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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/5 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 5. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 5: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zum Europäischen Rat am 19./20. Dezember 2013 in Brüssel . . . . . 239 A Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 239 B Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . 243 D Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 C Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 A Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . 250 B Marieluise Beck (Bremen) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . 251 B Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 252 C Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 C Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 255 C Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 A Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 257 B Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 D Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 260 B Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . 261 B Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 263 A Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 264 C Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 265 B Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 C Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 266 D Tagesordnungspunkt 6: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialge- setzbuch (13. SGB V-Änderungsgesetz – 13. SGB V-ÄndG) (Drucksache 18/200) . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 C b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialge- setzbuch (14. SGB V-Änderungsgesetz – 14. SGB V-ÄndG) (Drucksache 18/201) . . . . . . . . . . . . . . . . 268 C Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 D Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 269 C Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 270 C Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 D Michael Hennrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 272 C Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 C Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 274 B Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 A Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 275 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 277 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Michael Brand (CDU/CSU) zum Entschlie- ßungsantrag der Abgeordneten Katja Keul, Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger, Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanz- lerin zum Europäischen Rat am 19./20. De- zember 2013 in Brüssel (Drucksache 18/192, Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 B Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 239 (A) (C) (D)(B) 5. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 Beginn: 9.01 Uhr
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    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 277 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht (D) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Michael Brand (CDU/CSU) zum Entschließungsantrag der Abgeordneten Katja Keul, Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger, Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der Abgabe ei- ner Regierungserklärung durch die Bundes- kanzlerin zum Europäischen Rat am 19./20. De- zember 2013 in Brüssel (Drucksache 18/192, Tagesordnungspunkt 5) Zum Antrag der Grünen auf Drucksache 18/192 unter anderem zur Außen- und Sicherheitspolitik der EU möchte ich mein Abstimmungsverhalten an einer beson- deren Frage aus diesem Bereich begründen, die auch in der heutigen Debatte immer wieder eine Rolle gespielt hat. Der EU-Gipfel morgen wird sich unter anderem mit der vom Deutschen Bundestag unterstützten, in der Be- völkerung dagegen sehr skeptisch betrachteten mögli- chen weiteren Erweiterung der EU, dieses Mal mit der Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit Serbien, be- fassen. Es trägt zweifelsfrei zur wachsenden EU-Skepsis in den Ländern dieser überlebenswichtigen Europäischen Union bei, wenn die EU sich immer weniger dazu bereit- Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 18.12.2013 Barley, Dr. Katarina SPD 18.12.2013 Bülow, Marco SPD 18.12.2013 Drobinski-Weiß, Elvira SPD 18.12.2013 Esken, Saskia SPD 18.12.2013 Hänsel, Heike DIE LINKE 18.12.2013 Pols, Eckhard CDU/CSU 18.12.2013 Schäuble, Dr. Wolfgang CDU/CSU 18.12.2013 Schick, Dr. Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.12.