Rede von
Eberhard
Otto
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-
ren! Vier lange Jahre saß kein Liberaler aus Mecklenburg-
Vorpommern im Deutschen Bundestag.
Das war für das Land sehr schlecht.
Nun bin ich als selbstständiger Unternehmer und Vollprak-
tiker aus der Baubranche hier im Deutschen Bundestag.
Ich muss Ihnen sagen: Das, was ich in diesen wenigen
Wochen bisher erlebt habe, ist unglaublich.
Ich kann einfach nicht verstehen, was die Mitglieder
der Koalition und die Regierung im Bundestag gegen-
wärtig veranstalten.
Peter Hettlich
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 14. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Dezember 2002
Eberhard Otto
Alle bis zum heutigen Tag vorgelegten Gesetzentwürfe
einschließlich der Haushaltsentwürfe haben keine wirt-
schaftsfördernden Maßnahmen zum Inhalt, im Gegenteil.
Das heißt, dass die deutsche Wirtschaft, insbesondere
Mittelstand, Handwerk und Gewerbe, weiter gegen den
Baum gefahren werden.
Ist Ihnen eigentlich klar: Wer die Wirtschaft gegen den
Baum fährt, fährt Deutschland in den Ruin, schadet der
Gesellschaft, verhindert Investitionen und vernichtet
Arbeitsplätze.
Mir sind soeben Informationen zugegangen, dass wir
in Mecklenburg-Vorpommern jetzt die höchste Arbeitslo-
senquote von ganz Deutschland haben. Das ist sehr
schlecht für unser Land.
Ich habe den Eindruck, dass viele Mitglieder der Ko-
alitionsfraktionen hier Reden halten, die am Leben vor-
beigehen. Das Gefühl der Deutschen, von der Politik ver-
lassen zu sein, war noch nie so groß wie heute.
Meine Damen und Herren, vom neuen Minister Stolpe
hört man noch nicht sehr viel über den Ausbau Ost.Auch
im vorliegenden Haushalt sind bisher keine generellen
Lösungen zu erkennen.
Ich frage Sie, Herr Stolpe: Wo sind Ihre konkreten Kon-
zepte für die Entwicklung der Bau- und Wohnungswirt-
schaft und die Infrastruktur, insbesondere für die Ostlän-
der?
Obwohl der Osten durch eine hohe Anzahl von Abwan-
derungen weiter ausblutet, hört und sieht man nichts
Neues von der Bundesregierung zu diesem Thema.
Mit einer Nettoumsatzrendite von deutlich unter 1 Pro-
zent ist das Baugewerbe der Wirtschaftszweig mit der
schlechtesten Rentabilität aller großen deutschen Wirt-
schaftszweige. Die Bundesregierung betätigt sich mit ih-
rer Politik weiterhin als Totengräber der Bauwirtschaft:
In den ersten drei Quartalen des Jahres 2002 ging die
Wohnungsbaunachfrage im Vergleich zum Vorjahr um
16,1 Prozent zurück.
Die Zahl der Wohnungsbaugenehmigungen ging in die-
sem Zeitraum um 9,8 Prozent zurück,
und dies vor dem Hintergrund, dass bis 2005 jährlich
340 000 neue Wohnungen einschließlich Altbausanie-
rungen benötigt werden.
Es liegen bisher auch keine konkreten Vorschläge zum
Abbau der Bürokratie auf diesem Gebiet vor; der wäre
aber bestimmend für einen Aufschwung in ganz Deutsch-
land. Eines kann ich Ihnen als Praktiker sagen: Diese um-
fangreichen Bürokratiebestimmungen machen uns ka-
putt.
So sieht dieser Einzelplan mit Kapitel 12/25 eine Kür-
zung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau um mehr
als 118 Millionen Euro vor. Diese Mittel verschwinden
einfach, obwohl sie dringend, vor allem für den Stadtum-
bau und zur Altstadtbausanierung, benötigt werden. Auch
diese Einsparung führt zum Rückgang der Bautätigkeit
und damit zum weiteren Abbau von Arbeitsplätzen vor al-
lem in den neuen Ländern sowie zur weiteren Abwande-
rung.
Die Verknappung von Wohnungen für sozial Bedürf-
tige wird zunehmen, da die Investitionen in der Bauwirt-
schaft weiter zurückgehen und Wohnen mittelfristig teu-
rer werden wird, insbesondere auch durch den ständigen
Anstieg der Betriebs- und Wohnnebenkosten.
Sorgen Sie, Herr Minister, dafür, dass die ohnehin knapp
bemessenen Mittel für den Wohnungsbau und für die Sa-
nierung in voller Höhe erhalten bleiben und Investitionen
sich in Zukunft wieder lohnen.
Noch eines, Herr Minister: Wenn Sie Hilfe und Unter-
stützung brauchen, fragen Sie mich!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.