischen Minderheitenpolitik und Minderheitenförder-politik aus Sicht der Bundesregierung teilweise verständlich sind, frage ich Sie: Wird denn die Bundesregierung diese Unsicherheitssituation ein Stück in die von der Bundesregierung eingesetzte Zuwanderungskommission einspeisen, damit sie da eine gewisse Berücksichtigung findet und es in der Zuwanderungskommission nicht zu negativen Aussagen im Hinblick auf die weiteren rechtlichen Zugangsmöglichkeiten für russlanddeutsche Aussiedler kommt?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Fritz Rudolf Körper, Pari. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Besitzer von als gefährlich eingestuften Hunden dürfen diese nach einem Auslandsaufenthalt in die Bundesrepublik Deutschland zurückbringen. Durch Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Dieses Gesetz ist, glaube ich, am 1. April dieses Jahres in Kraft getreten. Das heißt, dieses Gesetz ist überhaupt noch nicht sehr lange in Kraft. Das sehen Sie auch daran, dass die dann notwendige Verordnungjetzt im Entstehen ist und wir in der Zwischenzeit mit Erlassen gearbeitet haben. Das hängt damit zusammen, wie dieses Gesetz umgesetzt werden soll.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
kann mich erinnern, dass Sie schon einmal eine Frage zu diesem Themenkomplex gestellt haben. Da habe ich Ihnen erklärt - lieber Herr Kollege Kolb, auch Sie sind bei solchen Fragen immer anwesend; man hatja in dieser Fragestunde so seine Fangemeinde; das ist richtig schön -, dass die EU diesem Gesetzesvorhaben in der vorgeschriebenen Frist nicht widersprochen hat; das wiederhole ich ganz ausdrücklich. Das ist ein ganz wichtiger Fakt, der in der Diskussion über diesen Themenkomplex im Hinblick auf die Position der EU nicht außen vor bleiben sollte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
dieses Stadium erreicht haben. Wir haben die Absicht, dies in gleicher Richtung weiterzuentwickeln und umzusetzen, wie Sie es beschrieben haben und wie wir es anhand anderer Beispiele - wenn auch hier und da differenziert - getan haben.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
gen bereitet. Allerdings sorgt sie sich nicht um die knapp 4 Millionen offiziell Erwerbslosen, sondern sie sorgt sich
Es ist aus den bisherigen verschiedenartigen Verlautbarungen gar nicht genau zu erkennen, zu welchen neuen Erkenntnissen die Statistikumstellung führen soll. Es ist nicht erkennbar, dass mit den Änderungen die Erwerbslosenzahlen tatsächlich transparenter und differenzierter dargestellt werden und die Vermittlung arbeitsloser Menschen erleichtert wird. Das aber ist der entscheidende Punkt: die Vermittlung erwerbsloser Menschen, vor allem der langzeitarbeitslosen, deren Zahl innerhalb der Gesamtstatistik in Gesamtdeutschland stagniert und in Ostdeutschland rapide zugenommen hat. Deshalb hat es keinen Sinn, an der Berechnungsgrundlage herumzudoktern. Wir müssen vielmehr die Zielgruppenorientierung der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen verbessern.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schnieber-Jastram, bevor Sie sich ereifern, darf ich Ihnen sagen: Bisjetzt habe ich noch gar nichts vorgeschlagen.
Aberjetzt möchte ich Ihnen etwas erklären.
- Ganz langsam. - Mit mir wird es weder ein Schönen noch gar eine Manipulation von Statistik geben.
Denn das haben ich und andere in diesem Land 1998ja erlebt, als - jetzt reden wir über konkrete Zahlen - von 4,823 Millionen Arbeitslosen im Januar eine viertel Million über AB- und Strukturanpassungsmaßnahmen „herausgekauft" worden sind. Da haben die im Osten gewusst, was los ist.
16536
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Bundesminister Walter Riester
- Nein! Wir haben jetzt 270000 Menschen weniger in AB- und Strukturanpassungsmaßnahmen als Sie damals durch das Hochpuschen.
Deswegen werde ich solch eine Sache nicht mitmachen.
Jetzt gehen wir ins Konkrete: Was wir machen, ist Folgendes - und da besteht dringender Handlungsbedarf -: An einer Stelle hätte ich Ihnen gern Beifall geklatscht;
denn Sie haben gesagt, dringend notwendig sei eine ganz konkrete Vermittlung, die darin bestehe, dass wir auch ältere Menschen unterstützen, dass wir einen Paradigmenwechsel machen. Wir wollen bei dem, was wir demnächst in der aktiven Arbeitsmarktpolitik auflegen werden, gerade älteren Menschen eine stärkere Unterstützung geben. Die Bundesanstalt für Arbeit machtjetzt schon die Kampagne: „50 plus - die können es." Denn wir wissen, wie schwierig es ist, sie zu vermitteln. Ich möchte, dass alle 58-Jährigen die Chance bekommen, sich zu entscheiden, in einem Eingliederungsplan wirklich wieder in Arbeit zu kommen. Darum werden wir ringen. Ich werde niemanden aus der Statistik nehmen; das kann ich Ihnen sagen.
- Da dürfen Sie mich beim Wort nehmen. - Liebe Frau Schnieber-Jastram, wenn Sie auf jede Berichterstattung sofort hinaufhüpfen, dann sind Sie im Hüpfen ganz gut, nur kommen Sie so nicht an die Wahrheit heran.Was werden wir nun machen? Wir wollen, dass auch 50-Jährige und Ältere in den Betrieben mehr Qualifizierungsangebote bekommen, und werden dafür auch Mittel der Bundesanstalt für Arbeit bei Klein- und Mittelbetrieben bis zu 100 Beschäftigten einsetzen, um das zu ermöglichen.
Wir wollen, dass besondere Anstrengungen nicht erst nach sechs oder zwölf Monaten Arbeitslosigkeit, nach Langzeitarbeitslosigkeit bei denen unternommen werden, bei denen Sie zu Recht sagen, man hätte das früher machen sollen. Wir wollen ihnen vielmehr rechtzeitig Unterstützungsangebote machen, damit sie wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden können.Ich bin ja sehr froh, dass wir langsam - parteiübergreifend - von der Frühverrentungspraxis weggehen, dass wir uns hier anstrengen. Dies wird einer der zentralen Punkte bei der Reform der Arbeitsmarktpolitik sein.Lassen Sie mich ein paar Punkte zur Statistik sagen, weil ich dieses Thema ernst nehme. Ich habe vor kurzem in einem Hamburger Journal einen Artikel gelesen, wonach nach den Eckpunkten der Statistik, die wir von Ihrer Regierung übernommen haben - ich werfe Ihnen das gar nicht vor -, Arbeitsmarktpolitik angeblich nur noch imBlindflug möglich sei. Das wurde so von Miegel ausgedrückt und vom „Spiegel" hochgezogen. Ich habe mich zunächst über die Überschrift des Artikels geärgert. Als ich ihn durchgelesen habe, ist mir aufgefallen, dass er einige Punkte enthält, über die wir uns gemeinsam Gedanken machen sollten.
Wenn sich jemand arbeitslos meldet, möchte ich wissen, ob ermöglicherweise schon ein festes Arbeitsangebot eines neuen Betriebes hat. Wenn Sie das nicht wissen wollen, wenn Sie über solche Punkte locker drübergehen wollen, werden Sie keine effiziente Vermittlung hinbekommen.
- Wenn Sie, Herr Niebel, das alles wissen, können Sieja einen Moment ruhig sein.
Ich möchte wissen, ob junge Menschen möglicherweise nur die Zeit bis zur Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes überbrücken wollen. Die Vermittler müssen so etwas wissen, denn eine effiziente und schnelle Vermittlung muss an konkrete Punkte anknüpfen. Daran wollen wir arbeiten. Es geht überhaupt nicht darum, die Statistik zu verändern. Darum darf es auch nicht gehen.
Das ist lange genug gemacht worden und Sie werden so etwas bei uns nicht erleben.
Ich werde nie vergessen, was 1998 passiert ist:
Sie haben eine viertel Million Menschen in ABM-Pro-jekte und Strukturanpassungsmaßnahmen hineingenommen. Ich kann Ihnen die Zahlen genau sagen und bin auch gerne bereit, diese Maßnahmen in der Presse offen zu legen.
Wir haben dann sehr viele Mittel eingesetzt, damit diese Leute nicht sofort wieder ins soziale Netz fallen; sie wären sonst sofort wieder arbeitslos gewesen. Wir haben jetzt eine Stabilisierung hinbekommen und sehr viele Mittel dafür eingesetzt. Ich habe Ihnen gesagt, dass wirjetzt 270 000 Menschen weniger in ABM-Projektenund Strukturanpassungsmaßnahmen haben, weil wir eine konkrete, aktive Arbeitsmarktpolitik machen. Wir zielen nicht darauf ab, Menschen kurzfristig - aus welchen Termingründen bzw. politischen Überlegungen auch immer - aus der Statistik „herauszukaufen". Das wird es mit uns nicht geben. Deswegen kann ich Sie in diesem Punkt beruhigen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
16537Bundesminister Walter Riester
Warten Sie noch ein paar Wochen ab! Wir werden dem Parlament unsere Überlegungen vorlegen. Wir werden noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf zur Reform der Arbeitsmarktpolitik entwickeln. Wir werden das aktiv angehen und ich hoffe, dass sich auch die Opposition einmal ein Stück weit aktiv an einer solchen Sache beteiligt.
