Rede von
Josip
Juratovic
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich danke der Union dafür, dass wir mit dem
Antrag „Kultur baut Brücken“ gemeinsam ein positives
Beispiel für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft bie-
ten können . Was mich an dem Antrag so freut, ist, dass
er in seiner Anlage und Haltung einmalig ist . Noch vor
wenigen Jahren herrschte die Auffassung, Multikulti sei
gescheitert . Mit dem vorliegenden Antrag wird nun deut-
lich, dass das Bekenntnis zur multikulturellen Gesell-
schaft in allen Parteien unseres Parlaments angekommen
ist .
Das hat nichts, aber auch gar nichts mit der sogenann-
ten Leitkultur zu tun, wie es eine auflagenstarke Zeitung
schreibt . Ja, in unserem Antrag ist die Rede von Deutsch-
land als Kulturnation, geprägt von den Werten der Auf-
klärung, von Freiheit und Humanität . Ist das richtig?
Ja . Ist das schlimm? Natürlich nicht . Sind wir an einem
Punkt, wo wir als demokratische Parteien nicht mehr be-
nennen können, was Deutschland prägt? Ich kann Ihnen
nur sagen, dass ich, wenn ich nach Kroatien fahre, für
viele nur noch „der Deutsche“ bin. Warum? Weil sie an
mir deutsche Verhaltensweisen erkennen . Das ist nun
einmal so . Aber das alles hat nichts mit unserem Antrag
zu tun . Denn nach dieser – ich nenne es einmal so –
Standortbestimmung heißt es auch, dass unser Land vom
Zusammenleben verschiedener Kulturen und von unter-
schiedlichen Lebenswelten geprägt ist . Das hätte sich die
Zeitung als Schlagzeile nehmen sollen: Union und SPD
bekennen sich zur Gesellschaft der Vielfalt . – Denn das
ist der Kern unseres Antrags „Kultur baut Brücken“.
Kultur baut Brücken, und mit Kultur kann man vieles
zum Ausdruck bringen, das man nicht in Worte fassen
kann . Kultur verbindet emotional und ermöglicht die Vi-
sion von einer Traumwelt . Vieles, was heute Realität ist,
war einst ein Traum. Kulturschaffende erkennen gegen-
seitig ihre Fähigkeiten und gehen in der Regel respektvoll
miteinander um . Das ist beispielhaft für die Gesellschaft
und ein wichtiger Beitrag für das friedliche Miteinander .
An dem Kulturbegriff, der unserem Antrag zugrun-
de liegt, gefällt mir besonders, dass er so umfassend ist .
Denn es ist die Vielfalt kultureller Initiativen, die unsere
Gesellschaft ausmacht .
Dr. Volker Ullrich
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 201621094
(C)
(D)
Sie unterstützen und würdigen wir mit unserem Antrag .
So begrüßen wir nicht nur die Einrichtung der „Initiative
kulturelle Integration“, sondern auch das Engagement der
Bundesagentur für Arbeit, die in zwei Jahren kurzfristig
200 000 Asylbewerberinnen und Asylbewerbern Sprach-
kurse ermöglicht hat . Denn auch Sprache ist Kultur .
Wir möchten nicht nur Integrationskurse durch regel-
mäßige kulturelle Aktivitäten ergänzen, wir wollen auch
digitale Teilhabe und Medienbildung für Flüchtlinge
fördern . Genauso förderwürdig im Zusammenhang mit
Integration ist das Programm „Fußball trifft Kultur“.
Dort können Kinder nicht nur Fußballspielen und gesell-
schaftliche Tugenden wie Teamgeist und Zusammenhalt
erlernen, sie erhalten auch Förderunterricht . Auch das ist
Teil der Alltagskultur .
Kultur ist eben kein Subventionsloch, in dem Gelder
für verrückte Projekte verschwinden, sondern eine wich-
tige Investition in die Zukunft .
Jede und jeder Einzelne hat täglich mit Kultur zu tun, und
genauso allgegenwärtig sind ihre Möglichkeiten der Inte-
gration . Allein, es muss der Wille der Gesellschaft sein .
Diesen Willen konnten wir in den vergangenen zwei
Jahren deutlich erkennen . 8 Millionen Menschen haben
sich im vergangenen Jahr ehrenamtlich engagiert . Vie-
le der Freiwilligen haben auch kulturelle Angebote ge-
macht, zum Beispiel die Banda Internationale in Dres-
den oder das Projekt „Brücken der Kulturen“ von Guy
Ramon in meinem Wahlkreis Heilbronn . Sie sind die
stillen Helden hierzulande und helfen kaum hörbar . Die
800 000 Schreihälse hingegen, die rechte Parolen brüllen,
werden von allen gehört . Lassen Sie uns dafür sorgen,
dass den Engagierten unseres Landes mit diesem Antrag
signalisiert wird, dass wir ihre Arbeit richtig und wichtig
finden und uns nicht an den Bedenkenträgern orientieren
und dass wir ein gemeinsames Ziel haben: eine starke,
widerstandsfähige Gesellschaft der Vielfalt mit einer le-
bendigen, abwechslungsreichen Kunst- und Kulturszene
als unverzichtbarem Bestandteil .
Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen .
Danke schön für die Aufmerksamkeit .