Rede:
ID1502200300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 11
    1. Ich: 1
    2. erteile: 1
    3. das: 1
    4. Wort: 1
    5. dem: 1
    6. Kollegen: 1
    7. Fritz: 1
    8. Kuhn,: 1
    9. Bünd-nis: 1
    10. 90/Die: 1
    11. Grünen.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag des Bundesministers Dr. Peter Struck sowie des Abgeordneten Norbert Königshofen . . . . 1665 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Wolfgang Spanier . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 A Erweiterung der Mitgliederzahl im Ausschuss für Kultur und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 A Wiederwahl der Abgeordneten Ulrike Poppe als Mitglied des Beirats nach § 39 des Stasi- Unterlagen-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 B Festlegung der Zahl der Mitglieder des Euro- päischen Parlaments, die an den Sitzungen des Ausschusses für die Angelegenheiten der Euro- päischen Union teilnehmen können . . . . . . . . 1665 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . 1665 B Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 1666 A Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Offen- sive für den Mittelstand (Drucksache 15/351) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Grundsätzliche Kehrtwende in derWirt- schaftspolitik statt neuer Sonderregeln – Mittelstand umfassend stärken (Drucksache 15/349) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Neue Chancen für den Mittelstand – Rahmen- bedingungen verbessern statt Förder- dschungel ausweiten (Drucksache 15/357) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 C Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 1666 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1670 C Fritz Kuhn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 1674 A Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1677 A Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1679 B Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1681 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1684 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1685 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 1687 B Christian Lange (Backnang) SPD . . . . . . . . . 1688 A Laurenz Meyer (Hamm) CDU/CSU . . . . . . . 1690 A Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . . . 1692 A Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1694 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 1696 D Alexander Dobrindt CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1698 D Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum optimalen Fördern und Fordern in Vermittlungsagenturen (OFFENSIV-Gesetz) (Drucksache 15/273) . . . . . . . . . . . . . . 1700 B Plenarprotokoll 15/22 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 22. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 I n h a l t : b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Fördern und Fordern arbeits- fähiger Sozialhilfeempfänger und Ar- beitslosenhilfebezieher (Fördern-und- Fordern-Gesetz) (Drucksache 15/309) . . . . . . . . . . . . . . 1700 C c) Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Das Sozialhilferecht gerechter gestal- ten–HilfebedürftigeBürgereffizienter fördern und fordern (Drucksache 15/358) . . . . . . . . . . . . . . 1700 C Silke Lautenschläger, Staatsministerin (Hessen) 1700 D Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . 1703 A Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1705 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1706 B Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1708 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1709 B Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 1710 B Thomas Sauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1712 A Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . 1713 D Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD . . . . . . . . 1715 B Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . 1716 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . 1717 A Karin Roth (Esslingen) SPD . . . . . . . . . . . . . 1719 D Tagesordnungspunkt 12: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Westsahara- konflikt beilegen – UN-Friedensplan durchsetzen (Drucksache 15/316) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1721 D Tagesordnungspunkt 13: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwi- schen der Bundesrepublik Deutsch- land und derTschechischen Republik über den Bau einer Grenzbrücke an der gemeinsamen Staatsgrenze in An- bindung an die Bundesstraße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksachen 15/12, 15/272) . . . . . . . . 1722 A b)–d) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 8, 9, 10 zu Petitionen (Drucksachen 15/320, 15/321, 15/322) 1722 A e) Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Erneute Über- weisung von Vorlagen aus früheren Wahlperioden (Drucksache 15/345) . . . . . . . . . . . . . . 1722 C Tagesordnungspunkt 5: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP für die vom Deut- schen Bundestag zu entsendenden Mitglie- der des Beirats bei der Regulierungs- behörde für Telekommunikation und Post gemäß § 67 Abs. 1 des Telekommu- nikationsgesetzes (Drucksache 15/356) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1722 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbst- bestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften (Drucksache 15/350) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1722 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 1722 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1724 D Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 1725 A Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1726 D Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1729 A Michaela Noll CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1730 A Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1731 D Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU 1733 D Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Transrapid-Projekt Berlin–Ham- burg unverzüglich wieder aufnehmen (Drucksache 15/300) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1735 D Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . . 1736 A Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1738 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003II Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . 1739 D Albert Schmidt (Ingolstadt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1740 D Norbert Königshofen CDU/CSU . . . . . . . . . . 1742 B Reinhard Weis (Stendal) SPD . . . . . . . . . . . . 1743 B Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . 1744 A Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1746 A Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: EU-Richtlinie zur Haltung von Nutztieren in nationales Recht umsetzen (Drucksache 15/226) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1747 A Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 1747 B Uwe Bartels, Minister (Niedersachsen) . . . . . 1748 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . 1750 A Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 1751 A Gitta Connemann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 1751 D Friedrich Ostendorff BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1753 B Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 1755 A Friedrich Ostendorff BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1755 D Georg Schirmbeck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1756 A Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Norbert Röttgen, Cajus Caesar, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetz- buches – Graffiti-Bekämpfungsgesetz (Drucksache 15/302) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1757 B Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 1757 C Hermann Bachmaier SPD . . . . . . . . . . . . . . . 1759 A Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1760 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1761 B Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 1762 C Dr. Christoph Bergner CDU/CSU . . . . . . . . . 1763 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1763 D Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ 1764 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1766 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 1767 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 1665 22. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (C) 1766 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 1767 (C) (D) (A) (B) Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ 30.01.2003 DIE GRÜNEN Bindig, Rudolf SPD 30.01.2003* Burchardt, Ulla SPD 30.01.2003 Deittert, Hubert CDU/CSU 30.01.2003* Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 30.01.2003* Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 30.01.2003 Göppel, Josef CDU/CSU 30.01.2003 Granold, Ute CDU/CSU 30.01.2003 Haack (Extertal), Karl SPD 30.01.2003* Hermann Höfer, Gerd SPD 30.01.2003* Hoffmann (Chemnitz), SPD 30.01.2003* Jelena Jäger, Renate SPD 30.01.2003* Jonas, Klaus Werner SPD 30.01.2003* Kelber, Ulrich SPD 30.01.2003* Lanzinger, Barbara CDU/CSU 30.01.2003 Leibrecht, Harald FDP 30.01.2003* Lintner, Eduard CDU/CSU 30.01.2003* Dr. Lucyga, Christine SPD 30.01.2003* Möllemann, Jürgen W. FDP 30.01.2003 Müller (Düsseldorf), SPD 30.01.2003 Michael Rauber, Helmut CDU/CSU 30.01.2003* Rauen, Peter CDU/CSU 30.01.2003 Riester, Walter SPD 30.01.2003* Robbe, Reinhold SPD 30.01.2003 Rupprecht SPD 30.01.2003* (Tuchenbach), Marlene Dr. Scheer, Hermann SPD 30.01.2003* Schmidt (Fürth), CDU/CSU 30.01.2003 Christian Schröter, Gisela SPD 30.01.2003 Siebert, Bernd CDU/CSU 30.01.2003* Simm, Erika SPD 30.01.2003 Steenblock, Rainder BÜNDNIS 90/ 30.01.2003* DIE GRÜNEN Dr. Thomae, Dieter FDP 30.01.2003 Tritz, Marianne BÜNDNIS 90/ 30.01.2003* DIE GRÜNEN Volquartz, Angelika CDU/CSU 30.01.2003 Wegener, Hedi SPD 30.01.2003* Wicklein, Andrea SPD 30.01.2003 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 30.01.2003* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Wer in diesem Haus will bestreiten, dass der Mittel-
    stand in Deutschland die tragende Säule unserer Volks-
    wirtschaft ist? Wer will bestreiten, dass wir gerade unser
    politisches Augenmerk auf die Stärkung und Förderung
    des Mittelstands richten müssen, wenn wir aus der schwe-
    ren strukturellen Wachstums- und Beschäftigungskrise
    unseres Landes wieder herausfinden wollen? Aber mit
    kleinen Programmen lassen sich die schweren makroöko-
    nomischen Verwerfungen unserer Volkswirtschaft nicht
    beseitigen. Wer nicht an den grundlegenden Vorausset-
    zungen für Aufschwung und Beschäftigung arbeitet, der
    wird auch mit noch so gut gemeinter Mittelstandsrhetorik
    und mit noch so gut gemeinten Programmen für alle mög-
    lichen staatlichen Institutionen dieses Land nicht aus der
    Krise führen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben gestern

