Rede von
Dr.
Andreas
Lenz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen
und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue
mich, dass wir zu so prominenter Zeit heute das Thema
Nachhaltigkeit hier im Hohen Haus diskutieren . Das
zeigt auch, dass das Leitbild einer nachhaltigen Entwick-
lung fundamentaler Bestandteil bundesdeutscher Politik
ist . Schaut man sich den Koalitionsvertrag an, dann stößt
man 69-mal auf den Begriff der Nachhaltigkeit, manch-
mal in einem etwas unglücklichen Zusammenhang . Aber
nichtsdestotrotz zeigt das einmal mehr, wie wichtig der
Begriff der Nachhaltigkeit und nachhaltige Politik für
Deutschland sind . Das ist wichtig für die Bundesregie-
rung, aber auch für das Parlament . Wir setzten hier ganz
gezielte Akzente .
Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie wird durch den
Indikatorenbericht begleitet . Hier wird die Zielerreichung
gemessen, die einzelnen Punkte werden begutachtet . Ich
will die im Indikatorenbericht genannten Punkte anhand
einiger Beispiele deutlich machen und aufzeigen, in wel-
chen Bereichen wir Verbesserungen erreichen konnten .
Für mich ist das wichtigste Beispiel der ausgeglichene
Haushalt, den wir mittlerweile zum dritten Mal anstreben
und auch erreichen werden . Das ist deshalb nachhaltig,
weil ohne die maßvolle Haushaltsführung die Bewälti-
gung der mit der Flüchtlingskrise einhergehenden He-
rausforderungen nicht möglich wäre . Gleichzeitig wer-
den die Investitionen in die Infrastruktur, insbesondere in
die digitale und in die Verkehrsinfrastruktur, konsequent
fortgesetzt . Das ist Nachhaltigkeit, auch im Sinne der
Generationengerechtigkeit .
Kaum woanders werden die Unschärfen des Begriffes
der Nachhaltigkeit so klar wie beim Thema Energiewen-
de . Uns ist die Entkoppelung von Energieverbrauch und
Wirtschaftswachstum gelungen .
Birgit Menz
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 147 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . Dezember 201514516
(C)
(D)
Die erneuerbaren Energien sind Deutschlands wichtigste
Stromquelle . Der Anteil der erneuerbaren Energien am
Stromverbrauch lag im ersten Halbjahr 2015 erstmals bei
über 30 Prozent . Dabei konnte die EEG-Umlage stabili-
siert werden . Die soziale Dimension von Nachhaltigkeit
gilt es eben auch zu berücksichtigen, ebenso wie die öko-
nomische .
Im Bereich der Innovationen hat Deutschland viel er-
reicht . Die Ausgaben des Bundes für Bildung und For-
schung haben sich seit 2005 verdoppelt, aber auch die
Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind gesamt-
wirtschaftlich deutlich angestiegen .
Gerade die Forschung und der Transfer von Techno-
logien, die einer nachhaltigen Entwicklung dienen, bie-
ten wirtschaftliche Chancen . Es gibt also wesentliche
Fortschritte im Bereich einer nachhaltigen Entwicklung .
Deutschland ist hier nach wie vor Vorbild, aber – wir ha-
ben es gehört – Deutschland ist auch Entwicklungsland .
Natürlich hindert uns niemand daran, noch besser zu wer-
den . Es gibt auch Bereiche, in denen dies notwendig ist .
Im Bereich der Mobilität erreichen wir unserer Ziele
nicht . Der Endenergieverbrauch im Sektor Verkehr war
2014 rund 1,7 Prozent höher als 2005 . Die Gütertransport-
intensität steigt weiter . Der Beirat fordert hier, umwelt-
freundliche Antriebstechnologien, auch die Elektromo-
bilität, durch sinnvolle Maßnahmen stärker zu fördern .
