Rede von
Ilse
Aigner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-
en und Kollegen! Neue Koalitionspartner! Frühere
ppositionsmitstreiter! Sehr geehrte Frau Pieper, Sie ha-
en unserer Ministerin gratuliert und ihr Glück für ihre
eue Aufgabe gewünscht – auch für die künftigen Auf-
252 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005
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Ilse Aigner
gaben, dass alles gut geht – und damit auch der großen
Koalition. Ich finde es toll, dass Sie das mit Ihrer
schwarz-roten Kleidung heute sogar optisch unterstri-
chen haben; das ist ein sehr gutes Zeichen.
Das gilt ja auch für Herrn Winkler.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn
es aus den letzten Jahren eine gute Botschaft gibt, dann
ist es die Verankerung der Bedeutung von Bildung und
Wissenschaft und Innovation in den Köpfen der Men-
schen. Bildung und Forschung sind die Megathemen des
21. Jahrhunderts und Zukunft pur. Sie entscheiden über
unsere Innovationsfähigkeit, unsere Wettbewerbs-
fähigkeit in einer globalisierten Welt, über unseren Bei-
trag zur Lösung der großen Herausforderungen der
Menschheit. Spitzenforschung und die Anwendung von
Wissen sind im 21. Jahrhundert letztendlich die Wäh-
rung, in der sich der Wohlstand misst. Wir stehen jetzt an
dem Punkt, unsere Erkenntnisse in konkrete Politik und
letztlich in Erfolge umzusetzen. Wir müssen im Zusam-
menspiel mit Wissenschaft, Wirtschaft und Ländern die
Grundlage schaffen für einen neuen Aufbruch, für die
zweiten Gründerjahre Deutschlands.
Zum Sanieren und Reformieren gehört das Investie-
ren in die Zukunft. Schon das Signal aus den Sondie-
rungsgesprächen der großen Koalition war eindeutig:
Wir wollen bis zum Jahr 2010 das 3-Prozent-Ziel errei-
chen. Das ist ein starkes Zeichen für die Zukunft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir geben
diese Zusagen in einem extrem schwierigen Umfeld:
Wir haben eine mehr als dramatische Haushaltslage,
aber wir müssen eben diesen Kraftakt meistern;
Deutschland braucht diesen Aufbruch. Bildungs- und
Forschungspolitik ist Chancenpolitik.
Ich messe uns daran, welche Chancen wir der jungen
Generation eröffnen.
Es bedrückt mich wie schon eine Reihe von Vorrednern,
dass Ausbildungsplätze trotz aller Anstrengungen
knapp sind. 17 Prozent der unter 25-Jährigen in Deutsch-
land haben weder eine abgeschlossene Berufsausbildung
noch einen Schulabschluss der Sekundarstufe II. Theo-
rieschwächere Jugendliche finden schon gar keinen Ein-
stieg mehr in das Berufsleben, das heißt, sie starten ins
Leben mit Frustration und Ausgrenzung. Das darf nicht
so bleiben.
Um unser duales System werden wir überall in der Welt
beneidet. Es hat nach wie vor erhebliches Potenzial – wir
müssen es nur nutzen. Deshalb werden wir den Ausbil-
dungspakt mit Wirtschaft und Gewerkschaften erneuern
und weiterentwickeln. Unser Ziel ist nach wie vor, dass
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Ausbildung darf nicht mehr mit dem Berufsabschluss
der dem Universitätszeugnis enden. Wissen und Arbeit
ehören über die gesamte Strecke der beruflichen Tätig-
eit zusammen. Wir wollen eine Kultur des ständigen
ernens in unserer Gesellschaft verankern. Dazu gehört
uch die Sicherung des Meister-BAföGs. Auch ältere
rbeitnehmer, Quereinsteiger und bisher bildungsferne
chichten müssen zunehmend berücksichtigt werden.
ie Koalition wird das Vermögensbildungsgesetz novel-
ieren und so ein neues Finanzierungsinstrument für das
ildungssparen etablieren. Wir geben einen starken
nreiz und ein Signal an Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Im Hochschulbereich wagen wir mit der Föderalis-
usreform eine Entflechtung: Der Bund wird in Zu-
unft alleine über Hochschulzugang und -abschlüsse so-
ie deren Vergleichbarkeit bestimmen.
afür wird das Hochschulrahmengesetz mit seinen De-
ailregelungen entfallen; wir hoffen, dass das an die
ochschulen auch entsprechend weitergegeben wird.