Ich würde mich sehr darüber freuen.Wir müssen uns nicht über Statistik unterhalten; denn Arbeitslosigkeit können wir nicht über die Statistik bekämpfen. Wir müssen sie bekämpfen, indem wir die Voraussetzungen dafür schaffen, die Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt hineinzubekommen. Das ist unser Ziel.Danke schön.
Ich gebe für die F.D.P.-Fraktion dem Kollegen Dirk Niebel das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wir im „Focus" gelesen haben, kommt nicht ganz von ungefähr. Herr Riester, es hat sich in Ihrer Rede wieder einmal gezeigt, dass es kein Fehler ist, wenn man in die politische Entscheidungsfindung ein gewisses Maß an praktischer Erfahrung mit einbringt.
Was Sie gesagt haben, ist durchaus richtig: Ein Arbeitsvermittler muss und sollte darüber Bescheid wissen, wenn ein Arbeitsloser einen neuen Arbeitsplatz hat, damit er seine Aktivitäten auf diejenigen richten kann, die noch einen suchen. Deswegen wird das schon seit vielen Jahren - sie können einmal in den statistischen Weisungen der Bundesanstalt nachlesen - bei der Arbeitslosmeldung abgefragt. Ist der Zeitraum nicht lange genug - ich glaube, die Grenze liegt bei vier Wochen -, wird automatisch bei der Arbeitslosmeldung der Arbeitslose zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme wieder abgemeldet. Ansonsten wird ein Vermerk im Datensatz gemacht, damit ein solcher Arbeitsloser nicht zu irgendwelchen Arbeitgebern geschickt wird, die kein Interesse an ihm haben, weil er den angebotenen Job nicht haben will. Sie erzählen insofern nichts Neues.Was hier neu ist, ist der Versuch, das Ziel des Bundeskanzlers, das er öffentlich verkündet hat, nämlich auf 3,5 Millionen Arbeitslose zu kommen, krampfhaft zu erreichen. Was haben wir denn? Die Arbeitslosenzahlensteigen saisonbereinigt seit vier Monaten, die Zahl der (Q Erwerbstätigen stagniert,
und das, obwohl Sie schon an der Statistik herumgefeilt haben, indem Sie Millionen von geringfügig Beschäftigten, die 630-DM-Beschäftigungsverhältnisse, in die Erwerbstätigenstatistik aufgenommen haben.
Die Arbeitslosenquote ergibt sich nun einmal aus der Relation der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu der Zahl der Arbeitslosen.Sie setzen Ihre falsche Arbeitsmarktpolitik fort. Sie stigmatisieren eine Bevölkerungsgruppe, nämlich die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und geben damit konsequent das falsche Signal an die Wirtschaft.
Wir müssen dafür sorgen, dass ältere Menschen, die einen großen Erfahrungsschatz haben und die noch arbeiten wollen und können, in den Arbeitsmarkt zurückkommen können. Dafür müssen Eintrittshemmnisse und falsche tarifvertragliche Regelungen abgebaut werden, die verhindern, dass ältere Arbeitnehmer eingestellt werden, weil sie einen endlosen Kündigungsschutz haben. Man muss dafür sorgen, dass nicht mehr nach Alter, sondern nach Tätigkeit bezahlt wird. Das ist der richtige Ansatz.
Sie sagen: Diese älteren Arbeitnehmer nehmen wir aus der Statistik heraus. Ob Sie diese Gruppe nun in der Statistik ausweisen oder nicht, ist gar nicht interessant. Interessant ist vielmehr das Signal, das Sie geben: Die Älteren sind eine besondere Gruppe; mit denen müsst ihr ein bisschen vorsichtig umgehen. Das kommt bei den Arbeitgebern an und dann werden ältere Arbeitnehmer nicht mehr eingestellt. Das wollen wir verhindern; denn das ist unfair.Wissenschaftliche Institute gehen davon aus, dass ungefähr - das ist über den Daumen geschätzt; denn es gibt darüber keine Statistik - ein Drittel der arbeitslos gemeldeten Personen aus unterschiedlichen Gründen - einige, weil sie nicht wollen; andere, weil sie eigentlich nicht mehr können, ohne erwerbsunfähig zu sein; wiederum andere, weil sie Kindergeld beziehen wollen oder auf die Rente oder den Wehrdienst warten - nicht mehr vermittelbar sind. Vor diesem Hintergrund wäre es konsequent, wenn Sie ein Drittel der 44 Milliarden DM, die Sie für die aktive Arbeitsmarktpolitik bereitgestellt haben - das sind ungefähr 14 Milliarden DM -, dafür verwenden würden, die Sozialbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern um einen Beitragspunkt zu senken. Dann hätten die Arbeitgeber Luft, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, und die Arbeitslosen könnten in den Arbeitsmarkt zurück.
16538
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Dirk Niebel
Sie tricksen stattdessen weiter herum, von den 630-Mark-Beschäftigungsverhältnissen über die so genannten Scheinselbstständigen, die Sie in die Versicherungspflicht gezwängt haben, über die 58-Jährigen bis hin zu denjenigen, die wieder einen Arbeitsplatz haben. Missverstehen Sie mich nicht, auch ich bin für die Absicherung der Prostituierten. Wenn aber 400 000 Prostituierte sozialversicherungspflichtig werden, dann wird sich die Arbeitslosenquote wieder zu Ihren Gunsten verändern. Hinzu kommen noch 400000 58-Jährige und Ältere, die nicht in der Statistik auftauchen. So können Sie keine Arbeitsmarktpolitik betreiben. Das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
Der Bundeskanzler hat es trotz hervorragender Rahmenbedingungen - es scheiden aufgrund der demographischen Entwicklung 250 000 Menschen mehr pro Jahr aus dem Arbeitsmarkt aus als hinzukommen; die Konjunktur ist seit über einem Jahr gut - nicht geschafft, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, weil er konsequent die falschen gesetzgeberischen Rahmenbedingungen gesetzt hat. Das setzen Sie jetzt mit der Neuregelung des Betriebsverfassungsgesetzes fort. Sie verhindern dadurch Investitionen und würgen den Arbeitsmarkt ab. Statt für Flexibilität und für neue Arbeitsplätze sorgen Sie für Stagnation, Kapitalflucht und zusätzliche Arbeitslosigkeit. Das ist nicht zielführend. Das werden wir Ihnen immer wieder vorhalten, egal, wie sehr Sie an der Statistik herumtricksen. Das ist einfach unredliche Politik.
Ich möchte jetzt auf die Aktuelle Stunde zur Arbeits-
marktpolitik vor dem Hintergrund der Äußerungen von Herrn Schartau am 5. April dieses Jahres zu sprechen kommen. Ausweislich des Stenographischen Berichts, Seite 15 997, hat mir die Kollegin Rennebach damals in einem Anfall von Milde in diesem Hause 1 DM übergeben. Ich habe diese Spende ordnungsgemäß an meine Partei weitergeleitet und möchte im Anschluss an meine Rede - damit jeder Bescheid weiß, wie die Geschichte ausgeht - Frau Rennebach die Spendenquittung über diese 1 DM ebenfalls in diesem Hause übergeben.
Wir, die wir derzeit noch eine kleine Fraktion sind, freuen uns über jede Zuwendung. Ich möchte auch die anderen Kolleginnen und Kollegen auffordern: Kommen Sie vertrauensvoll auf mich zu. Ich nehme auch von Ihnen Spenden entgegen und werde sie ordnungsgemäß weiterleiten.Vielen Dank.
Für die
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen spricht die Kollegin Dr. Thea Dückert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Tenor der heutigen Pressekommentare - es gab schon gestern welche; aber heute sind die Zeitungen voll davon - zum Thema der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde ist:„Geschrei verfrüht". Sie versuchen, mit Geschrei die an- (Q gebliche Schönrechnerei der Bundesregierung auf die Tagesordnung zu setzen. Ich wundere mich angesichts des Verlaufs der Diskussion über die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und über die Arbeitsmarktstatistik nicht, dass Sie auf eine solche Verdächtigung verfallen sind; denn Sie haben sich in der Vergangenheit nicht als Meister der Frisuren, sondern als Meister des Frisierens gerade der Arbeitsmarktzahlen erwiesen, meine Damen und Herren von der Opposition.
Ich nenne zwei Beispiele. Das eine Beispiel ist der Umgang mit den Zahlen, dass nämlich Arbeitslose über 58 Jahre, die in Rente gehen wollen und dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen wollen, in der Statistik anders ausgewiesen werden. Das ist ein Resultat der Politik des Herrn Blüm. Das ist die eine Art, mit dieser Problematik umzugehen.Das andere Beispiel - wir haben letzte Woche darüber diskutiert - ist der Umgang mit der Arbeitslosigkeit insgesamt, wofür Sie 1998 hier wirklich ein Meisterstück abgeliefert haben.
In dem Jahr der höchsten Arbeitslosigkeit - über 4 Millionen im Jahresdurchschnitt - und in den Monaten der höchsten Arbeitslosigkeit, die die Bundesrepublik je gesehen hat, haben Sie ein gigantisches Wahlkampf-ABM-Programm aufgelegt, mit dem allein in jenem Jahr 170 000 ABM-Plätze zusätzlich geschaffen worden sind.
