Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast
am Ende der dieswöchigen Haushaltsberatungen will ich
nicht mehr im Einzelnen darlegen, dass Schröder und Rot-
Grün sich durch Irreführung, Panikmache und Täuschun-
gen über die Ziellinie gerettet haben. Das hat sich ja schon
herumgesprochen.
Aber es muss auch an dieser Stelle festgestellt werden,
dass die Aussagen zur Verkehrspolitik vor der Bundes-
tagswahl vor allem das Ziel hatten, den Eindruck zu er-
wecken, Rot-Grün tue alles, um die lebensnotwendige
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 14. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Dezember 2002 1113
Mobilität in Deutschland zu fördern. So verkündete der
glücklose ehemalige Minister Bodewig im Juni 2002,
dass die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur in
der mittelfristigen Finanzplanung bis 2006 um 25 Prozent
gesteigert werden.
Im Monatsbericht des Bundesfinanzministers vom
September 2002 ist jedoch nachzulesen, dass in der mit-
telfristigen Finanzplanung – ich zitiere – „die Ausgaben
für die Verkehrsinfrastruktur von jährlich 10,3 Milliarden
Euro auf 10,6 Milliarden Euro in 2006“ ansteigen. Wie
man bei einer Veränderung von 10,3 auf 10,6 Milliarden
Euro eine Steigerung von 25 Prozent errechnen kann,
bleibt wohl das Geheimnis des entlassenen Ministers
Bodewig.
Gerade fragte ein Kollege, warum er denn glücklos ge-
wesen sei. Ich glaube, Herr Kollege, wenn er nicht glück-
los gewesen wäre, dann säße er noch auf der Regierungs-
bank und hätte eine andere Verwendung als die eines
normalen Abgeordneten gefunden.
Aber auch das Zukunftsprogramm „Mobilität“ für
den Zeitraum von 2003 bis 2010 mit einem Volumen von
90 Milliarden Euro,
das Sie, Herr Minister Stolpe, zwar nicht erfunden, aber
von Ihrem Vorgänger übernommen haben, muss kritisch
hinterfragt werden. Es steht unter Finanzierungsvorbe-
halt, unter anderem deshalb, weil es auf die Mobilisierung
privaten Kapitals setzt, das heißt, es soll also Geld ausge-
geben werden, von dem man zurzeit gar nicht weiß, ob es
überhaupt zur Verfügung steht.
Wir erleben das gerade beim so genannten Anti-Stau-
Programm, das mit der LKW-Maut finanziert werden
soll: Noch im Haushaltsentwurf für 2003, der im Septem-
ber, kurz vor der Wahl, im Deutschen Bundestag einge-
bracht wurde, waren für das kommende Jahr 1,25 Milli-
arden Euro an Einnahmen aus der Maut veranschlagt.
Davon sollten 686,8Millionen Euro in das Anti-Stau-Pro-
gramm fließen. Im Entwurf vom November, den wir jetzt
diskutieren, sind es nur noch 900 Millionen Euro, von de-
nen lediglich 37,6 Millionen Euro für die Bundesfern-
straßen, Bundeswasserstraßen und die Eisenbahn vorge-
sehen sind. Das sind gut 649 Millionen Euro weniger als
vor zwei Monaten. Und das hat die Regierung vor der
Wahl nicht gewusst?! Ich glaube, dass selbst bei der SPD
und bei den Grünen das niemand glaubt.
Bei dieser Gelegenheit will ich auch noch einmal deut-
lich machen, dass die Einnahmen aus der LKW-Maut nur
zum Teil in die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur
fließen sollen. Herr Minister Stolpe sagte noch am 30. Ok-
tober an dieser Stelle, sie flössen „zu mehr als 50 Prozent
wieder in die Verkehrswege“. Das heißt aber, der andere
Teil dient von vornherein zur allgemeinen Haushaltssa-
nierung.