    den Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt. Wir begrüßen
    ausdrücklich, dass der Bundeswirtschaftsminister wie-
    der dafür zuständig ist. Aber Sie haben durch die Aus-
    weitung der Zuständigkeiten Ihres Hauses nicht nur
    die Zuständigkeit für die Wirtschaftspolitik im umfas-
    senden Sinn und die Zuständigkeit für den Jahres-
    wirtschaftsbericht zurückbekommen, sondern auch die
    Zuständigkeit für die Arbeitsmarktpolitik hinzubekom-
    men. Dies ist eine richtige strukturelle Entscheidung,
    die in der Bundesregierung getroffen worden ist. Sie
    überantwortet Ihnen aber auch im umfassenden Sinne
    die Verantwortung für die Wirtschaftspolitik und die Ar-
    beitsmarktpolitik.

    Angesichts dessen wäre es gut gewesen, wenn Sie
    heute Morgen nicht nur auf die – im Einzelnen durchaus
    diskussionswürdigen – Programme der Kreditanstalt für
    Wiederaufbau und auf alle möglichen Vorschläge, auch
    aus Ihrem Hause, Bezug genommen hätten. Wir haben er-
    wartet, dass Sie etwas zu den grundlegenden Problemen
    unseres Landes sagen; wir haben erwartet, dass Sie etwas
    zu der grundlegenden Wachstums- und Beschäftigungs-
    krise dieses Landes sagen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Thema verfehlt!)


    Sie werden auch mit einer noch so gut gemeinten Mit-
    telstandsrhetorik aus diesen strukturellen Problemen nicht
    herausfinden. Deutschland hat im Jahre 2002 ein Wirt-
    schaftswachstum von 0,2 Prozent gehabt. Wir lagen da-
    mit wieder auf dem letzten Platz in der Europäischen
    Union. Es wäre gut, wenn Sie, Herr Bundeswirtschafts-
    minister, und noch mehr Sie, Herr Bundeskanzler, endlich
    aufhören würden, das Problem der Wachstumsschwäche
    in Deutschland damit zu erklären, dass es Unsicherheiten
    in der Weltkonjunktur gibt. Das Problem, das wir in


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1670


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Deutschland haben, hat mit der Weltkonjunktur praktisch
    nichts zu tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


    Die Weltwirtschaft ist im Jahre 2002 um 3,7 Prozent
    gewachsen. Der Export aus Deutschland hat damit zwar
    nicht Schritt gehalten; aber er ist immerhin stärker als die
    Binnenwirtschaft gewachsen. Dass wir überhaupt noch
    ein geringfügiges Wirtschaftswachstum – es lag knapp
    oberhalb der Nachweisgrenze – gehabt haben, ist dem Ex-
    port zu verdanken und nicht der Binnenkonjunktur. Mitt-
    lerweile sprechen viele europäische Länder – wie ich
    finde, zu Recht – von der „deutschen Krankheit“. Das ei-
    gentliche Problem ist die Wirtschaftspolitik der rot-grü-
    nen Bundesregierung seit vier Jahren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeskanzler, Sie verantworten 37 000 Kon-

    kurse im Jahre 2002. Die meisten zusammengebrochenen
    Unternehmen waren kleine und mittelständische Be-
    triebe, also Unternehmen der mittelständischen Wirt-
    schaft, und nur wenige große. Sie haben vor Jahr und Tag
    das Ziel formuliert, die Anzahl der Arbeitslosen in
    Deutschland auf 3,5 Millionen zu senken. Daran wollten
    Sie sich über den gesamten Verlauf der letzten Wahlpe-
    riode messen lassen.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Da sitzt er, der Prahlhans!)


