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ID1501307700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 871 A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksache 15/150) . . . . . . . . . . . . . . 871 B b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2002) (Drucksache 15/149) . . . . . . . . . . . . . . 871 B c) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Fi- nanzwirtschaft des Bundes (Drucksache 15/151) . . . . . . . . . . . . . . 871 B Einzelplan 04 in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag des Abgeordneten Dr. Wolfgang Schäuble und der Fraktion der CDU/CSU: Für ein glaubwürdiges Angebot der EU an die Türkei (Drucksache 15/126) . . . . . . . . . . . . . . . . 871 C Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 871 D Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 876 C Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . 886 D Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . 889 D Katrin Dagmar Göring-Eckardt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 891 A Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 896 D Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 905 C Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . 908 D Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 910 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912 A Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 913 A Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . 913 D Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 915 B Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 916 B Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . 917 C Bernhard Kaster CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 918 B Einzelplan 05 in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 3: a) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Menschenrechte als Leitlinie der deutschen Politik (Drucksache 15/136) . . . . . . . . . . . . . . 920 B Plenarprotokoll 15/13 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 13. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 I n h a l t : b) Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien nicht vergessen (Drucksache 15/64) . . . . . . . . . . . . . . . 920 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 920 C Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 921 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 923 B Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 924 D Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 928 A Ruprecht Polenz CDU/CSU . . . . . . . . . . 928 D Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 929 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 930 B Dr. Christoph Zöpel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 932 C Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 934 A Dr. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 935 D Michael Roth (Heringen) SPD . . . . . . . . . . . 936 C Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 937 D Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 939 D Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 940 D Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 941 B Rainer Eppelmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 942 B Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 944 B Angelika Graf (Rosenheim) SPD . . . . . . . . . 944 C Einzelplan 14 Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 945 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 948 C Verena Wohlleben SPD . . . . . . . . . . . . . . 949 D Alexander Bonde BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 950 C Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 952 B Rainer Arnold SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953 C Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . 954 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . 954 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 957 A Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 959 D Helga Daub FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961 A Dr. Hans-Peter Bartels SPD . . . . . . . . . . . . . 962 A Thomas Kossendey CDU/CSU . . . . . . . . . . . 963 C Einzelplan 23 Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . 967 B Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . . . . 969 D Thilo Hoppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 970 C Markus Löning FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 972 B Karin Kortmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 973 B Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 974 D Karin Kortmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 975 A Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . . . . . . . 975 C Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . 975 C Detlef Dzembritzki SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 977 B Einzelplan 06 Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 979 A Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU . . . . . 981 B Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . . . 982 B Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU . . . . . 983 A Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984 D Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 986 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 988 A Dagmar Freitag SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989 B Susanne Jaffke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 990 A Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991 C Stephan Mayer (Altötting) CDU/CSU . . . . . 993 A Einzelplan 07 Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 994 B Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 996 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999 D Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1001 B Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1002 B Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003 C Norbert Barthle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 1005 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 1009 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 871 13. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Norbert Barthle Berichtigung 12. Sitzung, Seite 744 (B), der letzte Absatz ist wie folgt zu lesen: Wir haben eine Menge getan, um die Eigenkapitalbildung des Mit- telstandes zu erleichtern. Aufgrund unserer Steuerreform ist inzwi- schen die obere Grenzbelastung – 1998 lag sie bei 69 Prozent – auf 51 Prozent gesenkt worden. So etwas haben sie in Ihrer Regierungs- zeit nie zuwege gebracht. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 1009 (C)(A) Adam, Ulrich CDU/CSU 04.12.2002* Borchert, Jochen CDU/CSU 04.12.2002 Bury, Hans Martin SPD 04.12.2002 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 04.12.2002 Hartmut Caesar, Cajus CDU/CSU 04.12.2002 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 04.12.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 04.12.2002 Gradistanac, Renate SPD 04.12.2002 Großmann, Achim SPD 04.12.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 04.12.2002* Hofbauer, Klaus CDU/CSU 04.12.2002 Kubicki, Wolfgang FDP 04.12.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 04.12.2002* Dr. Lötzsch, Gesine fraktionslos 04.12.2002 Dr. Lucyga, Christine SPD 04.12.2002* Möllemann, Jürgen W. FDP 04.12.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 04.12.2002 Rauber, Helmut CDU/CSU 04.12.2002** Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 04.12.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des OSZE entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Christoph Zöpel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

