Rede von
Peter
Weiß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Es geht hier um ein ernstes Thema, das für Spiegelfech-
tereien nicht geeignet ist. Ich stelle grundsätzlich fest:
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben einen An-
spruch auf eine angemessene Entlohnung ihrer Arbeits-
leistung. Lohndumping und Lohndrückerei gehören
nicht zu einer sozialen Marktwirtschaft.
Zur sozialen Marktwirtschaft gehört gerechter Lohn für
gute Arbeit. Das muss das Prinzip unserer Politik und
auch unserer Wirtschaftsordnung sein.
Soziale Marktwirtschaft heißt auch: Tarifautono-
mie. Nicht eine staatliche Behörde, nicht der Deutsche
Bundestag, nein, Arbeitnehmer und Arbeitgeber einer
Branche wissen am besten, welcher Lohn für welche Ar-
beitsleistung angemessen ist.
Nicht ein Bundesminister und nicht ein Parlament sind
die Experten der Lohnfindung, sondern die Tarifpartner.
Deshalb wollen wir die Tarifautonomie und die Tarif-
partner stärken, damit es zu gerechten Löhnen in
Deutschland kommt.
Unsere Politik ist also: Vorrang nicht für den Staat, son-
dern Vorrang für Arbeitgeber und Gewerkschaften, Vor-
rang für die Sozialpartnerschaft.
In der Großen Koalition haben wir mit der Novellierung
des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Mindest-
arbeitsbedingungengesetzes das geeignete gesetzliche In-
strumentarium geschaffen. Es funktioniert auch. Bereits
die vorige Bundesregierung hat in einigen Bereichen per
Rechtsverordnung entsprechende Mindestlöhne festge-
legt. Die neue Bundesregierung hat zum 1. Januar dieses
Jahres einen Mindestlohn für die Abfallwirtschaft festge-
legt. Zum 1. April werden die neuen Mindestlöhne für die
Gebäudereiniger es gibt mehrere Stufen; der höchste
Mindestlohn im Westen liegt bei 11,13 Euro und für das
Dachdeckerhandwerk bundesweit 10,60 Euro in Kraft
treten.
Allein diese Beispiele für die Festlegung branchen-
bezogener Mindestlöhne zeigen: Hätten wir einen
staatlich verordneten Einheitsmindestlohn für ganz
Deutschland, über alle Branchen hinweg , gäbe es
wahrscheinlich Bereiche, in denen dieser Mindestlohn
zu einer Überforderung der Betriebe führen würde,
sprich: Arbeitsplätze vernichten würde. Umgekehrt wür-
den in Bereichen, in denen per Tarifvertrag bereits hö-
here Mindestlöhne durchgesetzt sind, reihenweise Be-
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beiden Fällen wären die Arbeitnehmerinnen und Ar-
eitnehmer die Betrogenen. Deshalb bin ich zuversicht-
ch, dass wir durch die Einführung branchenbezogener
indestlöhne vorankommen.
Zurzeit wird über einen Mindestlohn für den Pflege-
ereich verhandelt. Ich halte diesen Mindestlohn für
ringend notwendig.
ie Aussichten sind gut, dass die Kommission, die auf-
rund der gemeinsamen Gesetzgebung von CDU/CSU
nd SPD eingesetzt wurde, Herr Kollege Schaaf, zum
nde des Monats März zu einem Abschluss ihrer Arbeit
ommt.
Auch liegt ein erster Antrag vor, einen Mindestlohn
ach dem Mindestarbeitsbedingungengesetz einzufüh-
n, und zwar der Antrag der dbb tarifunion, einen sol-
hen Mindestlohn für Callcenter festzulegen.
Außerdem gibt es nach wie vor die Möglichkeit, Min-
estlöhne festzulegen, indem man Tarifverträge für all-
emein verbindlich erklärt.
s ist erfreulich, dass der Einzelhandel seine feste Ab-
icht erklärt hat, diesen Weg zu einem guten Lohn für
lle zu beschreiten. Im Einzelhandel haben Arbeitgeber
ie Arbeitnehmer die Absicht, einen Mindestlohn einzu-
hren, indem man Tarifverträge für allgemein verbind-
ch erklärt.
Im Übrigen signalisieren mittlerweile auch ausge-
st durch Skandale wie bei Schlecker die Arbeitgeber-
erbände aus dem Bereich der Zeitarbeit ebenfalls Be-
itschaft, auf diesem Weg eine unterste Lohngrenze für
eitarbeit in Deutschland festzulegen. Das ist erfreulich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir, die
nion, sind aus guten Gründen dagegen, dass der Staat
System der sozialen Marktwirtschaft Einheitsmin-
estlöhne festlegt. Wir sind allerdings sehr dafür, dass
uf dem Weg über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz
der über das Mindestarbeitsbedingungengesetz oder da-
urch, dass Tarifverträge für allgemein verbindlich er-
lärt werden, in jeder Branche, in der es notwendig ist,
indestlöhne festgelegt werden, die dafür sorgen, dass
r gute Arbeit ein auskömmlicher Lohn gezahlt wird,
nd damit Lohndumping und Lohndrückerei in Deutsch-
nd beenden.
Wir wollen diesen Weg gehen, weil wir davon über-
eugt sind, dass die Entscheidung, ob und wenn ja, in
Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 28. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. März 2010 2529
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Peter Weiß
welcher Höhe es in einer Branche einen Mindestlohn
geben soll, in erster Linie den Tarifpartnern obliegen
muss; denn Arbeitgeber und Gewerkschaften verstehen
es besser, einen Mindestlohn festzusetzen, als jede staat-
liche Behörde, und weil wir davon überzeugt sind, dass
ein für alle Branchen vom Staat festgesetzter Mindest-
lohn keine Lösung darstellt, sondern dass wir branchen-
bezogene Mindestlöhne brauchen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Vorrang
für Tarifautonomie und Vorrang für gute Lösungen, die
Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam erarbeiten
und die wir dann als Staat anschließend für allgemein
verbindlich für alle erklären: Das und nicht der Weg über
einen staatlichen Einheitsbrei, der letztendlich zur Zer-
störung der Tarifautonomie und zur Zerstörung des Ge-
staltungsspielraums von Arbeitgebern und Gewerkschaf-
ten führen würde, ist der richtige Weg, um zu guten
Löhnen in Deutschland zu kommen.
Vielen Dank.