Rede von
Marie-Luise
Dött
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
as wird der rote Faden sein, der sich durch die Um-
eltpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zieht. Wir
ehen und berücksichtigen, was die Menschen heute be-
egt:
a ist der Wunsch nach einer intakten Natur, einem Le-
ensraum, der eine hohe Lebensqualität bietet. Da ist die
orge um die Gesundheit, die eigene und die der Fami-
ie.
nd da ist nicht zuletzt der Wunsch nach finanzieller
bsicherung durch einen Beruf und einen sicheren Ar-
eitsplatz.
In unserer Umweltpolitik werden wir die Beweg-
ründe der Menschen ernst nehmen und einen gemeinsa-
en Weg finden, der alle Belange gleichermaßen be-
ücksichtigt. Daher werden wir in der Umweltpolitik
eue und andere Akzente setzen. Einen ersten Schritt tun
ir beispielsweise auf dem Gebiet der europäischen
hemikalienpolitik, bei REACH. Im Laufe der lang-
ierigen Verhandlungen über den Kommissions-
orschlag ist das ursprüngliche Ziel, die Wettbewerbsfä-
igkeit Europas zu steigern, immer weiter in den
intergrund gerückt. Wir wollen diesen Aspekt wieder
erstärkt in die Diskussion auf europäischer Ebene ein-
ringen.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat bereits am
ontag dieser Woche im EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat
ie neue Position der Bundesregierung vertreten. In den
och ausstehenden Verhandlungen des Rates werden wir
ns dafür einsetzen, dass der Verordnungsentwurf
rundlegend verändert wird und sich an den Lissabon-
ielen der EU orientiert.
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Marie-Luise Dött
Wichtig ist vor allen Dingen, dass die überbordende Bü-
rokratie auf ein vernünftiges Maß zurückgefahren wird,
damit REACH nicht zum Betonklotz am Bein der deut-
schen Wirtschaft und insbesondere des Mittelstandes
wird.
Dafür sind Veränderungen am Registrierungsverfah-
ren genauso notwendig wie eine unbefristete Zulassung
der Stoffe. Für den Bereich der Registrierung haben die
Abgeordneten von EVP und SPE im Europäischen Par-
lament einen hervorragenden Kompromiss gefunden und
verabschiedet. Er sieht Erleichterungen für kleine und
mittlere Unternehmen sowie für nachgeschaltete An-
wender vor. Durch eine einheitliche Vorregistrierung,
eine expositionsorientierte Datenanforderung und die
Anwendung von Verwendungs- und Expositionskatego-
rien zur Kommunikation in der Produktkette wird das
REACH-System effizienter und praktikabler. Das ist
auch für den Schutz der Menschen besonders wichtig.
Ich hoffe, dass der Kompromiss des Europäischen
Parlaments auch in die anstehenden Verhandlungen im
Rat Eingang finden wird. Die Ergebnisse, die unsere
Kollegen im Europäischen Parlament gefunden haben,
stellen einen guten Ausgleich zwischen dem Gesund-
heitsschutz, dem Umweltschutz und der ökonomischen
Belastung der betroffenen Branchen dar.
Über den Kompromiss im Bereich der Registrierung
hinaus sind im Bereich der Stoffe, die ein Zulassungs-
verfahren durchlaufen müssen, weitere Verbesserungen
des Kommissionsvorschlags notwendig. Die derzeit vor-
gesehene Befristung bedeutet einen wiederkehrenden
bürokratischen Aufwand, der in meinen Augen unver-
hältnismäßig ist.
Ein Schwerpunkt unseres Interesses liegt bei REACH
auf Forschung und Entwicklung; Katherina Reiche hat
dieses Thema bereits angesprochen. Hier sind die Frei-
räume zu schaffen, die für ein innovatives Klima notwen-
dig sind. Mit neuen Stoffen und neuen Verwendungen
von Stoffen, zum Beispiel im Bereich der Energieeffi-
zienz, kann aktiver Umwelt- und Klimaschutz betrieben
werden. Dieses Potenzial sollte nicht beschränkt, son-
dern vielmehr gefördert werden.
Der Klimaschutz bleibt eine zentrale Aufgabe der
Umweltpolitik der Bundesregierung; alle Redner haben
davon gesprochen. Es werden aber auch hier neue Ak-
zente sichtbar werden: Realistischer und verlässlicher
Klimaschutz braucht eine breite Basis. Er kann nur er-
folgreich sein, wenn er weltweit betrieben wird. In die-
sen Tagen findet in Montreal die erste Klimakonferenz
nach In-Kraft-Treten des Kioto-Protokolls statt – ein
schöner Erfolg der Staatengemeinschaft. Das darf jedoch
nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir noch viele He-
rausforderungen zu bewältigen haben: Es ist kein Ge-
heimnis, dass viele Kioto-Staaten weit davon entfernt
sind, ihre Klimaschutzziele zu erfüllen. Trotz dieser
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iese auf Freiwilligkeit basierende Übereinkunft kann
as Kioto-Protokoll mit seinen verbindlichen Redukti-
nszielen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.
