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ID1807702400

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    Plenarprotokoll 18/77 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 77. Sitzung Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 22: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: zur UN-Klima- konferenz in Lima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7383 A Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7383 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 7386 A Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 7387 B Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7388 C Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7389 D Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7391 B Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7392 C Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7394 A Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7394 D Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7396 A Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7397 B Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gute Arbeit und eine sanktions- freie Mindestsicherung statt Hartz IV Drucksache 18/3549 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7398 B Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7398 B Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7399 C Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . 7400 A Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . 7402 D Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7403 C Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7405 A Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7406 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7406 B Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7408 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7408 C Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7409 C Albert Stegemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7410 C Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7412 A Christel Voßbeck-Kayser (CDU/CSU) . . . . . 7413 B Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7414 A Tagesordnungspunkt 24: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Regionale Wirtschaftspolitik – Die richtigen Weichen für die Zukunft stel- len Drucksache 18/3404 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7415 C b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Koordinierungsrahmen der Gemein- schaftsaufgabe „Verbesserung der regio- nalen Wirtschaftsstruktur“ ab 1. Juli 2014 Drucksache 18/2200 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7415 C Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7415 D Thomas Nord (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7417 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7417 D Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7418 D Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7420 A Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Harald Ebner, Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Gentechnik-Anbau- verbot bundeseinheitlich und konsequent umsetzen Drucksache 18/3550 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7421 A Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7421 A Kees de Vries (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7422 B Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7423 A Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 7423 C Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . 7424 C Carola Stauche (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7425 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7427 B Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7428 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 7429 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7429 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 7383 (A) (C) (D)(B) 77. Sitzung Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 7429 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 19.12.2014 Becker, Dirk SPD 19.12.2014 Brugger, Agnieszka BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.12.2014 Buchholz, Christine DIE LINKE 19.12.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 19.12.2014 Dörflinger, Thomas CDU/CSU 19.12.2014 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 19.12.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 19.12.2014 Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 19.12.2014 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 19.12.2014 Jarzombek, Thomas CDU/CSU 19.12.2014 Jung, Andreas CDU/CSU 19.12.2014 Kaczmarek, Oliver SPD 19.12.2014 Kassner, Kerstin DIE LINKE 19.12.2014 Kauder, Volker CDU/CSU 19.12.2014 Kovac, Kordula CDU/CSU 19.12.2014 Dr. Krüger, Hans-Ulrich SPD 19.12.2014 Kunert, Katrin DIE LINKE 19.12.2014 Dr. Lamers, Karl A. CDU/CSU 19.12.2014 Dr. von der Leyen, Ursula CDU/CSU 19.12.2014 Dr. de Maizière, Thomas CDU/CSU 19.12.2014 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 19.12.2014 Dr. Middelberg, Mathias CDU/CSU 19.12.2014 Petry, Christian SPD 19.12.2014 Pilger, Detlev SPD 19.12.2014 Rüffer, Corinna BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.12.2014 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.12.2014 Schiewerling, Karl CDU/CSU 19.12.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 19.12.2014 Schön (St. Wendel), Nadine CDU/CSU 19.12.2014 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 19.12.2014 Tank, Azize DIE LINKE 19.12.2014 Tillmann, Antje CDU/CSU 19.12.2014 Vogler, Kathrin DIE LINKE 19.12.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 19.12.2014 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.12.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 19.12.2014 Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 19.12.2014 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2014 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 06 25 Titel 671 01 – Erstattung an Dritte für die Durchführung der Fluggast- und Reisege- päckkontrollen – bis zur Höhe von 26 Mio. Euro Drucksachen 18/2885, 18/3108 Nr. 1 Ausschuss für Kultur und Medien – Unterrichtung durch die Deutsche Welle Evaluationsbericht 2013 der Deutschen Welle Drucksache 17/14285 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 7430 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/3110 Nr. A.2 EuB-BReg 75/2014 Innenausschuss Drucksache 18/1935 Nr. A.3 Ratsdokument 10060/14 Drucksache 18/1935 Nr. A.4 Ratsdokument 10062/14 Drucksache 18/1935 Nr. A.5 Ratsdokument 10063/14 Drucksache 18/2055 Nr. A.2 Ratsdokument 10297/14 Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Drucksache 18/544 Nr. A.24 Ratsdokument 17509/13 Drucksache 18/2533 Nr. A.26 Ratsdokument 12184/14 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/3362 Nr. A.9 Ratsdokument 14590/14 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 18/3362 Nr. A.13 EP P8_TA-PROV(2014)0041 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/3362 Nr. A.14 Ratsdokument 14755/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.15 Ratsdokument 14757/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.16 Ratsdokument 14758/14 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 18/1935 Nr. A.13 Ratsdokument 10108/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.65 Ratsdokument 12570/14 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 18/419 Nr. A.186 Ratsdokument 13002/13 Drucksache 18/419 Nr. A.187 Ratsdokument 13920/13 Drucksache 18/419 Nr. A.194 Ratsdokument 16118/13 Drucksache 18/419 Nr. A.195 Ratsdokument 16171/13 Drucksache 18/419 Nr. A.196 Ratsdokument 16348/13 Drucksache 18/642 Nr. A.14 Ratsdokument 5634/14 Drucksache 18/1048 Nr. A.18 EP P7_TA-PROV(2014)0128 Drucksache 18/2055 Nr. A.12 Ratsdokument 10582/14 Drucksache 18/2055 Nr. A.14 Ratsdokument 10679/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.68 Ratsdokument 10648/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.71 Ratsdokument 12425/14 Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 77. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 22 Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz TOP 23 Gute Arbeit und sanktionsfreie Mindestsicherung TOP 24 Regionale Wirtschaftspolitik TOP 26 Gentechnik-Anbauverbot Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Katja Kipping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Vor knapp

