Rede von
Johannes
Singhammer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Deutschland braucht ein weites Herz für seine Kinder
nd für seine Familien und eine große Koalition für
ehr Kinderfreundlichkeit und mehr Familienfreund-
ichkeit.
Als Schicksalszahlen der Nation gelten allgemein
ie hohen Arbeitslosenzahlen und die Zahlen über die
ohe Verschuldung des Staates. Aber wenn sich die Ge-
urtenzahlen seit vielen Jahren im freien Fall befinden
nd sich das Idealbild einer Bevölkerungspyramide in
inen bedrohlichen Pilz mit einem dünnen Stiel von
achwachsenden Generationen verengt, dann ist diese
erspektive für unser Land mindestens ebenso schicksal-
aft.
eshalb ist nicht nur die Zahl von Existenzgründungen
n der Wirtschaft, sondern auch die Zahl der Familien-
ründungen und der Kinder ein Indikator für Zuversicht
nd Vertrauen. Dabei wollen wir die Familienpolitik
icht auf eine Zahlenideologie von Geburtenziffern ver-
ngen. Für uns ist wichtig, dass sich immer mehr Kinder
uf der Sonnenseite des Lebens und immer weniger auf
er Schattenseite befinden.
Um das zu erreichen, werden wir ein Bündel von
aßnahmen verwirklichen. Zum Beispiel wollen wir
ehr finanzielle Gerechtigkeit für Familien und Kinder
urch ein Elterngeld mit Wahlrecht der Eltern, Frau
eligöz, erreichen. Das Wahlrecht bezieht sich darauf,
b sie den gleichen Gesamtbetrag für ein Jahr oder für
wei Jahre erhalten wollen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005 215
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Johannes Singhammer
– Das ist dann logischerweise auf zwei Jahre verteilt.
Mit einem Kinderzuschlag werden wir erreichen, dass
Eltern ohne Bezug von Arbeitslosengeld II für ihre Kin-
der besser sorgen können. Mit der Absetzbarkeit von
Kinderbetreuungskosten und haushaltsnahen Dienstleis-
tungen sollen Mütter und Väter künftig bis zu einem Ge-
samtvolumen von jährlich 5 Milliarden Euro gefördert
werden. Von diesen 5 Milliarden Euro werden rund
2 Milliarden Euro auf die Kinderbetreuungskosten kon-
zentriert. Beginnen soll das bereits im kommenden Jahr,
2006.
Künftig werden Mütter und Väter gefördert, wenn sie als
Privathaushalt Arbeitgeber sind – natürlich unter der
selbstverständlichen Voraussetzung, dass es sozialversi-
cherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse sind.
Damit erreichen wir mehreres. Wir schaffen damit ei-
nen Treibsatz für mehr sozialversicherungspflichtige Be-
schäftigung, für mehr Jobs; die Schwarzarbeit wird ein-
gedämmt und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
in Schwung gebracht.
Das ist kein Dienstmädchenprivileg; vielmehr ist das ein
Gerechtigkeitsprivileg für die Familien.
Wir wissen: Finanzieller Ausgleich allein leitet in
Deutschland noch keinen Trend zu mehr Geburten ein.
Notwendig ist ein Klimawechsel in vielen Lebensberei-
chen: Dazu gehören familienfreundliche Arbeitszeiten,
sodass Kinder und Karriere zunehmend besser verein-
bart werden können. Dazu gehören aber auch Respekt
und gesellschaftliche Anerkennung für alle Lebensent-
würfe, insbesondere für Lebensentwürfe derjenigen
Frauen, die sich trotz Ausbildung für ihre Familie ent-
schieden haben. Auch das verdient Respekt und Aner-
kennung.
Kinder und Jugendliche müssen in einem geschützten
Umfeld heranwachsen können. Die Union hat im Koali-
tionsvertrag darauf gedrängt, dass nicht die Vertreiber
und Verkäufer von so genannten Killerspielen in ge-
schütztem Umfeld agieren können, während Kinder und
Jugendliche ungeschützt mit Gewalt konfrontiert wer-
den. Wir wollen nicht, dass virtuelles Töten und Verlet-
zen von Mitspielern und der Einsatz von Schusswaffen
zur Selbstverständlichkeit, andererseits Rücksicht und
Hilfsbereitschaft zur Ausnahmeerscheinung werden.
Wir wollen mehr Chancen für Jugendliche auf dem
Arbeitsmarkt; denn es gibt nichts Schlimmeres für junge
Menschen, als wenn ihnen bei ihrem ersten Schritt in die
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ir werden deshalb Schulverweigerer und Jugendliche
hne Schulabschluss besonders fördern, aber auch for-
ern.
Wir wollen das Leben in jeder Phase schützen. Des-
alb haben wir den unerträglichen Zustand von Spätab-
reibungen im Koalitionsvertrag aufgegriffen. Das Bun-
esverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber im Jahr
992 in seinem Urteil eine Beobachtungs- und eventu-
lle Nachbesserungspflicht auferlegt. Wir nehmen die-
en Auftrag und diese Verpflichtung des höchsten deut-
chen Gerichtes ernst.
Wir fühlen uns verantwortlich für alle Menschen, die
ei uns leben. Wir wollen nicht, dass Frauen ohne deut-
che Staatsangehörigkeit herabgewürdigt oder instru-
entalisiert werden. Wenn Zehntausende junger türki-
cher Frauen mitten unter uns leben, die als Folge von
wangsheirat oder arrangierten Ehen das Wort Gleich-
erechtigung nicht sprechen, nicht schreiben oder nicht
esen können, dann hat das Wegschauen nichts mit Tole-
anz zu tun. Menschenwürde gilt für alle in unserem
and.
ir werden deshalb dafür sorgen – so steht es im Koali-
ionsvertrag geschrieben –, dass Zwangsverheiratun-
en als Straftatbestand in das Strafgesetzbuch aufge-
ommen werden.
Deutschland ist seit einigen Jahren auf einem ab-
chüssigen Weg und in der Gefahr, ein kinderentwöhntes
and zu werden. Wir wollen gemeinsam Kinder wieder
ehr in den Mittelpunkt rücken. Mein Rat an uns Er-
achsene ist: Die Welt gelegentlich aus der Augenhöhe
ines Kindes, also aus 80 oder 90 Zentimeter Höhe, zu
etrachten muss nicht zu einer Verzwergung der Politik
ühren, sondern kann zu einer neuen Humanität führen,
ie wir brauchen.
Deutschland braucht einen neuen Schwung an
enschlichkeit, Mut und Zuversicht. Damit wollen wir
eu beginnen.
Danke schön.