    Zu Beginn dieser Wahlperiode, in der Sie leider immer
    noch regieren, haben wir 4,5 Millionen Arbeitslose. Herr
    Bundeskanzler, das ist mindestens 1 Million zu viel. Es
    sind Ihre Arbeitslosen, weil es Ihre Wirtschaftspolitik und
    Ihre Arbeitsmarktpolitik ist, die in der Zahl der Arbeits-
    losen zum Ausdruck kommt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bedauerlicherweise sagt der Bundeswirtschaftsmi-

    nister weder in seinem Jahreswirtschaftsbericht vom ges-
    trigen Tag noch in seiner Rede zur Mittelstandspolitik am
    heutigen Tag etwas zu den langfristigen Entwicklungen
    der zentralen Rahmendaten unserer Volkswirtschaft. Da-
    zu gehört – ob Sie es nun hören wollen oder nicht – die
    Entwicklung der Staatsquote. Wir können in diesem
    Haus – wir tun das seit langer Zeit – über Mittelstand, über
    Wirtschaft sowie über Beschäftigung lange streiten und
    diskutieren und dabei viele einzelne Schritte gehen. Wenn
    die Staatsquote dieses Landes nicht langfristig zurückge-
    führt wird, wenn die Freiräume für Wirtschaft und Be-
    schäftigung nicht vergrößert werden, dann werden alle
    Bemühungen vergebens sein. Ein Land, das eine Staats-
    quote von fast 50 Prozent hat, bzw. eine Volkswirtschaft,
    in der fast die Hälfte des Sozialprodukts durch Steuern
    und Sozialversicherungsbeiträge absorbiert wird, weil die
    staatlichen Institutionen dieses Geld brauchen, ist in
    Wahrheit keine soziale Marktwirtschaft mehr; sie ist eine
    Staatswirtschaft mit abnehmendem privaten Sektor.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Was ist mit Skandinavien? Sagen Sie das doch den Schweden und den Norwegern!)


    Gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist eine
    abnehmende Staatsquote, also ein geringerer Anteil des
    Staatsverbrauchs am Sozialprodukt, die Existenzbedin-
    gung schlechthin.


    (Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Volkwirtschaftlicher Unsinn!)


    Kleine und mittlere Unternehmen werden in diesem
    Lande nur dann dauerhaft eine Chance haben, wenn sie
    weniger Steuern und weniger Sozialversicherungs-
    beiträge zahlen müssen. Im Klartext: Kleinere und mitt-
    lere Unternehmen werden in diesem Lande nur dann dau-
    erhaft eine Chance haben, wenn der Staat weniger von
    dem Sozialprodukt verbraucht, das die Unternehmen er-
    wirtschaften.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn Sie diese Zusammenhänge in einer so wichtigen
    Debatte über die Zukunft des Mittelstandes noch nicht
    einmal erwähnen, meine Damen und Herren von der rot-
    grünen Koalition, dann befürchte ich, dass es auch im
    Jahre 2003 mit der Volkswirtschaft in Deutschland nicht
    besser laufen wird als im Jahre 2002.

    Wir haben nun in wenigen Stunden den ersten Monat
    des Jahres 2003 hinter uns. Sie, Herr Bundeswirtschafts-
    minister, reden zu Recht von Bürokratieabbau. Ich habe
    Ihnen das vor einiger Zeit von dieser Stelle aus schon ein-
    mal gesagt: Der Bund hat in der letzten Wahlperiode, der
    14., insgesamt 391 neue Gesetze und 973 neue Rechts-
    verordnungen erlassen. Das war sozusagen das Programm
    für Bürokratieabbau in der letzten Wahlperiode. Jetzt
    sprechen Sie wiederum von Bürokratieabbau.Wenn wir
    morgen in das Wochenende gehen und die ersten 100Tage
    der neuen rot-grünen Bundesregierung, die fast die alte
    ist, vorbei sind, dann werden in diesem Land erneut
    22 neue Gesetze und fast 100 Rechtsverordnungen in
    Kraft getreten sein. Ein Land, in dem der Staat sich in ei-
    ner solchen Überregulierung verfängt und in dem die Ge-
    sellschaft daran glaubt, dass das Leben nur noch durch
    Gesetze und Verordnungen und nicht mehr durch Unter-
    nehmen und Arbeitnehmer, die auch frei etwas entschei-
    den können, geregelt werden kann, wird aus der Beschäf-
    tigungskrise nicht herausfinden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Zu den besonders schwer wiegenden Fehlentscheidun-
    gen der rot-grünen Koalition gehört die Steuerpolitik.


    (Franz Müntefering [SPD]: Merz war auch schon überzeugender!)


    Wir haben gegen Ende des letzten Jahres den Jahres-
    wirtschaftsbericht diskutiert. Der Sachverständigenrat hat
    20 Vorschläge gemacht, wie man aus der Wachstums- und
    Beschäftigungskrise herausfinden kann. Herr Bundesfi-
    nanzminister und Herr Bundeswirtschaftsminister, Steu-
    ererhöhungen sind in der Liste dieser 20 Vorschläge des
    Sachverständigenrates nicht enthalten gewesen. Sie haben
    zum 1. Januar 2003 eine hohe Zahl neuer Steuererhöhun-
    gen in Kraft treten lassen und Sie muten uns jetzt allen
    Ernstes im Zusammenhang mit dieser Mittelstandsdebatte

    Friedrich Merz




    Friedrich Merz
    zu, dass wir in wenigen Tagen nach Ihrem Willen erneut
    über mehr als 40 weitere neue Steuererhöhungen be-
    schließen sollen.