Das ist auch eine Art der politischen Frisierung von Fakten und Zahlen, mit der Sie sich mit Blick auf das arbeitsmarktpolitische Geschehen auseinander setzen. Nein, meine Damen und Herren, es ist ziemlich vordergründig, was Sie hier zur Debatte stellen.
- Frau Schnieber-Jastram, Ihre Rede heute war wie ein Aufguss der Rede aus der letzten Woche und war auch nicht sehr erhellend.Was wir wollen, ist, eine Situation zu schaffen, in der wir fair mit der Lage auf dem Arbeitsmarkt umgehen, und zwar indem wir mehr Klarheit und deswegen auch mehr Wahrheit in diesem Datenmaterial schaffen. Wir wollen uns im Ansatz auseinander setzen
mit denjenigen, die möglicherweise in eine Langzeitarbeitslosigkeit hineingedrängt werden. Wir wollen diese Langzeitarbeitslosigkeit gar nicht erst entstehen lassen. Deswegen werden wir das Mittel der Eingliederungspläne für die Arbeitsämter zur Pflicht machen. Sie sollen sich
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
16539Dr. Thea Dückert
mit denjenigen auseinander setzen, die Arbeitsmöglichkeiten und Unterstützung zur Aufnahme von Erwerbsarbeit suchen.
Wir werden ein Instrument auf einer Basis von neuen Pflichten und Rechten entwickeln, das denjenigen helfen soll, die auch wirklich Arbeit suchen. Ich denke, das ist der richtige Ansatz im Umgang mit Arbeitslosigkeit in diesem Lande.
Gerade Sie, Herr Niebel, sollten sehr vorsichtig sein, was die 58er-Regelung angeht.
Sie sollten sehr sensibel mit diesem Thema umgehen. Die Situation von Langzeitarbeitslosigkeit gerade unter älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die hohe Arbeitslosigkeit dort und die geringe Erwerbsquote bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind Resultat einer Politik der Vergangenheit, die auf die Frühverren-tung und darauf gesetzt hat, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglichst frühzeitig auszusteuern.
- Sie wissen ganz genau, dass Sie die gesetzlichen Rahmenbedingungen dazu geliefert haben, dass es Betrieben möglich war, ältere Arbeitnehmerinnen und ältere Arbeitnehmer auch mit sanftem Druck frühzeitig in die Rente zu schicken.Das ist ein Problem, mit dem wir uns heute auseinander setzen müssen. Wir müssen eine Gegenstrategie entwickeln. Das Bündnis für Arbeit hat das thematisiert. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel. Wir brauchen nämlich die älteren Menschen auch in der Arbeit. Wir brauchen eine Kultur der Altersarbeit. Deswegen setzen wir auch bei unserer Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente auf eine Strategie, die gerade auch die Qualifizierung und Integration der älteren Menschen in den Arbeitsmarkt vorantreibt.Ich sage Ihnen noch eines: Ich wäre sehr dankbar, wenn es uns gelänge, im statistischen Datenmaterial zum Beispiel auch Aufschluss über die Höhe der stillen Reserve zu kriegen. Das wird nicht möglich sein. Aber ich sage Ihnen, warum ich dafür sehr dankbar wäre: weil wir Ihnen dann auch deutlich machen könnten, dass schon die Arbeitsmarkt- und Konjunkturpolitik der letzten zwei Jahre dazu geführt hat, dass Leute, die unter Ihrer Politik in die stille Reserve abgedrängt worden sind, heute wieder den Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden haben.Ich danke Ihnen.(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Dirk Niebel [F.D.P.]: Viel-leicht Schwarzarbeit, mehr nicht! - Johannes
Ich gebe das Wort dem Kollegen Dr. Klaus Grehn für die Fraktion der PDS.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens erinnert mich diese Diskussion an eine Karikatur von vor zehn Jahren: Zwei Menschen stehen am Biertisch und unterhalten sich. Sagt der eine zum anderen: Die hohe Arbeitslosigkeit, schrecklich, schrecklich! Man müsste doch etwas tun. - Ja, sagt der andere, mich sollte man machen lassen. Antwortet der Erste: Wieso? Bist du Politiker? - Nein, sagt er, Statistiker!
Zweitens erinnert mich diese Diskussion an die Zeit, als ich Präsident des europäischen Netzwerkes der Arbeitslosen war. Seinerzeit regierte in Großbritannien Frau Thatcher. Sie hat die Statistik 19 Mal verändert undjedes Mal waren es weniger Arbeitslose. Zugegeben hat sie es nie, dass es an der Statistik lag.Drittens. Ältere undjüngere Arbeitslose werden schon jetzt als Unterpositionen in der Statistik erfasst. Nun stellt sich die Frage, warum sie wieder neu erfasst werden sollen. Darauf habe ich auch aus Ihren Bemerkungen, Herr Bundesarbeitsminister, keine Antwort herausgehört.
Viertens. Was haben Sie gemacht? - Sie haben den Arbeitgeberverbänden eine Steilvorlage gegeben, die, nachzulesen im „Handelsblatt" von gestern, wie folgt darauf reagieren: Arbeitslosen, die auf Rente warten, soll das Arbeitslosengeld gestrichen werden. Künftig müsse man genau untersuchen, wer von den Arbeitslosen tatsächlich neue Jobs sucht. Die Erfassung der Qualifikation der Arbeitslosen lasse zu wünschen übrig, beispielsweise bei den Ingenieuren.Natürlich sagt niemand, dass sie auf die Qualifikationsrutsche gesetzt werden, dass sie ob ihrer langen Arbeitslosigkeit nicht mehr zu vermitteln sind und statistisch auch nicht mehr erfasst werden. All dies geschieht angesichts der Tatsache, dass die höchsten Ämter in diesem Land mit Leuten besetzt werden, die wenigstens 58 Jahre alt sind. Auch der Bundeskanzler war nicht viel jünger, als er sein Amt antrat. Statt darüber nachzudenken, wie man für ältere Arbeitslose Arbeitsplätze schafft, wird darüber nachgedacht, wie man ihnen das Arbeitslosengeld kürzt.Es wurde also von Qualifikation der Arbeitslosen gesprochen; das ist der neue Ruf. Was aber in diesem Land nicht nur die 58-Jährigen, sondern schon die Menschen ab 45 nicht mehr vermittelbar macht, ist nicht die fehlende Qualifikation, sondern das Alter. Das Problem ist, dassje-mand, der mit 58 Jahren qualifiziert wird, dadurch nicht16540
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Dr. Klaus Grehn
jünger wird und auf dem Arbeitsmarkt auch nicht interessanter wird. Wenn Sie etwas verändern wollen, müssen Sie schon an diesem Punkt ansetzen.
Wir brauchen also eine neue Denkweise, aber keine neue Erfassung.All das, was schon kursiert - das reicht vom Faulenzervorwurf bis hin zu Ankündigungen, das SGB III zu verändern -, findet seinen Niederschlag in folgender Zeitungsüberschrift, liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitionsfraktionen, insbesondere der SPD: „Arbeitslose kehren der SPD den Rücken". Das ist das Ergebnis Ihrer Politik; das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Das ist auch die Antwort auf das, was in letzter Zeit geschehen ist.Wenn ich, Herr Bundesarbeitsminister, die Statistik änderte, damit die Zahl der Arbeitslosen geringer wird, würde ich es auch nicht zugeben.
Ich habe dafür sogar Verständnis. Aber wenn Sie dies nicht wollen, dann erklären Sie diesem Hohen Hause und insbesondere den Arbeitslosen, die nun neu erfasst werden, was Sie damit eigentlich erreichen wollen.Auf die jungen Arbeitslosen hat Herr Kollege Niebel schon hingewiesen. Sie werden auch schon bisher erfasst.
Wenn aber jemand zum Arbeitsamt geht und sagt, er habe eine Zusage für einen neuen Arbeitsplatz, Frau Rennebach, dann weiß er immer noch nicht, ob daraus etwas wird oder nicht. Er weiß dann immer noch nicht, ob er die Stelle wirklich bekommt oder nicht.
Eine Zusage ist etwas ganz anderes. Wer oft genug im Arbeitsamt war, der weiß, dass Arbeitsplätze zugewiesen werden und es passieren kann, dass, wenn man in den Betrieb kommt, diese Arbeitsplätze bereits seit langer Zeit besetzt sind. Ich sehe deswegen überhaupt nicht ein, dass Ihre Regelungen zu einer Veränderung zugunsten der Betroffenen führen werden. Hier müssen Sie sich schon etwas anderes einfallen lassen, und zwar etwas, was Arbeitsplätze schafft und nicht die Statistik verändert.
Für die
SPD-Fraktion spricht der Kollege Walter Hoffmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass diese Aktuelle Stunde einegute Gelegenheit bietet, die Debatte zur aktuellen Lage (Q auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt wieder ein wenig mehr auf die Füße zu stellen und von Sozialromantik und Verklärung auf der einen Seite und Dramatik auf der anderen Seite wegzugehen.Wir wissen alle, dass kaum eine Datenerhebung so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht wie die monatliche Erfassung der Beschäftigten- und Erwerbslosenzahlen der Bundesanstalt für Arbeit. Ich denke, es ist unstrittig, dass sich die Lage auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt seit Monaten verbessert hat.
Dass sie besser sein müsste, ist unstrittig. Ich denke aber, dass der Trend eindeutig ist.