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 18.12.2013 Zypries, Brigitte SPD 18.12.2013 findet, ihren eigenen Grundsätzen und ihren eigenen Be- schlüssen im konkreten Fall nachhaltig Geltung zu ver- schaffen. Wir alle hier haben die Kriege auf dem Balkan mit den schrecklichen Ergebnissen für die Menschen dort und die großen Risiken für die Stabilität Europas noch frisch in Erinnerung. Die Konflikte sind derzeit einge- froren, jedoch bei weitem nicht gelöst. Vor allem der Konflikt zwischen der Republik Serbien und der Repu- blik Kosovo birgt noch immer Potenzial für eine Desta- bilisierung des Balkan und darüber hinaus für Europa. Beide Länder haben umstrittene Führungen, deren Bekenntnisse zu Frieden, Aussöhnung und Europa von der eigenen Bevölkerung wie von der überwältigenden Mehrheit der Kenner der Region als schlicht nicht glaub- würdig angesehen werden. Während sich dies in der Bevölkerung anders darstellt, sind es vor allem der inter- nationale Druck und mehr noch die Hoffnung auf wirt- schaftliche Hilfe, die zu Zugeständnissen geführt haben, deren Bestand wir derzeit noch anzweifeln müssen. Wenn wir als Europäische Union zu früh und entge- gen unseren eigenen Kriterien die Beteiligten schon zu Beitrittsgesprächen in die EU hereinbitten, dann geben wir das stärkste politische Pfund aus der Hand, um auf eine irreversible Lösung und damit nachhaltige Befrie- dung der zentralen Konflikte zwischen der Republik Ser- bien und der Republik Kosovo zu drängen. Wir sind dabei, die Einwirkungsmöglichkeiten der EU auf eine nachhaltige Lösung leichtfertig zu vergeben, wenn wir nicht mehr darauf bestehen, dass unsere eigenen Bedin- gungen der letzten EU-Gipfel auch erfüllt werden. Poli- tischer „Discount“ statt standhafter Haltung hat sich auf dem Balkan bislang selten bis nie ausgezahlt, weder für die geplagte Bevölkerung dort noch mit Blick auf die politische Stabilität in Europa. Der Bericht der EU-Außenbeauftragten Ashton zum erreichten Stand der Verhandlungen ist überoptimistisch und blendet zentrale Risiken aus. Nachdem ich den Be- richt vom 16. Dezember 2013 an die EU-Außenminister zur Kenntnis genommen habe, will ich die Skepsis auch vieler Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause da- rüber festhalten, dass Serbien beim morgigen EU-Gipfel einen Termin für den Beginn von Beitrittsverhandlungen erhalten soll, obwohl die Bedingungen aus dem EU-Be- schluss vom Juni 2013 wie auch diejenigen des Deut- schen Bundestages vom 27. Juni 2013 nicht erfüllt sind. Eine ganze Anzahl von Bedingungen sind auch des- halb nicht erfüllt, weil sie lediglich als Papier unter- zeichnet, jedoch bei der von der EU und den beiden Sei- ten im Aprilabkommen als Bedingung formulierten Implementierung und konkreten Umsetzung massiv boy- kottiert werden. Zu den großen ungeklärten Fragen zählt die für die Statik eines jeden Staates zentrale Frage der einheitli- chen Rechtsordnung und der Rechtsprechung. Die in den Gesprächen in der letzten Woche blockierte Integration Anlagen 278 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 (A) (C) (B) der Rechtsprechung im Norden des Landes in den Justiz- sektor der Republik Kosovo – wie dies in jedem europäi- schen Staat gilt, weil gleiches Recht für alle eben eine einheitliche und nicht eine ethnische Justiz voraussetzt – ist auch ein Fanal dafür, dass die Autorität der EU schwindet und die EU insgesamt bei der Durchsetzung der eigenen rechtsstaatlichen Kriterien als erschöpft gilt. Der Bundestag hatte am 27. Juni 2013 unter anderem als Bedingung für die Aufnahme von Beitrittsverhand- lungen beschlossen: – die vollständige Auflösung der serbischen Paral- lelstrukturen im Sicherheits- und Justizbereich im Norden Kosovos und stattdessen die Errich- tung neuer Strukturen im Sicherheits- und Justiz- sektor Kosovos, die allein der politischen Kon- trolle und Finanzierung durch die kosovarische Regierung unterliegen. Weil dieses zentrale Thema so bedeutsam ist, wäre es ein Fehler, die Beitrittsgespräche mit Serbien zu eröff- nen, solange diese zentrale und andere Bedingungen nicht erfüllt sind. Es ist ein großes Risiko, das die EU gerade eingeht. Sie hat sich bislang in der Analyse und bei der Konfliktbewältigung nicht als allzu erfolgreich erwiesen. Die Bundesregierung kann nur aufgefordert werden, sich auf dem EU-Gipfel im Interesse der Stabilität des Balkan und der noch immer nicht vollständig beseitigten Risiken für den Frieden in Europa nicht allzu schnell von Positionen zu verabschieden, die genau diese Risiken eindämmen sollten. (D) 5. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 5 Regierungserklärung zum Europäischen Rat TOP 6 Preismoratorium für Arzneimittel Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Florian Hahn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kol-