    Glaubt denn irgendjemand in diesem Haus im Ernst,
    dass der Mittelstand in Deutschland so wieder auf die
    Füße kommt? Glaubt irgendjemand im Ernst, dass Sie mit
    noch höheren Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen
    und noch mehr Belastungen in diesem Lande wieder mehr
    Beschäftigung in den kleinen und mittleren Betrieben er-
    reichen können? Das glatte Gegenteil wird eintreten:
    Wenn Sie so weitermachen, stehen wir zu Beginn des Jah-
    res 2003 wahrscheinlich am Anfang des Jahres mit der
    schwersten Wirtschaftskrise, die dieses Land in seiner Ge-
    schichte erlebt haben wird, weil Sie immer noch nicht ver-
    standen haben, was die Grundbedingungen für eine ge-
    sunde Volkswirtschaft sind, und immer noch nicht
    eingesehen haben, welche gravierenden Fehler Sie ge-
    macht haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


    Ich will das anhand eines ganz konkreten Beispiels,
    Herr Bundeswirtschaftsminister, zu belegen versuchen.
    Dieses Steuersubventionsabbaugesetz,was Ihr Nachbar
    zur Linken jetzt vorgelegt hat, ist ein Gesetz, mit dem Sie
    einen Marketingerfolg erzielt haben. So glauben aufgrund
    der Überschrift immer noch einige Journalisten, es han-
    dele sich um einen Beitrag zur Sanierung der Staatsfinan-
    zen. In Wahrheit ist es ein Steuererhöhungsgesetz, dessen
    Volumen in den nächsten vier Jahren mindestens 20, mög-
    licherweise 30 Milliarden Euro an Belastungen für Wirt-
    schaft und Arbeitsplätze in Deutschland entspricht. Sie
    verkünden hier vor diesem Hintergrund voller Stolz, dass
    Sie steuerliche Entlastungen für den Mittelstand zwischen
    35 und 60 Millionen Euro mit Ihrem Mittelstandsförde-
    rungsprogramm auf den Weg bringen.

    Herr Bundeswirtschaftsminister, wenn in diesen Tagen
    jemand seine Bilanz für das letzte Jahr erstellt, wird er
    darin kaum noch Gewinne ausweisen können. Wenn er
    dann unter Einbeziehung der Vorschläge des Bundeskabi-
    netts und der Steuererhöhungen, die jetzt bevorstehen, in
    das Jahr 2003 hineinblickt, muss es ihm wie Hohn vor-
    kommen, dass Sie jetzt eine steuerliche Entlastung vor-
    schlagen, der auf der anderen Seite höhere Belastungen,


    (Zuruf von der FDP: 17 Milliarden!)

    die auf die Volkswirtschaft und damit auf die mittelstän-
    dischen Betriebe zukommen, gegenüberstehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will in dem Zusammenhang nur der Vollständigkeit

    halber sagen: Der Bundesfinanzminister konnte natürlich
    leichter Hand zustimmen, bis zu einem Umsatz von
    17 500 Euro im Jahr einen pauschalen Betriebsausgaben-
    abzug zuzulassen. Zeigen Sie mir einmal ein Unterneh-
    men, ein ganz kleines, ein kleines, ein mittleres oder ein
    großes, das 50 Prozent Umsatzrendite macht, Herr Bun-
    deswirtschaftsminister.
    Das ist doch geradezu lächerlich. Da können Sie auch
    175 000 Euro hinschreiben; es gibt kein Unternehmen,
    das allen Ernstes von einem pauschalen Betriebsausga-

    benabzug in der Größenordnung von 50 Prozent profitiert.
    Das ist ein Popanz, den Sie hier mit schönen Worten auf-
    bauen und der mit der wirtschaftlichen Realität in
    Deutschland nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben uns schon im Oktober des letzten Jahres

    voller Stolz ein Programmmit dem Namen „Kapital für
    Arbeit“ vorgestellt, das bei der Kreditanstalt für Wieder-
    aufbau eingerichtet worden ist, einer Bank, die jetzt den
    schönen Namen Mittelstandsbank tragen soll; das ist also
    keine neue Institution, sie bekommt nur ein neues Tür-
    schild. Die Bilanz dieses Programms „Kapital für Arbeit“
    sieht nach zweieinhalb Monaten wie folgt aus: Bis Mitte
    Januar sind in zweieinhalb Monaten, zehn Wochen, ins-
    gesamt 121 Anträge bewilligt worden


    (Heiterkeit des Abg. Hans Michelbach [CDU/CSU])


    mit einer Fördersumme von 32,5 Millionen Euro. Damit
    sind rund 860 Arbeitsplätze in Deutschland gefördert
    worden.

    Herr Bundeswirtschaftsminister, in Deutschland ma-
    chen jeden Werktag 200 Unternehmen Pleite. Wenn man
    unterstellt, dass dadurch „nur“ – in Anführungsstrichen –
    zehn Arbeitsplätze pro Unternehmen damit verloren ge-
    hen, dann gehen durch die Wirtschaftspolitik dieser rot-
    grünen Bundesregierung jeden Tag mehr als doppelt so
    viel Arbeitsplätze verloren, wie Sie in zweieinhalb Mona-
    ten mit dem so aufwendig verkauften Programm „Kapital
    für Arbeit“ in Deutschland neu geschaffen haben. Sehen
    Sie nicht die Relationen zwischen dem, was Sie auf der ei-
    nen Seite tun, und dem, was Sie auf der anderen Seite
    durch die für unsere Volkswirtschaft schwer wiegenden
    Verwerfungen und diesen Nachkriegsrekord an Unterneh-
    menskonkursen in Deutschland zulassen?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich weise auf eine Kostenbelastung hin, die in den letz-

    ten Wochen und Monaten praktisch außerhalb des Fokus
    der deutschen Öffentlichkeit und außerhalb der Betrach-
    tung der politischen Diskussion geblieben ist – bedauer-
    licherweise, wie ich finde –: die Entwicklung der Ener-
    giekosten in Deutschland. Meine Damen und Herren, in
    vier Jahren Rot-Grün hat sich die Steuer auf Strom von
    ungefähr 2 Milliarden Euro im Jahr auf jetzt über 12 Mil-
    liarden Euro pro Jahr fast versechsfacht. Sie haben die
    Steuerbelastung auf Energie, auf Strom – damit sind alle
    Unternehmen unmittelbar betroffen – in den vier Jahren
    Ihrer Amtszeit fast versechsfacht.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Sie müssen sich den Saldo anschauen!)