Ich will noch einmal für die Union darstellen: Nach
unserer Auffassung soll die Maut helfen, Mittel für die
Verkehrsinfrastruktur zu mobilisieren, um insbesondere
im Bereich Straße den chronischen Investitionsstau zu
beheben.
Wir beteiligen uns aber nicht an Ihrem Vorhaben, das Gü-
terverkehrsgewerbe zu schröpfen, um Eichel „fresh mo-
ney“ zuzuführen. Das Güterverkehrsgewerbe wird schon
über die Mineralölsteuer in Höhe von fast 45 Milliarden
Euro herangezogen.
Und jetzt kommt das noch hinzu. Das Güterverkehrsge-
werbe ist nicht der Packesel der Nation.
Auch der Ausgleich in Höhe von 300 Millionen Euro,
den Sie dem Gewerbe in Aussicht gestellt haben, ist nach
unserer Auffassung viel zu gering. Damit wird die Wett-
bewerbsfähigkeit des deutschen Güterverkehrsgewerbes
nicht wieder hergestellt.
– Der Unterschied ist, dass alle unsere Aussagen sofort
nachprüfbar sind, während Ihre Aussagen erst hinterher
nachgeprüft werden können und sich dann als falsch er-
weisen, wie wir das hier nachweisen können.
Seit dem Jahr 1999 stellt der Bund jährlich 51,13 Mil-
lionen Euro für die Lärmsanierung an bestehenden
Schienenwegen zur Verfügung. Wir begrüßen dieses Pro-
gramm ausdrücklich. Angesichts der Tatsache, dass von
1999 bis 2001 gerade einmal 27,3 von 153Millionen Euro
abgeflossen sind, das heißt nicht einmal 18 Prozent, hof-
fen wir, dass das Programm zur Verbesserung des Lärm-
schutzes an Bundesautobahnen, das Sie, Herr Minister
Stolpe, angekündigt haben, erfolgreicher sein wird und
dass diese Mittel auch tatsächlich abfließen.
Denn die lärmgeplagten Anrainer haben kein Verständnis
dafür, dass groß angekündigte Programme, wenn sie
schon einmal Eingang in den Haushalt gefunden haben,
nicht zügig umgesetzt werden.
In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Novel-
lierung des Fluglärmgesetzes. Die Grenzwerte des gel-
tenden Gesetzes werden von der Rechtsprechung seit Jah-
ren als unzureichend erklärt. Schon in der letzten
Legislaturperiode haben Sie versprochen, das Fluglärm-
gesetz zu novellieren. Aber Sozialdemokraten und Grüne
konnten sich nicht einigen. Dabei waren wohl vor allem
die Vorstellungen von Herrn Trittin und seinen Gesin-
nungsfreunden mit den Erfordernissen einer modernen
Norbert Königshofen
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 14. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Dezember 2002
Norbert Königshofen
mobilen und globalisierten Gesellschaft nicht in Einklang
zu bringen. Es ist offensichtlich bei vielen Grünen so,
meine Damen und Herren, dass man einerseits den Luft-
verkehr öffentlich verteufelt, bei seinen privaten Fernrei-
sen aber gern auf das Flugzeug zurückgreift.
Ich wünsche Ihnen, Herr Minister Stolpe, in dieser Legis-
laturperiode mehr Erfolg und biete Ihnen hier ausdrück-
lich die Kooperation der CDU/CSU an.
– Das ist richtig. Immer dann, wenn Sie auf uns hören,
kann nichts schiefgehen. Das haben Sie gut erkannt.
In jedem Jahr hören wir das Glaubensbekenntnis der
Regierungsparteien, dass die Haushaltsmittel für die
Schiene denen der Straße entsprechen müssten.
Das Problem dabei ist aber, dass die Bahn immer wieder
Schwierigkeiten hat, die angesetzten Mittel zu verbauen.
So hat die Deutsche Bahn AG im Jahr 2001 fast 600 Mil-
lionen Euro verfallen lassen und im laufenden Jahr wird
das noch ein größerer Betrag sein.