Es gibt allerdings - das darf man auch nicht verschweigen - im gesamten Land große regionale und strukturelle Unterschiede.
Lassen Sie mich einige Aspekte ansprechen: Es gibt Regionen, in denen Betriebe händeringend nach Fachkräften suchen. Ich komme aus einer Stadt, in der Hochschulabsolventen einen Arbeitsvertrag in der Tasche haben und trotzdem beim Arbeitsamt gemeldet sind. Es gibt einen harten Kern von Langzeitarbeitslosen, der sich trotz einer sich verbessernden Konjunkturlage nur zögernd verkleinert. Im Osten gibt es - auch das ist unstrittig - zu wenig Ausbildungsplätze vor allem im ersten Arbeitsmarkt und relativ viele in außer- und überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Es gibt viele Behinderte unter den Arbeitslosen, die trotz Zuschüssen keine Chance erhalten. Es gibt eine stille Reserve von vielen Frauen, die offiziell nicht gemeldet sind, aber wieder eine Arbeit aufnehmen möchten. Statistisch betrachtet gibt es eine hohe Zahl von arbeitslosen Ingenieuren auf der einen Seite, während es auf der anderen Seite viele offene Ingenieurstellen bei den Arbeitsämtern gibt.
Es gibt eine Fülle von individuellen Problemen. Ich wehre mich immer wieder dagegen, die Lage auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt pauschal zu bewerten. Es gibt die 55-jährige Bewerberin, die vor dem Personalchef sitzt und darum bittet, nicht genommen zu werden, weil sie einen krebskranken Mann hat, den sie in den letzten zwei bis drei Jahren seiner Lebenszeit noch zu Hause pflegen will. Der Personalchef streicht daraufhin auf dem Formular die Rubrik „ungeeignet" an. Daneben gibt es einen anderen Bewerber, der ganz offen erklärt, dass er bisher in einem Unternehmen gearbeitet hat, in dem die Tarifstruktur ein hohes Lohnniveau zuließ. Er erläutert dem Personalsachbearbeiter ausführlich, dass er nicht in der
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
16541Walter Hoffmann
Lage ist, zu verminderten Bedingungen eine neue Stelle anzutreten, da dies zu massiven Einschnitten bei ihm selbst führen würde.
Meine Damen und Herren, warum erzähle ich Ihnen das?
Ich sagte bereits, die Lage auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt stellt sich sehr differenziert dar. Wenn wir uns in wenigen Wochen und Monaten hier über die Reform des SGB III unterhalten,
dann müssen wir bedenken, wie wir die Instrumente des Arbeitsmarktes vorrangig bezogen auf diese Personengruppen verfeinern können.
Wir wollen diese Instrumente so verfeinern, verbessern, erweitern und ergänzen, dass diese Personen die Chance bekommen, in den ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden.
Eine differenzierte Statistik, Herr Niebel, ist als Grundläge hierfür dringend notwendig.
Ich frage: Ergibt es einen Sinn, einen Arbeitnehmer in der Statistik zu führen, der einen Arbeitsvertrag bereits abgeschlossen hat und lediglich die Zeit bis zum Antritt seiner neuen Arbeitsstelle überbrücken muss?
Ergibt es einen Sinn, einen jungen Mann in der Statistik zu führen, der in Kürze seinen Wehr- oder Zivildienst antreten muss? Das Gleiche gilt für die Regelung bezüglich der über 58-Jährigen: Ergibt es einen Sinn, diese Gruppe in der Statistik zu führen, wenn klar ist, dass diese Menschen keine Chance auf Arbeit mehr haben und daher nicht mehr vermittelt werden wollen und können?
Es geht hier nicht um Leistungskürzungen und Leistungsabbau; das ist außerhalb jeder Diskussion. Es geht vielmehr um eine ehrlichere und differenziertere Statistik,
die die Grundlage für eine differenzierte Arbeitsmarktpolitik sein muss und sein wird.
Andere Länder - zum Beispiel Amerika und Holland - (Q legen hinsichtlich der Statistik viel strengere Maßstäbe an. In Amerika wird die Statistik für diesen Bereich in sechs Klassen unterteilt. Wir wissen alle, dass in Holland ein Teil der Arbeitslosen aus der Statistik ausgegliedert wird, wenn sie durch Dritteinrichtungen, wie zum Beispiel durch die Erwerbsunfähigkeitsversicherung, finanziell unterstützt werden. Fachleute sagen, die Arbeitslosigkeit in Holland läge um 20 Prozent höher, wenn man diese Personengruppen in die Statistik wieder eingliedern würde.Lassen Sie mich abschließend sagen: Wenn wir durch eine Novellierung des SGB III die Arbeitsverwaltung und die Arbeitsvermittlung modernisieren wollen und individuelle Eingliederungspläne erarbeiten wollen, wenn wir Trainingsmaßnahmen und Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung auf bestimmte Personengruppen konzentrieren wollen und die Qualifizierung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern wollen, dann kommen wir an einer differenzierteren Statistik, die betriebsnäher ist, präventive Elemente enthält und zur Entbürokratisie-rung beiträgt, nicht vorbei.
Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Schluss.
Ich komme damit zum Schluss: Wir haben eine völlig neue Qualität der Diskussion. Wir diskutieren nämlichjetzt über Zuwachsraten und über eine Verbesserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt. Das ist ein qualitativer Unterschied gegen- über den letzten Jahren, in denen es kontinuierlich Verschlechterungen gab.
Über die heutige Situation können wir uns alle freuen. Der Weg ist richtig. Wir sollten ihn gemeinsam gehen.
Das Wort hat nunmehr der Kollege Dr. Bernd Protzner für die CDU/CSU-Fraktion.
Meine Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie den Kollegen Hoffmann haben ausreden lassen. Er hat nämlich aus der Schule geplaudert und zugegeben, dass auf Koalitionsseite offensichtlich an einer Manipulation der Statistik gearbeitet wird.
Herr Riester, wer Ihnen sehr genau zugehört hat, konnte feststellen, dass Sie sich zwar sehr lautstark entrüstet haben, dass Sie aber nicht dementiert haben. Sie haben zwar gesagt, Sie würden keinen Arbeitslosen aus der Statistik herausnehmen. Sie haben aber zugleich16542
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Dr. Bernd Protzner
angekündigt, Sie würden das Gesetz ändern und neu definieren, wer ein Arbeitsloser ist, der dann in der Statistik erscheint. Das hat auch Frau Dückert von den Grünen gesagt.
Es geht also darum, die Statistik zu schönen, weil Sie die Wirklichkeit während Ihrer Regierungszeit nicht verbessert haben.
- Frau Kollegin Rennebach, Ihr Problem ist doch,
dass Ihr Bundeskanzler, Herr Schröder, vor seiner Wahl erklärt hat, der Konjunkturaufschwung sei sein Konjunkturaufschwung. Er hat nach der Wahl noch einen draufge-setzt und gesagt, er lasse sich am Abbau der Arbeitslosigkeit messen.Nun haben wir einen Konjunktureinbruch, den Sie vier Monate lang dementiert haben, obwohl die Statistiken eindeutig waren. Die Forschungsinstitute haben erklärt, dass wir einen Konjunktureinbruch haben. Trotzdem hat Herr Bundeskanzler Schröder immer wieder von einer robusten Konjunktur gesprochen. Es hat Wochen gedauert, bis die Regierung ihre Prognose auf 2 Prozent gesenkt hat.Wissen Sie, worin Ihr Problem liegt? Erst ab 2,5 Pro-^ ' zent Wirtschaftswachstum haben wir die Chance auf einen Zuwachs an Arbeitsplätzen auf dem Arbeitsmarkt. Ein solches Wachstum wird es in absehbarer Zeit in der Bundesrepublik nicht geben - Sie müssen diese Prognose akzeptieren -, weil Sie eine schlechte Wirtschaftspolitik gemacht haben, weil Sie die Wirtschaft und den Mittelstand belastet haben, weil Sie die Steuern erhöht und nicht gesenkt haben,
weil Sie notwendige Deregulierungen nicht durchgeführt haben, sondern Monopolisierungen wieder in Kraft setzen wollen. Weil all diese schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Ihnen gesetzt worden sind, kommt der Arbeitsmarkt nicht voran.
Weil er nicht vorankommt, müssen die Zahlen verändert werden.
Sie haben deswegen beschlossen, all denjenigen, die auf die Statistik schauen, eine rosarote Brille zu verordnen. Weil Ihnen das Messergebnis nicht passt, verändern Sie, um zu besseren Ergebnissen zu kommen, schlicht und einfach den Maßstab.Ich möchte an das Mittelalter erinnern: Damals wurde die Elle als Maß an den Rathäusern angeschlagen und man wurde an den Pranger gestellt, wenn das Ergebnis ei-ner Messung gegen den vorgegebenen Wert verstieß. Auch Sie gehören hier an den politischen Pranger gestellt.
Sie wollen über geänderte und falsche Maßstäbe die fehlende Qualität Ihrer Politik verdecken. Dieser Weg muss gestoppt werden. Durch diese Aktuelle Stunde machen wir Ihr Vorgehen publik. Das ist gut so und die Öffentlichkeit wird es verstehen.
