Rede:
ID1502200100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Ich: 1
    2. erteile: 1
    3. das: 1
    4. Wort: 1
    5. dem: 1
    6. Kollegen: 1
    7. Friedrich: 1
    8. Merz,CDU/CSU-Fraktion.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag des Bundesministers Dr. Peter Struck sowie des Abgeordneten Norbert Königshofen . . . . 1665 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Wolfgang Spanier . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 A Erweiterung der Mitgliederzahl im Ausschuss für Kultur und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 A Wiederwahl der Abgeordneten Ulrike Poppe als Mitglied des Beirats nach § 39 des Stasi- Unterlagen-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 B Festlegung der Zahl der Mitglieder des Euro- päischen Parlaments, die an den Sitzungen des Ausschusses für die Angelegenheiten der Euro- päischen Union teilnehmen können . . . . . . . . 1665 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . 1665 B Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 1666 A Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Offen- sive für den Mittelstand (Drucksache 15/351) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Grundsätzliche Kehrtwende in derWirt- schaftspolitik statt neuer Sonderregeln – Mittelstand umfassend stärken (Drucksache 15/349) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Neue Chancen für den Mittelstand – Rahmen- bedingungen verbessern statt Förder- dschungel ausweiten (Drucksache 15/357) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 C Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 1666 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1670 C Fritz Kuhn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 1674 A Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1677 A Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1679 B Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1681 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1684 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1685 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 1687 B Christian Lange (Backnang) SPD . . . . . . . . . 1688 A Laurenz Meyer (Hamm) CDU/CSU . . . . . . . 1690 A Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . . . 1692 A Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1694 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 1696 D Alexander Dobrindt CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1698 D Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum optimalen Fördern und Fordern in Vermittlungsagenturen (OFFENSIV-Gesetz) (Drucksache 15/273) . . . . . . . . . . . . . . 1700 B Plenarprotokoll 15/22 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 22. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 I n h a l t : b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Fördern und Fordern arbeits- fähiger Sozialhilfeempfänger und Ar- beitslosenhilfebezieher (Fördern-und- Fordern-Gesetz) (Drucksache 15/309) . . . . . . . . . . . . . . 1700 C c) Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Das Sozialhilferecht gerechter gestal- ten–HilfebedürftigeBürgereffizienter fördern und fordern (Drucksache 15/358) . . . . . . . . . . . . . . 1700 C Silke Lautenschläger, Staatsministerin (Hessen) 1700 D Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . 1703 A Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1705 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1706 B Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1708 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1709 B Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 1710 B Thomas Sauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1712 A Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . 1713 D Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD . . . . . . . . 1715 B Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . 1716 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . 1717 A Karin Roth (Esslingen) SPD . . . . . . . . . . . . . 1719 D Tagesordnungspunkt 12: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Westsahara- konflikt beilegen – UN-Friedensplan durchsetzen (Drucksache 15/316) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1721 D Tagesordnungspunkt 13: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwi- schen der Bundesrepublik Deutsch- land und derTschechischen Republik über den Bau einer Grenzbrücke an der gemeinsamen Staatsgrenze in An- bindung an die Bundesstraße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksachen 15/12, 15/272) . . . . . . . . 1722 A b)–d) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 8, 9, 10 zu Petitionen (Drucksachen 15/320, 15/321, 15/322) 1722 A e) Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Erneute Über- weisung von Vorlagen aus früheren Wahlperioden (Drucksache 15/345) . . . . . . . . . . . . . . 1722 C Tagesordnungspunkt 5: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP für die vom Deut- schen Bundestag zu entsendenden Mitglie- der des Beirats bei der Regulierungs- behörde für Telekommunikation und Post gemäß § 67 Abs. 1 des Telekommu- nikationsgesetzes (Drucksache 15/356) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1722 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbst- bestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften (Drucksache 15/350) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1722 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 1722 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1724 D Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 1725 A Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1726 D Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1729 A Michaela Noll CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1730 A Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1731 D Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU 1733 D Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Transrapid-Projekt Berlin–Ham- burg unverzüglich wieder aufnehmen (Drucksache 15/300) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1735 D Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . . 1736 A Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1738 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003II Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . 1739 D Albert Schmidt (Ingolstadt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1740 D Norbert Königshofen CDU/CSU . . . . . . . . . . 1742 B Reinhard Weis (Stendal) SPD . . . . . . . . . . . . 1743 B Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . 1744 A Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1746 A Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: EU-Richtlinie zur Haltung von Nutztieren in nationales Recht umsetzen (Drucksache 15/226) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1747 A Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 1747 B Uwe Bartels, Minister (Niedersachsen) . . . . . 1748 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . 1750 A Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 1751 A Gitta Connemann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 1751 D Friedrich Ostendorff BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1753 B Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 1755 A Friedrich Ostendorff BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1755 D Georg Schirmbeck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1756 A Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Norbert Röttgen, Cajus Caesar, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetz- buches – Graffiti-Bekämpfungsgesetz (Drucksache 15/302) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1757 B Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 1757 C Hermann Bachmaier SPD . . . . . . . . . . . . . . . 1759 A Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1760 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1761 B Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 1762 C Dr. Christoph Bergner CDU/CSU . . . . . . . . . 1763 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1763 D Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ 1764 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1766 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 1767 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 1665 22. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (C) 1766 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 1767 (C) (D) (A) (B) Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ 30.01.2003 DIE GRÜNEN Bindig, Rudolf SPD 30.01.2003* Burchardt, Ulla SPD 30.01.2003 Deittert, Hubert CDU/CSU 30.01.2003* Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 30.01.2003* Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 30.01.2003 Göppel, Josef CDU/CSU 30.01.2003 Granold, Ute CDU/CSU 30.01.2003 Haack (Extertal), Karl SPD 30.01.2003* Hermann Höfer, Gerd SPD 30.01.2003* Hoffmann (Chemnitz), SPD 30.01.2003* Jelena Jäger, Renate SPD 30.01.2003* Jonas, Klaus Werner SPD 30.01.2003* Kelber, Ulrich SPD 30.01.2003* Lanzinger, Barbara CDU/CSU 30.01.2003 Leibrecht, Harald FDP 30.01.2003* Lintner, Eduard CDU/CSU 30.01.2003* Dr. Lucyga, Christine SPD 30.01.2003* Möllemann, Jürgen W. FDP 30.01.2003 Müller (Düsseldorf), SPD 30.01.2003 Michael Rauber, Helmut CDU/CSU 30.01.2003* Rauen, Peter CDU/CSU 30.01.2003 Riester, Walter SPD 30.01.2003* Robbe, Reinhold SPD 30.01.2003 Rupprecht SPD 30.01.2003* (Tuchenbach), Marlene Dr. Scheer, Hermann SPD 30.01.2003* Schmidt (Fürth), CDU/CSU 30.01.2003 Christian Schröter, Gisela SPD 30.01.2003 Siebert, Bernd CDU/CSU 30.01.2003* Simm, Erika SPD 30.01.2003 Steenblock, Rainder BÜNDNIS 90/ 30.01.2003* DIE GRÜNEN Dr. Thomae, Dieter FDP 30.01.2003 Tritz, Marianne BÜNDNIS 90/ 30.01.2003* DIE GRÜNEN Volquartz, Angelika CDU/CSU 30.01.2003 Wegener, Hedi SPD 30.01.2003* Wicklein, Andrea SPD 30.01.2003 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 30.01.2003* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

    Sitzung ist eröffnet.
    Zunächst möchte ich einigen Kollegen zur Vollendung

    ihres 60. Lebensjahres gratulieren: Bundesminister
    Dr. Peter Struck feierte am 24. Januar, Abgeordneter
    Norbert Königshofen feierte am 25. Januar und Abgeord-
    neter Wolfgang Spanier feiert heute seinen 60.Geburtstag.
    Beste Glückwünsche im Namen des ganzen Hauses!


