Rede von
Ute
Granold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Liebe Vertreter der christlichen Kir-
chen aus dem Irak, aus Pakistan und Vertreter der Bahai!
Ich freue mich, dass auch die Prälate der Katholischen
und der Evangelischen Kirche Deutschlands heute zuge-
gen sind. Das Thema findet hier im Parlament eine große
Aufmerksamkeit. Ich freue mich, dass wir über Anträge
der Koalition, aber auch der Opposition zum Thema Re-
ligionsfreiheit – Religionsfreiheit weltweit schützen, Re-
ligionsfreiheit stärken, Religionsfreiheit als politische
Herausforderung – debattieren. Wir haben festgestellt,
dass es in großen Teilen Übereinstimmung gibt, wenn
auch der eine oder andere die Religionsfreiheit in
Deutschland, in Europa nicht gewährleistet sieht und den
Fokus auf diesen Bereich richtet.
Ich kann nicht verstehen, warum zum Beispiel eine
Diskussion über das Minarettverbot in der Schweiz ge-
führt wird, aber mit keinem Wort gesagt wird, dass in
Saudi-Arabien und in der Türkei keine Kirchen gebaut
werden dürfen. Das ist der Grund, warum in Deutsch-
land Vorbehalte bestehen. Viele Menschen fragen:
Wieso können hier Moscheen gebaut werden, während
in der Türkei, in Saudi-Arabien keine Kirche gebaut
werden kann?
Wir wollen, dass Religionsfreiheit eine Freiheit für
alle Menschen, für alle Glaubensgemeinschaften ist. Das
ist aber keine Einbahnstraße. Ich stehe hier als Mitglied
der Christlich Demokratischen Union; ich stehe hier
auch als Christin, als Katholikin. Es ist eine Tatsache,
dass die Christen mit über 2 Milliarden Mitgliedern die
größte Religionsgemeinschaft der Welt sind; die Katho-
liken stellen 1 Milliarde davon. Ich meine, dass ich das
Recht, aber auch die Verpflichtung habe, meinen Fokus
auf die verfolgten Christen in der Welt zu richten.
Die Christen sind die Religionsgemeinschaft, die am
stärksten verfolgt, diskriminiert und mit dem Tod be-
d
m
re
te
z
m
s
D
u
P
m
m
E
B
d
d
M
a
te
s
s
H
M
li
ic
M
fu
s
ti
s
c
a
z
g
h
v
D
W
d
T
M
h
F
S
n
re
W
s
d
Wir waren auch in Ostindien. In Orissa – das wurde
ngesprochen – fand ein schlimmes Massaker an Chris-
n statt. 300 Kirchen wurden zerstört. Die Menschen
ind auf der Flucht. Wir haben mit den Menschen ge-
prochen. Dort pflegen indische Schwestern in einem
eim behinderte Kinder von Eltern, die nachweislich am
assaker an den Christen beteiligt waren. Das ist christ-
che Barmherzigkeit. In Westindien – auch das möchte
h betonen – werden von Schwestern des Ordens der
utter Teresa Kinder und Babys, die auf der Straße ge-
nden werden, aufgepäppelt, betreut und versorgt, bis
ie sechs Jahre alt sind. Sie dürfen nur von Hindus adop-
ert werden. Die Schwestern werden kontrolliert, damit
ie den Kindern nicht ein Kreuzzeichen oder den christli-
hen Glauben beibringen. Die Schwestern machen das
uch nicht. Menschen, die sich auf die Straße legen, um
u sterben, werden von den christlichen Schwestern auf-
enommen und aufgepäppelt. Das ist christliche Barm-
erzigkeit. Wir tun dies für alle Menschen, unabhängig
on ihrem Glauben.
eshalb meine ich, dass es berechtigt ist, hier auch ein
ort zu den Christen zu sagen.
Die Union beschäftigt sich seit langer Zeit, bereits in
er letzten Wahlperiode, aber auch in dieser, mit diesem
hema. Es ist ein zentrales Thema im Ausschuss für
enschenrechte und Humanitäre Hilfe. Wir sind froh,
ier heute gemeinsam darüber debattieren zu können.