    und Kollegen! In diesem Hause, aber auch außerhalb
    streiten die demokratischen Parteien über das Verhältnis
    der Demokratie zum Krieg. Ich glaube, dass dieser Dis-
    kurs dem deutschen Parlament gut ansteht, gerade auch in
    Berlin, einer ehemals preußischen Stadt. Selbstbewusste
    Außenpolitik muss auf das Gute in der Geschichte eines
    Landes stolz sein. Wenn ich über das Gute in der Ge-
    schichte Deutschlands spreche, dann spreche ich über
    Immanuel Kant. Er hat – bis heute unübertroffen – den
    Erhalt des Friedens in der Welt davon abhängig gemacht,
    dass sich demokratische Republiken im Diskurs über den
    Frieden befinden. Das ist die bleibende Voraussetzung für
    die Vermeidung von Krieg.

    Es gibt weitere Gründe, warum es dem deutschen Par-
    lament gut ansteht, über das Verhältnis der Demokratie
    zum Krieg zu sprechen. In Europa hat kein anderes Land
    so viel Verantwortung für Kriegsverbrechen. Bis heute
    gehen wir damit um, das Leid und die Folgen von Krieg
    weiter bewältigen zu müssen. Der deutsch-tschechische
    Dialog ist – nicht einseitig – immer noch bestimmt von
    den Folgen des Zweiten Weltkrieges. Wenn in diesen Ta-
    gen ein deutscher Historiker die Frage aufwirft, mit wie
    viel Berechtigung es Flächenbombardements im Zweiten
    Weltkrieg gab, so halte ich das für einen guten Beitrag zur
    Aufarbeitung von Kriegsfolgen. Wenn das alles so ist, ist
    es ein Gebot für Demokratien, aus den Gründen, die ich
    dargelegt habe, in diesem Fall von Deutschland ausge-
    hend, über Krieg zu sprechen.

    Mein Verständnis von Wahlen – auch wenn man
    manchmal Zweifel haben kann, ob wir damit richtig um-
    gehen – ist Folgendes: Welch bessere Zeit gibt es in der
    Demokratie, über die Kernfragen zu sprechen, als die Zeit
    vor Wahlen? Vor dem 22. September gab es diese Not-
    wendigkeit.

    Es war eine konsequente Linie der deutschen Außen-
    politik, nachdem die Frage der Massenvernichtungswaf-
    fen im Irak nach dem 11. September wieder aufgeworfen
    worden ist, einen Kurs zu fahren, der mit friedlichen und
    diplomatischen Mitteln, mit Mitteln der Vereinten Natio-
    nen auf eine Vermeidung der weiteren Rüstung im Irak
    setzt. Bis weit in dieses Jahr hinein erfolgten in dieser
    Richtung Gespräche mit Vertretern der amerikanischen
    Regierung. Vor allem mit den arabischen Staaten und der
    Arabischen Liga gab es vielfältige Bemühungen – diese
    waren notwendig –, alles zu tun, um dem Diktator im Irak
    diplomatisch ein Verhalten aufzunötigen, das eine mi-
    litärische Lösung vermeidet.

    Im Spätsommer dieses Jahres war der Eindruck ent-
    standen, als gäbe es in den Vereinigten Staaten innerhalb
    der Regierung und in der wissenschaftlichen Diskussion
    Positionen, die so etwas wie die Unvermeidbarkeit mi-
    litärischer Aktionen gegenüber dem Irak aufschallen
    ließen. In dieser Situation war es meiner Meinung nach


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    932


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 933

    ein demokratisches Erfordernis, und zwar auch zwischen
    Regierungen, den Diskurs über die Notwendigkeit und
    vor allem über die Vermeidbarkeit von Krieg zu führen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das, was die deutsche Regierung und der deutsche
    Bundeskanzler getan haben, war für mich nie etwas ande-
    res als ein Diskurs im Sinne von Kant über den Krieg und
    die problematischen Folgen von Krieg, die niemand bes-
    ser kennt als wir Deutschen, und damit über unsere Posi-
    tion, dass, wenn es irgend geht, Krieg vermieden werden
    muss, auch im Irak.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich glaube, diese Position war erfolgreich. Denn zu dem,
    was seitdem geschieht, was in den Vereinten Nationen,
    im Sicherheitsrat, in Debatten und schließlich in Ent-
    schließungen erreicht wurde, hat diese Regierung beige-
    tragen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Davon bin ich überzeugt.
    Wer das Verhältnis und das diplomatische Spiel zwi-

