Gesamtes Protokol
Guten
Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist
eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zur Be-
kämpfung der illegalen Beschäftigung im gewerblichen
Güterkraftverkehr.
Das Wort für den einleitenden, etwa fünfminütigen Be-
richt hat der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen, Kurt Bodewig.
Kurt Bodewig, Bundesminister für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen
und Herren! Die Bundesregierung hat heute den vom
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-
sen vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung
der illegalen Beschäftigung im gewerblichen Güterkraft-
verkehr gebilligt.
Das deutsche Transportgewerbe ist mittelständig ge-
prägt. 87 Prozent der Unternehmen verfügen über einen
bis zehn LKW. Bei dieser Struktur wirkt sich der Druck
ausländischer Konkurrenz existenzbedrohend aus. Die
Gründe sind vor allem: erstens die seit der Öffnung des
Binnenmarktes im Sommer 1998 im Verkehrsbereich noch
nicht abgeschlossene Harmonisierung und zweitens der
zunehmende Einsatz von Fahrern aus Billiglohnländern
durch Unternehmen, die ihren Sitz in der EU haben.
Lassen Sie mich hierzu zwei Zahlen nennen: Ein deut-
scher Fahrer kostet den Unternehmer nach Angaben des
Gewerbes zwischen 8 000 und 9 000 DM im Monat, ein
Fahrer aus einem Billiglohnland nur circa 1 500 DM, also
rund ein Sechstel.
Die schrittweise Verwirklichung des europäischen Bin-
nenmarktes hat zum Wegfall der mengenmäßigen Be-
grenzung der Genehmigungen im grenzüberschreitenden
Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten geführt.
Jeder ausländische Transportunternehmer mit Sitz in ei-
nem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem
Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums, der
über eine Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschrei-
tenden Güterkraftverkehr in der Europäischen Union ver-
fügt, kann seit Mitte des Jahres 1998 auch innerhalb eines
Staates, in dem er weder Sitz noch Niederlassung hat, un-
begrenzt Beförderungen durchführen.
Der harte Wettbewerb im europäischen Güterkraft-
verkehrsgewerbe veranlasst viele Unternehmen, zur Kos-
tendeckung Fahrer aus Nicht-EU-Staaten einzusetzen.
Gerade in Deutschland haben die illegale oder miss-
bräuchliche Beschäftigung von Arbeitnehmern aus Nicht-
EU-Staaten und die damit verbundenen Probleme eklatant
zugenommen. In- und ausländische Transportunterneh-
men erlangen so Kosten- und damit auch Wettbewerbs-
vorteile. Fahrer vornehmlich aus Osteuropa werden zu ex-
trem niedrigen Löhnen für Transporte zwischen den und
innerhalb der Mitgliedstaaten der EU und des Europä-
ischen Wirtschaftsraums mit der Folge eines ruinösen
Wettbewerbs für das gesamte Transportgewerbe einge-
setzt.
Dies ist auch Gegenstand vieler Gespräche, die wir mit
den Verbänden des Gewerbes führen. Ziel des vorliegen-
den Gesetzentwurfs ist es daher, zum Abbau von Wett-
bewerbsverzerrungen beizutragen. Er sieht im Kern fol-
gende Regelungen vor:
Jeder Unternehmer mit Sitz in einem Staat der EU oder
des EWR darf nur Fahrer einsetzen, die im Staat des
Unternehmenssitzes eine Arbeitsgenehmigung besitzen.
Jeder Fahrer, der ein Fahrzeug eines Unternehmens mit
Gemeinschaftslizenz führt, wird verpflichtet, die Arbeits-
genehmigung mitzuführen. Der Unternehmer ist verpflich-
tet, dafür Sorge zu tragen, dass sein Fahrpersonal eine Ar-
beitsgenehmigung mitführt.
Auch den Auftraggeber, den Verlader, trifft eine Ver-
pflichtung dahin gehend, dass der von ihm beauftragte
Unternehmer nur Fahrpersonal mit Arbeitsgenehmigung
einsetzt.
Um Kontrollen zu erleichtern, muss die Arbeitsgeneh-
migung nicht nur im Original, sondern auch in einer amt-
lich beglaubigten Übersetzung mitgeführt werden.
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145. Sitzung
Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Beginn: 13.00 Uhr
Für Verstöße gegen diese Bestimmungen sieht der Ge-
setzentwurf einen Bußgeldrahmen von bis zu 500 000 DM
vor. Er lehnt sich damit an den Bußgeldrahmen an, den
das Sozialgesetzbuch für die illegale Beschäftigung von
Arbeitnehmern vorsieht.
Neben den Vorschriften zur Bekämpfung der illegalen
Beschäftigung sieht der Gesetzentwurf auch Regelungen
vor, nach denen der Spediteur und jeder andere Verlader
nur Beförderungsunternehmen einsetzen darf, die im Be-
sitz einer Gemeinschaftslizenz oder einer nationalen Er-
laubnis nach dem Güterkraftverkehrsgesetz sind. Der
Bußgeldrahmen wird für Verstöße gegen diese Bestim-
mung auf 50 000 DM angehoben.
Schließlich sieht der Gesetzentwurf vor, dass neben der
allgemeinen Zuständigkeit der Länder für Kontrollen im
Bereich der illegalen Beschäftigung auch das Bundesamt
für Güterverkehr zuständig ist, das bereits auf anderen
Gebieten erfolgreich Kontrollen auf der Straße durch-
führt, zum Beispiel im Bereich der Verkehrssicherheit
oder des Umweltschutzes.
Die Bundesregierung hat mit den Vorarbeiten zu die-
sem Gesetzentwurf entsprechenden Überlegungen der
Europäischen Kommission vorgegriffen. Die Europä-
ische Kommission hat inzwischen einen Verordnungsent-
wurf vorbereitet, der eine so genannte Fahrerbescheini-
gung für Fahrer von Fahrzeugen vorsieht, die mit
Gemeinschaftslizenz verkehren, um der illegalen Be-
schäftigung von Fahrern Einhalt zu gebieten. Das Vorha-
ben der EU wird von der Bundesregierung nachhaltig un-
terstützt. Die Bundesregierung kann jedoch im Interesse
des nationalen Transportgewerbes nicht so lange warten,
bis der Kommissionsvorschlag in Kraft tritt. Die nationa-
len Vorschriften werden unmittelbar nach In-Kraft-Treten
einer EU-Regelung aufgehoben und entsprechend ange-
passt.
Lassen Sie mich zu dem Fazit kommen: Mit diesem
Gesetzentwurf werden wirksame Maßnahmen gegen
Lohndumping vorgenommen: verschärfte Kontrollen,
auch durch das Bundesamt für Güterverkehr, ein hoher
Bußgeldrahmen sowohl für die Spediteure, die illegale
Fahrer einsetzen, als auch für die Verlader, die mit in die
Verantwortung einbezogen werden, und eine einheitliche
Regelung mit klaren Vorgaben. Die Vorwegnahme einer
europäischen Regelung beflügelt den europäischen Pro-
zess. Ich glaube, dass wir mit diesem Gesetzentwurf den
entscheidenden Beitrag gegen den ruinösen Wettbewerb
im Frachtbereich leisten. Damit wird deutlich, dass das
Speditionsgewerbe die Bundesregierung an ihrer Seite
hat.
Vielen
Dank, Herr Bundesminister. – Wir kommen zunächst zu
den Fragen, die sich mit diesem Themenbereich beschäf-
tigen. Ich darf Sie bitten, Ihre Fragen zu stellen. Der Kol-
lege Horst Friedrich von der F.D.P.-Fraktion meldet sich
zu Wort.
Bitte schön, Herr Friedrich.
Herr Minister,Sie gehen mit diesem Gesetzentwurf einen Schritt in dierichtige Richtung. Das Ziel ist die Herstellung gleicherBeschäftigungsbedingungen. Ob und vor allen Dingenwann diese Gesetzesvorlage Wirkung zeigt, insbesondereunter Berücksichtigung der europäischen Dimension, istfraglich.Sie lassen allerdings eine andere Flanke offen. Daraufbezieht sich meine Frage: Ist es zur Verbesserung derWettbewerbssituation in Deutschland nicht möglich, das,was bereits elf EU-Länder insbesondere im Hinblick aufdie enorm gestiegenen Kraftstoffpreise für ihr Gewerbemachen, nämlich Kfz-Steuerermäßigungen, Mineralöl-steuerermäßigungen oder Lohnkostenzuschüsse – wie inFrankreich – zu gewähren, auch dem deutschen Gewerbezuzugestehen? Die Betankung eines LKW kostet inDeutschland durch die Ökosteuer und andere Kom-ponenten mittlerweile bis zu 200 DM mehr als bei denKonkurrenten in Europa. Dieses Problem haben Sie bis-her nicht berücksichtigt.Herr Eichel ging mit stark aufgeblähten Backen nachBrüssel. Er wollte dort die ganzen Ausnahmegenehmi-gungen aufheben lassen, die mit Zustimmung der deut-schen Bundesregierung erteilt worden sind. Der Presse istzu entnehmen – mein Stand ist vom 19. Januar dieses Jah-res –, dass er mit weniger stark aufgeblasenen Backenzurückgekommen ist. Offensichtlich war die EU der Mei-nung: Wenn sich Deutschland hier durchsetzen will, dannkönnen auch die Sonder- und Ausnahmegenehmigungenbei der Ökosteuer, die Deutschland eingeführt hat, nichtmehr gewährleistet werden.Wann kommt flankierend zu den jetzt von Ihnen ange-sprochenen Maßnahmen eine Entscheidung, die demdeutschen Gewerbe aus unserer Sicht über die von Ihnengeplanten gesetzlichen Maßnahmen hinaus hilft?Kurt Bodewig, Bundesminister für Verkehr, Bau- undWohnungswesen: In meinen einführenden Bemerkungenhabe ich darauf hingewiesen, dass sich die Harmoni-sierung im Sommer 1998 auf die Freigabe der Kabotagebeschränkte und in anderen Bereichen, unter anderem imSteuerbereich, nicht erfolgte. Wie Sie wissen, sind imEcofin-Rat, also im Europäischen Rat der Finanzminister,die unterschiedlichen Steuervergünstigungen im Kraft-verkehrsgewerbe angesprochen worden. Die schwedischeRatspräsidentschaft hat einen umfassenden Vorschlagvorgelegt, der berücksichtigt, dass wir zurzeit 100 unter-schiedliche Ausnahmeregelungen haben; darüber habenwir im Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesenschon sprechen können. Es geht also darum, eine Lösungzu finden, wie diese 100 Ausnahmeregelungen auf einMindestmaß reduziert werden können.Lassen Sie mich Ihnen kurz einige Zahlen nennen: Dieaktuellen Preise in der Bundesrepublik Deutschland sindim Vergleich zu anderen Ländern wie Frankreich undGroßbritannien relativ niedrig. Auch können Sie erken-nen, dass die Preise aufgrund der Veränderung der Rohöl-preise abgesenkt worden sind. Berücksichtigen wir dieSteuervergünstigungen, die in den Niederlanden, inFrankreich und in Italien gewährt werden, beim Vergleich
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Bundesminister Kurt Bodewig14196
der Tankstellenpreise und ziehen die steuerliche Belas-tung ab, so hatten wir in Deutschland im Jahr 2000 eineRealbelastung – Preis ohne Mehrwertsteuer und Mine-ralölsteuerbegünstigung – von 1,43 DM, in den Nieder-landen von 1,33 DM, in Frankreich von 1,38 DM und inItalien von 1,44 DM. Sie erkennen, dass sich die Preis-entwicklungen in Europa nicht sehr unterscheiden.Rechne ich diese Zahlen auf das Jahr 2001 mit den jetztgültigen Regelungen hoch, dann nähern sie sich noch wei-ter an. Die realen Marktpreise sind wie folgt: in Deutsch-land 1,38 DM, in den Niederlanden 1,33 DM, in Frank-reich 1,36 DM und in Italien 1,41 DM.Angesichts der Mineralölpreisschwankungen ist dasvon Ihnen beschriebene Problem also nicht das zentraleProblem des Gewerbes. Zentrales Problem ist ein Lohn-dumping aufgrund des illegalen oder zumindest deutlichmissbräuchlichen Einsatzes von „Billigfahrern“. Demhelfen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ab. Ichfreue mich auch über die signalisierte Unterstützung. Fürdas deutsche Speditionsgewerbe ist dies der entschei-dende Schritt, der ja auch schon zu Zeiten der alten Re-gierung in der Diskussion war. Wir legen den Gesetzent-wurf jetzt auf den Tisch und ich bitte hierfür im Parlamentum breite Unterstützung.
Nächste
Frage von dem Kollegen Peter Dreßen von der SPD-Frak-
tion.
Herr Minister, es wundert mich
natürlich schon, dass die F.D.P., die sonst immer gegen
Subventionen ist, hier plötzlich für Subventionen eintritt,
und es würde mich interessieren, was Sie davon halten.
Aber ich habe noch eine zweite Frage: Würden Sie
bitte ganz konkret ausführen, wie das Lohndumping ver-
hindert werden soll? Welche Voraussetzung muss jemand
erfüllen, damit er eine Fahrbescheinigung bekommt?
Kurt Bodewig, Bundesminister für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen: Sie gestatten mir, dass ich auf die Frage
der vielleicht in sich nicht schlüssigen Haltung der F.D.P.
nicht eingehe, sondern mich auf Ihre Sachfrage konzen-
triere.
Die entscheidende Voraussetzung ist die Arbeitsgeneh-
migung im Staat des Unternehmenssitzes. Entscheidend
ist ferner, dass diese Arbeitsgenehmigung im Original so-
wie in einer von dem jeweiligen Land beglaubigten Ab-
schrift mitgeführt werden muss. Zudem bauen wir beim
Bundesamt für Güterverkehr eine Kontrollgruppe deut-
lich aus, mit der wir sicherstellen werden, dass dieses Ge-
setz umgesetzt wird. Im Regelfall soll die Stilllegung des
betroffenen Fahrzeuges erfolgen. Damit ist hier ein enor-
mer Druck gewährleistet, wodurch Missbrauch und Dum-
ping für die Zukunft verhindert werden. Dies ist für die
allgemeine Situation am Arbeitsmarkt auch gut. Wir ha-
ben auch für diesen Bereich eine Angleichung des Buß-
geldrahmens im Hinblick auf andere Formen illegaler Be-
schäftigung vorgesehen. Ich glaube, dass dies gute,
konsequente und in sich schlüssige Maßnahmen sind.
Die
nächste Frage hat der Kollege Dr. Klaus Grehn von der
PDS-Fraktion.
Herr Minister, es ist ja nicht
unbekannt, dass ein großer Teil des gewerblichen Güter-
verkehrs auf die Bauwirtschaft entfällt. Der Bundesrat hat
einen Gesetzentwurf zur Eindämmung illegaler Be-
schäftigung im Baugewerbe vorgelegt. Mich interessiert:
Welche Erkenntnisse liegen über den Anteil illegaler Be-
schäftigung, der in dem von Ihnen genannten Bereich des
gewerblichen Güterverkehrs auf das Baugewerbe entfällt,
vor?
Weiter habe ich die Frage: Beabsichtigen Sie eine Ab-
stimmung im Hinblick auf die beiden Gesetzentwürfe?
Kurt Bodewig, Bundesminister für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen: Die Abstimmung erfolgt in der realen
Praxis. Wir sehen die Bekämpfung illegaler Beschäfti-
gung vor allem als eine Angelegenheit der Länder an. Mit
der Kontrollerweiterung, die wir vornehmen wollen, wol-
len wir die Kompetenzen des Bundesamtes für Güterver-
kehr stärken, weil wir die spezifischen Probleme, die wir
erkannt haben, durch verstärkten Einsatz lösen wollen.
Mir liegen die von Ihnen erbetenen Zahlen nicht vor,
ich bin aber gerne bereit, sie zu recherchieren und sie dann
gegebenenfalls zur Verfügung zu stellen. Ich sage Ihnen
aber auch: Ich möchte keine Verknüpfung der beiden The-
men, weil ich glaube, dass es sich um getrennte Vorgänge
handelt. Gerade die Situation im Speditionsgewerbe ist
sehr eklatant. Wir haben Erkenntnisse darüber, dass es in-
teressanterweise deutsche Unternehmen oder Unterneh-
men, die sich als internationale Unternehmen verstehen,
zum Teil aber den Sitz in Deutschland haben, sind, die
dies praktiziert haben, weil es gesetzlich nicht sanktio-
niert wurde. Dagegen werden wir jetzt vorgehen. Deshalb
möchte ich gerne den Blick auf die Erkenntnisse fokus-
sieren, dass wir nicht zwei Vorgänge miteinander ver-
mengen dürfen, damit wir eine reale Problemsituation re-
lativieren.
Ich weiß, dass das Ausmaß illegaler Beschäftigung auf
dem Bau dramatisch ist. Dieser Umstand wird auch von
der Bundesregierung berücksichtigt. Ich glaube aber, dass
für diese Fragen das Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung der richtige Ansprechpartner ist.
Die
nächste Frage hat der Kollege Wilhelm Sebastian von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Minister,Sie haben insofern Recht, als wir mit dem geplantenGesetz ein Defizit im Bereich der Harmonisierung besei-tigen. Ich frage: Welche Maßnahmen hat die Bundesre-gierung konkret ergriffen, um die Harmonisierungsdefi-zite im europäischen Wettbewerb zugunsten unseresTransportgewerbes zu überwinden?
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Bundesminister Kurt Bodewig14197
Kurt Bodewig, Bundesminister für Verkehr, Bau- undWohnungswesen: Gestatten Sie mir die Wiederholungdessen, was ich bereits am Ende meiner einleitenden Aus-führungen unterstrichen habe: Unser Vorhaben ist der ent-scheidende Schritt dafür, den ruinösen Wettbewerb imSpeditionsgewerbe zu bekämpfen. Darüber hinaus hatteich ausgeführt, dass auf der Ecofin-Sitzung über den Vor-schlag der schwedischen Ratspräsidentschaft gesprochenwurde. Sie wissen, dass es sich hierbei um erteilteAusnahmegenehmigungen handelt. Die deutsche Delega-tion hat im Ständigen Ausschuss der Kommission und imMinisterrat deutlich gemacht, dass sie eine Ausweitungnicht mittragen will. Zurzeit haben wir die Situation, dassdie neue schwedische Ratspräsidentschaft einen Vor-schlag vorgelegt hat, der die bestehenden 100 Ausnahme-vorschriften auf ein Minimum reduzieren wird. Wir wer-den gemeinsam auf europäischer Ebene arbeiten.Unsere Vorstellungen sind klar: Wir wollen keine Sub-ventionierung und werden deshalb mit dazu beitragen, dieRegelungen europaweit zu harmonisieren. Ich glaube,dass dies der richtige Schritt ist. Dieser Gesetzentwurfwird der Durchbruch sein und deswegen freue ich mich,dass auch Sie in Ihren Worten hierfür Unterstützung be-kundet haben. Ich würde mich freuen, wenn das gesamteParlament diesen wichtigen Schritt gemeinsam machenwürde. Wir – das betrifft die Zeit vor unserer Regierungs-übernahme – haben viel Zeit dafür verwandt, um zu die-sem Punkt zu kommen. Unsere Regierung hat es zügigangepackt und legt jetzt einen realistischen Lösungsvor-schlag vor. Das freut mich in besonderem Maße.
Die
nächste Frage hat der Kollege Dirk Niebel von der
F.D.P.-Fraktion.
Herr Minister, Sie haben eben
auf die Frage des Kollegen Grehn geantwortet, es gebe
keine Verknüpfung mit illegaler Beschäftigung am Bau.
Da illegale Beschäftigung den Bereich der Schattenwirt-
schaft betrifft, interessiert mich: In welchen Zeitabstän-
den – mit Blick auf die sich langsam dem Ende zunei-
gende Legislaturperiode – hat die Bundesregierung vor,
gegen illegale Beschäftigung und Schattenwirtschaft in
allen anderen Bereichen des Wirtschaftslebens vorzuge-
hen? Außerdem würde mich interessieren, ob Sie das Ge-
setz, das Sie heute beraten haben, als ersten Schritt auf
diesem Wege sehen und welche konkreten Folgeschritte
geplant sind.
Kurt Bodewig, Bundesminister für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen: Ich glaube, ich muss jetzt das wieder-
holen, was ich vorhin gesagt habe. Ich beziehe mich auf
das heute im Kabinett beschlossene Gesetz, das – ich sage
das noch einmal ausdrücklich – ein ganz entscheidender
Schritt im Kampf gegen den ruinösen Wettbewerb ist und
womit ein Durchbruch erfolgt. Ihre Frage richtet sich
nicht an mein Ressort, sondern an das Ministerium für Ar-
beit und Sozialordnung, wofür Sie die Fragestunde eben-
falls nutzen können.
Uns geht es darum, den Blick auf ein spezifisches Pro-
blem des Speditionsgewerbes zu richten. Dies ist ange-
sichts der aktuellen Debatte richtig und auch erforderlich.
Ich werbe deswegen dafür, nicht verschiedene Themen
miteinander zu verknüpfen, und versuche deutlich zu ma-
chen, dass wir im Speditionsgewerbe eine einzigartige Si-
tuation haben: Es gibt dort nämlich hohen Frachtbedarf
und hohe Nachfrage, gleichzeitig aber verfallen die
Frachtraten. Die Begründung dafür liegt aus meiner Sicht
vor allen Dingen in der Harmonisierung, die damals bei
der Freigabe der Kabotage leider nicht erfolgt und drin-
gend erforderlich ist. Das ist, wie ich glaube, ein Defizit,
das die alte Regierung zu verantworten hat.
Wir müssen auch ein anderes Problem, das sich eben-
falls verschärft hat und im Rahmen der Erweiterung der
EU um mittel- und osteuropäische Staaten noch weiter
verschärfen wird, nämlich das Thema Billigfahrer, die
nicht über eine gültige Arbeitserlaubnis in einem Mit-
gliedstaat der EU verfügen, auf EU-Ebene weiter voran-
treiben. Ich bin sehr zufrieden, dass wir hier bereits einen
ersten Schritt getan haben.
Die
nächste Frage hat die Kollegin Angelika Graf von der
SPD-Fraktion.
Herr Minister,können Sie mir im Anschluss an die Antwort, die Sie ge-rade gegeben haben, sagen, welche Maßnahmen die Vor-gängerregierung beschlossen und konkret umgesetzt hat,um diese missbräuchlichen Praktiken zu bekämpfen?Kurt Bodewig, Bundesminister für Verkehr, Bau- undWohnungswesen: Es ist mir keine Initiative und vor allemkein Ergebnis bekannt. Das wissen wir alle. Deswegen istes richtig, dass wir dies auf die Agenda der politischen Ta-gesordnung gesetzt haben und zügig angegangen sind. Ichsetze auch voraus, dass Ihnen bekannt ist, dass das Ge-werbe sehr lange auf die Notwendigkeit einer entspre-chenden Regelung hingewiesen hat. Zumindest mir istdiese Debatte seit Mitte der 90er-Jahre bekannt. Ich freuemich deshalb, dass dies jetzt von uns angepackt wordenist und die schon lange bestehenden Defizite beseitigtwerden.Ich halte es für wichtig, dass dies im Konsens mit allenerfolgt. Sie können daraus also ersehen, dass wir das Pro-blem angehen, auch wenn sich in der Vergangenheit eineandere Regierung zögerlich verhielt. Es freut mich, dassdies auch im Interesse des Gewerbes liegt: Ich habe näm-lich sehr viele Rückmeldungen bekommen, in denen be-grüßt worden ist, dass wir dieses Problem anpacken. Ichweiß, dass der BSL als einer der großen Verbände desSpeditionsgewerbes diese Initiative ausdrücklich unter-stützt. Es gibt noch eine Reihe anderer Verbände, die sichebenfalls sehr positiv geäußert haben. Ich glaube, dass dieSpeditionswirtschaft auf diese Maßnahme gewartet hat.Deswegen freue ich mich, dass wir mit der Befragung derRegierung durch das Parlament zu diesem Gegenstandheute den Startschuss zur parlamentarischen Beratung ge-ben können.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 200114198
Die
nächste Frage hat der Kollege Jürgen Koppelin von der
F.D.P.-Fraktion.
Herr Minister, welche Er-
fahrung gibt Ihnen die Sicherheit, dass Ihre Regelung jetzt
greifen wird? Wir haben ja ähnliche Regelungen zum Bei-
spiel im Baugewerbe, wo es nach wie vor Probleme gibt.
Auf welche Erfahrung stützen Sie sich, wenn Sie sagen,
das wird jetzt greifen?
Kurt Bodewig, Bundesminister für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen: Wir bauen auf die Erfahrung unseres
Bundesamtes für Güterverkehr, das eine gute Arbeit im
Bereich der Verkehrssicherheit und auch des Umwelt-
schutzes leistet. Ich gehe davon aus, dass diese Kontroll-
erfahrungen auch in den neuen Aufgabenbereich „illegale
Beschäftigung“ einfließen werden. Wir haben dort kom-
petente Leute mit einer hohen Einsatzbereitschaft. An die-
ser Stelle möchte ich den Mitarbeitern des Bundesamtes
herzlich für ihre gute Arbeit danken. Ich bin deswegen
sehr zuversichtlich, dass es gelingt, die bestehende Kom-
petenz auf ein neues Feld auszudehnen. Gleichzeitig
macht der Sanktionsrahmen zum Beispiel durch einen um
den Faktor fünf erhöhten Bußgeldrahmen deutlich, dass
es uns ernst damit ist, dieses gravierende Problem anzu-
gehen. Ich denke, das ist sehr wichtig.
Ich möchte an dieser Stelle auch, weil es ein wenig in
Ihrer Frage anklang, den Ländern dafür danken, dass sie
bereit sind, dem Bund hier eine neue Kontrollfunktion
einzuräumen. Es ist der richtige Weg, dass Bund und Län-
der in dieser Frage an einem Strang ziehen. Sie wissen,
dass es ein großes Problem ist, das gemeinsam angepackt
werden muss. Deswegen freue ich mich auch, dass die
Länder bereit sind, dem Bund in diesem Punkt eine wich-
tige Kontrollzuständigkeit zuzugestehen. Auch dies be-
stätigt mich in der Erwartung, dass es uns gelingt, durch
verstärkte Kontrolltätigkeit und die genannten Sanktionen
im Ergebnis das Speditionsgewerbe zu entlasten. Ich bin
da sehr optimistisch.
Die
nächste Frage hat der Kollege Dr. Klaus Grehn von der
PDS-Fraktion.
Herr Minister, ich gehe da-
von aus, dass Ihnen bekannt ist, dass natürlich auch un-
sere Fraktion gegen alle Formen der illegalen Beschäfti-
gung und gegen ruinösen Wettbewerb ist. Deshalb denken
auch wir über diese Problematik nach.
Es ist ja wohl allgemein nicht so, dass etwa bei der
Bahn Lokomotivführer im Güterverkehr zu dem Bereich
der „Illegalen“ gehören. Deshalb lautet meine Frage
schlicht und einfach: Sehen Sie in Ihrem Hause die Mög-
lichkeit – die illegale Beschäftigung im gewerblichen Gü-
terverkehr bezieht sich ja auf die Straße –, durch Verlage-
rung von Güterverkehr von der Straße auf die Bahn
ebenfalls einen Beitrag zu leisten, um dem zu begegnen?
Das hätte also dann mehrere Effekte.
Kurt Bodewig, Bundesminister für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen: Ich muss leider gestehen, dass mir die
Programmatik der PDS nicht in allen Fragen vertraut ist.
Ich kann auch nur sagen, dass ich mich freue, wenn es im
Ausschuss, wo dies diskutiert wird, zu einer gemeinsa-
men Auffassung kommt. Das unterstreiche ich und werbe
noch einmal dafür, dass dieses Gesetz dann auch vom ge-
samten Parlament einhellig getragen wird.
Mir ist nicht bekannt – das muss ich ausdrücklich sa-
gen –, dass es überhaupt einen Fall gegeben hat, in dem
etwa ein Lokführer der Deutschen Bahn AG ohne Ar-
beitsgenehmigung tätig gewesen wäre. Dies ist aber ein
zentrales Element des Gesetzentwurfs, sodass das Gesetz
auf diese Frage nach meiner Meinung nicht anwendbar
ist. Wie gesagt, mir ist kein solcher Fall bekannt. Wenn
dies der Fall sein sollte, wäre dies ein schwerer Verstoß
gegen bestehende Regelungen, der gar nicht erst durch
dieses Gesetz begründet wird. Meines Wissens gibt es ei-
nen solchen Fall aber nicht.
Bitte
schön, eine Nachfrage.
Herr Minister, ich habe eineNachfrage, weil Sie mich offensichtlich missverstandenhaben. Ich meinte, dass mit der Verlagerung von Güter-verkehr, der zurzeit auf der Straße stattfindet, auf dieSchiene die Zahl der Gütertransporte auf der Straße ver-ringert und damit auch die Möglichkeiten des Einsatzes il-legaler Fahrer im Güterverkehr auf der Straße einge-schränkt werden würden. Nebenbei hätte das auch nocheinen ökologischen Effekt. Das meinte ich damit.Kurt Bodewig, Bundesminister für Verkehr, Bau- undWohnungswesen: Dann habe ich Sie gründlich missver-standen. Ich bitte dafür um Entschuldigung. Ich weiß abernicht, ob es nicht vielleicht auch eine etwas umständlicheAusdrucksweise war, die dazu geführt hat.Ich unterstreiche das, was hinter Ihrer Frage liegt, näm-lich die Absicht, Verkehre auf die Schiene zu verlagern,um damit den Druck von der Straße wegzunehmen.Wir haben in der vergangenen Woche in einer Regie-rungserklärung im Parlament den Verkehrsbericht 2000erläutert. Dabei habe ich zweierlei deutlich gemacht: Esgeht vor allem um die Bewältigung zukünftiger Verkehre,weil der Verkehrszuwachs allein im Güterverkehr bei64 Prozent bis 2015 liegen wird. Wir werden diesen Ver-kehr nur bewältigen können, wenn es uns gelingt, dieSchiene viel stärker in diesen Prozess der Bewältigungvon Güterverkehren einzubeziehen. Deswegen ist es un-ser Ziel, den Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene,ausgehend vom Basisjahr 1997, bis zum Jahre 2015 zuverdoppeln. Damit werden wir das bestehende Problemebenfalls reduzieren.Ich sage aber zugleich: Diese Verkehrspolitik, die wirverfolgen, nämlich den Verkehrsträger Schiene zu stär-ken, geschieht unabhängig von dem bestehenden Gesetz.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001 14199
Das bestehende Gesetz versucht, eine Wettbewerbsver-zerrung, die zurzeit herrscht, zu beseitigen, aber auch Si-cherheitsmaßstäbe höher zu setzen. Ich nehme an, dassSie diesen Punkt ebenfalls in die Antwort auf Ihre Frageeinbezogen wissen wollten. Wir versuchen eben, den Ver-kehr sicherer zu machen und gleichzeitig den ruinösenWettbewerb im Güterverkehr – also den völligen Verfallvon Frachtraten und damit auch einen Abzug von Verkehrenvon der Schiene auf die Straße – zu vermeiden.Insofern hat dieser Gesetzentwurf mehrere Ziele, unteranderem auch das Ziel, den Wettbewerb nicht nur beimVerkehrsträger Straße, sondern auch zwischen den Ver-kehrsträgern insgesamt deutlich fairer und transparenterzu gestalten.
