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ID1812011200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/120 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 120. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. September 2015 Inhalt Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016) Drucksache 18/5500 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11603 A b) Beratung der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Finanzplan des Bundes 2015 bis 2019 Drucksache 18/5501 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11603 B Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Dr . Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 11603 B Dr . Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 11609 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11614 C Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 11619 A Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11622 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 11625 B Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11625 D Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11625 D Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11627 C Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11630 A Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11631 C Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . 11632 D Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 11634 A Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11635 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 11636 D Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11637 D Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 11639 B Dr . Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11640 A Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA 11642 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11645 C Dr . Franz Josef Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . 11646 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 11647 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11647 D Dr . Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11649 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11651 A Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 11652 B Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 11653 C Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 11655 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 120 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . September 2015II Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11655 D Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11656 C Detlef Seif (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11657 C Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11659 A Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . 11661 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11663 D Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 11665 A Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11666 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 11667 D Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 11669 C Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11671 B Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11672 D Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11674 A Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11675 B Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 11676 B Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 11677 C Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung Dr . Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 11678 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11681 B Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11682 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11683 D Dagmar G . Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11685 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 11686 D Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11688 B Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11689 D Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11691 B Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11693 A Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11694 C Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11696 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11697 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 11699 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 120 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . September 2015 11603 120. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. September 2015 Beginn 9 .00 Uhr
  • folderAnlagen
    Stefan Rebmann (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 120 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . September 2015 11699 Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Becker, Dirk SPD 09 .09 .2015 Brand, Michael CDU/CSU 09 .09 .2015 Brandl, Dr . Reinhard CDU/CSU 09 .09 .2015 De Ridder, Dr . Daniela SPD 09 .09 .2015 Dröge, Katharina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Groth, Annette DIE LINKE 09 .09 .2015 Hartmann (Wackern- heim), Michael SPD 09 .09 .2015 Hirte, Dr . Heribert CDU/CSU 09 .09 .2015 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 09 .09 .2015 Kiziltepe, Cansel SPD 09 .09 .2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Klein-Schmeink, Maria BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Kolbe, Daniela SPD 09 .09 .2015 Lenkert, Ralph DIE LINKE 09 .09 .2015 Mihalic, Irene BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Mortler, Marlene CDU/CSU 09 .09 .2015 Obermeier, Julia CDU/CSU 09 .09 .2015 Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 09 .09 .2015 Renner, Martina DIE LINKE 09 .09 .2015 Röspel, René SPD 09 .09 .2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 09 .09 .2015 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Satz: Satzweiss.com, Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de http://www.satzweiss.com http://www.printsystem.de http://www.betrifft-gesetze.de 120. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Einbringung Haushaltsgesetz 2016 – Finanzplan des Bundes 2015 bis 2019 Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt Epl 14 Verteidigung Epl 23 wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Bärbel Kofler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

    Es ist mehrfach angesprochen worden: Wir diskutieren
    einen Entwicklungshaushalt mit einem durchaus erfreu-
    lichen Aufwuchs; das möchte ich am Anfang anmerken .
    Ich freue mich über 880 Millionen Euro mehr . Ich möch-
    te aber deutlich unterstreichen: Das darf kein haushal-
    terisches Strohfeuer bleiben . Wir brauchen Kontinuität
    im Aufwuchs der Haushaltsmittel für wirtschaftliche Zu-
    sammenarbeit und Entwicklung .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Warum brauchen wir sie? Schauen wir uns an: Was
    steht in unserer eigenen mittelfristigen Finanzplanung,
    noch von der Vorgängerregierung aufgestellt? Abgesenk-
    te Mittel, und daran bemisst sich der Aufwuchs, über den
    wir reden . Was steht in den Ergebnissen der Konferen-

    zen der G 7 und der Konferenz von Addis Abeba? Ha-
    ben wir darin wirklich Verpflichtungen für die nächsten
    Jahre definiert, wie wir Entwicklungszusammenarbeit fi-
    nanzieren wollen, oder sind darin noch sehr viele schöne
    Absichtserklärungen enthalten? Ich glaube, es ist leider
    Letzteres der Fall .