    zehn Jahren trat das Vierte Gesetz für moderne Dienst-
    leistungen am Arbeitsmarkt, eher bekannt unter dem Na-
    men Hartz IV, in Kraft. Wir nehmen dieses Jubiläum
    zum Anlass für eine kritische Bilanz.

    Herausgekommen ist ein System, mit dem die Ar-
    beitslosen diszipliniert und bestraft werden.

    So spricht inzwischen Peter Hartz über Hartz IV. Die
    Bilanz von Hartz IV ist also offensichtlich so verhee-
    rend, dass sich selbst der Namensgeber davon distan-
    ziert.


    (Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Schämt, ja!)


    Bei der Einführung vor über zehn Jahren hieß es: Die
    Hartz-Reformen sollen eine bessere Vermittlung in Ar-
    beit ermöglichen. Tatsache ist jedoch: Im Vergleich zum
    Vorgängersystem hat sich die Verweildauer im Sozial-
    system verlängert. Jeder zweite erwerbsfähige Betrof-
    fene ist länger als vier Jahre auf Hartz IV angewiesen.
    Von einer schnelleren Vermittlung kann also überhaupt
    gar keine Rede sein. Genau deswegen kann es nicht wei-
    tergehen mit Hartz IV.


    (Beifall bei der LINKEN)

    Außerdem hieß es bei der Einführung: Das Arbeits-

    losengeld II soll ausreichend materielle Sicherung ge-
    währleisten. In der offiziellen Bilanz der Bundesagentur
    heißt es noch heute:

    Die gute Idee der Grundsicherung war, … eine an-
    gemessene Pauschale zu zahlen.

    Eine „angemessene Pauschale“ – so weit die Theorie.
    Wer in der Praxis jedoch auf Hartz IV angewiesen ist,
    dem fehlt es oft an wirklich notwendigen Dingen. Bei-
    spielsweise fehlt jedem zweiten Betroffenen das Geld
    für notwendige medizinische Leistungen, die nicht von
    der Kasse übernommen werden.