    schen Frankreich und Deutschland betrachtet, muss wis-
    sen, dass die französische Position ohne die deutsche
    kaum möglich geworden wäre.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es ist doch schön, wenn ein konservativer französischer
    Präsident in der Frage von Krieg und Frieden eine euro-
    päische Position durchsetzt, die logischerweise etwas
    weniger radikal-pazifistisch im guten Sinne ist als die so-
    zialdemokratische deutsche Position. Das ist meine Vor-
    stellung von Europa.


    (Beifall des Abg. Lothar Mark [SPD])

    Ich komme nun zu dem Verhältnis zu den Vereinigten

    Staaten. Zu einem Verständnis des Verhältnisses der Völ-
    ker zueinander, wie es Kant als eine Gemeinschaft von
    Republiken formuliert hat, gehört auch, dass Regierungen
    miteinander in einen diplomatischen und öffentlichen
    Diskurs treten können. Ich verstehe eine öffentliche De-
    batte zwischen dem Präsidenten der Vereinigten Staaten
    und dem deutschen Bundeskanzler als Teil eines demo-
    kratisch notwendigen Diskurses. Es ist mit dem Grund-
    verständnis von Demokratie für mich nicht vereinbar,
    dass über Schicksalsfragen im Verhältnis der Länder nur
    in geheimer Diplomatie gesprochen werden kann.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Wenn ein solcher Diskurs zwischen Regierungen geführt
    wird, dann ist er, selbst wenn es unterschiedliche Auffas-
    sungen zwischen diesen Regierungen gibt, in keiner
    Weise gegen das andere Land gerichtet.

    Ich spreche Sie jetzt als Opposition an: Ich fand es
    sehr gut, dass der frühere amerikanische Präsident Bill
    Clinton direkt nach den deutschen Wahlen hierher kam

    und ein hohes Maß an Einverständnis mit der deutschen
    Regierung gezeigt hat. Darüber sollten Sie sich freuen,
    wenn Sie als deutsche Opposition, die in dieser Frage eine
    etwas andere Meinung hat als die derzeitige Regierung,
    international ernst genommen werden wollen.

    Der Dialog zwischen Demokratien kann beinhalten,
    dass Regierungen unterschiedlicher Meinung sind und
    quer dazu wieder die Opposition. Das ist mein Verständ-
    nis von internationaler Politik zwischen Demokratien.
    Deshalb halte ich den Vorwurf des Antiamerikanismus,
    selbst wenn der deutsche Bundeskanzler und der ameri-
    kanische Präsident in einer wichtigen Frage unterschied-
    licher Meinung sind, für abwegig.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/ CSU]: Es geht doch nicht um unterschiedliche Meinungen! Es geht um dauerndes Beschimpfen! Frau Wieczorek-Zeul – blanker Zynismus!)


    – Ich kann nicht feststellen, dass der deutsche Bundes-
    kanzler den amerikanischen Präsidenten in irgendeiner
    Weise beschimpft hat.


    (Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das ist blanker Zynismus! – Gegenruf von der SPD: Das ist ein Popanz!)


    Die Zahl von verunglückten Formulierungen im demo-
    kratischen Diskurs innerhalb der Länder und zwischen
    den Ländern ist unzählig.


    (Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Gut, wenn Sie das immerhin einräumen!)


    Ich bin noch nie auf die Idee gekommen, dass Sozial-
    demokraten so gute Menschen sein könnten, dass sie
    keine Fehler machten. Die Fähigkeit, Fehler einzugeste-
    hen, ist geradezu die Voraussetzung für Demokratie. Las-
    sen Sie uns darum wetteifern, Fehler einzugestehen, Herr
    Pflüger!


    (Zuruf des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])

    – Ja, Herr Glos, das fällt Ihnen schwer. Das müssen wir
    nicht fortsetzen.

    Ich glaube, das demokratische Verhältnis zwischen den
    Vereinigten Staaten und Deutschland ist gut. Es ist die Ba-
    sis, für friedliche Lösungen auf dieser Welt zu ringen. Das
    halte ich für die außenpolitische Hauptverpflichtung
    Deutschlands.

