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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/29 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 29. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) Drucksache 18/700 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2319 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2013 bis 2017 Drucksache 17/14301 . . . . . . . . . . . . . . . . 2319 B Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2319 B Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2322 B Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2328 D Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2333 B Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2337 D Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2341 B Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2343 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2345 D Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2347 C Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2349 D Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . . 2350 C Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2352 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2353 D Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2354 D Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2356 A Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2357 A Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2358 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2360 D Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . 2361 D Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2364 B Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2365 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2366 C Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2367 C Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2368 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2369 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2370 C Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2371 C Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2372 B Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 2373 D Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2374 D Tagesordnungspunkt 4: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Bundesregierung: Beteiligung Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydro- lyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der ge- meinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen Drucksachen 18/984, 18/1067 . . . . . . . . . 2376 D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/1096 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2376 D Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2377 A Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2378 D Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2380 B Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2381 B Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2382 C Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2383 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 2384 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2387 D Annette Groth (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2384 D Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) Drucksache 18/700 b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2013 bis 2017 Drucksache 17/14301 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2385 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2390 A Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2391 A Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2393 D Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2395 C Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 2397 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2397 D Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2399 B Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2399 C Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2401 C Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2402 C Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2404 C Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2405 B Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2407 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2409 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2411 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2412 D Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . 2414 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2415 B Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2416 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2418 B Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2419 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2420 D Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2422 B Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2423 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2424 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2425 A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2425 C Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 2425 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2426 B Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 2426 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2426 D Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2427 B Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2428 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 III Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, Cornelia Möhring, Martina Renner, Kathrin Vogler (alle DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2428 A Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Hubertus Zdebel (beide DIE LINKE) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleit- schutz bei der Hydrolyse syrischer Chemie- waffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Ta- gesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2428 C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Alexander S. Neu, Heike Hänsel, Inge Höger, Annette Groth, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, Karin Binder, Pia Zimmermann, Niema Movassat, Azize Tank, Katrin Werner (alle DIE LINKE) zur nament- lichen Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2429 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2319 (A) (C) (D)(B) 29. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2425 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 09.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 09.04.2014 Ehrmann, Siegmund SPD 09.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 09.04.2014 Dr. Fabritius, Bernd CDU/CSU 09.04.2014 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 09.04.2014 Gleicke, Iris SPD 09.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 09.04.2014 Groß, Michael SPD 09.04.2014 Hardt, Jürgen CDU/CSU 09.04.2014 Haßelmann, Britta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Hellmuth, Jörg CDU/CSU 09.04.2014 Keul, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Lezius, Antje CDU/CSU 09.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 09.04.2014 Pronold, Florian SPD 09.04.2014 Rawert, Mechthild SPD 09.04.2014 Rüthrich, Susann SPD 09.04.2014 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 09.04.2014 Schwabe, Frank SPD 09.04.2014 Dr. Tauber, Peter CDU/CSU 09.04.2014 de Vries, Kees CDU/CSU 09.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 09.04.2014 Zech, Tobias CDU/CSU 09.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 09.04.2014 Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Auswärtigen Ausschus- ses zu dem Antrag der Bundesregierung: Betei- ligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syri- scher Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemiewaf- fen (Tagesordnungspunkt 4) Ulla Jelpke (DIE LINKE): In diesem Parlament wer- den zurzeit im Wochentakt Militäreinsätze beschlossen. Es wird umgesetzt, was die Große Koalition angekün- digt und was Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz gefordert haben: Deutsch- land will militärisch wieder an möglichst vielen Schau- plätzen der Welt mitmischen, Deutschland will zur welt- weiten Militärmacht werden, der bewaffnete Einsatz – früher hat man einfach Krieg gesagt – soll zur norma- len Option deutscher Außenpolitik werden. Ich bin nicht in dieses Parlament gewählt worden, um dieser militaristischen Politik zuzustimmen. Ich habe in den vielen Wahlkämpfen, die ich bislang für die PDS und die Linke geführt habe, immer klargestellt, dass ich gegen jeden deutschen Militäreinsatz bin, so wie es auch heute im Programm der Linkspartei und auch im Wahl- programm verankert ist. Es ist bezeichnend, dass eine kompromisslose Anti- kriegspolitik vom Mainstream der deutschen Medien und von deutlich über 90 Prozent dieses Hauses als „nicht regierungsfähig“ abgetan wird. Ich mache keinen Hehl daraus: Wenn die Bereitschaft zum Krieg, die Be- reitschaft zur Entsendung der Bundeswehr, die Eintritts- karte zum Regieren sein soll, dann bin ich gegen das Mitregieren. Das gilt auch bei der heutigen Abstimmung. Da ist zunächst festzuhalten: Es gibt für die von der Bundesre- gierung geforderte Militärmission nicht einmal ein UN- Mandat. Es gibt keine präzise Gefährdungseinschätzung und keinerlei konkrete Hinweise auf mögliche Angriffe auf das US-amerikanische Schiff, auf dem die Chemie- waffen neutralisiert werden sollen. Die Bundesregierung Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2426 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 (A) (C) (D)(B) hat in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage vage auf mögliche „organisierte Kriminalität, Piraterie und Terro- rismus“ verwiesen. Damit lässt sich aber kein Bundes- wehrmandat rechtfertigen. Die aufgezählten „mögli- chen“ Bedrohungen sind allesamt nichtmilitärischer Natur. Ihre Abwehr ist eine Polizeiaufgabe. Das betont die Linke schon in der Kritik des „Antipiraterie“-Einsat- zes vor Somalia, und das gilt es auch jetzt zu betonen. Die EU-Mittelmeeranrainer verfügen über entspre- chende polizeiliche Ressourcen, ihre Küstenwachen und andere Grenzbehörden sind für den Einsatz auch auf See ausgestattet. Davon abgesehen ist das Mittelmeer ohne- hin schon hochmilitarisiert und wimmelt nur so von Kriegsschiffen der NATO. Ein zusätzlicher Bundes- wehreinsatz ist daher auch sachlich unnötig und dient einzig dem politischen Zweck, Deutschland wieder an eine Art vorderster Front zu bringen. Hinzu kommt, dass das Mandat, wie gewohnt, extrem „großzügig“ ist und nicht nur das Mittelmeer, sondern auch bei Bedarf den Nordatlantik mit angrenzenden See- gebieten in