Rede von
Dr.
Stefan
Kaufmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Kollege Ralph Lenkert, ich bin katholisch, und
ich kann auch etwas mit Weihrauch anfangen; ich war
Ministrant . Ihre Anwürfe prallen an mir völlig ab .
Mit dem vorliegenden Antrag beteiligen sich die Ko-
alitionsfraktionen sehr frühzeitig am Diskussionsprozess
Kai Gehring
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 201621100
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zum nächsten Forschungsrahmenprogramm . Indem wir
heute diesen Antrag beschließen, leistet der Deutsche
Bundestag als erstes und bislang auch einziges nationales
Parlament seinen Beitrag zu diesem wichtigen Vorhaben .
Gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Zwischen-
evaluierung des aktuell laufenden Programms „Hori-
zont 2020“ sowie mit Blick auf das künftige Nachfol-
geprogramm muss sich nach unserer Auffassung der
Deutsche Bundestag schon jetzt in die Debatte auf eu-
ropäischer Ebene einbringen und so dazu beitragen, dass
die Leitplanken der künftigen EU-Forschungs- und Inno-
vationspolitik auch richtig gesetzt werden .
So haben wir es im Übrigen auch schon bei unserem
8 . Forschungsrahmenprogramm gemacht .
Mit dem Antrag geben wir der Kommission einen
Leitfaden an die Hand, den diese bei der Erarbeitung des
neuen Rahmenprogramms nutzen kann und – da bin ich
mir sehr sicher – auch nutzen wird . Ich danke ausdrück-
lich dem Kollegen René Röspel und auch den Kollegin-
nen und Kollegen aus den mitberatenden Fachausschüs-
sen für ihre konstruktiven Beiträge, die diesen Antrag aus
unserer Sicht zu einem sehr gelungenen, einem sehr sub-
stanziellen Beitrag des Deutschen Bundestages in dieser
Debatte machen .
Angesichts vielfältiger politischer, wirtschaftlicher
und auch gesellschaftlicher Krisen und Umbrüche – das
wurde angesprochen – ist die Europäische Union heu-
te mehr denn je gefordert, sich den Herausforderungen
der Zukunft zu stellen . Spätestens seit dem 23 . Juni, dem
Brexit-Votum der Briten, hat auch in Deutschland eine
umfassende Debatte über Europas Zukunft begonnen .
Die jüngsten Entwicklungen in Italien und Österreich,
aber auch die bevorstehenden Wahlen in den Niederlan-
den und in Frankreich beobachten wir nicht nur als Nach-
barn, sondern vor allem als Europäer mit ganz besonde-
rer Aufmerksamkeit .
Klar ist – das wurde schon betont –: Nur gemeinsam
kann Europa angesichts eines immer härter werdenden
internationalen Wissens- und Innovationswettbewerbs
seine Rolle als ein Kontinent der Ideen mit einer führen-
den Rolle in Wissenschaft, Forschung und Technologie
behaupten . Hierfür müssen wir bereits heute in diversen
politischen Handlungsfeldern, aber auch und gerade auf
dem wichtigen Feld der Forschungs- und Innovationspo-
litik die richtigen Weichen stellen .
Was genau wollen wir als Parlament in diesem Prozess
erreichen? Warum dieser Antrag? Was soll die Bundesre-
gierung – Thomas Rachel hat ja schon gesprochen – auf
europäischer Ebene einbringen? Ich freue mich, dass wir
hier in einem großen Gleichklang arbeiten .
Beispiel „Europäischer Forschungsraum“. Es geht uns
darum, bei der weiteren Gestaltung des Europäischen
Forschungsraums sowohl die nationale wie auch die
gemeinsame europäische Roadmap zum Europäischen
Forschungsraum weiter konsequent umzusetzen und
miteinander zu verzahnen . Es geht darum, dass der Eu-
ropäische Forschungsraum zudem unverändert mitglied-
staatengetrieben und unter Berücksichtigung des Subsi-
diaritätsprinzips weiterentwickelt wird .
Vor allem soll die Bundesregierung dafür Sorge tragen,
dass die für das laufende EU-Rahmenprogramm „Hori-
zont 2020“ vorgesehenen Finanzmittel auch tatsächlich
in vollem Umfang für die bisher bestimmten Zwecke zur
Verfügung stehen .
Bei der Ausrichtung des Nachfolgeprogramms von
„Horizont 2020“ – jetzt blicken wir in die Zukunft – sind
uns insbesondere folgende Punkte wichtig – jetzt möchte
ich doch, lieber Kollege René Röspel noch etwas zum
Antrag sagen –
– du hattest darauf gehofft, dass ich das mache; genau –:
Ganz wichtig ist für uns die finanzielle Ausstattung
des Nachfolgeprogramms, das ab 2021 laufen soll . Es
soll mindestens denselben Umfang haben wie der ur-
sprüngliche Haushaltsansatz für „Horizont 2020“, das
heißt ein Haushaltsansatz ohne die gegenüber der Aus-
gangsplanung faktischen Kürzungen der letzten Jahre .
Die Exzellenz muss bei der Vergabe von Fördermit-
teln weiter höchste Priorität haben . Das haben alle Red-
ner hier noch einmal betont .
Die Verbundforschung muss auch in Zukunft Kern der
europäischen Forschungsförderung bleiben . René Röspel
hat ausgeführt, was das heißt . Die Verbundforschung er-
möglicht seit vielen Jahren erfolgreich grenzüberschrei-
tende Zusammenarbeit der besten Forschungsakteure aus
öffentlichem und privatem Sektor und bietet auch den
KMU einen Einstieg in europäische Kooperationsnetz-
werke . Deshalb ist dieses Instrument gerade für Deutsch-
land so wichtig .