    (Beifall)

    Nun gibt es eine Reihe von Mitteilungen. Die Mitglie-

    derzahl im Ausschuss für Kultur und Medien soll auf ein-
    vernehmlichen Vorschlag aller Fraktionen von 15 auf
    17 Mitglieder erhöht werden. Sind Sie mit diesem Vor-
    schlag einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch.
    Dann ist so beschlossen.

    Sodann teile ich mit, dass die Fraktion des Bündnis-
    ses 90/Die Grünen in Abänderung ihres Wahlvorschlages
    vom 16. Januar 2003 nunmehr FrauUlrike Poppe für den
    Beirat nach § 39 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vor-
    schlägt. Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen
    Widerspruch. Damit ist Frau Poppe, die schon bisher Mit-
    glied im Beirat war, wieder gewählt.

    Gemäß § 93 aAbs. 6 unserer Geschäftsordnung ist vor-
    gesehen, dass Mitglieder des Europäischen Parlaments an
    den Sitzungen des Ausschusses für die Angelegenheiten
    der Europäischen Union teilnehmen können. Die Zahl
    und Zusammensetzung ist in der Geschäftsordnung nicht
    vorgesehen und muss daher vom Plenum für die 15.Wahl-
    periode neu festgelegt werden. Die Fraktionen haben sich
    einvernehmlich darauf verständigt, die Zahl auf insge-
    samt 14 mitwirkungsberechtigte Mitglieder des Europä-
    ischen Parlaments festzulegen. Davon entfallen auf die
    CDU/CSU acht Mitglieder, auf die SPD fünf Mitglieder
    und auf Bündnis 90/Die Grünen ein Mitglied. Sind Sie mit
    diesem Vorschlag einverstanden? – Ich höre keinen Wi-
    derspruch. Dann ist auch dies so beschlossen.

    Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
    Tagesordnung zu erweitern. Die Punkte sind in der Ihnen
    vorliegenden Zusatzpunktliste aufgeführt:

    1. Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU:
    Haltung der Bundesregierung zu den Auswirkungen ihrer
    Steuerpolitik auf die kommunalen Finanzen

    2. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-
    Josef Laumann, Hartmut Schauerte, weiterer Abgeordneter und
    der Fraktion der CDU/CSU: Grundsätzliche Kehrtwende in
    der Wirtschaftspolitik statt neuer Sonderregeln – Mittel-
    stand umfassend stärken
    – Drucksache 15/349 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

    Auswärtiger Ausschuss
    Innenausschuss
    Rechtsausschuss
    Finanzausschuss
    Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
    Landwirtschaft
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
    Ausschuss für Bildung, Forschung und
    Technikfolgenabschätzung
    Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
    Entwicklung
    Ausschuss für Tourismus
    Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
    Haushaltsausschuss

    3. Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer Brüderle,
    Dr. Hermann Otto Solms, Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter
    und der Fraktion der FDP: Neue Chancen für den Mittel-
    stand – Rahmenbedingungen verbessern, statt Förder-
    dschungel ausweiten
    – Drucksache 15/357 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

    Auswärtiger Ausschuss
    Innenausschuss
    Rechtsausschuss
    Finanzausschuss
    Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
    Landwirtschaft
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
    Ausschuss für Bildung, Forschung und
    Technikfolgenabschätzung
    Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
    Entwicklung
    Ausschuss für Tourismus
    Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
    Haushaltsausschuss

    4. Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des
    BÜNDNISSES 90/Die GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines




    Präsident Wolfgang Thierse

    Gesetzes zurÄnderung derVorschriften über die Straftaten
    gegen die sexuelle Selbstbesimmung und zur Änderung an-
    derer Vorschriften
    – Drucksache 15/350 –
    Überweisungsvorschlag:
    Rechtsausschuss (f)

    Innenausschuss
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

    Von der Frist für den Beginn der Beratung soll – soweit
    erforderlich – abgewichen werden.

    Außerdem wurde vereinbart, dass nach der ersten Be-
    ratung des Sexualstrafrechts-Änderungsgesetzes – das ist
    Zusatzpunkt 4 – die Reihenfolge der Beratungen wie folgt
    geändert werden soll: Tagesordnungspunkt 8 – Transra-
    pidprojekt –, Tagesordnungspunkt 7 – Haltung von Nutz-
    tieren – und dann Tagesordnungspunkt 6 – Graffiti-
    Bekämpfungsgesetz.

    Darüber hinaus mache ich auf eine nachträgliche Über-
    weisung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam:

    Der in der 16. Sitzung des Deutschen Bundestages über-
    wiesene nachfolgende Entschließungsantrag soll zusätz-
    lich dem Finanzausschuss, dem Ausschuss für Wirtschaft
    und Arbeit und dem Ausschuss für Menschenrechte und hu-
    manitäre Hilfe zurMitberatung überwiesen werden.

    Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und
    des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: zu derAb-
    gabe einer Regierungserklärung durch den
    Bundeskanzler zu den Ergebnissen des Euro-
    päischen Rates in Kopenhagen am 12. und
    13. Dezember 2002
    – Drucksache 15/215 –
    überwiesen:
    Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

    Auswärtiger Ausschuss
    Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
    Landwirtschaft

    Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? –
    Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

    Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 3 sowie Zu-
    satzpunkte 2 und 3 – Beratung mehrerer Anträge zur Mit-
    telstandspolitik – auf:
    3. Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und

    des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
    Offensive für den Mittelstand
    – Drucksache 15/351 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

    Auswärtiger Ausschuss
    Innenausschuss
    Rechtsausschuss
    Finanzausschuss
    Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
    Landwirtschaft
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
    Ausschuss für Bildung, Forschung und
    Technikfolgenabschätzung
    Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
    Entwicklung
    Ausschuss für Tourismus
    Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
    Haushaltsausschuss

    ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dagmar
    Wöhrl, Karl-Josef Laumann, Hartmut Schauerte,
    weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
    CSU
    Grundsätzliche Kehrtwende in derWirtschafts-
    politik statt neuer Sonderregeln – Mittelstand
    umfassend stärken
    – Drucksache 15/349 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

    Auswärtiger Ausschuss
    Innenausschuss
    Rechtsausschuss
    Finanzausschuss
    Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
    Landwirtschaft
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
    Ausschuss für Bildung, Forschung und
    Technikfolgenabschätzung
    Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
    Entwicklung
    Ausschuss für Tourismus
    Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
    Haushaltsausschuss

    ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer
    Brüderle, Dr. Hermann Otto Solms, Gudrun Kopp,
    weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
    Neue Chancen für den Mittelstand – Rahmen-
    bedingungen verbessern statt Förderdschungel
    ausweiten
    – Drucksache 15/357 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

    Auswärtiger Ausschuss
    Innenausschuss
    Rechtsausschuss
    Finanzausschuss
    Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
    Landwirtschaft
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
    Ausschuss für Bildung, Forschung und
    Technikfolgenabschätzung
    Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
    Entwicklung
    Ausschuss für Tourismus
    Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
    Haushaltsausschuss

    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die
    Aussprache zweieinhalb Stunden vorgesehen. – Ich höre
    keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

    Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Herrn
    Bundesminister Wolfgang Clement.

    Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft
    und Arbeit:

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-
    ren! Aus dem Jahreswirtschaftsbericht ist gestern deutlich
    geworden, dass wir mehr Wachstum und mehr Beschäfti-
    gung brauchen. Aus dem Wachstum heraus müssen mehr
    Jobs entstehen. Dabei kommt dem Mittelstand, also den
    kleinen und mittleren Unternehmen, eine ganz besondere
    Bedeutung zu. Um dieses Thema soll es heute gehen.

    Warum kommt den kleinen und mittleren Betrieben
    eine so große Bedeutung zu? – Etwa 70 Prozent aller ab-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1666


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    hängig Beschäftigten in Deutschland arbeiten in solchen
    Unternehmen. Vier von fünf Jugendlichen werden im
    Mittelstand auf ihr Berufsleben vorbereitet. Rund die
    Hälfte der Bruttowertschöpfung, fast 50 Prozent, kommt
    aus kleinen und mittleren Unternehmen. Kurz gesagt:
    Wenn wir über den Mittelstand sprechen, dann sprechen
    wir über die Sicherung der wirtschaftlichen Zukunft un-
    seres Landes.