internationalen Gewässern umfasst. Mit an die 50 Millionen Quadratkilometer deckt das Mandat da- mit einen äußerst großen Teil der Nordhalbkugel der Erde ab. Das ist sachlich völlig unnötig und nur Aus- druck des Großmachtstrebens, das hinter dem Mandat steckt. Eine Zustimmung zu einem solchen Einsatz würde nicht nur die prinzipielle Haltung der Linken gegen Bun- deswehreinsätze im Ausland durch eine nur scheinbar harmlose Einzelfallentscheidung durchlöchern. Sie würde auch den Einsatz der Bundeswehr zum Zwecke der „Ab- wehr“ einer „Gefahr“ gutheißen, die ganz und gar im Va- gen bleibt. Und sie würde die Mandatierung der Bundes- wehr mit Polizeiaufgaben legitimieren. Das sind viele Gründe, dagegenzustimmen. Stefan Liebich (DIE LINKE): Die Debatte um den Schutz der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen wird innerhalb meiner Fraktion kontrovers geführt. Ich respektiere viele Argumente derer, die dem vorliegenden Mandat nicht ihre Zustimmung erteilt haben, bin aber zu einem anderen Schluss gekommen. Ich habe dem Antrag der Bundesregierung zugestimmt und möchte hier meine Begründung darlegen. Ich halte den Schutz der Zerstörung von Massenver- nichtungswaffen für den besten Auftrag, den eine Armee erfüllen kann. Als am 27. September 2013 der einstim- mige Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen mit der Zustimmung Russlands und der Volksrepu- blik China für die Ausfuhr und die Vernichtung der Chemiewaffen aus Syrien – Resolution 2118 – gefasst wurde, ist eine weitere Eskalation des Bürgerkriegs ver- hindert worden. Die angekündigte Intervention der Ver- einigten Staaten von Amerika in diesen Krieg konnte so vermieden werden und der erneute Einsatz von Massen- vernichtungswaffen wurde bis zu deren vollständigem Abzug erschwert bzw. danach verhindert. Die Vereinten Nationen haben in der Resolution 2118 des Sicherheitsrates alle Mitgliedstaaten um die Hilfe bei der Beseitigung der Chemiewaffen gebeten. Dänische Schiffe bringen die Chemiewaffen unter dem Schutz rus- sischer und chinesischer Schiffe nach Italien, dort wer- den sie auf die US-amerikanische „Cape Ray“ verladen; es ist unter anderem ein deutsches Schiff, das dann den Prozess der Hydrolyse bewacht. Viele Länder beteiligen sich an diesem wichtigen Prozess. Die Bundesrepublik Deutschland steht durch ihr Han- deln in der Vergangenheit in diesem Konflikt in beson- derer Verantwortung. Die Auslieferung von Dual-Use- Gütern, die zur Herstellung von Chemiewaffen genutzt werden können, an Syrien, ein Land, das zu diesem Zeit- punkt die Chemiewaffenkonvention nicht ratifiziert hatte, war falsch. Auch darum ist es jetzt wichtig, dass die Bundesrepublik Deutschland sich in besonderem Maße bei der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen engagiert. Ich bin für eine konsequente Abrüstung von Massen- vernichtungswaffen weltweit. Ich bin für eine starke UNO. Ich bin für eine konsequente Einhaltung des Völ- kerrechts. Daher habe ich dem Antrag der Bundesregie- rung zugestimmt. Petra Pau (DIE LINKE): Hiermit erkläre ich, dass ich zur vorliegenden Beschlussempfehlung mit Enthal- tung stimme. Erstens. Zur Abstimmung stand die Beschlussempfeh- lung des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 18/1067 – zu einem Antrag der Bundesregierung – Drucksache 18/984 – zur „Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Ver- nichtung der syrischen Chemiewaffen“. Ich habe mit Enthaltung votiert. Zweitens. Es geht um die Vernichtung syrischer Che- miewaffen, also um Abrüstung. Das findet meine Zu- stimmung, zumal die Bundesrepublik Deutschland dafür eine große Verantwortung trägt, da sie maßgeblich an der Hochrüstung Syriens – und weiterer Staaten – betei- ligt war bzw. ist. Das spräche für ein Ja. Drittens. Zugleich ist nicht auszuschließen, dass die USA und weitere NATO-Staaten diese Beteiligung der Deutschen Bundeswehr als Entlastung missdeuten, um die angedrohte militärische Eskalation gegen Russland im aktuellen Krim-Konflikt zu forcieren. Das spräche für ein klares Nein. Viertens. Meine gewissenhafte politische Abwägung zwischen einem Ja zum militärischer Abrüstung und ei- nem Nein zu militärischer Eskalation führt mich im kon- kreten Fall zu einer Enthaltung in oben genannter Ab- stimmung. Richard Pitterle (DIE LINKE): Dem Wunsch der Bundesregierung, dem beantragten Mandat meine Zu- stimmung zu geben, kann ich nicht entsprechen. Grundsätzlich befürworte ich den Einsatz der Bundes- wehr im Ausland nicht. Dies nicht aus einer pazifisti- schen, sondern aus einer antimilitaristischen Grundhal- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2427 (A) (C) (D)(B) tung heraus, weil alle Erfahrungen zeigen, dass sich letztlich Probleme in der Welt nicht militärisch lösen las- sen. Darüber hinaus bin ich der festen Überzeugung, dass sich Deutschland aus historischen Gründen – aufgrund der bei den europäischen Völkern unvergessenen Verbrechen der Deutschen Wehrmacht – militärisch nicht engagieren sollte. Gegenwärtig erleben wir eine Politik der systemati- schen Ausweitung von Bundeswehreinsätzen, die mit der „gewachsenen Verantwortung“ Deutschlands be- gründet wird. Diese lehnt die Linke zu Recht als einzige Fraktion ab. Trotz meiner grundsätzlichen Ablehnung der deut- schen Auslandseinsätze war ich bereit, das vorliegende Mandat auf seine Zustimmungsfähigkeit zu prüfen, weil es sich meines Erachtens um keinen Kriegseinsatz han- delt. Denn eine grundsätzliche Haltung entbindet den Abgeordneten nicht von der Verantwortung, zu prüfen, ob eine Teilnahme der Bundeswehr an Abrüstungsmaß- nahmen sinnvoll wäre. Die Abrüstung und Vernichtung der chemischen Waffen Syriens sind ein positiver Schritt, der von mir und meiner Fraktion als Ganzes be- grüßt wird. Insbesondere die Entsorgung der Waffen in der niedersächsischen Anlage in Munster ist ein wichti- ger Beitrag, den Deutschland leisten kann. Die hingegen von der Bundesregierung beantragte Teilnahme einer Fregatte der Bundeswehr zur Sicherung des Vorgangs der Demontage auf einem Kriegsschiff halte ich für nicht erforderlich und für reine Symbolpoli- tik. Auf Kosten der Steuerzahler soll die Fregatte der Bundeswehr eingesetzt werden, damit Frau von der Leyen ihren Anspruch auf „Mitverantwortung“ unter- streichen kann. Die hierbei von der Bundesregierung ge- nannten Kosten von 7,2 Millionen Euro sind reine Steu- erverschwendung und könnten anderweitig sinnvoller eingesetzt werden. Als Finanzpolitiker muss ich den Einsatz daher bereits aus fiskalischen Gründen ablehnen. Ich habe mich nach gründlicher Abwägung aller Ar- gumente entschieden, mit Nein zu stimmen, aber will festhalten, dass ich ausdrücklich die Entscheidung mei- ner Kolleginnen und Kollegen respektiere, die nach Ab- wägung der Argumente zustimmen oder sich enthalten. Es ist eine Stärke unserer Fraktion, dass wir unsere un- terschiedliche Meinung respektieren und dem anders Entscheidenden nicht andere Motive für seine Entschei- dung unterstellen. Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Che- miewaffen habe ich nicht zugestimmt. Die nachfolgen- den, im Wesentlichen vom Journalisten René Heilig be- reits im Neuen Deutschland vom 5. April 2014 unter dem Titel „Deutsche Marine als Lückenbüßer“ genann- ten Argumente haben mich zu einem Nein bei der Ab- stimmung bewogen. Erstens. Deutschland beteiligt sich an der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen im eigenen Land, in Muns- ter. Die Abfallprodukte der Zerstörung auf hoher See werden nach Deutschland transportiert und von einer bundeswehreigenen Gesellschaft am Bundeswehrstand- ort Munster endgültig vernichtet. Diese Beteiligung an der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ist aus- drücklich zu begrüßen und zu unterstützen. Das Argu- ment, Deutschland würde sich nicht an der Vernichtung beteiligen, gilt demnach nicht. Deutschland beteiligt sich an der Vernichtung. Zweitens. Die „Cape Ray“ ist nicht schutzlos. Für ih- ren Schutz bedarf es der deutschen Marine nicht. Für den Abtransport der syrischen Kampfstoffe aus dem Hafen von Latakia durch den dänischen Frachter „Ark Futura“ und die norwegische „Taiko“ ist eine Nahsicherung vor- gesehen, die von der russischen und der chinesischen Marine gestellt wird. Derzeit sind rund 60 Prozent der syrischen Kampfstoffe, die in der Masse in Tanks gela- gert sind, auf die Schiffe gebracht. Auf hoher See über- nehmen drei Kriegsschiffe aus Norwegen, Dänemark und Großbritannien den Schutz der beiden Frachter. Die sollen die Kampfstoffe in den italienische Containerha- fen Gioia Tauro nördlich der Straße von Messina brin- gen. Dort werden diese unter Schutz der italienischen Sicherheitskräfte auf die „Cape Ray“ umgeladen. Außer- halb der italienischen Hoheitsgewässer wird das US- Spezialschiff durch die US-Navy gesichert. Das Argu- ment, die Vernichtung der Chemiewaffen müsse geschützt werden, ist richtig. Es ist aber nicht erkennbar, dass zum Schutz der Vernichtung die deutsche Marine erforderlich ist. Drittens. Die US-Mittelmeerflotte hat zwei Fregatten ins Schwarze Meer abgestellt, um vor den Krim-Gewäs- sern Manöver mit Verbündeten abzuhalten. Soweit diese beim weiteren Schutz der „Cape Ray“ fehlen sollten, kann und darf dies nicht durch die deutsche Marine aus- geglichen werden. Diese wäre dann tatsächlich Lücken- büßer und legitimiert damit das militärische Manöver vor der Krim. Militärische Manöver statt Schutz von Ab- rüstungsaktivitäten sind keine gute Begründung, um ei- nen Einsatz der deutschen Marine im Ausland als Lü- ckenbüßer zu rechtfertigen. Viertens. Das Mandat umfasst – Punkt 3 – auch Tran- sitfahrten im Mittelmeer und bei Bedarf auch im Nordat- lantik mit angrenzenden Seegebieten – also der Nord- und Ostsee. Damit sollen jene Schiffe eskortiert werden, die die nach der Hydrolyse der syrischen Kampfstoffe auf der „Cape Ray“ anfallenden chemischen Stoffe zu den endgültigen Vernichtungsstätten in Großbritannien, im deutschen Munster und nach Finnland bringen. Diese Fracht ist dann aber gar nicht mehr als Waffe verwend- bar. Ein militärischer Begleitschutz ist hier also gar nicht nötig. Ganz klar will ich aber auch sagen: Es handelt sich nicht um einen Kriegseinsatz der Bundeswehr. Krieg ist etwas anderes. Wer hier von Kriegseinsatz spricht, ver- harmlost Krieg. 