Dem Bund bleibt trotzdem noch eine Menge zu tun:
eine Rolle wird gestärkt bei der Finanzierung von
roßgeräten und Investitionen von überregionaler Be-
eutung. Der Exzellenzwettbewerb zeigt bereits erheb-
iche Wirkungen: 319 Projektanträge haben die Hoch-
chulen gestellt und es herrscht Aufbruchstimmung.
Wenn sich einige unserer Hochschulen in Richtung
nternationaler Spitze entwickeln wollen, wenn sie
tarke Marken werden wollen mit internationaler Anzie-
ungskraft, brauchen sie ebenso selbstverständlich wie
hre Konkurrenten in anderen Ländern auch privates
eld. Hochschulen der Zukunft entscheiden nicht alleine
ber die Ausgabe ihrer Geldmittel, sondern werben ei-
en Teil auch selbst ein. Zurzeit fließen jährlich
00 Millionen Euro aus Stiftungen in die Wissenschaft.
Viel zu wenig, genau. – Aber das Potenzial dafür ist
ängst nicht ausgeschöpft. Uns als Bundespolitikern
tellt sich die Aufgabe, stifterisches Handeln im Bereich
er Wissenschaft zu erleichtern.
er Bund zieht sich mit der Föderalismusreform also
icht aus der Verantwortung zurück, sondern stellt an
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005 253
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Ilse Aigner
den entscheidenden Kreuzungen die Ampeln für die
Hochschulen auf Grün.
Es steht uns gut zu Gesicht, auch die Forschung wie-
der stärker zu betonen, im Ausschuss und in der Bundes-
regierung. Dabei kommt es auf folgende Punkte an:
Erstens. Wir brauchen Verlässlichkeit. Der Pakt für
Forschung wird umgesetzt. Forschung braucht Pla-
nungssicherheit und Stabilität.
Das hat auch der diesjährige Nobelpreisträger Professor
Hänsch als absolutes Plus des Wissenschaftsstandortes
Deutschland hervorgehoben. An ihn sende ich von hier
aus ausdrücklich meine Glückwünsche. Deutschland ist
stolz auf ihn. Seiner Ansicht nach fehlt es im Vergleich
zu den USA allerdings an dem freiheitlichen und stimu-
lierenden intellektuellen Reizklima und an der Begeiste-
rung für alles Neue. Wir werden den fehlenden Schuss
Wettbewerb und Freiheit in das deutsche Forschungssys-
tem hineinbringen.
Zweitens. Das Potenzial, das unsere Forschungsland-
schaft hat, gilt es vollständig auszunutzen. Wir sind auf
einem guten Weg. Forschungseinrichtungen und Hoch-
schulen haben verstanden, dass sie stark sind, wenn sie
ihre Kräfte bündeln. Sie beginnen, das Beste aus ihren
jeweiligen Welten zu kombinieren: den Enthusiasmus
des Nachwuchses aus den Hochschulen mit der guten
Ausstattung der außeruniversitären Forschung. Die
Helmholtz-Gemeinschaft stellte ihre diesjährige Jahres-
tagung unter das Motto „Helmholtz und die Hochschu-
len“, gründet virtuelle Institute und richtet Nachwuchs-
gruppen ein. Die Max-Planck-Gesellschaft ist in
derselben Richtung unterwegs, 70 der 78 Institute sind
bei den Anträgen zur Exzellenzinitiative beteiligt. Alle
Professoren der Leibniz-Gemeinschaft lehren gleichzei-
tig an Hochschulen.
Drittens. Wir machen eine Innovationspolitik aus ei-
nem Guss. Förderung von Grundlagenforschung, ange-
wandter Forschung und entsprechende Rahmenbedin-
gungen gehören zusammen. Die Koalition hat sich zu
innovationsfreundlichem Handeln in Gänze verpflich-
tet. Wenn sich in Zukunft nicht nur die Forschungsmi-
nisterin für Innovationen zuständig fühlt, sondern sich
auch Umwelt- und Wirtschaftsminister ausdrücklich die
Förderung der Technologie auf die Fahnen schreiben,
dann sind wir auf einem guten Weg.
Zu Bildung, Wissenschaft und Innovation gab es noch
von keiner Bundesregierung und keiner Koalition zuvor
ein so starkes und in allen Teilen untermauertes Be-
kenntnis. Wir wollen den Rahmen schaffen für das, was
wirklich zählt: Chancen für die junge Generation, he-
rausragende Wissenschaft und Innovationskraft für un-
ser Land.
Ich möchte schließen mit einem Zitat von Albert
Einstein:
Politik ist schwieriger als Physik.
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