    legen! Die Große Koalition hat sich gefunden. Wir ha-
    ben gestern die Kanzlerin gewählt. Es hat sich eine neue,
    gute Regierung gebildet. „Endlich“, werden die meisten
    sagen, man könnte aber auch sagen: Gut Ding braucht
    Weile. – Mit Blick nach Hessen, wo die Regierung noch
    nicht so richtig steht, möchte ich sagen, Herr Sarrazin:
    Vielleicht wird auch für dort gelten: Gut Ding braucht
    Weile. – Auf alle Fälle haben wir rechtzeitig eine Regie-
    rung, um sprach- und entscheidungsfähig bei dem kom-
    menden Europäischen Rat Ende der Woche beraten zu
    können.

    Ein Schwerpunkt ist hierbei die Sicherheits- und Ver-
    teidigungspolitik. Das möchte ich ausdrücklich begrü-
    ßen. Eine Beschäftigung mit der GSVP in Europa ist
    dringend geboten. Hier hat sich Deutschland etwas vor-
    genommen. So verspricht der Koalitionsvertrag, dass un-
    sere Regierung anknüpfend an diesen Gipfel neue Initia-
    tiven zur Stärkung und zur Vertiefung der gemeinsamen
    Außen- und Sicherheitspolitik in Europa ergreifen wird.

    Wie ist die Lage? Europa war in der vergangenen Zeit
    bei den Krisen in der geografischen Nachbarschaft eher
    Zuschauer als Akteur. Das Fehlen einer GSVP und ge-
    meinsamer Überzeugungen seitens der großen Länder
    Deutschland, Frankreich und Großbritannien wurde zu-
    letzt auch in Syrien offengelegt. In Libyen zeigten sich
    nicht zuletzt die materiellen Grenzen von uns Europäern.
    Die Erwartungen in die GSVP haben sich bisher nur un-
    zureichend erfüllt. Vorsätze und überfällige Entschei-
    dungen klaffen auseinander. Ich möchte hier nur die
    Stichworte „Europäisierung der Streitkräfte“ oder „koor-
    dinierte Spezialisierung auf nationaler Ebene“ nennen.

    Auch unkoordinierte Haushaltskürzungen in Europa
    sorgen für den Verlust wichtiger industrieller und tech-
    nologischer Fähigkeiten. Gleichzeitig werden durch
    Mehrfachstrukturen Milliarden verschwendet. Wir brau-
    chen aber eine starke und selbstbewusste EU in der
    Frage der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Wa-
    rum? Krisen, die uns mittel- und unmittelbar betreffen,
    nehmen zu. Allein 2013 hat sich Deutschland bei weite-
    ren Einsätzen in Mali und in der Türkei engagiert. Damit
    ist auch eine noch stärkere Einsatzbelastung für unsere
    Soldaten, aber auch für das Material und die Systeme
    verbunden.

    Die Praxis zeigt, dass die EU kaum in der Lage ist,
    komplexe Einsätze allein zu bewerkstelligen. Die USA
    wenden sich – das ist hinreichend bekannt – Richtung
    Pazifik. Die NATO ist zudem auch nicht immer zwangs-
    läufig das beste Instrument zur Krisenbewältigung. So
    kann die EU beispielsweise mit Handel als krisenent-
    schärfender Maßnahme ein weiteres Asset anbieten, das
    die NATO so nicht bieten kann.

    Deutschland kann wegen seiner beschränkten Größe
    von 82 Millionen Einwohnern eigene Interessen global
    – davon bin ich fest überzeugt – in einer Gemeinschaft
    von 500 Millionen Menschen besser verfolgen. Die Ent-
    wicklung technologischer Spitzenfähigkeiten lässt sich
    im Nationalen nicht mehr finanzieren. Wer europäische
    Unabhängigkeit in diesem Bereich haben möchte, muss
    stärker europäisch kooperieren.