2428 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 (A) (C) (D)(B) Harald Weinberg (DIE LINKE): Ich bin für die Ver- nichtung dieser syrischen und aller anderen Chemiewaf- fen sowie aller weiteren Massenvernichtungswaffen – sie hätten niemals hergestellt werden dürfen –, auch wenn ich den Antrag der Bundesregierung ablehne. Ich begrüße es, dass die endgültige Entsorgung in Deutschland – Munster, GEKA – vorgenommen wird. Mit der Lieferung von Ausgangsstoffen hat Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit einen wesentlichen Anteil an der Existenz dieser Chemiewaffen und leistet durch die Entsorgung einen wichtigen Beitrag zu ihrer Ver- nichtung. Für die Gesamtaktion der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ ist eine Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz aus meiner Sicht völlig entbehrlich. Das gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass die von Russland im Rahmen des NATO-Russland-Rats angebo- tene Unterstützung mit Begleitschiffen nun seitens der NATO im Zusammenhang mit der Krim-Krise abgewie- sen wurde. Sogar die Bundesverteidigungsministerin spricht von einem eher symbolischen Beitrag, den die deutsche Fregatte hier leiste. Deshalb werde ich den Antrag der Bundesregierung ablehnen. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, Cornelia Möhring, Martina Renner, Kathrin Vogler (alle DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am mariti- men Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Tagesordnungspunkt 4) Die Vernichtung syrischer Chemiewaffen ist ein be- deutsamer Beitrag zur Abrüstung und ein notwendiger, jedoch nicht hinreichender Beitrag zum Schutz der syri- schen Zivilbevölkerung in einem anhaltenden, grausa- men Bürgerkrieg, dem bereits Zehntausende zum Opfer gefallen sind. In Übereinstimmung mit unserer Fraktion unterstützen wir die Beteiligung Deutschlands an dieser Aktion durch die Entsorgung der Reststoffe im nieder- sächsischen Munster. Die Entsendung deutscher Solda- tinnen und Soldaten auf der Fregatte „Augsburg“ zum militärischen Begleitschutz im Rahmen der US-geführ- ten Aktion lehnen wir jedoch ab und stimmen deswegen mit Nein. Das von der Bundesregierung vorgelegte Mandat be- gründet unserer Ansicht nach weder die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit dieses erneuten Bundeswehrein- satzes noch schafft es hinreichende Klarheit über Art und Umfang von Einsatzgebiet und Auftrag. Zudem steht dieser Einsatz symbolisch für eine Politik der syste- matischen Ausweitung von Bundeswehreinsätzen, die wir ablehnen. Wir haben uns intensiv mit dieser Frage auseinander- gesetzt und unsere Entscheidung begründet nach Abwä- gung aller Argumente getroffen. Wir erklären ausdrück- lich unseren Respekt vor denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die nach ebenso ernsthafter Abwägung der Argumente und Hintergründe für sich zu einer anderen Schlussfolgerung gekommen sind. Wir halten das für ei- nen Gewinn an politischer Kultur. Die Linke ist diejenige Fraktion im Bundestag, die sich am deutlichsten für eine Zivilisierung der deutschen Außenpolitik, für umfassende Abrüstung, Vernichtung von Massenvernichtungswaffen und gegen Rüstungs- exporte einsetzt. Das konsequente Nein zu den Kampf- einsätzen der Bundeswehr und das Aufzeigen von Alter- nativen bleibt Grundlage unserer gemeinsamen Politik. Damit vertritt die Linke auch eine Mehrheit in der Be- völkerung, die diese Einsätze ablehnt und ohne uns keine Stimme im Bundestag hätte. Das wird auch so bleiben. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Hubertus Zdebel (beide DIE LINKE) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am mariti- men Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Tagesordnungspunkt 4) Wir haben heute gegen den Antrag der Bundesregie- rung zur Entsendung eines bewaffneten Kriegsschiffes der Bundeswehr mit 300 Soldatinnen und Soldaten ins Mittelmeer, den Nordatlantik und angrenzende Seege- biete gestimmt. Wir sind für die Vernichtung des syrischen Giftgases und auch dafür, dass die Reststoffe in der bundeswehrei- genen Firma GEKA in Munster vernichtet werden. Den Begleitschutz durch die Fregatte „Augsburg“ lehnen wir ab. Denn er findet nicht im luftleeren Raum statt. Er ist Teil der Neuausrichtung der Bundeswehr, die in immer mehr internationale Einsätze geschickt werden soll. Die Bundesregierung will die Öffentlichkeit weiter an Auslandseinsätze der Bundeswehr gewöhnen. Vor nicht mal einer Woche wurde ein neuer Bundeswehreinsatz in Somalia beschlossen, morgen stimmen wir über einen weiteren neuen Einsatz in der Zentralafrikanischen Re- publik ab. Wir lehnen diese Neuausrichtung ab. Die Bundesregierung nutzt die Vernichtung der Chemiewaf- fen auch, um das schlechte Bild von Auslandseinsätzen zu korrigieren. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2429 (A) (C) (D)(B) Die Bundesregierung hat in den Fachausschüssen des Bundestages falsch informiert. Sie hat ein Mandat vor- gelegt, das ein weit über den geplanten Einsatz hinaus- gehendes Einsatzgebiet vorsieht. Dieses Vorgehen zeigt zum wiederholten Mal, dass die Regierung zum Teil keine korrekten Informationen über die Planung von Bundeswehreinsätzen und die Einsätze selbst gibt. Deutsche Unternehmen haben jahrelang Material für Giftgasfabriken und Giftgasbestandteile, sogenannte Dual-Use-Güter, nach Syrien geliefert. Es wäre wichtig, sofort die Lieferung von Dual-Use-Chemikalien an Län- der, die nicht Mitglied der Chemiewaffenkonvention sind, einzustellen. Dies wäre, neben der Beteiligung an der Vernichtung des Chemiewaffenprogramms Syriens in Munster, der wichtigste Beitrag, den zukünftigen Ein- satz von Chemiewaffen zu verhindern, nicht die Entsen- dung der Bundeswehr ins Mittelmeer. Deshalb haben wir heute gegen die Entsendung der Marine gestimmt. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Alexander S. Neu, Heike Hänsel, Inge Höger, Annette Groth, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, Karin Binder, Pia Zimmermann, Niema Movassat, Azize Tank, Katrin Werner (alle DIE LINKE) zur namentli- chen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Ver- nichtung der syrischen Chemiewaffen (Tages- ordnungspunkt 4) Wir haben heute aus prinzipieller Sicht, aber gerade auch angesichts der konkreten Sachlage gegen den An- trag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ gestimmt. Wir teilen die Einschätzung aus der Friedensbewegung, von Friedensaktivisten und Frie- densforschern, dass „kein plausibler Grund erkennbar (ist), den zwischen Syrien und den Vereinten Nationen bzw. der OPCW ausgehandelten Abzug des gesamten syrischen Chemiewaffenarsenals und dessen Vernich- tung mit einer militärischen Komponente vonseiten der Bundesrepublik Deutschland zu begleiten“ (Stellung- nahme Bundesausschuss Friedensratschlag 08.04.2014). Unsere Antwort muss zivil bleiben. Wir möchten, dass der zivile Beitrag Deutschlands zur Vernichtung der syri- schen Chemiewaffen ausgeweitet wird. Deutschland darf in Zukunft nicht weiter Chemikalien oder Anlagen, die zur Herstellung von Chemiewaffen dienen, in Länder exportieren, die die Chemiewaffenkonvention nicht rati- fiziert haben. Wir haben gegen den Antrag der Bundesregierung ge- stimmt, weil wir überzeugt sind, dass unsere Antwort eben nicht militärisch sein darf. Auslandseinsätze der Bundeswehr lösen kein einziges Problem. Im Gegenteil schaffen sie ständig neue Probleme. Deutschland ist an der Vernichtung der Chemiewaffen aus Syrien beteiligt, ohne dass es an einem Auslandseinsatz teilnehmen muss: Die sichergestellten Chemiewaffen werden unter anderem nach Munster in Niedersachsen gebracht, wo sie vernichtet werden. Deutschland erbringt damit einen maßgeblichen Beitrag zur Vernichtung der Chemiewaf- fen. Das ist konkrete Abrüstungspolitik. Wir haben heute gegen den Einsatz gestimmt, weil sich zudem eine ganze Reihe von neuen Risiken, die mit dem Einsatz eines deutschen Kriegsschiffs verbunden sind, ergeben. Gerade auch vor dem Hintergrund der Be- endigung der militärischen NATO-Russland-Koopera- tion, einer neuen Eskalation der USA, Saudi-Arabiens und der Türkei mit False-Flag-Operations und der mög- lichen Vorbereitung eines Angriffskriegs gegen Syrien ist äußerste Vorsicht geboten. Auf Nachfragen konnte die Bundesregierung keine schlüssige Erklärung liefern, warum das Mandat nicht nur das Mittelmeer, sondern auch den Nordatlantik und dessen angrenzende Seege- biete umfasst. Unklar ist weiterhin, wie viele Kriegs- schiffe insgesamt überhaupt eingesetzt werden sollen. Auch was die Aufgaben angeht, ist das Mandat einfach unklar. Diese Situation gebietet es, der Bundesregierung nicht eine unwidersprochene Carte blanche für ihren Mi- litäreinsatz zu erteilen. Die Anfrage für die Entsendung des deutschen Kriegsschiffs kommt direkt von den USA. Die Frage, ob neben einer symbolischen Funktion hier eine deutsche Entlastung der Kriegsmarine der USA für andere Aufgaben nach dem Vorbild der Abstellung deut- scher Wachmannschaften zur Bewachung von US-Ka- sernen im Vorfeld des Irak-Krieges übernommen werden soll, bleibt ungeklärt. Sie stellt sich allerdings aktuell verschärft, da ein weiteres US-amerikanisches Kriegs- schiff ins Schwarze Meer entsandt wurde und die Bundeswehr hier somit eine Entlastungsfunktion für die US-Streitkräfte im Mittelmeer übernimmt. Die 12 Mil- lionen Euro für diesen neuen Militäreinsatz wären für die Aufstockung des Etats des World Food Programme für die syrischen Flüchtlinge besser aufgehoben. So stimmen wir auch deshalb gegen den Einsatz, weil er ne- ben einer symbolischen Funktion dazu beiträgt, Kriegs- schiffe für eine Eskalationspolitik der USA gegen Russ- land freizusetzen. Wir sagen aber nicht zuletzt auch heute Nein zum Einsatz deutscher Kriegsschiffe im Mittelmeer, weil es der Kontext einer verstärkt militarisierten deutschen Au- ßenpolitik ist, der eine Ablehnung des Einsatzes nahe- legt. Seit der Münchner Sicherheitskonferenz und den Erklärungen von Außenminister Steinmeier und Vertei- digungsministerin von der Leyen, mehr deutsche Welt- geltung mit einer Ausweitung deutscher Auslandsein- sätze erreichen zu wollen, wird im Bundestag nahezu in jeder Sitzungswoche über einen neuen Auslandseinsatz abgestimmt. Wie die große Mehrheit der Bevölkerung lehnen wir Auslandsabsätze der Bundeswehr ab. Deutsch- land sollte sich nicht militärisch engagieren, sondern zi- vil. Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 29. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt TOP 4 Bundeswehreinsatz VN/OVCW (Syrische C-Waffen) Epl 14 Verteidigung Epl 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Thomas Oppermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Wer Frau Katrin Göring-Eckardt eben aufmerk-
    sam zugehört hat, der konnte den Eindruck gewinnen,
    dass sich unser Land im Augenblick in einem ausgespro-
    chen schlechten Zustand befindet.


