Rede von
Jan
Metzler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Welch Einig-
keit zum Jahresabschluss in diesem Haus!
7418 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014
Jan Metzler
(C)
(B)
Warum leben Menschen dort, wo sie geboren wurden,
und warum verlassen sie ihre Heimatregion nicht? In al-
ler Regel deswegen, weil sie dort einen qualifizierten
Job gefunden haben. Viele Regionen in Deutschland ver-
lieren aber immer häufiger qualifizierte Arbeitskräfte an
die wirtschaftlich stark wachsenden Regionen wie
Bayern, Baden-Württemberg, aber auch Berlin. Men-
schen leben dort, wo Arbeitsplätze sind und wo Arbeits-
plätze erhalten werden. Wo das nicht passiert, ziehen sie
weg.
Wie kann nun die Politik dazu beitragen, dass in Zu-
kunft im besten Fall in jeder Region in Deutschland wei-
terhin Arbeitsplätze entstehen und die Region dadurch
lebenswert bleibt? Indem wir die richtigen Rahmen-
bedingungen schaffen – das tun wir – und gute Anreize
setzen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Stichworte
lauten Gewerbegebietsausbau, Verkehrsanbindung,
schnelles Internet. Das sind Beispiele dafür, wie insbe-
sondere unsere mittelständische Wirtschaft gestärkt wer-
den kann. Das ist der Grundgedanke und der Kern der
regionalen Wirtschaftspolitik: Anreize setzen, damit sich
Firmen in den unterschiedlichsten Regionen Deutsch-
lands weiter ansiedeln und Arbeitsplätze schaffen – be-
sonders in den Regionen, in denen Unternehmer im ers-
ten Moment nicht daran gedacht haben, sich dort
anzusiedeln.
Genauso fördern Bund und Länder seit 45 Jahren ge-
meinsam die Regionen in Deutschland, die aus unter-
schiedlichsten Gründen weniger wettbewerbsfähig sind
als andere. Dadurch hebt der Bund gemeinsam mit den
Ländern die Wachstumspotenziale in strukturschwachen
Regionen und leistet so einen Beitrag zu mehr Wachs-
tum und Beschäftigung. Jährlich stellt der Bund dafür
rund 600 Millionen Euro zur Verfügung. Weitere 600
Millionen Euro kommen von den Ländern. Der Fachbe-
griff heißt Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbes-
serung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, kurz: GRW.
Dieser Fachbegriff klingt weder leicht verständlich noch
etwa sexy, aber die Idee dahinter überzeugt; denn keine
Region in Deutschland aus dem Blick zu verlieren, ist
uns wichtig. Auch aufgrund dieser regionalen Wirt-
schaftsförderung konnte sich Deutschland im europäi-
schen Vergleich positiv entwickeln.
Aber auch wenn wir im europäischen Vergleich insge-
samt besser dastehen als andere Länder in Europa, geht
es einigen Regionen innerhalb Deutschlands nach wie
vor weniger gut als anderen. Wir reden hier von der so-
genannten Strukturschwäche. Aber was heißt das denn
konkret? Wann ist eine Region weniger wettbewerbsfä-
hig als eine andere?
Strukturschwäche berechnet sich aus verschiedenen
Indikatoren. Dabei werden Arbeitslosenquote und Brut-
tojahreslohn am stärksten gewertet. Rückblickend ist in-
teressant, dass in der Vergangenheit solche Regionen ge-
fördert wurden, von denen man sich heute kaum noch
vorstellen kann, dass sie wirtschaftlich einmal schlecht
dastanden. Die regionale Wirtschaftsförderung hat im-
mer die Herausforderungen der jeweiligen Zeit aufge-
griffen und die Regionen dabei unterstützt, ihre Wettbe-
werbsfähigkeit zu steigern. Ich glaube, da kann man von
einem absoluten Erfolgsmodell sprechen, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen.
Eines ist aber auch festzustellen: Der Abstand zwi-
schen strukturschwachen und strukturstarken Regionen
in Deutschland nimmt in vielen Fällen zu. Sowieso
schon schwache Regionen hinken manchmal in der
Gesamtentwicklung hinterher. Die zum Teil langsame
Entwicklung in altindustriellen Regionen oder dünn be-
siedelten ländlichen Regionen ist in diesem Zusammen-
hang zu nennen. Deshalb müssen wir uns überlegen, ob
das Erfolgsmodell regionale Wirtschaftsförderung an
neue Herausforderungen wie die Auswirkungen des de-
mografischen Wandels angepasst werden muss.
Reichen unsere bisherigen Indikatoren für Struktur-
schwäche aus, um erstens die Ursachen dafür festzuma-
chen, zweitens die richtigen Maßnahmen zu ergreifen
und drittens wirklich alle strukturschwachen Regionen
in Deutschland zu identifizieren und zu fördern? Ist das
Arbeitsplatzangebot allein ausschlaggebend, oder über-
zeugt eine Region erst durch eine Angebotskombination
wie beispielsweise Infrastruktur und allgemeine flächen-
deckende Versorgung? Wir müssen uns fragen, wie wir
es schaffen, dafür zu sorgen, dass jede Region in
Deutschland für Unternehmen attraktiv und für die Men-
schen lebenswert bleibt. Denn jede Region ist wichtig
und für die Menschen vor Ort Heimat, in der sie gerne
leben und arbeiten wollen.
Deswegen fordern wir mit unserem Antrag, das bishe-
rige Modell der regionalen Wirtschaftspolitik so weiter-
zuentwickeln, dass die Strukturschwäche in den Regio-
nen Deutschlands weiterhin gut angegangen werden
kann. Ich glaube, wir brauchen dazu ein Gesamtkonzept,
das alle Facetten berücksichtigt und mehrere Politikfel-
der einschließt. Als Fan der schwarzen Null sage ich:
Dies muss immer im Rahmen der finanziellen Mittel ge-
schehen.
Ich freue mich auf eine spannende und inhaltsgela-
dene Diskussion.
Lassen Sie mich damit schließen, dass ich allen in
diesem Hohen Hause frohe Weihnachten und alles er-
denklich Gute für das kommende Jahr 2015 wünsche.
Herzlichen Dank.