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    Plenarprotokoll 17/191 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013) (Drucksache 17/10200) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 (Drucksache 17/10201) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Niebel, Bundesminister  BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 04 Bundeskanzleramt Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Dr. Angela Merkel,  Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Merkel (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister  BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22959 A 22959 B 22959 B 22961 B 22963 A 22965 B 22966 C 22967 D 22968 D 22970 B 22971 B 22972 A 22973 A 22973 D 22974 D 22975 D 22977 A 22978 A 22978 D 22980 A 22985 A 22992 C 22997 C 23002 A 23006 A 23008 B 23010 B 23011 C 23012 D 23015 B 23016 B 23017 D 23019 B 23020 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bijan Djir-Sarai (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister  BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim)  (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 23022 A 23023 D 23025 D 23028 B 23029 B 23031 A 23031 D 23033 C 23034 D 23036 A 23037 B 23038 B 23039 A 23041 A 23043 C 23045 A 23046 C 23047 D 23049 A 23050 C 23052 A 23053 B 23054 C 23055 A 23056 B 23057 D 23059 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 22959 (A) (C) (D)(B) 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 23059 (A) (C) (D)(B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 12.09.2012 Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 12.09.2012 Binder, Karin DIE LINKE 12.09.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 12.09.2012 Dr. Danckert, Peter SPD 12.09.2012 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 12.09.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 12.09.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 12.09.2012 Höferlin, Manuel FDP 12.09.2012 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Kilic, Memet BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Koch, Harald DIE LINKE 12.09.2012 Kolbe (Leipzig),  Daniela SPD 12.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Mast, Katja SPD 12.09.2012 Mücke, Jan FDP 12.09.2012 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 12.09.2012 Scheelen, Bernd SPD 12.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 12.09.2012 Simmling, Werner FDP 12.09.2012 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 12.09.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 191. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt Epl 14 Verteidigung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heike Hänsel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir

    diskutieren heute den Entwicklungshaushalt. Parallel
    dazu sind aber alle Augen nach Karlsruhe gerichtet, um
    das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu hören.
    Auch unsere Fraktion, Die Linke, hat geklagt, um die de-
    mokratischen Grundrechte, auch die des Parlaments, zu
    verteidigen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Herr Niebel, Sie haben gestern in der Leipziger Volks-
    zeitung gesagt, die Euro-Stabilisierung geschehe auch,
    um mehr Geld für die Entwicklungsländer zur Verfü-
    gung zu haben. Ein stabiler Euro sei auch für die Ent-
    wicklungs- und Schwellenländer wichtig. Sie lassen da-
    bei aber einfach weg, dass die europäischen Staaten jetzt
    irrwitzige Milliardenbeträge für diese sogenannte Euro-
    Stabilisierung zahlen und diese Mittel langfristig binden,
    dass die eingeführte Schuldenbremse auch dazu führen
    wird, dass in den nächsten Jahren viel weniger Geld für
    Entwicklung und für Soziales zur Verfügung stehen
    wird, und dass diese Politik vor allem Vermögende und
    Banken sowie das System der Spekulation und der
    Zockerei an den Finanzmärkten weiter stabilisiert, wor-
    unter gerade die Entwicklungsländer leiden, zum Bei-

    spiel aufgrund von Nahrungsmittelspekulationen, und
    die Kluft zwischen Arm und Reich noch weiter vertieft
    wird.

    Laut Le Monde diplomatique gibt es heute weltweit
    etwa 63 000 Personen, deren Privatvermögen zusammen
    40 Billionen Dollar und damit dem gesamten jährlichen
    Bruttoinlandsprodukt aller Staaten der Welt entspricht.
    Was kann hier nur die Antwort sein? Sie lautet: Umver-
    teilen von Reichtum in Deutschland, in Europa und welt-
    weit,


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    und zwar durch Vermögensabgaben, eine Millionärs-
    steuer und eine Finanztransaktionsteuer und natürlich
    durch das Schließen von Steueroasen; denn dort liegt ein
    Großteil dieser Billionen. Das wäre die beste Form von
    Entwicklungspolitik.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Unter dem Stichwort „Umfairteilen“ wird es am
    29. September 2012 in vielen Städten Deutschlands ei-
    nen bundesweiten Aktionstag geben. Ich kann nur alle
    einladen: Beteiligen Sie sich daran! Vergessen Sie die
    Telefonnummer von Herrn Niebel! Gehen Sie auf die
    Straße!