Auch beim Klimaschutz sind weitere Anstrengun-
gen notwendig . Das Klimaschutzabkommen von Paris
schafft dafür gute Voraussetzungen . Der Kohleausstieg
muss gelingen . Der Beirat fordert, dass Deutschland bei
der Verringerung der Pro-Kopf-Emissionen weiterhin
ambitioniert vorangeht .
Deutschland leistet viel im Bereich der Entwicklungs-
zusammenarbeit, der Armutsbekämpfung, der Friedens-
sicherung und der Demokratieförderung . Dennoch sind
in diesem Bereich die selbstgesteckten Ziele finanziell
noch nicht erreicht . Wir brauchen also weiterhin ein am-
bitioniertes Vorgehen, um die nationalen Ziele tatsäch-
lich zu erreichen, und wir können die Ziele erreichen .
Nachhaltigkeitspolitik ist mehr als Indikatoren; so
wichtig diese auch sind . Insgesamt 195 Länder haben
sich am 25 . September dieses Jahres auf 17 übergeord-
nete globale Nachhaltigkeitsziele geeinigt . Das ist wirk-
lich eine historische Einigung . Die Ziele, wie Armut und
Hunger zu beenden, ein gesundes Leben zu ermöglichen,
Zugang zu Bildung zu schaffen usw ., bieten letztendlich
auch die Grundlage dafür, Perspektiven zu schaffen und
die Fluchtursachen langfristig global und effektiv zu be-
kämpfen .
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung muss
gelingen . Es handelt sich um nicht weniger als einen
Weltzukunftsvertrag, wie es unser Minister für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung formu-
lierte . Es ist das eine, Ziele zu verabschieden, aber das
andere ist, sie auch umzusetzen . Jetzt muss auf die Um-
setzung geachtet werden . Klar ist, dass die Prioritäten
der einzelnen Länder unterschiedlich sind . Es geht um
Common But Differentiated Responsibility, also um eine
gemeinsame, aber unterschiedliche Verantwortung . Es
ist erstaunlich bzw . beachtlich, was man feststellt, wenn
man in Neu-Delhi, in Indien, am Flughafen landet: Ein
Plakat mit den 17 Nachhaltigkeitszielen ist dort an pro-
minenter Stelle platziert . Das spricht doch dafür, dass das
Bewusstsein für eine globale Verantwortung durch diese
Ziele gestärkt werden kann .
Deutschland hat sich als eines von neun Ländern
verpflichtet, die Ziele möglichst früh vollständig umzu-
setzen . Dazu muss es gelingen, die Inhalte der globalen
Nachhaltigkeitsziele verständlich zu kommunizieren .
Die Bundesregierung wird deshalb im Rahmen der
Fortschreibung der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie
zügig einen Umsetzungsplan vorlegen . Wir als Nachhal-
tigkeitsbeirat werden diesen Prozess konstruktiv, aber
natürlich, wie es unsere Art ist, auch kritisch begleiten .
Der Beirat ist sozusagen der Stachel im Fleisch der nati-
onalen Nachhaltigkeitspolitik . Wir werden die Nationale
Nachhaltigkeitsstrategie anpassen müssen, ebenso die
Indikatoren, die zur Prüfung dienen .
Aber auch auf europäischer Ebene ist eine Weiterent-
wicklung der Nachhaltigkeitsstrategie notwendig . Auf
dieser Ebene sind wir als Beirat in Gesprächen ebenfalls
aktiv . Angesichts der globalen Herausforderungen gilt es,
noch einmal die Notwendigkeit einer globalen nachhal-
tigen Entwicklung zu betonen . Auch wenn es schwierig
ist, weil die Länder unter Nachhaltigkeit etwas Unter-
schiedliches verstehen, gilt: Wir haben dank der globa-
len Nachhaltigkeitsziele eine Chance, die wir ergreifen
sollten .
Achten wir also, wie Papst Franziskus es in seiner En-
zyklika sagt, aufeinander und haben wir sorgsam Acht
auf die Schöpfung. Das ist, wie ich finde, eine sehr schö-
ne Definition von Nachhaltigkeit.
Herzlichen Dank .