Die Kollegin Ekin Deligöz spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir führen heute eine Aktuelle Stunde zum Thema Arbeitslosenstatistik durch. In der Tat: Wir wollen über Statistiken reden. Wenn dem so ist, dann sollten wir auch über Statistiken reden und nicht davon ablenken. Es gibt tatsächlich eine ganze Reihe von Experten - Wissenschaftler und andere Fachleute -, die sagen: Wir müssen unter verschiedenen Gesichtspunkten die Arbeitsmarktstatistik verändern; wir brauchen eine stärkere Differenzierung der Arbeitsmarktstatistik.
- Hören Sie zu, bevor Sie hineinrufen! - Man kritisiert, dass die Arbeitsmarktstatistik undifferenziert ist und dass darin manche Arbeitslosen überhaupt nicht erfasst sind. Es wird gesagt, dass wir mehr Transparenz brauchen, dass wir mehr Präzision in der statistischen Technik brauchen und dass wir die Aussagekraft der Statistik steigern müssen.Darüber hinaus wird immer wieder ausgeführt, dass man die Arbeitsmarktstatistik Deutschlands überhaupt nicht mit der anderer europäischer Länder vergleichen kann. Dort werde die Arbeitslosigkeit anders als vom Statistischen Bundesamt oder von der Bundesanstalt für Arbeit erfasst. Diese Feststellung ist wahr und daher ist die differenzierte Betrachtung der Arbeitsmarktpolitik sehr schwierig. Statt über Statistiken zu reden, führen Sie hier eine Platzhalterdebatte. Mit solchen Debatten wollen Sie nicht nur das Parlament beschäftigen - das ist Ihr gutes Recht -, sondern auch vom eigentlichen Problem ablenken.
Wo liegt das eigentliche Problem? Es ist nicht unser Ziel, Statistiken zu ändern oder Arbeitslosigkeit neu zu definieren. Das ist sicherlich nicht das Ziel; vielmehr sehen so die Unterstellungen aus, mit denen Sie hier agie-
ren.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
16543Ekln Deligöz
Unser Ziel ist übrigens auch nicht Stigmatisierung, Herr Niebel. So etwas wie Stigmatisierung ordnen wir eher Ihrer Fraktion zu.
Unser Ziel ist es tatsächlich, die Statistik zu verbessern, nämlich durch eine gute, gezielte Arbeitsmarktpolitik.
Das und nichts anderes wollen wir!
- Genau das - eine gute, gezielte Arbeitsmarktpolitik -machen wir. Machen Sie Ihre Ohren auf! -
Wir möchten das Problem angehen, ältere Arbeitslose in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Dieses Vorhaben wird auch durch das Bündnis für Arbeit stark vorangetrieben. Ziel der Bundesregierung ist, die Vermittlungschancen der von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen zu verbessern und Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden.Unsere Erfolge liegen auf der Hand. Schauen Sie sich nur die Arbeitsmarktzahlen an! Ich vergleiche einmal die ^ ' Jahresdurchschnittszahlen der Arbeitslosen: 1998 lag die Jahresdurchschnittszahl bei 4,2 Millionen, 1999 bei 4 Millionen und 2000 bei 3,8 Millionen. Es ist eindeutig: Die Arbeitslosigkeit in Deutschland nimmt ab.Wer - Sie werfen uns das immer wieder vor - trickst hier eigentlich herum? Ist es nicht ein Tricksen, solche Platzhalterdebatten zu führen, die überhaupt nichts bringen?
Ist es nicht sinnvoller, sich tatsächlich dieser Debatte zu stellen? Der Minister hat hier heute gesagt, dass wir demnächst einen Gesetzentwurf vorlegen werden. Wenn Sie all das, was Sie heute hier vortragen, ernst meinen, dann müssen Sie auch unseren Vorschlägen zustimmen, wenn wir die Reform des SGB III hier einbringen. Das wäre eine Politik, bei der wir Sie ernst nehmen können.
Das Wort hat der Kollege Johannes Singhammer, CDU/CSU.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fangopackungen für die Arbeitslosenstatistik helfen keinem einzigen Arbeitslosen. Es wäre besser, Sie würden sichmehr um die Arbeitslosen und weniger um die Statistik (Q kümmern.
Es ist natürlich jedem klar, warum Letzteres der Fall ist, Herr Minister: weil diese Arbeitslosenzahlen die Schicksalszahlen dieser Bundesregierung sind. Der Bundeskanzler hat zu Beginn seiner Amtszeit versprochen, er wolle sich an diesen Zahlen messen lassen. Er hat Versprechungen gemacht.Wenn man die Zahlen vom Oktober 1998 mit denen vom April dieses Jahres vergleicht - wobei die saisonale Unscharfe in Kauf genommen wird, was nicht ganz in Ordnung ist; das gebe ich zu -, stellt man eines fest: Im Oktober 1998 waren es 3,9 Millionen, jetzt sind es auch etwa 3,9 Millionen. Das heißt, der Abbau der Arbeitslosigkeit kommt nicht vom Fleck, sondern Stillstand herrscht auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenzahlen sind nicht, wie versprochen, abgeschmolzen, sondern eingeeist und eingefroren. Um diesen Misserfolg zu verstecken, versuchen Sie jetzt, mit den Statistiken zu panschen. Das ist Statistikpanscherei, wobei mich eines wundert, Herr Minister: Bei den 68ern kann es Ihnen nicht schnell genug gehen, sie in die Regierung einzubinden, und die 58er wollen Siejetzt überall draußen haben.
Die Arbeitslosenzahlen werden jetzt - das hat diese Debatte erhellend aufgedeckt - so lange gedreht, gedrechselt, geschliffen, geglättet, geschönt, geföhnt und frisiert, bis sie nicht mehr wiederzuerkennen sind. ^
Ich würde mir wünschen, dass Sie sich mit dem gleichen Eifer, mit dem Sie die Statistik behandeln, wirklich um die Arbeitslosen, vor allem um die Langzeitarbeitslosen, kümmern. Hätten Sie das getan, dann hätten wir auch in diesem Bereich weniger Arbeitslose.Das, was Sie jetzt tun - einige Kollegen haben schon darauf hingewiesen -, ist auch aus einem anderen Grund psychologisch ein Supergau. Jetzt wollen Sie die 58-Jährigen in einer Sonderstatistik oder Nebenstatistik führen. Das ist psychologisch so ziemlich das Schlimmste und Falscheste, was man tun kann. Damit wird signalisiert - und das ist die Botschaft, die gerade die Arbeitgeber erreichen wird -: Wer älter ist, hat weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Er wird nicht einmal in der Statistik gleichbehandelt, sondern er wird offensichtlich auch in der Statistik schon nicht mehr gebraucht.
Was müssen diese älteren Arbeitnehmer denken, auf deren Erfahrung wir immer mehr angewiesen sein werden und deren Erfahrungsschatz wir brauchen, auch aufgrund der demographischen Entwicklung, wenn siejetzt erfahren müssen, dass sie selbst in der Statistik eliminiert werden?16544
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Johannes Singhammer
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin für Transparenz bei der Arbeitsmarktstatistik, aber Transparenz heißt dann auch vollständige Information. Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Herr Jagoda, hat mir in einem Schreiben mitgeteilt, dass sich das Erwerbspersonenpotenzial Jahr für Jahr um über 200 000 Personen vermindert, beispielsweise im Jahr 1999 um 230 000.
Der Grund ist die demographische Entwicklung.
Wenn Sie eine wirklich transparente Statistik führen wollten, dann müssten Sie zumindest auch aufführen, wie viele Erwerbstätige dem Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren allein aus demographischen Gründen nicht mehr zur Verfügung gestanden und deshalb die Statistik natürlich massiv beeinflusst haben.
Mich hätte - da wir gerade beim Thema Transparenz sind - auch interessiert, wie sich die Anpassung der Arbeitslosenstatistik an europäische Standards ausgewirkt hat. Wir haben die Einführung der Standards nicht kritisiert, weil wir einen gemeinsamen europäischen Standard brauchen. Aber klar ist auch, dass diese Nivellierung nicht dazu geführt hat, dass mehr Arbeitslose in der Statistik verzeichnet werden, sondern dass es weniger geworden sind. Auch das wäre eine interessante Rechnung, mit der Transparenz in die Statistik gebracht werden könnte.
Mich würde es nicht wundern - ich glaube, auch viele Menschen nicht, die dieser Debatte zugehört haben -, wenn in Kürze Vollbeschäftigung vermeldet und eine Statistik vorgelegt würde, die keinerlei Arbeitslosigkeit mehr verzeichnet. Aber das entspräche nicht der Realität; das wissen die Menschen auch. Deshalb rate ich Ihnen dringend: Lassen Sie die Finger von Statistikmanipulationen!
Für die
SPD-Fraktion gebe ich das Wort der Kollegin Ute Kumpf.
Herr Präsident! Kollegen und Kolleginnen!
-Abwarten, Mr. Higgins!„Haltung der Bundesregierung zur Absicht des Bundesarbeitsministers, künftig über 58-jährige Arbeitslose und Personen, die sich nur vorübergehend arbeitslos gemeldet haben, aus der Arbeitslosenstatistik herauszunehmen", das ist der Titel der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde. Mein Vorschlag für einen Titel wäre: „Der mühselige Versuch der CDU/CSU einschließlich derF.D.P., bei der Debatte ein arbeitsmarktpolitisches Profil (Q zu entwickeln."