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht zugehört, Herr Oppermann! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Besser zuhören!)


    Da haben Sie, Frau Göring-Eckardt, an der Wahrneh-
    mung der allermeisten Menschen in diesem Lande kom-
    plett vorbeigeredet.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Sie haben kein Wort zur wirtschaftlichen Situation
    verloren.


    (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Falsch!)


    In der Tat, wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit
    der Wende, gleichzeitig den höchsten Stand der Beschäf-
    tigung.


    (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch den höchsten Stand an prekärer Beschäftigung!)


    Wir haben Überschüsse in allen Sozialversicherungen.
    Wir haben die höchsten Steuereinnahmen in der Ge-
    schichte dieses Landes.


    (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch die größten Infrastrukturprobleme!)


    Bund, Länder und Unternehmen zusammen geben in
    diesem Jahr 80 Milliarden Euro für Forschung und Ent-
    wicklung aus. Auch wenn ich weiß, dass damit nicht alle
    Probleme in diesem Land schon gelöst sind – die Wahr-
    heit ist doch: Dieses Land steht augenblicklich ausge-
    sprochen gut da, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber dann!)


    So etwas zu sagen – ich weiß das aus eigener, noch
    gar nicht so lange zurückliegender Erfahrung –, fällt in
    der Opposition schwer,


    (Beifall des Abg. Dr. Georg Nüßlein [CDU/ CSU])


    aber Sie hätten allen Grund gehabt, darauf hinzuweisen;
    denn, Frau Göring-Eckardt, Sie waren bei den Grünen
    doch schon einmal Fraktionsvorsitzende, nämlich als
    Rot-Grün vor zehn Jahren die Arbeitsmarktreformen
    ganz entschlossen angepackt hat.


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider verscherbeln Sie das alles!)


    Sie haben einen ganz wesentlichen Anteil daran, dass
    dieses Land heute wirtschaftlich so stark ist.


    (Beifall bei der SPD)


    Ich finde, auch die Grünen können sich einmal über die
    wirtschaftlichen Erfolge in diesem Land freuen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Jetzt kommt es darauf an, alles dafür zu tun,


    (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Selbstbeschwörung!)


    dass diese wirtschaftliche Stärke erhalten bleibt, und da-
    für zu sorgen, dass alle Menschen davon profitieren. Wir
    wollen, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Deutsch-
    land an der ökonomischen Stärke teilhaben können,
    meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)






    Thomas Oppermann


    (A) (C)



    (D)(B)

    Dass es uns im Augenblick so gut geht, ist keines-
    wegs selbstverständlich. Die Krise auf der Krim hat uns
    gezeigt, wie schnell die Stabilität in Europa in Gefahr
    geraten kann. Russland hat auf der Krim eigenmächtig
    Grenzen verschoben. Das war ein klarer Verstoß gegen
    das Völkerrecht. Trotzdem oder gerade deshalb ist es
    gut, dass die internationale Gemeinschaft auf Verhand-
    lungen und Diplomatie setzt, um eine weitere Eskalation
    zu verhindern. Konflikte können militärisch entschieden
    werden; aber sie können nicht mit militärischen Mitteln
    gelöst werden.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deshalb bin ich froh, dass die Bundeskanzlerin und Bun-
    desaußenminister Steinmeier von Anfang an klarge-
    macht haben: Es gibt keine militärischen Optionen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Dieser Konflikt muss mit diplomatischen und politi-
    schen Mitteln bearbeitet werden, zum Beispiel mit den
    direkten Verhandlungen, die die Bundeskanzlerin ange-
    sprochen hat.

    Die Menschen in der Ukraine kämpfen gegen Korrup-
    tion und Gewalt. Sie kämpfen für Demokratie und für
    freie Wahlen. Ich wünsche mir, dass sie am 25. Mai in
    der Ukraine diese freien Wahlen ohne Störungen, ohne
    Behinderungen durchführen können und dass die Einheit
    ihres Landes erhalten bleibt.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Angesichts dieser existenziellen Fragen, mit denen
    sich die Ukrainer auseinandersetzen müssen, empfinde
    ich es – ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – schon als ei-
    nen gewissen Luxus, dass wir hier und heute im Bundes-
    tag die Vorlage eines strukturell ausgeglichenen Haus-
    halts beraten dürfen; ich glaube, das sollte man auch
    einmal erwähnen. Dieser Haushalt ist nicht selbstver-
    ständlich. Das ist eine Zäsur. Darauf mussten die Bürge-
    rinnen und Bürger 46 Jahre lang warten. 46 Jahre haben
    wir neue Schulden aufgetürmt. Damit ist jetzt Schluss.
    Das ist eine ganz klare Botschaft an die jungen Men-
    schen in diesem Land: Wir wollen damit aufhören, Poli-
    tik auf dem Rücken der jungen Generation zu machen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ich bedanke mich bei Bundesfinanzminister Schäuble,
    dass er uns einen solchen Haushalt vorgelegt hat. Dafür
    müsste er eigentlich eine John-Maynard-Keynes-Me-
    daille bekommen, wenn es so etwas gäbe. Wir schaffen
    angesichts des hohen Schuldenstandes zwar keine echten
    Reserven,


    (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist richtig! Eine sehr gute Aussage!)


    aber wir tun in wirtschaftlich guten Zeiten das Mindeste,
    was wir tun können: Wir legen einen ausgeglichenen
    Haushalt vor, damit wir in schlechten Zeiten auch wieder
    handlungsfähig sein können.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

    Auf diese Weise hat die letzte Große Koalition – da-
    rauf ist schon hingewiesen worden – entscheidend dazu
    beigetragen, dass wir heute wirtschaftlich stark sind. Ich
    möchte ganz besonders Peer Steinbrück und Olaf Scholz
    erwähnen. Ihnen haben wir es zu verdanken, dass
    Deutschland in der Krise von 2009 seine industrielle Ba-
    sis behalten hat. Ohne Kurzarbeitergeld und Konjunktur-
    programm wäre vieles unwiederbringlich verloren ge-
    gangen. Gut, dass wir das verhindert haben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir sollten aber natürlich auch nicht vergessen, dass
    jetzt ein strukturell ausgeglichener und im nächsten Jahr
    ein vollständig ausgeglichener Haushalt nicht allein das
    Verdienst der Bundesregierung und der Politik sind;
    denn wir profitieren zweifellos auch von der Schwäche
    der anderen.


    (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und von den Sozialkassen!)


    Wir profitieren von historisch niedrigen Zinsen durch
    die Euro-Krise. Statt wie in 2008 40 Milliarden Euro
    zahlt der Bund in 2014 voraussichtlich nur noch 30 Mil-
    liarden Euro Zinsen. Das sind zwar 25 Prozent weniger,
    aber es sind immer noch 10 Prozent der gesamten Steu-
    ereinnahmen des Bundes. Mit anderen Worten: 10 Pro-
    zent der Steuereinnahmen führen wir direkt an Kapital-
    anleger ab, die jahrzehntelang von wachsender
    Staatsverschuldung profitiert haben. Diese Art der Um-
    verteilung können wir in Zukunft beenden.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Egal wie die jeweilige ökonomische Theorie zum
    Schuldenmachen ausfällt: Faktisch verengen Schulden
    und Zinsen den Spielraum für die gesamte Politik. Sie
    begrenzen die Handlungsfähigkeit des Staates. Wir wol-
    len einen handlungsfähigen Staat. Deshalb ist ein ausge-
    glichener Haushalt ein Haushalt für die Zukunft dieses
    Landes.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Wir sagen Ja zur Schuldenbremse. Aber die Schul-
    denbremse darf keine Investitionsbremse werden.


    (Lachen der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE] – Katja Kipping [DIE LINKE]: Ist sie aber!)


    Über die schwarze Null kann sich die schwäbische
    Hausfrau nur dann richtig freuen, wenn ihr Haus auch in
    Schuss ist.

    Ein ausgeglichener Haushalt und öffentliche Investi-
    tionen sind kein Widerspruch. Beides ist gleichzeitig
    möglich, wenn wir Haushaltsüberschüsse erwirtschaften
    und sie in die richtige Richtung lenken. Das tun wir. Wir
    investieren in dieser Legislaturperiode 6 Milliarden Euro
    mehr in Bildung, 3 Milliarden mehr in Forschung, 5 Mil-
    liarden Euro für die öffentliche Verkehrsinfrastruktur
    und 700 Millionen Euro in den Städtebau. Wir entlasten
    Länder und Kommunen,





    Thomas Oppermann


    (A) (C)



    (D)(B)


    (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach 2018!)


    damit sie selber wieder in die Lage kommen, in Bildung
    und Infrastruktur zu investieren.

    Ich sage ganz klar: Die 6 Milliarden Euro, die wir den
    Ländern für die Entlastung in den Bereichen Kita, Bil-
    dung und Hochschule zugesagt haben, brauchen sie drin-
    gend; denn die Länder haben es natürlich schwerer als
    der Bund, zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kom-
    men. Im Bund haben wir eine Personalkostenquote von
    gut 8 Prozent; in den Ländern haben wir eine Personal-
    kostenquote von gut 38 Prozent. Mit anderen Worten:
    Niemand will, dass die Länder für die Haushaltskonsoli-
    dierung Polizeibeamte, Lehrer oder Professoren nach
    Hause schicken. Sie müssen diesen Personalbestand er-
    halten, teilweise sogar aufbauen. Das sollten wir berück-
    sichtigen und dafür sorgen, dass dieses Geld möglichst
    bald zu den Ländern kommt.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wenn es neue Spielräume im Haushalt geben sollte,
    müssen wir über ihre Verwendung reden. Ich plädiere
    dafür, dass wir dann Prioritäten setzen. Dazu gehören für
    mich Investitionen in eine moderne Infrastruktur und in
    bessere Bildungschancen. Was die Infrastruktur angeht:
    Die 5 Milliarden Euro reichen vermutlich nicht aus für
    eine durchgreifende Verbesserung der Situation. Deshalb
    möchte ich Herrn Dobrindt, der im Augenblick nicht an-
    wesend ist, zurufen: Wenn Sie den schnellstmöglichen
    Weg wählen, die Einbeziehung der Bundesstraßen in die
    Maut zu erreichen, dann haben Sie dabei die volle Unter-
    stützung der SPD-Bundestagsfraktion.