    Deshalb haben wir eine Mittelstandsoffensive auf den
    Weg gebracht. Damit wollen wir die Gründung von Un-
    ternehmen fördern. Wir brauchen eine Erneuerung, wir
    brauchen eine Erweiterung unserer Unternehmensland-
    schaft, wir brauchen, um es auf den Punkt zu bringen,
    mehr Unternehmen. Das ist die wichtigste Voraussetzung,
    um mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Dazu müssen wir
    Existenzgründungen fördern und gleichzeitig die Rah-
    menbedingungen für die kleinen und mittleren Unterneh-
    men verbessern.

    Dass der Ansatz – oder, um es Ihnen leichter zu ma-
    chen, die Absicht – der Mittelstandsoffensive richtig ist,
    zeigt sich an außerordentlich vielen positiven Reaktionen,
    die wir auf diese Aktivität hin erhalten. Ich möchte Ihnen,
    verehrte Kolleginnen und Kollegen, gerne die wichtigsten
    Bausteine dieser Mittelstandsoffensive darstellen.

    Der erste Baustein: Es geht uns um die Förderung von
    Existenzgründungen und um die Förderung von klein-
    und kleinstgewerblichen Unternehmen. Wir wollen die
    Startbedingungen für Unternehmensgründungen und
    gleichzeitig die Arbeitsbedingungen für das Kleinge-
    werbe verbessern. Dazu wollen wir in den nächsten Wo-
    chen etwas auf den Weg bringen, was wir auf eine Anre-
    gung des DIHK-Präsidenten, Herrn Braun, hin einen
    Small-Business-Act genannt haben. Das bedeutet, dass
    es zu grundlegenden Vereinfachungen und Entlastungen
    für Gründungsunternehmen und Kleinstunternehmen
    kommen wird. Dabei gehen wir bewusst einen Schritt
    weiter, als uns die Hartz-Kommission nahe gelegt hat. In
    diese Aktivitäten beziehen wir nicht nur – wie dies bei
    Hartz vorgesehen ist – die Existenzgründer, sondern auch
    – wie gesagt – existierende kleine Unternehmen ein.

    Das Konzept basiert auf drei Säulen:
    Erstens. Kleinstunternehmen können bei der Einkom-

    mensteuer künftig einen pauschalierten Betriebsausga-
    benabzug in der Größenordnung von 50 Prozent der Ein-
    nahmen geltend machen. Damit wird die steuerliche
    Gewinnermittlung grundlegend vereinfacht.

    Zweitens. Umfangreiche und komplizierte Buch-
    führungs- und Aufzeichnungspflichten der Kleinstunter-
    nehmen entfallen.

    Drittens. In diesem Bereich fallen keine Umsatzsteuer-
    pflichten mehr an, das heißt, die steuerlichen Erklärungs-
    pflichten werden auf ein Minimum reduziert.

    Dieses Konzept werden wir sehr rasch umsetzen. In ei-
    nem ersten Schritt profitieren rückwirkend zum 1. Januar
    2003 bereits solche Kleinstunternehmen, die einen Um-
    satz von bis zu – diese Grenze ist allerdings sehr niedrig –
    17 500 Euro aufweisen. Ein Jahr später, also zum 1. Januar
    2004, wollen wir – vorbehaltlich der Zustimmung durch
    die Europäische Kommission – die Umsatzgrenze für

    Kleinstunternehmen in einem zweiten Schritt auf
    35 000 Euro anheben.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Das könnt ihr auch gleich machen!)


    Wir wollen die Selbstständigkeit durch einen erleich-
    terten Berufszugang im Handwerk und bei nicht hand-
    werklichen Existenzgründungen fördern. Um dieses Ziel
    zu erreichen, ist es notwendig, dass der Liberalisierungs-
    prozess im Handwerk fortgeführt wird und dass nicht
    mehr notwendige Regulierungen abgebaut werden. Darü-
    ber sind wir – wie schon mehrfach besprochen – mit dem
    Handwerk im Gespräch. Herr Kollege Laumann hat mich
    gestern daran erinnert, dass wir im Vermittlungsverfahren
    besprochen hatten, dass wir diese Gespräche gemeinsam
    fortsetzen wollen. Das werden wir gerne tun.


    (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Ja, nicht vergessen!)


    Im Handwerk geht es zum Beispiel um Erleichterungen
    bei der Zulassung zur Meisterprüfung. Dabei stellt sich
    die Frage, ob die Berufserfahrung als Zulassungsvoraus-
    setzung für die Meisterprüfung gestrichen werden soll. Bis-
    her müssen nach der Gesellenprüfung sieben Jahre abge-
    wartet werden. Daneben geht es um Anreize für Gesellen,
    die Meisterprüfung möglichst rasch nach der Gesellenprü-
    fung abzulegen. Man könnte dies als Freischussregelung
    – dies ist nicht martialisch gemeint – bezeichnen. Auch bei
    den Juristen – diese sind schon gar nicht martialisch – exis-
    tiert diese ja. Wir wollen das Bild der Meisterprüfung prä-
    zisieren und klarstellen, was ein Meister für sein Gewerbe
    tatsächlich beherrschen muss. Es stellt sich die Frage, ob al-
    les, was heute gefordert wird, vernünftig ist. Wir wollen,
    dass Teile der Gesellenprüfung auf die Meisterprüfung an-
    gerechnet werden können. Andere Anrechnungsmöglich-
    keiten diskutieren wir ebenfalls.

    Wir sind noch nicht ganz am Ziel und suchen eine ein-
    vernehmliche Lösung mit dem Handwerk. Dies soll – wie
    ich zugesagt habe – nicht von oben herab geschehen. Ich
    hoffe, wir kommen dabei voran.

    Wir wollen Unternehmensgründer, die eine Ertrags-
    grenze von 25 000 Euro aufweisen, in den ersten vier Jah-
    ren von den Beitragszahlungen an die Industrie- und Han-
    delskammern – diese sind damit einverstanden – und an
    die Handwerkskammern – diese sind noch nicht ganz ein-
    verstanden – befreien.

    Ein weiteres Anliegen ist eine bessere soziale Absiche-
    rung der Selbstständigen. Sie tragen nicht nur die Verant-
    wortung für ihre Beschäftigten, sondern sie tragen auch
    ein eigenes hohes finanzielles Risiko. Deshalb wollen wir
    die Selbstständigen besser absichern und diskutieren wir
    mit der Justizministerin – sie ist dafür federführend zu-
    ständig – eine Verbesserung des Pfändungsschutzes, bei-
    spielsweise in Bezug auf die private Altersvorsorge.

    Daneben gibt es natürlich auch hier das Thema Ent-
    bürokratisierung. Dabei geht es uns zunächst einmal um
    eine schnellere Eintragung ins Handelsregister. Das alles
    dauert viel zu lange. Des Weiteren sollen – wenn irgendwie
    möglich – die Kosten für diese Eintragung gesenkt werden.

    Neben diesem so genannten Small-Business-Act
    planen wir weitere Maßnahmen zur Förderung der

    Bundesminister Wolfgang Clement




    Bundesminister Wolfgang Clement
    Selbstständigkeit. Beispielsweise wollen wir für Gründe-
    rinnen und Gründer sowie für den Mittelstand insgesamt
    das Beratungs- und Gründungs-Know-how zu Servicean-
    geboten bündeln.

    Wir wollen den unternehmerischen Generationswechsel
    weiter fördern. Wir fördern ihn schon heute. Wir wollen die
    Einrichtung weiterer Börsen im Internetportal zur Unter-
    nehmensnachfolge „nexxt“ ausweiten und uns verstärkt an
    Existenzgründer wenden, denen wir über die Unterneh-
    mensnachfolge – das ist sehr wichtig, weil in den Unter-
    nehmen ständig Generationswechsel stattfinden, ohne die
    ein existierendes Unternehmen nicht erhalten werden
    kann – den Weg in die Selbstständigkeit nahe legen.