Ihr Aufhänger der Woche, eine Politik auf Zuruf, geboren aus dem Schlagzeilensalat der Woche,
ist ein Paradebeispiel dafür, wie auf der Grundlage von schlechter Recherche - vielleicht auch nur schlecht nachgelesen in der einschlägigen Journaille -
der Versuch gemacht wird - auch das schlecht -, unsere Arbeitsmarktpolitik schlecht zu machen und vom eigenen Versagen in 16 Jahren Regierungszeit und nicht vorhandenen Konzepten in Ihren eigenen Reihen abzulenken.
Wenn wir zu dem Thema Arbeitsmarktpolitik diskutieren, zähle ich schon immer die Sekunden, bis das Stichwort 630-Mark-Jobs fällt.
Sie haben sich auf die unterschiedlichen Schlagzeilen kapriziert. Zum Beispiel hat die „Berliner Zeitung" am 14. Mai getitelt: „Riesters Zahlenzauber - Arbeitslosenzahlen schönrechnen".
Im „Handelsblatt" - das lesen auch Sie ganz bestimmt; Sie sindja schlau, Herr Niebel -
vom 15. Mai steht: „Riesters Statistiker gefährden Schröders Arbeitsmarktziel". Darunter heißt es: „Arbeitsministerium will ältere Arbeitslose wieder im amtlichen Zahlenwerk aufführen".
In der „Welt" - die lesen Sie ganz bestimmt auch -
heißt es: „Wirbel um Änderung der Arbeitsmarktstatistik - Opposition wirft Riester ,Rechenkunststücke' vor". Dann wird dagegengesetzt: „Experten fordern aussagekräftige Zahlen". Heute schreibt der „Tagesspiegel": „Zahlensalat im Arbeitsamt".Das ist ein Schlagzeilensalat, würde ich einmal sagen.
Liebe Kollegen von der CSU, ich denke, dass Sie Ihre heimische Zeitung, die „Süddeutsche", lesen. Die „Süd-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
16545Ute Kumpf
deutsche" ist ja eine schlaue Zeitung; meine Verbundenheit zum Süddeutschen ist auch immer noch vorhanden. Die „Süddeutsche" hat heute in einem Kommentar unter dem Stichwort „Transparenz oder Manipulation?" sehr schön geschrieben:
Für die Opposition schien es ein gefundenes Fressen. Kaum werden Kanzler Schröders Schwierigkeiten offenbar, sein Versprechen von höchstens 3,5 Millionen Arbeitslosen zur Bundestagswahl einzuhalten - da werkelt doch tatsächlich Arbeitsminister Walter Riester ...an der Statistik.Fürs Magazin „Focus" und andere war sofort klar, dass es sich hier nur um eine Manipulation zu Schröders Gunsten handeln könne, und CDU/CSU beantragten flugs für heute eine Aussprache im Bundestag.
Es geht aber noch weiter:Tatsächlich soll die Statistik verändert werden, aber im Dienste der von Experten geforderten Transparenz.
Herr Niebel, Sie arbeitsmarktpolitischer Tausendsassa, ich würde ganz gerne zu den Niederungen unserer Politik zurückkehren. Sie sind doch ganz bestimmt auch in Ihrem Wahlkreis unterwegs und stehen als Sozialpolitiker sicher in engem Kontakt zu Ihrem Arbeitsamtsdirektor. Manch-
mal, Herr Niebel, habe ich den Eindruck, als ob Sie dort immer noch ständig ein und aus gehen.
Zur Sache: Ich gehe einmal davon aus, dass Arbeitsämter nicht nur Zahlstellen und Zählstellen sind,
sondern dass sie in die Lage versetzt werden sollen, Dienstleistungszentrum für ihre Kunden zu sein: für die Arbeitslosen, für diejenigen, die nach Weiterbildung fragen, und für die Unternehmen, die Arbeitskräfte suchen, also Dreh- und Angelpunkt für den regionalen Arbeitsmarkt.Es sind doch immer so viele Mittelständler bei Ihnen. Sie sind immer dafür, dass man sich eine vernünftige Geschäftsgrundlage erarbeitet. Zu einer vernünftigen Geschäftsgrundlage gehört ebenfalls, zu wissen, wie sich der Arbeitsmarkt in der Region darstellt, wie sich die Arbeitsmärkte entwickeln,
wie hoch die Zahl der Arbeitsplätze ist, wie hoch die Zahl derjenigen ist, die um Arbeit nachfragen, wie sich die Struktur darstellt. Es sind heute schon genügend Beispiele in der Diskussion angeführt worden, die eindrucksvoll belegen, wie kompliziert die Welt geworden ist.
Ihr Kollege, Herr Schade, immer noch Präsident des (Q Landesarbeitsamtes in Baden-Württemberg, hat mir vor anderthalb Jahren gesagt: Frau Kumpf, warum macht es sich Herr Riester eigentlich so schwer? Er hätte doch längst all die Ruheständler herausrechnen können. Er hätte schon längst die Möglichkeit gehabt, die Arbeitslosenzahlen herunterzurechnen. - Das wollen wir gar nicht. Wir wollen uns über die Statistik eine vernünftige Arbeitsund Geschäftsgrundlage verschaffen, um zu ermitteln, wie unsere Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik zukünftig greifen sollen - für die Älteren, für die Jüngeren, für die Frauen -, um Arbeitslosigkeit zu verhindern
und Langzeitarbeitslosigkeit gar nicht entstehen zu lassen. Es ist das oberste Gebot, eine Transparenz der Statistik zu erreichen. Dies ist der erste Schritt, um der Arbeitslosigkeit mit den richtigen Instrumenten begegnen zu können.Danke schön.
Der Kollege Jochen-Konrad Fromme spricht für die CDU/CSU.
Jochen-Konrad Fromme (von Abgeordneten der CDU/CSU mit Beifall begrüßt): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Wo Überschriften sind, da steckt auch etwas dahinter. Die Kollegen Hoffmann, Kumpf und Deligöz ha-benja eben bestätigt, dass Sie die Statistik ändern wollen.Ich frage mich, Herr Minister Riester, warum Sie nicht ein ganz klares Dementi gebracht und gesagt haben: Wir ändern die Statistik nicht. Das haben Sie nicht gesagt. Warum nicht? - Weil Sie die Statik ändern wollen. Und wenn Sie die Statistik ändern, dann werden Sie das sicherlich auch für politische Zwecke gebrauchen, um nicht zu sagen: missbrauchen.
Meine Damen und Herren, hier geht es um die Frage von Statistik und Fakten. Da es nur einen einzigen Maßstab für die Frage gibt, ob sich die Beschäftigung weiterentwickelt oder nicht, will ich Ihnen noch einmal die Grafik über die geleisteten Arbeitsstunden zeigen. Die Zahl der Köpfe kann man ja ganz leicht manipulieren. Dafür braucht man nur die Zahl der Arbeitsstunden zu senken oder, wie Sie es gemacht haben, die 630-DM-Beschäf-tigen, also die Beschäftigten mit ganz geringen Arbeitsstunden, aufzunehmen.
Dann bekommt man natürlich ganz andere Zahlen.16546
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Jochen-Konrad Fromme
Schauen Sie sich also einmal diese Kurve an! Von 1997 bis 1998 stieg die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden stark an. Von da an wird die Kurve flacher undjetzt haben wir einen Stillstand. Stillstand heißt, dass die Arbeitslosigkeit nicht zurückgegangen ist und genau um diese Fakten geht es.
Und wenn das IWH feststellt, dass gut 10 Prozent der Arbeitnehmer 2,4 oder 2,6 Prozent der Arbeitsstunden leisten, dann ist das ein Zeichen dafür, dass Sie jede Menge 630-DM-Beschäftigte in der Statistik haben und sich dies auswirkt.Sie sollten nicht mit der Statistik kämpfen, sondern die Arbeitslosigkeit bekämpfen.
Anstatt sich um Tricks und Verschleierung zu bemühen, sollten Sie Ihre Kräfte auf eine vernünftige Arbeitsmarktpolitik konzentrieren.Da kann ich Sie nur auffordern: Schauen Sie doch einmal nach Amerika, nach England oder nach Frankreich! Was haben die in den 80er-Jahren getan? - Sie haben die Steuern massiv gesenkt und damit die Arbeitslosigkeit bekämpft.
Warum aber in die Ferne schweifen? Sie können das Gute auch in Deutschland sehen. Sie tun immer so, als wenn die 16 Jahre Kohl 16 einheitliche Jahre gewesen
sind. Diese 16 Jahre sind in mindestens drei Abschnitte zu unterteilen.
- Sie sollten zuhören. Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören. - Im ersten Abschnitt von 1982 bis 1989 haben wir die Steuern um nominal 43 Milliarden DM gesenkt. Wir hatten nach drei Jahren 3 Millionen mehr Menschen in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und hatten am Ende aufgrund eines Wirtschaftswachstums und nicht durch Steuererhöhungen sogar mehr Geld in der Kasse. Das sollten Sie sich einmal vor Augen führen.
Sie haben ausschließlich auf einen niedrigen Euro gesetzt. Damit haben Sie billigend in Kauf genommen, dass all das, was wir importieren, teurer wird: Rohstoffe und insbesondere Energie.