    Ich schließe mit einer Bemerkung zum weiteren
    Kampf gegen den Terrorismus: Unstreitig werden Men-
    schen bedroht durch die Anschläge von Verbrechern, die
    ihr Tun politisch motivieren. Die Anschläge geschehen an
    vielen Orten dieser Welt. Betroffen sind Amerikaner, Eu-
    ropäer und Israeli. Vom Terrorismus sind aber auch viele
    andere Menschen betroffen.

    Ich finde es gut, dass eine Debatte darüber begonnen
    hat, warum bei dem Anschlag in Kenia so unverhältnis-
    mäßig viel über die tragischen Opfer der Israeli und so
    unverhältnismäßig wenig über die tragischen Opfer der
    Kenianer geschrieben wird.


    (Beifall bei der SPD)


    Dr. Christoph Zöpel

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002
    Dr. Christoph Zöpel

    Wir sprechen auch mit der arabischen Welt darüber,
    was wir gemeinsam gegenüber Saddam Hussein tun müs-
    sen. Dann gehört in unsere Debatte, dass wir die Opfer
    des Terrorismus in den Vereinigten Staaten, in Europa, in
    Israel und in arabischen Staaten gleich behandeln.

    Lassen Sie mich mit dem lapidaren Satz schließen:
    Dem islamischen Terrorismus sind bisher mehr Algerier
    als Amerikaner zum Opfer gefallen. Nur wenn wir das be-
    denken, in den Vereinigten Staaten und in Europa, werden
    wir zusammen mit den arabischen Staaten den Terroris-
    mus bekämpfen können.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gerd Müller von

der CDU/CSU-Fraktion.

(Joseph Fischer, Bundesminister: Jetzt kommt der größte Europäer!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerd Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

    Herren! Die internationale Ordnung hat sich in der ver-
    gangenen Dekade dramatisch verändert. Wir befinden uns
    hier in einer Grundsatzdebatte; es schauen auch viele
    junge Menschen zu. In den letzten zwölf Jahren hat sich
    viel Positives bewegt: die deutsche Wiedervereinigung,
    der Zusammenbruch der Sowjetunion, die Osterweite-
    rung, die Freundschaft zu Russland. Das ist die eine Seite,
    die nicht zuletzt durch die Politik von Helmut Kohl, der
    Union in Deutschland und in Europa ein Stück weit be-
    fördert wurde.

    Die andere Seite, das sind natürlich der Krieg im ehe-
    maligen Jugoslawien, neue Atommächte sowie die Be-
    drohung durch Saddam Hussein und internationale Terro-
    risten.

    In der Vergangenheit gab es Grundpfeiler deutscher
    Außenpolitik, die zwischen den Parteien unstrittig waren.
    Ich erinnere mich daran, dass ich als junger Mensch gern
    Debatten über dieses Thema im Fernsehen angeschaut
    habe. Da kam ein Stück Konsens zum Tragen, der in
    außenpolitischen Fragen dringend notwendig ist. Die In-
    tegration Europas, die Freundschaft zu den Amerikanern,
    die besondere Beziehung zu Frankreich, unsere verläss-
    liche Rolle in der NATO und die besondere Verantwor-
    tung gegenüber Israel, das sind Grundpfeiler. Es gilt, im-
    mer wieder herauszustellen, dass auf diesem Gebiet ein
    Konsens über die Parteigrenzen hinaus notwendig ist.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das sollten Sie mal Herrn Schäuble sagen!)


    Es gibt kaum einen europäischen Staat, in dem es einen
    Dissens über grundlegende außenpolitische Positionen
    gibt. Wir haben es an dieser Stelle mit einen wirklichen
    Knackpunkt in der Geschichte des Parlamentarismus in
    Deutschland zu tun. Der Bundeskanzler und der Bundes-
    außenminister haben diesen Grundkonsens aus niederen

    innenpolitischen Motiven – sie wollten eine Wahl gewin-
    nen – verlassen.


    (Lothar Mark [SPD]: Das muss man sofort zurückweisen! – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie meinen den Herrn Koch mit seinem Türkei-Antrag!)


    Der eingeschlagene deutsche Sonderweg – Deutsch-
    land bewegt sich außerhalb der Vereinten Nationen, es
    agiert ohne die EU-Partner und ohne den Konsens mit den
    Franzosen – bedeutet in der Irak-Debatte einen Weg der
    Unberechenbarkeit. Mit diesem Weg wurde die Verläss-
    lichkeit Deutschlands in Europa und in der UN infrage ge-
    stellt.

