Rede von
Harald
Ebner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Das EU-Parlament hat uns ein Weihnachtsge-
schenk gemacht und hat den komplett untauglichen Vor-
schlag von Kommission und Rat zum Anbau gentech-
nisch veränderter Pflanzen doch noch in eine bessere
Richtung gelenkt. Es ist besser als nichts, aber noch
lange nicht wirklich gut.
Es bleibt dabei: Die Flucht in nationale Anbauverbote
bleibt falsch, weil sie die Gentechnik nach Europa
bringt, statt sie draußen zu halten. Nationale Anbauver-
bote können nur ein Notnagel sein, solange sich an man-
gelhaften Zulassungsverfahren für GVO nichts ändert.
Es bleibt falsch, erst zuzulassen und dann wieder ein
bisschen zu verbieten.
Aber wenn man nationale Anbauverbote umsetzt,
dann bitte richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das
heißt: bundesweit für das ganze Land, statt einen Fli-
ckenteppich zu häkeln.
Leider hat die Bundesregierung bei den Verhandlun-
gen eine unrühmliche Rolle gespielt. So ist es nur dem
Europaparlament zu verdanken, dass gewählte Regie-
rungen künftig nicht als Bittsteller bei Monsanto und
Konsorten anklopfen müssen.
Wir wissen, dass die Bundesregierung in den Gesprä-
chen in Brüssel zu fast allen sinnvollen Änderungsvor-
schlägen des Europäischen Parlaments Nein gesagt hat,
zur Aufhebung der verpflichtenden Konzernbeteiligung
ebenso wie zum Umweltrecht als Rechtsgrundlage. Aber
es kommt noch schlimmer: Der Beschluss des Deut-
schen Bundestages zu verpflichtenden Koexistenzmaß-
nahmen war der Bundesregierung bei den Verhandlun-
gen in Brüssel nicht nur egal; sie wollte diese Forderung
ausdrücklich nicht mittragen.
Das ist in den Protokollen nachzulesen.
Wichtig war dem Vertreter dagegen, in den Text noch
einen Passus zu den Chancen der Gentechnik hineinzu-
verhandeln. Weil das nicht geklappt hat, musste die Sit-
zung unterbrochen werden und erst das Plazet aus Berlin
eingeholt werden.
Dieser Kompromiss ist also nicht wegen, sondern
trotz der Bundesregierung zustande gekommen.
Aber wegen der Bundesregierung ist er nicht besser ge-
worden, als er jetzt ist. Dass Sie sich, liebe Kolleginnen
und Kollegen von den Regierungsfraktionen, von der ei-
genen Regierung so an der Nase herumführen lassen, ist
aus meiner Sicht schlicht peinlich.
Die CDU bleibt der politische Arm der Gentechlobby.
An dem Tag, als die Regierung in Brüssel der neuen Re-
gelung zugestimmt hat, beschließt die CDU in Köln,
dass sie die Umsetzung dieser Regelung kritisch prüfen
möchte. Wer sich bei der Gentechnikfreiheit auf diese
Bundesregierung verlässt, ist wirklich verlassen.
Die US-Regierung hat Minister Schmidt und mir in
der letzten Woche deutlich gemacht, dass sie bei der
Gentechnikkennzeichnung und den Gentechnikstandards
unsere Standards nicht akzeptieren möchte. Aber wie
wir gestern gehört haben, singt Ihr Fraktionsvize Fuchs
weiterhin ein Loblied auf TTIP.
Die Erhaltung der gentechnikfreien Geflügelfütterung
haben wir schließlich nicht Ihnen, sondern dem Lebens-
mitteleinzelhandel, den Umweltverbänden, dem Handel
sowie den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu ver-
danken.
– Das ist auch eine Lobby, nämlich die Lobby der Ver-
braucher.
Zur Krönung kommen Sie nun auf die Idee, die An-
bauverbote auf die Bundesländer abzuschieben und da-
mit in die Kleinstaaterei zurückzufallen, und das gegen
7422 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014
Harald Ebner
(C)
(B)
den Willen der Bundesländer; ein Vertreter sitzt hier. Das
wäre wirklich absurd.
Wie soll das denn in der Praxis funktionieren? Wollen
Sie Grenzkontrollen einführen und alle Saat- und Ernte-
guttransporte durchleuchten lassen? Der Milchwirtschaft
entstehen heutzutage schon 2 Milliarden Euro Kosten,
um ihre Produktionskette sauber zu halten. Hier noch ei-
nen Flickenteppich einzuführen, ist das Letzte, was un-
sere krisengeschüttelten Milchviehbetriebe brauchen.
Ich komme zum Schluss. Bevor Sie sich verrennen,
bieten wir Ihnen mit unserem Antrag eine Lösung an.
Sorgen Sie für bundesweite Anbauverbote! Nutzen Sie
die Option, Gruppen von Gentechpflanzen zu verbieten!
Verbieten Sie alle Gentechpflanzen mit Bt- und Herbi-
zidtoleranz – diese braucht kein Mensch –, und verhin-
dern Sie weitere Zulassungen von Gentechpflanzen in
Europa! Setzen Sie an den Ursachen an, anstatt an den
Symptomen herumzudoktern! Gehen Sie über die Feier-
tage in sich! Gehen Sie diesen Weg im neuen Jahr mit
uns und den Menschen in diesem Land!
Danke schön.