    (Beifall bei der LINKEN)


    Übrigens fordern auch die Vereinten Nationen in ih-
    rem Weltwirtschafts- und Sozialbericht, Milliardäre end-
    lich zur globalen Bekämpfung von Armut, Hunger und
    Klimawandel heranzuziehen. Sie, Herr Niebel, haben
    aber die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Sie glauben wei-
    terhin an die Finanzmärkte, erzählen uns das Märchen
    von der Euro-Rettung, setzen in der Entwicklungsfinan-
    zierung immer mehr auf Marktmittel und machen sich
    von Spekulationen abhängig. Sie entwickeln eine virtu-
    elle ODA-Quote – sie entspricht gar nicht mehr dem rea-
    len Geld –, weil Sie sie mit Hebelung und Marktmitteln
    immer mehr aufblähen, aber real sinkt der Entwick-
    lungsetat. Damit streuen Sie Sand in die Augen der Be-
    völkerung.

    Unabhängig von der Höhe des Etats setzen Sie vor al-
    lem falsche Prioritäten. Ich möchte hierzu beispielhaft
    die Förderung der entwicklungspolitischen Bildungs-
    arbeit in Deutschland erläutern. Das ist ein relativ klei-
    ner Posten – leider –, dessen Etatmittel auch noch ge-
    kürzt werden, obwohl die entwicklungspolitische
    Bildungsarbeit ein ganz wichtiges Feld ist. Denn wir
    werden Entwicklung nur erreichen, wenn wir auch die
    Strukturen hier im Norden, in unseren Ländern verän-
    dern. Über die Bildungsarbeit erreichen wir viele Ju-
    gendliche. Wir können sie anstoßen, einmal darüber
    nachzudenken, in welcher Welt wir leben, und sich zu
    engagieren.

    Das ist ein wichtiges Feld. Sie aber ziehen immer
    mehr Geld aus diesem Bereich für aufwendige Großver-
    anstaltungen ab, für Ihre Auftritte, die groß inszeniert
    werden, auch die von anderen FDP-Ministern. Das dient





    Heike Hänsel


    (A) (C)



    (D)(B)


    mehr der Profilierung Ihrer Partei, aber eben nicht dazu,
    das Bewusstsein für Entwicklung zu fördern.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Sie, Herr Niebel, setzen mit den Steuergeldern ein Jahr
    vor der Bundestagswahl auf Werbung statt auf Bildung
    und Aufklärung.

    Sie waren vor kurzem in Afghanistan. Sie haben in
    diesem Zusammenhang festgestellt – das habe ich gele-
    sen –, dass mittlerweile alle vereinbarten Ziele der Ent-
    wicklungszusammenarbeit in Afghanistan erreicht wor-
    den seien. Das ist ja unglaublich und eine reine
    Gesundbeterei. Egal ob Sie sich den Human Develop-
    ment Index, der den Grad menschlicher Entwicklung
    misst, anschauen, oder ob Sie sich die Daten zu Lebens-
    erwartung, Kindersterblichkeit oder Wasserversorgung
    ansehen: Afghanistan belegt nach wie vor überall einen
    der letzten Ränge weltweit. Von Fortschritt kann da
    keine Rede sein – und das mehr als zehn Jahre nach dem
    ISAF-Einsatz und dem sogenannten Wiederaufbau in
    Afghanistan. Für diese Politik sind Sie mitverantwort-
    lich.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Die Bundesregierung setzt nämlich in Afghanistan
    auf die Verbesserung der Bedingungen für die Privat-
    wirtschaft, auf die Liberalisierung der Märkte. Davon
    profitieren vor allem die Eliten in Afghanistan, aber we-
    niger die breite Bevölkerung, die nach wie vor in großer
    Armut lebt. Sie haben als Kriegspartei die korrupte af-
    ghanische Regierung, verbrecherische Warlords und
    Fundamentalisten im Land noch gestärkt. Deshalb gilt
    nach wie vor: Dieses geschundene Land Afghanistan
    braucht den Abzug der Truppen sofort und eine neue
    Afghanistan-Politik, die sich endlich den demokrati-
    schen, fortschrittlichen Kräften dieses Landes zuwendet.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Die Bundesregierung hätte dazu die Möglichkeit:
    Jetzt, im September, hat sie den Vorsitz im Sicherheitsrat
    der Vereinten Nationen inne und könnte eine Friedens-
    politik anstoßen. Das wäre die beste Form von Entwick-
    lungspolitik.