    Es geht im zweiten Baustein um die Finanzierung des
    Mittelstandes. Wie Sie wissen, haben wir die KfW und
    die Deutsche Ausgleichsbank zusammengelegt. Bereits
    bisher unterstützen sie diesen Weg faktisch. Jetzt soll dies
    über die Gesetzgebung festgeschrieben werden. Damit
    werden – das geschieht in der Realität schon – alle För-
    derprogramme unter einem Dach der Mittelstandsbank
    des Bundes zusammengeführt. Die beiden Banken bün-
    deln so ihre Kraft und ihr Wissen zu einem übersichtli-
    chen Förderangebot als Mittelstandsbank des Bundes in-
    nerhalb der KfW-Gruppe.

    Durch die Neustrukturierung der Förderprogramme
    werden die Antragstellung vereinfacht und die Transpa-
    renz erhöht. Dem Mittelstand steht somit in Finanzie-
    rungsfragen ein Ansprechpartner zur Verfügung. Dazu
    gehört beispielsweise auch ein Beratungs- und Betreu-
    ungsangebot, wie wir es von der Deutschen Ausgleichs-
    bank kennen, angefangen von der Gründungsberatung
    über das Thema Generationswechsel bis hin zu den Run-
    den Tischen, die die Deutsche Ausgleichsbank in ganz
    Deutschland, insbesondere in Ostdeutschland durchge-
    führt hat.

    Die Tatsache, dass es nur noch einen Ansprechpartner
    gibt, bedeutet natürlich auch einfachere und kostengüns-
    tigere Verfahren für die Partner der Kreditwirtschaft. Da-
    durch werden sich die Chancen der mittelständischen Un-
    ternehmen auf günstige Finanzierungsmittel erhöhen. Das
    ist eines der wichtigsten Themen, mit denen wir es zu tun
    haben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die kleinen und mittleren Unternehmen haben erheb-
    liche Kredit- und Eigenkapitalprobleme. Das sind, wie
    wir alle wissen, keine politischen Probleme, sondern Pro-
    bleme des Kreditgewerbes.


    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    – Darüber mögen Sie schmunzeln. Wir können uns gerne
    darüber unterhalten. Die Probleme des Kreditgewerbes
    sind allerdings nicht zum Schmunzeln. Das Kreditge-
    werbe, insbesondere das private Bankengewerbe, hat sich
    nicht rechtzeitig auf Umstrukturierungsnotwendigkeiten
    eingestellt, um das klar zu sagen.

    Wir haben die Programme auf den Weg gebracht. Dazu
    gehört beispielsweise auch das Programm „Kapital für Ar-
    beit“, mit dem die Beschäftigung von Arbeitslosen in ei-

    nem Unternehmen mit einem Kredit bis zu 100000 Euro
    begleitet wird, davon bis zu 50 000 Euro zur Eigenkapi-
    talbildung. Es ist gut angelaufen und läuft inzwischen im-
    mer besser. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau erwartet,
    dass in diesem Jahr über dieses Kreditprogramm 1,2 Mil-
    liarden Euro abgerufen werden. Damit würden über die-
    ses Kreditprogramm 12 000 Arbeitsplätze eingerichtet
    und gefördert. Das ist nicht wenig. Die „Richterskala“ ist
    nach oben offen. Wir hoffen in diesem Sektor natürlich
    auf noch mehr Bewegung.

    Ich will in diesem Zusammenhang noch ein Thema an-
    sprechen, das die mittelständischen Unternehmen zuneh-
    mend belastet, nämlich die schlechte Zahlungsmoral in
    Deutschland. Die Zahlungssäumigkeit von Auftraggebern
    weitet sich für die mittelständische Wirtschaft, insbeson-
    dere für das Handwerk, zu einem existenzgefährdenden
    Problem aus. Leider – so muss man sagen – zeigt sich
    diese Tendenz zur Zahlungssäumigkeit auch bei Aufträ-
    gen der öffentlichen Hand.


    (Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Leider! Leider!)


    Ich trete den Kommunen nicht zu nahe, wenn ich sage,
    dass dies vor allen Dingen ein Problem der Städte und Ge-
    meinden ist.

    Die Bundesregierung hatte bereits in der letzten Legis-
    laturperiode mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger
    Zahlungen auf diese Entwicklung reagiert und verschie-
    dene Möglichkeiten eingeführt, mit denen Gläubiger ihre
    berechtigten Ansprüche schneller durchsetzen können.
    Die Praxis zeigt aber leider, dass es die durchweg
    schwächeren Gläubiger, beispielsweise Handwerksunter-
    nehmen, aus Sorge um das Ausbleiben von Anschlussauf-
    trägen oft nicht wagen, die Möglichkeiten dieses Gesetzes
    zu nutzen. Manchen ist das Gesetz auch nicht bekannt.

    Wir werden zunächst die mittelständische Wirtschaft,
    insbesondere die kleinen Betriebe, verstärkt über die
    Möglichkeiten informieren, die nach derzeitiger Geset-
    zeslage die Durchsetzung praktischer und berechtigter
    Ansprüche erleichtern und beschleunigen. Wir wollen uns
    dann mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks
    und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag in-
    tensiv um die Entschärfung dieses Problems kümmern.
    Wir werden dazu Gespräche mit den Ländern führen und
    Vorschläge erörtern, die wir dann in diesem Hohen Haus
    beraten können.

    Der dritte Baustein betrifft den Bürokratieabbau.Um
    mehr Wachstum und Beschäftigung zu bewirken, müssen
    wir bürokratische Fesseln lösen und Hindernisse beseiti-
    gen, die die Wirtschaft und insbesondere den Mittelstand
    hemmen. Dieser Überzeugung haben wir bereits erste Ta-
    ten folgen lassen. Gemeinsam haben wir beispielsweise
    die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse von büro-
    kratischem Ballast befreit.


    (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Nachdem Sie ihn zunächst geschaffen haben!)


    Diese Regelung tritt am 1. April in Kraft.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1668


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    – Sie waren dabei eine wirkliche Hilfe.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Für den Fall, dass Sie es noch nicht gelesen haben sollten,
    mache ich Sie darauf aufmerksam, dass es am 1.April Ge-
    setzeskraft erlangen wird.

    Unsere Vorschläge zum Langzeitthema Ladenschluss-
    gesetz liegen dem Hohen Hause ebenfalls vor. Fortset-
    zung folgt: Ich erwähne beispielsweise die von Frau Kol-
    legin Zypries vorgesehene Reform des Gesetzes gegen
    den unlauteren Wettbewerb, bei der die bislang durch und
    durch geregelten Sonderaktionen von bürokratischen Fes-
    seln befreit werden sollen.

    Des Weiteren nenne ich den Gesetzentwurf Hartz III,
    der sich mit dem Umbau der Bundesanstalt für Arbeit
    zu einem wirklichen Bundesunternehmen für Arbeitsver-
    mittlung beschäftigen wird. Der Vorstand der Bundes-
    anstalt arbeitet bereits daran. Wir werden dies gesetzlich
    fundieren.

    Zum Thema Bürokratieabbau liegt uns inzwischen
    eine Vielzahl von Anregungen aus der Wirtschaft und von
    der gewerkschaftlichen Seite vor. Diese Anregungen wer-
    den geprüft und dort umgesetzt, wo es möglich und sinn-
    voll ist.