    Es ist schon etwas anmutend, wenn ich zum Thema
    Irak nur kurz reflektiere. Sie sagen jetzt, es sei ein Riesen-
    erfolg, dass Saddam Hussein, der Massenvernichtungs-
    waffen besitzt, bereit ist, die Inspektoren ins Land zu
    lassen. Sie behaupten, man habe sehr viel bewegt. Wer hat
    dies letztendlich bewegt? – Die Weltvölkergemeinschaft,
    gestützt von der unnachgiebigen Haltung der UN, und
    alle, die diese Drohkulisse aufgebaut haben! Wir alle hof-
    fen, dass dies zum Frieden beiträgt. Sie haben sich außer-
    halb der Weltvölkergemeinschaft gestellt. Herr Fischer, es
    war schon ein Stück weit peinlich, dass im irakischen
    Fernsehen auf die Freundschaft zwischen Schröder und
    Saddam Hussein reflektiert wurde.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nach der „Bild“-Zeitung jetzt ein Zitat von Saddam Hussein! – Rudolf Bindig [SPD]: Die CDU braucht als Instrument Saddam Hussein!)


    Saddam Hussein nahm auf die deutsche Rolle, auf den
    deutschen Sonderweg Bezug.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Aber von Konsens quatschen! Sie sind doch diejenigen, die den Konsens aufkündigen! – Weitere Zurufe von der SPD)


    – Die Argumente treffen offensichtlich.
    Ich frage an dieser Stelle den deutschen Bundesaußen-

    minister: Was ist aus Ihrer Initiative im Europäischen Rat,
    die Entwicklung einer gemeinsamen Position zur UN-Re-
    solution voranzutreiben, geworden? Herr Bundesaußen-
    minister, wo sind Sie geblieben, als es darum ging, vor der
    Abstimmung über diese lebenswichtige Frage den Kon-
    sens mit Frankreich zu suchen?


    (Joseph Fischer, Bundesminister: Daheim!)

    Ab dem kommenden Jahr, wenn Deutschland Mitglied

    des Sicherheitsrates ist, stellt sich die Frage, welche Rolle
    Deutschland dort zukünftig spielen wird. Ich knüpfe an
    das an, was Herr Gerhardt gesagt hat: Herr Bundesaußen-
    minister, was passiert nach dem 8. Dezember? Welchen
    Beitrag wird Deutschland zur Durchsetzung der UN-Re-
    solutionen leisten? Darauf sind Sie uns eine Antwort
    schuldig.

    Sie bieten, was Afghanistan angeht, die Führungsrolle
    Deutschlands an. Wir werden darüber noch gesondert dis-
    kutieren. Man hat den Eindruck, dass es wegen der feh-


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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 935

    lenden Bündnissolidarität in der Irak-Frage zu einem
    Kompensationsgeschäft kommen soll. Sie bieten diese
    Führungsrolle in einer schwierigen Sicherheitslage an.
    Wir haben dazu eine Vielzahl von Fragen gestellt, gerade
    was den Verteidigungsbereich angeht, die Sie nicht beant-
    wortet haben: Gibt es eine Exit-Strategie? Wie sollen im
    Ernstfall 2 000 bis 5 000 Mann herausgeholt werden? Wo
    ist das Gesamtkonzept für Afghanistan?

    Herr Bundesaußenminister, Sie lassen sich feiern. Ih-
    re Devise lautet: Wir gehen überall rein: Mazedonien,
    Bosnien, Afghanistan.


    (Rudolf Bindig [SPD]: In den Irak gehen wir doch gerade nicht rein! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch unglaublich! Was ist das denn für eine Rede?)


    Sagen Sie der deutschen Öffentlichkeit doch einmal,
    wann wir wieder herausgehen. Welche politischen Initia-
    tiven planen Sie, um politische Befriedung in diesen Re-
    gionen herbeizuführen?


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch, dass Sie rauswollen!)


    Jetzt komme ich auf die Türkei zu sprechen. Die Türkei
    ist unser Freund und Partner in der NATO und in Europa.
    Dennoch lehnen wir einen Beitritt der Türkei zur EU ab.