    (Beifall bei der SPD)


    Im Übrigen warten unsere Kommunen auf weitere
    Entlastung durch die Reform der Eingliederungshilfe.

    Schließlich sind wir uns auch darüber einig, dass es in
    dieser Wahlperiode eine BAföG-Erhöhung geben muss.
    Es kann nicht sein, dass wir 10 Milliarden Euro für die
    Rente verwenden, aber am Ende kein Geld für BAföG
    haben. Das muss zur Verfügung stehen, meine Damen
    und Herren.


    (Beifall bei der SPD)


    Viele Menschen wundern sich beim Blick auf ihren
    Gehaltszettel, wie wenig Geld von einer Lohnerhöhung
    übrig bleibt. Der Grund dafür ist die Steuerprogression.
    Sie ist übrigens eine Errungenschaft des modernen Staa-
    tes, weil sie ganz im Sinne der sozialen Marktwirtschaft
    sicherstellt, dass die starken Schultern mehr tragen als
    die schwachen, und weil sie dadurch die Kluft zwischen
    den Gewinnern und Verlierern unserer Gesellschaft ver-
    kleinert. Aber wenn die Progression so gestaltet ist, dass
    Lohnerhöhungen für Facharbeiter nach Abzug der Steu-
    ern gerade zum Erhalt der Kaufkraft reichen, dann ist
    das weder fair noch gerecht. Deshalb bin ich der Mei-
    nung, dass wir über den Abbau der kalten Progression
    reden müssen, aber – das sage ich mit Blick auf die De-
    batte, die wir gestern hatten – ohne solide und vollstän-
    dige Gegenfinanzierung wird das nicht möglich sein.
    Auf keinen Fall wollen wir, dass nach einer Tarifreform
    weniger Geld für Investitionen, Bildung, Infrastruktur
    und kommunale Entlastung zur Verfügung steht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir brauchen beides: ein gerechtes Steuersystem und In-
    vestitionen für die Zukunft.

    Meine Damen und Herren, in den ersten hundert Ta-
    gen haben die Ministerien gute Arbeit gemacht; in den
    nächsten hundert Tagen wird das Parlament die Haupt-
    rolle spielen. Wir werden ein halbes Dutzend wichtiger
    Gesetze beraten und verabschieden. Gestern hat das Ka-
    binett die EEG-Reform beschlossen. Bei dieser Reform
    geht es um nichts weniger als die Akzeptanz der Ener-
    giewende. Ich sage: Wenn wir mit der Reform weiter zu-
    gewartet hätten, dann wäre absehbar gewesen, dass die-
    ses Jahrhundertprojekt im Volkszorn der Verbraucher
    und in der Wut über die Abwanderung industrieller Ar-
    beitsplätze untergegangen wäre. Ich bin deshalb froh,
    dass Sigmar Gabriel das verhindert hat.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Er hat es geschafft, gegenüber einer Vielzahl von Par-
    tikularinteressen das allgemeine Wohl durchzusetzen. Er
    hat es geschafft, gegen die Europäische Kommission die
    Industrierabatte zu verteidigen. Frau Göring-Eckardt,
    das hat doch nichts mit Lobby für die Industrie zu tun.


    (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Womit denn sonst?)


    Das ist Lobby für hochwertige industrielle Arbeitsplätze
    in Deutschland.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ich lade Sie gerne zu einer Personalversammlung eines
    Unternehmens ein, das stromintensiv produziert und im
    internationalen Wettbewerb steht.


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ging auch sehr schnell! Ich habe noch in Erinnerung, was Sie uns vor der Wahl vermittelt haben!)


    Dann können Sie diese Thesen ja noch einmal vortragen.

    Wir begrenzen den Anstieg der Strompreise für Ver-
    braucher und erhalten die Fähigkeit der stromintensiven
    Industrie, zu wettbewerbsfähigen Bedingungen in
    Deutschland weiter zu produzieren. Das hinzubekom-
    men, war gewiss ein politischer Kraftakt. Dafür danke
    ich dem Wirtschaftsminister.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Schon in der letzten Woche hat das Kabinett mit dem
    Mindestlohn eines der wichtigsten Projekte aus dem Ko-
    alitionsvertrag auf den Weg gebracht. Der flächende-
    ckende gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro bedeutet
    für Millionen von Menschen in diesem Land eine ganz
    spürbare direkte Verbesserung ihres Lebens. Die meisten
    der 4 Millionen Menschen, die weniger als 8,50 Euro
    verdienen, bekommen die größte Lohnerhöhung ihres





    Thomas Oppermann


    (A) (C)



    (D)(B)

    Lebens. Aber nicht nur das: Ihrer Arbeit werden Wert
    und Würde zurückgegeben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dass wir jetzt für alle Arbeitnehmer eine gesetzliche
    Lohnuntergrenze bekommen, ist eine der wichtigsten
    Sozialreformen der letzten Jahrzehnte. Der Mindestlohn
    gehört in eine lange Reihe fortschrittlicher sozialer Ge-
    setze in Deutschland. Das begann 1883 mit der Absiche-
    rung im Krankheitsfall; 1927 gab es die Absicherung bei
    Arbeitslosigkeit. 1957 kam die dynamische Rente. 1995
    kam der Schutz bei Pflegebedürftigkeit, der jetzt von
    Gesundheitsminister Gröhe und der Koalition auf eine
    neue Stufe gehoben wird. Diese Reformen sollten die
    Arbeitnehmer dort schützen, wo sie der freie Markt nicht
    schützt. Jetzt ergänzen wir die soziale Marktwirtschaft
    um einen Schutz, der bisher gefehlt hat: der Schutz vor
    Hungerlöhnen, vor Löhnen, bei denen man den ganzen
    Tag arbeiten muss, von denen man aber nicht leben
    kann. Diese Löhne wird es in Zukunft nicht mehr geben.
    Ich bedanke mich bei Andrea Nahles dafür, dass sie das
    so schnell vorangetrieben hat.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    In der Gesetzesberatung werden wir alles besprechen.
    Aber wir sollten nicht so tun, als könnten wir einfach
    ganze Branchen oder Altersgruppen vom Mindestlohn
    ausnehmen, ohne dass neue grobe Verzerrungen auf dem
    Arbeitsmarkt herbeigeführt würden. Dann entwickeln
    findige Unternehmer daraus sofort wieder ein Geschäfts-
    modell. Solche Anreize wollen wir nicht. Diese Anreize
    wollen übrigens auch die Arbeitgeber nicht: Ein Unter-
    nehmer, der ordentliche Löhne zahlt, will keine Konkur-
    renz durch Unternehmer, die mit Billiglöhnen arbeiten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Gesetzliche Mindestlöhne und Tarifverträge sorgen für
    fairen Wettbewerb und gute Sozialpartnerschaft. Beides
    wollen wir stärken.

    Genauso wie der Mindestlohn ist auch das Rentenpa-
    ket ein Gebot der Gerechtigkeit und des Respekts. Denn
    eine erfolgreiche Wirtschaft hängt nicht nur davon ab,
    dass wir kreative Unternehmer und eine hohe Produkti-
    vität haben, sondern sie hängt auch davon ab, dass die
    Menschen das Gefühl haben, dass es in diesem Lande
    fair und gerecht zugeht. Deshalb schließen wir mit der
    Mütterrente eine Gerechtigkeitslücke. Wir wollen, dass
    die Lebensleistung von Müttern nicht nur in Sonntagsre-
    den gewürdigt, sondern auch finanziell honoriert wird.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Das gilt auch für die Langzeitarbeitnehmer. Von allen
    Menschen, die 2012 in Altersrente gegangen sind, taten
    dies 39 Prozent bis zum Alter von 63. Dabei nehmen sie
    zum Teil erhebliche Abschläge bei ihrer Rente in Kauf.
    Wer im Alter von 63 dann schon 45 Jahre gearbeitet hat,
    der empfindet solche Abschläge als eine ganz grobe Un-
    gerechtigkeit. Viele von denen haben schon mit 15 oder
    16 zu arbeiten begonnen. Diesen Arbeitnehmern wurde
    nichts geschenkt. Die mussten hart arbeiten, und deshalb
    wollen wir, dass sie jetzt nach 45 Beschäftigungsjahren
    schon mit 63 eine abschlagsfreie Rente bekommen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])


    Ich finde, wir sollten damit aufhören, Menschen, die
    45 Jahre gearbeitet haben, als „potenzielle Frührentner“
    zu bezeichnen. Viele von denen haben länger gearbeitet
    als die, die regulär in Rente gehen.


    (Beifall bei der SPD)


    Ich sehe nicht die Gefahr einer Entlassungswelle; die
    darf und wird es nicht geben. Erstens haben die Arbeit-
    geber es selber in der Hand. Ich glaube nicht, dass sie er-
    fahrene und qualifizierte Arbeitnehmer vor Rentenein-
    tritt in die Arbeitslosigkeit schicken. Zweitens werden
    wir im parlamentarischen Verfahren dafür sorgen, dass
    es keine Vorteile bringt, wenn Arbeitnehmer zwei Jahre
    vor der Rente freiwillig in die Arbeitslosigkeit gehen.
    Drittens gibt es bei vielen den Wunsch, den Übergang
    von der Arbeit in die Rente zwischen 60 und 67 und
    auch in der Zeit danach flexibler zu gestalten. Wir sind
    bereit, gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen
    aus der Union dafür nach Wegen zu suchen; da sind wir
    gesprächsbereit. Es gilt natürlich das Struck’sche Gesetz:
    Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es in ihn hi-
    neingekommen ist. Aber es gibt auch ein zweites Gesetz.
    Dieses Gesetz besagt: Kein Gesetzentwurf aus dem Ka-
    binett darf in der parlamentarischen Beratung schlechter
    werden.