Außerdem schafft es für Europa einen Mehrwert, um den
es uns gerade bei der europäischen Forschungsförderung
immer wieder geht und der sich auch in den letzten Jah-
ren gerade im Bereich der Verbundforschung bestätigt
hat .
Noch ein Punkt, der uns sehr wichtig ist: Die zuwen-
dungsbasierte Forschungs- und Innovationsförderung
darf nicht weiter durch Kreditfinanzierungen ersetzt wer-
den .
Dr. Stefan Kaufmann
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 2016 21101
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Ich sage es an dieser Stelle noch einmal deutlich: Wir
halten den EFSI in seiner bestehenden Form nach wie
vor für keine besonders gute Idee .
Gleichzeitig müssen wir die Rahmenbedingungen für
den Wagniskapitalmarkt in Europa und vor allem den
Zugang von Start-ups und innovativen KMU zu Wagnis-
kapital weiter verbessern . Da hat Europa noch eine große
Herausforderung zu bewältigen .
Wir fordern darüber hinaus als weitere Leitmotive des
künftigen Programms Mut zur Prioritätensetzung, das
heißt auch zur Bildung kritischer Massen bei gleichzeiti-
ger Flexibilität in den Forschungsbereichen . Wir fordern
Klarheit der Struktur, vor allem Transparenz . Wir fordern
eine Kontinuität bei den bestehenden Instrumenten, und
wir fordern – ganz wichtig für die Antragstellung – eine
konsequente Fortführung der Bemühungen um die Ver-
einfachung bei der Antragstellung .
Es wurde bereits gesagt: Der Europäische Forschungs-
rat als Flaggschiff der europäischen Spitzenforschung
muss auch in der künftigen EU-Forschungsförderung
eine herausgehobene Stellung einnehmen . Wir wol-
len ihn weiter stärken . Ich bin dafür dankbar – Thomas
Rachel hat dazu einige Zahlen genannt –, wie Deutsch-
land von diesem Instrument profitiert.
Ich möchte noch etwas zu dem sehr wichtigen Punkt
„Innovationskluft in Europa“ sagen – Thomas Rachel hat
es angesprochen –: Vor dem Hintergrund der anhaltend
großen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei
der Beteiligung und erfolgreichen Einwerbung von For-
schungsmitteln sollte das durch „Horizont 2020“ neu ein-
geführte Förderformat „Verbreitung von Exzellenz und
Ausweitung der Beteiligung“ – so heißt es dort –, das wir
unter anderem mit Teaming- und Twinning-Maßnahmen
auf den Weg gebracht haben und das der Verringerung
der Forschungsinnovationskluft in Europa dienen soll,
spürbar ausgeweitet werden und – das ist eine neue Idee,
die ich eingebracht habe – als Querschnittsmaßnahme in
allen Programmlinien etabliert werden,
sozusagen als ein Mainstreaming über alle Programmli-
nien hinweg .
Dieser Vorschlag wurde im Übrigen auf der Konferenz
im Oktober dieses Jahres in Berlin, von der Thomas
Rachel vorhin berichtet hat, insbesondere von den osteu-
ropäischen Partnern begrüßt .
Das künftige Forschungsrahmenprogramm muss wei-
terhin ausschließlich für zivile Zwecke und Anwendun-
gen gelten. Deshalb – das ist auch unsere Auffassung;
hier sind wir d’accord mit dem Ministerium – muss ein
künftiges europäisches Programm zur Verteidigungsfor-
schung separat vom Forschungsrahmenprogramm eta-
bliert werden .
Ein letzter Punkt: Um das Potenzial und die Chancen
der Digitalisierung in Wissenschaft und Forschung opti-
mal nutzen zu können, unterstützen wir den Aufbau ei-
ner European-Open-Science-Cloud auf Basis der von der
Europäischen Kommission aus unserer Sicht zu Recht
vorgeschlagenen europäischen Cloudinitiative . Das ist
aus unserer Sicht ein guter und richtiger Ansatz .
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, wir, die Unionsfraktion, sind der festen Über-
zeugung, dass Europas Zukunft maßgeblich davon ab-
hängen wird, dass Forschung und Innovation eine wich-
tige Rolle spielen; das wurde schon mehrfach betont . Nur
so kann auch in Zukunft wirtschaftliches Wachstum ge-
neriert werden . Nur mit größtmöglicher Innovationskraft
werden wir die Herausforderungen des 21 . Jahrhunderts
für die Menschen bewältigen . Kai Gehring und andere
Redner vor mir haben ja schon einige Aufgaben benannt .
In der Hoffnung, dass diese Erkenntnis dazu beitragen
wird, den europäischen Gedanken weiterzutragen und
das Projekt „Europäische Union“ langfristig zu einem
Erfolgsmodell zu machen, werden wir unseren heutigen
Beschluss, so wir ihn nachher fassen werden, zeitnah
dem zuständigen EU-Forschungskommissar in Brüssel
zur Kenntnis bringen und damit diese Position des Deut-
schen Bundestages dort auch verankern .
Ich danke allen Beteiligten für die gute Zusammenar-
beit und darf Ihnen allen frohe Weihnachten und einen
guten Start ins neue Jahr wünschen . Ich freue mich auf
die weitere Zusammenarbeit in 2017 .
Danke sehr .