    Wo wollen, wo müssen wir hin? Wir brauchen ein ge-
    meinsames Verständnis als Security Provider. Wir müs-
    sen die Lücken zwischen zivilen und militärischen Fä-
    higkeiten schließen, und wir brauchen eine starke und
    wettbewerbsfähige technologische Basis in Europa. Un-
    ser Wohlstand in Deutschland und in Europa ist auf eine
    stabile Welt angewiesen. Dies zu erhalten, ist unser urei-
    genes Interesse. Unsere Größe und unser Erfolg sorgen
    dafür, dass viele Nachbarn und Partner von uns ein be-
    sonderes Engagement zur Weiterentwicklung der GSVP
    erwarten. Wir haben bewiesen, dass wir ein verlässlicher
    Partner sind.

    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 261

    Florian Hahn


    (A) (C)



    (D)(B)

    Wenn wir uns für ein Engagement entschieden haben,
    sind wir schnell im Einsatz und übernehmen verlässlich
    Verantwortung. Das zeigen die Einsätze in Afghanistan,
    in der Türkei, im Kosovo und in allen anderen Ländern.

    Ich erwarte mir deshalb von diesem Ratsgipfel erstens
    ein klares politisches Signal, das heißt „Defence and Se-
    curity matters“. Der Ratsgipfel muss ein Initialisierungs-
    punkt sein, um die GSVP auf einer realistischen Grund-
    lage mit Leben zu füllen.

    Zweitens. Die GSVP muss zur Chefsache werden.
    Ein jährlicher Gipfel auf Ebene der Staats- und Regie-
    rungschefs muss beschlossen werden.

    Drittens. Wir brauchen ein gemeinsames europäisches
    Lagebild. Auch das muss in Auftrag gegeben werden.


    (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Drohne, oder was?)


    Grundsätzlich lässt sich sagen: Europa ist wegen der
    Finanz- und Schuldenkrise in einer schwierigen Lage.
    Die Menschen sind daher europaskeptischer geworden.
    Deshalb ist es eine besondere Herausforderung, genau
    zu diesem Zeitpunkt die GSVP zu vertiefen. Das gelingt
    nur, wenn ein klarer Nutzen erkennbar ist. Insofern soll-
    ten wir uns konkret Projekte vornehmen, die realistisch
    sind. Die Stiftung Wissenschaft und Politik schlägt dazu
    in einem Papier vor, erstens ein europäisches Programm
    für unbemanntes Fliegen als Technologietreiber zu ent-
    wickeln, zweitens ein europäisches Luftüberwachungs-
    geschwader als Kooperationstreiber aufzustellen und
    den bestehenden europäischen Lufttransport noch zu
    verstärken. Dies sollten wir ins Auge fassen.

    Zur Beitrittspolitik möchte ich bemerken, dass ich die
    Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit Serbien wei-
    terhin sehr skeptisch sehe. Die Bedingungen, die wir hier
    im Haus im Juni beschlossen haben, sind aus meiner
    Sicht nicht hinreichend eingehalten, beispielsweise im
    Bereich Justiz oder beim Abbau von Parallelstrukturen.
    Diese Beispiele sprechen eigentlich nicht für eine Eröff-
    nung von Beitrittsverhandlungen.

    Wir sind in der letzten Woche vor Weihnachten. Las-
    sen Sie mich deshalb die Gelegenheit ergreifen, den vie-
    len Soldatinnen und Soldaten, den Diplomaten, den Poli-
    zisten und den zivilen Kräften zu danken, die in den
    Einsätzen auch über Weihnachten ihren Dienst tun und
    eigentlich gern bei ihren Familien wären. Ich wünsche
    ihnen und ihren Familien frohe Weihnachten und für
    2014 Glück, Erfolg und Gottes Segen.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)




Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das Wort hat jetzt der Kollege Kiesewetter von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roderich Kiesewetter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der bevorste-
    hende Gipfel ist auch für die europäische Außen- und Si-
    cherheitspolitik von großer Bedeutung. Stellen Sie sich
    vor: Erstmals seit 2008 beschäftigen wir uns wieder auf
    der Ebene der Staats- und Regierungschefs mit europäi-
    schen außen- und sicherheitspolitischen Fragen. Es wäre
    ein hervorragendes Ergebnis dieses Gipfels, wenn der
    Europäische Rat bei all den Themen, mit denen sich die
    Staats- und Regierungschefs beschäftigen müssen, jähr-
    lich, wie der Kollege Hahn es eben ansprach, aber zu-
    mindest zweijährlich auch das Thema der Außen- und
    Sicherheitspolitik und der Gemeinsamen Sicherheits-
    und Verteidigungspolitik aufgreifen würde.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte
    auf die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspoli-
    tik eingehen und in einem weiteren Teil zwei Aspekte zu
    den Beitrittsverhandlungen nennen.

    Ich glaube, wir alle sind uns einig, dass wir eine ei-
    genständigere und glaubwürdigere europäische Außen-
    und Sicherheitspolitik brauchen. Aber wir wissen auch,
    dass die finanzpolitischen Spielräume dafür erheblich
    geschrumpft sind. Gerade deshalb, liebe Kolleginnen
    und Kollegen, ist eine erheblich engere Zusammenarbeit
    erforderlich.


    (Beifall des Abg. Thomas Stritzl [CDU/CSU])


    Dazu brauchen wir politischen Willen.

    Die engen Finanzspielräume: Das, was wir in der
    Wirtschafts- und Finanzpolitik erreicht haben, sollten
    wir auch auf die Außen- und Sicherheitspolitik übertra-
    gen. Warum? Wir haben 28 verschiedene Streitkräftepla-
    nungsprozesse, wir haben 28 verschiedene zivile und
    militärische Konfliktbewältigungsstrategien, und wir ha-
    ben 28 verschiedene nationale Interessen. Wie bringen
    wir das unter einen Hut? Jedenfalls so, wie wir es bisher
    erlebt haben, ist es auf Dauer nicht möglich. Es ist nicht
    bezahlbar und angesichts der Aufstellung der Europäi-
    schen Union im globalen Wettbewerb auch nicht sinn-
    voll.

    Deshalb haben wir in unserem Koalitionsvertrag hier
    eindeutig Handlungsbedarf festgehalten. Unser neuer
    Bundesaußenminister wie auch unsere neue Bundesver-
    teidigungsministerin haben bereits zum Amtsantritt be-
    tont, wie wichtig engere europäische Kooperation ist.
    Wir brauchen bessere Frühwarnsysteme, zivil wie mili-
    tärisch. Wir brauchen verbesserte Reaktionsfähigkeiten,
    verstärkte strategische Transportmöglichkeiten, vor allen
    Dingen aber auch engere Vernetzung ziviler wie militäri-
    scher Instrumente. Dazu hat der Bundestag in der letzten
    Periode einiges an Vorleistungen erbracht. Wir brauchen
    weiter eine stärkere Kooperation in der Beschaffungsin-
    dustrie für die Sicherheit, aber auch für die Verteidi-
    gungssektoren.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Heinz-Joachim Barchmann [SPD])


    Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Parla-
    mentarier muss uns aber noch etwas anderes am Herzen
    liegen: Wir müssen erklären, wozu wir mehr Europa in
    der Außen- und Sicherheitspolitik brauchen. Notwendig
    ist bessere Kommunikation gegenüber der Bevölkerung,

    262 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013

    Roderich Kiesewetter


    (A) (C)



    (D)(B)

    aber auch gegenüber unseren strategischen Partnern;
    denn wir müssen erklären: Was sind denn die Interessen
    und strategischen Ziele der Europäischen Union, welche
    Aufgaben wollen wir erfüllen und mit welchen zivilen
    und militärischen Instrumenten, und – die Kollegen
    Schockenhoff und Niels Annen haben es angesprochen –
    in welchen Regionen wollen wir aktiv sein? Dafür haben
    wir drei strategische Ansätze: die stärker vernetzte Si-
    cherheit, die Anlehnungspartnerschaft, die im Koali-
    tionsvertrag an prominenter Stelle genannt ist, und na-
    türlich die Ertüchtigungsinitiative.