    Falls einer hier im Saal ernsthaft meint, 391 Euro im
    Monat seien ausreichend, möchte ich ihn mit der Zu-
    schrift einer 64-jährigen Frau konfrontieren. Renate S.
    schrieb mir vor einigen Tagen:

    Ich lebe von Grundsicherung, bin 64 Jahre alt, habe
    gesundheitliche Probleme und sitze viel einsam in
    meiner Wohnung, weil ich am sozialen Leben nicht
    teilnehmen kann. Jetzt ist Weihnachten, und ich
    möchte gern meinen Sohn und meinen Enkel besu-
    chen, weiß aber nicht, von was ich kleine Ge-
    schenke kaufen soll.

    Eine Großmutter weiß nicht, wovon sie ihrem Enkel zu
    Weihnachten ein kleines Geschenk kaufen soll! Das ist
    die Realität von Hartz IV, und damit kann man sich nicht
    abfinden.


    (Beifall bei der LINKEN)

    Ja, Hartz IV, das bedeutet Armut statt gesellschaftli-

    che Teilhabe, Bedarfsgemeinschaften mit schikanöser
    Überprüfung der Wohn- und Beziehungssituation statt
    individuelle Rechte, fragwürdige 1-Euro-Jobs statt gute
    Arbeit, statt ordentliche öffentliche Beschäftigung,
    Sanktionen statt soziale Grundrechte. Kurzum: Zehn
    Jahre Hartz IV sind zehn Jahre zu viel. Es ist höchste
    Zeit für einen sozialpolitischen Neustart,


    (Beifall bei der LINKEN)


    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 7399

    Katja Kipping


    (A) (C)



    (D)(B)

    auch deshalb, weil Hartz IV der Ideologie folgt, der Ein-
    zelne sei schuld an seiner Erwerbslosigkeit. Die Opfer
    des Arbeitsmarktes werden so noch als Schuldige abge-
    stempelt. Ausdruck dieser falschen Ideologie ist die
    Sanktionspraxis.

    Sanktionen bedeuten, dass das ohnehin niedrige Ar-
    beitslosengeld II gekürzt werden kann – erst um 30,
    dann um 60 Prozent – und schließlich ganz weggestri-
    chen werden kann. Allein die Androhung einer mögli-
    chen Sanktion hängt wie ein Damoklesschwert über den
    Betroffenen. Wo Existenzangst um sich greift, da ver-
    schärft sich das gesellschaftliche Klima. Mitmenschlich-
    keit, Humanität und Demokratie haben es deswegen
    umso schwerer, und darüber können wir nicht einfach
    hinweggehen.


    (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Die Linke meint: Sanktionen untergraben das Grund-
    recht auf ein soziokulturelles Existenzminimum. Sie ge-
    hören deswegen abgeschafft, und zwar sofort.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Da wir gerade über Sanktionen reden: Bemerkens-
    wert ist doch, dass 44 Prozent der Klagen gegen Sanktio-
    nen ganz oder teilweise stattgegeben wird. Das heißt:
    Selbst gemessen an den harten herrschenden Gesetzen,
    werden viele Sanktionen noch zu Unrecht verhängt; und
    wir reden hier über Menschen, die kein finanzielles Pols-
    ter haben. Deswegen meinen wir: Damit muss Schluss
    sein.


    (Beifall bei der LINKEN)


    „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, so steht
    es in Artikel 1 unseres Grundgesetzes. Ich meine, daraus
    folgt auch: Die Würde eines Menschen hängt nicht da-
    von ab, wie verwertbar er für den Arbeitsmarkt ist. Zu
    einem würdevollen Leben gehört auch das Recht, die ei-
    gene Erwerbsarbeit frei zu wählen, statt in irgendeinen
    schlecht bezahlten Job oder in irgendeine fragwürdige
    Maßnahme gepresst zu werden.