Ich be-
ende nun die Befragung zu den Themenbereichen der heu-
tigen Kabinettssitzung.
Gibt es darüber hinaus Fragen an die Bundesregie-
rung? – Herr Kollege von Klaeden.
Herr Präsident, ich
möchte die Bundesregierung fragen, ob die aktuellen Be-
richterstattungen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“
und der „Bild“-Zeitung vom heutigen Tage eine Rolle ge-
spielt haben, wonach sich der Verdacht erhärtet, dass Bun-
desminister Fischer bei seiner Zeugenvernehmung in
Frankfurt in der letzten Woche hinsichtlich der Frage, ob
die ehemalige Terroristin Margrit Schiller für wenige
Tage in seiner Wohnung Unterschlupf gefunden hat, nicht
die Wahrheit gesagt hat. Sie wissen sicherlich, dass Frau
Schiller diese Darstellung in ihrer Biographie gestern
noch einmal gegenüber der „Bild“-Zeitung bestätigt hat.
Meine weitere Frage lautet: Ist die Bundesregierung
der Ansicht, dass, wenn sich die Darstellung von Frau
Schiller bestätigt, Herr Fischer im Amt bleiben kann?
Zur Be-
antwortung Herr Staatsminister Bury, bitte schön.
H
Herr Kollege von Klaeden, dieses Thema ist heute
nicht im Bundeskabinett erörtert worden. Der Bundes-
außenminister hat sich in der vergangenen Woche – auch
hier – eindeutig dazu geäußert. Ich habe dem nichts hin-
zuzufügen.
Eine wei-
tere Frage des Kollegen Jürgen Koppelin.
Herr Staatsminister, da ich
schon mehrfach bei der Befragung der Bundesregierung
danach gefragt habe und Sie immer gesagt haben, dass es
keinen weiteren Parlamentarischen Staatssekretär im
Bundeswirtschaftsministerium geben wird –
das war erst vor wenigen Wochen; Sie haben die gleiche
Erklärung noch Ende November im Haushaltsausschuss
gegeben –, darf ich Sie fragen: Welche Sinnesänderung
hat es bei der Bundesregierung gegeben, jetzt einen wei-
teren Parlamentarischen Staatssekretär im Wirtschaftsmi-
nisterium anzusiedeln, obwohl die Aufgaben dort weni-
ger geworden sind?
Herr
Staatsminister Bury.
H
Herr Koppelin, wir haben diese Frage in der Tat in ei-
ner Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen
Bundestages miteinander besprochen. Die Frage bezog
sich damals auf eine Presseberichterstattung, die einen
Zusammenhang zwischen den Fraktionsvorstandswahlen
der SPD und der Besetzung von Staatssekretärspositionen
hergestellt hat. Ich habe diesen Pressebericht richtiger-
weise als Spekulation bezeichnet und darauf hingewiesen,
dass zu diesem Zeitpunkt keine konkreten Absichten be-
standen haben, die Zahl der Parlamentarischen Staatsse-
kretäre zu erhöhen.
Nun hat es im Zusammenhang mit der BSE-Problema-
tik eine Entwicklung gegeben, die wir zum Anlass ge-
nommen haben, Umstrukturierungen vorzunehmen. In
deren Folge, und zwar unter dem Aspekt der Stärkung
der Mittelstandspolitik, ist eine zusätzliche Position im
Bundeswirtschaftsministerium geschaffen worden; Kol-
legin Wolf nimmt auch die Funktion der Mittelstandsbe-
auftragten der Bundesregierung wahr. Insofern hatte sich
gegenüber unserer Diskussion im Haushaltsausschuss
eine neue Situation ergeben.
Eine
Nachfrage des Kollegen Koppelin.
Herr Staatsminister, kön-
nen Sie mir näher erklären, was die BSE-Krise damit zu
tun hat, dass das Wirtschaftsministerium einen weiteren
Parlamentarischen Staatssekretär braucht, obwohl Aufga-
ben aus dem Wirtschaftsministerium in andere Ministe-
rien verlagert worden sind, die Aufgaben also weniger ge-
worden sind? Oder kann ich Ihre Aussage so verstehen,
dass zwei Jahre lang im Wirtschaftsministerium keine
Mittelstandspolitik gemacht worden ist?
H
Falls sich Ihre Frage, Herr Kollege Koppelin, auf dieZeit vor 1998 bezieht, reichen zwei Jahre nicht aus. Wasdie vergangenen zwei Jahre angeht, so war die Mittel-standspolitik ein wichtiger Bereich. Wir stärken ihn abernoch mehr und haben ihn auch personell in dieser Weiseherausgehoben. Diese Entscheidung ist im zeitlichen Zu-sammenhang mit der Umstrukturierung, insgesamt ausge-löst durch die BSE-Problematik, getroffen worden.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Bundesminister Kurt Bodewig14200
Ich be-
ende die Befragung der Bundesregierung.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 14/5113, 14/5133 –
Wir kommen zu den dringlichen Fragen, zunächst zum
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern.
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatsse-
kretär Fritz Rudolf Körper zur Verfügung.
Ich rufe die dringliche Frage 1 des Abgeordneten
Dr. Schmidt-Jortzig auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, welche Rolle der Bundesmi-
nister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen
Trittin, in dem Kommunistischen Bund in Göttingen in den 70er-
Jahren spielte, und hält sie eine Aufklärung dieser Rolle für not-
wendig?
F
Herr Kollege Schmidt-Jortzig, er-
neut ist darauf hinzuweisen, dass Ihnen die Bundesregie-
rung über personenbezogene Erkenntnisse, die das Bun-
desamt für Verfassungsschutz gewonnen hat, keine Aus-
künfte geben darf, da dies die Übermittlungsvorschriften des
Bundesverfassungsschutzgesetzes nicht zulassen.
Zusatz-
frage, Herr Kollege Schmidt-Jortzig.
Herr Staatsse-
kretär, zur Verdeutlichung meiner Frage – möglicher-
weise haben wir unterschiedliche Vorlagen –: Ich habe
gefragt, ob es der Bundesregierung bekannt ist. Auf diese
Frage hätte ich gerne eine Antwort.
F
Was soll der Bundesregierung be-
kannt sein?
Ist der Bun-
desregierung bekannt – so ist es in der Frage formuliert –,
welche Rolle der Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, in den 70er-
Jahren gespielt hat?
F
Ich habe mich auf die Erkennt-
nisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz bezogen.
Daraus ist abzuleiten, dass der Bundesregierung diese
Rolle nicht bekannt ist.
Herr Staatsse-
kretär, darf ich daraus schließen, dass Sie über Ihre Kol-
legen in der Bundesregierung grundsätzlich nur Erkennt-
nisse aus den Bundesverfassungsschutzberichten haben
und dass im Übrigen die Vorgeschichte Ihrer Kollegen Sie
nicht interessiert?
F
Was uns interessiert – deshalb ant-
wortet auch der Vertreter des Innenministeriums auf diese
Frage –, bezieht sich auf die Erkenntnisse des Bundesver-
fassungsschutzes. Sie kennen die Vorschriften und die Ge-
setzeslage – ich erwähne § 12 und § 19 des Bundesver-
fassungsschutzgesetzes – und wissen daher, wie bei der
Übermittlung personenbezogener Daten zu verfahren ist.
Zusatz-
frage, Herr Kollege Koppelin.
Herr Staatssekretär, der
Bundesminister Trittin ist Mitglied des Kommunistischen
Bundes in Göttingen gewesen. Ich möchte Sie deshalb
fragen: Haben Sie Erkenntnisse darüber, ob der Ver-
fassungsschutz in Niedersachsen diese Vereinigung beob-
achtet hat und ob es Berichte darüber gibt? Wenn es Be-
richte darüber gibt: Was ist darin über den Kommu-
nistischen Bund in Göttingen enthalten?
F
Ich kann Ihnen nur das mitteilen,
was das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln an Er-
kenntnissen hat. Aufgrund dieser Erkenntnisse muss ich
Ihre Frage mit Nein beantworten.
Zusatz-
frage, Herr Kollege Niebel.
Herr Staatssekretär, muss ich
dieser Antwort entnehmen, dass das Bundesamt für Ver-
fassungsschutz nicht mit den Landesämtern für Verfas-
sungsschutz kommuniziert, wenn es um herausgehobene
Positionen in unserem Staatswesen geht?
F
Das hat nichts mit Kommunika-
tion zu tun, sondern mit der Frage, inwieweit Erkennt-
nisse vorhanden sind. Ich habe deutlich gemacht, dass uns
in diesem Fall keine Erkenntnisse vorliegen. Ich sage
noch einmal ganz deutlich: Aus der bestehenden Geset-
zeslage wird deutlich, warum dies der Fall ist.
Zusatz-
frage, Herr Kollege Hirche.
Herr Staatssekretär, darf ich
Ihrer Antwort entnehmen, dass Sie sich nicht die Mühe
gemacht haben, sich die Verfassungsschutzberichte des
Landes Niedersachsen aus den 70er-Jahren anzusehen?
F
Die Entscheidung, wie viel Müheich mir mache, können Sie ruhig mir überlassen. Tatsache
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001 14201
ist, dass wir diesem Vorgang im gesamten Zeitraum sehrgewissenhaft nachgegangen sind. Ich sage Ihnen zumwiederholten Male, dass § 12 und § 19 Vorschriften zurBehandlung von Erkenntnissen enthalten. Was § 12 anbe-langt, so ist festzustellen, dass es eine entsprechende Wei-sung des damaligen Präsidenten des Bundesamtes für Ver-fassungsschutz gab, der nicht in Verdacht stand, einerzukünftigen rot-grünen Koalition behilflich zu sein.
Zusatz-
frage, Herr Kollege von Klaeden.
Herr Staatssekre-
tär, sind denn vielleicht dem Bundeskanzler aus seiner
Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident die Berichte
des niedersächsischen Verfassungsschutzes bekannt ge-
wesen? Hat der Herr Bundeskanzler zum Zeitpunkt der
Ernennung Herrn Trittins zum Bundesminister von seiner
politischen Vergangenheit und von seiner Tätigkeit im
Kommunistischen Bund gewusst, in dessen Organ „Ar-
beiterkampf“ zur Entführung von Peter Lorenz unter an-
derem dieses Spottgedicht veröffentlicht wurde:
Da sitzt er nun im Keller, mit ´nem Schildchen auf
der Brust, die Bewegung 2. Juni sendet einen schö-
nen Gruß. Sechs Genossen und ein Jumbo und ´nen
Pfaffen mit an Bord und für jeden 20 000. Sonst
bleibt der Lorenz fort ...
F
Herr Kollege von Klaeden, was
der Bundeskanzler in seiner Eigenschaft als Ministerprä-
sident des Landes Niedersachsen gewusst hat oder nicht,
kann ich Ihnen jetzt hier nicht beantworten. Ich weiß nur,
dass er lange Zeit mit Herrn Trittin eine Koalition gebil-
det hat und dass die Zusammenarbeit eine gute war.
Gibt es
weitere Zusatzfragen? – Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Frage 2 des Kollegen
Dr. Schmidt-Jortzig:
Ist es zutreffend, dass der Kommunistische Bund in GöttingenGewalt im Kampf gegen das „imperialistisch herrschende Sys-tem“ nicht ausschloss?
F
Herr Kollege Schmidt-Jortzig, der
Kommunistische Bund, KB, gründete sich 1971 und hatte
seinen Schwerpunkt in Norddeutschland. Als zentralisti-
sche Organisation, gegliedert nach dem Prinzip des de-
mokratischen Zentralismus, waren Aussagen der Leitung
auch für den KB in Göttingen gültig.
Im Verfassungsschutzbericht des Bundes von 1977
heißt es, dass sich der KB kein schriftliches Programm ge-
geben habe. Über die Haltung dieser Organisation zur Ge-
waltfrage wird dort weiter ausgeführt:
Der Gewaltanwendung steht der KB nicht prinzipiell
ablehnend gegenüber, sondern betrachtet sie ledig-
lich unter dem Gesichtspunkt der taktischen Erfor-
dernisse.
So steht es in der Quelle vom 4. April 1977.
Zusatz-
frage, Herr Kollege Schmidt-Jortzig?
Zunächst
möchte ich für die ausführliche Antwort herzlich danken.
Dennoch drängt sich mir die Frage auf: Haben Sie, ver-
ehrter Herr Kollege, mit dieser Auskunft eben nicht das
Gesetz über den Bundesverfassungsschutz verletzt?
Durften Sie diese Kenntnis haben, ohne dass der Verfas-
sungsschutz Sie dazu ermächtigt hat?
F
Lieber Herr Kollege Schmidt-
Jortzig, ich hätte diese Frage ja von manchem erwartet, al-
lerdings nicht von Ihnen. Sie wissen, dass in §19 und §12
des Bundesverfassungsschutzgesetzes die Übermittlung
personenbezogener Daten geregelt ist. Insofern, glaube
ich, ist Ihre Frage an mich, ob das hier kundgetan werden
darf, fast überflüssig. Der KB war eine Organisation. Da-
mit ist das, was ich Ihnen hier mitgeteilt habe, von der
Übermittlung personenbezogener Daten zu unterschei-
den.
Weitere
Zusatzfrage, Kollege Schmidt-Jortzig?
Lieber Herr
Kollege Körper, Ihre Unterscheidung war bemüht und
nicht überzeugend. Darf ich deswegen nachfragen: Haben
Sie eine Ahnung, wie sich eine Körperschaft, auch der
KB, der KBW oder der KHB – da gibt es alle möglichen
Formen –, ohne seine Mitglieder artikulieren kann? Wür-
den Sie mir zustimmen, dass die Vereinigungen für den
Bundesverfassungsschutz nur im Hinblick auf die
Gewalttätigkeit oder Nichtgewalttätigkeit, die Gefähr-
lichkeit oder Nichtgefährlichkeit ihrer Mitglieder interes-
sant sind?
F
Herr Kollege Schmidt-Jortzig, ichwill es Ihnen noch einmal deutlich machen. § 12 des Bun-desverfassungsschutzgesetzes trägt die Überschrift: „Be-richtigung, Löschung und Sperrung“ – jetzt kommt es –„personenbezogener Daten in Dateien“. § 19 trägt die
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper14202
Überschrift: „Übermittlung personenbezogener Datendurch das Bundesamt für Verfassungsschutz“. Das unter-streicht das, was ich Ihnen in der vorherigen Antwort ge-sagt habe. Das, was ich zu dieser Organisation vorhin aus-geführt habe, bezieht sich auf die Veröffentlichung ineiner Zeitschrift mit dem Namen „Arbeiterkampf“ vom4. April 1977.
Zusatz-
frage, Herr Kollege Kolb.
Herr Staatssekretär,
wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie vorgetra-
gen, dass der Kommunistische Bund, dessen Mitglied der
heutige Umweltminister 1977 war, Gewalt nicht gänzlich
ausgeschlossen hat. Ist der Bundesregierung bekannt,
welches Verhältnis der Bundesumweltminister heute zum
Gewaltmonopol des Staates hat und welche Maßnahmen
er damals für legitim gehalten hat, um dem „Druck des
Staates“ zu begegnen?
F
Herr Kollege Kolb, mir ist die
Frage gestellt worden, was der Kommunistische Bund in
Göttingen zum Thema Gewalt im Kampf gegen das „im-
perialistisch herrschende System“ veröffentlicht hat. Da-
raufhin habe ich eine Antwort gegeben, die sich auf eine
Quelle aus dem Jahre 1977 bezieht. Wie sich einzelne
Mitglieder in dieser Organisation zu Einzelfragen ver-
halten haben, war nicht Gegenstand der Frage.
Zusatz-
frage, Herr Kollege Koppelin.
Herr Staatssekretär, da Sie
vorhin, als wir nach dem Verfassungsschutz in Nieder-
sachsen gefragt haben, passen mussten, bin ich natürlich
ganz erstaunt, was Sie uns jetzt hier alles vortragen. Darf
ich Sie deshalb fragen: Haben Sie dieses Material von
dem Kollegen Trittin bekommen?
F
Herr Koppelin, die Art und Weise,
wie Sie diese Frage stellen, macht deutlich, welche Ziel-
richtung Sie verfolgen.
Es geht Ihnen offensichtlich nicht darum, einen Sachver-
halt sachlich aufzuklären, sondern darum, eine Person in
Misskredit zu bringen, weil es Ihnen politisch in den
Kram passt. Das sage ich hier einmal ganz deutlich.
Ich habe Ihnen kundgetan, worauf sich diese Quelle be-
zieht, die einmal Gegenstand eines Verfassungsschutz-
berichtes war. Ich habe Ihnen auch deutlich gemacht, dass
wir dieses Material nicht zu dem Material zählen müssen,
das unter § 12 und § 19 des Bundesverfassungsschutzge-
setzes fällt. Insofern ist dies korrekt. Ich denke auch, es ist
wichtig, dies hier deutlich kundzutun.
Eine Zu-
satzfrage, Herr Kollege Hirche.
Herr Staatssekretär, sind Sie
nicht der Meinung, dass nach der Geschäftsordnung des
Bundestages die Bundesregierung Auskunft zu geben hat
und dabei nicht unterscheiden darf, ob ihr die Zielrichtung
einer Frage schmeckt oder nicht?
F
Herr Kollege Hirche, ich bin der
Auffassung, dass die Bundesregierung bei ihren Auskünf-
ten die gesetzliche Grundlage beachten muss. Das ist der
Maßstab unserer Auskünfte. Ich denke, das ist auch gut
so.
Wir sind
damit am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesminis-
teriums des Innern. Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundeskanz-
leramtes. Zur Beantwortung steht Staatsminister Hans
Martin Bury zur Verfügung.
Wir kommen zur dringlichen Frage 3 des Kollegen
Dr. Max Stadler:
Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhalten des Bundes-
ministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen
Trittin, auf der Zugfahrt am 21. Januar 2001 gegenüber dem Sohn
des ermordeten Generalbundesanwalt Siegfried Buback?
H
Lieber Kollege Stadler, ich bedauere, dass das zufäl-
lige Zusammentreffen von Bundesminister Jürgen Trittin
und Herrn Professor Michael Buback auf einer Zugfahrt
am 21. Januar Anlass für die Interpretation bot, die Herr
Buback in der ARD-Sendung „Sabine Christiansen“ wie-
dergab.
Herr Trittin hat Herrn Buback unmittelbar nach der
Ausstrahlung der Sendung angerufen und ihm angeboten,
das Missverständnis in einem ausführlichen persönlichen
Gespräch auszuräumen. Das Gespräch zwischen Herrn
Bundesminister Trittin und Herrn Professor Buback wird
in den nächsten Tagen stattfinden.
Zusatz-frage, Kollege Stadler.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper14203
Herr Staatsminister, hat Herr
Bundeskanzler persönlich mit Herrn Trittin über diesen
Vorgang gesprochen? Wenn ja: Wie hat er aufgrund die-
ses Gespräches den Vorgang beurteilt?
H
Herr Kollege Stadler, nach meiner Kenntnis hat der
Bundeskanzler über dieses Thema mit Herrn Bundesum-
weltminister Trittin nicht gesprochen.
Weitere
Zusatzfrage, Kollege Stadler.
Herr Staatsminister, ich
habe noch eine Zusatzfrage. In einem Artikel in der ges-
trigen Ausgabe der „Berliner Zeitung“ werden Andeutun-
gen über die Identität des bisher in der Öffentlichkeit unbe-
kannten Verfassers des so genannten „Mescalero“-Nachrufs
gemacht. Es wird dargestellt, dass der Göttinger Szene die
Identität sehr wohl bekannt war. Ich frage Sie daher, ob
der Bundesregierung die Identität des Verfassers dieses
Nachrufs bekannt ist und ob Sie bereit sind, diese Identität
hier mitzuteilen.
H
Ich kann diese Frage nur für mich beantworten: Mir
ist die Identität nicht bekannt.
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen von Klaeden.
Herr Staatsminis-
ter, Sie haben gerade von einem Missverständnis zwi-
schen Herrn Trittin und Herrn Professor Buback gespro-
chen. Ist Ihnen bekannt, dass sich Herr Professor Buback
Herrn Bundesminister Trittin nicht nur vorgestellt hat,
sondern zum Ende des Gesprächs auch darauf hingewie-
sen hat, dass er an der Sendung „Sabine Christiansen“
teilnehmen werde, und dass Herr Trittin aufgrund die-
ser Information nicht bereit gewesen ist, sich vom
„Mescalero“-Aufruf zu distanzieren?
H
Herr Kollege von Klaeden, ich war an diesem Ge-
spräch im Zug nicht beteiligt. Mir ist neu, dass Sie daran
beteiligt waren.
Insofern mag ich Ihre spekulative Wiedergabe des Ge-
spräches nicht kommentieren, zumal Kollege Trittin im
Anschluss die Gelegenheit haben wird, selbst dazu Stel-
lung zu nehmen.
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Koppelin.
Herr Staatsminister, um
Ihnen die Möglichkeit zu geben, eine Antwort, die Sie so-
eben gegeben haben, zu korrigieren, frage ich Sie noch
einmal: Hat der Bundeskanzler seit der Sendung „Sabine
Christiansen“, die hier angesprochen worden ist, bis heute
nicht ein einziges Mal mit dem Bundesminister Trittin
über diese Angelegenheit gesprochen?
H
Herr Kollege Koppelin, ich habe diese Frage beant-
wortet.
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Niebel.
Herr Staatsminister, Sie haben
soeben gesagt, dass Sie nur für sich persönlich antworten
können, was die Frage bezüglich der Identität des Autors
betrifft. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Identität
des Autors Herrn Trittin bekannt ist?
H
Mir zumindest ist das nicht bekannt.
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Dr. Axel Berg.
Herr Staatsminister, der Verlauf
dieser Fragestunde bringt mich auf folgende Idee: Halten
Sie es für möglich, dass das Treffen zwischen dem Sohn
Bubacks und dem Umweltminister initiiert worden ist
bzw. geplant war?
H
Herr Kollege Berg, ich mag darüber nicht spekulieren.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 200114204
Wir kom-
men dann zur Frage 4 des Kollegen Dr. Max Stadler:
Sind der Bundesregierung die Gründe bekannt, aus denen der
Bundesminister Trittin Nachfragen von Journalisten auf der Pres-
sekonferenz vom 22. Januar 2001 abgelehnt hat?
H
Herr Kollege Stadler, Bundesminister Jürgen Trittin
hat am 22. Januar 2001 am Rande einer Parteiratssitzung
in Berlin eine kurze Presseunterrichtung vorgenommen.
Die Bundesregierung sieht keinen Anlass, den Ablauf ei-
ner Presseunterrichtung, die am Rande einer Sitzung ei-
nes Parteigremiums stattgefunden hat, zu kommentieren.
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Stadler.
Herr Staatsminister, wie be-
urteilen Sie in diesem Zusammenhang die Aussage von
Herrn Trittin, die in einem morgen im „Stern“ erschei-
nenden Interview wiedergegeben wird, nämlich dass er
seinerzeit mit anderen einen anderen Staat gewollt habe,
unter anderem mit der Begründung, dass er für Mei-
nungsfreiheit habe kämpfen wollen? Wie beurteilen Sie
diese hehre und nachvollziehbare Zielsetzung im Zusam-
menhang damit, dass er es Journalisten verweigert, Nach-
fragen zu stellen?
H
Herr Kollege Stadler, ich habe Ihnen soeben gesagt,
dass ich eine Presseunterrichtung, die am Rande einer Sit-
zung eines Parteigremiums stattgefunden hat, nicht zu
kommentieren habe. Nach meiner Kenntnis über diese
Presseunterrichtung und nach Einschätzung des Bundes-
kanzlers hat Bundesumweltminister Trittin allerdings das
Notwendige gesagt.
Eine wei-
tere Zusatzfrage des Kollegen Stadler.
Herr Staatsminister, darf ich
Ihrer Antwort entnehmen, dass, wenn das Notwendige in
Presseunterrichtungen gesagt wird, wir auch künftig da-
mit rechnen müssen, dass Mitglieder der Bundesregie-
rung Nachfragen von Journalisten nicht beantworten wer-
den?
H
Herr Kollege Stadler, wie nicht zuletzt der Ablauf der
Fragestunden in jüngerer Zeit zeigt, bedeutet die Aussage
„Das Notwendige ist gesagt worden“ noch lange nicht,
dass es nicht noch mehrmals hinterfragt wird.
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Niebel.
Herr Staatsminister, in dem eben
erwähnten „Stern“-Interview sagt Herr Minister Trittin
auch, die meisten wüssten, wer er sei und woher er
komme. Da ja die Fragen der Journalisten nicht beant-
wortet worden sind und unsere hier offenkundig auch
nicht, frage ich: Wäre es möglich, dass wir im Rahmen
dieser Fragestunde erfahren, wer Herr Trittin ist und wo-
her er kommt?
H
Herr Kollege Niebel, wenn Sie sich bisher nicht mit
den Mitgliedern der Bundesregierung und den Kollegin-
nen und Kollegen im Hause beschäftigt haben, empfehle
ich Ihnen die Lektüre dieses kleinen Buches: Kürschners
Volkshandbuch „Deutscher Bundestag“,
in dem auch die biografischen Angaben des Kollegen
Trittin enthalten sind.
Eine Zu-
satzfrage, des Kollegen von Klaeden.
Herr Staatsminis-
ter, trifft die Meldung der „Bild“-Zeitung vom 18. März
1999 zu, dass Bundesminister Trittin seinen Ministeri-
umssprecher angewiesen habe, jegliche Frage oder Nach-
frage zu seiner kommunistischen Vergangenheit zu ver-
weigern? Wenn das so ist: Was ist der Grund dafür?
H
Ich glaube, es gibt dazu eine Frage, die anschließendbeantwortet werden wird.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001 14205
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Koschyk.
Herr Staatsminister,
nachdem Sie soeben den Kollegen Niebel auf das amtli-
che Handbuch des Deutschen Bundestages hingewiesen
haben, wo er nachschlagen solle, wenn er Informationen
über die politische Vergangenheit des Herrn Bundesmi-
nisters Trittin erfahren wolle, möchte ich Sie fragen: Wo-
rauf führen Sie es zurück, Herr Staatsminister, dass im
amtlichen Handbuch des Deutschen Bundestages kein
Wort über die Vergangenheit von Herrn Minister Trittin
im KB und seine dortigen Funktionen enthalten ist?
H
Das, Herr Kollege, ist weder eine veröffentlichungs-
pflichtige Angabe, noch war es je ein Geheimnis. Insofern
konnte das jeder politisch informierte Mensch wissen.
Wir sind
am Ende des Geschäftsbereichs des Bundeskanzleramtes.
Vielen Dank, Herr Staatsminister.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
Zur Beantwortung steht Herr Bundesminister Jürgen
Trittin zur Verfügung.
Wir kommen zur dringlichen Frage 5 des Kollegen
Hirche:
Ist es zutreffend, dass der Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, am
6. Januar 1994 in dem NDR-Fernsehinterview „Profile“ bezüglich
des „Mescalero“-Nachrufs gesagt hat: „Da hat es Leute gegeben,
die haben gesagt: ‚Nein, wir distanzieren uns davon nicht. Zu de-
nen habe ich gehört. Das halte ich nach wie vor für richtig.“?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Hirche, der
Wortlaut des NDR-Interviews steht vielen zur Verfügung.
Sie können das nachlesen. Ich lese es hier vor:
Es ging damals um den Buback-Nachruf, wo ein
Sponti seine sehr emphatische Absage an den Terro-
rismus mit einigen sehr unstaatsmäßigen Gedanken
eingeleitet hat. ... Die so genannte klammheimliche
Freude, die dann zu dem Ergebnis kam, dieses mit
dem Terrorismus sei der falsche Weg, das war ein ra-
dikal-pazifistischer Aufsatz, der aber dann in einer
Weise diskutiert und verboten und kriminalisiert
worden ist. Und da hat es Leute gegeben, die haben
gesagt: „Nein, wir distanzieren uns nicht davon“. Zu
denen habe ich gehört, und das halte ich nach wie vor
für richtig. Es hat auch ein paar Professoren gegeben,
die sich davon nicht distanziert haben. Ich erinnere
an Peter Brückner hier aus Hannover.
Hinzuzufügen bleibt: Peter Brückner gehörte zu jenen
Professoren, gegen die damals das Land Niedersachsen,
– CDU-regiert – mit den Mitteln des Disziplinarrechts
vorgegangen ist. Er ist suspendiert worden, weil sie eine
Dokumentation des so genannten Buback-Nachrufs
herausgegeben hatten.
Alle diese Professoren sind rehabilitiert worden. An-
ders aber als seine Kollegen hat Professor Brückner seine
Rehabilitierung nicht mehr erlebt. Er starb, gebrochen
über seine Suspendierung, im Jahre 1982.
Zusatz-
frage, Herr Kollege Hirche.