    Warum brauchen wir das? Wir haben es heute mehr-
    fach diskutiert . Es ist über das Thema Flucht diskutiert
    worden . Wir müssen uns fragen: Stellt dieser Haushalt,
    so wie er aufgestellt ist, ein Abbild dessen dar, was wir
    auf die Herausforderungen der Zeit antworten müssen,
    ja oder nein?

    Wir haben über Fluchtursachen diskutiert . Es ist zu Recht
    angesprochen worden: Da gibt es zwei Dinge, die wir tun
    müssten . Das eine ist die akute Hilfe für die Menschen,
    die unter ganz erbärmlichen Umständen in Flüchtlingsla-
    gern leben, nicht erst seit gestern, sondern über Jahre hin-
    weg, und die dort zum Teil ohne Bildung, ohne Sanitär-
    anlagen, ohne Gesundheitsvorsorge leben . Es sind ganz
    katastrophale Zustände . Die Situation ist nicht erst seit
    gestern so . Das wissen wir schon länger . Hier brauchen
    wir akut Mittel und finanzielle Unterstützung.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir brauchen aber auch, wenn wir über die viel zitier-
    ten Fluchtursachen reden, Mittel – das ist angesprochen
    worden, das macht die Entwicklungszusammenarbeit –,
    um Kriege gar nicht erst entstehen zu lassen, um Bürger-
    kriege zu verhindern, um den Ausbruch von Kriegen zu
    verhindern und um den Zerfall von Staaten, die in sehr
    schwierigen Situationen sind – gerade in Subsahara-Afri-
    ka –, zu verhindern, damit die Menschen dort überhaupt
    eine Lebensperspektive haben, Zugang zu Nahrung ha-
    ben, vielleicht einen Arbeitsplatz finden, um sich selbst
    ernähren zu können, und ein Mindestmaß an Sicherheit
    garantiert ist, damit sie ihr Leben auch gestalten können .
    Wenn Staaten diese Basis nicht haben – finanziell und
    institutionell –, dann ist die Flucht vorprogrammiert . Bil-
    den wir das wirklich mit diesem Haushalt ab? Ich bin der
    Ansicht, wir tun es leider nicht .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    An diesem Rednerpult werden wir in 14 Tagen eine
    Regierungserklärung zum Thema „Nachhaltige Entwick-
    lungsziele“, das im September in New York eine Rolle
    spielen wird, hören . Es sind gute Ziele, die dort verein-
    bart werden sollen . Es sind wichtige Ziele . Die extreme
    Armut, die dazu führt, dass sich Menschen nicht mehr
    ernähren können, soll bis zum Jahr 2030 auf diesem Pla-
    neten ausgerottet werden . Aber bilden wir nur diese eine
    Forderung dieses Zielkataloges mit diesem Haushalt ab?
    Ich glaube, nein .


    (Beifall der Abg . Heike Hänsel [DIE LINKE])


    Ähnlich ist es bei den Fragen bezüglich des Klima-
    wandels . Im Dezember werden wir eine Konferenz in Pa-
    ris haben . Auch diese Herausforderungen werden haus-
    halterisch nicht abgebildet .


    (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


    Heike Hänsel






    (A) (C)



    (B) (D)


