Rede von
Thomas
Lutze
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DIE LINKE.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Jedes Jahr vergibt der Bund sehr viele Fördermittel an
Unternehmen, aber auch an Verbände und Vereine. Und
die Grünen wollen jetzt, dass dies transparenter ge-
schieht. Die Linke wird dem Antrag zustimmen und die
für meine Begriffe sehr bedauerliche Beschlussempfeh-
lung des Ausschusses ablehnen.
Im Grunde fordern doch die Grünen nichts anderes,
als dass die Europäische Transparenzinitiative aus dem
Jahr 2007 nun auch im eigenen Land umgesetzt wird.
Was ist denn, bitte schön, dagegen einzuwenden? – Es
wurden doch schon auf europäischer Ebene – auch im
Hinblick auf die Punkte, die gerade angesprochen wur-
den – positive Erfahrungen gemacht. Dass die Bundesre-
gierung und die Regierungskoalition jetzt hier auf die
Bremse treten und „Nein, danke“ zu einer Erweiterung
der Transparenz sagen, finden wir falsch.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht nach-
vollziehbar, dass die Menschen, die Bürgerinnen und
Bürger, auf EU-Ebene das Recht haben, diese Informa-
tionen über Förderungen abzurufen, im eigenen Land
aber nicht. Warum eigentlich? – Die Bundesregierung
sollte nicht hinter die EU zurückfallen und muss diesen
Missstand für meine Begriffe umgehend beheben.
Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die das alles fi-
nanzieren, haben das Recht darauf, zu erfahren, wie ihr
Geld verwendet wird.
Uns ist wichtig, dass den Empfängern der Fördermit-
tel kein zusätzlicher Aufwand entsteht. Die erweiterten
Informations- und Dokumentationspflichten dürfen für
meine Begriffe nicht zulasten der Antragsteller, also der-
jenigen, die die Fördergelder bekommen, gehen. Oft
sind dies nämlich kleine Unternehmen oder auch ehren-
amtlich tätige Vereine und Verbände, die keine eigene
Rechtsabteilung oder keine eigene Abteilung zur Ak-
quise von Fördergeldern haben. Sie wollen mit dem
Geld, das sie bekommen, arbeiten und es nicht fast aus-
schließlich verwalten. An dieser Stelle sei wirklich ange-
regt, den Prozess der Antragstellung generell zu verein-
fachen und auch zu entbürokratisieren, damit noch mehr
Fördermittel bei kleinen Unternehmen oder bei kleineren
Verbänden ankommen.
Ich bestreite nicht, dass die zunehmende Transparenz
im Ergebnis dazu führt, dass ein zunehmender Aufwand
betrieben werden muss und dies zulasten der Verwaltung
geht. Aber wir können uns nicht hier hinstellen und sa-
gen – so wie es meine Vorrednerin gerade angedeutet hat –:
Wir haben kein Personal, damit haben wir auch keine Fi-
nanzmittel, und deswegen können wir das alles nicht
machen. – Wir brauchen eine leistungsfähige Verwal-
tung und eine angemessene Ausstattung dieser Verwal-
tung, damit diese Aufgaben übernommen werden kön-
nen.
Die Bürgerinnen und Bürger haben schlichtweg ein An-
recht darauf.
Auch wir nehmen es ernst, wenn Unternehmen heute
sagen, dass zusätzliche Transparenz zur Offenlegung
von betrieblichen Geheimnissen führen kann. Insbeson-
dere viele kleine Unternehmen befürchten, dass mit der
Veröffentlichung eines Projekttitels die Forschungs- und
Entwicklungsarbeiten offengelegt werden. Ebenso fürch-
ten sie, dass ihre Finanzkalkulationen der Konkurrenz
bekannt werden. Die im Antrag der Grünen vorgesehene
Regelung besagt, dass in Einzelfällen von einer Einzel-
veröffentlichung abgesehen werden kann. In der Realität
allerdings besteht zumindest die Gefahr, dass jeder För-
dermittelempfänger versuchen wird, sich bei jeder Gele-
genheit darauf zu berufen. Liebe Kolleginnen und Kolle-
gen, das ist ein reales Problem. Dafür brauchen wir eine
Lösung. Man muss darüber entscheiden können – und
das möglichst in allen Einzelfällen –, wie man damit um-
geht. Das wird sicherlich nicht ganz einfach. Aber die
Lösung im Umkehrschluss darf nicht heißen: Wir ma-
chen weiter mit Intransparenz.
Denn umgekehrt ist auch klar, dass kein Unternehmen
verpflichtet ist, einen Antrag auf Fördermittel zu stellen.
Dennoch: Der Antrag der Grünen geht in die richtige
Richtung. Alles in allem unterstützen wir den Antrag,
auch wenn wichtige Details noch weiteren Klärungsbe-
darf nach sich ziehen.
Denn Transparenz – das ist die Meinung der Linken –
schafft immer auch Akzeptanz bei der Vergabe öffentli-
cher Mittel.
Herzlichen Dank.