    Michael Glos wurde heute früh vom Bundeskanzler zi-
    tiert. Ich zitiere ihn aus demselben Artikel. Die Linie, die
    Kontinuität unserer Argumentation ist klar:


    (Günter Gloser [SPD]: Schlangenlinien!)

    Die Türkei hat noch einen langen Weg nach Europa. Ich zi-
    tiere Michael Glos aus der „Welt“ vom 23. Oktober 1997:

    Mit fast 70Millionen Einwohnern in der Türkei kann
    angesichts des Entwicklungsabstands niemand heute
    daran denken, zwischen Europa und Ankara Freizü-
    gigkeit zu verwirklichen. Dies darf aber nicht bedeu-
    ten, der Türkei ... die Tür ... zuzuschlagen.

    (Joseph Fischer, Bundesminister: Sehr gut!)


    Die Türkei muss als privilegierter Partner der Euro-
    päischen Union behandelt werden. Die Zollunion
    zwischen der EU und der Türkei seit dem 1. Januar
    1996 weist hier den Weg.

    Da hatte er 1997 Recht: Natürlich ist das der Weg. Wir
    stellen uns in die Kontinuität, meine sehr verehrten Da-
    men und Herren. Wir wollen den weiteren Ausbau privi-
    legierter Sonderbeziehungen zur Türkei.


    (Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber keine Mitgliedschaft!)


    Wir müssen uns auch – lassen Sie mich das mit Blick auf
    die Innenpolitik einflechten – um einen neuen Zugang, um
    andere Wege der Integration und der Ansprache der türki-
    schen Bevölkerung hier in Deutschland bemühen. Wir dür-
    fen nicht das Signal senden, die türkischen Bürger in
    Deutschland stünden abseits. Nein, wir wollen Sonderbe-
    ziehungen zur Türkei und wir wollen den weiteren Ausbau.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Die Wirtschaftsleistung der Türkei liegt bei 22 Prozent
    des EU-Durchschnitts, die Inflation beträgt 40 Prozent.


    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

    Es gibt dort 12 Millionen Bauern. Die EU-Kommission
    hat gerade die Berechnung vorgelegt: Die Einbeziehung
    der Türkei in die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds
    des jetzigen Systems würde 30 Milliarden Euro im Jahr
    kosten.

    Sehr geehrter Herr Außenminister, Sie haben in Nizza
    und in Berlin ja nicht einmal die Voraussetzungen dafür
    geschaffen, die zehn mittel- und osteuropäischen Staaten
    zu integrieren.


    (Günter Gloser [SPD]: Heißen Dampf reden Sie!)


    Wie wollen wir unter diesen Voraussetzungen die Inte-
    gration der Türkei schaffen? Das ist im Augenblick nicht
    möglich.

    Neue Strukturen der Zusammenarbeit sind notwendig;
    ich nenne in diesem Zusammenhang das Stichwort EWR
    Osteuropa. Ich frage an dieser Stelle den Außenminister:
    Könnte das nicht auch auf dem Balkan der zukünftige
    Weg sein? Auch dort müssen wir doch entsprechende
    Überlegungen anstellen. Wo ist Ihr Balkankonzept? Sol-
    daten und Geld ja, aber wo bleibt die politische Perspek-
    tive? Auch in Serbien, Bosnien, Mazedonien und Alba-
    nien bieten Sie als Perspektive nur die EU-Mitgliedschaft,
    wohl wissend, dass der Weg dorthin so nicht möglich ist.


    (Dr. Christoph Zöpel [SPD]: Was?)

    Auch hier brauchen wir neben der Perspektive einer Voll-
    mitgliedschaft neue Denkansätze und neue Strukturen.

    Fragen über Fragen, Herr Bundesaußenminister. In Ih-
    rer bekannten Überheblichkeit interessiert Sie das nicht.


    (Joseph Fischer, Bundesminister: Doch!)

    Keine Antworten, keine Strategien, ein angeknackstes
    deutsch-französisches Verhältnis, die Infragestellung der
    Vereinten Nationen, die Verunsicherung in Israel – eine
    verheerende Bilanz, ein hoher Preis für vier Jahre rot-
    grüne Außenpolitik.

    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Sie sollten auswandern! – Lothar Mark [SPD]: Glauben Sie das selbst? – Günter Gloser [SPD]: Was gibt es da Beifall zu klatschen? So was Niveauloses!)