    Noch einmal: Ich freue mich, dass es seit mehreren
    Jahren der erste substanzielle Aufwuchs ist . Aber er darf
    nicht einmalig sein . Es muss uns allen klar sein, und zwar
    in allen Ressorts, dass dieser Aufwuchs in den nächsten
    Jahren und Jahrzehnten verstetigt werden muss .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das gilt für das viel zitierte 0,7-Prozent-Ziel, das wir
    endlich einmal erreichen wollen und sollen; denn wir
    werden es mit diesem Haushalt nicht erreichen . Es ist
    eine Frage der klassischen Entwicklungsfinanzierung. Es
    gilt aber auch – das ist von der Vorrednerin angespro-
    chen worden – für die Frage: Wie bekommen wir welt-
    weit die Staatsfinanzen überhaupt in Ordnung, sodass
    Entwicklungsländer eine Basis haben, in ihren Ländern
    selbst Einnahmen zu erzielen? Hier geht es um nationa-
    le Gesetzgebung . Wir wissen: Im September/ Oktober
    legt die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zu-
    sammenarbeit und Entwicklung, Pläne vor, wie wir das
    Thema Steuererosion verhindern können . Hier geht es
    darum, dass Konzerne Steuer- und Gewinnverlagerun-
    gen vornehmen und dadurch weltweit Milliardenbeträ-
    ge im dreistelligen Bereich erzielen und somit den Ent-
    wicklungsländern die Finanzbasis entziehen; übrigens
    nicht nur denen, auch uns . Wenn wir hier nicht begin-
    nen, gemeinsam mit anderen Politikern – hier brauchen
    wir die Finanzpolitiker – eine wirklich konsistente ent-
    wicklungsfördernde und armutsbekämpfende Politik zu
    machen – auch in anderen Feldern des politischen Agie-
    rens –, dann werden wir scheitern . Wir brauchen diese
    Zusammenarbeit . Wir brauchen dazu bei uns eine natio-
    nale Gesetzgebung und müssen vor Ort anfangen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ähnliches gilt für das Thema „Wirtschafts- und Han-
    delspolitik“ . Es ist mehrfach angesprochen worden . Ich
    sage es in jeder Rede: Wir brauchen verbindliche Stan-
    dards mit verbindlichen guten Arbeitsbedingungen,
    ILO-Kernarbeitsnormen, Gesundheitssysteme, soziale
    Absicherung . Wir brauchen Transparenz bezüglich der
    Rohstoffentnahmen von internationalen Konzernen, und
    zwar mit verbindlichen Regeln, damit vor Ort die Basis
    für Wertschöpfung und wirtschaftliches Handeln ge-
    schaffen wird .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das heißt, wir brauchen eine Zusammenarbeit mit der
    Finanzpolitik, mit der Wirtschaftspolitik, mit der Ge-
    sundheitspolitik . Unsere Zeit ist sehr schnelllebig . Vor
    einem Jahr standen wir hier, haben über Ebola debattiert
    und die Frage diskutiert, wie notwendig es ist, Gesund-
    heitssysteme weltweit aufzubauen . Genau das müssen
    wir jetzt tun, und zwar mit allen Fonds und mit allen Ak-
    teuren, die es dafür gibt . Ich würde mir wünschen, unser
    Haushalt würde den entsprechenden Aufwuchs abbilden,
    und zwar auch in unserer Zukunftsplanung . Das tut er
    leider nicht .


    (Beifall bei der SPD)


    Ich möchte an einem Beispiel deutlich machen, dass
    wir mehr tun können, um Entwicklungszusammenarbeit
    zur Konfliktprävention und zum Vorbeugen von Krisen,
    Kriegen und Fluchtursachen zu nutzen . Es ist nur ein
    kleines Beispiel, das keine Milliarden kostet, aber illus-
    triert, um was es gehen muss . Vor einem halben Jahr ha-
    ben wir mit Institutionen und engagierten Menschen des
    Zivilen Friedensdienstes aus dem Libanon gesprochen .

    Der Zivile Friedensdienst betreut fünf Kommunen,
    in denen Flüchtlinge und Alteingesessene zusammenge-
    bracht werden, um Konflikte aufzuarbeiten, die erheb-
    lich sind . Das kann man sich ja vorstellen . Das ist heute
    mehrfach angesprochen worden . Man kann sich durch-
    aus vorstellen, dass es in einem Land wie dem Libanon,
    in dem jeder vierte Einwohner ein Flüchtling ist, schwie-
    rige Situationen gibt . Dabei geht es um den Zugang zu
    Wasser, um die Energieversorgung, um den Schulbesuch,
    um Konkurrenz am Arbeitsmarkt usw . Es geht darum,
    vor Ort mit den Beteiligten, mit den Kommunen zu klä-
    ren, wie man diese Konflikte friedlich lösen und damit
    Bürgerkriegssituationen vorbeugen kann .

