Rede von
Kathrin
Vogler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DIE LINKE.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Heute liegen uns zwei Gesetzentwürfe
der Regierungskoalition zur Arzneimittelpolitik vor.
SPD und Union wollen das Preismoratorium für Arznei-
mittel ohne Festbetrag verlängern, damit die Preise nicht
wieder in den Himmel steigen. Ich sage ganz deutlich:
Ich freue mich, dass Sie hiermit ein Anliegen der Linken
aufgegriffen haben,
das wir schon im Juni in Form eines Antrags in den Bun-
destag eingebracht haben.
Tatsächlich drängt jetzt die Zeit; denn würde der
Preisstopp nicht noch diese Woche verlängert, dann
drohten ab dem 1. Januar 2014 Mehrausgaben für die ge-
setzlichen und auch für die privaten Krankenversiche-
rungen in Höhe von schätzungsweise 600 Millionen
Euro jährlich. Weil Sie ja im Koalitionsvertrag festge-
schrieben haben, die Arbeitgeberbeiträge nicht zu erhö-
hen, müssten diese Mehrausgaben, genau wie alle ande-
ren Kostensteigerungen, allein von den Versicherten
getragen werden. Das Preismoratorium ist also notwen-
dig und dringlich. Deswegen wird die Linke diesem Ge-
setzentwurf morgen zustimmen, und deswegen haben
wir auch dem beschleunigten Verfahren zugestimmt.
Der zweite Gesetzentwurf jedoch findet ebenso klar
nicht unsere Zustimmung. Sie wollen den Rabatt, den
alle Hersteller den gesetzlichen Krankenkassen einräu-
men müssen, von 6 auf 7 Prozent anheben. Dafür fällt
aber der Sonderrabatt von 10 Prozent auf die nicht fest-
betragsfähigen Arzneimittel zum Ende des Jahres weg.
Das bedeutet Kostendämpfung mit dem Rasenmäher an-
statt gezielter Politik gegen die Mondpreise der for-
schenden Pharmaindustrie.
Wir als Linke sagen: Wirkliche Innovationen, also
neue Mittel, die echte Fortschritte im Sinne der Therapie
bedeuten, sollen gut bezahlt werden. Scheininnovationen
hingegen – das ist leider die große Masse – dürfen nicht
teurer sein als bewährte Medikamente mit demselben
Nutzen.
270 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013
Kathrin Vogler
(C)
(B)
Damit kommen wir zum zweiten Teil des zweiten
Gesetzentwurfes. Sie wollen nämlich Arzneimittel, die
schon vor 2011 auf dem Markt waren, von der Nutzen-
bewertung freistellen. Seit 2011 gilt nämlich das Arznei-
mittelmarktneuordnungsgesetz, das AMNOG. Das re-
gelt, dass alle neuen Arzneimittel auf dem Markt auf
ihren Nutzen für die Patientinnen und Patienten über-
prüft werden, bevor Krankenkassen und Unternehmen
miteinander einen Preis vereinbaren. Das Prinzip in
Kürze: Was nicht mehr bringt als ein vorhandenes Medi-
kament, das soll auch nicht mehr kosten dürfen. Gut so
weit.
Auf Anfrage der Linksfraktion antwortet uns jetzt die
Bundesregierung, dass aktuell von den 243 patentierten
Arzneimitteln noch 199 auf diese Nutzenbewertung war-
ten. Tatsache ist, dass das Einsparpotenzial durch die
Nutzenbewertung, das uns damals die schwarz-gelbe
Koalition auf 2 Milliarden Euro jährlich beziffert hat,
noch nicht annähernd erreicht ist. Schon allein dies wäre
ein hinreichender Grund, an der Nutzenbewertung auch
für ältere Medikamente festzuhalten.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass bislang
nicht mehr als 180 Millionen Euro jährlich durch dieses
Verfahren eingespart werden. Bei einem Gesamtvolu-
men von 29,2 Milliarden Euro jährlich ist das kaum
mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.
Viel gravierender aus der Sicht der Patientinnen und
Patienten ist doch, dass Sie mit dem Verzicht auf die
Nutzenbewertung des Bestandsmarktes ohne Not ein In-
strument der Qualitätssicherung aus der Hand geben. Ich
zitiere aus Ihrem Koalitionsvertrag.
– Ja, ich habe ihn gelesen. Sie auch?
Darin heißt es im ersten Satz zum Abschnitt Gesund-
heitspolitik:
Im Zentrum unserer Gesundheitspolitik stehen die
Patientinnen und Patienten und die Qualität ihrer
medizinischen Versorgung.
Die Unterschrift unter der Ernennungsurkunde des
neuen Gesundheitsministers, dem auch ich herzlich gra-
tuliere, ist noch nicht ganz trocken, da erweist sich dieser
Satz schon als hohle Phrase. Wenn es nämlich konkret
wird, dann kapitulieren Sie doch leider wieder vor der
Industrie und deren wirtschaftlichen Interessen.
Als Begründung hat uns der Kollege Spahn gerade
die Schwierigkeiten, die das Verfahren zweifelsohne
macht, genannt. Denn die Unternehmen wehren sich mit
Klagen gegen die Einschränkung ihrer Profitmöglichkei-
ten. Sie wollen eben keine unabhängige Prüfung ihrer
Produkte. Das ist aus deren Sicht auch absolut nachvoll-
ziehbar: Unternehmen handeln im Interesse ihrer Aktio-
näre. Aber Sie als Bundesregierung, die hier im Hause
eine Mehrheit von 80 Prozent haben, sollten Politik für
die Mehrheit der Menschen machen und nicht für die
Minderheit der Aktionäre.
Daran werden wir als Linke Sie immer wieder erin-
nern. In diesem Sinne freue ich mich schon sehr auf die
Beratungen zu diesem zweiten Gesetzentwurf im Ge-
sundheitsausschuss.
Danke Ihnen.