Rede von
Ralph
Lenkert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DIE LINKE.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen
und Kollegen! In der gestrigen Aktuellen Stunde zum
Klimagipfel wurde fraktionsübergreifend gewürdigt,
dass es in Paris vorwärtsging . Frau Gundelach, man kann
sich ja darüber streiten, ob die Schuhe der Grünen neu
oder alt sind, aber wenigstens haben sie Schuhe, ziehen
sie an und wollen loslaufen, was man von Ihnen nicht
sagen kann .
Bei Strom aus erneuerbaren Energien, bei Energie-
speichern, im Verkehrssektor, bei der Energieeffizienz –
überall stehen Sie auf der Bremse, und ganz besonders
bei der Wärmewende . 95 Prozent der deutschen Wohn-
gebäude werden immer noch überwiegend mit fossilen
Energieträgern beheizt . Nur etwa 4,5 Millionen Haus-
halte in Deutschland decken einen Teil ihres Bedarfs
aus erneuerbaren Quellen. Das ist definitiv zu wenig. So
kann Deutschland seinen Teil im Kampf gegen die Erd-
erwärmung nicht leisten .
Die Grünen legen jetzt einen Gesetzentwurf vor und
fordern, dass Hauseigentümer künftig 15 Prozent der ge-
nutzten Wärmeenergie aus regenerativen Quellen decken
müssen oder weniger Energie verbrauchen müssen . Der
Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung . Auch die
Linke kritisiert, dass die Bundesregierung bei der Sanie-
rung des Gebäudebestandes ihre Gesetzgebungskompe-
tenz ignoriert, vor allem, dass nur auf mieterfeindliche,
überteuerte energetische Modernisierungsmaßnahmen
gesetzt wird . Es braucht gesetzliche Vorgaben, die Ver-
mieter und Hausbesitzer zu Energieeinsparmaßnahmen
bringen, ohne dass diese zu einer ungerechtfertigten Er-
höhung der Mieten führen .
Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes bietet die Mög-
lichkeit für diese Forderung . Ich zitiere:
Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich
dem Wohle der Allgemeinheit dienen .
Das heißt, Sie könnten, wenn Sie wollten .
Es ist richtig, den Hauseigentümern größtmögliche
Flexibilität bei der Umsetzung zuzugestehen . Die Mög-
lichkeit der Wahl zwischen Heizungsmodernisierung,
Dämmung und Sanierungsfahrplan im Gesetzentwurf der
Grünen begrüßen wir .
Das Landesgesetz in Baden-Württemberg zeigt erste
Erfolge . Dass die Anzahl kleiner stromproduzierender
Heizanlagen, KWK genannt, wächst, ist so ein Erfolg .
Allerdings braucht es noch viel mehr Ansätze . Eine dif-
ferenzierte Energiebedarfsanalyse des Gebäudebestands
fehlt noch immer . Liebe Kolleginnen und Kollegen,
prüfen wir, ob die Fixierung in der Energieeinsparver-
ordnung, EnEV, auf den Dämmzustand der Außenwände
noch der richtige Ansatz ist . Entscheidend ist doch nicht,
wie viel Wärme theoretisch durch die Außenwände ent-
weicht, sondern wie viel Heizenergie man entsprechend
der Nutzung braucht bzw . einsparen könnte . Heute ist die
Messtechnik weiter entwickelt als zur Geburtsstunde der
EnEV . Stellen wir also gemeinsam die Analyse auf die
richtige Basis: Gebäude müssen nach Heizbedarf je Qua-
dratmeter Nutzfläche bewertet werden.
Im Vorschlag der Grünen fehlt auch die Verknüpfung
von Wärme- und Strommarkt . Gebäude sind nicht nur
Stromproduzenten über Solardächer und KWK-Anlagen .
Gebäude könnten auch hervorragend als Wärmeenergie-
speicher genutzt werden, damit überschüssiger Wind-
oder Solarstrom zwischengespeichert und genutzt wird .
Noch ein Wort zu strukturschwachen Regionen . Dort
sind viele Hausbesitzer mit Sanierungen schlicht über-
fordert . Oft ist auch unsicher, ob diese Gebäude zukünf-
tig genutzt werden können . Was machen Sie denn mit der
alten Dame, die nur eine geringe Rente bekommt und al-
lein im eigenen Haus wohnt? Da braucht es praktikable
Lösungen, um soziale Härten abzufedern:
Sanierungspflicht bei selbstgenutzten Häusern in solchen
Fällen erst nach Eigentümerwechsel, Abwrackprämien
für Altheizungen und vor allem Förderungen, die warm-
mietenneutrale energetische Sanierungen ermöglichen .
Mieterinnen und Mieter verdienen den gleichen Schutz
wie das Klima . Damit soziale Verantwortung und Klima-
schutz möglich werden, fordert die Linke jährlich 5 Mil-
liarden Euro für energetische Sanierungen .
Da es kurz vor Weihnachten ist, liebe Kolleginnen und
Kollegen von der Union: Sie alle träumen von weißen
Weihnachten . Wenn Sie, wie bisher, beim Klimaschutz
auf der Bremse stehen, werden weiße Weihnachten in
Deutschland in Zukunft nur noch ein Traum sein . Das
können wir gemeinsam verhindern .
Vielen Dank .
Dr. Herlind Gundelach
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 147 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . Dezember 2015 14563
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