    Es gibt das Ansinnen von lokalen Partnern im Liba-
    non, die Zahl der Kommunen von 5 auf 20 auszuwei-
    ten . Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir das ma-
    chen müssen . Das ist eines der Beispiele dafür, wie wir
    Konfliktbewältigung und Konfliktprävention betreiben
    können . Insofern muss es bei Organisationen wie dem
    Zivilen Friedensdienst einen deutlichen Mittelaufwuchs
    gegenüber dem geben, was zurzeit im Haushaltsentwurf
    steht .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Ich nehme das Angebot sehr ernst, noch einmal über
    die Ausgestaltung des Haushalts in diesem Bereich zu re-
    den . Wenn der Bereich Bildung ernstgenommen werden
    soll, müssen wir auch im Bereich der globalen Partner-
    schaft für Bildung mehr tun . 7 Millionen Euro aus deut-
    scher Hand für diesen Bereich sind beschämend . Wenn es
    uns ernst damit ist, die Situation der Menschen in Afrika
    durch mehr Bildung zu verbessern und dafür zu sorgen,
    dass sie vor Ort etwas tun und selbst aktiv werden kön-
    nen, dann müssen wir uns an all diesen internationalen
    Aktivitäten anders beteiligen . Das wünsche ich mir sehr .

    Wir müssen schnell handeln . Das ist völlig unumstrit-
    ten . Wir dürfen darüber hinaus aber nicht vergessen, wel-
    ches die grundlegenden Aufgaben der Zusammenarbeit
    sind . Entwicklungspolitik muss in allen Ressorts gedacht
    werden . Sonst werden wir unsere Aufgaben leider nicht
    erfüllen können .

    Danke .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Bärbel Kofler. – Nächster Redner in der

Debatte: Uwe Kekeritz für Bündnis 90/Die Grünen .


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Uwe Kekeritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

    Selbst der Papst wird an der bisher größten UN-Ver-

    Dr. Bärbel Kofler






    (A) (C)



    (B) (D)


    sammlung von über 190 Nationen teilnehmen, die am
    28 . September in New York 17 Nachhaltigkeitsziele ver-
    abschieden wird . Die damit verbundene Erwartungshal-
    tung ist zu Recht sehr groß . Sie muss vor allen Dingen
    auch erfüllt werden; denn es gibt viel zu viele globale
    und durchaus auch gefährliche Fehlentwicklungen .

    Die Einkommensverteilungen in den Ländern haben
    sich sehr stark verschlechtert . Die Ernährungs- und Ar-
    mutssituation ist trotz zweifelhafter Statistiken von Welt-
    bank und FAO kaum besser geworden . Die Biodiversität
    schrumpft bedrohlich . Die Klimaveränderung und der
    Zerfall von Staaten werden immer gefahrvoller . Demo-
    kratische Strukturen werden zurückgedrängt . Autoritäre
    Systeme werden stärker .

    Genauso entwickeln sich potenzielle Fluchtursachen .
    Deshalb müssen die Ziele umgesetzt werden . Deshalb
    muss die Klimakonferenz in Paris ein Erfolg werden .

    Die wichtigste Botschaft, die sich aus dem SDG-Pro-
    zess ergibt, ist für mich, dass alle Länder Entwicklungs-
    länder sind, also auch Deutschland .


    (Beifall der Abg . Heike Hänsel [DIE LINKE])


    Deutschland hat gemeinsam mit anderen Industrie-
    staaten globale Entwicklungen vorangetrieben, die dem
    Prinzip der Nachhaltigkeit und der globalen Fairness ek-
    latant widersprechen . Dafür tragen wir Verantwortung .
    Deshalb müssen wir Konsequenzen daraus ziehen .

