Rede von
Dr.
Martin
Rosemann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Markus Kurth, herzlichen
Dank dafür, dass Sie alles gesagt haben, was zum Antrag
der Linken zu sagen ist .
Deswegen kann ich mich wieder der Realität zuwenden .
Zunächst einmal zur aktuellen Lage . Diese ist in der
Rentenversicherung ausgesprochen gut . Die Nachhal-
tigkeitsrücklage liegt bei rund 35 Milliarden Euro . Wir
mussten in dieser Legislaturperiode sogar schon die Bei-
tragssätze senken . Diese Situation ist deutlich besser, als
es noch vor einigen Jahren prognostiziert worden ist .
Matthias Birkwald, das zeigt, dass der Nachhaltigkeits-
faktor auf die Situation am Arbeitsmarkt reagiert; denn
das, was wir erleben, hat mit der sehr guten Lage auf
dem Arbeitsmarkt, mit der höchsten Erwerbstätigkeit,
der höchsten Zahl an sozialversicherungspflichtig Be-
schäftigten und der geringsten Arbeitslosigkeit seit der
Wiedervereinigung zu tun .
Das wiederum hat etwas mit den Strukturreformen auf
dem Arbeitsmarkt vor rund zehn Jahren zu tun . Es hat
etwas zu tun mit den richtigen Weichenstellungen der Po-
litik in der Finanzmarktkrise . Und es hat erst recht etwas
damit zu tun, dass wir verantwortungsvolle Unternehmer
und engagierte Beschäftigte in Deutschland haben .
Meine Damen und Herren, ich will aber auch noch
an die ersten Leistungsverbesserungen in der Rente seit
Jahren, die Aufwertung der Kindererziehungszeiten vor
1992, den früheren Rentenzugang für besonders langjäh-
rig Versicherte und Verbesserungen bei den Erwerbsmin-
derungsrenten erinnern . Das hat diese Bundesregierung
gemacht . Das hat die Bundesministerin Andrea Nahles
Markus Kurth
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 147 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . Dezember 201514534
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gemacht . Und das hat diese SPD gemacht, meine Damen
und Herren .
Wir sind damit sicherlich noch nicht am Ende; denn
die Herausforderungen durch den demografischen Wan-
del, durch zunehmende Altersarmut liegen auf dem Tisch .
– Ja, die Koalition hat es gemeinsam gemacht .
Es ist ja Weihnachten .
– Wenn ihr euch durch diese Bundesregierung nicht an-
gesprochen fühlt, dann ist das nicht mein Problem .
Die Herausforderungen durch den demografischen
Wandel und durch zunehmende Altersarmut infolge von
brüchigen Erwerbsbiografien liegen also auf dem Tisch.
Wir haben mit den Verbesserungen bei den Erwerbsmin-
derungsrenten schon einen wichtigen Schritt zur Bekämp-
fung von Altersarmut gemacht . Aber natürlich brauchen
wir weitere Antworten, gerade dann, wenn Menschen mit
brüchigen Erwerbsbiografien, mit geringen Löhnen, mit
langen Phasen der Arbeitslosigkeit in Zukunft in Rente
gehen . Deswegen werden wir als Koalition geringe An-
wartschaften im Rahmen der solidarischen Lebensleis-
tungsrente noch in dieser Legislaturperiode aufwerten .
Wenn wir im Durchschnitt älter werden, dann müssen
wir im Durchschnitt auch länger arbeiten . Dann müssen
wir aber auch dafür sorgen, dass die Menschen das schaf-
fen . Wenn wir auf die Arbeitsmarktstatistiken schauen,
dann sehen wir, dass wir dabei schon ein großes Stück
vorangekommen sind . Mit der Einigung in der Koalition
über flexible Übergänge verbessern wir die Bedingungen
weiter .
Durch eine attraktivere und flexiblere Teilrente und die
frühere Möglichkeit, Abschläge abzukaufen, machen wir
einen flexiblen Ausstieg attraktiver. Durch die Stärkung
von Prävention und Reha verbessern wir die Chancen,
dass die Menschen bei guter Gesundheit möglichst lange
im Erwerbsleben bleiben können . Durch die Möglichkeit,
eigene Rentenanwartschaften auch während des Renten-
bezugs zu erwerben, machen wir das Weiterarbeiten auch
nach dem Renteneintritt attraktiver .
Klar ist und klar muss sein: Die gesetzliche Rente
ist und bleibt die zentrale Säule der Altersversorgung in
Deutschland . Deswegen müssen wir sie auch stabilisie-
ren .
Klar ist aber auch, dass der demografische Wandel nur
bewältigbar ist, wenn wir die Lasten gerecht zwischen
den Generationen verteilen und Alterssicherung auf meh-
reren Säulen basiert . Klar ist schließlich auch, dass es so,
wie man es sich einmal vorgestellt hat, nicht gut genug
funktioniert . Deswegen sehen auch wir da Reformbedarf .
Reformbedarf sehe ich vor allem in zwei Bereichen .
Ich glaube, wir müssen auch bei kapitalgedeckten
Systemen weg von individuellen Lösungen . Wir müssen
hin zu mehr kollektiven Lösungen und zu mehr Verbind-
lichkeit . Das heißt, dass betriebliche Altersversorgung
auch in Deutschland sozialpartnerschaftlich organisiert
wird . Das erhöht die Verbindlichkeit, und wir erreichen
mehr Beschäftigte . Das reduziert Vertriebs- und Verwal-
tungskosten und ermöglicht optimalere Anlagestrategien .
Den zweiten Reformbedarf sehe ich bei der Förde-
rung . Ich glaube, wenn wir über stärkere kollektive Sys-
teme die zweite Säule, die betriebliche Altersversorgung,
stärken, dann müssen wir in der zweiten Säule auch Ge-
ringverdienerinnen und Geringverdiener besser fördern,
damit nicht nur gut verdienende Facharbeiter aus der
zweiten Säule, der betrieblichen Altersversorgung, pro-
fitieren.
Insgesamt heißt das, dass wir einen Paradigmenwech-
sel bei der betrieblichen Altersversorgung vornehmen
müssen und die betriebliche Altersversorgung von einem
Instrument der betrieblichen Personalpolitik zu einem
Instrument der Sozialpolitik für alle Beschäftigten in
Deutschland weiterentwickeln müssen .
Aber klar ist: Nicht alle Probleme sind alleine in der
Rentenpolitik zu lösen . Denn natürlich gibt es einen Zu-
sammenhang: gute Arbeit, gute Löhne, gute Rente .
Deshalb haben wir den Mindestlohn eingeführt . Des-
halb stärken wir die Tarifbindung . Deshalb arbeiten wir
für den Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit für
Frauen und Männer genauso wie in der Leiharbeit .
Deshalb setzen wir uns für die bessere Vereinbarkeit von
Familie und Beruf ein . Deshalb geht es auch um bessere
Bildung von Anfang an . An all dem arbeiten wir Sozial-
demokratinnen und Sozialdemokraten hier im Bund ge-
meinsam mit unserem Koalitionspartner, aber auch in der
Verantwortung in den Ländern .
Dr. Martin Rosemann
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 147 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . Dezember 2015 14535
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In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein frohes
Weihnachtsfest .