    An dieser Stelle weise ich zur Klarstellung und zur Ver-
    meidung allzu hoher Erwartungen hinsichtlich des Um-
    setzungstempos darauf hin, dass Veröffentlichungen vom
    heutigen Tage, die eine tabellarische Übersicht über alles
    beim Thema Bürokratieabbau Denkbare und Wünschens-
    werte enthalten, lediglich eine gute Übersicht darstellen,
    aber keine politische Verbindlichkeit beanspruchen kön-
    nen. Es handelt sich um ein Papier aus dem Wirtschafts-
    ministerium, wie es so schön heißt, aber nicht um ein Pa-
    pier des Wirtschaftsministeriums und schon gar nicht um
    ein Papier des Wirtschaftsministers. Wir werden bei die-
    sem Thema also weiterhin von Fall zu Fall miteinander
    ringen und diskutieren müssen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, wir wollen das Ganze oh-
    nehin nicht in Einzelpunkte aufdröseln, sondern unter der
    Federführung des Bundesinnenministers in einem Mas-
    terplan zusammenführen. Ein solches Konzept zum Bü-
    rokratieabbau wird die Bundesregierung voraussichtlich
    im Februar beraten; danach werden wir Ihnen unsere Vor-
    schläge vorlegen.

    Da ich mich nun mit diesem Thema intensiver be-
    schäftigt habe, finde ich Folgendes bemerkenswert: Alle
    gesellschaftlichen Gruppen haben sich mit dem Thema
    Bürokratieabbau auseinander zu setzen. Wer sich bei-
    spielsweise mit den Gebührenordnungen und sonstigen
    Regelungen befasst, die einzelne Berufsgruppen sich auf-
    erlegt haben oder vom Staat erwarten, wird auf interes-
    sante Dinge stoßen, die über Jahrzehnte entstanden sind.
    Das gilt nicht nur für das Handwerk, sondern beispiels-
    weise auch für Architekten, Ingenieure, Rechtsanwälte,
    Steuerberater und Schornsteinfeger. Alle ehrenwerten Be-
    rufe haben sich in Deutschland mit einem Netz von Re-

    geln und Normen umgeben und wünschen solche Normen
    auch weiterhin vom Staat. Oft finde ich diejenigen, die
    solche Normen vom Staat erwarten, unter denen, die rela-
    tiv laut Bürokratieabbau, Deregulierung und Ähnliches
    von uns fordern.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es ist gut, wenn wir uns allesamt mit diesem Thema
    beschäftigen und jeder in seinem Sprengel einmal schaut,
    welche Regelungen man vielleicht schon freiwillig ab-
    schaffen kann. Das wäre bereits ein gewaltiger Beitrag zum
    Bürokratieabbau und zur Deregulierung in Deutschland.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ein vierter Baustein betrifft die Ausbildung: Die För-
    derung der Berufsausbildung ist in diesen Tagen zu
    Recht wieder in den Mittelpunkt gerückt. Sie ist dringend
    notwendig, da wir mehr Ausbildungsplätze brauchen.
    Auch brauchen wir eine Reform der Berufsausbildung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Unser Versprechen muss eingehalten werden und es ist
    nur einzuhalten, wenn alle mittun – an diesem Punkt hat
    Peter Hartz absolut Recht –: wenn das Problem in allen
    Städten und Gemeinden angegangen wird und wenn sich
    diejenigen, die Verantwortung tragen, zusammentun und
    darüber nachdenken, wie man mehr Ausbildungsplätze
    mobilisieren kann.

    Eine gute Ausbildung – das wissen wir alle – ist die Vo-
    raussetzung für einen Erfolg am Arbeitsmarkt. Um mög-
    lichst allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz anbieten
    zu können, planen auch wir einige Maßnahmen: bei-
    spielsweise Erleichterungen für Betriebe und insbeson-
    dere für junge Unternehmen beim Erwerb der Ausbil-
    dungsbefugnis.

    Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und
    Kollegen, wir müssen uns folgenden Sachverhalt vor Au-
    gen führen: 44 Prozent der Betriebe in den alten Bundes-
    ländern und 51 Prozent der Betriebe in den neuen Bun-
    desländern sind zurzeit nicht ausbildungsberechtigt. Das
    heißt, rund die Hälfte der Betriebe haben überhaupt keine
    Berechtigung, junge Menschen auszubilden. Dies ist
    nicht vernünftig; so kann es nicht funktionieren. Deshalb
    müssen, wollen und werden wir die Ausbildereignungs-
    verordnung vereinfachen. Um es ganz vorsichtig zu sa-
    gen: Künftig muss es möglich sein, dass auch junge Un-
    ternehmen ausbilden können. Viele von ihnen haben Spaß
    und Freude daran und wir müssen sie unterstützen. Man
    kann sie auch finanziell unterstützen, beispielsweise aus
    privaten Stiftungen, die noch aufzubauen wären. Aber
    man muss es auch tun, indem wir die rechtlichen Bedin-
    gungen dafür verändern. Gemeinsam mit meiner Kollegin
    Bulmahn setze ich mich dafür ein, die Ausbildungsord-
    nungen weiter zu entschlacken und sie konsequenter als
    bisher auf die betrieblichen Möglichkeiten und auch auf
    die Belange des Mittelstandes auszurichten.

    Das bedeutet auch, dass wir mehr differenzierte, mehr ar-
    beitsmarktfähige und mehr zweijährige Ausbildungsberufe

    Bundesminister Wolfgang Clement




    Bundesminister Wolfgang Clement
    brauchen, um allen Jugendlichen eine Erfolg verspre-
    chende Ausbildung zu ermöglichen. Nicht alle Jugendli-
    chen sind – Gott sei Dank – über einen Leisten zu schla-
    gen, genauso wenig wie wir. Deshalb kann man nicht alle
    gleichmäßig über den Leisten einer dreieinhalbjährigen
    Ausbildung schlagen. Man muss vielmehr unterschiedli-
    che, differenzierte Ausbildungsmöglichkeiten anbieten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Übrigens hat es sich bewährt, Unternehmen zu ermuti-
    gen, Patenschaften bzw. Partnerschaften mit Schulen ein-
    zugehen. Die Unternehmen profitieren davon, weil solche
    Schulen sehr viel stärker auf den Arbeitsmarkt und das
    Wirtschaftsleben ausgerichtet sind. Umgekehrt können
    auch die Schulen sehr davon profitieren, wenn sie mit ei-
    nem Betrieb enger verbunden sind. Beispielsweise kann
    sich das positiv – das zeigen Erfahrungen einer Studie, die
    mit Förderung der Bertelsmann-Stiftung durchgeführt
    worden ist – auf die technische Ausstattung der Schulen
    auswirken.

    Ich möchte – das ist der fünfte Baustein – noch gerne
    auf die Außenwirtschaftsinitiative hinweisen, die wir sehr
    stark auf den Mittelstand ausrichten, indem wir insbeson-
    dere versuchen, den Zugang zu den Hermes-Exportbürg-
    schaften und zu Investitionsgarantien zu erleichtern. Wir
    machen ihn auch mittelstandsfreundlicher, indem wir nur
    noch kleine und mittlere Unternehmen mit unserem Mes-
    seprogramm fördern. Große Unternehmen finden ja al-
    leine den Weg ins Ausland. Ich will hier besonders darauf
    hinweisen, dass es für Ostdeutschland wichtig ist, den
    Prozess des EU-Beitritts der mittel- und osteuropäischen
    Staaten als eine große Chance für Deutschland zu verste-
    hen. Wir, Herr Kollege Stolpe und ich, planen deshalb
    auch in Ostdeutschland Begegnungen und Konferenzen
    mit Unternehmern aus den mittel- und osteuropäischen
    Beitrittsländern, um den Markt für beide Seiten transpa-
    renter und damit erfolgversprechender zu machen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das sind die Kernthemen unserer Mittelstandsoffen-
    sive, das heißt unseres Bemühens, mehr Existenzgrün-
    dungen zuwege zu bringen. Die Selbstständigenquote in
    Deutschland liegt momentan bei 9 Prozent. Wir brauchen
    aber eine von 14 Prozent. Wenn wir – theoretisch gespro-
    chen – diese europäische Durchschnittsquote bei den
    Selbstständigen erreichen, dann haben wir eine gute
    Chance, das Arbeitsmarktproblem in den Griff zu bekom-
    men. Wir müssen deshalb den kleinen und mittleren Un-
    ternehmen das Leben und das Arbeiten erleichtern. Das
    wollen wir auch tun. Der Erfolg entscheidet über Wachs-
    tum und Beschäftigung.