    Das heißt im Klartext, Sie haben durch diese steuerliche Be-
    lastung auf den Faktor Energie – Energiekosten sind ein
    wichtiger Bestandteil jedes Unternehmens, auch mit Blick
    auf den unternehmerischen Erfolg – praktisch den gesamten
    Rationalisierungs- und Liberalisierungsgewinn abgeschöpft


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Richtig! Für die grünen Schutzgelderpresser!)


    und auf diese Weise dafür gesorgt, dass trotz des Wettbe-
    werbs und sinkender Preise in Deutschland im Ergebnis


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1672


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    mittlerweile mit die höchsten Energiepreise in der gesam-
    ten Europäischen Union bestehen.

    Was nützt Ihr Mittelstandsprogramm, wenn zu demsel-
    ben Zeitpunkt diejenigen, die hier wettbewerbsfähige Be-
    triebe aufbauen sollen, immer höhere Steuern und immer
    höhere Energiekosten zu tragen haben?


    (Ludwig Stiegler [SPD]: 20,3 Prozent Rentenbeiträge!)


    Es nützt nichts! Sie müssen diese Kostenbelastung sen-
    ken, sonst wird das beste Programm nichts nützen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf der Abg. Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD])


    Meine Damen und Herren, für den Zwischenruf, den
    ich gerade gehört habe, bin ich außergewöhnlich dankbar.
    Sie sagen, dafür seien aber die Lohnzusatzkosten ge-
    senkt worden.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: 20,3 Prozent waren eure Beiträge!)


    Das hätten Sie nun besser nicht gesagt. Wir befinden uns
    am Anfang des Jahres 2003 bei einer Belastung mit Lohn-
    zusatzkosten, allein durch Sozialabgaben, von jetzt wie-
    der über 42 Prozent. Die Wahrheit ist doch, dass beides
    dramatisch ansteigt:


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    einerseits die Steuerbelastung und die Kostenbelastung
    durch Energie und andererseits die Sozialversicherungs-
    beiträge. Sie sind doch am Ende mit Ihrer Politik der Hin-
    und Herschieberei zwischen den einzelnen Haushalts-
    titeln dieses Landes!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie von der SPD brauchen sich im Übrigen doch nicht

    darüber zu beklagen, dass die Spielräume in den öffent-
    lichen Haushalten für eine vernünftige Steuerpolitik mit
    Abgabensenkungen nicht mehr vorhanden sind. Ich will
    in diesem Zusammenhang eine Zahl nennen – ich muss
    immer wieder feststellen, dass die Bürgerinnen und Bür-
    ger in diesem Lande sie fast nicht kennen –, die verdeut-
    licht, wie der Bundeshaushalt mittlerweile durch die
    Zuschüsse zur Rentenversicherung belastet wird. Das
    Gesamtvolumen des Bundeshaushalts beträgt knapp
    250 Milliarden Euro. Der laufende Zuschuss aus diesem
    Haushalt an die Rentenversicherung und Knappschafts-
    versicherung beläuft sich auf über 77 Milliarden Euro.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ein Drittel!)


    Das heißt, fast ein Drittel der Ausgaben des Bundes ent-
    fallen auf die Zuschüsse an die Rentenversicherung.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Wollt Ihr die Renten kürzen?)


    Im Klartext heißt das: Sie haben nicht ein einziges Pro-
    blem gelöst. Sie haben nur die Finanzierung hin und her
    geschoben.


    (Klaus Brandner [SPD]: Wir haben die Fehlentwicklungen aufgehoben, Herr Merz!)


    Sie haben dafür gesorgt, dass die öffentlichen Haushalte in
    diesem Lande praktisch handlungsunfähig geworden sind,
    weil Sie es nicht geschafft haben, die Probleme zu lösen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP– Klaus Brandner [SPD]: Eine Unmöglichkeit sondergleichen!)


    Wir sollten gemeinsam handeln. Ich betone das, weil
    ich meine, dass die Zeiten der kleinkarierten parteipoliti-
    schen Auseinandersetzungen nun wahrlich vorbei sind.


    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist eine späte Einsicht!)


    – Was die Wählerinnen und Wähler von der Art und Weise
    halten, wie Sie die Auseinandersetzung führen, werden
    wir uns gemeinsam am Sonntagabend anschauen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ist ja wohl nicht zu fassen!)


    Wir werden ja sehen, wie am Montagmorgen die Lage in
    Deutschland ist. Trotz aller christlichen Demut bin ich schon
    heute voller Schadenfreude auf Ihre Gesichter gespannt.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Das haben wir am 22. September gesehen!)


    Die Zeiten des Klein-Kleins sind vorbei. Ich will zwei
    Punkte ansprechen, die wichtig sind, um aus der Wachs-
    tums- und Beschäftigungskrise herauszukommen.

    Der erste Punkt. Sie müssen gerade kleinen und mitt-
    leren Unternehmen das Recht verschaffen, von bestehen-
    den Regelungen der Flächentarifverträge abzuweichen,


    (Zurufe SPD: Oh!)

    wenn die Betriebsparteien dies wollen und darin überein-
    stimmen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich sage Ihnen: Dies ist eine der zentralen wirtschafts-
    politischen Herausforderungen, vor der wir stehen. Sie
    müssen sich in der SPD aus der Umklammerung der
    DGB-Gewerkschaften lösen


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    und bereit sein, hier ein Stück Freiheit für kleine und mitt-
    lere Unternehmen zu ermöglichen, damit sie nicht nur in
    der Krise eine Chance haben, zu überleben, sondern da-
    mit sie auch eine Chance haben, in Zeiten, in denen es den
    Unternehmen relativ gut geht, neue Investitionen zu täti-
    gen und neue Arbeitsplätze zu schaffen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will Ihnen ein Zweites sagen, das besonders für den

    Mittelstand gilt. Gerade imMittelstand ist eines der größten
    Probleme, dass das Lohnabstandsgebot nicht eingehalten
    wird und die Konkurrenz durchABM-Gesellschaften,


    (Klaus Brandner [SPD]: 450 000 in 1998!)

    insbesondere im Osten, das Entstehen von mittelständi-
    schen Unternehmen praktisch unmöglich macht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Friedrich Merz




    Friedrich Merz

    Herr Bundeswirtschaftsminister, vielleicht können Sie
    und andere Mitglieder der Bundesregierung nach dem kom-
    mendem Sonntag über dieses Thema etwas unbefangener
    mit uns sprechen. In diesem Land muss der Grundsatz wie-
    der gelten, dass derjenige, der arbeitet, mehr Geld verdient
    als derjenige, der nicht arbeitet und soziale Leistungen be-
    zieht. Wenn Sie aber diesen Grundsatz dauerhaft verletzten,
    dann wird weder Beschäftigung entstehen noch haben mitt-
    lere und kleine Unternehmen in diesem Lande eine Chance.