    Stattdessen, Herr Niebel, setzen Sie und die Bundes-
    regierung weiterhin auf weltweite Militäreinsätze, auf
    Rüstungsexporte in Krisenregionen mit massiven Men-
    schenrechtsverletzungen. Sie schütteln schon einmal
    gern als Erster einem Putschpräsidenten die Hand wie in
    Paraguay. Sie sind für die Durchsetzung von Wirt-
    schaftsinteressen, auch mit militärischem Einsatz.


    (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Pfui, Herr Niebel!)


    Wir brauchen aber keine weitere Militarisierung, Herr
    Niebel. Wir brauchen auch keine alten Bundeswehrmüt-
    zen in Afrika, die militärisches Denken exportieren. Wir
    brauchen eine aktive Friedens- und Entwicklungspolitik.


    (Beifall bei der LINKEN – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das war aber billig!)




Rede von Eduard Oswald
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Heike Hänsel. – Nächster

Redner in unserer Aussprache ist für die Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen unser Kollege Thilo Hoppe. Bitte
schön, Kollege Thilo Hoppe.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Thilo Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Stellen Sie sich einmal vor, ein Vater verhandelt mit sei-
    nem Kind über die Höhe des Taschengelds. Das Kind,
    schon fast 18 Jahre alt, bekommt 100 Euro im Monat,
    möchte aber mehr haben. Dem hatte der Vater schon
    grundsätzlich zugestimmt.

    Nun wird es konkret. Der Vater sagt mit gönnerhafte
    Miene: Du bekommst eine Erhöhung von 6 Euro und
    6 Cent. – Das Kind freut sich; denn es addiert und rech-
    net jetzt mit einem monatlichen Taschengeld von
    106,06 Euro. Doch da hat es sich leider zu früh gefreut;
    denn es bekommt tatsächlich nur 6 Cent mehr. Als es
    den Vater auf diese merkwürdige Differenz anspricht,
    hört es dann folgende Erklärung: Ja, mein Sohn, du
    musst wissen: Eigentlich hatte ich vorgehabt, dein Ta-
    schengeld um 6 Euro zu kürzen. Aber darauf verzichte
    ich jetzt großzügig und packe sogar noch 6 Cent drauf.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sie sollten einen Roman schreiben!)


    Ein solcher Rechentrick wäre absurd. Aber genauso
    absurd war eine Pressemitteilung aus dem Hause Niebel,
    als die Eckwerte dieses Haushalts beschlossen wurden.
    Denn da war von einer Steigerung um über 600 Millio-
    nen Euro – auf der Homepage sogar um 733 Millionen
    Euro – die Rede. Dummerweise fielen einige Journalis-
    ten darauf herein und haben diese Falschmeldung auch
    noch verbreitet. Denn bei genauerem Hinsehen entpuppt
    sich diese – in Anführungszeichen – „Steigerung“ als
    Verzicht auf eine angeblich geplante Kürzung.


    (Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Als seriöse Referenzgröße kann man doch nicht die vage
    mittelfristige Finanzplanung heranziehen. Aussagekräf-
    tig ist doch allein der Vergleich der Zahlen des alten
    Haushalts mit denen des neuen Haushalts.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Wir brauchen nicht darum herumzureden: Es gibt ei-
    nen winzig kleinen Aufwuchs um 0,6 Prozent. Das sind
    37,5 Millionen Euro, und das entspricht – ich habe das
    genau ausgerechnet – in dieser Taschengeldrelation den
    schon erwähnten 6 Cent im Monat. Inflationsbereinigt
    kann man sogar sagen: Der Haushalt stagniert oder geht
    sogar leicht zurück.

    Der Minister sagt immer stolz – das haben wir auch
    heute gehört –: Wir sind der zweitgrößte Beitragszahler. –
    Ich habe dazu schon sehr ärgerliche Reaktionen der Kol-
    legen aus Schweden, Norwegen und Dänemark gehört.
    Denn sie finden diesen Vergleich gar nicht witzig. Es ist
    doch völlig klar, dass ein kleines Land in absoluten Zah-





    Thilo Hoppe


    (A) (C)



    (D)(B)


    len weniger zahlt als ein großes Land. Vergleichbar ist
    doch nur der prozentuale Anteil am Bruttosozialprodukt,
    den ein Land zahlt, um Hunger und extreme Armut zu
    bekämpfen. Dabei liegt Deutschland mit einer ODA-
    Quote von 0,4 Prozent nur auf Platz zehn in der Europäi-
    schen Union.