    Zu einem würdevollen Leben gehört auch, dass alle,
    auch diejenigen, die keinen Erfolg auf dem Erwerbsar-
    beitsmarkt hatten, als Bürger bzw. Bürgerin aufrechten
    Ganges an der Gesellschaft teilhaben können und sich
    nicht aus Scham oder Geldnot in den eigenen vier Wän-
    den verkriechen müssen. Auch deswegen sagen wir
    heute erneut: Hartz IV muss abgeschafft und durch gute
    Arbeit und eine sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzt
    werden. Unter 1 050 Euro im Monat droht Armut.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ja, werte Damen und Herren von der Sozialdemokra-
    tie, Hartz IV ist „zum Symbol für soziale Kälte“ gewor-
    den, so schrieb Andrea Nahles, die heutige Sozialminis-
    terin, noch im Jahr 2009. Wenn das mehr als Lyrik, mehr
    als purer Wahlkampf war, dann frage ich mich, warum
    Sie vor Hartz IV so dermaßen kapituliert haben, warum
    Sie keinerlei ernsthafte Veränderungen an Hartz IV vor-
    nehmen. Ich meine – man kann es nicht oft genug sagen –:
    Zehn Jahre Hartz IV sind zehn Jahre zu viel. Es ist
    höchste Zeit für einen sozialpolitischen Neustart. Es ist
    an der Zeit, Hartz IV zu entsorgen und durch eine sank-
    tionsfreie Mindestsicherung, die sicher vor Armut
    schützt, zu ersetzen.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Als nächster Redner hat der Kollege Professor

Matthias Zimmer das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Matthias Zimmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Biswei-

    len kann man eine gewisse Säuerlichkeit der Mitteilung
    bei denjenigen ausmachen, die mit großer Geste das
    Schlimmste prophezeit haben


    (Zuruf von der LINKEN: Hat sich doch bewahrheitet!)


    und nun konstatieren müssen, dass sie nicht nur Unrecht
    hatten, sondern dass sich alles zum Positiven gewendet
    hat.


    (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Das ist aber sehr mutig! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt mutig!)


    Eine solche Mitteilung in kurzer Form hat die Tageszei-
    tung Die Welt angesichts des ersten Jahres der Großen
    Koalition am Mittwoch zum Besten gegeben. Dort heißt
    es beinahe ungläubig, im vergangenen Jahr seien
    400 000 neue Arbeitsplätze entstanden,


    (Zuruf von der LINKEN: Was denn für welche?)


    trotz der Großen Koalition.


    (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Trotz“ ist sehr richtig!)


    Man spürt förmlich das Unbehagen des Schreibers, das
    ihm Unerklärliche erklären zu müssen. Aber mehr als
    die Erklärung, die Politik könne damit nichts zu tun ha-
    ben, mehr will ihm nicht gelingen.

    Ähnlich, nur umfangreicher, ist der Antrag der Lin-
    ken, den wir beraten: eine einzige Abrechnung mit
    Hartz IV, und ein durchaus verzerrtes Bild. Die Wirk-
    lichkeit sieht so aus: Die Arbeitsmarktreformen waren
    erfolgreich, die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland
    ist vorbei, viele Menschen haben in den letzten Jahren
    erfolgreich in Arbeit vermittelt werden können, heute
    haben so viele Menschen in Deutschland wie noch nie
    Arbeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Katja Kipping [DIE LINKE]: Zu was für Löhnen? Zu was für Preisen? Das Arbeitsvolumen hat nicht zugenommen!)


    7400 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014

    Dr. Matthias Zimmer


    (A) (C)



    (D)(B)

    Und, verehrte Frau Kipping, das sieht auch Peter Hartz
    so.

    Ich gebe zu, meine Damen und Herren, an der einen
    oder anderen Stelle haben wir nachsteuern müssen. Das
    betrifft etwa die Instrumentenreform, und wir sind in der
    Diskussion darüber, wie wir hier einige Dinge vereinfa-
    chen können.