Rede von
Max
Straubinger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
ozial ist, was Arbeit schafft. Unter diesem Slogan ha-
en wir in der vergangenen Zeit Wahlkampf geführt,
ber auch gearbeitet. Auch wenn das in abgewandelter
orm oft das große Anliegen anderer Parteien war, so
tehen wir heute hier im Plenum bei Antritt der neuen
undesregierung natürlich dafür, dies in die Tat umzu-
etzen. Denn Arbeit bedeutet, wie unsere Bundeskanzle-
in vorgestern in der Regierungserklärung bereits tref-
end ausgeführt hat, mehr als Einkommen und Geld für
ie Menschen, sie bedeutet auch Erfüllung für die Men-
chen. Dies ist hier ein entscheidender Gesichtspunkt.
Wir wollen, dass Arbeit Lebensperspektiven schafft,
en Menschen Sicherheit gibt und ihnen Würde und
elbstachtung vermittelt. Das ist ein entscheidender
esichtspunkt unserer Koalitionsvereinbarung, die wir
etroffen haben. Dies geschah zugegebenermaßen in
336 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005
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Max Straubinger
schwierigen Verhandlungen, weil wir mit den verschie-
densten, vielleicht auch sehr voneinander entfernten po-
litischen Vorstellungen in den Wahlkampf gezogen sind.
Ich bin aber überzeugt, dass wir eine gute Grundlage für
die nächsten vier Jahre gelegt haben, mehr Arbeits-
plätze in Deutschland zu schaffen und damit den Men-
schen eine bessere Zukunft zu geben. Dies ist auch in
unserem Koalitionsvertrag formuliert. Das bedeutet auch
Sicherheit für die Familien und die Förderung unserer
Kinder durch Bildung sowie Stärkung der Wissenschaft
und damit Chancen für die zukünftigen Entwicklungen
in Deutschland.
Verschiedene Redner der Opposition haben heute
manche Maßnahme bereits der Kritik unterzogen. Des-
halb möchte ich einen Punkt aufgreifen. Kollege Niebel
hat darauf hingewiesen, dass beispielsweise eine Mehr-
wertsteuererhöhung kontraproduktiv wäre.
Ich aber bin der Meinung, dass man das nicht vereinzelt
darstellen darf. Wir werden die Mehrwertsteuer anhe-
ben, aber gleichzeitig die Lohnnebenkosten um 2 Pro-
zentpunkte senken.
Die Senkung der Lohnnebenkosten bedeutet eine
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft
und zugleich eine Verbesserung der Situation der Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer. Der entscheidende
Gesichtspunkt ist, dass bei uns mehr Arbeitsplätze ge-
schaffen werden. Ich wohne im Grenzgebiet zu Oberös-
terreich, wo der Mehrwertsteuersatz bei 20 Prozent liegt.
Ich kann nicht erkennen, dass es dort mehr Schwarzar-
beit als bei uns gibt. Man sollte das Ganze vielleicht et-
was realistischer betrachten.
Ich erinnere an die letzte Regierungserklärung von
Bundeskanzler Schröder. Es war Wahlkampf und er hat
unser Wahlprogramm – es sah eine Mehrwertsteuererhö-
hung um 2 Prozentpunkte vor bei gleichzeitiger Absen-
kung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von
6,5 Prozent auf 4,5 Prozent des Bruttolohns – mit dem
Hinweis darauf kritisiert, dass die skandinavischen Län-
der den Arbeitsmarkt offensichtlich besser in den Griff
bekommen haben. In diesem Zusammenhang hat er al-
lerdings vergessen, darauf hinzuweisen, dass die skandi-
navischen Länder einen Mehrwertsteuersatz von 25 Pro-
zent haben. Lassen Sie uns das ohne Scheuklappen
diskutieren! Wir sollten uns mit dieser Problematik in
den kommenden Gesetzgebungsverfahren intensiv aus-
einander setzen.
Es wird über das Vorziehen der Beitragszahlung an
die Rentenversicherung um 20 Tage geklagt; dies be-
deute eine Mehrbelastung für die Betriebe. Als Selbst-
ständiger kann ich das nachvollziehen. Aber, werte Kol-
legen von der FDP, was wäre die Alternative gewesen?
Eine Erhöhung der Beitragssätze in der gesetzlichen
Rentenversicherung um 0,5 Prozentpunkte! Leider habe
ich von Ihnen dazu nichts gehört.
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Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Dritten
ozialgesetzbuches und anderer Gesetze schaffen wir
ichtige Perspektiven für die Entwicklung des Arbeits-
arktes. Wesentliche Punkte dieses Gesetzentwurfs
urden hier schon dargelegt. Wir stärken vor allen Din-
en die Chancen für Jugendliche. Dies ist eines der
ntscheidenden Kriterien. Bundesarbeitsminister Franz
üntefering hat bereits auf den Ausbildungspakt hin-
ewiesen. Ich möchte mich der damit verbundenen Auf-
orderung an die Wirtschaft anschließen. An dieser
telle möchte ich den zahlreichen Betrieben, die sich der
usbildung verbunden fühlen und zusätzliche Lehrstel-
en schaffen, aber auch ein Dankeschön sagen. Ihr Tun
edeutet Zukunftschancen für unsere jungen Bürgerin-
en und Bürger. An dieser Stelle wollen wir auch zu-
ünftig ansetzen.
