Rede von
Dr. h.c.
Wolfgang
Thierse
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Herr Paech, bei allem Respekt: Sie haben naht-
os an die außenpolitische Talfahrt von heute Morgen an-
eschlossen.
as darf an dieser Stelle einmal gesagt werden. Leider
chmückt die Kollegin Eid bereits ihren Christbaum;
onst hätte ich ihr meine Redezeit übertragen, weil man
ieles von heute Morgen in diesen Beitrag hätte ein-
auen können. Es wäre aber vergebene Liebesmüh.
Bevor ich den Blick auf Bosnien-Herzegowina richte,
öchte ich noch einen Blick über die Grenze hinaus
erfen. In diesen Tagen diskutieren wir darüber, ob
azedonien der Status eines Beitrittskandidaten ver-
iehen werden soll und kann. Die CDU/CSU würde die-
en Schritt gerade auch vor dem Hintergrund der stabili-
ierenden Wirkung der Anreize, die damit entfaltet
ürden, begrüßen. Es erscheint uns allerdings auch
ichtig, dass mit einem solchen Schritt kein starres Da-
um verbunden wird und dass die Aufnahmefähigkeit der
uropäischen Union vielleicht unter der österreichischen
atspräsidentschaft im nächsten Jahr noch einmal einer
irklichen Debatte im Gesamtkontext unterzogen wird.
Die EU hat mit Althea vor einem Jahr noch einmal
in deutliches Zeichen dafür gesetzt, dass man mehr Ver-
ntwortung auf dem Balkan übernehmen will; Herr
taatsminister Erler, Sie haben es angesprochen. Herr
taatsminister Erler, Sie haben auch angedeutet, dass das
atsächlich Ausdruck eines gelungenen Zusammenwir-
ens der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungs-
olitik und der NATO ist, deren Verhältnis nicht immer
eicht und spannungsfrei ist. Das zeigt, dass dieses Ver-
ältnis auch zielführend ausgestaltet und auf Komple-
entarität aufgebaut werden kann. Von daher glaube ich,
ass man sagen kann, dass hier ein gelungenes Beispiel
ür eine notwendige Sicherheitsstruktur geschaffen wor-
en ist.
Gerade in Zeiten, in denen das transatlantische Ver-
ältnis wie derzeit einmal mehr in der Diskussion steht,
arf man sich auch noch einmal Folgendes in Erinnerung
ufen: Ohne die Sicherheitspräsenz der transatlantischen
llianz und damit auch der Vereinigten Staaten hätte
osnien-Herzegowina nicht aus den Schreckensszena-
ien entkommen können. Von daher sollten wir diesen
ezug immer wieder herstellen. Auch angesichts dessen,
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2005 631
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Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
was wir gerade vonseiten der Linkspartei zur Gesamt-
struktur hören durften, verdient dieser Ansatz sicherlich
auch eine gewisse Dankbarkeit.
Wir haben heute bereits die besondere Verantwortung
der Europäischen Union hervorgehoben. Dieses Haus
hat auch eine besondere Verantwortung gegenüber unse-
ren Soldaten, denen ich vonseiten der CDU/CSU noch
einmal herzlich danken will. Dies gilt auch für die zivi-
len Kräfte, die vor Ort sind. Sie leisten eine großartige
Arbeit für uns. Von unserer Seite noch einmal herzlichen
Dank dafür.
Es kann allerdings auch nicht oft genug darauf hinge-
wiesen werden – das haben wir in den vergangenen Jah-
ren deshalb immer wieder getan –, dass der Verdienst
unserer Soldaten vor Ort nicht politikersetzend ist. In
diesem Gesamtkontext haben wir auf Fortschritte hinge-
wiesen und die Probleme immer wieder hervorgehoben.
Es ist richtig: Zehn Jahren nach Dayton ist ein positives
Fazit zu ziehen. Nach vielen kleinen Schritten, die ge-
gangen wurden, wird eine Gesamtstruktur erkennbar, die
insgesamt erfreulich ist.
Es scheint sich langsam eine Schwelle aufzutun. Aus-
gehend vom Krisenmanagement kommt man jetzt über
einen gesellschaftlichen Bereich, der sich in einer Phase
des Postkonflikts befindet, langsam dazu, vom Aufbau
einer staatlichen Struktur sprechen zu können. Das ist
einmal ein erfreulicher Tatbestand, den man in diesem
Kontext nennen sollte.
Gerade im Jahr 2005, das Jahr, auf das wir jetzt zu-
rückblicken dürfen, gab es einige sehr erfreuliche und
sehr positive Entwicklungen. Es wurde eine Reform der
Armee auf den Weg gebracht und es gibt gerade im ge-
samtstaatlichen Kontext – die Schwierigkeiten dort müs-
sen wir sehen – bemerkenswerte Reformansätze im Hin-
blick auf die Polizei. Im Justizbereich gibt es ebenfalls
entsprechende Fortschritte. Selbst im Bereich der Steuer-
gesetzgebung sind einige Ansätze erkennbar, etwa bei
der Mehrwertsteuer. Dieses Thema ist uns ja nicht gänz-
lich fremd.
Der entscheidende Ansatz aber – das wurde immer
wieder benannt – ist die europäische Perspektive. Das
muss mit aller Nüchternheit und Klarheit angesprochen
werden. Es kann aber nicht allein auf die europäische
Perspektive ankommen. Das ist nicht das allein entschei-
dende Merkmal. Wir müssen gerade auch die politischen
Verantwortungsträger vor Ort in Bosnien-Herzegowina
immer wieder darauf hinweisen, was Eigenverantwor-
tung eigentlich heißt und was ein wirkliches Engage-
ment bedeutet. Es muss zu einer entsprechenden Dyna-
mik in der Sache kommen. Das dürfen wir von unserer
Seite vehement einfordern. Sich nur auf die europäische
Perspektive zu berufen wäre in diesem Gesamtzusam-
menhang etwas dünn.
Dem Hohen Repräsentanten – Herr Kollege Stinner,
Sie haben es angesprochen – wächst hierbei eine beson-
dere Rolle zu. Auch die CDU/CSU-Fraktion begrüßt mit
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