    Herr Minister, ich will auf den bildlichen Vergleich
    mit der Gewichtsklasse nicht näher eingehen. Nur so
    viel: Wir boxen überhaupt nicht in der Gewichtsklasse,
    die uns zustehen würde.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Denn gerade Deutschland hat im Gegensatz zu vielen
    anderen Ländern Europas die Wirtschaftskraft, seinen
    internationalen Verpflichtungen gerecht zu werden. Aber
    es duckt sich weg.

    Wir sind gefragt worden, wie wir das finanzieren wol-
    len. Mit einem Anstieg der Steuermehreinnahmen um
    42,8 Milliarden Euro 2011 und weitere 4,6 Milliarden
    Euro in diesem Jahr wäre es doch ein Leichtes, einen
    größeren Betrag zu zahlen, um tatsächlich Hunger,
    extreme Armut und Aids einzudämmen und mehr für
    den internationalen Klimaschutz zu leisten.

    Doch diese Regierung – ich muss es leider so dras-
    tisch sagen – spart bei den Ärmsten der Armen und er-
    zählt trotzdem immer wieder das Märchen, sie halte an
    dem Ziel fest, bis 2015 eine ODA-Quote von 0,7 Prozent
    erreichen zu wollen. Dies ist schlicht unmöglich. Spätes-
    tens mit dem Haushalt, der jetzt vorgelegt wird, ist völlig
    klar, dass dieses Versprechen gebrochen worden ist.

    In der Euro-Krise wird Deutschland seiner Führungs-
    rolle nicht gerecht, und in der Entwicklungspolitik leider
    auch nicht.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Im letzten Jahr sind – das ist ein alarmierendes Signal –
    die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit welt-
    weit erstmals seit sehr langer Zeit um 2,7 Prozent gesun-
    ken. Das hängt damit zusammen, dass Länder wie
    Spanien, die jetzt selber in der Krise sind, ihr entwick-
    lungspolitisches Engagement enorm zurückgefahren ha-
    ben. Das trifft die ärmsten Entwicklungsländer beson-
    ders hart, die ohnehin schon überproportional unter den
    Auswirkungen der Euro- und Schuldenkrise leiden.

    Man kann also sagen: Die Folgen der Krise werden
    immer weitergegeben, bis sie zum Schluss die
    Schwächsten der Schwachen am härtesten treffen. Das
    kann man auch daran sehen, dass die Programme zur Be-
    kämpfung der Hungersnöte in Ostafrika und in der Sa-
    helzone chronisch unterfinanziert sind. Hier muss
    Deutschland gegensteuern, gerade weil Deutschland
    auch jetzt, in dieser Krise, wirtschaftlich am besten da-
    steht und durchaus die Möglichkeiten hätte.

    Klar, in dieser Haushaltsdebatte fordert unsere Frak-
    tion auch Sparmaßnahmen in einigen Bereichen, bei-
    spielsweise im Verteidigungshaushalt, der sechsmal hö-

    her ist als der Entwicklungsetat, und im Agrarhaushalt.
    Wir fordern die Streichung von umweltschädlichen Sub-
    ventionen. Aber es gibt auch Bereiche, in denen nachge-
    bessert und mehr Geld investiert werden muss. Wir ha-
    ben einen Haushaltsvorschlag vorgelegt, der genau
    dieses Umsteuern bewirkt, der an der einen Stelle nimmt
    und an der anderen Stelle mehr gibt und der seriös ge-
    gengerechnet ist. Wir können den Beweis erbringen,
    dass die 1,2 Milliarden Euro mehr pro Jahr für Entwick-
    lungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe – das ist auch
    die Forderung von 60 Prozent der Parlamentarier hier in
    diesem Hause – wirklich seriös gegenfinanziert werden.
    Wir betreiben eine werteorientierte Politik. Das spiegelt
    sich in unserer Haushaltspolitik wider. Das fehlt leider
    bei der Koalition. Wir hoffen, dass wir im nächsten Jahr
    die Gelegenheit haben, unsere seriösen Vorschläge tat-
    sächlich umzusetzen.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)