    Ich denke, dass wir uns über die Ziele einig sind. Über
    die Wege zum Erreichen der Ziele werden wir zu disku-
    tieren haben. Aber es kommt darauf an, aus den Zielen so
    rasch wie möglich Taten und konkrete Entwicklungen zu
    machen.

    Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile das Wort dem Kollegen Friedrich Merz,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Wer in diesem Haus will bestreiten, dass der Mittel-
    stand in Deutschland die tragende Säule unserer Volks-
    wirtschaft ist? Wer will bestreiten, dass wir gerade unser
    politisches Augenmerk auf die Stärkung und Förderung
    des Mittelstands richten müssen, wenn wir aus der schwe-
    ren strukturellen Wachstums- und Beschäftigungskrise
    unseres Landes wieder herausfinden wollen? Aber mit
    kleinen Programmen lassen sich die schweren makroöko-
    nomischen Verwerfungen unserer Volkswirtschaft nicht
    beseitigen. Wer nicht an den grundlegenden Vorausset-
    zungen für Aufschwung und Beschäftigung arbeitet, der
    wird auch mit noch so gut gemeinter Mittelstandsrhetorik
    und mit noch so gut gemeinten Programmen für alle mög-
    lichen staatlichen Institutionen dieses Land nicht aus der
    Krise führen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben gestern

    den Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt. Wir begrüßen
    ausdrücklich, dass der Bundeswirtschaftsminister wie-
    der dafür zuständig ist. Aber Sie haben durch die Aus-
    weitung der Zuständigkeiten Ihres Hauses nicht nur
    die Zuständigkeit für die Wirtschaftspolitik im umfas-
    senden Sinn und die Zuständigkeit für den Jahres-
    wirtschaftsbericht zurückbekommen, sondern auch die
    Zuständigkeit für die Arbeitsmarktpolitik hinzubekom-
    men. Dies ist eine richtige strukturelle Entscheidung,
    die in der Bundesregierung getroffen worden ist. Sie
    überantwortet Ihnen aber auch im umfassenden Sinne
    die Verantwortung für die Wirtschaftspolitik und die Ar-
    beitsmarktpolitik.

    Angesichts dessen wäre es gut gewesen, wenn Sie
    heute Morgen nicht nur auf die – im Einzelnen durchaus
    diskussionswürdigen – Programme der Kreditanstalt für
    Wiederaufbau und auf alle möglichen Vorschläge, auch
    aus Ihrem Hause, Bezug genommen hätten. Wir haben er-
    wartet, dass Sie etwas zu den grundlegenden Problemen
    unseres Landes sagen; wir haben erwartet, dass Sie etwas
    zu der grundlegenden Wachstums- und Beschäftigungs-
    krise dieses Landes sagen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Thema verfehlt!)


    Sie werden auch mit einer noch so gut gemeinten Mit-
    telstandsrhetorik aus diesen strukturellen Problemen nicht
    herausfinden. Deutschland hat im Jahre 2002 ein Wirt-
    schaftswachstum von 0,2 Prozent gehabt. Wir lagen da-
    mit wieder auf dem letzten Platz in der Europäischen
    Union. Es wäre gut, wenn Sie, Herr Bundeswirtschafts-
    minister, und noch mehr Sie, Herr Bundeskanzler, endlich
    aufhören würden, das Problem der Wachstumsschwäche
    in Deutschland damit zu erklären, dass es Unsicherheiten
    in der Weltkonjunktur gibt. Das Problem, das wir in


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1670


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Deutschland haben, hat mit der Weltkonjunktur praktisch
    nichts zu tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


    Die Weltwirtschaft ist im Jahre 2002 um 3,7 Prozent
    gewachsen. Der Export aus Deutschland hat damit zwar
    nicht Schritt gehalten; aber er ist immerhin stärker als die
    Binnenwirtschaft gewachsen. Dass wir überhaupt noch
    ein geringfügiges Wirtschaftswachstum – es lag knapp
    oberhalb der Nachweisgrenze – gehabt haben, ist dem Ex-
    port zu verdanken und nicht der Binnenkonjunktur. Mitt-
    lerweile sprechen viele europäische Länder – wie ich
    finde, zu Recht – von der „deutschen Krankheit“. Das ei-
    gentliche Problem ist die Wirtschaftspolitik der rot-grü-
    nen Bundesregierung seit vier Jahren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeskanzler, Sie verantworten 37 000 Kon-

    kurse im Jahre 2002. Die meisten zusammengebrochenen
    Unternehmen waren kleine und mittelständische Be-
    triebe, also Unternehmen der mittelständischen Wirt-
    schaft, und nur wenige große. Sie haben vor Jahr und Tag
    das Ziel formuliert, die Anzahl der Arbeitslosen in
    Deutschland auf 3,5 Millionen zu senken. Daran wollten
    Sie sich über den gesamten Verlauf der letzten Wahlpe-
    riode messen lassen.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Da sitzt er, der Prahlhans!)


    Zu Beginn dieser Wahlperiode, in der Sie leider immer
    noch regieren, haben wir 4,5 Millionen Arbeitslose. Herr
    Bundeskanzler, das ist mindestens 1 Million zu viel. Es
    sind Ihre Arbeitslosen, weil es Ihre Wirtschaftspolitik und
    Ihre Arbeitsmarktpolitik ist, die in der Zahl der Arbeits-
    losen zum Ausdruck kommt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bedauerlicherweise sagt der Bundeswirtschaftsmi-

    nister weder in seinem Jahreswirtschaftsbericht vom ges-
    trigen Tag noch in seiner Rede zur Mittelstandspolitik am
    heutigen Tag etwas zu den langfristigen Entwicklungen
    der zentralen Rahmendaten unserer Volkswirtschaft. Da-
    zu gehört – ob Sie es nun hören wollen oder nicht – die
    Entwicklung der Staatsquote. Wir können in diesem
    Haus – wir tun das seit langer Zeit – über Mittelstand, über
    Wirtschaft sowie über Beschäftigung lange streiten und
    diskutieren und dabei viele einzelne Schritte gehen. Wenn
    die Staatsquote dieses Landes nicht langfristig zurückge-
    führt wird, wenn die Freiräume für Wirtschaft und Be-
    schäftigung nicht vergrößert werden, dann werden alle
    Bemühungen vergebens sein. Ein Land, das eine Staats-
    quote von fast 50 Prozent hat, bzw. eine Volkswirtschaft,
    in der fast die Hälfte des Sozialprodukts durch Steuern
    und Sozialversicherungsbeiträge absorbiert wird, weil die
    staatlichen Institutionen dieses Geld brauchen, ist in
    Wahrheit keine soziale Marktwirtschaft mehr; sie ist eine
    Staatswirtschaft mit abnehmendem privaten Sektor.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Was ist mit Skandinavien? Sagen Sie das doch den Schweden und den Norwegern!)


    Gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist eine
    abnehmende Staatsquote, also ein geringerer Anteil des
    Staatsverbrauchs am Sozialprodukt, die Existenzbedin-
    gung schlechthin.


    (Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Volkwirtschaftlicher Unsinn!)


    Kleine und mittlere Unternehmen werden in diesem
    Lande nur dann dauerhaft eine Chance haben, wenn sie
    weniger Steuern und weniger Sozialversicherungs-
    beiträge zahlen müssen. Im Klartext: Kleinere und mitt-
    lere Unternehmen werden in diesem Lande nur dann dau-
    erhaft eine Chance haben, wenn der Staat weniger von
    dem Sozialprodukt verbraucht, das die Unternehmen er-
    wirtschaften.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn Sie diese Zusammenhänge in einer so wichtigen
    Debatte über die Zukunft des Mittelstandes noch nicht
    einmal erwähnen, meine Damen und Herren von der rot-
    grünen Koalition, dann befürchte ich, dass es auch im
    Jahre 2003 mit der Volkswirtschaft in Deutschland nicht
    besser laufen wird als im Jahre 2002.

