Rede von
Markus
Löning
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
ist sicher legitim, wenn sich die Ministerin um eine gute
Darstellung ihrer Politik bemüht. Man könnte schon fast
von einer rosigen Darstellung sprechen. Frau Ministerin,
ich denke, es ist nötig, dass Sie das machen; denn in der
Sache ist das nicht berechtigt.
Ich komme aus der Werbung.
In der Werbung sagt man: Ein gutes Produkt verkauft sich
von selbst. Für ein weniger gutes Produkt braucht man zu-
mindest gute Werbung.
Ein wenig von dieser Werbung haben wir heute gehört.
Das fängt schon bei den Zahlen an, Frau Ministerin.
Herr Hoppe, Sie haben auf die Mittelerhöhung im Ein-
zelplan verwiesen. Dennoch haben Sie nicht den Mittel-
ansatz in Höhe von 4 Milliarden Euro erreicht, der im
Haushaltsplan für das Jahr 1998 enthalten war; der Kol-
lege Ruck hat bereits darauf verwiesen. Sie müssen auf
andere Einzelpläne Rekurs nehmen, um darstellen zu kön-
nen, dass die Mittel im Einzelplan 23 erhöht worden sind.
Das ist nämlich de facto nicht der Fall. Sie sollten meiner
Ansicht nach so ehrlich sein, das zuzugeben.
Woher stammen denn die Mittel, die bereits erwähnten
2,3 Prozent, um die die Ansätze im Einzelplan erhöht wor-
den sind? Dabei handelt es sich doch im Wesentlichen um
Mittel aus dem Antiterrorpaket, die bereits im letzten
Haushaltsplan aufgeführt waren, nur unter einem anderen
Titel. De facto findet also keine Erhöhung der Mittel im
Einzelplan 23 statt. Vor diesem Hintergrund frage ich
mich, wie Sie von einer Erhöhung reden können und wie
Sie es schaffen wollen, dass 0,33 Prozent des Brutto-
nationaleinkommens für Entwicklungsaufgaben aufge-
bracht werden.
Lassen Sie mich etwas zu den Entschuldungsstrate-
gien anmerken. Es ist zu begrüßen, wenn den ärmsten
Ländern bei der Entschuldung unter die Arme gegriffen
werden soll. Das ist insbesondere dann richtig, wenn es
mit vernünftigen Auflagen verbunden wird, sodass die
Länder anschließend nicht wieder in eine ähnliche Situa-
tion geraten. Es gibt aber zwei Punkte, zu denen ich an
dieser Stelle gerne etwas von Ihnen gehört hätte. Zum ei-
nen ist allen einschlägigen Untersuchungen zufolge be-
kannt, dass die in den entschuldeten Ländern frei werden-
den Mittel nicht bei den Ärmsten der Armen ankommen.
Sie landen eben nicht bei denen, die sie wirklich brauchen
und die auf unsere Hilfe angewiesen sind.
Zum anderen hätte ich gern etwas von Ihnen darüber
gehört – der Kollege Ruck hat sich bereits dazu geäußert –,
was mit Ländern wie Uganda geschehen soll, die schon
ein gutes Stück auf dem Entschuldungspfad zurückgelegt
hatten, die aber nach Auskunft des IWF plötzlich wieder
die Entschuldungsgrenzen erreichen oder überschreiten.
Wie gehen Sie mit diesen Problemen um? Meiner Mei-
nung nach gibt es in dem Programm Strukturprobleme,
die geprüft werden müssen. Ich hätte mir gewünscht, an
dieser Stelle etwas zu diesen Fragen zu hören.
Zum Thema Grundbildung: Der Bundeskanzler hat
im Vorfeld des G-8-Gipfels in Kanada einen langen Arti-
kel in der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlicht, in dem
er völlig zu Recht auf die Bedeutung der Bildung, vor al-
lem der Grundbildung, für die Entwicklung Afrikas hin-
gewiesen hat. Er hat in diesem Zusammenhang angekün-
digt, dass die Bundesregierung in den nächsten fünf
Jahren die Mittel für die Grundbildung erhöhen wird, und
zwar will sie die Mittel verdoppeln. Das begrüßt die FDP
selbstverständlich.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 973
Bildung, vor allem Grundbildung, ist ein Schlüssel-
begriff für die Entwicklung nicht nur in Afrika, sondern
auch in anderen Entwicklungsländern. Die Alphabetisie-
rung ist eine wichtige Voraussetzung, um Entwicklungs-
hemmnisse zu beseitigen, um eine wirtschaftliche Ent-
wicklung zu erreichen und den Menschen die Möglichkeit
zu bieten, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten.
Ein Blick in den Haushaltsplanentwurf zeigt aber, dass
von den Versprechen des Bundeskanzlers nichts übrig
geblieben ist.
In der Grundbildung tut sich gar nichts. Der Kanzler ver-
spricht die Verdoppelung der Ausgaben in fünf Jahren,
aber der entsprechende Ansatz verändert sich nicht. Wie
wollen Sie denn die Entwicklung fördern und die Armut
bekämpfen, wenn Sie diesen Schlüssel zur Beseitigung
der Entwicklungshemmnisse nicht einsetzen und in die-
sem Bereich untätig bleiben?
Sehr geehrte Frau Ministerin, ich wünsche mir, dass
Sie bei der Darstellung Ihrer Politik auf die rosa Brille
verzichten und genauer auf die kritischen Punkte achten,
auch auf diejenigen, die Ihnen vielleicht nicht so gefallen.
Vielen Dank.