Wie erklären Sie es, Herr
Minister Trittin, dass Sie gestern Abend in einem NDR-
Interview, nachdem Sie sich am Vortag offenbar von dem
Verbrechen distanziert haben,
auf die Frage des Journalisten, ob es denn nun eine Dis-
tanzierung gebe oder nicht, nur Folgendes erklärt haben:
Ich habe mir diesen Artikel nie zu Eigen gemacht
und habe immer nur für die Veröffentlichung von so
etwas gestimmt.
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Hirche, Sie
haben hier eben fast wörtlich die Erklärung zitiert, die ich
am Montag abgegeben habe. Deswegen verweise ich Sie
darauf.
Eine wei-
tere Zusatzfrage, Herr Kollege Hirche.
Dann darf ich doch noch ein-mal fragen, ob Ihnen bei dieser Wiederholung eigentlichbewusst ist, dass Sie, wenn Sie das so wiederholen,nachträglich den Vorgang vom Sonntag bestätigen?Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Hirche, ichhabe Ihnen, weil ich zur Kenntnis genommen habe, dasses Ihnen um die Wahrheitsfindung und nichts als dieWahrheitsfindung geht, anstelle einer Interpretation ebenwörtlich das vorgelesen, was ich 1994 in einem Wahl-kampf, in dem wir als politische Konkurrenten auftra-ten – Sie haben damals übrigens den Wiedereinzug in denLandtag verpasst, wenn ich das richtig in Erinnerunghabe –,
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 200114206
gesagt habe, als die F.D.P. damals in der Opposition war.Das kann jeder selbst beurteilen. Ich glaube, es ist nichtAufgabe der Bundesregierung, öffentlich gesagten Wor-ten noch Interpretationshilfen hinzuzufügen, auch wennwir natürlich gern der Opposition mit Dienstleistungenzur Verfügung stehen.
Zusatz-
frage, Herr Kollege von Klaeden.
Herr Minister
Trittin, ich frage Sie, warum Sie das von der Nachrichten-
agentur dpa 1994 übermittelte Zitat aus der Sendung ge-
rade an dem Punkt abbrechen, an dem es interessant wird;
denn Sie enden mit dem Satz:
Ich erinnere an Peter Brückner hier aus Hannover.
Dann geht das Zitat von Ihnen aber weiter:
Es hat aber auch viele gegeben, die damals umgefal-
len sind und sich an die Seite des Staates gestellt ha-
ben und dieser ganz großen Koalition aller anderen
Parteien angehört haben, und das sind Erfahrungen,
die prägen einen.
Wenn ich dieses Zitat und den weiteren Wortlaut des
Zitats richtig interpretiere, das wirklich nicht zu lang ist,
sodass man es hier hätte vortragen können, dann wird da-
raus deutlich, dass Sie nicht eine dritte Stellung einge-
nommen haben, sondern dass Sie sich in dieser Sendung
noch damit gebrüstet haben, zu den Gegnern des Staates
gehört zu haben.
Wie stehen Sie heute dazu?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Ich wiederhole, was ich
eben zu Herrn Kollegen Hirche gesagt habe: Es ist nicht
Aufgabe der Bundesregierung, Oppositionspolitikern bei
der Interpretation öffentlich zugänglicher Texte zu helfen.
Ich bestätige Ihnen ganz offiziell, dass Sie das eben nach
meiner Erinnerung korrekt vorgelesen haben. Ich habe be-
wusst an der Stelle mit Peter Brückner geendet, weil ich
darauf verweisen wollte, welche Opfer Sie mit dieser Art
Politik, die Sie hier betreiben und gegenüber anderen
Menschen betrieben haben, mit produziert haben.
Zusatz-
frage, Frau Kollegin Göring-Eckardt.
sichts der bisher an Sie gestellten Fragen und der Debatte
um Gewaltbereitschaft in den 70er-Jahren die gestern vor-
gestellte Kampagne der CDU in Bezug auf die Rentenre-
form und die Diffamierung des Bundeskanzlers in diesen
Veröffentlichungen bewerten.
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Es ist schon ein bemer-
kenswerter Vorgang, wenn eine Partei, die dem Deutschen
Bundestag angehört und die auch eine Reihe von Bun-
deskanzlern gestellt hat, sich in einer Wahlwerbung dazu
hinreißen lässt, den amtierenden Bundeskanzler als einen
Verbrecher darzustellen.
Diese Art der politischen Auseinandersetzung erzeugt
ein Klima im Lande, das mich an die Zeiten der
Jahre 1968 und anderer erinnert, als in dieser Weise – von
bestimmten Presseorganen gesponsert – ein Klima ent-
standen ist, das schließlich in Gewalttätigkeiten und sogar
in einem Mordattentat auf Rudi Dutschke geendet hat. Ich
finde eine solche Vorgehensweise einer Partei schlicht
und ergreifend unerträglich.
Zusatz-
frage, Kollege Niebel.
Herr Minister, ich möchte gernzur Ausgangsphrase
– Entschuldigung –, Ausgangsfrage zurückkommen.Auch ich finde die Kampagne nicht gut, aber sie hat nichtsmit der Ausgangsfrage zu tun.Herr Minister, wir haben vorhin gelernt, dass weder derStaatsminister im Kanzleramt noch die breite Öffentlich-keit wissen, wer der Autor ist. Ich möchte Sie direkt fra-gen: Wissen Sie, wer der Autor ist?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Bundesminister Jürgen Trittin14207
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit: Nein.
Zusatz-
frage, Herr Kollege Sebastian Edathy.
Herr Bundesminister
Trittin, halten Sie es ebenso wie ich für bemerkenswert,
dass ein früherer Sprecher der Regierung Kohl, nämlich
Peter Boenisch, heute in der „Bild“-Zeitung von der
„Maßlosigkeit im Umgang miteinander“ und vom „Bür-
gerkrieg in Worten“ schreibt? Halten Sie es ebenso wie
ich für bemerkenswert, dass der frühere F.D.P.-Bundesin-
nenminister Baum sagt: „Ich finde, dass hier wirklich eine
Generation diffamiert wird; es ist eine Riesenheuchelei im
Gange in der Beurteilung der 68er. Es hat seitdem keine
Generation mehr gegeben, die das Land so aktiv verändert
hat“?
Finden Sie ebenso wie ich, dass, wenn wir im Zuge der
Debatte über die Bekämpfung des Rechtsextremismus
immer wieder in diesem Saal betonen, dass die Grundlage
eines anständigen Miteinanders die Achtung der Würde
des anderen ist,
dann die Achtung der Menschenwürde auch die Grund-
lage für das parlamentarische Miteinander sein muss und
dass man hierüber ein wenig in Sorge geraten kann?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Ich stimme Ihnen aus-
drücklich zu, auch wenn es nur selten der Fall ist, dass ich
mit Herrn Boenisch einer Meinung bin. Ich habe an die-
ser Stelle allerdings noch die Anmerkung zu machen, dass
ich schon ein wenig darüber erschüttert war, dass die Par-
tei des Herrn Baum vorhin bei den Fragestellungen nicht
mehr in der Lage war, zwischen personenbezogenen und
sonstigen Daten zu unterscheiden. Dass das rechtsstaat-
liche Erbe der F.D.P. und des Herrn Baum so schnell ver-
loren geht und vergessen wird, hätte ich nicht gedacht.
Zusatz-
frage, Kollege Koppelin.
Ich möchte auf das NDR-
Fernsehinterview, das schon angesprochen wurde,
zurückkommen. Sie haben gesagt, es hat jede Menge ge-
geben, die damals umgefallen sind und sich auf die Seite
des Staates gestellt haben. Das sind Erfahrungen – so ha-
ben Sie weiter gesagt –, die einen prägen; wenn man da-
mals gestanden hat, weiß man auch, was man von ande-
ren Leuten zu halten hat.
Nun frage ich Sie aufgrund Ihrer Äußerungen in dieser
Woche und Ihrer Beurteilung von damals bei dem Inter-
view: Sind Sie jetzt umgefallen und auf der Seite des Staa-
tes?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Ich weiß, was ich von ande-
ren zu halten haben, aber ich muss das nicht immer sagen.
Das war ja eine tolle Ant-
wort!
Wir kom-
men zur dringlichen Frage 6 des Kollegen Walter Hirche:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Aufklärung
dieser Vorgänge „niemanden etwas angehe“, wie der „Frankfurter
Allgemeinen Zeitung“ vom 22. Januar 2001 zufolge die Nach-
frage eines Journalisten offenbar aus dem Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit beschieden wurde?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Jürgen Trittin hat aus seiner
KB-Mitgliedschaft nie ein Geheimnis gemacht. Die
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ beruft sich in ihrem
Artikel vom 22. Januar 2001 auf den – so wörtlich die
„FAZ“ – Hofkolumnisten der „Bild“-Zeitung, Graf
Nayhauß. Die Bundesregierung sieht sich außerstande,
den Wahrheitsgehalt von Artikeln des Grafen Nayhauß zu
beurteilen.
Zusatz-
frage, Kollege Hirche.
Herr Minister, darf ich davonausgehen, dass Sie entgegen der Auffassung, die in der„FAZ“ wiedergegeben wurde, durchaus der Meinungsind, dass die Aufklärung Ihrer Vergangenheit im Zusam-menhang mit Ihrem Amt eine wichtige Rolle spielenkönnte?Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit: Sehen Sie, es gab Abge-ordnete des Deutschen Bundestages, die zeitweilig, auchzu der Zeit, als ich der Landesregierung in Niedersachsenangehörte, ein Landtagsmandat innehatten. Ich kann michnicht daran erinnern, dass die F.D.P. beispielsweise da-mals irgendeine Gelegenheit ausgelassen hätte, übermeine Vergangenheit zu sprechen. Ich erinnere mich nochan eine Reihe entsprechender Anträge und Ähnliches. In-sofern kann ich nur den Satz wiederholen: Wir haben ausunserer Vergangenheit hier nie einen Hehl gemacht undsie war auch bekannt.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 200114208
Eine wei-
tere Zusatzfrage, Kollege Hirche.
Darf ich Ihr Schmunzeln eben
am Ende Ihrer Antwort
so interpretieren, Herr Kollege Trittin, dass Sie auf das
stolz sind, was Sie gemacht haben?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Herr Hirche, die Bundesre-
gierung legt Wert auf die Feststellung, dass nicht jeder
freundliche Gesichtsausdruck ein Feixen ist.
Zusatz-
frage, Kollege Koppelin.
Herr Bundesminister, da
auffällt, dass Sie, wenn die Fragen aus der SPD-Fraktion
mit Zeitungskommentaren kommen, diese ausführlich be-
antworten, bei uns aber, wenn wir mit Zeitungskommen-
taren kommen, sagen, die Bundesregierung kommentiere
das nicht, möchte ich Ihnen einen Kommentar aus der
„Neuen Zürcher Zeitung“ von gestern vorhalten. Ich wäre
für Ihre Stellungnahme dankbar. Da heißt es:
Die Vorgänge um den Außenminister und seinen Ka-
binettskollegen machen einmal mehr deutlich, dass
eine klare Grenzziehung zwischen dem linksextre-
men Milieu jener Tage und dem harten Kern des Ter-
rorismus nicht möglich ist.
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Das ist eine Einschätzung
der „Neuen Zürcher Zeitung“. Ich wiederhole: Es ist nicht
Aufgabe der Bundesregierung, Interpretationen von Zei-
tungsaufsätzen vorzunehmen. Sie wissen – wir streiten
gemeinsam dafür – dass in diesem Lande die Freiheit
herrscht, seine Meinung auszudrücken.
Zusatz-
frage, Kollege Niebel.
Herr Bundesminister, nachdem
Sie eben – wie ich finde, zu Recht – die hervorragenden
Leistungen des Bundesinnenministers Baum in der sozi-
alliberalen Koalition gelobt haben,
möchte ich auf das morgige „Stern“-Interview eingehen,
in dem Sie, auf die damalige Zeit zurückblickend, sagen:
Wir wollten einen anderen Staat und wir kämpften für
Meinungsfreiheit. – Deswegen möchte ich gerne von Ih-
nen wissen, ob Sie der Ansicht sind, dass die soziallibe-
rale Koalition seinerzeit unter Willy Brandt einen Staat re-
präsentiert hat, in dem Meinungsfreiheit nicht möglich
war.
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Ich muss Sie darauf ver-
weisen, dass es zu diesem Zeitpunkt durchaus vorgekom-
men ist, dass Menschen, die Parolen bestimmten Inhalts
an Wände gesprüht haben
– Moment, nicht wegen Sachbeschädigung, sondern we-
gen Werbung für eine terroristische Vereinigung –, gele-
gentlich über mehrere Monate in Untersuchungshaft gin-
gen, ohne anschließend auch verurteilt worden zu sein.
Ich verweise darauf, dass es in diesem Zusammenhang
zum Beispiel Ermittlungsverfahren gegen jene Professo-
ren gegeben hat, die diesen Nachruf veröffentlicht haben,
dass aber diese Professoren im Übrigen im Anschluss alle
freigesprochen worden sind. Es scheint also so zu sein,
dass es zu diesem Zeitpunkt eine heftige Auseinanderset-
zung darüber gegeben hat, wie weit die Grenzen der Mei-
nungsfreiheit gegangen sind. Dass hierbei, gelegentlich
vielleicht auch vonseiten des Staates, über das Ziel hi-
nausgeschossen worden ist, das haben inzwischen eine
Reihe der dort Handelnden in vielen Gesprächen öffent-
lich bekannt. Vielleicht sollten Sie dieses in den Erinne-
rungen von Herrn Baum oder des ehemaligen Bundeskri-
minalamtspräsidenten Herold einmal nachlesen.
Zusatz-
frage der Kollegin Rönsch.
Zu-
erst beantworte ich Ihre Frage: Ja, aber auf der anderen
Seite, in Frankfurt. Mich hat die Polizei geschützt.
Herr Bundesminister, könnten Sie ein Beispiel für das
geben, was Sie gerade angesprochen haben? Welche Pa-
rolen haben denn zu mehrmonatiger Haft geführt? Könn-
ten Sie das, was an Wände gesprüht worden ist, einmal
thematisieren?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Ich habe auf diese Bei-
spiele verwiesen, die Sie aus verschiedenen Akten ken-
nen. Sie können sie auch entsprechend nachlesen.
Eine Zu-satzfrage des Kollegen Fromme.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001 14209
Herr Minis-
ter, wenn Sie hier eine solche Behauptung aufstellen, dann
müssen Sie sie auch mit einem Namen belegen können.
Ist Ihnen das möglich? Ich meine den Namen eines Inhaf-
tierten.
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Ich kenne die Personen
nicht persönlich.
Ich will nur auf eines hinweisen.
– Nein. Erlauben Sie mir die folgende Bemerkung, mit der
ich auch etwas klarstellen möchte, was Stimmungsmache
angeht.
Ich habe in den letzten Tagen eine Reihe von Zeitun-
gen nachgelesen. Ich will Ihnen ein Zitat vorlesen:
Obwohl, wir sind abends immer an der „Schumann-
Klause“ mit erhobener Faust vorbeigezogen, dem
Treff der Bonner Linken, und haben schon überlegt,
dass wir da mal reinmarschieren und einen kleinen
Bürgerkrieg mit denen anzetteln.
Der „Tagesspiegel“:
Das haben ja dann andere für Sie erledigt.
Antwort:
Das stimmt. Die Kneipe existiert heute nicht mehr,
nachdem ein paar Freunde von mir – ich schwöre, ich
war nicht dabei – einen Müllcontainer durch die
Fensterscheibe geschmissen und das Lokal in Schutt
und Asche gelegt hatten. Ich fand das zu der Zeit eine
politische Großtat, die haben wir tagelang gefeiert.
Heute würde ich so etwas nicht mehr akzeptieren.
Ich bin im Laufe der Jahre liberaler geworden. Und
ich bestehe auf dem Recht, mich verändern zu dür-
fen.
Ende des Zitats von Herrn Friedrich Merz.
Ich will hier mit allem Nachdruck erklären: Ich bin nie
dabei gewesen, wenn die Kneipen von politisch Anders-
denkenden mithilfe von Müllcontainern in Schutt und
Asche gelegt wurden. Ich habe auch nicht im Anschluss
an eine solche Tat tagelang mit den Tätern zusammen ge-
feiert. Darauf lege ich Wert.
Zusatz-
frage, Kollege von Klaeden.
Herr Trittin, da Sie
so viel Wert darauf legen, dass Sie sich seit den 70er-Jah-
ren geändert haben, möchte ich Sie gerne einmal mit ei-
nem Vorgang aus den 90er-Jahren konfrontieren, aus der
Zeit, als Sie bereits Minister in Niedersachsen geworden
waren und ich selber nach meinem Studium noch in Göt-
tingen gewohnt habe. Ist es richtig, dass Sie am 16. Juli
1994 zu einer verbotenen Demonstration aufgerufen ha-
ben, bei der der mit 800 Personen besetzte so genannte
schwarze Block selbstverständlicher Teil des Demonstra-
tionszuges war, dass aus diesem schwarzen Block Steine,
Flaschen und Knallkörper geworfen worden sind, dass
mehrere Beamte daraufhin mit tiefen Fleischwunden im
Göttinger Klinikum behandelt werden mussten und dass
der Leiter der Göttinger Polizei, Otto Knoke, Ihnen da-
nach heftige Vorwürfe gemacht hat, weil Sie nicht nur zu
dieser nicht angemeldeten Demonstration aufgerufen,
sondern auch an ihr teilgenommen haben, und würden Sie
wenigstens sagen, dass Sie dieses Verhalten heute, nach-
dem Sie ein Regierungsamt innehaben, bedauern?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Sehr geehrter Herr von
Klaeden, wenn ich mich richtig erinnere,
handelte es sich um eine gemeinsame Demonstration, zu
der Mitglieder der Sozialdemokraten, der Partei der Grü-
nen und einer Reihe von Gewerkschaften aufgerufen ha-
ben, an der auch Autonome teilgenommen haben und bei
der es bedauerlicherweise zu strafbaren Handlungen ge-
kommen ist.
Die Unterstellung, jene Gewerkschafter, Sozialdemokra-
ten und Grünen, die sich für diese Demonstration einge-
setzt haben, die im Übrigen einen engen Zusammenhang
damit hatte, dass wir es zu dieser Zeit in Göttingen mit
dem Aufkommen eines äußerst gewalttätigen Rechtsradi-
kalismus zu tun hatten, würden diese illegalen Akte billi-
gen, muss ich hier in aller Deutlichkeit zurückweisen.
Zusatz-
frage des Kollegen Hohmann.
Herr Trittin, Sie ha-ben soeben gesagt, dass Sie nicht unmittelbar an Gewalt-akten beteiligt gewesen seien. Können Sie ausschließen,
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 200114210
dass die Agitation, die Sie im Kommunistischen Bund be-trieben haben, eine fast notwendige Vorstufe und Durch-gangsstufe zu terroristischen Anschlägen war,
wie sie dann von der RAF bzw. den Revolutionären Zel-len begangen worden sind, dass sie sozusagen das Mist-beet war, aus dem diese Giftpflanzen gesprossen sind?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Hohmann,ich glaube, die Wortwahl Ihrer Frage erübrigt jede Ant-wort.
Zusatz-
frage des Kollegen Gehrcke.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Minister, kommen
auch Sie bei diesen Fragen zu der Auffassung, es gehe im-
mer weniger um Aufklärung – ich meine nicht „Akten-
zeichen XY... ungelöst“ –, sondern immer mehr um Dif-
famierung und Denunziation? Unter Denunziation leidet
jedoch die Demokratie in diesem Lande. Können Sie ei-
nen solchen Eindruck verstehen?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Der Bundesregierung
drängt sich ein solcher Eindruck nachhaltig auf.
Ich rufe
die dringliche Frage 7 des Abgeordneten Eckart von
Klaeden auf:
Trifft der Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom
22. Januar 2001 zu, der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, habe während seiner Amts-
zeit als Bundesratsminister des damaligen niedersächsischen Mi-
nisterpräsidenten Gerhard Schröder im norddeutschen Regional-
fernsehen 1993 nicht ohne Stolz bekannt, dass er zu den wenigen
Standhaften im Allgemeinen Studierendenausschuss Göttingen
gehört habe, die sich selbst unter starkem öffentlichen Druck nicht
von dem so genannten „Mescalero“-Nachruf von 1977 distanziert
hätten?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege von Klaeden,
ich verweise auf die Antwort, die bereits zur Frage 5 ge-
geben worden ist.
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen von Klaeden.
Herr Minister
Trittin, ist die Darstellung, die Herr Professor Buback
über das Gespräch zwischen Ihnen beiden im Zug sowohl
in der Sendung „Sabine Christiansen“ als auch danach ge-
geben hat, falsch gewesen?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Herr Präsident, ich ver-
weise darauf, dass der Inhalt dieser Frage auf den Gegen-
stand der Frage 8 zielt.
Ich rufe
die dringliche Frage 8 des Kollegen von Klaeden auf, da-
mit Sie sie schon jetzt beantworten können:
Hat Bundesminister Trittin sich zwischenzeitlich von dieser
früheren Aussage öffentlich mit Bedauern distanziert und, wenn
nein, warum nicht?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Ich wollte nur um die Er-
laubnis bitten.
Herr Professor Buback hat das knappe Gespräch mit
mir unvollständig wiedergegeben. Ich habe ihn deshalb
unmittelbar nach der Sendung am Sonntag angerufen. Ich
habe ihn am Sonntagnachmittag im ICE nach Berlin zwei-
mal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich mir den
Aufsatz eines Göttinger Studenten aus dem Jahre 1977
„Buback – ein Nachruf“ nicht zu Eigen gemacht habe. Der
Mord an dem Generalbundesanwalt Buback gehört zu den
schlimmsten Verbrechen, die der Terrorismus in den 70er-
Jahren begangen hat.
Den davon betroffenen Angehörigen gilt mein Mitgefühl.
Dies habe ich in einem Telefonat mit Herrn Buback zum
Ausdruck gebracht.
Sollte aus dem nicht einmal zweiminütigen Gespräch
beim Platznehmen bei Herrn Buback – ein für mich bis
dahin Unbekannter – ein anderer Eindruck entstanden
sein, so bedauere ich dies ausdrücklich. Ich habe ihm an-
geboten, über alle Fragen gemeinsam ein ausführliches
Gespräch zu führen. Ich freue mich, dass er sich hierzu be-
reit erklärt hat.
Da Sie da-mit die Frage 8 mit beantwortet haben, stehen Herrn vonKlaeden drei Zusatzfragen zu. Bitte schön, Herr vonKlaeden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Martin Hohmann14211
Ich habe nur die
Frage, Herr Minister, ob Sie bereit sind, zur Kenntnis zu
nehmen, dass sich die Antwort, die Sie gegeben haben,
nicht auf meine Frage 8 bezog, weil die Frage 8 auf Ihr
heutiges Verhältnis zum „Mescalero“-Nachruf zielte und
nicht darauf, wie das Gespräch im ICE abgelaufen ist?
Können Sie lesen?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Ich kann lesen und auch
hören. Von daher verweise ich Sie auf die eben erfolgte
Antwort über den Ablauf des Gesprächs im ICE um
16.02 Uhr von Göttingen nach Berlin.
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Fromme.
Herr Trittin,
wie bewerten Sie die Kommentierung des Vorgangs durch
den niedersächsischen „Rundblick“: „Wer Trittin kennt,
weiß, dass Herr Buback Recht hat“?
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, der leitende
Redakteur des „Rundblicks“ ist mir seit längerem be-
kannt. Ich verweise darauf, dass es der Bundesregierung
fern liegt, Presseveröffentlichungen zu kommentieren.
Da Sie aber offensichtlich sehr nachdrücklich über Ge-
walt und Politik nachdenken, will ich Ihnen bei dieser Ge-
legenheit etwas mit auf den Weg geben. Ich rate Ihnen:
Schauen Sie sich einmal die Homepage der Jungen Union
an. Dort findet sich unter dem Link „Kult: JU-Online-
Spiel Schwarzwild“ der Verweis auf ein Spiel, das man
herunterladen kann.
Wenn man mit diesem Spiel beginnt, fliegt erst das be-
kannte Moorhuhn über den Bildschirm und wird abge-
schossen. Dann singt Roberto Blanco, um schließlich der
Vorsitzenden Ihrer Organisation das Wort zu erteilen, die
dann eine Einführung zu diesem Spiel gibt. Bei diesem
Spiel geht es darum, dass man mit einem Holzhammer auf
vor dem Tor des Reichstages aus der Erde wachsende Po-
litikerportraits schlägt, damit sie wieder in der Erde ver-
sinken. Wenn man einen solchen Politiker trifft, stößt er
einen Schmerzensschrei aus und verschwindet. Nun ist
die Art und Weise interessant, in der die Junge Union
diese Treffer belohnt: Trifft man einen Unionsabgeordne-
ten, gibt es Punktabzug; trifft man ein Mitglied der Bun-
desregierung oder der Koalition, gibt es ein Vielfaches an
Pluspunkten. Trifft man meine Person, gibt es die Höchst-
zahl von 1 000 Punkten. Meine Damen und Herren, ich
finde dieses Spiel nur mittelmäßig komisch.
Spielt man dieses Spiel weiter, landet man in einem vir-
tuellen Reichstag, wo an einer Tür mein Name steht und
daneben ein schwarzes Kreuz an die Wand gemalt ist. Auf
eine weitere Möglichkeit des Spiels weist Frau Hildegard
Müller ausdrücklich hin: Dieses Spiel geht nach Muster
des Moorhuhnschießens: Man bewegt mit dem Cursor
eine Kanzlerpuppe und muss versuchen, auftauchende Fi-
guren meiner Person zu treffen. Schafft man es mit dem
Mauscursor in Gestalt des Kanzlers, in die Nähe des
Kopfes des Umweltministers zu kommen und klickt, dann
tritt der Bundeskanzler den Bundesumweltminister,
wofür der Spieler 200 Punkte gutgeschrieben bekommt.
Meine Damen und Herren, wenn das Ihre Vorstellung
von Gewaltfreiheit in der Politik ist, dann haben Sie sich
hier in einem Maße philisterhaft aufgeführt, das schlicht
und ergreifend unerträglich ist.
Zusatz-
frage, Kollege Barthle.
Herr BundesministerTrittin, Sie haben vor wenigen Minuten auf die Frage, obSie den Verfasser des unsäglichen „Mescalero“-Artikelskennen, klar und deutlich mit Nein geantwortet. In der Be-antwortung der Frage des Kollegen von Klaeden habenSie soeben gesagt, dass dieser Artikel von einem Göttin-ger Studenten stamme.
Auf welche Erkenntnisse gründen Sie die Behauptung,dass der Verfasser dieses Artikels ein Göttinger Studentwar?Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit: Das kann ich nicht mit letz-ter Gewissheit sagen. Tatsache ist aber, dass die damalige„Bewegung Undogmatischer Frühling“, die Mitglied desAStA war, erklärt hat, dieser Artikel sei aus ihren Reihengekommen. Die Mitglieder der „Bewegung Undogmati-scher Frühling“ setzten sich aus Studierenden der Georg-August-Universität zu Göttingen zusammen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 200114212
Wir sind
damit am Ende der Beantwortung der dringlichen Fragen.
Wir kommen nun zu den weiteren Fragen, zunächst
zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Um-
welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Frage 1 des
Abgeordneten Hinsken soll schriftlich beantwortet wer-
den.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums des Innern. Zur Beantwortung der Frage
steht der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf
Körper zur Verfügung. – Ich höre nun, dass auch die
Frage 2 des Abgeordneten Girisch schriftlich beantwortet
werden soll. Herr Körper, ich danke Ihnen für Ihre Anwe-
senheit.
Auch die Frage 3 des Abgeordneten Zierer aus dem Ge-
schäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz soll
schriftlich beantwortet werden.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Wirtschaft und Technologie auf. Zur Be-
antwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staats-
sekretärin Margareta Wolf zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 4 des Abgeordneten Klaus Hofbauer
auf:
Ist der Bundesregierung die Studie, die von der UniversitätHamburg in Zusammenarbeit mit dem Unternehmens- und Ar-beitgeberverband AGA erstellt wurde, bekannt, in der aufgezeigtwird, dass kleine und mittelständische Unternehmen bei der Ver-gabe von Krediten durch Banken und Sparkassen benachteiligtwerden?
M
Herr Präsident,
ich möchte die Fragen 4 und 5 zusammen beantworten,
wenn Sie erlauben.
Dann rufe
ich auch die Frage 5 des Abgeordneten Klaus Hofbauer
auf:
Wenn ja, welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, umim Bereich der Kreditpolitik günstige Voraussetzungen zu schaf-fen, damit gerade die kleinen und mittleren Unternehmen, die jadie Masse der Ausbildungsplätze in der Bundesrepublik Deutsch-land stellen, die Finanzmittel von Banken und Sparkassen erhal-ten, die für erfolgreiche Geschäftsabläufe notwendig sind?
M
Herr Kollege
Hofbauer, in der Presse hat es Meldungen über eine vom
Institut von Professor Dr. Hansmann von der Universität
Hamburg erstellte Studie gegeben, die auf einer Vorab-
präsentation durch die AGA beruhen. Diese Präsentation
ist der Bundesregierung bekannt. Die Studie selbst ist aber
noch nicht abgeschlossen. Soweit bereits Ergebnisse in
der Präsentation veröffentlicht wurden, bieten sie keine
Überraschungen. Sie zeigen insbesondere einen deutli-
chen Zusammenhang zwischen einer rückläufigen Ge-
winnentwicklung und einer abnehmenden Bereitschaft
zur Kreditvergabe, aber auch eine Abhängigkeit von der
Unternehmensgröße und der Finanzierungsbereitschaft.
Weil sich Veränderungen in der Finanzierungsland-
schaft bereits seit längerem abzeichnen und nicht erst
durch die oben genannte Studie entdeckt wurden, hat das
Bundeswirtschaftsministerium bereits im letzten Frühjahr
eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit der Sicherstel-
lung der Finanzierung des Mittelstandes befasst. Die dabei
erreichte gemeinsame Erklärung des Bundeswirtschafts-
ministeriums, der Kreditwirtschaft und der Förderbanken
wurde im letzten November präsentiert. Die gemeinsame
Erklärung wurde sowohl von den öffentlich-rechtlichen
Banken als auch von den privaten Banken unterzeichnet.
Alle Gruppen erklären darin ihr ausdrückliches Interesse
an einer gesicherten Mittelstandsfinanzierung.