    Wir haben nun in wenigen Stunden den ersten Monat
    des Jahres 2003 hinter uns. Sie, Herr Bundeswirtschafts-
    minister, reden zu Recht von Bürokratieabbau. Ich habe
    Ihnen das vor einiger Zeit von dieser Stelle aus schon ein-
    mal gesagt: Der Bund hat in der letzten Wahlperiode, der
    14., insgesamt 391 neue Gesetze und 973 neue Rechts-
    verordnungen erlassen. Das war sozusagen das Programm
    für Bürokratieabbau in der letzten Wahlperiode. Jetzt
    sprechen Sie wiederum von Bürokratieabbau.Wenn wir
    morgen in das Wochenende gehen und die ersten 100Tage
    der neuen rot-grünen Bundesregierung, die fast die alte
    ist, vorbei sind, dann werden in diesem Land erneut
    22 neue Gesetze und fast 100 Rechtsverordnungen in
    Kraft getreten sein. Ein Land, in dem der Staat sich in ei-
    ner solchen Überregulierung verfängt und in dem die Ge-
    sellschaft daran glaubt, dass das Leben nur noch durch
    Gesetze und Verordnungen und nicht mehr durch Unter-
    nehmen und Arbeitnehmer, die auch frei etwas entschei-
    den können, geregelt werden kann, wird aus der Beschäf-
    tigungskrise nicht herausfinden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Zu den besonders schwer wiegenden Fehlentscheidun-
    gen der rot-grünen Koalition gehört die Steuerpolitik.


    (Franz Müntefering [SPD]: Merz war auch schon überzeugender!)


    Wir haben gegen Ende des letzten Jahres den Jahres-
    wirtschaftsbericht diskutiert. Der Sachverständigenrat hat
    20 Vorschläge gemacht, wie man aus der Wachstums- und
    Beschäftigungskrise herausfinden kann. Herr Bundesfi-
    nanzminister und Herr Bundeswirtschaftsminister, Steu-
    ererhöhungen sind in der Liste dieser 20 Vorschläge des
    Sachverständigenrates nicht enthalten gewesen. Sie haben
    zum 1. Januar 2003 eine hohe Zahl neuer Steuererhöhun-
    gen in Kraft treten lassen und Sie muten uns jetzt allen
    Ernstes im Zusammenhang mit dieser Mittelstandsdebatte

    Friedrich Merz




    Friedrich Merz
    zu, dass wir in wenigen Tagen nach Ihrem Willen erneut
    über mehr als 40 weitere neue Steuererhöhungen be-
    schließen sollen.

    Glaubt denn irgendjemand in diesem Haus im Ernst,
    dass der Mittelstand in Deutschland so wieder auf die
    Füße kommt? Glaubt irgendjemand im Ernst, dass Sie mit
    noch höheren Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen
    und noch mehr Belastungen in diesem Lande wieder mehr
    Beschäftigung in den kleinen und mittleren Betrieben er-
    reichen können? Das glatte Gegenteil wird eintreten:
    Wenn Sie so weitermachen, stehen wir zu Beginn des Jah-
    res 2003 wahrscheinlich am Anfang des Jahres mit der
    schwersten Wirtschaftskrise, die dieses Land in seiner Ge-
    schichte erlebt haben wird, weil Sie immer noch nicht ver-
    standen haben, was die Grundbedingungen für eine ge-
    sunde Volkswirtschaft sind, und immer noch nicht
    eingesehen haben, welche gravierenden Fehler Sie ge-
    macht haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


    Ich will das anhand eines ganz konkreten Beispiels,
    Herr Bundeswirtschaftsminister, zu belegen versuchen.
    Dieses Steuersubventionsabbaugesetz,was Ihr Nachbar
    zur Linken jetzt vorgelegt hat, ist ein Gesetz, mit dem Sie
    einen Marketingerfolg erzielt haben. So glauben aufgrund
    der Überschrift immer noch einige Journalisten, es han-
    dele sich um einen Beitrag zur Sanierung der Staatsfinan-
    zen. In Wahrheit ist es ein Steuererhöhungsgesetz, dessen
    Volumen in den nächsten vier Jahren mindestens 20, mög-
    licherweise 30 Milliarden Euro an Belastungen für Wirt-
    schaft und Arbeitsplätze in Deutschland entspricht. Sie
    verkünden hier vor diesem Hintergrund voller Stolz, dass
    Sie steuerliche Entlastungen für den Mittelstand zwischen
    35 und 60 Millionen Euro mit Ihrem Mittelstandsförde-
    rungsprogramm auf den Weg bringen.

    Herr Bundeswirtschaftsminister, wenn in diesen Tagen
    jemand seine Bilanz für das letzte Jahr erstellt, wird er
    darin kaum noch Gewinne ausweisen können. Wenn er
    dann unter Einbeziehung der Vorschläge des Bundeskabi-
    netts und der Steuererhöhungen, die jetzt bevorstehen, in
    das Jahr 2003 hineinblickt, muss es ihm wie Hohn vor-
    kommen, dass Sie jetzt eine steuerliche Entlastung vor-
    schlagen, der auf der anderen Seite höhere Belastungen,


    (Zuruf von der FDP: 17 Milliarden!)

    die auf die Volkswirtschaft und damit auf die mittelstän-
    dischen Betriebe zukommen, gegenüberstehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will in dem Zusammenhang nur der Vollständigkeit

    halber sagen: Der Bundesfinanzminister konnte natürlich
    leichter Hand zustimmen, bis zu einem Umsatz von
    17 500 Euro im Jahr einen pauschalen Betriebsausgaben-
    abzug zuzulassen. Zeigen Sie mir einmal ein Unterneh-
    men, ein ganz kleines, ein kleines, ein mittleres oder ein
    großes, das 50 Prozent Umsatzrendite macht, Herr Bun-
    deswirtschaftsminister.
    Das ist doch geradezu lächerlich. Da können Sie auch
    175 000 Euro hinschreiben; es gibt kein Unternehmen,
    das allen Ernstes von einem pauschalen Betriebsausga-

    benabzug in der Größenordnung von 50 Prozent profitiert.
    Das ist ein Popanz, den Sie hier mit schönen Worten auf-
    bauen und der mit der wirtschaftlichen Realität in
    Deutschland nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben uns schon im Oktober des letzten Jahres

    voller Stolz ein Programmmit dem Namen „Kapital für
    Arbeit“ vorgestellt, das bei der Kreditanstalt für Wieder-
    aufbau eingerichtet worden ist, einer Bank, die jetzt den
    schönen Namen Mittelstandsbank tragen soll; das ist also
    keine neue Institution, sie bekommt nur ein neues Tür-
    schild. Die Bilanz dieses Programms „Kapital für Arbeit“
    sieht nach zweieinhalb Monaten wie folgt aus: Bis Mitte
    Januar sind in zweieinhalb Monaten, zehn Wochen, ins-
    gesamt 121 Anträge bewilligt worden


    (Heiterkeit des Abg. Hans Michelbach [CDU/CSU])


    mit einer Fördersumme von 32,5 Millionen Euro. Damit
    sind rund 860 Arbeitsplätze in Deutschland gefördert
    worden.