    Wir müssen zum Beispiel dafür sorgen, dass das in-
    ternationale Finanzsystem, die globale Agrarwirtschaft,
    die Klimapolitik und die Handelsstrukturen verändert
    werden . Zentral ist, dass die Strukturen verändert wer-
    den müssen. Wir müssen Wege dazu finden und gehen.
    Deshalb können wir durchaus sagen: Wir sind ein Ent-
    wicklungsland .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Heike Hänsel [DIE LINKE])


    Die 17 gar nicht so neuen Ziele haben genau diese
    große Schwäche . Sie stehen letztlich isoliert da und sind
    nicht in strukturelle Veränderungen eingebunden . Das
    müssen wir ändern .

    Erfolg in der Entwicklungspolitik setzt Verlässlich-
    keit voraus . Bei diesem Begriff weiß natürlich Minister
    Müller sofort, dass er angesprochen ist . Ich freue mich ja
    auch, dass die Mittel steigen, aber auch die Zahl der Pro-
    blemfelder ist, wie Sie selbst vorhin gesagt haben, enorm
    gestiegen; die Probleme sind größer geworden, und es
    sind neue hinzugekommen. Bärbel Kofler hat eine sehr
    gute Zusammenfassung geliefert . Die Mittel – das sagen
    Sie selbst auch – reichen nicht . Es müssen mehr werden,
    vor allen Dingen in der näheren Zukunft . Sie tragen das
    aber so vor, Herr Minister Müller, dass ich fast schon ein
    schlechtes Gewissen bekomme . Wem machen Sie eigent-
    lich den Vorwurf, dass die Mittel nicht reichen? Ich hatte
    immer den Eindruck, dass Sie an der Regierung sind und
    dass Sie dafür die Verantwortung tragen .


    (Heiterkeit der Abg . Heike Hänsel [DIE LINKE] – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Herr Schäuble!)


    – Ja, bitte, das ist doch die Regierung . Das müssen die
    schon intern klären .

    Ihre Verlässlichkeit war gerade das Thema; aber auch
    Ihre Entwicklungspolitik, Herr Minister Müller, wird aus
    meiner Sicht immer fragwürdiger . In ihrem Afrika-Kon-
    zept von 2014 sagten Sie noch ganz klar: Wir müssen für
    afrikanische Probleme afrikanische Lösungen suchen . –
    Heute postulieren Sie leider das Gegenteil . Vorgestern
    haben Sie in der WDR-Dokumentation Hungrig nach
    Profit das Geschäft mit dem Hunger folgendermaßen er-
    klärt: Es ist doch zynisch, wenn wir in Afrika den Bauern
    unser Wissen und Können, das wir in 100 Jahren erwor-
    ben haben, nicht vermitteln würden . – Was heißt denn
    das? Europäische Lösungen für afrikanische Probleme!
    Letztendlich wollen Sie die europäische, die westliche
    Agrarstruktur nach Afrika exportieren .

    Herr Müller, haben Sie denn nicht gemerkt, dass ge-
    nau unser Agrarsystem ein verdammt krankes und kaput-
    tes System ist?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Sie sollten als Allgäuer einmal mit den Milchbauern re-
    den . Das hilft manchmal . Sie sollten vielleicht auch ein-
    mal mit Ihrem Kollegen Christian Schmidt reden, der
    der Forderung nach Exportoffensiven im Bereich Milch
    nicht massiv entgegentritt .


    (Dagmar G . Wöhrl [CDU/CSU]: So schnell wird das umgesetzt! Der Minister setzt sich neben den Staatssekretär Bleser!)


    – Na ja, der Staatssekretär kann ihm ja ausrichten, dass er
    einmal dem Versuch, Exportinitiativen im Bereich Milch
    voranzutreiben, entgegentreten sollte . – Wohin sollen
    denn diese Milchmengen exportiert werden? Nach Ka-
    merun, nach Uganda, nach Ghana? Nein, diese Länder
    haben selbst genug Milch, und Milch aus Deutschland
    und Europa würde deren Entwicklungschancen weiter
    schwächen .