Zudem sind in der Erklärung – die wir Ihnen gerne
übersenden – eine ganze Reihe von Maßnahmen genannt,
die für die Sicherstellung der Finanzierung mittelständi-
scher Unternehmen eine Rolle spielen. Die Arbeitsgruppe
wird über deren Umsetzung weiter beraten und in ihrer
künftigen Arbeit auch die Ergebnisse der in wenigen Wo-
chen vorliegenden Hamburger Studie mit einbeziehen.
Eine Zu-
satzfrage, Herr Kollege Hofbauer?
Frau Staatssekretärin,
es ist eine Tatsache – Sie geben das ja auch zu –, dass hin-
sichtlich der Kreditvergabe für den Mittelstand gewisse
Probleme auftreten. Diese Probleme sind seit einiger Zeit
bekannt. Welche konkreten Schritte – Sie können ja nicht
warten, bis die Dinge von selbst gelöst sind – sind von
Ihrem Ministerium bereits eingeleitet worden, um die Si-
tuation beim Mittelstand zu verbessern? Ihre Aufgabe be-
steht ja gerade darin, dem Mittelstand in besonderem
Maße zu helfen.
Herr Präsident, ich möchte gerne noch eine zweite
Frage anhängen.
Sie haben
das Recht, zwei Zusatzfragen zu stellen. Sie können sie
auch zusammen stellen.
Meine zweite Frage:
Frau Staatssekretärin, sehen Sie gewisse Probleme, wenn
es für die Banken darum geht, Immobilien zu bewerten
bzw. Immobilien als Grundlage für die Gewährung von
Darlehen einzubeziehen? Denn die Bewertung von Im-
mobilien nimmt immer mehr ab. Dadurch entstehen
natürlich Probleme, insbesondere wenn es darum geht,
Darlehen für Investitionen zu erhalten.
M
Herr KollegeHofbauer, die Bundesregierung ist für dieses Thema seitlangem hoch sensibilisiert. Das Problem ist der Bundesre-gierung bekannt; sie ist von den öffentlich-rechtlichenSparkassen und den Raiffeisenbanken darauf aufmerksamgemacht worden, dass sich die Privatbanken zunehmendaus der Kreditvergabe und der Weiterleitung von För-dermitteln zurückgezogen haben. Gerade vor diesem Hin-tergrund bedarf es, auch seitens der Opposition, einerentsprechenden Würdigung, dass die Bundesregierung
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001 14213
zusammen mit allen Instituten – explizit dem Bundes-verband deutscher Banken und den öffentlich-rechtlichenSparkassen – eine gemeinsame Erklärung zu diesemThema unterschrieben und diese auch publiziert hat. Ichglaube, dass man mit dieser Erklärung den Bankenver-band und die öffentlich-rechtlichen Sparkassen zu einerArt Selbstverpflichtung veranlasst hat. Ich halte dies vonmeiner Seite für absolut unterstützenswert.Sie haben mit dem gesamten Komplex Basel II und dendarin angelegten Rating-Verfahren einen weiteren Punktangesprochen, den die Bundesregierung mitnichten un-terschätzt. Die Bundesregierung sorgt dafür, auch in Zu-sammenarbeit mit der Generaldirektion Binnenmarkt derEuropäischen Kommission, dass die kleineren und mitt-leren Institute, ausdrücklich auch die Sparkassen, keinengrößeren Unsicherheiten als die Großbanken ausgesetztwerden. Die Bundesregierung setzt sich auf EU-Ebene,setzt sich beim Basler Abkommen ganz maßgeblich fürdie Interessen der kleineren und mittleren Unternehmenein.Zu Ihrer Frage der Absicherung via Immobilien: Mirpersönlich ist bekannt, dass Immobilien keine Garantiefür Kreditgewährung bieten, zumindest bei den Großban-ken die Kreditvergabe nicht erleichtern, aber man geradebei den Raiffeisenbanken und Sparkassen sehr geneigt ist,diese als Sicherung anzuerkennen. Unser Haus führt Ge-spräche mit dem Bundesverband deutscher Banken, mitdem Sparkassen- und Giroverband und auf EU-Ebene. Ichdenke, dass wir auf einem guten Wege sind. Wir alle wis-sen, dass wir einen stark mit Eigen- und Fremdkapitalausgestatteten Mittelstand brauchen. Das ist auch einGrund, warum sich das Bundeswirtschaftsministeriumsehr darum bemüht, dass die Deutsche AusgleichsbankBeraterbank des Bundes und Ansprechbank für den deut-schen Mittelstand wird.
Vielen
Dank, Frau Staatssekretärin.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft. Zur Beantwortung steht der Parlamen-
tarische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim zur Verfü-
gung.
Ich rufe die Frage 6 der Kollegin Gudrun Kopp auf:
Welche haftungsrechtlichen Konsequenzen und Staatshaftungs-
ansprüche ergeben sich für die Bundesregierung aus der BSE-
Krise, unter anderem wegen eigener Versäumnisse und eines man-
gelhaften Krisenmanagements?
Dr
Herr Präsident! Die Frage von Kollegin
Gudrun Kopp beantworte ich wie folgt: Die Bundesregie-
rung hat aus der BSE-Krise politische Konsequenzen ge-
zogen. Sowohl das Bundesministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten als auch das Bundes-
ministerium für Gesundheit sind personell und adminis-
trativ neu organisiert worden. Anknüpfungspunkte für
haftungsrechtliche Konsequenzen, also Schadensersatz-
oder Entschädigungsansprüche gegen die Bundesrepublik
Deutschland, sind aus der Sicht der Bundesregierung
nicht gegeben.
Zusatz-
frage, Frau Kopp?
Herr Staatssekretär, es ist rich-
tig: Es sind personelle und organisatorische Konsequen-
zen gezogen worden. Die Frage 6 bezieht sich aber darauf,
ob auch intern aufgearbeitet wurde, welche Versäumnisse
es in der Vergangenheit gegeben hat, und ob daraus Land-
wirte und möglicherweise Erkrankte – das möge hoffent-
lich niemals passieren – rechtlich einen Kausalzusam-
menhang mit späteren Haftungsansprüchen gegenüber
dem Staat herstellen können. Es wundert mich, dass Sie
das so kategorisch ausschließen. Ich frage noch einmal:
Ist intern und auch inhaltlich aufbereitet worden, welche
Fehlentscheidungen und Versäumnisse es gegeben hat?
Dr
Frau Kollegin Kopp, zur Beantwortung
dieser Frage müssen wir ins Detail gehen und das Wissen
über BSE mit in Rechnung stellen. Der Bundesregierung
und dem Gesetzgeber ist ebenfalls vorzuwerfen, dass
nicht früher als im November bzw. Anfang Dezember ein
generelles Verfütterungsverbot für Tiermehl beschlossen
wurde. Insofern haben sowohl die Bundesministerin
Andrea Fischer als auch der Bundesminister Karl-Heinz
Funke die Verantwortung für diese Fehleinschätzung mit
übernommen.
Wenn wir jetzt aber unter dem Gesichtspunkt haf-
tungsrechtlicher Fragen das aktuelle BSE-Geschehen an-
schauen, dann kommen wir zum Schluss, dass aufgrund
der langen Inkubationszeit das aktuelle Tiermehlverfütte-
rungsverbot eine eher vorsorgende Entscheidung ist. Die
Tiere, die jetzt befallen sind, wurden um das Jahr 1995
geboren. Es liegt nahe, dass mit infiziertem Tiermehl ver-
mischtes Futter, das kurz nach der Geburt verfüttert
wurde, der Ausgangspunkt für die aktuellen Erkran-
kungen ist. Insofern ist nicht die jetzige Bundesregierung
der Adressat von Haftungsansprüchen, sondern es geht
um Entscheidungen, die früher gefallen sind.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass gerade die
Überprüfung der Einhaltung des Verfütterungsverbotes
von Tiermehl an Wiederkäuer zu 100 Prozent den Län-
dern obliegt und am ehesten die Frage zu stellen ist, ob
sich gegenüber diesen aufgrund mangelhafter Kontrolle
hinsichtlich des Verfütterungsverbotes von Tiermehl an
Wiederkäuer haftungsrechtliche Ansprüche ergeben.
Eine wei-
tere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Kopp.
Ist es richtig, Herr Staatsse-kretär, dass die Entschädigungszahlungen, die die Land-wirte demnächst erhalten werden, fernab von möglichenSchadensersatzforderungen zu sehen sind, die in der Zu-kunft von Landwirten gegenüber der Bundesregierung
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Parl. Staatssekretärin Margareta Wolf14214
gestellt werden könnten? Heißt das also, dass Sie internein – ich nenne es einmal so – Rechtsgutachten erstellt ha-ben und nach wie vor der Meinung sind, sich auf rechtlichsicherem Boden zu befinden?Dr
Mir ist nicht bekannt, dass die Bundesre-
gierung beabsichtigt, Entschädigungszahlungen an Land-
wirte zu leisten. Mir ist lediglich bekannt, dass aufgrund
des Verfütterungsverbots, das der Gesetzgeber Anfang
Dezember beschlossen hat und als dessen Folge Härten
für die Landwirte eintreten können, gemeinsam mit den
Ländern, mit den Gebietskörperschaften im politischen
Raum darüber diskutiert wird, eine Hilfestellung zu leis-
ten, aber keineswegs darüber, für Entschädigungsfor-
derungen einzutreten.
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Nolting.
Herr Staatsse-
kretär, ist der Bundesregierung bekannt, welche Kosten
aus der Tierkörperbeseitigung auf die Kreise zukommen,
und ist die Bundesregierung bereit, die Kreise von diesen
Kosten zu entlasten?
Dr
Die Bundesregierung ist nicht bereit, die
Kreise von den Kosten zu entlasten. Ich habe eben auf die
Zusatzfrage der Kollegin Kopp geantwortet, dass gegen-
wärtig sowohl die Kosten für die Entsorgung als auch der
Warenwert, der am Ende durch die Verbrennung verloren
geht, erfasst werden. Entsorgungskosten und Warenwert
dürften sich zusammen auf mehr als 100 Millionen DM
belaufen. Über die Übernahme der Kosten wird gegen-
wärtig mit den Ländern und später mit den übrigen Ge-
bietskörperschaften diskutiert.
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Scherhag.
Herr Staatssekre-
tär, hat die Bundesregierung im Zusammenhang mit der
Frage einer Entschädigung, die eventuell gefordert wird,
auch darüber nachgedacht, wie die Einbußen bei den Flei-
schereien im Zuge der BSE-Krise gedeckt werden können
und wie möglicherweise bei Verlust von Arbeitsplätzen
Hilfe geleistet werden kann?
Dr
Über eine Entschädigung und Hilfeleis-
tung anlässlich der möglichen Arbeitsplatzverluste in der
Fleischbranche, im Bereich der Schlachthöfe und bei den
Metzgern, ist noch nicht diskutiert und noch keine Ent-
scheidung getroffen worden.
Eine wei-
tere Zusatzfrage des Kollegen Heiderich.
Herr Staatssekretär,
ist der Bundesregierung bekannt, in welcher Größenord-
nung Kosten anfallen, insbesondere bei den Landwirten,
und wann gedenkt die Bundesregierung Maßnahmen zu
ergreifen, damit sich nicht die gesamte Belastung bei der
Landwirtschaft niederschlägt?
Dr
Ich habe soeben ausgeführt, dass es der-
zeit nur eine konkrete – oder, um exakt zu formulieren,
konkretere – Erhebung der Entsorgungskosten gibt, auch
was das nicht mehr brauchbare, mit Tiermehl versetzte
Kraftfutter angeht.
Die übrigen Kosten im gesamten Wirtschaftsbereich
– sowohl für die Erzeuger, also in der Landwirtschaft, als
auch für den weiterverarbeitenden Bereich – sind schwer
zu beziffern, zumal sie davon abhängen, in welchem Um-
fang die von der Bundesregierung eingeleiteten Maßnah-
men zur Sicherheit greifen werden, das heißt in welchem
Umfang sich die Verbraucher auch wieder stärker dem
Konsum von Rindfleisch zuwenden.
Damit
kommen wir zur Frage 7 der Frau Kollegin Kopp:
Welche konkreten Veränderungen beabsichtigt die Bundesre-
gierung, um dem Verbraucherschutz in dem neuen Ministerium
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft einen
höheren Stellenwert einzuräumen, und wann will die Bundesre-
gierung das Parlament im Detail darüber informieren?
Dr
Frau Kollegin Kopp, der Bundeskanzlerhat eine neue Gewichtung in den Aufgaben und Kompe-tenzen von drei Ministerien vorgenommen: Das bisherigeLandwirtschaftsministerium wird zu einem Ministeriumfür Verbraucherschutz, Ernährung – mit dem Schwer-punkt Lebensmittelsicherheit – und Landwirtschaft um-gebaut.Zu diesem Zweck werden aus dem Bundesgesund-heitsministerium die Zuständigkeiten für Verbraucherschutzund Veterinärmedizin sowie aus dem Bundesministeriumfür Wirtschaft die Zuständigkeit für Verbraucherpolitik,einschließlich Stiftung Warentest, in einem Bundesminis-terium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-schaft, BMVEL, zusammengeführt. Gleichzeitig wird dasBundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutzund Veterinärmedizin in den Geschäftsbereich des BMVELverlagert.Darüber hinaus sind im Zuständigkeitsbereich des bis-herigen Landwirtschaftsministeriums neue Prioritäten füreine artgerechte, naturnahe und umweltschonende Land-wirtschaft zu setzen. An dem Vollzug dieser Entscheidungwird zurzeit innerhalb der Bundesregierung gearbeitet.Sobald das Ergebnis vorliegt, wird das Parlament darüberinformiert.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Gudrun Kopp14215
Mit dieser Entscheidung hat die Bundesregierung aufihrer Ebene einen wichtigen Schritt zur Bündelung derKompetenzen und zur Stärkung des Verbraucherschutzesgetan. Für die Zukunft müssen aber auch die Reibungs-verluste und Defizite in der Zusammenarbeit zwischender Europäischen Union, dem Bund und den Ländernbeseitigt werden. Hierzu wird die vom Bundeskanzlerbeauftragte Präsidentin des Bundesrechnungshofes,Frau Dr. von Wedel, ihre Schwachstellenanalyse fortset-zen.
Zusatz-
frage, Frau Kopp.
Herr Staatssekretär, ist die
Bundesregierung wirklich der Meinung, dass diese Auf-
teilung, die im Übrigen für viele noch sehr schwammig
ist, einem umfassenden Verbraucherschutz überhaupt die-
nen kann? Es gibt ja auch noch Verbraucherfragen jenseits
der BSE-Problematik. Von daher ist zu fragen: Ist die
Bundesregierung der Ansicht, dass die parlamentarische
Begleitung der Arbeit ausreicht – der bestehende Aus-
schuss setzt sich derzeit in erster Linie aus Agrariern zu-
sammen –, um das Miteinander zum Thema Verbraucher-
schutz – ich nenne einmal das Beispiel Stiftung Warentest –
in diesem neuen Ministerium zu gewährleisten und dem
Verbraucherschutz umfassende Zuwendung und Bedeu-
tung zukommen zu lassen?
Dr
Frau Kopp, sofern hier meine persönliche
Meinung gefragt ist, halte ich es für die richtige Entschei-
dung, alle Fragen des Verbraucherschutzes zusammenzu-
führen. Es ist im Übrigen eine Entscheidung des Bundes-
kanzlers, die an der Stelle von mir nicht kommentiert
werden muss, die aber auf alle Fälle richtig ist.
Die Frage, ob der Deutsche Bundestag in der Zukunft
bei der Ausschusszusammensetzung eine Teilung vor-
nimmt, ist vonseiten der Bundesregierung nicht zu be-
werten. Es wäre aber wenig hilfreich, wenn die Tatsache,
dass wir die bislang getrennten Kompetenzen in einem
Ministerium zusammenführen, am Ende keinen Nieder-
schlag in der Ausschusszusammensetzung finden würde.
Im Gegenteil: Es wäre sicher richtig, wenn letztendlich
alle Fragen des Verbraucherschutzes in einem gemein-
samen Ausschuss gemeinsam diskutiert würden. Es ob-
liegt im Übrigen den Fraktionen, die Zusammensetzung
des Ausschusses in eigener Verantwortung zu bestim-
men – soviel zu Ihrem Querverweis zu den Agrariern.
Eine wei-
tere Zusatzfrage, Frau Kopp.
Wenn ich den neuen Organi-
sationszuschnitt in dem Landwirtschafts- und Verbrau-
cherministerium ernst nehme, dann frage ich mich:
Weshalb hat das Thema Ladenschluss – ein typisches
Verbraucherthema – die neue Staatssekretärin Wolf auf-
gegriffen und mit Vorschlägen versehen? Ist denn die neue
Aufteilung auch dem Wirtschaftsministerium bekannt?
Dr
Ich habe in den zehn Jahren meiner Zu-
gehörigkeit zum Deutschen Bundestag gelernt, dass das
Thema Ladenschluss zum großen Teil ein Thema der Mit-
telstandspolitik ist. Ich denke nur an die Debattenbeiträge
meines Vorgängers im Amt, Ernst Hinsken, der genau
diese mittelstandsrelevanten Fragen zum Thema gemacht
hat.
Insofern vermag ich den Hintergrund Ihrer Frage an der
Stelle nicht zu erkennen.
Wenn mir eine weitere Bemerkung erlaubt ist, möchte
ich sagen: Den Aspekten zum Verbraucherschutz, die in
Ihren Fragen vorhin anklangen, werden wir durch ganz
entscheidende Maßnahmen Nachdruck verleihen, sodass
sich in Zukunft nicht mehr die Frage stellen wird, ob der
Verbraucherschutz in dem neuen Ministerium richtig an-
gesiedelt ist.
Zusatz-
frage, Kollege Scherhag.
Herr Staatssekre-
tär, ist der Bundesregierung klar, dass zum Beispiel Fra-
gen im Zusammenhang mit TÜV-Prüfungen für Produkte
in Zukunft von diesem Ministerium bearbeitet werden
müssen, wenn der Verbraucherschutz insgesamt dort
angesiedelt wird, was im Grunde genommen das Wirt-
schaftsministerium überflüssig macht?
Dr
Das Wirtschaftsministerium wird da-
durch natürlich nicht überflüssig. Der Bundesministerin
Künast ist selbstverständlich klar, wie breit der Ge-
schäftsbereich ihres Ministeriums in der Zukunft sein
wird. Ich gehe davon aus, dass sie sich den anderen Be-
reichen mit dem gleichen Nachdruck zuwenden wird, mit
dem sie sich in den ersten Tagen ihrer Amtszeit für die Lö-
sung der Probleme bezüglich der Lebensmittelsicherheit
und des Verbraucherschutzes eingesetzt hat.
Zusatz-
frage des Kollegen Heiderich.
Herr Staatssekretär,werden sich neben den von Ihnen eben beschriebenenVeränderungen in den Aufgaben der Ministerin auch Ver-änderungen bei den verschiedenen Bundesbehörden erge-ben? Wenn ja: Bei welchen Bundesbehörden wird derAufgabenbereich neu zugeschnitten?
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Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim14216
Dr
Ich habe schon eben in meiner Antwort
ausgeführt, dass das Bundesinstitut für gesundheitlichen
Verbraucherschutz und Veterinärmedizin in den Geschäfts-
bereich des BMVEL verlagert wird.
Vielen
Dank, Herr Staatssekretär.
Die Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für Arbeit und Sozialordnung, das sind die Fragen 8
und 9, werden schriftlich beantwortet. Ich bedanke mich
bei Ihnen, Herr Staatssekretär Andres, dass Sie trotzdem
anwesend waren.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Zur
Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin
Angelika Mertens zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 10 des Abgeordneten Helmut
Heiderich auf:
Wann wird die Bundesregierung die bereits 1998 fest einge-
planten und 1999 vom damaligen Parlamentarischen Staatssekre-
tär beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen,
Siegfried Scheffler, fest zugesagten Investitionszuschüsse von
circa 35 Millionen DM für die Modernisierung des Rangierbahn-
hofs Bebra als einer von circa 12 bis 14 überregionalen Zugbil-
dungsanlagen freigeben und wann können dann die ersten Bau-
maßnahmen zur Zukunftssicherung von etwa 560 Arbeitsplätzen
am Cargo-Bahnhof Bebra ausgeschrieben und an möglichst hei-
mische Betriebe vergeben werden?
A
Herr
Kollege Heiderich, das „Gesamtkonzept für die Moderni-
sierung der Zugbildungsanlagen“ der Deutschen Bahn
AG sieht Modernisierungsmaßnahmen in insgesamt
18 Zugbildungsanlagen, darunter auch in Bebra, vor. Die
in Abstimmung mit der DB AG im Investitionsprogramm
1999 bis 2002 für das Modernisierungsprogramm „Zug-
bildungsanlagen“ vorgesehenen Mittel reichen jedoch
nicht aus, die Modernisierungsmaßnahmen an allen Stand-
orten im Zeitraum bis 2002 mit Bundesmitteln zu finan-
zieren.
Im Investitionsprogramm Schiene stehen – in Abstim-
mung mit der DB AG – für das Modernisierungspro-
gramm Zugbildungsanlagen und für das Vorhaben kom-
binierter Ladungsverkehr, abgekürzt KLV, in der ersten
und zweiten Stufe insgesamt 317 Millionen DM zur Ver-
fügung. Das hat zur Folge, dass lediglich ein Teil des
ursprünglich von der DB AG mit 676,6 Millionen DM
veranschlagten Modernisierungsprogramms mit Bundes-
mitteln im Zeitraum 1999 bis 2002 realisiert werden kann.
In Anbetracht der bis zum Jahre 2002 nur begrenzt zur
Verfügung stehenden Bundesmittel hat die DB AG für die
zu modernisierenden Zugbildungsanlagen unter betriebs-
wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Prioritätenreihung
festgelegt und für die fünf vordringlichsten Vorhaben des
Modernisierungsprogramms einen Finanzierungsantrag
gestellt, der ein Gesamtinvestitionsvolumen von 211,7Mil-
lionen DM im Investitionszeitraum 1999 bis 2004 um-
fasst. Der restliche Betrag ist für den kombinierten La-
dungsverkehr vorgesehen.
In der beantragten Finanzierungsvereinbarung für die
erste Realisierungsstufe des Modernisierungsprogramms
ist der Zugbildungsbahnhof Bebra nicht enthalten. Dies
bedeutet aber lediglich, dass das Vorhaben derzeit noch
nicht zur Realisierung ansteht.
Aus diesem Grunde, aber auch im Hinblick darauf,
dass die DB AG als Eigentümer, als Bauherr und als Vor-
habenträger über die Vergabe der Bauleistung und damit
auch über den Baubeginn ihrer Vorhaben in eigener
unternehmerischer Verantwortung entscheidet, können
seitens der Bundesregierung sowohl zur Frage des Be-
ginns der ersten Baumaßnahmen in Bebra als auch zur
Frage, an welche Betriebe die DB AG die Bauaufträge
vergibt, keine Angaben gemacht werden. Eine Einfluss-
nahme des Bundes auf diese Prozesse verbietet das Akti-
enrecht.
Herr Kol-
lege Heiderich, Zusatzfragen?
Frau Staatssekre-
tärin, sind Sie denn in der Lage, mir zu erklären, warum,
wie in meiner Frage vorgetragen, der Stand in den Jahren
1998 und 1999 ein völlig anderer war, als Mittel für den
Bahnhof Bebra bereits fest eingeplant und zugesagt wa-
ren und Ihre Bundesregierung öffentlich erklärt hat, dass
diese Mittel spätestens am Ende des Jahres 1999 investiert
werden sollen? Welchen Anlass und welche Gründe hat es
gegeben, dass die Bundesregierung von dieser Planung so
eklatant, wie Sie eben vorgetragen haben, abgewichen ist?
A
Siemöchten, glaube ich, jetzt gerne detailliert hören, was derdamalige Staatssekretär gesagt hat.
Der damalige Staatssekretär hat gesagt, es sollten in Bebra35,4 Millionen DM investiert werden. Er hat damals aberauch gesagt, realistisch gesehen komme die Investition indem laufenden Jahr, also 1999, nicht mehr infrage. DieZeitung kommentiert übrigens, man könne keine Antwortdazu geben, wie innerhalb kürzester Zeit 35,4 MillionenDM verbaut werden sollen.Sie wissen, dass sich die DBAG zurzeit in einem Pro-zess befindet, in dessen Zuge man sich besonders die Fi-nanzlage anschaut. Man könnte salopp sagen: Der Vor-standsvorsitzende möchte gerne auf den Boden desTopfes gucken. Sie werden verstehen, dass angesichts die-ser Tatsache keine Investitionen getätigt werden, die nichtin das Konzept der DB AG passen. Sie hat sich entschie-den, sich den Bereich der Zugbildungsanlagen noch ein-mal anzuschauen, und aus unternehmerischer Einsichtbeschlossen, Bebra nicht in die Prioritätenliste aufzuneh-men.
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Weitere
Zusatzfrage, Herr Kollege Heiderich?
Frau Staatssekre-
tärin, diese Äußerung hat ja nicht nur Ihr damaliger Kol-
lege getroffen, sondern ist mehrfach auch in der Presse als
Äußerung von Abgeordneten der heutigen Regierungs-
fraktion veröffentlicht worden. Was hat denn die Bundes-
regierung bewogen, diese feste Zusage zurücknehmen
und von der Einreihung des Bahnhofs Bebra in den
Investitionskatalog an vorderer Stelle – ich glaube, es war
damals Platz 3 in der Investitionsrangliste –, was sogar
bereits öffentlich erklärt wurde, in der Form abzuweichen,
dass Sie jetzt sagen, Bebra tauche in der gesamten Inves-
titionsplanung nicht mehr auf? Dass die Bahn AG heute
neue Bedingungen stellt und Finanzprobleme hat, war ja
zur damaligen Zeit nicht bekannt.
A
Wir
müssen unterscheiden, was einerseits die Bundesregie-
rung und andererseits die DB AG gemacht hat. Das sind
zwei verschiedene Prozesse, die aber in diesem Falle zu-
sammengekommen sind.
Nach der Veranstaltung mit dem damaligen Staatsse-
kretär wurde im Zuge der notwendigen Haushaltskonso-
lidierung – übrigens auch der Erarbeitung des Investi-
tionsprogramms 1999 bis 2001, der Überprüfung des
Bundesverkehrswegeplans und der Umsetzung der Stra-
tegie Netz 21 – erkennbar, dass sich die notwendige Fest-
legung der Maßnahmen und deren Prioritätenreihung
auch auf den Realisierungszeitraum der gesamten Moder-
nisierungsmaßnahme Zugbildungsanlagen und somit
auch auf deren Teilprojekte – hierzu gehört der Rangier-
bahnhof Bebra – auswirken könnte. Das ist so geschehen.
Damit
kommen wir zur Frage 11 des Kollegen Heiderich:
Hat die jetzige Bundesregierung in ihrer Amtszeit Vereinba-rungen mit der Deutschen Bahn AG getroffen bzw. entsprechendeGespräche geführt, die zu einer Verringerung der Anzahl oder Be-deutung der bisher vorgesehenen 12 bis 14 überregionalen Zug-bildungsanlagen führen werden, und welche Rolle wird bei der In-vestitionsentscheidung für die zukünftigen Standorte der heutigeStand der Technik und die heutige Wirtschaftlichkeit des jeweili-gen Rangierbahnhofs spielen?
A
Die
jetzige Bundesregierung hat mit der Deutschen Bahn AG
weder Vereinbarungen getroffen noch Gespräche geführt,
die zu einer Verringerung der Anzahl oder Bedeutung der
im Gesamtkonzept der Deutschen Bahn AG für die
Modernisierung der Zugbildungsanlagen vorgesehe-
nen 18 Zugbildungsanlagen führen werden. Welche Ran-
gierbahnhöfe in das Modernisierungsprogramm auf-
genommen worden sind, hat die DB AG in eigener
unternehmerischer Verantwortung entschieden.
Aus haushaltsrechtlichen Gründen muss sich die Investi-
tionsentscheidung des Bundes am Ergebnis der von der
DB AG vorgelegten bzw. vorzulegenden Wirt-
schaftlichkeitsrechnung orientieren.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zu einer Zusatzfrage,
bitte, Herr Kollege Heiderich.
Frau Staatssekre-
tärin, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann haben
Sie mit Ihren Ausführungen und mit den Hinweisen auf
die finanzielle Lage der BahnAG auch deutlich gemacht,
dass es nach dem Jahr 2004 für den Ausbau dieses Ran-
gierbahnhofes bisher keine erkennbaren Möglichkeiten
gibt.
A
Das
kann ich weder bestätigen noch dementieren. Sie wissen,
dass das eine hohe Priorität hat, weil damit Ernst gemacht
werden kann, einen Teil des Verkehrs von der Straße auf
die Schiene zu verlagern. Wir sind sicherlich beide der
Meinung, dass in diesem Bereich alles getan werden
muss. Aber ich kann Ihnen nicht bestätigen, wann es ge-
tan wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ihre zweite Frage,
bitte, Herr Kollege.
Ich darf auf das Ar-
gument zurückkommen, das man vonseiten der DB AG
heute hört, nämlich dass man vordringlich diejenigen
Rangierbahnhöfe ausbauen will, die bereits jetzt in einem
modernisierten Zustand sind, und dass diejenigen, die ge-
genwärtig in einem wenig entwickelten Zustand sind, in
der Investitionsliste nach hinten geschoben werden.
A
Wir
müssen sehen, dass die DBAG ein eigenständiges Unter-
nehmen ist. Wir haben uns hier im Bundestag dafür ent-
schieden. Wir beide waren übrigens nicht dabei, aber ich
glaube, dass wir beide diese Entscheidung mittragen. In-
sofern verbietet es sich für die Bundesregierung, sich ins
operative Geschäft einzumischen. Ansonsten hätte man
eine andere Form wählen müssen. Man hat aber die Form
einer AG gewählt, in der der Aufsichtsrat die Aufgabe hat,
das, was der Vorstand macht, zu kontrollieren und nicht,
wie in einer GmbH, Anweisungen zu geben, wie etwas zu
geschehen hat.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe jetzt die
Frage 12 des Abgeordneten Peter Weiß auf:
Welchen Stand haben mittlerweile die Planungen und die ers-
ten Schritte zur Realisierung einer Verknüpfung der deutschen und
französischen Hochgeschwindigkeitsnetze der Bahn sowohl über
Saarbrücken, Nordast, als auch über Straßburg, Südast, erreicht?