Wir dürfen auch nicht vergessen, dass mit dem Kioto-
rotokoll nur ein Teil der weltweiten Treibhausgas-
missionen abgedeckt ist: weil wichtige Staaten nicht
eilnehmen. In den Schwellenländern muss das Wirt-
chaftswachstum von der Zunahme der Treibhausgas-
missionen entkoppelt werden. Darüber hinaus haben
ir uns nach Kräften zu bemühen, bisher abseits ste-
ende Industriestaaten in Zukunft einzubeziehen. Wich-
ige Emittenten wie die USA, China und Indien nehmen
och nicht an der Verpflichtung des Kioto-Protokolls
eil. Gegenüber diesen Ländern dürfen wir uns wirt-
chaftlich nicht isolieren. Denn eines möchten wir auf
einen Fall: unsere Minderungsziele dadurch erreichen,
ass in Deutschland weniger produziert wird.
anz im Gegenteil wollen wir Anreize setzen, dass
nvestitionsentscheidungen für Deutschland getroffen
erden und neue Anlagen gebaut werden. Deswegen
erden wir den Emissionshandel in Zukunft ökono-
isch effizienter gestalten.
ei der Fortschreibung des Zuteilungsgesetzes kommt es
ns darauf an, Mitnahmeeffekte zulasten des Stromprei-
es zu beseitigen.
urz- bis mittelfristige Liquidität im Emissionshandels-
arkt und damit eine stabilisierende Wirkung auf die
nergiepreise bringen auch die flexiblen Instrumente
oint Implementation und Clean Development Mecha-
ism. Wir wollen sie schneller und unbürokratischer
utzbar machen und damit den internationalen Klima-
chutz nach Deutschland holen.
Im Rahmen einer nachhaltigen Klima- und Energie-
olitik ist der Energieeffizienz stärkere Bedeutung bei-
umessen. Bis zum heutigen Tage spielen Energieeffi-
ienz und Energie sparendes Verhalten nur eine
ntergeordnete Rolle. Diskutiert wird vor allem über das
ngebot an Energie, also darüber, aus welchen Quellen
ir unsere Energie beziehen. Die Nachfrageseite, über
ie auch einiges beeinflusst werden kann, wird noch im-
er vernachlässigt.
erade hier liegen aber erhebliche Potenziale: Einem
urchschnittlichen Haushalt entstehen durch unnötigen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005 207
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Marie-Luise Dött
Stand-by-Betrieb und andere Leerlaufformen jährlich
Stromkosten von etwa 70 Euro. Die rund 38 Millionen
Haushalte in Deutschland haben also ein großes Poten-
zial, einen Beitrag zum sparsamen Einsatz von Energie
und somit im Ergebnis zum Klimaschutz zu leisten.
Durch das Ausschalten der Geräte und die Verwendung
von Netzschaltern kann mit geringem Aufwand ein gro-
ßer Erfolg erzielt werden. Für den einzelnen Haushalt
führt dies zur Reduzierung der Kosten, für die gesamte
Bevölkerung zu einem nicht unerheblichen Beitrag zum
Klimaschutz.
Weitere Einsparpotenziale finden sich auch im Gebäu-
debereich, hier insbesondere bei der Altbausanierung. Um
die nationalen und internationalen Klimaschutzziele zu
erreichen, wollen wir das CO2-Gebäudesanierungspro-
gramm auf ein Fördervolumen von mindestens 1,5 Mil-
liarden Euro pro Jahr erhöhen – das freut besonders
Herrn Loske, der heute so krank ist – und einen Gebäu-
deenergiepass einführen. Jährlich sollen 5 Prozent des
Gebäudebestandes mit Baujahr vor 1978 energetisch sa-
niert werden. Alle passiven und aktiven energetischen
Sanierungsmaßnahmen sind zugleich ein Jobmotor für
die beteiligten Industriezweige, den Mittelstand und das
Bauhandwerk.
Durch die Erneuerung des Kraftwerksparks, vor-
wiegend von Stein- und Braunkohlekraftwerken, könn-
ten erhebliche CO2-Einsparungen bewerkstelligt wer-
den. Allein in Deutschland müssen in den kommenden
zehn bis 20 Jahren etwa die Hälfte aller Kraftwerke er-
setzt werden. Dies betrifft ein Investitionsvolumen von
vielen Milliarden Euro. Eine Verbesserung der Wir-
kungsgrade bedeutet zugleich eine Verbesserung der
CO2-Bilanz und damit aktiven Klimaschutz zu verträgli-
chen Vermeidungskosten.
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU-Bundes-
tagsfraktion wird sich in der großen Koalition dafür ein-
setzen, die Schöpfung zu bewahren und die natürlichen
Lebensgrundlagen zu erhalten. Gleichzeitig wollen wir
der Umweltpolitik nicht ihre wirtschaftliche Grundlage
entziehen. Die Koalitionsvereinbarung zwischen CDU,
CSU und SPD bildet die Basis zur Erreichung dieser
Ziele. Ich bin überzeugt davon, dass dieser Vertrag den
Beginn einer zukunftsorientierten, effizienten und er-
folgreichen Umweltpolitik der großen Koalition dar-
stellt.