    Herr Bundeswirtschaftsminister, in Deutschland ma-
    chen jeden Werktag 200 Unternehmen Pleite. Wenn man
    unterstellt, dass dadurch „nur“ – in Anführungsstrichen –
    zehn Arbeitsplätze pro Unternehmen damit verloren ge-
    hen, dann gehen durch die Wirtschaftspolitik dieser rot-
    grünen Bundesregierung jeden Tag mehr als doppelt so
    viel Arbeitsplätze verloren, wie Sie in zweieinhalb Mona-
    ten mit dem so aufwendig verkauften Programm „Kapital
    für Arbeit“ in Deutschland neu geschaffen haben. Sehen
    Sie nicht die Relationen zwischen dem, was Sie auf der ei-
    nen Seite tun, und dem, was Sie auf der anderen Seite
    durch die für unsere Volkswirtschaft schwer wiegenden
    Verwerfungen und diesen Nachkriegsrekord an Unterneh-
    menskonkursen in Deutschland zulassen?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich weise auf eine Kostenbelastung hin, die in den letz-

    ten Wochen und Monaten praktisch außerhalb des Fokus
    der deutschen Öffentlichkeit und außerhalb der Betrach-
    tung der politischen Diskussion geblieben ist – bedauer-
    licherweise, wie ich finde –: die Entwicklung der Ener-
    giekosten in Deutschland. Meine Damen und Herren, in
    vier Jahren Rot-Grün hat sich die Steuer auf Strom von
    ungefähr 2 Milliarden Euro im Jahr auf jetzt über 12 Mil-
    liarden Euro pro Jahr fast versechsfacht. Sie haben die
    Steuerbelastung auf Energie, auf Strom – damit sind alle
    Unternehmen unmittelbar betroffen – in den vier Jahren
    Ihrer Amtszeit fast versechsfacht.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Sie müssen sich den Saldo anschauen!)


    Das heißt im Klartext, Sie haben durch diese steuerliche Be-
    lastung auf den Faktor Energie – Energiekosten sind ein
    wichtiger Bestandteil jedes Unternehmens, auch mit Blick
    auf den unternehmerischen Erfolg – praktisch den gesamten
    Rationalisierungs- und Liberalisierungsgewinn abgeschöpft


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Richtig! Für die grünen Schutzgelderpresser!)


    und auf diese Weise dafür gesorgt, dass trotz des Wettbe-
    werbs und sinkender Preise in Deutschland im Ergebnis


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1672


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    mittlerweile mit die höchsten Energiepreise in der gesam-
    ten Europäischen Union bestehen.

    Was nützt Ihr Mittelstandsprogramm, wenn zu demsel-
    ben Zeitpunkt diejenigen, die hier wettbewerbsfähige Be-
    triebe aufbauen sollen, immer höhere Steuern und immer
    höhere Energiekosten zu tragen haben?


    (Ludwig Stiegler [SPD]: 20,3 Prozent Rentenbeiträge!)


    Es nützt nichts! Sie müssen diese Kostenbelastung sen-
    ken, sonst wird das beste Programm nichts nützen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf der Abg. Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD])


    Meine Damen und Herren, für den Zwischenruf, den
    ich gerade gehört habe, bin ich außergewöhnlich dankbar.
    Sie sagen, dafür seien aber die Lohnzusatzkosten ge-
    senkt worden.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: 20,3 Prozent waren eure Beiträge!)


    Das hätten Sie nun besser nicht gesagt. Wir befinden uns
    am Anfang des Jahres 2003 bei einer Belastung mit Lohn-
    zusatzkosten, allein durch Sozialabgaben, von jetzt wie-
    der über 42 Prozent. Die Wahrheit ist doch, dass beides
    dramatisch ansteigt:


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    einerseits die Steuerbelastung und die Kostenbelastung
    durch Energie und andererseits die Sozialversicherungs-
    beiträge. Sie sind doch am Ende mit Ihrer Politik der Hin-
    und Herschieberei zwischen den einzelnen Haushalts-
    titeln dieses Landes!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie von der SPD brauchen sich im Übrigen doch nicht

    darüber zu beklagen, dass die Spielräume in den öffent-
    lichen Haushalten für eine vernünftige Steuerpolitik mit
    Abgabensenkungen nicht mehr vorhanden sind. Ich will
    in diesem Zusammenhang eine Zahl nennen – ich muss
    immer wieder feststellen, dass die Bürgerinnen und Bür-
    ger in diesem Lande sie fast nicht kennen –, die verdeut-
    licht, wie der Bundeshaushalt mittlerweile durch die
    Zuschüsse zur Rentenversicherung belastet wird. Das
    Gesamtvolumen des Bundeshaushalts beträgt knapp
    250 Milliarden Euro. Der laufende Zuschuss aus diesem
    Haushalt an die Rentenversicherung und Knappschafts-
    versicherung beläuft sich auf über 77 Milliarden Euro.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ein Drittel!)


    Das heißt, fast ein Drittel der Ausgaben des Bundes ent-
    fallen auf die Zuschüsse an die Rentenversicherung.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Wollt Ihr die Renten kürzen?)


    Im Klartext heißt das: Sie haben nicht ein einziges Pro-
    blem gelöst. Sie haben nur die Finanzierung hin und her
    geschoben.


    (Klaus Brandner [SPD]: Wir haben die Fehlentwicklungen aufgehoben, Herr Merz!)


    Sie haben dafür gesorgt, dass die öffentlichen Haushalte in
    diesem Lande praktisch handlungsunfähig geworden sind,
    weil Sie es nicht geschafft haben, die Probleme zu lösen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP– Klaus Brandner [SPD]: Eine Unmöglichkeit sondergleichen!)


    Wir sollten gemeinsam handeln. Ich betone das, weil
    ich meine, dass die Zeiten der kleinkarierten parteipoliti-
    schen Auseinandersetzungen nun wahrlich vorbei sind.


    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist eine späte Einsicht!)


    – Was die Wählerinnen und Wähler von der Art und Weise
    halten, wie Sie die Auseinandersetzung führen, werden
    wir uns gemeinsam am Sonntagabend anschauen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ist ja wohl nicht zu fassen!)


    Wir werden ja sehen, wie am Montagmorgen die Lage in
    Deutschland ist. Trotz aller christlichen Demut bin ich schon
    heute voller Schadenfreude auf Ihre Gesichter gespannt.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Das haben wir am 22. September gesehen!)


    Die Zeiten des Klein-Kleins sind vorbei. Ich will zwei
    Punkte ansprechen, die wichtig sind, um aus der Wachs-
    tums- und Beschäftigungskrise herauszukommen.

    Der erste Punkt. Sie müssen gerade kleinen und mitt-
    leren Unternehmen das Recht verschaffen, von bestehen-
    den Regelungen der Flächentarifverträge abzuweichen,


    (Zurufe SPD: Oh!)

    wenn die Betriebsparteien dies wollen und darin überein-
    stimmen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich sage Ihnen: Dies ist eine der zentralen wirtschafts-
    politischen Herausforderungen, vor der wir stehen. Sie
    müssen sich in der SPD aus der Umklammerung der
    DGB-Gewerkschaften lösen


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    und bereit sein, hier ein Stück Freiheit für kleine und mitt-
    lere Unternehmen zu ermöglichen, damit sie nicht nur in
    der Krise eine Chance haben, zu überleben, sondern da-
    mit sie auch eine Chance haben, in Zeiten, in denen es den
    Unternehmen relativ gut geht, neue Investitionen zu täti-
    gen und neue Arbeitsplätze zu schaffen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will Ihnen ein Zweites sagen, das besonders für den

    Mittelstand gilt. Gerade imMittelstand ist eines der größten
    Probleme, dass das Lohnabstandsgebot nicht eingehalten
    wird und die Konkurrenz durchABM-Gesellschaften,


    (Klaus Brandner [SPD]: 450 000 in 1998!)

    insbesondere im Osten, das Entstehen von mittelständi-
    schen Unternehmen praktisch unmöglich macht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Friedrich Merz




    Friedrich Merz

    Herr Bundeswirtschaftsminister, vielleicht können Sie
    und andere Mitglieder der Bundesregierung nach dem kom-
    mendem Sonntag über dieses Thema etwas unbefangener
    mit uns sprechen. In diesem Land muss der Grundsatz wie-
    der gelten, dass derjenige, der arbeitet, mehr Geld verdient
    als derjenige, der nicht arbeitet und soziale Leistungen be-
    zieht. Wenn Sie aber diesen Grundsatz dauerhaft verletzten,
    dann wird weder Beschäftigung entstehen noch haben mitt-
    lere und kleine Unternehmen in diesem Lande eine Chance.

    Herzlichen Dank.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der FDP)