Ich war dieser Tage zusammen mit Kollegen anderer
raktionen im Irak und in Ägypten. Wir schauen uns die
ituation der Menschen an, der Kopten in Ägypten, aber
atürlich auch der Bahai, die ein vogelfreies Leben füh-
n – eine schlimme Situation in Ägypten und im Iran.
ir meinen schon, dass die Kollegen, die sich mit die-
em Thema befassen, die in die Länder gehen, in denen
ie Menschen bedrängt sind, an die Basis gehen. Wir
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2010 9187
Ute Granold
)
)
sprechen mit diesen Menschen und versuchen, zu helfen;
teilweise kann man auch helfen. Ich denke, das ist der
richtige Weg. Es sollten nicht nur Worte sein, sondern es
sollten auch Taten folgen. Es darf nicht zu Ende sein mit
der Debatte, die wir heute in diesem Haus führen,
sondern wir müssen schauen, dass wir den Menschen
helfen.
Ich möchte, weil Vertreter aus dem Irak heute hier
sind und die Lage dort momentan sehr prekär ist, auch
noch einige Worte dazu sagen. Wir haben gerade nach
dem Attentat, nach dem Bombenanschlag auf die Kirche
in Bagdad, eine verstärkte Welle von Gewalt im Irak
festgestellt. Diese Gewalt richtet sich gegen Sunniten,
Schiiten, aber einmal mehr gegen die Christen, weil al-
Qaida gesagt hat: Die Christen werden wir jetzt aus dem
Irak vertreiben. – Deshalb müssen wir auch hier unser
Augenmerk auf die Christen richten.
Wir haben vor allem mit den Vertretern der Kirchen,
aber auch mit dem Ministerpräsidenten, dem Staatsprä-
sidenten und dem Parlamentspräsidenten im Irak da-
rüber gesprochen, was wir für unsere Glaubensbrüder
und -schwestern in Mesopotamien, Babylon oder an-
derswo im Irak tun können. Das ist die Wiege unseres
Glaubens. Wenn nicht wir, wer sonst soll sich um diese
Menschen kümmern?
Es bestand die einhellige Meinung, dass wir dem Exodus
der Christen aus dem Irak begegnen müssen – dem-
nächst gibt es ein weiteres Land; ich erinnere an die Tür-
kei –, indem wir versuchen, den Menschen vor Ort zu
helfen, indem wir die neue Regierung des Irak, die nun
einmal da ist, stabilisieren, indem wir nachhalten, ob die
Zusage der Gewährung von Sicherheit auch eingehalten
wird; denn mit der Sicherheit geht ein Stück weit Frie-
den und Hoffnung einher. Frieden und Hoffnung, das ist
die Botschaft zu Weihnachten.
Wer die Neujahrsansprache des Papstes gelesen hat
– sie kam dieser Tage –, der weiß: Ein zentrales Thema
der Botschaft des Papstes – immerhin vertritt er
2 Milliarden Menschen – ist die Religionsfreiheit. Ich
meine, dass es nicht nur ein Thema der Politik ist, sich
weltweit um die Religionsfreiheit zu kümmern; es ist
auch Aufgabe der Vertreter aller Glaubensrichtungen.
Nur gemeinsam sind wir in der Lage, zu einer Befrie-
dung beizutragen und die Religionsfreiheit auch zu le-
ben: dass jeder nach seinem Glauben leben kann, indem
er das Zeichen seines Glaubens, zum Beispiel ein Kreuz,
trägt, ohne größere Probleme zu bekommen, aber auch
kollektiv, indem es ihm möglich ist, in ein Gotteshaus zu
gehen und zu beten.
te
P
m
A
s
g
n
te
v
g
w
z
–
d
m
a
w
in
b
u
w
ti
te
a
v
z
h
fr
W
e
d
g
w
R
w
D
fü
in
le
d
s
F
„
e
lu
ir möchten, dass das Priesterseminar Chalki wieder-
röffnet wird. Das wären positive Zeichen.
Im EU-Fortschrittsbericht zur Türkei kann man lesen,
ass in puncto Menschenrechte und insbesondere Reli-
ionsfreiheit noch akuter Nachholbedarf besteht. Wir
erden, wie wir es im Irak tun, auch in der Türkei die
eligionsfreiheit einfordern, individuell wie kollektiv;
ir haben viele Verbindungen von der Türkei nach
eutschland. Es gibt in Deutschland Religionsfreiheit
r die Muslime. Wir erwarten dies aber bitte schön auch
der Türkei für die Christen, die dort in der Minderheit
ben und ein schwieriges Leben führen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.