    Herzlichen Dank.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der FDP)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile das Wort dem Kollegen Fritz Kuhn, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Da wollen wir mal gucken, was der davon weiß!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Fritz Kuhn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Herr Merz, die Lebenserfahrung lehrt, dass die
    Welt nicht so einfach ist, wie Sie sie gerade dargestellt
    haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ihre Rede hatte ja eine einfache Grundaussage: Für alles
    Positive in Deutschland ist die Union zuständig und für al-
    les Negative in Deutschland ist die Regierung zuständig.
    Wenn Sie mit diesem einfachen Weltbild leben wollen,
    wünsche ich viel Vergnügen.

    Sie haben gesagt: Wir kommen nur weiter, wenn wir
    mit kleinkariertem Parteiengezänk und Hickhack auf-
    hören. Ihre Rede war aber nichts anderes.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich will dies ganz konkret an den Punkten, die Sie genannt
    haben, darstellen. Es weiß doch nun inzwischen jeder, der
    über Wirtschaftspolitik und Arbeitslosigkeit diskutiert,
    dass die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland, die wir
    bekämpfen müssen, zwei Ursachen hat und nicht eine,
    wie Sie es darstellen.

    Die eine ist tatsächlich die Entwicklung der Welt-
    konjunktur mit dem Börsencrash, den wir erlebt haben.
    Damit das Gerede, Außenfaktoren hätten keine Wirkung,
    aufhört, will ich eine Zahl nennen: Der Börsencrash seit
    August 2000 hat allein in der Euro-Zone Börsenwerte in
    Höhe von 2 900 Milliarden Euro vernichtet. Dass dies
    Auswirkungen auf die Investitionen, auf das Konsum-
    klima, auf die allgemeine Stimmung und auf die Arbeits-
    losigkeit hat, ist doch vollkommen logisch. Wenn Sie das
    bestreiten, indem Sie sagen, an allem sei die Bundesre-
    gierung schuld, dann zeigen Sie damit, dass Sie makro-
    ökonomisch – das war ja Ihr Anspruch – keine Ahnung ha-
    ben und Ihre Betrachtung der Wirklichkeit falsch ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: Sie haben die Leute angeschmiert! Was ist mit der Telekom-Aktie?)


    Am zweiten Punkt, Herr Merz, treffen wir uns. Die der-
    zeitige Situation hat natürlich auch hausgemachte Ursa-
    chen. Es gibt Strukturprobleme am Standort Deutsch-
    land, die wir zusammen bekämpfen müssen. Ich will die
    wichtigsten nennen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sie sind nicht auf dem Grünen-Parteitag! Bleiben Sie bei der Wahrheit!)


    Wir haben die deutsche Einheit falsch finanziert, darunter
    leiden die Sozialversicherungssysteme. Dazu haben Sie
    nichts gesagt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    30 Milliarden Euro jährlich fehlen uns, weil wir die deut-
    sche Einheit aus Kassen finanzieren, die dafür nicht vor-
    gesehen sind.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Dafür habt ihr den Kohl immer beschimpft!)


    Auch aus diesem Grund steigen die Lohnnebenkosten und
    die Arbeitslosen sind diejenigen, die darunter zu leiden
    haben.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Gehen Sie doch auf Ihren Parteitag! Da können Sie den Unfug vortragen!)


    Wir finanzieren die sozialen Sicherungssysteme nach
    wie vor falsch, wir koppeln die Beiträge zu stark an die
    Löhne.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Ein typischer Parteitagsredner!)


    Hier müssen wir gründliche Veränderungen schaffen, und
    zwar zunächst aus demographischen Gründen, aber auch
    deshalb, weil in einer sozialen Marktwirtschaft, die die so-
    zialen Transferleistungen in den Bereichen Gesundheit,
    Rente und Pflegeversicherung ausschließlich aus Beiträgen
    finanziert, die Arbeitslosen die Verlierer sein werden. So-
    ziale Sicherung zulasten der Arbeitslosen ist in der sozia-
    len Marktwirtschaft nicht wirklich eine soziale Sicherung.
    Deswegen werden wir da umbauen müssen. Das sagen wir
    gerade in Bezug auf den Mittelstand, der unter den hohen
    Lohnnebenkosten ja viel mehr leidet als die Großbetriebe,
    die mit Produktivitätssteigerungen hohe Lohnnebenkosten
    in mittlere Lohnstückkosten verwandeln können, was vie-
    len kleinen Handwerksbetrieben nicht möglich ist.


    (Dirk Niebel [FDP]: Wer regiert hier denn? Dann macht es doch!)


    Deswegen ist das Jahr 2003 das Jahr der Reformen. Die
    Grundlagen der sozialen Sicherungssysteme müssen bis
    zum Ende dieses Jahres reformiert werden.

    Wir haben Probleme mit den Banken. Es ist wahr, dass
    sich vor allem die Großbanken und die privaten Banken,
    anders als die öffentlich-rechtlichen Banken und die Ge-
    nossenschaftsbanken, aus dem Kreditgeschäft für den
    Mittelstand verabschiedet haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1674


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Das muss sich ändern, weil in der sozialen Marktwirt-
    schaft auch hier Verantwortung übernommen werden
    muss.