    Erstens. Man kann viel über vernetzte Zusammenar-
    beit, vernetztes Handeln sprechen; man kann den Com-
    prehensive Approach wie eine Monstranz vor sich her-
    tragen; wir müssen ihn endlich in die Praxis umsetzen.
    In unserem Koalitionsvertrag ist sehr deutlich von der
    Stärkung einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit
    die Rede. In der Außen- und Sicherheitspolitik müssen
    wir vernetzt denken und handeln. Es gilt, Krisenfrüher-
    kennung, Krisenprävention, Ursachenbekämpfung und
    Konfliktbewältigung als integrale Bestandteile zivil und
    militärisch vernetzter Sicherheitspolitik mit konkreten
    Projekten umzusetzen.

    Wir haben auch entsprechende Institutionen, die an
    prominenter Stelle aufgeführt sind. Ich nenne die Deut-
    sche Stiftung Friedensforschung; ich nenne aber ganz
    besonders als Institution, die funktioniert und die ausbil-
    det, die Bundesakademie für Sicherheitspolitik.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Zweitens. Das strategische Konzept der Anlehnungs-
    partnerschaft. Unsere Bundeskanzlerin hat dieses Kon-
    zept vor einem Jahr bei der Generalstagung in Straus-
    berg an prominenter Stelle öffentlich erwähnt. Worum
    geht es da? Es geht schlichtweg darum, dass sich Grup-
    pen europäischer Staaten in klar definierten Aufgaben-
    feldern enger zusammenschließen und ihre zivilen wie
    militärischen Krisenverhinderungsfähigkeiten aneinan-
    der anlehnen. Entscheidend ist dabei, dass alle Staaten
    gleichberechtigt sind – gleich wie groß sie sind, gleich
    wie lange sie schon in der Europäischen Union sind,
    gleich wie finanzstark sie sind.

    Ein Anfang könnte sein, dass in diesen Staatengrup-
    pen eine Angleichung der Ausbildungs- und Beschaf-
    fungsprozesse erfolgt. Es könnten gemeinsame Projekte
    – das wurde vorhin schon von Florian Hahn angespro-
    chen –, zum Beispiel zur Luftbetankung, durchgeführt
    werden. Es könnte außerdem – das ist das Wichtigste –
    ein gemeinsam abgestimmtes, verlässliches Vorgehen
    bei der Krisenbewältigung entwickelt werden.

    Anlehnungspartnerschaft hilft auch bei den Sparan-
    strengungen in den entsprechenden Verteidigungshaus-
    halten. Ich glaube, sie zeigt erstmals den Weg auf, der
    2005 und 2009 in den Koalitionsverträgen nur erwähnt
    wurde. Die Vision einer europäischen Armee ist doch
    viel leichter zu erreichen und in der Praxis umzusetzen,
    wenn sich einzelne Staaten mit vergleichbaren Interes-
    sen zu Gruppen zusammenschließen und sich später eine
    europäische Armee aus den Kontingenten dieser einzel-
    nen Staaten, die dann viel mehr Zusammenarbeit und
    Struktur geschaffen haben, zusammensetzt. Ich glaube,
    dieser Koalitionsvertrag kann europaweit ein Signal set-
    zen.

    Mein dritter Aspekt betrifft die Ertüchtigungsinitia-
    tive. Sie zielt darauf ab, Partnerländer und regionale
    Organisationen außerhalb der Europäischen Union zu
    stärken, indem wir Ausbildungsangebote leisten, Bera-
    tungsleistungen anbieten und natürlich durch die Zurver-
    fügungstellung von Material unterstützen.