A
Die Bauarbeiten auf dem deutschen Nordast der
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Schnellbahnverbindung Paris–Ostfrankreich–Südwest-deutschland haben 1998 begonnen. In Frankreich sollendie Arbeiten an dem Abschnitt zwischen Vaires bei Pa-ris, so haben wir uns geeinigt, und Baudrecourt inLothringen in diesem Jahr aufgenommen und imJahre 2006 abgeschlossen werden. Spätestens dann sollauch der deutsche Abschnitt zwischen Saarbrücken undMannheim fertig gestellt sein.Der deutsche Teil des Südastes der Schnellbahnverbin-dung Paris–Ostfrankreich–Südwestdeutschland von Kehlnach Appenweier ist nur 17 Kilometer lang. Sein Ausbauist daher nur in Verbindung mit der Fertigstellung desfranzösischen Schnellbahnabschnittes von Baudrecourtnach Straßburg sinnvoll. Die Entscheidung über den Be-ginn dieser französischen Ausbaumaßnahme ist nochnicht getroffen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine erste Zusatz-
frage, bitte, Herr Kollege Weiß.
Frau
Staatssekretärin, da Sie soeben ausgeführt haben, dass für
den Nordast die Vorarbeiten auf der deutschen Seite be-
reits begonnen haben, und Sie andererseits noch einmal
darauf hingewiesen haben, dass Sie die Aufnahme der Ar-
beiten für den Südast auf der deutschen Seite erst dann für
gerechtfertigt ansehen, wenn die Hochgeschwindigkeits-
strecke auf französischer Seite zwischen Baudrecourt und
Straßburg gebaut ist, frage ich Sie: Ist damit nicht ein
großes Ungleichgewicht gegeben? Ist nicht die frühere
Aussage, dass man den Südast wie den Nordast der bei-
den TGV-Verbindungen von Paris nach Deutschland
gleichgewichtig und mit gleicher Geschwindigkeit reali-
sieren will, hinfällig geworden? Gibt es damit nicht eine
eindeutige Benachteiligung der Südverbindung?
A
Ich
hoffe, dass ich Ihnen jetzt nichts Falsches sage. Deshalb
würde ich Ihnen das gerne auch noch schriftlich nachrei-
chen. Aber ich glaube, man kann schon heute dort mit
ziemlich hohen Geschwindigkeiten fahren. Insofern ist
die Frage, glaube ich, nicht ganz richtig gestellt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Weiß,
bitte, eine zweite Frage.
Frau
Staatssekretärin, in der Tat plant die französische SNCF,
den TGVEst – auch wenn die Strecke nur bis Baudrecourt
als Hochgeschwindigkeitsstrecke ausgebaut ist – bis nach
Straßburg fahren zu lassen. Wäre es daher nicht im Inte-
resse der deutschen Seite, dass bereits ab dem Jahr 2006
der TGV Est nicht nur in Straßburg hält, sondern bereits
auf die deutsche Seite hinüberfahren kann und so eine
Verknüpfung zum deutschen Hochgeschwindigkeitsnetz
ab dem Jahr 2006 gewährleistet werden kann?
A
Um
dies zu erreichen, müsste man die Verhandlungen und die
Gespräche mit dem französischen Nachbarn in dieser
Weise führen. Ich gehe davon aus, dass sie in dieser Weise
geführt werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt rufe ich die
Frage 13 des Abgeordneten Peter Weiß
auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag des Minis-
terpräsidenten des Landes Baden-Württemberg, Erwin Teufel,
und des Präsidenten des Conseil Régional d’Alsace, Adrien
Zeller – vergleiche Schreiben an den Bundesminister für Verkehr,
Bau- und Wohnungswesen vom 4. Dezember 2000 –, für einen
Stufenplan, um bereits in einer ersten Ausbaustufe bis zum Jahre
2006 den französischen Hochgeschwindigkeitszug TGV Est
Straßburg/Kehl mit dem deutschen Hochgeschwindigkeitsnetz zu
verknüpfen?
A
Der
deutsche und der französische Verkehrsminister haben
sich im April 2000 darauf verständigt, dass der vorge-
sehene Ausbau des Nord- und des Südastes der Schnell-
bahnverbindung Paris–Ostfrankreich–Südwestdeutsch-
land innerhalb der festgelegten Fristen koordiniert
stattfinden soll. Dies betrifft insbesondere den Ausbau der
Verbindung Saarbrücken–Ludwigshafen und die Verbes-
serung der Kapazitäten in der Region Kehl.
Zur Umsetzung dieser Absprache wird derzeit mit
Frankreich ein Stufenprogramm für den Ausbau der
Strecke Kehl–Appenweier erörtert.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt eine erste
Nachfrage. Bitte, Herr Kollege Weiß.
Frau
Staatssekretärin, bislang war es die Position der deutschen
Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG, dass sie
eine Ertüchtigung der Rheinbrücke zwischen Straßburg
und Kehl und der Bahnverbindung Kehl–Appenweier erst
nach dem Jahre 2010 für notwendig hielt, zu dem Zeit-
punkt also, zu dem der TGV auf einer dann fertig ge-
stellten Hochgeschwindigkeitsstrecke bis Straßburg fah-
ren kann. Bedeutet die jetzige Aussage, dass sich die
Bundesregierung vorstellen kann, bereits bis zum Jahr
2006, also zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt, den
von Herrn Ministerpräsidenten Teufel und vom Präsiden-
ten des Regionalrates des Elsass, Adrien Zeller, vorge-
schlagenen Stufenplan zu realisieren, nachdem auf deut-
scher Seite die Rheinbrücke zwischen Kehl und Straßburg
und der Streckenabschnitt Kehl–Appenweier so ertüchtigt
werden, dass der TGVmit einer Geschwindigkeit von zu-
mindest 160 Stundenkilometern durch den Bahnhof Kehl
und über die genannte Strecke fahren kann?
A
Diebeiden Stufenprogramme sind nicht sehr unterschiedlich,höchstens was die Zeiten angeht.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens14219
Wir haben einen anderen als den, den MinisterpräsidentTeufel vorschlägt. Im Ergebnis sind sie übrigens beidegleich. Wir werden abwarten müssen, zu welchem Ergeb-nis die Verhandlungen mit Frankreich führen werden.Insgesamt können Sie davon ausgehen, dass solcheVorhaben so schnell wie möglich fertig gestellt werden.Gerade beim grenzüberschreitenden Verkehr ist diesäußerst notwendig. Man wird sich jetzt in erster Linie da-rauf konzentrieren, mit der französischen Regierung eineEinigung zu erzielen. Die französische Regierung prüftderzeit den Vorschlag unseres Ministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Kollege Weiß hat
eine zweite Frage. Bitte.
Frau
Staatssekretärin, da wir auf deutscher Seite, vor allen Din-
gen in Süddeutschland, verständlicherweise ein großes
Interesse daran haben, möglichst schnell eine Verknüp-
fung zwischen dem französischen und dem deutschen
Hochgeschwindigkeitsnetz herzustellen, und Sie die
Verhandlungen über den so genannten Stufenplan zur
Verwirklichung dieses Zieles angesprochen haben,
möchte ich Sie fragen: Wird der Herr Bundeskanzler die-
ses Thema anlässlich seines Zusammentreffens mit dem
französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac am
31. Januar dieses Jahres in Straßburg, an dem Ort also, an
dem diese Verknüpfung stattfinden soll, ansprechen und
in die Verwirklichung dieses Stufenplanes etwas mehr
Drive bringen?
A
Das
kann ich Ihnen nicht beantworten. Aber ich denke, man
könnte es anregen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe jetzt den Ge-
schäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf. Zur Beant-
wortung steht Herr Staatsminister Dr. Ludger Volmer zur
Verfügung.
Ich rufe zunächst die Frage 14 des Abgeordneten
Martin Hohmann auf:
Trifft es zu, dass der Bundesminister des Auswärtigen, Joseph
Fischer, bei einer Tagung des NATO-Ministerrates vor einem Jahr
in Brüssel von 15.00 bis 20.00 Uhr privat unterwegs war, obwohl
er den Ehrenvorsitz hatte – vergleiche „Bild“ vom 16. Januar
2001?
D
Herr Hohmann, den Vorsitz hat auf NATO-Ratssit-
zungen grundsätzlich der Generalsekretär der NATO
inne. Einen Ehrenvorsitz – nach dem fragen Sie – gibt es
nicht. Die so genannte Ehrenpräsidentschaft ist eine von
den Sitzungen unabhängige protokollarische Funktion.
Am 15. Dezember 1999 nahm der Bundesminister des
Auswärtigen, Joseph Fischer, in Brüssel am Herbsttreffen
des NATO-Rates auf Außenministerebene unter dem Vor-
sitz des NATO-Generalsekretärs teil. In Wahrnehmung
seiner protokollarischen Funktion als Ehrenpräsident gab
der Minister ein Abendessen für die Außenminister der
46 Staaten des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrats, an
dem insgesamt circa 200 Personen teilnahmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt eine erste
Nachfrage des Kollegen Hohmann. Bitte.
Herr Staatsminister,
ist bei dem Treffen des Euro-Atlantischen Partnerschafts-
rates, das zuletzt genannt worden ist, der Herr Bundes-
außenminister die ganze Zeit da gewesen oder nicht?
D
Der Minister nahm, wie bereits gesagt, am Herbst-
treffen persönlich teil. Bei der Sitzung der NATO-
Ukraine-Kommission am Nachmittag war Deutschland
durch den NATO-Botschafter vertreten. Es ist üblich, dass
sich NATO-Außenminister bei den meist eineinhalb- oder
zweitägigen Tagungen zeitweise vertreten lassen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Keine zweite Zusatz-
frage.
Dann rufe ich jetzt die Frage 15, ebenfalls eine Frage
des Kollegen Martin Hohmann, auf:
In welcher Zeit war R. K. persönlicher Mitarbeiter des heuti-
gen Bundesministers des Auswärtigen, Joseph Fischer, und hat
dieser von tätlichen Angriffen dieses Mitarbeiters – vergleiche
„Die Welt“ vom 18. Januar 2001 – gewusst?
D
Herr Hohmann, der von Ihnen benannte Mitarbeiter
war nicht persönlicher Mitarbeiter des damaligen Abge-
ordneten Fischer, sondern Angestellter der Fraktion Die
Grünen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Hier gibt es jetzt eine
Nachfrage des Kollegen Hohmann. Bitte.
Der entscheidende
Teil der Frage bezog sich darauf, ob dem heutigen Außen-
minister bekannt war, dass – ich zitiere – in zwei Fällen
Menschen wüst in die Weichteile getreten worden ist bzw.
dass in einem anderen Fall im Aufzug des Hochhauses
Tulpenfeld in Bonn ein Abgeordneter zusammengeschla-
gen worden ist.
D
Herr Hohmann, das ist eine Personalangelegenheit
der Fraktion und damit eines Teils des Parlaments. Die
Bundesregierung nimmt als Exekutive grundsätzlich
nicht zur Personalpolitik von Fraktionen Stellung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Da die Frage 16 derAbgeordneten Sylvia Bonitz schriftlich beantwortet wird,rufe ich jetzt die Frage 17 des Abgeordneten HartmutKoschyk auf:
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens14220
Welche Beiträge beabsichtigt die Bundesregierung zum dies-jährigen Europäischen Jahr der Sprachen für die Stärkung derdeutschen Sprache insbesondere in den mittel- und osteuropä-ischen Staaten zu leisten, und welche Anstrengungen unternimmtdie Bundesregierung, um innerhalb der Europäischen Union dieRegional- und Minderheitensprachen zu stärken?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Küster,
jetzt hat der Herr Staatsminister im Auswärtigen Amt das
Wort.
D
Herr Koschyk, im Rahmen des Europäischen Jahres
der Sprachen wollen die europäischen Länder vor allem
den Sprachenunterricht im jeweils eigenen Land fördern.
Die Bundesregierung verfolgt daher gemeinsam mit den
Ländern und allen, die für das Sprachenlernen Verant-
wortung tragen, insbesondere folgende Ziele: Vertiefung
des Bewusstseins für die Bedeutung der sprachlichen
Vielfalt in Europa und der damit verbundenen kulturellen
Werte, Förderung des Sprachenlernens als wesentliches
Element bei der persönlichen und beruflichen Entwick-
lung, Förderung der Mehrsprachigkeit und des lebensbe-
gleitenden Lernens.
Im Rahmen dieser Ziele nutzt die Bundesregierung das
Europäische Jahr der Sprachen jedoch auch, um in unse-
ren europäischen Partnerstaaten die Stellung der deut-
schen Sprache zu stärken.
Das Goethe-Institut hat aus Anlass des Europäischen
Jahres der Sprachen eine Reihe von Projekten zur
Deutschförderung organisiert – davon finden viele Veran-
staltungen in Mittel- und Osteuropa statt –: Tagungen,
Werbebroschüren, verstärktes Angebot von Radio- und
Fernsehsprachkursen. Die neu konzipierte Ausstellung
zur deutschen Sprache „Herzliche Grüße“ wird auch in
Mittel- und Osteuropa zu sehen sein.
Die deutschen Auslandsvertretungen sind darüber hi-
naus aufgerufen, die Projekte im Rahmen des Europä-
ischen Jahres der Sprachen in ihrem Gastland zu beob-
achten und sie, soweit die deutsche Sprache betroffen ist,
wenn möglich zu unterstützen. Die Staaten Mittel- und
Osteuropas sind im Übrigen ein regionaler Schwerpunkt
der Deutschförderung seitens der Bundesregierung.
Die Bundesregierung tritt generell dafür ein, dass das
Recht von nationalen Minderheiten, ihre kulturelle Iden-
tität zu wahren, überall respektiert und im Rahmen des
Möglichen von der jeweiligen Regierung gefördert wird.
Hierzu zählt als integraler Bestandteil die Respektierung
und Förderung der Sprache von nationalen Minderheiten.
Die Bundesregierung begrüßt es daher, dass im Rah-
men des Europäischen Jahres der Sprachen nicht nur die
Amtssprachen der EU, sondern auch Regional- und Min-
derheitensprachen gefördert werden können.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt eine erste
Nachfrage. Bitte, Herr Kollege Koschyk.
Herr Staatsminister,
heißt denn Ihre Ankündigung, dass die Bundesregierung
in diesem Jahr, das den Sprachen in Europa besonders ge-
widmet ist, sich darum bemühen wird, dass die doch er-
heblichen Kürzungen im Haushalt des Auswärtigen Am-
tes für die Verstärkung der Unterstützung für die deutsche
Sprache in Mittel- und Osteuropa zurückgenommen wer-
den, und dass eventuell mit außerplanmäßigen Haushalts-
mitteln gerechnet werden kann?
D
Herr Kollege, Sie kennen die Gründe für die Mittel-
kürzungen. Darüber haben wir oft genug geredet. Sie sind
durch die Haushaltsschieflage, die wir übernommen ha-
ben, begründet.
Alle Ressorts müssen ihren Beitrag leisten, auch das
Auswärtige Amt. Dieses hat das Zusatzproblem, dass
viele Mittel durch Personal, etwa bei unseren Auslands-
vertretungen, sowie durch Pflichtbeiträge gebunden sind.
Die Programmmittel, die allein disponibel sind, entfallen
im Wesentlichen auf die auswärtige Kulturpolitik. Wir be-
dauern, dass deshalb die Streichverpflichtungen, die das
Auswärtige Amt getroffen haben, in diesen Bereich hi-
neinwirken. Wir haben selbst ein großes Interesse daran,
die auswärtige Kulturpolitik intensiver zu fördern. Das ist
letztlich kein konsumtiver, sondern ein investiver Titel.
Ich denke, darüber sind wir uns einig.
Was die Sprachenpolitik angeht, so gibt es verschie-
dene gute Gründe, sie aktiver zu betreiben, als das in der
Vergangenheit der Fall war.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Kollege Koschyk,
Ihre zweite Frage, bitte.
Dann will ich so fra-gen: Werden sich das Auswärtige Amt und der Bundes-außenminister innerhalb der Bundesregierung zum Bei-spiel im Zuge von zusätzlichen Haushaltsmitteln bei einergünstigeren Haushaltsentwicklung dafür einsetzen, dassim laufenden Jahr – wenn Sie hier schon einen besonde-ren Beitrag der Bundesregierung zum Europäischen Jahrder Sprachen erläutern – Haushaltskürzungen zurückge-nommen werden?Stimmen Sie mir nicht zu, Herr Staatsminister, dassdieser Einsatz etwas unglaubwürdig wird, angesichts derTatsache, dass die Mittel für die Förderung der deutschenSprache im Ausland, für Stellen von Deutschlehrern, diean Schulen im Ausland entsandt werden, und auch dieMittel für deutsche Auslandsschulen insgesamt gerade inden Haushaltsjahren 2000 und 2001 gekürzt worden sind?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Vizepräsidentin Petra Bläss14221
D
Wenn sich die Haushaltslage verbessert – das haben
Sie ja hypostasiert –, dann würden wir in der Tat im Be-
reich der auswärtigen Kulturpolitik wieder aufstocken
müssen und wollen.
Die Einsparungen insbesondere im Auslandsschulwe-
sen konnten wir teilweise durch Einzelregelungen vor Ort
auffangen, indem die Auslandsschulen selber im Beneh-
men mit den anderen Kulturmittlern wie den Goethe-In-
stituten, aber auch mit deutschen Auslandsvereinen ent-
sprechende Wege gefunden haben. Es gab sogar eine
Menge von interessanten, neuen Lösungen.
Aber auch ohne zusätzliche Finanzmittel gibt es Wege,
die Stellung der deutschen Sprache zu stärken. Dabei ist
es notwendig, dass der Bund, insbesondere aber auch die
Länder sich Gedanken über die Kompatibilität deutscher
Hochschulabschlüsse mit den Hochschulausbildungen in
konkurrierenden Staaten machen. Dies scheint mir insbe-
sondere im Rahmen der Globalisierung eine wichtige
Standortfrage zu sein. Vor diesem Hintergrund hat die
Bundesregierung auch in der Diskussion zur auswärtigen
Kulturpolitik letzte Woche entsprechend Stellung genom-
men.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir kommen jetzt zur
Frage 18 des Kollegen Hartmut Koschyk:
Welche Bestimmungen enthält nach Erkenntnissen der Bun-desregierung das am 11. Januar 2001 vom polnischen Parlamentverabschiedete Gesetz zur Reprivatisierung des zwischen 1944und 1962 enteigneten Vermögens hinsichtlich der polnischenStaatsangehörigen deutscher Nationalität, und was unternimmtdie Bundesregierung, um gegenüber der polnischen Seite auf eineBerücksichtigung der von den Enteignungsmaßnahmen betroffe-nen deutschen Vertriebenen zu drängen, sofern diese durch dasGesetz über keinen Restitutions- oder Entschädigungsanspruchverfügen sollen?
D
Herr Koschyk, nach Art. 3 des vom polnischen Sejm
verabschiedeten Gesetzes hat Anspruch auf eine Repriva-
tisierungsleistung, wer am Tage des Verlusts des Eigen-
tums polnischer Staatsangehöriger war und die polnische
Staatsangehörigkeit am 31. Dezember 1999 besaß. Polni-
sche Staatsangehörige deutscher Nationalität, die zum
Zeitpunkt der Enteignung nicht im Besitz der polnischen
Staatsangehörigkeit waren, sind ebenfalls berechtigt, so-
fern sie die polnische Staatsangehörigkeit nach den im
Gesetz genannten Bestimmungen erworben, Polen bis
zum 8. März 1984 nicht verlassen und am 31. Dezember
1999 die polnische Staatsangehörigkeit besessen haben.
Das Gesetz ist innenpolitisch umstritten. Polnische
Emigranten und die in den ehemaligen polnischen Ostge-
bieten verbliebenen und dort enteigneten Angehörigen
der polnischen Minderheit werden nicht entschädigt.
Das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten. Es muss
erst vom Senat gebilligt und vom Staatspräsidenten ge-
zeichnet werden. Es ist derzeit ungewiss, ob Staatspräsi-
dent Kwasniewski vor den Wahlen im Herbst dieses Jah-
res das Gesetz zeichnen wird. Die Bundesregierung hält
hinsichtlich der Enteignung deutscher Vertriebener an ih-
rer Rechtsauffassung fest. Die Bundesregierung wird die
polnische Seite aber nicht drängen; sie ist weiterhin der
Auffassung, dass die Beziehungen nicht mit politischen
und rechtlichen Fragen der Vergangenheit belastet werden
sollen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die erste Nachfrage,
Herr Kollege Koschyk, bitte.
Herr Staatsminister,
die Bundesregierung ist mit der polnischen Seite im
deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag im Hinblick
auf Minderheitenschutzrechte für die in Polen lebenden
Deutschen zu einer völkerrechtlichen Vereinbarung ge-
kommen. Sind Sie nicht der Auffassung, dass dann, wenn
das Gesetz Rechtsgültigkeit erlangt hat und sich daraus
Diskriminierungsgesichtspunkte für die deutsche Minder-
heit in der Republik Polen ergeben, die Bundesregierung
unter Berufung auf den deutsch-polnischen Nachbar-
schaftsvertrag gegenüber der polnischen Seite vorstellig
werden könnte und auch müsste?
D
Herr Koschyk, die Bundesregierung ist mit der pol-
nischen Seite im Gespräch über diese Fragen. Sie stehen
auch im Zusammenhang mit den EU-Beitrittsverhandlun-
gen. Alle diese Fragen sind aber kein konkreter Gegen-
stand der Verhandlungen. Wir gehen davon aus, dass in
dem Moment, in dem Polen Mitglied der EU sein wird,
die Immobilienfragen betreffenden Geschäfte offen für
alle EU-Bürger sind. Das wird EU-Standard sein. Zu die-
sen EU-Bürgern gehören selbstverständlich auch die Ver-
triebenen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine weitere Nach-
frage, bitte, Herr Kollege Koschyk.
Herr Staatsminis-
ter, meine Frage bezog sich in erster Linie auf die in der
Republik Polen lebenden polnischen Staatsangehörigen
deutscher Abstammung. Meine Frage war, ob die Bun-
desregierung, wenn sie erkennt, dass das polnische Re-
privatisierungsgesetz in der Republik Polen lebende
polnische Staatsangehörige deutscher Abstammung be-
nachteiligt, auf der Grundlage des deutsch-polnischen
Nachbarschaftsvertrags mit seinen Minderheitenschutz-
vereinbarungen, aber auch aufgrund von Vereinbarun-
gen, die die Republik Polen in der Europäischen Men-
schenrechtskonvention und ihren Zusatzprotokollen
eingegangen ist, nicht die Diskriminierung polnischer
Staatsangehöriger deutscher Abstammung gegenüber
der polnischen Seite ansprechen sollte.
D
Ich will nicht unterstellen, dass es Diskriminierun-gen gibt. Sollte es in der Zukunft Anzeichen für Diskri-minierungen geben, können diese zum Gegenstand vonGesprächen werden. Ich betone noch einmal: Wir wollendie EU-Beitrittsperspektiven Polens und damit die end-gültige Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen nichtdadurch belasten, dass wir zu sehr rechtsförmig agierenund die notwendige Sensibilität außer Acht lassen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 200114222
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Frage 19 des Kol-
legen Norbert Hauser wird schriftlich beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Finanzen. Die Frage 20 des Kollegen
Hinsken, die Fragen 21 und 22 des Kollegen Michelbach
und die Frage 23 des Kollegen Siemann werden schrift-
lich beantwortet.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung der
Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin
Brigitte Schulte zur Verfügung.
Die Fragen 24 und 25 des Kollegen Jürgen Koppelin
werden schriftlich beantwortet. Ich rufe jetzt die Frage 26
des Abgeordneten Günther Friedrich Nolting auf:
Wie ist die Aussage des Bundesministers der Verteidigung,
Rudolf Scharping, vom 14. Januar 2001 zu verstehen, dass nicht
wegen der gesundheitlichen Risiken, sondern wegen der politi-
schen Legitimität der NATO eine genaue Untersuchung zu den
habe?
B
Herr Kollege Nolting, Sie ver-
mischen in Ihrer Frage zwei Tatbestände, die nicht in un-
mittelbarem Zusammenhang stehen. Der Bundesminister
der Verteidigung hat, wie Sie aus den Veranstaltungen des
Verteidigungsausschusses wissen, frühzeitig, also lange
vor dem 14. Januar 2001, Schutzmaßnahmen ergriffen
und medizinische Untersuchungen und Kontrollen einge-
leitet. Die Fürsorge und die Verantwortung für die Ge-
sundheit der eingesetzten Soldaten sind damit deutlich ge-
worden.
Was aber die Frage der politischen Legitimität der
NATO betrifft, so muss das Bündnis demokratischer
Rechtsstaaten sehr sorgfältig prüfen, welche Waffen es
einsetzt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Nolting,
bitte Ihre Nachfrage.
Frau Staatsse-
kretärin, wenn die Munition so harmlos ist, wie der Bun-
desminister der Verteidigung ständig sagt, warum be-
stellte er dann den Geschäftsträger der Botschaft der
Vereinigten Staaten am 17. Januar ein und warum sieht er
die politische Legitimität der NATO in Gefahr, wie er
Mitte Januar erklärt hat, zumal man weiß, dass man die In-
formation auch anderweitig hätte erhalten können?
B
Lieber Herr Kollege Nolting,
einige Jahre der Zusammenarbeit im Verteidigungsaus-
schuss haben wir beide schon hinter uns. Es trifft sich gut,
dass die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland abge-
reicherte Uranmunition beschaffen soll, in der Zeit disku-
tiert wurde, in der ich Berichterstatterin für den gesamten
Haushalt im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundes-
tages war. Wir haben damals, auch mit den Stimmen der
Kollegen aus der Union, gesagt, dass wir diese Munition
lieber nicht nehmen, das auch unter dem Gesichtspunkt,
dass der Unterschied zwischen abgereicherter und ange-
reicherter Munition nicht vielen klar ist. Es gab ja auch
Alternativen.
Die erste Frage zu dieser Munition hier im Bundestag
– es war eine Frage der Frau Kollegin Lippmann – habe
ich am 21.April 1999 beantwortet. Seitdem haben wir uns
in regelmäßigen Abständen im Parlament immer wieder
damit befasst. Keine Regierung hat früher als die deutsche
Bundesregierung wissen wollen, ob mit dieser Munition
nicht doch Gefährdungen verbunden sind. Jetzt wissen
wir – aber erst jetzt, und das ist der Vorwurf an unsere
amerikanischen Freunde –, dass diese Munition beim Ein-
satz verbrennt und dabei toxischer Staub entsteht. Falls
diese DU-Munition durch Plutoniumreste verunreinigt
ist, könnte möglicherweise ein höheres gesundheitliches
Risiko bestehen. Dies hätten wir von unseren Partnern
sehr gern früher erfahren. Wir haben das meines Erach-
tens bis dahin als zu vernachlässigend dargestellt bekom-
men. Allerdings hat es auch etwas damit zu tun, dass die
Vereinigten Staaten großen Schadensersatzprozessen ih-
rer eigenen Streitkräfte seit 1991 gegenüberstehen und
das Thema möglicherweise deshalb relativ heruntergefah-
ren haben. Aber ich erwarte von einem Partnerstaat – ich
werde sicher nicht verdächtigt, irgendwelche negativen
Erfahrungen mit den Amerikanern zu haben –, dass er die-
ses offen mit uns diskutiert.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt jetzt die zweite
Nachfrage des Kollegen Nolting und dann, bereits ange-
meldet, eine Nachfrage des Kollegen van Essen und der
Kollegin Lippmann. Ich hoffe, dass wir das alles noch vor
Aufruf der Aktuellen Stunde schaffen.
Bitte, Herr Kollege Nolting.
Frau Staatsse-
kretärin, hat der Minister bei der Einbestellung – ich be-
tone: Einbestellung – des Geschäftsträgers bedacht, dass
sich die diplomatischen Beziehungen durch diese Einbe-
stellung verschlechtern könnten, zumal dies, glaube ich,
in der Politik ein einmaliger Vorgang ist?
B
Ich halte dieses wirklich für– nehmen Sie es mir nicht übel – eine Albernheit.
Ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland, das einerder verlässlichsten Partner der Vereinigten Staaten vonNordamerika ist – das wissen die Vereinigten Staaten –,hätte auf diesem Gebiet eigentlich eine offenere Informa-tionspolitik erwarten können. Ich habe nicht das geringsteProblem, zu sagen: Freunde, dieses sagt uns bitte früherund deutlicher. – Die Diskussion ist ja nicht in Deutsch-land, sondern in anderen Staaten entstanden. Ich weiß,wie zurückhaltend die Vereinigten Staaten von Nordame-rika und auch andere Bündnispartner in diesen Fragen wa-ren. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Deswegen habe ich
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001 14223
überhaupt keine Sorge, dass sich das amerikanisch-deut-sche Verhältnis dadurch in irgendeiner Weise verschlech-tern könnte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt die Nachfrage
des Kollegen Jörg van Essen, bitte.
Frau Staatssekretärin, man
konnte der Presse heute entnehmen, dass Bundeskanzler-
amt und Auswärtiges Amt über das Vorgehen des Bun-
desverteidigungsministers, nämlich den amerikanischen
Geschäftsträger einzubestellen, irritiert oder vielleicht so-
gar befremdet gewesen sind. Wie ist die offizielle Position
der Bundesregierung in dieser Frage heute? Hält die Bun-
desregierung die Einbestellung des amerikanischen Ge-
schäftsträgers weiter für berechtigt?
B
Ich halte das für notwendig
und sinnvoll und ich kann nicht bestätigen, was in der
„Süddeutschen Zeitung“ gestanden hat. Ich habe von
keinerlei Irritation des Bundesaußenministers oder des
Bundeskanzlers gehört. Ich könnte mir vorstellen, Herr
Kollege van Essen – Sie sind ja lange im Parlament –, dass
es möglicherweise in der Administration Leute gab, die
meinten, man müsse bestimmte Dienstwege einhalten,
und deswegen ihr Erstaunen kundgetan haben.