    (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das schließt sich von vornherein aus! Es ist immer besser!)


    Es gilt sozusagen auch ein Verschlechterungsverbot. Da-
    ran werden wir uns orientieren müssen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist das Oppermann’sche Gesetz!)


    Wir beschränken uns aber nicht auf ökonomische
    Stärke und soziale Gerechtigkeit. Wir wollen auch, dass
    Deutschland ein modernes, tolerantes und weltoffenes
    Land bleibt. Mit dem Doppelpass und der Einführung ei-
    ner Frauenquote in Aufsichtsräten schaffen wir Meilen-
    steine im Staatsbürgerschaftsrecht und bei der Gleich-
    stellung von Männern und Frauen. Darauf haben die
    Menschen in diesem Lande lange gewartet.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Ohne die doppelte Staatsbürgerschaft würden in den
    nächsten Jahren 400 000 junge Menschen, die in
    Deutschland geboren und aufgewachsen sind, zu einer
    schwerwiegenden Entscheidung gezwungen. Dabei ha-
    ben viele von ihnen zwei Herzen in einer Brust. Zusam-
    men mit der Integrationsbeauftragten Aydan Özoğuz bin
    ich der Meinung, dass die Integration in Deutschland er-
    folgreicher wird und besser gelingt, wenn wir die jungen
    Menschen nicht mehr zu dieser Entscheidung zwingen.


    (Beifall bei der SPD)






    Thomas Oppermann


    (A) (C)



    (D)(B)

    Justizminister Heiko Maas und Innenminister de Maizière
    haben dazu einen sehr guten und unbürokratischen Kom-
    promiss erarbeitet.

    Die beiden Minister sind auch angesprochen, wenn es
    um das Thema Vorratsdatenspeicherung geht. Der Euro-
    päische Gerichtshof hat jetzt entschieden. Wenn sowohl
    das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsge-
    richt, als auch das höchste europäische Gericht die gel-
    tenden Formen der Vorratsdatenspeicherung verwerfen,
    dann sollten wir einen Moment innehalten und überle-
    gen, was das bedeutet. Ich glaube, dass ein schneller na-
    tionaler Alleingang jetzt nicht die richtige Antwort ist.


    (Beifall bei der SPD)


    Wir müssen genau überlegen, wie wir das Verhältnis von
    Freiheit und Sicherheit bestimmen wollen. Wir müssen
    sehr sorgfältig überlegen: Wie viel Freiheit sind wir be-
    reit herzugeben für mehr Sicherheit? Das ist die Grund-
    lage, auf der wir jetzt miteinander sprechen müssen,
    wenn es darum geht, wie mit der Situation umzugehen
    ist. Ich bin sicher, dass wir am Ende eine gute Entschei-
    dung treffen werden.

    Meine Damen und Herren, Manuela Schwesig ist die
    erste Frauenministerin in Deutschland, die mit der Mehr-
    heit dieser Koalition eine gesetzliche Frauenquote für
    börsennotierte Unternehmen auf den Weg bringt.


    (Beifall bei der SPD)


    Kleine und mittlere Unternehmen müssen sich künftig
    selbst verbindliche Vorgaben machen. – Jetzt müssten
    meine Freunde von der CDU/CSU eigentlich klatschen.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Wir warten, was noch kommt! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    – Gut. – Für die einen gilt eine gesetzliche Regelung, für
    die anderen eine Selbstverpflichtung. Das Schöne daran
    ist: Wir können sehen, was besser funktioniert.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


    Die Unternehmen werden jetzt in einen Wettbewerb um
    die qualifiziertesten Frauen eintreten.


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist jetzt schon so!)


    Ich sage Ihnen: Dieser Wettbewerb wird nicht scheitern;
    denn noch nie gab es so viele gut ausgebildete Frauen in
    Deutschland wie heute.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Meine Damen und Herren, den Kommunen, die der-
    zeit mit steigenden Mieten und wachsenden sozialen
    Problemen zu kämpfen haben, sagen wir ganz klar: Wir
    lassen sie nicht im Stich! Deshalb haben wir schnelle
    Hilfen für die Städte verabredet, die sich allein nicht hel-
    fen können. Bauministerin Barbara Hendricks wird dazu
    die Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ mehr als
    verdreifachen. Damit helfen wir auch den Städten, die
    von einer punktuell konzentrierten Zuwanderung beson-
    ders betroffen sind.

    Und, ja, wir brauchen in den großen Ballungszentren
    die Mietpreisbremse; nicht überall, aber wir brauchen sie
    dort, wo alteingesessene Mieter durch steigende Mieten
    aus ihrem Stadtviertel verdrängt werden. Wir brauchen
    sie dort, wo die soziale Mischung in unseren Städten be-
    droht ist. Und wir brauchen sie nicht zuletzt dort, wo Fa-
    milien keine Wohnung mehr in der Nähe von Kita und
    Schule finden. Deshalb muss es in bestimmten Fällen die
    Möglichkeit geben, den dramatischen Anstieg der Mie-
    ten zu stoppen. Das tun wir.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Genauso müssen wir auf dem Markt der Immobilien-
    makler aufräumen. Dort gibt es eine große Ungerechtig-
    keit: Viele Menschen bezahlen Maklergebühren, obwohl
    sie nie in ihrem Leben einen Makler beauftragt haben.
    Hier führen wir jetzt das Prinzip „Wer die Musik be-
    stellt, der bezahlt sie auch“ ein. Das ist soziale Markt-
    wirtschaft.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    In den nächsten Wochen und Monaten kommt einiges
    auf uns zu. Bis zur Sommerpause werden wir in den
    Ausschüssen und im Plenum intensiv über die Gesetz-
    entwürfe beraten. Ich freue mich auf die Beratungen in
    der Koalition, auf die Beratungen mit Volker Kauder und
    mit Gerda Hasselfeldt. Ich glaube, die Große Koalition
    wird am Ende zeigen, dass wir auch bei schwierigen Ge-
    setzen zu vernünftigen Kompromissen kommen. Das
    wird Deutschland ökonomisch stärker und moderner ma-
    chen, und es wird das Leben der Menschen in diesem
    Lande Stück für Stück verbessern.

    Vielen Dank.


    (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU/CSU)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Volker Kauder ist der nächste Redner für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Volker Kauder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

    In der Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zum
    Start dieser Großen Koalition und gestern in der Rede
    des Bundesfinanzministers zur Einbringung des Haus-
    halts 2014 ist eine zentrale Botschaft dieser Großen Ko-
    alition immer wieder formuliert worden: Wir wollen
    durch unsere gemeinsame Arbeit in dieser Koalition er-
    reichen, dass es den Menschen nach diesen vier Jahren
    besser geht als jetzt. Das ist ein ambitioniertes Ziel, weil
    – darauf hat Thomas Oppermann zu Recht hingewie-
    sen – unser Land schon jetzt gut dasteht und weil es den
    Menschen schon jetzt objektiv und im Vergleich zu den





    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    Menschen in anderen Ländern in Europa und in der Welt
    gut geht.

    Was ist der Maßstab dafür, dass wir sagen können:
    „Es geht den Menschen besser“? Da kann man unter-
    schiedliche Punkte formulieren. Ich glaube, der entschei-
    dende Punkt ist, dass die Menschen Arbeit haben und die
    junge Generation Chancen hat und damit Jung und Alt,
    auch die mittlere Generation, jeder in unserem Land,
    durch eigene Arbeit ihr Leben gestalten können. Das ist
    es, was soziale Marktwirtschaft verlangt. Das hat etwas
    mit Würde zu tun. Dass jeder aus eigener Kraft sein Le-
    ben gestalten kann, das ist unser Ziel in dieser Großen
    Koalition.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Um das zu erreichen, brauchen wir unsere industrielle
    Basis. Die Bundeskanzlerin hat vorhin darauf hingewie-
    sen, dass bei uns der industrielle Sektor noch gut 20 Pro-
    zent bei der Wertschöpfung ausmacht. Wenn man die
    Dienstleistungen, die zu diesem Bereich gehören, hinzu-
    rechnet, ist der Anteil sogar noch höher. Ich bin außeror-
    dentlich froh, dass Prognosen – daran sieht man übri-
    gens, wie das mit Prognosen so ist –, die einmal
    aufgestellt worden sind, dass wir auf dem direkten und
    schnellen Marsch von der Industriegesellschaft in die
    Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft seien,
    Gott sei Dank nicht eingetreten sind. Überall in Europa
    können wir es beobachten: Dort, wo es mit dem indus-
    triellen Sektor nicht stimmt, geht es den Menschen nicht
    so gut wie bei uns in der Bundesrepublik Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Deshalb ist es notwendig und wichtig, die wirtschaft-
    liche Position, die wirtschaftliche Stärke unseres Landes
    zu erhalten. Die wirtschaftliche Stärke hängt natürlich
    von einigen Faktoren ab. Gerade in einem Industrieland
    ist die Energieversorgung zentral. Man schaut in der
    ganzen Welt auf uns, ob ein industrialisiertes Land wie
    Deutschland die Energiewende so hinbekommt, dass die
    Wirtschaft weiterhin gut laufen kann. Das ist wahr-
    scheinlich eines der größten Vorhaben, das diese Große
    Koalition bewältigen muss.

    Erste Schritte wurden mit der Reform des EEG ge-
    macht. Natürlich kann man sich wünschen, dieses oder
    jenes etwas schneller zu erreichen. Aber wir wissen in
    unserem Land doch nicht nur aus der Diskussion über
    das EEG, dass wir in diesem föderalen Staat nur dann
    gute Lösungen finden, wenn Bund und Länder zusam-
    men zu einem Ergebnis kommen. In der letzten Woche
    gab es hier durchaus einen Durchbruch. Wenn wir dann
    in zwei Jahren zum Ausschreibungsmodell kommen,
    sieht die Situation beim EEG ohnehin noch einmal an-
    ders aus.