    Im Übrigen hat sich Deutschland beim Europäischen
    Rat mit vielen Konzepten und Ideen eingebracht. Wenn
    dort bereits über unsere Ideen beraten wird, ist es viel
    einfacher, diese umzusetzen, als erst beim Gipfel eigene
    Ideen einzubringen. Deswegen danke ich allen, die be-
    reits im Vorfeld intensiv daran mitgewirkt haben, unsere
    neue Bundesregierung und unsere Bundeskanzlerin gut
    aufzustellen, damit wir in Brüssel handlungsfähig sind.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Heinz-Joachim Barchmann [SPD])


    Ich komme abschließend zur Beitrittsfrage betreffend
    Serbien und Albanien. Unser Bundestag hat am 27. Juni
    dieses Jahres eindeutige Bedingungen formuliert und ge-
    fordert, dass die vollständige und nachhaltige Umset-
    zung der Verpflichtung aus dem Implementierungsplan
    festzustellen ist. Ich halte fest: Diese Forderungen sind
    größtenteils umgesetzt. Man muss sich einmal vor Au-
    gen führen, was vor einem Jahr von Serbien geleistet
    wurde und was Serbien und Kosovo im vergangenen
    Jahr an Fortschritten erzielt haben. Ich glaube, da hat die
    aufmerksame Begleitung aus dem deutschen Parlament
    heraus geholfen. Das sollten wir fortsetzen.

    Nicht erfüllt ist die Forderung nach einem Neuaufbau
    der Justizstrukturen im Nordkosovo. Allerdings haben
    wir mehr Transparenz bei der Bezahlung serbischer Ein-
    richtungen im Kosovo. Wir haben mehr Transparenz
    beim Abbau der Parallelstrukturen. Wir haben endlich
    Klarheit, dass auch die kosovarische Polizei serbische
    Bewerber hat. Der Integrationswille wird also deutlich.

    Wir sollten auf folgende drei Punkte achten:

    Erstens. Es dürfen – im Gegensatz zum Fall Montene-
    gro – keine andere Kapitel eröffnet werden als ausge-
    macht. Insbesondere betone ich, dass die Verhandlungen
    mit Kapitel 23 – die Grundrechte –, Kapitel 24 – die Jus-
    tiz – und Kapitel 35 – die Beziehungen zum Kosovo –
    des Koalitionsvertrages beginnen sollten.

    Zweitens. Die serbischen Gemeinden dürfen kein
    Staat im Staate Kosovo werden.

    Drittens. Am Ende des Beitrittsprozesses muss ein-
    deutig das Ziel einer rechtlich verbindlichen Vereinba-
    rung, einer vollständigen Normalisierung der Lage und
    einer De-facto-Anerkennung durch Serbien für den Ko-
    sovo stehen.

    Ich komme zu meinem letzten Punkt. Albanien hat
    berechtigte Hoffnungen, zum Juni nächsten Jahres den
    Kandidatenstatus zu erhalten. Wir in der CDU/CSU-
    Fraktion können uns sehr gut vorstellen, dass dies zum

    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 263

    Roderich Kiesewetter


    (A) (C)



    (D)(B)

    Juni nächsten Jahres erfolgt und die Beitrittsbemühun-
    gen dieses Landes im Vergleich zu anderen durchaus
    ehrgeiziger angegangen werden.

    Meine Damen und Herren, unsere letzte Sitzungswo-
    che fällt in eine bedeutende europäische Woche: Der
    Staats- und Regierungsgipfel findet statt. Das bedeutet,
    dass unser Bundestag Teil einer starken europäischen
    Gemeinschaft ist. Wir sollten die nächsten vier Jahre
    nutzen, um diese Gemeinschaft zu prägen, und zwar mit
    Transparenz, mit klaren Informationen an unsere Bevöl-
    kerung und mit der Bereitschaft, für eine stärkere zivil-
    militärische Vernetzung in der Außen- und Sicherheits-
    politik aufgeschlossen zu sein.

    Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)