Bei einer so wichtigen Frage wie der des abgereicher-
ten Urans, zu der auch der Bundeskanzler Stellung ge-
nommen hat, ist es, denke ich, selbstverständlich, dass der
deutsche Verteidigungsminister Auskunft verlangen kann
und dass er diese Auskunft bekommt. Ich kann mir über-
haupt nicht vorstellen, dass der Außenminister und der
Bundeskanzler damit Probleme hätten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Kollegin
Lippmann, auch Sie haben eine Zusatzfrage. Bitte.
Frau Staatssekretärin, kön-
nen Sie uns erklären, weshalb nicht bereits nach dem
15. April 1999, als sich die Verdachtsmomente, dass die
amerikanischen Soldaten seinerzeit mit den A-10-Bom-
bern DU-Munition über dem Kosovo oder auch über an-
deren Teilen Jugoslawiens verschossen haben, verdichte-
ten, der US-Botschafter einbestellt wurde, um Aufklärung
über den Wahrheitsgehalt dieses Verdachts zu erhalten?
B
Liebe Frau Kollegin Lippmann,
weil Sie, wie ich gesagt habe, die Erste waren, die in die-
sem Parlament danach gefragt hat, habe ich meine Antwort
noch einmal auf Richtigkeit untersucht. Das war ja am
21. April 1999, also einen Monat nachdem wir in eine mi-
litärische Auseinandersetzung mit Jugoslawien eingetre-
ten waren. In der Tat wurde zu diesem Zeitpunkt von un-
seren amerikanischen Freunden, wie wir nachträglich
wissen, diese Munition bereits eingesetzt, ohne dass wir
darüber offiziell informiert worden sind.
Es ist schade, dass der Kollege Koppelin nicht mehr da
ist; sonst hätte ich dazu auch noch etwas sagen können.
Das spielte nämlich bei seiner Frage eine Rolle.
Ich habe mich gefragt: Habt ihr mich beschwindelt und
habe ich der Kollegin Lippmann eine falsche Auskunft
gegeben? In der Tat haben wir festgestellt, dass diese Mu-
nition – allerdings erst seit Anfang April – verwandt
wurde, aber wir noch nicht über den Einsatz dieser Muni-
tion unterrichtet waren. Ich denke, da muss sich in den
Spielregeln etwas ändern. Mit einer Einbestellung des
amerikanischen Botschafters wäre ich in dieser Zeit und
in dieser Situation etwas zurückhaltender gewesen. Aber
dass sich die Fachleute nicht darüber informiert haben,
welche Munition jeweils eingesetzt wurde, war eine
interessante Erfahrung für uns. Ich denke, die wird sich
nicht wiederholen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Als letzte Frage rufe
ich jetzt die Frage 27 des Kollegen Günther Friedrich
Nolting auf:
Warum informierte der Bundesminister der Verteidigung,
Rudolf Scharping, erst am 30. September 1999 die Mitglieder des
Verteidigungsausschusses über eine bereits am 30. Juni 1999 ein-
gegangene Warnung der NATO bezüglich des Einsatzes von DU-
Munition im Kosovo?
B
Herr Kollege Nolting, dasThema DU-Munition hat, wie ich Ihnen bereits sagte, zumersten Mal im April 1999 und dann ab Mai 1999 mehrmalsden Verteidigungsausschuss, aber auch den Bundestag be-schäftigt. Wir haben es hier behandelt. Es begann imFrühjahr 1999 mit der Diskussion im Bundestag. Es setztesich im Herbst 1999 fort. Dann gab es wieder eine ruhi-gere Zeit. Im Frühjahr 2000 ging es weiter; die Angele-genheit ist dann wieder im Ausschuss behandelt worden.Nun haben wir, was die meisten in der Öffentlichkeitvergessen haben, das Thema erst wieder auf der Tages-ordnung, nachdem in Italien eine Diskussion darüber be-gonnen wurde, ob Soldaten, die im Bosnieneinsatz warenund mit dieser Munition in Berührung gekommen sind,eventuell deswegen an Krebs erkrankt sind.Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Ein-satz dieser Munition dann gekannt. Wir selbst besitzen sienicht. Das Bundesministerium der Verteidigung, das Hee-resführungskommando und die Truppe vor Ort habenschon vor den offiziellen Informationen der NATO, diewir erst am 1. Juli bekommen haben, ausreichendeSchutzmaßnahmen für den Umgang mit allen möglichenArten zu findender Munition getroffen.Vor dem Hintergrund der Unterrichtung des Verteidi-gungsausschusses am 12. und 19. Mai 1999 und dieserzahlreichen mündlichen und schriftlichen Fragen sowieKleinen Anfragen von Mitgliedern des Deutschen Bun-destages vor der Sommerpause sowie der Antwort auf dieKleine Anfrage der PDS-Fraktion vom 24. Juni 1999 undeines Berichts an den Unterausschuss für Abrüstung, Rüs-tungskontrolle und Nichtverbreitung vom 22. Juni 1999– alle nachlesbar in den Unterrichtungen des Parla-ments – war meines Erachtens eine Information derÖffentlichkeit vorhanden. Sie wurde nach der Sommer-
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte14224
pause fortgesetzt. Ich könnte die Daten im September undNovember nennen. Auch da gab es Kleine Anfragen, inderen Beantwortung übrigens nicht nur das Verteidi-gungsministerium, sondern auch die Ministerien für Um-welt sowie Forschung und Technologie eingeschaltetwurden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich erteile dem Kolle-
gen Nolting das Wort, bitte ihn aber, sich kurz zu fassen.
Sie haben selbstverständlich das Recht zu fragen. Danach
hat sich die Kollegin Lippmann zu einer Frage gemeldet.
Ich muss dann aber die Fragestunde beenden, damit wir
rechtzeitig mit der Aktuellen Stunde anfangen können.
Herr Nolting, bitte.
Frau Präsiden-
tin, ich mache es kurz.
– Frau Staatssekretärin, welche Erkenntnisse sind die
Grundlage der Behauptung des Bundesministers der Ver-
teidigung, dass es in Deutschland zu neuen Unfällen mit
uranhaltiger Munition gekommen sei, wobei die US-Ar-
mee dem heute widersprochen hat?
B
Das ist eine berechtigte Frage,
der wir noch nachgehen.
– Ich habe nicht das Recht, festzustellen, ob eine Frage be-
rechtigt oder unberechtigt ist. Ich danke für Ihren Hin-
weis.
Herr Kollege Nolting, wir sind zu dieser Überzeugung
aufgrund unserer Erkenntnisse gekommen, die wir zu-
sammengestellt haben und die auch aus amerikanischen
Quellen stammen. Da nun auf einmal die amerikanische
Armee sagt, es gebe nur drei solcher Vorfälle – deshalb
auch die „Einbestellung“; ich möchte es jetzt freundlicher
formulieren –, haben wir die Bitte an die amerikanische
Botschaft gerichtet, uns über diese Vorfälle aufzuklären
und uns zu sagen, wie es zu diesem Missverständnis kam.
Leider ist in der Vergangenheit nur sehr zögerlich et-
was zugegeben worden. Deshalb gab es bei uns ein län-
geres Nachforschen, um diese Vorfälle zu überprüfen.
Leider gibt es auf den Truppenübungsplätzen, die in der
Verwaltungszuständigkeit unserer Partner stehen, immer
noch keinen deutschen Standortältesten. Sonst würde bei
der Weitergabe von Informationen manches sicherlich
besser funktionieren.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine letzte Zusatz-
frage des Kollegen Nolting.
Frau Staatsse-
kretärin, wie können Sie sich erklären, dass Befehle und
Weisungen – ich sage auch einmal: Informationen –, die
bezüglich des Umgangs mit DU-Munition gegeben wur-
den, offensichtlich bei vielen Soldaten vor Ort, die im Ko-
sovo im Einsatz sind bzw. waren oder auch in Bosnien im
Einsatz sind bzw. waren, nicht angekommen sind?
B
Ihre Frage würde ich gern mit
dem Hinweis auf Ihren Fraktionskollegen Braun – er hat
einen pfiffigen Vergleich angestellt – beantworten. Er hat
darauf hingewiesen, dass wir oft im Flugzeug sitzen und
uns immer der Hinweis gegeben wird, wie man sich im
Fall eines Druckabfalls zu verhalten hat. Wir alle hören
nicht zu.
Unsere Soldaten haben beim Betreten von Gebieten,
die sie nicht kennen – viele von Ihnen sind selbst einmal
bei der Bundeswehr gewesen –, Sicherheitsmaßnahmen
sorgfältig vorzunehmen, weil dort Munition von unseren
früheren Gegnern liegen könnte, deren Handhabung wir
nicht kennen. Deshalb ist die Behauptung, sie seien nicht
vor den Risiken gewarnt worden, die ihnen bei einem Ein-
zug in den Kosovo drohten, falsch.
– Wir können nachweisen, was alles an Informationen
durchgeführt wurde. Auch kann es passieren, dass man-
che vergessen, was sie in all den Jahren gelernt haben. Es
soll auch bei Parlamentariern vorkommen, dass sie ver-
gessen, woher sie Informationen erhalten haben.
Es ist wirklich so, dass die Bundeswehr vor solchen Risi-
ken immer wieder gewarnt wird.
Herr Kollege Nolting, wir haben uns in der Öffentlich-
keit viel zu lang mit Minen und ihren Gefahren beschäf-
tigt. Aber wir haben vieles andere bedacht. Deswegen gab
es Gott sei Dank auch nur überschaubare Risiken.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die letzte Zusatzfrage
der Kollegin Lippmann mit der Bitte, darauf kurz zu ant-
worten.
Frau Staatssekretärin, wie er-
klären Sie die Aussage des Verteidigungsministers in dem
ZDF-Interview mit Eser vom 14. Januar dieses Jahres,
wonach er bereits im Mai 1999 im Verteidigungsaus-
schuss den Einsatz von DU-Munition bestätigt – ich be-
tone: bestätigt – hat? Wie beurteilen Sie dies angesichts
der Befehle, die in den letzten Tagen quasi aus der Tasche
gezaubert wurden, und insbesondere angesichts der Aus-
sage des damaligen Kommandeurs, General a. D. Harff,
wonach dies weder vor, während noch nach dem Ein-
marsch in den Kosovo Kommandeurssache gewesen sei?
B
Den letzten Punkt kann ichnicht bestätigen. Das wundert mich bei einem so erfahre-nen Offizier. Er hat mir das übrigens selbst gesagt. Ich
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte14225
habe bei dieser Sache arge Zweifel, weil ich weiß, wieman damit umgeht.Die Aussage im Verteidigungsausschuss kann ich nurdeshalb bestätigen, weil ich mir heute die Protokolle desVerteidigungsausschusses vorgenommen habe. Offiziellsind wir von der NATO erst am 1. Juli 1999 darüber un-terrichtet worden, welche Munitionsarten verwendet wor-den sind. Wir wussten jedoch inoffiziell, dass solche Mu-nition von unseren Partnern eingesetzt worden war – daherdie Aussage des Verteidigungsministers, dass wir davonauszugehen haben, dass unsere Partner diese Munition ein-gesetzt hatten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Fragestunde ist
beendet. Die noch ausstehenden Fragen werden, wie es im
Hause üblich ist, schriftlich beantwortet werden.
Ich rufe den Zusatzpunkt 1 der Tagesordnung auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der SPD
Bundespolitische Auswirkungen des aktuellen
Schweinemastskandals in Bayern
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPD-
Fraktion hat die Kollegin Heide Wright.
Frau Präsidentin! Kolle-ginnen und Kollegen! Ein Unglück kommt selten allein.Dass aber ein Unglück das andere jagt und dass gleich sogehäuft via Bayern jeder Ansatz der Rückgewinnung vonVertrauen bei Bürgerinnen und Bürgern, die notgedrun-gen alle Verbraucherinnen und Verbraucher sind, zunichtegemacht wird, ist hart bis deprimierend. Die Landwirt-schaft steht an der Wand. Die Verbraucherinnen und Ver-braucher wissen nicht mehr, was sie der Politik glaubensollen.Wenn ich hier stehe und mit dem Finger RichtungMünchen zeige,
dann nützt das auch nur begrenzt. Dennoch müssen wirdahin schauen, wo der Skandal sein Zentrum hat. Diebayerische Idylle wurde zur Farce. Mir san mir – nach die-sem Motto lief es in Bayern zu lange wie geschmiert; imwahrsten Sinne des Wortes: geschmiert von hinten bisvorne, von BSE bis zum Schweinemastskandal. Bayern,skandalumwoben!Das Zentrum der Landwirtschaftsskandale liegt inBayern, und zwar mitten in der Staatskanzlei.
Hier jedoch wie auch in den Bauernzirkeln ist die eigeneVerantwortlichkeit recht schwach ausgeprägt. So hat dochder unterfränkische Bauernverbandsvertreter noch amSamstag, dem 20. Januar, also im vollen Bewusstsein allerbayerischen Missstände, die bayerischen Qualitätskon-trollen gelobt und gar die Neuwahl der Berliner Regie-rung gefordert. Schlimmer, frecher, dreister kann mannicht mehr von sich weg und auf andere zeigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, irgendwann ist esdoch so weit,
dann geht es auf keine Kuhhaut mehr, was an Großspre-cherei, Augenwischerei und Verharmlosung gebotenwurde. Irgendwann lässt sich die Vielzahl der Skandalenicht mehr schönreden, wegdrücken oder gar auf andereschieben. Man fragt sich, ob der Mehrzahl der sauber ar-beitenden landwirtschaftlichen Betriebe und den zutiefstverunsicherten Verbrauchern wirklich noch mehr zuzu-muten ist. Ist die Bewältigung der BSE-Krise, der Zu-sammenbruch des Rindfleischmarktes, die Angst umFleisch- und Wurstkonsum wegen BSE nicht genug?Nein, nach dem Motto, der nächste Skandal kommt be-stimmt, ist es jetzt der breite Missbrauch in den Schwei-nemastbetrieben.Dann muss man sich wirklich nicht über den Verlustjeglichen Glaubens an all die schönen Reden und prallenweiß-blauen Broschüren, die tollen weiß-blauen Siegelund die Goldbanderolen um das „Stück Lebenskraft“wundern. Der Skandal ist nicht mehr zu toppen. Deshalbist es nicht mehr als recht und billig, dass endlich auch imSkandalkartell der Bayerischen Staatsregierung perso-nelle Konsequenzen gezogen wurden. Das macht denWeg für Aufräumungs- und Aufbauarbeiten etwas freier;denn es muss weiter aufgeräumt werden: in Ministerien,Behörden, Verbänden und Tierarztpraxen sowie auf Bau-ernhöfen. Wer hat denn nicht alles mitgemacht? Wer hatdenn nicht alles Schuld und Mitschuld? Wer hat denn dieAnträge der SPD in Bayern jahrelang ignoriert? Wer leis-tet es sich denn, dass in Bayern Tierarztpraxen nur alledrei Jahre kontrolliert werden? Es wird schon nichts pas-sieren, gell?Es ist schon erstaunlich, wie lange und hinter wie vie-len Rücken alles Mögliche geschehen konnte. Was ist dennvon einem Landwirtschaftsminister Miller zu halten?
Hat er nichts gewusst? Ja, was ist er denn für ein Minister?
Oder hat er etwas gewusst? In beiden Fällen ist er, denkeich, nicht mehr tragbar. Mein „Main-Echo“ titelt heute:„Der Miller fällt nicht weit vom Stamm“.
Es muss jedem ganz klar sein: Dieser Schweinemast-skandal ist kein Kavaliersdelikt, er ist kein kleiner Unter-schleif oder gar eine freundliche Dienstleistung des Tier-arztes.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte14226
– Herr Heinrich, ich danke Ihnen; es ist kriminelles Han-deln. – Es ist auch nichts, was gerade einmal so passiert,ohne dass es jemand bemerkt hätte. Man hat vonseiten derStaatskanzlei zugeschaut. Der Arzneimittelmissbrauchmuss bereits über Jahre angedauert haben und seit Jahrenhaben Verantwortliche in der bayerischen Politik und inder Bauernlobby die Bekämpfung des Missbrauchs be-wusst unterlassen bzw. verhindert. Die Funktionalität imMastbetrieb war wichtiger als der Gesundheitsschutz derVerbraucher. Zynischer und schlimmer kann man ver-meintliche Bauerninteressen gegen Verbraucherinteressennicht ausspielen. Die Verlierer sind jetzt auf allen Seiten.In Bayern muss aufgeräumt werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die Bayerische
Staatsregierung spricht jetzt der Staatsminister Reinhold
Bocklet.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
FrauPräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!Nach dem Auftreten von BSE in Deutschland zum Endedes vergangenen Jahres sind die Menschen in unseremLand erneut mit Sorge erfüllt.
Doch anders als bei der BSE-Seuche, über die wir allenoch zu wenig wissen, handelt es sich im Fall des Arznei-mittelmissbrauchs in der Schweinemast um skrupelloseund kriminelle Machenschaften Einzelner.
Die Sache ist freilich zu ernst für eine billige partei-politische Polemik, sehr verehrte Frau Wright.
Ihre aufgesetzte, zum Teil kabarettistische Erregung führtnicht weiter.
Es geht um die Gesundheit unserer Bürger
und das Vertrauen der Verbraucher, das einmal mehr er-schüttert worden ist. Das verdient, Frau Wright, eine seriöseBehandlung und nicht das, was Sie hier geboten haben.Was sind die bisher bekannten Fakten? Leider kamdazu gar nichts von Ihnen. Nach umfangreichen Vorer-mittlungen, die bis in den Januar des vergangenen Jahreszurückreichen, wurden am 18. Januar breit angelegteDurchsuchungen an 19 Orten erfolgreich durchgeführt.Es konnte dabei umfangreiches Material sichergestelltwerden: 600 Aktenordner, umetikettierte Arzneimittel,lange abgelaufene Arzneimittel und nicht zugelasseneösterreichische und amerikanische Arzneimittel sowieeine Vielzahl von unetikettierten Flaschen, deren Inhaltauf Antibiotika hindeutet.
Die Untersuchungen dazu laufen gegenwärtig auf Hoch-touren. Bayern hat zudem beim Landeskriminalamt eineSonderkommission mit 10 Beamten gebildet.
Ausgangspunkt der jetzigen Aktion war ein Verfahrenin Kempten, das auch in Regensburg, Krefeld und Düs-seldorf zu staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen führ-te. In Krefeld wurde das Verfahren zwischenzeitlich ein-gestellt, in Düsseldorf ist es noch anhängig.Es könnte sein – ich drücke mich bewusst vorsichtigaus –, dass Bayern ein wichtiger Schlag gegen den illega-len Tierarzneimitteleinsatz gelungen ist;
denn zeitgleich wurden auch Objekte in Nieder- undOberösterreich durchsucht. Dies zeigt die grenzüber-schreitende Dimension der aufgedeckten kriminellen Ma-chenschaften.
Der Antrag der SPD zu dieser Aktuellen Stunde zeigtein merkwürdiges Rechtsverständnis.
Es wird nicht der Erfolg der bayerischen Polizei und Jus-tiz hervorgehoben, sondern es wird versucht, Bayern undseine Landwirtschaft in ein schiefes Licht zu rücken, unddas ausgerechnet von Abgeordneten, die in Bayern ge-wählt worden sind.
Ich kann nur davor warnen, aus dem Schweinemast-skandal kurzfristiges politisches Kapital schlagen zu wol-len.
Es ist doch ziemlich einsichtig: So wie überall in Deutsch-land BSE auftreten kann, gibt es mit an Sicherheit gren-zender Wahrscheinlichkeit ähnliche Machenschaftenauch anderswo in Deutschland.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Heidemarie Wright14227
Kriminelle Energie kann jedes Land treffen. Niemand istdavor gefeit. Ich darf zum Beispiel nur an den Kälber-mastskandal von 1988 in Nordrhein-Westfalen erinnern.Ich bin dankbar für die ehrlichen und realistischen Aussa-gen von Herrn Staatssekretär Thalheim und von Frau Mi-nisterin Höhn, dass die missbräuchliche Verwendung vonnicht zugelassenen Medikamenten in der Tierzucht einbundesweites Problem sei
und im jetzigen Schweinemastskandal nur die „Spitze ei-nes Eisbergs“ sichtbar werde.
Bayern wird unnachsichtig vorgehen. Wir werdendiese kriminellen Machenschaften nicht hinnehmen undden Sumpf austrocknen. Es geht dabei natürlich um denSchutz der Verbraucher. Es geht aber auch um den Schutzder Veterinäre und der Bauern selbst.
Einige schwarze Schafe bringen durch skrupellose Hand-lungen ganze Berufsgruppen in Verruf, einige schwarzeSchafe verunsichern Millionen von Verbrauchern und ei-nige schwarze Schafe ruinieren einen ganzen Markt.
Es genügt natürlich nicht, nur diese Machenschaften zuunterbinden; wir müssen tiefer schürfen. Wir müssen unsfragen, ob wir insgesamt mit Tierarzneimitteln verant-wortlich genug umgehen. Der restriktive Einsatz vonAntibiotika sowie der sorgfältige Umgang mit antimikro-biell wirksamen Arzneimitteln muss ganz oben auf unse-rer Agenda stehen. Bayern hat dazu bereits in den letztenJahren gemeinsam mit den anderen Ländern und mit derTierärztekammer auf Bundesebene zwei wegweisendeEmpfehlungen erarbeitet. Die Einhaltung dieser Leit-linien bedarf selbstverständlich einer möglichst effekti-ven Kontrolle seitens der Veterinärverwaltung. Das Lan-desamt für Lebensmittelsicherheit, das wir in Bayern neuerrichten, wird diese Kontrollen künftig noch wesentlichverstärken.
Daneben ist es eine unserer zentralen Forderungen, dasTierarzneimittelrecht auf Bundesebene wie auf europä-ischer Ebene zu verschärfen. Bayern fordert ein europa-weites Verbot für antibiotische und hormonelle Wachs-tums- und Leistungsförderer. Ich hoffe sehr, dass dieBundesregierung unsere Forderungen unterstützen wird.In diesem Zusammenhang darf ich daran erinnern, dassnicht zuletzt aufgrund der Initiative der BayerischenStaatsregierung in den letzten Jahren die Zahl der in derFütterung zugelassenen Antibiotika bereits von zehn aufvier reduziert worden ist.Die Bundesregierung ist schnell mit Anklagen, aberzögerlich bei der Umsetzung dringend notwendiger Maß-nahmen zum Schutz der Verbraucher.
Es genügt nicht, gegen Agrarfabriken zu schwadronieren;es muss gehandelt werden.
Wo bleiben die Konzepte der Bundesregierung gegenBSE?
Bayern hat auf die Krise mit einem klaren Viersäulenmo-dell geantwortet, das verschärfte Kontrollen, verstärkteForschung, Einrichtung eines neuen Ministeriums ein-schließlich des schon erwähnten Landesamts für Lebens-mittelsicherheit und konkrete Hilfen für unsere Bauernumfasst.
Der Bundesregierung liegen viele Fragen vor, die Bay-ern und die übrigen Länder eingebracht haben. Wie siehtes zum Beispiel mit der Kohortenkeulung aus? Die Län-der haben zudem gemeinsam festgestellt, dass es erheb-liche Rechtsetzungsdefizite gibt. Es fehlt zum Beispieleine konkrete Entschädigungsregelung. Es fehlt eineRegelung zur Verbrennungspflicht von Tiermehl. Es ste-hen die Forderung der Länder nach einer offenen Dekla-ration bei Futtermitteln und die Erstellung einer Positiv-liste im Raum. Die Bundesregierung gibt sich offenbarauch mit einem auf sechs Monate beschränkten Verbot derTiermehlverfütterung auf EU-Ebene zufrieden.
Wir warten hier auf Antworten, die der alte Minister nichtgeben wollte und die die neue Ministerin bislang nicht ge-geben hat.Es ist erstaunlich, dass die SPD im Deutschen Bundes-tag allein aus Anlass des Durchgreifens der bayerischenBehörden gegenüber illegalem Tierarzneimitteleinsatz inNiederbayern eine Aktuelle Stunde beantragt.
Immerhin gibt mir dies die Gelegenheit, in gedrängterForm die bayerischen Forderungen, Maßnahmen und Vor-gehensweisen darzustellen. Herzlichen Dank für dieseGelegenheit.
Sie von der SPD verfolgen freilich damit eine leicht zudurchschauende Absicht; nämlich die, den Bayern malschnell eins auszuwischen.
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Staatsminister Reinhold Bocklet
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Aber für diesen Hickhack haben unsere Verbraucher inDeutschland nun wirklich kein Verständnis.
Die Bundesregierung hat offensichtlich den Ernst derLage immer noch nicht erkannt.
Es geht doch darum, wie wir alle gemeinsam in allen Lan-desteilen dem Missbrauch von Tierarzneimitteln durchgewissenlose Tierärzte und Händler wie auch durch skru-pellos handelnde Landwirte am besten vorbeugen kön-nen. Dazu bedarf es mit Sicherheit auch schärferer Straf-bestimmungen und es muss ernsthaft überprüft werden,ob es bei der bisherigen Regelung bleiben kann, dass einTierarzt gleichzeitig Arzneimittel verordnen und vertrei-ben darf.
Dies ist das Einfallstor für den Missbrauch, den wir jetztbeklagen. Es handelt sich um eine Bundesregelung, die zuändern ist. Nicht jeder Tierarzt ist so charakterstark, dasser der Versuchung zu leicht verdientem Geld widerstehenkann,
und nicht jeder Landwirt ist gegen die Versuchung gefeit,durch den illegalen Einsatz von Tierarzneimitteln bessereProduktionsergebnisse zu erzielen.
Hier müssen wir ansetzen. Hier haben Sie, Frau Künast,eine lohnende Aufgabe. Ein Umsteuern in der Landwirt-schaftspolitik kann und muss auch hier ansetzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen spricht jetzt Kollegin Ulrike Höfken.
Sehrgeehrte Frau Vizepräsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Wir haben hier gerade eben etwas erlebt: Dawird der „Bock“-let zum Gärtner!
Inwieweit Sie, Herr Staatsminister Bocklet, wirklichdazu beitragen, mit ihrer Regierung Qualität aus Bayernzu befördern und den Verbrauchern guten Appetit zu ma-chen, würde ich der Beurteilung durch die Verbraucherin-nen und Verbraucher überlassen. Sicher ist aber: Es müs-sen Konsequenzen gezogen werden und das heißtsicherlich nicht nur Rücktritt von Frau Stamm, sondernauch eine Neuorganisation und wohl ebenso die Wahr-nehmung der Verantwortung des Herrn Landwirtschafts-ministers Miller.
Mit anderen Worten: Wir warten darauf, dass neue Struk-turen den angekündigten Vorrang des Verbraucherschutzesauch realisieren. Das brauchen wir, denn die Konsequen-zen solcher Skandale müssen die Verbraucher und dieLandwirte bundesweit tragen.Der illegale Einsatz von Medikamenten in der Tier-zucht muss endlich unterbunden werden. Mit dieser Ziel-setzung wollen wir das Futtermittel- und Tierarzneimit-telrecht auch im Hinblick auf die bisherigen Regelungenzur Abgabe von Tierarzneimitteln überprüfen. Das istnatürlich ein Problem. Man spricht immer von denschwarzen Schafen, aber nicht von dem System, das dieMöglichkeiten und die Einfallstore für solche Praktikenim Grunde schafft.Die Verbraucher haben die Nase voll. Illegaler Einsatzvon Antibiotika, Hormonen und Medikamenten in derTierzucht gefährdet auf kriminelle Weise die Gesundheitder Verbraucherinnen und Verbraucher. Das Strafrecht istin diesem Punkt zu verschärfen. Die Bundesländer – alsonatürlich auch Bayern – sind aufgefordert, diese Praktikenendlich effektiv zu unterbinden und ihrer Verpflichtungzur lückenlosen Kontrolle nachzukommen. Die verant-wortlichen Dienste und gerade das Personal in diesem Be-reich sind seit Jahren völlig vernachlässigt worden. NurNRW hat hierfür mehr Finanzen zur Verfügung gestellt.
Der grundsätzliche Fehler liegt allerdings im Systemder Tierproduktion und bei Teilen der Veterinäre und derFuttermittelproduzenten, die Verbraucherschutz und Qua-lität vernachlässigt haben. Erst wenn – wie wir es seit Jah-ren fordern – auch alle leistungsfördernden Antibiotikaaus den Futtermitteln verbannt sind und die prophylakti-schen Medikamentengaben eingestellt werden, gibt eskeine Grauzone mehr, in der die illegalen, lukrativen Ge-schäfte gemacht werden könnten.
Es gibt schon lange eindeutige Hinweise darauf, dassdie Anwendung von Antibiotika in der Tierhaltung zurEntstehung von Antibiotikaresistenzen in der Darmflorades Menschen beiträgt und auch das Problem der Kreuz-und Multiresistenz – die Mikroorganismen entwickelneine Resistenz anhand eines Antibiotikums und werdengleichzeitig gegen andere Antibiotika resistent – ist we-sentlich größer, als man angenommen hat.Wir unterstützen unsere Verbraucherschutzministerin,Renate Künast, dabei, die Verwendung der Antibiotika im
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Staatsminister Reinhold Bocklet
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Tierfutter national zu unterbinden und eine Initiative zumEU-weiten Verbot zu starten.
Antibiotika sollen nur noch zu therapeutischen Zweckeneingesetzt werden dürfen. Das Gute ist: Wir erwarten da-bei auch die Unterstützung der schwedischen Präsident-schaft und der EU-Kommission. Zu den vielen Punktenaus den Diskussionen der letzten Jahre, die wir gemein-sam geführt haben, gibt es bereits Vorstellungen, die Ih-nen Frau Künast aber selbst vorstellen wird.Im Übrigen habe ich dabei Bayern nicht als Vorreiterder Bekämpfung der illegalen Praktiken und der Heraus-nahme der Antibiotika aus der Futtermittelkette empfun-den.