    Ich wünsche mir jetzt, dass im Gesetzgebungsverfah-
    ren auf jeden Fall – da stimme ich Thomas Oppermann
    zu – keine Verschlechterungen eintreten, sondern viel-
    leicht noch Verbesserungen und dass jeder seinen Bei-
    trag dazu leistet, dafür auch im Bundesrat die erforderli-
    chen Mehrheiten zu bekommen. Wir haben in der letzten
    Legislaturperiode zweimal Anläufe genommen und hier
    im Bundestag Beschlüsse gefasst, um das EEG zu verän-
    dern und zu einer kostengünstigeren Situation zu kom-
    men, und sind zweimal im Bundesrat gescheitert. Des-
    wegen kann man es gar nicht hoch genug einschätzen,
    wenn es jetzt gelingt, die Länder mit ins Boot zu neh-
    men.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Eine der großen Sorgen nicht nur unserer Wirtschafts-
    politiker in beiden Fraktionen, sondern von uns allen
    war, dass unsere wirtschaftliche Stärke durch Entschei-
    dungen der EU-Kommission gefährdet werden könnte.
    Man hat es eigentlich gar nicht glauben können, dass
    sich eine EU-Kommission auf den Weg macht und dieje-
    nigen in Europa, die stark sind und damit ganz Europa
    mitnehmen können, womöglich schwächen will. Ich
    weiß, welch schwierige Verhandlungen das waren. Herr
    Wirtschaftsminister Gabriel, wir sind als CDU/CSU-
    Bundestagsfraktion sehr vorsichtig mit Lob vor allem an
    sozialdemokratische Wirtschaftsminister. Wir sind da
    sehr zurückhaltend.


    (Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Das ist noch untertrieben!)


    Aber wir sind auch fair und anständig im Umgang mitei-
    nander. Deswegen sage ich Ihnen: Kompliment für das,
    was Sie in Brüssel für unsere Wirtschaft und für unser
    Land erreicht haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So was nennt man „vergiftetes Lob“! – Zuruf der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es wirt-
    schaftlich weitergeht, heißt aber auch: Investitionen in
    die Zukunft. Wie die Zukunft unserer Wirtschaft aus-
    sieht, kann man sich in diesen Tagen auf der Messe in
    Hannover sehr genau anschauen. Bei aller Faszination
    über das, was man dort erleben kann, zum Beispiel wie
    Roboter miteinander umgehen, stellen sich aber auch
    große Fragen. Man fragt sich: Gelingt es uns in Deutsch-
    land, auch in Zukunftsbereichen und nicht nur in der
    klassischen Produktion Fuß zu fassen? Alles, was diese
    Roboter miteinander machen, was ihnen antrainiert
    wurde, wird von irgendwoher, von großen Rechenzen-
    tren aus gesteuert. Diese werden heute als Cloud be-
    zeichnet, „Wolke“. Die Unternehmer sagen uns, dass es
    in Europa keine einzige Institution gibt, die Clouds in
    der notwendigen Größe zur Verfügung stellt. Dann ist
    man überrascht – vielleicht auch der eine oder andere
    von Ihnen –, wenn man hört, dass jemand, von dem man
    geglaubt hat, er sei ein digitaler Buchhändler oder Wa-
    renversender, der größte Cloud-Besitzer ist. Ich spreche
    dabei von Amazon. Amazon ist kein europäisches und
    schon gar kein deutsches Unternehmen. Die Wirtschaft
    braucht diese Unternehmen aber, damit die Abläufe
    funktionieren.

    Jetzt wird auf uns und vor allem auf den Bundes-
    innenminister die Frage zukommen: Wie kann man un-





    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    serer Wirtschaft helfen, damit das, was sich in der Cloud
    abspielt, auch sicher ist? Ich möchte darum bitten, dass
    wir uns alle folgende Frage stellen: Was können wir ma-
    chen, damit es nicht nur ein oder zwei Monopolisten
    gibt, die diesen Markt beherrschen, sondern wir selber
    zum Zug kommen? Wer einen so starken industriellen
    Sektor hat, muss nach meiner Auffassung die digitalen
    Voraussetzungen schaffen, und zwar möglichst im eige-
    nen Land, und darf nicht von anderen abhängig sein. Da-
    für müssen wir unsere ganze Kraft einsetzen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wir müssen für Sicherheit sorgen und Kraftanstrengun-
    gen unternehmen, um hier voranzukommen.

    Mit diesem Bundeshaushalt leisten wir einen Beitrag
    dazu, dass es den Menschen besser geht. Wolfgang
    Schäuble hat darauf hingewiesen, dass wir in dieser Le-
    gislaturperiode ein ambitioniertes Projekt haben, näm-
    lich einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen.
    Dieses Projekt beginnt in diesem Jahr. 2015, 2016 und
    2017 stehen wir dann vor der großen Herausforderung,
    keine neuen Schulden zu machen. Lieber Wolfgang
    Schäuble, herzlichen Dank, dass dieser Weg gegangen
    wurde. Eines muss aber klar sein – das sage ich an die
    gesamte Koalition gerichtet –: Wolfgang Schäuble ist
    darauf angewiesen, dass wir alle mitmachen. Das kann
    nicht nach dem Motto geschehen: Da müht sich einer, ei-
    nen Haushalt ohne Schulden zu machen, und andere
    überlegen, wie man neue Projekte in den Haushalt ein-
    bringen kann. – Deswegen sage ich zu, dass wir in die-
    sen Haushaltsplanberatungen die Vorgaben nicht über-
    schreiten werden. Wir werden eher versuchen, noch
    etwas weniger Ausgaben zu produzieren. Es ist die Auf-
    gabe einer Regierungskoalition, einen solch erfolgrei-
    chen Weg zu unterstützen. Das werden wir auch tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung
    – Wolfgang Schäuble hat völlig zu Recht darauf hinge-
    wiesen – spielt auch Zuverlässigkeit eine Rolle. Lieber
    Kollege Oppermann, man kann hier ruhig einmal sagen,
    dass die Zusammenarbeit mit Ihnen gut ist und wir un-
    sere Projekte gut voranbringen. Allen Formulierungen in
    dem einen oder anderen Organ oder Magazin zum Trotz
    bin ich sicher: Wir werden diese Große Koalition zu ei-
    nem genauso großen Erfolg führen wie die letzte.


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie dürfen sich jetzt küssen!)


    – Frau Göring-Eckardt, es tut mir ja außerordentlich
    leid. Ich hätte mich genauso gefreut, wenn ich hätte sa-
    gen können, dass wir gut zusammenarbeiten. Aber Sie
    wollten nicht. Daher ist jetzt Schluss mit dem Thema.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Die Grünen mögen sich beruhigen. Wir können das
    nachher noch bilateral besprechen.
    Die Wirtschaft muss sich darauf verlassen können,
    dass sie die großen Investitionen, von denen ich vorhin
    gesprochen habe, auch finanziert bekommt. Nicht aus
    Jux und Tollerei, sondern um die Wirtschaft in diese
    Lage zu versetzen, haben wir gesagt: Das Geld muss in
    unseren mittelständischen Betrieben und in der Wirt-
    schaft bleiben. Deshalb gibt es in dieser Legislatur-
    periode keine Steuererhöhungen. Denn alle Steuer-
    erhöhungen, auch eine Erhöhung des sogenannten
    Spitzensteuersatzes, schlagen bei den familiengeführten
    Unternehmen sofort durch. Deswegen sage ich es an die-
    ser Stelle noch einmal: Es gibt in dieser Legislatur-
    periode keine Steuererhöhungen, weder bei der Einkom-
    mensteuer noch bei der Vermögensteuer oder der
    Erbschaftsteuer.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Das muss ich so klar betonen, um auf einen Punkt ein-
    gehen zu können: Ich teile die Auffassung, dass wir den
    Menschen bei der kalten Progression durchaus etwas zu-
    rückgeben könnten.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das ist übrigens eine Auffassung, die Sie, lieber Thomas
    Oppermann, in der letzten Legislaturperiode bedauerli-
    cherweise nicht geteilt haben.


    (Bettina Hagedorn [SPD]: Stimmt nicht! – Christine Lambrecht [SPD]: Das muss finanziert werden!)


    – Augenblick, keine Aufregung! Wenn Sie diese Auffas-
    sung geteilt hätten, wären wir im Bundesrat letztes Jahr
    schon weiter gekommen.


    (Christine Lambrecht [SPD]: Das war nicht solide finanziert!)


    Jetzt wird die Diskussion neu geführt. Ich sage in aller
    Bestimmtheit: Es wird, ganz egal, welches Projekt ange-
    dacht wird, auf keinen Fall eine Gegenfinanzierung
    durch Steuererhöhungen geben. Wer das will – ich habe
    das ein bisschen herausgehört –, muss seine Pläne gleich
    begraben.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Katrin GöringEckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher kommen denn die 18 Milliarden Euro?)


    Es nützt relativ wenig – darüber sollten wir uns viel-
    leicht demnächst einmal unterhalten –, ständig zu sagen:
    „Wir könnten uns dies oder jenes vorstellen“, und dabei
    den heimlichen Dissens zu haben, dass die einen Steuer-
    erhöhungen wollen und die anderen nicht. Dann lassen
    wir das mit der kalten Progression lieber. Steuererhöhun-
    gen sind kein Ziel und keine Maßnahme.