Es gilt natürlich auch, die Chancen älterer Arbeit-
ehmerinnen und Arbeitnehmer zu stärken. In der
chweiz und in Schweden sind zwei Drittel der über
5-Jährigen erwerbstätig. In Großbritannien sind es
6 Prozent. Bei uns waren es im Jahr 2004 nur knapp
2 Prozent. Das muss uns natürlich nachdenklich stim-
en. Vor allen Dingen unter dem Gesichtspunkt des Er-
ahrungsschatzes, den ältere Arbeitnehmerinnen und Ar-
eitnehmer ins Erwerbsleben einbringen, müssen wir die
ituation bei uns verbessern.
Wir werden die Geltungsdauer der Maßnahmen der so
enannten 58er-Regelung verlängern.
eines Erachtens sollten wir dabei aber sehr kritisch
orgehen. Ich halte es hier mit dem Kollegen Dr. Peter
truck, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, der immer
agt: Ein Gesetz kommt aus dem Gesetzgebungsverfah-
en nicht so heraus, wie es hineingegangen ist. Mögli-
herweise müssen wir über dieses Gesetz noch diskutie-
en. Denn es kann natürlich nicht sein, dass Großbetriebe
iese Chancen letztendlich nutzen können, während die
leinbetriebe den Kürzeren ziehen, weil die Beschäftig-
en dort bis zum 65. Lebensjahr arbeiten müssen, da die
inanzielle Lage der Betriebe es nicht erlaubt, hohe Ab-
indungen oder Ähnliches zu zahlen.
s geht zwar darum, den Übergang vom Erwerbsleben
ur Rente zu erleichtern, aber die Kosten für die Allge-
einheit sind dabei auch zu berücksichtigen.
assen Sie uns darüber also noch nachdenken.
In diesem Zusammenhang gilt es klarzustellen – das
st heute bereits in vielfältiger Weise getan worden –,
ass wir es schaffen müssen, die älteren Arbeitnehmer
erstärkt im Arbeitsprozess zu halten. Das entspricht den
eschlüssen zur Rentenversicherung, die wir im Koali-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005 337
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Max Straubinger
tionsvertrag in den Eckpunkten niedergelegt haben. Das
ist meines Erachtens entscheidend.
Wir stehen dazu, dass vor allen Dingen die Rente si-
cher ist und dass dies auch im Rahmen der Generatio-
nengerechtigkeit gestaltet werden kann. Trotz aller Pro-
blematik ist doch festzustellen: Die Rentnerinnen und
Rentner können sich auf das deutsche Rentenversiche-
rungssystem verlassen, auch wenn es natürlich besser
wäre, wenn wir eine höhere Rücklage in der gesetzlichen
Rentenversicherung hätten. Es ist entscheidend, dies
auch in der Zukunft sicherzustellen. Gerade die große
Koalition hat hierfür eine gute Chance. Haben wir bis
Anfang oder Mitte der 90er-Jahre die Rentenpolitik in
der Regel gemeinsam gestaltet, so ist diese Gemeinsam-
keit in der Folge, vielleicht aus Wahlkampfgründen, auf-
gekündigt worden. Wir haben jetzt die große Chance, für
die Renterinnen und Rentner wieder eine gemeinsame
Politik quer über alle Parteien zu betreiben. Ich rufe hier
alle dazu auf, daran mitzuwirken, dass die Rente sicher
ist; denn das höchste Gut für die Rentnerinnen und Rent-
ner ist Sicherheit.
Entscheidend ist nicht immer die Höhe, auch wenn
wir stolz darauf sein können, dass die Einkommenssitua-
tion der Rentnerinnen und Rentner in Deutschland gut
ist. Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregie-
rung hat festgestellt, dass nur 1,3 Prozent der Rentnerin-
nen und Rentner oder der älteren Generation der Sozial-
hilfe anheim fallen.
Das ist um 2 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt al-
ler. Darauf können wir stolz sein. Auch das sollten wir
den Menschen hier einmal darlegen.
Dennoch werden wir sicherlich zusätzlich die kapital-
gedeckte Vorsorge stärken müssen.
Ich komme damit zum Schluss. – Ich bin davon über-
zeugt, dass wir gemeinsam die Probleme in Deutschland
bewältigen können, wenn wir sie mit dem nötigen Mut
und der nötigen Zuversicht angehen.
Wichtig ist für mich dabei auch, festzustellen, dass wir
natürlich positiv nach vorn blicken müssen. Den Bedürf-
tigen in unserer Gesellschaft, seien es ältere oder kranke
Menschen, Menschen mit Behinderung oder Sozialhilfe-
empfänger, können wir nur dann wirklich helfen, wenn
wir Deutschland gemeinsam stark machen, wenn jeder
Einzelne sein Bestes gibt und mit vollem Engagement
dabei ist. Wer ein Herz für mehr Leistung hat, der hat
auch einen längeren Atem für mehr Hilfe.
In diesem Sinne: Lassen Sie uns die Aufgaben ange-
hen! Ich bin davon überzeugt, auch aufgrund der Ver-
handlungen zum Koalitionsvertrag und der abgelaufenen
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em Bundesarbeitsminister Franz Müntefering für die
roßartige Arbeit in der Verhandlungsgruppe; ich durfte
abei sein –, dass Deutschland nach vier Jahren besser
astehen wird als jetzt, wenn wir auf dieser Grundlage
nd mit diesem Geist die Probleme angehen.
Danke schön.