Diese Bemühungen werden dazu führen, dass es viel-leicht endlich ein nationales Monitoring und ein Referenz-überwachungsprogramm geben wird und dass die Zulas-sungen auch im Bereich der Humanmedizin überprüftwerden.Mit der Schaffung des neuen Ministeriums für Ver-braucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft wird eineNeuorientierung auf eine artgerechte Tierhaltung einge-leitet, die unverantwortliche Praktiken des Arzneimittel-einsatzes in der Tiermast ins Abseits stellen soll.Danke.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die F.D.P.-Frak-
tion spricht jetzt der Kollege Ulrich Heinrich.
Frau Präsidentin! Meine lie-ben Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube nicht, dass sichdieser Skandal, der jetzt öffentlich geworden ist, dazu eig-net, dass wir uns hier im Haus streiten; er hat auch keineparteipolitische Relevanz.
Ich bin der Meinung, dass wir keine pauschalen Verur-teilungen vornehmen dürfen. Ich bin aber genauso derMeinung, dass dort, wo mit kriminellen Machenschaftengegen das Gesetz verstoßen worden ist, mit aller Härtedurchgegriffen werden muss. Das kann gar nicht anderssein.
Der illegale Einsatz von Medikamenten ist verboten.Wir sollten uns als Parlament darüber Gedanken machen,ob wir nicht auch den legalen Einsatz reduzieren müssen.
Göttinger Wissenschaftler haben zwischen Dänemarkund einer Region Norddeutschlands Vergleiche gezogen:In Dänemark werden 20 Millionen Schweine gemästetund man hat in Dünger und Boden hochgerechnet 31 Ton-nen Antibiotikarückstände festgestellt. Wenn bei uns bei6,5 Millionen Schweinen 54 Tonnen Rückstände nachge-wiesen wurden, dann setzen wir in Deutschland zu vieleMedikamente ein. Das ist der Punkt.
Im Blick auf die Dänen, die auf dem Markt mit ihrer Qua-lität und mit ihrem Angebot sehr erfolgreich sind, müssenwir uns fragen, ob unsere Produktionsmethoden in demFall richtig sind.
Wir müssen über Verschiedenes nachdenken, auchüber Forderungen nach einer weiteren Zertifizierung undnach Markenfleischprogrammen mit höherer Verbrau-chersicherheit. Diese Markenfleischprogramme habenzudem den Vorteil, dass sie zusätzliche Qualitätskontrol-len beinhalten, sodass kein Fleisch mit zu hohen Rück-ständen auf den Markt kommt.Wir müssen die vier Antibiotikaleistungsförderer, dieheute noch zugelassen sind – hierin sind wir uns völlig ei-nig, Herr Bocklet –, in Zukunft europaweit abschaffen.Ich bin aber auch bereit, hier national voranzugehen. Wirmüssen außerdem die Tierarzneimittelrichtlinie endlichumsetzen; das ist das allererste, was wir national tun müs-sen. Wir müssen die Stallbuchführung einführen. Es dür-fen Medikamente nur bei entsprechenden Krankheitsver-läufen zum Einsatz kommen, wobei der LandwirtRechenschaft ablegen muss, und zwar über jeden einzel-nen Einsatz.
Ich habe es eingangs gesagt: In Deutschland werden zuviele Medikamente verschrieben bzw. in den Ställen ein-gesetzt. Wir müssen uns überlegen, ob wir mit dem Dis-pensierrecht der Tierärzte noch richtig liegen. Wir müssenauch prüfen, ob wir noch richtig liegen – das muss mit ei-nem großen Fragezeichen versehen werden –, wenn dieTierärzte selber noch Medikamente in Form von Mi-schungen und auch in anderer Form herstellen dürfen, diedann nicht kontrolliert auf den Markt kommen und vondenen wir nicht wissen, wie sie letztendlich wirken.Genauso müssen wir prüfen, ob wir den Tierärzten inZukunft noch den Vertrieb von Arzneimitteln erlaubensollten.
Denn wer an jeder Mark Umsatz für Arzneimittel ver-dient – das ist ja legal; es ist bis heute erlaubt –, der be-findet sich natürlich in einem Interessenkonflikt, wenn esum das Ausstellen von Verordnungen geht. Ich möchtediesen Interessenkonflikt von vornherein auflösen und zubedenken geben, ob wir mit der Abschaffung des Dispen-sierrechtes das Übel nicht effektiver an der Wurzel packen
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Ulrike Höfken14230
können, als dies der Fall wäre, wenn wir nur oberflächlichhandelten.Herzlichen Dank.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die PDS-Fraktion
spricht jetzt die Kollegin Kersten Naumann.
Frau Präsidentin! MeineDamen und Herren! Das haben sich die Bayern immerschon gewünscht: Sie stehen im Mittelpunkt – aber leidermit Negativschlagzeilen.
Man könnte meinen, dass sich die in punkto Lebens-mittelhygiene und umweltfreundliche Idylle sonst so si-cher und so sauber gebärdende CSU-Politik nicht nur jah-relang auf dem Glatteis befunden hat, sondern sich nunselbst von einem Dilemma in das andere katapultiert.
Frau Stamm wird sicher nicht das letzte Opfer sein.Ich zitiere aus dem „Donau-Kurier“ in Ingolstadt
vom 19. Januar 2001. Dort heißt es in einer Antwort aufeinen kritischen Leserbrief meiner Kollegin Eva Bulling-Schröter:Alle in Bayern gehaltenen Schweine sind aufgrundvon hervorragender Zuchtarbeit in den letzten Jahrenstressstabil und widerstandsfähig. Es kommt dochkein Bauer auf die Idee, gesunde Tiere mit Antibio-tika zu füttern.
Inzwischen sind diese Aussagen wohl überholt. Warumermittelt sonst das LKA?Schweinefleisch ist sicher, so lautete jahrelang der Slo-gan. Nun ist sicher, dass nichts mehr sicher ist. Jetzt wirdauch dem letzten Verbraucher bewusst, dass es nur ein Si-cherheitsmythos war, dem er ständig, nicht nur in Bayern,ausgesetzt war. Was nützt es den Verbrauchern, wenn sievon Lobbyistenvereinen – gerade wieder zur Grünen Wo-che – mit Unbedenklichkeitsreden überschüttet werden?Unser heutiges Lebensmittelangebot ist hochwertig undsicher,
so tönt es da. Diese Platte kann der Verbraucher bestimmtnicht mehr hören, noch dazu, wenn sie einen Sprung hat.Unsere Lebensmittel genügen höchsten Sicherheits-und Hygienestandards, heißt es immer wieder. Ich denke,diese Aussage ist widerlegt. Es häufen sich sehr viele Fra-gen, wie zum Beispiel: Wo sind die Kontrollen in der Er-zeugerkette, bei den Veterinären und bei den Lebensmit-telkonzernen? Sicherlich gibt es auch schwarze Schafeunter den Bauern. Aber man muss fragen, warum die Bau-ern und nicht die wahren Drahtzieher beschuldigt werden.
Wo ist die Transparenz bei der Herstellung der Lebens-mittel? Ist das Strafrecht im Lebensmittelrecht nicht um-fassender zu gestalten? Ich bin der Meinung, dass Futter-mittelpanscherei als krimineller Tatbestand eingestuftwerden muss.
Angesichts der Tatsache, dass der gebeutelte Verbrau-cher zur Kenntnis nehmen muss, dass sich Verbraucher-schutz und grüne Gentechnik unter einem Dach zusam-menfinden sollen, frage ich: Wie eigenständig, wieunabhängig, mit welchen Weisungsrechten und mit wel-chen Kontrollfunktionen ist die Abteilung für Verbrau-cherschutz im Ministerium für Landwirtschaft denn wirk-lich ausgestaltet? Warum erfolgt keine strikte Trennungzwischen Agrarpolitik und Verbraucherpolitik wie in an-deren Ländern oder wie in Brüssel? Wir sind ebenfallsnicht für riesige Verwaltungsapparate in der Politik. Wirmüssen aber feststellen, dass der Verbraucherschutz inden Haushalten Jahr um Jahr zurückgefahren wird. Wasmuss eigentlich noch alles passieren, um wirklich zu ei-ner Wende in der Verbraucherschutz- und der Agrarpoli-tik zu kommen?Der jüngste kriminelle Arzneimittelskandal in derSchweinemast ist einer der Auswüchse des gnadenlosenKonkurrenzkampfes.
Futtermittelrationen mit Eiweißen, Fetten, Mineralien,aber auch mit verbotenen Antibiotika und Hormonen auf-zupeppen erfolgt doch nicht zur Qualitätssteigerung vonNaturprodukten und Lebensmitteln. Vielmehr sind Land-wirte aus einem Leistungssteigerungswahn und durchKostendruck zunehmend gezwungen, nicht nur billigeAbfälle zu verwerten, sondern auch noch fragwürdigeLeistungsförderer anzuwenden. Diese stehen seitens derErnährungsphysiologen, Wissenschaftler, Verbraucher-verbände und Umweltorganisationen schon lange in derKritik. Antibiotika in der Tierhaltung können aber auchdie Umwelt belasten. Bei Untersuchungen in der RegionWeser-Ems hatten Wissenschaftler bedenklich hoheWerte von antibiotisch wirkenden so genannten Tetrazy-klinen gefunden.
Franz Josef Strauß ließ einmal verlauten, Marxwirt-schaft sei Murkswirtschaft.
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Ulrich Heinrich14231
Heute bewahrheitet sich aber: Kapitalistische Marktwirt-schaft ist Mordwirtschaft für Landwirte und Verbraucher,wie ein Verbraucher gestern Abend auf Phoenix richtigeinschätzte.
Die Entscheidungen der Bundesregierung laufen in derAgrarpolitik an der Grenzlinie zwischen den Interessender Pharma- und Ernährungsindustrie und den Interessender Verbraucher. Frau Künast, verbieten Sie den legalenEinsatz von zugelassenen Antibiotika als Leistungsförde-rern!
Im Ernährungsbericht heißt es dazu:Der vorbeugende Gesundheitsschutz des Verbrau-chers wird durch die rechtlichen Vorgaben umfas-send gewährleistet.Und weiter:Generell geben die Rückstandsbefunde ... keinenHinweis auf akute Verbraucherrisiken.Wo ist hier das Vorsorgeprinzip? Dies zeugt doch eher vonleichtfertiger Selbstzufriedenheit. Oder wurden dieseAussagen mit Rücksicht auf die Pharmakonzerne und denMarkt für Leistungsförderer getroffen? Auch das bedarfeiner Antwort.Wie sagte Frau Professor Edda Müller vom Bundes-verband für Verbraucherschutz in einer Talkrunde inPhoenix: „Wir müssen endlich von der Nachsorge zurVorsorge kommen.“Ich hoffe, dass Bundeskanzler Schröder hinsichtlichdes von ihm angekündigten Entzugs der Unterstützung ei-ner Produktion gentechnisch veränderter Pflanzen auchWort halten wird.
Das wäre zumindest ein richtiger Schritt zur Verwirkli-chung der angemahnten Vorsorge.
In diesem Sinne sollten alle Fraktionen an einemStrang ziehen und so das Vertrauen der Landwirte und derVerbraucher zurückgewinnen.Danke.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die SPD-Fraktion
spricht jetzt der Kollege Dr. Wolfgang Wodarg.
Frau Präsidentin! Sehrgeehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor etwa fünf Jahrenist in Bayern etwas passiert, was sehr viel mit diesemThema zu tun hat. Damals sind sieben Kinder gestorben.Auch in dieser Sache hat Frau Stamm damals die Verant-wortung getragen.
Damals gab es eine EHEC-Epidemie, die über 1 000 Fällebetraf; sieben Kinder sind daran gestorben.
EHEC ist ein Koli-Erreger, der wahrscheinlich imDarm von Rindern entstanden ist und der toxische Eigen-schaften hat. Das ist passiert, weil in der Tiermast immerwieder Antibiotika eingesetzt werden, weil das Milieu imDarm der Tiere verändert wurde und weil dadurch Platzfür solche gefährlichen Erreger geschaffen wurde. Der Er-reger ist entstanden, weil wir mit den Tieren bisher so um-gegangen sind.Das war damals ein großer Skandal in Bayern. Umsobedauerlicher ist es, dass dieselbe Ministerin jetzt nichtvorbildlich vorgegangen ist, sondern dass gerade in Bay-ern unter ihrer Verantwortung so lange geschlafen wurdeund dass sie zum Jagen getragen werden musste. Genausomussten wir übrigens die vorige Bundesregierung aus derOpposition heraus – ich habe das noch einmal herausge-sucht; ich habe einen Meter Akten zum Thema Antibioti-kaeinsatz in der Tiermast – immer wieder zum Jagen tra-gen, etwa wenn es um das Chloramphenicol ging.
Da war es schon längst verboten, aber es war immer nochnicht aus den Ställen heraus. Es gab Abverkaufsmöglich-keiten für die Industrie. Es gab das Metronidazol, welchesbei Frauen Brustkrebs hervorruft. Die Nitroimidazolesind Mittel, die bei der Hühneraufzucht eingesetzt wer-den. Erst durch unsere Aktivitäten aus der Opposition he-raus hat sich die Regierung endlich dafür eingesetzt, dassdiese Mittel auf EU-Ebene verboten wurden.Es gibt weitere Beispiele, bei denen wir mühsam einVerbot erreichen konnten. Wir haben es geschafft, dass diemeisten Antibiotika – ich meine, es waren vier – in derletzten Legislaturperiode aus der Tiermast herausgenom-men wurden. Das ist aus der Opposition heraus geschehenund nicht durch die Aktivität der Regierung. Wir habendie Regierung mithilfe der Medien zum Jagen tragen müs-sen.
Jetzt ist es so, dass, wenn ich das richtig gehört habe,die bayerische Landesregierung und das zuständigebayerische Ministerium schon längere Zeit von dem Ver-dacht gegenüber diesen Tierärzten gewusst haben. Für
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Kersten Naumann14232
mich ist es völlig unverständlich, dass da nicht die Alarm-glocken geläutet haben, nachdem in Bayern schon solcheschlimmen Erfahrungen gemacht worden sind. Ich haltedas wirklich für unverantwortlich.
Deshalb denke ich, dass endlich Schluss sein muss mitder falschen Rücksichtnahme. Wir sollten die Länder vonBundesseite her ermutigen, mehr für den Verbraucher-schutz zu tun, indem sie die Kontrollen verstärken. Bay-ern hat den Mechanismus, dass die Tierärzte sich selbstkontrollieren. Das kann nicht angehen; das darf nicht sein.Da ist Vertrauen fehl am Platze. Ebenso muss beim Ver-trieb von Arzneimitteln eine Regelung gefunden werden,die verhindert, dass Tierärzte daran verdienen, dass siemöglichst viele Arzneimittel verkaufen. Genauso müssenwir erreichen, dass sich die Tierärzte nicht selbstkontrollieren, sondern hier eine staatliche Kontrolle ein-gerichtet wird.Dazu gehört aber auch, dass die Aufzeichnungspflich-ten verändert werden. Das heißt, es darf nur ein Arznei-mittelbuch auf dem Hofe geben. Das muss versiegelt sein,das muss nummeriert sein, das darf nicht gefälscht wer-den können, es muss also leicht zu kontrollieren sein.Dann muss die Abgabe von Arzneimitteln durch dieHersteller, die legal direkt an die Tierärzte erfolgt, besseraufgezeichnet werden. Sie muss klarer sein und sie mussdamit für die zuständigen Landesbehörden auch leichterkontrollierbar sein. Hier gibt es also etwas zu tun, beson-ders für die Länder. Ich denke, dass das ein Anlass ist, jetztnoch einmal nachzuschauen, was verbessert werden kann.Es kann doch nicht angehen, dass eine Firma Privatde-tektive ansetzt, weil sie Angst um ihr patentgeschütztesArzneimittel hat, und dadurch herausbekommt, wo dieQuellen für illegale Arzneimittelimporte sind. In diesemFalle war Bayer besser als Bayern. Solche Maßnahmenkann natürlich ein Staat leisten, und wenn man es will,dann ist hier einiges an Verbesserungen möglich.Ich habe in Schleswig-Holstein einmal gefragt, wie dasin der täglichen Praxis bei mir im Lande aussieht. Es sindim letzten Jahr 2 700 Proben genommen worden.
Wir haben die alten Zahlen, da ist es erheblich schlechtergewesen. Jetzt sind nur noch sieben Auffälligkeiten ge-wesen. Siebenmal ist bei den Rückstandskontrollen etwasgefunden worden, nur ein einziges Mal ein Antibiotikum.
Das heißt, wenn man vernünftig nachschaut und genaunachsieht, dann kann man hier einiges erreichen.
– Es ist ein einziges Antibiotikum gefunden worden.Die Empfehlung, die hier gegeben wurde, nämlich dassman als Zwischenruf von unserer Seite gesagt hat, beiLungenentzündung sollte man bayerisches Schweine-fleisch essen, kann ich als Lungenarzt nicht unterstützen.
Denn gegen die Antibiotika, die im Schweinefleisch sind,sind die Menschen schon längst resistent.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Als nächster Redner
hat das Wort der Kollege Max Straubinger für die
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin!Verehrte Damen und Herren! Herr Dr. Wodarg, Sie habenvielleicht sachlich begonnen, aber am Schluss die Pole-mik doch nicht lassen können. Ich glaube, es zeigt sichdeshalb auch sehr deutlich, worum es der SPD geht. DerSPD geht es nicht um Verbraucheraufklärung
– auch nicht um Verbraucherschutz, sondern der SPD gehtes heute um billige parteipolitische Polemik,
um einseitig auf Bayern zu zeigen. In Wirklichkeit wirdder Bock zum Gärtner gemacht.Bayern hat verantwortungsvoll gehandelt. Bayern hatmit seinen Behörden massiv Ermittlungen angestellt undBayern hat jetzt möglicherweise einen der größten Tier-arzneimittelskandale aufgedeckt. Ich glaube, hierfürgebührt der Bayerischen Staatsregierung und den bayeri-schen Behörden ein Dank für dieses massive Durchgrei-fen, meine Damen und Herren.
Wir sind uns, verehrte Damen und Herren, in diesemHohen Hause überall einig, dass es Verstöße gegen Tier-arzneimittelgesetze und insgesamt gegen die Arzneimit-telgesetze gibt und dass natürlich gegen den Besitz vonnicht zugelassenen Arzneien durchgegriffen werden undentsprechend gehandelt werden muss. Das tun in Bayerndie zuständigen Behörden und die Staatsanwaltschaften.Sie haben die Ermittlungen hier sehr intensiv aufge-nommen. Wenn jetzt, das sage ich auch ganz offen, ein-seitig Vorwürfe wegen der Zeitschiene kommen, so frageich insbesondere auch, wieso der Präsident der Lan-destierärztekammer Bayern die ihm offensichtlich be-kannten Unzulänglichkeiten nicht selbst zur Anzeige ge-bracht hat. Es ist wohl doch wichtiger, zuerst ein paarumfangreiche Recherchen anzustellen.
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Dr. Wolfgang Wodarg14233
Aber, verehrte Damen und Herren, werte Kollegen, esist meines Erachtens, weil hier natürlich suggeriert wird,dass der Verbraucher einen Schaden erlitten hätte,
auch wichtig, heute festzuhalten, dass wir natürlich wie-derum einen Vertrauensschaden zu verzeichnen haben.Das ist völlig klar. Aber ich möchte, weil Herr Dr.Wodargzum Schluss seiner Rede einige Zahlen bezüglich der Un-tersuchungen der schleswig-holsteinischen Behörden ge-nannt hat
– der Verharmloser bin doch nicht ich, sondern ist HerrDr.Wodarg –, in diesem Zusammenhang darlegen, dass inBayern im Rahmen des nationalen Rückstandskontroll-planes ebenfalls Untersuchungen des Fleisches auf phar-makologische Stoffe, Schwermetalle, Pestizide und ver-botene Stoffe, und zwar stichprobenweise und ziel-orientiert, durchgeführt werden. Diese Kontrollen erfol-gen an lebenden Tieren und an Schlachttieren. DieserPlan – auch das ist bemerkenswert – wird vom Bundes-institut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Vete-rinärmedizin jährlich, also unter Ihrer Verantwortung,aufgestellt. Sie werden doch nicht an Ihren Vorgabenzweifeln, die Sie über die Länder hinweg gemacht haben!Dieser Plan wird dann auch noch der EU notifiziert.Interessant ist, dass in Bayern 1999 – andere Zahlen la-gen mir nicht vor – 8 739 Untersuchungen auf pharmako-logisch wirksame Substanzen getätigt wurden. Von diesen8 739 Proben waren insgesamt 38 Proben positiv: 26 wie-sen Hemmstoffe und 12 pharmakologische Stoffe auf. Zu-sätzlich ist auf Folgendes hinzuweisen – dies ist ein ein-deutiger Vertrauensbeweis für in Bayern produziertesFleisch –: Insgesamt wurden 19 885 Untersuchungen aufHemmstoffe durchgeführt, davon 16 882 bei Schweinen.Davon waren insgesamt 52 positiv, bei den Schweinetes-tungen 36. Dies ist ein sehr deutliches Zeichen dafür, dasssich der bayerische bzw. der deutsche Verbraucher aufbayerisches Schweinefleisch verlassen kann.Auch nach Aussagen des Professors Karl Heinritzi, dieman in einer heutigen Zeitung nachlesen kann, und desProfessors Hermann Wagner leistet Schweinefleisch ausBayern höchsten Ansprüchen Genüge.
Trotz des ganzen parteipolitischen Wettbewerbs undder derzeit bestehenden Betroffenheit halte ich es eher mitder von der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin anden Tag gelegten Handlungsweise: Sie hatte in letzter Zeittagtäglich ihrer großen Betroffenheit ob BSE und sonsti-ger Vorfälle Ausdruck verliehen. Aber sie hat gleichzeitigfür sich und ihre Freunde zu Weihnachten – richtiger-weise – zweieinhalb Kilo Rindfleisch eingekauft, weildeutsches Rindfleisch sehr köstlich schmeckt, wie sie ge-sagt hat. Dem kann ich nur beipflichten.Wir müssen alles daransetzen, das Vertrauen derVerbraucherinnen und Verbraucher zurückzugewinnen.Mit einer solchen parteipolitischen Veranstaltung werdenwir dies garantiert nicht schaffen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Bun-desministerin für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaft, Renate Künast.Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucher-schutz, Ernährung und Landwirtschaft: Frau Präsidentin!Meine Damen und Herren! Eine Bemerkung vorab anHerrn Straubinger und an Herrn Bocklet: Eine gemein-same Aussage in Ihren Reden war mehr oder weniger die:Bayern hat jetzt aufgeklärt und dafür gebührt BayernDank.
Ich setze Folgendes dagegen: Laut den Akten derVerbraucherschutzabteilung, die durch einen Organisati-onserlass nunmehr zu meinem Ministerium gehört, weißBayern spätestens seit November 1995 von illegalengrenzüberschreitenden Praktiken zwischen Bayern undÖsterreich. Dass erst jetzt aufgeklärt wurde, dafür gebührtBayern kein Dank.
Stattdessen wurde 1997 das Verfahren eingestellt. Michinteressiert noch, wie und warum.
Das ist die eine Erwiderung auf Ihre Dankesrede.Die zweite ist: Landwirtschaftsminister war zu diesemZeitpunkt Herr Bocklet.
Ich hoffe, Sie werden die Sätze, die Sie hier gesprochenhaben, nicht zutiefst bereuen, wenn in den nächsten Wo-chen und Monaten weiter aufgeklärt wird.Ich möchte nun zu drei Punkten etwas sagen: zum ille-galen Einsatz von Tierarzneimitteln und antibiotischenFuttermittelzusatzstoffen, kurz etwas zu Bayern und zuder Frage, welche Konsequenzen wir daraus ziehen müs-sen.Eines ist grundsätzlich klar: Jeglicher illegale Einsatzvon Tierarzneimitteln und antibiotischen Futtermittelzu-satzstoffen ist kein Kavaliersdelikt; das ist hier schon fest-gestellt worden. Die strafrechtlichen Ermittlungen sindLändersache. Es ist durchsucht worden. Es ist im Augen-blick offensichtlich richtig agiert worden, Herr Bocklet.Ich hoffe, dass das mit Nachdruck weiter betrieben wird.Ich hoffe auch, dass der Fehler der 90er-Jahre nicht nocheinmal gemacht wird, sondern hier sofort dafür Sorge ge-tragen wird, dass die Approbationen ruhen und diese Per-sonen nicht mehr als Tierärzte tätig werden dürfen.
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Max Straubinger14234
– Ja, so ist das. Man darf das mit Anklageerhebung. Ichglaube, die Tierärzte und auch die Verbraucher und Ver-braucherinnen haben darauf ein Recht. Das ist natürlichein schwebendes Verfahren, aber Ärzte, Anwälte, Apo-theker haben einen Vertrauensjob, und die berufsständi-schen Ordnungen sehen vor, dass man, wenn ein hinrei-chender Tatverdacht besteht – und nur dann gibt es eineAnklageschrift –, die Zulassung ruhen lassen kann.
Darauf haben Tierärzte, Tiere und Verbraucher einen An-spruch.
Zu den Gefahren bei nicht sachgerechter Anwendung:Es gibt erhebliche Gesundheitsgefahren, auch wenn man-che hier etwas anderes gesagt haben. Es gibt zum einendie direkte Wirkung über Rückstände, die allerdings re-gelmäßig kontrolliert wird. Soweit ich weiß, sinken dieseRückstände. Aber das ist ja nicht alles. Sorge bereitet unsauch die Bildung von Resistenzen. Denn die Mittel, diedie Tiere erhalten, die ihre Magen-Darm-Flora verändern,sorgen dafür, dass es am Ende multiresistente Salmonel-len gibt. Wenn später ein Mensch an Salmonellen er-krankt, dann hat er das Problem, dass die Antibiotika, dieer bekommt, nicht mehr wirken, weil diese Salmonellendurch diese Medikamente multiresistent sind. Also hat esdoch etwas mit dem Menschen zu tun und hat Wirkungauf den Menschen. Lassen Sie uns die Gesundheitsgefah-ren nicht herunterspielen!Der illegale Bereich wird im Wesentlichen dargestelltdurch Autobahnen, Tierärzte, Großpraxen, die Mengenra-batte erhalten und die, wie hier schon gesagt wurde, ille-gal aufkaufen. Da kostet dann ein Kilogramm eines Stof-fes 5 DM. Das muss man sich einmal überlegen! Sopreiswert wird das hinterhergeworfen. Je mehr der Arztkauft, desto billiger wird es, desto billiger kann er, wenner die landwirtschaftlichen Betriebe und die Ställe ab-fährt, diese Stoffe an die Bauern verkaufen.
Das ist nur der eine Bereich, den jetzt die Länder auf-klären müssen.Das legale Geschehen, meine Damen und Herren, istaber etwas, was auch unserer Analyse und der Verände-rung bedarf. Da können wir nicht einfach zusehen. Fut-termittelzusatzstoffe sind laut Futtermittelgesetz zulässig.Das sind Stoffe, die wir geben, ohne dass es eine Indika-tion, eine Krankheit gibt. Das sind Stoffe, die leistungs-fördernde Wirkungen haben, die bessere Futterverwer-tung bewirken und ein wenig den allgemeinen Ge-sundheitszustand heben. Das sind Stoffe, die zur Mast,damit der Ertrag größer wird, genutzt werden. Das ist derlegale Bereich.Wir hatten acht Stoffe. 1998 sind vier EU-weit verbo-ten worden, weil man den dringenden Verdacht hatte, dasssie am Resistenzgeschehen beim Menschen beteiligt sind.Es ging da um ähnliche Wirkstoffe, wie sie beim Men-schen eingesetzt werden. Das war 1998 das Allernötigste.Jetzt ist eines klar: Die Prüfung bei den noch verblei-benden vier Stoffen auf EU-Ebene muss vorangetriebenwerden und darf nicht länger verbummelt werden.
Deshalb werde ich am 29. Januar – langsam habe ich dasGefühl, der 29. Januar ist gar nicht lang genug für dieAgrarratssitzung in der nächsten Woche in Brüssel –Druck machen, dass die anderen vier Stoffe jetzt auch ver-boten und vom Markt genommen werden. Das ist die eineMaßnahme.
– Erniedrigen Sie sich doch nicht durch solche Zwi-schenrufe.
Die zweite Maßnahme: Ich habe gestern die Anwei-sung gegeben, dass mir bis Anfang der nächsten Wocheein Referentenentwurf für eine Verordnung über dasFühren eines Bestandsbuches vorgelegt wird. Ich werdeihn Anfang der Woche bekommen. Darin wird es dannheißen, dass die Landwirte verpflichtet sind, detailliert dieAnwendung und Dosierung in diesem Bestandsbuch dar-zulegen, das wir dann auch kontrollieren können.
Ich werde Ihnen den Entwurf natürlich vorlegen, damitich dazu auch Ihren fachlichen Rat hören kann.Drittens. Wir werden uns mit umweltpolitischen Fra-gen beschäftigen müssen. Diese sind hier schon ange-sprochen worden, zum Beispiel in der Studie aus Göttin-gen. Es ist tatsächlich so, dass das BMU Recht hatte.Entscheidend ist, was hinten rauskommt, hat mal einervon der CDU gesagt. Bei den Schweinen kommt hintenraus eine massive Umweltbelastung der Böden und desWassers und im Zweifelsfall auch des Trinkwassers. Auchdeshalb werden wir uns um dieses Thema kümmern müs-sen.
Was ist das Ziel unserer Bemühungen? – Wir wollen,dass es zukünftig einen gezielten und richtig dosiertenEinsatz dieser Stoffe bei Krankheiten gibt und nicht ein-fach mit der Gießkanne durch die Ställe und durch dieFuttertröge gegangen wird, dass wir Verfahren finden, dieeine jederzeitige Kontrolle ermöglichen, und dass wir bei
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Bundesministerin Renate Künast14235
den schwarzen Schafen die Strafrahmen tatsächlich aus-schöpfen. Diese Strafrahmen sind vor einigen Jahren er-höht worden; für besonders schwere Fälle auf zehn Jahre.
Es ist offensichtlich so, dass nur in wenigen Fällen dieserStrafrahmen von zehn Jahren Freiheitsstrafe wirklich aus-geschöpft worden ist.Unser größtes Ziel, das über diesen engen Bereich derKontrolle der Arzneimittelvergabe hinausgeht, muss ei-gentlich sein: Es muss Schluss sein mit dem Schweine-doping.