    Herr Merz, ein weiteres Problem ist die Bürokratie,
    über die wir im Zusammenhang mit der Entbürokrati-
    sierungsoffensive der Regierung ausführlich zu sprechen
    haben werden. Ich komme in meiner Rede auf diesen
    Punkt noch zurück.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Eine Drohung! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber nicht in der Jungfernrede!)


    Ich sehe noch ein Problem, das Sie angehen müssen,
    Herr Merz. Die Opposition in Deutschland redet die Qua-
    lität des Standortes und die Qualität der Wirtschaft in
    Deutschland schlecht, weil Sie daraus politischen Nutzen
    ziehen will.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


    Dieses Jammern, dieses Schlechtreden und dieses Mies-
    machen ist ein Teil der deutschen Krankheit, die Sie be-
    klagt haben. Wenn das nicht aufhört, wird genau das ein-
    treten, was Sie bejammern, aber das hilft den Menschen
    nicht.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie sagen, Sie wollen mitarbeiten und als Opposition hel-
    fen, dass es besser wird. Voraussetzung dafür ist, dass die-
    ses Mobbing des Standorts Deutschland, das die Union
    systematisch als Parteistrategie betreibt, unterbleibt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: So ein Witzbold! Schämen Sie sich! Herr Präsident, kann hier jeder jeden Unsinn reden?)


    – Aber was machen Sie denn anderes, als Deutschland
    schlechtzureden, Herr Glos? Das ist alles, was Sie in den
    vergangenen Monaten in politischer Hinsicht angepackt
    haben. Das müssen Sie sich einmal anhören, auch wenn
    es wehtut. Ich kann allerdings verstehen, dass es wehtut.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Eines war auffällig, Herr Merz. Da wir uns in einer
    Konjunkturkrise befinden, können Sie nicht in Abrede
    stellen, dass zum Beispiel im Jahr 2003 – in diesem
    Fall durch den Bund – 18 Milliarden Euro für die Sanie-
    rung der öffentlichen Haushalte aufgebracht werden
    müssen.

    Sie haben zum wiederholten Male festgestellt, was Sie
    nicht wollen. Sie wollen keine Steuererhöhungen, wobei
    Sie übrigens wieder den kleinen logischen Fehler began-
    gen haben, den Abbau von Steuervergünstigungen als
    Steuererhöhung zu bezeichnen. Das ist aber nicht richtig;
    dabei handelt es sich um verschiedene Maßnahmen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind wirklich ein Witzbold!)


    Sie sind gegen die Sparvorschläge, die die Regierung
    zum Beispiel bei der Eigenheimzulage unterbreitet hat.
    Sie sind auch gegen eine Neuverschuldung, zumindest be-
    treiben Sie eine heftige Polemik dagegen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Was habt ihr denn anders gemacht?)


    Ist also alles wunderbar? Führt Herr Merz in seiner
    Rede alle Möglichkeiten aus, wie der Haushalt mit
    18 Milliarden Euro saniert werden kann? Nein, und das ist
    die große Katastrophe! Nach Monaten der öffentlichen
    Diskussion macht er noch immer keine einzige Aussage
    dazu, wie er die Krise meistern will.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Dann haben Sie nicht zugehört!)


    Wir befinden uns, wie gesagt, in einer Konjunkturkrise,
    aber er äußert sich nicht dazu, was in Deutschland zu tun
    ist. Stattdessen delektiert er sich fröhlich daran, der Re-
    gierung die Schuld zuzuweisen.

    Sie versteigen sich in die absolute Staatsgläubigkeit,
    wenn Sie die Auffassung vertreten, der Kanzler sei an den
    Konkursen schuld. Soweit kommt es noch, dass an jedem
    einzelnen Konkurs in der freien sozialen Marktwirtschaft
    der Bundeskanzler persönlich schuld sein soll! Die Staats-
    gläubigkeit, die Sie hier vertreten, ist doch absurd!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


    Deswegen wird in den nächsten Wochen und Monaten
    im Bundesrat die Stunde der Wahrheit kommen, Herr
    Merz. Da muss sich die Union – für die FDP gilt im
    Grunde das Gleiche – dazu äußern, was sie konkret tun
    will. Sie müssen zum Beispiel dazu Stellung nehmen, ob
    Ihre Aussage vom Sommer, die Körperschaftsteuer müsse
    verstetigt und Einnahme des Staates werden, noch gilt.
    Sie müssen der Öffentlichkeit klar machen, ob Sie dafür
    sind, dass die Steuerguthaben der Betriebe, die noch aus
    Ihrer Regierungszeit stammen, anders verrechnet werden,
    und ob Sie die von uns vorgeschlagene Mindestbesteue-
    rung befürworten. Ich will an dieser Stelle – weil wir gerade
    über den Mittelstand reden – betonen, dass die Mindest-
    besteuerung in Deutschland nur mit einem vernünftigen
    Sockelbetrag erfolgen kann. Nur so werden Investitionen
    der kleinen und mittleren Betriebe möglich und diese sind
    die Grundlage für das Wachstum in unserem Land.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das steht aber nicht im Gesetz!)


    Für meine Fraktion möchte ich eines klarstellen: Nur
    wenn in Deutschland Reformen angepackt werden – und
    zwar nicht nur hier und dort ein Progrämmchen, sondern
    auch elementare Reformen zum Beispiel bei den sozialen
    Sicherungssystemen –,


    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: 19,5 Prozent Krankenversicherungsbeitrag!)


    können wir in Deutschland die Krise überwinden. Ich
    sage das auch an die Adresse unseres Koalitionspartners
    gerichtet, Herr Stiegler. Wir haben uns zwar nicht an der

    Fritz Kuhn




    Fritz Kuhn
    Diskussion zu beteiligen, welche Rolle Oskar Lafontaine
    spielen wird,


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Ich auch nicht!)

    aber ich möchte eines festhalten: Die Vorstellung, die
    Reichen sollten mehr zahlen, dann würde in Deutschland
    strukturell alles besser werden, die Oskar Lafontaine in
    der „Bild-Zeitung“ verbreitet hat, bildet nicht die Basis
    unserer Koalition.


    (Lachen bei der CDU/CSU – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das ist ja stark!)