    (Zuruf des Abg . Charles M . Huber [CDU/ CSU])


    In der Dokumentation, Herr Minister, offenbaren Sie
    auch einen wesentlichen und meines Erachtens schäd-
    lichen Ansatz Ihrer Politik: nicht nur, dass Sie mit dem
    Übertragen des deutschen Systems nach Afrika in der
    Entwicklungspolitik auf den Stand der 60er-Jahre zurück-
    fallen, nein, Sie ergänzen diese Politik noch mit einem
    Markterweiterungsprogramm für die deutsche Industrie .
    In der Sendung sagten Sie dann auch ganz offen, dass
    die deutsche Wirtschaft mit dem BMZ in die Entwick-
    lungsländer geht und ihr Know-how einbringt . Glauben
    Sie denn wirklich, dass BASF, Bayer, Syngenta und Co .
    als Entwicklungsorganisationen fungieren können, die
    ihr Profitinteresse beiseitelassen und das Gemeinwohl,
    die Menschenrechte und die ökologische Nachhaltigkeit
    ihren Zielen unterordnen? Herr Minister, so naiv sind Sie
    nicht . Ich glaube, Sie sind gerade dabei, immer mehr Ent-

    Uwe Kekeritz






    (A) (C)



    (B) (D)


    wicklungsgelder in den Dienst der deutschen Industrie zu
    stellen und diese so zu Subventionen umzuwandeln .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


    Sie fördern mit öffentlichen Mitteln immer noch die
    German Food Partnership oder die New Alliance, die
    nicht auf Ihr Geld angewiesen sind . Die Konzerne ha-
    ben es aber mit Ihrer Unterstützung verdammt leicht, den
    Weg in die Ministerien vor Ort zu finden, mit dem offizi-
    ellen Logo und mit der Unterstützung der Regierung, der
    Sie angehören .

    Auch Ihr Beispiel Textil schätze ich ganz anders ein .
    Wer uns glauben machen möchte, dass sich Produkti-
    onsbedingungen in den Textilfabriken durch freiwillige
    Absprachen dauerhaft verbessern lassen, der täuscht die
    Öffentlichkeit . Anstatt politisch begründete, verbindliche
    Rahmen zu setzen, versuchen Sie plötzlich, hauptsäch-
    lich den Konsumenten in die Verantwortung zu nehmen .
    Wer keine Strukturen ändern will, Herr Müller, darf sich
    auch nicht darüber wundern, dass sich diese nicht ändern .
    Sie müssen auch aufpassen, Herr Müller: Ihr Kollege
    Gabriel überholt Sie jetzt locker . Sie merken gar nicht,
    dass er auf jeder Veranstaltung, wenn die Möglichkeit
    besteht, darauf hinweist, dass er inzwischen für verbind-
    liche Standards eintritt .


    (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Und das ist auch gut so!)


    – Ja, das ist gut so . Er hat Sie da inzwischen abgehängt .

    Ich komme zum Schluss . Ich bin insbesondere nach
    den schockierenden Szenen in Heidenau und anderswo
    froh darüber, dass die deutsche Bevölkerung in ihrer gro-
    ßen Mehrheit heute die Flüchtlinge willkommen heißt .
    Aber ohne ein grundlegendes Umdenken des Nordens
    in der globalen Außen- und Entwicklungspolitik, in der
    globalen Finanz- und Klimapolitik und in der Agrarpo-
    litik werden wir zukünftig nicht 80 Millionen, sondern
    vielleicht 90 oder mehr Millionen Menschen haben . Es
    ist deshalb unsere Verpflichtung, in Paris erfolgreich zu
    sein . Es reicht nicht, 17 Ziele zu verabschieden, auch
    wenn sie den päpstlichen Segen haben . Wir müssen die
    Strukturen schaffen, damit sich diese Ziele verwirklichen
    lassen .

    Herzlichen Dank .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)