Doping verdirbt all denen, die gern Sport gucken, denSpaß am Sport und Doping verdirbt all denen, die gernessen und essen müssen – das sind wir alle –, den Spaß amEssen auf dem Teller.Wegen des Binnenmarktes kann dieser gesamte Be-reich des Tierarzneimittelrechts nur auf EU-Ebene wirk-sam verändert werden. Eine deutsche Initiative dazu ist inArbeit, aber ich will Ihnen gleich eines sagen: Durch dieSchweizer Fälle fühle ich mich darin bestärkt, dass wireine Wende in der Landwirtschaftspolitik brauchen. DieTiere müssen so gehalten werden, dass nicht grundsätz-lich Futtermittelzusatzstoffe notwendig sind.
Es darf nicht sein, dass Tiere so gehalten werden, dass siebeispielsweise dann, wenn sie aus verschiedenen Ställenin eine Box kommen, zwingend mit Zusatzstoffen behan-delt werden müssen, weil sie sich sonst auf engem Raumalle gegenseitig anstecken.
Es darf nicht sein, dass Tiere unter so schlechten Bedin-gungen gehalten werden, dass dann, wenn eines krankwird, gleich alle behandelt werden müssen. Unsere Ziel-vorstellung ist, das zu verhindern.Ich stelle mir vor, dass Prophylaxe in Zukunft im Prak-tizieren einer artgerechteren Haltung besteht.
Das heißt eine andere Hygiene, nämlich nach dem Rein-Raus-Prinzip erst alle Tiere aus dem Stall zu nehmen,dann die Ställe zu säubern und dann die Tiere wiederhineinzubringen, das heißt, die Tiere einem anderenKlima auszusetzen, das heißt eine andere Luftzufuhr, dasheißt andere Bewegungsmöglichkeiten.
– Ja, Sie werden lachen, selbst ganz konservative Mitar-beiter aus meinem Ministerium sagen, dass es so geht unddass dies genau die Art ist, wie man die Gesundheit vonTieren, aber auch von Verbrauchern schützt.
– Sie sagen, ich kenne keinen Stall von innen.
– Gern.Können Sie mir erklären, wie es kommt, dass all die,die Ställe von innen kennen, nicht das Entstehen des Pro-blems verhindert haben, das wir heute haben?
Daran kann es nicht liegen.
Die Tierärzte werden sich nach ihrer Berufsethik fra-gen lassen müssen. Da geht es nicht nur um schwarzeSchafe. Die Landwirte werden sich fragen lassen müssen,ob sie mit uns gemeinsam für eine artgerechte TierhaltungSorge tragen, die tatsächlich verhindert, dass in ZukunftDoping beim Aufwachsen von Tieren sozusagen der Nor-malfall ist.
Ich weiß, es gibt eine Menge von aktuellen Dingen zurSicherheit zu tun. Ich weiß auch: Eine bessere Begründungals diesen Skandal gibt es nicht dafür, dass wir die Land-wirtschaftspolitik umsteuern müssen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nächste Rednerin in
der Debatte ist die Kollegin Jella Teuchner für die SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kol-leginnen! Liebe Kollegen! Gerade war sich die Bayeri-sche Staatsregierung noch sicher, mit der Bildung einesneuen Ministeriums für Verbraucherschutz die Problememit den sich häufenden BSE-Fällen in den Griff zu be-kommen. Jetzt zeigt der in Bayern und Österreich bekanntgewordene und im großen Stil durchgeführte illegale Ein-satz von Medikamenten in der Schweinezucht, dass esnoch wesentlich mehr aufzuräumen gibt.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Bundesministerin Renate Künast14236
Der Rücktritt der bayerischen GesundheitsministerinBarbara Stamm war längst überfällig. Hinweise auf dieEreignisse, mit denen die Verbraucherinnen und Verbrau-cher am vergangenen Wochenende konfrontiert wurden,waren im zuständigen Ministerium schon seit Jahren be-kannt. Bereits in einem Gespräch im Dezember 1998machte der Präsident der Bayerischen Landestierärzte-kammer auf den illegalen Handel aufmerksam. Derschriftliche Bericht der Tierärztekammer vom August1999 hätte sehr ernst genommen werden müssen, und eshätten umgehend entsprechende Maßnahmen eingeleitetwerden müssen.
In diesem Bericht wurde unter anderem auf zahlreicheSchwachpunkte bei der Kontrolle von Tierarzneimittelnhingewiesen. Es wurden detaillierte Vorschläge zurBekämpfung des Handels mit verbotenen Arzneimittelnunterbreitet. Nachdem nichts geschehen ist, müssen jetzteinige Fragen dringend beantwortet werden, zum Bei-spiel: Ist überhaupt bekannt, um welche Substanzen essich bei den illegal eingesetzten Arzneimitteln handelt?Gibt es bereits Erkenntnisse über das Herkunftsland die-ser Medikamente? Ist inzwischen bekannt, ob in der Re-publik Österreich Verteilerstellen eingerichtet wurden,von welchen aus der illegale Handel betrieben wurde?Wird es zukünftig bei solchen Verdachtsfällen verschärfteZollkontrollen geben?Wenn es im Zusammenhang mit BSE noch eine Reihevon ungeklärten Fragen gibt, weil gesicherte wissen-schaftliche Erkenntnisse noch nicht in allen Bereichenvorliegen, so liegen die Verhältnisse bei durch Medika-mente verseuchten Schweinen anders. Hier gibt es klareGrundlagen und Strafgesetze, nach denen zu urteilen ist,wenn die Gesundheit der Bevölkerung durch illegalenEinsatz von Antibiotika, Hormonen und anderen Substan-zen gefährdet ist.Offensichtlich haben diese Kontrollen in den Program-men „Qualität aus Bayern“ und „Offene Stalltür“ versagt.Sie müssen deshalb diese Programme bis zur vollständi-gen Klärung aller Unstimmigkeiten aussetzen. Bayernund auch die übrigen Länder sind dringend aufgefordert,intensiver zu kontrollieren, alle Verdächtigungen ernst zunehmen und ihnen nachzugehen.Die Verbraucherinnen und Verbraucher drehen sichnach allen Seiten. Was finden sie? – Ratlosigkeit, seit ges-tern kein Rindfleisch mehr, seit heute kein Schweine-fleisch mehr. Vielleicht ab morgen kein Huhn mehr? DieVerbraucherinnen und Verbraucher wollen Sicherheitbeim Genuss von Lebensmitteln. Vertrauen kann jetzt nurdurch zügige und durchgreifende Maßnahmen zurückge-wonnen werden. Dazu gehören sowohl die Überprüfungder Vertriebswege und der Anwendung von Tierarznei-mitteln als auch das Verbot der noch EU-weit zugelasse-nen antibiotischen Futtermittelzusatzstoffe.Bei Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz mussgründlich ermittelt und der Strafrahmen ausgeschöpftwerden. Illegale Handlungen Einzelner schädigen nichtnur die Verbraucherinnen und Verbraucher, sie treffen amEnde die Landwirte, die mit Absatzproblemen zu kämp-fen haben. Verbraucher und Landwirte müssen deshalbwieder zusammenfinden.Die Verbraucher wollen wohlschmeckende und ge-sunde Lebensmittel. Wenn die Bauern diese in gesicherterQualität herstellen, wird es einen ausreichenden Absatzgeben. Alle Anstrengungen auf dem Weg dorthin müssendeshalb gebündelt und gegen anders gerichtete Interessenverteidigt werden. In erster Linie geht es um sichere Le-bensmittel für die Verbraucherinnen und Verbraucher undum das Überleben der Landwirte. Erst in zweiter Liniegeht es um die Pharma- und Futtermittelindustrie.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Kol-
lege Helmut Heiderich für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Immer wennein Skandal durch die Gazetten geht, ist der Aufschreinach Konsequenzen groß. Im Grundsatz ist es auch rich-tig, dass man über Konsequenzen nachdenkt.Frau Ministerin, ich freue mich, dass Sie so engagiertin Ihr neues Amt gehen. Diese Aussage muss man als Mit-glied des zuständigen Fachausschusses sicherlich treffen.
Es ist auch bemerkenswert, was Sie sich in so kurzer Zeitan Fachwissen angelesen haben. Das aber, was Sie geradehier vorgetragen haben, ruft nach einer Kommentierungund ein paar Bemerkungen.
– Ich bin sicher mehr Bauer als Sie. Ich habe ein paarJahre länger in der Branche gearbeitet. Ich weiß nicht, wielange Sie dort tätig waren. Davon abgesehen habe ich im-mer noch meinen eigenen Betrieb, betreibe aber keineSchweinemast.
Lassen Sie mich zur Sache kommen: Frau Ministerin,Sie haben gerade einen Ausdruck gebraucht, den ich sonicht stehen lassen kann. Sie sprachen vom Schweine-doping. Ich glaube, wenn man als oberster Vertreter desVerbraucherschutzes und der Landwirtschaft in einer sol-chen Weise argumentiert, verunsichert man die Bevölke-rung mehr, als man der Sache dient.Wenn Sie meinen, dass die bisherige Praxis Schweine-doping war, frage ich zurück – Sie persönlich kann ichnatürlich nicht fragen, Sie sind erst wenige Tage imAmt –: Wie lange kennen die SPD-Fraktion und die Grü-nen-Fraktion bereits die Praxis des Schweinedopings? Siesind seit zweieinhalb Jahren im Amt. Warum haben Siedas Schweinedoping bisher nicht unterbunden?
Wir sind uns alle darüber einig, dass es jetzt Konse-quenzen geben muss, und zwar in der Form, dass die
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Jella Teuchner14237
schwarzen Schafe, die nun entdeckt worden sind, ihrHandwerk künftig nicht mehr ausüben können. Ichglaube, wir brauchen an erster Stelle eine verschärfteKontrolle. Aus meiner Sicht benötigen wir eine unabhän-gige Kontrollbehörde, die die Möglichkeit hat, all diesenDingen unbeeinflusst nachzugehen, und die auch in derLage ist, entsprechende Sanktionen zu verhängen. DieseSanktionen – das ist völlig richtig – dürfen nicht nur inBußgeldern bestehen, sondern sie müssen so sein, dassderjenige, der erwischt wird, entsprechend hart von ihnengetroffen wird.Es ist sicherlich darüber nachzudenken – das ist ebenauch schon gesagt worden –, ob man die Dokumentationder Arzneimittelanwendungen in der Praxis nicht verbes-sert und verstärkt. Aber – darauf weise ich auch hin – dastrifft mit den ganzen bürokratischen Nebenwirkungennatürlich auch all die Landwirte, die bisher nach guterfachlicher Praxis sauber und vernünftig gearbeitet haben,und belastet sie mit zusätzlichen Aufwendungen. Auchdiesen Punkt darf man nicht außer Acht lassen.Lassen Sie mich noch zu ein paar weiteren Punktenkommen. Das Verabreichen von Antibiotika muss mansehr differenziert beurteilen: Auf der einen Seite sind An-tibiotika bei der Therapie, auch hinsichtlich der Gesund-erhaltung im Bestand, unverzichtbar. Ich glaube, das istunstreitig. Aber auf der anderen Seite – und in der Hin-sicht ist schon Vorsorge getroffen worden – gibt es ent-sprechende Wartezeiten. Die Tiere dürfen nicht verkauftund nicht zur Schlachtung gebracht werden, ehe dieseWartezeiten abgelaufen sind. Die Anwendung von Anti-biotika in der Schweinezucht ist weder verboten nochkann man sie außer Acht lassen oder künftig völlig ver-bieten. Deswegen, Frau Ministerin, bin ich so gegen denBegriff des Schweinedopings.Aber wir alle gemeinsam müssen – da haben Sieebenso wie die Vorredner Recht – bei der ständigen, inniedriger Dosis stattfindenden Verfütterung im Rahmenvon Futtermittelmischungen ansetzen. Hier liegt dasHauptproblem; denn gerade bei langfristigen niedrigenDosierungen besteht die Gefahr der Resistenzbildung.Deswegen müssen wir an dieser Stelle ansetzen, müssenwir das Futtermittelrecht ändern. Ich glaube, das werdenwir gemeinsam tun. Aber das muss dann auch – Frau Mi-nisterin, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen – euro-paweit geschehen; denn sonst wird es wieder unter-schiedliche Verhältnisse in den einzelnen Ländern geben.Das kann nicht das Ziel unserer Arbeit sein.Ich will noch eine Bemerkung zu dem machen, was Siezur Haltungsform der Schweine in den entsprechendenBetrieben gesagt haben. Ich glaube, zukunftsorientierteLandwirte tun längst das, was Sie vorgeschlagen haben.Sie tun nämlich alles dafür, die Hygiene in ihrem Betriebmöglichst zu verbessern. Dafür gibt es eine Menge von In-vestitionen: Hygieneschleusen, Abluftführung, Zuluft-führung usw. An dieser Stelle möchte ich aber darauf auf-merksam machen, dass alle diese Investitionen vielKapital erfordern. Dieser Kapitaleinsatz, diese Investitio-nen lohnen sich nur bei einer entsprechenden Bestands-größe. Das heißt, je höher wir unsere Anforderungen anHygiene und andere Standards schrauben, desto mehrmüssen wir akzeptieren, dass der Landwirt eine größereBestandsgröße braucht. Herr Wodarg, bei einem Bestandvon 50 Schweinen kann man weder Hygieneschleusennoch Verladeschleusen und alle diese Dinge machen. Daskann niemand umsetzen und das kann sich auch niemalsrechnen. Deswegen müssen Sie an dieser Stelle auch be-reit sein, dem Verbraucher ehrlich zu sagen: Wenn wir dasalles umsetzen wollen, dann brauchen wir größere Tier-bestände.
Und diese größeren Tierbestände – keine Agrarfabriken –sind die Folge der Anforderungen, die Sie an die deut-schen Landwirte stellen.Schönen Dank.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt spricht der Kol-
lege Karsten Schönfeld für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! LiebeKolleginnen und Kollegen! Wir reden heute hier im Bun-destag nicht zum ersten Mal über Lebensmittelskandale.Herr Kollege Straubinger, es ist schon verwunderlich,wenn Sie die Folgen hier auf einen Vertrauensschaden re-duzieren wollen. Nein, es geht nicht um einen Vertrau-ensschaden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sindverunsichert hinsichtlich der Folgen für ihre Gesundheit.Das muss man ganz klar benennen.Schuld haben sicherlich schwarze Schafe unter denProduzenten. Schuld haben aber auch Landesbehörden,die ihren gesetzlichen Aufsichts- und Kontrollpflichtennicht nachgekommen sind. Das hat der jüngste Skandal inBayern noch einmal in aller Deutlichkeit gezeigt.
Das Zusammentreffen gewissenloser Geschäftemacherund untätiger Behörden schadet der Landwirtschaft mehr,als heute schon abzusehen ist.Mit dem Rücktritt von Frau Stamm gestern gab es einerstes Bauernopfer. Aber bekanntlich fängt der Fisch vomKopf zu stinken an. Herr Stoiber hat beim illegalen Ein-satz von Antibiotika in der bayerischen Landwirtschaftebenso fahrlässig und unverantwortlich gehandelt wie be-reits in der BSE-Krise.
Verharmlosen und vertuschen ist die Taktik. Das habenwir vorhin wieder gehört. Doch diese Taktik geht hiernicht auf.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Helmut Heiderich14238
Den Schaden tragen jetzt Bäuerinnen und Bauern, alsderen oberster Schutzherr sich Herr Stoiber in Sonntags-reden immer wieder gern preist. Ich denke, einige Ver-bandsfunktionäre sollten einmal darüber nachdenken, obsie sich nicht andere Partner suchen sollten.Seit mehr als zwei Jahren war das bayerische Sozial-ministerium über den illegalen Antibiotikaeinsatz infor-miert, ohne gehandelt zu haben. Das allein ist schon einSkandal. Frau Stamm wurde noch vor wenigen Tagen vonHerrn Huber, dem Chef der bayerischen Staatskanzlei, als„ein Eckstein der Regierung“ – man muss es sich auf derZunge zergehen lassen – bezeichnet.
Es ist zu fragen, wie es nach dem Wegbrechen dieses„Ecksteines“ um die Statik der Bayerischen Staatsregie-rung bestellt ist.
Man kann auch sagen – um das Zitat, das Kollegin Wrightgebracht hat, etwas abzuwandeln –: Der Stoiber fällt nichtweit vom Stamm.Nicht die Landwirtschaft und ihre Produktionsmetho-den sind das Problem. Das Problem sind in erster Liniegewissenlose Straftäter, Behörden und Landesregierun-gen, die bestehende Gesetze ignorieren und missachten.
Die große Masse der anständigen Landwirte in Deutsch-land muss jetzt ökonomisch ausbaden, was unverantwort-liche und untätige Behörden ihnen eingebrockt haben.Besonders beim Einsatz von Antibiotika zu Mast-zwecken sollte die Sensibilität der zuständigen Behördenund Politiker größer sein, als es der aktuelle Skandal inBayern gezeigt hat. Schon seit vielen Jahren weisen be-sorgte Mediziner auf eine starke Ausbreitung antibiotika-resistenter Erreger hin. Herr Kollege Wodarg hat dazuvorhin ausführlich Stellung genommen. Ich habe michgestern mit einem Arzt unterhalten, der mir bestätigte,dass besonders bei Kindern eine immer stärkere Resistenzfestzustellen ist.
Hier muss es zu einem Umdenken kommen. Wir als SPD-Fraktion unterstützen ausdrücklich Frau Bundesministe-rin Künast bei ihrer Initiative, mit der sie sich für ein voll-ständiges Verbot antibiotischer Leistungsförderer in ganzEuropa einsetzt.
Alle Maßnahmen verfolgen ein Ziel: das Vertrauen derVerbraucherinnen und Verbraucher in die Produkte, dievon unseren Bäuerinnen und Bauern produziert werden,wiederherzustellen. Denn das ist das größte Kapital, dasdie Landwirte besitzen.Vielen Dank.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt spricht der Kol-
lege Albert Deß für die CDU/CSU-Fraktion.
Liebe Kolleginnen und Kol-legen! Manchmal ist schon nicht mehr nachvollziehbargewesen, was hier diskutiert wird. Ich bin überzeugt, lie-ber Kollege Karsten Schönfeld: Wenn wir noch in derRegierungsverantwortung wären, dann wäre jetzt nach Ih-rer Auffassung wahrscheinlich der Bundeskanzler für denFall Niederbayern verantwortlich gewesen. Aber ein sol-cher Zusammenhang wäre doch sehr weit hergeholt.Ich muss zu einigen Aussagen, die hier gemacht wor-den sind, Stellung nehmen. Ich finde es schon makaber,dass die Vertreterin einer SED-Nachfolgepartei den Satzausspricht: Marktwirtschaft ist Mordwirtschaft. Denn un-ter welchem politischen System sind an der Grenze undim Land Menschen ermordet worden?
Ich verbitte mir daher solche Sätze von dieser Seite.
Auf Vorwürfe von dieser Seite möchte ich mit einemZitat aus der „Thüringer Allgemeinen Zeitung“ vom23. Januar dieses Jahres antworten. Dort heißt es:Früher wurde Hühnermist an Bullen verfüttert unddas Ganze ging als gutes Fleisch zum Export in denWesten ... Das war so. Es gab auch Spindelpressen,mit denen Gülle ausgepresst und anschließend diePellets an Bullen verfüttert wurden.
Mit diesem politischen System von früher möchte ichnicht werben. Die Bürger dürfen schon froh sein, dass dieTiere heute solches Futter nicht mehr in den Futtertrog be-kommen.
Der Kollege Wodarg, der manchmal ganz sachlich ist,ist heute hier leider in einer sehr polemischen Art undWeise aufgetreten.
Ich finde es unverantwortlich, die bayerische Staatsmi-nisterin für die EHEC-Fälle, die dort einmal aufgetretensind, verantwortlich zu machen. Damals ist sofort gehan-delt worden. Die Bayerische Staatsregierung ist an das
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Karsten Schönfeld14239
Robert Koch-Institut herangetreten und hat das Institutbeauftragt, diese EHEC-Fälle näher zu untersuchen. Hierwurde sehr wohl verantwortlich gehandelt. Eines möchteich noch sagen, weil Sie heute schon polemisch waren: ImGegensatz zu Schleswig-Holstein, wo einmal über län-gere Zeit ein Postbote als Arzt beschäftigt wurde, ist mirin Bayern kein solcher Fall bekannt. Die Kontrollen inSchleswig-Holstein waren anscheinend nicht in allen Be-reichen gegeben.
Ich möchte an die Bundesregierung und an die Regie-rungskoalition einige Fragen stellen. Es gibt auf Bundes-ebene einen interministeriellen Ausschuss für Verbrau-cherfragen. Dieser ist beim Bundeswirtschaftsministeriumangesiedelt. Ebenso gibt es einen Verbraucherbeirat desBMWi. Ich frage Sie, ob diese beiden Gremien währendIhrer zweijährigen Regierungszeit aktiviert worden sind.Ich habe in der Öffentlichkeit nichts darüber vernommen,dass diese Ausschüsse in diesen zwei Jahren jemals getagthätten.
Auch gibt es einen Verbraucherausschuss beim Bundes-landwirtschaftsministerium. Von diesem habe ich in derÖffentlichkeit ebenfalls sehr wenig gehört. Wer selbst imGlashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen auf andere werfen.Vielmehr sollte man Verantwortung für die eigene Tätig-keit übernehmen. Bayern hat verantwortlich gehandelt.
Ich bin gespannt, was herauskommt, wenn die bayeri-schen Ermittlungsbehörden ihre gesammelten Unterlagenan die Behörden der anderen Bundesländer weitergeben.Es wird interessant sein, zu sehen, welche Ergebnisse inder nächsten Zeit dabei herauskommen.Noch einige Aussagen zu dem, was die Frau Bundes-ministerin gesagt hat: Frau Bundesministerin, wir sind be-reit, eine Wende in der Agrarpolitik mitzutragen. Wir ha-ben die Agenda 2000 in ihrer vorliegenden Form nichtmitgetragen.
Was war denn die Agenda 2000? Die Agenda 2000 warein Abschluss, der damals vom Bundeskanzler übereiltdurchgeboxt wurde und eine stärkere Orientierung amWeltmarkt verlangte. Wenn wir in Deutschland und in Eu-ropa eine andere Landwirtschaft wollen, dann dürfen wirdiese Landwirtschaft nicht einem weltweiten Wettbewerbaussetzen. Das ist die Konsequenz einer eigenständigenAgrarpolitik.Wir werden Sie an dem messen, was Sie bei der WTOund in Brüssel durchsetzen, damit wenigstens die stren-gen deutschen Maßstäbe auf ganz Europa übertragen wer-den. Es nützt nichts, in diesem Bereich voranzugehen,wenn dies nicht europaweit umgesetzt wird. Daran wer-den wir Sie messen.Sie haben unsere volle Unterstützung, wenn es darumgeht, Tierarzneimittel europaweit prophylaktisch zu ver-bieten. Die F.D.P. hat zugesagt, die Union sagt zu, dieSPD und die Grünen sagen zu. Es hindert Sie niemandmehr daran, das sehr schnell umzusetzen. Im Interesse ei-nes verbesserten Verbraucherschutzes bitte ich Sie ein-dringlich, bei Ihrer nächsten Sitzung in Brüssel unsere ge-meinsamen Forderungen sehr intensiv vorzutragen. Wirwerden Sie dabei begleiten.
Was die Neuorientierung der Agrarpolitik anbelangt,müssen wir nach meiner Auffassung einen Weg beschrei-ten, der garantiert, dass auch kleinteilige Agrarstrukturennoch eine Zukunft haben. Was haben sich bestimmte Po-litiker der SPD in der Vergangenheit schon über bayeri-sche Agrarstrukturen lustig gemacht und jetzt fordert derBundeskanzler diese Agrarstrukturen! Hier geben wir Ih-nen von Bayern aus volle Rückendeckung; das kann ichIhnen versprechen.Vielen Dank.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Letzter Redner in der
Aktuellen Stunde ist der Kollege Heino Wiese, SPD-Frak-
tion.
Frau Präsidentin!Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Dieser Skandal inBayern hat zwei Komponenten: Die eine ist die kriminelleEnergie, die von Tierärzten eingesetzt wurde.
– Von einigen; das will ich gerne zugeben.
– Ja, die zweite Komponente ist eine Staatsregierung, diein der Angelegenheit nicht nur geduldig ist, sondern ver-harmlost und vertuscht. Wir haben heute Morgen im Fern-sehen erleben können, wie Herr Goppel gesagt hat, IhrKollege Miller sei als Landwirtschaftsminister nicht fürdie Schweinemast zuständig und daher brauche er auchkeine Konsequenzen zu ziehen.
Das ist eine sehr einfache Art und Weise, mit dieser Pro-blematik umzugehen. Lieber Albert, auch du hast ebennicht gerade dazu beigetragen, den Fall wirklich ernsthaftdarzustellen.Nachbarn, die erstaunt waren, dass ich für das Weih-nachtsessen gutes Rindfleisch eingekauft habe, und mirmitteilten, sie seien auf Schweinefleisch umgestiegen,habe ich damals widersprochen. Ich habe ihnen gesagt,dass Rinder in der Regel durchaus gesünder ernährt wür-den als Schweine. Schweine wurden bis zum Verbot über-
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Albert Deß14240
wiegend mit Tiermehl ernährt, was ich schon damals alsnicht in Ordnung empfand.
– Ja, gut, trotzdem empfinde ich es als absolut Übelkeiterregend und widerlich, dieses Fleisch essen zu müssen,wenn ich weiß, was alles an die Schweine verfüttert wor-den ist.
Die neuerlichen Enthüllungen aus dem bayerischenSchweineskandal überbieten dies noch. Es gibt jetzt dreiKategorien von Schweinen: die illegal mit Medikamentengemästeten Dopingschweine, die legal als Billigfleisch-lieferanten gezogenen Turboschweine und die Schweine,die in einem Extrastall stehen und die der Bauer für denEigenbedarf mästet.
Der Bauer weiß also ganz genau, was gut ist.Leider ist ein so gemästetes Schwein für die Einkäuferder Supermärkte zu teuer. Hier müssen wir ansetzen. Ver-braucherinnen und Verbraucher müssen deutlich machen,dass sie Billigfleisch, das mit Schweinedoping erzeugtworden ist, nicht mehr wollen und dafür lieber auf denVerzehr von Schweinefleisch verzichten. Fleischverzehrsollte, wie es zu Zeiten, als die Entfremdung zum Nutztiernoch nicht so weit fortgeschritten war, wieder etwas Be-sonderes sein. Das müssen wir durch Werbung und Auf-klärung deutlich machen. Verbraucherverbände und Tier-schützer müssen uns dabei helfen. Wir müssen denVerbraucherinnen und Verbrauchern auch deutlich ma-chen, dass sie eine gute Qualität nur zu einem angemes-senen Preis erhalten können.
Die Qualität muss durch ein Gütesiegel garantiert wer-den und vor allen Dingen muss die Produkthaftung derHändler und Erzeuger gewährleistet sein. Wir können esnicht weiter zulassen, dass für derartige Dinge letztlichniemand haftbar gemacht wird. Schließlich muss esselbstverständlich sein, dass Verstöße nicht nur mit klei-nen Geldbußen belegt, sondern als Straftaten geahndetwerden.
Kollege Albert Deß, ich spreche Sie noch einmal an:Der bayerische Musterbauer, der uns ja in den letzten Sit-zungen immer wieder das Hohelied der bayerischenAgrarpolitik gesungen hat und der nicht müde wird, aufdie dortigen hohen Standards zu verweisen, hat mir in denletzten Tagen durchaus sehr Leid getan. Für ihn muss esschon tragisch sein – ich spreche deine Konfrontationenmit Bauern in der Region und mit Erzeugern an –, wiesehr das von ihm verbreitete Bild durch die Realitäten ent-stellt würde.
Vielleicht hilft ihm der Skandal aber dabei, von dem ho-hen Ross zu steigen, von dem aus er immer auf andereherabgeblickt hat.Wir sollten ehrlich miteinander umgehen und zurKenntnis nehmen, dass Doping und Panschereien in allenBundesländern passieren können, und aufhören, uns ge-genseitig zu Buhmännern zu machen. Dies sage ich amheutigen Tag ganz besonders in Richtung der CDU/CSU:Die von Ihnen praktizierte Buhmannstrategie hilft unsnicht weiter und schadet allen Politikern.
– Sehen Sie sich einmal die Plakate an, die draußen hän-gen!
– Herr Ronsöhr, der Meister der Sprechblasen.
– Frau Präsidentin, darf ich weiterreden!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, der Kollege ist fast am Ende seiner Rede-
zeit. Ich bitte Sie, ihm noch die entsprechende Aufmerk-
samkeit zu widmen. Wir sind gleich auch am Ende der
Aktuellen Stunde. Dann können Sie weiterstreiten, aber
draußen.
Es muss uns allen
darum gehen, für die Verbraucher und auch für die Erzeu-
ger einen Weg zu finden, um in Zukunft für alle die
Fleischqualität zu bekommen, die der Bauer für seinen
Eigenverbrauch erreicht.
Letztlich müssen wir uns gemeinsam gegen die Herren
von der Fleischindustrie zur Wehr setzen, die das gegen-
wärtige Absatzproblem wie folgt begründen. Ich zitiere
– mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin – aus einem
Schreiben der Firma Böklunder.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist aus Zeitgrün-den eigentlich ein Problem.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 2001
Heino Wiese
14241
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 145. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. Januar 200114242
(A) Heino Wiese (Hannover) (SPD): Es ist nur ein Satz:
Durch Verlautbarungen von hoch gestellten politi-schen Persönlichkeiten in der Öffentlichkeit wurdeFleisch in der Form verunglimpft, dass bei den Ver-brauchern ein Restrisiko bewusst gemacht wurde.Ich halte das schon für sehr entlarvend. So geht es nicht,meine Herren! Wir sollten aufhören, Verharmlosung zubetreiben.Vielen Dank.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Aktuelle Stunde
ist beendet.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesord-
nung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, den 25. Januar 2001, 9 Uhr,
ein.
Die Sitzung ist geschlossen.