Damit haben Sie die Inflation ins Land geholt. Warum beträgt denn nun die Inflationsrate plötzlich 2,9 Prozent? Was bedeutet denn Inflation? Inflation heißt, dass die Menschen weniger Waren kaufen können, weil sie für das, was sie lebensnotwendig brauchen, mehr Geld ausgeben müssen. Das wiederum bedeutet doch: Es wird wenigergekauft und es entsteht weniger Arbeit bzw. Beschäf- tigung. Diese Spirale nach unten haben Sie originär durch Ihre Politik in Gang gesetzt. Angesichts dessen können Sie nicht davon sprechen, dass irgendwelche anderen Menschen das verbrochen haben.
Obwohl Sie versprochen haben, die größte Steuerreform des Jahrhunderts durchzuführen, haben Sie die Steuern erhöht. Warum ist denn die Steuerquote, wie es das Bundesfinanzministerium gerade in einer Statistik offen gelegt hat, von 22,98 auf 23 Prozent gestiegen? Das ist 1,3-mal so viel, wie das Bruttosozialprodukt gestiegen ist. Sie haben also abkassiert.Das Bild ändert sich nicht, wenn ich die „Gegenleistung" für die Ökosteuer, die Absenkung des Rentenbeitrags, gegenrechne. Sie haben den Rentenbeitrag um 0,2 Prozent abgesenkt. Selbst wenn ich diesen Betrag abziehe, ist die Steuerquote noch immer höher als zuvor.
Zudem ist der Anstieg der Steuerquote noch immer 1,2-mal höher als der Anstieg des Bruttosozialprodukts. Das sind die Früchte Ihrer Politik. Tun Sie endlich das Richtige: Bekämpfen Sie die Arbeitslosigkeit und nicht die Statistik!Danke schön.
Für die
SPD-Fraktion spricht die Kollegin Silvia Schmidt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der Opposition, es scheint mir, dass Sie etwas irritiert darüber sind,
dass wir demnächst einen Gesetzentwurf zum SGB III vorlegen. Man kann sich natürlich vorstellen, Herr Singhammer, dass Sie über Jahre hinweg hinsichtlich der Situation der Arbeitlosen ratlos waren. Sie waren ohne Ideen. Ihre Ideen erschöpften sich in bequemen Maßnahmen - und das vorwiegend und sehr gerne kurz vor Bundestagswahlen. Allein das kann Anlass für Ihre Reaktion sein, hier heute diese Debatte zu beantragen.
Dies ist aus meiner Sicht eine Debatte, über deren Sinn man streiten kann. Aber sie gibt uns die Gelegenheit, Ihnen die Situation heute noch einmal zu erklären. Die Öffentlichkeit hat es bereits verstanden. Ich hoffe, auch bei Ihnen wird das heute der Fall sein.
Ziel der geplanten Änderung, der Reform, ist es, die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern. Deshalb wollen
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
16547Silvia Schmidt
wir die Arbeitsvermittlung stärken; das ist erwähnt worden. Unser Ziel ist es, die auf dem Arbeitsmarkt bestehenden Potenziale, die wir dringend benötigen, endlich abzurufen. Dazu zählen auch ältere und erfahrene Menschen. Diese sollen mehr Chancen erhalten.
Unser Ziel ist es, den berechtigten Anspruch dieser engagierten Menschen auf einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt umzusetzen.Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie werfen uns vor, dasselbe zu tun, was Sie jahrelang getan haben - nach dem Motto: Was ich denke und tue, das traue ich auch anderen zu.
Ich bitte Sie: Lassen Sie endlich Ihre eigenen Strickmuster hinter sich! Wir beschönigen nichts. Wir verschleiern auch nichts.
Ich möchte Sie nur an § 428 SGB III erinnern. Er entstand unter Ihrer Verantwortung und Ihrer Regierung. Vor den Bundestagswahlen haben Sie zuhauf ABM-Stellen geschaffen, um Ihre Hilflosigkeit bei der Senkung der Arbeitslosigkeit zu verschleiern. Wer hier verschleiert, ist fraglich.
^ Sicher wäre es auch für uns einfacher, etwas in dieser Form zu tun. Aber das ist einfach unehrlich und geht mit uns nicht! Das ist auch nicht die Frage. Dennjeder - das haben Sie heute mehrmals in der Presse lesen dürfen -kann sich weiter uneingeschränkt über die Gesamtzahl der Arbeitslosen informieren. Wir wollen beim besten Willen nichts in einem anderen Licht darstellen.
Ich sage Ihnen als Abgeordnete aus den neuen Ländern: Mit dem SGB III müssen wir den ArbeitsämternViele von ihnen wollen in Rente. Das wissen Sie auch. (Q
Wenn Sie heute die aktuelle Presse gelesen haben, haben Sie auch gelesen, Herr Dr. Grehn, dass die Wirtschaftsinstitute und Experten diese Reform unterstützen werden. Sie haben sie sogar eingefordert. Aber wahrscheinlich lesen Sie die Anzeigen Ihrer eigenen Klientel nicht. Auch die Arbeitgeberverbände sagen: Die Statistik muss aussagekräftiger und transparenter werden.
Jeder Arbeitslose und jeder Langzeitarbeitslose, auch wenn er 58 Jahre alt ist, soll eine ernsthafte, realistische Chance bekommen, eine Chance, die sich nicht in bürokratischen Programmen erschöpft. Wir wollen niemanden, der kurz vor der Rente steht, in ein sinnloses, teures Programm zwingen. Auch der von Ihnen, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition - ich erinnere noch einmal daran - geschaffene § 428 SGB III sieht dieses Prinzip im Grundsatz vor. Vielleicht war das von Ihrer Seite - wie Sie es schon immer richtig sagten, Herr Niebel - als Rechenkunststück gedacht.
Ihnen ging es scheinbar darum, die Arbeitslosenstatistikzu bereinigen.
Uns geht es um etwas ganz anderes: Wir wollen Potenziale nutzen. Es geht darum, dort anzupacken, wo Handlungsbedarf besteht, und Menschen wieder auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen.
Wir suchen die Herausforderung und fordern die Menschen auf, diese gezielten Angebote auch anzunehmen.endlich die Möglichkeit geben, flexibler und nahe am Leben der Menschen zu handeln. Heute werden Kapazitäten verschwendet, indem Arbeitsvermittler Programme und Vorschläge erarbeiten, die von Arbeitsuchenden gar nicht abgefragt werden.
Gerade den älteren, den 58-jährigen Arbeitslosen, Herr Niebel und auch Sie, Herr Dr. Grehn, und gerade denjenigen im Osten wird vorgegaukelt, für sie gebe es genügend Arbeitsplätze.
Das ist eine Scheinpolitik. Diese Menschen haben eine 10-jährige ABM-Karriere mit ständigen Umschulungen hinter sich.
Als Abgeordnete aus den neuen Ländern sage ich Ihnen, dass wir die statistischen Spielereien der Kohl-Regierung als Erblast übernehmen mussten.
Wir stehen vor der Aufgabe, dem ersten Arbeitsmarkt endlich Dynamik zu verleihen.
Wir machen das - nebenbei gesagt - schon sehr gut. Es ist ein hartes Stück Arbeit, aber wir nähern uns dem Ziel.Die ausgelaufenen Wahlgeschenke in Form von ABM-Stellen - die Arbeitslosigkeit im überhitzten Baugewerbe,
16548
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Silvia Schmidt
die Arbeitslosigkeit aus den überladenen Verwaltungen -. sind immer noch nicht vollständig durch neue Stellen in zukunftsträchtigen Branchen aufgefangen und abgesichert. Ich will überhaupt nichts schönreden, aber es gibt Arbeitsplätze, die sich selbst tragen, und dies sind Arbeitsplätze, die keine Wahlgeschenke sind. So hat sich in Sachsen-Anhalt der Trend zum Aufbau einer breiten industriellen Basis gefestigt. Für Sachsen-Anhalts Industriebetriebe war das Jahr 2000 das wirtschaftlich erfolgreichste Jahr seit der Wende.
Das sind unsere Erfolge, Herr Niebel.Allein die chemische Industrie konnte ein Umsatzplus in Höhe von 1,7 Milliarden DM verzeichnen. Das entspricht einer Steigerung von circa 31 Prozent. Das sind konkrete Zahlen, wenn wir schon über Zahlen sprechen.
Zusätzlich sind in den letzten zwei Jahren circa 20 000 neue Arbeitsplätze entstanden. Dazu gehören weder 630-Mark-Jobs noch Scheinselbstständigkeit. Diese Zahl ist im Gegensatz zu dem, was Sie vorhin behauptet ^ haben, seriös.
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Ich möchte noch eines sagen:
Ich bitte Sie im Sinne der Mitbürgerinnen und Mitbürger, damit aufzuhören, uns Statistikspielereien vorzuwerfen. Wir beherrschen diese Disziplin nicht ansatzweise mit der Perfektion, mit der Sie jahrelang in diesem Hause „geglänzt" haben.
Nun spricht der Kollege Karl-JosefLaumann für CDU und CSU.
Karl-Josef Laumann (von der CDU/ (Q CSU mit Beifall begrüßt): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Warum machen wir eine Aktuelle Stunde
zu den Presseverlautbarungen, die wir gestern und vorgestern lesen konnten, wozu es seltsamerweise keine einzige Presseerklärung des BMA gab?
Wir machen die Aktuelle Stunde, weil die Veränderung der Arbeitslosenstatistik insbesondere im Hinblick auf die Vergleichbarkeit ein gewaltiger politischer Vorgang ist. Es kommt darauf an, dass sowohl die Bürgerinnen und Bürger im Lande wie auch wir einigermaßen verlässliches Material darüber haben, wie sich der Arbeitsmarkt in Deutschland entwickelt.Wir haben den Eindruck, dass sich der Arbeitsmarkt in der Zeit, in der die neue Regierung die Verantwortung hat, für die Menschen, die arbeitslos sind, kaum verändert hat.
