Rede von
Siegmund
Ehrmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist es eine tolle Sa-
che, dass in unserem Land so viele Menschen ehrenamt-
lich engagiert sind und sich einbringen. Deshalb ist es
auch die Pflicht des Parlamentes, sich sehr intensiv mit
diesem hohen Gut der eingebrachten Zeit, des Engage-
ments, der Umsicht und der Gaben auseinanderzusetzen.
Dies ist mehrfach geschehen. Ich erinnere an die
Enquete-Kommissionen zu diesem Thema, und zwar
nicht nur an die grundlegende Enquete-Kommission
„Bürgerschaftliches Engagement“, sondern auch an die
Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“.
Dort gibt es ein großes Kapitel, das sich sehr umfassend
mit Fragen des ehrenamtlichen Engagements und der
Weiterentwicklung des bürgerschaftlichen Engagements
beschäftigt.
Aufgegriffen wurden wesentliche Impulse aus diesen
Enquete-Berichten in der Initiative „Hilfen für Helfer“,
damals unter Finanzminister Peer Steinbrück. Wir haben
das Spendenrecht modernisiert und den Bereich der
Übungsleiterpauschalen und Aufwandsentschädigungen
weiterentwickelt. Wir haben das Stiftungsrecht eleganter
gestaltet. Alles das ist geschehen.
In den Segmenten des Steuerrechts, des Stiftungs-
rechts und des Haftungsrechts bringt dieser Gesetzent-
wurf Weiterentwicklungen.
Auch wenn wir einige Punkte kritisieren: Hier wird eine
Linie, die gezogen wurde, weitergeführt. Dennoch wer-
den wesentliche Impulse insbesondere der Enquete-
Kommission „Bürgerschaftliches Engagement“ und
auch der Debatten im Unterausschuss nicht aufgegriffen.
Ich verweise auf etwas, das heute auch auf der Tages-
ordnung steht, aber in dieser Debatte noch keine Würdi-
gung erfahren hat, nämlich den Ersten Engagementbe-
richt. Das ist ein Fundus von Herausforderungen, denen
wir uns stellen müssen. Wenn man diesen Strang, die Er-
gebnisse dieses Engagementberichts bzw. der Debatte
des Unterausschusses „Bürgerschaftliches Engagement“,
aufnimmt, dann werden die kritischen Einlassungen
meiner Fraktion nicht als Mäkelei zu würdigen sein, son-
dern als Ermahnung: Lasst uns doch diese Debatte, die
einen Fortschritt bedeutet – weg vom eng gefassten Be-
griff des Ehrenamtes hin zu einem weiter gefassten Be-
griff des bürgerschaftlichen Engagements –, führen! Ge-
nau das ist die große Herausforderung, um die es geht.
An der Stelle geht es nicht um parteipolitische Spitzen,
sondern um Respekt gegenüber den Vorarbeiten, die wir
interfraktionell in den vorherigen Legislaturperioden ge-
leistet haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Regierungskoalition, Sie bleiben hinter Ihren Möglich-
keiten, auch den intellektuellen Möglichkeiten, die
durchaus in Ihren Reihen vorhanden sind, zurück. Dies
bedaure ich sehr.
Ich will auf einen Schüsselsatz hinweisen, der sich
mit dem Grundanspruch, der dahinter steht, beschäftigt.
Sie sehen, dass die Drucksachen zu diesem Thema um-
fangreich sind. Die Experten, die wir eingesetzt und um
Rat gebeten hatten, haben Empfehlungen ausgespro-
chen. Das ist also kein unerwünschter Rat, sondern ein
erbetener Rat. Die Experten sagen: Es geht um das
„Austarieren einer neuen Verantwortungsbalance“. Es
geht um ein ausgewogenes Miteinander von Staat, Wirt-
schaft und Zivilgesellschaft. Das ist die Grundaussage.
Die Bundesregierung stimmt dem in ihrer Stellung-
nahme zu diesem Bericht zu. Das heißt im Ergebnis, ei-
nen Diskurs, eine Debatte zu führen und ernsthaft auf
Argumente, die von unseren Partnern aus der Zivilge-
sellschaft vorgetragen werden, einzugehen. Aber das ist
unterblieben. Da haben Sie sich verweigert. Daher ist
unser zweiter wesentlicher Kritikpunkt, dass Sie die De-
batte verengen und einen grundlegenden Diskursauftrag
ignorieren. Das ist im Grunde genommen der Kern unse-
rer Anmerkungen.
Nun komme ich auf die Begründung des Gesetzent-
wurfs und die Einlassungen der Bundesregierung in der
Stellungnahme zu sprechen. Wenn das, was dort steht,
ernst gemeint ist – es deutet darauf hin, dass es um das
Ersetzen staatlicher Aufgaben durch Ehrenamt geht –,
dann müssen wir das kritisieren.
Mit diesem Punkt müssen wir uns ernsthaft auseinander-
setzen.
Dies war sozusagen eine Einordnung unserer Kritik.
Die Linie im Steuerrecht wird fortgeführt; da machen
wir in weiten Teilen mit. Aber den Grundanspruch, den
wir gemeinsam vereinbart haben, ignorieren Sie. Das ist
der Hauptgrund für unsere kritischen Anmerkungen. Wir
stimmen im Ergebnis zu, fordern aber eine weiter ge-
hende Debatte ein.
Danke schön.