    Richtig ist – damit wende ich mich an Sie, Herr Merz –,
    dass zwar überall Reformen notwendig sind,


    (Horst Seehofer [CDU/CSU]: Weiter so!)

    trotzdem möchte ich auf einen Punkt Ihrer Rede eingehen,
    der nicht richtig ist. Wir haben in Deutschland nicht ir-
    gendeine Marktwirtschaft, sondern eine soziale Markt-
    wirtschaft. Das, was Sie getan haben – zum Beispiel die
    Kürzungen bei der Arbeitslosenhilfe durchzuwinken, die
    den Empfängern von Arbeitslosenhilfe wehtun,


    (Dirk Niebel [FDP]: Aber Sie haben es doch vorgemacht!)


    aber im Hinblick auf Maßnahmen, die die Besserverdie-
    nenden bzw. den Mittelstand unserer Gesellschaft treffen,
    zu erklären, damit hätten Sie nichts zu tun –, entspricht
    nicht der sozialen Gerechtigkeit, wie wir sie uns vorstel-
    len und wie wir sie in Deutschland brauchen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich möchte zum Abschluss auf einige Punkte der Mit-

    telstandsoffensive unseres Wirtschaftsministers eingehen.
    Herr Minister, wir Grüne sind Teil der von Ihnen vorge-
    stellten Reformallianz für den Mittelstand. Einen zentra-
    len Punkt stellt die Entbürokratisierung dar. Im Gespräch
    mit mittelständischen Betrieben ist festzustellen, dass vor
    allem die mangelnde Motivation aufgrund zu vieler büro-
    kratischer Auflagen eines der Hauptprobleme der Be-
    triebe darstellt.

    Dabei ist Folgendes zu unterscheiden: Für einen Be-
    trieb mit 400 Beschäftigten sind die Auflagen kein großes
    Problem, weil er viele staatliche Auflagen mit eigenem
    Personal bearbeiten kann. In einem Betrieb mit sechs oder
    acht Angestellten ist es aber Chefsache, diese Bürokratie
    zu übernehmen. Dies hindert die Betreiber der Betriebe
    daran, das eigentliche Geschäft voranzutreiben. Deswe-
    gen brauchen wir die Entbürokratisierung.

    Ich glaube nicht, dass wir dies schaffen, wenn wir
    sagen: Wir sammeln einmal ein paar Vorschläge. Wir
    müssen unser Staatsverständnis überdenken. Nur
    wenn wir als Staat bereit sind, im Rahmen einer Aufga-
    benkritik wirklich zu überlegen, was wir permanent kon-
    trollieren müssen und was dokumentiert werden muss,
    und bereit sind, die eine oder andere Kontrollaufgabe
    zu verringern, haben wir die Chance, dass die Entbüro-
    kratisierung ein wirklich breites Programm wird und
    nicht einfach eine Forderung, die man in den Raum
    stellt. Wer die Politik im Bund und in den Ländern
    kennt, der weiß, dass es seit vielen Jahren überall große

    Entbürokratisierungskommissionen gibt, die wenig um-
    gesetzt haben.

    Ich will es noch einmal sagen: Unser Staatsverständnis
    und die Frage, ob vom Staat alles Gute, das es bei uns gibt,
    permanent überwacht und kontrolliert werden muss und
    ob die damit verbundenen Dokumentationspflichten, zum
    Beispiel beim Handwerk, aufrechterhalten werden müs-
    sen, gehören auf den Prüfstand, wenn wir die Entbüro-
    kratisierung in Deutschland wirklich ernst nehmen.

    Ein weiteres Problem für viele Betriebe ist die Liqui-
    dität. Den Rückzug der Privatbanken aus der Verantwor-
    tung habe ich angesprochen. Es kommt darauf an, was ge-
    nau die neue Mittelstandsbank tun wird. Ich glaube, dass
    ein wesentliches Element sein muss, die vielen Förder-
    programme in Deutschland zu vereinfachen. Hier muss
    eine Interaktion, eine Zusammenarbeit mit den Landes-
    banken und deren Programmen stattfinden; sonst kann
    das nicht funktionieren. Wir müssen uns vor allem fragen
    – das halte ich für einen wichtigen Punkt –, ob die neue
    Mittelstandsbank auch Innovationen des Mittelstands fi-
    nanzieren kann, soweit sie von Hausbanken nicht über-
    nommen werden können.

    Ich komme zum Schluss und will für meine Fraktion
    feststellen: Wir glauben, dass man in Deutschland sehr
    viel für den Mittelstand tun kann.


    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr!)


    Strukturreformen sind dabei entscheidend. Ich fordere Sie
    auf, dabei nicht die Haltung, die Bundesregierung sei
    schuld, an den Tag zu legen, sondern in den nächsten Mo-
    naten mit eigenen machbaren Vorschlägen, zum Beispiel
    in Bezug auf die Steuerpolitik und die Haushaltskonsoli-
    dierung,


    (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Sie müssen einmal die Unterlagen lesen!)


    in Erscheinung zu treten. Dies sind Sie nämlich bisher
    nicht.

    Wir Grüne haben Lust, diesen Reformprozess mitzu-
    betreiben.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Lust allein reicht nicht!)


    Wir gehören zu der Allianz, die Sie, Herr Minister, einge-
    fordert haben. Ich kann nur betonen: Alle Menschen in
    Deutschland, die etwas unternehmen, die Risiken einge-
    hen wollen, haben in meiner Partei bzw. in meiner Frak-
    tion einen Bündnispartner. Denn wir wollen einen Prozess
    in Gang setzen, der dazu führt, dass in Deutschland Re-
    formen stattfinden und wir nicht den Status quo verteidi-
    gen oder uns einfach in Wolkenkuckucksheimdiskussio-
    nen, wie das Herr Merz getan hat, vergnügen. Ihre Rede,
    Herr Merz, war zwar vergnüglich; aber Vorschläge der
    Union sind nicht auf den Tisch gelegt worden. Diese hät-
    ten heute kommen müssen, damit man sieht, was Sie vor-
    haben.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1676


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)