Obwohl wir eine demographische Entlastung des Arbeitsmarktes haben, sind die Arbeitslosenzahlen etwa gleich hoch. Die demographisch bedingte Entlastung wird durch Entwicklungen in der „stillen Reserve", durch eine höhere Erwerbstätigkeit in der Gesamtbevölkerung, wieder aus- geglichen. An der Arbeitslosenstatistik ändert sich nichts.
Wir haben allen Grund, an der Effektivität unserer Arbeitsmarktpolitik zu zweifeln. Das war früher so und ist heute so. Man hört ganz unterschiedliche Ergebnisse. Ich glaube, auch Sie, Herr Riester, sind nicht mit den Ergebnissen des JUMP-Programms zufrieden.
Denn der Anteil derjenigen, die im ersten Arbeitsmarkt untergekommen sind, ist nicht so groß, wie wir es uns sicherlich gemeinsam erhofft haben.Ich habe die Sorge, dass Sie Folgendes vorbereiten: Sie wollen die Zahl der Arbeitslosen unterteilen in eine „harte" Arbeitslosigkeit auf der einen Seite, um die wir uns sehr kümmern müssen, und einen Teil der Arbeitslosen auf der anderen Seite, die vielleicht in der gleichen Statistik bleiben, aber daneben ausgewiesen werden.Da geht es zum Beispiel um Menschen, die ihrer Rente nahe sind. Dann heißt es: Es sind zwar 600 000, schlimm genug. Aber, liebe Leute,
nehmt es einmal nicht so ernst; die könnenja bald in eine vernünftige soziale Absicherung, nämlich die Rente, gehen. - Das hat eine bestimmte emotionale Wirkung.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
16549Karl-Josef Laumann
Außerdem werden Sie sagen: Ungefähr 250 000 Menschen sind weniger als vier Wochen arbeitslos. Weitere etwa 650 000 Menschen sind zwischen vier und zwölf Wochen arbeitslos. Das sind zum Beispiel Leute, die aus der Lehre kommen und nicht übernommen wurden, aber Bescheid haben, dass sie bald zur Bundeswehr müssen. Leute, nehmt das nicht so ernst; die gehenja in zwei oder drei Monaten zur Bundeswehr. - Ruck, zuck! Schon haben Sie ein ganz anderes Gefühl, was die absolute Zahl der Arbeitslosen angeht.
Dass wir als Opposition einen solchen politischen Vorgang darstellen
und die Menschen darauf aufmerksam machen, ist, so finde ich, unsere Verpflichtung.
Ich bin immer sofort an Ihrer Seite, wenn es darum geht, möglichst differenzierte Auskünfte zu bekommen. Die haben wir aber schon heute in der Arbeitslosenstatistik. Wir wissen, wie alt unsere Arbeitslosen sind. Wir wissen, wie sie qualifiziert sind. Wir wissen genau, wie sich die Dinge in den Regionen entwickeln.Zum Schluss will ich sagen: Es ist richtig, dass die Zusammenfuhrung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe in der politischen Diskussion ist. Wir sollten uns aber ganz besonders vornehmen, einmal in Ruhe über die Arbeitsmarktentwicklung in Ostdeutschland, in den neuen Ländern, zu reden. Das ist nach wie vor ein Riesenproblem. Man muss sich vor allem die Abwanderung derjungen Leute in manchen Städten anschauen.Sie haben mit dem, was Sie gesagt haben, Recht: Viele Leute, für die seit zehn Jahren Maßnahmen zur Überwindung der Arbeitslosigkeit ergriffen wurden, rutschen teilweise wieder in die Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ab. Danach wird wieder eine Maßnahme für sie organisiert, wodurch sie eine Zeit lang wieder etwas besser gestellt sind.
Ich weiß nicht, was ich diesen Leuten sagen soll. Das geht jedem von uns so. Das hat mit der Riesenumstrukturierung zu tun, die so ist, wie sie ist. Aber im Grunde genommen war diese Umstrukturierung richtig. Wir müssen uns hierjedoch etwas einfallen lassen, weil es um die Bevölkerungsentwicklung in einer ganzen Region geht.Jetzt ist dort Kommunalwahlkampf. Wir werden also öfters dort sein. Wenn uns die Bürgermeister in den Städten sagen, wie hoch die Abwanderung an jungen Leuten ist, dann sollte uns alle das besorgt machen, besonders wenn man die Entwicklung dieser Region im Auge hat.Danke schön.
Ich gebe der (Q Kollegin Renate Rennebach für die sozialdemokratische Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Bevor ich mit meinem eigentlichen Text beginne, möchte ich mich bei Ihnen, Herr Niebel, ganz herzlich bedanken. Aber ich glaube, die Spitze in Ihrer Einlassung hat die CDU leider nicht verstanden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es mit der dritten Aktuellen Stunde zu dem Thema: „Überschriften in ganz bekannten Zeitungen" zu tun.
Dreimal hat Frau Schnieber-Jastram die Einfuhrungslaudatio gehalten. Zweimal musste sie dann in die Baukommission und konnte nicht hören, wie wir das richtig gestellt haben, was sie an Behauptungen in ihrer Rede aufgestellt hat.
Wir sind auch in den nächsten Sitzungswochen bereit, jeden Mittwoch eine Aktuelle Stunde zu einer neuen Überschrift in der „BikT-Zeitung, zu einem Essay im „Focus" oder - das ist etwas Anständiges - im „Spiegel" zu machen.
Ich darf hierzu einmal den Schriftsteller Tucholsky zitieren: „Meine Sorgen möchte ich haben." Die Menschen, die arbeitslos sind, die Arbeit suchen und verzweifelt sind, haben gewiss andere Sorgen als Sie, die unsere Zeit mit diesen Aktuellen Stunden totschlagen.
In der Ära Norbert Blüm - egal, ob das nun einheitliche 16 Jahre oder Abschnitte in der Regierung Kohl waren, Herr Fromme - wurde die Statistik siebenmal so geändert, dass die Arbeitslosenzahlen sanken. Angefangen hat er 1986, das letzte Mal war es 1998. Allein durch die Tatsache, dass arbeitslose Altersübergangsgeldempfänger nicht in der Arbeitslosenstatistik ausgewiesen wurden, konnte die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosen in den Jahren 1993 und 1994 unter höchster Inanspruchnahme dieser Leistungen um mehr als 600000 bzw. 500000 Menschen reduziert werden. Wer fälscht hier Statistiken?
16550
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 169. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Mai 2001
Renate Rennebach
Wir machen Folgendes: Wer 58 Jahre alt ist.
nicht weitervermittelt werden möchte und dies dem Arbeitsamt mitteilt, der wird aus der Statistik verschwinden.
Dies ist eine Änderung, Herr Fromme, die Sie im Übrigen umgekehrt am 1. Januar 1986 gemacht haben. Herr Blüm hat eingeführt, dass ältere Arbeitslose mit 58 Jahren nicht mehr registriert sind, wenn sie keine zumutbare Beschäftigung aufnehmen können.
Heute ist es so, dass sie angeben müssen, dass sie nicht mehr vermittelt werden wollen. Wir sagen: Wir wollen, dass uns die Menschen ihren Wunsch zu arbeiten mitteilen. Dann helfen wir ihnen.
Dann wird die Arbeitslosenvermittlung tätig und wir können den Menschen wirklich helfen.
- Herr Niebel, Sie sind ein Schreihals ohnegleichen.
Herr Präsident, das wird mirjetzt ein bisschen zu viel.
Ich habe schon den Eindruck, dass Sie sich durchsetzen können, Frau Kollegin Rennebach.
Ich bitte nun aber die Kolleginnen und Kollegen, der letzten Rednerin in dieser Aktuellen Stunde die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.
Vielen Dank, Herr Präsident!
Sie haben in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, (Q dass sich die Betriebe olympiareife Mannschaften zusammenkaufen. Das heißt, in Großbetrieben arbeiten kaum noch Menschen über 55 Jahren. Das war Ihre Politik, die wurde unterstützt.
- Das war Ihre Politik, die wurde unterstützt.
Was sollten meine Kollegen Betriebsräte denn machen, wenn es dort hieß:
Entweder Sie helfen mit, den Betrieb olympiareif zu machen, oder wir bilden keine jungen Leute mehr aus? Das war doch die Erpressung der Betriebsräte. Der eine Finger zeigt nach vorn und drei andere zurück, Herr Niebel, denken Sie daran!
Ein weiterer Punkt. Ich habe es persönlich erlebt, dass eine Personalchefin zu mir gesagt hat: Was ist denn dabei, wenn ich ältere Arbeitnehmer auf die Straße schicke? Wir übergeben sie doch der Solidargemeinschaft.
Das ist lange her und das ist falsch. Dies werden wir än- dem. Wir werden heute ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Arbeit suchen, betreuen und ihnen helfen, sinnvolle Arbeit in unserer Gesellschaft leisten zu können, und dafür sorgen, dass sie ein ihren eigenen Lebensverhältnissen angemessenes Leben führen können.
Vielen Dank.
Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.
Wir sind zugleich auch am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 17. Mai 2001, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.