    Wenn wir die kalte Progression abmildern und die
    Kommunen damit weniger Steuereinnahmen haben, darf
    man aber nicht jammern: „Die Kommunen brauchen
    Geld“, und erwarten, dass der Bund dies alles kompen-
    siert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind bereit,
    den Kommunen zu helfen, und wir sind auch bereit, den
    Ländern zu helfen; wir haben dafür im Haushalt Mittel
    vorgesehen. Aber eines geht beim besten Willen nicht:
    dass man das austarierte System der Finanzierung durch





    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    Steuern im Föderalismus dieses Landes völlig auf den
    Kopf stellen will. Steuermehreinnahmen werden geteilt
    nach dem Schlüssel: 48 oder 49 Prozent bekommt der
    Bund, 52 oder 51 Prozent die Länder. Der Bund hat den
    kleineren Anteil, die Länder den größeren Anteil. Aber
    wenn es um Steuerentlastungen, um Steuersenkungen
    geht, heißt es gern: Da beteiligen wir uns nicht. – Man
    kann nicht bei Mehreinnahmen vom Verteilungsschlüs-
    sel profitieren, aber wenn es, wie bei der Abmilderung
    der kalten Progression, um Steuersenkungen geht, er-
    warten, dass der Bund alles kompensiert. Ich kann nur
    sagen: Eine solche Verschiebung dürfen wir nicht mit-
    machen; sonst kommt das gesamte System ins Wanken.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Da sind wir uns einig, lieber Thomas Oppermann; dann
    kann man das aber auch durch Beifall entsprechend zei-
    gen. – Damit wäre dieser Punkt auch geklärt. Man muss
    bestimmte Dinge klarmachen, damit es da keine Pro-
    bleme gibt.

    Der letzte Punkt, auf den ich noch zu sprechen kom-
    men möchte: Damit es den Menschen besser geht nach
    diesen vier Jahren, muss es auch gerecht zugehen. In die-
    sem Zusammenhang wird über das Thema Generatio-
    nengerechtigkeit gesprochen. Auch beim Thema Gene-
    rationengerechtigkeit kann man mehrere Faktoren
    ansprechen. Der erste Punkt für Generationengerechtig-
    keit ist, dass wir den jungen Menschen – es sitzen heute
    sehr viele junge Menschen auf der Tribüne – eine an-
    ständige Ausbildung ermöglichen; denn das ist die ein-
    zige Chance, dass sie nachher ein gutes Leben führen
    können.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Dafür sind – das haben wir im Rahmen der Föderalis-
    musreform beschlossen – zunächst einmal die Länder
    zuständig. Der Bund ist bereit, einen Beitrag dazu zu
    leisten. Der ist aber nur denkbar, wenn wir uns auch in-
    haltlich beteiligen können. Die Länder können vom
    Bund nicht erwarten, dass er Geld gibt, sich aber ansons-
    ten raushält. Das ist nicht der Weg, den wir hier im Deut-
    schen Bundestag beschreiten können.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Ausbildung, auch über Universitäten, ist der erste
    Punkt.

    Der zweite Punkt ist, dass wir der jungen Generation
    die Möglichkeit geben müssen, ihre Vorstellungen von
    Politik und davon, wie sie leben wollen, auch umzuset-
    zen. Das wird ohne Finanzmittel nicht gehen. Jetzt sage
    ich einmal Folgendes: Die Diskussion, die jetzt darüber
    geführt wird, in welchem Umfang die Rentenpakete die
    Chancen der jungen Generation beeinträchtigen, ist die
    eine Seite. Viel entscheidender als diese Rentenpakete,
    die natürlich auch finanziert werden müssen, ist aber,
    dass wir der jungen Generation nicht Jahr für Jahr neue
    Schulden aufladen; denn diese Schulden haben etwas
    Unangenehmes: Sie verlangen Zinsen und Rückzahlung;
    daran kann man nichts ändern. Deswegen sage ich: Bei
    aller Aufgeregtheit und auch bei manchem richtigen
    Hinweis in der Rentendebatte sollten wir klar und deut-
    lich machen: Das, was Wolfgang Schäuble mit dem aus-
    geglichenen Haushalt vorlegt, hat mehr Bedeutung für
    die Generationengerechtigkeit als vieles andere. Das
    muss klar und deutlich so gesagt werden; da sollten wir
    uns überhaupt nicht irritieren lassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Ein Exportland mit einem großen industriellen Sektor
    wie Deutschland braucht natürlich Märkte. In diesem
    Zusammenhang wird oft über die Stärkung der Binnen-
    kaufkraft gesprochen. Das ist auch okay. Du, Thomas,
    und ich, wir wissen aber, dass in unseren Heimatländern
    so viele Autos gebaut werden, dass man sie durch noch
    so viel Binnenkaufkraft gar nicht auf unseren Heimat-
    markt bringen kann. Deswegen brauchen wir Märkte.
    Der europäische Markt spielt hier nach wie vor eine zen-
    trale Rolle als Rückgrat unserer Exportnation. Es gibt
    natürlich den amerikanischen Markt, den chinesischen
    Markt und andere; aber wir brauchen ein festes Stand-
    bein, um nicht von diesen Märkten abhängig zu sein.
    Das ist mit ein Grund dafür, dass wir uns darum bemü-
    hen – im Übrigen durchaus erfolgreich –, Europa wieder
    flottzumachen. Das ist das zentrale Thema: Europa muss
    wieder wettbewerbsfähig werden.

    Man kann ja sagen: In der Vergangenheit sind Fehler
    passiert. Das gibt es. Wenn man Fehler aber mehrfach
    hintereinander macht, dann ist das kein Fehler mehr,
    sondern Dummheit. Ein entscheidender Fehler war, dass
    wir uns immer wieder nicht an die Regeln gehalten ha-
    ben, die wir uns selber gegeben haben. Jetzt wird es end-
    lich einmal Zeit, damit es auch jeder kapiert, dass die
    Regeln und Gesetze, die wir uns gegeben haben, auch
    eingehalten werden. Deshalb habe ich – Wahlkampf hin
    oder her – wenig Verständnis dafür, dass gerade der Prä-
    sident des Europäischen Parlaments mit solchen Regeln
    und Gesetzen etwas lax umgeht. Das sind falsche Si-
    gnale an Frankreich.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Jedes Signal an Frankreich, dass man die Regeln nicht
    einhalten muss, wird doch in Griechenland und an-
    derswo aufmerksam verfolgt. Deswegen kann ich nur sa-
    gen: Regeln, die man sich gegeben hat, müssen eingehal-
    ten werden. Nur so erreichen wir Zuverlässigkeit in
    einem notwendigen Prozess.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ein letzter Punkt zum Thema Märkte: Auch das mit
    den Amerikanern weiter zu verhandelnde und noch ab-
    zuschließende Freihandelsabkommen ist bedeutend.
    Man kann jetzt darüber philosophieren, wie viele Ar-
    beitsplätze das schaffen wird oder nicht. Wenn Freihan-
    delsabkommen keinen Sinn hätten, dann hätte man sie
    mit anderen nicht geschlossen. Sie haben einen Sinn.
    Wir sind dabei, ein solches Abkommen mit anderen Län-
    dern wie schon mit Japan abzuschließen; mit Amerika
    halte ich das auch für notwendig.

    Es ist aber auch klar, dass wir die Sorgen und Ängste,
    die in diesem Zusammenhang aufkommen, diskutieren
    und ernst nehmen müssen, dass wir mit den Menschen





    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    darüber reden müssen. Wir müssen auch klarmachen,
    was mit einem solchen Abkommen beabsichtigt ist. Wir
    dürfen die Argumentationshoheit nicht denen überlas-
    sen, die aus ideologischen Gründen gegen ein Freihan-
    delsabkommen sind. Das darf auf keinen Fall geschehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Oppermann [SPD])


    Wir müssen die Sorgen ernst nehmen. Es ist richtig, das
    vor Ort zu erklären. Das können nicht allein Kommis-
    sion oder Regierung machen. Vielmehr werden wir in
    unseren Wahlkreisen darauf angesprochen. Deswegen
    haben wir in der Koalition beschlossen, uns an der Dis-
    kussion offensiv zu beteiligen. Wir haben in der Koali-
    tion, zwischen SPD- und CDU/CSU-Bundestagsfrak-
    tion, eine Arbeitsgruppe vereinbart, in der Kolleginnen
    und Kollegen aus allen Bereichen sind, die mit diesem
    Thema zu tun haben, um uns in diesen Prozess einzu-
    klinken und mit zu argumentieren. Wir werden dieses
    Thema nicht einer europäischen Verhandlungskommis-
    sion überlassen. Es ist für unser Land viel zu wichtig, als
    dass wir es im Bundestag, in den Koalitionsfraktionen
    ignorieren könnten. Ich bin dankbar dafür, dass es gelun-
    gen ist, hier gemeinsam einen Weg zu finden.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden diesen
    Haushalt in unseren Fraktionen, in der Koalition und
    auch in diesem Parlament intensiv diskutieren und zum
    Abschluss bringen. Dann freuen wir uns schon auf den
    nächsten Haushalt, der bald kommen wird, den Haushalt
    2015. Ich sage den Haushältern beider Fraktionen einen
    herzlichen Dank für ihre Arbeit und ihre Mühen.


    (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die anderen zwei haben auch gearbeitet!)


    – Ich sage auch denjenigen in der Opposition, die uns
    auf diesem Weg begleiten, einen herzlichen Dank. Wenn
    Sie uns Steine in den Weg legen, Frau Roth, können Sie
    nicht erwarten, dass ich mich dafür bedanke. Wenn Sie
    konstruktiv sind, bedanke ich mich schon jetzt bei Ihnen
    für Ihre Arbeit.

    Diese Haushalte werden in den nächsten Jahren im-
    mer wieder Maßstab und Beurteilungsfaktor für uns
    sein; denn daran können wir sehen, dass es den Men-
    schen nach vier Jahren Großer Koalition in diesem Land
    besser geht.

    Herzlichen Dank.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der SPD)